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Thomas Gasser
Basiswissen
Urologie
4., vollständig überarbeitete Auflage
123
Professor Dr. med. Thomas Gasser
Urologische Universitätsklinik
Basel – Liestal
Klinik Liestal
Rheinstr. 26
4410 Liestal, Schweiz
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tungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes.
SPIN 12234202
Vorwort
Die Urologie ist ein Teilgebiet der Chirurgie und beschäftigt sich mit Nieren und
ableitenden Harnwegen, der Blase und den männlichen Geschlechtsorganen.
Die Patientinnen und Patienten werden vom ersten Symptom über die Abklä-
rung, medikamentöse oder chirurgische Therapie bis zur Nachsorge betreut.
Der Urologe benutzt dazu modernste Techniken wie zum Beispiel:
4 untersuchende und interventionelle Ultraschalltechnik,
4 bildgebende Evaluation von Nieren-, Harn- und Sexualorganen mit und
ohne Röntgenstrahlen,
4 transurethrale und perkutane Endoskopie der unteren und oberen Harn-
wege,
4 physikalische, nuklear-medizinische und biochemische Funktionstests,
4 die extrakorporelle Stoßwellenbehandlung von Harnsteinen und
4 die endoskopische, perkutan-endoskopische, laparoskopische und offene
Chirurgie des Urogenitalapparates.
Thomas Gasser
Liestal im Herbst 2008
Das neue Gasser Basiswissen Urologie
Inhaltliche Struktur:
Klare Gliederung
durch alle Kapitel
Leitsystem führt
durch die Sekionen
Wichtig: Zentrale
Informationen auf
einen Blick
Zahlreiche
Abbildungen
veranschaulichen
komplexe Sach-
verhalte
Navigation: Kapitel und
Seitenzahlen für die schnelle
Orientierung
Tabellen:
Kurze Übersicht der
wichtigsten Fakten
Fallbeispiele:
Typische Fälle zum
Thema
Inhaltsverzeichnis
1 Urologische Leitsymptome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
1.1 Schmerzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
1.2 Veränderungen der Harnmenge und Harnzusammensetzung . . . . . 5
1.3 Miktionsstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
1.4 Symptome aus dem Sexualbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
2 Urologische Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
2.1 Klinische Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
2.2 Wichtige urologische Laboruntersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . 13
2.3 Bildgebende Untersuchungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
2.4 Instrumentell-endoskopische Untersuchung und Endourologie . . . . 19
2.5 Urodynamische Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
II Urologische Erkrankungen
4 Entzündungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
4.1 Der unspezifische Harnwegsinfekt (HWI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
4.2 Pathophysiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
4.3 Klinik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
4.4 Unspezifische Entzündungen der Urethra und der Adnexe . . . . . . . 59
XII Inhaltsverzeichnis
5 Harnsteinerkrankung (Urolithiasis) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
5.1 Pathophysiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
5.2 Zusammensetzung, Form und Lage der Harnsteine . . . . . . . . . . . . . 72
5.3 Klinik und Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
5.4 Therapie und Metaphylaxe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
Anhang
Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223
XV
Übersichtsgrafiken
Urologische Anatomie –
Untere Harnwege
I Symptome und Diagnostik
1 Urologische Leitsymptome –3
2 Urologische Diagnostik –9
1
Urologische
Leitsymptome
1.1 Schmerzen –4
1.3 Miktionsstörungen –6
1.1 Schmerzen
Schmerzen, die ihre Ursache in den oberen Harnwegen haben, sind praktisch
immer Kolikschmerzen. Echte nierenbedingte lumbale Dauerschmerzen sind
selten (z.B. starke entzündliche Schwellung des Nierenparenchyms). Die Schmer-
zen in Blase, Prostata und Genitale haben keinen Kolikcharakter. Sie sind
»dumpf«, evtl. krampfartig oder brennend.
Prostataschmerzen
Vorkommen. Bei akuter abszedierender Prostatitis, selten bei subakut-chro-
nischer Prostatitis. Schmerzhafte Defäkation und dumpfes Druckgefühl im
Dammbereich.
! Uncharakteristische Beschwerden im Unterbauch bzw. im Damm-
bereich genügen nicht für die bequeme Schnelldiagnose »chronische
Prostatitis«.
1.3 Miktionsstörungen
Ausfluss aus der Harnröhre (IMPP GK-2:10.3). Physiologisch bei starker sexu-
eller Erregung (sog. »Liebestropfen«). Sonst meist Zeichen einer Urethritis. Bei
miktionsunabhängigem, eitrigem Ausfluss an Gonorrhoe denken. Bei Chlamy-
dien/Mykoplasmainfekten oder bei unspezifischen Urethritiden ist der Ausfluss
weißlich, glasig.
Urologische
Diagnostik
2.1 Klinische Untersuchung – 10
2.4 Instrumentell-endoskopische
Untersuchung und Endourologie – 19
Nieren
Inspektion. Tumoren sind höchstens bei Kindern zu erkennen.
Blase
Inspektion. Erkennbarer Unterbauchtumor bei chronischer Harnretention.
Katheterismus. Bei der Frau zur Harngewinnung für die bakteriologische Un-
tersuchung.
Penis
Inspektion. Phimose, Meatusstenose, Hypo- bzw. Epispadie, Primäraffekt, spit-
ze Kondylome, Balanitis, Urethraausfluss, Tumor.
Rektalstatus (Prostatabeurteilung)
Inspektion. Anorektale Erkrankungen (Hämorrhoiden, Fissuren).
Palpation.
4 Rektum: Sphinktertonus, Rektumkarzinom;
4 Prostata: Konsistenz, Begrenzung, Oberflächenbeschaffenheit, Schmerz-
haftigkeit, Größe (die Größe erlaubt keinen Schluss auf das
Ausmaß einer Abflussbehinderung);
4 Samenblasen: sind nur selten tastbar.
! Die Rektaluntersuchung dient der Früherkennung des Prostatakar-
zinoms. Sie ist obligater Bestandteil der Allgemeinuntersuchung bei
Männern jenseits des 50. Lebensjahres.
Vaginalstatus
Inspektion. Vulva (Ausfluss), Urethramündung (Tumor, Karunkel, Entzün-
dung, Schleimhautatrophie).
Neurourologische Untersuchung
S2-S4-Sensibilität: perianaler Bereich.
S2-S4-Reflexe: Achillessehnenreflex und Bulbokavernosusreflex (Pressen
der Glans → Kontraktion des Analsphinkters).
2.2 · Wichtige urologische Laboruntersuchungen
13 2
2.2 Wichtige urologische Laboruntersuchungen
Serum
Kreatinin und Harnstoff. Wichtige Parameter zur Beurteilung der Nierenfunk-
tion.
Beim Prostatakarzinom:
4 PSA (prostataspezifisches Antigen) (7 Kap. 6.4)
Urin
Beurteilung. Die chemische Diagnostik mit Teststreifen ist für die Praxis voll-
auf genügend:
4 Nitrit (Koliinfekt, unzuverlässig),
4 pH,
4 Protein,
4 Glukose,
4 Ketonkörper,
4 Leukozyten,
4 Urobilinogen,
14 Kapitel 2 · Urologische Diagnostik
4 Bilirubin,
4 Hämoglobin.
2
Die Untersuchung mit dem Mikroskop kann Hinweise geben auf: Erythro-
zyten, Leukozyten, Bakterien, Spermien, Kristalle, Zylinder.
Die Objektträgerkultur gestattet eine bakteriologische Diagnose am Kran-
kenbett:
4 > 100.000 Keime = Infekt
4 ~ 10.000 Keime = Infektverdacht
4 < 10.000 Keime = Kontamination
Sonographie
Wegen der einfachen Anwendung und völligen Risikofreiheit ist die Sono-
graphie zum am häufigsten angewendeten bildgebenden Verfahren in der Uro-
logie geworden. Besonders wichtig ist sie
4 für die Differentialdiagnose von raumfordernden Nierenprozessen (Zysten,
Tumoren),
4 für die Restharnbestimmung und zur Prostatabeurteilung (Rektalsonde),
4 für die Differentialdiagnose von »Kolikschmerzen« und Nierenstaus,
4 für die Beurteilung von Skrotalschwellungen,
4 für Punktionen und Biopsien (interventionelle Sonographie).
Konventionelle Uroradiologie
Die Röntgenuntersuchung der Nieren und Harnwege mit ihren verschiedenen
Spezialmethoden ist nach wie vor eines der wichtigsten diagnostischen Verfah-
ren in der Urologie.
Nuklearmedizinische Untersuchungen
Prinzip. Eine radioaktive Substanz wird injiziert und nachdem sich das Radio-
nuklid angereichert hat, wird die Strahlung mit einer Gammakamera ge-
messen. Es lassen sich so sowohl statische wie auch dynamische Prozesse
messen.
2.3 · Bildgebende Untersuchungsverfahren
17 2
Skelettszintigramm (Knochenszintigramm). Zur Suche von Knochenmetasta-
sen. Sehr zuverlässig. 99m Technetiumphosphat wird intravenös injiziert und
reichert sich an Stellen erhöhten Knochenumbaus an.
Computertomographie (CT)
Radiologisches Untersuchungsverfahren, das axiale Querschnittsbilder des
Körpers vermittelt. Moderne Geräte lassen dreidimensionale Rekonstruktionen
zu. Die Untersuchung ohne Kontrastmittel wird zunehmend in der Steindi-
agnostik eingesetzt (viel schneller als Urogramm).
Mit Kontrastmittel zur Beurteilung des Parenchyms (Tumorstadium) und
von Metastasen:
4 Infiltration in benachbarte Strukturen (Blase, Prostata, Nieren),
4 Befall regionaler Lymphknoten,
4 Fernmetastasen.
2
18
Kapitel 2 · Urologische Diagnostik
. Abb. 2.3. Isotopennephrogramm. Praktisch funktionslose Niere links. Funktion rechts und Anflutung in Blase normal
2.4 · Instrumentell-endoskopische Untersuchung
19 2
Kernspintomographie/Magnetresonanztomographie (MRT)
Auf der magnetischen Kernresonanz beruhendes Untersuchungsverfahren, das
Schnittbilder des Körpers in beliebiger Ebene (axial, sagittal und frontal) ver-
mittelt. Vorteil: keine ionisierende Strahlung, verschiedene Schnittebenen.
Diagnostische Wertigkeit bei urologischen Erkrankungen: Dem CT ver-
gleichbar, diesem nur ausnahmsweise überlegen.
Die Instrumentation der Harnwege verlangt eine strikt aseptische Technik. Sie
sollte deshalb – mit Ausnahme des Katheterismus – nur unter OP-Bedingungen
vorgenommen werden. Die unsachgemäße Einführung der Instrumente ist
nicht nur sehr unangenehm, sondern kann auch gravierende Spätfolgen nach
sich ziehen. Instrumentelle und endoskopische Maßnahmen beim Mann sind
deshalb die Domäne des Urologen.
Katheterismus
Indikationen.
4 Blasenentleerung bei Abflussbehinderung,
4 Freihaltung und Überwachung der Urinausscheidung (postoperativ, Trau-
ma, Schock),
4 Restharnbestimmung (ausnahmsweise),
4 Uringewinnung zur bakteriologischen Untersuchung bei der Frau.
! Mit der Charrièrezahl meint man den Umfang (U) in mm. Davon aus-
gehend ergibt sich der Durchmesser (= 2r) wie folgt:
U = 2r x π; π = ungefähr 3; Durchmesser = U/π also etwa = U/3
Die Teilung der Charrièrezahl durch 3 ergibt also in etwa den Durch-
messer in mm.
Blasenspülung
4 Zur mechanischen Reinigung der Blase bei Dauerkatheterträgern mit Ten-
denz zur Steinbildung. Desinfektionsmittel oder Antibiotikalösungen als
Spülflüssigkeiten sind teuer. Ebenso gut geeignet sind: abgekochtes Wasser,
Ringerlaktat.
Eine dem Blasenvolumen entspechende Flüssigkeitsmenge wird unter Ver-
wendung einer Blasenspritze und kräftigem Stempeldruck mehrfach instilliert.
4 Zur Gewinnung von Zellmaterial bei Verdacht auf Urothelkarzinom. Iden-
tisches Vorgehen, aber mit 50 ml physiologischer NaCl-Lösung.
Endoskopie
Die endoskopische Untersuchung der unteren und oberen Harnwege ist aus der
urologischen Diagnostik und Therapie nicht mehr wegzudenken. Durch konti-
2.4 · Instrumentell-endoskopische Untersuchung
23 2
nuierliche technische Verbesserung der Instrumente, Optiken und Monitore ist
heute der gesamte Harntrakt der direkten Sicht zugänglich geworden. Die star-
ren Instrumente werden mehr und mehr durch flexible Endoskope ergänzt oder
durch diese ersetzt.
Das Prinzip ist bei allen urologischen Endoskopien gleich. Das Instrument
verfügt über eine Optik, einen Kanal zur kontinuierlichen Spülung und einen
Arbeitskanal, durch den verschiedene Instrumente (Zangen, Schlingen etc.)
eingeführt werden können. Das Licht wird über ein Glasfaserkabel von der
externen Lichtquelle zum Endoskop und durch dieses an den Beobachtungsort
geleitet. Das Bild wird meist mit einer Kamera registriert und auf einen Monitor
übertragen.
Mannes anpassen). Dazu wird die Harnröhre mit einem ein Lokalanästhetikum
enthaltenden Gel unempfindlich gemacht. Das Einführen der Instrumentes
2 erfolgt unter Sicht und erlaubt die Beurteilung der Harnröhre (Einengungen,
Via falsa, Tumoren), der Prostata (Obstruktion, Größe) und der Blase (Diverti-
kel, Tumoren, Fremdkörper, Lage der Ostien).
Für Interventionen werden in der Regel starre Instrumente verwendet und
der Patient erhält eine Analgosedierung oder eine Anästhesie. Mögliche zysto-
skopische Maßnahmen sind: Einführen von Kathetern in die oberen Harn-
wege zur Diagnostik (retrograde Röntgendarstellung, Entnahme von seiten-
getrenntem Urin für bakteriologische oder zytologische Untersuchungen)
und Therapie (Sicherung der Harnabflusses durch Einlage von Ureterschienen,
z.B. Doppel-J-Katheter). Für transurethrale chirurgische Eingriffe an und in
der Blase und an der Prostata ist eine Anästhesie (spinal oder Vollnarkose)
nötig.
Zur Beurteilung des Sphinkterschlusses wird ein Messkatheter, aus dem eine
Spüllösung in konstantem Fluss ausströmt, langsam durch die hintere Harn-
röhre gezogen und ein »Druckprofil« aufgezeichnet (. Abb. 2.10).
Harnflussmessung (Uroflowmetrie)
Die Uroflowmetrie ermöglicht die objektive Messung des Harnflusses in ml/s
und ist indiziert zur Beurteilung der Abflussbehinderung bei Prostataerkran-
kungen und Harnröhrenstrikturen.
26 Kapitel 2 · Urologische Diagnostik
Cave: Die Urinflussrate kann auch bei schwachem Detensor erniedrigt sein.
(nicht nur bei Obstruktion).
Lösungen → S. 216
II Urologische Erkrankungen
4 Entzündungen – 51
5 Harnsteinerkrankungen (Urolithiasis) – 69
Wichtige Anomalien
der Urogenitalorgane
3.1 Nierenanomalien – 33
3.3 Ureteranomalien – 41
3.4 Blasenanomalien – 46
. Abb. 3.1. Wichtige Anomalien in der Übersicht (nach Allgöwer u. Siewert 1992)
3.1 · Nierenanomalien
33 3
Bedeutung. Der größere Teil der Anomalien sind Normvarianten ohne patho-
genetische Folgen (z.B. Nierenbeckenvariationen). Manche Anomalien sind
aber echte Missbildungen mit entsprechend schweren Konsequenzen für den
Betroffenen (z.B. Blasenekstrophie). Einige sind mit dem Leben gar nicht zu
vereinbaren (z.B. Nierenagenesie, frühkindliche Form der polyzystischen Nie-
rendysplasie).
Entdeckung. Oft zufällig (Ultraschall), evtl. pränatal oder bei der Abklärung
von Nierenfunktionsstörungen, Harnwegsinfekten, Hypertonie.
3.1 Nierenanomalien
Ursache. Fehlen des Wolff-Ganges bzw. der Ureterknospe, Ausbleiben der Dif-
ferenzierung des metanephrogenen Gewebes.
! Keine Entfernung einer verletzten oder erkrankten Niere ohne vor-
herige Beurteilung des Schwesterorgans.
Mehrfachbildungen
Ursache. Spaltung der Ureterknospe → dendritisches Nierenbecken → Ureter
fissus → Ureter duplex (2 Ostien).
Meyer-Weigert-Regel. Kranial-laterales Ostium (mit kurzem intramuralem
Ureter) gehört zum kaudalen ableitenden System (. Abb. 3.6b).
3.1 · Nierenanomalien
35 3
Klinik. Bei Ureter duplex findet sich gehäuft Reflux, gelegentlich auch Stauung
(z.B. durch Ureterozelenbildung). Es handelt sich in der Regel aber um harm-
lose – bei der urographischen Untersuchung entdeckte – Zufallsbefunde.
Rotationsanomalien
Zum Beispiel: »Kuchenniere« mit ventral gelegenem Nierenbecken, ähnlich den
Hufeisennieren. Meist ohne Bedeutung.
Verschmelzungsanomalien (Hufeisennieren)
Ursache. Fusion beider Nierenblasteme, kaudal von der A. mesenterica inferior,
häufig kombiniert mit weiteren Anlagestörungen: asymmetrische Verlagerung
(L-Nieren), Hypoplasie eines Nierenanteils, Gefäßanomalien, Malrotation, un-
vollständige Ascension. Männliches Geschlecht bevorzugt (2 : 1).
Klinik. Häufig ist der Abfluss aus dem Nierenbecken behindert (Hydrone-
phrose), dadurch vermehrte Steinbildung (30%) und Infektdisposition. 2/3 der
Hufeisennieren bleiben symptomlos.
Dystopien
Beckenniere, Thoraxniere, gekreuzte Dystopie (Niere liegt auf der Gegenseite,
Uretermündungen normal).
Nierengefäßanomalien
Variationen der Gefäßversorgung sind sehr häufig und in der Regel bedeu-
tungslos. Gelegentlich sind sie die Ursache von Hydronephrosen, weil sie als
»Polgefäße« den pyeloureteralen Übergang kreuzen.
Intrarenale Gefäßmissbildungen (Aneurysmen, arteriovenöse Fisteln) kön-
nen angeboren oder erworben (Punktionen) sein.
Die fibromuskulöse Hyperplasie der Nierenarterienwand engt das Gefäß-
lumen ein und ist eine Ursache der renalen Hypertonie.
Zystische Nierenfehlbildungen
Mit der zunehmenden Verwendung von Ultraschall und CT und der sicher
ständig verbessernden Auflösung werden vermehrt zystische Raumforderun-
36 Kapitel 3 · Wichtige Anomalien der Urogenitalorgane
IIF Wie II, aber Verkalkungen können dicker Maligner Tumor selten;
oder nodular sein, minimales Anreichern Kontrolle nach 6–12
der Septen Monaten
gen in der Niere gefunden. Diese werden heute nach den Kriterien von Bosniak
(aufgrund des CT-Bildes) in 4 Kategorien eingeteilt (. Tabelle 3.1).
! Banale Zysten sind häufig und müssen nicht behandelt werden.
Polyzystische Nierenfehlbildungen
Angeboren, vererbbar, bilateral, progredient, oft kombiniert mit Zysten anderer
Organe, v.a. der Leber.
4 Infantile Form: Unmittelbar letal (autosomal-rezessiv vererbt).
4 Adulte Form: Manifestiert sich in der Regel zwischen dem 30. und 50. Le-
bensjahr (autosomal-dominant vererbt).
. Abb. 3.4. Zystennieren beidseits. Große, das ganze Nierenparenchym verdrängende Zys-
ten (Pfeile) in beiden Nieren. Die übrigen Bauchorgane sind verdrängt.
Prognose. In der Regel vergehen vom Zeitpunkt des Auftretens klinischer Er-
scheinungen bis zur Niereninsuffizienz 5–10 Jahre.
Markschwammniere
Charakteristisch sind pfefferkorngroße Zysten im Bereich der Papillen, ein-
oder doppelseitig auftretend; evtl. sind nur Teile einer Niere befallen. Angebo-
ren, aber nicht hereditär.
Klinik. Die Krankheit ist häufig kombiniert mit Hyperkalziurie und Tendenz zur
Steinbildung in den Zysten: Rezidivierende Uretersteine.
38 Kapitel 3 · Wichtige Anomalien der Urogenitalorgane
3 Therapie. Meist keine. Bei partiellem Befall der Niere evtl. Teilresektion.
Nephroptose
(»Senkniere«, »Wanderniere«, Ren mobilis). Die normale Niere verschiebt sich
um 1–2 Wirbelkörper (Liegen → Stehen). Die rechte Niere steht immer tiefer.
Die Nephroptose ist Ausdruck einer allgemeinen Enteroptose und abnor-
mer Beweglichkeit durch Lockerung der renalen Fixierung. In der Regel symp-
tomlos, in Einzelfällen vorübergehende Abflussbehinderung mit Druckgefühl
möglich (. Abb. 3.5).
Betroffen ist vorwiegend die rechte Niere, besonders bei grazilen Frauen
(oder nach starker Gewichtsabnahme). Keine Behandlungsnotwendigkeit.
. Abb. 3.5. Nephroptose: Senkung und Kippung der Niere. Zug am Gefäßbündel. Vorüber-
gehende Abflussbehinderung aus dem Nierenbecken möglich
3.2 · Anomalien des Nierenhohlsystems
39 3
! Vorsicht mit so genannter Nephropexie.
Fallbeispiel
Anamnese. Eine 55-jährige Frau konsultiert wegen Oberbauchbeschwerden,
vor allem Druck- und Völlegefühl, den Hausarzt, der zuerst symptomatisch be-
handelt. Wegen einer Hypertonie von 150/95 wird eine blutdrucksenkende The-
rapie eingeleitet. Als einige Wochen später eine rechtsseitige Nierenkolik mit
Hämaturie auftritt, wird eine Serumprobe entnommen, die eine Kreatininer-
höhung auf 150 mol/L ergibt. Im Urinstatus finden sich nur leicht vermehrt
Erythrozyten.
Weitere Abklärungen. Erstmals wird nun der Oberbauch der Patientin inspiziert.
Er ist aufgetrieben, man denkt an eine Lebervergrößerung. Zur Abklärung wird
eine Computertomographie veranlasst, die beidseits massiv vergrößerte Zysten-
nieren ergibt. Retrospektiv erfolgt nun auch eine genauere Familienanamnese.
Diese ergibt, dass eine Tante mit 50 Jahren an Urämie gestorben ist.
Hydronephrose (»Sackniere«)
Normalerweise fasst das Nierenbecken 4–5 ml. In hydronephrotisch erweiter-
ten Sacknieren finden sich bis zu 1.000 ml Urin.
40 Kapitel 3 · Wichtige Anomalien der Urogenitalorgane
3.3 Ureteranomalien
Zahlenmäßige Anomalien
Doppelanlagen (. Abb. 3.7).
4 Ureter fissus: 1 Ostium.
4 Ureter duplex: 2 Ostien, nicht selten vesikorenaler Reflux mit Infektkompli-
kationen, Ureterozelenbildung, ektopische Mündung eines Ureters; 7 auch
Abschn. 3.1 (Mehrfachbildungen).
Lageanomalien
Retrokavaler Ureter. Sehr selten. Erweiterung von proximalem Ureter und Nie-
renbecken.
42 Kapitel 3 · Wichtige Anomalien der Urogenitalorgane
Strukturelle Anomalien
Megaureter. Angeborene Uretererweiterung, oft ohne sicheres Abflusshinder-
nis an der vesikoureteralen Einmündung, mit oder ohne Reflux. Gelegentlich
kombiniert mit Blasen- bzw. Blasenhalsanomalien und Urethrastenosen.
Reflux
Antirefluxmechanismus. Die Längsmuskelfasern der Uretermündung, die ins
Trigonum einstrahlen, werden während der Miktion durch die Trigonummus-
kulatur blasenhalswärts gespannt. Dadurch verengt sich das Lumen des termi-
nalen Ureters zum virtuellen Spalt. Gleichzeitig wird der intramural-intrave-
sikale Abschnitt durch den Miktionsdruck der Blase (bis zu 50 mmHg) auf der
Muskelunterlage komprimiert.
Das Aufsteigen von Bakterien aus den unteren Harnwegen ins Nierenbecken ist
die Hauptursache der chronischen Pyelonephritis.
Therapie. Je geringer der Refluxgrad und je jünger der Patient, desto konserva-
tiver die Behandlung!
Die meisten Refluxgrade I und II und etwa 50% der Grade III heilen spontan
aus. Da aber auch von den Graden IV und V einige ausheilen, ist oft – v. a. bei
sehr kleinen Kindern – ein konservatives Vorgehen zu rechtfertigen.
4 Konservativ: Vor allem bei Kleinkindern. Möglichst häufige und vollstän-
dige Entleerung der Harnwege nach der Uhr. Zur Verhinderung von In-
fekten (Refluxgrade III bis V): Niederdosis-Langzeit-Antibiotikaprophylaxe
bis zur Ausheilung des Refluxes. Bei septischen Symptomen sofortige Harn-
ableitung und hochdosierte Antibiotikagabe. Regelmäßige Kontrolle von
Urin, Nierenentwicklung und -funktion.
4 Chirurgisch: Oft – aber nicht routinemäßig – bei hohen Refluxgraden
(IV und V). Indiziert bei progredienter Nierenfunktionsverschlechterung,
»Durchbruchsinfekten« trotz Antibiotikaprophylaxe und perisistierendem
Reflux bei älteren Kindern.
4 Behandlung etwaiger Refluxursachen wie Abflussbehinderung; Ausgleich
der Funktion bei neurogener Blase (z.B. durch intermittierenden Selbst-
katheterismus oder TUR) und
4 »Reparatur« des Antirefluxventils; Operationen an der Einmündungsstelle
des Harnleiters, die eine Rekonstruktion des Ventilmechanismus an-
streben.
4 Entfernung des infektiösen Herdes bei einseitigem Befall und gesunder Ge-
genniere durch Nephrektomie.
3.3 · Ureteranomalien
45 3
Ektopische Uretermündung
Im Trigonum (Ureter duplex), in der Urethra (vor oder hinter dem Sphinkter-
system), in Vagina, Samenblasen und Rektum (sehr selten).
Gemäß der Meyer-Weigert-Regel handelt es sich immer um den zum kra-
nialen Teil der Niere gehörenden Doppelureter (. Abb. 3.7).
Ureterozele
Kongenitale Ostiumstenose: ballonartige Vorwölbung des submukösen Ure-
terabschnitts mit punktförmigem Ostium, gelegentlich Hydroureter.
3.4 Blasenanomalien
Urachusfistel/Urachuszyste
Selten. Vollständige bzw. partielle Persistenz des Urachusganges.
3 Klinik: Zystenbildung in der Medianlinie, Urinaustritt in der Nabelge-
gend.
Blasenekstrophie
Sehr selten, häufiger bei Knaben. Blase plattenartig, mit der Haut kommuni-
zierend, kombiniert mit Anomalien der Bauchdeckenmuskulatur und des Be-
ckenskeletts (fehlender Symphysenschluss). Es sind unterschiedliche Schwere-
grade möglich (→ Epispadie).
Klinik: Inkontinenz, lokale Entzündungen und Pyelonephritis, gehäuft Tu-
moren der Blasenschleimhaut.
Verschlussoperationen sind selten erfolgreich: Kontinenz lässt sich kaum je
erreichen; deshalb wird häufig eine supravesikale Harnumleitung durchgeführt
(7 Kap. 10.4).
Blasendivertikel
Häufig. Die Disposition – eine lokale Schwäche der Detrusormuskulatur –
kann angeboren sein. Die ballonartige Ausstülpung der Schleimhaut durch
die Blasenwand erfolgt besonders oft im Bereiche der Uretereinmündungsstel-
len und wird durch subvesikale Abflusshindernisse und neurogene Dysfunk-
tion gefördert.
Klinik: Schwacher Harnstrahl, chronische Blaseninfekte mit Steinbil-
dung.
Hypospadie
Ventrale Verschlussstörung der Urethralrinne (Hypospadia glandis, penis, pe-
noscrotalis). Meist besteht ein distaler Bindegewebestrang (Chorda), der eine
Peniskrümmung nach unten zur Folge hat (. Abb. 10.1, S. 164).
3 Nach Exzision der Chorda wird die Urethralrinne plastisch verschlossen.
Die operative Korrektur sollte bis zum Schuleintritt abgeschlossen sein.
Epispadie
Viel seltener als Hypospadie! Offenbleiben des Urethraldaches (dorsal) meist
mit Sphinkterdefekt. Extreme Ausbildung → Blasenekstrophie.
Auch hier wird die offene Urethralrinne plastisch verschlossen. Bei feh-
lendem Sphinktermechanismus (Inkontinenz): supravesikale Harnumleitung.
Phimose
Angeborene oder erworbene Enge der Vorhautöffnung → Smegmaretention →
Balanitis → narbige Verengung (→ Peniskarzinom). Die Behandlung erfolgt
durch Zirkumzision. Bei Verengung des Meatus (Meatusstenose) ist die chirur-
gische Erweiterung (Meatotomie) notwendig.
Fallbeispiel
Anamnese. Bei der Rekrutenmusterung wird festgestellt, dass bei einem 19-
jährigen Lehrling der rechte Hoden fehlt. Er wird deshalb an die urologische
Poliklinik gewiesen.
Weitere Abklärung. Das rechte Hemiskrotum ist hypotroph und leer. Der äuße-
re Leistenring ist tastbar. Ein Samenstrang oder Hoden lässt sich im bzw. unter-
halb des Leistenrings nicht finden. Hormonstatus und Spermiogramm sind un-
auffällig. Deshalb wird ein Magnetresonanztomogramm (MRI) durchgeführt, in
dem der Hoden retroperitoneal rechts oberhalb der Beckengefäße zur Darstel-
lung kommt. Er ist stark hypoplastisch.
Beurteilung. Wegen der hohen Lage und der Hypoplasie des kryptorchen Ho-
dens ist eine Orchidopexie weder möglich noch sinnvoll. In kryptorchen Hoden
besteht zudem ein stark erhöhtes Risiko für maligne Entartung. Eine Selbstkont-
rolle ist selbstverständlich nicht möglich. Es wird dem Patienten deshalb die
Entfernung des rechten Hodens empfohlen.
? Übungsfragen
1. Was versteht man unter einer Hufeisenniere?
2. Was ist der Unterschied zwischen einem Ureter fissus und einem Ureter duplex?
3. Wo mündet beim doppelt angelegten Ureter, der die obere Kelchgruppe ablei-
3 tende Harnleiter in die Blase?
4. Was ist der Unterschied zwischen einer Nierenzyste und einer Hydronephrose?
Überlegen Sie sich die Behandlung der genannten Erkrankungen!
5. An welche Ursachen denken Sie, wenn Sie auf einer Seite einen erweiterten
Ureter feststellen?
6. Wie diagnostizieren Sie einen Reflux?
7. Kennen Sie den Unterschied zwischen Hypospadie und Epispadie? Wie steht es
mit der Harnkontinenz bei diesen Fehlbildungen?
8. Wie beraten Sie einen jungen Mann bei dem nur auf einer Seite ein (normaler)
Hoden tastbar ist?
Lösungen → S. 216
4
Entzündungen
4.1 Der unspezifische Harnwegsinfekt (HWI) – 52
4.2 Pathophysiologie – 53
4.3 Klinik – 56
Praxis Spital
Escherichia coli 72 58
Proteus mirabilis 4 7
Klebsiella-Enterobacter 4 8
Enterokokken 2 8
Staphylokokken 16 8
andere 2 11
100 100
4.2 · Pathophysiologie
53 4
4.2 Pathophysiologie
Nach physiologischer Miktion bleibt kein Urin in der Blase zurück. Die Bakte-
rien sind den endogenen Abwehrfaktoren intensiv ausgesetzt. Durch den neu
ausgeschiedenen Urin wird ihre Konzentration zudem reduziert. Der Zeitfaktor
ist allerdings in Bezug auf die Bakterienverdünnung nur linear, in Bezug auf die
Bakterienvermehrung aber im Quadrat wirksam. Deshalb sind Diuresesteige-
rung und häufige Miktionen die Grundlage der Infekttherapie.
54 Kapitel 4 · Entzündungen
Allgemeine Infektdiagnostik
Harngewinnung. Grundsätzlich nur Mittelstrahlurin nach vorheriger Reini-
gung der Harnröhrenmündung. Bei pathologischem Mittelstrahlurinbefund
der Frau → Katheterismus. Die diagnostische Blasenpunktion ist für die Allge-
meinpraxis ungeeignet.
4.2 · Pathophysiologie
55 4
Teststreifenuntersuchung. Zur raschen semiquantitativen Bestimmung von
pH, Proteinurie, Glukosurie, Hämaturie, Ketonkörpern, Urobilinogen, Bili-
rubin.
Auch Erythrozyten oder Leukozyten lassen sich erfassen, zudem vermittelt
die Nitritprobe erste Hinweise auf einen Infekt. Der pathologische Befund wird
in der Regel durch eine Sedimentuntersuchung bestätigt.
4 4.3 Klinik
Akute Infekte
Bei der Frau sind akute Blaseninfekte häufig und entwickeln sich oft
nach Geschlechtsverkehr. Beim jungen Mann dagegen ist die akute Zystitis
selten. Oft sind hier zusätzliche Faktoren beteiligt (Restharn, Steine, Tumo-
ren).
Chronische Infekte
Chronische Bakteriurie und Pyurie sind Ausdruck einer chronischen Pyelo-
nephritis und verlangen nach sorgfältiger radiologischer und funktioneller Ab-
klärung. Die Identifikation der Keime ist bei solchen Patienten nur der erste
diagnostische Schritt. Unterhaltende Faktoren sind:
4 Reflux,
4 Nephrolithiasis,
4 Diabetes,
4 Abflussbehinderung.
Die Klinik ist häufig symptomarm; evtl. leichte Blasenreizung, trüber, übelrie-
chender Harn, Müdigkeit, Kopfschmerz, Inappetenz, sekundäre Anämie, leich-
te Proteinurie.
Leukozytenzylinder sind beweisend für Pyelonephritis.
In fortgeschrittenen Fällen finden sich radiologisch asymmetrisch verklei-
nerte, unregelmäßig konturierte Nieren mit plumpen Kelchen (. Abb. 4.2).
58 Kapitel 4 · Entzündungen
Fallbeispiel
Anamnese. Eine 30-jährige Lehrerin muss immer wieder einmal wegen »grippa-
ler Erkrankung« dem Unterricht fernbleiben. Angeblich ist sie seit vielen Jahren
empfindlich für Erkältungen aller Art. Jetzt konsultiert sie, weil sie sich gegen
Grippe impfen lassen möchte.
Befund. Der Hausarzt macht einen Urinstatus und findet eine massive Leuko-
zyturie. Gleichzeitig stellt er erhöhtes C-reaktives Protein (CRP) fest. Im Urin
finden sich in der Objektträgerkultur mehr als 100.000 Kolikeime pro ml.
Weitere Abklärung. Es wird eine Urographie durchgeführt, die eine schwer ent-
zündlich destruierte rechte Niere mit Papillennekrosen und hydronephrotischer
6
4.4 · Unspezifische Entzündungen der Urethra
59 4
Aufweitung des Hohlsystems zeigt. Auch der rechte Ureter ist segmentartig er-
weitert.
Die linke Niere ist vergrößert und das Nierenbeckenkelchsystem unauffällig.
Ein Isotopennephrogramm ergibt eine Funktionsverteilung von 30 zu 70 zu-
gunsten der linken Niere. Eine Refluxabklärung findet nicht statt.
Verlauf. Drei Monate nach dem Eingriff ist bei einer Kontrolle der Urin steril und
das CRP normal. Die Patientin hat an Gewicht zugenommen und fühlt sich völlig
gesund.
Prostatitis
»Prostatitis« wird oft als Verlegenheitsdiagnose missbraucht für unklare, manch-
mal auch psychosomatisch bedingte Urogenitalbeschwerden. Die Diagnose muss
deshalb durch einen Urologen gesichert oder ausgeschlossen werden. Keine vor-
schnelle Diagnose und »probatorische« oder »ex juvantibus« Antibiotikagabe.
Es gibt verschiedene Klassifikationen. Die heute gebräuchlichste ist die ge-
mäß dem amerikanischem National Institute of Health (NIH), 1998.
60 Kapitel 4 · Entzündungen
Befund. Der Patient macht einen kranken Eindruck. Im Urinstatus findet sich eine
massive Leukozyturie. Die Leukozyten im Blut betragen 16.000/μl und das CRP 184
mg/l. Im Ultraschall finden sich rund 100 ml Restharn. Die oberen Harnwege sind
nicht dilatiert. Eine rektale Untersuchung ist wegen Schmerzen nicht möglich.
Beurteilung: Es liegt eine akut bakterielle Prostatitis vor, wohl als Folge der Biop-
sie. Gefahr von Urosepsis und Prostataabszess.
Verlauf. In den folgenden 2 Tagen entwickelt der Patient immer wieder Fieber-
zacken. Ab dem 3. Tag fühlt er sich deutlich besser. Bei restharnfreier Miktion
wird die Zystostomie entfernt. Entlassung des Patienten und Weiterführen der
peroralen Antibiose für 10 Tage. Eine Kontrolle nach 6 Wochen zeigt einen wie-
der gesunden Patienten. Er berichtet noch etwas über Miktionsbeschwerden.
Der PSA-Wert beträgt noch 18 ng/ml und hat sich nach weiteren 3 Monaten
wieder auf 2,6 ng/ml normalisiert.
Norfloxacin. Noroxin 2-mal täglich 400 mg per os. Spektrum: Alle grampositi-
ven und -negativen Keime, inklusive Pseudomonas. Weniger gut gegen Entero-
kokken. Indikation: komplizierte Infektionen der oberen und unteren Harn-
wege. Nicht bei Kindern und Schwangeren.
Ciprofloxacin. Ciproxin 2-mal täglich 250 bis 750 mg per os. Spektrum: wie
4 Norfloxacin, aber höhere Gewebespiegel, kann auch intravenös gegeben wer-
den. Bei Pyelonephritis angezeigt.
Nitrofurantoin. Furadantin 3-mal täglich 100 mg per os. Spektrum: viele gram-
positive und -negative Keime, ohne Pseudomonas und einige Klebsiella, En-
terobacter, Proteus. Indikation: unkomplizierte Harnwegsinfekte.
Amoxicillin. Clamoxyl 3-mal täglich 375 mg bis 750 mg per os. Spektrum:
grampositive und -negative Keime, nicht β-Laktamase-stabil. Indikation: akute
Infekte der oberen und unteren Harnwege. Als Endokarditisprophylaxe bei
Katheterismus.
Pathologie. Der Primärherd liegt in der Regel in der Lunge. Von dort erfolgt
eine hämatogene Streuung, häufig im Zusammenhang mit der postprimären
Frühgeneralisation (Pleuritis, Erythema nodosum). Dabei bilden sich multiple
disseminierte Herde im Nierenparenchym (»parenchymatöses Initialstadium«),
die vollständig oder teilweise abheilen oder aber lokale Destruktion verursa-
chen. Konglomerattuberkel brechen ins Nierenbecken durch und führen zur
offenen Nierentuberkulose (»ulzerokavernöses Stadium« – Stadium 2).
Nun besteht die Möglichkeit zur »Pseudoheilung« durch Abriegelung oder
aber zum weiteren Umsichgreifen der Krankheit bis zur totalen Destruktion
(tuberkulöse Pyonephrose, »tuberkulöse Kittniere« – Stadium 3).
Die Krankheit breitet sich je nach Immunitätslage auch deszendierend
weiter aus: Nierenbecken → Harnleiter → Blase → Prostata → Nebenhoden
(. Abb. 4.3).
. Abb. 4.3. Typische Erkrankungsstellen bei Urogenitaltuberkulose, mit Hinweisen auf die
Folgen der Erkrankung
. Abb. 4.4. Stadieneinteilung der Nierentuberkulose mit Hinweisen für eine kombinierte
medikamentös-chirurgische Therapie
66 Kapitel 4 · Entzündungen
Bilharziose
Bei chronisch-therapieresistenter Zystitis lohnt sich die Aufnahme einer »Reise-
anamnese«. Bei Aufenthalten in Endemiegebieten sind parasitäre Infestationen
4 möglich.
Bei der Schistosomiasis verursachen die aus kleinen Blutgefäßen durch Ul-
zera in die Blase entleerten Eier von Schistosoma haematobium entzündliche
Symptome (terminale Dysurie) und Hämaturie. Narbenbildungen und Verkal-
kungen führen schließlich zu Blasenschrumpfungen und Stauung bzw. Reflux,
später auch zu Blasenkarzinomen. Zystoskopisch lassen sich tuberkelähnliche
Knötchen oder Ulzera erkennen. Die Histologie bestätigt die Vermutungsdiag-
nose. Der Allgemeinzustand ist durch Fieber und Schüttelfröste beeinträchtigt
und im Blutbild findet sich eine Eosinophilie.
Therapie. Die Behandlung erfolgt mit Praziquantel (20 mg/kg 2- bis 3-mal täg-
lich) und wird, wenn notwendig, durch chirurgische Maßnahmen ergänzt.
Echinokokkenerkrankung
Die Infektion mit Echinococcus multilocularis (auch granulosus) kann zu Zys-
tenbildungen in der Niere führen, die typischerweise ringförmige Kalkeinlage-
rungen zeigen und bei raumverdrängenden Prozessen differentialdiagnostisch
in Erwägung gezogen werden müssen. Meist oligosymptomatisch (dumpfer
Flankenschmerz). Diagnose durch CT. Gelegentlich serologische Bestätigung
notwendig.
Gonorrhö
Die Gonorrhö manifestiert sich bei Mann und Frau mit einer eitrigen Ure-
thritis und wird deshalb ab und zu auch in der urologischen Praxis be-
obachtet.
Bei der Frau führt sie überdies zu aufsteigenden Infektionen der inneren
Genitale. Auch beim Mann kann sie eine Prostatitis oder Epididymitis zur Fol-
ge haben. Der verursachende gramnegative intrazelluläre Diplococcus führt
typischerweise nach 3- bis 10-tägiger Inkubation zu starkem Brennen bei der
Miktion, kann aber auch (bei Frauen häufiger: 50–60%) klinisch weitgehend
symptomfrei vorhanden sein.
4.6 · Spezifische Entzündungen des Urogenitalsystems
67 4
Die Diagnose ist im Direktpräparat mit Gramfärbung oder in der Kultur
problemlos möglich. Urethraler Abstrich und spezielle Nährböden not-
wendig.
Die Behandlung ist einfach und erfolgreich. Die früher gebräuchlichen Pe-
nizilline sind wegen hoher Resistenzraten obsolet. Mittel der Wahl ist die intra-
muskuläre Einmaldosis von Ceftriaxome. Alternativen sind Ciprofloxacin oder
Doxycyclin per os.
Abklärung und Behandlung des Partners! An AIDS denken (ungeschützter
Geschlechtsverkehr).
Fallbeispiel
Anamnese. Ein 46-jähriger Facharbeiter aus dem Balkan wird vor dem Abschluss
einer Lebensversicherung ärztlich untersucht.
Befund. Im Urin finden sich ca. 20 Leukozyten und ca. 10 Erythrozyten pro Ge-
sichtsfeld. Der bakteriologische Objektträgerkulturbefund ist negativ. Die Blut-
senkung beträgt 15/–. Nach einer ungezielten zweiwöchigen Behandlung mit
Ciprofloxacin ist die Pyurie unverändert nachweisbar.
kungen gefüllt ist. Der Hauptkelch der unteren Kelchgruppe ist stenosiert. Bei
der Blasenspiegelung finden sich Rötungen im Bereich des rechten Ostiums.
Sonst ist die Blase unauffällig. Ebenso sind Hoden und Nebenhoden beidseits
unauffällig. Auch die Prostatabetastung ergibt keine Besonderheiten. Tuberkel-
bazillennachweis im Urin positiv.
? Übungsfragen
1. Was verstehen Sie unter einem »komplizierten« Harnwegsinfekt?
2. Welches ist der häufigste uropathogene Keim bei einer einfachen Zystitis?
3. Welche Methode benutzen Sie zur Uringewinnung beim Mann, wenn es
um die Frage geht, ob ein Harnwegsinfekt vorliegt?
4. Und bei der Frau?
5. Wie lange benötigt eine banale Zystitis zur Abheilung?
6. Zu welchen Überlegungen bezüglich Pathogenese und Therapie veranlasst Sie
das Auftreten von Schüttelfrostanfällen im Rahmen der Betreuung eines Pati-
enten mit Harnwegsinfekt?
7. Nennen Sie zwei gebräuchliche Medikamente zur Behandlung von Harnwegs-
infekten!
8. Bei welchem Harnbefund denken Sie an die Möglichkeit einer Harnwegs-
tuberkulose?
Lösungen → S. 217
51
Harnsteinerkrankung
(Urolithiasis)
5.1 Pathophysiologie – 70
Die Erkrankung ist seit dem Altertum bekannt und weltweit verbreitet; sie tritt
gehäuft in warmen, trockenen Zonen und in Gebieten mit einseitiger Mangel-
ernährung auf. Die Häufigkeit nimmt offenbar auch in Europa eher zu: rund
3–4% der Bevölkerung leidet an Harnsteinen (größenordnungsmäßig ähnlich
Diabetes mellitus).
5.1 Pathophysiologie
5
Harnsteinbildung
Die Konkremententstehung wird heute als Kristallisationsprozess aufgefasst,
der in einem mit steinbildenden Substanzen übersättigten Urin (Ionenprodukt
über der Löslichkeitsgrenze) abläuft. Die Kristalle lagern sich zusammen. Man
spricht von Aggregation und anschließender epitaktischer Auflagerung neuer
Kristalle auf die Oberfläche der Aggregate, wodurch die typische Schichtung der
Harnsteine zustande kommt (. Abb. 5.1).
Die Rolle eines – vermutlich organischen – Kristallisationszentrums (Ma-
trix) als Ausgangspunkt der Steinbildung ist umstritten.
Unumstritten ist aber, dass die Übersättigung des Urins mit steinbildenden
Ionen (Ca, NH4, PO4, Oxalat, Urat) eine fördernde und die Anwesenheit von
»Inhibitoren« (Zitrat, Pyrophosphat, saure Mukopolysaccharide u.a.) eine hem-
mende Wirkung haben.
Weitere, den Kristallisationsvorgang beeinflussende Faktoren sind:
4 pH des Urins: Phosphate sind bei niedrigem Urin-pH besser löslich, für
Harnsäure gilt das Gegenteil; die Löslichkeit der Oxalate lässt sich durch
pH-Verschiebungen nicht beeinflussen (. Abb. 5.2).
4 Urinvolumen: größere Urinmengen bedeuten geringeren Sättigungsgrad.
. Abb. 5.1. Zeichnung eines Blasensteins mit typischer Schichtung. Im Zentrum des scha-
lenförmigen Steins, die organisches Material enthaltende »Matrix« (nach Kleinschmidt 1911)
5.1 · Pathophysiologie
71 5
. Abb. 5.2. Löslichkeit steinbilden-
der Salze und Urin-pH (schematische
Darstellung). Hoher Sättigungsgrad
begünstigt Steinbildung
Für rund 20% der Harnsteine kennt man die Entstehungsursache oder zumin-
dest wesentliche kausalgenetische Faktoren. Beim verbleibenden Teil spricht
man von idiopathischer (ungeklärter) Steinbildung. In der Regel wirken bei der
Steinentstehung mehrere Faktoren zusammen.
Chemisch reine, nur aus einer Substanz bestehende Konkremente sind selten.
Orientiert man sich an der am Stein maßgeblich beteiligten Substanz, so ergibt
sich die in . Tabelle 5.1 angegebene Häufigkeitsverteilung.
Je nach Form, Größe und Lage verursacht das Konkrement die Erschei-
nungen der Harnsteinkrankheit (. Abb. 5.3). Ihre Prognose ist letztlich abhän-
gig von den steinbedingten Rückwirkungen auf die Nierenfunktion.
Klinisch unterscheidet man Harnwegskonkremente überdies nach ihrer
Röntgenschattendichte (in abnehmender Reihenfolge): Kalziumphosphat →
5.2 · Zusammensetzung, Form und Lage der Harnsteine
73 5
. Abb. 5.3. Lokalisation, Form und Bezeichnung für einige im Harnsystem auftretende
Steine
74 Kapitel 5 · Harnsteinerkrankung (Urolithiasis)
5 Steinkolik
Parenchymverkalkungen und Kelchsteine machen in der Regel keine
Beschwerden (»stumme« Steine). Freibewegliche, manchmal sehr kleine Kon-
kremente im Nierenbecken und im Harnleiter behindern den Harnfluss
und verursachen dadurch den typischen »Kolikschmerz«. Die Kolik tritt oft
in Ruhe und nachts auf. Sie ist gekennzeichnet durch vernichtenden, an-
und abschwellenden Schmerz in der Flanke oder dem Unterbauch, teil-
weise mit Ausstrahlung in die Genitalien. Patienten mit einer Kolik krüm-
men sich förmlich vor Schmerz. Die Kolik ist meist begleitet von Übelkeit,
Erbrechen, Darmparese mit Meteorismus, Druck- und Klopfempfindlichkeit
im betroffenen Nierenlager. Ganz im distalen Harnleiter gelegene Steine
können auch irritative Miktionsbeschwerden und ständigen Harndrang ver-
ursachen.
Tritt zur Stauung ein Infekt, kann rasch eine lebensbedrohliche Urosepsis
auftreten.
! Stauung + Infekt = Urosepsisgefahr.
Diagnostik
4 Klinik: Koliken. Klopfempfindlichkeit im betroffenen Nierenlager. Im Urin
meist Mikro-, evtl. Makrohämaturie. Bei Infekt: Fieber, Schüttelfrost, Erhö-
hung C-reaktives Protein, massive Leukozytose, evtl. Kreislaufsymptome.
4 Ultraschall: erstes bildgebendes Verfahren. Meist ist eine Dilatation in den
über dem Stein gelegenen Harnwegsabschnitten festzustellen. Oft kann der
Stein direkt gesehen werden. Auch »röntgennegative« Steine (Harnsäure)
können erkannt werden.
5.3 · Klinik und Diagnostik
75 5
. Abb. 5.4. Schmerzprojek-
tion beim Nieren- oder Ureter-
stein und beim Gallensteinlei-
den (nach Alken u. Sökeland
1982)
Therapie
4 Kolik: Analgetika (evtl. Spasmolytika): Metamizol-Natrium (Novalgin)
2–5 ml langsam i.v., Pethidin 80–100 mg i.v. Nichtsteroidale Analgetika
(z. B. Diclofenac) fördern den Steinabgang.
Analgetika müssen bei Koliken intravenös verabreicht werden. Wenn notwen-
dig »Entlastung« durch Doppel-J-Katheter (. Abb. 5.7) oder Nephrostomie.
5
! Bei Koliken hat die rasche intravenöse Analgesie Vorrang vor langwie-
riger Diagnostik.
4 Konkremente:
Zurückhaltend, abwartend. Symptomlose Parenchymverkalkungen und
Kelchsteine bedürfen in der Regel keiner Behandlung. Mehr als 80% aller
Steine gehen spontan ab! Bei abgangsfähigen Steinen korrekte Analgesie im
Kolikfall, Bewegung. Die früher gängige forcierte Diurese gilt heute als ob-
solet, da sie Koliken verstärken und eine Kelchruptur induzieren kann.
! Kein endoskopischer und chirurgischer Hyperaktivismus! Primum nil
nocere!
b
5.4 · Therapie und Metaphylaxe
81 5
. Abb. 5.10. »Steinstraße«
(Pfeile). Mehrere Desintegrale
im Ureterverlauf rechts. Zur
Entlastung musste eine Ne-
phrostomie eingelegt werden
. Abb. 5.12. Perkutane Litholapaxie eines Nierenbeckensteines (nach Eisenberger u. Miller 1987)
aufnehmen kann, durch das sich der Stein nach Zertrümmerung mit Zangen
entfernen bzw. ausspülen lässt. Dieses »perkutane Litholapaxie« genannte Ver-
fahren hat durch die Verbreitung der extrakorporalen Steinzertrümmerung an
Bedeutung eingebüßt (. Abb. 5.12).
Chirurgische Steinoperationen sind selten geworden. Indiziert sind sie
weiterhin beim Vorliegen von komplizierenden chirurgischen Nierenerkran-
kungen, die z.B. eine Pyelonplastik oder eine Teilresektion notwendig machen.
Auch große, nicht voroperierte Ausgusssteine sind eine gute chirurgische
Indikation geblieben.
Eine Steinauflösung durch peroral zugeführte Medikamente ist bei (rönt-
gendichten) kalziumhaltigen Steinen unmöglich. Anders bei Harnsäurekon-
krementen, die durch Harnalkalisierung auf pH 6,4 bis 6,7 und Diurese-
steigerung aufgelöst werden können.
Fallbeispiel
Anamnese. Eine 52-jährige Hausfrau meldet sich wegen Flankenschmerzen auf
der urologischen Poliklinik. Seit einigen Monaten bemerkt sie dumpfe Flanken-
schmerzen, die teilweise auch etwas stärker sind. Fraglich bemerkt sie auch
immer wieder Blut im Urin, vor allem nach dem Joggen. Außer 2 normalen Ge-
burten und einer Blinddarmoperation war sie immer gesund.
6
84 Kapitel 5 · Harnsteinerkrankung (Urolithiasis)
Weiteres Vorgehen. Die Patientin wünscht eine Behandlung. Sie wünscht zu-
nächst nur einen minimal-invasiven Eingriff und entschließt sich zur ESWL. Eine
Kontrolle danach zeigt, dass kaum eine Fragmentation des Steines eingetreten
ist. Sie entschließt sich deshalb schließlich doch zur perkutanen Nephrolithola-
paxie (PNL). In einem rund 1½-stündigen Eingriff in Narkose kann der Stein voll-
ständig zertrümmert und entfernt werden.
Verlauf. Ein Röntgenbild und ein antegrades Pyelogramm via die noch liegende
Nephrostomie am 3. postoperativen Tag bestätigt die Steinfreiheit und zeigt
einen guten Ablauf. Entfernung der Nephrostomie und Entlassung am Folgetag.
Empfehlung: Diuresesteigerung. Kontrolle nach 1 Jahr.
Fallbeispiel
Ein 30-jähriger Kaufmann leidet seit 12 Stunden an zunehmend starken Nieren-
koliken links. Er sucht im Kolikintervall die Notfallstation auf.
Anamnese. Der Kolikschmerz ist dem Patienten nicht unbekannt. Seit dem
20. Lebensjahr hat er gelegentlich Steinkoliken durchgemacht. Es sind drei
Uretersteine abgegangen (links und rechts). Eine Steinanalyse fand bisher
nicht statt.
5 In den letzten Stunden hat sich der Schmerz nach unten in die linke Leisten-
gegend verlagert und strahlt gegen das Skrotum aus. Fieber besteht nicht.
Lösungen → S. 217
6
Neubildungen
des Urogenitalsystems
(Tumoren)
6.1 Gutartige Tumoren
des Nierenparenchyms – 89
Gutartige Nierentumoren sind selten, meist klein und symptomlos; häufig han-
delt es sich um Zufallsbefunde. Meist sind es Adenome mit tubuluszellähnlichem
90 Kapitel 6 · Neubildungen des Urogenitalsystems (Tumoren)
Ätiologie. Grawitz (1884) glaubte an eine Entstehung aus in der Niere liegen-
den, versprengten Nebennierenzellen → Bezeichnung »Hypernephrom«. Diese
Hypothese hat sich als unrichtig erwiesen. Die Bezeichnung ist indessen weiter-
hin gebräuchlich. Wahrscheinlich entstehen Nierenzellkarzinome aus Adeno-
men. Gehäuft bei von Hippel- Lindau-Erkrankung.
Nephroblastom (Wilms-Tumor)
Häufigster Abdominaltumor des Kindes, 90% in der Altersgruppe 1–7-Jahre.
Im Gegensatz zum Adenokarzinom gutes Ansprechen auf Strahlen- oder Che-
motherapie. Prognose der kombinierten chirurgisch-radiotherapeutisch-che-
motherapeutischen Behandlung günstig (7 Kap. 10.8).
Liposarkom, Fibrosarkom
Sehr selten. Symptomatologie und Behandlung wie Adenokarzinom. Prognose
wesentlich ungünstiger, weniger als 10% Überlebende nach 5-Jahren.
Fallbeispiel
Anamnese. Ein 60-jähriger Redakteur, Kettenraucher, hat bei sich nun schon
zum 2. Mal eine kurzdauernde Makrohämaturieepisode beobachtet und ist be-
unruhigt.
Nierenbeckentumoren
Nierenbeckentumoren machen rund 10% aller Nierentumoren aus und sind
fast immer (90%) papilläre Urothelkarzinome.
Oft treten die Geschwülste multipel auf (30–40%) oder führen zu Ablegern
in Ureter und Blase. Männer sind doppelt so häufig betroffen wie Frauen.
96 Kapitel 6 · Neubildungen des Urogenitalsystems (Tumoren)
Pathologie. Die dünne Wand der oberen Harnwege ist rasch durchwachsen →
Infiltration ins peripelvine Fettgewebe und Metastasierung in lumbale Lymph-
knoten.
Prognose. Je nach Tumortyp und Stadium: bei bedingt malignen Tumoren 80%,
bei infiltrierenden Karzinomen 25% Überlebende nach 5 Jahren.
Uretertumoren
Diese sind seltener und entwickeln sich in der Regel im distalen Abschnitt.
Ätiologie. Bereits 1895 hat der Chirurg Rehn einen Zusammenhang zwischen
Blasentumoren und einer Exposition mit Farbstoffen nachgewiesen. Seine Be-
zeichnung »Anilinkrebs« ist allerdings unzutreffend.
In Wirklichkeit sind es aromatische Amine (Amingruppe in Orthostel-
lung), die im Tierversuch Blasentumoren verursachen. Gefährdet sind die Ar-
beiter in gewissen Sparten der Textil-, Leder-, Farb- und Gummiindustrie. Zur
Tumorinduktion ist eine gewisse Expositionszeit notwendig (2 Jahre). Das Auf-
treten der Tumoren erfolgt nach einer Latenzzeit, die je nach Expositionsdauer
und Intensität zwischen 5 und 40 Jahren beträgt. Heute selten.
Auch das Zigarettenrauchen ist als blasentumorinduzierender Faktor gesi-
chert. Die Konzentrationen der Tryptophanmetaboliten im Urin liegen bei Rau-
chern bis zu 50% höher. Weiter können chronische Entzündungen (besonders
Bilharziose, evtl. Steine) zur Tumorbildung Anlass geben (→ Plattenepithelkar-
zinome).
Urinstase und Restharn (in Divertikeln) begünstigen vermutlich die Tu-
morentstehung (auch in den oberen Harnwegen).
Pathologie. Es handelt sich in der Regel (> 90%) um Tumoren vom Übergangs-
epitheltyp. Vom Wachstumstyp her unterscheidet man papilläre Tumoren,
oberflächliche (Carcinoma in situ) und infiltrierende Karzinome unterschied-
licher T-Stadien (. Abb. 6.3). Das Carcinoma in situ (CIS) der Harnblase ist
vermutlich eine Vorstufe der invasiven Tumoren.
! Für die Klinik ist die Unterscheidung zwischen oberflächlichen (meist
relativ gutartigen) und invasiven (aggressiv wachsenden und metasta-
sierenden) Urothelkarzinomen hilfreich.
Diagnostik
4 Die Urethrozystoskopie, manchmal ergänzt durch eine Urinzytologie,
zeigt den Typ, die Ausdehnung und die Anzahl der Tumoren. Gesichert wird
die Diagnose mit einer transurethralen Resektion der Blase (TUR-B).
Durch die Anwendung der sog. photodynamischen Diagnostik (PDD)
kann die Detektionsrate von flachen, schwer sichtbaren Blasentumoren ver-
bessert werden. Hexaminolävulinsäure wird ca. 2 h vor der TUR-B in die
Blase instilliert und reichert dort in sich rasch vermehrenden Zellen an.
Befallene Stellen leuchten rot und können mit speziellen Fluoreszenz-Zys-
toskopen gut gesehen werden. Kommt insbesondere bei Verdacht auf Car-
cinoma in situ (CIS) zur Anwendung.
100 Kapitel 6 · Neubildungen des Urogenitalsystems (Tumoren)
. Abb. 6.5. Magnetresonanztomogramm eines Blasentumors. Man sieht einen diffus wach-
senden Tumor (Pfeil), der die Blasenwand aber noch nicht überschritten hat.
6.4 · Prostatakarzinom
101 6
Therapie. Bei der Indikationsstellung zu berücksichtigen sind Stadium, histolo-
gischer Typ, Malignitätsgrad, Alter, Allgemeinzustand, familiäre Situation u.a.
Behandlungsmöglichkeiten:
4 Transurethrale Resektion (TUR-B): Erster diagnostischer Schritt und Ba-
sis für die Beurteilung des weiteren Vorgehens. Ist gleichzeitig die definitive
Therapie bei oberflächlichen, gut differenzierten und lokalisierten Tumoren
(Ta, T1, evtl. T2 immer mit Nachresektion einige Wochen später). Vorteile:
kleines Operationstrauma, geringe postoperative Beschwerden, kurze
Krankheitsdauer, jederzeit wiederholbar.
4 Blasenteilresektion: Sehr selten indiziert: z.B. bei einem für die TUR-B
ungünstigen Tumorsitz in der Blasenkuppe bzw. an der Blasenhinter-
wand und beschränkter Lebenserwartung; Gefahr der Tumorzellver-
schleppung.
4 Zystektomie + Lymphadenektomie + Harndeviation: Für alle infilt-
rierenden und multizentrisch wachsenden Tumoren, die die Möglichkeiten
der TUR-B übersteigen und bei denen Heilung angestrebt wird (therapie-
resistentes Tis, T2/T3, N0, M0). Die Zystektomie ist nur sinnvoll, wenn kein
offensichtlicher Befall der regionalen Lymphknoten besteht (präoperatives
CT, Schnellschnittuntersuchung). Der Urin wird meist nach außen umge-
leitet. Zur Harnumleitung am gebräuchlichsten ist ein sog. Ileum conduit
mit äußerlich aufgeklebtem Auffangbeutel (. Abb. 12.8). Alternativ lässt
sich ein inneres Darmbeutelreservoir (»Ersatzblase«, »Neoblase«, »Pouch«)
bilden, das »kontinent« ist. Bevorzugt wird beim Mann, in letzter Zeit auch
vermehrt bei der Frau, die Verbindung dieser Neoblase mit der Urethra,
sofern diese tumorfrei ist (»orthotoper Blasenersatz«; . Abb. 12.7). Diese
Patienten haben eine mehr oder weniger »normale« Pressmiktion. Seltener
wird ein kontinenter Blasenersatz mit Verbindung zur Bauchhaut (meist im
Nabelbereich) gewählt, der regelmäßig durch Katheterismus entleert wer-
den muss.
4 Chemotherapie: Die Zytostatikabehandlung ist zu einer wichtigen Zusatz-
therapie geworden, die die Prognose des Blasenkarzinoms günstig beein-
flusst.
5 Die intravesikale Instillationsbehandlung (in Kombination mit der
TUR-B) bei diffusem oberflächlichen Tumorbefall (Mitomycin C,
Adriamycin, BCG) senkt die Rezidivrate und verlangsamt die Entste-
hung histologisch bösartiger, infiltrierender Rezidive. Die Instillation
von BCG-Impfstoff ist für das gefürchtete Carcinoma in situ (Tis) erste
102 Kapitel 6 · Neubildungen des Urogenitalsystems (Tumoren)
Prognose. Die Prognose hängt ab vom Malignitätsgrad (G) und von der Infil-
trationstiefe (T-Kategorie).
Die Fünfjahresüberlebensrate bei wenig invasivem Tumorwachstum
(T1/T2) liegt bei rund 60% oder weniger (bei niedrigem Differenzierungs-
grad); bei fortgeschrittener Infiltration der Harnblasenwand (T3/T4) 10% oder
weniger.
Fallbeispiel
Anamnese. »Hämorrhagische« Zystitis bei einem 61-jährigen Magazinverwalter
(Nichtraucher). Nach Behandlung mit Norfloxacin über zwei Wochen gehen die
Beschwerden nur teilweise zurück. Besonders die Pollakisurie bleibt und im Urin
kann weiterhin eine Mikrohämaturie nachgewiesen werden. Bakterien finden
sich aber bei wiederholter Untersuchung nicht.
6.4 Prostatakarzinom
Klinik. Von der Patientengruppe, die wegen Dysurie einen Arzt aufsucht, haben
ca. 10% ein Prostatakarzinom. Bei rund der Hälfte dieser Patienten sind zu
diesem Zeitpunkt bereits Metastasen vorhanden.
Bei einigen Prostatakarzinompatienten sind Metastasenschmerzen (»Lum-
bago«, »Ischias«) das erste Krankheitssymptom überhaupt. Heutzutage werden
die meisten Prostatakarzinome (>95%) nicht aufgrund von Symptomen ent-
deckt, sondern wegen einer PSA-Erhöhung.
! Chronische Lumbalgien bei über 60-jährigen Männern sind metasta-
senverdächtig.
Diagnostik
Rektaluntersuchung. Beurteilt werden:
4 Begrenzung → unscharfe Begrenzung bedeutet Infiltration.
4 Konsistenz → jede Induration ist karzinomverdächtig.
4 Oberflächenbeschaffenheit → die glatte Oberfläche des Adenoms wird
durch Karzinomknoten unregelmäßig.
6.4 · Prostatakarzinom
105 6
Laboruntersuchungen. Prostataspezifisches Antigen (PSA). Das PSA ist der
mit Abstand wichtigste Parameter für die Früherkennung des Prostatakarzi-
noms, für die Beurteilung von dessen Aktivität und der Erkennung eines Rezi-
dives nach der Behandlung.
4 Normwert: bis 4 ng/ml (= 4 mg pro Liter)
4 »Graubereich«: 4–10 ng/ml
4 Abklärungsbedürftig: > 10 ng/ml
Die sehr unspezifische alkalische Phosphatase (AP) spricht, wenn sie beim
Prostatakarzinom erhöht ist, für eine Skelettmetastasierung. Die saure Pros-
tataphosphatase wird nicht mehr gemessen.
Biopsie. Die Sicherung der Diagnose erfolgt heute durch die ultraschallgezielte
transrektale Biopsie (. Abb. 6.7).
Therapie
Alle Therapiemaßnahmen in der Chirurgie erfolgen aufgrund einer Indika-
tionsstellung, bei der eine Vielzahl von Faktoren (z.B. Überlebenserwartung,
Tumorstadium, Differenzierungsgrad usw.) berücksichtigt werden.
Die Therapiemöglichkeiten aufgrund des Tumorstadiums sind in . Tabel-
le 6.3 aufgeführt.
106 Kapitel 6 · Neubildungen des Urogenitalsystems (Tumoren)
a b
! Für Therapie und Prognose ist entscheidend, ob der Tumor noch organ-
begrenzt (≤ T2) ist (»Prognostische Wasserscheide«).
Die radikale Prostatektomie ist nur in Frühstadien (bis T2 N0) wirklich sinn-
voll. Sie bedeutet ein Risiko für die Erhaltung der Erektionsfähigkeit und
der Kontinenz (Belastungsinkontinenz) und für Strikturbildungen an der vesiko-
urethralen Anastomose. Die radikale Prostatektomie kann auf retropubischem,
perinealem und laparoskopischem Weg durchgeführt werden. Zurzeit ist un-
6.4 · Prostatakarzinom
107 6
. Abb. 6.7. Biopsie der Pros-
tata. Transrektale Entnahme
von Gewebe aus der Prostata
mit einer feinen Nadel zur
histologischen oder zytolo-
gischen Untersuchung
klar, ob eine der Methoden überlegen ist. Das Prinzip ist bei allen 3 Zugängen
identisch (. Abb. 6.8). In jüngster Zeit wird die Prostatektomie auch sog. robo-
terassistiert durchgeführt. Im Prinzip handelt es sich dabei um eine laparosko-
pische Operation. Die Instrumente und die Optik werden aber dabei nicht di-
rekt vom Chirurgen geführt, sondern von einer Maschine (die einem Roboter
ähnlich sieht). Der Chirurg sitzt an einer Konsole und führt die Instrumente.
Seine Bewegungen werden vom Roboter im Patienten präzise und zeitgleich
ausgeführt. Vorteil: dreidimensionale Sicht für den Chirurgen an der Konsole,
bessere Beweglichkeit der Instrumente, Elimination des Händezitterns. Nach-
teil: sehr teuer. Langzeitresultate noch nicht genügend vorhanden.
Die Strahlentherapie mit kurativem Ansatz ist nur in lokal begrenzten Sta-
dien (bis T3, N0–1, M0) sinnvoll. Sie kann eine vorübergehende Reizsympto-
matologie der Blase und des Darms zur Folge haben. Dauerschäden sind selten.
Die Potenz ist bei einem großen Teil der Patienten im späteren Verlauf ebenfalls
beeinträchtigt.
Eine besonders in den USA verbreitete, zunehmend auch in Europa ver-
wendete Art der Strahlentherapie ist die sog. Brachytherapie (»Seed-Implanta-
tion«, »Spickung«). Dabei wird die Strahlenquelle auf perinealem Weg direkt in
die Prostata eingebracht und entfaltet dort ihre Wirkung. Als Strahlenquelle
verwendet man meist kleine, permanent belassene, radioaktive Metallstifte
108 Kapitel 6 · Neubildungen des Urogenitalsystems (Tumoren)
T-Stadium Definition
T-Primärtumor
T1a Zufälliger histologischer Befund (z.B. bei TUR-P), ≤5% des unter-
suchten Gewebes befallen
N-Stadium Definition
N0 Keine regionären LK
N1 Regionäre LK-Metastasen
M – Fernmetastasen
M-Stadium Definition
M0 Keine Fernmetastasen
M1 Fernmetastasen
6.4 · Prostatakarzinom
109 6
T3 (NxM0) Wie T2, in der Regel jedoch keine Prostatektomie. Bei Hochvolt-
therapie größere Bestrahlungsfelder und zusätzlich antiandrogene
Behandlung
Alter Ø Lebenserwartung
60 19,6
65 15,8
70 12,5
75 9,4
80 7,1
85 3,8
6
(»Seeds«; 125Iod oder 103Palladium), seltener von außen eingestochene und nach
der Behandlung wieder entfernte Metallstäbe (109Iridium; sog. After-loading-
Technik). Langzeitresultate liegen erst beschränkt vor. Vorteil scheinen gerin-
gere Nebenwirkungen, v. a. auf die Sexualfunktion zu sein.
Die Verlaufsbeobachtung ohne Behandlung ist in ausgewählten Fällen
durchaus gerechtfertigt. Hochdifferenzierte Tumoren bleiben oft jahrelang sta-
tionär und dürfen deshalb bei Patienten mit begrenzter Lebenserwartung
durchaus vorerst einmal ohne Behandlung beobachtet werden (. Tabelle 6.4).
Die Indikationsstellung und Durchführung der Therapie verlangen aus den
angeführten Überlegungen große Erfahrung und enge Zusammenarbeit der
beteiligten Disziplinen (Urologie, Strahlentherapie, Onkologie) sowie die posi-
tive Mitwirkung des über sein Leiden aufgeklärten Patienten.
Prognose
Bei stadiengerechter Behandlung:
4 T1: ± normale Lebenserwartung,
4 T2: nach 5 Jahren 80% Überlebende, nach 10 Jahren 60% Überlebende,
4 T3/M0: nach 5 Jahren 40% Überlebende, nach 10 Jahren 25% Über-
lebende,
4 T3/T4/M+: Lebenserwartung einige Monate bis 1 Jahr.
Leider befinden sich zum Zeitpunkt der Diagnose viele Patienten bereits im
Stadium T3/T4/M+ und können nur noch palliativ behandelt werden. Die
6 Suche nach Frühfällen ist deshalb sinnvoll. Frühe Erkennung gestattet es bei
rund 40% der Karzinomträger, die Therapie in einem noch lokalisierten, von der
Prognose her aussichtsreichen Stadium einzuleiten. Die Mithilfe bei der Früher-
kennung ist deshalb – neben der Beratung des Patienten und gegebenenfalls der
Durchführung und Überwachung der antiandrogenen Therapie – eine sehr
wichtige Aufgabe des Hausarztes (Rektaluntersuchung, PSA-Bestimmung).
Fallbeispiel
Anamnese. Ein 50-jähriger Chemiker unterzieht sich einer »Check-up«-Untersu-
chung, anlässlich derer – auf seinen Wunsch – auch das PSA bestimmt wird.
Miktionsbeschwerden bestehen nicht. Anlass der Untersuchung war, dass sein
älterer Bruder an einem Prostatakarzinom erkrankt war.
Befund. PSA 8 ng/ml, bei der rektalen Untersuchung erweist sich die Prostata als
etwa 30 g schwer. Der rechte Lappen ist etwas asymmetrisch vergrößert und
zeigt eine etwas vermehrte Konsistenz.
Weitere Abklärung. Es erfolgt eine mit rektalem Ultraschall gezielte Biopsie, bei
der acht Gewebeproben (vier aus jedem Lappen) entnommen werden. Zwei der
drei Proben aus dem rechten Lappen sind von einem Adenokarzinom (Gleason-
Score 7) durchsetzt.
Fallbeispiel
Anamnese. Ein 74-jähriger Bauer meldet sich in der Sprechstunde mit Miktions-
beschwerden und zunehmenden Rückschmerzen. Er sei bis anhin noch nie bei
einem Arzt gewesen.
Befund. Bei der rektalen Palpation findet sich eine große, derbe, irregulär be-
grenzte Prostata. Der PSA-Wert beträgt 76 ng/ml. Im Ultraschall finden sich un-
gefähr 80 ml Restharn bei einer großen Prostata. Die oberen Harnwege sind
undilatiert.
Weitere Abklärung. Es wird dem Patienten eine Biopsie aus der Prostata emp-
fohlen, welche in allen Stanzen ein Prostatakarzinom mit einem Gleason-Score
von 4 + 5 = 9 ergibt. Ein Skelettszintigramm zeigt eine diffuse Anreicherung im
Stammskelett.
Therapie. Eine kurative Therapie ist nicht mehr möglich. Dem Patienten wird
deshalb die antiandrogene Therapie mit einer beidseitigen Orchiektomie emp-
fohlen.
6.5 Hodentumoren
Keimgewebetumoren (95%)
4 Seminome (> 50%)
4 Teratome/Teratokarzinome
4 embryonale Karzinome (< 50%)
4 Choriokarzinome
4 Dottersacktumoren (selten, Kinder)
4 Mischformen
Stromatumoren (4%), oft gutartig
4 Leydig-Zellen-Tumoren
4 Sertoli-Zellen-Tumoren
Metastasen (1%)
4 häufig maligne Lymphome
Diagnose
Die Frühdiagnose ist an sich leicht, wird aber nicht selten durch den Patienten
(weil kaum schmerzhaft) und gelegentlich auch durch den Arzt (der zuwenig
an diese gefährliche Erkrankung denkt) verzögert. Der typische Hodentumor
ist sehr hart und indolent.
! Eine schmerzlose oder wenig schmerzhafte derbe Hodenschwellung
ist so lange tumorverdächtig, bis das Gegenteil erwiesen ist. Die Abklä-
rung hat notfallmäßig zu erfolgen.
Hilfreich bei der Erstbeurteilung sind neben der Anamnese, Inspektion und
Palpation die Ultraschalluntersuchung oder, wenn nicht möglich, die Diapha-
noskopie (»Durchleuchtung« des erkrankten Skrotalinhalts mit einer starken
Lichtquelle).
Wichtige Abklärungen:
4 Onkofetale Tumormarker (Blutentnahme vor Orchiektomie!): α-Fetopro-
tein (AFP) bei Seminom nicht erhöht; β-HCG (humanes Choriongonado-
tropin) bei Seminom nur ausnahmsweise erhöht. Bei 80–90% der Träger
einer nichtseminomatösen Hodengeschwulst sind α-Fetoprotein oder β-
HCG oder beide Marker erhöht. Die Kontrolle der Tumormarker ist für die
Nachsorge sehr bedeutungsvoll.
4 Gynäkomastie spricht für einen hormonaktiven (Stroma-)Tumor → Hor-
monstatus.
4 Computertomographie des Abdomens und der Thoraxorgane: zur Beurtei-
6 lung der lymphogenen Metastasierung im Retroperitoneum und in den
Lungen (Stadiumdiagnostik).
Beurteilt werden:
4 Tumorausdehnung im Orchidektomiepräparat: pT-Stadium,
4 computertomographische Beurteilung der lymphatischen Ausbreitung:
N-Stadium,
4 Thoraxaufnahmen (bzw. Thorax-CT): M-Stadium,
4 histologische Diagnose und Ergebnis der Tumormarkerbestimmungen.
Im Hinblick auf die Therapie werden die folgenden klinischen Stadien unter-
schieden (. Abb. 6.9):
4 Stadium I: Tumor auf Hoden beschränkt, keine Metastasen,
4 Stadium II: Lymphknotenmetastasen unterhalb des Zwerchfells
(. Abb. 6.10),
4 Stadium III: Metastasen oberhalb des Zwerchfells und Fernmetastasen.
Seminome
4 Seminome sind sehr strahlensensibel.
4 Klinisches Stadium I(–II): Bestrahlung des Lymphabflussgebietes der
Hoden entlang der großen Gefäße bis zum Zwerchfell. In letzter Zeit ver-
mehrt 2 Zyklen Carboplatin (geringeres Risiko von Zweittumoren). 95–
100% Fünfjahresheilungen.
4 Klinisches Stadium II(–III): Eventuell Zusatzbestrahlung des Mediasti-
nums, zytostatische Chemotherapie, meist im Sinne einer Kombinationsbe-
handlung mit Cisplatin, Etoposid, Bleomycin (PEB). Fünfjahresüberlebens-
rate je nach Tumormasse und Lokalisation der Metastasen im Stadium II
6 95%, im Stadium III 70–90%.
Nichtseminomatöse Tumoren
4 Klinisches Stadium I: Hier bestehen 3 Möglichkeiten:
4 sorgfältige Nachkontrollen in kurzen Zeitabständen ohne weitere Therapie-
maßnahme (Überwachung oder »wait and see«),
4 adjuvante Chemotherapie (PEB),
4 seltener retroperitoneale Lymphadenektomie. Fünfjahresüberlebensrate:
95–100%.
4 Klinisches Stadium II: Zur Diskussion stehen Lymphadenektomie gefolgt
von Chemotherapie (PEB) und umgekehrt; Fünfjahresüberlebensrate bis
95%.
4 Klinisches Stadium III: Chemotherapie (PEB) evtl. kombiniert mit tumor-
reduktiver Metastasenchirurgie; Fünfjahresüberlebensrate 70–90%.
Befund. Der linke Hoden ist auf knapp Hühnereigröße angeschwollen, von der-
ber Konsistenz, aber glatter Oberfläche. Kein Durchschimmern der Lichtquelle
bei der Diaphanoskopie. Im Ultraschall solide Verschattung. Von den Tumormar-
kern im Serum ist das α-Fetoprotein mit 7 U/l normal und das β-HCG mit 10 U/l
nur wenig über der Norm. Das Thoraxbild ist unauffällig, ebenso das CT des
Abdomens, wo sich insbesondere im Nierenbereich keine Lymphknotenpakete
finden.
6.6 Peniskarzinom
? Übungsfragen
1. Was ist charakteristisch für die Metastasierung der wichtigsten Urogenital-
tumoren (Blase, Prostata, Hoden)?
2. Bei welchen Urogenitaltumoren ist eine Chemotherapie besonders aussichts-
reich und bei welchen weitgehend erfolglos?
3. Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Symptom »Hämaturie« und
Tumoren des Harnapparates?
4. Welche Überlegungen machen Sie, wenn in einem CT ein »raumverdrängender
zystischer Prozess« festgestellt wird und wie klären Sie den Befund weiter ab?
5. Wie »übersetzen« Sie den Bericht, dass bei einem Ihrer Patienten ein Urothelkar-
zinom der Harnblase vom Stadium T4, N+, M?/G3 vorliegt den Angehörigen
bezüglich der Behandlungsmöglichkeiten und der Prognose?
6. Wie beurteilen Sie das Rezidivrisiko bei »gutartigen« Blasenpapillomen (Ta/G1)
4 wenn ein solitäres Papillom entfernt wurde?
4 wenn mehrere Papillome entfernt wurden?
7. Welche Erkrankungen können zu einer Konsistenzvermehrung und zu einer
Veränderung der Oberflächenbeschaffenheit der rektal tastbaren Prostata-
abschnitte führen?
8. Welche Untersuchungen veranlassen Sie, wenn Sie ein Prostatakarzinom vermu-
ten?
9. Welche Behandlungsmöglichkeiten bestehen grundsätzlich im Anfangsstadium
(T2) eines Prostatakarzinoms?
10. Nennen Sie drei Erkrankungen, die eine einseitige Schwellung des Skrotal-
inhaltes verursachen können!
11. Welche Erkrankung begünstigt eindeutig die Entstehung eines Peniskarzi-
noms?
Lösungen → S. 217
7
Störungen
der Harnentleerung
und -speicherung
7.1 Prostatahypertrophie – 123
7.1 Prostatahypertrophie
. Abb. 7.1. Ursachen der Behinderung des freien Harnabflusses aus der Blase
124 Kapitel 7 · Störungen der Harnentleerung und -speicherung
Physiologie. Die Prostata entwickelt sich hormonal gesteuert, parallel zur ge-
schlechtlichen Reifung. Die Drüse nimmt in der Pubertät stark an Größe zu.
Kastration hat Atrophie zur Folge.
Das Prostatasekret ist zusammen mit dem Samenblasensekret ein wichtiger
Bestandteil der Samenflüssigkeit. Es enthält physiologische Ionen, Fruktose,
Zitronensäure, Zink, Phosphatasen und eiweißspaltende Enzyme. Diese bewir-
ken die Auflösung der Spermienagglutination und sind mitverantwortlich für
Mobiliät der Samenfäden.
7
Pathologie. Die BPH ist ein gutartiger, aus verschiedenen histologischen Kom-
ponenten zusammengesetzter Tumor, eigentlich eine Fibroadenomyomatose.
Die Bezeichnung »Prostatahypertrophie« ist deshalb irreführend, aber sehr ge-
bräuchlich.
Klinik
Prostatabedingte Miktionssymptome werden oft als »Prostatismus« bezeich-
net. In letzter Zeit wird zunehmend auch das Akronym LUTS (lower urinary
tract symptoms) verwendet. Der Begriff ist umständlicher, aber korrekter, weil
7.1 · Prostatahypertrophie
125 7
Lebensqualitätsindex L =
7.1 · Prostatahypertrophie
127 7
Abdomens gelegentlich eine Verwölbung erkennbar und tastbar, die der über-
dehnten Blase entspricht. In fortgeschrittenen Fällen findet man Stauungszei-
chen in den oberen Harnwegen (Verbreiterung und Schlängelung der Harn-
leiter, angelhakenartige Deformation der Uretereinmündung) und in der
Blase eventuell Divertikel oder Steine. Später Anstieg des Serumkreatinins.
Therapie
Medikamentöse Behandlung. In den Stadien I und II Beeinflussung der Symp-
tome durch Dekongestion der Prostata, körperliche Betätigung und leichte
Laxanzien (Phytotherapeutika: dekongestionierende Wirkung).
Neuere Medikamente, die den Abfluss durch Tonussenkung oder Volumen-
verkleinerung des Adenoms verbessern, sind:
4 α-Rezeptorenblocker. Sie senken den muskulären Tonus am Blasenhals und
in der Prostata, verbessern den Harnabfluss und mildern die irritativen
Symptome.
128 Kapitel 7 · Störungen der Harnentleerung und -speicherung
Die postoperative Mortaliät der Prostataoperationen liegt heute auch bei breiter
Indikationsstellung unter 0,5%. Dabei ist der oft ungünstige Allgemeinzustand
alter Patienten, die wenn immer möglich von ihrem Katheter befreit werden
möchten, in Rechnung zu stellen.
Die Erektionsfähigkeit bleibt nach transurethraler und auch nach transve-
sikaler Prostatektomie im Prinzip erhalten. In der Gruppe, die eine ungünstige
Beeinflussung der Potenz beklagt (10–20%), finden sich Patienten mit psy-
chischen Auffälligkeiten (erhöhte Ängstlichkeit, depressive Lebenseinstellung)
und vor allem auch Patienten, die ungenügend über den Eingriff und seine
Auswirkungen informiert wurden.
Unabhängig von der Operationsmethode ist aber die Fertilität nach der
Prostatektomie in der Regel erloschen, da nach der Entfernung des Adenoms
7 die Ejakulation retrograd in die Blase erfolgt (. Abb. 7.5).
. Abb. 7.5. Retrograde Ejakulation. Durch den nach der Operation weit offenen Blasenaus-
lass nimmt das Ejakulat den Weg des geringsten Widerstandes in die Blase und wird bei der
nächsten Miktion ausgeschieden. Das Orgasmusgefühl bleibt erhalten
7.1 · Prostatahypertrophie
131 7
Alternativ-instrumentelle Behandlung. Trotz sehr geringer Mortalität darf die
Morbidität nach TURP (15–20%) und die Notwendigkeit von Zweiteingriffen
(innerhalb von 5 Jahren) nicht bagatellisiert werden.
Diese Fakten sind u.a. Ursache für das zunehmende Interesse an alternativen
Behandlungsverfahren. Diese zielen auf eine Verbesserung des Harnflusses un-
ter Vermeidung der Risiken der Prostatektomie und, wenn immer möglich,
auch der Anästhesie. In klinischer Prüfung stehen u.a.:
4 Inzision des Blasenhalses (mit Hochfrequenz- oder Laserenergie),
4 laserchirurgische Abtragung des Adenomgewebes,
4 Thermotherapie mit Mikrowellenenergie.
! Bei der transurethralen und der transvesikalen Prostatektomie wird nur
das obstruierende Gewebe innerhalb der sog. »chirurgischen Kapsel«
entfernt. Nicht zu verwechseln mit der radikalen Prostatektomie bei
Krebs, bei der auch die periphere Zone und die Samenblasen sowie die
Endstücke der Samenleiter entfernt werden.
BPH in der Praxis. Die Aufgaben des praktischen Arztes bei der Abklärung und
Behandlung von BPH-Patienten sind vielfältig:
4 Wichtig ist die Beurteilung des Rektalbefundes: Handelt es sich allenfalls
um ein Karzinom?
4 Die Prostatektomie (Adenomresektion) bringt keine Sicherheit im
Hinblick auf die spätere Entwicklung eines Prostatakarzinomes, da das Kar-
zinom vom Drüsengewebe ausgeht, von der sog. »chirurgischen Kapsel«,
die bei der Adenomentfernung zurückbleibt.
! Prostatakrebs ist auch nach Prostatektomie möglich.
Fallbeispiel
Anamnese. Der 67-jährige, mit einer Freundin zusammenlebende Witwer bemerkt
seit Jahren eine Abnahme der Kraft des Harnstrahls. Er muss in letzter Zeit nachts
1- bis 2-mal aufstehen und kann dabei die Blase nur unbefriedigend entleeren.
Tagsüber verspürt er häufig Harndrang, den er oft kaum zurückhalten kann. Die
Selbstbehandlung mit verschiedenen Blasentees hat keine Besserung gebracht.
Verlauf. Bei der vereinbarten Kontrolle drei Monate nach der Operation findet
man eine restharnfreie Entleerung der Blase mit gutem Harnstrahl und unauffäl-
6
7.3 · Neurogene Blasenfunktionsstörungen
133 7
ligem Urinstatus. Die Beschwerden sind völlig verschwunden, und die Lebens-
qualität hat sich normalisiert. Eine Abnahme der Potenz hat der Patient nicht
beobachtet. Er ist mit seinem Zustand zufrieden und fühlt sich geheilt.
7.2 Prostatakarzinom
(7 Kap. 6.4)
7
Der Typ der Entleerungsstörung ist verschieden je nach Lage und Ausdehnung
der Läsion und je nach Ausmaß des neurologischen Funktionsdefizits.
Klinik. Die Diagnose des Funktionstyps beruht auf der Beurteilung der neuro-
logischen Ausfälle.
Bei der Reflexblase sind Bulbokavernosusreflex und Analreflex (somatisch)
erhalten. Der Eiswassertest (autonom) ist positiv (spontane Ausstoßung des
Katheters nach Füllung der Blase mit eiskaltem Wasser).
7.3 · Neurogene Blasenfunktionsstörungen
135 7
Bei der Zystometrie sieht man einen meist raschen Anstieg der Druckkurve
und das Auftreten von ungehemmten (reflektorischen) Druckwellen.
Bei der autonomen Blase sind sämtliche Reflexe erloschen. Bei der Zystometrie
resultiert eine flache Kurve ohne Druckwellen.
Die Behandlung strebt ein tolerables Verhältnis zwischen Restharn und
Blasenkapazität an. Zur Beurteilung des Funktionszustandes dient der Rest-
harn-Kapazitäts-Test: Durch Addition von Restharn und unmittelbar vorher
entleertem Harnvolumen erhält man die Kapazität.
Toleriert werden die folgenden Restharnmengen (ausgedrückt in Prozent
der Kapazität):
4 Reflexblase 25%,
4 autonome Blase 10%.
Höhere Restharnwerte bedeuten auf Dauer Gefahr für die oberen Harnwege
und Nieren (chronische Rückstauung → zunehmende Nierenschädigung).
Weitere notwendige Untersuchungen zur Beurteilung der Harnwegsfunk-
tion sind:
4 Intravenöses Urogramm (Stauung, Steine, Pyelonephritis),
4 Zystogramm (Reflux in die oberen Harnwege, Divertikel der Blase),
4 Urethrozystoskopie (Verhältnisse am Blasenausgang, Konkremente).
7.4 Harnröhrenstrikturen
Das maximale Kaliber der Harnröhre beim Mann beträgt 24–26 Charr., bei der
Frau 28–30 Charr.
Harnröhrenstrikturen haben oft eine traumatische Ursache. Nicht selten
sind sie Folge iatrogener Verletzungen durch Katheter und Instrumente.
! Beim Katheterisieren von Bewusstlosen und Narkotisierten ist größte
Vorsicht angezeigt. Niemals Kraft anwenden. Bei Schwierigkeiten →
perkutane suprapubische Ableitung.
Gonorrhoische Strikturen, die früher häufig waren, sind heute kaum mehr an-
zutreffen. Unspezifische Entzündungen allein führen äußerst selten zur Ausbil-
dung einer Striktur.
Unbehandelt führen Strikturen zu Harnrückstau (Blasenüberdehnung, Di-
vertikelbildung) und begünstigen damit die Steinentwicklung sowie die Entste-
hung von Harnwegsinfekten. Sie manifestieren sich durch einen dünnen, ge-
drehten, oft auch geteilten Strahl sowie durch zunehmende Dysurie.
Verdacht auf eine Harnröhrenstriktur besteht, wenn beim Katheterismus
ein elastischer Widerstand auftritt. In solchen Situationen darf niemals Gewalt
angewendet werden. Die Vermutungsdiagnose wird vielmehr durch eine vor-
sichtige Urethrographie gesichert.
7.6 · Inkontinenz
137 7
Die Behandlung erfolgt durch Bougierung mit Sonden (aus dem franzö-
sischen Bougie = Kerze) von steigendem Kaliber. Charr. 10–22. Manchmal sind
sog. »filiforme« Sonden, auf die stärkere Kaliber nach Wahl aufgeschraubt wer-
den notwendig. Wirkung: Dehnung der verengten Harnröhrenabschnitte; Nach-
teil: starke Wiedervernarbungstendenz.
Eine andere Möglichkeit ist die innere Urethrotomie unter Sicht. Instru-
mentelle Spaltung der Striktur, evtl. über einem Führungskatheter mit einem
durch das Instrument vorschiebbaren Messer. Wirkung: glatter Schnitt, gerin-
gere Wiedervernarbungstendenz.
! Urethrastrikturen haben eine große Rezidivtendenz.
7.6 Inkontinenz
. Tabelle 7.2. Relative Häufigkeit der wichtigsten Inkontinenzformen bei Mann und Frau.
Inkontinenzform Frau (%) Mann (%)
Belastungsinkontinenz 49 <10
Dranginkontinenz 22 40–80
Mischinkontinenz 29 10–30
60 Jahre alt ist. Rund 11% der 60-Jährigen und rund ein Drittel der 80-Jährigen
sind betroffen. Frauen sind viel häufiger betroffen als Männer (ca. 4:1). Inkon-
7 tinenz ist der häufigste Grund für die Einweisung in ein Pflegeheim. Durch
Inkontinenz entstehen in Deutschland jährliche Kosten von rund 1 Milliarde €.
Mit zunehmender Überalterung ist mit einer weiteren Zunahme zu rechnen.
Es gibt verschiedene, teilweise komplizierte Klassifikationen. Für die täg-
liche Praxis hat sich die folgende Einteilung bewährt (entsprechend den Leitli-
nien der Deutschen Gesellschaft für Urologie; . Tabelle 7.2):
4 Belastungsinkontinenz (früher Stressinkontinenz),
4 Dranginkontinenz (Urge-Inkontinenz),
4 Mischinkontinenz. Mischform von Belastungs- und Dranginkontinenz,
4 Harninkontinenz bei chronischer Harnretention (früher Überlauf-Inkonti-
nenz),
4 extraurethrale Harninkontinenz (selten),
4 Sonderformen der Harninkontinenz.
Belastungsinkontinenz
Sie ist bedingt durch einen insuffizienten Verschlussmechanismus der Harnröh-
re, meist als Spätfolge schwerer oder mehrfacher Geburten. Sie ist die häufigste
Ursache für den unfreiwilligen Urinverlust bei Frauen. Etwa 50% der Frauen in
der zweiten Lebenshälfte sind betroffen – meist allerdings nur in leichter Form.
Bei plötzlichem intraabdominalem Druckanstieg kommt es zum Abgang gering-
fügiger bis größerer Urinmengen. Männer sind sehr viel seltener betroffen. Meist
ist sie Folge eines operativen Eingriffes, z.B. einer radikalen Prostatektomie.
7 Mischinkontinenz
Es handelt es sich um eine Mischung von Belastungs- und Dranginkontinenz.
Unwillkürlicher Harnverlust, der von imperativem Harndrang begleitet ist und
auch bei körperlicher Belastung auftritt. Mischformen unterschiedlicher Aus-
prägung sind relativ häufig.
Extraurethrale Inkontinenz
Inkontinenz durch Pathologie außerhalb der Harnröhre. Der Verschlussapparat
ist intakt. Die Inkontinenz tritt durch »Umgehung« des Schließmuskels statt,
z.B. durch einen unterhalb des Sphinkters mündenden ektopischen Harnleiter,
aber auch bei Harnleiter-Scheiden- oder Blasen-Scheidenfisteln. Gekennzeich-
net durch kontinuierlichen Urinverlust.
Diagnostik. Zystokopie: Eine Fistel kann gelegentlich direkt gesehen oder ver-
mutet werden (umschriebene Rötung). Zystogramm: Füllen der Blase mit wäss-
rigem Kontrastmittel; Manchmal kann der Fistelgang dargestellt werden. CT
mit Kontrastmittel und dreidimensionaler Rekonstruktion.
Diagnostik. Ausschlussdiagnose.
Fallbeispiel
Anamnese. Ein 68-jähriger Rentner kommt mit seiner Gattin in die Sprechstun-
de, weil er den Urin nicht mehr halten kann. Das ist für ihn und vor allem für die
Partnerin aus hygienischen Gründen ein großes Problem. Zudem berichtet sie,
dass er wegen seiner fast stündlichen Nykturie kaum durchschlafen könne und
deshalb dauernd müde sei. Der Patient dissimuliert eher, berichtet aber, dass er
oft starken Harndrang verspüre und es ihm deshalb manchmal nicht zur Toilette
reiche, da er etwas gehbehindert ist. Er nehme einen Alpha-Blocker ein, der aber
keine wesentliche Wirkung mehr zeige.
Befund. Der Urinstatus ist bland. Im Ultraschall findet sich eine mittelgroße Pros-
tata mit einem großen, in die Blase hinein ragenden Mittellappen. Es finden sich
7 ungefähr 120 ml Restharn. Der PSA-Wert beträgt 2,3 ng/ml.
Therapie. Dem Patienten wird die transurethrale Resektion der Prostata in Spi-
nalanästhesie empfohlen.
Fallbeispiel
Anamnese. Eine 50-jährige sportliche Hausfrau beklagt sich beim Hausarzt über
häufigen Harndrang und unfreiwilligen Urinverlust, besonders beim Sport. Sie
hat gehört, dass man mit einer Operation, bei der die erschlafften Bänder wieder
gerafft werden, die lästige Harninkontinenz beheben könnte. Im Rahmen des
Gesprächs gibt sie an, schon als Schulmädchen »eine schwache Blase« gehabt
zu haben. Die Schwangerschaften verliefen normal, die Patientin hat drei gesun-
de Kinder.
6
7.6 · Inkontinenz
143 7
Befund. Die Patientin trägt eine Einlage, die sie einmal täglich wechselt. Der Urin
ist unauffällig. Die Blase ist nach der Miktion leer. Beim Pressen erkennt man eine
leichte Zystozele.
? Übungsfragen
1. Welche Auswirkungen hat die Behinderung der Harnentleerung
4 an der Blase?
4 an den oberen Harnwegen?
4 an der Niere?
2. Nennen Sie drei Symptome, die bei prostatahypertrophiebedingter Ent-
leerungsstörung beobachtet werden!
3. Gibt es medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten bei Prostatahypertrophie?
4. In welcher Beziehung steht die anlässlich der Rektaluntersuchung festgestellte
Größe der Prostata zum Ausmaß der Behinderung der Harnentleerung?
144 Kapitel 7 · Störungen der Harnentleerung und -speicherung
Lösungen → S. 218
7
MC-Fragen und Fälle
zur Prüfungsvorbereitung
F2 Basiswissen Urologie – Fallquiz
MC-Fragen
C »Passen Sie auf: Die Infekte werden oft chronisch und führen zu Pye-
lonephritis«.
D »Da kann man nichts machen. Wiederkehrende Blasenentzündungen
kommen meist bei sexuell aktiven Frauen vor«.
A Sie verordnen Bettruhe und kühle Wickel und warten die Urinbakterio-
logie ab.
B Sie legen einen Blasenkatheter und verordnen Antibiotika.
C Sie veranlassen einen Ultraschall für Montag und entscheiden dann je
nach Befund.
D Sie veranlassen sofort einen Ultraschall, da bei Obstruktion eine Sepsis
droht.
F5
Basiswissen Urologie – Fallquiz
A mit Makrohämaturie,
B durch Skelettmetastasen,
C als Zufallsbefund, im Rahmen einer radiologischen Abklärung (US,
CT),
D durch Niereninsuffizienz.
A Das PSA ist heute der wichtigste Bluttest bei der Prostatakarzinomvor-
sorge, aber nicht krebsspezifisch.
B Ein erhöhtes PSA ist tatsächlich beweisend für ein Prostatakarzinoms.
C Ein PSA-Anstieg nach einer radikalen Prostatektomie bedeutet sicher
ein Rezidiv.
D Die PSA-Derivate (gesamtes und freies PSA, komplexiertes PSA, PSA-
Verdoppelungszeit, PSA-Dichte u. a. m.) sind bezüglich Aussagekraft
des PSA betreffend Prostatakarzinom viel besser.
A PSA wiederholen
B Urinuntersuchung (Streifentest, Urinstatus und/oder evtl. Bakteriolo-
gie)
C Prostatabiopsie
D Knochenszintigraphie
A Radikale Prostatektomie
B Perkutane Strahlentherapie der Prostataregion
C TUR-P
D Antiandrogene Therapie
A Der Patient solle doch froh sein, habe er eine Erektion. Viele Männer
würden ihn darum beneiden. Er solle zuwarten und sich – falls das
Problem nicht verschwindet – am Montag beim Hausarzt melden.
B Der Patient solle versuchen, zu ejakulieren, dann fällt die Erektion
zusammen.
C Er solle unverzüglich ins Krankenhaus kommen. Eine frühzeitige chi-
rurgische Therapie verhindert Schäden am Schwellkörper.
D Der Patient solle ein Beruhigungsmittel (Diazepam) und ein Schmerz-
mittel einnehmen.
? 22. Bei obigem Witwer stellen Sie neben den Symptomen eine
leicht vergrößerte, unverdächtige Prostata und ca. 50 ml
Restharn fest. Welche medikamentöse Therapie empfehlen Sie
als erstes?
A α-Rezeptorenblocker
B β-Rezeptorenblocker
C 5-α-Reduktasemmer
D PDE-5-Hemmer
F11
Basiswissen Urologie – Fallquiz
A Zerebrovakulärer Insult
B Subklinische Diskushernie mit Wurzelkompression thorakal 12; Ent-
wicklung einer »autonomen Blase«
C Beginnende Demenz
D Multiple Sklerose mit Beteiligung des Miktionszentrums S2–S4
F12 Basiswissen Urologie – Fallquiz
Antworten Fragen
v 12. Frage: A. Als erste Untersuchungen werden der PSA-Wert im Blut bestimmt
und eine Rektalpalpation durchgeführt. Damit kann mit genügend guter
Sicherheit ein Prostatakarzinom ausgeschlossen werden. MRT und Ultraschall
bieten zwar eine ausgezeichnete Bildgebung der Prostata, können aber nicht
sicher zwischen gutartiger und maligner Veränderung unterscheiden. Szinti-
gramm nur bei gesichertem Prostatakarzinom zum Staging.
v 13. Frage: A, C. Trotz einiger Schwächen und neuer Marker ist das PSA der
wichtigste Bluttest zu Prostatafrüherkennung. Das PSA ist nicht krebsspezifisch;
Erhöhung auch bei benigner Prostatahyperplasie, Prostatitis, Samenerguss,
ausgiebiges Fahrradfahren u. a. m. Ein erneuter PSA-Anstieg nach kurativer
Therapie gilt als biochemisches Rezidiv. Nach totaler Prostataentfernung fällt
der PSA unter die Nachweisgrenze ab und ist anschließend als Tumormarker
hoch sensitiv. Derivate verbessern die Aussagekraft von PSA etwas, ersetzen
dieses aber nicht.
v 14. Frage: B. Ein kleines, gut differenziertes Karzinom beim asymptomatischen
Mann mit einer Lebenserwartung unter 10 Jahren kann beobachtet und bei auf-
tretender Symptomatik palliativ behandelt werden (sog. »watchfull waiting«).
Eine radikale Prostatektomie kann lokalisierte Tumoren heilen, es profitieren
aber vor allem jüngere Männer (<70). Auch die Strahlentherapie (extern oder
als Brachytherapie) ist wirksam. Hingegen hat die Hormontherapie (korrekt
hormonblockierende Behandlung) palliativen Charakter.
v 15. Frage: B, C, D. Die Befunde sind hoch verdächtig auf ein Prostatakarzinom.
Eine Wiederholung der PSA-Bestimmung wäre in diesem Fall kaum ein Infor-
mationsgewinn. Eine gleichzeitige Infektion (Zystoprostatitis) führt ebenfalls
zu einer PSA-Erhöhung. Auch bei eindeutiger Klinik und hoch verdächtigem
PSA-Wert für ein Prostatakarzinom muss die Diagnosesicherung histologisch
erfolgen. Bei der genannten Konstellation ist eine Knochenmetastasierung
durchaus möglich und diese könnte die Lumbago verursachen, was deren
Therapie entscheidend beeinflusst.
v 16. Frage: D. Die antiandrogene Therapie ist die Therapie der Wahl, da kein lo-
kalisiertes Leiden mehr vorliegt. Entsprechend sind A und B nicht sinnvoll. Der
Patient hat keine Miktionsbeschwerden angegeben, weshalb sich dieser Eingriff
nicht aufdrängt.
v 17. Frage: C. Bei einem jungen Mann immer an eine Torsion denken! Keine Zeit
verlieren, da eine Revision innerhalb 6 Stunden erfolgen muss! Eine Epididymi-
tis ist auch möglich, aber weniger wahrscheinlich. Ein Tumor ist selten.
F18 Basiswissen Urologie – Fallquiz
v 18. Frage: C. Eine Hydrozele ist nur behandlungsbedürftig, wenn sie sympto-
matisch ist. Ein Hodentumor kann im Ultraschall ausgeschlossen werden. Keine
Punktion der Hydrozele! Eine Epididymitis ist schmerzhaft.
v 19. Frage: B. Ein Hodentumor ist meist sehr hart und indolent. Typisches
Alter. Sich nicht von Erklärungsversuchen der Patienten ablenken lassen. Im
Zweifelsfall rasche operative Freilegung innerhalb 1–2 Tagen. A und C wenig
wahrscheinlich. D ist falsch.
v 20. Frage: C. Ein Priapismus ist ein echter Notfall. Er kann unabhängig von
sexueller Aktivität auftreten. Ein länger Zeit bestehender Priapismus kann zu ir-
reparablen Schädigung der Schwellkörper und damit zur erektilen Dysfunktion
führen. Meist ist eine invasive oder chirurgische Therapie nötig.
v 21. Frage: C. Typische Miktionsbeschwerden bei der Prostatavergrößerung sind
Strahlabschwächung, Pollakisurie, imperativer Harndrang, initiales Warten und
Nykturie. Algurie, Polyurie, Oligurie und Pneumaturie gehören nicht dazu.
v 22. Frage: A. α-Rezeptorenblocker haben meist eine günstige Wirkung auf die
Miktionsymptome. 5-α-Reduktasemmer vorwiegend bei großer Prostata. β-Blo-
cker haben keinen Stellenwert. PDE-5-Hemmer werden bei Erektionsstörungen
eingesetzt.
v 23. Frage: A, C, D. Durch die Behebung der Obstruktion verbessern sich der
Harnstrahl und die Miktionssymptome. Die Medikamente muss der Patient
nicht mehr einnehmen. Die Entstehung eines Prostatakrebses wird nicht ver-
hindert.
v 24. Frage: C. Eine sofortige Entlastung der Blase ist einfach und befreit den
Patienten von seinem Problem. Er soll am Zielort gelegentlich einen Urologen
aufsuchen. Medikamente nützen nichts, Diuretika sind kontraindiziert.
v 25. Frage: A, C, D. Neurogene Blasenentleerungsstörungen können bei ver-
schiedenen neurologischen Erkrankungen auftreten. Das Miktionszentrum
liegt bei S2–S4. Eine sog. autonome Blase kann bei einer Läsion des sakralen
Miktionszentrums entstehen.
v 26. Frage: B, C. Es wird unterschieden zwischen Belastungs- und Dranginkon-
tinenz. Bei der Belastungsinkontinenz ist der Schließmechanismus gestört, die
Dranginkontinenz ist Folge ungehemmter Detrusorkontraktionen. Überlauf-
inkontinenz entsteht, wenn durch ein infravesikales Hindernis die Entleerung
nicht mehr möglich ist.
v 27. Frage: B, D. Anticholinergika »beruhigen« den Detrusor oft. Bei Versagen
neuerdings auch gute Wirkung durch Botulinumtoxin-Injektionen direkt in den
Detrusor. α-Blocker haben keine Wirkung auf den Detrusor. Die Blase kann man
nicht trainieren wie einen Muskel.
F19
Basiswissen Urologie – Fallquiz
Fälle
1 Gerötetes, schmerzhaftes Skrotum Schritt I
v Antwort 1: Es findet sich eine Schwellung und Rötung des Skrotums. Bei
genauer Betrachtung sieht man eine kleine Nekrose rechts unterhalb der
Peniswurzel. Auch die suprapubische Gegend ist gerötet. Die Befunde lassen
an einen Infekt oder Abszess denken.
v Antwort 2: Die Anamnese und die kleine Nekrose sind praktisch pathog-
nomonisch für die Diagnose einer Fournier-Gangrän, einer hoch-aggres-
siven, nekrotisierenden Gangrän des männlichen Genitales. Eine weitere
Diagnostik ist nicht nötig.
> Der weitere Verlauf: Intraoperativ entleert sich massiv Eiter. Die Nekrose
hatte sich bereits bis zur rechten Axilla (!) ausgebreitet. Der Mann wurde 3
Tage auf der Intensivstation behandelt. Der weitere Verlauf war verzögert,
aber im Wesentlichen ohne Probleme. Die Wunde heilte zunächst sekundär
und wurde nach rund 4 Wochen chirurgisch verschlossen. Der Patient er-
holte sich vollständig.
F23
Basiswissen Urologie – Fallquiz
ä Ein junger Soldat meldet sich nach seiner Rückkehr von einem Auslandeinsatz
in Ihrer Praxis. Er hat diese schmerzlose Veränderung am Penis festgestellt
(. Abb. F.2). Die Manifestation ist zum ersten Mal aufgetreten. Er ist beunruhigt
und befürchtet einen Krebs.
v Antwort 3: Der Patient sollte seine Partnerin informieren und bis zum Ende
der Behandlung nur geschützten Geschlechtsverkehr haben. Sie klären ihn
über die hohe Rezidivrate der Kondylome und die Übertragungsart der
Erkrankung auf. Außerdem empfehlen Sie ihm einen HIV-Test, da er unge-
schützten Geschlechtsverkehr hatte.
v Antwort 1: Sie vermuten eine Ureterkolik und spritzen ihm sofort Nova-
minsulfat langsam intravenös, worauf der Patient rasch schmerzfrei wird.
v Antwort 3: Es liegt ein Ureterstein auf der linken Seite vor (kleiner weißer
Fleck vor dem M. Psoas).
ä Die 19-jährige Studentin der Slawistik hat immer wieder dumpfe Schmerzen
in der linken Flanke und im linken Unterbauch. Wegen Fieber bis 39°C weist
sie der Hausarzt ein. Im Urin findet sich eine massive Leukozyturie und im Blut
eine Leukozytose von 21.000. Eine Urinbakteriologie wird abgenommen, um
später u. U. auf ein resistenzgerechtes Antibiotikum wechseln zu können. Die
linke Flanke ist klopfdolent. Im Ultraschall ist die linke Niere dilatiert.
> Der weitere Verlauf: Bei der Doppel-J-Einlage entleert sich eitriger Urin
unter Druck aus der linken Niere. 3 Stunden nach der Einlage entwickelt die
Patientin nochmals eine Fieberzacke bis 39°C. In den folgenden Tagen wer-
den die Fieber am Abend immer geringer und nach 3 Tagen ist sie afebril.
Sie wird nach 4 Tagen entlassen, fühlt sich aber noch müde. Der Doppel-J-
Katheter blieb 6 Wochen in situ. Ein Nierenszintigramm nach Entfernung
des Doppel-J-Katheters bestätigt eine Ureterabgangsstenose links.
Eine Ureterabgangstenose ist eine angeborene Fehlbildung, die sich
auch erst im Erwachsenenalter manifestieren kann. Unbehandelt führt sich
meist zu Funktionsverlust der Niere. Die operative Therapie mit Resektion
des pyeloureteralen Übergangs ist am erfolgversprechendsten. Die Resultate
der endoskopischen (laparoskopischen) Therapie sind gleich gut wie offen-
chirurgisch, aber weniger invasiv und kosmetisch besser. Die Endopyeloto-
mie wurde weitgehend verlassen, da die Langzeitresultate weniger gut
sind.
Die Patientin wurde laparoskopisch operiert. Ein Nierenszintigramm
nach 3 Monaten zeigt unbehinderte Abflussverhältnisse. Eine gewisse Rest-
dilatation der Niere wird bestehen bleiben.
F32 Basiswissen Urologie – Fallquiz
v Antwort 3: Weitere bildgebende Verfahren wie PET oder MRT liefern keine
zusätzlichen Informationen. Eine Biopsie ist nicht nötig, da diese nur bei
bekanntem Zweittumor manchmal hilfreich ist (z. B. wenn bei dem Mann
ein Bronchuskarzinom bekannt gewesen wäre). Die Müdigkeit dürfte von
der durchgemachten Grippe stammen und hat nichts mit dem Nierentumor
zu tun.
> Der weitere Verlauf: Der Patient wird zunächst 6-monatlich, dann jährlich
mit Röntgenaufnahmen des Thorax sowie Ultraschalluntersuchung der lin-
ken Niere nachkontrolliert, um einen eventuellen erneuten Tumor so früh
zu erkennen, dass eine organerhaltende Therapie möglich wäre.
F35
Basiswissen Urologie – Fallquiz
v Antwort 1: Es liegt ein Nierentumor rechts vor. Er ist peripher gelegen. Das
Computertomogramm ergibt keine Hinweise auf Metastasen. Nierentumo-
ren sind in über 90% der Fälle maligne.
? Frage 4: Wie beurteilen Sie die Lage und die Größe des Tumors?
F37
Basiswissen Urologie – Fallquiz
v Antwort 4: Der Befund ist von Lage und Größe her im Moment noch mit
Erhalt der Niere entfernbar.
> Der weitere Verlauf: Obwohl der Patient beruflich stark engagiert ist, ent-
schließt er sich zur Operation. Im Rahmen der Nierenteilresektion wird der
tumortragende Teil der Niere abgetragen. Die Schnellschnittuntersuchung
des Tumorgrundes ergibt eine Resektion im Gesunden. Die definitive His-
tologie ergibt ein Nierenzellkarzinom von 3 cm (pT1), Resektion im Gesun-
den. Der weitere Verlauf ist unauffällig. Die regelmäßigen, zunächst halb-
jährlichen, dann jährlichen Kontrollen mit Ultraschall beider Nieren nimmt
der Patient zuverlässig wahr. In den folgenden 5 Jahren tritt kein Rezidiv auf
und der Patient ist als geheilt zu betrachten.
F38 Basiswissen Urologie – Fallquiz
v Antwort 2: Sie denken an ein Carcinoma in situ der Harnblase. Die geröte-
ten Areale sind tumorverdächtig.
v Antwort 3: Sie führen kalte Biopsien der geröteten Stellen durch. Sie bestä-
tigen das Carcinoma in situ der Harnblase.
v Antwort 4: Das Carcinoma in situ ist ein maligner Tumor, der unbehandelt
invasiv werden und metastasieren kann. Wegen des diffusen Erscheinungs-
bildes kann mit einer Operation allein nicht der gesamte Tumor entfernt
werden. Das Carcinoma in situ spricht sehr gut auf eine Instillation mit BCG
(Bacille Calmette Guérin) an. Die in die Blase instillierten abgeschwächten
Tuberkulosebakterien führen zu einer Immunreaktion, die die Rezidiv- und
Progressionsrate des Carcinoma in situ signifikant senkt.
> Der weitere Verlauf: Nach 6 Behandlungen im Abstand von einer Woche
wird die Patientin nach 3, 6, 9 und 12 Monaten zystoskopiert. Sie bleibt
tumorfrei, insbesondere sind auch die irritativen Miktionsbeschwerden
verschwunden.
F41
Basiswissen Urologie – Fallquiz
ä Der 66-jährige Wirt, ein starker Raucher, berichtet über stark rot gefärbten Urin.
Da er aber keine Schmerzen hatte und das Blut wieder verschwunden sei, habe
ihn das nicht weiter beunruhigt. Er meldet sich nun aber doch auf Drängen
seiner Frau.
v Antwort 2: Zunächst wird die Hämaturie bestätigt und dem Patienten eine
Zystoskopie vorgeschlagen. Dabei zeigt sich folgendes Bild (. Abb. F.8):
> Der weitere Verlauf: Bei dem Patienten ergab die definitive Histologie ein
Urothelkarzinom der Harnblase pT2 pN0 M0 G2 R0 (das bedeutet: pT2 =
der Tumor war muskelinvasiv, pN0 = die Lymphknoten waren tumorfrei,
M0 = es gab keine Hinweise auf Fernmetatasen, G2 = histologisch mäßig
differenziertes Karzinom, R0 = Resektion im Gesunden). Der weitere Ver-
lauf war ohne Hinweis auf eine Tumorprogression. Das 5-Jahres-Überleben
beträgt bei muskelinvasiven Tumoren allerdings nur rund 50%.
F45
Basiswissen Urologie – Fallquiz
v Antwort 3: Es liegt eine hochgradige, sog. absolute Phimose vor (d. h. die
Vorhaut kann auch bei schlaffem Glied nicht zurückgestreift werden).
v Antwort 5: Sie denken daran, dass ein Peniskarzinom praktisch nur bei
nicht-zirkumzidierten Männern vorkommt. Sie schlagen dem Patienten
eine Beschneidung in Lokal- oder Spinalanästhesie vor.
> Der weitere Verlauf: Die Zirkumzision verläuft ohne Probleme. Die darun-
ter liegende Glans ist gerötet; es findet sich viel Smegma. Hinweise auf ein
Peniskarzinom liegen nicht vor. Die erste Zeit ist die entzündete Glans noch
empfindlich. Bei der Abschlusskontrolle nach 6 Wochen ist der Patient mit
dem Resultat sehr zufrieden. Auch die Miktionsbeschwerden sind besser
geworden, wenn auch nicht ganz verschwunden.
8
Sexualpathologie
des Mannes
8.1 Erektile Dysfunktion – 146
Therapie
Grundlage jeder Therapie ist eine genaue Diagnosestellung. Behandelbare Ur-
sachen sollen angegangen werden (z. B. gute Einstellung eines Diabetes melli-
tus, Behandlung des Prolaktinoms, Nikotinstopp etc.).
Die Therapie der Erektionsstörungen hat in den vergangen 20 Jahren eine
gewaltige Entwicklung erlebt. Der therapeutische Nihilismus hat einer effizi-
enten, nebenwirkungsarmen und individualisierten Behandlung Platz gemacht.
Parallel zur Einführung wirksamer Medikamente hat das Verständnis der nor-
malen Erektion und ihrer Störungen in gleichem Maße zugenommen, wie das
ganze Gebiet der Sexualfunktionsstörungen enttabuisiert wurde.
Je nach Situation stehen heute folgende therapeutische Optionen zur Ver-
fügung:
4 Orale Medikation: Die sog. Phosphodiesterase-5-Hemmer, haben die Be-
handlung revolutioniert und die Abklärung vereinfacht. Sildenafil (Viagra),
148 Kapitel 8 · Sexualpathologie des Mannes
Fallbeispiel
Anamnese. Ein 71-jähriger nicht insulinpflichtiger Diabetiker, Nichtraucher, seit
fünf Jahren Witwer, mit 55-jähriger Partnerin, konsultiert wegen Potenzschwä-
che, die einen normalen Geschlechtsverkehr verunmöglicht.
Der Patient bleibt unter regelmäßiger Kontrolle und würde sich bei einer prolon-
gierten Erektion (mehr als 2 Std.) sofort melden.
8.2 Infertilität
Volumen ≥2,0 ml
pH ≥7,2
Spermienkonzentration: ≥20 Mio/ml
Totale Spermienzahl: ≥40 Mio Spermatozoen/Ejakulat
Beweglichkeit ≥50%
Morphologie ≥15% normale Formen (strikte Kriterien)
Lebende Spermien ≥75%
Leukozyten ≤1 Mio/ml
Der Mann hat eine gegenüber der Frau um rund 8 Jahre verkürzte Lebenserwar-
tung. In jüngster Zeit gibt es deshalb vermehrt Diskussionen, ob hormonale Un-
terschiede dafür verantwortlich sind, und in der Folge auch, ob es ein männliches
Pendant zum Klimakterium der Frau gibt. Die große Anzahl synonymer Begriffe
ist Ausdruck der unscharf definierten Veränderungen des älter werdenden Man-
nes: Klimakterium virile, Andropause, late onset hypogonadism (LOH), (par-
tielles) Androgendefizit des alternden Mannes (ADAM oder PADAM). PA-
DAM ist von allen Begriffen der korrekteste, da er rein deskriptiv ist.
Während der Hormonabfall bei der Frau in der Menopause abrupt erfolgt, sind
die Veränderungen beim Mann langsamer und kontinuierlicher. Der Testosteron-
spiegel nimmt ab dem 30. Lebensjahr ca. 2% pro Jahr ab, weist aber große indivi-
duelle Schwankungen auf. Die typischen tageszeitlichen Schwankungen (mit
höchsten Testosteronwerten am frühen Morgen) verlieren sich mit zunehmendem
Alter. Verschiedene altersbedingte Veränderungen lassen sich auch bei Testosteron-
mangel finden: Libidoverlust, Antriebslosigkeit, depressive Verstimmung, Mus-
kelschwund, Osteoprose, Konzentrationsmangel. Der Schluss lag deshalb nahe,
dass Testosteron eine entscheidende Rolle spielen könnte. Bei der Komplexität der
Alterungsvorgänge ist es aber unwahrscheinlich, dass ein einzelner Faktor ursäch-
lich ist. Andere Veränderungen wie Abnahme von Wachstumshormon, Dihydro-
epiandrosteron (DHEA), Melatonin etc. spielen möglicherweise ebenfalls eine Rolle.
8.6 · Orgasmusstörung
153 8
Während beim hypogonaden Mann die Testosterongabe angezeigt ist, bleibt
umstritten, ob die supraphysiologische Androgenverabreichung beim normogo-
naden Mann sinn- und wirkungsvoll ist. Die Androgengabe ist nämlich mit gewis-
sen Risiken verbunden, die bedacht werden müssen: Propagierung eines latenten
oder manifesten Prostatakarzinoms, Exazerbation einer gutartigen Prostata-
vergrößerung, Polyzythämie, Schlafapnoe. Bis jetzt fehlen zuverlässige Studien
über Nutzen, Dosierung, Dauer und Langzeitrisiken der Testosterongabe.
! Keine unkritische Testosterongabe bei älteren Männern.
Während bei einzelnen Patienten mit typischen Zeichen des PADAM und nach-
gewiesenem Hormonmangel (hypophysäre Ursachen ausgeschlossen) die An-
drogengabe sinnvoll ist, muss vor einer unkritischen Verabreichung als «Life-
style-Medikament« bis zum Vorliegen zuverlässiger Daten gewarnt werden. In
jedem Fall ist vor einer Androgengabe ein Prostatakarzinom auszuschließen
(rektale Palpation, PSA, evtl. Biopsie). Während der Behandlungsdauer sind
regelmäßige urologische Kontrollen angezeigt.
Testosteron kann intramuskulär (Testoviron, Nebido) oder als Gel (Andro-
gel, Testogel) verabreicht werden. Orale Formen sind nicht empfohlen (unge-
nügende Resorption, schwer steuerbar).
8.6 Orgasmusstörungen
Über den Orgasmus und seine Störungen ist wenig bekannt. Die WHO erkennt
Orgasmusstörungen aber mittlerweile als Krankheit an.
Diagnostik. Sie ist aus nahe liegenden Gründen schwierig. Man verlässt sich auf
die Auskunft des Patienten.
Therapie. Die Behandlung beruht auf Verhaltensmaßnahmen, systemischen
und lokalen Medikamenten:
4 Verhaltensmaßnahmen: »Stop-and-Go«-Übungen (Stimulationsstop kurz
vor der Ejakulation) oder »Squeeze«-Methode (Pressen der Glans vor der
Ejakulation). Oft erfolgreich.
4 Systemische Medikamente: Antidepressiva (Serotonin-Wiederaufnahme-
hemmer) verzögern die Ejakulation, z.B. Paroxetin, Fluoexitin oder Clomipra-
mine. Bei Erektionsstörung gute Erfolge mit PDE-5-Hemmern (Sildenafil).
8 4 Lokale Medikamente: Lokalanästhesiehaltiger Gel auf Glans auftragen. Re-
duziert die Empfindlichkeit der Glans.
Lösungen → S. 218
9
Urologie und
Sexualpathologie
der Frau
9.1 Infektionen und Reizsyndrome – 156
Das häufigere Auftreten von Harnwegsinfekten ist Folge der kurzen weiblichen
Harnröhre und des sie umgebenden weiblichen Perineums mit seiner Keimbe-
siedlung. Zusätzliche infektfördernde Faktoren sind:
4 Besondere Miktionsgewohnheiten (Zurückhalten der Miktion),
4 mechanische Irritation beim Geschlechtsverkehr,
4 hormonale Umstellung in der Schwangerschaft und
4 Östrogenmangelatrophie in der Menopause.
9
Für Diagnostik und Behandlung von Infekten gelten die allgemeinen Richt-
linien (7 Kap. 4).
In der Schwangerschaft ist die physiologische Dilatation der oberen Harn-
wege (vor allem rechts) mit verlangsamten Urintransport und zusätzlicher Stau-
ung durch den vergrößerten Uterus gelegentlich Ursache für eine Schwanger-
schaftpyelonephritis (1–2%), zu deren Therapie sich besonders Breitspektrum-
penizilline und Cephalosporine eignen. Bei septischen Zeichen sollte mit der
Einlage einer Doppel-J-Schiene nicht gezögert werden. Doppel-J-Schienen sind
beidseitig J-förmig gebogene Ureterenkatheter die (mit Hilfe eines Führungs-
drahtes) in gestrecktem Zustand eingelegt werden und sich durch ihre beidsei-
tige Krümmung in Nierenbecken und Blase selbst fixieren (. Abb. 5.7). Häufi-
ger als akute Schwangerschaftspyelonephritiden sind asymptomatische Bakte-
riurien (ca. 10%), die keine Antibiotika benötigen.
Auch nach mikrobiologischer Abheilung eines Blaseninfektes kann bei der
Frau eine Reizsymptomatologie persistieren, für die sich oft keine leicht fass-
bare Ursache finden lässt.
Man konstatiert die typischen Erscheinungen einer Zystitis, aber ohne
Leukozyten und Bakterien (im Katheterurin).
Gelegentlich persistiert das klinische Bild der »Reizblase«. Für die Beur-
teilung ist es dabei wesentlich, ob die Pollakisurie auch nachts weiterbesteht
(→ organische Ursache). Neben organischen Auslösern – wie z.B. durch Östro-
9.3 · Harnröhrenerkrankungen
157 9
genmangel bedingte Schleimhautatrophie nach der Menopause – dürfen aber
bei der »Reizblase« psychosomatische Ursachen nicht außer acht gelassen wer-
den: »Die Blase ist der Spiegel der Seele«, wie die Chinesen richtig sagen. Keine
Antibiotika! Dafür sich Zeit nehmen für die Aufnahme einer vertieften persön-
lichen Anmnese (mit Sexualanamnese).
9.3 Harnröhrenerkrankungen
Nicht allzu selten entwickelt sich bei älteren Frauen an der äußeren Harnröh-
renmündung ein Ektropium der Schleimhaut, das polypenartige Form anneh-
men kann (Harnröhrenkarunkel). Diese gutartige Affektion blutet leicht und
führt zu Reizerscheinungen. Differentialdiagnostisch muss an ein Urethra-
karzinom gedacht werden. Die Behandlung besteht in der chirurgischen Ab-
tragung.
Urethradivertikel (. Abb. 9.1) entstehen aus erweiterten paraurethralen
Drüsen, die sich während der Miktion zunehmend mit Urin füllen. In solchen
Divertikeln entwickeln sich eitrige Entzündungen, und es kann zur Steinbildung
kommen. Bei der Palpation der Urethra von der Vagina aus sind die Divertikel
u. U. zu tasten. Die Betastung ist oft schmerzhaft und es tritt eitrig-gelbe Flüs-
sigkeit aus der Harnröhrenmündung. Die Behandlung besteht in der Exzision
von der vorderen Scheidenwand aus.
158 Kapitel 9 · Urologie und Sexualpathologie der Frau
Frauen sind wesentlich häufiger von Inkontinenz betroffen als Männer (Ver-
hältnis ca. 4:1). Es dominiert die Belastungsinkontinenz, gefolgt von Mischin-
kontinenz (Belastungs- und Dranginkontinenz) und Dranginkontinenz. Sel-
tener sind extraurethale Inkontinenz (Fisteln) und Sonderformen. Da das
Thema immer noch stark tabuisiert wird, für die Betroffenen aber sehr belas-
tend ist, sollte der Arzt eine »Brücke bauen« und feinfühlig danach fragen. Mo-
derne Therapiekonzepte können vielen Frauen helfen.
9.5 Fistelbildungen
Der Urologe ist nicht Frauenarzt und überlässt die mannigfachen, vor
allem auch hormonal verursachten Probleme dieses Bereichs grundsätzlich
dem Gynäkologen.
Er muss aber die wichtigsten Aspekte der weiblichen Sexualpathologie ken-
nen, weil die Betroffenen nicht selten urologische Symptome äußern, denen
zum Teil eine urologische Organpathologie zugrunde liegen kann (Urethra-
tumoren, Urethradivertikel, Harnwegsinfekte u. a.).
Findet sich keine organische Ursache für die Dyspareunie, so lohnt sich die
Zeitinvestition für die Aufnahme einer Sexualanamnese. Häufig bringt sie den
Schlüssel zur Erklärung der Beschwerden und ist Grundlage für therapeutische
Entscheidungen.
Die wichtigsten Störungen der Sexualfunktion der Frau sind:
4 Libidodysfunktion (Abnahme, Verlust, bis zum Ekel vor sexuellen
Kontakten): Nach Ausschluss von organischen (vor allem Stoffwechsel-
krankheiten), medikamentösen (Sedativa, Antihypertensiva) und offen-
sichtlich psychischen Ursachen (Depressionen) bleibt ein weites Feld von
psychologischen, aus der Erziehung erklärbaren oder partnerbezogenen
Problemen.
4 Orgasmusdysfunktion: Fehlendem oder seltenem Orgasmus liegt meist ein
sexualtherapeutisch behandelbares (Koordinations-)Problem der Partner
zugrunde. Orgasmen eignen sich nicht als Leistungsausweis, schon eher als
Verkaufsargument für gewisse Presseprodukte.
4 Dysparenuie (Algopareunie): Als schmerzhafte Empfindung während/
nach Geschlechtsverkehr hat sie oft eine lokale organische (gynäkologische
oder urologische) Ursache, kann aber durchaus Ausdruck psychischer meist
partnerschaftlicher Probleme sein und sich bis zum Vaginismus – der
Unmöglichkeit zur Imissio penis – steigern. Beurteilung und Behandlung
sind die Domäne des Sexualtherapeuten.
160 Kapitel 9 · Urologie und Sexualpathologie der Frau
? Übungsfragen
1. Welche Ursachen sind für das häufige Auftreten von Harnwegsinfekten bei der
Frau mitverantwortlich? Nennen Sie drei!
2. Welche differentialdiagnostischen Möglichkeiten erwägen Sie bei einer Frau mit
andauernder »Reizsymptomatologie«?
3. Was verstehen Sie unter einer interstitiellen Zystitis?
4. Wie äußern sich Blasenscheidenfisteln? Was sind mögliche Ursachen?
5. Was sind die spezifischen Mitursachen einer so genannten Schwangerschafts-
pyelonephritis?
Lösungen → S. 219
9
10
Urologische
Erkrankungen im
Kindesalter
10.1 Allgemeine Diagnostik – 162
Die rezidivierende Pyurie beim Kind ist häufig Symptom einer angeborenen
Missbildung der Harnwege (. Abb. 3.1, 7 auch Kap. 3). Deshalb ist Zögern mit
der bildgebenden Diagnostik nicht am Platz; vor allem mit der Ultraschall-
untersuchung und der Urographie. Damit lassen sich die Anomalien der obe-
ren Harnwege und der Blase erkennen und beurteilen. Bei Refluxverdacht ist
eine Miktionszystourethrographie indiziert und bei Blasenabflussstörungen
die Urethrozystoskopie. Basis der Diagnostik sind die einschlägigen Urin- und
Blutuntersuchungen. Die Nierenfunktion kann vergleichend mit dem Iso-
topennephrogramm (7 Kap. 2.3; S. 15) beurteilt werden. Eine Systematik der
Nieren- und Harnleiterfehlbildungen findet sich in Kapitel 3.
Therapie. Grad I–III konservativ, Grad IV–V meist operativ (extra- oder
intravesikale Antirefluxplastik).
10.5 Kryptorchismus
Therapie. Nicht innerhalb der ersten 3 Lebensmonate. Primär operativ bei Be-
gleithernie und Ektopie: Funikolyse und Orchidopexie. Meist zuerst Behand-
lungsversuch mit HCG oder LHRH (Erfolgsrate aber nur ca. 20%). Bleibt der
Erfolg aus → Operation. Die Behandlung sollte bis zum Ende des ersten Lebens-
jahres erfolgt sein.
10.6 Phimose
Beim Zurückgleiten der (zu engen) Vorhaut in den Sulcus coronarius kann
sich ein schmerzhafter Schnürring mit Ödem entwickeln (Paraphimose), der
(notfallmäßig) chirurgisch gespalten werden muss (7 auch Kap. 13.9).
Die Hodentorsion (. Abb. 13.5, 7 auch Kap. 13.6) ist für über 90% der plötzlich
auftretenden einseitigen schmerzhaften Skrotalschwellungen des Heranwach-
senden verantwortlich und muss innerhalb der 6-Stundengrenze operiert wer-
den. Der betroffene Hoden wird detorquiert und fixiert. Aus prophylaktischen
Gründen wird auch der Gegenhoden fixiert.
! Keine Zeit für Diagnostik und konservative Therapie opfern.
Alle Verdachtsfälle sofort einweisen.
Therapie. Die sofortige Revision des rechten Hodens in Narkose und inner-
halb der Sechs-Stunden-Grenze bestätigt die Vermutungsdiagnose. Der Hoden
ist dunkelblau-rot verfärbt und innerhalb der Hodenhüllen um 270º verdreht.
Die Lösung der Torsion führt zur raschen Besserung des Befundes. Die Durch-
6
10.9 · Enuresis (nocturna)
167 10
blutung normalisiert sich. Es erfolgt nun eine Orchidopexie, die ein Rezidiv ver-
hüten wird.
Da in solchen Fällen das Gubernaculum testis vielfach auch auf der Gegen-
seite ungenügend ausgebildet ist, erfolgt in gleicher Sitzung auch eine prophy-
laktische Orchidopexie auf der Gegenseite.
Sind bei Kindern selten. Am häufigsten ist der Wilms-Tumor (ein maligner
Mischtumor der Niere mit mesenchymalen und epithelialen Anteilen). Er ma-
nifestiert sich häufig als einseitige abdominale Schwellung oder mit allgemeinen
Symptomen (Gewichtsabnahme, allgemeine Krankheitserscheinungen).
Der Wilms-Tumor und seine Metastasen sind sehr strahlensensibel und
sprechen gut auf zytostatische Chemotherapie an. Die Behandlung richtet sich
nach dem Stadium und ist in der Regel kombiniert chirurgisch-strahlenthera-
peutisch-zytostatisch. In der Mehrzahl der Fälle (mehr als 80%) ist heute eine
Heilung möglich.
Weitere, seltene bis sehr seltene maligne Tumoren im Kindesalter sind das
retroperitoneale (Katecholamin produzierende) Neuroblastom, Sarkome von
Blase und Prostata (alle mit ungünstiger Prognose) sowie Hodentumoren.
Unter Enuresis (nocturna) versteht man tagsüber, vor allem aber nachts auftre-
tenden (portionsweisen) unkontrollierten Harnabgang. Bis zum Abschluss des
dritten (evtl. vierten) Lebensjahres physiologisch. Im Alter von fünf Jahren sind
noch etwa 15% der Kinder nachts nicht trocken. Bis zum 15. Lebensjahr ver-
mindert sich diese Zahl auf 1%. Die Ursachen der verspäteten nächtlichen Bla-
senkontrolle sind multifaktoriell und im Detail nicht bekannt. Psychosoziale
Faktoren sind möglicherweise seltener als bisher angenommen. Es gibt ver-
mehrte Evidenz, dass ein Missverhältnis von relativ großer nächtlicher Urinpro-
duktion bei relativ kleiner Blase, verbunden mit sehr tiefem Schlaf die Enuresis
nocturna begünstigt.
168 Kapitel 10 · Urologische Erkrankungen im Kindesalter
? Übungsfragen
1. Was ziehen Sie ursächlich in Erwägung, wenn Sie ein zweijähriges Mädchen
wiederholt wegen Harnwegsinfekten behandeln müssen?
2. Wenn bei diesem Mädchen ein vesikoureteraler Reflux (Grad 2) als Ursache für
die rezidivierenden Harnwegsinfekte nachgewiesen wurde, halten Sie eine
Spontanheilung für möglich?
3. Nennen Sie vier Fehlbildungen im Nieren-, Ureter- und Blasenbereich!
4. Ein kleiner Patient von Ihnen hat eine Hypospadia penis. Bis wann, raten Sie den
Eltern, sollte diese Fehlbildung spätestens korrigiert sein?
5. Was verstehen Sie unter einem Pendelhoden? Therapie?
10 6. Wie heißt der typische Nierentumor des Kindesalters und wie ist seine Prog-
nose?
Lösungen → S. 219
11
Verletzungen
der Urogenitalorgane
11.1 Klinik der Urogenitalverletzungen – 170
Schmerz
Bei Nierenverletzungen → Lumbalschmerz durch subkapsulares oder peri-
renales Hämatom, selten Ureterkoliken durch Blutgerinsel.
Bei Blasenverletzungen → Tenesmen (krampfartiger Harndrang) durch ab-
flussbehindernde Koagula in der Blase.
Hämaturie
11 Die Hämaturie ist meist eine Makrohämaturie, seltener eine Mikrohämaturie
(Nierenkontusion). Eine Urethrablutung spricht für Harnröhrenverletzung
außerhalb des Verschlussapparates.
Kontinuierlicher Austritt von blutigem Urin aus einer Hautwunde (bei pe-
netrierender Verletzung) spricht für Nieren- oder Blasenmitverletzung. Nach-
weis: Kreatininbestimmung in der Wundabsonderung.
Anurie
Die Anurie kann einen Blutungsschock zur Ursache haben. Bei Blasenruptur
besteht eine blutige »Anurie«, d. h. ein Miktionsversuch ergibt lediglich einige
Tropfen blutiger Flüssigkeit. Bei vollständigem Abriss der Urethra entleert sich
trotz miktionsbedingter Erleichterung kein Urin nach außen.
11.2 Nierenverletzungen
Die Nieren sind bei 1–2% aller Unfallverletzten mitbeteiligt. Rund 25% der
Nierenverletzten sind Jugendliche. 90–95% der Verletzungen erfolgen stumpf
(Kontusionen).
Penetrierende Verletzungen sind selten und müssen raschmöglichst revi-
diert werden. Erst durch die Freilegung werden das volle Ausmaß und die
etwaige Mitbeteiligung anderer Organe (Darm, Pankreas, Milz, Leber) über-
haupt beurteilbar. Die Operationstaktik ist organerhaltend.
Beim häufigen stumpfen Trauma können Parenchymschäden verschiedener
Schwergrade resultieren: unbedeutende Kontusionen bis lebensbedrohliche
Organrupturen (. Abb. 11.1 und 11.2). Operationsindikation zurückhaltend
stellen; nur bei Kreislaufinstabilität. Rund 10% der Verletzungen müssen ope-
rativ versorgt werden. Auch hier ist die Operationstaktik organerhaltend. Ne-
phrektomien lassen sich aber nicht immer vermeiden. Bei Kreislaufstabilität ist
die Operationsindikation relativ.
172 Kapitel 11 · Verletzungen der Urogenitalorgane
a b c
11
d e f
Verlauf. Nach 4 Tagen kann der Patient, der immer kreislaufstabil war, wieder
entlassen werden. Eine Intervention war nicht notwendig. Sportverbot für 6 Wo-
chen. Eine Abschlusskontrolle nach 6 Monaten zeigt, dass das Hämatom voll-
ständig resorbiert ist und die Niere normal arbeitet.
11.3 Harnleiterverletzungen
11.4 Harnblasenverletzungen
Meist liegen relativ schwere Zerreißungen vor: die gefüllte Blase »explo-
diert« bei abrupter Drucksteigerung. Die Ruptur kann extra- oder intraperito-
neal liegen: Im Zusammenhang mit Beckenfrakturen sind 80% der Rupturen
extraperitoneal. Verständlicherweise treten sie besonders leicht bei vorgeschä-
digter Blase auf (Retentionsblase, Tumorblase).
Hauptsymptom der Blasenruptur ist Harndrang ohne Miktion (»blutige
Anurie«). Bei leichteren Verletzungen Hämaturie. Bei intraperitonealer Ruptur
oft Schulterschmerz (Peritonealreizung durch Urin) später Peritonitiszeichen.
Bei extraperitonealer Ruptur droht eine Urinphlegmone (. Abb. 11.3).
Die Behandlung besteht im Verschluss der verletzten Blase, Drainage des
perivesikalen Raumes und zuverlässiger Urinableitung.
11.5 Harnröhrenverletzungen
Therapie. Die Behandlung sorgt vorerst für eine sichere suprapubische Urinab-
leitung durch Punktionsdrainage (Zystofix). Bei geringfügigen Einrissen genügt
die vorübergehende Harnumleitung. Bei schweren Verletzungen (z. B. im Be-
ckenboden) richtet sich das Vorgehen nach der Situation (Nebenverletzungen,
Allgemeinzustand): Möglich ist eine primäre chirurgische Versorgung, in der
Regel Adaptation der Stümpfe über einem Katheter oder aber auch der völlige
Verzicht auf primäre Versorgung und später Operation der Narbenstriktur.
Spätkomplikationen: Strikturen (Harnröhrenplastik, Bougierung, Sicht-
urethrotomie) und erektile Dysfunktion bei Mitverletzung des N. pudendus
und seiner Ausläufer sowie bei Gefäßverletzungen.
Fallbeispiel
Anamnese. Ein 34-jähriger Bankangestellter wird auf die Notfallstation gebracht.
Bei einem Go-Kart-Rennen während eines Betriebsausfluges hat er ein perine-
ales Trauma erlitten. Aus der Urethra entleere sich etwas Blut.
Befund. Es findet sich ein perineales Hämatom. Die Röntgenbilder zeigen keine
Hinweise auf Beckenfraktur. Eine Miktion ist dem sehr verängstigten Patienten
nicht möglich.
Offene und stumpfe Penisverletzungen sind selten. Als offene Verletzung sieht
man im Zusammenhang mit Unfällen gelegentlich ein Décollement der Penis-
haut (Schindung). Stumpfe Traumen führen zu Hämatomen. Eine typische Ko-
habitationsverletzung ist die Penisfraktur. Ihre Entstehung ist in aller Regel von
einem Frakturgeräusch begleitet, und es entwickelt sich rasch ein massives Hä-
matom. Die Abknickung ist unschwer erkennbar und muss operativ versorgt
werden (Naht der Tunica albuginea).
Verletzungen des Skrotums und des Skrotalinhaltes sind vorwiegend Fol-
ge direkter Gewalteinwirkung (Fußtritt, Ballwurf usw.). Bei den offenen Verlet-
11.1 · Verletzungen des Genitale
177 11
zungen kommt es häufig zur Ablederung der Haut, wodurch die Hoden freige-
legt werden. Stumpfe Traumen können zu massiven Hämatomen Anlass geben.
Die Behandlung besteht in Ruhigstellung und Kälteapplikation, allenfalls Aus-
räumung einer Hämatozele. Bei offenen Verletzungen wird nach den Prinzipien
der Wundversorgung vorgegangen. Verletzte Hoden werden, wenn möglich,
erhalten.
? Übungsfragen
1. Was interessiert Sie am Urinstatus eines Unfallverletzten?
2. An was denken Sie, wenn ein Patient mit Schambeinfraktur Harndrang verspürt
und nicht urinieren kann?
3. Bei Verdacht auf Urethraabriss ist eine diagnostische Maßnahme kontraindiziert.
Welche? Hingegen kann Ihnen unter Umständen die Rektaluntersuchung wei-
terhelfen. Warum?
4. Was ist das Prinzip der Behandlung von Nierenverletzungen beim Kreislauf sta-
bilen Patienten?
Lösungen → S. 219
III Urologische Behandlung
in Klinik und Sprechstunde
12 Besondere urologische
Behandlungsmaßnahmen – 181
13 Dringliche Sprechstundensituationen
in der Urologie – 193
12
Besondere urologische
Behandlungsmaßnahmen
12.1 Nephrektomie – 182
12.1 Nephrektomie
12
a
b c
. Abb. 12.1a–c. Nephrektomietechnik: a Lagerung, b stumpfe Freipräparation der
Nierenstielgefäße, c Ligatur und Durchtrennung der Gefäße nach Anlegen von Stielklemmen
(nach Altwein u. Rübben 1993)
12.3 · Perkutane Nierenoperationen
183 12
. Abb. 12.2. Schnittführung für urologische Operationen (nach Alken u. Sökeland 1982)
Bei Urotheltumoren muss der Harnleiter bis zur Blase (mit einer Blasen-
manschette) entfernt werden.
In letzter Zeit zunehmend auch Nierenoperationen auf laparoskopischem
und retroperitoneoskopischem Weg.
12.2 Nierenbeckenplastiken
12.4 Blasenoperationen
Die meisten Eingriffe in der Blase (bei Steinen und Tumoren) erfolgen endo-
skopisch. Es kann aber notwendig werden, die Blase über einen suprapubischen
Medianschnitt freizulegen und zur Entfernung eines Steines oder eines Fremd-
körpers zu eröffnen (Sectio alta). Auch Divertikeloperationen und Harnleiter-
12 neueinpflanzungen erfolgen auf diesem Wege.
Bei ausgedehnten Blasentumoren (T2/T3) muss die Blase mit den Samen-
blasen und der Prostata (u. U. auch mit der Urethra) entfernt werden (Zystek-
tomie). Bei der Frau werden auch Uterus und Tuben mitentfernt (vordere
Exenteration). Immer wird auch eine (diagnostische) Lymphadenektomie im
Obturatoriusbereich durchgeführt.
12.5 Harnumleitung
Mit der Zystektomie entfällt das Harnspeicherorgan, und der Urin muss definitiv
umgeleitet werden. Harnumleitungen können aber auch als vorübergehende Maß-
nahme bei verschiedenen anderen Harnwegserkrankungen notwendig werden.
Für die definitive Harnumleitung sind verschiedene Verfahren gebräuchlich.
Keines kann allen Anforderungen an einen idealen Harnblasenersatz voll genü-
gen. Diese sind:
12.5 · Harnumleitung
185 12
4 volle Erhaltung der äußeren Integrität des Körpers,
4 Speicherfunktion mit Füllungssensibilität,
4 Kontinenz,
4 keine Resorption des Ersatzblaseninhalts,
4 kein Reflux in die oberen Harnwege,
4 Infektfreiheit.
Vorübergehende Harndeviation
Nephrostomie. Vor allem bei Verlegung des Harnleiters z.B. durch einen infi-
zierten Stein. Nephrostomien werden heute fast ausschließlich auf perkutanem
Wege angelegt (. Abb. 5.7, S. 78).
Definitive Harndeviation
Ureterosigmoidostomie. Älteste gebräuchliche Form der definitiven Harnde-
viation, indiziert z.B. bei Blasenekstrophie oder nach Zystektomie. Vorausset-
zung für diese Harnumleitung ist ein funktionstüchtiger Sphincter ani. Ihre
Gefahren liegen v.a. in der Resorption von Harnelektrolyten (→ hyperchlorä-
mische Azidose) und im Reflux von Darminhalt in die oberen Harnwege (→
pyelonephritische Schübe). Durch Bildung eines »Darmbeutels« am Übergang
des Sigmas zum Rektum kann die Speicherkapazität erhöht und der Druck im
Darm in erwünschter Weise gesenkt werden (. Abb. 12.5). Problematisch sind
Harnwegsinfekte und als Spätfolge Karzinominduktion im Einpflanzungsbe-
reich der Ureteren. Heute kaum noch verwendet.
12
Ileum und Kolonconduit. Eine derzeit immer noch häufig verwendete Harn-
umleitungsmethode ist das seit Jahrzehnten bewährte komplikationsarme
Ileum- oder Kolonconduit (. Abb. 12.8). Das in die Haut eingepflanzte Darm-
stück hat keine Reservoirfunktion, sondern dient der Verhinderung von Strik-
turen auf Hautniveau (Strikturen bei Ureterokutaneostomie häufig).
Nachteilig ist hier das inkontinente Hautstoma (»Urostoma«). Der Urin
wird mit einem auf die Haut geklebten Beutel aufgefangen. Die Beutelsysteme
sind jedoch heute so perfekt, dass eine vollständige soziale Reintegration des
Patienten die Regel ist.
188 Kapitel 12 · Besondere urologische Behandlungsmaßnahmen
12
. Abb. 12.7a–d. Orthotope Darmersatzblase aus dem Ileum; a Isolierung von 60–70-cm
terminalen Ileums und antimesenteriale Detubularisierung, b W-förmige Lagerung, c, d Beutel-
bildung und Anastomose mit dem Harnröhrenstumpf (nach Sigel 1993)
12.6 Nierentransplantation
Leichennierentransplantation
Bei frisch Verstorbenen transperitoneale »En-bloc«-Entnahme beider Nieren
mit Aorten- und Cava-Manschette (»Patch«) sowie langem Ureter. Transplan-
tation in zwei immunologisch kompatible Empfänger.
Lebendspendernierentransplantation
Wegen des chronischen Mangels an Leichennieren weltweite Zunahme der
Nierentransplantation zwischen Verwandten oder emotional verbundenen Per-
sonen. Setzt sehr sorgfältige Abklärung und Information von Spender und Emp-
fänger voraus. Auf die Transplantation selbst kann hier nicht eingegangen wer-
den. Die Nierenentnahme beim gesunden Lebendspender stellt eine Besonderheit
dar, weil es sich um eine Operation ohne primären Nutzen für den Operierten
handelt, sondern weil altruistische Beweggründe im Vordergrund stehen. Ent-
sprechend haben die Sicherheit für den Spender und das Organ höchste Priorität.
Die Lebendspendernephrektomie soll nur von erfahrenen Chirurgen vorgenom-
men werden. Durch die Vertrautheit mit der Niere ist der Urologe dazu beson-
ders geeignet. Besseres Überleben des Transplantates durch optimales Timing
und kurze warme und kalte Ischämie. Nach heutigem Wissensstand keine nach-
teiligen Folgen für den Spender. Zurzeit wird rund die Hälfte der Lebend-
spendernephrektomien auf laparoskopieassistiertem Wege durchgeführt.
190 Kapitel 12 · Besondere urologische Behandlungsmaßnahmen
Prinzip. Die Niere wird ohne Fettkapsel, aber mit genügend Ureterfett allseitig
frei präpariert, ohne die vaskuläre Versorgung zu beeinträchtigen. Getrennte
Darstellung von Nierenvene und -arterie. Absetzen über Klemmen und sofor-
tiges Spülen mit kalter Konservierungslösung. Unmittelbare Transplantation in
den von einem zweiten Team vorbereiteten Empfänger. Sorgfältige Versorgung
der Nierengefäße.
Fallbeispiel
Anamnese. Eine 26-jährige Coiffeuse wird mit Verdacht auf Pyelonephritis hos-
pitalisiert. Sie klagt über rechtsseitige Flankenschmerzen, Fieber bis 40°C und
Abgeschlagenheit.
Befund. Fieber 39,6°C. Massive Leukozyturie. Im Ultraschall zeigt sich ein stark
dilatiertes Nierenbeckenkelchsystem rechts. Ein Stein kann nicht identifiziert
werden.
? Übungsfragen
1. Nierensteine werden nur selten offen operiert, so z.B., wenn gleichzeitig eine
Hydronephrose korrigiert werden muss. Wie heißen die gängigen Verfahren zur
minimal-invasiven Behandlung von Nierensteinen?
2. Nennen Sie zwei Möglichkeiten für eine definitive Harnumleitung nach
Blasenentfernung!
3. Wie werden Harnröhrenstrikturen endoskopisch behandelt?
Lösungen → S. 220
13
Dringliche Sprech-
stundensituationen
in der Urologie
13.1 Hämaturie – 194
13.1 Hämaturie
Die Hämaturie ist ein Alarmsymptom, das sich bei vielen Nieren- und Harnwe-
gsaffektionen findet und auf ernsthafte Erkrankungen hinweisen kann
(. Tabelle 13.1).
Makrohämaturie
Durch Blutbeimengung leicht erkennbar rot gefärbter Urin; verifiziert durch
mikroskopischen Erythrozytennachweis oder durch Teststreifen. Die Hämatu-
rie kann schmerzhaft sein (. Abb. 13.1). Auszuschließen sind:
4 Blutbeimengungen von außerhalb der Harnwege (weibliches Genitale),
4 Rotfärbung des Urins durch Nahrungmittel (Randen/Rote Bete) und Medi-
kamente (Pyridium, Laxanzien der Anthrachinonreihe, Pyrazolone),
4 Rotfärbung des Urins durch Urate (Ziegelmehlsediment),
4 Hämoglobinurie, Porphyrie.
Mikrohämaturie
Erhöhte Erythrozytenzahl im Urinsediment; bei der »Harnschau« nicht erkenn-
bar; aber nachgewiesen durch Teststreifen und mikroskopische Sedimentbeur-
teilung: (> 5 Erythrozyten/Gesichtsfeld).
! Makro- und Mikrohämaturie sind tumorverdächtig bis zum Aus-
schluss dieser differentialdiagnostischen Möglichkeit bzw. bis zum
Nachweis einer anderen Blutungsursache.
! Blasentamponade → Klinikeinweisung!
renal Nephritis
Vergiftung
Ausscheidungsstörung
Sicherung der Diagnose. Traumatischer, septischer, hämorrhagischer Schock?
Vergiftung? Gefäßprozess (Embolie, Thrombose)?
Vesikale Funktionsstörung
Neurogen: Nervenschädigung nach Rektumamputation, Rückenmarkstrauma
oder multipler Sklerose.
Medikamentös-psychosomatisch: Medikamente (v.a. Psychopharmaka, Anti-
cholinergika), Drogen. Postoperative Miktionshemmung (bei 10–20% aller
Operierten).
Dranginkontinenz (Urge-Inkontinenz)
Unwillkürlicher Harnverlust infolge unkontrollierbarer Detrusorkontrak-
tionen. Meist verbunden mit imperativem Harndrang. Oft im Zusammenhang
mit Prostatavergrößerung. Häufigste Inkontinenzform des Mannes.
Mischinkontinenz
Mischform von Belastungs- und Dranginkontinenz.
Diagnose. Zystomanometrie.
Extraurethrale Harninkontinenz
Selten. Die Ursache liegt außerhalb des Verschlussapparates, z.B. ektop mün-
dender Harnleiter. Blasen-Scheidenfisteln.
Die Intensität der Erscheinungen einer akuten Zystitis verlangt nach sofortiger
Behandlung:
4 Harndesinfizienzien: Sulfomethoxazol-Trimethoprim, Norfloxacin, Cipro-
floxacin, u. a.,
4 Analgetika/Antipyretika,
4 Diuresesteigerung.
13.5 Steinkolik
Ohne Schmerzen:
4 Hodentumor,
4 Hydrozele/Spermatozele,
4 Hernia inguinalis.
Hodentumor
(7 Kap. 6.5).
Hydrozele
Langsam zunehmende Flüssigkeitsansammlung innerhalb der Tunica vaginalis
testis (Hydrocele testis), seltener im Bereich des Samenstrangs (Hydrocele fu-
niculi) (. Abb. 13.3).
Bei der idiopathischen Hydrozele ist die Ursache unbekannt.
Eine symptomatische Hydrozele kann sich entwickeln nach Trauma, bei
Hodentumoren sowie bei entzündlichen Erkankungen (»Begleithydrozele«).
Bei Durchleuchtung mit einer starken punktförmigen Lichtquelle (Diaphanos-
kopie) schimmert der Lichtstrahl rötlich durch. Die Ultraschalluntersuchung
eignet sich gut für die Differentialdiagnose.
Die Entleerung der Hydrozele durch Punktion in Lokalanästhesie ist meist
nur vorübergehend erfolgreich. Eine sichere Heilung ist nur durch Operation
möglich (Abtragung bzw. Umstülpung des Hydrozelensackes). Bei Tumorver-
dacht immer chirurgische Revision veranlassen.
. Abb. 13.3a–c. Hydrozele; a der Tunica vaginalis testis, b vaginalis communis, c funiculi
(nach Tanagho u. McAninch 1992)
204 Kapitel 13 · Dringliche Sprechstundensituationen in der Urologie
Spermatozele
Es handelt sich um ein Konglomerat von multiplen Zysten, gefüllt mit milchig
trüber Flüssigkeit, das tumorartig oberhalb und hinter dem Hoden gelegen
imponiert. Pathologisch-anatomisch sind es zystisch erweiterte Gänge des Ne-
benhodenkopfes (Retentionszysten).
Die differentialdiagnostische Abgrenzung von Tumoren geschieht mit
Ultraschall. Bei Beschwerden: Amputation des Nebenhodenkopfes mit der
Spermatozele.
Hernia inguinalis
Typisch die offene Bruchpforte und der in der Regel reponierbare Bruchsackin-
halt. Peristaltik im Skrotum gelegentlich erkennbar oder hörbar. Bei Inkarzera-
tion: schmerzhafte Ileuserscheinungen.
Varikozele
Krampfaderartige Erweiterung des Plexus pampiniformis, meist links (90%).
Bei etwa 5% aller Männer mehr oder weniger eindrücklich ausgebildet. Verur-
sacht gelegentlich »dumpfe«, ziehende, linksseitige Hodenschmerzen oder wird
bei der Abklärung einer Fertilitätsstörung entdeckt.
Ursache sind insuffiziente Klappen der V. spermatica und ihre rechtwink-
lige Einmündung in die V. renalis (. Abb. 13.4).
Selten als symptomatische Varikozele bei tumorbedingter Verlegung der
V. renalis bzw. der V. cava.
13 Bei der idiopathischen Form führt die venöse Stase zu einem Tempera-
turanstieg im Skrotum und dadurch zu einer Verminderung der normalen
Temperaturdifferenz Hoden-Körperhöhle (von bis zu 2,5 °C). Diskutiert
werden auch andere Mechanismen der Hodenschädigung wie Hypoxie
oder Regurgitation von Nebennierenblut mit spermiziden Hormonmeta-
boliten.
Epididymitis/Orchitis
Akute (kanalikulär deszendierende) Nebenhodenentzündung (7 auch Kap. 4.4).
Gefährdet sind ältere Patienten mit Harnwegsinfekten (besonders Dauer-
katheterträger). In der Regel akuter Beginn mit Schmerzen, Fieber und lokaler
Schwellung. Im Vollbild der Erkrankung kann der Nebenhoden nicht vom
13.6 · Einseitige Volumenzunahme des Skrotalinhaltes
205 13
. Abb. 13.4. Venöser Hauptabfluss des
Hodens; rechts direkt in die V. cava, links in
die V. renalis. Die ungünstigen Abflussver-
hältnisse links disponieren zur Entstehung
einer Varikozele. Die typische Behandlung
der Varikozele besteht in der retroperitone-
alen Unterbindung (+) der V. spermatica
Hoden abgegrenzt werden. Eine Orchitis liegt aber nur ausnahmsweise vor
(Hodenabszess).
Anheben des befallenen Hodens bringt Erleichterung. Es besteht ein typisch
entzündliches Harnsediment und eine positive Urinkultur.
Behandlung: (resistenzgerechte) Antibiotikatherapie, Hochlagerung, kühle
Umschläge. Die Schwellung des Nebenhodens kann mehrere Wochen an-
halten.
Echte Orchitiden sieht man im Zusammenhang mit Parotitis epidemica,
Varizellen und Mononukleose. Behandlung: symptomatisch (7 auch Kap. 4.4).
Hodentorsion
Die Hodentorsion (. Abb. 13.5) führt, wenn sie nicht oder zu spät erkannt wird,
zum Verlust des betroffenen Organs.
206 Kapitel 13 · Dringliche Sprechstundensituationen in der Urologie
a b
. Abb. 13.5. a Intravaginale Hodentosion (nach Feustel 1976), b Torsion einer Morgagni-
Hydatide (nach Altwein 1979)
Epididymitis acuta:
4 akut,
4 in der Anamnese Harnwegsinfekt,
4 oft febril bis hochfebril,
4 oft Leukozyturie, Pyurie,
4 bei Anheben des Hodens Rückgang der Beschwerden.
13.8 Priapismus
Unter Priapismus versteht man eine schmerzhafte Dauererektion, die länger als
2 Stunden anhält. Solche Patienten müssen sofort auf eine urologische Abtei-
lung eingewiesen werden.
Eine spezifische Ursache ist in der Mehrzahl der Fälle nicht eruierbar.
Symptomatisch tritt der Priapismus gehäuft bei Bluterkrankungen (Leukosen,
Sichelzellenanämien) und Neoplasien auf. In jüngerer Zeit gelegentlich als Fol-
ge der Schwellkörperinjektionstherapie bei erektiler Dysfunktion (7 Kap. 8.1).
Der unbehandelte idiopathische Priapismus führt zum irreversiblen Ver-
lust der Erektion durch hypoxische Schädigung des Schwellkörpergewebes.
13.9 Paraphimose
Die Paraphimose entsteht durch Strangulation der Glans durch eine enge, zu-
rückgestreifte Vorhaut. Bei der Einlage von Kathetern muss die Vorhaut zur
Paraphimoseprophylaxe immer reponiert werden. Die Zirkulationsstörung
durch den Schnürring führt zum Ödem der Glans und später zu Nekrosen im
Bereiche des Sulcus coronarius.
Ist ein Repositionsversuch (. Abb. 13.6a) – nach Verabreichung eines kräf-
tigen Analgetikums (z. B. Morphin 10 mg i. v.) – erfolglos, so muss der Schnür-
ring auf dem Dorsum penis in Lokalanästhesie ausgiebig gespalten werden, bis
13.10 · Psychosomatische Aspekte der Urologie
209 13
. Abb. 13.6. a Manuelle Repo-
sition einer Paraphimose (nach
Hofstetter u. Eisenberger 1986),
b dorsale Längsinzision des
Präputiums, c quere Vernähung
(nach Altwein 1979)
die Reposition möglich ist (. Abb. 13.6b). Als definitive Therapie muss später
eine Zirkumzision erfolgen.
Niere
Bei der Niere ist eine affektiv ausgelöste Polyurie bekannt. Auch eine anfallartig
auftretende Phosphaturie wird beschrieben. Sie soll auf der psychischen Ebene
210 Kapitel 13 · Dringliche Sprechstundensituationen in der Urologie
Blase
Die rasche und empfindliche Reaktion der Blase auf psychische Einflüsse ist
auch dem Laien geläufig: Kältereiz oder plätscherndes Wasser führen zu Harn-
drang, ganz besonders bei »nervösen« Menschen.
Pollakisurie und andere Reizblasensymptome sind bei emotionell labilen
Menschen nicht selten. Gelegentlich mögen sie Ausdruck von Konflikten im
sexuellen Bereich sein; manchmal verbirgt sich hinter ihnen eine uneingestan-
dene Karzinophobie oder Angst vor venerischen Erkrankungen. Letzteres be-
sonders bei Patienten, bei denen ein bestimmter sexueller Kontakt Schuldge-
fühle hervorgerufen hat. Nicht ganz selten persistieren bei jüngeren Patien-
tinnen nach Abheilung echter, bakterieller Zystitiden, infolge hypochondrischer
Fixierung (dann nur noch psychogen bedingte) Miktionsbeschwerden.
Oligurie, verursacht durch Umweltbedingungen, wird von ängstlichen,
psycholabilen Persönlichkeiten gelegentlich als Harnsperre interpretiert.
Prostata
Ein erheblicher Teil der Erkrankungen an sog. chronischer bakterieller Prosta-
titis sind in Wirklichkeit Prostataneurosen (»Prostatosen«) und stehen im Zu-
sammenhang mit Partnerproblemen, Potenzstörungen oder uneingestandener
13 Angst vor Geschlechtskrankheiten.
Erektile Dysfunktion (besonders bei jüngeren Patienten) ist häufig psycho-
gen mitverursacht und vielfach Ausdruck von Minderwertigkeits-, Schuld- oder
Angstgefühlen, etwa Versagerangst, Angst vor sexueller Überforderung, aber
auch Ausdruck durchaus unspezifischer psychischer Stresssituationen.
? Übungsfragen
1. Wie kann der Arzt bei einem Hämaturiepatienten schon bei der Aufnahme der
Anamnese schon erste Hinweise auf die Lage der Blutungsquelle erhalten?
2. Wann spricht man von Anurie, und an welchen drei Stellen kann die Ursache
(grundsätzlich) liegen?
3. Was ist der Unterschied beim Einnässen wegen kongenitaler extrasphinkterieller
Dystopie der Harnleitermündung und wegen Enuresis nocturna?
4. Was denken Sie, wenn ein Harnwegsinfekt trotz korrekter Behandlung nach drei
Wochen immer noch (oder wieder) nachweisbar ist?
5. Können Uretersteine auch spontan abgehen? Wenn ja, wieviel Prozent schätzen
Sie, sind abgangsfähig?
6. Nennen Sie zwei Ursachen für eine nicht, bzw. kaum schmerzhafte einseitige
Volumenzunahme des Skrotalinhaltes!
7. Nach welcher Zeit sprechen Sie bei einer Dauererektion von Priapismus und was
unternehmen Sie (in der Praxis)?
8. Was unternehmen Sie bei einem Patienten mit Paraphimose?
Lösungen → S. 220
Anhang
Sachverzeichnis – 223
Lösungen zu den
Übungsfragen
216 Anhang
Kapitel 1 und 2
1. Zwanghafter Drang zur Miktion, z. B. bei Zystitis
2. Pollakisurie: Häufige Entleerung kleiner Urinmengen unabhängig von der Gesamt-
urinmenge/häufige Entleerungen wegen großer Gesamturinmenge
3. Polyurie: Perianaler Sensibilitätsausfall, fehlender Achillessehnen- und Bulboka-
vernosusreflex
4. Restharn, Harnstauung, Tumorverdacht
5. Vernichtender, einseitiger Dauerschmerz von wechselnder Intensität
6. Sie wollen wissen, ob Hinweise für ein Prostatakarzinom bestehen.
7. Mehr als 100.000
8. Urogramm: Radiologische Darstellung von Nieren und Harnwegen nach intra-
venöser Verabreichung eines jodierten Kontrastmittels. CT: Radiologische Erzeu-
gung von axialen Querschnittsbildern des Körpers, meist ohne Kontrastmittel
(Steindiagnostik).
9. Tiemann, Charr. 16–18
10. In ml/s
Kapitel 3
1. Fusion der beiden Nierenunterpole kaudal von der A. mes. caudalis
2. Ureter fissus: ein Ostium; Ureter duplex: zwei Ostien
3. Der Harnleiter von der oberen Kelchgruppe mündet auf der Ureterleiste weiter
distal.
4. Die Zyste hat keine Verbindung zum Nierenbecken: operative Behandlung nur
ausnahmsweise angezeigt. Die Hydronephrose ist eine stauungsbedingte Er-
weiterung des Nierenbeckens: operative Behandlung zur Behebung der Abfluss-
behinderung angezeigt
5. Missbildung, Tumor, Stein
6. Mit einem Miktionszystogramm (MCUG)
7. Die Harnröhrenmündung ist in beiden Fällen proximalwärts verlagert. Liegt sie
auf der Ventralseite so handelt es sich um eine Hypospadie. Liegt sie auf der
Dorsalseite so liegt eine Epispadie vor. Kontinenz normal. (Im Extremfall ein in-
kontinenter Übergang zur Blasenekstrophie.)
8. Wenn der gesuchte Hoden retroperitoneal angelegt ist, sollte wegen der Gefahr
einer malignen Entartung zur Entfernung geraten werden.
217
Lösungen zu den Übungsfragen
Kapitel 4
1. Ein Harnwegsinfekt bei Vorliegen zusätzlicher Krankheitsfaktoren wie Steine,
Abflussbehinderung usw.
2. Escherichia coli
3. Mittelstrahlurin
4. Mittelstrahlurin (beweisend nur bei negativem Ausfall der bakterologischen
Untersuchung). Im Zweifel: Katheterurin
5. Einige Tage (je nach Behandlung)
6. Nierenbeteiligung, Urosepsisgefahr, intensive Antibiotikatherapie, bei Andauern
unverzügliche Spitaleinweisung
7. Trimethoprim, Norfloxacin, Ciprofloxacin, Nitrofurantoin
8. Mikrohämaturie und »sterile« Pyurie
Kapitel 5
1. Kalziumoxalat 60–70%, Kalziumphosphat (besonders Kalzium-Magnesium-
Ammoniumphosphat) rund 20%, Harnsäure 10–15%, Zystin/Xanthin selten
2. Ausgussstein, Ureterstein, Kelchstein, Nierenbeckenstein
3. Dehydration, Harnstauung, einseitige Diät, Immobilisation
4. Harnsäuresteine, durch Alkalisierung
5. Diuresesteigerung
Kapitel 6
1. Vorwiegend lymphogene Metastasierung, v.a. iliakal und retroperitoneal. Nur
das Peniskarzinom metastasiert inguinal.
2. Hodentumoren sprechen sehr gut auf Chemotherapie an, Nierentumoren we-
nig, Prostatakarzinome kaum.
3. Hämaturie ist Leitsymptom für Urotheltumoren, seltener Nierenzellkarzinome
(hier Spätsymptom).
4. Tumor/Zyste. Differentialdiagnose durch Ultraschall und/oder Computertomo-
graphie, Einteilung der Zysten nach Bosniak (I–IV)
5. Es handelt sich um einen weit fortgeschrittenen Blasenkrebs, für den es keine
Heilung mehr gibt. Evtl. Behandlung mit Gemcitabin.
6. Relativ gering 20–30%/Groß rund 70%
7. Praktisch nur das Prostatakarzinom, selten Prostatakonkremente und chronische
Entzündungen
218 Anhang
Kapitel 7
1. Restharn, Ausbildung einer Balkenblase, später Rückstau mit Erweiterung der obe-
ren Harnwege, später Tubulusschädigung und beginnende Niereninsuffizienz
2. Verzögerter Miktionsbeginn, schwacher Harnstrahl, Gefühl der unvollständigen
Entleerung, Nachträufeln, Pollakisurie imperativer Harndrang
3. Ja, Phytotherapie, α-Rezeptorenblocker, 5-α-Reduktasehemmer.
4. In keiner bis nur sehr geringer Beziehung: Es gibt durchaus ältere Männer mit
eindrücklich vergrößerter Prostata ohne Symptome und Restharn, aber auch das
Umgekehrte ist möglich.
5. Ja, sicher, denn bei der Operation bleibt der größte Teil der Drüse als sog. chirur-
gische Kapsel zurück.
6. Unsorgfältiger Katheterismus
7. Multiple Sklerose, diabetische Neuropathie, Morbus Parkinson, Rückenmarks-
läsionen
8. Belastungsinkontinenz (Frau 50%); Dranginkontinenz (Mann 40–80%). Mischin-
kontinenz. Inkontinenz bei chronischer Harnrebention. Extraurethrale Sonder-
formen
Kapitel 8
1. Diabetes mellitus, Arteriosklerose, radikale Prostatektomie, neurologische Er-
krankungen
2. Medikamente (z. B. Viagra), intrakavernöse Injektionsbehandlung, Penispro-
thesen
3. Ungünstig, allenfalls erfolgreich bei Infekten
4. Ursache: Klappeninsuffizienz in der V. spermatica links und behinderter Blutab-
fluss durch rechtwinklige Einmündung in die V. renalis. Ungünstige Beeinflus-
sung der Spermaqualität
5. Mit einem Spermiogramm, nach Abgang von ca. 20 Ejakulaten
219
Lösungen zu den Übungsfragen
Kapitel 9
1. Die kurze weibliche Harnröhre, Miktionsgewohnheiten (Zurückhalten der Mikti-
on), mechanische Reizung beim GV, hormonale Umstellung in Schwangerschaft
und Menopause
2. Banale Zystitis, interstitielle Zystitis, Urothelkarzinom der Harnblase, Harnwegs-
tuberkulose, Harnröhrenerkrankung, psychosomatische Problematik
3. Unklare, schmerzhafte »Reizblase«. Führt zu quälender Pollakisurie und schließ-
lich zu einer Schrumpfblase.
4. Durch kontinuierlichen Urinverlust durch die Scheide Folge gynäkologischer
Tumor oder Operationen. Selten.
5. Physiologische Dilatation der oberen Harnwege mit verlangsamtem Urintrans-
port und Stauung durch den vergrößerten Uterus
Kapitel 10
1. Eine Fehlbildung der Harnwege, u.a. auch vesikoureteraler Reflux
2. Ja, unter geeigneter Infekttherapie und Überwachung darf durchaus auf spon-
tane Heilung gehofft werden.
3. Ureter duplex, Ureterozele, Megaureter, Blasendivertikel, Nierenbeckenab-
gangsstenose usw.
4. Bis zum Schuleintritt
5. Ein stark beweglicher Hoden, Normvariante, die keine Therapie benötigt
6. »Wilms«-Tumor (maligner Mischtumor). Bei kombinierter Behandlung ist die
Prognose günstig.
Kapitel 11
1. Hämaturie bedeutet möglicherweise Nieren- bzw. Harnwegsmitverletzung.
2. Verdacht auf Blasenruptur, evtl. auch Urethraverletzung
3. Katheterismus ist kontraindiziert. Rektale Untersuchung ergibt »bewegliche«,
kranialwärts verlagerte Prostata. Die Diagnose wird durch ein Urethrogramm
bestätigt.
4. Nach Möglichkeit konservatives Vorgehen
220 Anhang
Kapitel 12
1. Extrakorporelle Steinzertrümmerung, perkutane Litholapaxie, Ureteroskopie
2. Ileum- oder Kolonconduit, Ersatzblasen »Pouches« aus Dünn- und/oder Dickdarm
3. Durch »Sichturethrotomie«, das heißt durch ein Endoskop, in dem ein beweg-
liches Messer unter Sicht durch die Verengung geführt werden kann.
Kapitel 13
1. Initiale versus totale Hämaturie/Ureterkoagula im Urin/einseitige Schmerzen
2. Weniger als 100 ml Urin pro 24 Stunden/prärenal, renal, postrenal
3. Der unfreiwillige Harnverlust erfolgt im ersten Falle kontinuierlich.
4. Es handelt sich um einen sog. »komplizierten« Infekt. Es besteht Abklärungs-
bedürftigkeit
5. Ja, rund 80%
6. Hydrozele, Hodentumor Spermatozele, Ingninalhernie
7. Nach zwei Stunden. Sofortige Einweisung
8. Repositionsversuch, wenn erfolglos, dorsale Spaltung in Lokalanästhesie
Weiterführende
Internet-Seiten
222 Weiterführende Internet-Seiten
Weiterführende Internet-Seiten:
Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU); Arbeitsgemeinschaft der Wissen-
schaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF):
www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/index.html
Guidelines der Europäischen Urologen Gesellschaft (EAU):
http://www.uroweb.org/nc/professional-resources/guidelines/online/
Homepage European Board of Urology: www.ebu.com
Guidelines Amerikanische Urologengesellschaft (AUA): www.auanet.org/guidelines
Homepage des amerikanischen National Institute of Cancer (NCI): http://www.cancer.gov/
Literaturdatenbank des amerikanischen National Center for Biotechnology Information
(NCBI); Pubmed: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/sites/entrez
Digital Urology Journal: www.duj.com
Krebsinformationsdienst (KID) des Deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg:
www.krebsinformationsdienst.de/index.html
Homepage der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU): www.dgu.de
Homepage Schweizerische Gesellschaft für Urologie (SGU): www.urologie.ch
Homepage Österreichische Gesellschaft für Urologie und Andrologie (ÖGU): www.uro.at
Homepage Societé Internationale d’urologie (SIU): www.siu-urology.org
Homepage European Group of Robotic Urology: www.gfmer.ch/EGRU/Index.htm
Homepage Deutsche Kontinenzgesellschaft:
www.kontinenz-gesellschaft.de/daten_fakten.htm
Selbsthilfegruppen Blasenkrebs in Deutschland:
www.harnblasenkrebs.de/Selbsthilfe/selbsthilfe.html
Homepage Förderverein Interstitielle Zystitis: www.ica-ev.de
Sachverzeichnis
Sachverzeichnis
224 Sachverzeichnis
Bilharziose 66
A Blase
– autonome 134, 135
Abszess, paranephritischer 200 – Teilresektion 101
ADAM 152 – transurethrale Resektion 99, 101
Adenokarzinom 91 – überaktive 139, 140
Algopareunie 159 – Untersuchung 10
Algurie 6 Blasenanomalien 46
Alkoholabusus, Erektionsstörungen Blasendivertikel 46
146 Blasenekstrophie 46, 164
Androgendefizit, partielles 152 Blasenfunktionsstörungen
Androgensuppression, medikamen- – medikamentöse-psychosomatische
töse 110 198
Andropause 152 – neurogene 133–136, 198
Anomalien, Urogenitalorgane 31–50 – vesikale 198
Anurie 5, 170, 196 Blasenoperation 184
– Ätiologie 197 Blasenscheidenfistel 158
Asthenospermie 150 Blasenschmerz 5
Ausfluss 8 Blasenspülung 22
Azidose Blasenstein 70, 81
– hyperchlorämische 185 – endoskopische Entfernung
– renal-tubuläre 72 191
Azoospermie 150 Blasentamponade 196
Blasentraining 135
Blasentumor 97–102, 184
– endoskopische Resektion 191
B Blasenverletzungen 173, 174
Bougierung 137
Bakteriurie 6, 57 Brachytherapie 107
Balkenblase 163
Bauchhoden 165
Beckenbodentraining 139, 199
Beckenschmerzsyndrom, chronisches
C
60
Begleithydrozele 203 Carcinoma in situ 97, 98
Belastungsinkontinenz 138, 139, 158, Charrière 19, 20
198, 199 Choriokarzinom 118
Sachverzeichnis
225 A–H
Computertomographie 17 Epispadie 48, 141, 164
Condylomata accuminatum 67 erektile Dysfunktion 8, 146–148
– psychogene Ursachen 210
– Therapie 147, 148
– Ursachen 146, 147
D Erektionsstörungen 146, 147
– 7 erektile Dysfunktion
Darmbeutel 185, 187 Ersatzblase 101, 187
Deszensusanomalien 48, 49 – orthotope 187
Diabetes mellitus, Erektions-
störungen 146
Doppel-J-Katheter 191, 197
Dranginkontinenz 138–140, 158,
E
199
Dysfunktion, erektile 7 erektile Fibrosarkom 94
Dysfunktion Fibrose, retroperitoneale 45
Dyspareunie 159 Fournier-Gangrän 201
Dysurie 6
G
E
Genitaltuberkulose 63–65
Echinokokkose 66 Genitalverletzungen 176, 177
Ejaculatio praecox 153, 154 Gonorrhö 66, 67
Ejakulat, blutiges 7
Ejakulation
– fehlende 8
– retrograde 130, 154
H
– vorzeitige 153, 154
Endoskopie 22, 23 Hämaturie 5, 170, 194
Enuresis 7 – Ursachen 194, 195
– nocturna 167, 168 Hämoglobinurie 194
Epididymitis 60, 200, 203, 204, Hämospermie 7
207 Harnabgang, unfreiwilliger 198
– akute 207 – 7 Enuresis
– Therapie 207 Harnblase 7 Blase
226 Sachverzeichnis
Nierentransplantation 188–190
N – Lebendspende 189, 191
– Leichenniere 189
Nebenhodenschmerz 5 Nierentumoren, bösartige 91–94
Nelaton-Katheter 20 Nierenverletzungen 171, 172
Neoblase 101 Nierenzellkarzinom 91–94
Nephrektomie 182 Nierenzyste 36
Nephroblastom 94, 167 Nykturie 6, 7, 125, 139
Nephropexie 39
Nephroptose 38
Nephroskopie, perkutane 24
Nephrostomie 185
O
Nephroureterektomie 96
Neuroblastom 167 OAT-Syndrom 150
Niere Oligoasthenoteratospermie 150
– Agenesie 33 Oligospermie 150
– Angiographie 16, 171 Oligurie 6, 196
– Dystopie 35 – psychosomatische Aspekte 210
– Hypoplasie 34 Orchidopexie 114, 207
– Rotationsanomalien 35 Orchiektomie 110
– Untersuchung 10 Orchitis 204, 205
– Szintigraphie 17 Orgasmusstörungen
Nierenanomalien 33–39 – bei der Frau 159
Nierenbeckenplastik 183, 192 – beim Mann 153, 154
Nierenbeckentumor 95, 96 Oxalose 71
Nierenfehlbildungen, zystische 35, 36
Nierenfunktion, Beurteilung 14
Nierengefäßanomalien 35
Nierenhohlsystem, Anomalien 39–41
P
Nierenkolik 4
Nierenkontusion 171 PADAM 152, 153
Nierenoperation, perkutane 183, 184 Paraphimose 48, 208
Nierenparenchymtumoren 89–91, 182 Pendelhoden 48, 165
Nierenresektion 7 Nephrektomie Penis, Untersuchung 11
Nierenschmerz 4, 210 Penisfraktur 176
Nierenstein 82 Peniskarzinom 119, 120
– infizierter 182 Penisverletzungen 176
Sachverzeichnis
229 N–R
PET 19 Prostataschmerz 5
Phimose 48, 165, 166 prostataspezifisches Antigen 13, 105
Phosphaturie 209 Prostatatumor 190
Phosphodiesterase-5-Hemmer 147 Prostatektomie
Pneumaturie 6 – laparoskopische 191
Pollakisurie 6, 7, 125, 139, 157 – radikale 106
Polyurie 209 – robotorassistierte 107
Porphyrie 194 – suprapubisch-transvesikale 129,
Positronenemissionstomographie 130
19 – transurethrale 129, 130
Potenzstörungen 146, 147 Prostatismus 124
– 7 erektile Dysfunktion Prostatitis 5, 59, 60, 201
Pouch 187 – akute 60
Priapismus 148, 208 – asymptomatische inflammatorische
Prostataabszess 201 60
Prostatahypertrophie 123–132 – chronische 60
– Ätiopathogenese 124 Proteinurie 14
– benigne 123 PSA-Bestimmung 13, 105
– chirurgische Therapie 129–132 Pyelogramm, antegrades 16
– Diagnostik 125, 127 Pyelonephritis, akute 56
– Klinik 124, 125 Pyurie 6, 57
– medikamentöse Therapie 127,
128
– Stadieneinsteilung 127
Prostatakarzinom 103–112
Q
– Brachytherapie 107
– Chemotherapie 111 Querschnittsyndrome 134
– Diagnostik 104, 105
– endokrine Therapie 110, 111
– Früherkennung 12, 13
– metastasiertes 110, 111
R
– Pathophysiologie 104
– Prognose 112 Rauchen
– Strahlentherapie 107, 111 – Blasentumoren 97
– Therapie 105–112 – Erektionsstörungen 146, 147
– TNM-Klassifikation 108 Reflexblase 134, 141
Prostataneurose 210 Reflexinkontinenz 141
230 Sachverzeichnis
S
Sackniere 39, 40
T
Samenerguss
– fehlender 154 Tadalafil 148
– verzögerter 154 Tenesmen 7, 170
– vorzeitiger 153, 154 Teratom 118
Schrumpfblase 157 Teratospermie 150
Schwellkörper-Autoinjektionstherapie Testosteronsubstitution 152, 153
148, 208 Tiemann-Katheter 20
Schwellkörperimplantat 148 TOT 139
Selbstkatheterismus 136 transobturator tape 139
Seminom 118 Transportstörung, supravesikale
Sildenafil 147 197
SKAT 148 transvaginal tension-free tape
Skelettszintigraphie 17 139
Skrotalkarzinom 121 Tuberkulose, Urogenitalsystem
Skrotalverletzungen 176 63–65
Skrotum, Untersuchung 11 TUR-B 99, 101
Sonographie 15 TURP 129, 130
Spermatozele 204 TVT 139
Spermiogramm 149, 150
Sphinkterdruckmessung 24
Steinkolik 74, 78, 201
Sachverzeichnis
231 R–V
– spezifisches Gewicht 14
U Urinentnahme 13
Urinuntersuchung 13, 14
Ultraschalluntersuchung 15 Uroflowmetrie 25
Untersuchung, neurologische 12 Urogenitalverletzungen
Ureter 169–176
– 7 Harnleiter Urographie 15
– duplex 34, 41, 162 – bei Kindern 162
– fissus 34, 41 – deszendierende 16
– retrokavaler 41 – intravenöse 171
Ureterabgangsstenose 40 – retrograde 16
Ureteranomalien 41–45 Urolithiasis 69–87
Ureterentumor 96 – Diagnostik 74–77
Uretermündung, ektopische 45 – Diuresesteigerung 85
Ureterokutaneostomie 185 – Klinik 74–77
Ureterorenoskopie 24, 82 – Metaphylaxe 85
Ureterosigmoidostomie 185 – Pathophysiologie 70–72
Ureterozele 45, 162 – Prophylaxe 84–86
Ureterpyelogramm, retrogrades – Therapie 78–84
16 Uroradiologie 15, 16
Ureterscheidenfistel 159 Urosepsis 74, 200
Ureterstein 201 Urostoma 187
Urethra Urotheltumor 95, 182
– 7 Harnröhre
– Anomalien 46, 47
Urethradivertikel 157, 159
Urethraklappe, proximale 163
V
Urethraruptur 175
Urethritis 59 Vaginalstatus 12
Urethrographie, retrograde 16, 171 Vardenafil 148
Urethrotomie 137 Varikozele 151, 204
Urethrozystoskopie 23, 24, 99, 162 Vasektomie 151, 152
Urge-Inkontinenz 7, 138–140, 199 Vasovesikulographie 16
Urin Viagra 147
– 24-h-Urin 14
– braunverfärbter 6
– schaumiger 6
232 Sachverzeichnis
Zystinstein 72, 85
W Zystitis 6
– akute 56, 200
Wilms-Tumor 94, 167 – interstitielle 157
Zystofixbehandlung 135
Zystographie 16
Zystomanometrie 24, 25
Z Zystostomie 185
Zytoskopie 23, 24
Zystektomie 101, 185
Zystenniere 37