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Deutschsprachige Literatur im XX

Jahrhundert
Levan Tsagareli
Deutschsprachige Literatur
der 20er und 30er Jahre
Vorlesung Nr. 2
Plan
1. Historischer Hintergrund
2. Neue Sachlichkeit
3. Zeitromane: Hans Fallada als Historiograph der
Weimarer Republik
4. Weltkriegsromane: Erich Maria Remarque
5. Drama und Theater der 20er Jahre
6. Exkurs: Marxismus
7. Bertolt Brechts Episches Theater
8. Lyrik der 20er Jahre
9. NS-Literatur und Exilliteratur
10. Lion Feuchtwanger und Poetik des historischen
Romans
Historischer Hintergrund
 Nach dem ersten Weltkrieg
 Oktoberrevolution (1917) und Bürgerkrieg
(1918-1920) in Russland
 Gründung der UdSSR
 Zerfall der Österreichisch-Ungarischen
Monarchie
 Weimarer Republik (soziale und
wirtschaftliche Krisen)
 Machtergreifung durch Hitler (1933)
Neue Sachlichkeit
Neue Sachlichkeit
 Nichts mehr vom Krieg und Revolution und Welterlösung! Laßt uns
bescheiden sein und uns anderen, kleineren Dingen zuwenden!
 Nüchterne und distanzierte Darstellung der Wirklichkeit
 Bejahung der modernen Technik
 Amerika-Kult (Fortschritt, Vernunft, Zivilisation)
 Aktualität, Realismus, Unparteilichkeit
 Themen: der Alltag, Probleme und Nöte gewöhnlicher Menschen
 Nicht-fiktive Gattungen:
 Reportage (der „rasende Reporter“ Egon Erwin Kisch)
 Dokumentarischer Roman
 Dokumentarisches Drama
 Politisierung des kulturellen Lebens: poésie pure vs. litérature engagée
 Neue Sachlichkeit – “Asphaltliteratur”?
 Bund proletarisch-revolutionärer Schriftsteller (Anna Seghers, Willi
Bredel, Johannes Becher…) - 1928
Die Zeitromane
 Joseph Roth: Radetzkymarsch (1932)
 Robert Walser: kurze Prosastückli
 Frauenromane: Marieluise Fleißer,
Irmgard Keun
 Großstadtromane:
Erich Kästner: Fabian (1930)
Hans Fallada: Kleiner Mann, was nun?” (1932)
 Dokumentarischer Roman:
Lion Feuchtwanger: Erfolg (1930)
Hans Fallada (1893-1947)
 Rudolf Ditzen
 Kleiner Mann
 Fabulierer
 Poetik:
 Universaler Relativismus
 Primitive, hilflose Figuren
 Vulgärer Stil
 Werke:
 Kleiner Mann, was nun?
 Wolf unter Wölfen
 Jeder stirbt für sich allein
Weltkriegsromane
 Wiederkehr des Weltkriegs in der Literatur
 Pazifistische Tendenz
 Kritische Haltung den Institutionen gegenüber, die die
politisch-moralische Verantwortung für den Krieg trugen
 Ernest Hemingway: A Farewell to Arms (1929)
 Ernst Jünger (1895-1998)
 Krieg = Naturereignis, Neugeburt
 Ästhetik des Todes und der Zerstörung
 Faszination vom Potenzial moderner Waffen
 Verherrlichung des Heroischen
 Mythisierung des Krieges (vgl. Futurismus)
 Erich Maria Remarque
Erich Maria Remarque (1898-1970)
 Dichter der verlorenen
Generation
 Themen:
 Das Leben der Soldaten im
Krieg (Im Westen nichts
Neues – 1928/29)
 Das Leben der verlorenen
Generation nach dem Krieg
(Drei Kameraden)
 Leben im Exil (Arc de
triumph)
 Sinnlosigkeit des Krieges
 Verlogenheit der Vätergeneration
 Dreck der Schützengräber
 Desillusionierung der jungen
Männer
 Kameradschaft
Drama und Theater der 20er Jahren
 Staatliches Theater (statt Hoftheater)
 Kriegszensur – aufgehoben: Rezeption der
expressionistischen Dramen (Georg Kaiser)
 Dominanz der Komödie als Reaktion auf den
expressionistischen Pathos = Überwindung des
Expressionismus: Carl Zuckmayer (1896-1977)
 Ödon von Horváth (1901-38): Glaube Liebe
Hoffnung (1932)
 Erwin Piscator (1893-1966) –
Bühnenexperimentator
 Bertolt Brecht
Exkurs: Marxismus
 Karl Marx – Begründer des historischen und
dialektischen Materialismus
 Die materielle Wirklichkeit – die einzig echte Realität
(Basis)
 Sittlichkeit, Religion, Kunst – Folgeerscheinungnen der
Materie (Überbau)
 Produktionsverhältnisse bestimmen die menschliche
Geschichte
 Klassenkampf  klassenlose, kommunistische
Gesellschaft (Gemeinschaft)
 Kapitalistische Gesellschaftsordnung  Proletariat
 Atheismus: Religion als Opium des Volkes
 Radikale aktiv-praktische Umbildung der Welt
Bertolt Brecht (1898-1956)
 Arbeistbürgerliche Abstammung
 Berliner Ensemble
 Marxismus und logischer
Empirismus
 Kleines Organon für das Theater
(1949)
 Episches Theater vs.
dramatisches Theater
 Verfremdungseffekte
 Thema: Mechanismen des
Kapitalismus
 Werke
 Dreigroschenoper (1928)
 Leben des Galilei (1939 ff.)
 Der kaukasische Kreidekreis
(1944)
 Lyrik
Lyrik der 20er Jahre
 Gebrauchslyrik
 Literarisch-politisches Kabarett
 Witzige, satirische Gedichttexte (aktuelle Themen, Kritik an
den Misständen im öffentlichen Leben)
 Kurt Tucholsky (1890-1935) – Peter Panther, Theobald
Tiger, Ignaz Wrobel, Kaspar Hauser
 Kritik an Untertanendenken, Krieg, Militarismus,
Nationalismus, Justiz
 Gedichte – appelativ, gestisch; für den Vortrag bestimmt,
Alltagssprache
 Else Lasker-Schüler (1869-1945)
 Mascha Kaleko (1912-1975): Das lyrische Stenogrammheft
 Nelly Sachs (1891-1970): Legenden und Erzählungen
Kurt Tucholsky: DER GRABEN
Mutter, wozu hast du deinen aufgezogen? Seid nicht stolz auf Orden und Geklunker!
Hast dich zwanzig Jahr mit ihm gequält? Seid nicht stolz auf Narben und die Zeit!
Wozu ist er dir in deinen Arm geflogen, In die Gräben schickten euch die Junker,
und du hastihm leise was erzählt? Staatswahn und der Fabrikantenneid.
Bis sie ihn dir weggenommen haben.
Ihr wart gut genug zum Fraß der Raben,
Für den Graben, Mutter, für den Graben.
für das Grab, Kamraden, für den Graben!
Junge, kannst du noch an Vater denken?
Vater nahm dich oft auf seinen Arm. Werft die Fahnen fort! Die Militärkapellen
Und er wollt dir einen Groschen schenken, spielen auf zu euerm Todestanz.
und er spielte mit dir Räuber und Gendarm. Seid ihr hin: ein Kranz von Immortellen –
Bis sie ihn dir weggenommen haben. das ist dann der Dank des Vaterlands.
Für den Graben, Junge, für den Graben. Denkt an das Todesröcheln und Gestöhne.
Drüben stehen Väter, Mütter, Söhne,
Drüben die französischen Genossen schuften schwer, wie ihr, ums bißchen Leben.
lagen dicht bei Englands Arbeitsmann.
Wollt ihr denen nicht die Hände geben?
Alle haben sie ihr Blut vergossen,
und zerschossen ruht heut Mann bei Mann.
Reicht die Bruderhand als schönste aller Gaben
Alte Leute, Männer, mancher Knabe übern Graben, Leute, übern Graben -!
in dem einen großen Massengrabe.
Else Lasker-Schüler:
MEIN BLAUES KLAVIER
Ich habe zu Hause ein blaues Klavier
Und kenne doch keine Note.

Es steht im Dunkel der Kellertür,


Seitdem die Welt verrohte.

Es spielen Sternenhände vier


- Die Mondfrau sang im Boote –
Nun tanzen die Ratten im Geklirr.

Zerbrochen ist die Klaviatür .....


Ich beweine die blaue Tote.

Ach liebe Engel öffnet mir


- Ich aß vom bitteren Brote -
Mir lebend schon die Himmelstür -
Auch wider dem Verbote.
Nationalsozialistische Literatur (1933-
1939) und Exilliteratur
 Themen: Volk, Volkstum, Krieg,  Themen: Nationalsozialismus, NS-
Heldentum, Opfer für den Ideologie
Einzelnen, Wert der Gemeinschaft  Entstehungsfaktoren des NS
 Ton – pathetisch-beschwörend  Klaus Mann: Mephisto (1936)
 NS-Lyrik: Gemeinschaftslied;  Ödon von Horvath: Jugend
Hymne (wir-Gefühl); Sturm-, ohne Gott (1937)
Marsch-, Soldatenlieder  Auseinandersetzung mit der
 Themen: Ehre, Treue, Fahne, Exilsituation
Blut, Flamme, Volk  Lion Feuchtwanger: Exil (1940)
 Drama: Thingspiel (=Kultspiel) -  Klaus Mann: Der Vulkan (1939)
Gemeinschaftserlebnis  Anna Seghers: Transit
 Historische Stoffe mit den aktuellen
Bezügen
 Lion Feuchtwanger: Der falsche
Nero (1936)
 Heinrich Mann: Henri Quatre
 Exilliteratur – Vorbild der DDR-
Literatur
Lion Feuchtwanger (1884-1958)
 Das Haus der Desdemona
oder Größe und Grenzen der
historischen Dichtung
 Ewige Wiederkehr
 Historischer Roman 
Gegenwartsprobleme in die
Vergangenheit projizieren
 Themen: Geist vs. Tat,
Erkenntnis vs. Gewalt
 Werke:
 Der Wartesaal –Trilogie
(1930-1940)
 Der falsche Nero (1936)
 Goya oder Der arge Weg der
Erkenntnis (1951)
 Die Jüdin von Toledo
(=Spanische Ballade, 1855)
Elias Canetti (1905-1994)
 Nobelpreis 1981
 Die Blendung (1930)
 Masse und Macht
 Hauptwerk deutscher
autobiographischer
Literatur:
 Die gerettete Zunge
 Die Fackel im Ohr
 Das Augenspiel
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

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