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Springer-Lehrbuch

Lerch Kaltenbacher
Lindinger Sutor

Elektrische Messtechnik
iJbungsbuch

2., neu bearbeitete


und erweiterte Auflage

Q
- Springer
Professor Dr.-Ing. Reinhard Lerch
PD Dr. techn. Manfred Kaltenbacher
Dr. techn. Franz Lindinger
Dr.-Ing. Alexander Sutor
Friedrich- Alexander-Universitat
Erlangen-Nurnberg
Lehrstuhl fur Sensorik
Paul-Gordan-Str. 315
9 1052 Erlangen
e-mail:reinhard.lerch@lse.eei.uni-erlangen.de

ISSN 0937-7433
ISBN 3-540-2 1883- 1 Springer Berlin Heidelberg New York

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O Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1996, 2005
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Vorwort zur zweiten Auflage

Die Neuauflage dieses Buches geht einher mit der des dazugehörigen Lehr-
buches “Elektrische Messtechnik” (R. Lerch: Elektrische Messtechnik, Berlin,
Heidelberg: Springer-Verlag 2004). Dementsprechend werden die im Lehrbuch
neu aufgenommenen Kapitel über Ausgleichsvorgänge und nichtlineare elek-
trische Netzwerke hier mit entsprechenden Übungsaufgaben abgedeckt. Wei-
terhin wurde der Abschnitt zur computerunterstützten Messdatenerfassung
ebenfalls um neue Aufgaben und Beispiele ergänzt, so z. B. zu den modernen
Feldbussystemen.
Bei der Erstellung des Manuskriptes haben wir viele Anregungen und große
Unterstützung von allen am Lehrstuhl für Sensorik der Universität Erlangen-
Nürnberg tätigen Mitarbeitern erfahren, denen unser Dank gilt. Die Anfer-
tigung der zahlreichen Abbildungen lag in den Händen von Frau Cornelia
Salley-Sippel und Frau Bettina Melberg, denen wir für diese mühevolle Arbeit
herzlich danken. Den Herren Dr.-Ing. K.P. Frohmader und Dipl.-Ing. Martin
Meiler gilt besonderer Dank für die Unterstützung beim Korrekturlesen.
Die Autoren bedanken sich auch beim Springer-Verlag, und hier insbeson-
dere bei Frau Eva Hestermann-Beyerle sowie bei Frau Monika Lempe für ihre
stetige Hilfsbereitschaft und Unterstützung bei der Erstellung dieses Werkes.

Erlangen, im Sommer 2004 Reinhard Lerch


Manfred Kaltenbacher
Franz Lindinger
Alexander Sutor
Vorwort zur ersten Auflage

Die Elektrische Meßtechnik ist eines der wichtigsten Teilgebiete der Elek-
trotechnik, welches mehr und mehr Einzug in die anderen Ingenieurwissen-
schaften hält, wie z.B. den Maschinenbau und die Verfahrenstechnik. Denn
für die Charakterisierung bzw. Bewertung technischer Produkte und Prozes-
se stellt die meßtechnische Erfassung von elektrischen und nicht-elektrischen
Größen die entscheidende Grundlage dar. Die Detektion dieser physikalischen
Meßgrößen erfordert, neben der Auswahl eines geeigneten Sensors, die Ent-
wicklung bzw. die Dimensionierung von Meßschaltungen. Weiterhin stellt sich
für den Ingenieur stets die Frage nach der Genauigkeit, mit welcher die Meß-
größen erfaßt werden können, und wie sich Störgrößen auf das Meßergebnis
auswirken. Nach abgeschlossener Messung ist die korrekte Angabe des Meßer-
gebnisses von Bedeutung. Um all diesen Aufgaben gewachsen zu sein, bedarf
es entsprechender Kenntnisse und Fähigkeiten zur Dimensionierung und Ana-
lyse von Meßschaltungen der analogen und digitalen Meßtechnik, welche dem
Leser entsprechend der Zielsetzung dieses Buches vermittelt werden sollen.
Mit der hier getroffenen Auswahl an meßtechnischen Problemstellungen
wurde versucht, den Leser an die Erfordernisse der Praxis heranzuführen. Der
Zugang zu der behandelten Thematik soll durch eine in den jeweiligen Ka-
piteln vorangestellte Zusammenfassung der notwendigen Grundlagen erleich-
tert werden. Zusätzlich werden dem Leser Verfahren vermittelt (z.B. die An-
wendung des Ersatzquellenprinzips), mit deren Hilfe komplexe meßtechnische
Aufgabenstellungen auf einfache bzw. effiziente Weise gelöst werden können.
Zur Vertiefung des Wissens über meßtechnische Grundlagen sowie elektrische
Meßverfahren und Meßschaltungen empfiehlt sich das Studium des gleichzei-
tig erschienenen Lehrbuches Elektrische Meßtechnik“ (R. Lerch: Elektrische

Meßtechnik. Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag 1996). In der vorliegenden
Aufgabensammlung wurden umfangreiche Beispiele und Aufgaben zu allen in
diesem Lehrbuch enthaltenen Themen zusammengestellt.
Der in den einzelnen Kapiteln des vorliegenden Übungsbuches behandelte
Stoff gliedert sich in eine, die jeweiligen Grundlagen enthaltende Einleitung
und einen Abschnitt, der die meßtechnischen Aufgabenstellungen in Form von
Beispielen mit dazugehörigen, ausführlichen Musterlösungen behandelt. Der
Leser sollte bestrebt sein, bereits diese Beispiele eigenständig zu bearbeiten
und ohne Zuhilfenahme der Musterlösung zu einem Ergebnis zu gelangen.
Am Ende eines jeden Abschnittes befinden sich Aufgaben, bei denen auf die
Beschreibung des Rechen- bzw. Lösungsweges bewußt verzichtet wurde, um
VIII Vorwort

den Leser anzuregen, die Aufgaben ohne fremde Hilfe zu lösen. Die jeweilige
Angabe einer Kurzlösung im Anschluß an die Aufgabenstellung soll dabei
der Überprüfung der vom Leser erarbeiteten Ergebnisse dienen. Es sei darauf
hingewiesen, daß sich der Leser beim Studium dieser Aufgabensammlung nicht
an die von den Autoren gewählte Reihenfolge der Kapitel halten muß.
Die in diesem Buch enthaltenen Beispiele und Aufgaben basieren einerseits
auf von den Autoren in ihrer beruflichen Praxis bearbeiteten Meßaufgaben
und entstammen andererseits der Rechenübung Elektrische Meßtechnik sowie
einer gleichnamigen Vorlesung, welche zu den Grundlehrveranstaltungen des
Diplomingenieurstudienganges Mechatronik zählen, der seit dem Jahre 1990
an der Universität Linz angeboten wird. Damit eignet sich dieses Buch sowohl
für den Studierenden zur Vorbereitung auf entsprechende Prüfungen als auch
für den bereits in der Praxis tätigen Ingenieur zur Auffrischung bzw. Ver-
tiefung wichtiger Kenntnisse auf dem Gebiet der Elektrischen Meßtechnik.
Weiterhin wird versucht, die Umsetzung der beim Studium eines Lehrbuches
erlangten theoretischen Kenntnisse in die für den Ingenieur außerordentlich
wichtige selbständige praktische Anwendung zu erleichtern.
Bei der Erstellung des Manuskriptes haben wir viele Anregungen und große
Unterstützung von allen am Institut für Elektrische Meßtechnik der Univer-
sität Linz tätigen Mitarbeitern erfahren, denen unser Dank gilt. Die Anfer-
tigung der zahlreichen Abbildungen lag in den Händen von Frau Ingrid Ha-
gelmüller, Frau Waltraud Kratzer und Frau Sylvia Preßl, denen wir für diese
mühevolle Arbeit herzlich danken. Den Herren Dipl.-Math. Hermann Landes
und cand. Dipl.-Ing. Klaus Hitzenberger danken wir für die Unterstützung
beim Korrekturlesen.
Unser Dank gilt auch dem Springer-Verlag, insbesondere Herrn Dr. Hubertus
Riedesel, der die Anregung zur Abfassung des vorliegenden Werkes gab, sowie
seinen Mitarbeiterinnen Frau Marianne Ozimkowski und Frau Gaby Maas für
ihre Unterstützung bei der Erstellung des kamerafertigen Manuskriptes. Allen
genannten Personen möchten wir auch für ihr Verständnis und ihre Geduld
bei der mehrmals verzögerten Abgabe des Manuskriptes danken.
Da es erwartungsgemäß auch bei noch so sorgfältiger Manuskriptbearbei-
tung nicht möglich sein dürfte, die Erstauflage eines solchen Buches fehlerfrei
zu halten, möchten wir uns schon vorab bei allen Lesern für diese Fehler ent-
schuldigen und sie bitten, von ihnen eventuell entdeckte Fehler an die folgende
Adresse mitzuteilen:
O. Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Reinhard Lerch
Institut für Elektrische Meßtechnik
Johannes Kepler Universität Linz
Altenberger Straße 69
A-4040 Linz

Linz, im Januar 1996 Reinhard Lerch


Manfred Kaltenbacher
Franz Lindinger
Inhaltsverzeichnis

1 Ausgleichsvorgänge und Laplace-Transformation . . . . . . . . . . . 1


1.1 Grundlagen zur Berechnung von Ausgleichsvorgängen in
linearen Netzwerken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
1.2 Sprungantwort und Impulsantwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
1.2.1 Anregung mit Sprungfunktion oder Dirac-Impuls . . . . . 7
1.2.2 Anregung mit beliebigen Zeitfunktionen . . . . . . . . . . . . . 9
1.3 Die Laplace-Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
1.3.1 Elementare Eigenschaften der Laplace-Transformation 10
1.4 Anwendung des Heavisideschen Entwicklungssatzes . . . . . . . . . . 12
1.4.1 Beispiel für die Anwendung des Heavisideschen
Entwicklungssatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
1.5 Beispiele zur Laplace-Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

2 Nichtlineare Netzwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
2.1 Beschreibung nichtlinearer Netzwerkelemente . . . . . . . . . . . . . . . 25
2.2 Berechnung nichtlinearer Netzwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

3 Meßfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
3.1 Grundlagen der Meßfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
3.2 Systematische Meßfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
3.3 Zufällige Meßfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

4 Analoges Messen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
4.1 Grundlagen elektromechanischer Meßwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
4.2 Meßbereichserweiterung von Meßwerken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
4.3 Grundlagen zur Messung elektrischer Wechselgrößen . . . . . . . . . 53
4.4 Analoge Meßwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
4.5 Vielfachmeßgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
4.6 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung . . . . . . . . . . . 73
X Inhaltsverzeichnis

5 Operationsverstärker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
5.1 Der Überlagerungssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
5.2 Grundlagen der Operationsverstärker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88
5.3 Schaltungen mit idealen Operationsverstärkern . . . . . . . . . . . . . 95
5.4 Schaltungen mit realen Operationsverstärkern . . . . . . . . . . . . . . 105
5.5 Rauschen von Meßverstärkern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116

6 Leistungsmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
6.1 Grundlagen der Leistungsmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
6.2 Leistungsmessung in Gleich- und Wechselstromkreisen . . . . . . . 129
6.3 Wirkleistungsmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131
6.4 Blindleistungsmessung im Einphasennetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

7 Messung von elektrischen Impedanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145


7.1 Ersatzquellenprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145
7.2 Grundlagen zur Messung ohmscher Widerstände . . . . . . . . . . . . 146
7.3 Grundlagen zur Messung von Schein- und Blindwiderständen . 148
7.4 Messung ohmscher Widerstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152
7.5 Messung von Kapazitäten und Induktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . 159

8 Meßwandler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171
8.1 Grundlagen der Meßwandler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171
8.2 Strom- und Spannungswandler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173

9 Analoges Elektronenstrahl-Oszilloskop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177


9.1 Praktischer Umgang mit einem Elektronenstrahl-Oszilloskop . 177
9.2 Frequenzkompensierter Spannungsteiler (Tastkopf) . . . . . . . . . . 178
9.3 Messungen mit einem Elektronenstrahl-Oszilloskop . . . . . . . . . . 179

10 Digitale Meßtechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187


10.1 Grundlagen der Analog-Digital- und Digital-Analog-Umsetzer 187
10.2 Auf- und Entladekurven von Kondensatoren . . . . . . . . . . . . . . . . 190
10.3 Digital-Analog-Umsetzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192
10.4 Analog-Digital-Umsetzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195
10.5 Spannungs-Frequenz-Umsetzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209

11 Messung von Frequenz und Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213


11.1 Phasenwinkelmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213
11.2 Zeit- und Frequenz-Spannungs-Umsetzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214
11.3 Grundlagen der Oszillatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215
11.4 Zeit- und Frequenzmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216
11.5 Oszillatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225
Inhaltsverzeichnis XI

12 Rechnergestützte Meßdatenerfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237


12.1 Grundlagen der Datenübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237
12.2 Grundlagen der IEC-Bus-Schnittstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238
12.3 Quantisierung und Datenübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241
12.4 Schnittstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257

Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259
1
Ausgleichsvorgänge und
Laplace-Transformation

1.1 Grundlagen zur Berechnung von


Ausgleichsvorgängen in linearen Netzwerken
Ziel dieses einführenden Kapitels ist es, die Methodik zur Berechnung von
Ausgleichsvorgängen in linearen, zeitinvarianten Netzwerken zu wiederholen.
Solche Ausgleichsvorgänge werden hervorgerufen durch das Ein-, Aus- oder
auch Umschalten von Strom- oder Spannungsquellen. Die mathematische For-
mulierung eines solchen Vorgangs lautet im allgemeinen

f (t) = k1 + (k2 − k1 ) · ε(t − t0 ) , (1.1)

wobei ε(t) die Sprungfunktion bezeichnet



1 für t ≥ 0
ε(t) = . (1.2)
0 für t < 0

Gleichung (1.1) beschreibt also eine Funktion f (t), welche zum Zeitpunkt
t = t0 von der Amplitude k1 auf den Wert k2 springt.
Wenn wir uns auf elektrische Netzwerke mit konzentrierten, linearen und
zeitinvarianten Elementen beschränken, so erfolgt die mathematische Be-
schreibung dieser Einschaltvorgänge anhand von linearen Differentialgleichun-
gen (DGLn) mit konstanten Koeffizienten. Der Grad der Differentialgleichung
entspricht der Anzahl der vorhandenen (unabhängigen) Energiespeicher.
Als Beispiel wollen wir das Einschalten eines Netzwerks aus zwei Wi-
derständen und einer Spule nach Abb. 1.1 betrachten. Die Stromquelle war
lange Zeit vom Netzwerk getrennt. Zum Zeitpunkt t = 0 wird der Schalter S
eingeschaltet
i(t) = I0 ε(t). (1.3)
Das Netzwerk soll mithilfe einer Maschenstromanalyse [12] analysiert werden.
Man verwendet beispielsweise die beiden Elementarmaschen, wie in Abb. 1.1
2 1 Ausgleichsvorgänge und Laplace-Transformation

W  5/
LW

, L/
,, ,
5 /

Abb. 1.1. Beispielschaltung: Netz mit einer Spule

eingezeichnet. Da der Maschenstrom in Masche II durch die Stromquelle ein-


geprägt ist, genügt das Aufstellen der Maschengleichung in Masche I mit dem
unbekannten Strom iL (t) zur Beschreibung des Netzwerks. So ergibt sich fol-
gende DGL zur Beschreibung der Schaltung für t > 0
diL
L + (R1 + RL )iL − R1 I0 = 0 . (1.4)
dt
Die Lösung dieser Gleichung ergibt sich aus der Überlagerung der Lösung der
homogenen DGL
diL
L + (R1 + RL )iL = 0 (1.5)
dt
und einer partikulären Lösung der inhomogenen DGL (1.4). Eine partikuläre
Lösung iLp erhält man unter Beachtung der Tatsache, daß der Strom durch
die Spule für t → ∞ gegen einen konstanten Wert streben muß. Man erhält
die partikuläre Lösung entweder durch Einsetzen dieses Ansatzes iLp = konst
in die DGL (1.4) oder durch Betrachten des Netzwerkes für t → ∞
R1
iLp = iL (t → ∞) = I0 . (1.6)
R1 + RL
Die Lösung der homogenen DGL (Gl. 1.5) lautet mit der Zeitkonstanten τ =
L/(R1 + RL )
iLh (t) = k · e−t/τ . (1.7)
Mit der noch zu bestimmenden Konstanten k ergibt sich schließlich die Ge-
samtlösung zu
R1
iL (t) = iLh (t) + iLp = k · e−t/τ + I0 . (1.8)
R1 + RL
Die Konstante k läßt sich ermitteln, indem man berücksichtigt, daß der Strom
iL (t) insbesondere zum Zeitpunkt t = 0 stetig sein muß

iL (0) = 0 . (1.9)

Einsetzen in Gl. (1.8) liefert


1.1 Grundlagen zur Berechnung von Ausgleichsvorgängen in linearen Netzwerken 3

R1
0 = k + I0 (1.10)
R1 + RL

R1
k = −I0 . (1.11)
R1 + RL
Die Gesamtlösung für t ≥ 0 lautet dann
R1  
iL (t) = I0 1 − e−t/τ . (1.12)
R1 + RL
Auch bei komplizierteren Netzwerken ist die Vorgehensweise analog, d.h. un-
ter Verwendung der Kirchhoffschen Gleichungen und den Strom-Spannungs-
Beziehungen von Widerstand, Spule und Kondensator wird ein System von
linearen Differentialgleichungen aufgestellt, dessen Lösung sich aus der Über-
lagerung der Lösung des homogenen Systems und der partikulären Lösung
des inhomogenen Systems ergibt. Sind in einem Netzwerk nun n Energiespei-
cher (Kondensatoren und/oder Spulen) vorhanden, so enthält die Lösung n
Konstanten, die so bestimmt werden müssen, daß die n Anfangswerte der
Energiespeicher erfüllt werden, d.h. es muß ein lineares Gleichungssystem mit
n Unbekannten gelöst werden.

Beispiel 1.1: Schaltung mit Induktivität

Die Schaltung nach Abb. 1.2 befindet sich in einem stationären Zustand. Zum
Zeitpunkt t = 0 wird der Schalter S geschlossen. Der daraus resultierende
Ausgleichsvorgang soll untersucht werden.
a) Geben Sie die DGL für den Strom iL (t) und t > 0 an.
b) Berechnen Sie den Strom iL (t).

R1

iq iL

R2 L
U0

S RL
t=0

Abb. 1.2. Ausgleichsvorgang im linearen elektrischen Netzwerk (Schalter wird bei


t = 0 geschlossen)
4 1 Ausgleichsvorgänge und Laplace-Transformation

Musterlösung
a) Verwendet man die eingezeichneten Ströme iq und iL als Maschenströme,
so erhält man das Gleichungssystem zur Beschreibung des Netzwerks

I: −U0 + (R1 + R2 )iq − R2 iL = 0 (1.13)

diL
II : (R2 + RL )iL + L − R2 iq = 0 .
dt
Eliminiert man iq aus den Gleichungen, so läßt sich eine DGL in iL formulieren

diL Ra R2
+ iL − U0 = 0 mit Ra = RL + R1  R2 . (1.14)
dt L L(R1 + R2 )

Man beachte die abkürzende Schreibweise für parallelgeschaltete Widerstände


R1 R2
R1  R2 = . (1.15)
R1 + R2

b) Für die homogene Lösung iLh wählt man den Ansatz

iLh = ke−t/τ (1.16)

mit der Zeitkonstanten τ = L/Ra und der noch zu bestimmenden Konstan-


ten k. Eine partikuläre Lösung iLp erhält man, wenn man das Verhalten des
Netzwerkes für t → ∞ betrachtet
U0 RL R1
iLp = iL (t → ∞) = mit Rb = R1 + RL + . (1.17)
Rb R2
Partikuläre Lösung und homogene Lösung der DGL addieren sich zu
U0
iL (t) = + ke−t/τ . (1.18)
Rb
Zur Bestimmung der Konstanten k beachtet man die Tatsache, daß der In-
duktivitätsstrom iL (t) im Zeitnullpunkt stetig sein muß

U0
iL (0) = . (1.19)
R1 + RL
Setzt man diese Anfangsbedingung in Gl. (1.18) ein, so erhält man für k
 
1 1
k = U0 − . (1.20)
R1 + RL Rb

Die Lösung lautet dann


1.1 Grundlagen zur Berechnung von Ausgleichsvorgängen in linearen Netzwerken 5

i q1 R R

Uq1 R ic

C uc
Uq2 S
t=0

1 2

Abb. 1.3. Ausgleichsvorgang im linearen elektrischen Netzwerk (Schalter wird bei


t = 0 umgeschaltet)

   
1 1 1
iL (t) = U0 + − e−t/τ . (1.21)
Rb R1 + RL Rb

Aufgabe 1.1: Umladen eines Kondensators

Abbildung 1.3 zeigt eine Schaltung, welche von zwei Gleichspannungsquellen


gespeist wird. Nachdem sich der Schalter S beliebig lange in Stellung 1 befand,
wird er zum Zeitpunkt t = 0 umgeschaltet.
a) Geben Sie die DGL für die Spannung uc (t) für t > 0 an.
b) Berechnen Sie den Verlauf der Spannung uc (t) für t > 0.
c) Berechnen Sie den Verlauf des Stromes ic (t) für t > 0.

Lösung
a) Differentialgleichung

3 duc 1
RC + uc = Uq1 . (1.22)
2 dt 2
b) Lösung für uc (t)
1 
uc (t) = Uq1 + Uq2 e−2t/(3RC) . (1.23)
2
c) Lösung für ic (t)
Uq2 −2t/(3RC)
ic (t) = − e . (1.24)
3R
6 1 Ausgleichsvorgänge und Laplace-Transformation

t=0
R

S iL
uR

C uC
L uL

Abb. 1.4. Einschaltvorgang beim gedämpften Reihenschwingkreis

Aufgabe 1.2: Der gedämpfte Reihenschwingkreis

Die in Abb. 1.4 dargestellte Reihenschaltung einer Induktivität L, einer Ka-


pazität C und eines Widerstandes R kann durch einen Schalter S zu ei-
nem Kreis geschlossen werden. Nachdem die Kapazität C auf eine Spannung
uC (0) = U > 0 aufgeladen wurde, wird zum Zeitpunkt t = 0 der Schalter
geschlossen.
a) Geben Sie eine DGL zur Beschreibung der Spannung uC (t) für t > 0 an.
b) Unter welcher Bedingung sind die Eigenwerte konjugiert komplex?
c) Berechnen Sie für diesen Fall die Spannungen uC (t) sowie den Strom iL (t).
d) Tragen Sie den Verlauf der Spannung uC (t) sowie des Stromes iL (t) in ein
Diagramm über der Zeit auf. Verwenden Sie dazu die Werte C = 1.41 mF,
L = 616 µH und R = 330 mΩ. Der Kondensator sei zu Beginn auf U =
300 V aufgeladen.
e) Bestimmen Sie durch eine einfache Überlegung ohne zusätzliche Rech-
nung den Verlauf der Spannung uC (t) sowie des Stromes iL (t), wenn eine
ideale Diode in Reihe zu den übrigen Netzwerkelementen eingefügt wird
(Abb. 1.5).

Lösung
a) Die DGL lautet
d 2 uc R duc 1
+ + uc = 0 . (1.25)
dt2 L dt LC
b) Die Eigenwerte sind konjugiert komplex für
 2
R 4
> . (1.26)
L LC

c) Mit den Abkürzungen


1.2 Sprungantwort und Impulsantwort 7

t=0
R

S iL
uR

C uC
L uL

Abb. 1.5. Ergänzung des Reihenschwingkreises durch eine Diode

R
σ=− (1.27)
2L

R2 1
ω= − (1.28)
2L LC
ω
α = − arctan (1.29)
σ
erhält man die Spannung uc (t)
U
uc (t) = eσt sin(ωt + α) (1.30)
sin α
und den Strom iL (t)
CU ω σt
iL (t) = e sin(ωt) . (1.31)
sin2 α
d) Die Verläufe sind in Abb. 1.6 dargestellt.
e) Der Strom iL (t) kann nicht negativ werden, d.h. der Kondensator wird auf
seine maximale negative Spannung umgeladen und behält diese dann.

1.2 Sprungantwort und Impulsantwort


Im folgenden soll kurz auf die Berechnung von Einschwingvorgängen mit be-
liebigen Anregungen im Zeitbereich eingegangen werden. Dies soll die Begriffe
Sprungantwort und Impulsantwort wiederholen und als Einleitung und Moti-
vation für die Berechnung von Netzwerken im Laplace-Bereich dienen.

1.2.1 Anregung mit Sprungfunktion oder Dirac-Impuls

Gegeben sei ein lineares Netzwerk mit einem Eingangstor und einem Aus-
gangstor. Unter der Sprungantwort h(t) versteht man die Reaktion y(t) eines
8 1 Ausgleichsvorgänge und Laplace-Transformation

uC (V)
i C (A)
300
iC
200 uC

100

2 t (ms)
10

Abb. 1.6. Zeitverlauf der Spannung uC (t) und des Stroms iC (t)

Systems am Ausgang auf eine Anregung mit der Sprungfunktion x(t) = ε(t)
am Eingang. Die Impulsantwort g(t) ist entsprechend definiert als die Reak-
tion auf eine Anregung mit dem Dirac-Impuls x(t) = δ(t).
Gegeben ist das Netzwerk nach Abb. 1.7 (bei den Eingangs- und Aus-
gangssignalen handelt es sich hier um normierte Spannungen, im allgemeinen
können es aber auch Ströme sein). Für die Sprungantwort des Netzwerkes gilt
mit τ = RC

x(t) = ε(t) =⇒ y(t) = h(t) = (1 − e−t/τ ) . (1.32)

Gesucht ist nun die Impulsantwort. Da der Dirac-Impuls die zeitliche Ablei-
tung der Sprungfunktion ist und das System als linear angenommen wird,
erhält man die Impulsantwort durch Differenzieren der Sprungantwort

dε(t) dh(t) 1
δ(t) = =⇒ y(t) = g(t) = = e−t/τ . (1.33)
dt dt τ

x(t) C y(t)

Impulsantwort g(t)
Abb. 1.7. RC-Netzwerk, welches durch seine Impulsantwort g(t) beschrieben wird
1.3 Die Laplace-Transformation 9

1.2.2 Anregung mit beliebigen Zeitfunktionen

Wird ein lineares Netzwerk mit einer beliebigen Zeitfunktion x(t) angeregt,
so erhält man das Ausgangssignal durch Faltung des Eingangssignals mit der
Impulsantwort
t
y(t) = g(t) ∗ x(t) = g(ϑ)x(t − ϑ)dϑ . (1.34)
0

Wir wollen nun wieder das Netzwerk nach Abb. 1.7 betrachten. Es soll durch
eine zum Zeitpunkt t = 0 eingeschaltete Sinusfunktion angeregt werden

sin ω0 t für t ≥ 0
x(t) = ε(t) · sin ω0 t = . (1.35)
0 für t < 0

Gesucht ist das Ausgangssignal y(t). Die Auswertung des Faltungsintegrals


ergibt

y(t) = g(t) ∗ x(t) (1.36)


t
1 −(t−ϑ)/τ
= sin ω0 ϑ e dϑ
0 τ
t
1 −t/τ
= e sin ω0 ϑ eϑ/τ dϑ
τ 0

  t
1 −t/τ eϑ/τ 1
= e sin ω 0 ϑ − ω 0 cos ω 0 ϑ
τ (1/τ )2 + ω02 τ 0

   
1 −t/τ et/τ 1 ω0
= e sin ω0 t − ω0 cos ω0 t +
τ (1/τ )2 + ω02 τ (1/τ )2 + ω02
 
1 ω0 1 −t/τ
= sin ω 0 t − cos ω 0 t + e .
τ (1/τ )2 + ω02 τ ω0

1.3 Die Laplace-Transformation


Dieser Abschnitt soll eine Hilfestellung zum Umgang mit der Laplace-Trans-
formation geben. Nach einer Darstellung der Transformationsgleichungen wer-
den die elementaren Eigenschaften zusammengestellt und die Transformation
der linearen Netzwerkelemente wiederholt. Es sei noch einmal darauf hinge-
wiesen, daß alle zu transformierenden Zeitfunktionen als kausal zu betrachten
sind, d. h. sie verschwinden für t < 0.
Die (einseitige) Laplace-Transformation wird mit folgender Gleichung be-
schrieben [6]
10 1 Ausgleichsvorgänge und Laplace-Transformation

F (s) = f (t)e−st dt , (1.37)
0
wobei s die sog. komplexe Frequenz repräsentiert

s = σ + jω. (1.38)

Entsprechend läßt sich die Rücktransformation folgendermaßen darstellen


s=σ+j∞
1
f (t) = F (s)est ds . (1.39)
2πj s=σ−j∞

Zulässig sind alle kausalen Zeitfunktionen, die nicht schneller als eine geeignet
gewählte Exponentialfunktion für t → ∞ anwachsen und stückweise glatt sind
(d.h. alle vernünftigen“ Funktionen).

1.3.1 Elementare Eigenschaften der Laplace-Transformation

Linearität

Aus den Grundgleichungen folgt unmittelbar die Linearitätseigenschaft der


Laplace-Transformation. Wenn die Laplace-Transformierten zweier Zeitfunk-
tionen f1 (t) und f2 (t) existieren

f1 (t) ◦−−• F1 (s) (1.40)

f2 (t) ◦−−• F2 (s) , (1.41)

so gilt für beliebige Konstanten c1 und c2

c1 f1 (t) + c2 f2 (t) ◦−−• c1 F1 (s) + c2 F2 (s) . (1.42)

Integration

Wird eine Zeitfunktion f (t) integriert, so muß die zugehörige Laplace-Transfor-


mierte mit 1/s multipliziert werden
t
1
f (τ ) dt ◦−−• F (s) . (1.43)
0 s

Differentiation

Die Differentiation soll hier noch einmal genauer betrachtet werden. Es sei f (t)
eine transformierbare Funktion und ε(t) die Sprungfunktion. Zum besseren
Verständnis werden in diesem Abschnitt die zu transformierenden Funktio-
nen durch Multiplikation mit der Sprungfunktion zur Kausalität gezwungen.
Speziell soll auf den Unterschied zwischen
1.3 Die Laplace-Transformation 11

d
[ε(t)f (t)] (1.44)
dt
und
d
ε(t)
f (t) (1.45)
dt
hingewiesen werden. Betrachten wir den ersten Fall. Laut Gl. (1.39) gilt
s=σ+j∞
1
ε(t) · f (t) = F (s)est ds . (1.46)
2πj s=σ−j∞

Nach einer Differentiation beider Seiten erhält man


s=σ+j∞
d 1
[ε(t) · f (t)] = sF (s)est ds . (1.47)
dt 2πj s=σ−j∞

Man sieht unmittelbar


d
[ε(t) · f (t)] ◦−−• sF (s). (1.48)
dt
Um die Laplace-Transformierte zu ε(t) · d
dt f (t) zu erhalten, wenden wir die
Produktregel der Differentiation an
d df
[ε(t) · f (t)] = ε(t) + δ(t)f (t). (1.49)
dt dt
Wir beachten, daß der Dirac-Stoß den Funktionswert von f an der Stelle t = 0
ausschneidet, und erhalten
df d
ε(t) · = [ε(t) · f (t)] − δ(t)f (0). (1.50)
dt dt
Durch Transformation der rechten Seite erhalten wir
df
ε(t) · ◦−−• sF (s) − f (0). (1.51)
dt

Faltung

Das Faltungsintegral zweier Zeitfunktionen f1 (t) und f2 (t) spielt in der Be-
schreibung und Analyse von Netzwerken eine wichtige Rolle (Gl. (1.34)). Die
Faltung im Zeitbereich hat die angenehme Eigenschaft, daß sie einer Multi-
plikation im Frequenzbereich entspricht
f1 (t) ∗ f2 (t) ◦−−• F1 (s) · F2 (s) . (1.52)
Man sieht, daß auch diese Operation, wie schon die Differentiation und die
Integration, im Frequenzbereich leichter handzuhaben ist. Der Vollständigkeit
halber sei erwähnt, daß umgekehrt dem Produkt zweier kausaler Zeitfunktio-
nen eine Faltung ihrer Laplace-Transformierten entspricht. Die Berechnung
dieser Faltung ist allerdings wegen des komplexen Integrals meist aufwendig.
12 1 Ausgleichsvorgänge und Laplace-Transformation

Verschiebung im Zeitbereich

Die Verschiebung im Zeitbereich um ein (positives) t0 entspricht einer Multi-


plikation im Frequenzbereich mit e−st0

f (t − t0 ) ◦−−• F (s)e−st0 . (1.53)

Verschiebung im Frequenzbereich

Die Verschiebung im Frequenzbereich um eine (komplexe) Konstante s0 ent-


spricht einer Multiplikation im Zeitbereich mit es0 t

f (t)es0 t ◦−−• F (s − s0 ) . (1.54)

Dehnung und Stauchung

Eine Dehnung bzw. Stauchung im Zeitbereich wirkt sich als Stauchung bzw.
Dehnung im Frequenzbereich aus. Der Zusammenhang lautet
1 s
f (ct) ◦−−• F , (1.55)
c c
wobei c eine positive Konstante ist. Eine solche Skalierung verwendet man
beispielsweise zur Normierung der Frequenz bzw. der Zeit.

1.4 Anwendung des Heavisideschen Entwicklungssatzes


Besitzt die zu transformierende Funktion lediglich einfache, reelle Pole, so
ist die Anwendung des Heavisideschen Entwicklungssatzes besonders elegant.
Auch bei einfachen, konjugiert komplexen Polen ist dies leicht möglich. Die
Grundaussage des Satzes lautet:
Hat die Laplace-Transformierte F (s) nur einfache Pole bei s1 · · · sn ,
dann ergibt sich die zugehörige Zeitfunktion f (t) für t > 0 in der
Form des sogenannten Heavisideschen Entwicklungssatzes
n n
Z(sν ) sν t
f (t) = rν =  (s )
e , (1.56)
ν=1 ν=1
N ν

wobei Z(s) den Zähler und N (s) den Nenner von F (s) bezeichnet.
Das einem Pol zugehörige Residuum ist rν .
Für die numerische Auswertung der Entwicklung empfiehlt es sich, die zu Paa-
ren von konjugiert komplexen Polstellen gehörenden Residuen zusammenzu-
fassen, um unnötiges Rechnen mit komplexen Größen zu vermeiden.
1.4 Anwendung des Heavisideschen Entwicklungssatzes 13

C2
t=0
L2

L1 C1
U0 ue (t) R ua (t)
L1 C1
L2

C2
Abb. 1.8. Einschaltvorgang an einer symmetrischen X-Schaltung

1.4.1 Beispiel für die Anwendung des Heavisideschen


Entwicklungssatzes

Als Beispiel für die Anwendung des Entwicklungssatzes betrachten wir die
Schaltung in Abb. 1.8. Wegen ihres Aufbaus wird sie als X-Schaltung oder
symmetrische Kreuzschaltung bezeichnet. Nachdem der Schalter lange Zeit
geöffnet war, wird im Zeitnullpunkt eine Gleichspannung U0 eingeschaltet.
Um den Einschwingvorgang zu berechnen, ermittelt man zunächst die
Übertragungsfunktion G(s) = Ua (s)/Ue (s). Bei dieser Schaltung empfiehlt

= 

=
8H V  5 8D V 
=

=
ϕ


Abb. 1.9. Anwendung des Knotenpotentialverfahrens

sich die Anwendung des Knotenpotentialverfahrens [12]. In Abb. 1.9 ist die
Schaltung im Laplace-Bereich unter Verwendung der Abkürzungen
1 sL2
Z 1 = sL1 + und Z 2 = 2
(1.57)
sC1 s C2 L2 +1
14 1 Ausgleichsvorgänge und Laplace-Transformation

dargestellt. Man erkennt, daß neben dem Masseknoten und der bekannten
Eingangsspannung die beiden mit 1 und 2 bezeichneten Knotenpotentiale als
unbekannt zu betrachten sind. Sie lassen sich durch ϕ1 und Ua beschreiben.
Man benötigt also zwei Gleichungen, die man durch Anwendung der Knoten-
regel auf die erwähnten Knoten gewinnt
U e − U a − ϕ1 −ϕ1 − Ua Ua
I: + − =0 (1.58)
Z2 Z1 R

ϕ1 U e − ϕ1 Ua
II : − + + =0. (1.59)
Z2 Z1 R

Eliminiert man aus diesen Gleichungen das Potential ϕ1 , so läßt sich die Über-
tragungsfunktion berechnen
Ua (s) Z1 − Z2
G(s) = = . (1.60)
Ue (s) Z 1 + Z 2 + 2Z 1 Z 2 /R
Es sollen nun die Konstanten d und ω0 definiert werden, wobei folgender
Zusammenhang zwischen den Elementen der Schaltung (Abb. 1.8) und diesen
Konstanten bestehen soll
1
2dL1 = R 2dC2 = (1.61)
R

ω02 L1 C1 = ω02 L2 C2 = 1 . (1.62)

Setzt man in Gl. (1.60) die komplexen Impedanzen aus Gl. (1.57) ein und
verwendet man außerdem die gegebenen Zusammenhänge, so läßt sich die
Übertragungsfunktion wie folgt ausdrücken

s4 + (2ω02 − 4d2 )s2 + ω04


G(s) = . (1.63)
s4 + 4ds3 + (2ω02 + 4d2 )s2 + 4dω02 s + ω04
Nach dem Kürzen zweier Pole und Nullstellen erhält man
s2 − 2ds + ω02
G(s) = . (1.64)
s2 + 2ds + ω02
Mit der oben definierten Eingangsspannung
U0
ue (t) = U0 · ε(t) ◦−−• Ue (s) = (1.65)
s
und unter Einführung einer normierten Ausgangsspannung f (t)

u2 (t)
f (t) = (1.66)
U0
erhält man für die Laplace-Transformierte F (s)
1.4 Anwendung des Heavisideschen Entwicklungssatzes 15

U2 (s) s2 − 2ds + ω02


F (s) = = . (1.67)
U0 s(s2 + 2ds + ω02 )
F (s) hat Pole bei den (im allgemeinen) komplexen Werten

s1,2 = −d ± d2 − ω02 (1.68)


und bei
s3 = 0 . (1.69)
Geht man davon aus, daß d = ω0 , so sind alle Polstellen voneinander verschie-
den und es lassen sich die Residuen nach Gl. (1.56) berechnen. Es gilt
Z(s3 ) = ω02 , N  (s3 ) = ω02 , (1.70)
also
r3 = 1 . (1.71)
Für die Auswertung an den beiden anderen Polstellen schreiben wir Z(s) und
N  (s) in der Form
Z(s) = (s2 + 2ds + ω02 ) − 4ds (1.72)

N  (s) = (s2 + 2ds + ω02 ) + 2s(s + d) . (1.73)


Bei s1 und s2 verschwindet jeweils der erste Summand. Es gilt also
Z(s1 ) s1 t −2d s1 t −2d
r1 = e = e = es1 t (1.74)
N  (s1 ) s1 + d d2 − ω02
und
Z(s2 ) s2 t +2d
r2 = e = es2 t . (1.75)
N  (s2 ) d2 − ω02
Wenn man im Exponenten die Hilfsgröße ωr = d2 − ω02 verwendet, folgt
f (t) = r1 + r2 + r3 (1.76)

2d
f (t) = 1 − e−dt (eωr t − e−ωr t ) . (1.77)
d2 − ω02
Dieser Ausdruck läßt sich für d2 > ω02 in der Form
4d
f (t) = 1 − e−dt sinh( d2 − ω02 t) (1.78)
d2 − ω02
und für d2 < ω02 in der Form
4d
f (t) = 1 − e−dt sin( ω02 − d2 t) (1.79)
ω02 − d2
darstellen. Im aperiodischen Grenzfall d2 = ω02 wird
f (t) = 1 − 4dte−dt . (1.80)
Abbildung 1.10 zeigt den Verlauf von f (t) für d/ω0 = 1/3.
16 1 Ausgleichsvorgänge und Laplace-Transformation

G −G W
X W  H
ω −G

8

Abb. 1.10. Verlauf der Ausgangsspannung u2 (t) für d/ω0 = 1/3 (Schaltung aus
Abb. 1.8)

1.5 Beispiele zur Laplace-Transformation


Beispiel 1.2: Verlustloses Netzwerk

Als Anwendungsbeispiel für die Laplace-Transformation wollen wir den Ein-


schwingvorgang des Netzwerkes nach Abb. 1.11 betrachten. Wenn der Schalter

C1
t=0

L1
L2
U0
u 2 (t)

C2

Abb. 1.11. Netzwerk mit zwei ungedämpften Schwingkreisen

zum Zeitpunkt t = 0 geschlossen wird, sollen die vier Energiespeicher entladen


sein. Zunächst berechnen wir die Übertragungsfunktion H(s) des Netzwerkes.
Wenn wir die beiden ungedämpften Schwingkreise durch komplexe Impedan-
zen ersetzen, reduziert sich das Netzwerk zu einem Spannungsteiler
U2 (s) Z2 (s)
G(s) = = (1.81)
U1 (s) Z2 (s) + Z1 (s)
1.5 Beispiele zur Laplace-Transformation 17

mit
sL1 1
Z1 (s) = und Z2 (s) = sL2 + . (1.82)
1 + s2 L1 C1 sC2
Damit läßt sich die Übertragungsfunktion unmittelbar angeben

(1 + s2 L1 C1 )(1 + s2 L2 C2 )
G(s) = . (1.83)
(1 + s2 L1 C1 )(1 + s2 L2 C2 ) + s2 L1 C2

Wir wollen nun einige Vereinfachungen durchführen. Zunächst sollen die bei-
den Kapazitäten gleich sein: C1 = C2 = C. Die restlichen Netzwerkelemente
wollen wir mit der Eigenfrequenz des ersten Schwingkreises ω0 und der dimen-
sionslosen Variablen α beschreiben, welche eine Relation zwischen den beiden
Eigenfrequenzen darstellt
1 1
L1 C = und L2 C = α . (1.84)
ω02 ω02

Die Übertragungsfunktion ergibt sich schließlich zu


s2
(1 + ω02
)(1 + αs2 /ω02 )
G(s) = 4 . (1.85)
α ωs 4 + ( ω12 + α ω12 + ω12 )s2 +1
0 0 0 0

Man sieht unmittelbar, daß sich die Einführung einer normierten Frequenz sn
anbietet
s
sn = . (1.86)
ω0
Damit gewinnt die Darstellung der Übertragungsfunktion an Übersichtlichkeit

(1 + s2n )(1 + αs2n )


G(sn ) = . (1.87)
αs4n + (2 + α)s2n + 1

Zur Berechnung der Ausgangsspannung muß noch die Eingangsspannung


transformiert werden
U0
L{u1 (t)} = L{U0 · ε(t)} = . (1.88)
s
Für die normierte Transformierte der Eingangsspannung ergibt sich
1
U1 (sn ) = U0 . (1.89)
sn ω 0
Die normierte Transformierte der Ausgangsspannung erhält man mit

U0 (1 + s2n )(1 + αs2n )


U2 (sn ) = U1 (sn ) · G(sn ) = . (1.90)
ω0 sn [s4n + (2 + α)s2n + 1]
18 1 Ausgleichsvorgänge und Laplace-Transformation

Um zu einer Lösung im Zeitbereich zu gelangen, wollen wir zunächst die


Möglichkeit der Partialbruchzerlegung in Erwägung ziehen. Als weitere Ver-
einfachung sollen zudem die beiden Eigenfrequenzen der Schwingkreise gleich
sein, also α = 1. Daraus folgt
U0 (1 + s2n )2
U2 (sn ) = . (1.91)
ω0 sn [s4n + 3s2n + 1]
Man erhält folgende Polstellen
3 1√
sn1 = 0 und s2n2,3 = − ± 5. (1.92)
2 2
Zur Übung sei die Partialbruchzerlegung im folgenden etwas ausführlicher
dargestellt. Mit den bekannten Ansätzen aus der Mathematik [2, S. 298] erhält
man 
A Bsn + C Dsn + E
U2 (sn ) = U0 ω0 + 2 + 2 . (1.93)
sn sn − s2n,2 sn − s2n,3
Das Ausmultiplizieren der Brüche ermöglicht den folgenden Vergleich der
Zähler von Gl. (1.93) und Gl. (1.91)

A(s2n − s2n,2 )(s2n − s2n,3 ) + (Bsn + C) · sn · (s2n − s2n,3 ) +

+(Dsn + E) · sn · (s2n − s2n,2 ) = s4n + 2s2n + 1 . (1.94)

Durch Betrachten der Terme mit s3n und sn erhält man sofort C = 0 und
E = 0, des weiteren
s4n : A + B + D = 1 (1.95)
s2n : A(−s2n,2 − s2n,3 ) + B(−s2n,3 ) + D(−s2n,2 ) = 2 (1.96)
s0n : As2n,2 s2n,3 = 1 . (1.97)
Daraus ergibt sich
 
1 1
A = 1, B=− , D= . (1.98)
5 5
Durch Einsetzen in Gl. (1.93) erhält man die Lösung im Laplace-Bereich
⎛ ⎞
1 − 15 sn 1
5 sn
U2 (sn ) = U0 ω0 ⎝ + √ + ⎠ . (1.99)
sn s2n + 32 − 12 5 s2 + 3 + 1 1
n 2 2 5

Die Rücktransformation in den Zeitbereich ist jetzt einfach


    
1 3 1√ 1 3 1√
U2 (tn ) = U0 ω0 ε(tn ) 1 − cos − 5tn + cos + 5tn .
5 2 2 5 2 2
(1.100)
1.5 Beispiele zur Laplace-Transformation 19

Um die Normierung im Zeitbereich rückgängig zu machen, bemühen wir das


Gesetz der Dehnung und Stauchung (Gl.(1.55))
 
s
aus f (t) ◦−−•F (s) folgt ω0 f (ωo t) ◦−−•F (1.101)
ω0

oder ω0 f (tn ) ◦−−•F (sn ) . (1.102)

Damit erhält man


    
1 3 1√ 3 1√ 1
U2 (t) = U0 ε(t) 1 − cos − 5 ω0 t + + cos
5 ω0 t .
5 2 2 2 2 5
(1.103)
Anmerkung: Interessant ist die Tatsache, daß das Ausgangssignal zwei Fre-
quenzanteile s2 und s3 enthält, die beide nicht der Eigenfrequenz der Schwing-
kreise entsprechen. Allerdings gilt

s3 · s4 = ω02 . (1.104)

Beispiel 1.3: Analyse eines Übertrager-Netzwerkes mittels Laplace-Transfor-


mation

Gegeben ist ein Netzwerk, welches aus einem lose gekoppelten Übertrager,

S
t=0 R i 1 (t) i 2 (t) R

C u 1 (t) L L C u 2 (t)

Abb. 1.12. Passives Netzwerk mit lose gekoppeltem Übertrager

zwei Widerständen, zwei Kapazitäten und einem Schalter aufgebaut ist. Be-
vor der Schalter zum Zeitpunk t = 0 geschlossen wird, sollen die primärseitige
Kapazität auf die Spannung u1 (t) = U aufgeladen und die restlichen Energie-
speicher leer sein. Für den Übertrag wird der Fall fester Kopplung explizit aus-
geschlossen, so daß der Kopplungsfaktor κ = M/L im Intervall −1 < κ < +1
liegt.
Anmerkung: Die Übertragergleichungen im Laplace-Bereich für einen Über-
trager mit der Primärinduktivität L1 , der Sekundärinduktivität L2 und der
20 1 Ausgleichsvorgänge und Laplace-Transformation

Koppelinduktivität M erhält man in Analogie zur Induktivität im Laplace-


Bereich

U1 (s) = sL1 I1 (s) + sM I2 (s) − L1 i1 (0) − M i2 (0) (1.105)


U2 (s) = sM I1 (s) + sL2 I2 (s) − M i1 (0) − L2 i2 (0) (1.106)

mit den Anfangsbedingungen für den Strom auf der Primärseite i1 (0) und den
Strom auf der Sekundärseite i2 (0).
a) Stellen Sie ein Gleichungssystem auf, welches das Netzwerk im Laplace-
Bereich beschreibt.
b) Berechnen sie die Laplace-Transformierte I1 (s) des Stromes i1 (t).
c) Vereinfachen Sie I1 (s)
√ mit der Annahme R = 0 und normieren Sie auf die
Frequenz mit sn = s LC.
d) Transformieren Sie I1 (sn ) in den Zeitbereich zurück.

Musterlösung
a) Es werden die in Abb. 1.13 eingezeichneten Maschenströme verwendet. Für
die Strom-Spannungs-Beziehung des Kondensators folgt
 
u1 (0)
IC = sC UC (s) − = −I1 (1.107)
s

mit der Anfangsbedingung u1 (0) = U . Für die restlichen Anfangsbedingungen


gilt i1 (0) = i2 (0) = 0. Man erhält die Maschengleichungen
 I1 
I : RI1 + sLI1 + sM I2 + sC − Us = 0 (1.108)

I2
II : RI2 + sLI2 + sM I1 + sC =0. (1.109)

S
t=0 R i 1 (t) i 2 (t) R

C u 1 (t) I L L II C u 2 (t)

Abb. 1.13. Netzwerk mit eingezeichneten Maschenströmen


1.5 Beispiele zur Laplace-Transformation 21

b) Aus Gl. (1.109) folgt


−s2 M C
I2 = I1 (1.110)
s2 LC + sRC + 1
Durch Einsetzen in Gl (1.108) erhält man
U
I1 (s) =   . (1.111)
2
s R + sL + 1
sC − sM s2 LC+sRC+1
s MC

Auf das Ausmultiplizieren dieser Gleichung wurde hier verzichtet, da sich im


folgenden weitere Vereinfachungen ergeben.
c) Die Vereinfachung R = 0 und Ausmultiplizieren liefert
s2 LC + 1
I1 (s) = U C . (1.112)
(s2 LC + 1)2 − s4 M 2 C 2

Anschließend wird die Normierung sn = s LC und der Zusammenhang κ =
M/L verwendet
s2 + 1
I1 (sn ) = U C 2 n 2 . (1.113)
(sn + 1) − κ2 s4n
d) Nach Substitution und Lösen des quadratischen Polynoms im Nenner
erhält man die beiden konjugiert komplexen Polpaare
±j ±j
sn1,2 = √ und sn3,4 = √ . (1.114)
1−κ 1+κ
Damit läßt sich I1 (sn ) schreiben als
UC s2n + 1
I1 (sn ) =   . (1.115)
1 − κ2 s2 + 1
s2n + 1
n 1+κ 1−κ

Mithilfe einer Partialbruchzerlegung erhält man


1 1

1 1+κ 1−κ
I1 (sn ) = U C 1 + 1 . (1.116)
2 s2n + 1+κ s2n + 1−κ

Die Rücktransformation in den Zeitbereich ergibt mit der normierten Zeit tn .


 
1 1 tn 1 tn
i1 (tn ) = U C √ sin √ +√ sin √ . (1.117)
2 1+κ 1+κ 1−κ 1−κ
Nach einer Entnormierung folgt

1 C 1 t
i1 (t) = U √ sin + (1.118)
2 L 1+κ LC(1 + κ)

1 t
+√ sin .
1−κ LC(1 − κ)
22 1 Ausgleichsvorgänge und Laplace-Transformation

Beispiel 1.4: Netzwerk mit gesteuerter Quelle

Gegeben sei ein Netzwerk mit einer spannungsgesteuerten Spannungsquelle

&

X W XG W  G W X W


9X

Abb. 1.14. Netzwerk mit gesteuerter Spannungsquelle

gemäß Abb. 1.14.


a) Berechnen Sie die Übertragungsfunktion G(s) = U2 (s)/U1 (s) für beliebige
Verstärkung V .
b) Für eine Anregung u1 (t) = U0 ε(t)e−t/τ soll das Ausgangssignal u2 (t) be-
rechnet werden.
c) Berechnen Sie u2 (t) und G(s) für V → ∞. Welche mathematische Opera-
tion wird durch das Netzwerk realisiert?

Musterlösung
a) Abbildung 1.15 zeigt das Netzwerk im Laplace-Bereich mit einer einge-
zeichneten Elementarmasche. Man erhält jeweils eine Gleichung für den Ma-
schenstrom I(s) sowie für die Steuerspannung Ud (s)
I(s)
I : −U1 (s) + RI(s) + sC − V Ud (s) = 0 (1.119)

II : Ud (s) = −RI(s) + U1 (s) . (1.120)

Eliminiert man den Maschenstrom I(s) und setzt man V Ud (s) = U2 (s), dann
erhält man für die Übertragungsfunktion

U2 (s) −V
G(s) = = . (1.121)
U1 (s) 1 + (1 + V )sRC

b) Die Laplace-Transformierte des Eingangssignals u1 (t) lautet


1.5 Beispiele zur Laplace-Transformation 23

&

8 V 8 8 V


G V  G V
98
,

Abb. 1.15. Netzwerk mit einer Masche

1
U1 (s) = U0 . (1.122)
s + 1/τ

Nach dem Einsetzen in Gl. (1.121) erhält man für die Ausgangsspannung

1 V
U2 (s) = −U0 . (1.123)
s + 1/τ 1 + (1 + V )sRC

Nach einer Partialbruchzerlegung läßt sich dieser Ausdruck schreiben als



V 1 1
U2 (s) = −U0 − . (1.124)
1 + (1 + V )RC/τ s + 1/τ s + (1+V1)RC

Die Rücktransformation in den Zeitbereich ergibt


V  −t

u2 (t) = −U0 e−t/τ − e (1+V )RC . (1.125)
1 + (1 + V )RC/τ

c) Für V → ∞ vereinfacht sich Gl. (1.125) zu


τ  −t/τ 
u2 (t) = −U0 e −1 (1.126)
RC
und Gl (1.121) zu
1
G(s) = − . (1.127)
sRC
Der Division durch s im Laplace-Bereich entspricht das Integrieren im Zeit-
bereich. Bei der Schaltung handelt es sich also um einen Integrierer“. Die

Spannung u2 (t) entspricht dem Integral der Spannung u1 (t) über die Zeit.
2
Nichtlineare Netzwerke

2.1 Beschreibung nichtlinearer Netzwerkelemente


Die bisher betrachteten Netzwerkelemente Widerstand, Spule und Kondensa-
tor zeichnen sich dadurch aus, daß die physikalischen Vorgänge durch lineare
Beziehungen beschrieben werden können. Beim Widerstand besteht ein linea-
rer Zusammenhang zwischen Strom i und Spannung u

u = R · i bzw. i = G · u , (2.1)

der durch den konstanten Widerstandswert R bzw. seinen Kehrwert G (Leit-


wert) ausgedrückt wird. Bei der Spule ist man bisher von einem linearen
Zusammenhang zwischen dem magnetischen Fluß Φ und dem Strom i ausge-
gangen, was durch die Gleichungen
di
Φ = L · i bzw. u = L (2.2)
dt
ausgedrückt wird (mit der konstanten Induktivität L). Beim Kondensator gilt
analoges für den Zusammenhang zwischen der Ladung Q und der Spannung
u
du
Q = C · u bzw. i = C (2.3)
dt
mit der konstanten Kapazität C.
Bei den nichtlinearen Netzwerkelementen können diese Zusammenhänge
nicht durch lineare Gleichungen mit konstanten Proportionalitätsfaktoren aus-
gedrückt werden. Sie werden vielmehr durch beliebige Funktionen modelliert.
Beim nichtlinearen Widerstand lautet eine solche allgemeine Formulierung

u = fR (i) bzw. i = fG (u) . (2.4)

Für die nichtlineare Spule schreibt man



Φ = fL (i) bzw. u = (2.5)
dt
26 2 Nichtlineare Netzwerke

und für die nichtlineare Kapazität analog


dQ
Q = fC (u) bzw. i = . (2.6)
dt

2.2 Berechnung nichtlinearer Netzwerke


Die analytische Berechnung nichtlinearer Netzwerke ist nur in Spezialfällen
möglich. Es sollen hier zwei Beispiele angeführt werden, bei denen dies möglich
ist. Charakteristisch ist dabei, daß die Netzwerke jeweils nur einen (linearen)
Energiespeicher und einen nichtlinearen Widerstand beinhalten. Die sich erge-
benden nichtlinearen Differentialgleichungen können dann durch Integration
gelöst werden.

Beispiel 2.1: Entladevorgang an einem nichtlinearen Widerstand

Abbildung 2.1 zeigt die Parallelschaltung einer linearen, normierten Kapazität

LQ

&Q XQ

Abb. 2.1. Entladevorgang an einem nichtlinearen Widerstand

Cn und eines nichtlinearen Widerstandes. Die (normierte) Strom-Spannungs-


Beziehung des Widerstandes sei für un ≥ 0 durch

in (un ) = u3n − 6u2n + 10un (2.7)

gegeben. Im folgenden soll der Entladevorgang untersucht werden.


a) Stellen Sie die Strom-Spannungs-Beziehung des Widerstandes in der Form
einer i-u-Kennlinie für un ≥ 0 graphisch dar.
b) Geben Sie die Differentialgleichung für die Spannung un (t) an und bestim-
men Sie durch Integration die Zeitspanne von tn0 bis tn1 , während der die
Kapazität Cn von der Anfangsspannung un (tn0 ) = 4 auf die Spannung
un (tn1 ) = 1 entladen wird.
c) Man stelle die Entladezeit tn , die seit Beginn der Kondensatorentladung
zum Zeitpunkt tn0 vergangen ist, als Funktion der Kondensatorspannung
un graphisch dar.
d) Welche Zeitspanne ist erforderlich, um den Kondensator völlig zu entla-
den?
2.2 Berechnung nichtlinearer Netzwerke 27

LQ XQ

L Q

L Q

X Q X Q XQ

Abb. 2.2. Kennlinie des nichtlinearen Widerstands in (un ) nach Gl.( 2.7)

Musterlösung
a) Die Ableitung der Strom-Spannungs-Beziehung lautet

din
= 3u2n − 12un + 10 . (2.8)
dun
Die Nullstellen der Ableitung liefern die Extrema der Funktion
1√
un1,2 = 2 ± 6. (2.9)
3
Abbildung 2.2 zeigt den Verlauf in (un ).
b) Die Strom-Spannungs-Beziehung für den Kondensator lautet

dun
−in = Cn · . (2.10)
dtn
Setzt man Gl. (2.7) ein, so erhält man die DGL

dun
Cn · = −u3n + 6u2n − 10un . (2.11)
dtn
Man wendet die Methode der Separation der Variablen an und integriert beide
Seiten
un (t1 )=1 tn1
1
Cn du n = dtn . (2.12)
un (t0 )=4 −un + 6un − 10un
3 2
tn0

Die gebrochen rationale Funktion auf der linken Seite hat einen Pol bei un = 0
und zwei weitere konjugiert komplexe Pole. Es empfiehlt sich daher eine Zerle-
gung der Funktion, beispielsweise in Partialbrüche. Nach einem Vertauschen
28 2 Nichtlineare Netzwerke

der Seiten und einem Vertauschen der Integrationsgrenzen auf der rechten
Seite erhält man
 
Cn 4 1 −un + 6
tn1 − tn0 = + 2 dun . (2.13)
10 1 un un − 6un + 10
Um diesen Ausdruck zu integrieren, wendet man den Zusammenhang
f  (un )
dun = ln |f (un )| (2.14)
f (un )
mit f (un ) = u2n − 6un + 10 an. Dazu zerlegt man den zweiten Summanden so,
daß sich ein Bruch f  (un )/f (un ) ergibt und ein weiterer Bruch mit konstantem
Zähler übrig bleibt
 
Cn 4 1 1 2un − 6 1
tn1 −tn0 = − +3 2 dun . (2.15)
10 1 un 2 u2n − 6un + 10 un − 6un + 10
Durch Integrieren folgt
 4
Cn 1
tn1 − tn0 = ln |un | − ln |un − 6un + 10| + 3 arctan(un − 3)
2
10 2 1
 
Cn 3π
= ln 40 + + 6 arctan 2 ≈ 0, 752 · Cn . (2.16)
20 2
c) Man wählt ein variables un als obere Grenze der Integration (Gl. (2.12))
und erhält
 
Cn 3π u2n
tn (un ) = ln 8 + − ln 2 − 6 arctan(un − 3) . (2.17)
20 2 |un − 6un + 10|
Die Kennlinie ist in Abb. 2.3 dargestellt. Man beachte, daß es schon bei dieser
relativ einfachen Konfiguration nicht mehr möglich ist, wie gewohnt nach der
Spannung un (tn ) aufzulösen; daher wird die ungewöhnliche Darstellung tn (un )
angewendet.
d) Für un → 0 muß tn → ∞ gehen. Dies folgt unmittelbar aus der Tatsache,
daß der differentielle Widerstand für un → 0 endlich bleibt. Alternativ kann
man auch un → 0 in Gl. (2.17) einsetzen, was zu demselben Ergebnis führt.

Beispiel 2.2: Netzwerk mit Tunneldiode — Sprungphänomen

Abbildung 2.4 zeigt die Serienschaltung einer Induktivität und einer Tun-
neldiode, welche als nichtlinearer Widerstand modelliert wird. Die Strom-
Spannungs-Beziehung des nichtlinearen Widerstandes sei
in (un ) = u3n − 6u2n + 9un . (2.18)
Es wurden die Normierungen in = i/I0 , un = u/U0 eingeführt. Weiterhin gilt
U = 2U0 .
2.2 Berechnung nichtlinearer Netzwerke 29

WQ XQ 

W Q

  XQ

Abb. 2.3. Funktion tn (un ), welche die Entladung des Kondensators über den nicht-
linearen Widerstand beschreibt

S
t=0 u

i
U

Abb. 2.4. Zweipol mit einem nichtlinearen Widerstand

a) Berechnen Sie die Nullstellen und Extrema der Kennlinie des Widerstandes
und stellen Sie diese graphisch dar.
b) Unter Verwendung der normierten Zeit

2U0
tn = t (2.19)
3LI0
stelle man für das Netzwerk eine Differentialgleichung in un auf und löse
diese durch Integration mit der Anfangsbedingung un (tn,a ) = un,a .
c) Man gebe für den Anfangszeitpunkt t = 0 die normierten Anfangswerte
tn,a , un,a und in,a an. Da die Zeit bei Änderung von un nur monoton wach-
sen kann, kann sich un nur in eine Richtung ändern. Man gebe das von
un = un,a ausgehende, zusammenhängende und von un monoton durch-
laufene Intervall an. Wo und wann endet dieses Intervall und was passiert
danach?
d) Man berechne die gesamte Zeit, die vergeht, bis der Strom in den Wert
Null zum zweiten Mal erreicht.
30 2 Nichtlineare Netzwerke

Lösung
a) Es existieren zwei Nullstellen bei u1 = 0 und u2 = 3, wobei bei der zweiten
Nullstelle auch das Minimum liegt. Das Maximum befindet sich bei u3 =
1; i3 = 4. Die Kennlinie ist in Abb. 2.5 dargestellt.
b) Die DGL in der normierten Spannung für das Netzwerk aus Abb. 2.4 lautet
dun 2 − un
= 2 . (2.20)
dtn 2un − 8un + 6

Mit der Anfangsbedingung un,a zum Zeitpunkt tn,a erhält man für tn (un )
 
 un,a − 2 
2 2 
tn (un ) = tn,a + un,a − un − 4(un,a − un ) − 2 ln   . (2.21)
un − 2 

c) Es ist tn,a = 0. Da der Strom durch die Induktivität nicht springen kann,
gilt außerdem in,a = 0 und damit un,a = 0. Gleichung (2.21) vereinfacht sich
damit zu  
1
tn (un ) = −u2n + 4un + 2 ln − un + 1 . (2.22)
2
Die Zeit tn ändert sich selbstverständlich nur in positiver Richtung. Man er-
kennt mit Hilfe der Ableitung dtn /dun , daß un zunächst wächst. Allerdings
hat die Funktion tn (un ) bei un = 1 ein Maximum

tn,1 = tn (un = 1) = 3 − 2 ln 2 , (2.23)

so daß die Gl. (2.22) nicht weiter gelten kann. Betrachtet man die Kennlinie
und berücksichtigt wiederum die Tatsache, daß der Strom nicht springt, so
kommt man zu dem Schluß, daß das Netzwerk zum Zeitpunkt tn,1 vom Punkt
un = 1; in = 4 in den Punkt un = 4; in = 4 springt und die Kennlinie von

LQ XQ 

  XQ

Abb. 2.5. Kennlinie des nichtlinearen Widerstands


2.2 Berechnung nichtlinearer Netzwerke 31

LQ XQ 

W Q
 W Q

W Q

  XQ

Abb. 2.6. Zeitliches Durchlaufen der Kennlinie mit Sprung zum Zeitpunkt tn,1

dort aus weiter durchlaufen werden muß (Siehe Abb. 2.6).


d) Löst man die DGL für die neuen Anfangswerte tn,a = tn,1 , un,a = 4 und
in,a = 4, so erhält man
 
1
tn (un ) = tn,1 − un + 4un + 2 ln
2
un − 1 . (2.24)
2

Entsprechend dieser Funktion wird die Kennlinie solange durchlaufen bis sie
un = 3 zum Zeitpunkt tn (un = 3) = 2tn,1 erreicht. Danach erfolgt ein Sprung
zurück in den Ursprung.
3
Meßfehler

3.1 Grundlagen der Meßfehler


Ein Meßvorgang setzt sich aus den folgenden drei Teilaufgaben zusammen:
• Messung der physikalischen Größe(n)
• Bestimmung der Meßfehler
• Angabe des Meßergebnisses.
Der absolute Meßfehler F ist als Differenz zwischen angezeigtem Meßwert A
und wahrem Wert W definiert

F =A−W . (3.1)

Der relative Meßfehler f gibt den absoluten Meßfehler bezogen auf den wahren
Wert an
F
f= 100 % . (3.2)
W
Da der wahre Wert W in der Regel nicht bekannt ist, kann man diesen unter
der Voraussetzung |F | |A| durch den Anzeigewert A ersetzen

F
f≈ 100 % . (3.3)
A
Die bei einer Messung auftretenden Fehler unterteilt man in:
• Systematische Fehler: Diese Fehler werden durch erfaßbare Unvollkom-
menheiten des Meßgerätes sowie der Meßschaltung (z.B. Innenwiderstand)
verursacht. Sie sind dadurch gekennzeichnet, daß sie einen festen Wert so-
wie ein definiertes Vorzeichen besitzen und sich bei Wiederholungen des
Meßvorganges nicht ändern. Damit sind Fehler dieser Klasse korrigier-
bar.
• Zufällige Fehler: Diese Fehler entstehen aufgrund nicht erfaßbarer Ände-
rungen der Meßgröße, des Meßgerätes oder von Umwelteinflüssen. Betrag
34 3 Meßfehler

und Vorzeichen dieser Fehler sind statistisch verteilt, woraufhin deren Be-
schreibung nur mit Hilfe von Wahrscheinlichkeitsaussagen möglich ist. Zur
Beurteilung sind mehrere Messungen notwendig (je mehr desto besser).
Damit sind Fehler dieser Klasse nicht korrigierbar - man kann nur
Grenzen angeben, innerhalb derer sich ein Meßwert mit einer gewissen
statistischen Sicherheit (Wahrscheinlichkeit) befindet.

Systematische Fehler

Setzt sich ein Meßergebnis y aus einzelnen Meßgrößen x1 bis xn zusammen,


also y = f (x1 , .., xn ), so berechnet sich der absolute systematische Fehler ∆y
entsprechend nachfolgender Gleichung
n
∂f
∆y ≈ ∆xi , (3.4)
i=1
∂xi

wobei ∆xi den absoluten Meßfehler der Einzelmeßgröße xi bezeichnet.


Allgemein lassen sich folgende Regeln für die Fortpflanzung systematischer
Fehler angeben [6]:
• Bei der Addition von Meßgrößen werden die absoluten Fehler addiert.
• Bei der Subtraktion von Meßgrößen werden die absoluten Fehler subtrahiert.
• Bei der Multiplikation von Meßgrößen werden die relativen Fehler addiert.
• Bei der Division von Meßgrößen werden die relativen Fehler subtrahiert.

Zufällige Fehler

Für die Beschreibung zufälliger Fehler benötigt man die beiden Kenngrößen
Mittelwert µ (wird auch als Erwartungswert oder wahrer Wert xw bezeichnet)
N
1
µ = xw = lim xi (3.5)
N →∞ N
i=1

und Standardabweichung σ


 1
N
σ =  lim (xi − µ)2 . (3.6)
N →∞ N
i=1

Da in der Praxis die Anzahl der Meßwerte N stets endlich ist, kann anstelle
des Mittelwertes µ nur ein Schätzwert x̃ (in der Praxis auch als Nominalwert
bezeichnet)
N
1
x̃ = xi (3.7)
N i=1

und anstelle der Standardabweichung σ nur die Schwankung s


3.1 Grundlagen der Meßfehler 35


 1
N
s= (xi − x̃)2 (3.8)
N −1 i=1

angegeben werden.

Tabelle 3.1. Abhängigkeit des Vertrauensfaktors t von der Anzahl der Messungen
N bei verschiedener statistischer Sicherheit P

P = 68, 3% =
ˆ 1, 0σ P = 95% =
ˆ 1, 96σ P = 99% =
ˆ 2, 58σ P = 99, 73% =
ˆ 3, 0σ
√ √ √ √
N t t/ N t t/ N t t/ N t t/ N
2 1,84 1,30 12,71 8,99 63,66 45,01 235,8 166,7
3 1,32 0,76 4,30 2,48 9,9 5,70 19,2 11,10
4 1,20 0,60 3,20 1,60 5,8 2,90 9,2 4,60
6 1,11 0,45 2,60 1,06 4,0 1,63 5,5 2,25
10 1,06 0,34 2,30 0,73 3,2 1,01 4,1 1,30
20 1,03 0,23 2,10 0,47 2,9 0,65 3,4 0,76
50 1,01 0,14 2,00 0,28 2,7 0,38 3,1 0,44
100 1,00 0,10 1,97 0,20 2,6 0,26 3,04 0,30
200 1,00 0,07 1,96 0,14 2,58 0,18 3,0 0,21
1,00 1,96 2,58 3,00
> 200 1,00 √
N
≈0 1,96 √
N
≈0 2,58 √
N
≈0 3,0 √
N
≈0

Setzt sich ein Meßergebnis aus mehreren Einzelmeßgrößen zusammen

y = f (x1 , .., xn ) , (3.9)

so gilt für den Mittelwert yw

yw = f (µ1 , µ2 , .., µn ) . (3.10)

Die Standardabweichung berechnet sich nach dem Gaußschen Fehlerfortpflan-


zungsgesetz zu 
 n  2 
 ∂f 
σy =   σi2 , (3.11)
∂xi 
i=1 (µ1 ,..,µn )

wobei σi die Standardabweichung der Einzelmeßgröße xi bedeutet. Für eine


endliche Anzahl von Meßwerten ändern sich diese beiden Größen in

ỹ = f (x̃1 , .., x̃n ) (3.12)

und 
  2 
 n
∂f 
sỹ =   s2i . (3.13)
∂xi 
i=1 (x̃1 ,..,x̃n )

Mit der Schwankung sỹ läßt sich der sog. Vertrauensbereich wie folgt definieren
36 3 Meßfehler

sỹ t
V = ±√ . (3.14)
N
Dabei ist t der sogenannte Vertrauensfaktor (siehe Tabelle 3.1), der sowohl
eine Funktion der statistischen Sicherheit P als auch der Anzahl der Meßwerte
N ist. Die statistische Sicherheit gibt an, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein
Meßwert innerhalb des Vertrauensbereiches V liegt.

Die Auswertung eines Meßergebnisses erfolgt in drei Schritten:


• Korrektur von systematischen Fehlern
• Berechnung des Schätzwertes ỹ und des Vertrauensbereiches V
• Angabe des Meßergebnisses in der Form y = ỹ ± V .
Bei Meßgeräten wird meistens die Klassengenauigkeit spezifiziert, die den Be-
trag des maximal möglichen absoluten Fehlers ∆x – bezogen auf den Meßbe-
reichsendwert oder den Meßbereichsumfang (Spanne) xend – angibt
 
 ∆x 
G=   100% . (3.15)
xend 

Nach VDE 0410 sind folgende Genauigkeitsklassen genormt:


• Betriebsmeßgeräte: 1, 1,5, 2,5, 5,0
• Feinmeßgeräte: 0,05, 0,1, 0,2, 0,5.

3.2 Systematische Meßfehler


Beispiel 3.1: Fehlerfortpflanzungsgesetz für systematische Fehler

Leiten Sie die Formel für die Fortpflanzung systematischer Fehler her, indem
Sie das fehlerbehaftete Meßergebnis y(x1 +∆x1 , .., xn +∆xn ) in eine Taylorrei-
he entwickeln und diese nach den linearen Gliedern abbrechen. Unter welchen
Voraussetzungen gilt diese Formel?

Musterlösung:
Das Meßergebnis y ist eine Funktion der einzelnen Meßgrößen xi , also
y = f (x1 , .., xn ). Ist nun jede einzelne Meßgröße xi mit einem absoluten Feh-
ler ∆xi behaftet, läßt sich der absolute Meßfehler ∆y des Meßergebnisses y
folgendermaßen angeben

∆y = f (x1w + ∆x1 , .., xnw + ∆xn ) − f (x1w , .., xnw ) . (3.16)

Dabei bezeichnet xiw den wahren Wert der i-ten Meßgröße. Die Taylorreihen-
entwicklung des Meßfehlers ∆y lautet
3.2 Systematische Meßfehler 37

∂f 
∆y = f (x1w , .., xnw ) + ∆x1 + Terme höherer Ordnung
∂x1  (x1w ,..,xnw )


∂f 
+ ... + ∆xn + Terme höherer Ordnung
∂xn (x1w ,..,xnw )

− f (x1w , .., xnw )



∂f 
n
≈ ∆xi . (3.17)
i=1
∂xi (x1w ,..,xnw )

Mit der in Gl. (3.17) durchgeführten Näherung wurden folgende Vorausset-


zungen für die Anwendung des Fehlerfortpflanzungsgesetzes für systematische
Fehler getroffen:
• Die absoluten Fehler ∆xi sind klein gegenüber dem jeweiligen Meßwert xi .
• Die Approximation der Funktion f (x1 , .., xn ) durch ihre Taylorreihe erster
Ordnung ist hinreichend genau.
Da in der Praxis der wahre Wert einer Meßgröße nicht bekannt ist, wird
anstelle des wahren Wertes xiw der gemessene Wert xi eingesetzt

∂f 
n
∆y ≈ ∆xi . (3.18)
i=1
∂xi (x1 ,..,xn )

Beispiel 3.2: Systematischer Fehler bei einer Widerstandsmessung

Es wird der Wert eines ohmschen Widerstandes mittels einer Strom-Spannungs-


messung ermittelt.

FI = 15 mA absoluter Fehler des Amperemeters


FU = 100 mV absoluter Fehler des Voltmeters
Im = 0,7 A gemessener Strom
Um = 8V gemessene Spannung

a) Wie groß ist der maximale absolute systematische Fehler bei dieser Meß-
methode?
b) Bestimmen Sie den Fehler mit der Regel: Bei der Division von Meßgrößen
werden deren relative Fehler subtrahiert. Zeigen Sie, daß der so ermittelte
Fehler mit dem unter Punkt a) berechneten Fehler übereinstimmt.

Musterlösung:
a) Der absolute Meßfehler für den Widerstand ergibt sich mit Hilfe des Feh-
lerfortpflanzungsgesetzes. Entsprechend dem Ohmschen Gesetz
38 3 Meßfehler

R = U I −1 (3.19)

berechnen sich die beiden partiellen Ableitungen des Widerstandes R nach


der Spannung U und dem Strom I zu
∂R
= I −1 (3.20)
∂U
∂R
= −U I −2 . (3.21)
∂I
Setzt man diese Ergebnisse in Gl. (3.4) ein, so erhält man den gesuchten
absoluten Fehler ∆R

∂R 
2
∆R = ∆xi
i=1
∂xi (Um ,Im )

−1 −2
= Im ∆U − Um Im ∆I . (3.22)

Mit den angegeben Werten ergibt sich


−1 −2
F R = Im FU − Um Im FI = −0, 102 Ω . (3.23)

b) Gleichung (3.22) kann wie folgt umgeformt werden


−1 −2
F R = Im ∆U − Um Im ∆I

Um ∆U Um ∆I
= − . (3.24)
Im Um Im Im
 
R R

Dividiert man nun die soeben erhaltene Gleichung durch den Absolutwert des
Widerstandes R, so ergibt sich der relative Fehler fR
FR ∆U ∆I
fR = = −
R Um Im

= fU − fI . (3.25)

Gleichung (3.25) bestätigt die Regel: Bei der Division von zwei Meßgrößen
werden deren relative Fehler subtrahiert.
Es sollte jedoch beachtet werden, daß meistens die absoluten und relativen
Fehler ohne Vorzeichen angegeben werden. In diesen Fällen sind zur Ermitt-
lung des maximalen Fehlers die Beträge der relativen Fehler der einzelnen
Meßgrößen stets zu addieren.
3.3 Zufällige Meßfehler 39

3.3 Zufällige Meßfehler


Beispiel 3.3: Formeln zur Berechnung zufälliger Fehler
a) Leiten Sie die Formel zur Berechnung des Mittelwertes für ein aus meh-
reren Einzelmeßgrößen zusammengesetztes Meßergebnis y = f (x1 , .., xn )
her. Setzen Sie dabei voraus, daß die einzelnen Meßwerte gaußverteilt sind
und die Taylorreihe bei Abbruch nach den linearen Gliedern ausreichend
genau ist.
b) Für die Berechnung der Standardabweichung σ eines Meßergebnisses, das
sich nach dem Aufgabengesetz y = f (x1 , ..., xn ) aus mehreren Einzelmeß-
größen zusammensetzt, gilt das Gaußsche Fehlerfortpflanzungsgesetz (Gl.
(3.11)). Beweisen Sie die Richtigkeit dieser Formel mit den selben Annah-
men wie unter Punkt a).

Musterlösung:
a) Ein einzelner Wert yi des Meßergebnisses, der sich aus den Meßgrößen x1i
bis xni berechnet

yi = f (x1i , ..., xni ) = f (x1w + ∆x1i , ..., xnw + ∆xni ) , (3.26)

kann mit Hilfe einer Taylorreihenentwicklung bei Abbruch nach den linearen
Gliedern wie folgt dargestellt werden
 
∂f  ∂f 
yi ≈ f (x1w , .., xnw ) + ∆x + .. + ∆xni .
∂x1 (x1w ,...,xnw ) ∂xn (x1w ,...,xnw )
1i

(3.27)

Werden nun theoretisch unendlich viele Messungen (N → ∞) durchgeführt,


so läßt sich der Mittelwert yw nach Gl. (3.5) berechnen
N
1
yw = lim yi (3.28)
N →∞ N
i=1

 
∂f 
N
1
≈ lim f (x1w , .., xnw ) + ∆x1i
N →∞ N
i=1
∂x1 (x1w ,..,xnw )

  
∂f  ∂f 
+ ∆x2i + .... + ∆xni (3.29)
∂x2 (x1w ,..,xnw ) ∂xn (x1w ,..,xnw )


∂f 
N
1
= f (x1w , .., xnw ) +  lim ∆x1i + ....
∂x1 (x1w ,..,xnw ) N →∞ N i=1
40 3 Meßfehler

∂f 
N
1
+ lim ∆xni . (3.30)
∂xn (x1w ,..,xnw ) N →∞ N i=1

Geht man nun davon aus, daß die einzelnen Meßwerte der Meßgrößen x1 bis
xn gaußverteilt sind, dann sind die jeweiligen Summen
N N
1 1
lim ∆x1i , .... , lim ∆xni (3.31)
N →∞ N N →∞ N
i=1 i=1

Null, und man erhält das bekannte Ergebnis

yw = f (x1w , .., xnw ). (3.32)

Abschließend sei noch angemerkt, daß in der Praxis die Anzahl der Meßwerte
N stets endlich ist. Daher sind anstelle der wahren Werte x1w , .., xnw nur die
Schätzwerte x̃1 , .., x̃n bekannt und Gl. (3.32) ändert sich in

ỹ = f (x̃1 , .., x̃n ) . (3.33)

b) Aus der Definition der Standardabweichung σ nach Gl. (3.6) ergibt sich
unter Berücksichtigung der Tatsache, daß sich das Einzelmeßergebnis aus n
Meßgrößen zusammensetzt, also y = f (x1 , .., xn ) gilt, zunächst folgender Zu-
sammenhang


 N
σy = 
1
 lim [f (x1i , ...., xni ) − f (x1w , ..., xnw )]2 . (3.34)
N →∞ N   
i=1
a

Entwickelt man nun die Funktion f (x1w + ∆x1i , ..., xnw + ∆xni ) in ihre Tay-
lorreihe, so ergibt sich folgende Darstellung für den Term a

a = f (x1w + ∆x1i , ..., xnw + ∆xni ) − f (x1w , ..., xnw )


 
∂f  ∂f 
= f (x1w , ..., xnw ) + ∆x1i + ... + ∆xni +
∂x1 (x1w ,...,xnw ) ∂xn (x1w ,...,xnw )

Terme höherer Ordnung − f (x1w , ..., xnw )


 
∂f  ∂f 
≈ ∆x1i + ... + ∆xni . (3.35)
∂x1 (x1w ,...,xnw ) ∂xn (x1w ,...,xnw )

Die in Gl. (3.35) eingeführte Näherung und die zusätzliche Voraussetzung,


daß die Meßwerte gaußverteilt sind, vereinfacht die Berechnung des Termes
a2
3.3 Zufällige Meßfehler 41
 2  2
∂f ∂f
a2 = (x1i − x1w )2 + .... + (xni − xnw )2
∂x1 ∂xn

∂f
+2( ∂x ∂f
)( ∂x )(x1i − x1w )(x2i − x2w ) ⎪

1 2 ⎪





+2( ∂x1 )( ∂x3 )(x1i − x1w )(x3i − x3w ) = b .
∂f ∂f
(3.36)








+..
Da bei einer Gaußverteilung der Meßwerte diese symmetrisch um den Mittel-
wert liegen, gilt
N
1
lim b = 0. (3.37)
N →∞ N
i=1
Dieses Ergebnis ist nun noch in die Definitionsgleichung für die Standardab-
weichung σy (Gl. (3.34)) einzusetzen
  
 2  2
 1
N
∂f ∂f
σy =  lim (x1i − x1w ) + ... +
2 (xni − xnw )2
N →∞ N ∂x1 ∂xn
i=1



 ∂f 2 1
N
=
 ∂x lim (x1i − x1w )2 + ....
 1 N →∞ N
 
i=1
 
σ12


  2 
 n
∂f 
=  σi2 . (3.38)
∂xi 
i=1 (x1w ,..,xnw )

Bei endlich vielen Meßwerten N ist anstelle des wahren Wertes xiw der Schätz-
wert x̃i und anstelle der Standardabweichung σi die Schwankung si in die
Formel einzusetzen

 n  
 ∂f 
sỹ =  s2i . (3.39)
∂xi  i=1 (x̃1 ,..,x̃n )

Beispiel 3.4: Kontaktwiderstandsmessung

Zur Ermittlung des Kontaktwiderstandes eines Reedrelais wurde eine Strom-


Spannungsmessung an der in Abb. 3.1 gezeigten Schaltung durchgeführt. Da-
bei wurden die folgenden Meßwerte aufgenommen:
42 3 Meßfehler

5/
,

  88


8% 8. 8*

88
 

Abb. 3.1. Reedrelais mit Meßanordnung

Messung 1 2 3 4 5 6 7 8
UG /(mV) 4,29 4,18 4,29 4,23 4,28 4,22 4,26 4,31
I/(mA) 40,56 40,35 40,58 40,71 40,43 40,61 40,82 40,53

Messung 9 10 11 12 13 14 15 16
UG /(mV) 4,29 4,19 4,25 4,20 4,28 4,23 4,32 4,33
I/(mA) 40,76 40,39 40,48 40,43 40,53 40,75 40,72 40,63

Bei dieser Zweidrahtmessung wird mit UG der gesamte Spannungsabfall ge-


messen, also sowohl jener am Kontaktwiderstand RK (zwischen Klemmen 14
und 8) als auch der an den Übergangswiderständen RU1 (von der Klemme 1
zur Klemme 14) und RU2 (von der Klemme 8 zur Klemme 7). Der Wert des
Übergangswiderstandes RU1 beträgt 35, 1 mΩ, jener des Übergangswiderstan-
des RU2 33, 8 mΩ. Berechnen Sie:
a) den Schätzwert für den Kontaktwiderstand RK ,
b) die Schwankung sRK , mit der die Meßwerte behaftet sind,
c) die Vertrauensgrenzen V des Meßergebnisses für eine statistische Sicherheit
von P = 95 %.

Musterlösung:
a) Bevor man die Kenngrößen zufälliger Fehler berechnet, sind die Meßwerte
zunächst bezüglich ihrer systematischen Meßfehler zu korrigieren. Da bei der
Messung auch der Spannungsabfall an den bekannten Übergangswiderständen
RU1 und RU2 gemessen wurde, lassen sich die Spannungswerte UKi durch
Subtraktion dieses Spannungsabfalles berichtigen

UKi = UGi − Ii (RU1 + RU2 ) . (3.40)


3.3 Zufällige Meßfehler 43

Die Anwendung von Gl. (3.40) auf die Meßwerte ergibt die folgende korrigier-
te Meßreihe:

Messung 1 2 3 4 5 6 7 8
UK /(mV) 1,495 1,40 1,494 1,425 1,494 1,422 1,448 1,517
I/(mA) 40,56 40,35 40,58 40,71 40,43 40,61 40,82 40,53

Messung 9 10 11 12 13 14 15 16
UK /(mV) 1,482 1,407 1,461 1,414 1,487 1,422 1,514 1,531
I/(mA) 40,76 40,39 40,48 40,43 40,53 40,75 40,72 40,63

Mit den korrigierten Meßwerten berechnen sich die Schätzwerte für die Span-
nung und den Strom zu
16
1
ŨK = UKi = 1, 463 mV (3.41)
16 i=1

16
1
I˜ = Ii = 40, 58 mA . (3.42)
16 i=1

Mit Gl. (3.12) folgt der Schätzwert für den Kontaktwiderstand

˜ = ŨK
R̃K = f (ŨK , I) = 36, 06 mΩ . (3.43)

b) Die einzelnen Schwankungen, mit denen die Meßwerte der Meßgrößen UKi
und Ii behaftet sind, berechnen sich mit Hilfe von Gl. (3.8)


 1 16
sUK =  (UKi − ŨK )2 = 4, 367 · 10−2 mV (3.44)
N − 1 i=1



 1
16
sI =  ˜ 2 = 0, 14334 mA.
(Ii − I) (3.45)
N−1 i=1

Die Schwankung sRK des Kontaktwiderstandswertes ergibt sich aus dem


Gaußschen Fehlerfortpflanzungsgesetz. Mit dem Ohmschen Gesetz
R = U I −1 (3.46)
erhält man die beiden partiellen Ableitungen
∂R
= I −1 (3.47)
∂U
∂R
= −U I −2 (3.48)
∂I
44 3 Meßfehler

und damit die gesuchte Größe sRK



 2  2
 ∂RK
sRK =  s2i
i=1
∂x i

= I˜−2 s2UK + ŨK


2 I˜−4 s2 = 1, 084 mΩ .
I (3.49)

c) Für eine statistische Sicherheit von P = 95 % und eine Meßwertanzahl


von N = 16 läßt sich anhand von Tabelle 3.1 durch Interpolation zwischen
den entsprechenden Werten ein Vertrauensfaktor von t = 2, 18 ermitteln. Die
Vertrauensgrenzen sind somit
t sRK
V =±√ = ±0, 5908 mΩ. (3.50)
16
Das Meßergebnis wird daher in folgender Form angegeben
t sRK
RK = R̃K ± √
N

= 36, 06 ± 0, 5908 mΩ . (3.51)

Aufgabe 3.1: Klassengenauigkeit

Die in Abb. 3.2 gezeigte Schaltung wird zur Widerstandsmessung verwen-

Abb. 3.2. Meßanordnung zur Widerstandsmessung

det. Das verwendete Strommeßgerät hat eine Genauigkeitsklasse von 1 %,


einen Bereichsendwert IMend = 1 mA und zeigt einen Strom von 0, 3 mA
an. Mit welcher Genauigkeit kann der Widerstand RK bestimmt werden,
3.3 Zufällige Meßfehler 45

wenn die Werte für den Strom I0 = 1 mA(1 ± 0, 01) sowie den Widerstand
RN = 10 kΩ(1 ± 0, 01) bekannt sind? Geben Sie den Widerstand RK in der
Form
RK = RKnom (1 ± fRK )
an, wobei fRK den relativen Fehler von RK bezeichnet.

Lösung:
Der Wert des gesuchten Widerstandes ergibt sich zu

RK = 4, 286 kΩ(1 ± 0, 0719) .


4
Analoges Messen

4.1 Grundlagen elektromechanischer Meßwerke


Grundgleichungen zur Berechnung von elektromechanischen
Meßwerken

Analog arbeitende Meßgeräte beruhen im allgemeinen darauf, daß einer zu


messenden elektrischen Größe (Strom, Spannung) mit Hilfe eines geeigneten
elektromechanischen Wandlungsprinzips eine Kraftwirkung zugeordnet wird.
Einer der wichtigsten physikalischen Effekte, der für diese Umformung Ver-
wendung findet, ist die Lorentzkraft

F = q v × B
. (4.1)

Die Lorentzkraft ist die mechanische Kraft, die auf eine sich mit der Geschwin-
digkeit v in einem Magnetfeld B bewegende Ladung q wirkt. Diese Kraft kann
für den Spezialfall eines stromdurchflossenen Leiters in Form folgender Glei-
chung angegeben werden [5]

dF = I ds × B
. (4.2)

Gleichung (4.2) beschreibt jene Kraft dF , welche auf ein Leiterstück der Länge
ds eines vom Strom I durchflossenen Leiters in einem Magnetfeld B  ausgeübt
wird, wobei das Wegelement ds in Richtung des Stromflusses zeigt. Die Ge-
samtkraft auf einen beliebigen stromdurchflossenen Leiter ergibt sich daher
aus der Integration von Gl. (4.2) über die gesamte Leiterlänge S

Fges =  =I
I ds × B .
ds × B (4.3)
S S

Elektromechanische Meßgeräte werden konstruktiv meist so ausgeführt, daß


zur Anzeige der Meßgröße ein Zeiger verwendet wird, dessen Ausschlagwinkel
ein Maß für die zu messende Größe darstellt. Um dies zu erreichen, müssen der
48 4 Analoges Messen

stromdurchflossene Leiter (Spule) und das Magnetfeld B  so gestaltet werden,


daß die an der Spule angreifende Kraft (Gl. (4.3)) auf diese ein Drehmoment
ausübt. Die Spule ist daher um eine ortsfeste Achse drehbar gelagert und
mit dem Zeiger verbunden. Das Drehmoment auf die Spule in Richtung der
Drehachse ergibt sich zu
   

Mel ea = ea · r × dF ea = 
ea · (r × dF ) ea
S S
   
= 
(ea × r) · dF ea = I 
(ea × r) · (ds × B) ea . (4.4)
S S

In Gl. (4.4) bezeichnen r den Ortsvektor von einem beliebigen Punkt auf der
Drehachse zum Wegelement ds und ea den Einheitsvektor in Richtung der
Drehachse. Der Betrag von ea × r entspricht dem Normalabstand von ds zur
Drehachse. Für das dynamische Verhalten des drehbaren Teiles erhält man
unter Verwendung des Drallsatzes [8]
Θω̇ ea = Θα̈ ea = Mges ea , (4.5)
wobei Θ das Massenträgheitsmoment des beweglichen Teiles und α den Dreh-
winkel bezeichnen. Mges ist die Summe der am drehbaren Teil angreifenden
Drehmomente. Folgende Drehmomente treten auf:
• Antriebsmoment Mel aufgrund einer stromdurchflossenen
Spule im Magnetfeld
• Dämpfungsmoment Md aufgrund von Dämpfung
• Rückstellmoment Mmech aufgrund einer Drehfeder .
Zur Dämpfung von elektromechanischen Meßgeräten wird oft die sogenannte
Rahmendämpfung verwendet. Diese Art der Dämpfung beruht auf der Induk-
tion eines Stromes in einer Kurzschlußwindung infolge der Drehbewegung der
Spule. Auf diese Kurzschlußwindung wirkt dann entsprechend Gl. (4.4) ein
Drehmoment, welches der momentanen Bewegung entgegenwirkt (Lenzsche
Regel) und somit die Dämpfung bewirkt. Der Name Rahmendämpfung leitet
sich aus der Tatsache her, daß als Kurzschlußwindung der Rahmen verwendet
wird, welcher zur Aufnahme der Wicklung dient. Das Induktionsgesetz für
eine bewegte und geschlossene Leiterschleife kann in seiner allgemeinen Form
folgendermaßen dargestellt werden [5]
$  $
 · ds = − ∂B +  · ds .
E · dA (v × B) (4.6)
A ∂t
S
    S
 
Ruheinduktion Bewegungsinduktion

Der erste Term auf der rechten Seite von Gl. (4.6) ist jener Anteil der Indukti-
onsspannung, der durch die zeitliche Änderung des Magnetfeldes hervorgeru-
fen wird, während der zweite Term von Gl. (4.6) den durch die Bewegung eines
Leiters im Magnetfeld erzeugten Anteil der Induktionsspannung beschreibt.
4.1 Grundlagen elektromechanischer Meßwerke 49

Grundgleichungen zur Berechnung von Magnetkreisen


Das elektromagnetische Feld wird mit Hilfe der Maxwellschen Gleichungen [10]
eindeutig und vollständig beschrieben. Im Rahmen dieses Abschnittes wer-
den zunächst die Gleichungen der Stetigkeitsbedingungen für das magnetische
Feld abgeleitet. Danach wird gezeigt, wie die Berechnung der magnetischen
Feldgrößen eines linearen Magnetkreises mit Hilfe der linearen elektrischen
Netzwerktheorie erfolgen kann.
Die Maxwellsche Gleichung
divB =0 (4.7)
bringt zum Ausdruck, daß die Quelldichte des magnetischen Feldes Null und
damit das magnetische Feld ein Wirbelfeld (Feld mit in sich geschlossenen
Feldlinien) ist. Integriert man Gl. (4.7) über das Volumen V

 dV = 0
divB (4.8)
V

und verwendet den Gaußschen Integralsatz [4], so erhält man das Oberflächen-
integral $
 · dA
B  = 0. (4.9)
A
An einer Grenzfläche zweier Medien mit verschiedenen Permeabilitäten ist
dieses Oberflächenintegral entsprechend Abb. 4.1 für b → 0 auszuwerten

Abb. 4.1. Stetigkeitsbedingung für die Normalkomponente der magnetischen Fluß-



dichte B

$
lim  · dA
B =B
1 · A
1 + B
2 · A
2 = 0
b→0 A
 1 · n1 − B
B  2 · n1 = 0

1 − B
n1 · (B  2) = 0

B1n = B2n . (4.10)


50 4 Analoges Messen

Anhand von Gl. (4.10) erkennt man, daß die Normalkomponente der magneti-
schen Flußdichte immer stetig von einem Medium mit der Permeabilität µ1 zu
einem Medium mit der Permeabilität µ2 übergeht. Mit der Materialgleichung
(isotropes lineares Medium)
 = µH
B  (4.11)
erhält man den Zusammenhang zwischen den entsprechenden Normalkompo-

nenten der magnetischen Feldstärke H

µ1 H1n = µ2 H2n . (4.12)

Die Maxwellsche Gleichung


 = J
rotH (4.13)
besagt, daß eine elektrische Stromdichte J und damit ein elektrischer Strom
I stets von einem Magnetfeld der Feldstärke H begleitet ist. Wird Gl. (4.13)

über die Querschnittsfläche A integriert

 · dA
rotH = J · dA
, (4.14)
A A

erhält man unter Anwendung des Stokesschen Integralsatzes [4] den Durch-
flutungssatz $
H · ds = N I. (4.15)

An einer Grenzfläche zweier Medien mit verschiedenen Permeabilitäten und


verschwindender Flächenstromdichte ergibt sich aus dem Ringintegral nach
Gl. (4.15) für b → 0 der folgende Zusammenhang (Abb. 4.2)

Abb. 4.2. Stetigkeitsbedingung für die Tangentialkomponente der magnetischen



Feldstärke H

$
lim  · ds = 0
H
b→0

 1 · s − H
H  2 · s = 0
1 − H
st · (H  2) = 0
4.1 Grundlagen elektromechanischer Meßwerke 51

H1t = H2t (4.16)


B1t B2t
= . (4.17)
µ1 µ2
 immer
Damit geht die Tangentialkomponente der magnetischen Feldstärke H
stetig von einem Medium mit der Permeabilität µ1 zu einem Medium mit der
Permeabilität µ2 über. Der in Gl. (4.15) auftretende Term

NI = Θ (4.18)

wird Durchflutung genannt. Das Ringintegral aus Gl. (4.15) wird oft nähe-
rungsweise durch eine Summe ersetzt
n
Hi li = IN = Θ, (4.19)
i=1

wobei der Ausdruck Hi li als magnetische Spannung Vi des betreffenden Ab-


schnitts eines Magnetkreises bezeichnet wird. Für die Länge li der jeweiligen
Abschnitte nimmt man den mittleren geometrischen Weg entlang der magne-
tischen Feldlinien. Mit dem Querschnitt Ai gilt der Zusammenhang zwischen
dem magnetischen Fluß φi und der magnetischen Flußdichte Bi

φi = Bi Ai . (4.20)

Vernachlässigt man nun magnetische Streuflüsse in den einzelnen Teilabschnit-


ten des Magnetkreises, d. h.

φ1 = φ2 = ... = φn = φ , (4.21)

so erhält man mit den Gln. (4.19) und Gl. (4.20) aus
n n
li
Hi li = φi =Θ
 µi Ai
i=1 V ..magnetische Teilspannung
i
i=1   
Rmi ..magnetischer Teilwiderstand
(4.22)
das Ohmsche Gesetz für den Magnetkreis
n
Θ
 = φ Rmi . (4.23)

=
ˆ elektrische Spannung i=1
=
ˆ elektrischer Strom

Analog zum elektrischen Netzwerk entspricht die magnetische Durchflutung Θ


der elektrischen Spannung U , der magnetische Fluß φ dem elektrischen Strom
I und der magnetische Widerstand Rm dem elektrischen Widerstand R. Auf
der Basis dieser Analogie lassen sich Magnetkreise mit den gleichen Methoden
berechnen wie aus ohmschen Widerständen und elektrischen Quellen aufge-
baute lineare Netzwerke.
52 4 Analoges Messen

4.2 Meßbereichserweiterung von Meßwerken


Da elektromechanische Meßwerke von ihrer Konzeption her nur einen Meßbe-
reich aufweisen, werden diese durch eine entsprechende Beschaltung mit passi-
ven elektrischen Bauelementen (meist ohmsche Widerstände) um zusätzliche
Meßbereiche erweitert und können unter Verwendung von Schaltern sogar zu
Vielfachmeßgeräten ausgebaut werden. Die Basis für die Meßbereichserweite-
rungen bilden Spannungs- bzw. Stromteiler, deren Berechnung im Anschluß
kurz dargelegt wird.

Spannungsteilerregel

Abb. 4.3. Schaltung zur Spannungsteilerregel

Fließt durch die Widerstände R1 und R2 (Abb. 4.3) der gleiche Strom I
(unbelasteter Spannungsteiler), so verhalten sich die Spannungsabfälle wie
die entsprechenden Widerstandswerte
U1 R1
= (4.24)
U2 R2
U1 R1
= (4.25)
U R1 + R2
U2 R2
= . (4.26)
U R1 + R2

Stromteilerregel

Die Ströme I1 und I2 in den beiden an der gleichen Spannung U liegenden


Zweigen (Abb. 4.4) verhalten sich umgekehrt zu den Widerstandswerten R1
und R2 in den Zweigen
I1 R2
= (4.27)
I2 R1

I1 R2
= (4.28)
I R1 + R2
4.3 Grundlagen zur Messung elektrischer Wechselgrößen 53

Abb. 4.4. Schaltung zur Stromteilerregel

I2 R1
= . (4.29)
I R1 + R2
Bei analogen Spannungsmeßgeräten mit mehreren Meßbereichen ist es üblich,
zur Angabe des Eingangswiderstandes einen auf den Meßbereich bezogenen

Eingangswiderstand RVber (Einheit (Ω/V)) zu verwenden. Da die Meßbe-
reichserweiterung eines Spannungsmeßgerätes durch Vorschaltwiderstände er-
folgt, zeigt folgende Gleichung

 RE 1
RVber = = , (4.30)
Uber IEend
in der RE den Eingangswiderstand im Spannungsbereich Uber und IEend den

für den Endausschlag notwendigen Eingangsstrom bezeichnen, daß RVber für
das jeweilige Meßgerät konstant ist. Der tatsächliche Eingangswiderstand RE1
des Meßgerätes berechnet sich daher für einen Meßbereichsendwert Uber1 zu

RE1 = RVber Uber1 . (4.31)

4.3 Grundlagen zur Messung elektrischer


Wechselgrößen

Bei der Messung von Wechselspannung und Wechselstrom ist man an der
Ermittlung der im folgenden beschriebenen Kenngrößen interessiert.

Kenngrößen von elektrischen Wechselgrößen

Die folgenden Begriffe, die gleichermaßen für die elektrische Spannung u(t)
und den elektrischen Strom i(t) gelten, werden am Beispiel der elektrischen
Spannung erläutert. Eine periodische Spannung u(t) wird durch

u(t + kT ) = u(t) (4.32)

beschrieben, wobei k eine beliebige ganze Zahl und T die Periodendauer be-
zeichnen. Durch die Beziehung
1 ω
f= = (4.33)
T 2π
54 4 Analoges Messen

ist die Frequenz (Wiederholfrequenz bestimmter, zeitlich wiederkehrender


Merkmale) von u(t) festgelegt. Außerdem kann u(t) in die folgende Fourier-
reihe entwickelt werden [3]
∞ ∞

u(t) = u + Ûn sin(nωt + ϕn ) = u + 2 Uneff sin(nωt + ϕn ) . (4.34)
n=1 n=1

Die in dieser Reihe enthaltenen Fourierkoeffizienten Uneff werden zur Berech-


nung bestimmter Kenngrößen, z. B. dem Klirrfaktor, benötigt.
• Arithmetischer Mittelwert
T
1
u= u(t) dt (4.35)
T
0

• Gleichrichtwert
T
1
|u| = |u(t)| dt (4.36)
T
0
• Effektivwert 

 T
1
Ueff = u2 (t) dt (4.37)
T
0

Wenn u(t) als Fourierreihe vorliegt, gilt außerdem



 ∞

Ueff = u2 + 2
Uneff . (4.38)
n=1

Im weiteren wird zwischen reinen Wechselspannungen, die durch u = 0 ge-


kennzeichnet sind, und Mischspannungen der Form
T

u(t) = u + u∼ (t)mit u∼ (t) dt = 0 (4.39)


0

unterschieden. Für den Effektivwert Ueff von Mischspannungen gilt




 T
1
U∼eff =  u2∼ (t) dt , (4.40)
T
0

Ueff = u2 + U∼eff
2 . (4.41)

Die folgenden drei Kenngrößen sind nur für reine Wechselspannungen defi-
niert:
4.3 Grundlagen zur Messung elektrischer Wechselgrößen 55

• Scheitelfaktor

C= mit Û = max |u(t)| (4.42)
Ueff 0≤t≤T

• Formfaktor
Ueff
F= (4.43)
|u|
Der Formfaktor für sinusförmige Größen beträgt


π
FS = T
2
= √ = 1, 11 . (4.44)
2
%
2 2 2
T Û sin ωt dt
0

• Klirrfaktor 
&

2
Uneff
n=2 2 − U2
Ueff 1eff
k= = . (4.45)
Ueff Ueff

Gleichrichtung

Um die im letzten Abschnitt behandelten Wechselgrößen mit den in der Meß-


technik bevorzugt eingesetzen Meßwerken messen zu können, werden Schal-
tungen zur Gleichrichtung des Meßstromes bzw. der Meßspannung benötigt.
Diese Schaltungen basieren auf den speziellen Eigenschaften von Halbleiter-
dioden und werden entsprechend ihrer Gleichrichterwirkung in Einweg- und
Zweiweggleichrichter (Vollweg-Gleichrichter) unterteilt.
Bei der Einweggleichrichtung wird nur eine der beiden Halbwellen der
Wechselgröße zum Meßwerk geleitet. In Abb. 4.5 wird eine entsprechende
Schaltung zur Gleichrichtung der positiven Halbwelle einer Meßspannung ge-
zeigt. Der Vorteil der Einweggleichrichtung ist, daß nur eine Diode benötigt
wird und somit die am Meßwerk anliegende Spannung nur um eine Dioden-
schwellspannung vermindert wird. Da bei der Einweggleichrichtung jeweils
eine der beiden Halbwellen pro Periode verloren geht, müssen im Vergleich
zur Zweiweggleichrichtung entsprechend empfindlichere Meßwerke zur Anzei-
ge verwendet werden. Um diesen Nachteil zu vermeiden, wird der in Abb
4.6 dargestellte Graetz-Gleichrichter (Brückengleichrichter) eingesetzt. Seine
Funktionsweise beruht darauf, daß je nach Vorzeichen (Halbwelle) der Ein-
gangsspannung jeweils zwei diagonal gegenüberliegende Dioden leiten und
dadurch die Meßspannung (vermindert um zwei Diodenschwellspannungen)
vorzeichenrichtig an das Meßwerk gelegt wird. Dem Nachteil, daß die Ein-
gangsspannung um zwei Diodenschwellspannungen vermindert wird, steht der
Vorteil der Nutzung beider Halbwellen gegenüber. Gleichrichterschaltungen
werden oft in Verbindung mit einem Drehspulmeßwerk zur Messung des Ef-
fektivwerts eingesetzt. Bei dieser Messung wird von der Tatsache Gebrauch
56 4 Analoges Messen

Abb. 4.5. Schaltung zur Gleichrichtung der positiven Halbwelle

Abb. 4.6. Graetz-Gleichrichter zur Zweiweggleichrichtung

gemacht, daß Kenngrößen wie Formfaktor und Scheitelfaktor für eine vor-
gegebene Kurvenform konstant sind. So kann z. B. unter Verwendung eines
Graetz-Gleichrichters der Gleichrichtwert gemessen werden, der dann über
eine Umrechnung mit dem Formfaktor (wird in die Skala einkalibriert)

Ueff = F |u| (4.46)

als Effektivwert angezeigt wird. Nachteilig an dieser Vorgehensweise ist, daß


es sich hier nicht um eine echte Effektivwertmessung handelt und daher bei
der Messung von Spannungen mit anderen Kurvenformen entsprechende Meß-
fehler auftreten (s. auch Abschn. 11.3 in [6]).

4.4 Analoge Meßwerke


Beispiel 4.1: Berechnung eines Drehspulmeßwerkes

Das zu berechnende Drehspulinstrument hat den in Abb. 4.7 gezeigten Auf-


bau. Folgende Daten des Meßwerkes sind bekannt:

BL = 0, 5 T Induktion im Luftspalt
M90◦ = 5 µNm Drehmoment der Feder bei 90◦ Zeigerausschlag
2
Θ = 0, 1 µkgm gesamtes Trägheitsmoment des beweglichen Teiles
lB = 15 mm
lR = 20 mm
rR = 7 mm
4.4 Analoge Meßwerke 57

Abb. 4.7. Aufbau und Abmessungen des Drehspulinstrumentes

Die Wicklung des Drehspulmeßwerkes wird von einem Rahmen (mit U-förmi-
gem Querschnitt) aus Aluminium getragen. Zur Dämpfung des Meßwerkes
wird der als Kurzschlußwindung wirkende Aluminiumrahmen verwendet. Für
die nachfolgend durchzuführenden Berechnungen ist zwecks Vereinfachung da-
von auszugehen, daß der Meßwerkstrom eingeprägt wird, d. h. es tritt keine
Rückwirkung aufgrund einer in der Drehspule induzierten Spannung auf.
Außerdem sind die Selbstinduktivitäten und Eigenfelder der Drehspule und
des Aluminiumrahmens zu vernachlässigen.
a) Berechnen Sie die benötigte Windungszahl N der Drehspule, damit sich bei
einem Spulenstrom von IMend = 0, 2 mA Vollausschlag (α = 90o ) einstellt.
Welchen resultierenden Innenwiderstand RM hat das Instrument, wenn
für die Drehspule Kupferlackdraht (Leitfähigkeit γCu = 58 Sm/mm2 ) mit
einem Durchmesser von 0, 05 mm verwendet wird?
b) Welchen Querschnitt AR muß der Aluminiumrahmen (Leitfähigkeit γAl =
36 Sm/mm2 ) aufweisen, damit das Meßwerk aperiodisch gedämpft ist
(Grenzfall verwenden)?
c) Berechnen Sie den Ausschlag α(t), wenn an den Eingang des Drehspulin-
strumentes ein Stromsprung iM (t) = Io σ(t) gelegt wird (σ(t) bezeichnet
die Sprungfunktion).
d) Nach welcher Zeit t1% weicht der in Punkt c) berechnete Ausschlag α(t)
um nicht mehr als 1% von seinem Endwert α∞ = limt→∞ α(t) ab?
e) Zeigen Sie unter Verwendung des Frequenzganges G(ω) = α(ω)/I M (ω),
warum ein Drehspulinstrument beim Anlegen eines periodischen Meßwerk-
stromes für ω1 ω0 (ω1 ist die Kreisfrequenz der Grundwelle; ω0 ist die
Eigenkreisfrequenz des ungedämpften Drehspulinstrumentes) den zeitli-
chen Mittelwert dieses Stromes anzeigt.

Musterlösung:
Da das Drehspulinstrument einen zylindersymmetrischen Aufbau hat, ist es
58 4 Analoges Messen

zweckmäßig, die in Abb. 4.7 eingezeichneten Zylinderkoordinaten für die nach-


folgenden Berechnungen zu verwenden.

 el berechnet sich aus Gl.


a) Das auf die Drehspule wirkende Drehmoment M
(4.4) mit ea = ez und der Beziehung

ea × r = rR eϕ , (4.47)

welche für den sich im Magnetfeld befindlichen Teil der Spule gilt, unter Ver-
wendung der Windungslänge lW = 2(lR + 2rR ) zu
⎛ ⎞
 el = ⎝iM N
M  ⎠ ez
(ez × r) · (ds × B)
lW

⎛ lB 0

= iM N ⎝ rR eϕ · (dz ez × BL er ) + rR eϕ · (dz ez × BL (−er ))⎠ ez
0 lB

⎛ lB
⎞ ⎛ lB

= 2N rR iM BL ⎝ eϕ · (ez × er ) dz ⎠ ez = 2N rR iM BL ⎝ dz ⎠ ez


0 0

= 2N rR lB iM BL ez . (4.48)

Das für den Endausschlag notwendige Drehmoment M90o ergibt sich daher
mit iM = IMend zu
M90o = 2N rR lB IMend BL . (4.49)
Mit Hilfe dieser Gleichung lassen sich die erforderliche Windungszahl N und
der Innenwiderstand RM der Drehspule angeben
M90o
N = = 238 , (4.50)
2rR lB IMend BL

N lW
RM = = 142, 1 Ω . (4.51)
γCu AW
b) Um das dynamische Verhalten des Drehspulinstrumentes zu berechnen,
geht man von Gl. (4.5) aus

Θα̈ ez = (Mel + Md + Mmech )ez . (4.52)

Im folgenden werden die einzelnen Drehmomente näher erläutert und berech-


net. Da alle Drehmomente nur eine z-Komponente besitzen, wird bei den
Berechnungen der Einheitsvektor ez stets weggelassen.
Die auf die stromdurchflossene Drehspule ausgeübte Kraft bewirkt das
Drehmoment Mel , welches sich mit Gl. (4.48) zu
4.4 Analoge Meßwerke 59

Mel = 2N rR lB iM BL = Kel iM (4.53)

berechnet. Dieses Drehmoment ist demnach proportional zum Momentanwert


des Spulenstromes iM .
Zur Erzeugung der oben beschriebenen Rahmendämpfung wird ein Alu-
miniumrahmen verwendet. Der das Dämpfungsmoment verursachende Strom
im Aluminiumrahmen berechnet sich mit der für das Drehspulinstrument ver-
einfachten (kein Eigenfeld) Gl. (4.6)
$  $
 ∂B   · ds
E · ds = − ·dA + (v × B) (4.54)
∂t

l W A l W
=0

unter Berücksichtigung des Ohmschen Gesetzes J = γ E


 und der Beziehung

 × r = α̇rR eϕ
v = ω (4.55)

zu
$ lB 0
1
J · ds = (v eϕ × BL er ) · ez dz + (v eϕ × BL (−er )) · ez dz
γAl
lW 0 lB

$ lB
1
J ds = 2BL v (eϕ × er ) · ez dz
γAl
lW 0

$ lB
JAR
ds = 2BL v −dz
γAl AR
lW 0

lW
iR = −2BL vlB
γAl AR

iR RR = −2lB BL rR α̇ . (4.56)

Unter Verwendung von Gl. (4.48) ergibt sich mit N = 1 und Gl. (4.56) das
Dämpfungsmoment Md
(2lB BL rR )2
Md = 2rR lB iR BL = − α̇ = −Kd α̇. (4.57)
RR
Gleichung (4.57) läßt erkennen, daß das Dämpfungsmoment Md der momen-
tanen Bewegungsrichtung immer entgegenwirkt und außerdem proportional
zur Winkelgeschwindigkeit ω = α̇ ist.
Das Drehmoment Mmech der Drehfeder ergibt sich aus dem für eine lineare
Drehfeder gültigen Zusammenhang
60 4 Analoges Messen

M90o
Mmech = − π α = −Kmech α , (4.58)
90o 180 o

wobei der Drehwinkel α im Bogenmaß einzusetzen ist. Entsprechend der an-


gegebenen Zahlenwerte berechnet sich Kmech zu
Nm
Kmech = 3, 183 µ . (4.59)
rad
Durch Einsetzen der oben berechneten Drehmomente in Gl. (4.52) erhält man
folgende Differentialgleichung für den Ausschlagwinkel α(t)
Kd Kmech Kel
α̈ + α̇ + α= iM . (4.60)
Θ Θ 
  Θ
ω0 2

Nach der Theorie linearer gewöhnlicher Differentialgleichungen mit konstan-


ten Koeffizienten [3] ergibt sich die Gesamtlösung von Gl. (4.60) als Linear-
kombination der homogenen Lösung αh und einer partikulären Lösung αp

α(t) = αh (t) + αp (t) . (4.61)

Zur Berechnung der homogenen Lösung αh (t), die das Eigenverhalten des
Drehspulinstrumentes beschreibt, wird der Ansatz

αh (t) = Ceλt (4.62)

in die homogene Differentialgleichung eingesetzt. Daraus folgt die charakteri-


stische Gleichung (Eigenwertgleichung)
Kd Kmech
λ2 + λ+ = 0. (4.63)
Θ Θ
Aus dieser quadratischen Gleichung ergibt sich die Lösungen für λ
 2
Kd Kd Kmech
λ1,2 = − ± − . (4.64)
2Θ 2Θ Θ

Für den aperiodischen Grenzfall, der durch

λ1 = λ 2 = λ (4.65)

gekennzeichnet ist, erhält man die folgende Lösung der homogenen Differen-
tialgleichung
αh (t) = C1 eλt + C2 teλt . (4.66)
Aus Gl. (4.64) kann mit Gl. (4.65) die Beziehung für Kd abgeleitet werden
 2
Kd Kmech
= =⇒ Kd = 2 Kmech Θ . (4.67)
2Θ Θ
4.4 Analoge Meßwerke 61

Durch Einsetzen von Kd ergibt sich für λ der Wert



Kd Kmech 1
λ=− =− = −ω0 = −5, 642 . (4.68)
2Θ Θ s
Wird Gl. (4.67) in Gl. (4.57) eingesetzt, so können aus

(2lB BL rR )2
= 2 Kmech Θ (4.69)
RR
der Rahmenwiderstand RR und der Rahmenquerschnitt AR berechnet werden

2(lB BL rR )2
RR = √ = 9, 77 mΩ , (4.70)
Kmech Θ

lW
AR = = 0, 193 mm2 . (4.71)
γAl RR
c) Da die Anregungsfunktion iM (t) = Io σ(t) für t > 0 konstant ist, wird für
αp (t) der Ansatz
αp (t) = C3 (4.72)
gewählt, der durch Einsetzen in Gl. (4.60) zu der Bestimmungsgleichung für
C3 führt
Kmech Kel Kel
C3 = Io =⇒ C3 = Io . (4.73)
Θ Θ Kmech
Aus Gl. (4.61) ergibt sich nun mit den Gln. (4.66) und (4.72) folgende allge-
meine Lösung für α(t)
Kel
α(t) = Io + C1 eλt + C2 teλt . (4.74)
Kmech
Die Konstanten C1 und C2 werden aus den Anfangsbedingungen α(0) = 0
und α̇(0) = 0 berechnet
Kel Kel
α(0) = 0 = Io + C1 =⇒ C1 = − Io , (4.75)
Kmech Kmech

Kel
α̇(0) = 0 = C1 λ + C2 =⇒ C2 = Io λ . (4.76)
Kmech
Mit den so ermittelten Konstanten folgt aus Gl. (4.74) die endgültige Lösung
Kel  
α(t) = Io 1 − eλt (1 − λt) . (4.77)
Kmech
Abbildung 4.8 zeigt den entsprechenden auf α∞ (Gl. (4.78)) normierten Zei-
gerausschlag α(t).
62 4 Analoges Messen

Abb. 4.8. Normierter Zeitverlauf des Zeigerausschlagwinkels α(t)

d) Unter Verwendung des Endausschlages α∞


Kel
lim α(t) = Io = α∞ (4.78)
t→∞ Kmech
kann folgende Bestimmungsgleichung für t1% angegeben werden

α∞ − α(t1% )
= 0, 01 . (4.79)
α∞
Durch Einsetzen von α(t) in Gl. (4.79) erhält man folgende nicht-lineare Glei-
chung
1 − [1 − eλt1% (1 − λt1% )] = 0, 01 , (4.80)
die mit Hilfe des Newton-Verfahrens [9] gelöst werden kann. Aus

eλtn (1 − λtn ) − 0, 01
tn+1 = tn − (4.81)
λeλtn (1 − λtn ) − λeλtn

eλtn (1 − λtn ) − 0, 01
= tn − (4.82)
−λ2 tn eλtn
ergibt sich für einen Startwert t1% = 1 s nach n = 5 Iterationsschritten fol-
gender Näherungswert für t1%

t1% = 1, 18 s . (4.83)

e) Da sich jede periodische Funktion f (t) durch eine Fourierreihe (Gl. 4.34)
darstellen läßt

f (t) = A0 + An sin(nωt + ϕn ) , (4.84)
n=1
4.4 Analoge Meßwerke 63

und das Verhalten des Drehspulinstrumentes durch eine lineare Differential-


gleichung beschrieben wird, kann in weiterer Folge die komplexe Rechnung
verwendet werden. Notiert man den Strom iM durch das Meßwerk sowie den
Ausschlagwinkel α in Form komplexer Zeiger

I M = Iˆ1 ejωt (4.85)

α = α̂1 ejωt (4.86)

(wobei hier ohne Beschränkung der Allgemeinheit der komplexe Zeiger für
den Strom I M auf die reelle Achse gelegt wurde), ergibt sich durch Einsetzen
in die Differentialgleichung (Gl. (4.60))

Kd Kmech Kel ˆ jωt


α̂1 (jω)2 ejωt + α̂1 jωejωt + α̂1 ejωt = I1 e . (4.87)
Θ Θ Θ

Diese Gleichung liefert den Zusammenhang zwischen Stromamplitude Iˆ1 und


Ausschlagwinkelamplitude α̂1

α̂1 Kel 1
= Kd Kmech
. (4.88)
ˆ
I1 Θ (jω)2 + jω +
Θ Θ

Wenn man nun Gl. (4.88) auf α∞ /Io = Kel /Kmech (Verhältnis von Ausschlag-
winkel zu fließendem Strom für t → ∞) normiert, ergibt sich der Frequenzgang
α̂1
Iˆ1 Kmech Kel 1
G(ω) = α∞ = Kd Kmech
Io Kel Θ (jω)2 + Θ jω + Θ

1
= Θ Kd
. (4.89)
(jω)2 Kmech + jω Kmech +1

Unter Zuhilfenahme von Gl. (4.68) und



Θ 1 Kd Θ 2
= 2 und =2 = (4.90)
Kmech ω0 Kmech Kmech ω0

läßt sich der Frequenzgang G(ω) aus Gl. (4.89) wie folgt darstellen
1 1
G(ω) =  2 = 2 . (4.91)

ω0 + 2 jω
ω0 + 1

ω0 +1

Im weiteren interessiert uns nur noch der Amplitudenfrequenzgang


1
|G(ω)| =  2 , (4.92)
ω
ω0 +1
64 4 Analoges Messen

Abb. 4.9. Amplitudenfrequenzgang |G(ω)| eines aperiodisch gedämpften Drehspul-


meßwerkes

der in Abb. 4.9 dargestellt ist.


Im Amplitudenfrequenzgang können die folgenden zwei Bereiche unterschie-
den werden

ω ω0 =⇒ |G(ω)| ≈ 1 (4.93)
1
ω ω0 =⇒ |G(ω)| ≈  2 . (4.94)
ω
ω0

Der erste Bereich (Gl. (4.93)) ist für alle niederfrequenten Anteile des Ein-
gangsstromes relevant, also speziell auch für seinen Gleichanteil. Der zweite
Bereich (Gl. (4.94)) ist für die höherfrequenten Anteile des Meßwerkstromes
bestimmend, und wie folgendes Zahlenbeispiel für ein 50 Hz Signal zeigt

|G(2π 50)| = 32 · 10−5 , (4.95)

ist für dieses System die Netzfrequenz von 50 Hz bereits eine Hochfrequenz.
Das Beispiel läßt erkennen, daß für den Zeigerausschlag α nur der Gleichanteil
des Meßwerkstromes relevant ist und die Grundwelle und alle Oberwellen
aufgrund ihrer starken Unterdrückung zu vernachlässigen sind.

Beispiel 4.2: Elektrodynamisches Meßwerk

Folgende Daten eines elektrodynamischen Meßwerkes nach Abb. 4.10 sind


gegeben:
4.4 Analoge Meßwerke 65

µr = 6000 relative Permeabilität des lamellierten Eisens


a = 6 cm
b = 2 cm
c = 12 cm
l = 2 cm
r1 = 1 cm
δ = 0, 2 cm

Abb. 4.10. Aufbau und Abmessungen des elektrodynamischen Meßwerkes

a) Konstruieren Sie das magnetische Feldbild des elektrodynamischen Meß-


werkes unter Vernachlässigung von Streufeldern. Die Rückwirkung auf-
grund der Wicklung am Drehzylinder soll dabei unberücksichtigt bleiben.
b) Berechnen Sie das magnetische Ersatzschaltbild für das elektrodynamische
Meßwerk.
c) Berechnen Sie den Ausschlagwinkel α, wenn die feststehende Spule mit
dem Strom i1 = Iˆ1 sin(ωt) und die bewegliche Spule mit dem Strom
i2 = Iˆ2 sin(ωt − ϕ) gespeist werden und folgende Daten gegeben sind:

Kmech = 2 µNm/rad Drehfederkonstante des Rückstellmomentes


Iˆ1 = 1A Scheitelwert des Stromes i1
Iˆ2 = 10 mA Scheitelwert des Stromes i2
ϕ = 30o Phasendifferenz zwischen i1 und i2
N1 = 200 Anzahl der Windungen der Spule 1
N2 = 200 Anzahl der Windungen der Spule 2

Musterlösung:
a) Aus den in Abschn. 4.1 für das magnetische Feld abgeleiteten Stetigkeits-

bedingungen kann der Winkel α2 , unter dem die magnetischen B-Linien aus
der Grenzfläche austreten, entsprechend Abb. 4.11 berechnet werden.
66 4 Analoges Messen

 beim Übergang vom Medium mit der Permeabilität


Abb. 4.11. Flußdichteverlauf B
µ1 zum Medium mit der Permeabilität µ2

B1t
tan α1 = (4.96)
B1n

B2t
tan α2 = (4.97)
B2n

tan α2 B2t B1n B2t µ2 H2t µ2


= = = = (4.98)
tan α1 B2n B1t B1t µ1 H1t µ1
 
µ2
α2 = arctan tan α1 . (4.99)
µ1
 m (Abb. 4.12) bei
Mit Gl. (4.99) erhält man nun für die mittlere Feldlinie B

Abb. 4.12. Feldlinienverlauf im Meßwerk zwischen Joch und Drehzylinder

einem Eintrittswinkel von α1 = 0 auch einen Austrittswinkel von α2 = 0.


Damit geht die mittlere Feldlinie ungebrochen vom Joch über den Luftspalt
zum Drehzylinder und von dort wieder über den Luftspalt ins Joch.
 a gilt es zunächst den Normalenvektor n sowie den
Für eine äußere Feldlinie B
Einheitsnormalenvektor en aufzustellen
n = −r cos ϕ ex − r sin ϕ ey (4.100)

en = − cos ϕ ex − sin ϕ ey . (4.101)


Mit dem Einheitsvektor eBa der magnetischen Flußdichte
4.4 Analoge Meßwerke 67

eBa = −ex (4.102)

berechnet sich der Eintrittswinkel α1 mit Hilfe des inneren Produktes

α1 = arccos(en · eBa ) = ϕ (4.103)

zu
b
ϕ = arcsin = 56, 44◦ . (4.104)
2(r1 + δ)
Mit Gl. (4.99) erhält man
 
µ2
α2 = arctan tan α1 = 0, 0144◦ . (4.105)
µ1

Damit verläuft die magnetische Feldlinie im Luftspalt näherungsweise entlang

Abb. 4.13. Feldlinienverlauf im Meßwerk

dem Normalenvektor. Beim Eintritt in den Drehzylinder ist der Sachverhalt


genau umgekehrt, womit sich der Feldlinienverlauf nach Abb. 4.13 ergibt.

b) Der Magnetkreis des elektrodynamischen Meßwerkes wird in die drei Ab-


schnitte Joch, Luftspalt und Drehzylinder unterteilt, woraus das Ersatzschalt-
bild nach Abb. 4.14 resultiert. Der magnetische Widerstand Rm1 des Joches

Abb. 4.14. Magnetisches Netzwerk des Meßwerkes

berechnet sich mit der mittleren Länge l1 des Feldlinienweges


68 4 Analoges Messen

a + (a − 2b) 2c − 2b c − 2(r1 + δ) + (c − 2(r1 + δ) − 2b)


l1 = 2 + +
2 2 2

= 25, 6 · 10−2 m (4.106)


und der Querschnittsfläche des Joches A1 = bl = 4 · 10−4 m2 zu
l1 A
Rm1 = = 0, 849 · 105 . (4.107)
µ0 µrFe A1 Vs
Mit der mittleren Querschnittsfläche AL des Luftspaltes
 
δ
AL = 2ϕ r1 + l = 4, 334 · 10−4 m2 (4.108)
2
ergibt sich der magnetische Widerstand RmL im Luftspalt nach folgender Glei-
chung
2δ A
RmL = = 73, 44 · 105 . (4.109)
µ0 AL Vs
Im Drehzylinder ist der mittlere magnetische Weg l2 durch Mittelung über
den Winkelbereich 2ϕ gegeben
90+ϕ
1
l2 = 2r1 sin αdα
2ϕ 90−ϕ

r1 2r1 sin ϕ
= [cos(90 − ϕ) − cos(90 + ϕ)] = . (4.110)
ϕ ϕ
Damit hat der magnetische Widerstand Rm2 mit der Querschnittsfläche A2
A2 = 2lr1 sin ϕ (4.111)
den Wert
l2 1 A
Rm2 = = = 0, 0673 · 105 . (4.112)
µ0 µrFe A2 µ0 µrFe lϕ Vs
Man erkennt aus den berechneten Zahlenwerten, daß der gesamte magnetische
Widerstand
Rmges = Rm1 + RmL + Rm2 (4.113)
näherungsweise jenem des Luftspaltes entspricht.

c) Die magnetische Flußdichte BL im Luftspalt berechnet sich daher nähe-


rungsweise (der gesamte magnetische Widerstand wird durch jenen im Luft-
spalt ersetzt) zu
φ Θ
BL = =
AL Rmges AL

N1 i1 N1 i1
≈ 2δ
= µ0 . (4.114)
µ0 AL AL

4.5 Vielfachmeßgeräte 69

Mit Abb. 4.15 und Gl. (4.3) berechnet sich die Kraft F auf einen einzelnen,
vom Strom i2 durchflossenen Leiter am Drehzylinder
F = i2 (l × B
 L ) = i2 lBL (−ez × −
er ) = i2 lBL eϕ . (4.115)

Abb. 4.15. Drehzylinder des Meßwerkes

 el (t) beträgt demnach


Das gesamte elektrische Drehmoment M
 el (t) = 2N2 r1 × F = 2N2 r1 i2 lBL (
M er × eϕ )
  
ez
r1 l
= 2µ0 N1 N2 i1 i2 ez = k Iˆ1 Iˆ2 sin(ωt) sin(ωt − ϕ) ez . (4.116)
2δ   
1
2 (cos ϕ−cos(2ωt−ϕ))

Aufgrund der Trägheit des Meßwerkes erfolgt eine zeitliche Mittelung, bei
welcher der zeitabhängige Term cos(2ωt − ϕ) Null wird. Mit dem von der
Feder erzeugten Gegendrehmoment
 mech = −αKmech ez
M (4.117)
und der Momentengleichung
Mel + M
 mech = 0 (4.118)
ergibt sich der gesuchte Ausschlagwinkel α zu
r1 l
α = 2µ0 N1 N2 I1eff I2eff cos ϕ = 10, 88◦ . (4.119)
2δKmech

4.5 Vielfachmeßgeräte
Beispiel 4.3: Dimensionierung eines Vielfachmeßgerätes

Das Vielfachmeßgerät soll die in Abb. 4.16 angegebenen Meßbereiche aufwei-


sen. Das zur Anzeige verwendete Drehspulinstrument hat einen Eingangswi-
derstand RM = 200 Ω und einen Strom bei Endausschlag von IMend = 0, 1 mA.
70 4 Analoges Messen

Abb. 4.16. Schaltung des Vielfachmeßgerätes

a) Berechnen Sie R1 bis R6 und RV nach Betrag und Leistung (Belastbar-


keit).
b) Welche Eingangswiderstände (RE2 und RE3 ) hat das Meßgerät im 10 mA-

und 100 mA-Bereich? Wie groß ist RVber dieses Meßgerätes?
c) Welche genormte Genauigkeitsklasse hat dieses Meßgerät im 100 mA-
Bereich, wenn die unter Punkt a) berechneten Widerstände eine Toleranz
von 0, 5 % besitzen?

Musterlösung:
a) Mit der Abkürzung RPges = R1 + R2 + R3 folgt mit Gl. (4.27) für den
1 mA-Bereich
RM + RV 1 mA − IMend
= = 9. (4.120)
RPges IMend
Unter Berücksichtigung des sich im 1 mA- bzw. 100 mV-Bereich ergebenden
Eingangswiderstandes
100 mV
RE1 = = 100 Ω (4.121)
1 mA
folgt aus
(RM + RV )RPges
= RE1 (4.122)
RM + RV + RPges
mit RM + RV = 9RPges (Gl. (4.120)) folgende Bestimmungsgleichung für den
Widerstand RV
RV = 10RE1 − RM = 800 Ω . (4.123)
Da durch RV maximal der Strom IMend fließt, muß er für folgende Leistung
ausgelegt werden
2
PRV = IMend RV = 8 µW . (4.124)
Der Widerstand RPges folgt aus Gl. (4.120)
4.5 Vielfachmeßgeräte 71

RM + RV
RPges = = 111, 11 Ω . (4.125)
9
Aus der für den 10 mA-Bereich geltenden Gleichung
RM + RV + R3 10 mA − IMend
= = 99 (4.126)
RPges − R3 IMend
berechnet sich der Widerstand R3 zu
99RPges − RM − RV RM + RV
R3 = = = 100 Ω . (4.127)
100 10
Der durch R3 fließende Strom wird im 1 mA-Bereich bei Endausschlag maxi-
mal und führt auf die, zur Dimensionierung von R3 benötigte Verlustleistung
PR3 = (1 mA − IMend )2 R3 = 81 µW . (4.128)
Zur Berechnung der beiden Widerstände R1 und R2 wird jetzt der 100 mA-
Bereich herangezogen. Aus
RM + RV + RPges − R1 100 mA − IMend
= = 999 (4.129)
R1 IMend
ergeben sich R1 und R2 entsprechend den bei der Dimensionierung von R3
angestellten Überlegungen zu
R1 = 1, 111 ΩPR1 = (100 mA − IMend )2 R1 = 11, 1 mW , (4.130)

R2 = RPges − R1 − R3 = 10 ΩPR2 = 0, 98 mW . (4.131)


In den Spannungsmeßbereichen muß bei Endausschlag ein Eingangsstrom von
IEU = 1 mA fließen (Abb. 4.16). Damit berechnen sich die Vorwiderstände und
deren Verlustleistungen zu
1 V − 100 mV 2
R4 = = 900 ΩPR4 = IEU R4 = 0, 9 mW , (4.132)
IEU

10 V − 1 V 2
R5 = = 9 kΩPR5 = IEU R5 = 9 mW , (4.133)
IEU

100 V − 10 V 2
R6 = = 90 kΩPR6 = IEU R6 = 90 mW . (4.134)
IEU
b) Die Eingangswiderstände für die Strombereichserweiterung folgen auf ele-
mentare Weise zu
(RM + RV + R3 )(R1 + R2 )
RE2 = = 11 Ω , (4.135)
RM + RV + RPges

(RM + RV + R3 + R2 )R1
RE3 = = 1, 11 Ω . (4.136)
RM + RV + RPges
72 4 Analoges Messen

Mit Gl. (4.30) und dem für den Endausschlag notwendigen Eingangsstrom
IEU = 1 mA ergibt sich

 1 kΩ
RVber = =1 . (4.137)
IEU V
c) Aus dem im 100 mA-Bereich durch das Meßwerk fließenden Strom IM
R1
IM = IE (4.138)
RM + RV + R1 + R2 + R3
folgt für dIM der Zusammenhang

RM + RV + R2 + R3 R1
dIM = IE 2
dR1 − dR2
(RM + RV + RPges ) (RM + RV + RPges )2

R1 R1
− dR 3 − dR V .(4.139)
(RM + RV + RPges )2 (RM + RV + RPges )2
dIM
Der relative Fehler berechnet sich aus fIM = IM zu

RM + RV + R2 + R3 R2
fIM = fR1 − fR2
RM + RV + RPges RM + RV + RPges

R3 RV
− fR3 − fRV . (4.140)
RM + RV + RPges RM + RV + RPges
Zur Bestimmung der Genauigkeitsklasse muß der schlechteste Fall herangezo-
gen werden. Weil die Vorzeichen der relativen Fehler nicht bekannt sind, folgt
daher der maximale relative Fehler des Meßwerkstromes aus der Summe ihrer
Beträge
RM + RV + R2 + R3 R2
|fIM |max = |fR1 |max + |fR2 |max
RM + RV + RPges RM + RV + RPges

R3 RV
+ |fR3 |max + |fRV |max
RM + RV + RPges RM + RV + RPges

= 0, 5 % + 0, 0045 % + 0, 045 % + 0, 36 % = 0, 91% . (4.141)

Die nächsthöhere genormte Genauigkeitsklasse ist

G = 1%. (4.142)

Aufgabe 4.1: Stromvielfachmeßgerät

Abbildung 4.17 zeigt die Schaltung eines Strommeßgerätes mit drei Meßbe-
reichen.
4.6 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung 73

Abb. 4.17. Schaltung des Stromvielfachmeßgerätes

a) Berechnen Sie die Widerstandswerte R1 , R2 und R3 für RM = 100 Ω und


IMend = 2 mA derart, daß das Strommeßgerät die in Abb. 4.17 angegebe-
nen Meßbereiche hat.
b) Für welche maximalen Verlustleistungen müssen R1 , R2 und R3 dimen-
sioniert werden?
c) Welche genormte Genauigkeitsklasse hat das Meßgerät im 1 A-Bereich,
wenn die Widerstände R1 , R2 und R3 eine Toleranz von 1 % aufweisen?

Lösung:
a) R1 = 0, 25 Ω, R2 = 2, 25 Ω, R3 = 22, 5 Ω
b) PR1 = 0, 25 W, PR2 = 0, 022 W, PR3 = 1, 4 mW
c) G = 1, 5 % .

4.6 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung


Beispiel 4.4: Messung einer Rechteckspannung

Von der in Abb. 4.18 dargestellten Rechteckschwingung sollen u1 , u2 und


TE /TA bestimmt werden. Es stehen für diese Messung nur ein Drehspul-
spannungsmeßgerät und ein Dreheisenspannungsmeßgerät zur Verfügung. Das
Drehspulspannungsmeßgerät besitzt einen Gleich- und einen Wechselspan-
nungsmeßbereich. Der Wechselspannungsmeßbereich wird durch Vorschalten
eines Spitzenwertgleichrichters (es wird der positive Spitzenwert gemessen)
realisiert. Bei zeitlich sinusförmigem Verlauf wird der Effektivwert angezeigt.

Berechnen Sie die Spannungen u1 , u2 sowie das Tastverhältnis v = TE /TA für


folgende Meßwerte:
74 4 Analoges Messen

Abb. 4.18. Zeitlicher Verlauf der Rechteckspannung

Drehspulinstrument:
Anzeige im Gleichspannungsbereich: UDS− = 3 V
Anzeige im Wechselspannungsbereich: UDS∼ = 2, 828 V

Dreheiseninstrument:
Anzeige: UDE = 3, 606 V

Musterlösung:
Da beim
√ Drehspulinstrument im Wechselspannungsbereich der Scheitelfaktor
C = 2 (für den Sinusverlauf) einkalibriert wurde, folgt für u1

u1 = 2UDS∼ = 4 V . (4.143)
Die Anzeige UDS− des Drehspulinstrumentes im Gleichspannungsbereich (arith-
metischer Mittelwert der Eingangsspannung)
1 1 1
UDS− = (u1 TE + u2 TA ) = u1 T
+ u2 (4.144)
TE + T A 1+ T A
E
1 + TTE
A

läßt sich mit Hilfe des Tastverhältnisses v folgendermaßen angeben


1 1 v 1
UDS− = u1 1 + u2 = u1 + u2 . (4.145)
1+ v
1+v 1+v 1+v
Damit berechnet sich das Tastverhältnis v zu
u2 − UDS−
v= . (4.146)
UDS− − u1
Aus dem vom Dreheiseninstrument angezeigten Effektivwert
 
1 T 1
UDE = u(t)2 dt = (u2 TE + u22 TA )
T 0 TA + T E 1

1 1
= u21 + u22 (4.147)
1 + TTAE 1 + TTAE
4.6 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung 75

ergibt sich unter Verwendung der oben eingeführten Abkürzung v

2 1 1
UDE = u21 1 + u22 . (4.148)
1+ v
1+v

der Zusammenhang
u22 − UDE
2
v= 2 − u2 . (4.149)
UDE 1
Durch Gleichsetzen von Gl. (4.146) und Gl. (4.149) erhält man
u2 − UDS− u2 − UDE
2
= 22
UDS− − u1 UDE − u21

(u2 − UDS− )(UDE


2
− u21 ) = (UDS− − u1 )(u22 − UDE
2
)
2
u2 UDE − UDS− UDE
2
− u2 u21 + UDS− u21 = UDS− u22 − u1 u22

− UDS− UDE
2 2
+ u1 UDE (4.150)

und damit letztlich folgende quadratische Gleichung

u22 (UDS− − u1 ) + u2 (u21 − UDE


2 2
) + u1 (UDE − u1 UDS− ) = 0

u21 − UDE
2 U 2 − u1 UDS−
u22 + u2 + u1 DE = 0. (4.151)
UDS− − u1 UDS− − u1
Diese Gleichung besitzt die Lösungen

u2,1 = 4 Vund u2,2 = −1 V . (4.152)

Das Einsetzen der Lösung u2,2 in Gl. (4.146) liefert schließlich das gesuchte
Tastverhältnis
TE u2,2 − UDS−
v= = = 4. (4.153)
TA UDS− − u1
Die Lösung u2,1 ergibt hingegen ein negatives Tastverhältnis und scheidet
daher als nicht-physikalisch aus.

Beispiel 4.5: Einweg- und Zweiweggleichrichtung


a) Die in Abb. 4.19 gezeigte Spannung (mit u2 > u1 ) wird mit Hilfe eines
Einweggleichrichters (Abb. 4.5) gleichgerichtet (für negative Spannungen
sperrt die Diode) und den folgenden Messungen unterzogen:
– Die gleichgerichtete Spannung wird direkt an ein Drehspulmeßwerk
sowie anschließend an ein Dreheisenmeßwerk gelegt.
– Die gleichgerichtete Spannung wird an einen Kondensator mit sehr
großer Kapazität gelegt, zu dem dann die beiden oben genannten Meß-
geräte parallelgeschaltet werden.
76 4 Analoges Messen

Abb. 4.19. Zeitverlauf der periodischen Eingangsspannung

Berechnen Sie getrennt für die beiden oben angegebenen Fälle, was die
Meßgeräte anzeigen und für welche Sperrspannung die Diode jeweils di-
mensioniert werden muß.
b) Die in Abb. 4.19 gezeigte Spannung wird zweiweggleichgerichtet (Abb.
4.6) und es werden die gleichen Messungen wie unter a) durchgeführt.
Berechnen Sie getrennt für die beiden oben angegebenen Fälle, was die
Meßgeräte anzeigen und für welche Sperrspannungen die einzelnen Dioden
dimensioniert werden müssen.
Für die Berechnungen sind die Dioden als ideal (d. h. uD = 0 V in Durchlaß-
richtung) zu betrachten.

Musterlösung:
a) Im Falle der Einweggleichrichtung und ohne parallelgeschalteten Konden-
sator liegt die in Abb. 4.20 dargestellte Spannung an den Meßwerken. Vom

Abb. 4.20. Zeitverlauf der einweggleichgerichteten Eingangsspannung

Drehspulmeßwerk wird der zeitliche Mittelwert dieser Spannung gemessen


T
2 T
1 1 − cos(ωt)  2
UDS = u1 sin(ωt) dt = u1 
T T ω 0
0

u1 u1
= (1 + 1) = , (4.154)
2π π
4.6 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung 77

während das Dreheisenmeßwerk ihren Effektivwert


 
 T  T
 2  2
1  1 1 − cos(2ωt)
UDE =  2 2
u1 sin (ωt) dt =  2
u1 dt
T T 2
0 0


   T
1 sin(2ωt)  2
=  u 2 t

u1
T 1 2 4ω  = 2 (4.155)
0

anzeigt.
Bei parallelgeschaltetem Kondensator wird dieser auf den positiven Spit-
zenwert u1 aufgeladen, der schließlich von beiden Meßgeräten auch angezeigt
wird
UDS = UDE = u1 . (4.156)
Die Sperrspannung der Diode ergibt sich unter Beachtung von Abb. 4.5 ohne
Parallel-Kondensator zu
UDSS = u2 (4.157)
und für den zweiten Fall (Kondensator auf u1 aufgeladen) zu

UDSS = u1 + u2 . (4.158)

b) Bei vorgeschaltetem Graetz-Gleichrichter und ohne Parallel-Kondensator


wird die in Abb. 4.21 dargestellte Spannung an die Meßwerke gelegt.

Abb. 4.21. Zeitverlauf der zweiweggleichgerichteten Eingangsspannung

Da die zeitliche Mittelwertbildung eine lineare Operation ist, zeigt das Dreh-
spulmeßwerk die Summe der zeitlichen Mittelwerte der positiven und der mit
Hilfe des Graetz-Gleichrichters nach oben geklappten negativen Halbwelle an

UDS = usinus + usaege . (4.159)

Mit dem zeitlichen Mittelwert der nach oben geklappten negativen Halbwelle
1 u2 u2
usaege = = (4.160)
2 2 4
78 4 Analoges Messen

und Gl. (4.154) folgt für den Gesamtmittelwert


u1 u2
UDS = + . (4.161)
π 4
Die Anzeige des Dreheisenmeßwerkes
 ⎛ ⎞

 T
T
1 ⎜
2

 ⎟
UDE =  ⎝ u2sinus (t) dt + u2saege (t) dt⎠
T
0 T
2



 2 T
 u1 1
=
4 +T u2saege (t) dt (4.162)
T
2

ergibt sich unter Verwendung des Effektivwerts der negativen Halbwelle


T
2 2 T
2 1 u2 1 2 4 t3  2
Usaege,eff = T
t dt = u2 2 
T 2
T T 3 0
0

4 2 T3 u22
= u 2 = (4.163)
T3 24 6
zu 
u21 u2
UDE = + 2. (4.164)
4 6
Bei parallelgeschaltetem Kondensator zeigen beide Meßgeräte den negativen
Spitzenwert
UDS = UDE = u2 (4.165)
an, da der Kondensator gemäß Abb. 4.6 über D2 und D3 auf u2 > u1 aufge-
laden wird. Die Sperrspannungen der Dioden (werden mit UDiSS bezeichnet)
ergeben sich ohne Parallel-Kondensator mit Abb. 4.6 durch Auswertung der
aus D1 , D3 und RM sowie der aus D2 , D4 und RM gebildeten Maschen zu

UD1SS = UD4SS = u2 und UD2SS = UD3SS = u1 . (4.166)

Mit parallelgeschaltetem Kondensator betragen die Sperrspannungen von D1


und D4
UD1SS = UD4SS = u2 . (4.167)
Da die Dioden D1 und D4 niemals leiten (u2 > u1 ), treten die maximalen
Sperrspannungen für D2 und D3 bei uE = u1 auf. Sie ergeben sich aus

u1 − UD2SS + uC − UD3SS = 0 (4.168)


4.6 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung 79

mit uC = u2 und der Annahme, daß sich die Sperrspannung u1 + u2


gleichmäßig auf D2 und D3 aufteilt, zu
u1 + u 2
UD2SS = UD3SS = . (4.169)
2

Beispiel 4.6: Spitzenwertmessung mit einem Drehspulmeßwerk

Die in Abb. 4.22 gezeigte Schaltung wird zur Spitzenwertmessung von sinusför-
migen Eingangsspannungen verwendet.

Abb. 4.22. Schaltung zur Spitzenwertmessung

Welcher relative Meßfehler tritt auf, wenn eine sinusförmige Eingangsspan-


nung mit einer Frequenz von fS = 10 Hz angelegt wird, die Diode D ideal ist
(d. h. uD = 0 V in Durchlaßrichtung), der Kondensator C eine Kapazität von
1 µF hat und das Drehspulmeßwerk einen Innenwiderstand von RM = 100 kΩ
aufweist?

Musterlösung:
Mit dem in Abb. 4.23 dargestellten Spannungsverlauf am Kondensator und

Abb. 4.23. Zeitlicher Verlauf der Kondensatorspannung

unter der Annahme, daß die Entladung des Kondensators zum Zeitpunkt
t = 0 s vom Spitzenwert Û aus erfolgt (d. h. keine Berücksichtigung des
tatsächlichen Entladebeginns zum Zeitpunkt t1 ), berechnet sich der Entla-
devorgang des Kondensators gemäß
80 4 Analoges Messen
t

uC (t) = Û e RM C
für0 ≤ t ≤ t . (4.170)

Die Zeit t ergibt sich aus der im Bereich 3T /4 ≤ t ≤ T liegenden Nullstelle


der transzendenten Gleichung
t

f (t) = Û e RM C
− Û cos ωt , (4.171)

die mit Hilfe des Newton-Verfahrens [9] bestimmt wird. Das Einsetzen von
 
− t
f (t) = Û e RM C − cos ωt und (4.172)
 
1 − t
f  (t) = Û − e RM C
+ ω sin ωt (4.173)
RM C

in die Newton-Formel führt zu folgender, der Berechnung der Zeit t dienen-


den, Iterationsformel
tn

e RM C
− cos ωtn
tn+1 = tn − tn
. (4.174)

− RM1 C e RM C
+ ω sin ωtn

Mit dem Startwert t0 = 3T /4 = 0, 075 s ergibt sich nach zwei Iterationsschrit-
ten ein Wert von
t2 = 0, 0822 s . (4.175)
Mit dem vom Drehspulinstrument angezeigten Mittelwert der Eingangsspan-
nung
⎛ t T

1 ⎝ − t
UDS = Û e RM C
dt + Û cos ωt dt⎠
T
0 t

t T 
Û − t  sin ωt 
= − RM C e RM C
 +
T 0 ω t

 
Û − t sin ωt
= RM C(1 − e RM C
)−
T ω
= 0, 704Û (4.176)

berechnet sich der resultierende relative Meßfehler zu

UDS − Û 0, 704Û − Û
f= = = −29, 6 % . (4.177)
Û Û
4.6 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung 81

Beispiel 4.7: Meßfehler eines Meßgerätes, das den Effektivwert auf der Basis
des Formfaktors einer Sinusgröße anzeigt

Wie groß ist der relative Meßfehler, wenn der Effektivwert der in Abb. 4.24
dargestellten Spannung mit einem Drehspulinstrument gemessen wird, das
einen Gleichrichter in Brückenschaltung enthält und für sinusförmige Meß-
spannungen den Effektivwert anzeigt?

Abb. 4.24. Zeitlicher Verlauf der Meßspannung

Musterlösung:
Die Anzeige des Meßgerätes berechnet sich mit
T
T 4
1 4 Û
|u| = |u(t)| dt = T
t dt
T T 4
0 0

42 Û T 2 Û
= 2 2
= (4.178)
T 2 4 2
und dem Formfaktor FS für sinusförmige Größen (Gl. (4.44))
Ueff π
FS = = √ (4.179)
|u| 2 2
zu
π
UDS = FS |u| = √ Û . (4.180)
4 2
Der relative Meßfehler ergibt sich mit dem Effektivwert der Meßspannung
 
  T
2
 T  4
1 4 Û
Ueff =  u(t)2 dt =  T
t dt
T T 4
0 0


43 Û 2 T 3 Û
= =√ (4.181)
T 3 3 43 3
82 4 Analoges Messen

und dem angezeigten Wert UDS zu



UDS − Ueff π 3
f= = √ − 1 = −3, 8 % . (4.182)
Ueff 4 2

Beispiel 4.8: Effektivwertmeßgerät für verschiedene Kurvenformen des Ein-


gangsspannungszeitverlaufes

Es soll ein Spannungsmeßgerät (Abb. 4.25) aufgebaut werden, das zur Mes-
sung der Effektivwerte von Gleich-, Sinus- und Dreieckspannungen geeignet
ist. Der Meßbereichsendwert soll für alle Spannungsformen 10 V betragen. Das
Drehspulinstrument hat einen Innenwiderstand RM = 2 kΩ und einen Strom
bei Endausschlag von IMend = 2 mA. Führen Sie die Berechnungen unter der
Annahme durch, daß die Diode D ideal (d. h. uD = 0 V in Durchlaßrichtung)
und die Kapazität des Kondensators C hinreichend groß ist.

Abb. 4.25. Schaltung des Spannungsmeßgerätes

a) Dimensionieren Sie die Widerstände RG (Gleichspannungsmessung), RS


(Sinus) und RD (Dreieck (Abb. 4.24)) nach Betrag und Leistung.
b) Wie groß ist der Meßfehler, wenn Sie im Gleichspannungsbereich eine sym-
metrische Rechteckspannung (entspricht dem in Abb. 4.18 gezeigten Span-
nungsverlauf für |u1 | = |u2 | und v = 1) messen?
c) Für welche maximale Sperrspannung muß die Diode D dimensioniert wer-
den?
d) Welche maximalen Toleranzen dürfen die Widerstände RG , RS und RD
aufweisen, wenn das Drehspulinstrument eine Klassengenauigkeit von
GDS = 0, 5 % hat und dieses Effektivwertmeßgerät in allen Bereichen eine
Klassengenauigkeit von 1 % aufweisen soll?
e) Sie messen im Gleichspannungsbereich eine Gleichspannung und diese wird
richtig angezeigt. Nun messen Sie im selben Bereich eine Rechteckspan-
4.6 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung 83

nung und es wird Null angezeigt. Welches Bauelement ihres Meßgerätes


ist defekt und welchen Defekt hat es?

Musterlösung:
a) Die einzelnen Vorwiderstände ergeben sich aus der Überlegung, daß an der
Serienschaltung von Drehspulmeßwerk und Vorwiderstand entsprechend den
verschiedenen Kurvenformen bei Endausschlag die Spannung

UCmax = CUE Uber (4.183)

anliegt, wobei CUE den Scheitelfaktor der jeweils anliegenden Eingangsspan-


nung und Uber = 10 V den Meßbereichsendwert bezeichnen. Daraus können
jetzt unter Beachtung der verschiedenen Scheitelfaktoren die Vorwiderstände
berechnet werden. Bei einer Gleichspannung ergibt sich aus

ÛGmax = Uber = IMend (RG + RM ) (4.184)

der Vorwiderstand RG zu
Uber
RG = − RM = 3 kΩ . (4.185)
IMend
Die maximale Verlustleistung an RG tritt bei Endausschlag auf und berechnet
sich zu
2
PRG = IMend RG = 12 mW . (4.186)

Da der Scheitelfaktor
√ einer Sinusspannung CS = 2 beträgt, ergibt sich mit
ÛSmax = 2Uber der Vorwiderstand RS nach Betrag und Leistung zu

2Uber
RS = − RM = 5, 07 kΩPRS = IMend
2
RS = 20, 3 mW . (4.187)
IMend

Mit dem Effektivwert einer Dreieckspannung UDeff =√ ÛD / 3 (Gl. (4.181))
und dem daraus
√ resultierenden Scheitelfaktor CD = 3 berechnen sich mit
ÛDmax = 3Uber der Widerstand RD und die dazugehörige Verlustleistung
PRD zu

3Uber
RD = − RM = 6, 66 kΩPRD = IMend
2
RD = 26, 6 mW . (4.188)
IMend
b) Da sich der Effektivwert UReff einer symmetrischen Rechteckspannung ent-
sprechend Gl. (4.147) errechnet, folgt

UReff = u1 , (4.189)

wobei u1 den Spitzenwert der Rechteckspannung bezeichnet. Dies bedeutet,


daß der Effektivwert in diesem Fall richtig angezeigt wird.
84 4 Analoges Messen

c) Da die Dreieckspannung den größten Scheitelfaktor aufweist, tritt die ma-


ximale Sperrspannung an der Diode bei Anlegen der maximalen Dreieckspan-
nung auf. Sie beträgt aufgrund des auf ÛDmax aufgeladenen Kondensators

UDSS = 2ÛDmax = 34, 64 V . (4.190)

d) Die Anzeige (bzw. der Ausschlag α) des Drehspulinstrumentes läßt sich


mit der Stromempfindlichkeit Si [6] durch
uC
α = Si IM = Si (4.191)
RV + RM
beschreiben. Die Genauigkeitsklasse des gesamten Meßgerätes (Meßwerk und
Vorwiderstand RV ) berechnet sich daher aus dem totalen Differential
uC uC
dα = dSi − Si dRV (4.192)
RV + RM (RV + RM )2
zu
     
 dα   dSi  RV  dRV 

G = 1% =   
=  +   . (4.193)
αend  Si max RV + RM  RV 
max
   max
GDS

Aus Gl. (4.193) läßt sich der maximal erlaubte relative Fehler |fRV |max des
Vorwiderstandes ableiten
RV + RM
|fRV |max = (G − GDS ) . (4.194)
RV
Durch Einsetzen der einzelnen Vorwiderstände ergeben sich folgende Wider-
standstoleranzen
 
RM
|fRG |max = 1 + 0, 005 = 0, 83 % (4.195)
RG
 
RM
|fRS |max = 1+ 0, 005 = 0, 70 % (4.196)
RS
 
RM
|fRD |max = 1+ 0, 005 = 0, 65 % . (4.197)
RD
e) Die beschriebenen Phänomene treten auf, wenn die Diode einen Kurzschluß
hat.

Aufgabe 4.2: Meßwerke mit Gleichrichter


a) Von der in Abb. 4.26 gezeigten Spannung u(t) (u(t) ≥ 0 V) sollen u und Û
unter Verwendung eines Drehspulmeßwerkes und eines Dreheisenmeßwer-
kes bestimmt werden. Die Meßgeräte liefern folgende Anzeigen:
4.6 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung 85

Abb. 4.26. Zeitlicher Verlauf der Meßspannung

Drehspulmeßwerk: UDS = 3 V
Dreheisenmeßwerk: UDE = 3, 215 V

Berechnen Sie u und Û .


b) Können u und Û auch dann bestimmt werden, wenn anstatt des Drehei-
senmeßwerkes ein Drehspulmeßwerk mit vorgeschaltetem Brückengleich-
richter verwendet wird?

Lösung:
a) u = 3 V, Û = 2, 002 V
b) u kann ermittelt werden; Û kann nicht bestimmt werden.

Aufgabe 4.3: Klirrfaktorbestimmung mit Standardmeßgerät

Die in Abb. 4.27 gezeigte Spannung (K = 106 V/s2 ) wird an ein Drehspulin-
strument mit Brückengleichrichter gelegt, das für Spannungen mit sinusförmi-
gen Zeitverlauf deren Effektivwert anzeigt. Berechnen Sie Û , den Effektivwert
und den Klirrfaktor der in Abb. 4.27 angegebenen Spannung, wenn das Meß-
gerät 3 V anzeigt.

Lösung:
Û = 8, 103 V, Ueff = 3, 624 V, k = 34, 4 % .

Aufgabe 4.4: Oberwellenbestimmung mit Standardmeßgeräten

Der durch eine Induktivität mit Eisenkern fließende Strom kann für si-
nusförmige Betriebsspannungen in erster Näherung durch
π
i(t) = Iˆ1 sin(ωt) − Iˆ3 sin(3ωt)miti(t) ≥ 0 für 0≤t≤ (4.198)
ω
beschrieben werden.
86 4 Analoges Messen

Abb. 4.27. Zeitlicher Verlauf der Meßspannung

a) Es sollen Iˆ1 und Iˆ3 ermittelt werden. Für diese Messung stehen ein Dreh-
spulmeßwerk mit Brückengleichrichter, das für sinusförmige Eingangs-
ströme den Effektivwert anzeigt und ein Dreheisenmeßwerk zur Verfügung.
Die Meßgeräte liefern folgende Anzeigen:
Drehspulmeßwerk: IDS = 1, 886 A
Dreheisenmeßwerk: IDE = 2, 236 A
b) Welchen Klirrfaktor weist der oben angegebene Strom auf?

Lösung:
a) Iˆ1 = 3 A, Iˆ3 = 1 A
b) k = 31, 62 % .
5
Operationsverstärker

5.1 Der Überlagerungssatz


Der grundlegende Satz der linearen Netzwerktheorie ist der Überlagerungs-
satz (Superpositionsprinzip). Dieser Satz beruht auf dem allgemeinen physi-
kalischen Prinzip, daß sich in einem linearen System die Gesamtwirkung aus
der Überlagerung aller Einzelwirkungen ergibt. Für die lineare Elektrische
Netzwerktheorie bedeutet dies, daß man die Ausgangsspannung eines Netz-
werkes erhält, indem man die Teilausgangsspannungen für jede im Netzwerk
enthaltene Quelle (Spannungsquelle oder Stromquelle) einzeln berechnet und
anschließend diese Teilausgangsspannungen zur Gesamtausgangsspannung ad-
diert. Dabei sind folgende Regeln zu beachten:
• Alle Spannungsquellen, außer der gerade betrachteten, sind durch einen
Kurzschluß zu ersetzen.
• Alle Stromquellen, außer der gerade betrachteten, sind aufzutrennen.
Besteht beispielsweise die Aufgabe darin, die Ausgangsspannung UA der in
Abb. 5.1 dargestellten Operationsverstärkerschaltung mit den beiden Ein-
gangsspannungen UE1 und UE2 zu berechnen, so kann dies auf der Grundlage
des Überlagerungssatzes in zwei Teilschritten erfolgen. Schließt man zunächst
die Eingangsspannung UE2 entsprechend den obigen Rechenregeln des Über-
lagerungssatzes kurz, so ergibt sich die in Abb. 5.2a gezeigte Schaltung zur
Berechnung der Teilausgangsspannung UA1 , die aufgrund der Eingangsspan-
nung UE1 entsteht. Die Schaltung nach Abb. 5.2b dient der Ermittlung der
Ausgangsspannung UA2 als Funktion der Eingangsspannung UE2 . Die gesam-
te Ausgangsspannung UA berechnet sich schließlich durch Superposition der
Teilausgangsspannungen
UA = UA1 + UA2 . (5.1)
88 5 Operationsverstärker

Abb. 5.1. Operationsverstärkerschaltung mit zwei Eingangsspannungen UE1 und


UE2 .

Abb. 5.2. a) Schaltung zur Berechnung der Teilausgangsspannung UA1 als Funktion
der Eingangsspannung UE1 b) Schaltung zur Berechnung der Teilausgangsspannung
UA2 als Funktion der Eingangsspannung UE2

5.2 Grundlagen der Operationsverstärker


Operationsverstärker spielen in der Elektrischen Meßtechnik eine bedeuten-
de Rolle. Eine ihrer Hauptaufgaben besteht darin, eine zu messende Span-
nung bzw. einen zu messenden Strom an den Meßbereich des verwendeten
Meßgerätes anzupassen, was oft eine entsprechende Verstärkung erforderlich
macht.
Im folgenden werden die für die Berechnung eines realen Operations-
verstärkers wichtigsten Kenngrößen anhand seines Kleinsignal-Ersatzschaltbildes
(Abb.5.3) erläutert.

• Leerlaufspannungsverstärkung (open loop voltage gain) V0


Es handelt sich hierbei um die Differenzverstärkung der offenen Schleife,
d. h. des nicht-rückgekoppelten, unbeschalteten Operationsverstärkers.
∂uA
V0 = (5.2)
∂uD
5.2 Grundlagen der Operationsverstärker 89

Abb. 5.3. Kleinsignal-Ersatzschaltbild eines realen Operationsverstärkers

- ideal: V0 → ∞
- real: 104 ≤ V0 ≤ 107

• Leerlaufspannungsverstärkungsmaß
 
∂uA
V0 [dB] = 20 lg V0 = 20 lg (5.3)
∂uD
- ideal: V0 → ∞
- real: 80 dB ≤ V0 ≤ 140 dB

• Gleichtaktspannung (common mode voltage) ugl


uP + u N
ugl = (5.4)
2

• Gleichtakt-Spannungsverstärkung (common mode voltage gain)


Vgl
∂uA
Vgl = (5.5)
∂ugl
- ideal: Vgl = 0
- real: Vgl ≈ 1

• Gleichtaktunterdrückung (common mode rejection ratio) CMRR


 
V0
CMRR [dB] = 20 lg (5.6)
Vgl
- ideal: CMRR → ∞
- real: CMRR ≈ 100 dB
90 5 Operationsverstärker

• Gleichtakteingangswiderstand (common mode input resistance)


rgl
∂ugl
rgl = 1 (5.7)
2 ∂(iP + iN )

- ideal: rgl = ∞
- real: rgl = 1 GΩ . . . 100 TΩ

• Differenzeingangswiderstand (differential input resistance) rE


Da im allgemeinen der Gleichtaktwiderstand rgl groß ist gegenüber dem
Differenzeingangswiderstand rE (rgl rE ), gilt folgende Definitionsglei-
chung für den Differenzeingangswiderstand
∂uD
rE = (5.8)
1
− iN )
2 ∂(iP

- ideal: rE = ∞
- real: rE = 1 MΩ . . . 1 TΩ

• Ausgangswiderstand (output resistance) rA



∂uA 
rA = − (5.9)
∂iA uD =const.

- ideal: rA = 0
- real: rA = 2 Ω . . . 100 Ω

• Eingangsfehlspannung (input offset voltage), Offsetspannung UD0


Durch nicht-identische Eingangstransistoren des bei Operationsverstärkern
stets vorhandenen Differenzeingangsverstärkers [11] wird auch für uN =
uP = 0 beim realen Operationsverstärker eine Ausgangsspannung uA = 0
erzeugt. Jene Spannungsdifferenz UD0 , welche am Eingang angelegt wer-
den muß, um die Ausgangspannung auf Null abzugleichen, wird als Ein-
gangsfehlspannung oder als Eingangs-Offsetspannung UD0 bezeichnet. Sie
erscheint im Schaltbild des realen Operationsverstärkers als Spannungs-
quelle am Eingang (Abb. 5.3).

- ideal: UD0 = 0
- real: UD0 = 0, 5 µV . . . 5 mV

• Gesamtausgangsspannung (output voltage) uA


Die Gesamtausgangsspannung uA ergibt sich als Überlagerung aus der ver-
stärkten Leerlauf-Differenzeingangsspannung uD , die um die Offsetspan-
nung UD0 vermindert wird, und der mit der Gleichtaktverstärkung multi-
plizierten Gleichtaktspannung
5.2 Grundlagen der Operationsverstärker 91

uD = uP − uN (5.10)
uA = V0 uD + Vgl ugl = V0 (uD − UD0 ) + Vgl ugl (5.11)
= V0 (uP − uN − UD0 ) + Vgl ugl (5.12)

• Versorgungsspannungsunterdrückung (power supply


rejection ratio) PSRR
Die Versorgungsspannungsunterdrückung ist ein Maß dafür, welchen Ein-
fluß eine Spannungsschwankung der Versorgung auf die Ausgangsspannung
hat  
∂uA
PSRR [dB] = −20 lg (5.13)
∂uB
- ideal: PSRR → ∞
- real: PSRR ≈ 100 dB

• Grenzfrequenz (cutoff frequency), Bandbreite (bandwidth)


Die 3 dB-Grenzfrequenz fg ist jene Frequenz, bei der die Verstärkung ge-
genüber
√ ihrem Gleichspannungswert um 3 dB (entspricht einem Faktor
von 1/ 2) gesunken ist. Diese obere Grenzfrequenz, die im allgemeinen der
Bandbreite des Verstärkers entspricht, ist von der äußeren Beschaltung des
Operationsverstärkers abhängig.

• Anstiegsgeschwindigkeit (slew rate) SR


Die Anstiegsgeschwindigkeit (Einheit V/µs) entspricht der zeitlichen Ablei-
tung der Ausgangsspannung im Großsignalbetrieb bei Anlegen eines Span-
nungssprunges am Eingang
 
∂uA
SR = (5.14)
∂t max

- ideal: SR → ∞
V V
- real: SR = 0, 5 µs . . . 3000 µs

• Eingangsruhestrom (input bias current) IB


Die Eingangstransistoren eines Operationsverstärkers weisen grundsätzlich
Basis- bzw. Gateströme auf. Selbst bei Operationsverstärkerschaltungen
mit einer sog. inneren Bias-Stromversorgung sind die Ströme IN und IP
noch ungleich Null und müssen durch die äußere Beschaltung aufgebracht
werden. Trotz des möglichst symmetrischen Aufbaus der meisten Diffe-
renzeingangsstufen ist darüber hinaus IN = IP . In Datenblättern sind
stets die Mittelwerte von IN und IP sowie der Betrag ihrer Abweichungen
voneinander angegeben. Für den mittleren Eingangsruhestrom (Biasstrom,
Input Bias Current) IB gilt dabei folgende Definition
92 5 Operationsverstärker

IN0 + IP0
IB = (5.15)
2
- ideal: IB = 0
- real: IB = 50 fA(FET) . . . 1 µA (bipolar, in Sonderfällen bis 25 µA).

• Eingangsfehlstrom (input offset current), Offsetstrom ID0


Der Offsetstrom ID0 eines Operationsverstärkers entspricht der Differenz
der Eingangsruheströme IN0 und IP0
ID0 = IN0 − IP0 . (5.16)
- ideal: ID0 = 0
- real: ID0 = 20 fA ... 20 nA

• Offsetspannungsdrift (offset voltage drift)


Die Offsetspannungsdrift beschreibt die Abhängigkeit der Offsetspannung
UD0 von der Temperatur ϑ
∂UD0
(5.17)
∂ϑ
- ideal: 0
- real: 0, 01 µV/◦ C . . . 15 µV/◦ C

• Eingangsstromdrift
Die Eingangsstromdrift beschreibt die Abhängigkeit des Eingangsstromes
von der Temperatur ϑ

∂(iP , iN ) 
(5.18)
∂ϑ uN =const.,uP =const.

- ideal: 0
- real: 10 fA/◦ C . . . 1 µA/◦ C

• Verstärkungs-Bandbreite-Produkt (gain bandwidth product) V fg


Wichtiger noch als der reine Verstärkungsfaktor ist das sogenannte Ver-
stärkungs-Bandbreite-Produkt fg0 V0 , welches bei Universaltypen bei etwa
fg0 V0 = 106 Hz liegt und bei auf hohe Bandbreite ausgerichteten Operati-
onsverstärkern bis zu 1010 Hz reicht. Durch eine Gegenkopplungsschaltung
wird der effektive Verstärkungsfaktor V und die effektive Grenzfrequenz fg
der Meßschaltung eingestellt. Das Produkt aus Verstärkungsfaktor V und
Bandbreite bzw. Grenzfrequenz fg ist für Grenzfrequenzen oberhalb von
fg0 (fg > fg0 ) bei einem bestimmten Operationsverstärkertyp stets ein
konstanter Wert (Abb. 5.4)
V fg = V0 fg0 . (5.19)
5.2 Grundlagen der Operationsverstärker 93

Abb. 5.4. Zusammenhang zwischen Grenzfrequenz und Verstärkungsfaktor eines


Operationsverstärkers (Konstanz des Verstärkungs-Bandbreite-Produktes V fg )

• Transitfrequenz (unity gain bandwidth) fT


Die Transitfrequenz fT ist jene Frequenz, bei der die Leerlaufspannungs-
verstärkung auf 0 dB abgesunken ist.
Anhand der invertierenden und der nicht-invertierenden Operationsverstärker-
schaltung wird im folgenden die Vorgehensweise bei der Berechnung von Ope-
rationsverstärkerschaltungen beschrieben. Es soll zunächst von einem idealen
Operationsverstärker mit Differenzeingangsspannung uD = 0 und verschwin-
denden Eingangsströmen (iP = iN = 0) ausgegangen werden. Damit liegt (po-

Abb. 5.5. Invertierende Operationsverstärkerschaltung

tentialmäßig) der invertierende Eingang des Operationsverstärkers auf Masse-


potential. Man bezeichnet dies als virtuelle Masse. Damit berechnet sich der
Strom i1 zu
uE
i1 = . (5.20)
R1
Da die beiden Eingangsströme iN und iP bei einem idealen Operations-
verstärker gleich Null sind, fließt der Strom i1 auch durch den Widerstand
R2

i1 + i2 = 0 (5.21)

i2 = −i1 . (5.22)

Weiterhin liegt mit uD = 0 am Widerstand R2 die Ausgangsspannung uA


94 5 Operationsverstärker

R2
uA = R2 i2 = − uE . (5.23)
R1

Aus den Gln. (5.20), (5.22) und (5.23) ergibt sich

R2
uA = − uE (5.24)
R1
bzw.
uA R2
= − uE . (5.25)
uE R1
Für die nicht-invertierende Operationsverstärkerschaltung nach Abb. 5.6 folgt

Abb. 5.6. Nicht-invertierende Operationsverstärkerschaltung

mit uD = 0, daß der Knoten 1 auf gleichem Potential liegt wie der nicht-
invertierende Eingang, d. h. die Spannung am Widerstand R2 entspricht der
Eingangsspannung uE . Damit berechnet sich der Strom i2 nach
uE
i2 = . (5.26)
R2
Da bei einem idealen Operationsverstärker der Eingangsstrom iN gleich Null
ist, fließt der Strom i2 auch durch den Widerstand R1 . Aufgrund dieser Tat-
sache und Gl. (5.26) erhält man

uA = (R1 + R2 )i2 (5.27)


uE
= (R1 + R2 ) (5.28)
R2
uA R1
= 1+ . (5.29)
uE R2
Bei einem nicht-idealen Operationsverstärker jedoch fließt ein konstanter Ein-
gangsstrom iN , so daß die für den unbelasteten Teiler geltende Spannungstei-
lerregel nicht mehr angewendet werden darf. Dafür läßt sich für den Knoten
1 die folgende Gleichung (Knotenregel) angeben
5.3 Schaltungen mit idealen Operationsverstärkern 95

i1 − iN − i2 = 0 . (5.30)

Nimmt man weiterhin eine endliche Verstärkung V0 an, darf die Differenzein-
gangsspannung uD nicht mehr Null gesetzt werden. Damit liegt am Wider-
stand R2 nicht länger die Eingangsspannung uE an, sondern die Spannungs-
differenz uE − uD . Weiterhin ist für diese Berechnung der Zusammenhang
uA = V0 uD zu verwenden.

5.3 Schaltungen mit idealen Operationsverstärkern


Beispiel 5.1: Subtrahierender Verstärker

Abbildung 5.7 zeigt die Grundschaltung eines subtrahierenden Verstärkers.


Geben Sie die Dimensionierungsvorschriften für R1 bis R6 an, damit nachfol-

Abb. 5.7. Subtrahierender Verstärker

gende Gleichung erfüllt wird

uA = V (u3 + u4 − u1 − u2 ) . (5.31)

Welcher Term ergibt sich dann für die Verstärkung V ?

Musterlösung:
Dieses Beispiel läßt sich effizient lösen, wenn man zunächst für die beiden
Stromknoten 1 und 2 aus Abb. 5.7 die Knotenregel anwendet
u1 − u N u2 − u N uN − u A
Knoten 1: + = (5.32)
R1 R2 R3
u3 − u P u4 − u P uP
Knoten 2: + = . (5.33)
R4 R5 R6
Dabei bezeichnen uN und uP die gegen Masse gemessenen Spannungen am
invertierenden bzw. nicht-invertierenden Eingang (Abb. 5.7). Weiterhin gilt
für einen idealen Operationsverstärker, daß die Differenzeingangsspannung
uD Null ist, woraufhin die beiden Spannungen uN und uP gleich sein müssen.
96 5 Operationsverstärker

Durch Umformung erhält man aus den beiden Gln. (5.32) und (5.33) jeweils
eine Darstellung für die Spannung uP
 
1 1 1 u1 u2 uA
uP + + = + + (5.34)
R1 R2 R3 R1 R2 R3
bzw.
 
1 1 1 u3 u4
uP + + = + . (5.35)
R4 R5 R6 R4 R5
Das Gleichsetzen dieser beiden Gleichungen führt zu
  1 1 1
u3 u4 R1 + R2 + R3 u1 u2 uA
+ = + + . (5.36)
R4 1
R5 R4 + R5 + R16
1 R1 R2 R3

Löst man Gl. (5.36) nach der Ausgangsspannung uA auf, so ergibt sich fol-
gender Zusammenhang
    1 1 1
u1 u2 u3 u4 R1 + R2 + R3
uA = R 3 − − + R3 + . (5.37)
R1 R2 R4 R5 R14 + R15 + R16

Da zur Erfüllung von Gl. (5.31) notwendigerweise R1 = R2 und R4 = R5


gelten muß, vereinfacht sich Gl. (5.37) zu
2 1

R3 R1 R1 + R3
uA = −u1 − u2 + (u3 + u4 ) . (5.38)
R1 R4 R24 + R16

Um nun eine einheitliche Verstärkung V zu gewährleisten, muß die Bedingung


2 1 R1
R1 R1 + R3 2+ R3
2 1 = R4
=1 (5.39)
R4 R4 + R6 2+ R6

erfüllt werden. Daraus erhält man die Bestimmungsgleichung für die restlichen
Widerstände
R1 R4
= . (5.40)
R3 R6
Wird die Bedingung gemäß Gl. (5.40) erfüllt, kann Gl. (5.38) schließlich, ent-
sprechend der Forderung nach einer gemeinsamen Verstärkung V , in folgender
Form angegeben werden
R3
uA = (−u1 − u2 + u3 + u4 ) = V (−u1 − u2 + u3 + u4 ) . (5.41)
R1
Daraus folgt der gesuchte Verstärkungsfaktor V
R3
V = . (5.42)
R1
5.3 Schaltungen mit idealen Operationsverstärkern 97

Beispiel 5.2: Analyse einer Operationsverstärkerschaltung

Analysieren Sie die Schaltung nach Abb. 5.8 unter der Annahme, daß Sie
nur ideale Bauelemente enthält. Durch welchen passiven Zweipol kann diese
Schaltung in bezug auf ihre beiden Eingangsklemmen ersetzt werden, und wie
groß ist der Impedanzwert dieses Zweipols als Funktion von C, R1 und R2 ?

Abb. 5.8. Zu analysierende Operationsverstärkerschaltung

Musterlösung:
Durch die Beschaltung des zweiten Operationsverstärkers mit den Widerständen
R1 und R2 arbeitet dieser als invertierender Verstärker, woraufhin sich die fol-
gende Ausgangsspannung ergibt
R2
uA = − uE . (5.43)
R1
Damit berechnet sich die Kondensatorspannung uC zu
 
R2
uC = u E − u A = u E − − uE
R1
 
R2
= uE 1 + . (5.44)
R1
Wegen der Annahme eines idealen Operationsverstärkers (keine Eingangsströ-
me) ist der Kondensatorstrom iC gleich dem Eingangsstrom iE der Schaltung
duC
iE = iC = C
dt
 
R2 duE
= C 1+ . (5.45)
R1 dt
Anhand eines Vergleiches mit der Strom–Spannungsbeziehung eines Konden-
sators erkennt man, daß sich die zu analysierende Operationsverstärkerschal-
tung an ihren Eingangsklemmen wie ein Kondensator mit der Kapazität
98 5 Operationsverstärker
 
R2
CE = C 1 + (5.46)
R1
verhält. Diese Schaltung wird daher zur dynamischen Kapazitätsvergrößerung
verwendet, z. B. auch zur Kompensation in Operationsverstärkern.

Beispiel 5.3: Aktiver Brückengleichrichter

An den Eingang der in Abb. 5.9 gezeigten Schaltung wird die periodische

Abb. 5.9. Meßschaltung

Spannung uE (t) nach Abb. 5.10 gelegt. Das Drehspulinstrument hat einen

Abb. 5.10. Eingangsspannung der Meßschaltung nach Abb. 3.9

Meßbereichsendwert IMend = 1 mA, einen Innenwiderstand RM = 1 kΩ und


eine Genauigkeitsklasse von GDS = 1 %. Die verwendeten Dioden zeigen in
Durchlaßrichtung einen Spannungsabfall von UD = 0, 6 V.
a) Berechnen Sie den Widerstand R derart, daß für UEeff = 10 V das Dreh-
spulinstrument seinen Endausschlag erreicht.
b) Für welche Sperrspannungen müssen die Dioden D1 bis D4 dimensioniert
werden?
5.3 Schaltungen mit idealen Operationsverstärkern 99

c) Welche Toleranz muß R haben, damit das Meßgerät eine Genauigkeits-


klasse von G = 2, 5 % aufweist?
d) Welches (einzelne) Bauelement der Schaltung ist defekt, wenn das Meß-
gerät für UEeff = 10 V nur noch 5 V anzeigt und welchen Defekt hat es?

Musterlösung:
a) Aufgrund der Doppelweggleichrichtung ergibt sich der durch das Meßwerk
fließende Strom iM wie folgt
 
 uE (t) 
iM =  . (5.47)
R 
Der Effektivwert UEeff der Eingangsspannung kann aufgrund der Symmetrie
bezüglich t = T /4 auf einfache Weise errechnet werden
  ⎡ ⎤
  2

T
 T T


4 8 4
4 4⎢ uH ⎥
UEeff =  u2E (t) dt = 
T ⎣ T
t dt + u2H dt⎦
T 8
0 0 T
8

   
4 82 2 T 3 T 1 1
= u + u2H = uH +
T T 2 H 3 83 8 6 2

2
= uH √ . (5.48)
6
Wenn der Effektivwert der Eingangsspannung UEeff = 10 V beträgt, läßt sich
der Spannungswert uH (Abb. 5.10) wie folgt ermitteln

6
uH = UEeff = 12, 247 V . (5.49)
2
Der Mittelwert der zweiweggleichgerichteten Eingangsspannung (Gleichricht-
wert) ergibt sich unter Berücksichtigung der Symmetrie zu
   
4 uH T T 1 1 3
|uE | = + uH = uH + = uH . (5.50)
T 2 8 8 4 2 4

Mit diesem Ergebnis berechnet sich der zeitliche Strommittelwert iM , welcher


gleich dem Stromendwert IMend des Meßwerkes sein muß, zu
uH 3
iM = IMend = . (5.51)
R 4
Der gesuchte Widerstand R beträgt somit
3 uH
R= = 9, 186 kΩ . (5.52)
4 IMend
100 5 Operationsverstärker

b) Die Sperrspannung der Diode D1 berechnet sich bei leitender Diode D4


aus einem bei der Diode D1 beginnenden Maschenumlauf, der über die Diode
D4 und das Meßwerk führt, zu
uH
UD1SS = UD + IMmax RM = UD + RM = 1, 933 V. (5.53)
R
Die Sperrspannungen der anderen drei Dioden ergeben sich auf analoge Weise.

c) Der Ausschlagwinkel α des Drehspulmeßwerkes ergibt sich mit der Strom-


empfindlichkeit Si [6] zu
uH 3
α = Si iM = Si . (5.54)
R 4
Bildet man nun das totale Differential dα
3 uH 3 Si
dα = dSi − uH 2 dR (5.55)
4 R 4 R
und bezieht dieses auf den Zeigerausschlagwinkel α, so erhält man den relati-
ven Anzeigefehler
dα dSi dR
= − . (5.56)
α Si R
Für den ungünstigsten Fall
 
 dα 
  = G = GDS + |fR |max (5.57)
α
max

folgt die zulässige Widerstandstoleranz |fR |max

|fR |max = G − GDS = 1, 5 % . (5.58)

d) Zeigt das Drehspulinstrument bei UEeff = 10 V nur noch den halben End-
ausschlag, also 5 V, dann muß eine der vier Dioden in beiden Richtungen
sperren oder einen Kurzschluß haben.

Beispiel 5.4: Aktiver Zweiweggleichrichter


a) Berechnen Sie die Ausgangsspannung uA = f (uE , R1 , R2 ) der in Abb. 5.11
gezeigten Schaltung, ohne die Diode D zu berücksichtigen.
b) Ermitteln Sie mit dem Ergebnis aus Punkt a) die Spannung u1 als Funktion
von uE , R1 und R2 .
c) Berechnen Sie die Ausgangsspannung uA für eine beliebige Eingangsspan-
nung uE , wenn die Diode D als ideale Diode (d. h. UD = 0 V im Durchlaß-
bereich) zu berücksichtigen ist. Verwenden Sie für Ihre Überlegungen und
Berechnungen die in den Punkten a) und b) erhaltenen Ergebnisse.
5.3 Schaltungen mit idealen Operationsverstärkern 101

Abb. 5.11. Operationsverstärkerschaltung des aktiven Zweiweggleichrichters

Musterlösung:
a) Die Spannung uP am nicht-invertierenden Eingang des Operationsverstär-
kers, die aufgrund der verschwindenden Differenzeingangsspannung (uD = 0)
auch am invertierenden Eingang anliegt, berechnet sich mit Hilfe der Span-
nungsteilerregel zu
R2
uP = u N = u E . (5.59)
R1 + R2
Damit beträgt der Strom i, welcher sowohl durch den Widertstand R1 und
als auch durch den Widerstand 2R2 fließt,
uE − u N 1
i= = uE . (5.60)
R1 R1 + R2
Die Ausgangsspannung uA berechnet sich nun mit Hilfe eines Maschenumlau-
fes, der vom Ausgang über den Widerstand 2R2 zum Eingang des Operati-
onsverstärkers führt, zu

uA = uN − u1 = uN − 2R2 i

R2 2R2
= uE − uE
R1 + R2 R1 + R2

R2
= −uE . (5.61)
R1 + R2
b) Die Spannung u1 ergibt sich unter Verwendung des bereits berechneten
Stromes i (Gl. (5.60)) zu

2R2
u1 = 2R2 i = uE . (5.62)
R1 + R2
c) Mit Hilfe von Gl. (5.62) können folgende Fälle unterschieden werden:
102 5 Operationsverstärker

uE > 0 V =⇒ u1 > 0 V =⇒ Diode leitet (5.63)

uE < 0 V =⇒ u1 < 0 V =⇒ Diode sperrt . (5.64)

Wenn die Diode D leitet, ist die Ausgangsspannung


R2
uA = u N = u E . (5.65)
R1 + R2
Wenn die Diode sperrt, gilt für die Ausgangsspannung uA die Beziehung (Gl.
(5.61))

R2
uA = −uE . (5.66)
R1 + R2
Daraus folgt nun für eine beliebige Eingangsspannung uE der Zusammenhang
R2
uA = |uE | . (5.67)
R1 + R2

Aufgabe 5.1: Subtrahierender Verstärker

Berechnen Sie den subtrahierenden Verstärker aus Beispiel 5.1 mit Hilfe des
Überlagerungssatzes und vergleichen Sie zur Kontrolle die Ergebnisse.

Aufgabe 5.2: Spannungsgesteuerte Stromquelle

Wie müssen Sie bei der Operationsverstärkerschaltung nach Abb. 5.12 das

Abb. 5.12. Schaltung der spannungsgesteuerten Stromquelle

Widerstandsverhältnis R2 /R3 wählen, damit die Schaltung als spannungsge-


steuerte Stromquelle arbeitet (d.h. IL ist proportional zu UE , aber unabhängig
von RL ).
5.3 Schaltungen mit idealen Operationsverstärkern 103

Lösung:
Der Laststrom IL berechnet sich entsprechend der Formel
UE R1 + R2 − R1 − R3 UE R2 − R3
IL = + IL RL = + IL RL . (5.68)
R1 R1 R3 R1 R1 R3
Anhand dieser Gleichung erkennt man, daß für R2 = R3 der Laststrom IL
von RL unabhängig wird. Gleichung (5.68) vereinfacht sich in diesem Fall zu

UE
IL = . (5.69)
R1

Aufgabe 5.3: Schaltung mit bipolar einstellbarer Spannungsverstärkung

Abb. 5.13. Operationsverstärkerschaltung des bipolar einstellbaren Spannungs-


verstärkers

a) Berechnen Sie die Ausgangsspannung uA = f (uE , q, R1 , R2 , R3 , R4 ) der in


Abb. 5.13 gezeigten Schaltung (der Operationsverstärker sei ideal).
b) Welche Zusammenhänge müssen zwischen R1 , R2 , R3 und R4 gelten, da-
mit die Ausgangsspannung uA mit dem Potentiometer R1 im Bereich von
−2uE ≤ uA ≤ 3uE eingestellt werden kann?
c) Mit welchem Widerstand (entspricht dem Eingangswiderstand der Schal-
tung) wird uE belastet?

Lösung:
a) Die Ausgangsspannung uA der in Abb. 5.13 gezeigten Schaltung beträgt
 
R2 R3 + R2 R4 + R3 R4 R4
uA = u E q − .
R2 R3 R2

b) Für den Fall q = 0 (uA = −2uE ) gilt

R4 = 2R2 .
104 5 Operationsverstärker

Für den Fall q = 1 (uA = 3uE ) folgt

R2 = R3 .

c) Der Eingangswiderstand beträgt


R1 R2
RE = .
R1 (1 − q) + R2

Aufgabe 5.4: Integrierer - Differenzierer

a) Berechnen Sie für die in Abb. 5.14 angegebene Schaltung das Verhältnis
von Ausgangs- zu Eingangsspannung U A (ω)/U E (ω) = f (R1 , R2 , C1 , C2 , ω)
(idealer Operationsverstärker vorausgesetzt).
b) Welche Bedingungen müssen die Werte der Bauelemente erfüllen, da-
mit die angegebene Schaltung zum integrierenden bzw. differenzierenden
Verstärker wird? Geben Sie die Bedingungen unter Verwendung der Sym-
bole “bzw. “an.
” ”

Abb. 5.14. Operationsverstärkerschaltung des integrierenden bzw. differenzieren-


den Verstärkers

Lösung:
a) Das Verhältnis von Ausgangs- (U A ) zu Eingangsspannung (U E ) beträgt
U A (ω) R2 1 + jωR1 C1
=− .
U E (ω) R1 1 + jωR2 C2
b) Für eine integrierende Wirkung des Verstärkers muß
1
R1 C1 ω 1 =⇒ R1 C1
ω
1
R2 C2 ω 1 =⇒ R2 C2
ω
5.4 Schaltungen mit realen Operationsverstärkern 105

und für eine differenzierende Wirkung


1
R1 C1 ω 1 =⇒ R1 C1
ω
1
R2 C2 ω 1 =⇒ R2 C2
ω
gelten.

5.4 Schaltungen mit realen Operationsverstärkern


Beispiel 5.5: Strommeßschaltung

Es soll der Strom I in einem nach außen geführten Zweig eines linearen Netz-
werkes gemessen werden. Wenn dieser Zweig aufgetrennt wird, läßt sich das
lineare Netzwerk in bezug auf diese Klemmen durch eine Ersatzstromquelle
(Abschn. 7.1) darstellen (Abb. 5.15). Die Messung von I soll auf zwei Arten

Abb. 5.15. Ersatzstromquellendarstellung eines linearen Netzwerkes NW

durchgeführt werden:
a) durch direkte Beschaltung mit einem Drehspulmeßwerk, das folgende Da-
ten aufweist:

IMend = 10 mA
RM = 100 Ω .

b) unter Verwendung der Operationsverstärkerschaltung nach Abb. 5.16.


Berechnen Sie IM sowie die relativen Fehler f der Messungen nach Punkt a)
und Punkt b), wenn IQ = 10 mA und RQ = 1 kΩ betragen. Nehmen Sie für
die Messung nach Punkt b) außerdem die folgenden zwei Fälle an:
• Messung mit einem idealen Operationsverstärker
• Messung mit einem realen Operationsverstärker, dessen Daten bis auf die
endliche Verstärkung V0 = 1000 und den Ausgangswiderstand rA = 1 kΩ
ideal sind.
106 5 Operationsverstärker

Abb. 5.16. Operationsverstärkerschaltung zur Messung des Stromes I

Musterlösung:
a) Entsprechend Abb. 5.17 folgt mit Hilfe der Stromteilerregel (Gl. (4.27))

Abb. 5.17. Messung mit einem Drehspulinstrument

RQ
IM = IQ = 9, 09 mA . (5.70)
RQ + RM
Dieser Meßstrom weicht aufgrund des endlichen Wertes des Widerstandes RQ
vom wahren Strom IQ des Netzwerkes ab. Es resultiert daraus der relative
Meßfehler
IM − IQ RQ
f= = − 1 = −9, 09 % . (5.71)
IQ RQ + RM
b) Im Falle eines idealen Operationsverstärkers ist die Differenzeingangsspan-
nung uD Null. Damit ist die Spannung über dem Widerstand RQ ebenso Null,
demzufolge durch diesen Widerstand kein Strom fließen kann. Somit ist die
Identität von Netzwerkstrom IQ und Meßstrom IM bewiesen, d. h. der Meß-
fehler ist in diesem Fall Null.

Für den unter Punkt b) angegebenen realen Operationsverstärker ist die Diffe-
renzeingangsspannung uD nicht mehr zu vernachlässigen. Daher ist in diesem
Fall die Ersatzschaltung nach Abb. 5.18 zu verwenden (vergleiche dazu Abb.
5.3). Damit berechnet sich der Zusammenhang zwischen dem Netzwerkstrom
IQ und dem Meßstrom IM zu
5.4 Schaltungen mit realen Operationsverstärkern 107

Abb. 5.18. Messung mit realem Operationsverstärker

uD
IQ = IM − . (5.72)
RQ

Für einen Maschenumlauf vom Ausgang des Operationsverstärkers zu seinem


Eingang (Abb. 5.18) erhält man

UA + uD + IM RM + IM rA = 0 . (5.73)

Aus dem Zusammenhang UA = V0 uD berechnet sich die Spannung uD mit Gl.


(5.73) zu
RM + rA
uD = −IM . (5.74)
1 + V0
Setzt man die so erhaltene Differenzeingangsspannung uD in Gl. (5.72) ein,
so erhält man durch Umformung den gesuchten Meßstrom IM
RM + rA
IQ = IM + IM (5.75)
RQ (1 + V0 )

1
IM = IQ RM +rA
= 9, 99 mA . (5.76)
1+ RQ (1+V0 )

Der relative Fehler beträgt somit


IM − IQ 1
f= = RM +rA
− 1 = −0, 11 % . (5.77)
IQ 1+ RQ (1+V0 )

Beispiel 5.6: Nicht-invertierende Operationsverstärkerschaltung

Berechnen Sie für R1 = 10 kΩ, R2 = 1 MΩ und UE = 0 V die Ausgangs-


spannung UA , wenn die Daten des Operationsverstärkers bis auf V0 = 105 ,
rA = 100 Ω und IE = 30 nA als ideal anzunehmen sind (Abb. 5.19).
108 5 Operationsverstärker

Abb. 5.19. Nicht-invertierende Operationsverstärkergrundschaltung

Musterlösung:
Ist der Eingang kurzgeschlossen (UE = 0), so liegt am Widerstand R1 die
Differenzeingangsspannung uD des Operationsverstärkers an. Damit gelten
folgende Zusammenhänge
I1 = I2 + IE (5.78)

uD = I1 R1 (5.79)

UA = −uD − I2 R2 (5.80)

U A = V 0 uD + I 2 r A . (5.81)
Setzt man die Gln. (5.78) und (5.79) in Gl. (5.80) ein und löst diese nach uD
auf, so folgt
 
uD
UA = −uD − − IE R2 (5.82)
R1
 
R2
uD 1 + = −UA + IE R2 . (5.83)
R1

−UA + IE R2
uD = R1 . (5.84)
R1 + R2
Durch Einsetzen der beiden Gln. (5.78) und (5.79) in Gl. (5.81) ergibt sich
die Spannung UA
 
uD
U A = V 0 uD + − IE rA . (5.85)
R1
Setzt man nun Gl. (5.84) in Gl. (5.85) ein, so erhält man die Bestimmungs-
gleichung für die Ausgangsspannung UA
 
−UA + IE R2 rA
UA = R1 V0 + − IE rA
R1 + R2 R1

−UA + IE R2
= (V0 R1 + rA ) − IE rA . (5.86)
R1 + R2
5.4 Schaltungen mit realen Operationsverstärkern 109

Durch Umformung berechnet sich die Ausgangsspannung UA zu


   
V0 R1 + rA V0 R1 R2 + R2 rA
UA 1 + = IE − rA
R1 + R2 R1 + R2

R1 (V0 + 1) + R2 + rA V0 R1 R2 + R2 rA − R1 rA − R2 rA
UA = IE
R1 + R2 R1 + R2

V0 R1 R2 − R1 rA
UA = IE . (5.87)
R1 (V0 + 1) + R2 + rA

Die zahlenwertmäßige Auswertung von Gl. (5.87) ergibt UA = 29, 97 mV.

Beispiel 5.7: Differenzverstärker

Die Schaltung nach Abb. 5.20 wird zur Verstärkung der Spannung uQ ver-

Abb. 5.20. Verstärkerschaltung

wendet. Der Innenwiderstand der Signalquelle beträgt RQ = 1 kΩ.


a) Berechnen Sie den Widerstand R1 derart, daß für R2 = 1 MΩ die Span-
nung uQ um den Faktor V = 100 verstärkt am Ausgang erscheint. Dabei
soll die Offsetspannung UD0 = 0 V betragen.
b) Mit welchem Widerstand (entspricht dem Eingangswiderstand der Schal-
tung) wird die Signalquelle belastet?
c) Berechnen Sie die Änderung der Ausgangsspannung aufgrund einer Off-
setspannung UD0 = 1 mV.

Musterlösung:
a) Da der Operationsverstärker zunächst als ideal betrachtet wird (keine Ein-
gangsströme und keine Offsetspannung), berechnet sich der von der Span-
nungsquelle gelieferte Strom iQ zu
uQ
iQ = iE = . (5.88)
2R1 + RQ
110 5 Operationsverstärker

Dieser Strom fließt auch durch die beiden Widerstände R2 und bewirkt (bei
Nichtberücksichtigung der Offsetspannung UD0 ) die Ausgangsspannung
2R2
uA = iQ 2R2 = uQ . (5.89)
2R1 + RQ
Für den geforderten Verstärkungsgrad von V = 100 ergibt sich mit
uA 2R2
V = = (5.90)
uQ 2R1 + RQ
der daraus resultierende Widerstandswert für R1
R2 RQ
R1 = − = 9, 5 kΩ . (5.91)
V 2
b) Die für den Meßverstärker relevante Eingangsspannung entspricht der
Spannung zwischen den Klemmen 1 und 2. Der Eingangswiderstand der Schal-
tung berechnet sich damit entsprechend Abb. 5.20 aus der Beziehung

uE = 2 R1 iE (5.92)

zu
duE
RE = = 2R1 = 19 kΩ . (5.93)
diE
c) Wenn man die aus der Offsetspannung UD0 resultierende Änderung ∆uA
der Ausgangsspannung berechnen möchte, nimmt man die Quellspannung uQ
zu Null an (Superpositionsprinzip). Damit ergibt sich zunächst der Strom iE
aus einem Maschenumlauf im Eingangskreis
−UD0
iE = . (5.94)
2R1 + RQ
Da dieser Strom wiederum durch die beiden Widerstände R2 fließt, liefert
ein Maschenumlauf über diese Widerstände die gesuchte Änderung ∆uA der
Ausgangsspannung

∆uA = 2R2 iE − UD0


 
2R2
= −UD0 1 + = −101 mV . (5.95)
2R1 + RQ

Beispiel 5.8: Sample & Hold-Schaltung

Von der in Abb. 5.21 angegebenen Sample & Hold-Schaltung sind R1 = 10 kΩ


und C = 10 nF gegeben. Für die weiteren Überlegungen können die Dioden
weggelassen und der FET als idealer Schalter betrachtet werden. Die verwen-
deten Operationsverstärker sind mit Ausnahme der unten angegebenen Daten
ideal.
5.4 Schaltungen mit realen Operationsverstärkern 111

Abb. 5.21. Sample & Hold-Schaltung

OP1 : IE = 1 µA Eingangsstrom
IAmax = 10 mA maximaler Ausgangsstrom
OP2 : IE = 1 µA Eingangsstrom

a) Berechnen Sie unter Vernachlässigung der Eingangsströme IE den Wider-


standswert R2 so, daß im Sample-Zustand die Beziehung
uA = −2uE
erfüllt wird.
b) Berechnen Sie die Offsetspannung (im Sample-Zustand) als Funktion der
Bauelementwerte und der Eingangsströme (Hinweis: Superpositionsprin-
zip anwenden). Wie müssen Sie R3 dimensionieren, damit die Offsetspan-
nung kompensiert wird?
c) Berechnen Sie für diese Schaltung unter Verwendung der oben berechne-
ten Bauelementwerte die für eine Sample & Hold-Schaltung definierten Pa-
rameter Droop“ (Änderung der Ausgangsspannung während des Halte-

Zustandes) und Slew-Rate“ (maximale Anstiegsgeschwindigkeit der Aus-

gangsspannung). Welche maximale Frequenz darf eine sinusförmige Ein-
gangsspannung mit einer Amplitude von 2 V haben, damit ihr die in Abb.
5.21 gezeigte Sample & Hold-Schaltung gerade noch folgen kann?

Musterlösung:
a) Da es sich bei dieser Schaltung im Prinzip um einen invertierenden
Verstärker handelt, berechnet sich die Ausgangsspannung zu
R2
uA = − uE . (5.96)
R1
Damit beträgt der gesuchte Widerstandswert R2 = 20 kΩ.

b) Wenn man zunächst nur den Eingangsstrom am invertierenden Eingang


des Operationsverstärkers OP1 betrachtet, erhält man für die Spannung am
nicht-invertierenden Eingang des Operationsverstärkers
112 5 Operationsverstärker

uP = −IE R3 . (5.97)

Die dementsprechende Ausgangsspannung berechnet sich zu


 
uP R2
uAoff1 = R2 + uP = −IE R3 +1 . (5.98)
R1 R1

Berücksichtigt man nun lediglich den Eingangsstrom am nicht-invertierenden


Eingang des Operationsverstärkers OP1, so ergibt sich mit uR1 = 0 V die
Ausgangsspannung
uAoff2 = IE R2 . (5.99)
Der Eingangsstrom des Operationsverstärkers OP2 bewirkt keine Offsetspan-
nung, weil er vom Ausgang des Operationsverstärkers OP1 geliefert wird. Die
gesamte Offsetspannung ergibt sich schließlich durch Addition der Einzelspan-
nungen (Gl. (5.98) und Gl. (5.99)) zu
  
R2
uAoff = uAoff1 + uAoff2 = IE R2 − R3 +1 . (5.100)
R1

Damit die Offsetspannung kompensiert werden kann, muß der Widerstand R3


die nachfolgende Bedingung erfüllen
R2 R2
R3 = R2
= = 6, 67 kΩ . (5.101)
R1+1 3

c) Der Parameter Droop“ wird vom Eingangsstrom IE des Operationsver-



stärkers OP2 bestimmt und ergibt sich aus der Beziehung
t
1
uA = IE dt + uA (0) (5.102)
C
0

zu
duA IE V
= = 100 . (5.103)
dt C s
Der Parameter Slew-Rate“ wird durch den maximalen Ausgangsstrom des

Operationsverstärkers OP1 festgelegt (IE des Operationsverstärkers OP2 wird
vernachlässigt)  
duA IAmax V
SR = = =1 . (5.104)
dt max C µs
Für eine sinusförmige Eingangsspannung
R2
uA (t) = − ÛE sin ωt (5.105)
R1
berechnet sich die benötigte Slew-Rate“ nach folgender Gleichung

5.4 Schaltungen mit realen Operationsverstärkern 113
 
 duA (t)  R2

SR =   = ÛE ω . (5.106)
dt max R1

Aus der nach Gl. (5.104) ermittelten Slew-Rate“ läßt sich mit Gl. (5.106)

die Frequenz
SR
fmax = R2
= 39, 8 kHz (5.107)
2π R 1
Û E

angeben, welche das Sinussignal maximal aufweisen darf, wenn ihr die in Abb.
5.21 gezeigte Sample & Hold-Schaltung noch folgen soll.

Beispiel 5.9: Realer Präzisionszweiweggleichrichter

Berechnen Sie für die in Abb. 5.22 angegebene Schaltung den Zusammenhang

Abb. 5.22. Realer Präzisionszweiweggleichrichter

zwischen der Ausgangsspannung uA und der Eingangsspannung uE (sowohl


für positive als auch negative Werte von uE ), wenn die verwendeten Operati-
onsverstärker eine Leerlaufspannungsverstärkung V0 aufweisen (die restlichen
Daten seien ideal) und an den Dioden in Durchlaßrichtung eine Spannung von
UD0 abfällt.

Musterlösung:
Bei der Schaltung nach Abb. 5.22 handelt es sich um einen aktiven Zweiweg-
gleichrichter. Die Ausgangsspannung wird anschließend getrennt für positive
und negative Eingangsspannungen berechnet.
Für positive Eingangsspannungen ist die Ausgangsspannung UAOP1 des
ersten Operationsverstärkers negativ und die Diode D2 leitet. Mit der Diffe-
renzeingangsspannung
uAOP1
uD1 = (5.108)
V0
des Operationsverstärkers OP1 berechnet sich die Spannung uA1 zu
uE + uD1
uA1 = − R − uD1 = −uE − 2uD1 (5.109)
R
114 5 Operationsverstärker
uAOP1
= −uE − 2 . (5.110)
V0
Aus dem Zusammenhang

uA1 = uAOP1 + UD0 (5.111)

ergibt sich zunächst


uA1 − UD0
uA1 = −uE − 2 . (5.112)
V0
Durch Umformung dieser Gleichung
 
2 UD0
uA1 1 + = −uE + 2 (5.113)
V0 V0
erhält man die Spannung uA1
V0 1
uA1 = −uE + 2UD0 . (5.114)
2 + V0 2 + V0
Die Ausgangsspannung uA berechnet sich nun mit der Differenzeingangsspan-
nung
uA
uD2 = (5.115)
V0
zu

uE + uD2 uA1 + uD2
uA = − + R
R − uD2
R 2

= −uE − uD2 − 2uA1 − 2uD2 − uD2

2V0 1 uA
= −uE + uE − 4UD0 −4 . (5.116)
2 + V0 2 + V0 V0
Formt man diese Gleichung entsprechend um
   
4 2V0 − 2 − V0 1
uA 1 + = uE − 4UD0 , (5.117)
V0 2 + V0 2 + V0
so läßt sich die Ausgangsspannung wie folgt angeben
V0 V0 − 2 V0 1
uA = u E − 4UD0 . (5.118)
4 + V0 2 + V0 4 + V0 2 + V0
Für negative Eingangsspannungen ist die Ausgangsspannung UAOP1 des Ope-
rationsverstärkers OP1 positiv und die Diode D1 leitet. Mit der Differenzein-
gangsspannung
uAOP1 UD0 − uD1 UD0
uD1 = = =⇒ uD1 = (5.119)
V0 V0 V0 + 1
5.4 Schaltungen mit realen Operationsverstärkern 115

des Operationsverstärkers OP1 berechnet sich die Spannung uA zu



uE + uD2 −uD1 + uD2
uA = − + R − uD2
R R+ R 2

2
= −uE − uD2 + (uD1 − uD2 ) − uD2
3
2 8
= −uE + uD1 − uD2
3 3
2 UD0 8 uA
= −uE + − . (5.120)
3 V0 + 1 3 V0
Aus dieser Gleichung ergibt sich mit
 
8 2 UD0
uA 1 + = −uE + (5.121)
3V0 3 V0 + 1

die Ausgangsspannung uA zu
3V0 2 UD0 3V0
uA = −uE + (5.122)
3V0 + 8 3 V0 + 1 3V0 + 8

Aufgabe 5.5: Verstärkungs-Bandbreite-Produkt

Dimensionieren Sie eine Operationsverstärkerschaltung, die eine Verstärkung


von 60 dB, einen Eingangswiderstand von 1 MΩ und eine Grenzfrequenz
von 10 MHz aufweist. Zum Aufbau dieser Schaltung sollen möglichst weni-
ge passive Bauelemente und Operationsverstärker verwendet werden. Die zur
Verfügung stehenden Operationsverstärker weisen eine Transitfrequenz von
fT = 100 MHz auf.

Lösung:
Aus dem Verstärkungs-Bandbreite-Produkt

V fg = V0 fg0 = fT (5.123)

erkennt man, daß bei einer Grenzfrequenz von 10 MHz mit einer Verstärker-
stufe nur eine Verstärkung von 20 dB möglich ist. Die Schaltung wird daher
aus zwei invertierenden und einem nicht-invertierenden Verstärker mit jeweils
einer Verstärkung von 20 dB aufgebaut. Der erste invertierende Verstärker
wird außerdem mit einem Eingangswiderstand von RE = 1 MΩ ausgestattet.
116 5 Operationsverstärker

Aufgabe 5.6: Strommeßschaltung

a) Berechnen Sie für die in Abb. 5.23 dargestellte Schaltung den Meßstrom
IM = f (R1 , R2 , IE ) unter der Annahme einer verschwindenden Offsetspan-
nung (UD0 = 0 V), wenn ein idealer Operationsverstärker verwendet wird.
Dimensionieren Sie für R2 = 1 kΩ den Widerstand R1 so, daß IM = 100IE
gilt.
b) Mit der unter Punkt a) berechneten Dimensionierung soll der Quellstrom
IQ = 10 µA der Stromquelle (RQ = 1 kΩ) gemessen werden. Welcher Meß-
fehler tritt auf, wenn RM = 0 Ω ist und der Operationsverstärker eine Off-
setspannung von UD0 = 1 mV sowie eine Leerlaufspannungsverstärkung
von V0 = 1000 aufweist?

Abb. 5.23. Meßschaltung

Lösung:
a) Aus dem Zusammenhang für den Meßwerkstrom
R1 + R2
IM = IE
R2
folgt für eine Verstärkung von 100 der Widerstandswert R1 = 99 kΩ.

b) Mit dem Meßstrom


IM = 817, 3 µA
berechnet sich der Meßfehler zu
IM − 100IQ
f= = −18, 3 % .
100IQ

5.5 Rauschen von Meßverstärkern


Im folgenden sind die Modelle zur Beschreibung des Rauschens von verlust-
behafteten Bauteilen und Verstärkern zusammengefaßt. Es wird vor allem auf
5.5 Rauschen von Meßverstärkern 117

R
R bzw. G = 1R
ur ir
a) b) c)

Abb. 5.24. Ersatzrauschquellen eines ohmschen Widerstandes: a) rauschender


ohmscher Widerstand, b) Ersatzspannungsquelle: rauschfreier Widerstand mit
Rausch-Ersatzspannungsquelle, c) Ersatzstromquelle: rauschfreier Widerstand
(Leitwert G = 1/R) mit Rausch-Ersatzstromquelle

die netzwerktheoretische Beschreibung durch Ersatzrauschquellen eingegan-


gen.

Beschreibung des Widerstandsrauschens


Das thermische Rauschen oder Widerstandsrauschen findet man in allen
verlustbehafteten elektrischen Bauteilen. Es ist auf willkürliche Ladungs-
trägerbewegungen (Wärmebewegung der freien Elektronen (Valenzelektro-
nen)) zurückzuführen, die mit der Temperatur an Intensität zunehmen. Abbil-
dung 5.24 zeigt die Ersatzschaltbilder für einen rauschenden ohmschen Wider-
stand. Die Rauschleistung steigt proportional mit der Temperatur an. Weiter-
hin nimmt man an, daß die Rauschleistungsdichte über der Frequenz konstant
ist (Weißes Rauschen). Daher lassen sich die Effektivwerte der in Abb. 5.24
gezeigten Rausch-Ersatzspannungs- bzw. Rausch-Ersatzstromquelle anhand
der sog. NYQUIST-Formel ermitteln
• NYQUIST-Formel in bezug auf eine Ersatzspannungsquelle
2
Ureff = u2r (t) = 4kT RB (5.124)
• NYQUIST-Formel in bezug auf eine Ersatzstromquelle
2 1
Ireff = i2r (t) = 4kT B. (5.125)
R
Dabei bezeichnen k = 1, 38 · 10−23 [Ws/K] die Boltzmann-Konstante, T [K]
die absolute Temperatur, B [Hz] die Beobachtungsbandbreite, R [Ω] den
Wert des ohmschen Widerstandes, Ureff [V] die effektive Leerlaufspannung der
Rausch-Ersatzspannungsquelle und Ireff [A] den effektiven Kurzschlußstrom
der Rausch-Ersatzstromquelle.

Beschreibung des Verstärkerrauschens


Das Verstärkerrauschen wird im allgemeinen in Form der von den (inter-
nen) Rauschquellen des Verstärkers erzeugten Rauschleistung bzw. der dar-
aus resultierenden Reduzierung des Signal/Rausch-Verhältnisses zwischen
118 5 Operationsverstärker

Eingangs- und Ausgangstor angegeben. Der Berechnung dieses Signal/Rausch-


Verhältnisses legt man bei Verstärkern, welche sich als Zweitore darstel-
len lassen, die in Abb. 5.25 gezeigte Rauschersatzschaltung zugrunde. Man
benötigt dann zwei voneinander unabhängige Rauschquellen zur vollständigen
Beschreibung des Verstärkerrauschens. Oft verwendet man eine eingangsbe-
zogene Rauschspannungsquelle und eine Rauschstromquelle. Diese Rauscher-

5DXVFK 5DXVFK
VSDQQXQJVTXHOOH VWURPTXHOOH
X U(DPS

L U(DPS
X( X$ X( X$
5( 5(
9LHUSROPLW
UDXVFKHQGHU9HUVWlUNHU 5DXVFKTXHOOHQ UDXVFKIUHLHU9HUVWlUNHU

Abb. 5.25. Ersatzschaltung eines rauschenden Verstärkers

5DXVFK(UVDW]
6SDQQXQJVTXHOOH

54 L U(DPS
X( X U(DPS X$
86LJQDO 5(
5DXVFK(UVDW]
6WURPTXHOOH

Abb. 5.26. Rauschersatzschaltung eines mit einer Signalquelle beschalteten elek-


trischen Vierpoles

satzquellen sind dabei im allgemeinen


√ durch die spektralen Werte der Rausch-
spannungsdichte
√ U fr (f ) [nV/ Hz] bzw. der Rauschstromdichte Ifr (f ) [pA/-
Hz] gekennzeichnet. Die äquivalente Rauscheingangsspannung UrEges am
Verstärkereingang erhält man durch quadratische Überlagerung der von den
Rauschquellen am Verstärkereingang hervorgerufenen Spannungsanteile. Die-
se wiederum ergeben sich aus der Integration der spektralen Rauschdichte-
größen über das Frequenzintervall [fmin , fmax ], in dem gemessen wird. Die
Effektivwerte der Rauschspannung Ureff sowie des Rauschstromes Ireff be-
rechnen sich demnach wie folgt
fmax
2
Ureff = Ufr2 (f ) df (5.126)
fmin
5.5 Rauschen von Meßverstärkern 119
fmax
2
Ireff = Ifr2 (f ) df . (5.127)
fmin

Infolge der ohmschen Spannungsteilung (Abb. 5.26) ergibt sich die quadrati-
sche Überlagerung der Effektivwerte zu
  2  2
2 RE 2 RE RQ
UrEges = Ureff + Ireff . (5.128)
RE + RQ RE + RQ
Die Spannung UrEges ist der Effektivwert der auf den Verstärkereingang bezo-
genen Rauschspannung, welche das gesamte Verstärkerrauschen im Frequen-
zintervall [fmin , fmax ] repräsentiert, d. h. der in Abb. 5.26 gezeigte eigentliche
Verstärker ist frei von Rauschquellen.

Rauschen von Operationsverstärkern


Beim Operationsverstärker handelt es sich ebenfalls um einen Vierpol, er ist
aber als Dreitor mit zwei auf Masse bezogenen Eingangsspannungen zu be-
trachten. Für die Beschreibung des Rauschens von Operationsverstärkern sind
daher drei voneinander unabhängige Rauschquellen erforderlich.

X URS

XG X$ XG X$

L URS L URS

Abb. 5.27. Rauschersatzschaltung eines Operationsverstärkers

Abbildung 5.27 zeigt einen Operationsverstärker und dessen Rauschersatz-


schaltung. Die Beschreibung mit einer Spannungsquelle und zwei Stromquel-
len ist die gängigste, wenn auch prinzipiell andere Darstellungen möglich sind.
Für die Stromquellen gilt aus Symmetriegründen, daß die Rauscheistungsdich-
ten gleich sind
i2rop,1 = i2rop,2 . (5.129)
Die Stromquellen sind aber trotzdem als unkorreliert zu betrachten.

Beispiel 5.10: Rauschender Verstärker

Gegeben sei ein einfacher invertierender Verstärker aus zwei Widerständen


und einem Operationsverstärker (Abb. 5.28). Der Beobachtungsbereich liegt
zwischen f1 = 0, 1 Hz und f2 = 10 kHz.
120 5 Operationsverstärker

R2

R1
ue
ua

Abb. 5.28. Invertierender Verstärker


6SDQQXQJ Q9√+]

N  Q9√+]

N Q9√+]

I& +]

     N N N 0 0
)UHTXHQ] +]
D 6SDQQXQJVUDXVFKHQ


$ √+]
6WURP I

 N
 I$√+]


     N N N 0 0
)UHTXHQ] +]

E 6WURPUDXVFKHQ

Abb. 5.29. Rauschkennlinien des Operationsverstärkers

a) Zeichnen Sie die Rauschersatzschaltung.


b) Berechnen Sie die Rauschquellen des Operationsverstärkers. Die Rausch-
kennlinien des Operationsverstärkers entnehmen Sie bitte Abb. 5.29.
c) Berechnen Sie die Ersatzrauschquellen urEamp und irEamp der Verstärker-
schaltung (siehe Abb. 5.26).
d) Berechnen Sie die Rauschzahl. Setzen Sie schließlich folgende Daten ein:
R1 = 1 kΩ, R2 = 100 kΩ, RQ = 100 Ω.
5.5 Rauschen von Meßverstärkern 121

e) Berechnen Sie jenen Effektivwert des Eingangsignals, bei dem S/N = 0 dB


gilt.

Musterlösung
a) Siehe Abb. 5.30.

X U5
5

X U5 X URS
5
XH
XD
L URS

Abb. 5.30. Invertierender Verstärker mit Rauschquellen

b) Das Stromrauschen ist im gegebenen Frequenzbereich konstant. Durch


Integration erhält man für die Rauschstromquelle
f2
i2rop = k42 df = 1.96 · 10−26 A2 (5.130)
f1

Das Spannungsrauschen wird in der doppeltlogarithmischen Darstellung zwi-


schen f1 und fc durch eine abfallende Kennlinie mit der Steigung − 12 beschrie-
ben. Die Funktion läßt sich schreiben als
1
y(u) = − x(f ) + C mit
2
u f
y(u) = lg und x(f ) = lg . (5.131)
U0 f0
U0 und f0 sind als Bezugsgrößen eingeführt worden. Die Konstante C ist
noch durch Wahl eines geeigneten Punktes der Funktion zu bestimmen. In
die Gleichung
u 1 f
lg = − lg +C (5.132)
U0 2 f0
wird bespielsweise der Punkt (fc , k2 ) eingesetzt
k2 1 fc
C = lg + lg . (5.133)
U0 2 f0
Unter Verwendung von Gl. (5.132) ergibt sich
122 5 Operationsverstärker

u k2 1 f 1 fc
lg − lg = − lg + lg
U0 U0 2 f0 2 f0

u fc
lg = lg
k2 f

fc
u(f ) = k2 . (5.134)
f

Damit erhält man für die Rauschspannungsquelle


 2
fc f2
fc
u2rop = k2 df + k22 df =
f1 f fc

= k22 fc ln f |ffc1 + k22 |ff2c =


 
fc
= k22 fc ln + f2 − fc ≈ 0.68 · 10−2 V2 . (5.135)
f1
c) Abbildung 5.31 zeigt die Rausch-Ersatzschaltung des invertierenden Verstärkers

R2

u rEamp
R1
ue
ua

i rEamp

Abb. 5.31. Rauschersatzschaltung des invertierenden Verstärkers

mit den auf den Eingang bezogenen Ersatzrauschquellen. Um die Ersatzschal-


tung identisch der Schaltung aus Abb. 5.30 zu machen, müssen noch die bei-
den Ersatzrauschquellen in Abhängigkeit der Rauschquellen aus Abb. 5.30
bestimmt werden. Dazu berechnet man die Spannung ua am Ausgang in
Abhängigkeit der Rauschquellen für zwei unterschiedliche Beschaltungen am
Eingang. Am einfachsten verwendet man einen Kurzschluß und einen Leer-
lauf. Im ersten Fall ist von den Ersatzquellen nur die Rauschspannungsquelle
wirksam, im zweiten Fall nur die Rauschstromquelle. Betrachten wir zunächst
den Kurzschlußfall. Für die Ausgangsspannung uaks ergibt sich
5.5 Rauschen von Meßverstärkern 123
 2
R2
u2aks = urEamp . (5.136)
R1
Die Ausgangsspannung in Abhängigkeit aller Rauschquellen erhält man durch
Anwendung des Überlagerungssatzes
 2  2
2 2 R2 2 2 2 R2
uaks = urR1 + irop R2 + urop + 1 + u2rR2 . (5.137)
R1 R1

Durch Gleichsetzen von (5.136) und (5.137) kann nun die Ersatzrauschspan-
nungsquelle berechnet werden
 2
R1 R2
u2rEamp = u2rR1 + u2rop 1 + + i2rop R12 + u2rR2 12 . (5.138)
R2 R2
In analoger Weise betrachtet man den Leerlauffall zur Berechnung der Ersatz-
rauschstromquelle

u2all = i2rEamp · R22

u2all = i2rop · R22 + u2rop + u2rR2

u2rop + u2rR2
i2rEamp = i2rop + . (5.139)
R22
Man beachte, daß in diesem Fall urR1 keinen Beitrag zum Ergebnis liefert.

d) Für die Rauschzahl F gilt


2
Rr + Gr RQ
F =1+ . (5.140)
RQ
Den Rauschwiderstand Rr und den Rauschleiterwert Gr der Verstärkerschal-
tung erhält man aus
u2rEamp
Rr = (5.141)
4 kT B
i2rEamp
Gr = . (5.142)
4 kT B
Dabei bedeuten urEamp und irEamp die auf den Eingang bezogenen Ersatz-
rauschquellen und B = f2 − f1 die Beobachtungsbandbreite. Verwendet man
die Nyquistformel für das Widerstandsrauschen

u2rR = 4 kT BR (5.143)

und setzt die gegebenen Zahlenwerte ein, so erhält man

Rr ≈ 5.1 kΩ (5.144)
124 5 Operationsverstärker

Gr ≈ 16.2 µS (5.145)
F ≈ 52 . (5.146)
Die Verstärkerschaltung verschlechtert also das Signal/Rausch-Verhältnis deut-
lich, denn sie ist nicht angepaßt an den kleinen Innenwiderstand der Signal-
quelle. Der optimale Innenwiderstand RQopt betrüge

Rr
RQopt = ≈ 20 kΩ . (5.147)
Gr
e) An den Eingang der Rauschersatzschaltung nach Abb. 5.31 wird nun ei-
ne Signalquelle usig mit Innenwiderstand RQ geschaltet (Abb. 5.32). Ein

5

X U4 X U(DPS
54 5

XD

X VLJ L U(DPS

Abb. 5.32. Invertierender Verstärker mit Eingangsspannung usig .

Signal/Rausch-Verhältnis von 0 dB bedeutet, daß das von den Rauschquellen


erzeugte Ausgangssignal uar gerade genauso groß ist wie das von der Signal-
quelle hervorgerufene Ausgangssignal uasig . Durch Anwenden des Überlage-
rungssatzes erhält man
 2  2
2
 2 2
 R2 2 R1  RQ
uar = urQ + urEamp + irEamp R2 (5.148)
RQ + R1 R1
 2
R2
u2asig = u2sig . (5.149)
RQ + R1
Gleichsetzen und Auflösen nach u2sig liefert

u2sig = u2rQ + u2rEamp + RQ


2
· i2rEamp . (5.150)

Aufgabe 5.7: Nichtinvertierender Verstärker

Gegeben sei ein gewöhnlicher nichtinvertierender Verstärker, der eine Signal-


spannung usig mit Innenwiderstand RQ verstärkt. Die Bauelemente seinen
5.5 Rauschen von Meßverstärkern 125

abgesehen von ihrem Rauschen ideal. Für den Operationsverstärker seien Er-
satzrauschquellen urop und irop gegeben.
a) Zeichnen Sie eine Rauschersatzschaltung.
b) Berechnen Sie die Effektivwerte des Signals und der gesamten Rauschan-
teile am Ausgang. Verwenden Sie als Näherung die Tatsache, daß die
Verstärkung wesentlich größer als 1 ist.
c) Ab welchem Effektivwert geht das Signal im Rauschen unter?

Lösung:
a) Siehe Abb. 5.33.

XD
X U4 X URS
54 X5

X VLJ L URS 5

L URS X 5

5

Abb. 5.33. Rauschersatzschaltung des nichtinvertierenden Verstärkers

b)

u2a,sig = V 2 u2sig (5.151)


 
u2a,r = V 2 u2rop + V 2 RQ
2
+ R22 i2rop + 4 kT B · V (V RQ + R2 ) (5.152)

c)    
R2 R2
u2sig = u2rop + RQ
2
+ 22 i2rop + 4 kT B RQ + (5.153)
V V
6
Leistungsmessung

6.1 Grundlagen der Leistungsmessung


Das Produkt aus Spannung u(t) und Strom i(t) an einem Zweipol wird als
Momentanleistung
p(t) = u(t)i(t) (6.1)
bezeichnet. Bei periodischen Größen ist man i. a. nicht an der Momentanlei-
stung interessiert, sondern an deren zeitlichem Mittelwert, der sog. Wirklei-
stung
T
1
PW = p(t) = u(t)i(t) dt , (6.2)
T
0

die z.B. mit Hilfe eines elektrodynamischen Meßwerkes gemessen werden kann.
Im Gleichstromfall vereinfacht sich Gl. (6.2) zur bekannten Gleichung

P = UI . (6.3)

Für sinusförmige Spannungen und Ströme

u(t) = Û sin(ωt + ϕu )und i(t) = Iˆ sin(ωt + ϕi ), (6.4)

berechnet sich die Momentanleistung zu

p(t) = Û Iˆ sin(ωt + ϕu ) sin(ωt + ϕi )

1
= Û Iˆ [cos ϕui − cos(2ωt + ϕu + ϕi )] . (6.5)
2
Dabei wurde ϕui = ϕu − ϕi gesetzt. Die entsprechende Wirkleistung ergibt
sich nach Gl. (6.2)
128 6 Leistungsmessung
T
1 1
PW = Û Iˆ (cos ϕui − cos(2ωt + ϕu + ϕi )) dt
T 2
0

Û Iˆ
= cos ϕui = Ueff Ieff cos ϕui . (6.6)
2
Wenn mit den in der Wechselstromrechnung üblichen Strom- und Spannungs-
zeigern gearbeitet wird
U = Ueff ejϕu undI = Ieff ejϕi , (6.7)
können folgende Leistungsgrößen definiert werden:
• Komplexe Leistung P :
P = U I ∗ = Ueff Ieff ej(ϕu −ϕi ) = Ueff Ieff ejϕui (6.8)

• Wirkleistung PW :
PW = Re(P ) = Ueff Ieff cos ϕui (6.9)
Die Wirkleistung PW ist die einem Zweipol entsprechend Gl. (6.6) im zeit-
lichen Mittel zugeführte Leistung (Verbraucher) bzw. im Falle einer elek-
trischen Quelle die von dem Zweipol gelieferte elektrische Leistung.

• Blindleistung PB :
PB = Im(P ) = Ueff Ieff sin ϕui (6.10)
Die Blindleistung PB ist auf die in dem Zweipol enthaltenen Speicher-
elemente (Induktivitäten und Kapazitäten) zurückzuführen und pendelt
periodisch zwischen dem Zweipol und der Quelle hin und her. Aus der
Tatsache, daß durch dieses periodische Pendeln dem komplexen Zweipol
im zeitlichen Mittel keine Energie zugeführt wird, leitet sich der Name
Blindleistung her.

• Scheinleistung PS :

PS = |P | = Ueff Ieff = 2 + P2
PW B (6.11)

Um die Belastbarkeit von elektrischen Maschinen und Apparaten zu be-


schreiben, wird meist die Scheinleistung PS angegeben, weil in dieser impli-
zit die für die Belastungsfähigkeit relevanten Maximalwerte der Betriebs-
spannung und des Betriebsstromes enthalten sind.
Da im weiteren bei Wechselspannungen und Wechselströmen immer mit den
Effektivwerten gerechnet wird, werden in den Formeln Effektivwerte nicht
mehr gesondert durch ein tiefgestelltes eff“ gekennzeichnet.

6.2 Leistungsmessung in Gleich- und Wechselstromkreisen 129

6.2 Leistungsmessung in Gleich- und


Wechselstromkreisen
Entsprechend Gl. (6.2) wird zur Messung der Leistung ein multiplizierendes
Meßwerk eingesetzt, das aufgrund seiner mechanischen Trägheit den zeitli-
chen Mittelwert bildet. Wie man aus Gl. (4.116) ablesen kann, erfüllt das
elektrodynamische Meßwerk diese Voraussetzungen und ist daher bestens zur
Leistungsmessung geeignet.

Leistungsmessung im Gleichstromkreis

Abbildung 6.1 zeigt eine Schaltung zur Leistungsmessung im Gleichstrom-


kreis.

Abb. 6.1. Schaltung zur Leistungsmessung im Gleichstromkreis

Entsprechend Gl. (4.119) ist der Zeigerausschlag α eines elektrodynamischen


Meßwerkes
α = kI1 I2 (6.12)
proportional zum Produkt der beiden Spulenströme I1 und I2 . Wie Abb. 6.1
erkennen läßt, setzt sich der durch die Stromspule fließende Strom I1 aus
dem Verbraucherstrom IV und dem von der Spannungsspule aufgenommenen
Strom I2 zusammen. Aus diesem Grund gilt für den Zeigerausschlag
UV
α = kI2 (I2 + IV ) = k (I2 + IV ) = k̃(PWV + PRV ) . (6.13)
RWV
Gleichung (6.13) zeigt, daß das Meßwerk die Summe aus Verbraucherlei-
stung PRV und der im Spannungspfad verbrauchten Leistung PWV anzeigt
und somit der Eigenverbrauch des Spannungspfades mitgemessen wird. Weil
bei dieser Schaltungsvariante die Verbraucherspannung richtig gemessen wird,
spricht man von einer spannungsrichtigen Schaltung. Entsprechend der zwei-
ten Anschlußmöglichkeit für den Spannungspfad (Abb. 6.2b) gibt es auch eine
stromrichtige Variante, bei der der Verbraucherstrom richtig gemessen wird
und der Eigenverbrauch des Strompfades in die Leistungsmessung eingeht.
Daraus folgt nun, daß das Meßwerk nur bei vernachlässigbarem Eigenver-
brauch die tatsächlich im Lastwiderstand verbrauchte Leistung anzeigt, also
130 6 Leistungsmessung

α ≈ k̃PRV (6.14)

gilt.

Abb. 6.2. Anschlußmöglichkeiten für den Spannungspfad bei der Leistungsmessung:


a) Spannungsrichtige Messung, b) Stromrichtige Messung

Um den Meßfehler aufgrund des Eigenverbrauches zu vermeiden, können elek-


trodynamische Meßwerke mit einer Korrekturspule ausgestattet werden. Die-
se Korrekturspule entspricht einer zweiten Feldspule, welche vom Strom I2
des Spannungspfades durchflossen wird und bei entsprechender Beschaltung
(Abb. 6.3) die richtige Messung der Verbraucherleistung bzw. der Quelleistung
ermöglicht.

Abb. 6.3. Leistungsmessung mit einem elektrodynamischen Meßwerk, das mit einer
Korrekturspule ausgestattet ist: a) Quellrichtige Messung, b) Verbraucherrichtige
Messung

Leistungsmessung im Wechselstromkreis

Die Scheinleistung PS ermittelt man am einfachsten durch eine getrennte


Strom- und Spannungsmessung. Für die Messung der Wirkleistung PW und
der Blindleistung PB kommen wieder elektrodynamische Meßwerke zum Ein-
satz. Gleichung (4.119) zeigt, daß unter Vernachlässigung des Eigenverbrau-
ches die in Abb. 6.1 gezeigte Meßschaltung auch zur Wirkleistungsmessung
im Wechselstromkreis verwendet werden kann. Durch die folgende Umformung
von Gl. (6.10)

PB = Ueff Ieff sin(ϕu − ϕi ) = Ueff Ieff cos(ϕu − ϕi − 90◦ ) (6.15)

lassen sich zwei Möglichkeiten ableiten, ein elektrodynamisches Meßwerk zur


Blindleistungsmessung einzusetzen:
6.3 Wirkleistungsmessung 131

• Man dreht die Phase des Stromes, der durch die Spannungsspule fließt,
um −90◦ gegenüber der Phase der Verbraucherspannung.
• Man dreht die Phase des Stromes, der durch die Stromspule fließt, um
+90◦ gegenüber der Phase des Verbraucherstromes.
Da nur die erste Möglichkeit sinnvoll realisierbar ist, wird diese bei der Blind-
leistungsmessung eingesetzt und mit Hilfe von phasendrehenden Netzwerken
implementiert.
Die bei der Leistungsmessung im Gleichstromkreis hergeleiteten Aussagen
über die vom Meßgeräteeigenverbrauch herrührenden Meßfehler und deren
Vermeidung lassen sich unmittelbar auf die Leistungsmessung im Wechsel-
stromkreis übertragen.

Die Wattmeterkonstante

Ein als Wirkleistungsmesser arbeitendes elektrodynamisches Meßwerk wird


als Wattmeter bezeichnet. Da die Skala eines solchen Wattmeters normaler-
weise nicht mit der Einheit Watt beschriftet ist, muß bei der Messung mit
einem Wattmeter die sog. Wattmeterkonstante bekannt sein. Die Wattmeter-
konstante gibt die Leistung pro Skalenteil (die Skala hat N Skalenteile) an
und muß für den jeweils verwendeten Meßbereich aus
Umax Imax cos ϕmax
CW = (6.16)
N
berechnet werden. Umax , Imax und cos ϕmax bezeichnen die im jeweiligen Meß-
bereich gültigen Maximalwerte. Mit der bekannten Wattmeterkonstanten CW
ergibt sich dann bei einer Anzeige von n Skalenteilen die gemessene Leistung
zu
PW = CW n . (6.17)

6.3 Wirkleistungsmessung
Beispiel 6.1: Dimensionierung der Korrekturspule eines elektrodynamischen
Meßwerkes

Zeigen Sie für ein mit einer Korrekturspule ausgestattetes elektrodynamisches


Meßwerk, daß die Windungszahl der Korrekturspule gleich der der Strom-
spule (Feldspule) gewählt werden muß, damit entsprechend Abschn. 6.2 mit
diesem Meßwerk in bezug auf die Wirkleistung verbraucher- bzw. quellrich-
tig gemessen werden kann. Vernachlässigen Sie bei ihren Überlegungen den
Innenwiderstand der Korrekturspule.

Musterlösung:
Die Anzeige (Zeigerausschlag α) des Meßgerätes ergibt sich im Gleichstromfall
132 6 Leistungsmessung

und bei verbraucherrichtiger Meßschaltung mit den in Abb. 6.3 verwendeten


Bezeichnungen und Gl. (4.119) zu

α = k1 (NWA (IV + I2 ) − NWK I2 )NWV I2

= k1 (NWA IV + (NWA − NWK )I2 )NWV I2 , (6.18)

wobei NWA , NWK und NWV die Windungszahlen der Strom-, Korrektur- und
Spannungsspule bezeichnen. Die im Lastwiderstand RV verbrauchte Leistung
errechnet sich aus

PRV = UV IV = I2 RW V IV = k2 I2 IV . (6.19)

Damit die angezeigte Leistung gleich der Verbraucherleistung werden kann,


muß notwendigerweise
NWA = NWK (6.20)
gelten, wie aus dem Vergleich von Gl. (6.18) mit Gl. (6.19) zu erkennen ist.
Der Zeigerausschlag bei der quellrichtigen Leistungsmessung folgt analog zu
Gl. (6.18)

α = k1 (NWA (IQ − I2 ) + NWK I2 )NWV I2

= k1 (NWA IQ + (NWK − NWA )I2 )NWV I2 . (6.21)

Die von der Quelle abgegebene Leistung errechnet sich aus

PQ = UQ IQ = I2 RWV IQ = k2 I2 IQ . (6.22)

Aus dem Vergleich von Gl. (6.21) mit Gl. (6.22) ergibt sich wiederum der
Zusammenhang nach Gl. (6.20).

Beispiel 6.2: Meßfehler bei Berücksichtigung des Eigenverbrauches

Mit der in Abb. 6.4 dargestellten Schaltung soll eine Wirkleistungsmessung


(Verlustleistungsmessung) an einer verlustbehafteten Induktivität Z V mit
LV = 220 mH und tan δ = 0, 1 (bei 50 Hz; s. Gl. (7.8)) durchgeführt wer-
den. Die Eingangsspannung beträgt UQ = 220 V.
Das verwendete elektrodynamische Meßwerk hat folgende Daten:
Spannungsspule: Umax = 240 V
RWV = 100 kΩ
Stromspule: Imax = 1 A(dauernd 4-fach überlastbar)
RWA = 0, 1 Ω
Bei Umax , Imax und cos ϕmax = 1 tritt Vollausschlag mit N = 100 Skalenteilen
auf.
a) Berechnen Sie den Bereichsendwert PWend und die Wattmeterkonstante
CW des Leistungsmessers.
6.3 Wirkleistungsmessung 133

Abb. 6.4. Schaltung zur Wirkleistungsmessung an einer Impedanz Z V

b) Begründen Sie, daß die Verlustleistungsmessung an Z V durchgeführt wer-


den kann, ohne das Wattmeter zu überlasten. Wie groß ist der Ausschlag
n in Skalenteilen bei dieser Verlustleistungsmessung? Vernachlässigen Sie
bei Ihren Berechnungen den Eigenverbrauch des Meßwerkes.
c) Welchen relativen Meßfehler machen Sie bei der Messung nach Punkt b),
wenn Sie den Eigenverbrauch des Wattmeters berücksichtigen und zur
Messung die stromrichtige Schaltung verwenden? Der wahre Wert sei hier-
bei die bei Beschaltung mit dem Leistungsmesser tatsächlich in Z V um-
gesetzte Wirkleistung. Welche geringfügige Änderung der Meßschaltung
würde eine Verringerung des Meßfehlers bewirken und wie groß wäre die-
ser?
d) Berechnen Sie jenen Betrag von Z V als Funktion von RWV und RWA , bei
dem der Wechsel zwischen strom- und spannungsrichtiger Schaltung erfol-
gen muß, damit der durch den Eigenverbrauch des Meßgerätes verursachte
relative Meßfehler möglichst gering bleibt.

Musterlösung:
a) Aus dem Bereichsendwert PWend

PWend = Umax Imax cos ϕmax = 240 W (6.23)

ergibt sich mit Gl. (6.16) die Wattmeterkonstante zu

PWend W
CW = = 2, 4 . (6.24)
N Skt.
b) Mit der Definition des Verlustfaktors für die Serienersatzschaltung einer
verlustbehafteten Induktivität (Gl. (7.8))

RLV
tan δ = = 0, 1 (6.25)
ωLV
kann ihr ohmscher Serienwiderstand aus

RLV = ωLV tan δ = 6, 912 Ω (6.26)

berechnet werden. Die damit ebenfalls bekannte komplexe Impedanz Z V


134 6 Leistungsmessung

Z V = RLV + jωLV = 6, 912 Ω + j69, 115 Ω = 69, 46 Ω ej84,29 (6.27)

ermöglicht dann die Berechnung des durch die Stromspule fließenden Verbrau-
cherstromes IZV
UQ
IZV = = 3, 167 A . (6.28)
ZV
Da IZV ≤ 4Imax gilt, kann diese Messung ohne Überlastung des Meßwerkes
durchgeführt werden. Aus der angezeigten Leistung
2
Panz = PZV = IZV RLV = 69, 335 W (6.29)

folgt der Zeigerausschlag zu


Panz
n= = 28, 9 Skt. . (6.30)
CW
c) Aus Abb. 6.5 kann man ersehen, daß vom Meßwerk die Leistung

Abb. 6.5. Stromrichtige Schaltung mit Ersatzschaltbild zur Leistungsmessung

2 2
PanzI = PWA + PZV = IV RWA + IV RLV (6.31)

angezeigt wird. Der relative Meßfehler bei der stromrichtigen Meßschaltung


ergibt sich daraus zu
PanzI − PZV PWA RWA
fI = = = = 1, 45 % . (6.32)
PZV PZV RLV
Dieser Meßfehler kann nun verringert werden, wenn die spannungsrichtige
Meßschaltung verwendet wird. Unter Beachtung von Abb. 6.6 ergibt sich die
vom Meßwerk angezeigte Leistung zu
 2
UV2 2 UV2 UV
PanzU = PWV + PZV = + IV RLV = + RLV , (6.33)
RWV RWV ZV

woraus ein relativer Meßfehler bei spannungsrichtiger Messung von


6.4 Blindleistungsmessung im Einphasennetz 135

Abb. 6.6. Spannungsrichtige Schaltung mit Ersatzschaltbild zur Leistungsmessung

2
UV
PanzU − PZV RWV
2
ZV
fU = = 2
UV
= = 0, 7 % (6.34)
PZV 2 RLV RWV RLV
ZV

resultiert.

d) Durch Gleichsetzen der relativen Fehler aus den Gln. (6.32) und (6.34)
2
RWA ZVG
= (6.35)
RLV RWV RLV
erhält man den Grenzwert des Betrages von Z V
ZVG = RWA RWV . (6.36)
Aus Gl. (6.36) lassen sich die beiden folgenden Regeln ableiten:
• spannungsrichtige Schaltung verwenden, wenn

ZV ≤ RWA RWV (6.37)


• stromrichtige Schaltung verwenden, wenn

ZV ≥ RWA RWV . (6.38)


Für den angegebenen Leistungsmesser gilt somit
ZVG = 100 kΩ 0, 1 Ω = 100 Ω . (6.39)

6.4 Blindleistungsmessung im Einphasennetz


Beispiel 6.3: Blindleistungsmesser mit Resonanzphasenschieber

Abbildung 6.7 zeigt die Schaltung eines Blindleistungsmessers mit Reso-


nanzphasenschieber. Die Bauelemente der Schaltung sollen für den Betrieb
im 50 Hz-Netz so dimensioniert werden, daß der Blindleistungsmesser bei
UVmax = 10 V, Imax = 1 A und sin(<
) U V , I) = 1 Vollausschlag hat.
Das zum Aufbau des Blindleistungsmessers verwendete elektrodynamische
Meßwerk hat folgende Daten:
136 6 Leistungsmessung

Abb. 6.7. Schaltung des Blindleistungsmessers

Spannungsspule: Umax = 10 V
RWV = 314 Ω
Stromspule: Imax = 1 A
RWA = 0, 1 Ω
a) Dimensionieren Sie L1 , L2 , R2 und C für folgende Bedingungen:
U V ⊥ I2 (6.40)
I1 ⊥ I2 (6.41)
|I 1 | = |I 2 | (6.42)
b) Zeichnen Sie das Zeigerdiagramm für den Blindleistungsmesser und über-
prüfen Sie damit die im Punkt a) berechneten Werte von L1 , L2 , R2 und
C.
c) Läßt sich der Meßbereich dieses Blindleistungsmessers durch Vorschalten
von ohmschen Widerständen in Serie zu L1 erweitern?

Musterlösung:
a) Unter Verwendung der Abkürzung R2ges = R2 + RWV folgt durch Anwen-
dung der Spannungsteilerregel der Zusammenhang zwischen I 2 und U V
1
(R2ges +jωL2 ) jωC
1
R2ges +jωL2 + jωC 1
I2 = U V 1
+ jωL1 2ges jωL2
R +
(R2ges +jωL2 ) jωC
1
R2ges +jωL2 + jωC

1
jωC
= UV  
1 1
(R2ges + jωL2 ) jωC + jωL1 R2ges + jωL2 + jωC

1
= UV . (6.43)
R2ges (1 − ω 2 CL1 ) + jω(L1 + L2 − ω 2 CL1 L2 )
6.4 Blindleistungsmessung im Einphasennetz 137

Um Gl. (6.40) zu erfüllen, muß der Realteil des Nenners von Gl. (6.43) Null
werden, was zu
ω 2 CL1 = 1(Bedingung 1) (6.44)
führt. Durch Einsetzen von Gl. (6.44) in Gl. (6.43) erhält man
UV UV
I2 = =
jω(L1 + L2 − ω 2 CL1 L2 ) jω(L1 + L2 − L2 )

UV
= . (6.45)
jωL1
Durch Anwendung der Stromteilerregel berechnet sich der Zusammenhang
zwischen I 1 und I 2 zu
1
jωC 1
I2 = I1 = I1 , (6.46)
R2ges + jωL2 + 1
jωC
1 − ω 2 CL2 + jωCR2ges

der unter Beachtung von Gl. (6.41) zu der Bedingung

ω 2 CL2 = 1(Bedingung 2) (6.47)

führt. Das Einsetzen von Gleichung (6.47) in Gl. (6.46) ergibt


1
I2 = I1 . (6.48)
jωCR2ges

Vergleicht man die Gln. (6.44) und (6.47), so erhält man folgenden Zusam-
menhang zwischen L1 und L2
1
L1 = L2 = . (6.49)
ω2C
Aus Gl. (6.48) in Verbindung mit Gl. (6.42) folgt

ωCR2ges = 1(Bedingung 3) . (6.50)

Bei maximaler Verbraucherspannung U V fließt aufgrund von Gl. (6.45) der


Strom
UVmax
I2max = (6.51)
ωL1
durch L2 und somit auch durch die Spannungsspule. Da bei Endausschlag des
Meßwerkes
Umax
I2max = (6.52)
RWV
gelten muß, berechnen sich die Induktivitäten L1 und L2 zu
UVmax RWV
L1 = L2 = = 1H. (6.53)
Umax ω
138 6 Leistungsmessung

Mit dem nun bekannten Wert von L1 ergibt sich mit Gl. (6.44) die Kapazität
C zu
1
C= 2 = 10, 1 µF . (6.54)
ω L1
Mit den Gln. (6.47), (6.50), (6.53) und unter Beachtung von UVmax = Umax
(s. Angabe) ergibt sich aus
1
R2ges = = ωL1 = RWV (6.55)
ωC
in Verbindung mit dem Zusammenhang R2ges = R2 + RWV die Dimensionie-
rung des Widerstandes R2
R2 = 0 Ω . (6.56)
b) Das in Abb. 6.8 gezeigte Zeigerdiagramm für den Blindleistungsmesser
ergibt sich aus folgenden Konstruktionsschritten:
• Strom I 2 in Richtung der reellen Achse auftragen.
• Spannung U R2ges zeigt in Richtung von I 2 .
• Spannung U L2 eilt I 2 um 90◦ vor und hat vorerst unbekannte Länge.
• Mit U C = U R2ges +U L2 und I C = jωCU C folgt mit den Gln. (6.41), (6.42)
und I 1 = I 2 + I C , daß I 1 um +90◦ gegen I 2 gedreht ist und die gleiche
Länge wie I 2 hat.
• Durch Einzeichnen von I 1 , I C und U C ergibt sich aus den geometrischen
Verhältnissen, daß U L2 gleich lang wie U R2ges ist.
• Da U L1 dem Strom I 1 um 90◦ voreilt und U V senkrecht auf I 2 stehen muß
(Gl. (6.40)), ergeben sich daraus die noch fehlenden Spannungen U L1 und
U V.

Abb. 6.8. Zeigerdiagramm für den Blindleistungsmesser

Aus der Geometrie des Zeigerdiagrammes können folgende Zusammenhänge


abgelesen werden
6.4 Blindleistungsmessung im Einphasennetz 139

|U |
|UV | = |U L1 | = |U L2 | = |U R2ges | = √C , (6.57)
2

|I |
|I 1 | = |I 2 | = √C . (6.58)
2
Mit den bei Endausschlag (Nennbetrieb) gelten Werten

|U Vmax | = Umax = 10 V , (6.59)

Umax 10
|I 2max | = = A (6.60)
RWV 314
kann jetzt die Dimensionierung der Bauelemente erfolgen. Die Induktivitäten
berechnen sich aus
|U L1max | |U |
ωL1 = ωL2 = = Vmax (6.61)
|I 1max | |I 2max |
zu
314
L1 = L2 = = 1H. (6.62)
2π50
Der Widerstand R2 kann entfallen, wie aus

|U R2gesmax | |U |
R2ges = R2 + RWV = = Vmax = RWV (6.63)
|I 2max | |I 2max |

zu entnehmen ist. Die Kapazität C ergibt sich aus

|I Cmax | |I |
ωC = = 2max (6.64)
|U Cmax | |U Vmax |
zu
1
C= = 10, 1 µF . (6.65)
2π50 314
c) Da der Eingangswiderstand des Phasenschiebernetzwerkes ohmsch ist

UV U jωL1
ZE = = V = = ωL1 , (6.66)
I1 jI 2 j

läßt sich der Spannungspfad durch ohmsche Serienwiderstände erweitern.

Beispiel 6.4: Hummel-Schaltung zur Blindleistungsmessung

Die in Abb. 6.9 gezeigte Schaltung (Hummel-Schaltung) wird zur Blindlei-


stungsmessung eingesetzt.
Das in der Hummel-Schaltung verwendete elektrodynamische Meßwerk hat
folgende Daten:
140 6 Leistungsmessung

Abb. 6.9. Hummel-Schaltung

Spannungsspule: Umax = 10 V
RWV = 1 kΩ
Stromspule: Imax = 1 A
RWA = 0 Ω
Die Schaltung ist mit L1 = 1 H, L2 = 0, 1471 H und R1 = 14, 518 Ω so dimen-
sioniert, daß im 50 Hz-Netz die Blindleistung richtig angezeigt wird.
a) Aufgrund eines nicht-linearen Verhaltens des Verbrauchers Z V tritt bei si-
nusförmiger Betriebsspannung im Verbraucherstrom neben der Grundwel-
le auch noch die dritte Harmonische auf, d. h. der Verbraucherstrom wird
durch
iZV (t) = Iˆ1 sin(ωt + ψ1 ) + Iˆ3 sin(3ωt + ψ3 ) beschrieben. Untersuchen Sie,
ob bei einer an diesem Verbraucher durchgeführten Blindleistungsmessung
ein Meßfehler auftritt oder nicht.
Hinweis: Die Blindleistung bei nichtsinusförmigen aber periodischen Span-
nungen und Strömen


u(t) = 2Un sin(nωt + ϕn ) (6.67)
n=1



i(t) = 2In sin(nωt + ψn ) (6.68)
n=1

ist durch

PB = Un In sin(ϕn − ψn ) (6.69)
n=1

gegeben.
b) Welcher relative Meßfehler tritt auf, wenn mit diesem Blindleistungsmesser
die Blindleistung an einer linearen Induktivität mit tan δ = 0, 1 (bei
50 Hz; s. Gl. (7.8)) im amerikanischen Netz (Netzfrequenz f = 60 Hz)
gemessen wird?
6.4 Blindleistungsmessung im Einphasennetz 141

Musterlösung:
a) Die im Verbraucher Z V umgesetzte Blindleistung berechnet sich unter der
Annahme von ϕ1 = 0 zu

Iˆ1
QZVw = U1 √ sin(−ψ1 ) = −U1 I1 sin ψ1 . (6.70)
2
Ein Vergleich mit der vom Meßwerk angezeigten Blindleistung
T
1
QZVr = Û1 sin(ωt − 90◦ )[Iˆ1 sin(ωt + ψ1 ) + Iˆ3 sin(3ωt + ψ3 )] dt
T
0

T
1
= Û1 Iˆ1 sin(ωt − 90◦ ) sin(ωt + ψ1 ) dt
T
0

T
1
+ Û1 Iˆ3 sin(ωt − 90◦ ) sin(3ωt + ψ3 ) dt
T
0
  
=0

T
1 1
= Û1 Iˆ1 (cos(−90◦ − ψ1 ) − cos(2ωt − 90◦ + ψ1 )) dt
T 2
0

1
= Û1 Iˆ1 cos(90◦ + ψ1 ) = −U1 I1 sin ψ1 (6.71)
2
beweist, daß die Blindleistung richtig angezeigt wird!

b) Die an der Spannungsspule anliegende Spannung U WV ergibt sich durch


Anwendung der Spannungsteilerregel zu
R1 (RWV +jωL2 )
R +RWV +jωL2 RWV
U WV = UV R (R 1 +jωL
1 WV 2) RWV + jωL2
R1 +RWV +jωL2 + jωL1

R1 RWV
= UV . (6.72)
R1 RWV − ω 2 L1 L2 + jω(R1 L2 + L1 (R1 + RWV ))

Zur Berechnung des bei f = 60 Hz auftretenden Betrags- und Phasenfehlers


ist das komplexe Verhältnis U WV /UV bei f = 50 Hz

U WV o o
= 0, 045455 e−j90 = k1 e−j90 (6.73)
UV
142 6 Leistungsmessung

und bei f = 60 Hz
U WV o o
= 0, 037874 e−j90,955 = k2 e−j(90 +∆ϕ) (6.74)
UV
auszuwerten. Aus der in Z V umgesetzten Blindleistung
UV
QZVw = UV sin ϕZV (6.75)
|Z V |
und der vom Meßwerk angezeigten Blindleistung
k2 UV
QZVr = UV sin(ϕZV − ∆ϕ ) (6.76)
k1 |Z V | 
 Phasenfehler
Betragsfehler

berechnet sich der relative Meßfehler zu

k1 |Z V | sin(ϕZV −
k2 1
QZVr UV2 ∆ϕ)
f = −1= −1
QZVw UV2 |Z1 | sin ϕZV
V

sin ϕZV cos ∆ϕ − cos ϕZV sin ∆ϕ k2


= −1
sin ϕZV k1
 
1 k2
= cos ∆ϕ − sin ∆ϕ − 1. (6.77)
tan ϕZV k1
Mit der für eine verlustbehaftete Induktivität geltenden Gl. (7.8) und
tan ϕZV = ωLV /RLV (Reihenersatzschaltbild der verlustbehafteten Spule
(Abb. 7.4)) folgt aus
1
tan ϕZV = (6.78)
tan δ
der relative Meßfehler
k2
f = (cos ∆ϕ − tan δ sin ∆ϕ) − 1 = −16, 57 % . (6.79)
k1

Aufgabe 6.1: Berechnung und Dimensionierung der Hummel-Schaltung

Abbildung 6.10 zeigt eine Schaltung zur Blindleistungsmessung, die sog. Hum-
mel-Schaltung.
Das zum Aufbau der Hummel-Schaltung verwendete elektrodynamische
Meßwerk hat folgende Daten:
Spannungsspule: Umax = 10 V
RWV = 1 kΩ
Stromspule: Imax = 1 A
RWA = 0 Ω
6.4 Blindleistungsmessung im Einphasennetz 143

Abb. 6.10. Hummel-Schaltung

a) Berechnen Sie den Zusammenhang zwischen L1 , L2 , R1 und RWV so, daß


die Hummel-Schaltung als Blindleistungsmesser arbeitet.
b) Dimensionieren Sie R1 und L2 des Blindleistungsmessers für L1 = 1 H,
f = 50 Hz und eine maximale Verbraucherspannung von UV = 220 V.

Lösung:
a) R1 RWV = ω 2 L1 L2
b) R1 = 14, 518 Ω, L2 = 0, 147 H .
7
Messung von elektrischen Impedanzen

7.1 Ersatzquellenprinzip
Für die Berechnung linearer elektrischer Netzwerke, die Spannungs- und
Stromquellen enthalten, ist es oft von Vorteil, wenn man mehrere Zweige des
zu analysierenden Netzwerkes bezüglich ihres Klemmenverhaltens zu einem
aktiven Zweipol, der eine Spannungs- oder eine Stromquelle und einen ohm-
schen Widerstand enthält, zusammenfaßt. Ein solcher aktiver Zweipol, der
nach außen hin das Netzwerk hinsichtlich seines Strom-Spannungsverhaltens
an seinen beiden Torklemmen vollständig repräsentiert, wird als Ersatzspan-
nungsquelle bzw. Ersatzstromquelle bezeichnet (Abb. 7.1). Bei Leerlauf (keine

I 1
linearer
aktiver U
Zweipol
2

Ersatzspannungsquelle Ersatzstromquelle
I 1 I 1

IQ
RQ
U RQ U
UQ

2 2
Abb. 7.1. Aktiver Zweipol und Ersatzschaltungen

impedanzmäßige Belastung an den äußeren Klemmen) mißt man an den Klem-


men der Ersatzspannungsquelle die Leerlaufspannung UQ und bei Kurzschluß
146 7 Messung von elektrischen Impedanzen

den Kurzschlußstrom IQ , womit sich der Ersatzwiderstand RQ als Quotient


dieser beiden Größen ergibt. Bei Belastung der Ersatzspannungsquelle mit
dem Strom I berechnet sich die Klemmenspannung U zu

U = U Q − RQ I . (7.1)

Dividiert man Gl. (7.1 ) durch den Ersatzwiderstand RQ , so ergibt sich

U
I = IQ − . (7.2)
RQ

Diesen Zusammenhang erhält man auch durch Aufstellen der für den inne-
ren Knoten der Ersatzstromquelle geltenden Knotengleichung. Damit sind die
beiden Ersatzquellen hinsichtlich der Berechnung von U und I einander äqui-
valent.
Die rechnerische Bestimmung des Ersatzwiderstandes RQ (Innenwiderstand
der Quelle) erfolgt derart, daß man zunächst alle Spannungsquellen des akti-
ven Zweipols kurzschließt, alle seine Stromquellen unterbricht, um dann den
Widerstand zwischen den Klemmen 1 und 2 des nun passiven Zweipols zu
berechnen.

7.2 Grundlagen zur Messung ohmscher Widerstände


Von den vielen Möglichkeiten zur Messung ohmscher Widerstände werden hier
nur die Messung mittels Konstantstromquelle und die Brückenschaltungen
behandelt.

Messung mittels Konstantstromquelle

Das Meßprinzip beruht auf der in Abb. 7.2 dargestellten Meßschaltung, bei der
durch den zu messenden Widerstand RX ein Konstantstrom I0 fließt. Durch

Abb. 7.2. Widerstandsmessung mit Hilfe einer Konstantstromquelle

Messung der Spannung UX kann bei bekanntem Strom I0 auf den Widerstand
RX geschlossen werden
UX
RX = . (7.3)
I0
7.2 Grundlagen zur Messung ohmscher Widerstände 147

Meßbrücken
Abbildung 7.3 zeigt die auf einen Vorschlag von Wheatstone zurückgehen-
de Brückenschaltung, deren Funktionsprinzip auf der Verwendung von zwei
ohmschen Spannungsteilern beruht.

Abb. 7.3. Meßbrücke zur Messung ohmscher Widerstände

Die Diagonalspannung UD berechnet sich entsprechend Abb. 7.3 zu


 
R2 R4 R2 R3 − R1 R4
UD = U E − = UE . (7.4)
R1 + R2 R3 + R4 (R1 + R2 )(R3 + R4 )
Aus Gl. (7.4) ergeben sich zwei prinzipielle Möglichkeiten zur Widerstands-
messung:
• Man mißt UD und berechnet daraus bei bekanntem UE und drei bekannten
Widerständen den gesuchten vierten Widerstand.
• Einer der drei bekannten Widerstände wird abgleichbar ausgeführt und
stets so eingestellt, daß die sog. Abgleichbedingung UD = 0 V erfüllt ist,
aus der sich dann mit Gl. (7.4) der der Berechnung des unbekannten Wi-
derstandes dienende Zusammenhang
R2 R3 = R1 R4 (7.5)
ergibt.
Die erste Methode, bei der kein Abgleich erforderlich ist, wird Ausschlagver-
fahren genannt und hauptsächlich in der Sensorik eingesetzt. Das Ausschlag-
verfahren hat jedoch den Nachteil, daß die Brückenversorgungsspannung UE
und die Diagonalspannung UD wertemäßig bekannt sein müssen und deren
Fehler direkt in die Meßgenauigkeit eingehen. Außerdem tritt bei der Mes-
sung von UD aufgrund des endlichen Innenwiderstandes des Spannungsmeß-
gerätes ein Belastungsfehler auf. Die eben genannten Nachteile können beim
Betrieb als Abgleichbrücke vermieden werden, weil hier nur die Erfüllung der
Abgleichbedingung UD = 0 V detektiert werden muß. Das zur Messung von UD
eingesetzte Meßwerk muß eine hohe Empfindlichkeit haben und darf natürlich
keinen Nullpunktfehler aufweisen.
148 7 Messung von elektrischen Impedanzen

7.3 Grundlagen zur Messung von Schein- und


Blindwiderständen
Eine beliebige komplexe Impedanz Z enthält eine Wirkkomponente R (R ≥ 0)
und eine Blindkomponente X (−∞ < X < ∞). Sie läßt sich mathematisch in
Form folgender Gleichung

Z = Re(Z) + jIm(Z) = R + jX (7.6)

beschreiben. Je nach Vorzeichen von X spricht man von einem kapazitiven


(X < 0) bzw. induktiven (X > 0) Verhalten. Da es keine idealen, d. h. ver-
lustlosen, Bauelemente gibt, hat man es bei den in der Praxis verwendeten
Kapazitäten und Induktivitäten stets mit verlustbehafteten Bauelementen zu
tun. Zur Beschreibung solcher verlustbehafteter Bauelemente wurden einige
Begriffe eingeführt, die im folgenden kurz erläutert werden.

Reihen- und Parallelersatzschaltbilder einer verlustbehafteten


Induktivität

Abbildung 7.4 zeigt die beiden Standard-Ersatzschaltbilder zur Beschreibung


einer verlustbehafteten Induktivität.

Abb. 7.4. Ersatzschaltbilder einer verlustbehafteten Induktivität mit entsprechen-


den Impedanz- bzw. Admittanz-Diagrammen: a) Reihenersatzschaltbild (Seriener-
satzschaltbild), b) Parallelersatzschaltbild

Mit
1 1
Z L = RS + jωLS = = 1 1 (7.7)
YL RP + jωL P

berechnet sich der Verlustfaktor tan δL der verlustbehafteten Induktivität zu


RS ωLP
tan δL = = . (7.8)
ωLS RP
7.3 Grundlagen zur Messung von Schein- und Blindwiderständen 149

Abb. 7.5. Ersatzschaltbilder einer verlustbehafteten Kapazität mit entsprechenden


Impedanz- bzw. Admittanz-Diagrammen: a) Reihenersatzschaltbild (Serienersatz-
schaltbild), b) Parallelersatzschaltbild

Reihen- und Parallelersatzschaltbilder einer verlustbehafteten


Kapazität

Abbildung 7.5 zeigt die beiden Standard-Ersatzschaltbilder zur Beschreibung


einer verlustbehafteten Kapazität.
Mit
1 1 1
Z C = RS − j = = 1 (7.9)
ωCS YC RP + jωCP
berechnet sich der Verlustfaktor tan δC der verlustbehafteten Kapazität zu
1
tan δC = ωRS CS = . (7.10)
ωCP RP
Bei allen in diesem Buch enthaltenen Beispielen wird für verlustbehaftete
Induktivitäten zur Berechnung immer das Serienersatzschaltbild und für ver-
lustbehaftete Kapazitäten immer des Parallelersatzschaltbild herangezogen.

Auswertung von Auf- bzw. Entladevorgängen zur Messung von


verlustfreien Kapazitäten

Abb. 7.6. Zeitverläufe bei Auf- und Entladevorgängen von Kapazitäten

Bei dieser Meßmethode wird von der Tatsache gebrauch gemacht, daß bei
einem Auf- bzw. Entladevorgang (Abb. 7.6)
150 7 Messung von elektrischen Impedanzen
 t
 t
uCauf (t) = Uref 1 − e− RC bzw.uCent (t) = Uref e− RC (7.11)

jenes Zeitintervall, das beim Auf- bzw. Entladen von einem frei wählbaren
Spannungswert
 t1auf
 t1ent
U1auf = Uref 1 − e− RC bzw. U1ent = Uref e− RC (7.12)

zu einem zweiten, ebenfalls vorgebbaren Spannungswert


 t2auf
 t2ent
U2auf = Uref 1 − e− RC bzw. U2ent = Uref e− RC (7.13)

benötigt wird, proportional zum Kapazitätswert C ist


   
Uref Uref
t2auf − t1auf = RC ln − RC ln
Uref − U2auf Uref − U1auf

1− U1auf
Uref
= RC ln bzw. (7.14)
1− U2auf
Uref

   
Uref Uref
t2ent − t1ent = RC ln − RC ln
U2ent U1ent
 
U1ent
= RC ln . (7.15)
U2ent

Da in den eben abgeleiteten Zusammenhängen nur Spannungsverhältnisse vor-


kommen, können die Auf- bzw. Entladezeiten von absoluten Spannungswer-
ten unabhängig gemacht werden, wenn die Vergleichsspannungen U1auf und
U2auf bzw. U1ent und U2ent durch Spannungsteiler aus der Referenzspannung
Uref abgeleitet werden. Außerdem muß die Referenzspannung nur stabil, aber
nicht wertemäßig bekannt sein. Dieses Meßprinzip kann entsprechend den Gln.
(7.14) und (7.15) auch zur Widerstandsmessung eingesetzt werden.

Meßbrücken

In Analogie zu den in Kap. 7.2 zur Messung ohmscher Widerstände vorge-


stellten Gleichstrombrücken werden strukturgleiche Meßbrücken zur Messung
komplexer Impedanzen eingesetzt. Wie man Abb. 7.7 entnehmen kann, be-
rechnet sich die Diagonalspannung U D analog zu Gl. (7.4)

Z 2Z 3 − Z 1Z 4
UD = UE . (7.16)
(Z 1 + Z 2 )(Z 3 + Z 4 )

Wechselstrombrücken können wiederum als Ausschlag- und Abgleichbrücken


betrieben werden. Im weiteren wird nur auf die Abgleichbrücken eingegangen.
7.3 Grundlagen zur Messung von Schein- und Blindwiderständen 151

Abb. 7.7. Wechselstrom-Meßbrücke

Mit der Abgleichbedingung U D = 0 V ergibt sich aus Gl. (7.16) folgender


Zusammenhang
Z 2Z 3 = Z 1Z 4 . (7.17)
Entsprechend den beiden Darstellungsmöglichkeiten komplexer Zahlen durch
Real- und Imaginärteil bzw. Betrag und Phase

Z X = RX + jXX = |Z X |ejϕX (7.18)

kann Gl. (7.17) in jeweils eine Gleichung für Betrag und Phase

|Z 2 ||Z 3 | = |Z 1 ||Z 4 | (7.19)

ϕ2 + ϕ3 = ϕ1 + ϕ4 (7.20)

oder in jeweils eine Gleichung für Real- und Imaginärteil

R2 R3 − X2 X3 = R1 R4 − X1 X4 (7.21)

X2 R3 + R2 X3 = X1 R4 + R1 X4 (7.22)

aufgespaltet werden. Da die zu messende Impedanz zwei unabhängige Bestim-


mungsgrößen (RX und XX ) enthält, müssen zwei Abgleichelemente vorhanden
sein, was sich auch darin äußert, daß die Aufspaltung von Gl. (7.17) auf zwei
unabhängig voneinander zu erfüllende Gleichungen führt.

Resonanzverfahren

Beim Resonanzverfahren wird das Bauelement, dessen Wirk- und Blindkom-


ponente zu bestimmen sind, durch ein komplementäres verlustarmes Bau-
element zu einem Schwingkreis ergänzt. So wird beispielsweise eine Indukti-
vität durch einen Kondensator bekannter Kapazität zu einem Serienschwing-
kreis zusammengeschaltet. Dieses Meßprinzip basiert auf den speziellen Ei-
genschaften so aufgebauter Resonanzschwingkreise. Die Messung kann durch
Auswertung der Verhältnisse beim Betrieb mit erzwungenen Schwingungen
152 7 Messung von elektrischen Impedanzen

variabler Frequenz (z. B. durch Messung der Resonanzfrequenz und der Reso-
nanzüberhöhung beim Durchfahren der Resonanzkurve) oder durch Auswer-
tung von angeregten freien Schwingungen (z. B. durch Messung der Schwing-
frequenz und des Abklingverhaltens) erfolgen.

7.4 Messung ohmscher Widerstände


Beispiel 7.1: Widerstandsmessung mit einer Konstantstromquelle

Abbildung 7.8 zeigt die schaltungstechnische Realisierung einer Widerstands-


messung, bei der eine mittels eines Operationsverstärkers aufgebaute Kon-
stantstromquelle verwendet wird.

Abb. 7.8. Operationsverstärkerschaltung zur Widerstandsmessung

a) Wie muß unter der Annahme eines idealen Operationsverstärkers für die
Werte UQ = 5 V und RQ = 0 Ω der Widerstand R dimensionieren werden,
damit eine Variation des Rückkoppelwiderstandes RX im Wertebereich
RX = (0 . . . 10 kΩ) zu einer entsprechenden Ausgangsspannung UA im
Wertebereich UA = (0 . . . − 10 V) führt?
b) Berechnen Sie für die unter Punkt a) ermittelte Dimensionierung den ma-
ximalen relativen Fehler, wenn die Spannungsquelle nun einen Innenwider-
stand von RQ = 100 Ω hat und ein Operationsverstärker mit V0 = 1000
(restliche Daten des Operationsverstärkers sind ideal) verwendet wird.

Musterlösung:
a) Da es sich bei der Meßschaltung um einen invertierenden Verstärker han-
delt, folgt aus
RX
UAw = −UQ (7.23)
R
die Dimensionierungsvorschrift für den Widerstand R
RXmax
R = −UQ = 5 kΩ . (7.24)
UAmin
7.4 Messung ohmscher Widerstände 153

b) Aus den beiden Maschengleichungen

IQ (R + RQ ) = UQ + uD (7.25)

UAr = IG RX − uD (7.26)

folgt mit IQ = −IG und UA = V0 uD eine Bestimmungsgleichung für die


Ausgangsspannung
UQ + u D
UAr = − RX − uD
R + RQ
 
RX RX 1
= −UQ − UAr + . (7.27)
R + RQ V0 (R + RQ ) V0

Der relative Meßfehler berechnet sich mit den Gln. (7.23) und (7.27) zu
R
UAr R+RQ
f= −1= RX 1
− 1. (7.28)
UAw 1+ V0 (R+RQ ) + V0

Er erreicht seinen maximalen Wert für RXmax


R
R+RQ
fmax = RXmax 1
− 1 = −2, 3 % . (7.29)
1+ V0 (R+RQ ) + V0

Beispiel 7.2: Ausschlagbrücke

Abbildung 7.9 zeigt eine Ausschlagbrücke, die zur Messung der Widerstandsän-
derung von RX (potentiometrischer Sensor) verwendet wird.

Abb. 7.9. Schaltung der Ausschlagbrücke

a) Wie müssen Sie R1 , R3 , R4 und UE dimensionieren, damit für RX0 = 1 kΩ


die Brückenspannung UD = 0 V ist und die Empfindlichkeit dUD /dRX an
154 7 Messung von elektrischen Impedanzen

der Stelle RX0 maximal wird? Beachten Sie, daß am Widerstand RX eine
maximale Verlustleistung von PWmax = 0, 125 W auftreten darf und bei
der Dimensionierung von UE die Änderung von RX vernachlässigt werden
kann.
b) Wie groß darf ∆RX maximal sein, damit der durch die Näherung UD ∼
∆RX verursachte Fehler ≤ 1 % ist.

Musterlösung:
a) Aus der Brückendiagonalspannung (Gl. (7.4))

RX R4
UD = U E − UE (7.30)
R1 + RX R3 + R4
folgt für die Empfindlichkeit bei UD = 0 V

dUD  R1 + RX0 − RX0 R1
= UE = UE
dRX RX =RX0 (R1 + RX0 )2 (R1 + RX0 )2

= UE v(R1 ) . (7.31)

Durch Differenzieren des Terms v(R1 ) nach R1

dv (R1 + RX0 )2 − 2R1 (R1 + RX0 )


= UE
dR1 (R1 + RX0 )4

R12 + 2R1 RX0 + RX0


2
− 2R12 − 2RX0 R1
= UE
(R1 + RX0 )4
2
RX0 − R12
= UE (7.32)
(R1 + RX0 )4

ergibt sich mit dv/dR1 = 0 der Widerstand

R1 = RX0 , (7.33)

bei dem die Empfindlichkeit maximal wird. Für UD = 0 folgt aus Gl. (7.30)

R1 R3
= =⇒ R 3 = R4 (7.34)
RX0 R4
und damit die sinnvolle Wahl

R1 = R3 = R4 = RX0 = 1 kΩ. (7.35)

Aus der Proportionalität dUD /dRX ∼ UE kann man schließen, daß die Ver-
sorgungsspannung UE für eine hohe Empfindlichkeit möglichst groß gewählt
7.4 Messung ohmscher Widerstände 155

werden muß. Der maximale Wert von UE wird durch die Verlustleistung an
RX bestimmt
2
UEmax
PWmax = =⇒ UEmax = 2 PWmax RX0 = 22, 4 V (7.36)
4RX0
und führt zu einer maximalen Empfindlichkeit von
 
dUD R1 1 mV
= UEmax = UEmax = 5, 6 . (7.37)
dRX max (R1 + RX0 )2 4RX0 Ω

b) Mit den Gln. (7.30) und (7.35) berechnet sich die Diagonalspannung als
Funktion von ∆RX zu
 
RX0 + ∆RX 1
UD = U E −
RX0 + RX0 + ∆RX 2

2RX0 + 2∆RX − 2RX0 − ∆RX


= UE
2(2RX0 + ∆RX0 )

∆RX
= UE . (7.38)
2(2RX0 + ∆RX )

Aus der Näherung


∆RX
UD ≈ U E (7.39)
4RX0
folgt für die angezeigte Widerstandsänderung
UD
∆RXr ≈ 4RX0 . (7.40)
UE

Unter Verwendung der tatsächlichen Widerstandsänderung (Gl. (7.38))

UD
∆RXw = 4RX0 (7.41)
UE − 2UD
berechnet sich die maximal tolerable Widerstandsänderung |∆RX |max aus dem
vorgegebenen relativen Fehler
∆RXr UE − 2UD UD
f = −1= − 1 = −2
∆RXw UE UE

∆RX
≈ −2 (7.42)
4RX0
zu
|∆RX |max ≤ |fmax 2RX0 | = 20 Ω . (7.43)
156 7 Messung von elektrischen Impedanzen

Beispiel 7.3: Brückenschaltung zur Temperaturmessung

Mit der in Abb. 7.10 dargestellten Brückenschaltung soll ein Temperaturmeß-


gerät aufgebaut werden. Zur Anzeige wird ein Drehspulinstrument (IMend =
1 mA, RM = 0 Ω) verwendet, dessen Anzeigeskala linear von −20 ◦ C bis 40 ◦ C
beschriftet ist.

Abb. 7.10. Brückenschaltung zur Temperaturmessung

Zur Messung der Temperatur wird ein Si-Halbleitersensor eingesetzt, dessen


Widerstands-Temperatur-Kennlinie durch

R(ϑ) = R0 (1 + α(ϑ − ϑ0 )) (7.44)

mit den Parametern


R0 = 2000 Ω Widerstandswert bei ϑ0 ,
ϑ0 = 20 ◦ C Bezugstemperatur,
α = 8 · 10−3 K−1 linearer Temperaturkoeffizient
beschrieben wird.
a) Berechnen Sie R1 und UE derart, daß das Meßgerät bei den Temperatur-
werten ϑ = −20 ◦ C und ϑ = 40 ◦ C fehlerfrei anzeigt.
b) Berechnen Sie den maximalen absoluten Meßfehler (in ◦ C) dieses Meß-
gerätes für den angegebenen Meßbereich (−20 ◦ C ≤ ϑ ≤ 40 ◦ C).

Musterlösung:
a) Um den durch das Meßwerk fließenden Strom auf einfache Weise berechnen
zu können, wird zunächst bezüglich der Brückendiagonalen eine Ersatzspan-
nungsquelle mit folgenden Komponenten ermittelt
 
R(ϑ) R1 R(ϑ) − R1
UQ (ϑ) = UE − = UE , (7.45)
R1 + R(ϑ) R1 + R(ϑ) R1 + R(ϑ)

R1 R(ϑ)
RQ (ϑ) = 2 . (7.46)
R1 + R(ϑ)
7.4 Messung ohmscher Widerstände 157

Mit diesen Ersatzgrößen berechnet sich der Strom IM durch das Drehspulin-
strument zu
UQ (ϑ) R(ϑ) − R1
IM (ϑ) = = UE . (7.47)
RQ (ϑ) 2R1 R(ϑ)
Aus der Überlegung, daß der Strom IM bei ϑ = −20 ◦ C gleich Null sein muß,
folgt aus Gl. (7.47) der Brückenwiderstand R1

R1 = R(−20 ◦ C) = 1360 Ω . (7.48)

Da das Drehspulinstrument bei ϑ = 40 ◦ C Endausschlag haben soll, berechnet


sich mit R(40 ◦ C) = 2320 Ω die benötigte Eingangsspannung UE aus Gl. (7.47)
zu
2R1 R(40 ◦ C)
UE = IMend = 6, 573 V . (7.49)
R(40 ◦ C) − R1
b) Abbildung 7.11 zeigt die Ist- und Sollkennlinien des Meßwerkstromes IM .

Abb. 7.11. Verläufe der Ist- und Sollkennlinien des Meßwerkstromes IM (ϑ)

Der Sollwert von IM ergibt sich aus der durch die Endpunkte gelegten Geraden

IM (ϑend ) − IM (ϑstart )
IMsoll (ϑ) = IM (ϑstart ) + (ϑ − ϑstart )
ϑend − ϑstart

IMend
= (ϑ − ϑstart ) . (7.50)
ϑend − ϑstart
Der Istwert ist durch Gl. (7.47) gegeben

R(ϑ) − R1
IMist (ϑ) = UE . (7.51)
2R1 R(ϑ)

Aus dem absoluten Fehler

F = IMist (ϑ) − IMsoll (ϑ) (7.52)


158 7 Messung von elektrischen Impedanzen

ergibt sich durch Ableiten


dF UE R0 αR(ϑRmax ) − (R(ϑRmax ) − R1 )R0 α
=
dϑ 2R1 R2 (ϑRmax )

IMend
− =0 (7.53)
ϑend − ϑstart
mit folgender Umformung
R0 α ϑend − ϑstart
R2 (ϑRmax ) = UE (7.54)
2 IMend
der Widerstandswert, bei dem der größte Fehler auftritt, zu

R(ϑRmax ) = 1776, 3 Ω . (7.55)

Daraus erhält man mit R(ϑRmax ) = R0 (1 + α(ϑRmax − ϑ0 )) die Temperatur


ϑRmax
R(ϑRmax ) − R0
ϑRmax = + ϑ0 = 6, 018 ◦ C , (7.56)
R0 α
bei der der maximale absolute Fehler

Fmax = IMist (ϑRmax ) − IMsoll (ϑRmax ) = 0, 1326 mA (7.57)

auftritt. Die Umrechnung von Fmax in eine Temperaturdifferenz liefert


ϑend − ϑstart
∆ϑmax = Fmax = 7, 96 ◦ C . (7.58)
IMend

Aufgabe 7.1: Belastungsfehler bei einer Ausschlagbrücke

Die Brückenspannung UD der in Abb. 7.12 dargestellten Meßbrücke wird mit



einem Spannungsmeßgerät (RVber = 100 kΩ/V) gemessen.

Abb. 7.12. Aufbau der Meßbrücke


7.5 Messung von Kapazitäten und Induktivitäten 159

a) Berechnen Sie die beiden Komponenten UQ und RQ der Ersatzspannungs-


quelle bezüglich der Brückendiagonalen für R2 = R3 = R4 = R = 1 kΩ,
RX = 0, 9 kΩ und UE = 10 V.
b) Wie groß ist der relative Meßfehler fbel , wenn die Brückenspannung mit
dem oben angegebenen Spannungsmeßgerät im 0, 5 V-Bereich gemessen
wird?
c) Wie groß ist der maximale relative Meßfehler fmax , wenn außerdem die
Genauigkeitsklasse des Spannungsmeßgerätes (1 %) berücksichtigt wird?

Lösung:
a) UQ = 0, 263 V, RQ = 0, 974 KΩ
b) fbel = −1, 91 %
c) fmax = −3, 85 %

7.5 Messung von Kapazitäten und Induktivitäten


Beispiel 7.4: Kapazitätsmeßgerät

Die in Abb. 7.13 gezeigte Schaltung wird als Kapazitätsmeßgerät verwen-


det. Der Meßbereich des Meßgerätes soll 1 nF betragen. Zur Anzeige wird ein
Drehspulinstrument mit einem Endausschlag von 5 V verwendet. Die digitalen
Gatter werden mit UB = 15 V versorgt. Der zugeführte Takt ist symmetrisch
(Impulsdauer = Pausendauer) und hat eine Frequenz von 10 kHz.

Abb. 7.13. Schaltung des Kapazitätsmeßgerätes

a) Skizzieren Sie die Zeitverläufe der Spannungen uE , u1 , u2 und uA für


C = Cmax . Tragen Sie alle Spannungs- und Zeitwerte, die Sie zu diesem
Zeitpunkt kennen, in das Diagramm ein. Berechnen Sie den Widerstand
R.
Gehen Sie bei Ihren Überlegungen davon aus, daß die verwendeten digi-
talen Gatter an ihren Ausgängen die Betriebsspannungsgrenzen (UB und
160 7 Messung von elektrischen Impedanzen

Masse) erreichen, die Eingangswiderstände unendlich groß sind, die Schalt-


schwelle des Inverters bei UB /2 liegt und die Diode ideal (d. h. UD = 0 V
in Durchlaßrichtung) ist.
b) Welche Genauigkeitsklasse GC kann für dieses Kapazitätsmeßgerät garan-
tiert werden, wenn folgende relative Fehler gegeben sind:
Drehspulmeßwerk: G = 0, 5 %
Widerstand R: |fR |max = 1 %
Takt: fT = 10 kHz . . . 10, 05 kHz
Inverterschaltschwelle: Uschw = U2B ± 0, 01UB
c) Welche Anzeige liefert das Meßgerät bei C = Cmax , wenn die Diode auf-
grund eines Defektes in Durchlaßrichtung nicht mehr leitet? Gehen Sie bei
Ihren Berechnungen von der unter Punkt a) ermittelten Dimensionierung
aus.
d) Nennen Sie einfache Möglichkeiten, wie der Meßbereich des Meßgerätes
erweitert werden kann.

Musterlösung:
a) Aus der Überlegung, daß für C = Cmax das Drehspulinstrument Endaus-
schlag haben soll, folgt für die Impulsdauer der Ausgangsspannung uA
TE uA T 1
uA = U B = 5 V =⇒ TE = T = = . (7.59)
T UB 3 3f
Daraus ergeben sich nun die in Abb. 7.14 dargestellten Spannungsverläufe.
Der Widerstand R berechnet sich aus dem Aufladevorgang
UB  TE
  T

Uschw = = UB 1 − e− RCmax = UB 1 − e− 3RCmax (7.60)
2
zu
T
R= = 48, 09 kΩ . (7.61)
3Cmax ln 2
b) Die Anzeige (Zeigerausschlag) des Meßgerätes ergibt sich zu
 
UB UB UB
α = S u U A = S u TE = Su RC ln . (7.62)
T UB − Uschw T

Für den relativen Anzeigefehler folgt daher


dα dSu dR 1 UB − Uschw −UB Uschw −dUschw dT
= + + −
α Su R ln 2 UB (UB − Uschw )2 Uschw T

dSu dR 1 ±0, 01UB dT


= + + U
− . (7.63)
Su R ln 2 2
B T
7.5 Messung von Kapazitäten und Induktivitäten 161

Abb. 7.14. Zeitliche Verläufe des Taktsignals sowie der Spannungen u1 , u2 und uA

Da die Periodendauer nur einen negativen Fehler besitzt, ergibt sich für das
gesamte Kapazitätsmeßgerät im schlechtesten Fall folgende Genauigkeitsklas-
se
2
GC = G + |fR |max + 0, 01 + |ffT |max = 4, 89 % . (7.64)
ln 2
c) Wenn die Diode in Durchlaßrichtung nicht leitet, ergeben sich die in Abb.
7.15 dargestellten Zeitverläufe.

Abb. 7.15. Zeitliche Verläufe des Taktsignals sowie der Spannung u2 bei defekter
Diode
162 7 Messung von elektrischen Impedanzen

Aus Abb. 7.15 folgt für den Aufladevorgang (Gl. (10.7)) und somit für den
Spannungswert UH die Beziehung
T
UH = UB + (∆U − UB )e− 2RC . (7.65)

Durch Einsetzen von UH (Gl. (7.65)) in die den Entladevorgang beschreibende


Gleichung
T
UB + ∆U = UB + (UH + UB − UB )e− 2RC (7.66)
erhält man eine Bestimmungsgleichung für ∆U
 T
 T
∆U = UB + (∆U − UB )e− 2RC e− 2RC , (7.67)

die nach einer Umformung zur Lösung von ∆U führt


 T
 T
1 − e− 2RC e− 2RC
∆U = UB T = 3, 918 V . (7.68)
1 − e− RC
Mit dieser Lösung kann jetzt unter Verwendung von Gl. (7.65)

UB TE
= UB + (∆U − UB )e− RC (7.69)
2
die Zeit TE berechnet werden

UB − ∆U
TE = RC ln UB
= 18, 775 µs . (7.70)
2

Die vom Meßgerät angezeigte Spannung (Kapazität) beträgt daher

TE
uA = U B = 2, 816 V =
ˆ 563, 3 pF . (7.71)
T
d) Folgende einfache Möglichkeiten der Meßbereichserweiterung sind vorhan-
den:
• Widerstand R veränderbar ausführen
• Takt variabel ausführen.

Beispiel 7.5: Messung einer Induktivität mittels Resonanzverfahren

Mit der in Abb. 7.16 gezeigten Meßschaltung sollen verlustbehaftete Induk-


tivitäten gemessen werden. Für diese Messung stehen ein einstellbarer Si-
nusgenerator, ein Strommeßgerät (Effektivwertmesser) und eine Kapazität
C = 100 nF zur Verfügung.
Die Messung wird auf folgende Weise durchgeführt:
7.5 Messung von Kapazitäten und Induktivitäten 163

Abb. 7.16. Schaltung zur Messung einer verlustbehafteten Induktivität

1. Die Frequenz des Sinusgenerators wird solange verändert, bis der Zeige-
rausschlag des Amperemeters nicht mehr zunimmt. Die am Sinusgenerator
eingestellte Frequenz beträgt dann f1 = 1591, 5 Hz.
2. Nun wird, ausgehend von√ f1 , die Frequenz solange erhöht, bis das Am-
peremeter nur noch 1/ 2 des Wertes von Punkt 1. anzeigt. Die am Si-
nusgenerator eingestellte Frequenz beträgt jetzt f2 = 1622 Hz.
Die Eingangsspannung UE bleibt während der gesamten Messung konstant!
a) Berechnen Sie die Werte von LX und RX der zu messenden Induktivität.
b) Mit welcher Genauigkeit können LX und RX gemessen werden, wenn das
Amperemeter fehlerfrei anzeigt, der Kondensator C eine Toleranz von 1 %
hat und der Sinusgenerator die eingestellte Frequenz mit einer relativen
Genauigkeit von ±0, 1 % abgibt? Geben Sie LX und RX auf folgende Weise
an:

LX = LXnom (1 ± fLX )(fLX : relativer Fehler von LX ) (7.72)

RX = RXnom (1 ± fRX )(fRX : relativer Fehler von RX ) (7.73)

Musterlösung:
a) Aus der Tatsache, daß ein Serienschwingkreis bei seiner Resonanzfrequenz
minimale Impedanz aufweist und somit bei konstanter Spannung der größte
Strom fließt, folgt, daß es sich bei der Frequenz f1 um die Serienresonanzfre-
quenz handelt. Mit der Resonanzfrequenz (Kreisfrequenz)
1
ω12 = (7.74)
LX C
des Serienschwingkreises folgt für LX
1
LX = = 0, 1 H . (7.75)
ω12 C
Der Betrag von Z ist durch
164 7 Messung von elektrischen Impedanzen
  2
1
|Z| = 2
RX + ωLX − (7.76)
ωC

gegeben. Mit |Z(ω1 )| = RX und


  2
√ 1
|Z(ω2 )| = 2RX = 2 + ω L −
RX 2 X (7.77)
ω2 C

läßt sich der Widerstand RX berechnen


 
(−) 1 1 1
RX = + ω2 LX − = ω2 2 −
ω2 C ω1 C ω2 C
 
1 ω2 1
= − = 37, 97 Ω . (7.78)
C ω12 ω2

b) Aus dem totalen Differential für LX


1 1
dLX = −2 dω1 − dC (7.79)
ω13 C ω12 C 2

ergibt sich der maximale Betrag des relativen Fehlers zu


 
 dLX 

|fLX |max =   = 2|fω1 |max + |fC |max = 1, 2 % . (7.80)
LX max

Die Induktivität kann daher folgendermaßen angegeben werden

LX = 0, 1 H(1 ± 0, 012) . (7.81)

Das Differential für RX berechnet sich zu


   
1 ω2 1 1 ω2 1 1 1
dRX = − 2 − dC − 2 dω 1 + + dω2
C ω12 ω2 C ω13 C ω12 ω22
   
1 1 ω2 ω2 1 ω2 1
= − 2 fC − 2 fω1 + + fω2
C ω2 ω1 Cω12 C ω12 ω2

= −37, 97fC − 2038, 39fω1 + 2000, 42fω2 . (7.82)

Unter Verwendung des maximalen Betrages von dRX

|dRX |max = 37, 97|fC |max + 2038, 39|fω1 |max + 2000, 42|fω2 |max

= 4, 419 Ω (7.83)

läßt sich RX wie folgt beziffern


7.5 Messung von Kapazitäten und Induktivitäten 165
 
|dRX |max
RX = RXnom 1 ± = 37, 97 Ω(1 ± 0, 1164) . (7.84)
RXnom

Beispiel 7.6: Maxwell-Wien Brücke

Abbildung 7.17 zeigt die Maxwell-Wien Brücke, die zur Messung von Induk-
tivitäten eingesetzt wird. Folgende Daten sind bekannt:

Abb. 7.17. Schaltung der Maxwell-Wien Brücke

LX = (0, 1 H . . . 1 H) tan δLX = (0, 005 . . . 0, 1) bei 50 Hz


R2 = R3 = 1 kΩ
fB = 1 kHz (Frequenz der Brückenspeisespannung)
a) Berechnen Sie die Abgleichbedingungen der Brücke.
b) Welche Wertebereiche für R4 und C4 werden benötigt?
c) Welcher maximale relative Fehler für LX und RX tritt auf, wenn R2 , R3 ,
R4 und C4 eine Toleranz von 1 % haben?
d) Kann die Brücke mit unveränderter Dimensionierung auch bei fB = 2 kHz
betrieben werden?

Musterlösung:
a) Aus der allgemeinen Abgleichbedingung nach Gl. (7.17) ergibt sich der
folgende Zusammenhang
RX + jωLX R3 R3 + jωR3 R4 C4
= 1 = . (7.85)
R2 R4 jωC
4 R4
1
R4 + jωC
4

Durch Vergleich von Real- und Imaginärteil (Gln. (7.21) und (7.22)) erhält
man die hier geltenden Abgleichbedingungen
R2 R3
RX = , (7.86)
R4

LX = R2 R3 C4 . (7.87)
166 7 Messung von elektrischen Impedanzen

Eine Alternative zur Berechnung der Abgleichbedingungen bieten die Gln.


(7.19) und (7.20). Mit Gl. (7.20) erhält man aus Gl. (7.85)
   
ωLX ωR3 R4 C4
arctan − arctan(0) = arctan − arctan(0) (7.88)
RX R3

eine Bestimmungsgleichung für LX

LX = RX R4 C4 . (7.89)

Unter Verwendung von Gl. (7.19) folgt aus


2
RX + ω 2 L2X R2 + ω 2 R32 R42 C42
2 = 3 (7.90)
R2 R42

durch Einsetzen von Gl. (7.89)


2 2
RX R4 C4 = R22 R32 + ω 2 R22 R32 R42 C42
2 2 2
R4 + ω 2 R42 RX (7.91)

der Zusammenhang
2 2
RX R4 (1 + ω 2 R42 C42 ) = R22 R32 (1 + ω 2 R42 C42 ) . (7.92)

Daraus berechnet sich die Abgleichbedingung für RX


R2 R3
RX = , (7.93)
R4
die durch Einsetzen in Gl. (7.89) die noch fehlende Abgleichbedingung

LX = R2 R3 C4 (7.94)

liefert. Aus dem angegebenen Wertebereich für LX ergibt sich der benötigte
Wertebereich von C4 wie folgt
LX
C4 = =⇒ C4 = (100 nF . . . 1 µF) . (7.95)
R2 R3
Mit Gl. (7.8) und dem in der Aufgabenstellung angegebenen Wertebereich des
Verlustfaktors tan δLX berechnet sich aus

RX = ωLX tan δLX =⇒ RX = (0, 157 Ω . . . 31, 42 Ω) (7.96)

der benötigte Einstellbereich von R4 zu


R2 R3
R4 = =⇒ R4 = (31, 83 kΩ . . . 6, 37 MΩ) . (7.97)
RX
c) Die maximalen relativen Meßfehler erhält man durch Anwendung der Feh-
lerfortpflanzungsgesetze
7.5 Messung von Kapazitäten und Induktivitäten 167

fRX = fR2 + fR3 − fR4 , (7.98)

fLX = fR2 + fR3 + fC4 , (7.99)

|fRX |max = |fR2 |max + |fR3 |max + |fR4 |max = 3 % , (7.100)

|fLX |max = |fR2 |max + |fR3 |max + |fC4 |max = 3 % . (7.101)

d) Die Brücke kann auch bei fB = 2 kHz betrieben werden, weil die Abgleich-
bedingungen laut Gl. (7.93) und Gl. (7.94) frequenzunabhängig sind.

Aufgabe 7.2: Kapazitätsmessung

Mit der in Abb. 7.18 gezeigten Brückenschaltung sollen verlustbehaftete Kapa-


zitäten im Wertebereich CX = (1 µF . . . 10 µF) und einem für 1 kHz geltenden
Wertebereich des Verlustfaktors tan δCX = (10−3 . . . 10−5 ) gemessen werden.

Abb. 7.18. Meßbrücke zur Kapazitätsmessung

a) Aus welchen Bauelementen muß die Serienersatzschaltung von Z 4 beste-


hen, damit die Brücke prinzipiell abgleichbar ist? Berechnen Sie die Ab-
gleichbedingungen.
b) Als Abgleichelemente werden die Bauelemente der Serienersatzschaltung
von Z 4 verwendet. Berechnen Sie für R2 = 1 kΩ und R3 = 100 Ω
die benötigten Einstellbereiche der Serienersatzschaltungsbauelemente von
Z 4.
c) Kann die Brücke für die angegebenen Bereiche von CX und tan δCX auch
dann abgeglichen werden, wenn als Abgleichelemente nicht die Bauele-
mente von Z 4 sondern die ohmschen Widerstände R2 und R3 verwendet
werden?
168 7 Messung von elektrischen Impedanzen

Lösung:
a) Zum Abgleich der Brücke sind ein Widerstand und eine Induktivität erfor-
derlich. Die Abgleichbedingungen lauten
R2 R3 L4
RX = und CX = . (7.102)
R4 R2 R3
b) L4 = (0, 1 H . . . 1 H), R4 = (6, 3 mΩ . . . 6, 3 Ω)

c) Da in beiden Abgleichbedingungen das Produkt R2 R3 vorkommt, sind die


Abgleichbedingungen nicht unabhängig voneinander und können nur für den
speziellen Fall
R2 R3 L4 L4
RX CX = = (7.103)
R4 R2 R3 R4
erfüllt werden.

Aufgabe 7.3: Induktivitätsmessung

Die in Abb. 7.19 gezeigte Schaltung soll zur Induktivitätsmessung eingesetzt


werden. Zur Anzeige wird ein Drehspulinstrument mit einem Endausschlag
von 5 V verwendet. Der Operationsverstärker und die Diode sind als ideal (d.
h. für die Diode ist uD = 0 V in Durchlaßrichtung) zu betrachten.

Abb. 7.19. Schaltung zur Messung einer verlustbehafteten Induktivität

Die Messung wird auf folgende Weise durchgeführt:


1. In Schalterstellung 1 wird RX gemessen.
2. In Schalterstellung 2 wird die in Abb. 7.20 gezeigte Eingangsspannung
uE (t) angelegt und LX gemessen.
a) Dimensionieren Sie den Widerstand R so, daß das Meßgerät für die Mes-
sung von RX mit U0 = 2, 5 V einen Meßbereich von 1 kΩ abdeckt.
b) Berechnen und zeichnen Sie die Ausgangsspannung uA (t) (in zeitlichem
Bezug zu uE (t)) für die Schalterstellung 2 (Hinweis: Nehmen Sie an, daß
tan δLX 1 ist).
7.5 Messung von Kapazitäten und Induktivitäten 169

Abb. 7.20. Zeitverlauf der dreieckförmigen Eingangsspannung

c) Welche Frequenz muß die Eingangsspannung uE (t) haben, damit das Meß-
gerät für die Messung von LX einen Meßbereich von (0 H . . . 1 H) aufweist?
d) Welchen maximalen Ausgangsstrom muß der Operationsverstärker liefern
können? Für welche Sperrspannung muß die Diode dimensioniert werden?
e) Welche Genauigkeitsklasse hat das Meßgerät für die RX - bzw. LX -Messung,
wenn folgende relative Fehler gegeben sind:
Referenzspannung U0 : |fU0 |max = 0, 5 %
Widerstand R: |fR |max = 1 %
Drehspulmeßwerk: G = 0, 5 %
Frequenz von UE : |ffUE |max = 0, 1 %.

Lösung:
a) R = 500 Ω
c) f = 500 Hz
d) IAmax = 6, 5 mA, UDSS = 15 V
e) GRX = 2 %, GLX = 2, 1 % .
8
Meßwandler

8.1 Grundlagen der Meßwandler


Meßwandler entsprechen hinsichtlich ihrem Aufbau einem elektrischen Trans-
formator, bestehend aus einer Primärwicklung mit der Windungszahl N1
und einer Sekundärwicklung mit der Windungszahl N2 , welche auf einen ge-
meinsamen Eisenkern aufgebracht sind (Abb. 8.1). Der in Abb. 8.1 gezeigte

Abb. 8.1. Transformator

Transformator kann nach [6] durch das in Abb. 8.2 dargestellte elektrische
Ersatzschaltbild beschrieben werden. Dabei bezeichnen U 1 , I 1 Primärspan-
nung und Primärstrom, R1 , L1σ den ohmschen Wicklungswiderstand und
die Streuinduktivität der Primärspule, X1h , R1E die Hauptinduktivität und
den Verlustwiderstand (modelliert Hysterese- und Wirbelstromverluste), I µ
den Magnetisierungsstrom, R2 , L2σ den ohmschen Wicklungswiderstand und
die Streuinduktivität der Sekundärspule, U 2 , I 2 Sekundärspannung und Se-
kundärstrom und ü = N1 /N2 das Nennübersetzungsverhältnis. Die Belastung
der Sekundärseite wird als Bürde bezeichnet. Mit dem Längsspannungsabfall
∆U und dem Nennübersetzungsverhältnis ü berechnet sich das Verhältnis von
Sekundärspannung U 2 zu Primärspannung U 1 wie folgt
 
∆U
üU 2 = U 1 − ∆U = U 1 1 − (8.1)
U1
172 8 Meßwandler

Abb. 8.2. Ersatzschaltbild eines Transformators

 
U2 N2 ∆U
= 1− . (8.2)
U1 N1 U1

Mit Hilfe der Ströme I 1 und I 2 kann der Längsspannungsabfall wie folgt
berechnet werden

∆U = I 1 (R1 + jωL1σ ) + üI 2 (R2 + jωL2σ ) . (8.3)

Man erkennt, daß für den Betriebsfall sekundärseitiger Leerlauf, also I 2 = 0,


die Spannung ∆U minimal wird, womit das reale Übersetzungsverhältnis nach
Gl. (8.2) dem idealen Übersetzungsverhältnis ü möglichst nahe kommt. Für
einen Spannungswandler müssen also die Längsimpedanzen möglichst klein
und die Bürde möglichst hochohmig sein, damit der Spannungsfehler mini-
miert wird.

Durch Aufstellen der Knotengleichung (Abb. 8.2) erhält man das Stromüber-
setzungsverhältnis
 
1 Iµ
I2 = I1 − Iµ = I1 1 − (8.4)
ü I1
 
I2 N1 Iµ
= 1− . (8.5)
I1 N2 I1

Dieses reale Stromübersetzungsverhältnis kommt dem idealen Stromüberset-


zungsverhältnis I 2 /I 1 = N1 /N2 möglichst nahe, wenn der Magnetisierungs-
strom I µ sehr klein wird. Ein Stromwandler entspricht somit einem möglichst
mit sekundärseitigem Kurzschluß arbeitenden Transformator.
8.2 Strom- und Spannungswandler 173

8.2 Strom- und Spannungswandler


Beispiel 8.1: Stromwandler
a) Bestimmen Sie den Sekundärstrom I 2 eines Stromwandlers als Funktion
von ü, I 1 , R1 , R2 , R1E , RL , L1σ , L2σ und L1h .
b) Berechnen Sie für den speziellen Fall
ü = 5/20
R1 = 0, 05 Ω
R2 = 0, 1 Ω
R1E = 1 MΩ
L1σ = 5 mH
L2σ = 5 mH
L1h = 550 mH
I1 = 20 A
f = 50 Hz
die Bedingung für den Innenwiderstand RA eines im Sekundärkreis des
Stromwandlers befindlichen Amperemeters, wenn für den Stromfehlwinkel
δi und den Betrag des relativen Fehlers |f i | folgende Bedingungen gelten

δi ≤ 0, 1◦ , | f i |≤ 1 % . (8.6)

Abb. 8.3. Ersatzschaltbild des mit RL belasteten Stromwandlers

Musterlösung:
Der Sekundärstrom I 2 berechnet sich entsprechend der Knotengleichung
1
I = I1 − Iµ . (8.7)
ü 2
Der Magnetisierungsstrom I µ kann mit Hilfe der Stromteilerregel durch den
Primärstrom I 1 ausgedrückt werden

Iµ ü2 (R2 + RL + jωL2σ )


=  . (8.8)
I1 R1E L1h
ü2 (R2 + RL ) + jω ü2 L2σ + R1E +jωL1h
174 8 Meßwandler

Setzt man nun dieses Ergebnis in Gl. (8.7) ein, so erhält man den gesuchten
Sekundärstrom I 2 als Funktion des Primärstromes I 1
⎛ ⎞
2
ü (R + R + jωL )
I 2 = üI 1 ⎝1 − ⎠
2 L 2σ

R1E L1h
ü2 (R2 + RL ) + jω ü2 L2σ + R1E +jωL1h


jωR1E L1h
=
R1E ü2 (R2 + RL ) − ü2 ω 2 L1h L2σ + jω[L1h ü2 (R2 + RL )+

üI 1 . (8.9)
R1E (ü2 L2σ + L1h )]

b) Der Stromfehlwinkel δi , also die Phasendifferenz zwischen den Zeigern I 2


und üI 1 ,
|δi | = |ϕ(I 2 ) − ϕ(üI 1 )| (8.10)
ergibt sich für RL = RA mit den Rechenregeln für komplexe Zahlen (bei
einer Multiplikation von komplexen Zahlen addieren sich ihre Phasenwinkel,
während sich bei einer Division diese Winkel subtrahieren) zu

 ω[ü2 L1h (R2 + RA ) + R1E (ü2 L2σ + L1h )]
|δi | = ϕ(üI 1 ) + 90◦ − arctan
ü2 [R1E (R2 + RA ) − ω 2 L1h L2σ ]


− ϕ(üI 1 ) ≤ 0, 1◦ . (8.11)

Mit den Umformungsschritten

ω[ü2 L1h (R2 + RA ) + R1E (ü2 L2σ + L1h )]


tan(89, 9◦ ) ≤ (8.12)
ü2 [R1E (R2 + RA ) − ω 2 L1h L2σ ]

und

RA ü2 [tan(89, 9◦ )R1E − ωL1h ] ≤ ω[ü2 L1h R2 + R1E (ü2 L2σ + L1h )]

− ü2 tan(89, 9◦ )(R1E R2 − ω 2 L1h L2σ )


(8.13)

erhält man die folgende Bedingung für den Innenwiderstand RA des Am-
peremeters

ω[ü2 L1h R2 + R1E (ü2 L2σ + L1h )]


RA ≤
ü2 [tan(89, 9◦ )R1E − ωL1h ]

ü2 tan(89, 9◦ )(R1E R2 − ω 2 L1h L2σ )


− . (8.14)
ü2 [tan(89, 9◦ )R1E − ωL1h ]
8.2 Strom- und Spannungswandler 175

Mit Gl. (8.14) berechnet sich der maximale Wert des Amperemeter-Innen-
widerstandes zu RAmax = 4, 728 Ω.

Für den Betrag des relativen Fehlers


   I − üI 
   2 1
f i  =  
üI1

 jωR1E L1h
= 
R1E ü2 (R2 + RA ) − ü2 ω 2 L1h L2σ + jω[L1h ü2 (R2 + RA )+


− 1 (8.15)
R1E (ü2 L2σ + L1h )]

erhält man durch Einsetzen von RAmax einen Wert von |fi | = 0, 1835 %, womit
der errechnete Wert für RAmax von 4, 728 Ω beide Forderungen erfüllt.

Beispiel 8.2: Spannungswandler

a) Bestimmen Sie die Sekundärspannung U 2 eines Spannungswandlers als


Funktion von ü, U 1 , R1 , R2 RL , L1σ , L2σ und L1h für R1E → ∞ Ω (d. h.
R1E ist im Ersatzschaltbild nach Abb. 8.3 nicht zu berücksichtigen).
b) Berechnen Sie für den speziellen Fall

ü = 20/5
R1 = 1Ω
R2 = 0, 5 Ω
L1σ = 5 mH
L2σ = 5 mH
L1h = 550 mH
f = 50 Hz

den Betrag des Spannungsfehlwinkels δu , wenn die Sekundärspannung U 2


mit einem Voltmeter gemessen wird, das einen Innenwiderstand von RL =
1 MΩ hat.

Musterlösung:
Die Meßspannung üU 2 berechnet sich zunächst durch Anwenden der Span-
nungsteilerregel (Abb. 8.3) mit U 1h zu

RL
üU 2 = U 1h . (8.16)
R2 + jωL2σ + RL
Die Spannung U 1h kann nun wiederum mit Hilfe der Spannungsteilerregel
durch die Primärspannung U 1 ausgedrückt werden
176 8 Meßwandler

j ü2 ωL1h (R2 + jωL2σ + RL )


U 1h = U 1
jωL1h + ü2 R2 + jωü2 L2σ + ü2 RL

1
jω ü2 L1h (R2 +jωL2σ +RL )
. (8.17)
jωL1h +ü2 R2 +jω ü2 L2σ +ü2 RL + R1 + jωL1σ

Damit erhält man für die gesuchte Sekundärspannung U 2 den Zusammenhang

1 j ü2 ωRL L1h


U2 = U1 2
ü j ü ωL1h (R2 + RL + jωL2σ )+

(8.18)
(R1 + jωL1σ )(ü2 R2 + ü2 RL + jω(L1h + ü2 L2σ ))


j üωRL L1h
=
ü2 R1 (R2 + RL ) − ω L1σ (L1h + ü2 L2σ )
2 − ü2 ω 2 L1h L2σ +

U1 . (8.19)
j(ü2 ω(R2 + RL )(L1h + L1σ ) + ωR1 (L1h + üL2σ ))

b) Der Betrag des Spannungsfehlwinkels |δu |, also die Phasendifferenz zwi-


schen üU 2 und U 1 ,
|δu | = |ϕ(üU 2 ) − ϕ(U 1 )| (8.20)
kann wiederum mit den Regeln der komplexen Rechnung und Gl. (8.19) wie
folgt berechnet werden


|δu | = 90o

 
ü2 ω(R2 + RL )(L1h + L1σ ) + R1 ω(L1h + ü2 L2σ ) 
− arctan 2 .
ü R1 (R2 + RL ) − ü2 ω 2 L2σ (L1h + L1σ ) − ω 2 L1h L1σ 

Durch Einsetzen der angegebenen Zahlenwerte erhält man einen Spannungs-


fehlwinkel von δu = 0, 329◦ .
9
Analoges Elektronenstrahl-Oszilloskop

9.1 Praktischer Umgang mit einem


Elektronenstrahl-Oszilloskop
Analoge Elektronenstrahl-Oszilloskope werden zur Darstellung des Zeitver-
laufes von elektrischen Spannungen verwendet. Mit Hilfe einer Braunschen
Röhre wird ein Elektronenstrahl erzeugt, der beim Durchlaufen der vertika-
len (y-Richtung) und horizontalen (x-Richtung) Ablenkplatten entsprechend
den an den Platten anliegenden Spannungen abgelenkt auf dem Leuchtschirm
(Bildschirm) auftrifft. Zur Erläuterung einiger Begriffe, auf die in diesem Ka-
pitel zurückgegriffen wird, ist in Abb. 9.1 der Bildschirm eines typischen 2-
Kanal-Oszilloskops schematisch dargestellt.

Abb. 9.1. Bildschirm eines typischen 2-Kanal-Oszilloskops. VT bezeichnet das Tei-


lerverhältnis des Tastkopfes.
178 9 Analoges Elektronenstrahl-Oszilloskop

Begriffsdefinitionen:
• Rastereinheit ( Division“):

Um das Ablesen der dargestellten Spannungsverläufe zu erleichtern, ist
der Bildschirm mit einer gitterartigen Einteilung (Raster) versehen, wobei
der Abstand zwischen zwei Rasterlinien als Rastereinheit ( Division“, ab-

gekürzt Div“) bezeichnet wird. In der Regel weist der Bildschirm eines

analogen Oszilloskops zehn Unterteilungen in x-Richtung und acht Unter-
teilungen in y-Richtung auf.

• y-Ablenkkoeffizient ky :
Dieser Ablenkkoeffizient beziffert das Verhältnis von der am Leuchtschirm
in y-Richtung auftretenden Ablenkung und der an der y-Eingangsbuchse
anliegenden Meßspannung. Er wird üblicherweise mit einem Drehschalter
direkt am Oszilloskop eingestellt. Bei der Messung muß beachtet werden,
daß bei der Verwendung eines Tastkopfes dessen Teilerverhältnis VT zu
berücksichtigen ist.

• x-Ablenkkoeffizient kx :
Der Ablenkkoeffizient kx stellt in Analogie zu ky den Bezug zwischen einer
Rastereinheit in x-Richtung und dem dazugehörigen Zeitintervall ∆t her.

• AC-DC-Kopplung:
Mit dieser Einrichtung kann die Meßspannung entweder direkt (entspricht
der DC-Kopplung) oder über einen zum Eingangsteiler in Serie geschal-
teten Kondensator, der den Gleichspannungsanteil der Meßspannung ab-
blockt (entspricht der AC-Kopplung), an den Eingangsspannungsteiler des
Oszilloskops gelegt werden.

• 2-Kanal-Oszilloskop:
Das 2-Kanal-Oszilloskop ermöglicht die gleichzeitige Darstellung von zwei
Eingangsspannungen.

9.2 Frequenzkompensierter Spannungsteiler


(Tastkopf )
Frequenzkompensierte Spannungsteiler werden zu der frequenzunabhängigen
Spannungsteilung eingesetzt. Zwei Hauptgründe für den Einsatz dieser Span-
nungsteiler sind:
• Aufgrund der Spannungsteilung können Eingangsspannungen gemessen
werden, die größer sind, als die direkt mit dem Oszilloskop meßbaren.
• Die die Meßspannung liefernde Quelle wird durch den Oszilloskopeingang
unter Umständen impedanzmäßig zu sehr belastet. Wie ein später fol-
gendes Beipiel zeigen wird, kann diese Belastung der Meßspannung durch
9.3 Messungen mit einem Elektronenstrahl-Oszilloskop 179

einen frequenzkompensierten Spannungsteiler um den Faktor des Span-


nungsteilerverhältnisses VT verringert werden.
Die frequenzkompensierten Spannungsteiler sind meistens in Form von Tastköp-
fen verfügbar und ermöglichen üblicherweise eine Spannungsteilung im Verhält-
nis 10:1 bzw. 100:1. Abbildung 9.2 zeigt die Komponenten eines solchen fre-
quenzkompensierten Tastkopfes. Die Kabelkapazität CK wird im folgenden

Abb. 9.2. Oszilloskopeingang mit vorgeschaltetem Tastkopf

nicht mehr gesondert betrachtet, da sie stets in der Eingangskapazität CE


enthalten sein soll.

9.3 Messungen mit einem Elektronenstrahl-Oszilloskop


Beispiel 9.1: Frequenzkompensierter Spannungsteiler (Tastkopf )

Abbildung 9.3 zeigt das Ersatzschaltbild eines frequenzkompensierten Span-


nungsteilers, wobei die Parallelschaltung von RE = 1 MΩ und CE = 27 pF die
Eingangsimpedanz eines Oszilloskops darstellt.

Abb. 9.3. Ersatzschaltbild eines frequenzkompensierten Spannungsteilers (Tast-


kopf)
180 9 Analoges Elektronenstrahl-Oszilloskop

a) Dimensionieren Sie RT und CT so, daß das Spannungsteilungsverhältnis


V T nicht von der Frequenz der Eingangsspannung abhängt. Weiterhin soll
U
V T = U E1 = V0 = 10 gelten.
E2
b) Berechnen Sie RP und CP der Parallelersatzschaltung des frequenzkom-
pensierten Spannungsteilers.
c) Berechnen Sie für CT = 0 pF und mit dem unter Punkt a) berechneten
Widerstandswert RT jene Frequenz fg , bei der |V T (fg )| um 3% von V0
abweicht.

Musterlösung:
a) Mit den komplexen Impedanzen der beiden Parallelschaltungen von CT 
RT und CE  RE
1 RT
ZT = 1 = (9.1)
RT + jωCT 1 + jωCT RT

RE
ZE = (9.2)
1 + jωCE RE
folgt aus der Spannungsteilerregel
ZE
U E2 = U E1 (9.3)
ZE + ZT
das komplexe Spannungsteilerverhältnis
U E1 Z + ZT Z RT (1 + jωCE RE )
VT = = E =1+ T =1+ . (9.4)
U E2 ZE ZE RE (1 + jωCT RT )
Damit V T frequenzunabhängig wird, muß notwendigerweise

RE CE = RT CT (9.5)

gelten. Durch Einsetzen dieser Bedingung in Gl. (9.4) lassen sich aus
RT
V T = V0 = 1 + (9.6)
RE
und Gl. (9.5) die Dimensionierungsvorschriften für RT und CT wie folgt ab-
leiten

RT = RE (V0 − 1) = 9 MΩ , (9.7)

RE 1
CT = CE = CE = 3 pF . (9.8)
RT V0 − 1
b) Die Komponenten RP und CP des in Abb. 9.4 dargestellten Parallelersatz-
schaltbildes berechnen sich aus der komplexen Eingangsimpedanz
9.3 Messungen mit einem Elektronenstrahl-Oszilloskop 181

Abb. 9.4. Parallelersatzschaltbild des frequenzkompensierten Spannungsteilers

RT RE
ZP = ZT + ZE = +
1 + jωCT RT 1 + jωCE RE

RE (V0 − 1) RE
= +
1 + jωCE RE 1 + jωCE RE

V0 RE
= (9.9)
1 + jωCE RE
durch Übergang auf den komplexen Leitwert
1 1 + jωCE RE 1 CE
YP = = = + jω
ZP V0 RE V0 RE V0

1
= + jωCP (9.10)
RP
zu
RP = V0 RE = 10 MΩ , (9.11)

CE
CP = = 2, 7 pF . (9.12)
V0
Aus diesen Zusammenhängen und Gl. (9.9) erkennt man, daß die Meßspan-
nung nur noch mit der um den Faktor V0 vergrößerten Eingangsimpedanz Z E
belastet wird.

c) Für CT = 0 pF ergibt sich mit Gl. (9.4) aus


RT
VT =1+ (1 + jωCE RE ) (9.13)
RE
der Betrag von V T zu
 2
RT
|V T | = 1+ + (ωCE RE (V0 − 1))2
RE

= V02 + (ωCE RE (V0 − 1))2



(ωCE RE (V0 − 1))2
= V0 1+ . (9.14)
V02
182 9 Analoges Elektronenstrahl-Oszilloskop

Da |V T | entsprechend Gl. (9.14) nur größer als V0 werden kann, folgt mit

|V T (fg )|
= 1, 03 (9.15)
V0
durch Einsetzen in Gl. (9.14) aus

(1, 032 − 1)V02


ωg2 = (9.16)
(CE RE (V0 − 1))2
die Grenzfrequenz
ωg 1 V0
fg = = 1, 032 − 1 = 1616 Hz . (9.17)
2π 2π CE RE (V0 − 1)

Beispiel 9.2: Leistungsmessung mit einem Elektronenstrahl-Oszilloskop

Sie führen mit einem Elektronenstrahl-Oszilloskop eine Leistungsmessung an


einer externen elektrischen Anlage durch. Bei dieser Messung ergibt sich das
in Abb. 9.5 dargestellte Oszillogramm.

Abb. 9.5. Oszillogramm der Meßspannungen

Bei der Leistungsmessung wurden folgende Oszilloskop-Einstellungen verwen-


det:
Kanal 1: Spannungsmessung
10 V/Div
DC-Kopplung
Tastkopf 10:1
Nullpunkt auf Mittellinie eingestellt
Kanal 2: Strommessung über Shunt (1 A = ˆ 1 V)
9.3 Messungen mit einem Elektronenstrahl-Oszilloskop 183

10 V/Div
DC-Kopplung
Tastkopf 1:1
Nullpunkt auf Mittellinie eingestellt

x-Ablenkung: 50 µs/Div

Die Eingangsimpedanz eines Oszilloskopeinganges ist durch 1 MΩ26 pF


gegeben.
Nach Abschluß der Messungen kehren Sie ins Labor zurück und stellen dort
fest, daß bei der oben beschriebenen Messung der Tastkopf vom Kanal 1 nicht
abgeglichen war. Um dennoch zu korrekten Meßwerten zu gelangen, messen
Sie, ohne den Abgleich des Tastkopfes zu verändern, mit Hilfe des an Kanal
1 angeschlossenen Tastkopfes eine positive symmetrische Rechteckspannung
(d. h. die Rechteckspannung hat gleiche Impuls- und Pausendauer und nimmt
nur die beiden Spannungswerte 0 V und ÛR an) und erhalten dabei das in
Abb. 9.6 gezeigte Oszillogramm.

Abb. 9.6. Oszillogramm bei einer Rechteckeingangsspannung

a) Berechnen Sie die Wirkleistung, welche sich aus jenen Werten ergibt, die
mit dem nicht-abgeglichenen Tastkopf gemessen wurden.
b) Berechnen Sie unter Verwendung des in Abb. 9.2 angegebenen Ersatz-
schaltbildes die eingestellte Kapazität und den Tastkopfwiderstand des
nicht-abgeglichenen Tastkopfes.
c) Korrigieren Sie die infolge des nicht-abgeglichenen Tastkopfes entstande-
nen systematischen Meßfehler und berechnen Sie damit die tatsächliche
Wirkleistung. Welcher relative Meßfehler ergibt sich, wenn Sie die syste-
matischen Meßfehler nicht korrigieren?
184 9 Analoges Elektronenstrahl-Oszilloskop

Musterlösung:
a) Mit den aus dem Oszillogramm in Abb. 9.5 abgelesenen Werten
3 Div · 10 Div
V
· 10
Ueff = √ = 212, 13 V (9.18)
2

1 Div · 10 Div
A
Ieff = √ = 7, 071 A (9.19)
2

1 Div
ϕ = 360◦ = 72 ◦ (9.20)
5 Div
berechnet sich die Leistung zu
PW = Ueff Ieff cos ϕ = 463, 53 W . (9.21)
b) Abbildung 9.7 zeigt das zur Berechnung der Komponenten des Tastkopfes
benötigte Ersatzschaltbild.

Abb. 9.7. Ersatzschaltbild des frequenzkompensierten Spannungsteilers

Um das Oszillogramm nach Abb. 9.6 auswerten zu können, muß der Zeitver-
lauf der Oszilloskopeingangsspannung U E2 für eine rechteckförmige Eingangs-
spannung U E1 berechnet werden. Wenn man zu dieser Berechnung die anstei-
gende Flanke von U E1 heranzieht, erhält man, da alle Anfangsbedingungen
Null sind, aus Gl. (9.4) mit der Substitution s = jω die Laplacetransformierte
der Ausgangsspannung
RE (1 + sCT RT )
UE2 (s) = UE1 (s) . (9.22)
RE (1 + sCT RT ) + RT (1 + sCE RE )
Die Spannung uE2 (t) zum Zeitpunkt t = 0+ folgt aus der Anwendung des
Anfangswertsatzes der Laplacetransformation [3] auf Gl. (9.22)
uE2 (0+) = lim sUE2 (s)
s→∞

 
ÛR RE 1s + CT RT
= lim s    
s→∞ s RE 1s + CT RT + RT 1s + CE RE
9.3 Messungen mit einem Elektronenstrahl-Oszilloskop 185

CT
= ÛR , (9.23)
CT + CE
wobei ÛR den Spitzenwert der Rechteckspannung bezeichnet. Aus dem so-
eben erhaltenen Ergebnis kann man ablesen, daß uE2 (0+) nur von den beiden
Kapazitäten CT und CE bestimmt wird, aber nicht von den Widerständen
des Tastkopfes abhängt. Für t → ∞ hingegen sind alle Ausgleichsvorgänge
abgeschlossen und die Ausgangsspannung entspricht der des ohmschen Span-
nungsteilers
RE
uE2 (t → ∞) = ÛR , (9.24)
R +R
 E  T
1
10

was durch Anwendung des Endwertsatzes der Laplacetransformation [3] auf


Gl. (9.22) leicht nachvollziehbar ist.
Da der hier eingesetzte Tastkopf ein Teilerverhältnis von 10:1 aufweist,
berechnet sich der Tastkopfwiderstand aus Gl. (9.24) notwendigerweise zu
RT = 9RE = 9 MΩ . (9.25)
Mit dem aus dem Oszillogramm (Abb. 9.6) ablesbaren Verhältnis von uE2 (0+)
zu uE2 (t → ∞) läßt sich mit den Gln. (9.23) und (9.24) aus
CT
uE2 (0+) CT +CE 4 Div
= = (9.26)
uE2 (t → ∞) RE
RE +RT
3 Div

die eingestellte Tastkopfkapazität CT ermitteln


 
4 RE
3 RE +RT 4
CT = CE   = CE = 4 pF . (9.27)
1− 4 RE 26
3 RE +RT

c) Mit der aus Abb. 9.5 ablesbaren Signalfrequenz


1 1
fs = = = 4 kHz (9.28)
T 5 Div · 50 µs
berechnet sich mit den komplexen Impedanzen
RT ◦
ZT = = 6, 674 MΩ e−j42,14
1 + jωs RT CT

= 4, 949 MΩ − j4, 478 MΩ (9.29)


und
RE ◦
ZE = = 837, 1 kΩ e−j33,16
1 + jωs RE CE

= 700, 8 kΩ − j457, 9 kΩ (9.30)


186 9 Analoges Elektronenstrahl-Oszilloskop

das komplexe Verhältnis von Ausgangsspannung zu Eingangsspannung nach


folgender Gleichung
U E2 ZE ◦
= = 0, 1116 ej7,98 . (9.31)
U E1 ZE + ZT

Unter Verwendung des tatsächlichen Effektivwerts der Eingangsspannung

3 Div · 10 Div
V
· 1
0,1116
Ueff,w = √ = 190, 10 V (9.32)
2
und dem tatsächlichen Phasenwinkel

ϕw = ϕ − ϕUE2 ,UE1 = 72 o − 7, 98 o = 64, 02 o (9.33)

ergibt sich mit der wahren Leistung

PWw = Ueff,w Ieff cos ϕw = 588, 79 W (9.34)

der aus dem nicht-abgeglichenen Tastkopf resultierende relative Meßfehler


PW − PWw
f= = −21, 28 % . (9.35)
PWw
10
Digitale Meßtechnik

10.1 Grundlagen der Analog-Digital- und


Digital-Analog-Umsetzer
Digital-Analog-Umsetzer (DA-Umsetzer) mit gewichteten Str ömen

Abb. 10.1. DA-Umsetzer nach dem Prinzip der gewichteten Ströme

Abb. 10.1 zeigt den Aufbau eines 4-Bit DA-Umsetzers nach dem Prinzip der
gewichteten Ströme. Mit der Referenzspannung Uref berechnen sich die ein-
zelnen Ströme zu
8Uref 4Uref 2Uref Uref
I1 = ; I2 = ; I3 = ; I4 = . (10.1)
R R R R
Diese Ströme werden im Stromknoten 1 aufsummiert und ergeben multipli-
ziert mit dem Gegenkopplungswiderstand Rref des Operationsverstärkers die
Ausgangsspannung uA .
Die hauptsächliche Problematik dieser Schaltung besteht in der genauen Ferti-
gung der unterschiedlich großen Widerstände (der multiplikative Faktor zwi-
schen dem kleinsten und dem größten Widerstandswert beträgt bei einem
188 10 Digitale Meßtechnik

N-Bit-Umsetzer 2N −1 ). Ein weiterer Nachteil dieser Schaltung besteht darin,


daß die Potentiale der unteren Schalterkontakte stark schwanken (bei offenem
Schalter auf Massepotential, bei geschlossenem Schalter auf dem Potential der
Referenzspannung Uref ), woraufhin bei jedem Schaltvorgang die parasitären
Kapazitäten umgeladen werden müssen (siehe Beispiel 8.1).

Analog-Digital-Umsetzer (AD-Umsetzer) nach dem


Nachlaufverfahren

Dieser Umsetzer gehört zur Gruppe der direkt vergleichenden AD-Umset-


zer. Der interne DA-Umsetzer bildet aus dem aktuellen Zählerstand eines
Vorwärts-Rückwärtszählers ein analoges Signal und führt dieses als Vergleichs-
spannung dem invertierenden Eingang des Komparators zu. Damit wird bei

Abb. 10.2. AD-Umsetzer nach dem Nachlaufverfahren

uE < u(Z) vorwärts gezählt und bei uE > u(Z) rückwärts gezählt. Um die
Begrenzung des Quantisierungsfehlers auf ±1LSB (Least-Significant-Bit) [6]
garantieren zu können, darf sich die Eingangsspannung uE während einer
Taktperiode des Zählers nicht um mehr als ein ULSB ändern.

Single-Slope-Umsetzer

Das Grundprinzip dieses Umsetzers besteht darin, die Eingangsspannung uE


in ein proportionales Zeitintervall zu wandeln. Wird die Sägezahnspannung
uS größer als 0 V, liefert der Komparator K2 ein  1 -Signal, woraufhin das
Referenztaktsignal mit der Frequenz fref über das UND-Gatter direkt an den
Zähler geleitet wird. Erreicht die Sägezahnspannung uS den Wert der Ein-
gangsspannung uE , erfolgt durch den Komparator K1 mit Hilfe des Äquiva-
lenzgatters ein Sperren des UND-Gatters, wodurch der Zähler gestoppt wird.
Mit dem Proportionalitätsfaktor K, welcher dem Kehrwert der Steigung der
Sägezahnspannung uS entspricht, gelten folgende Zusammenhänge
10.1 Grundlagen der Analog-Digital- und Digital-Analog-Umsetzer 189

Abb. 10.3. Single-Slope-Umsetzer (Sägezahnumsetzer): a) Prinzipschaltbild, b)


Signalverläufe

tX = KuE (10.2)

NX = Kfref uE . (10.3)

Dieses Ergebnis macht den entscheidenden Nachteil dieses AD-Umsetzers of-


fenkundig. Denn eine Änderungen von K, z. B. durch zeitliche Drift der Bau-
elementewerte, führt unweigerlich zu Meßfehlern.

Dual-Slope-Umsetzer

Abbildung 10.4 zeigt die Grundschaltung eines Dual-Slope-Umsetzers. Bei


diesem Prinzip wird sowohl die Eingangsspannung uE als auch die Referenz-
spannung Uref integriert. Damit ist es möglich, das Ergebnis von den zeitlichen
Änderungen (Driften) des Integrators unabhängig zu machen. Zunächst wird
für eine Zeitdauer von t2 − t1 das Eingangssignal integriert. Zum Zeitpunkt
t2 wird dann die Referenzspannung Uref an den Eingang des Integrators ge-
legt und gleichzeitig der Zähler gestartet. Mit Hilfe des Komparators erfolgt
die Detektion des Nulldurchgangs der Ausgangsspannung uA , bei dem dann
der Zähler gestoppt wird. Die Grunddimensionierungsgleichung für den Dual-
Slope-Umsetzer ergibt sich somit zu
uE
tX − t 2 = (t2 − t1 ) . (10.4)
Uref

Spannungs-Frequenz-Umsetzer

Beim Spannungs-Frequenz-Umsetzer erfolgt die Wandlung der zu messen-


den Spannung in eine proportionale Frequenz, welche dann mittels eines
Zählers auf einfache Weise in eine digitale Information umgesetzt werden
kann. Zunächst wird die Eingangsspannung uE über den Schalter S direkt
190 10 Digitale Meßtechnik

Abb. 10.4. Dual-Slope-Umsetzer: a) Prinzipschaltbild, b) Signalverläufe

auf den Integrator gegeben. Bei positiver Eingangsspannung nimmt die Aus-
gangsspannung uA linear ab, und bei Unterschreiten des Spannungswertes
−Uref schaltet der Komparator K2 um und gibt über den Schalter S die in-
vertierte Eingangsspannnug auf den Integrator. Damit steigt (bei konstanter
Eingangsspannung) die Ausgangsspannung uA linear mit der Zeit an. Die obe-
re Umschaltschwelle wird durch die Referenzspannung Uref festgelegt. Die sich
ergebende Frequenz fX ist somit proportional der Eingangsspannung uE .

10.2 Auf- und Entladekurven von Kondensatoren


Die zeitliche Auf- bzw. Entladekurve eines Kondensators mit beliebiger An-
fangsspannung kann durch Lösen der entsprechenden Differentialgleichung be-
rechnet werden. Im folgenden wird gezeigt, wie diese Lösung durch einfache
Überlegungen sofort angegeben werden kann. Betrachtet man die Schaltung
10.2 Auf- und Entladekurven von Kondensatoren 191

Abb. 10.5. Spannungs-Frequenz-Umsetzer

nach Abb. 10.6, so läßt sich die Zeitkonstante τ , welche sowohl den Auflade-
als auch den Entladevorgang bestimmt, wie folgt berechnen
τ = RQ C . (10.5)
Zum Zeitpunkt t = 0 sei die Kondensatorspannung uC = U1 (Abb. 10.7).
Damit beträgt die verbleibende Spannungsdifferenz, welche ein weiteres Auf-
laden des Kondensators ermöglicht,

∆u = UQ − uC (0) = UQ − U1 . (10.6)

Abb. 10.6. Ersatzspannungsquelle mit Ladekondensator C


192 10 Digitale Meßtechnik

Abb. 10.7. Auf- und Entladevorgang

Der zeitliche Verlauf der Aufladekurve ergibt sich somit aus der Differenz von
Endspannung UQ (maximal mögliche Spannung am Kondensator) und der mit
der zeitlichen Exponentialfunktion e−t/τ gewichteten Spannung ∆u

uC (t) = UQ − ∆ue−t/τ = UQ + (U1 − UQ )e−t/τ . (10.7)

Wenn die Quellspannung UQ zum Zeitpunkt t = TA Null wird (z.B. durch


Ausschalten der Spannungsquelle), entlädt sich der Kondensator über RQ .
Wenn sich der Kondensator von der Spannung U2 beginnend entlädt, wird die
entsprechende Entladekurve uC (t) durch folgende Funktion beschrieben

uC (t) = U2 e−(t−TA )/τ . (10.8)

10.3 Digital-Analog-Umsetzer
Beispiel 10.1: DA-Umsetzer nach dem Prinzip der gewichteten Ströme

Abbildung 10.8 zeigt einen 4-Bit DA-Umsetzer, der nach dem Prinzip der
gewichteten Ströme arbeitet.
a) Berechnen Sie für RI = 0 Ω, R = 100 kΩ, C = 0 pF und Uref = 1, 2 V
den Widerstand Rref derart, daß für Z = 1111 (d. h. alle Schalter sind
geschlossen) uAmin = −5 V ist.
b) Bei welcher Eingangskombination Z entsteht der maximale relative Fehler
der Ausgangsspannung uA , wenn der Innenwiderstand der Referenzspan-
nungsquelle RI = 100 Ω beträgt, und wie groß ist er? Verwenden Sie für
Ihre Berechnung die in Punkt a) ermittelte Dimensionierung.
c) Berechnen Sie uA (t), wenn zum Zeitpunkt t = 0 von Z = 0000 (d. h. alle
Kondensatoren sind entladen) auf Z = 1111 geschaltet wird und sowohl
der Innenwiderstand RI als auch die Kondensatoren (C = 5pF) zu berück-
sichtigen sind. Nach welcher Zeit weicht uA (t) um nicht mehr als 1 % vom
Endwert UAend = lim uA (t) ab?
t→∞
10.3 Digital-Analog-Umsetzer 193

Abb. 10.8. DA-Umsetzer nach dem Prinzip der gewichteten Ströme

Musterlösung:
a) Eine Dualzahl Z läßt sich mit den Variablen zi ∈ {0, 1} auf folgende Weise
darstellen
Z = z3 23 + z2 22 + z1 21 + z0 20 . (10.9)
Mit dieser Darstellung berechnet sich die Ausgangsspannung uA (Innenwider-
stand RI = 0) entsprechend

Uref Uref Uref Uref
uA = −Rref R
z3 + R z2 + R z1 + R z0
8 4 2 1

Rref
= −Uref (z3 8 + z2 4 + z1 2 + z0 1)
R
Rref
= −Uref Z. (10.10)
R
Damit die Ausgangsspannung uA ihren minimalen Wert uAmin = −5 V bei
Z = 1111 annimmt, ergibt sich für den Widerstand Rref
uAmin R
Rref = − = 27, 78 kΩ . (10.11)
Uref Zmax
b) Wird der Innenwiderstand RI der Referenzspannungsquelle berücksichtigt,
so ändert sich die Ausgangsspannung uA zu
Uref
uAr = −Rref . (10.12)
RI + RZ

Mit dem wahren Wert für die Ausgangsspannung uA nach Gl. (10.10) und
dem Widerstandswert RE = R/Z berechnet sich der relative Fehler von uA
zu
194 10 Digitale Meßtechnik
1
uAr RI +RE RE
f= −1= 1 −1= − 1. (10.13)
uAw RE
RI + RE
Um nun den maximalen relativen Fehler fmax zu finden, wird f nach RE
abgeleitet
df RI + RE − RE RI
= = > 0. (10.14)
dRE (RI + RE )2 (RI + RE )2
Da f < 0 ist, tritt der maximale Fehler der Ausgangsspannung uA für den
Widerstandswert RE = REmin auf, also für den Schalterzustand Zmax = 1111
R
fmax = 15
R
− 1 = −1, 48 % . (10.15)
RI + 15

c) Befinden sich alle Schalter im Ein-Zustand (geschlossen), dann sind sowohl


die vier Widerstände R/8, R/4, R/2 und R als auch die vier Kondensatoren
C parallelgeschaltet, womit sich die Ersatzschaltung nach Abb. 10.9 mit den
Ersatzkomponenten

Abb. 10.9. Ersatzschaltung für die Widerstände und Kondensatoren, wenn alle
Schalter geschlossen sind.

R R
CE = 4 C und RE = = (10.16)
Z 15
ergibt. Gemeinsam mit der Referenzspannungsquelle Uref und dem Innen-
widerstand RI kann für diesen aktiven Zweipol die in Abb. 10.10 gezeigte
Ersatzspannungsquelle angegeben werden. Die Ersatzgrößen UQ und RQ der

Abb. 10.10. Ersatzschaltung und dazugehörige Ersatzspannungsquelle

Ersatzspannungsquelle lauten für den betrachteten Fall Z = 1111


10.4 Analog-Digital-Umsetzer 195

RE RI RE
RQ = und UQ = Uref . (10.17)
RE + RI RI + RE

Mit der bekannten Ersatzspannungsquelle läßt sich die Spannung uCE (t) nun
sehr einfach ermitteln. Für den Aufladevorgang gilt (Gl. (10.7) mit U1 = 0)
 t

uCE (t) = UQ 1 − e− τ mit τ = CE RQ . (10.18)

Mit diesem Ergebnis berechnet sich die Ausgangsspannung uA entsprechend


den beim invertierenden Verstärker geltenden Gesetzmäßigkeiten zu

uCE (t)
uA (t) = −Rref
RE
 
Rref −
t(RE +RI )
= −Uref 1−e CE RE RI
. (10.19)
RI + RE

Die Ausgangsspannung uA für t → ∞ wird somit


Rref
UAend = lim uA (t) = −Uref . (10.20)
t→∞ RI + RE
Löst man Gl. (10.19) nach der Zeit t auf, so erhält man
 
RE RI uA (t) RI + RE
t = −CE ln 1 + . (10.21)
RE + RI Uref Rref

Die gesuchte Zeit t1% , bei welcher die Ausgangsspannung uA nur noch 1 %
vom Endwert abweicht (uA (t1% ) = 0, 99 UAend ), berechnet sich nun mit Gl.
(10.21) zu
RE RI
t1% = −CE ln(1 − 0, 99) = 9, 1 ns . (10.22)
RE + RI

10.4 Analog-Digital-Umsetzer
Beispiel 10.2: Nachlauf-Umsetzer

Es soll ein Nachlauf-Umsetzer mit folgenden Daten aufgebaut werden:


uE = (0 V . . . 5 V)
Auflösung ≤ 20 mV
a) Welche Auflösung (in Bit) muß der DAC haben?
b) Welche Taktrate wird minimal benötigt, damit der Nachlauf-Umsetzer ei-
ner Eingangsspannung uE = |Û sin(ωt)| mit Û = 5 V und einer Frequenz
von f = 10 kHz gerade noch folgen kann?
196 10 Digitale Meßtechnik

c) Welche maximale Verzögerungszeit tK darf der Komparator K haben, da-


mit der Nachlauf-Umsetzer noch sinnvoll arbeitet, d.h. | uE −u(Z) |≤ ULSB
gilt, wenn der DAC eine Wandlungszeit von 10 ns hat und der Zähler
verzögerungsfrei arbeitet? Dabei soll angenommen werden, daß die Ein-
gangsspannung uE eine Gleichspannung ist.
d) Was passiert, wenn der Komparator eine Verzögerungszeit von 250 ns auf-
weist? Auch hier soll angenommen werden, daß die Eingangsspannung uE
eine Gleichspannung ist.

Musterlösung:
a) Die Übertragungskennlinie eines idealen 2-Bit DA-Umsetzers ist in Abb.
10.11 dargestellt. Aus dieser Kennlinie ergibt sich der folgende allgemeingülti-

Abb. 10.11. Übertragungskennlinie eines 2-Bit DA-Umsetzers

ge Zusammenhang für die Spannung ULSB des Least Significant Bit (LSB)
eines N-Bit DA-Umsetzers
uAmax
ULSB = ≤ 20 mV . (10.23)
2N − 1
Löst man Gl. (10.23) nach der Bitanzahl N auf und setzt uAmax = uEmax , so
ergibt sich aus den angegebenen Daten der Wert
 uEmax 
ln 20 mV + 1
N≥ = 7, 97 Bit , (10.24)
ln 2
d. h. es ist ein 8-Bit Umsetzer erforderlich. Die tatsächliche Auflösung ergibt
sich nun entsprechend Gl. (10.23) zu
uEmax
ULSB = = 19, 6 mV . (10.25)
28 − 1

b) Die zeitliche Steigung eines sinusförmigen Signals u(t) = Û sin(ωt) berech-


net sich durch Ableiten der Spannung nach der Zeitvariablen t
10.4 Analog-Digital-Umsetzer 197

duE
= Û ω cos(ωt) . (10.26)
dt
Der maximale Betrag der Steigung ergibt sich im Nulldurchgang, also für die
Zeitwerte t = kπ/ω (k ist eine ganze Zahl)
 
duE V
= ± Û ω = ± 314 · 103 . (10.27)
dt max s

Die maximale Steigung der Eingangsspannung, die ein Nachlauf–Umsetzer


gerade noch verarbeiten kann, wird durch den Spannungswert ULSB des Least
Significant Bit und die Taktfrequenz fT bestimmt
 
du(Z) ULSB
=± = ± ULSB fT . (10.28)
dt mittel TT

Die benötigte Taktfrequenz für den spezifizierten DA-Umsetzer erhält man


durch Gleichsetzen von Gl. (10.27) mit Gl. (10.28)

± Û ω
fT = = 16 MHz . (10.29)
± ULSB
c) Der zeitliche Verlauf der Spannung u(Z) am Ende des Meßvorganges ist in
Abb. 10.12 für den Fall dargestellt, daß der Zähler bei einer positiven Flan-
ke weiterzählt. Anhand dieses Verlaufes erkennt man, daß im Grenzfall der

Abb. 10.12. Zeitlicher Verlauf der Ausgangsspannung u(Z) des DA-Umsetzers und
des Taktsignals am Ende einer Umsetzung.

folgende Zusammenhang für ein einwandfreies Funktionieren des Umsetzers


erfüllt werden muß
TT = tKmax + tDAC . (10.30)
Aus Gl. (10.30) läßt sich jetzt die maximale Komparator–Verzögerungszeit
tKmax berechnen
198 10 Digitale Meßtechnik

1
tKmax = − tDAC = 52, 5 ns . (10.31)
fT
Wäre tK > tKmax , so würde das Umschalten der Zählrichtung zu spät erfolgen
und der Zähler weiter vorwärtszählen. Analoge Überlegungen führen für das
Rückwärtszählen zum selben Ergebnis.

d) Das Verhältnis aus gesamter Verzögerungszeit und Periodendauer des Tak-


tes beträgt
tK + tDAC
= 4, 16 . (10.32)
TT
Damit kommt es zu einem Weiterzählen um 4 ULSB . Dieser in Abb. 10.13
dargestellte Sachverhalt gilt in analoger Weise auch für das Rückwärtszählen.

Abb. 10.13. Überschwingen des Nachlauf-Umsetzers

Beispiel 10.3: Single-Slope-Umsetzer

Es soll ein Sägezahngenerator für einen Single-Slope-Umsetzer dimensioniert


werden (Abb. 10.14). Der AD-Umsetzer soll folgende Daten aufweisen:
4-stellige Anzeige (Anzeige 1000=10
ˆ V)
uE = (0 V . . . 10 V)
f = 100 kHz
Uref = 12 V
R = 1 MΩ
a) Berechnen Sie für ideale Bauelemente den Wert von C so, daß die angege-
benen Daten des Umsetzers eingehalten werden.
10.4 Analog-Digital-Umsetzer 199

b) Welcher auf den Meßbereichsendwert bezogene Meßfehler tritt auf, wenn


der unter Punkt a) berechnete Kondensator bei einer Frequenz von 1 kHz
einen Verlustfaktor von tan δ = 10−4 (Gl. (7.10)) aufweist? Hinweis: Par-
allelersatzschaltung verwenden.

Abb. 10.14. Sägezahngenerator

Musterlösung:
a) Damit der Zähler einen Zählerstand von 1000 erreicht, wird eine Torzeit
von
1
TXw = NXw10 = 10 ms (10.33)
f
benötigt. Der Zeitverlauf der Spannung uS (t) (Abb. 10.14) ist durch
t
1 Uref  Uref
uSw (t) = dt = t (10.34)
C R RC
0

gegeben, wenn der Schalter zum Zeitpunkt t = 0 geöffnet wird. Mit dem
Zusammenhang uSw (TXw ) = uEmax = 10 V berechnet sich die erforderliche
Kapazität C zu
Uref
C= TXw = 12 nF . (10.35)
uEmax R
b) Zur Berechnung der Schaltung mit einem verlustbehafteten Kondensator
ist das Schaltbild nach Abb. 10.15 zu verwenden. Der Eingangsstrom IE be-
rechnet sich einerseits über die Referenzspannung Uref
Uref
IE = (10.36)
R
und andererseits mit Hilfe der Spannung uS
uS (t) duS (t)
IE = +C . (10.37)
RP dt
200 10 Digitale Meßtechnik

Abb. 10.15. Integrator mit verlustbehaftetem Kondensator

Durch Gleichsetzen von Gl. (10.36) mit Gl. (10.37) erhält man die Differenti-
algleichung zur Bestimmung der Integrator-Ausgangsspannung uS (t)
duS 1 Uref
+ uS = . (10.38)
dt CRP RC
Den Eigenwert λ der homogenen Lösung erhält man durch Einsetzen des
Ansatzes uSh = K1 eλt in die homogene Differentialgleichung
1 1
λ+ = 0 =⇒ λ=− . (10.39)
RP C RP C
Da die Störfunktion eine Konstante ist, genügt es, für die partikuläre Lösung
den Ansatz uSp = K2 zu wählen

K2 Uref RP
= =⇒ K2 = Uref . (10.40)
RP C RC R

Die allgemeine Gesamtlösung erhält man nun durch Überlagerung der homo-
genen und der partikulären Lösung
RP − t
RP C
uS (t) = Uref + K1 e . (10.41)
R
Mit der Anfangsbedingung uS (0) = 0 V läßt sich die Konstante K1
RP RP
0 = Uref + K1 =⇒ K1 = − Uref (10.42)
R R
bestimmen. Die spezielle Lösung dieses Anfangswertproblems lautet somit
RP  − t

uS (t) = Uref 1 − e RP C . (10.43)
R
Die eben durchgeführte Berechnung der Spannung uS kann durch Einführung
einer Ersatzspannungsquelle wesentlich vereinfacht werden. Die Leerlaufspan-
nung UQ und der Innenwiderstand RQ dieser Spannungsquelle (Abb. 10.16)
berechnen sich zu
10.4 Analog-Digital-Umsetzer 201

Abb. 10.16. Ersatzspannungsquelle mit Ladekondensator C

Uref
UQ = RP und RQ = RP . (10.44)
R
Mit diesen Größen läßt sich uS (t) entsprechend der Aufladekurve eines Kon-
densators (Gl. (10.7) mit U1 = 0) unmittelbar angeben
 
− t
uS (t) = UQ 1 − e RP C . (10.45)

Der ideale Spannungsverlauf uSw (t) nach Gl. (10.34) (idealer Kondensator)
und der reale Spannungsverlauf uS (t) nach Gl. (10.45) (verlustbehafteter Kon-
densator) sind in Abb. 10.17 dargestellt. Löst man Gl. (10.45) nach der Zeit-

Abb. 10.17. Idealer (uSw ) und realer (uS ) Zeitverlauf der Spannung uS (t) des
Sägezahngenerators

variablen t auf, so erhält man den Zusammenhang


 
uS (t)R
t = − RP C ln 1 − . (10.46)
Uref RP

Mit dem Verlustfaktor des Kondensators (Gl. (7.10))


1
tan δ = (10.47)
RP ωC
berechnet sich die Zeit TXr zu
 
1 uEmax
TXr = − ln 1 − RωC tan δ = 10, 032 ms . (10.48)
ω tan δ Uref
202 10 Digitale Meßtechnik

Bei einem idealen Kondensator beträgt die äquivalente Zeit TXw nach Gl.
(10.33) 10 ms. Der vom verlustbehafteten Kondensator hervorgerufene relative
Fehler f ergibt sich damit zu
NXr TXr f
f= −1= − 1 = 0, 32% . (10.49)
NXw TXw f

Beispiel 10.4: Dual-Slope-Umsetzer

Der in Abb. 10.4 gezeigte Dual-Slope-Umsetzer soll für folgende Vorgaben


dimensioniert werden:
UE = (0 V . . . 10 V)
Uref = 6 V

a) Berechnen Sie (t2 − t1 )min so, daß der Eingangsspannung UE überlagerte


Störspannungen keine Auswirkungen auf das Ergebnis haben. Es handelt
sich bei den Störspannungen um reine Wechselspannungen mit Frequenzen
von 50 Hz und 16 23 Hz.
b) Die Eingangsspannung UE und die Referenzspannung Uref dürfen mit ma-
ximal 1 mA belastet werden. Berechnen Sie Rmin und den zu Rmin gehören-
den Kapazitätswert Cmax derart, daß für t2 −t1 = (t2 −t1 )min die minimale
Ausgangsspannung UAmin = −8 V erreicht wird.
c) Berechnen Sie die Taktfrequenz fT so, daß UE = 10 V zu NX = 1000 führt.
d) Welcher auf den Meßbereichsendwert bezogene Meßfehler tritt auf, wenn
der unter Punkt b) berechnete Kondensator C bei der Frequenz von 1 kHz
einen Verlustfaktor von tan δ = 10−4 (Gl. (7.10)) aufweist? Hinweis: Par-
allelersatzschaltung verwenden.

Musterlösung:
a) Der Spannungsverlauf der Ausgangsspannung uA zum Zeitpunkt t2 berech-
net sich zu
t2
1
uA (t2 ) = − [UE + ustoer (t)] dt
RC
t1

t2 t2
1 1
=− UE dt − ustoer (t) dt . (10.50)
RC RC
t1 t1

Für eine reine Wechselspannung gilt nach Abschn. 4.3, daß die zeitliche Inte-
gration einer Wechselgröße über eine Periode oder Vielfache der Periode Null
ergibt
10.4 Analog-Digital-Umsetzer 203
t2

ustoer (t) dt = 0für t2 − t1 = kTstoer k ∈ {1, 2, . . .} . (10.51)


t1

Da Tstoer50Hz = 20 ms und Tstoer16 2/3Hz = 60 ms betragen, muß für die Inte-


grationszeit t2 − t1 der Wert

(t2 − t1 )min = 60 ms (10.52)

gewählt werden, wenn beide Störspannungen unterdrückt werden sollen.

b) Da die maximale Eingangsspannung UEmax größer als die Referenzspan-


nung Uref ist, berechnet sich der minimale Eingangswiderstand für einen ma-
ximalen Eingangsstrom von IEmax zu
UEmax
Rmin = = 10 kΩ . (10.53)
IEmax
Der maximale Wert des Kondensators Cmax ergibt sich aus nachfolgender
Gleichung
t2
1 (t2 − t1 )min
UAmin =− UEmax dt = − UEmax (10.54)
Rmin Cmax Rmin Cmax
t1

zu
(t2 − t1 )min UEmax
Cmax = − = 7, 5 µF . (10.55)
Rmin UAmin
c) Aus der Bedingung, daß die Ausgangsspannung uA zum Zeitpunkt tX den
Wert Null hat, folgt
tX
1
uA (tX ) = 0 V = uA (t2 ) + Uref dt . (10.56)
Rmin Cmax
t2

Mit Gl. (10.54), welche den Wert der Ausgangsspannung uA zum Zeitpunkt
t2 angibt, erhält man die Beziehung

(t2 − t1 )min (tX − t2 )max


UEmax = Uref . (10.57)
Rmin Cmax Rmin Cmax
Der Zusammenhang zwischen der Taktfrequenz f , dem maximalen Zähler-
stand Nmax und der maximalen Aufintegrationszeit (tX − t2 )max ist folgender-
maßen gegeben
1
(tX − t2 )max = NXmax . (10.58)
fT
Für die benötigte Taktfrequenz f erhält man somit
204 10 Digitale Meßtechnik

NXmax Uref
fT = = 10 kHz . (10.59)
(t2 − t1 )min UEmax

d) Entsprechend der Formel für den Verlustfaktor eines realen Kondensators


(Gl. (7.10))
1
tan δ = (10.60)
RP ωC
ergibt sich der Parallelwiderstand zu
1
RP = = 212, 21 kΩ . (10.61)
tan δ ωC
Zur Berechnung des Meßfehlers erweist es sich wiederum als rechentechnisch
vorteilhaft, wenn man entsprechend der Ersatzschaltung eine Ersatzspan-
nungsquelle (Abb. 10.18) verwendet. Die Kenngrößen der Ersatzspannungs-

Abb. 10.18. Ersatzschaltung und Ersatzspannungsquelle zur Berechnung des Feh-


lers aufgrund des verlustbehafteten Kondensators

quelle ergeben sich zu

UQ = IRP und RQ = R P . (10.62)

Entsprechend der Aufladekurve eines Kondensators berechnet sich der Span-


nungsverlauf für die Ausgangsspannung uA (entspricht jenem der Kondensa-
torspannung) im Zeitbereich t1 ≤ t ≤ t2 mit I = UEmax /Rmin zu

UEmax  t−t1 

uA (t) = −uC (t) = − RP 1 − e RP C . (10.63)
Rmin
Zum Zeitpunkt t2 ergibt sich ein Wert von uA (t2 ) = −7, 851 V. Im Zeitbereich
t2 ≤ t ≤ tX läßt sich die Ausgangsspannung uA mit Hilfe einer Aufladekurve
(Gl. (10.7)) darstellen
t−t2

−uA (t) = uC (t) = UQ + (uC (t2 ) − UQ )e RP C

t−t2

= UQ + (−uA (t2 ) − UQ )e RP C
. (10.64)
10.4 Analog-Digital-Umsetzer 205

Zum Zeitpunkt tX muß die Ausgangsspannung uA (t) Null werden, womit sich
unter Verwendung von I = −Uref /Rmin die folgende Bestimmungsgleichung
ergibt  
Uref Uref t −t
− X 2
0= RP + uA (t2 ) − RP e RP C . (10.65)
Rmin Rmin
Daraus berechnet sich der Wert für die Zeitdifferenz (tX − t2 )max zu
Uref

Rmin RP
(tX − t2 )max = −RP C ln Uref
Rmin RP − uA (t2 )

 
Rmin uA (t2 )
= RP C ln 1 −
RP Uref

= 95, 232 ms . (10.66)

Mit diesem Ergebnis erhält man entsprechend den realen Gegebenheiten (ver-
lustbehafteter Kondensator) den Zählerstand

NXend = (tX − t2 )max fT = 952, 32 . (10.67)

Der zum Meßbereichsendwert gehörende relative Fehler beträgt damit


NXend − NXmax
f= = −4, 77 % . (10.68)
NXmax

Beispiel 10.5: Dual-Slope-Umsetzer

Die folgenden Daten des Umsetzers sind bekannt:

UE = (0 V . . . 10 V)
Uref = 10 V
C = = 470 nF
t2 − t 1 = = 100 ms

a) Berechnen Sie den Widerstand R so, daß die minimale Ausgangsspannung


uAmin = −8 V ist.
b) Berechnen Sie das maximale Zeitintervall der Aufintegrationsphase (tX −
t2 ).
c) Welche Taktfrequenz wird für eine 4-stellige Anzeige benötigt, wenn eine
Anzeige von 1000 einen Spannungswert von 10 V entspricht?
d) Welcher auf den Meßbereichsendwert bezogene maximale Fehler entsteht
für die in den Punkten a) bis c) berechneten Dimensionierungen, wenn die
Verzögerungszeit des Komparators tK = 10 µs und die des Schalters S1
(entspricht der Zeitdifferenz zwischen dem Anlegen des Schaltbefehls und
dem tatsächlichen Umschalten des Schalters) tS = 5 µs beträgt?
206 10 Digitale Meßtechnik

Musterlösung:
a) Die Ausgangsspannung zum Zeitpunkt t2 , also jenem Zeitpunkt, bei dem
der Schalter die Eingangsspannung am Integrator von der Meßspannung
auf die Referenzspannung umschaltet, berechnet sich für einen Dual-Slope-
Umsetzer nach
t2
1 uE uE
uA (t2 ) = − dt = − (t2 − t1 ) . (10.69)
C R RC
t1

Daraus ergibt sich für die angegebene Spannung uA (t2 ) = uAmin = −8 V der
Wert des Widerstandes R zu
uEmax
R=− (t2 − t1 ) = 266 kΩ . (10.70)
uAmin C
b) Durch Nullsetzen der Ausgangsspannung uA zum Zeitpunkt tX
tX
1 − Uref
uA (tX ) = uA (t2 ) − dt
C R
t2

uE Uref
=− (t2 − t1 ) + (tX − t2 )w = 0 (10.71)
RC RC
erhält man die für den Dual-Slope-Umsetzer wesentliche Gleichung
uE
(tX − t2 )w = (t2 − t1 ) . (10.72)
Uref
Man beachte, daß die Zeitkonstante τ = RC des Lade- bzw. Entladevorgan-
ges nicht mehr in dieser Gleichung vorkommt. Das maximale Aufintegrati-
onsintervall (vom Zeitpunkt t2 des Umschaltens bis zum Zeitpunkt tX des
Nulldurchgangs) ergibt sich für uE = uEmax zu
uEmax
(tX − t2 )wmax = (t2 − t1 ) = 0, 1 s . (10.73)
Uref
c) Für uE = 10 V soll die Anzeige NX10 = 1000 liefern, womit die Bedingung

TT NX10 = (tX − t2 )wmax (10.74)

erfüllt werden muß. Aus dieser Gleichung läßt sich die notwendige Taktfre-
quenz fT berechnen
NX10
fT = = 10 kHz . (10.75)
(tX − t2 )wmax
10.4 Analog-Digital-Umsetzer 207

Abb. 10.19. Spannungsverlauf uA unter Berücksichtigung der Komparator- und


Schalterverzögerungszeiten.

d) Abbildung 10.19 zeigt den Zeitverlauf der Spannung uA (t) unter Berück-
sichtigung der Verzögerungszeiten des Komparators tK und des Schalters tS .
Die reale Zeitdifferenz zwischen tX und t2 beträgt somit
uEmax
(tX − t2 )rmax = tS + tK + (t2 − t1 + tS )
Uref

= 100, 02 ms . (10.76)

Mit diesem Ergebnis berechnet sich der relative Fehler zu

(tX − t2 )rmax
f= − 1 = 0, 02 % . (10.77)
(tX − t2 )wmax

Aufgabe 10.1: Single-Slope-Umsetzer

Es ist der in Abb. 10.20 gezeigte Teil eines Sägezahngenerators gegeben, der
für einen Single-Slope-Umsetzer vorgesehen ist. Der Umsetzer soll folgende
Daten aufweisen:
4-stellige Anzeige (5000=5
ˆ V)
UE = (0 V . . . 5 V)
fT = 100 kHz

a) Berechnen Sie die Sägezahnspannung uS (t) = f (R, C, Uref , V0 ), wenn der


verwendete Operationsverstärker eine Leerlaufspannungsverstärkung von
V0 = 1000 aufweist, seine restlichen Daten ideal sind und die Anfangsbe-
dingung für die Spannung uS (0) = 0 V gilt.
b) Welcher maximale absolute Meßfehler tritt auf, wenn der Umsetzer für den
Meßbereichsendwert eine exakte Anzeige liefert? Die Bauelementwerte für
den Widerstand R und den Kondensator C betragen R = 10 kΩ und
C = 4, 7 µF.
208 10 Digitale Meßtechnik

Abb. 10.20. Integrator-Schaltung eines Sägezahngenerators

Lösung:
a) Mit der Differentialgleichung
 
duS 1 1 Uref
1+ + uS = (10.78)
dt V0 V0 RC CR

und der Anfangsbedingung uS (0) = 0 erhält man folgende Lösung


  1
uS = Uref V0 1 − e−λt mitλ = . (10.79)
(1 + V0 )RC

b) Der maximale absolute Fehler beträgt −0, 930 mV.

Aufgabe 10.2: Dual-Slope-Umsetzer

Ein Dual-Slope-Umsetzer soll für eine Frequenz von fT = 25 kHz und einen
Eingangsspannungsbereich von 0 V bis 10 V dimensioniert werden.
a) Berechnen Sie die Integrationszeit (t2 − t1 )min so, daß eine der Eingangs-
spannung uE überlagerte 50 Hz–Störspannung (reine Wechselspannung)
keine Auswirkung auf das Ergebnis der AD-Umsetzung zeigt.
b) Die Eingangsspannung darf mit maximal 1 mA belastet werden. Berechnen
Sie den Widerstandswert Rmin und den zu Rmin gehörenden Kapazitäts-
wert Cmax derart, daß für t2 − t1 = (t2 − t1 )min die minimale Ausgangs-
spannung uAmin = −8 V erreicht wird.
c) Berechnen Sie Uref so, daß eine Eingangsspannung von uE = 10 V zu einem
Zählerstand von NX = 1000 führt.
d) Wirkt sich eine Veränderung der Werte von R, C und fT aufgrund von
Alterungserscheinungen auf die Genauigkeit aus?

Lösung:
a) Die zur Unterdrückung einer 50 Hz–Spannung geforderte Integrationszeit
(t2 − t1 )min beläuft sich auf
10.5 Spannungs-Frequenz-Umsetzer 209

(t2 − t1 )min = 20 ms . (10.80)

b) Die beiden zu den spezifizierten Werten gehörenden Größen Rmin und Cmax
betragen 10 kΩ bzw. 2, 5 µF.
c) Für uE = 10 V und NX = 1000 berechnet sich die benötigte Referenzspan-
nung Uref zu 5 V.
d) NEIN, da sich alle Größen laut Gl. (10.4) herauskürzen!

10.5 Spannungs-Frequenz-Umsetzer
Beispiel 10.6: Spannungs-Frequenz-Umsetzer

Ein Spannungs-Frequenz-Umsetzer soll für folgende Vorgaben dimensioniert


werden:

uE = (0 V . . . 5 V)
fX = (0 kHz . . . 10 kHz)
Uref = 5 V
a) Die Eingangsspannung uE darf mit maximal 2mA belastet werden. Berech-
nen Sie den Widerstand Rmin und den zu Rmin gehörenden Kapazitätswert
Cmax .
b) Wie groß ist der relative Fehler, wenn +Uref = 5, 1 V und −Uref = −4, 9 V
betragen?
c) Geben Sie die Bestimmungsgleichung für den relativen Fehler an, wenn
die Verzögerungszeiten der Komparatoren (tK1 und tK2 ) und die Verzöge-
rungszeit des Schalters (tS ) berücksichtigt werden.
d) Wie groß darf die Summe der Verzögerungszeiten von K1 und K2 maximal
sein, wenn die Verzögerungszeit des Schalters tS = 100 ns beträgt und der
maximale relative Fehler ≤ 1 % sein soll? Verwenden Sie die unter Punkt
a) berechnete Dimensionierung.

Musterlösung:
a) Wird die Eingangsspannung direkt auf den Integrator gegeben, so fließt so-
wohl ein Strom durch den Eingangswiderstand des Integrators als auch durch
den Eingangswiderstand des Invertierers. Da beide Widerstände den Wert R
besitzen, ergibt sich ein minimaler Widerstand von
uEmax
Rmin = iEmax
= 5 kΩ . (10.81)
2

Die Spannung uA berechnet sich im Zeitintervall tmin ≤ t ≤ tmax gemäß dem


Signal-Zeitverlauf (Abb. 10.5)
t
1 uE 
uA (t) = −Uref + dt . (10.82)
C tmin R
210 10 Digitale Meßtechnik

Zum Zeitpunkt t = tmax muß die Ausgangsspannung uA den Wert +Uref


erreicht haben. Aus
uE
+Uref = −Uref + (tmax − tmin ) (10.83)
RC
berechnet sich das Zeitintervall zu
Uref
tmax − tmin = 2RC . (10.84)
uE
Aufgrund der Symmetrie des Spannungsverlaufes ergibt sich die Periodendau-
er TX aus
1 Uref
TX = = 2(tmax − tmin ) = 4RC . (10.85)
fX uE
Damit bestimmt sich die Zeitkonstante RC zu
uEmax
RC = = 25 µs , (10.86)
4Uref fXmax
und mit dem bereits berechneten Wert Rmin erhält man schließlich den Ma-
ximalwert Cmax der Kapazität
RC
Cmax = = 5 nF . (10.87)
Rmin
b) Da sich die Zeit TX aus Gl. (10.83) gemäß
+Uref − (−Uref )
TX = 2RC (10.88)
uE
ergibt, ist sie proportional der Differenz der beiden Referenzspannungen +Uref
und −Uref . Aufgrund der entgegengesetzten Änderungen dieser beiden Span-
nungen ist der Fehler gleich Null.

c) Abbildung 10.21 zeigt den genauen Spannungsverlauf unter Berücksichti-


gung der Verzögerungszeiten der Komparatoren und der des Schalters. Die
nun fehlerbehaftete Zeit TXr berechnet sich zu
TXw TXw
TXr = 2tS + tK2 + + 2(tK1 + tS ) + + tK2
2 2

= TXw + 4tS + 2(tK1 + tK2 ) . (10.89)

Daraus ergibt sich der relative Frequenzfehler

fXr − fXw
1
TXr − 1
TXw
f = = 1
fXw TXw

TXw − TXr 4tS + 2(tK1 + tK2 )


= =− Uref
. (10.90)
TXr 4RC u + 4tS + 2(tK1 + tK2 )
E
10.5 Spannungs-Frequenz-Umsetzer 211

Abb. 10.21. Zeitverlauf bei Berücksichtigung der Verzögerungszeiten

d) Mit der Näherung, daß die Verzögerungszeiten wesentlich kleiner als die
wahre Zeit TXw sind, kann der Term mit den Verzögerungszeiten im Nenner
von Gl. (10.90) vernachlässigt werden
4tS + 2(tK1 + tK2 )
|f | ≈ . (10.91)
4RC Uuref
E

Somit ergibt sich die entsprechend den gestellten Spezifikationen maximal


erlaubte Summenverzögerungszeit für die Komparatoren zu
 
Uref
(tK1 + tK2 )max = 2 |f |max RC − tS = 300 ns . (10.92)
uEmax

Aufgabe 10.3: Delta-Sigma-Umsetzer

Ein Delta-Sigma-Umsetzer 2. Ordnung kann im Laplace-Bereich durch das

1V

8
( V N N 4V
V V

Abb. 10.22. Delta-Sigma-Umsetzer 2. Ordnung

Blockschaltbild in Abb. 10.22 dargestellt werden. Für die Konstanten der


Integrierer soll gelten k2 = 2k und k1 = 21 k.
212 10 Digitale Meßtechnik

a) Berechnen Sie die Übertragungsfunktion GU e (s) zwischen dem Ausgang


Q(s) und dem Signaleingang Ue (s).
b) Berechnen Sie die Übertragungsfunktion GN (s) zwischen dem Ausgang
Q(s) und dem Quantisierungsrauschen N (s).
c) Worin besteht der Vorteil gegenüber einem Umsetzer 1. Ordnung?

Lösung
a)
k2
GU e (s) = (10.93)
(s + k)2
b)
s2
GN (s) = (10.94)
(s + k)2
c) Durch die doppelte Polstelle wird das niederfrequente Rauschen noch
stärker gedämpft (Noise shaping).
11
Messung von Frequenz und Zeit

11.1 Phasenwinkelmessung
Das Prinzip der Phasenwinkelmessung (eigentlich handelt es sich um die Mes-
sung einer Phasenwinkeldifferenz zwischen zwei periodischen und gleichfre-
quenten Signalen) beruht auf der Messung des Zeitintervalls, das durch gleich-
sinnige Nulldurchgänge der beiden zu vergleichenden Eingangswechselgrößen
definiert wird. Diese Nulldurchgänge werden zum Öffnen bzw. Schließen eines
zeitlichen Tores genutzt (Abb. 11.1), dessen Torzeit mit Hilfe einer Digital-
schaltung gemessen wird.

Abb. 11.1. Digitale Phasenwinkelmessung zweier gleichfrequenter Wechselspannun-


gen

Während der Torzeit TX werden die von einem frequenzstabilen Generator


mit der Frequenz fref kommenden Pulse in einem Zähler aufsummiert. Der
Zählerstand NX ist nach dem Schließen des Tores somit proportional zur Tor-
zeit TX
TX
NX = = TX fref (11.1)
Tref
und kann bei bekannter Signalfrequenz fs zur Berechnung der Phasenverschie-
bung
214 11 Messung von Frequenz und Zeit

2πfs
ϕX = ωs TX = NX (11.2)
fref
genutzt werden.

11.2 Zeit- und Frequenz-Spannungs-Umsetzer


Zeit-Spannungs-Umsetzer

Der Zeit-Spannungs-Umsetzer wird zur Umsetzung eines pulsdauermodulier-


ten Signals in eine zur Pulsdauer proportionale Spannung verwendet. Das
Funktionsprinzip beruht darauf, daß der zeitliche Mittelwert des pulsdauer-
modulierten Signals mit der konstanten Taktfrequenz f0 und der konstanten
Amplitude u0 proportional zur Pulsdauer TX ist
T0 TX
1 1 TX
uA = u E = uE dt = u0 dt = u0 . (11.3)
T0 T0 T0
0 0

Die Mittelwertbildung kann im einfachsten Fall durch einen RC-Tiefpaß er-


folgen (Abb. 11.2), wobei hier ein Kompromiß zwischen der verbleibenden
Restwelligkeit, welche das Auflösungsvermögen begrenzt, und der zeitlichen
Dynamik, d. h. der Geschwindigkeit beim Einstellen auf neue Werte, zu schlie-
ßen ist.

Abb. 11.2. RC-Tiefpaß als einfacher Zeit-Spannungs-Umsetzer

Frequenz-Spannungs-Umsetzer

Um frequenzmodulierte Signale in eine zur Frequenz proportionale Spannung


umformen zu können, wird ein Frequenz-Spannungs-Umsetzer eingesetzt. Der
zeitliche Mittelwert uAM einer Pulsfolge der Frequenz fX mit konstanter Puls-
dauer T0 und konstanter Amplitude u0
11.3 Grundlagen der Oszillatoren 215
TX T0
1 1
uA = uAM = uAM dt = u0 dt = u0 T0 fX (11.4)
TX TX
0 0

ist somit proportional zur Frequenz fX . Basierend auf dieser Tatsache bietet
sich die in Abb. 11.3 gezeigte Realisierungsmöglichkeit mit Hilfe einer mono-
stabilen Kippstufe an. Die monostabile Kippstufe stellt einen Impuls konstan-
ter Dauer und Amplitude zur Verfügung und wird entsprechend Gl. (11.4)
durch die Eingangsspannung mit der Frequenz fX getriggert. Die Mittelwert-
bildung erfolgt wiederum durch einen RC-Tiefpaß.

Abb. 11.3. Frequenz-Spannungs-Umsetzer

11.3 Grundlagen der Oszillatoren

Harmonische Oszillatoren

Harmonische Oszillatoren werden zur Erzeugung von sinusförmigen Spannun-


gen eingesetzt und basieren auf der Verwendung von linearen Schaltungsele-
menten. Sie bestehen aus einem Verstärker mit der komplexen Verstärkung
V (ω) und aus einem Rückkopplungsnetzwerk mit der Übertragungsfunktion
K(ω) (Abb. 11.4). Die Gesamtübertragungsfunktion G(ω) ergibt sich entspre-
chend Abb. 11.4 aus
U A = (U E + K U A )V (11.5)
zu
UA V
G(ω) = = . (11.6)
UE 1−V K
Die Schwingbedingung erhält man nun aus der Überlegung, daß sich für ein

Abb. 11.4. Prinzip einer Oszillatoranordnung


216 11 Messung von Frequenz und Zeit

verschwindendes Eingangssignal (U E → 0) eine harmonische Ausgangsspan-


nung U A einstellen soll. Dies ist laut Gl. (11.6) nur dann möglich, wenn G(ω)
eine Polstelle hat, also
V K=1 (11.7)
gilt. Diese Bedingung kann entsprechend den Gln. (7.19) und (7.20) in eine
Amplitudenbedingung
1
|V | = (11.8)
|K|
und in eine Phasenbedingung aufgespaltet werden

ϕV + ϕK = 2πk , (11.9)

wobei k eine ganze Zahl ist.

Relaxations-Oszillatoren

Relaxations-Oszillatoren werden zur Erzeugung von Dreieck- und Rechteck-


signalfolgen eingesetzt. Ihr Funktionsprinzip basiert auf einem nicht-linearen
Schaltungselement, wie z. B. einem Schmitt-Trigger mit Hysterese. Dabei fin-
den die in Kap. 7.3 besprochenen Lade- und Entladevorgänge statt, wobei
die beiden Spannungsschwellen in alternierender Reihenfolge durch das nicht-
lineare Schaltungselement vorgegeben werden. Dies führt schließlich zu einer
periodischen Dreieck- oder Rechteckschwingung.

11.4 Zeit- und Frequenzmessung


Beispiel 11.1: Analyse einer Meßschaltung

Abbildung 11.5 zeigt eine Meßschaltung, die für zwei sinusförmige Eingangs-
spannungen uE1 und uE2 mit der Frequenz fs und einer Phasenverschiebung
ϕ zu analysieren ist.
a) Stellen Sie eine Wahrheitstabelle für die Signale Q, A und B auf. Leiten
Sie aus der Wahrheitstabelle den Zusammenhang zwischen Q, A und B
her. Durch welches einzelne Standard-Gatter könnte der aus NOR-Gattern
aufgebaute Schaltungsteil ersetzt werden?
b) Skizzieren Sie den zeitlichen Verlauf von uE1 , uE2 und Q für eine von Ihnen
gewählte Phasenverschiebung ϕ.
c) Berechnen und zeichnen Sie UA = f (ϕ) für −π ≤ ϕ ≤ π und RC 1/fs .
Nehmen Sie für Ihre Berechnungen an, daß die Gatter an ihren Ausgängen
die Betriebsspannungsgrenzen (UB und Masse) erreichen.
11.4 Zeit- und Frequenzmessung 217

Abb. 11.5. Zu analysierende Meßschaltung

Musterlösung:
a) Aus der Wahrheitstabelle (Tabelle 11.1) erkennt man, daß der logische
Zusammenhang zwischen den Signalen A, B und Q durch ein EXOR-Gatter
erfüllt werden kann. Diesen Zusammenhang erhält man auch durch Aufstellen

Tabelle 11.1. Logischer Zusammenhang zwischen den Signalen A, B und Q

ABQ
0 0 0
1 0 1
0 1 1
1 1 0

der logischen Funktion für Q entsprechend der Schaltung in Abb. 11.5 und
sukzessiver Anwendung des Morganschen Gesetzes

Q=A+B+A+B =A+B+A+B =A·B+A·B. (11.10)

b) Abbildung 11.6 zeigt die Zeitverläufe der Spannungen uE1 , uE2 und Q für
eine Phasenverschiebung ϕ.
c) Die Ausgangsspannung UA berechnet sich aus dem zeitlichen Mittelwert
von Q unter Verwendung der in Abb. 11.6 angegebenen Bezeichnungen zu
⎛ |ϕ| |ϕ|

Ts t1 + 2πfs t2 + 2πfs
1 1 ⎜⎜

UA = Q(t) dt = UB dt + UB dt⎟
Ts Ts ⎝ ⎠
0 t1 t2

 
1 |ϕ| |ϕ|
= 2UB Ts = U B . (11.11)
Ts 2π π
218 11 Messung von Frequenz und Zeit

Abb. 11.6. Zeitverläufe der Spannungen uE1 , uE2 und Q

Abb. 11.7. Verlauf der Ausgangsspannung UA (ϕ)

In Abbildung 11.7 wird der Verlauf von UA über dem Phasenverschiebungs-


winkel ϕ dargestellt.
Wie man diesem Diagramm entnehmen kann, ist die Ausgangsspannung
UA proportional zum Betrag der Phasenverschiebung zwischen den beiden
gleichfrequenten Eingangsspannungen (uE1 und uE2 ) und kann daher zur Pha-
senmessung eingesetzt werden.

Beispiel 11.2: Zeit-Spannungs-Umsetzer

Es wird die in Abb. 11.8 gezeigte Spannung mit u0 = 5 V, TX = (0 ms . . . 1 ms)


und T0 = 1 ms an einen RC-Tiefpaß gelegt.

Abb. 11.8. Verlauf der Eingangsspannung


11.4 Zeit- und Frequenzmessung 219

Die Ausgangsspannung uA wird mittels eines 8-Bit Analog-Digital-Umsetzers


digitalisiert, der einen Eingangsspannungsbereich von UEADC = (0 V . . . 5 V)
aufweist. Abbildung 11.9 zeigt den RC-Tiefpaß und den zeitlichen Verlauf der
Ausgangsspannung uA .

Abb. 11.9. Schaltung des RC-Tiefpasses und Zeitverlauf von uA

Wie muß die Zeitkonstante τ = RC des Tiefpasses gewählt werden, damit die
maximale Welligkeit ∆u der Ausgangsspannung die Bedingung ∆u = u2 −
u1 ≤ ULSB erfüllt.

Musterlösung:
Der Kondensator C wird für uE = u0 entsprechend
t
uA (t) = u0 + (u1 − u0 ) e− RC für0 ≤ t ≤ TX (11.12)

aufgeladen (Gl. (10.7)) und hat zum Zeitpunkt t = TX die Spannung


TX TX
uA (TX ) = u2 = u0 (1 − e− RC ) + u1 e− RC . (11.13)

Zu diesem Zeitpunkt nimmt die Eingangsspannung den Wert Null an (uE = 0)


und der Kondensator entlädt sich entsprechend
t−TX
uA (t) = u2 e− RC fürTX ≤ t ≤ T0 . (11.14)

Damit wird zum Zeitpunkt t = T0 die Spannung


T0 −TX
uA (T0 ) = u1 = u2 e− RC (11.15)

erreicht. Durch Einsetzen von Gl. (11.15) in Gl. (11.13)


TX T0 −TX TX
u2 = u0 (1 − e− RC ) + u2 e− RC e− RC
TX T0
= u0 (1 − e− RC ) + u2 e− RC (11.16)

erhält man die Bestimmungsgleichung für u2


220 11 Messung von Frequenz und Zeit
TX
1 − e− RC
u2 = u 0 T0 . (11.17)
1 − e− RC
Aus dem Zusammenhang
 
u1
∆u = u2 − u1 = u2 1− (11.18)
u2
folgt mit den Gln. (11.17) und (11.15) für die Spannung ∆u

1 − e− RC  
TX
T0 −TX
∆u = u0 T0 1 − e− RC
1 − e− RC
TX T0 −TX T0
1 − e− RC − e− RC + e− RC
= u0 T0 . (11.19)
1 − e− RC
Die folgende Diskussion des durch Gl. (11.19) beschriebenen Funktionsverlau-
fes

TX = 0 =⇒ ∆u = 0 (11.20)

TX = T0 =⇒ ∆u = 0 (11.21)

0 < TX < T =⇒ ∆u > 0 (11.22)

ergibt, daß im Zeitintervall 0 < TX < T0 mindestens ein relatives Maximum


von ∆u vorhanden sein muß. Durch Ableiten der die Welligkeit beschreibenden
Funktion nach TX
TX T0 −TX
d∆u −e− RC (− RC
1
) − e− RC
1
RC
= u0 T0 =0 (11.23)
dTX 1 − e− RC
erhält man aus TX T0 −TX
e− RC = e− RC (11.24)
jene Impulsdauer, bei der die maximale Welligkeit ∆umax auftritt
T0
TX = . (11.25)
2
Daraus berechnet sich ∆umax zu
T0 T0
1 − 2e− 2RC + e− RC
∆umax = u0 T0 . (11.26)
1 − e− RC
Dieser Zusammenhang liefert mit den Umformungen
∆umax ∆umax − T0 T0 T0
− e RC = 1 − 2e− 2RC + e− RC (11.27)
u0 u0
11.4 Zeit- und Frequenzmessung 221

und  
T0 ∆umax T0 ∆umax
e− RC 1+ − 2e− 2RC + 1 − =0 (11.28)
u0 u0
T0
bei Verwendung der Abkürzung v = e− 2RC folgende quadratische Gleichung

2 1− ∆umax
u0
v2 − v ∆umax
+ ∆umax
= 0. (11.29)
1+ u0 1+ u0

Entsprechend der Aufgabenstellung berechnen sich mit ∆umax


uEADCmax u0 ∆umax 1
∆umax = ULSB = = =⇒ = (11.30)
2 −1
8 255 u0 255
die Lösungen der quadratischen Gleichung zu

v1 = 1und v2 = 0, 9922 . (11.31)

Mit RC = T0 /(2 ln v1 ) ergeben sich durch Einsetzen der beiden Lösungen die
folgenden Zeitkonstanten

RC(v1 ) = ∞und RC(v2 ) = 63, 9 ms , (11.32)

wobei natürlich nur RC = 63, 9 ms eine physikalisch sinnvolle Lösung darstellt.

Beispiel 11.3: Frequenz-Spannungs-Umsetzer

Für einen Frequenz-Spannungs-Umsetzer soll eine monostabile Kippstufe di-


mensioniert werden. Zur Realisierung dieser monostabilen Kippstufe wird der
Timerbaustein IC 555 verwendet (Abb. 11.10).
Der Frequenz-Spannungs-Umsetzer soll folgende Daten aufweisen:
Eingangsfrequenz: fE = (0 kHz . . . 1 kHz)
Ausgangsspannung (RA CA 1/2πfE ): uATP = (0 V . . . 5 V)
Versorgungsspannung: UB = 10 V
Die Eingangsspannung uE mit der Frequenz fE hat den in Abb. 11.11 ange-
gebenen zeitlichen Verlauf.
a) Erläutern Sie die Funktionsweise des Timers unter Zuhilfenahme der in
Abb. 11.12 vorgegebenen Zeitverläufe der Spannung uE und des Reset-
Signals RES. Nehmen Sie dabei an, daß RES nicht, wie in Abb. 11.10
eingezeichnet, an dem konstanten Betriebsspannungspotential UB liegt,
sondern den in Abb. 11.12 dargestellten Zeitverlauf aufweist. Skizzieren
Sie für Ihre weiteren Überlegungen die Zeitverläufe von uE , uC , S, R und
uA555 . Nehmen Sie für alle Ihre Berechnungen an, daß uA555 die Betriebs-
spannungsgrenzen (UB und Masse) erreicht.
b) Berechnen Sie den Wert des Kondensators C für die angegebenen Daten
und R = 10 kΩ.
222 11 Messung von Frequenz und Zeit

Abb. 11.10. Schaltung der monostabilen Kippstufe mit Timerbaustein IC 555

Abb. 11.11. Zeitverlauf der Eingangsspannung uE

c) Zeichnen Sie den Spannungsverlauf uA555 (t) für fE = 3 kHz und die in
Punkt b) ermittelte Dimensionierung. Berechnen Sie daraus uA .
d) Wie groß ist der maximale relative Fehler von uA , wenn die Widerstände
R1 eine Toleranz von 1% haben?

Abb. 11.12. Vorgegebener Zeitverlauf von RES und uE


11.4 Zeit- und Frequenzmessung 223

Musterlösung:
a) Abbildung 11.13 zeigt die Zeitverläufe aller zum Verständnis der Schal-
tungsfunktion benötigten Signale. Es ergibt sich folgender Ablauf:
• Zum Zeitpunkt t1 wird der Timer über den RES-Eingang in einen defi-
nierten Zustand gebracht (Q = 1).
• Zum Zeitpunkt t3 wird das RS-Flip-Flop über die Eingangsspannung uE
gesetzt (Q = 0 und UA555 = UB ). Da der Entladetransistor nun sperrt,
beginnt sich der Kondensator C über den Widerstand R aufzuladen.
• Da die Kondensatorspannung uC zum Zeitpunkt t5 den Wert 2/3 UB er-
reicht (dieser Wert wird durch den mit den drei Widerständen R1 auf-
gebauten Spannungsteiler vorgegeben), wird das RS-Flip-Flop über einen
Komparator zurückgesetzt (Q = 1). Somit wird die Ausgangsspannung
UA555 = 0 V und der Kondensator C wird über den Transistor in sehr
kurzer Zeit entladen. Die Schaltung befindet sich nun im Ruhezustand,
bis der nächste Triggerimpuls am Eingang einen neuen Ausgangsimpuls
auslöst.
b) Unter Verwendung von Gl. (11.4) und den angegebenen Zahlenwerten be-
rechnet sich die benötigte Impulsdauer zu
uAmax
T0 = = 0, 5 ms . (11.33)
UB fEmax
Da die Impulsdauer T0 gemäß Abb. 11.13 der Zeit entspricht, die zum Aufladen
des Kondensators von 0 V auf 2/3 UB notwendig ist, ergibt sich mit Gl. (7.14)
die erforderliche Kapazität zu
1 T0
T0 = RC ln 2 =⇒ C= = 45, 5 nF . (11.34)
1− 3 UB R ln 3
UB

c) Aus der Funktionsweise der monostabilen Kippstufe geht hervor, daß sie
nicht nachtriggerbar ist und es ergeben sich daher die in Abb. 11.14 darge-
stellten Spannungsverläufe.
Die Ausgangsspannung uA berechnet sich zu
T0
uA = UB 2 = 7, 5 V . (11.35)
fE

d) Wenn die toleranzbehafteten Widerstände mit R11 , R12 und R13 bezeichnet
werden, läßt sich aus Gl. (7.14) mit
R12 + R13
U1auf = 0 Vund U2auf = UB (11.36)
R11 + R12 + R13
die Impulsdauer T0 berechnen
 
R11 + R12 + R13
T0 = RC ln . (11.37)
R11
224 11 Messung von Frequenz und Zeit

Abb. 11.13. Zeitverläufe aller für die Funktion der Spannungs-Frequenz-Umsetzer-


Schaltung relevanten Signale

Abb. 11.14. Zeitverläufe von uE und uA555 für fE = 3 kHz


11.5 Oszillatoren 225

Der maximale relative Fehler von uA berechnet sich unter Verwendung von
Gl. (11.4)
duA = u0 fX dT0 =⇒ fuA = fT0 (11.38)
mit den partiellen Ableitungen nach den Widerständen

∂T0 R11 R11 − (R11 + R12 + R13 )


= RC 2
∂R11 R11 + R12 + R13 R11

R12 + R13
= −RC , (11.39)
(R11 + R12 + R13 )R11

∂T0 1
= RC , (11.40)
∂R12 R11 + R12 + R13

∂T0 1
= RC (11.41)
∂R13 R11 + R12 + R13
aus dem totalen Differential
∂T0 dR11 ∂T0 dR12 ∂T0 dR13
dT0 = R11 + R12 + R13
∂R11 R11 ∂R12 R12 ∂R13 R13
 
2 1 1
= RC − fR11 + fR12 + fR13 (11.42)
3 3 3
zu
2 
|dT0 |max RC |fR11 |max + 1
|fR12 |max + 1
|fR13 |max
|fuA |max = = 3 3 3
T0 RC ln 3

= 1, 21 % . (11.43)

11.5 Oszillatoren
Beispiel 11.4: Harmonischer LC-Oszillator

Abbildung 11.15 zeigt die Schaltung eines mit einem Operationsverstärker


aufgebauten harmonischen LC-Oszillators.
a) Stellen Sie die Differentialgleichung für uA (t) auf und lösen Sie diese unter
der Voraussetzung, daß der Oszillator harmonisch schwingen soll, wenn
folgende Anfangsbedingungen gegeben sind: iL (0) = 0 mA und uC (0) =
UC0 .
b) Berechnen Sie C und R1 /R2 für eine Schwingfrequenz von fs = 1 MHz,
wenn RL = 1 Ω, L = 10 µH und R3 = 10 kΩ gegeben sind.
226 11 Messung von Frequenz und Zeit

Abb. 11.15. Schaltung des LC-Oszillators

Musterlösung:
a) Mit dem Verstärkungsgrad eines nicht-invertierenden Verstärkers ergeben
sich entsprechend den eingezeichneten Bezugspfeilen folgende Ausgangsglei-
chungen zur Berechnung der Oszillatorausgangsspannung uA
uA − u C duC
iL = i3 − iC = −C (11.44)
R3 dt

diL
uC = iL RL + L (11.45)
dt
 
R1
uA = 1 + uC = V u C . (11.46)
R2
Durch Einsetzen von Gl. (11.44) in Gl. (11.45)
 
uA − u C duC L duA duC d 2 uC
uC = R L − RL C + − − LC (11.47)
R3 dt R3 dt dt dt2
erhält man mit Gl. (11.46) die Bestimmungsgleichung für uA
 
uA RL (V − 1) CRL L(1 − V ) duA LC d2 uA
= uA − + − . (11.48)
V R3 V V V R3 dt V dt2
Faßt man nun die einzelnen Terme zusammen
LC d2 uA CRL R3 − L(V − 1) duA R3 − RL (V − 1)
2
+ + uA = 0 , (11.49)
V dt R3 V dt R3 V
so führt dies zu folgender homogenen Differentialgleichung
d 2 uA CRL R3 − L(V − 1) duA R3 − RL (V − 1)
+ + uA = 0 . (11.50)
dt2 R3 LC dt R3 LC
     
K1 K2
11.5 Oszillatoren 227

Mit dem Lösungsansatz uA (t) = Keλt erhält man aus der sich ergebenden
charakteristischen Gleichung

λ2 + K1 λ + K2 = 0 (11.51)

folgende Lösungen für λ


 2
K1 K1
λ1,2 =− ± − K2 . (11.52)
2 2

Für den Fall einer harmonischen Schwingung müssen λ1,2 rein imaginär sein,
also muß
K1 = 0und K2 > 0 (11.53)

gelten. Mit λ1,2 = ±j ω0 = ±j K2 hat die allgemeine Lösung die Form [3]

uA (t) = ÛA1 sin(ω0 t) + ÛA2 cos(ω0 t) . (11.54)

Die Anfangsbedingung für die Ausgangsspannung uA erhält man aus Gl.


(11.46)
uA (0) = V UC0 . (11.55)
Aus der gegebenen Anfangsbedingung iL (0) = 0 A berechnet sich mit Gl.
(11.44)
V −1
u̇C (0) = UC0 (11.56)
R3 C
und der aus Gl. (11.46) folgenden Beziehung

u̇A = V u̇C (11.57)

die noch fehlende zweite Anfangsbedingung


V (V − 1)
u̇A (0) = UC0 . (11.58)
R3 C

Die beiden Konstanten ÛA1 und ÛA2 können nun aus den oben ermittelten
Anfangsbedingungen berechnet werden

uA (0) = V UC0 = ÛA2 , (11.59)

V (V − 1) V (V − 1)
u̇A (0) = UC0 = ÛA1 ω0 =⇒ ÛA1 = UC0 .(11.60)
R3 C R3 ω0 C
Die sich daraus ergebende Lösung
 
V −1
uA (t) = V UC0 sin(ω0 t) + cos(ω0 t) = ÛA sin(ω0 t + ϕ) (11.61)
R3 ω0 C
kann mit
228 11 Messung von Frequenz und Zeit

uA (t) = ÛA sin(ω0 t) cos ϕ + ÛA cos(ω0 t) sin ϕ (11.62)


durch Koeffizientenvergleich
⎫   2
ÛA cos ϕ = V UC0 RV3 ω−1 ⎬ ÛA = V UC0 1 + RV3 ω−1
0C
0C
(11.63)
ÛA sin ϕ = V UC0 ⎭ R ω C
ϕ = artan V3 −1
0

auf folgende Form gebracht werden


    2  
R1 V −1 R3 ω0 C
uA (t) = 1 + UC0 1 + sin ω0 t + artan .
R2 R3 ω0 C V −1
(11.64)
b) Zur Dimensionierung der Bauelemente erhält man aus

CRL R3 − L(V − 1)
K1 = =0 (11.65)
R3 LC
eine Gleichung zur Berechnung des gesuchten Widerstandsverhältnisses
R1 CRL R3
V −1= = . (11.66)
R2 L
Setzt man nun dieses Ergebnis in den Ausdruck für K2 (Gl. (11.50)) ein

R3 − RL (V − 1) L − RL2 C
K2 = ω02 = = , (11.67)
R3 LC L2 C
so ermöglicht dies die Dimensionierung des Kondensators
L
C= = 2, 53 nF . (11.68)
ω02 L2+ RL2

Das benötigte Widerstandsverhältnis berechnet sich nun mit Gl. (11.66) zu

R1
= 2, 53 . (11.69)
R2

Beispiel 11.5: Harmonischer LC-Oszillator

Abbildung 11.16 zeigt die Schaltung eines LC-Oszillators.


a) Berechnen Sie die Kenngrößen V und K der in Abb. 11.16 dargestellten
Oszillatorschaltung.
b) Berechnen Sie aus der Schwingbedingung (Gl. (11.7)) die Schwingfrequenz
f0 und das benötigte Widerstandsverhältnis R2 /R1 .
11.5 Oszillatoren 229

Abb. 11.16. Schaltung eines LC-Oszillators

Musterlösung:
a) Da es sich bei dem Verstärker um einen nicht-invertierenden Verstärker
handelt, berechnet sich V direkt aus
R2
V =1+ . (11.70)
R1
Den Frequenzgang des Rückkopplungsnetzwerkes erhält man durch Anwen-
dung der Spannungsteilerregel
R3 R3
K= RC jωC1 = RC (1−jωCRC )
R3 + RL + jωL + 1
R3 + RL + jωL + 2
1+ω 2 C 2 RC
RC + jωC

R3
=  2
. (11.71)
CRC
R3 + RL + RC
2
1+ω 2 C 2 RC
+ jω L − 2
1+ω 2 C 2 RC

b) Aus der Phasenbedingung (Gl. (11.9))

ϕV + ϕK = 2kπ (11.72)

folgt mit ϕV = 0 unter Beachtung von Gl. (11.71) zwingend

ϕK = 0 . (11.73)

Wenn man den für den Oszillatorbetrieb unbrauchbaren Fall ω0 = 0 ausklam-


mert, kann die Phasenbedingung nur für
2
CRC
L− 2 2 =0 (11.74)
1 + ω0 C 2 RC
230 11 Messung von Frequenz und Zeit

erfüllt werden. Dies führt nach einer Umformung auf die Schwingfrequenz
 
1 CRC 2 −L 1 1 − CR
L
2
C
f0 = 2 2 = . (11.75)
2π C RC L 2π LC

Durch Einsetzen in die Betragsbedingung (Gl. (11.8))

1 = |V ||K|
  
R2 R3
= 1+
R1 R3 + RL + 1+ωR C
2 C 2 R2
0 C

⎛ ⎞
 
R2 ⎜ R3 ⎟
= 1+ ⎝ RC ⎠
R1 R3 + RL + CR2 −L
1+ C
L

  
R2 R3
= 1+ L
(11.76)
R1 R3 + RL + CRC

erhält man die Bestimmungsgleichung zur Berechnung des gesuchten Wider-


standsverhältnisses
L
R2 R3 + RL + CRC CRC RL + L
= −1= . (11.77)
R1 R3 CRC R3

Beispiel 11.6: Relaxations-Oszillator mit NICHT-Gatter

Abbildung 11.17a zeigt die Schaltung eines mit einem NICHT-Gatter (mit
Schmitt-Trigger-Eingang) aufgebauten Relaxations-Oszillators.

Abb. 11.17. a) Schaltung eines Relaxations-Oszillators, b) Übertragungskennlinie


des verwendeten NICHT-Gatters mit Schmitt-Trigger-Eingang
11.5 Oszillatoren 231

a) Berechnen Sie die Zeiten TE und TA als Funktion von UB , UE1 , UE2 , R1 , R2
und C, wenn das mit einem Schmitt-Trigger-Eingang versehene NICHT-
Gatter den in Abb. 11.17b dargestellten Zusammenhang zwischen uE und
uA aufweist.
b) Welche Bedingung müssen R1 und R2 erfüllen, damit der Oszillator über-
haupt schwingt?
c) Wie müssen Sie für R1 = 100 kΩ, UB = 5 V, UE1 = 2, 2 V und UE2 = 3 V
den Widerstand R2 dimensionieren, damit TE /TA = 2 gilt?

Musterlösung:
a) Für den Aufladevorgang (also während der Zeitphase TE ) erhält man aus

UB = iR1 + uC (11.78)

uC duC
i= +C (11.79)
R2 dt
durch Einsetzen von Gl. (11.79) in Gl. (11.78)
 
R1 R1
UB = u C + CR1 u̇C + uC = CR1 u̇C + 1 + uC (11.80)
R2 R2

folgende Differentialgleichung für uC


R1 + R2 UB
u̇C + uC = . (11.81)
CR1 R2 CR1
Mit den Ansätzen
uCh = K1 eλt und uCp = K2 (11.82)
CR1 R2
und der Abkürzung τ = R1 +R2 erhält man durch Einsetzen der Ansätze in
die Differentialgleichung
1 t
λ=− =⇒ uCh = K1 e− τ , (11.83)
τ
1 UB R2
K2 = =⇒ K2 = UB (11.84)
τ CR1 R1 + R2
die allgemeine Lösung
R2 t
uC = uCh + uCp = UB + K 1 e− τ . (11.85)
R1 + R2
Mit der Anfangsbedingung uC (0) = UE1 kann die Konstante K1 aus

R2
uC (0) = UE1 = UB + K1 (11.86)
R1 + R2
232 11 Messung von Frequenz und Zeit

berechnet werden. Die endgültige Lösung für den Aufladevorgang lautet somit
 
R2 R2 t
uC (t) = UB + UE1 − UB e− τ . (11.87)
R1 + R2 R1 + R2

Ein einfacherer Lösungsweg bietet sich an, wenn man zunächst die Ersatz-
spannungsquelle (Leerlaufspannung UQ , Innenwiderstand RQ ) für den aus R1
und R2 gebildeten Spannungsteiler ermittelt
R2 R1 R2
UQ = U B und RQ = . (11.88)
R1 + R2 R1 + R2
Die Spannung am Kondensator läßt sich dann nämlich auf einfache Weise
entsprechend einer Aufladekurve (Gl. (10.7)) berechnen
t

uC (t) = UQ + (UE1 − UQ )e CRQ
. (11.89)

Das Einsetzen der Formeln für UQ und RQ (Gl. (11.88)) führt wiederum auf
Gl. (11.87). Die Aufladezeit TE ergibt sich mit uC (TE ) = UE2 und Gl. (11.89)
aus T
− E
uC (TE ) = UE2 = UQ + (UE1 − UQ )e CRQ (11.90)
zu  
UE1 − UQ
TE = CRQ ln . (11.91)
UE2 − UQ
Der Entladevorgang, der unter Verwendung von RQ durch die Entladekurve
eines auf UE2 aufgeladenen Kondensators beschrieben wird
TE −t

uC (t) = UE2 e CRQ , (11.92)

führt durch Einsetzen von uC (TE + TA ) = UE1 zur Pausendauer TA


T
 
− CRA UE2
UE1 = UE2 e Q =⇒ TA = CRQ ln . (11.93)
UE1

b) Aus der Tatsache, daß der Oszillator nicht anschwingen kann, wenn sich
der Kondensator C beim Einschalten der Versorgungsspannung (uC (0) = 0 V)
nicht mindestens auf UE2 auflädt, folgt aus
R2
UQ = U B > UE2 (11.94)
R1 + R2
die entsprechende Bedingung, die das Widerstandsverhältnis des Spannungs-
teilers erfüllen muß
R1 UB
< − 1. (11.95)
R2 UE2
c) Mit den Gln. (11.91) und (11.93) berechnet sich das Verhältnis TE /TA zu
11.5 Oszillatoren 233
 
E1 U
Q −U
TE ln UE2 −UQ
=   = 2. (11.96)
TA ln U E2
UE1

Die Umformung
 2
UE2
UE1 − UQ = (UE2 − UQ ) (11.97)
UE1
führt zur Bestimmungsgleichung für die Spannung UQ
3
UE2
R2 U2
− UE1
UQ = U B =  E1 2 . (11.98)
R1 + R2 UE2
UE1 −1

Mit der Abkürzung K = R2 /(R1 + R2 ) erhält man aus


3
UE2
1 UE1
2 − UE1
K=   = 0, 786 (11.99)
UB UE2 2
UE1 − 1

schließlich die Bestimmungsgleichung für den Widerstandswert R2


R1 K
R2 = = 368 kΩ . (11.100)
1−K

Aufgabe 11.1: Relaxations-Oszillator mit Timerbaustein IC 555

Die in Abb. 11.18 gezeigte Schaltung wird zur Erzeugung einer Rechteck-
schwingung verwendet.
a) Erklären Sie die Funktionsweise dieses Rechteckoszillators in Analogie zu
der Schaltung aus Beispiel 11.3.
b) Berechnen Sie die Periodendauer der Ausgangsspannung uA (t) als Funk-
tion von R1 , R2 und C.
c) Berechnen Sie das Impuls-Pausenverhältnis TE /TA und untersuchen Sie,
ob die Schaltung mit TE /TA = 1 sinnvoll betrieben werden kann.

Lösung:
b) T = (R1 + 2R2 )C ln 2
c) Das Impuls-Pausenverhältnis ist

TE R1
=1+ . (11.101)
TA R2
Daraus lassen sich die folgenden zwei Möglichkeiten für TE /TA = 1 ableiten:
234 11 Messung von Frequenz und Zeit

Abb. 11.18. Schaltung eines mit dem Timerbaustein IC 555 aufgebauten Oszillators

• R1 = 0 Ω=⇒ UB wird durch den Entladetransistor kurzgeschlossen.


• R1 = ∞ Ω=⇒ Periodendauer geht gegen ∞.

Aufgabe 11.2: Wien-Robinson-Oszillator

Abbildung 11.19 zeigt die Schaltung des Wien-Robinson-Oszillators.

Abb. 11.19. Schaltung des Wien-Robinson-Oszillators

a) Berechnen Sie V und K dieser Oszillatorschaltung.


b) Berechnen Sie aus der Schwingbedingung die Schwingfrequenz f0 und das
benötigte Widerstandsverhältnis R3 /R4 .
11.5 Oszillatoren 235

Lösung:
a)

R3 R2
V =1+ , K=
R4 R1 + R2 (1 + C2 /C1 ) + j (ωR1 R2 C2 − 1/ωC1 )

b)

1 R3 C1 R1 + C2 R2
f0 = √ , =
2π R1 C1 R2 C2 R4 R2 C1
12
Rechnergestützte Meßdatenerfassung

12.1 Grundlagen der Datenübertragung


Die maximal erreichbare Übertragungsrate (entspricht der Übertragungsge-
schwindigkeit) Rmax einer Datenleitung (auch mit Kanal bezeichnet) wird
durch die Kanalkapazität C
 
Ps
C = B ld 1 + = Rmax (12.1)
Pr
bestimmt und in Bit/s angegeben. Dabei bezeichnen B die Bandbreite der
Übertragungsleitung, ld den Logarithmus Dualis, Ps die Signalleistung und Pr
die Rauschleistung. Anhand von Gl. (12.1) erkennt man, daß eine große Kanal-
kapazität wesentlich wirksamer durch eine Vergrößerung der Bandbreite B als
durch eine Erhöhung des Signal/Rausch-Abstandes (Signal/Rausch-Verhält-
nis) Ps /Pr erzielt wird. Dabei ist zu beachten, daß die Rauschleistung im
wesentlichen proportional zur Bandbreite ansteigt. Entsprechend dem Shan-
nonschen Theorem ist bei optimaler Codierung und fehlerfreier Übertragung
die maximal erreichbare Übertragungsrate gleich der Kanalkapazität C.
Die Amplitudenverteilung eines verrauschten Signals wird meistens durch
die Gaußsche Verteilungsfunktion p(x) (Abb. 12.1) beschrieben
1
√ e−(x−µ) /2σ .
2 2
p(x) = (12.2)
σ 2π
In Gl. (12.2) entspricht nun der Variablen x die Spannung u, dem Mittelwert
µ der Effektivwert Us des Signals und der Standardabweichung σ der Effektiv-
wert Ur des Rauschsignals. Die Wahrscheinlichkeit, daß ein gesendetes Signal
am Empfänger einen Spannungswert u im Intervall [U1 , U2 ] besitzt, berechnet
sich aus
U2 U2
1
e−(u−Us )
2
/2Ur2
P = p(u)du = √ du
Ur 2π
U1 U1
238 12 Rechnergestützte Meßdatenerfassung

Abb. 12.1. Gaußsche Verteilungsfunktion p(x)

U2 U1
1 −(u−Us )2 /2Ur2 1
e−(u−Us )
2
/2Ur2
= √ e du − √ du . (12.3)
Ur 2π Ur 2π
0 0
% 2
Da das Integral eku du keine analytische Lösung besitzt, wurde die sog.
Errorfunction erf(w) eingeführt, welche in Tafelwerken tabelliert ist [1]
w
2
e−c dc
2
erf(w) = √ (12.4)
π
0

erf(w) = −erf(−w) . (12.5)

Dabei gilt folgender Zusammenhang zwischen der Variablen u der Gaußschen


Verteilungsfunktion und der Variablen w der Errorfunction
u − Us
w= √ . (12.6)
Ur 2
Die in Gl. (12.3) beschriebene Wahrscheinlichkeit berechnet sich nun unter
Zuhilfenahme der Errorfunction zu
    
1 U2 − U s U1 − U s
P = erf √ − erf √ . (12.7)
2 Ur 2 Ur 2

12.2 Grundlagen der IEC-Bus-Schnittstelle


Die IEC-Bus-Schnittstelle (genormt in IEC625, IEEE488.1 bzw. IEEE488.2)
gilt als die meist verwendete parallele Schnittstelle zum Anschluß von Meß-
geräten an Digitalrechner. Es können entsprechend der Normempfehlung bis
12.2 Grundlagen der IEC-Bus-Schnittstelle 239

zu 15 Geräte gleichzeitig am IEC-Bus angeschlossen werden (Abb. 12.2). Diese


Geräte (Meßgeräte bzw. Steuerrechner) führen eine der drei folgenden Funk-
tionen aus
• Steuerfunktion (Controller)
• Senderfunktion (Talker)
• Empfängerfunktion (Listener).

Abb. 12.2. IEC-Bus mit Peripheriegeräten

Der aus 16 Leitungen aufgebaute IEC-Bus besteht aus den 8 Datenleitungen


DIO 1-8, den 5 Steuerleitungen
• IFC (Interface Clear): Wenn diese Leitung gesetzt ist, werden alle Listener
in den Grundzustand versetzt.
• ATN (Attention): Der Pegel dieser Leitung legt fest, ob momentan über die
Datenleitungen Schnittstellennachrichten oder Gerätenachrichten über-
tragen werden.
• SRQ (Service Request): Durch Setzen dieser Leitung kann ein Gerät vom
Controller eine Bedienung anfordern.
• REN (Remote Enable): Über diese Leitung kann der Controller ein ange-
schlossenes Gerät in den Fernsteuerzustand versetzen.
• EOI (End Or Identify): Je nach Pegel der ATN-Leitung kann ein Talker das
Ende seiner Übertragung anzeigen oder der Controller eine angeforderte
Bedienung einleiten.
240 12 Rechnergestützte Meßdatenerfassung

und den 3 Handshake-Leitungen


• DAV (Data Valid): Durch Setzen dieser Leitung zeigt ein Talker an, ob die
von ihm angelegten Daten gültig sind oder nicht.
• NRFD (Not Ready For Data): Durch Setzen dieser Leitung zeigt ein Gerät
an, ob es bereit ist, neue Daten aufzunehmen oder nicht.
• NDAC (Not Data Accepted): Wenn diese Leitung gesetzt ist, zeigt ein
Listener an, ob er die Datenübernahme abgeschlossen hat oder nicht.
Beim IEC-Bus werden typischerweise Open-Collector-Treiber für die Signal-
leitungen eingesetzt [6]. Bezüglich der Definition der Logik unterscheidet man
zwischen der active-high-Logik“ und der active-low-Logik“ (Tabel-
” ”
le 12.1). Damit ergibt sich für Open-Collector-Ausgänge durch Parallel-

Tabelle 12.1. Pegeldefinitionen


für TTL-Schaltungen
Logik true false
active-high H (5 V) L (0 V)
active-low L (0 V) H (5 V)

Abb. 12.3. Zeitdiagramm des Dreidraht-Handshake-Betriebs während einer Daten-


übertragung

schalten eine UND-Verknüpfung bei der active-high Logik und eine ODER-
Verknüpfung bei der active-low Logik. Die IEC-Bus-Leitungen sind bis auf die
beiden Leitungen RFD (Ready For Data) und DAC (Data Accepted) einer
logischen ODER-Verknüpfung zu unterwerfen. Dadurch ist es bei Verwen-
dung der active-low Logik möglich, daß sich die einzelnen Busteilnehmer über
Open-Collector-Ausgänge parallel an den Bus anschließen.
Da für die beiden Handshake-Leitungen RFD und DAC eine UND-Verknüpfung
erforderlich ist (es muß auf den langsamsten Busteilnehmer gewartet werden),
12.3 Quantisierung und Datenübertragung 241

führt man für diese eine active-high Logik ein. Damit die einheitliche Konven-
tion der active-low Logik trotzdem gewährt bleibt, bezeichnet man die Leitun-
gen mit NRFD (Not Ready For Data) und NDAC (Not Data Accepted), d. h.
man negiert ihre ursprüngliche Funktion (Tabelle 12.2). Abbildung 12.3 zeigt

Tabelle 12.2. Definition der IEC-Bus Leitungen NRFD (Not Ready


For Data) und NDAC (Not Data Accepted)
Leitung Pegel Log. Zustand Funktion, Bedeutung
NRFD H (5 V) false bereit, Daten zu empfangen
L (0 V) true nicht bereit, Daten zu empfangen
NDAC H (5 V) false Daten übernommen
L (0 V) true Daten noch nicht übernommen

den zeitlichen Verlauf des Dreidraht-Handshake-Betriebs auf dem IEC-Bus.


Man erkennt, daß die Geschwindigkeit einer Datenübertragung aufgrund der
UND-Verknüpfung der Leitungen NDAC und NRFD vom langsamsten Teil-
nehmer bestimmt wird.

12.3 Quantisierung und Datenübertragung


Beispiel 12.1: Quantisierung

a) Berechnen Sie die mittlere Quantisierungsrauschleistung P Q (bezogen auf


1 Ω) eines mit dem Quantisierungsintervall ∆U quantisierten Signals bei
gleichwahrscheinlicher Amplitudenverteilung.
b) Berechnen Sie den Zusammenhang zwischen dem Signal/Rausch-Verhält-
nis (Leistung bezogen auf 1 Ω) und der Anzahl n der Quantisierungs-
stufen. Solange sich die Amplitude des Signals uE innerhalb eines Inter-
valls (z.B. 2∆U ≤ uE (t) ≤ 3∆U ) befindet, wird der Ausgangsspannung
uA (t) der Mittelwert des Intervalls zugeordnet (im angeführten Beispiel
uA = 5/2∆U ). Es soll wiederum angenommen werden, daß die Signal-
amplituden gleichwahrscheinlich verteilt (gleichverteilt) sind und bei der
Amplituden-Quantisierung eine gerade Stufenanzahl n verwendet wird.

Musterlösung:
a) Die mittlere Leistung P v des an einem 1 Ω-Widerstand anliegenden Span-
nungssignals berechnet sich vor seiner Quantisierung bei gleichwahrscheinli-
cher Amplitudenverteilung mit dem Quantisierungsintervall ∆U und entspre-
chend Abb. 12.4 zu
242 12 Rechnergestützte Meßdatenerfassung

Abb. 12.4. Signalquantisierung eines analogen Signales uE (t)

∆U/2
1 ∆U 2
Pv = (U + u)2 du = U 2 + . (12.8)
∆U 12
−∆U/2

Nach der Quantisierung ist die mittlere Leistung gleich

Pn = U2 . (12.9)

Aus der Differenz ergibt sich die mittlere Quantisierungsrauschleistung P Q

∆U 2
PQ = Pv − Pn = . (12.10)
12
b) Bei n Quantisierungsstufen erstreckt sich der Signalbereich u = n∆U von
−n∆U/2 bis n∆U/2. Die mittlere Leistung vor der Quantisierung ist damit
n∆U/2
2
1 n2 (∆U )
Pv = u2 du = . (12.11)
n∆U 12
−n∆U/2

Da nach der Quantisierung nur noch die diskreten Amplitudenwerte


1 3 n−1
± ∆U, ± ∆U, ... ± ∆U (12.12)
2 2 2

auftreten (Abb. 12.5), ergibt sich die entsprechende mittlere Leistung aus
folgender Rechnung
n∆U/2
1
Pn = u2 du
n∆U
−n∆U/2

 2  2  2
1 n−1 1 1
= − ∆U + .. − ∆U + ∆U + ...
n∆U 2 2 2

 2 
n−1
+ ∆U ∆U
2
12.3 Quantisierung und Datenübertragung 243

Abb. 12.5. Amplituden-Quantisierung des Signals uE (t)

1 / 2 0 ∆U 2
= 1 + 32 + ... + (n − 1)2 ∆U
n∆U 2
n/2
1 ∆U 2
= (2i − 1)2 . (12.13)
n i=1
2

Die Summe der endlichen Reihe aus Gl. (12.13) berechnet sich zu
n/2
n(n2 − 1)
(2i − 1)2 = . (12.14)
i=1
6

Die Gültigkeit dieser Beziehung kann beispielsweise mit Hilfe der vollständigen
Induktion bewiesen werden. Durch Einsetzen von n = 2
1
(2i − 1)2 = 1 (12.15)
i=1


n(n2 − 1) 
 = 1, (12.16)
6 n=2

erkennt man, daß zunächst die Voraussetzung erfüllt ist. Mit der Folgerung,
daß, wenn En wahr ist, auch En+1 wahr sein muß, kann man entsprechend
den Umformungen
(n + 2)[(n + 2)2 − 1]
[12 + 32 + .. + (n − 1)2 ] +(n + 1)2 = (12.17)
   6
En
244 12 Rechnergestützte Meßdatenerfassung

n(n2 − 1) n+2 2
+ n2 + 2n + 1 = [n + 4n + 3] (12.18)
6 6

n3 + 6n2 + 11n + 6 = n3 + 6n2 + 11n + 6 (12.19)


die Richtigkeit von Gl. (12.14) zeigen. Damit läßt sich die mittlere Leistung
nach der Quantisierung wie folgt angeben
∆U 2 ∆U 2
P n = (n2 − 1) = Pv − . (12.20)
12 12
Der gesuchte Zusammenhang zwischen dem Signal/Rausch-Abstand (Leistung
bezogen auf 1 Ω) und der Anzahl der Quantisierungsstufen n ist damit
2
Pn (n2 − 1) ∆U
= ∆U 2
12
= n2 − 1 (12.21)
PQ 12


Pn
n= + 1. (12.22)
PQ
Mit dieser Beziehung ist es nun leicht möglich, den zu einer gewählten Quan-
tisierungsstufenanzahl n erreichbaren Signal/Rausch-Abstand zu bestimmen.
Da der Signal/Rausch-Abstand i.a. in der Einheit dB angegeben wird, soll Gl.
(12.22) noch wie folgt umgeformt werden
Pn
[dB] = 10 log(n2 − 1) . (12.23)
PQ
An dieser Stelle sei angemerkt, daß diese Ableitung für ein Signal mit gleich-
wahrscheinlicher Amplitudenverteilung durchgeführt wurde. Somit ergeben
sich auch geringe Unterschiede zu der in [6] abgeleiteten Formel, welche von
einem Sinussignal ausgeht.

Beispiel 12.2: Digitalisierung eines Amplitudenmodulierten Signals und sei-


ne Übertragung
a) Zeigen Sie, daß die Grenze der Übertragungsrate von Impulsen über einen
Kanal durch die Bandbreite B (Abb. 12.6) dieses Kanales gegeben ist.
Dabei sollen die Impulse als Dirac-Funktionen modelliert werden.
b) Ein amplitudenmoduliertes Signal
u(t) = Û cos(2πfT t)[1 + m cos(2πfs t)] (12.24)

Û = 1V Amplitude der Trägerschwingung


fT = 100 kHz Frequenz der Trägerschwingung
m = 0, 6 Modulationsgrad
fs = 10 kHz Frequenz der Signalschwingung
12.3 Quantisierung und Datenübertragung 245

Abb. 12.6. Kanalübertragungsfunktion G(ω)

wird im Grenzfall fa = 2fsmax abgetastet und mit der Quantisierungsstu-


fe ∆U = 100 mV quantisiert. Nach optimaler Codierung wird das Signal
auf einem Kanal mit der Bandbreite B und einem Signal/Rausch-Abstand
Ps /Pr = 10 dB übertragen. Wie groß muß die Bandbreite B gewählt wer-
den, damit die durch die Abtastung festgelegte Übertragungsrate R feh-
lerfrei eingehalten werden kann?

Musterlösung:
a) Die Impulsantwort eines Kanals mit der Bandbreite B ergibt sich aus der
inversen Fouriertransformation der Übertragungsfunktion G(ω) [7]

g(t) = G(ω)ejωt dω
−∞

2πB
1 jωt
= e dω
4πB
−2πB

1
= [ej2πBt − e−j2πB ]
4πBjt

sin(2πBt)
= . (12.25)
2πBt

Da man an der Stelle t = 0 den Ausdruck 0/0“ erhält, kann zu dessen



Berechnung die Regel von de l’Hospital [3] wie folgt angewendet werden
sin(2πBt) 2πB cos(2πBt)
lim = lim = 1. (12.26)
t→0 2πBt t→0 2πB
Der erste Nulldurchgang von g(t) ergibt sich aus

2πBtN = π (12.27)

und liegt bei


246 12 Rechnergestützte Meßdatenerfassung

Abb. 12.7. Impulsantwortfunktion des Übertragungskanals

1
tN = . (12.28)
2B
Aus dem Zeitverlauf von g(t) erkennt man, daß es sinnvoll ist, alle τ = 1/2B
Sekunden einen Impuls zu übertragen. Tastet man am Empfänger das Signal
mit fa = 2B ab, ergeben sich zu den Abtastzeitpunkten beim Empfänger kei-
ne Überlagerungen der einzelnen Impulsantworten.

b) Der Scheitelwert |u(t)|max des amplitudenmodulierten Signals berechnet


sich entsprechend dem Modulationsgrad [13]

|u(t)|max = Û [1 + m] = 1, 6Û . (12.29)

Der Amplitudenbereich erstreckt sich daher vom Spannungswert umin =


−1, 6 V bis zum Spannungswert umax = 1, 6 V , womit sich die Anzahl der
Quantisierungsstufen zu
2umax 3, 2
n= = = 32 (12.30)
∆U 0, 1
ergibt. Die maximale Frequenz fsmax des amplitudenmodulierten Signals be-
rechnet sich aufgrund der additiven Überlagerung von Träger- und Informa-
tionssignal [13] zu
fsmax = fT + fs = 110 kHz . (12.31)
Tastet man im Grenzfall mit der Abtastfrequenz fa = 2fsmax ab, so ergibt
sich bei 32 Quantisierungsstufen eine Übertragungsrate von
MBit
R = fa ld32 = 2fsmax 5 = 1, 1 . (12.32)
s
Will man diese Übertragungsrate R mit dem angegebenen Kanal erreichen,
folgt die benötigte Bandbreite B aus Gl. (12.1)
12.4 Schnittstellen 247
 
Ps
C = Bld 1 + =R (12.33)
Pr
zu
R
B= Ps
= 165, 2 kHz . (12.34)
ld(1 + Pr )

Aufgabe 12.1: Kodierung

Das in Abb. 12.8 dargestellte Signal, das einen Scheitelwert von Û = 2 V und

Abb. 12.8. Signal

eine Frequenz von f = 1 kHz aufweist, wird zunächst mit Hilfe eines idealen
Tiefpasses (Grenzfrequenz fg = 6 kHz) gefiltert. Die nachfolgende Abtastung
erfolgt mit fa = 2fmax (maximale durchgelassene Signalfrequenz) und einer
Amplituden-Quantisierung ∆U . Wie groß darf ∆U sein, damit dieses Signal
bei optimaler Kodierung über einen Kanal mit

B = 2 kHz Bandbreite
Ps /Pr = 50 dB Signal/Rausch-Abstand

übertragen werden kann?

Lösung:
Das Quantisierungsintervall berechnet sich zu ∆U = 441 mV.

12.4 Schnittstellen
Beispiel 12.3: RS 232C-Schnittstelle

Für die serielle Schnittstelle RS232C gelten die Pegelfestlegungen nach Abb.
12.9. Sowohl der Sender als auch der Empfänger ist mit dem integrierten
Baustein MAX232 ausgerüstet, welcher folgende typischen Daten aufweist:
248 12 Rechnergestützte Meßdatenerfassung

Abb. 12.9. Pegelfestlegung für Datensignale bei der RS232C-Schnittstelle

|UA | = 9 V Ausgangsspannung bei Leerlauf


rA = 300 Ω Ausgangswiderstand
rE = 5 kΩ Eingangswiderstand
R = 19200 Bit/s Übertragungsrate .
Die zur Übertragung verwendete Leitung ist durch folgende Kennwerte cha-
rakterisiert:

rL = 138 Ω/km


√ Widerstandsbelag der Leitung
Ur (f ) = 10 µV/( Hz m) spektrale Rauschspannungsdichte
B = 2R Bandbreite des Kanals
l = 1 km Leitungslänge .
a) Berechnen Sie unter der Annahme einer gaußverteilten Rauschspannung
die Fehlerwahrscheinlichkeit für den Fall, daß am Emfänger ein Bit falsch
ist, d. h. die Spannungsamplitude für den Wert log.  0 ist am Empfänger
kleiner als 3 V.
b) Berechnen Sie die Kanalkapazität C des Übertragungskanals.
c) Es werden stets Blöcke von 20 N Bit (N=10 Bit, 1 Startbit, 6 Datenbits,
1 Paritätsbit, 2 Stoppbits) übertragen. Wie groß darf die maximale Über-
tragungsrate werden, damit die Blockfehlerwahrscheinlichkeit PFB < 0, 01
bleibt?
d) Um wieviel muß die Übertragungslänge verringert werden, damit wieder
die vorgesehene Übertragungsrate erreicht wird?

Musterlösung:
a) Mit den angegebenen Daten ergibt sich eine typische Eingangsspannung
am Empfänger von
rE
UE = U A = 8, 275 V . (12.35)
rE + rA + rL l
Mit der genormten Pegelfestlegung erstreckt sich der Spannungspegelbereich
für eine logische  1 zwischen 3 V und 8, 275 V.
Die Rauschspannung am Empfänger ergibt sich entsprechend der Angabe zu

Ur = Ur (f ) Bl = 1, 96 V . (12.36)

Das gesamte Signal am Empfänger ist gaußverteilt mit dem Mittelwert µ = UE


und der Standardabweichung σ = Ur .
12.4 Schnittstellen 249

Die gesuchte Fehlerwahrscheinlichkeit PF , bei welcher die Spannungsamplitu-


de u am Empfänger kleiner 3 V ist

PF = P (u ≤ 3 V) , (12.37)

kann zunächst wie folgt angegeben werden (Abb. 12.10)

PF = P (UE ) − P (3 V ≤ u ≤ UE )

UE 3V
(u−UE )2 (u−UE )2
1 1 − 1 −
= −√ e 2Ur2
du + √ e 2Ur2
du . (12.38)
2 2πUr 2πUr
0 0

Durch numerische Auswertung der Errorfunction (Gl. (12.4)) erhält man für

Abb. 12.10. Berechnung der Fehlerwahrscheinlichkeit PF .

die Fehlerwahrscheinlichkeit PF
  
1 1 3V − UE
PF = − erf(0) − erf √
2 2 2Ur

1 1
= − (0 + 0, 99279) = 0, 36 % . (12.39)
2 2
b) Die Kanalkapazität C berechnet sich mit Gl. (12.1) zu
 
Ps
C = Bld 1 +
Pr
 
U2 kBit
= Bld 1 + E2 = 163, 684 . (12.40)
Ur s
250 12 Rechnergestützte Meßdatenerfassung

c) Aus der Blockfehlerwahrscheinlichkeit PFB berechnet sich die zulässige Bit-


fehlerwahrscheinlichkeit PF zu

1 − PFB = (1 − PF )200 (12.41)

PF = 1 − 200
1 − PFB = 0, 5025 · 10−4 . (12.42)

Für diese Fehlerwahrscheinlichkeit findet man in der Errorfunction-Tabelle [1]


einen entsprechenden Wert für die Standardabweichung von σ = 1, 35. Damit
beträgt der Effektivwert Ur der Rauschspannung 1, 35 V. Die noch zulässige
Übertragungsrate R ergibt sich mit der Beziehung

B = 2R (12.43)

zu
√ √
Ur = Ur (f ) Bl = Ur (f ) 2Rl (12.44)
 2
1 1, 35 Bit
R= = 9112, 5 . (12.45)
2 Ur (f )l s

e) Um die geforderte Übertragungsrate wieder zu erreichen, muß die Über-


tragungsstrecke auf
Ur
l= √ = 688, 9 m (12.46)
Ur (f ) 2R
verringert werden.

Beispiel 12.4: IEC-Bus

In Abb. 12.3 ist das Zeitdiagramm für den Dreidraht-Handshake-Betrieb des


IEC-Busses dargestellt. Für die softwaremäßige Implementierung des Hand-
shakebetriebes ist es sinnvoll, das Zeitdiagramm in je ein Flußdiagramm für
den Talker- und den Listener-Handshake umzusetzen. Zeichnen Sie diese bei-
den Flußdiagramme und zeigen Sie, an welchen Stellen eine Kopplung zwi-
schen Talker- und Listener-Handshake auftritt.

Musterlösung:
Für den Talker-Handshake ergibt sich:
Nachdem der Talker vom Controller adressiert wurde, legt dieser sein erstes
Datenbyte auf den Bus und hört“ die NRFD-Busleitung ab. Geht diese auf

High-Pegel, so weiß der Talker, daß alle vom Controller adressierten Listener
bereit sind, Daten zu empfangen, und legt seine DAV-Leitung auf Low-Pegel,
um anzuzeigen, daß die angelegten Daten gültig sind. Nun wartet der Talker,
bis die NDAC-Busleitung auf High-Pegel geht (alle Listener haben die Da-
ten empfangen). Ist diese Leitung auf High-Pegel, dann setzt der Talker seine
12.4 Schnittstellen 251

Abb. 12.11. Flußdiagramm für den Talker- und Listener-Handshake am IEC-Bus

DAV-Leitung ebenfalls wieder auf High-Pegel (die Daten am Bus sind somit
nicht mehr gültig) und gibt das nächste Datenbyte auf den Bus. Ist er am En-
de der Datenübertragung angelangt, setzt er die EOI-Leitung auf Low-Pegel
und zeigt damit das Ende der Übertragung an.

Für den Listener-Handshake ergibt sich:


Der vom Controller adressierte Listener hört“ zunächst die DAV-Busleitung

ab. Wird diese vom Talker auf Low-Pegel gesetzt, setzt der Listener seine
NRFD-Leitung ebenfalls auf Low-Pegel (um anzuzeigen, daß er Daten vom
Bus liest) und beginnt das Datenbyte zu lesen. Hat er das an den Datenlei-
tungen liegende Datenbyte vollständig übernommen, setzt er seine NDAC-
Leitung auf High-Pegel um zu signalisieren, daß er das Datenbyte fehlerfrei
übernommen hat. Nun wartet der Listener, bis die DAV-Leitung am Bus auf
High-Pegel geht. Bei High-Pegel dieser Leitung weiß der Listener, daß der
Talker die erfolgreiche Datenübernahme erkannt hat, und der Listener setzt
252 12 Rechnergestützte Meßdatenerfassung

seine NDAC-Leitung auf Low-Pegel und beginnt mit der Datenverarbeitung.


Sobald der Listener diese abgeschlossen hat, setzt er seine NRFD-Leitung wie-
der auf High-Pegel und zeigt somit an, daß er bereit ist, neue Daten vom Bus
zu lesen.

Aufgabe 12.2: RS232–Schnittstelle


a) Wie sieht die minimale Verdrahtungskonfiguration aus?
b) Beschreiben Sie kurz den dazugehörigen Software-Handshake.

Lösung:
a) Bei Verwendung des XON/XOFF-Protokolls benötigt man die in Abb. 12.12

Sender Empfänger
TxD 2 2 TxD
RxD 3 3 RxD

SG 7 7 SG

Abb. 12.12. Leitungskonfiguration für das XON/XOFF-Protokoll

gezeigte minimale Leitungskonfiguration mit nur drei Leitungen.


b) Zu Beginn der Empfangsbereitschaft sendet der Empfänger ein XON-
Zeichen (i. allg.  DC1 = 11 H). Daraufhin übermittelt der Sender Daten,
bis er vom Empfänger durch ein XOFF-Zeichen (i. allg.  DC3 = 13 H) aufge-
fordert wird, den Datenstrom anzuhalten. Danach wartet der Sender auf das
nächste XON-Zeichen des Empfängers, bevor er wieder Daten sendet.

Aufgabe 12.3: Fragen zum IEC-Bus


a) Beschreiben Sie Aufbau und Struktur des IEC-Busses.
b) Welche Gerätegrundfunktionen kennen Sie? Beschreiben Sie sie kurz.
c) Erklären Sie das sogenannte 3-Draht-Handshake mit einer Skizze.
d) Geben Sie die Leistungsdaten an (Übertragungsgeschwindigkeit, max. Ent-
fernungen, Anzahl der Geräte)

Lösung:
a) Der IEC-Bus besteht aus 16 Leitungen, welche unterteilt werden in Daten-
bus (8), Steuerbus (5) und Handshakebus (3).
b) Man unterscheidet folgende Gerätegrundfunktionen:
12.4 Schnittstellen 253

Controller: Es gibt einen Controller pro Meßsystem. Er steuert und über-


wacht die Vorgänge.
Talker: Er kann Daten auf den Bus schreiben, nachdem er vom Controller
aktiviert wurde.
Listener: Er kann nach der Aktivierung durch den Controller Daten emp-
fangen.
c) Siehe Abb. 12.3.
d) Übertragungsrate: 250 kByte/s bis 1MByte/s
Distanz: bis 20m (2m von Gerät zu Gerät)
Anzahl der Geräte: max. 15 (ohne Repeater)

Aufgabe 12.4: Fragen zu Feldbussen


a) Welche Aufgaben erfüllen Feldbusse?
b) Skizzieren Sie den Aufbau eines Feldbusgerätes.
c) Nennen Sie die Ihnen bekannten Feldbusse und geben Sie deren maximale
Datenübertragungsraten an.

Lösung:
a) Feldbusse stellen kommunikationstechnische Verbindungen zwischen sog.
Feldgeräten her. Zu diesen Feldgeräten zählen insbesondere speicherprogram-
mierbare Steuerungen (SPS) sowie intelligente Sensoren und Aktoren, die di-
gitale bzw. analoge Signale an einen Steuerrechner senden bzw. von diesem
empfangen. Im allgemeinen handelt es sich bei den Feldbussen um lokale Bus-
se, die über Buskoppler, sog. Gateways, an einen Hauptbus angeschlossen sind,
der sie wiederum mit dem zentralen Leitrechner verbindet. Der Feldbus stellt
dabei in der Regel nicht nur Leitungen für den Austausch von Daten bereit,
sondern auch solche, die der Energieversorgung der Feldgeräte dienen. Dabei
werden meist geringe Datenmengen über größere Distanzen übertragen.
b) Abbildung 12.13 zeigt den prinzipiellen Aufbau eines Feldbusgerätes.
c) ASI: 150kBit/s
BIT: 500kBit/s
CAN: 1MBit/s
FIP: 5MBit/s
Interbus-S: 500kBit/s
Profibus DP: 12MBit/s
EIB: 9,6kBit/s
LON: 1,25MBit/s
254 12 Rechnergestützte Meßdatenerfassung

Abb. 12.13. Struktur eines Feldgerätes mit Feldbusanschluß in Zweidraht-


ausführung

Aufgabe 12.5: Meßdatennetzwerke


a) Welche Netzwerktopologien kennen Sie? Nennen Sie Vor- und Nachteile.
b) Nennen Sie die wichtigsten Bus-Zugriffsverfahren.
c) Wie kann man ein lokales Ethernet zur Meßdatenerfassung nutzen?
d) Welche Standardnetzwerke bzw. -leitungen kann man auch zur Meßda-
tenübertragung und der Vernetzung von Meßdatenerfassungskomponenten
nutzen?
e) Welche Methoden der Fehlererkennung kennen Sie bei der Meßdatenüber-
tragung?

Lösung:
a) Man unterscheidet folgende Netzwerktopologien:
Stern: Hoher Verdrahtungsaufwand; Ausfall eines Teilnehmers hat keine
Auswirkung auf das übrige Netz.
Ring: Der Ausfall eines Knotens führt zum Versagen des Bussystems
Linie: Verdrahtungsaufwand am geringsten
12.4 Schnittstellen 255

Maschen: Keine starren Regeln; hohe Komplexität bezüglich Verdrahtung


und Verwaltung
b) Master-Slave, Token-Passing, Summen(rahmen)telegramm, Carrier Sense
Multiple Access (CSMA) in den Varianten Collision Detection (CD) und Col-
lision Avoidance (CA)
c) Ethernet kann in der den Feldbussen übergeordneten Ebene eingesetzt wer-
den (LAN). Die (beim Ethernet eingeschränkte) Echtzeitfähigkeit tritt hier in
den Hintergrund; die Möglichkeit größere Datenmengen zu transportieren ist
wichtiger. Für den Einsatz in Produktionsumgebungen wurde das Industrie-
Ethernet entwickelt, welches im Vergleich zum Standard-Ethernet störsicherer
aufgebaut ist. Weiterhin gibt es Datenaufnahmesysteme bzw. Datenlogger,
die direkt an das Ethernet angeschlossen werden und webbasiert konfiguriert
bzw. ausgelesen werden. Eine weitere Möglichkeit besteht in der Verwendung
von RS232C-Ethernet-Schnittstellen-Konvertern [6, S. 508], welche die An-
bindung von vielen Meßgeräten an ein LAN erlauben. Dabei müssen jedoch
teilweise noch geeignete Treiberroutinen entwickelt werden, um die Geräte
mittels Hochsprachen ansprechen und steuern zu können.
d) ISDN, Datex-P, GSM, UMTS, Powerline
e) Bit-Monitoring, Bit-Stuffing, Acknowledge, Cyclic Redundancy Check
(CRC)

Aufgabe 12.6: Speicherprogrammierbare Steuerungen (SPS)


a) Beschreiben Sie die wichtigsten Hard- und Software-Komponenten einer
SPS. Gehen Sie insbesondere auf den Programmablauf ein.
b) Führen Sie die nach IEC 1131 standardisierten Programmiersprachen an
und geben Sie charakteristische Merkmale an.

Lösung:
a) Wichtigste Hardwarekomponenten: Spannungsversorgung, CPU, Speicher-
module, Ein- und Ausgangsbaugruppen.
Kennzeichen der Software: modularer Aufbau, verschiedenartige Programm-
bausteine (Funktionen, Funktionsblöcke, Organisationsbausteine), permanent-
zyklischer Betrieb (Siehe Abb. 12.14).
b) In der Norm IEC 1131 werden die folgenden Programmiersprachen defi-
niert:
Anweisungsliste (AWL): textorientiert, Anweisungen bestehend aus Ope-
rator und optionalem Operanden
Strukturierter Text (ST): textorientiert, ähnlich Hochsprachen wie C oder
Basic
Kontaktplan (KOP): graphisch, angelehnt an das Prinzip elektrischer Schalt-
pläne
256 12 Rechnergestützte Meßdatenerfassung

Prozessabbild
Eingänge

Steuerungs- Prozess
Programm

Prozessabbild
Ausgänge

Abb. 12.14. Permanent-zyklischer Betrieb einer speicherprogrammierbaren Steue-


rung (SPS)

Funktionsbausteinsprache (FBS): graphisch, in Form eines Datenflusses


Ablaufsprache (AS): sowohl graphisch als auch textorientiert, Programm-
elemente sind Schritte, Transitionen und Verbindungen.
Literaturverzeichnis

1. Abramowitz, M.; Stegun, A. (Eds.): Handbook of Mathematical Functions. New


York: Dover Publications 1965.
2. Bronstein, I.N.; Semendjajew, K.A. : Taschenbuch der Mathematik. Stuttgart,
Leipzig: B.G. Teubner 1991.
3. Dirschmid, H. J.: Mathematische Grundlagen der Elektrotechnik. Braunschweig:
Vieweg-Verlag 1990.
4. Domke, E.: Vektoranalysis. Mannheim: BI-Wissenschaftsverlag 1990.
5. Hofmann, H.: Das elektromagnetische Feld. Wien, New York: Springer-Verlag
1986.
6. Lerch, R.: Elektrische Meßtechnik. 2. Aufl. Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag
2004.
7. Papoulis, A.: The Fourier Integral and its Application. New York: McGraw-Hill
1987.
8. Parkus, H.: Mechanik fester Körper. Wien, New York: Springer-Verlag 1988.
9. Stoer, J.: Numerische Mathematik. Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag 1994.
10. Stratton, J. A.: Electromagnetic Theory. New York: McGraw-Hill 1941.
11. Tietze, U.; Schenk, Ch.:Halbleiter–Schaltungstechnik. 12. Aufl. Berlin, Heidel-
berg: Springer 2002.
12. Unbehauen, R.:Grundlagen der Elektrotechnik 1. 5. Aufl. Berlin, Heidelberg:
Springer 1999.
13. Zinke, O; Brunswig, H.: Hochfrequenztechnik 2. 4. Aufl. Berlin, Heidelberg:
Springer-Verlag 1993.
Index

Abgleichbedingung 147, 151 Dämpfung 48


Abgleichbrücke 147, 150 Dämpfungsmoment 48, 59
Ablenkplatten 177 Delta-Sigma-Umsetzer 211
AC-DC-Kopplung 178 Differentialgleichung
active-high-Logik 240 linear 1
active-low-Logik 240 nichtlinear 26
Amplitudenbedingung 216 Differenzeingangswiderstand 90
Analog-Digital-Umsetzer 188, 195 Differenzierer 104
Dual-Slope 189 Differenzverstärker 109
Nachlauf 188 Digital-Analog-Umsetzer 187
Single-Slope 188 Prinzip der gewichteten Ströme 192
Spannungs-Frequenz 189 Prinzip der gewichteten Ströme 187
Anstiegsgeschwindigkeit 91 Diodenschwellspannung 55
arithmetischer Mittelwert 54 Dirac-Impuls 7
Ausgangswiderstand 90 Drallsatz 48
Ausgleichsvorgänge 1 Drehspulmeßwerk 56
Ausschlagbrücke 150, 153 Dreidraht-Handshake-Betrieb 240, 250
Belastungsfehler 158 Droop 111
Ausschlagverfahren 147 Dual-Slope-Umsetzer 189, 202, 205,
208
Bandbreite 91
Durchflutung 51
Beobachtungsbandbreite 117
Durchflutungssatz 50
Betriebsmeßgerät 36
Blindleistung 128
Blindleistungsmesser Effektivwert 54
Hummel-Schaltung 139 Effektivwertmeßgerät 82
mit Resonanzphasenschieber 135 Eigenverbrauch 129
Boltzmann-Konstante 117 Eingangsfehlspannung 90
Braunsche Röhre 177 Eingangsfehlstrom 92
Brückengleichrichter 55 Eingangsruhestrom 91
aktiver 98 Einweggleichrichter 55
Bürde 171 elektrische Wechselgrößen
Kenngrößen 53
Controller 239 elektromechanisches Meßwerk
260 Index

Grundlagen 47 IEC-Bus 239, 250


Elektronenstrahl-Oszilloskop 177 IEC-Bus-Schnittstelle 238
Entladekurve 192 Impuls-Pausenverhältnis 233
Errorfunction 238 Impulsantwort 7, 245
Ersatzquellenprinzip 145 Induktionsgesetz 48
Ersatzspannungsquelle 145 Induktivitätsmessung 168
Ersatzstromquelle 145 Resonanzverfahren 162
Ersatzwiderstand 146 Input Bias Current 91
Integrierer 104
Faltungsintegral 9
Fehlerfortpflanzungsgesetz Kabelkapazität 179
systematische Fehler 36 Kanal 237
zufällige Fehler 35 Kanalkapazität 237
Feinmeßgerät 36 Kapazitätsmeßgerät 159
Feldbus 253 Kapazitätsmessung 167
Feldspule 130 Kippstufe
Formfaktor 55, 81 monostabile 215, 221
Fourierkoeffizient 54 Klassengenauigkeit 36
Fourierreihe 54 Klirrfaktor 55
Frequenz-Spannungs-Umsetzer 214, Klirrfaktorbestimmung 85
221 komplexe Leistung 128
Kondensator
Gaußsche Verteilungsfunktion 237 Aufladekurve 190
Gaußsches Fehlerfortpflanzungsgesetz Aufladevorgang 149
35 Entladekurve 190
Gleichrichter Entladevorgang 149
Brücken 55 Konstantstromquelle
Einweg 55 Widerstandsmessung 152
Graetz 55 Kontaktwiderstandsmessung 41
Vollweg 55 Korrekturspule 130
Zweiweg 55 Dimensionierung 131
Gleichrichtung 55 Kurzschlußstrom 146
Gleichrichtwert 54
Gleichtakt-Spannungsverstärkung 89 Laplace-Transformation 9
Gleichtakteingangswiderstand 90 Laplacetransformierte 184
Gleichtaktunterdrückung 89 Anfangswertsatz 184
Graetz-Gleichrichter 55 Endwertsatz 185
Grenzfrequenz 91 Leerlaufspannung 145
Leerlaufspannungsverstärkung 88
Handshake-Leitungen 240 Leistungsmessung
Harmonische siehe Oberwelle Gleichstromkreis 129
Harmonischer LC-Oszillator 225, 228 Grundlagen 127
Harmonischer Oszillator 215 mit Oszilloskop 182
Hauptinduktivität 171 spannungsrichtige 130
Heavisidescher Entwicklungssatz 12 stromrichtige 130
Hummel-Schaltung Wechselstromkreis 130
Berechnung 142 Lenzsche Regel 48
Blindleistungsmesser 139 Listener 239
Dimensionierung 142 Listener-Handshake 251
Index 261

Lorentzkraft 47 Kleinsignal-Ersatzschaltbild 88
Operationsverstärkerschaltung
Magnetisierungsstrom 171 invertierende 93
Magnetkreis nicht-invertierende 94
Ohmsches Gesetz 51 subtrahierende 95, 102
Maxwell-Wien-Brücke 165 Oszillator
Maxwellsche Gleichung 49 Grundlagen 215
Meßbrücke 147, 150 harmonischer 215
Meßdatenerfassung 237 Relaxations 216
Meßergebnis 36 Wien-Robinson 234
Meßfehler Oszilloskopeingang 178
absoluter 33
relativer 33 Parallelersatzschaltbild
systematischer 33, 34 Induktivität 148
zufälliger 33, 34 Kapazität 149
Meßwandler Periodendauer 53
Grundlagen 171 Phasenbedingung 216
Meßwerk Phasenwinkelmessung 213
Eigenverbrauch 133 Präzisionszweiweggleichrichter
elektrodynamisches 64, 132 realer 113
elektromechanisches 47 Primärspannung 171
Messung Primärstrom 171
Blindwiderstand 148 Primärwicklung 171
Induktivität 159 Quantisierung 241
Kapazität 159 Quantisierungsfehler 188
komplexe Impedanz 150 Quantisierungsintervall 241
ohmscher Widerstand 146 Quantisierungsrauschleistung 241
Scheinwiderstand 148
Zeit und Frequenz 216 Rahmendämpfung 48, 59
Mittelwert 34 Rausch-Ersatzspannungsquelle 117
Mittelwertbildung 214 Rausch-Ersatzstromquelle 117
Modulationsgrad 244 Rauscheingangsspannung
Momentanleistung 127 äquivalente 118
Morgansche Gesetz 217 Rauschen
Wärmebewegung 117
Nachlauf-Umsetzer 188, 195 Weißes 117
Nennübersetzungsverhältnis 171 Rauschleistung 117, 237
Netzwerke Rauschquelle 117
linear 1 Rauschspannungsdichte 118
nichtlinear 25 Rauschstromquelle 118
Newton-Verfahren 62, 80 RC-Tiefpaß 214, 219
Nyquist-Formel 117 Referenzspannung 187
Reihenersatzschaltbild
Oberwellenbestimmung 85 Induktivität 148
Offsetspannung 90 Kapazität 149
Offsetstrom 92 Relaxations-Oszillator 216
Operationsverstärker mit NICHT-Gatter 230
Grundlagen 88 mit Timerbaustein IC 555 233
Kenngrößen 88 Resonanzverfahren 151
262 Index

RS232C-Schnittstelle 247 Stromteilerregel 52


Pegelfestlegung für Datensignale Stromübersetzungsverhältnis 172
248 Stromvielfachmeßgerät 72
Rückkopplungsnetzwerk 215 Stromwandler 172, 173
Rückstellmoment 48 Superpositionsprinzip 87

Sägezahngenerator 198 Talker 239


Sägezahnspannung 207 Talker-Handshake 250
Sample & Hold-Schaltung 110 Tastkopf 178, 179
Scheinleistung 128 Tastverhältnis 73
Scheitelfaktor 55, 83 Timerbaustein IC 555 221
Schmitt-Trigger 216, 230 Torzeit 199, 213
Eingang 231 Transformator 171
mit Hysterese 216 Transitfrequenz 93
Schwankung 34
Sekundärspannung 171 Überlagerungssatz 87
Sekundärspule 171 Übertragungsgeschwindigkeit 237
Sekundärstrom 171 Übertragungsrate 237
Sekundärwicklung 171
Verlustfaktor 148, 149
Serienresonanzfrequenz 163
Verlustleistungsmessung 132
Serienschwingkreis 163
Verstärker
Shannonsches Theorem 237
Rauschersatzschaltung 118
Signal/Rausch-Abstand 237, 244
Verstärkungs-Bandbreite-Produkt 92,
Signal/Rausch-Verhältnis 117 ff, 237,
115
241
Vertrauensbereich 35
Single-Slope-Umsetzer 188, 198, 207
Vertrauensfaktor 36
Slew-Rate 91, 111
Vielfachmeßgerät 69
Spannungs-Frequenz-Umsetzer 189,
virtuelle Masse 93
209
Vollweg-Gleichrichter 55
Spannungsfehlwinkel 175
Spannungspfad 129 Wattmeterkonstante 131
Spannungsspule 129 Wechselstrombrücke 150
Spannungsteiler Welligkeit 219
frequenzkompensierter 178, 179 Wheatstone Meßbrücke 147
Spannungsteilerregel 52 Widerstandsrauschen 117
Spannungswandler 175 Wien-Robinson-Oszillator 234
Sperrspannung 100 Wirkleistung 127, 128
Spitzenwertmessung 79
Sprungantwort 7 x-Ablenkkoeffizient 178
Standardabweichung 34
Streuinduktivität 171 y-Ablenkkoeffizient 178
Stromempfindlichkeit 84
Stromfehlwinkel 173 Zeigerdiagramm 138
Strommeßschaltung 105, 116 Zeit-Spannungs-Umsetzer 214, 218
Strompfad 129 Zeitkonstante 191
Stromquelle Zweidrahtmessung 42
spannungsgesteuerte 102 Zweiweggleichrichter 55
Stromspule 129 aktiver 100
Druck: Mercedes-Druck, Berlin
Verarbeitung: Stein + Lehmann, Berlin

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