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JOHN M. KELLY LIBß.AßY
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The Redemptorists of
the Toronto Province
from the I ibrary CoUection of
Holy Redeemer College, Windsor
University of
St. Michael's College, Toronto
^
HOLY REDEEMtR LIBRARY, Vi^DSOR
-.^^
:
II. Vom Ende des zweiten Jahrhunderts bis zum Beginn des
vierten Jahrliunderts. 2., umgearbeitete Auflage.
ALTKIRCHLICHEN LITERATUR
DRITTER BAND
Digitized by the Internet Archive
in 2009 with funding from
Ontario Council of University Libraries
http://www.archive.org/details/geschichtederalt03bard
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"'"^
GESCHICHTE
ALTKIRCHLICHEN
LITERATUR
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DRITTER BAND
DAS VIERTE JAHRHUNDERT
MIT AUSSCHLUSS DER SCHRIFTSTELLER
SYRISCHER ZUNGE
F R H I RU R (1 I M R REIS A U 192:5
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Zweiter Zeitraum.
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deM fünf ton J all rhu II dort.s.
Erster Abschnitt.
Das vierte Jahrhundert mit Ausschluß der Schriftsteller
syrischer Zunge.
Allgemeines.
............
Literatur und Wissenschaft.
Okzident.)
3. Der Vorsprung des Orients vor dem
S 3.
2.
(1.
Rich-
Apo-
7
S 5.
literatur.
5.
Poesie.
2. Die Brief literatur. 3. Büclier und Bände. 4. Der Dialog.
Fragen und Antworten. (>. Die Gnome.)
\. Die Poesie der Lateiner. 2. Die Poesie der Griechen.)
..... .
23
31
Erster Teil.
Erstes Kapitel.
..... 34
YIIj Iiili;iltsvt'izei(liiiis.
Stitc
{5 7. Athanasius. (1. Litciiirisclic Tätigkeit. '1. IjolM'iisgeschickf. 3. Apo-
logetische Schritteil. 4. Dogmatisch-polemi.sclie Schriften, f). Histo-
risch-polemische Schriften. (5. Plxegetische Schriften. 7. Praktische
Schriften. 8. Briefe. 9. Fcsthricfc. 10. T.ehranschauung. . . 44
§ 8. Ägyptische Mönche. (1. Antonius. "J. Pachoinius. 3. Horsie.si und
Theodor. 4. Makarius der Ägypter und Makarius der Alexandriner.
5. Evagrius Pontikus.) 79
§ 9. Serapion von Thnuiis. 1. Leben. 2. Schriften. 3. Euchologium.
S 10.
4. Alexander von Lykopolis.
theus von Alexandrien.) .........
5. Petrus II. von Alexandrien. 6. Timo-
Zweites Kapitel.
Kleinasiaten.
S 11. Marcelius von AncjTa. \X. Das antiariaiiische Werk vom .Jahre 335.
2. Spätere Schriften. 3. Asterius der Sophist. 4. Photinus von Sir-
mium.) . . . . . . . . . . . . 117
S 12. Basilius von Ancyra. (1. Dogmengeschichtliche KoUe. 2. Schrift-
stellerische Tätigkeit. 3. Eustathius von Sebaste.i . . . . 124
§ 13. Basilius der Grofse. (1. Lebensgang. 2. Schriften. 3. Dogmatische
Schriften. 4. Asketische Schriften. 5. An die Jünglinge, (j. Liturgie.
7. Homilien und Predigten. 8. Briefe. 9. Trinitätslehre. . . . 130
S 14. Gregor von Nazianz. (1. Individualität. 2. Lebenslauf. 3. Reden.
4. Gedichte. 5. Briefe. 6. Trinitätslehre und Christologie.) . . 162
S 15. Gregor von Nyssa. (1. Lebensgang. 2. Wissenschaftliche Tätigkeit.
3. Exegetische Schriften und Homilien. Dogmatische Schriften.
4.
5. Asketische Schriften. 6. Reden. 7. 8. Über die mensch-
Briefe.
liche Gotteserkenntnis. 9. Über Trinität und Inkarnation. 10. Über
die letztenDinge des Menschen.) . . . . . . . . 18S
5} IG. Amphilochius von Ikonium. (1. Leben. 2. Fragmente. 3. Vollständig
erhaltene Schriften. 4. Charakteristik. 5. Asterius von Amasea.) . 220
Drittes Kapitel.
$5 18.
ten.
7.
5. Briefe und Homilien.
Aetius von Antiochien.)
6.
.........
Nachfolger des hl. Eustathius.
{^19.
§ 20.
von Laodicea. 13. Theodor von Heraklea.
Hegemonius und Titus von Bostra
Cyrillus von Jerusalem. (1. Lebensgang. 2. Die 24 Katechesen.
....... . . . .
' . 240
2G5
Seite
S 24.
4. Apologetische, polemische, dogmatische Schriften.
justinische Schriften
Zweiter Teil.
Erstes Kapitel.
4? 27.
G. Briefe. 7. Hj'mnen. 8. Christologie.) ......
das Sendschreiben „De synodis". 5. Polemische Gelegenheitsschiiften.
>} 28.
2. Föbadius von Agennum.
Barcelona.
Priszillian
3. Gregor von Eliberis.
5. Viktricius von Ronen.)
Zweites Kapitel.
S 33. Luzifer von Calaris und seine Freunde, fl. Luzifer in seiner Eigen-
art. 2. Luzifer vor dem Exil. 3. Luzifer während des Exils. 4. Luzifer
nach dem Exil. T). Faustinu.s und Marcellinus. (>. Hilarius.) . . 4()i*
S 34. Zeno von Verona und J^ilastrius von Brescia. ;'l. Zeno von Verona.
2. Petronius von Bologna. 3. Filastrius von Brescia. 5. Fortunatianus
Drittes Kapitel.
1 1 1 yr e i r.
S 40. Arianer und Antiarianer. (1. Germinius von Sirmium und Heraklianus.
2. Wulfila. 3. Auxentius von Dorostorum und Maximinus. 4. Frag-
Register 657
Ergänzungen und IJ c ri <• li t i gun ge n . . . . . . 6(57
Zweiter Zeitraum.
Erster Abschnitt.
Allgemeines.
§ 1. Das allgemeine Gepräge des neuen Zeitraumes.
(1. Der Umschwung der äußeren Lage der Kirche. 2. Die Entfaltung der kirch-
3. Der Vorsprung des Orients vor dem Okzident.)
lichen Literatur und Wissenschaft.
•
Cod. Theod. 16, 1, 2. ^ yM. 16, 10, 10.
' Cod. Theod. 16. 10, 12. ,Man kann dieses Gesetz den Grabgesang des
Heidentums nennen" (Rauschen, Jahibb. der christl. Kirche unter dem Kaiser Theo-
dosius d. Gr., Freiburg i. Br. 1897, 376).
§ 1. Das Gepräge des neuen Zeitraames. 2. Entfaltung der kircbl. Literatur. 3
Konstantius oder Valens gerade auf den Wortführern der Kirche ge-
lastet! Nicht bloß Lucifer von Calaris, auch Hilarius von Poitiers
würde lieber gegen einen Decius gekämpft haben als „gegen einen
Verfolger, der sich verstellt, gegen einen Feind, der schmeichelt,
gegen Konstantius den Antichristen" ^ Auch unter denen, welche
mit den Kaisern, ihrem Beispiel, ihrem Rufe folgend, sich der Kirche
angeschlossen hatten, befanden sich gar manche zweifelhafte Elemente.
Äußerlich hatten sie sich mit dem Christentum abgefunden, während
sie demselben innerlich noch recht fern standen. Daher im Leben
wie in der Wissenschaft und der Literatur schwächliche und unklare
Akkommodationen, Vermittlungsversuche und Kompromisse, kurz ein
gewisser Synkretismus, bei welchem die scheidende Grenzlinie zwi-
schen Christentum und Heidentum kaum noch zu entdecken ist. Ein
typisches Beispiel ist Ausonius, der Rhetor von Burdigala, der Lehrer
des hl. Paulinus von Nola.
2. Die Entfaltung der kirchlichen Literatur und Wissen-
schaft. — Immerhin war mit dem Umschwung der äußeren Lage
zugleich auch die Möglichkeit einer machtvollen Entfaltung des inneren
Lebens der Kirche gegeben. Knospen, die sich längst gezeigt, ent-
wickeln sich nunmehr zu reicher Blüte. Die kirchliche Verfassung
und Verwaltung wird bis ins einzelne geordnet und geregelt, auf dem
Boden der kirchlichen Lehre erwächst eine vielverschlungene theo-
logische Wissenschaft, um die Feier des kirchlichen Gottesdienstes
rankt sich ein Kranz von Kunstschöpfungen neuer Art. Männer wie
Ambrosius, Hieronymus, Augustinus unter den Lateinern, Athanasius
und das Triumvirat der großen Kappadozier unter den Griechen haben
den Leuchter der Weltliteratur ein für allemal von seiner früheren
Stelle hin weggerückt, von der Seite des dahinsiechenden Heidentums
auf die Seite des jugendfrischen Christentums.
Der Aufschwung der kirchlichen Literatur und Wissenschaft war
vor allem bedingt durch die Hebung und Verbreitung allgemeiner
Bildung. Die wirtschaftliche Lage des Klerus hatte eine wesentliche
Besserung erfahren, und den Christen überhaupt war mit der Er-
öffnung des Zutritts zu Ämtern und Würden ein mächtiger Ansporn
gegeben, sich auf allen Gebieten geistigen Lebens der antiken Bil-
dungsschätze zu bemächtigen. Sie überwanden die Scheu vor den
Schulen der heidnischen Grammatiker und Rhetoren, und sie grün-
deten selbst neue Schulen, in denen gleichfalls die Klassiker erklärt
wurden. Der heidnische Rhetor Libanius hält den christlichen Antio-
chenern vor: „Über Zeus und die andern Götter belehrt euch Hesiod
und Homer schon von Kindheit auf. Ihr aber wollt zwar durch Bil-
dung zu Ehren gelangen und anerkennt die Epen als Bildungsmittel.
' Liban., Or. 16, 47, ed..Foerster: u/istg äk rüJ Trs-aidBÜm'^at ,uk> d^toOrz Tt,aä<Tt9at
xal -zaidsomv xä?.slr£ ru Mnrj.
* Greg. Naz., Or. 4, 4 6^
^ Lietzmann, Apollinaris von Laodicea und seine Schule 1, Tübingen 1904, 10
§ 1. Das Gepräge des neuen Zeitraumes. 2. Entfaltung der kirchl. Literatur. 5
'
Greg. Naz., Or. 43, 1. * Tcrt., De praescript. 7.
' Eggersdorfer, Der hl. Augustinus als Pädagoge, Freiburg i. Br. 1907, 108.
* des 4. Jahrhunderts hat Aquitanien durch den Glanz
In der zweiten Hälfte
rhetorischer Bildung alle andern Länder der lateinisch redenden Römerwelt über-
strahlt. Vgl. J. Bernays (Über die Chronik des Sulpicius Severus) in seinen Ge-
sammelten Abhandlungen, herausg. von H. Usener, Berlin 1885, 2, 82 ff. Wie sehr
jedoch das übrige Gallien von Aquitanien abstach läßt sich etwa daraus er-
,
schließen, daß bei Sulp. Sev., Dial. 1, 27, 2, ein Gallier sich sträubt, in Gegenwart
von Aquitaniern lateinisch zu sprechen.
6 Allgemeines.
Epikurs, etwas lernen könnten, und sei es auch nur die Schönheit
des Ausdrucks und das Ebenmaß der Glieder i.
3. Der Vorsprung des Orients vor dem Okzident. —
Der angedeutete Unterschied des allgemeinen Bildungsgrades im Orient
und im Okzident ist beachtenswert. Er dürfte Licht werfen auf die
Tatsache, daß die kirchliche Literatur im Orient einen gewaltigeren
Aufschwung nimmt und eine höhere Blüte erreicht als im Okzident.
Nur auf dem Gebiete der Poesie sind die Lateiner den Griechen vor-
ausgeeilt. Im übrigen ist den Griechen eine gewisse bahnbrechende
Initiativeund eine gewisse führende Rolle zugefallen. Am deutlich-
sten bekunden die Übersetzungen, wie sehr im 4. Jahrhundert der
Osten der gebende, der Westen der empfangende Teil war. Fast allen
hervorragenderen Autoren der griechischen Kirche ist die Freude be-
schieden gewesen, noch bei Lebzeiten oder bald nach ihrem Tode
diese oder jene ihrer Schriften ins Lateinische übersetzt zu sehen.
Aber nur zwei Lateiner dürfen sich rühmen, griechische Dolmetscher
gefunden zu haben Hieronymus und Rufinus 2. Merkwürdigerweise
:
wohl mit Recht in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts in Nordafrika entstanden
sein (H. Jordan in den Theol. Studien. Th. Zahn dargebracht, Leipzig 1908, 133—192).
* Vgl. über ihn Hier., Ep. 34, 3 5.
* Siehe Socr., Hist. eccl. 2, 30; Vinc. Lir., Commonit. 11, al. 16.
§ 2. Theologische Schulen und Richtungen. 1. Schulen im Orient. 7
beiden Mönche Makarius der Ägypter und Evagrius Pontikus zu. Den
Ruhm und Stolz der neu-alexandrinischen Schule aber bilden nächst
Athanasius die Origenes-Freunde Kleinasiens, insbesondere Basilius der
Große, Gregor von Nazianz und Gregor von Nyssa. Bis zu einem
gewissen Grade läßt sich auch Eusebius von Cäsarea als Neu- Alexan-
driner bezeichnen.
Auf neuen Bahnen verfolgt diese Schule die Ziele, die sich einst
Origenes steckte. dem einen Ver-
Ihr charakteristisches Merkmal, bei
treter natürlich ausgeprägt als bei dem andern, ist ein
greifbarer
platonisch gefärbter Idealismus und Mystizismus. Die religiöse Wahr-
heit, der Gegenstand des Glaubens, wird als etwas objektiv Gegebenes
betrachtet, was durch menschliche Geistestätigkeit wohl verarbeitet
und verdeutlicht, aber nicht vermehrt oder vervollkommnet werden
kann. Die kirchliche Glaubensregel ist die feste Grundlage und die
unverrückbare Norm alles theologischen Wissens. Die vom Glauben
dargebotene Wahrheit wird vermittelst der Gnade in der Gnosis in-
tuitiv erfaßt oder geistig geschaut. Es gibt aber keine Gnosis ohne
Pistis, kein Ergreifen und Verstehen der Wahrheit ohne Reinheit der
Seele, keine Erkenntnis der göttlichen Dinge ohne Leben in dieser
Erkenntnis.
Eusebius von Cäsarea hat sich in die Geleise des Arianismus
drängen lassen. Gregor von Nyssa hat sich zu einer origenistischen
Apokatastasis bekannt. Didymus der Blinde und Evagrius Pontikus
sind in der Folgezeit als Origenisten, Verfechter der Präexistenz und
der Apokatastasis, mit dem Anathem belegt worden. Die Schule im
großen und ganzen aber hat die dogmatischen Extravaganzen ihres
ehemaligen Meisters überwunden. Ja gerade die dogmatische Speku-
lation hat ihre eigentliche Stärke gebildet. Sie hat der Kirche die
entschiedensten und erfolgreichsten Vorkämpfer gegen die trini tarischen
und christologischen Häresien gestellt. Scharfen Widerspruch hin-
gegen erfuhr, auch von kirchlicher Seite, ihre biblische Exegese, weil
dieselbe mehr oder weniger aufging in w'illkürlicher Allegorese. Von
der Einseitigkeit eines Origenes freilich haben die Neu-Alexandriner
sich auch auf diesem Felde ferngehalten. Kaum jemals haben sie den
biblischen Buchstaben völlig preisgegeben oder mit dem historischen
Sinne des Textes ausdrücklich gebrochen. Und bei bestimmten An-
lässen haben sie sogar auf das Spiel pneumatischer Exegese über-
haupt verzichtet, allerdings nicht dem eigenen Triebe folgend, sondern
durch äußere Rücksichten gezwungen. Die Arianer kämpften nicht
bloß mit Aristoteles, sondern auch mit Bibelstellen, und mit mehr
Sachverständnis als ftühere Häretiker wußten sie im Alten wie im
Neuen Testament Stützen für ihre Lehranschauung auszumitteln. Diese
Stützen als hinfällig zu erweisen, konnte nur einer Exegese gelingen,
welche wissenschaftlich zu Werke ging, den biblischen Sprachgebrauch
§ 2. Theologische Schulen und Richtungen. 1. Schulen im Orient. 9
und nicht anzunehmen. Eines Einflusses von außen her hat es auch
nicht bedurft. Jedes Extrem weckt Widerspruch. Die Allegorese
des Origenes mit ihrer krankhaften Flatterhaftigkeit, ihrer Verflüchti-
gung der biblischen Geschichtserzählung, ihrer Untergrabung der Er-
lösungstatsachen selbst mußte notwendig eine Reaktion herausfordern.
Wie tief und bitter ihre Unzulässigkeit in antiochenischen Kreisen
empfunden wurde, veranschaulicht vielleicht am besten die Schrift des
Eustathius von Antiochien „De engastrimytho adversum Origenem"^.
storia contra Origenem" oder „Adversus allegoricos tomi quinque" sind abhanden
gekommen. Theodor ging so weit, auch das Hohelied buchstäblich zu deuten und
für ein Hochzeitsgedicht zu erklären. Ihm scheint in erster Linie die Entgegnung
Gregors von Nyssa zu gelten. In der Vorrede seines Kommentars zum Hohenliede
hat der Nyssener „gewissen kirchlichen Autoren gegenüber, welche überall bei dem
§ 2. Theologische Schulen und Richtungen. 1. Schulen im Orient. H
Der Anbau einer rationellen Exegese bildet das bleibende Ver-
dienstder antiochenischen Schule. Ja durch verständnisvolle Hand-
habung zutreffender Grundsätze dürfte von den Exegeten Antiochiens
geleistetworden sein, was immer mit den damaligen Mitteln der
Wort- und Sacherklärung geleistet W3rden konnte. Anderseits haben
sich manche Antiochener durch eine gewisse flache und nüchterne
Verstandesrichtung, welche nicht bloß den Flug der alexandrinischen
Spekulation mit mißtrauischer Kritik verfolgte, sondern überhaupt dem
„Mysterium" abhold war, auch wieder zu großen Mißgriffen und mannig-
fachen Irrwegen verleiten lassen. Ob indessen die Schule und ihre
Prinzipien eine Verantwortlichkeit trifft, erscheint mindestens zweifel-
haft. Die Hauptschuld fällt jedenfalls den Persönlichkeiten zu. War
Lucian von Antiochien der Arius vor Arius, so war hinwieder Eustathius
von Antiochien ein Athanasius vor Athanasius. Hat Theodor von
Mopsuestia einem fast an Rationalismus streifenden Subjektivismus
und Kritizismus gehuldigt, so hat Johannes Chrysostomus an Tiefe
und Innigkeit der Glaubensüberzeugung und an pietätsvollem Sinn
für die kirchliche Überlieferung sich von niemanden übertreffen lassen.
Gegen Ende des 4. Jahrhunderts jedoch war fast die ganze Schule nesto-
rianisiereuden Anschauungen verfallen. Der Kampf zwischen Cyrillus
von Alexandrien und Nestorius war der Zusammenstoß der neu-alexan-
drinischen und der antiochenischen Richtung.
C. Hornung, Schola Antiochena de S. Scripturae interpretatione quonam
modo sit merita, Neostadii ad S. 1864, 8**. Ph. Hergenröther, Die antioche-
nische Schule und ihre Bedeutung auf exegetischem Gebiete Würzburg ,
1866, S''. H. Kihn Die Bedeutung der Antiochenischen Schule auf dem
,
Wortsinne der Heiligen Schrift stehen bleiben zu müssen meinen", die Berechtigung
einer geistigen, anagogischen Auslegung vertreten, möge sie nun Tropologie oder
Allegorie genannt werden.
12 Allgemeines.
1. Apologetik. —
Die Apologie der Vorzeit ist im 4. Jahr-
hundert durch die Verhältnisse überholt. Ihre Voraussetzungen sind
mit dem Jahre 313 weggeräumt. Auf der einen Seite sind die politi-
schen, religiösen und sittlichen Anklagen gegen die Christen ver-
stummt, und auf der andern Seite sind die griechischen und römischen
Götter dem Fluch der Lächerlichkeit verfallen. Firmicus Maternus
verfolgt den „error profanarum religionum" bis in seine letzten Schlupf-
winkel, die hauptsächlich dem Orient entstammenden Geheimkulte,
für welche der Neuplatonismus Propaganda machte. Eine ähnliche
Aufgabe stellt sich Prudentius in seinem Werke „Contra Symmachum",
mit welchem die Apologie in die kunstmäßige Poesie eingeführt ward.
Die antiheidnischen Apologien des Orients sind größtenteils zur
Abwehr einzelner literarischer Angriffe bestimmt. Die fünfzehn Bücher
„Wider die Christen", welche der Neuplatoniker Porphyrius um
270 veröffentlicht hatte ^ befahl Konstantin zu vernichten.
, Doch
hatte dieser Befehl nur teilweisen Erfolg. Eusebius von Cäsarea,
Diodor von Tarsus und Apollinaris der Jüngere von Laodicea sahen
sich zu mehr oder weniger umfassenden Widerlegungsversuchen ver-
anlaßt, und auch das 5. Jahrhundert hat noch Entgegnungen auf die
Bücher des Neuplatonik«rs gezeitigt. Hierokles hat in den Jahren,
da er Präses von Bithynien war, etwa 307 310, in einem an die —
Christen selbst gerichteten, zwei Bücher zählenden (pt/M^ÖTiQ /.('lyoc, eine
hämische Parallele gezogen zwischen dem Stifter des Christentums
und dem pythagoreischen Theurgen Apollonius von Tyana, zugleich aber
auch das Werk des Porphyrius, nicht selten wörtlich, ausgeschöpft, über
den Inhalt dieser gleichfalls zu Grunde gegangenen Schrift referierte
Laktantius ^ Eusebius widmete derselben eine schneidige Kritik. Die
literarische Polemik Julians des Abtrünnigen gegen das Christentum
fand ihren Abschluß in den 363 auf dem unglücklichen Feldzug gegen
die Perser verfaßten drei Büchern „Gegen die Galiläer". Sie hoben
mit den Worten an: „Es scheint mir angebracht, jedermann die Gründe
darzulegen, welche mich überzeugt haben, daß die trügliche Lehre
der Galiläer eine aus Bosheit angestiftete Erfindung von Menschen
Die Fragmente der Bücher Julians „Gegen die Galiläer" hat K. J. Neumann
'
(Kaiser Julians Bücher gegen die Christen, Leipzig 1880, 8"). Über ein kleines
neues Bruchstück handelt Neumann in der Theol. Literaturzeitung 1899, 298 304. —
Beiträge zur Textkritik bei P. Klimek, Coniectanea in lulianum et Cyrilli Alexan-
drini contra illum iibros (Diss. inaug.), Vratislaviae 1883, 8"; Tb. Gollwitzer, Ob-
servationes criticae in Julian! Imperatoris contra Christianos Iibros (Diss. inaug.),
Erlangae 1886, 8*. Näheres über Julians literarische Bekämpfung des Christentums
bei J. Hostache, La pers^cution savante au IV"* siecle: L'Universit^ catholique,
N. S. 36, 1901, 402—424; R. Asmus, Julians Galiläerschrift im Zusammenhang
mit seinen übrigen Werken (Progr.), Freiburg i. Br. 1904, 4": J. Getfeken, Kaiser
Julian und die Streitschriften seiner Gegner Neue Jahrbb. für das klass. Altertum
:
11, 1908, 161—196. — Die Entwicklung der Legenden über Julians Tod (auch
der Ausruf: „Galiläer, du hast gesiegt!" ist spätere Erfindung) kennzeichnete R. Graf
Nostitz-Rieneck im 16. Jahresbericht des öfiFentl. Privatgymnasiums zu Feldkirch,
Feldkirch 1907, 1—35.
§3. Die Bearbeitung der einzelnen theolog. Disziplinen. 2. Polemik u. Dograatik. 15
'
A. V. Schmid, Apologetik als spekulative Grundlegung der Theologie, Frei-
Ttü naTpi.
16 Allgemeines.
"
Nach Arius wie der Sohn das erste Geschöpf des Vaters, so der Hei-
sollte,
lige Geist das ersteGeschöpf des Sohnes sein. Vgl. Epiph., Haer. 69, 56.
* Gegen die Echtheit des Symbolum Constantinopolitanum hat neuerdings auch
Rauschen (Jahrbb. der christl. Kirche unter dem Kaiser Theodosius d. Gr. 477 ff)
Stellung genommen.
^ Über sehr verschiedenen Motive zur Leugnung der menschlichen Seele
die
Christi Arius und bei Apollinaris s. Funk, Die Apostolischen Konstitutionen,
bei
Rottenburg 1891, 309 ff.
3. Die Bearbeitung der einzeloen theolog. Disziplinen. 2. Polemik u. Dogmatik 17
Ägypter und der Nyssener unternommen. Sie werden die ersten christ-
lichen Mystiker heißen müssen.
Der trinitarische Kampf des Orients hat natürlich seine Wellen
auch in den Okzident geworfen. Auffallend ist nur, daß es erst
so spät geschah. Hilarius von Poitiers sagt mit dürren Worten, daß
er noch 355, als er schon eine Zeitlang mit der Bischofswürde be-
kleidet und auch als theologischer Schriftsteller tätig war, von einer
„fides Nicaena" nichts wußte, von einem „homousion" und „homoe-
usion" nichts gehört hatte 3. Die antiarianischen Schriften des Rhe-
tors Marius Viktorinus, welcher übrigens, im Banne neuplatonischer
Prämissen stehend, eine Sondertheologie vortrug, sind jedenfalls auch
erst nach 355 anzusetzen. Afrika, die Heimat des römischen Rhetors,
'
Vgl. etwa Bas. M., Ep. 140, 2; Greg. Naz., Or. 33, 15.
2 Greg. Naz., Or. 27, 10. ^ Hil., De syn. 91.
* Vgl. J. Bilz, Die Trinitätslehre des hl. Johannes von Damaskus (Forschungen
zur christl. Lit.- und Dogmengesch. 9, 3), Paderborn 1909, 96—105.
§ 3. Die Bearbeitung der einzelnen theolog. Disziplinen. 3. Biblische Theologie. 19
4. Historische Theologie. —
Eusebius von Cäsarea führt
den Namen des Vaters der Kirchengeschichte und des christlichen
Herodot. Seine Chronik ist ein auf seltenes Wissen aufgebauter Ver-
such, die Zeitgeschichte mit der Urgeschichte zu verknüpfen. Seine
Kirchengeschichte, eine Materialiensammlung, deren leitenden Gedanken
die Sukzessionen der Bischöfe bilden, blieb für alle folgenden Jahr-
hunderte eine schlechterdings unersetzliche Quelle. Als bescheidene
Seitenstücke hat das Abendland aufzuweisen die Chronik des Sulpicius
Severus, eine bis auf die Gegenwart hinabgeführte chronologische
Darstellung der biblischen Geschichte, und die über die Jahre 324 bis
395 sich erstreckende Fortsetzung der Kirchengeschichte Eusebs von
der Hand Rufins von Aquileja. An Gründlichkeit und Zuverlässigkeit
und noch mehr an Eleganz der Form steht die Arbeit Rufins hinter
der severianischen Chronik weit zurück.
Der Häreseologe des 4. Jahrhunderts ist Epiphanius von Salamis,
und wenn sein gewaltiges Werk nach mancher Seite hin die Kritik
herausfordert, so beruht es doch auf ungleich umfassenderem Studium
und treffenderem Urteil als das analoge Unternehmen des Abendländers
Filastrius von Brescia. Dagegen hat ein Abendländer, Hieronymus in
seinem Schriftchen „De viris illustribus", die erste christliche Literatur-
geschichte geliefert, nichts weniger als frei von Unvollkommenheiten,
aber immerhin eine bahnbrechende Leistung. Eifrige Pflege findet im
4. Jahrhundert, und zwar im Osten wie im Westen, die dem 3. Jahr-
' Siehe die für die Geschichte des Buchhandels und der Buchkolportage inter-
essante Schilderung bei Sulpic. Sev., Dial. 1, 23.
22 Allgeraeines.
^ Leichen- und Trauerreden sind namentlich von Gregor von Nazianz, Gregor
von Nyssa und Ambrosius überliefert. Von den Reden des Nazianzeners ist sicher
Or. 7,auf seinen Bruder, wahrscheinlich auch Or. 18, auf seinen Vater, eine eigent-
liche Leichenrede, an der Bahre des Toten selbst gesprochen. Die drei Trauerreden
des Nysseners, auf Melitius von Antiochien, die Prinzessin Pulcheria und die Kaiserin
Flaccilla, wurden wahrscheinlich am dreißigsten Tage der Trauer gehalten. Von
den drei oder vier Trauerreden des hl. Ambrosius sind zwei, „ De excessu fratris
sui Satyri oratio prior" und ,De obitu Valentiniani consolatio", am offenen Grabe
angesichts der Leiche vorgetragen worden.
^ Auch solche Reden sind auf uns gekommen. Diodor von Tarsus liält in seiner
Geburtsstadt Antiochien eine Lobrede auf den dortigen Prediger Chrysostomus, und
wenige Tage später antwortet Chrysostomus mit einer Lobrede auf Diodor (Chrys.,
In laudem Diodori Tarsensis: Migne, PP. Gr. 52, 761—766). Gregor von Nazianz
war so unvorsichtig, einen falschen Freund, seinen späteren Gegenbischof, von der
Kanzel aus mit Lobeserhebungen zu überschütten (Greg. Naz., Or. 25: In laudem
Heronis philosophi).
§ 4. Über einzelne Formen der literar. Produktion. 1. Die Predigtliteratur. 23
1. Die Predigtliteratur. —
Die wie soeben bemerkt, in ,
> Ambr., Exam. 5, 12, 36. Vgl. auch Bas. M., Hom. in Hexaeni. 8, 2.
* Die interessante Homilie ist griechisch erst von Haidacher in der Zeitschr
für kath. Theol. 31, 1907, 141—171, veröffentlicht worden. — Auch die Homilien
des hl. Hieronymus vor der bethlclieinitischcn Mönchsgenieinde sind, wie der Text
selbst erkennen läßt, zumeist in Nachschriften der Zuhörer überliefert.
ä Greg. Naz., Or. 42, 26. •
Socr., Hist. eccl. 6, 4; vgl. 6, 15.
* Socr.a. 0. 7, 2; vgl. Sozom., Hist. eccl. 8, 27.
a.
" das Widmungsschreiben am Kopf der Predigtsammlung des Gaudentius
Sielie
bei Migne, PP. Lat. 20, 831-832: ,De illis vero tractatibus, quos notariis, ut com-
§ 4. Über einzelne Formen der literar. Produktion. 2. Die Briefliteratur. 25
fallen insofern in zwei Klassen, als einige wenige von ihnen wirkliche
Briefe sind, vertrauliche Mitteilungen, wie sie unter räumlich Ge-
trennten die Stelle des mündlichen Austausches vertreten, die übrigen
für die Öffentlichkeit oder für eine Öffentlichkeit bestimmte Literatur-
briefe 1. Seit den ersten Anfängen kirchlichen Schrifttums war der Brief
oder die Form des Briefes eine beliebte, weil leicht zu handhabende
Literaturform. Im 4. Jahrhundert hat sie sehr ausgiebige Verwen-
dung gefunden. Athanasius sowohl wie Hieronymus haben in dem Briefe
das bequemste Mittel öffentlicher Aussprache erblickt und Abhand-
lungen sehr verschiedener Tendenz, auch Abhandlungen von beträcht-
lichem Umfang, ohne weiteres in das Gewand des Briefes gesteckt.
Außerdem aber entwickelt sich seit dem 4. Jahrhundert ein eigen-
artiger Kunstbrief. In formellem Anschluß an die heidnische Epistolo-
graphie bildet sich eine christliche Briefliteratur aus. Briefe, welche
trotz der privaten Adresse auf einen möglichst breiten Leserkreis
berechnet und nach den Regeln der herrschenden Rhetorik möglichst
sorgsam ausgefeilt sind, werden zu kleineren oder größeren Gruppen
zusammengefaßt. Es ist eine Art schöner Literatur, welche zunächst
von ästhetischem Standpunkte aus gewürdigt werden will, aber über
die mannigfachsten Themata sich verbreiten kann. Der erste Kirchen-
welcher solche Briefsammlungen, „Bücher" von Briefen,
schriftsteller,
herausgab, muß Laktantius gewesen sein 2. Hieronymus veröffent-
lichte nach eigener Aussage „Epistolarum ad diverses librum unum"
und „Ad Marcellam epistolarum librum unum" ^. Gregor von Xazianz
hat sowohl eine Sammlung von Briefen seines Freundes Basilius d. Gr.
veranstaltet wie auch eine Anzahl eigener Briefe dem großen Publikum
überreicht und die letztere Gelegenheit dazu benutzt, eine gewisse
Theorie der Epistolographie vorzutragen oder die Eigenschaften eines
guten Briefes im einzelnen zu besprechen^.
Die besondere Eigentümlichkeit und die anerkannte Stärke der
Briefe des Nazianzeners war die lakonische Kürze, zo br/coviU'-'''' und
26 Allgemeines.
die erste Forderung, die er an einen guten Brief stellt, lautet auf Knapp-
heit des Ausdrucks, crj-oiüa. Des Laktantius Briefe krankten nach dem
Urteil des Papstes Damasus an allzugroßer Länge, indem sie vielfach
bis zu tausend Zeilen anschwollen ^ Von einem iiizpov zyjq i-tazo/.r^;
oder einer „mensura epistolae" ist häufiger die Rede 2. Aber eine greif-
bare Größe tritt dabei, soweit ich sehe, nicht zu Tage. Um seine
Briefschulden endlich zu bereinigen, schickt Gregor von Nyssa seinem
Freunde Harmonius eine Schrift, welche über das gewöhnliche Brief-
maß, t7j(; i-tazo/S^Q zh aizpov oder zä ao'yrjf^yj fiizpa zatv fpaiifmiayv^.
SO sehr hinausgeht, daß sie allein viele Briefe aufwiegt*. Eine noch
bedeutend längere, einem andern Freunde zugeeignete Schrift^ nennt
Gregor von Nyssa eingangs ein ßißXiov, welches der Aufschrift nach
eine eziazoXij zu sein scheinen könnte, dem Umfang nach aber die
Grenzen eines Briefes weit überschreitet und sich zur Größe eines
Literaturwerkes auswächst, zo de r.krjf^oQ oTzkp zivj kTziazolipdiov opo'j
eazl'j ecQ aoyypaipurp^ paxprjyopia'j Tzapazsiix'jpzvov.
,- Einen festeren
Anhaltspunkt bietet Basilius d. Gr. dar, wenn er sich veranlaßt sieht,
ein Expose über das Verhältnis von Vernunft und Offenbarung, ein
zusammenhängendes u7iop''>r]azixüv, welches Fragen des Bischofs Am-
philochius von Ikonium beantwortete, auf vier Briefe zu verteilen oder
in vier Briefe zu zerlegen ^.
dabin zu berichtigen, daß Didymus unter h'iyog eine selbständige und abgeschlossene
Schrift, unter ßtß/.io-y das Einzelbuch eines in Bücher abgeteilten größeren Werkes
versteht.
' Über diesen Gebrauch des Wortes atJYYpa,afj.a bei Kirchenschriftstellern handelte
C. I. Neumann, Scriptorum graec. qui christianam impuguaverunt religionem, quae
supersunt, fasc. 3, Lipsiae 1880, 99 f.
'
al. 3, 5, 6: „Dialogi speciem, quo ad levandum fastidium
Sulp. Sev., Dial. 2,
lectio variaretur,assumpsimus." —
Über die Geschichte der Dialogform in der spä-
teren byzantinischen Literatur s. G. Heinrici, Griechisch-byzantinische Gesprächs-
bücher und Verwandtes aus Sammelhandschriften Abhandlungen der k. Sachs. Ges.
:
6. Die Gnome. —
Aucii die Ft ^m der Gnome oder Sentenz hat
erst imJahrhundert Eingang in die kirchliche Literatur gefunden.
4.
Die asketischen Lehrbücher des Evagrius Pontikus für Mönche und
Nonnen hüllen sich, vermutlich an außerchristliche Vorbilder an-
knüpfend, mit Vorliebe in das Gewand von Gnomenketten. An-
sprechende Proben der versifizierten Gnome finden sich unter den
Gedichten Gregors von Nazianz.
§ 5. Poesie.
hervorgehoben worden.
32 Allgemeines.
auch die Eigenart und Orginalität ihrer Werke weist ihnen die ersten
Plätze unter den lateinischen Dichtern des 4. Jahrhunderts zu. Pau-
linus hinterließ außer einem langen Zyklus von Lobgesängen auf den
hl. Felix von Nola namentlich apologetisch-polemische Dichtungen
und christliche Nachahmungen verschiedener Einzelgattungen heid-
nischer Poesie, der Propemptica, der Epithalamia, der Consolationes.
Prudentius hat unter stetem Wechsel des Metrums sozusagen alle Ge-
biete poetischen Schaffens abgesteckt und ausgemessen. Seine farben-
prächtige „Psychomachia" inaugurierte das allegorische Epos, welches
im abendländischen Mittelalter so reiche Blüten treiben sollte. Die
Hymnen seines „Cathemerinon" und die Gesänge seines „Peristephanon",
nicht für den öffentlichen Gebrauch, sondern für die Privatlektüre
berechnet, stellen den hilarianischen und ambrosianischen Hymnen
gegenüber Kunstgebilde neuer Art dar. Paulinus ist gewissermaßen
die verkörperte Anmut. Mit einem reichen und frommen Gemüt paart
sich in ihm eine seltene Meisterschaft der Verstechnik. Die schöpfe-
rische Kraft, die Glut der Empfindung und den Geistesflug des genialen
Spaniers hat er nicht erreicht. Was Prudentius schuf, ist Poesie von
einer Gewalt und Größe, zu welcher überhaupt nur wenige Dichter-
fürsten aufgestiegen sind.
2. Die Poesie der Griechen. — Parmenianus, der Donatisten-
primas, war nicht der erste, welcher durch versifizierte Rede um so
eher das Ohr des großen Haufens zu gewinnen hoffte. Auch Arius
hatte schon vermittelst populärer Lieder, aus denen noch ein paar
holperige Hexameter erübrigen, seine Sonderlehre unter das Volk zu
tragen gesucht. Auch die Apollinaristen bemühten sich, in Gedichten
für ihre Christologie Propaganda zu machen, und diesen Gedichten,
von denen sich nichts mehr erhalten hat, ist Gregor von Nazianz mit
antiapollinaristischen Gesängen in den Weg getreten. Gregor von
Nazianz ist der einzige bedeutende Dichter, dessen die griechische
Kirche des 4. Jahrhunderts sich rühmen kann. Von seinem Vetter
Amphilochius von Ikonium besitzen wir noch ein Lehrgedicht in jam-
bischen Senaren, In Gregors Poesie spielt gleichfalls das didaktische
Element eine große Rolle, insofern das erste der zwei Bücher seiner
Gedichtsammlung ausschließlich .poemata theologica", teils „dogma-
tica"teils „moralia", enthält. Das zweite Buch, „poemata historica"
überschrieben, dreht sich hauptsächlich um die Person des Verfassers,
schlägt am liebsten elegische an poetischen Schön-
Weisen an und ist
heiten entschieden reicher als das erste Buch. Die Gewandung dieser
Gedichte ist von tadellos klassischem Zuschnitt, wie denn Gregor
ausgesprochenermaßen sich auch das Ziel gesetzt hat, den Vorwurf
literarischer Rückständigkeit der Christen Lügen zu strafen. Merk-
würdigerweise tauchen in ersten Buche zwei Gedichte auf, ein
dem
Abendhymnus und ein Jungfrauenlied, welche sich den Fesseln der
Bardenhewer, Gesch. der altkirchl. Literatur. HI. 3
34 Alexandriner und Ägypter.
Erster Teil.
» A. Mai, Nova Patrum Bibl. 2, Romae 1844, 529—539, schöpfte aus cod.
Vatic. syr. 368. Aus cod. Mus. Brit. syr. add. 17 192 ist der Sermo, syrisch und
englisch, von neuem ediert worden durch E. A. W. Budge, Coptic Homilies in the
dialect of Upper Egypt, London 1910, 407—424.
^ Genannt wenigstens eine Predigt des Bischofs Antiochus von Ptolemais,
sei
des Gegners des Chrysostomus, über die Erschaffung der Seele Adams und über
hl.
das Leiden Christi, slg zb- izwq >% ^Addp. s^.aße ttjv <pu)(r/j y.al rzspi zoü nd&oug toü
ÄpcmoO, in der Chrysostomus-Ausgabe Saviles, Eton 1612, 5, 648—653.
' Bezüglich der Ausgaben einzelner Stücke darf auf G. Krüger, Melito von
Sardes oder Alexander von Alexandrien? (Zeitschr. f. wiss. Theol. 31, 1788, 434
bis 448) verwiesen werden. Das Stück, welches bei Mai a. a. 0. 539 540, bei —
Migne, PP. Gr. 18, 603—608, als „additamentum" dem Texte des Sermo angehängt
ist, ward von neuem herausgegeben durch P. Martin bei Card. Pitra, Analecta sacra
nona festi" (vier Zeilen), sind insofern bemerkenswert, als sie zeigen,
daß eine ganze Sammlung von Homilien Alexanders in Umlauf ge-
wesen ist.
In koptischer Sprache ist noch eine vollständige Predigt vorhanden,
welche Hyvernat zum Druck beförderte ^ ein Panegj'iikus auf den,
wie gesagt, als Märtyrer verstorbenen Patriarchen Petrus, laut der
Überschrift am Gedächtnistage des Heiligen und im Oratorium des
Heiligen zu Alexandrien vorgetragen. Nun ist zwar merkwürdiger-
weise sogar ausdrücklich bezeugt, daß Alexander das Gedächtnis seines
Vorgängers mit feierlichem Gottesdienste begangen hat-. Dieser Pan-
egyrikus aber ist einerseits so genau in der Zeitgeschichte orientiert,
anderseits so tief in wundersüchtige Legende eingetaucht, daß man
nicht umhin können wird, ihn als eine spätere Fälschung abzuweisen.
3. Rundschreiben. —
Ungleich wertvoller als diese Predigten
sind einige im griechischen Original erhaltene Schreiben Alexanders,
die Anfänge der arianischen Streitigkeiten betreffend. Griechische
Kirchenhistoriker haben dieselben in ihre Berichte eingeflochten.
Theodoret von Cyrus rettete auf diese Weise ein Schreiben des
Alexandriners an Alexander von Byzanz, den späteren Bischof Alex-
ander von Konstantinopel, oder vielmehr, wie der Wortlaut selbst
lehrt, die nach Konstantinopel gegangene Ausfertigung eines Rund-
schreibens an alle Bischöfe außerhalb Ägyptens, welches dazu
bestimmt war, vor Arius und seinen Anhängern zu warnen (Migne 18,
547;— 572)3. Arius und Achillas, schreibt Alexander, sind wegen gott-
loser Lehren, welche mit den apostolischen Dogmen der Kirche (tt/q
' H. Hyvernat, Les actes des martyrs de l'Egypte, tirös des manuscrits coptes
de la Bibliotheque Vaticane et du Musee Borgia 1, Paris 1886, 247—262. Die
Edition ist bald der Vergessenheit anheimgefallen. Auch bei Harnack, Gesch. der
—
altchristl. Literatur 1, 1, 449 —
451 (Preuschen) und 2, 2, 79 81, \ro lückenlose
Vorführung des Materials angestrebt ist, wird sie nicht erwähnt.
* Ruf., Hist. eccl. 1, 14: apud Alexandriam Petri martyris diem Alexander
episcopus agebat.
* Aus Theodor., Hist. eccl. 1, 3. Hier liest man in dem umlaufenden Texte
imoTokij Tzpdg ^Aki^avdpov iritnoTzov hwi'(jTa\)Tv^ouTz6Xewq. Zur Zeit des Schreibens
hieß indes Byzanz noch nicht Konstantinopel und war auch Alexander noch nicht
Bischof (vgl. Gelas. Cyz., Hist. Conc. Nie. 2, 36 Migne, PP. Gr. 85, 1344). Wäh-
;
rend einer Sedisvakanz muß Alexander die Leitung der Diözese in Händen gehabt
haben. Das Ketzerverzeichnis, welches Theodoret auf den Wortlaut des Schreibens
folgen läßt (Migne 82, 909), darf nicht mehr zu dem Text des Schreibens gezogen
werden und ist mit Recht bei Migne 18, 572 weggelassen worden. Vgl. P. Snell-
man. Der Anfang des arianischen Streites, Helsingfors 1904, 103 ff; S. Rogala.
Die Anfänge des arianischen Streites (Forschungen zur christl. Lit.- und Dogmen-
gesch. 7, 1), Paderborn 1907, 16 ff. Ob das zweimalige xai zä 1^5 am Schlüsse
—
von Schriftzitaten c. 13 (nach der Kapitelabteilung bei Migne 18, 547 572) auf
Abkürzungen des Textes des Schreibens hindeutet, wie Rogala (a. a. 0. 23) glaubt,
erscheint sehr zweifelhaft. Ein kurzes Zitat aus dem Schreiben (c. 12) ist auch'
syrisch vorhanden, bei Pitra, Analecta sacra 4, 200 434.
§ 6. Alexander von Alexandrien. 3. Rundschreiben. 37
* So auch Rogala (Die Anfänge des arian. Streites 14 ff) und 0. Seeck (Zeitschr.
f. Kirchengesch. 32, 1911, 277—281). Dagegen haben Snellman (Der Anfang
des arian. Streites 71 ff), V. Hugger (Theol. Quartalschr. 91, 1909, 66-86),
G. Loeschcke (Zeitschr. f. Kirchengesch. 31, 1910, 584—586) das an zweiter Stelle
aufgeführte, bei Sokrates und Gelasius erhaltene Schreiben für das frühere erklärt.
Auf die beiderseitige Argumentation —
ganz einfach liegt die Sache nicht darf —
an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden.
* Herausgegeben ward sie von den Maurinern in ihrer Athanasius-Ausgabe,
—
Padua 1777, 1, 313 317. Zur handschriftlichen Überlieferung vgl. Schwartz, Nach-
richten von der kgl. Ges. der Wiss. zu Göttingen,- Philol.-hist. Kl., 1904, 391 ff.
' Weitere Kunde über dieses Mahnschreiben fehlt.
4. Lehre. —
Die Lehre des Arius und seiner Genossen wird in
den beiden noch vorliegenden Enzykliken Alexanders.*^ dahin formu-
liert:Der Sohn Gottes ist nicht immer gewesen {yjV tzots ots o>jx ^u
I, 2II, 3),
; und der Vater ist nicht immer Vater gewesen. Der
Sohn ist vielmehr geworden, nachdem er vorher nicht gewesen, ein
Geschöpf und Gebilde {xzia^a xai -oirjua II, 3), durch Gottes freien
Willen aus nichts (k^ oux ovrcov) ins Dasein gerufen. Das „ Gezeugt-
werden ", welches ihm beigelegt wird, .ist nur Synonymum für „Ge-
—
583 584. Die zweite der von Maximus angeführten Stellen (Migne 91, 280) tritt
übrigens handschriftlich unter dem Namen des hl. Eustathius von Antiochien auf;
s. F. Cavallera, S. Eustathii episc. Antioch. homilia christologica, Paris. 1905, 97.
* Epiph., Haer. 69, 4. * Socr., Hist. eccl. 1, 6.
* Dem Sammler der Festbriefe des hl. Athanasius, Migne, PP. Gr. 26, 1351.
Über die Festbriefe der Patriarchen von Alexandrien vgl. Bd 2, 138 318.
S.
^ Es mag gestattet sein, diese Enzykliken als I und II zu bezeichnen und nach
der Kapitelabteilung bei Migne 18, 547—572 (I) und 571—578 (II) zu zitieren.
40 Alexandriner und Ägypter.
werden (I, 3). Auch küyoQ des Vaters und ao(pia des Vaters heißt
der Sohn nur in uneigentlichem Sinne (xarayprjarixcöc), während er in
Wirklichkeit zu den Dingen zählt, welche „durch den eigentlichen
Logos Gottes und die in Gott seiende Weisheit" erschaffen worden
sind (II, 3). Allerdings ist der Sohn die vorzüglichste aller Kreaturen,
früher als die übrigen erschaffen und „um unseretwillen erschaffen zu
dem Zwecke, daß Gott mittelst seiner wie mittelst eines Werkzeuges
(üjQ dl dpydvoo) uns erschüfe" (II, 3). Aber er bleibt doch ein Ge-
schöpf, seiner Natur nach wandelbar und veränderlich {rpeizTr^Q <pöa£cüz,
dpezTjC, re xal xaxiuQ inidexrixöv I, 2), ohne jeden Anteil an dem Wesen
des ungewordenen Gottes ( ^voq re xai dX/MTpioq, xdt äntayoiviapivoQ
TTjC, Tou §£00 ouacag 11, 3).
Diese Darstellung Alexanders steht mit den sonstigen Quellen über
des Arius Lehre in vollstem Einklang. Alle die angeführten Schlag-
wörter hat Arius selbst in späteren Schriften wiederholt ^ Zutreffend
ist auch die Bemerkung Alexanders, Arius und Achillas seien „die
verborgenen Schößlinge" eines Paul von Samosata und eines Lucian
von Antiochien (I, 9). Der Arianismus ist in der Tat der
legitime Sohn der subordinatianischen Theologie Lu-
cian s. Wie Arius selbst sich mit Emphase Schüler Lucians nannte,
so hat seine älteste Garde aus „Syllukianisten" bestanden, und allem
Anscheine nach hat Arius Gedanken und Sätze Lucians einfach über-
nommen, ohne sie weiter fortzubilden 2.
Den arianischen Thesen stellt Alexander „die apostolischen Dogmen
der Kirche" 13) gegenüber: Der Sohn Gottes ist von Ewigkeit her,
(I,
gleichewig mit dem Vater. Er ist nicht aus nichts, sondern aus dem
Vater, nicht geschaffen, sondern gezeugt (ic aurou roo ovtoq Tzarpog
YeyivvTjTai I, 11). Diese „anfangslose Zeugung" (jj avapyoc, rzapä zou
TzarpuQ yivvrjaiQ I, und
12) ist etwas ganz anderes als Erschaffung,
die Gottessohnschaft dieses Sohnes von
Natur dpüati) hat nichts ge-
mein mit der Gottessohnschaft der Menschen durch Adoption {biaei I, 7).
Dieser Sohn ist auch wirklich der Xöyoc, und die aoipia Gottes, und
wenn er nicht immer bei Gott gewesen wäre, so müßte Gott einmal
äXo^oQ xal uaofOQ gewesen sein (II, 4). Dieser Sohn ist „der ein-
geborne Mittler (peaireöouaa (puaic. povoytvr^c,) durch welchen der ,
Vater des Gott-Logos das All aus nichts geschaffen hat" (I, 11). Er
ist Gott wie der Vater und seinem Wesen nach durchaus eins mit
dem Vater. Nur ein einziges Attribut des Vaters mangelt ihm, das
' Vgl. etwa die auf Zitate aus Schriften des Arius gegründete Darstellung der
Lehre des Arius bei Loofs in der Realenzykl. f. prot. Theologie und Kirche^ 2,
1897, 10 f.
(I, 4). Darum hat der Sohn auch gesagt: Ich und der Vater sind
eins, nicht wie wenn er sich selbst als den Vater bezeichnen und
die Unterschiedenheit der Personen (zac, zr^ bnoazdasi S6o (püazic,)
leugnen wollte, sondern weil er das treueste Ebenbild, der voll-
kommenste Abglanz, der allerreinste Spiegel des Vaters ist (I, 9).
Das Wort ofioo'jawQ kommt bei Alexander noch nicht vor. Die Idee
der numerischen Wesenseinheit zwischen Vater und Sohn ist so scharf
wie möglich ausgeprägt. Gelegentlich ist auch von der Seozoxog
Mapia die Rede (I, V1)K
5. Ariu&i —Arius, der alexandrinische Presbyter, war nicht mehr jung
an Jahren, nach Epiphaniiis (Haer. 69, 3) schon ein -j-Eptov, als er mit der
Lehre hervortrat, welche seinen Namen durch die Jahrhunderte tragen sollte.
Erst im Kampfe, soviel die Überlieferung weiß, hat er zur Feder gegriffen.
Von Alexander exkommuniziert und aus Alexandrien ausgewiesen, wandte
er sich um Hilfe an den vielvermögenden Bischof Eusebius von Nikomedien,
einen entfernten Verwandten des Kaiserhauses, mit welchem er einst in An-
tiochien zu Füßen Lucians gesessen hatte. Der griechisch (bei Epipb., Haer.
69, 6, und Theodor., Hist. eccl. 1, 4) sowohl wie auch in zwei alten lateini-
schen Übersetzungen (die eine bei Marias Victor., Adv. Arium, prol. die ;
Nicht lange nachher ist Arius, jedenfalls einer Einladung seines Studien-
freundes folgend, mit mehreren Gesinnungs- und Leidensgenossen in Niko-
medien eingetroffen. Der dort von Eusebius zusammenberufenen Synode
unterbreitete er eine zy.\)z(sii -ircicuc in Form eines offenen, aber höflichen
Briefes an Alexander von Alexandrien, welcher gleichfalls noch vorliegt
(griechisch bei Äthan., De synodis 16, und Epiph., Haer. 69, 7—8; latei-
nisch bei Hilar., De Trin. 4, 12 —
13; 6, 5 —
6; die Unterschriften des Arius
und der mit ihm nach Nikomedien gereisten« alexandrinischen Kleriker werden
nur von Epiphanius mitgeteilt). Würde es zutreffen, was Basilius d. Gr.
(Adv. Eun. 1, 4) als „on dit" verzeichnet, daß die sxQsct'.c -i77£(oc, welche der
Arianer Eunomius an die Spitze seines , Apologet! cus" stellte, von Arius
Alexander vorgelegt worden war, so hätte es noch einen weiteren Brief an
Alexander mit einem andern Credo gegeben. In Nikomedien bei Eusebius
hat Arius aber auch eine größere Schrift unter dem Titel Bot'Äsia, „Gastmahl",
ausgearbeitet, von welcher indessen nur noch die von Athanasius (haupt-
sächlich Or. c. Arian. 1, 2 —
10 und De synodis 15)- zu polemischen Zwecken
angeführten ,kurzen und zusammenhangslosen Bruchstücke bekannt sind.
Das Ganze kennzeichnet Athanasius spöttisch als eine Imitation der lasziven
' Weitläufiger wird bei Haruack, Lehrb. der Dogmengesch* 2, 204—207, über
die Theologie Alexanders gehandelt.
42 Alexandriner und Ägypter.
Ariuni, prol.), eine interessante Probe für die Art und Weise, wie Eusebius
der Sache seines Studienfreundes sich annahm. Paulinus wird dringend ge-
mahnt, sein bisheriges Schweigen zu brechen und öffentlich Farbe zu be-
kennen, und zugleich wird ihm auch schon das Material zu einem Schreiben
an Alexander von Alexandrien an die Hand gegeben, indem auf die in aria-
nischem Sinne auszubeutenden SchriftsteUen verwiesen wird. Durch solche
Briefe, wie er sie überallhin sandte (ra/Tot/oö Alex. Alex, bei Socr., Hist.
eccl. 1, 6; to?; xaTa -'',i\; Socr. a. a. O.j, wußte Eusebius einen Sturm von
schriftlichen Protesten gegen die Exkommunikation der Arianer zu entfesseln.
Der Brief des Eusebius an Paulinus, mit welchem Asterius, der arianische
Sophist, sich beschäftigte (Marc. Anc. bei Eus. C. Marc. 1, 4), war sehr
,
wahrscheinlich der noch vorliegende Brief. Athanasius (De synodis 17) zitiert
einige Sätze aus einem Briefe des Eusebius an Arius. Sokrates (a. a. 0.
1, 23; vgl. 1, 6) gedenkt eines Briefes des Eusebius an Athanasius, in wel-
chem die Wiederaufnahme des Arius und seiner Genossen in die Kirchen-
gemeinschaft verlangt wurde. Im vollen Wortlaut haben Sokrates (a. a. 0.
1, 14) und Sozomenus (a. a. 0. 2, 16) ein ^Bußschreiben'', ß-.ß/.iov (j.£tavo''ac,
§ 7. Athanasius.
' '0 tnöAog rrjg ixxXrjatag, Greg. Naz., Or. 21, 26.
«Der von Seeck (Zeitscbr. f. Kirchengesch. 17, 1897, 1 flf 319 S) erhobene
Vorwurf literarischer Fälschungen ist von Rogala (Die Anfänge des arian. Streites,
Paderborn 1907) vielleicht einläßlicher, als erforderlich war, entkräftet worden.
' Möhler, Athanasius der Große*, Mainz 1844, 107 f. Vgl. Atzberger, Die
Logoslehre des hl. Athanasius, München 1880, 231 f.
46 Alexandriner und Ägypter.
'
Phot, Bibl. cod. 140. » Hier., De vir. ill. 87.
' Phot., Bibl. cod. 32 139 140. — Das Encomiura unter den
sog. S. Athanasii
Schriften des Photius (Migne, PP.. Gr. 102, 576, auch Migne 25, cclxxviii) ist
ofifenbar der , Bibliothek" cod. 140 und cod. 139 entnommen, aber mit Zusätzen
von einer späteren Hand durchflochten.
* Zu nennen wären namentlich noch die kleinen Athanasius -Florilegien am
Schlüsse der drei Dialoge Theodorets von Cyrus (Migne, PP. Gr. b3, 89 94 —
177 —
182 291 —
296) sowie die Reihen von Athanasius-Zitaten in der um 700 zu-
sammengestellten, von Diekamp mustergültig herausgegebenen Doctrina Patrum de
incarnatione Verbi, Münster i. W. 1907.
" loh. Mosch Prat. spir. 40 (Migne 87, 3, 2896). Vgl. die Elogia Veterum
,
1 Die Athanasiu.'.-Ausgabe der Mauriner (Migne, PP. Gr. 28, 797—824) bietet
zwei griechische und zwei lateinische Rezensionen dieser Historia. Vgl. über die-
selbe Wildt in Wetzer und Weites Kirchenlexikon « 1, 1882. 1543 ff; v. Dob-
schütz, Christusbilder (Texte u. Untersuchungen usf. Bd 18), Leipzig 1899, 280** ff.
48 Alexandriner und Ägypter.
' Die wichtigsten Quellen sind seine eigenen Schriften, vor allem jene, in denen
er selbst öffentlich über sein Tun und Lassen Rechenschaft ablegt, die „Apologia
contra Arianos", die „Apologia ad Constantium", die , Apologia de fuga sua" sowie die
„Historia Arianorum ad monachos*. Dazu kommen namentlich noch zwei an Umfang
kleine, aber eine Fülle kostbarer Einzeldaten darbietende Dokumente, welche gleich-
falls dem 4. Jahrhundert angehören und ohne Zweifel auf das Archiv des alexan-
drinischen Patriarchats zurückzuführen sind, die „Historia Athanasii" und der sog.
Vorbericht zu den Festbriefen des Heiligen. Die lateinisch erhaltene ,Historia Atha-
nasii", gewöhnlich Historia acephala geheißen, weil der Anfang zu fehlen scheint,
ward herausgegeben von Sc. Maffei in den Osservazioni letterarie 3, Verona 1738,
60—83, abgedruckt bei Migne, PP. Gr. 26, 1443—1150, verbessert von G. R. Sievers,
Athanasii vita acephala, ein Beitrag zur Gesch. des Athanasius: Zeitschr. f. die
histor. Theol. 38, 1868, 89—162, von neuem herausgegeben von P. Batiffol in den
M^langes de litterature et d'histoire religieuses, pubh^s k l'occasion du jubile epi-
scopal de Msgr. de Cabrieres, evßque de Montpellier, Paris 1899, 1, 99— i08. Über
die handschriftliche Überlieferung dieser Historia s. E. Schwartz in den Nachrichten
von der k. Ges. der Wiss. zu Göttingen, Philol.-hist. KI., 1904, 357 ff. Den syrisch
übellieferten Festbriefen des hl. Athanasius ist ein historischer Index voraufgeschickt
(in lateinischer Afterübersetzung bei Migne a. a. 0. 1351 —
1360), welcher zu jedem
der 45 Jahre des Episkopats des Heiligen den Termin des Osterfestes angibt und
allerlei wichtige Ereignisse registriert. Um die Erläuterung der chronologischen
Daten hat sich Schwartz a. a. 0. 333 ff verdient gemacht doch vgl. Loofs in den
;
Sitzungsberichten der k. preuß. Akad. der Wiss. 1908, 1013 ff. Die Editionen des
§ 7. Athanasius. 2. Lebensgeschicke. 49
geschickt. Am 22. Mai 337 liefen Konstantins Tage ab, und unter
seinen Söhnen konnte Athanasius am 28. November 337 von Trier
nach Alexandrien zurückkehren '.
Konstantins indessen, der Kaiser des Ostens, erwies sich als ebenso
entschiedenen Arianer wie gewissenlosen Tyrannen. Auf Betreiben
Eusebs von Nikomedien ward der einst mit Arius exkommunizierte
Presbyter Pistus, und als dieser sich nicht zu halten vermochte, der
Arianer Gregor aus Kappadozien zum Bischof von Alexandrien ein-
gesetzt. Am 19. März 340 floh Athanasius 2; vier Tage später hielt
Gregor unter militärischer Bedeckung seinen Einzug. Eine römische
Synode unter Papst Julius 341 sprach Athanasius von allen Anklagen
frei. Die große Synode zu Sardica 343 erklärte ihn für den recht-
mäßigen Inhaber des alexandrinischen Stuhles. Nichtsdestoweniger
konnte er erst am 21. Oktober 346 den Boden Alexandriens wieder
betreten, nachdem Gregor am 26. Juni 345 gestorben war.
Dem Drängen seines Bruders Konstans, des Beherrschers des
Westens, nachgebend, hatte Konstantins selbst in einer Reihe ver-
bindlich gehaltener Schreiben Athanasius zur Rückkehr eingeladen.
Im Frühjahr 350 fiel Konstans unter den Streichen der Mörder, welche
der Usurpator Magnentius ausgesandt hatte. Ohne große Mühe gelang
es Konstantius, sich die Alleinherrschaft zu sichern. Inzwischen hatte
im Orient die Hetze gegen Athanasius vom neuem begonnen, und
Konstantius lieh ihr bereitwillig sein Ohr. Untei* dem Drucke seiner
Gewaltmaßregeln sprachen die Synoden zu Arles 353 und zu Mailand
355 die Amtsentsetzung über Athanasius aus, und am 9. Februar 356
mußte er unter Lebensgefahr einem militärischen Überfalle weichen
und bei den Mönchen und Einsiedlern Ägyptens Zuflucht suchen. Ein
Jahr später, am 24. Februar 357, drang der Arianer oder Semiarianer
Georg ans Kappadozien, wiederum mit Waffengewalt, in die alexan-
drinische Kirche ein. ohne jedoch festen Fuß fassen zu können. Durch
einen Volksaufstand ward er am 2. Oktober 358 vertrieben, und als
er nach Verlauf mehrerer Jahre, am 26. November 361, noch einmal
nach Alexandrien zurückzukommen wagte, wurde er in einem erneuten
Aufstande am 30. November 361 eingekerkert und am 24. Dezember
361 ermordet.
Konstantius, der Schutzherr Georgs, war am 3. November 361 vom
Tode ereilt worden. Athanasius weilte noch immer im Exil. Julian
der Abtrünnige (361 —
363) gestattete den exilierten Bischöfen die
Heimkehr in der Absicht, die Verwirrung innerhalb der Kirche noch
§ 7. Athanasins. 2. Lebensgeschicke. 51
1
Nach Ruf., Hist. eccl. 1, 33 wäre Julian durch die heidnischen Einwohner
Alexandriens gegen Athanasius aufgestachelt worden.
- Ruf. a. a. 0. 1, 34.
4*
52 Alexandriner und Ägypter.
'
Hier., De vir. ill. 87.
"
Leont. Byz., C. Nest, et Eut. 2. bei Gallaudi, Bibl. vet. Patrum 12, 683.
Doctr. Patrum, ed. Münster i. W. 1907, 86 88 104 327. Ps.-Phot..
Diekamp ,
S. Äthan. Encom., bei Migne, PP. Gr. 102, 576; vgl. vorhin S. 46 A. 3.
2 Theodor., Dial. 3, Migne 83, 293. Hadr. P. I. Ep. ad Constant. et Irenen
Augg., bei Mansi, SS. Conc. Coli. 12, 1067. Die erste Abhandlung heißt auch bei
Gernianus von Konstantinopel (Ep. 4, Migne 98, 169) xazä ddw^Mv Xüyoq. <5
§ 7. Atbanasiue. 3. Apologetische Schriften. 53
bis 537. Gegen Schultze-Dräseke nahmen Stellung Fr. Lauchert in der Revue
Internat, de theol. 3, 1895, 127—136. F.Hubert in der Zeitschr. f. Kirchen-
gesch. 15, 1895, 561—566. C. Weyman in der Byzant. Zeitschr. 5, 1896,
223—225. K. Heß, Studien über das Schrifttum und die Theologie des Atha-
nasius, auf Grund einer Echtheitsuntersuchung von Athanasius contra gentes
und de incarnatione, Freiburg i. Br. 1899. A. Stülcken, Athanasiana, Leipzig
1899, 1—23. —
Über die „Oratio contra gentes* handelte A. Lebentopulos,
'H a^ xal 7)
[)' d.~'j/jr{ia UT:£p Xpiortaväiv 'Ioutcivou 'Ji/vOao'fou xal fxapT'jooc y.ai o
xara 'EXXt^vojv X670? 'A&avacjiou Toü (jl£777,o'j, Athen 1900, 8° (Erlanger ^^Disser-
tation). Eine Darlegung des Inhalts auch bei F. Cavallera, St Athanase^,
Paris 1908, 216—246. —
Die „Oratio de incarnatione Verbi" legte A. Ro-
bertson in einer hübschen Schulausgabe vor, London 1882; 2. Aufl. 1893, 8".
Analysen des Inhalts bei F. Kattenbusch, Lehrb. der vergleichenden Kon-
fessionskunde 1, Freiburg i. Br. 1892, 296 ff; bei Cavallera a. a. 0. 247 flF.
In dem Abschnitt über den Unglauben der Juden c. 33 40 glaubt Rendel —
Harris (Athanasius and the book of Testimonies: The Expositor, Ser. 7,
vol. 9, 1910, 530 —
537) Spuren der Benützung einer älteren Sammlung alt-
testamentücher Testimonia gegen die Juden aufzeigen zu können. Zu der
Notiz c. 47 über das Orakel h Kapsipoic vgl. 0. Crusius in den Griechischen
Studien, H, Lipsius zum 60. Geburtstag dargebracht, Leipzig 1894, 40 ff.
Eine „Rede des Athanasius, Erzbischofs von Alexandrien, an Zacchäus,
Gesetzeslehrer der Juden' hat erst Fr. C. Conybeare ans Licht gezogen, in-
dem er zuerst eine armenische Version ins Englische übersetzte (The Expositor,
Ser. 5, 5, 1897, 300 ff 443 ff) und sodann nach einem Wiener Kodex das
griechische Original herausgab (Anecdota Oxoniensia, Classical Series, Part 8,
Oxford 1898, 1 —
64). Die armenische Version selbst hat Tajezi in seiner Samm-
lung armenischer Athanasius-Schriften, Venedig 1899, veröffentlicht. Es ist
ein Dialog, in welchem Athanasius den Gesetzeslehrer mittelst mannigfacher
' Wie man überdies eine Schrift, welche so ganz und gai- von athanasianischer
Theologie durchweht und getragen ist, dem Semiarianer Eusebius von Emesa zu-
eignen mochte, erscheint fast rätselhaft.
54 '
Alexandriner und Ägypter.
Stellen des Alten Testaments zur Anerkennung der Gottheit Jesu Christi
zwingt, eine der vielen antijüdischen Apologien in Dialogforra (vgl. Bd 1,
S. 165 f), von knappem Ausdruck und klarem Gedankengang. Athanasius
darf nicht als Verfasser angesprochen werden. Sein Name sollte als Etikette
dienen. Der Zeit des Athanasius aber oder doch dem 4. Jahrhundert mag
der Dialog noch angehören. Die armenische Version soll in das 5. Jahr-
hundert zurückreichen. Laut dem Herausgeber würde die Schrift schon
um 3.00 aus der Schule Lucians von Antiochien hervorgegangen sein und
eine Überarbeitung des abhanden gekommenen Dialoges „Jason und Papiskus*"
(Bd 1, S. 186 ff) darstellen. Ein Beweis für den genealogischen Zusammen-
hang mit diesem Dialoge ist indessen nicht zu erbringen von den Angaben ;
und Nachrichten der Alten über diesen Dialog trifft auch nicht eine einzige
bei der vorliegenden Schrift zu. Der chronologische Ansatz unterliegt gleich-
falls den schwersten Bedenken. Zu -Jerusalem, wo übrigens auch der Herr
geboren worden sein soll (c. 75), konnte man zur Zeit des Verfassers eine
Wohnstätte für Mönche und die „Anastasis Christi", doch wohl die Auf-
erstehungskirche, sehen (fiova^ovrcuv oixrjTT^piov xai toü XptTuoü Triv dvatrcaTiv.
c. 70).
schiedenheit des Sohnes von dem Vater ein und bekämpft Sabellius
und Paul von Samosata, d. h. Marcellus von Ancyra und seine An-
hänger ^, wenngleich freilich auch von Arius und Eusebius von Niko-
medien die Rede ist.
Dem Inhalte nach hängt also das vierte Buch mit den drei ersten
Büchern nur locker zusammen, wie es denn auch ganz ex abrupto,
ohne Anknüpfung an das Voraufgegangene, beginnt und insofern ge-
wissermaßen aus der Rolle fällt, als es weniger auf Widerlegung
häretischer Thesen als vielmehr auf positive Darlegung der ortho-
doxen Lehre abzielt. Dazu kommt, daß die Prägnanz der Schreib-
weise sich von der Umständlichkeit der früheren Bücher deutlich ab-
hebt. Die Annahme, das vierte Buch sei nur als unfertiger, noch der
Abänderung und Anpassung bedürftiger Entwurf überliefert, ist etwas
prekär. Wahrscheinlich ist dieses Buch von anderer Hand verfaßt
und erst später, wenngleich immerhin schon früh, mit den drei Büchern
des hl. Athanasius verbunden worden 2, Eine tiefer greifende Unter-
' Vgl. Zahn, Marcellus von Ancyra, Gotha 1867, 198 fiF.
- Ähnlich wie den drei Büchern Basilius' des Großen gegen Eunomins schon im
5. Jahrhundert als viertes und fünftes Buch eine allem Anscheine nach von Didy-
§ 7. Athanasius. 4. Dogmatisch-polemische Schriften. 55
mus dem Blinden verfaßte Schrift gegen die Arianer angehängt wurde. Auf den —
Mangel an äufseren Zeugnissen für jenes vierte Buch würde ich auch dann kein
Gewicht legen, wenn derselbe fühlbarer wäre, als er in Wuklichkeit ist. Mit Un-
recht behauptet Stülcken (Athanasiana 51 ff), daß sich aus diesem Buche ,kein
oder in Synodalakten" finde. In der Doc-
einziges Zitat bei Kirchenschriftstellern
trina Patruin, Diekamp, 28 29 140, finden sich nicht weniger als vier Zitate,
ed.
und zwar wird das Buch auch hier als das vierte Buch des hl. Athanasius gegen
die Arianer eingeführt.
'
Äthan., Hist. Arian. ad monachos prooem. —
c. 1 3 (Migne, PP. Gr. 25, 692 f):
rapi T^e «^so'-njTog roü löyou. Ep. ad Serap. 1, 2 (Migne 26, 532) : ra ~pu roJrwv
dprjixeva xaz aurwv, sc. tü>v ^Apsiavwi>. Vgl. auch Ep. ad Serap. de morte Arii c. 1
(Migne 25, 685).
* Loofs in der Realenzykl. f. prot. Theol. u. Kirche' 2, 1897, 200 f.
^ Cavallera, St Athanase ^ xi f.
* Insbesondere ist der Umstand, daß von Eusebius von Nikomedien (gest. 341
oder 342) mitunter so gesprochen wird, wie wenn er noch unter den Lebenden
weilte, durchaus nicht beweisend, schon deshalb nicht, weil in derselben Weise auch
von Arius (gest. 336) gesprochen wird (1, 37 2, 24). ;
56 Alexandriner und Ägypter.
—
nasiana 50 58. Dräsekes Hypothese, die Oratio 4 sei identisch mit dem
,Liber de fide adversus Arianes', welchen der Philosoph Maximus um 381
Kaiser Gratian überreichte (Hier., De vir. ill. 127), ist unhaltbar und von
Hoß und von Stülcken abgelehnt worden.
Zwei kleinere Schriften verwandten Inhalts, „De incarnatione et
contra Arianes" (26, 983—1028) und „De trinitate et Spiritu Sancto"
(26, 1191 —
1213), wurden neuestens unter die Dubia gestellte Die
erstere dürfte vielmehr unter die echten Werke einzureihen sein. Sie
ist reich bezeugt und wird als zö^ioq oder Xöyoq T.poQ 'ApeiavooQ schon
von Theodoret von Cyrus zitiert 2. Einen Stein des Anstoßes fand die
neuere Kritik in den Worten: bIq l^euq iv rpimv oTtoardotai (c. 10)'^ —
Athanasius pflegt das Wort br.öa-caaiQ. sonst im Sinne von Wesen zu
gebrauchen und demnach von ßia bnöaraaic, zu reden. Auf der alexan-
drinischen Synode des Jahres 362 indessen hat Athanasius anerkannt,
daß man das Wort auch im Sinne von Person gebrauchen und dem-
nach von rpeic, uTtoaruaeiQ reden könne*. Und daß er auch selbst
in der letzteren Weise gesprochen hat, beweist der Traktat über
Mt 11, 27, welcher gleichfalls zpelc, tmoazdaeic. und piav ouaiav lehrt
(c. 6). Dieser kurze Traktat, „In illud: Omnia mihi tradita sunt a
Patre meo" etc. (25, 207 —
220), ist wiederum gegen die Arianer ge-
richtet, scheint aber nur ein Fragment zu sein. Vielleicht sind die
Schriften, in denen uTtäazuaiQ im Sinne von Person gebraucht wird —
auch die asketische Schrift ,De virginitate" zählt zu ihnen erst — ,
nach dem Jahre 362 anzusetzen 0. Die Schrift „De trinitate et Spiritu
Sancto" aber, welche nur lateinisch vorliegt, ist unter die Spuria zu
verweisen. Der lateinische Text ist nicht Übersetzung aus dem
Griechischen, sondern Urtext,, und die enge Berührung mit anerkannt
echten Schriften des hl. Athanasius, namentlich mit den Briefen an
fiou von der göttlichen ouaia erklärt. Damit aber ist der sonstigen Anwendung
des Wortes unoaramg in keiner Weise präjudiziert. Und wenn überdies Loofs und
Stülcken an der Echtheit des Traktates über Mt 11, 27 nicht im mindesten zweifeln,
so geben sie ja zu, daß Athanasius doch auch von rpel? u-o<nda£cg und ßia ouma
gesprochen hat (anders und wenigstens folgerichtig Hoß a a. 0. 51). Die Abfas-
sung des Traktates wollen beide Forscher wegen der Art und Weise, wie c. 1 des
Eusebius von Nikomedien gedacht wird, vor den Tod Eusebs (341 oder 342) ver-
legt wissen (Loofs 199. Stülcken 41).
§ 7. Athanasins. 4. Dogmatisch-polemische Schriften. 57
hl. Athanasius teilten und vielleicht auch seine später noch zu nennen-
den christologischen Briefe kannten.
Separat wurden diese Bücher herausgegeben von T. H. Bentley, London
1887, 18". H. Sträter, Die Erlösungslehre des hl. Athanasius, Freiburg i. Br.
—
1894, 75 90: „Echtheit der beiden Bücher gegen den Apollinarismus."
Gegen Sträter s. Dräseke in der Zeitschr. f. wiss. Theol. 38, 1895, 251 269. —
Vgl. Stülcken a. a. 0. 70 75. —
Verfehlt war die Hypothese Dräsekes (Ge-
5S Alexandriner und Ägypter.
—
sammelte patristische Untersuchungen, Altena 1889, 169 207), das erste der
beiden Bücher gehöre Didymus dem Blinden, das zweite wahrscheinlich Di-
dymus' Schüler Ambrosius von Alexandrien. Siehe dagegen J. Leipoldt,
Didymus der Blinde von Alexandrien, Leipzig 1905, 24 26. G. Bardy, —
Didyme l'Aveugle, Paris 1910, 39—42.
Aus einer Anzah' kurzer Abrisse des orthodoxen Glaubens können
nur zwei als echt in Frage kommen, die „Expositio fidei" (sxäsacQ zia-
zsojq: 25. 199—208) und der nur unvollständig und lückenhaft er-
haltene „Sermo maior de fide" (tts^o; -iarzcoo, h'qoc, <> iieiZcov: 26, 1263 bis
1294). Beide kehren ihre Spitze gegen den Arianismus, und der zweite
blickt auf den ersten zurück; die „Expositio fidei" ist der Sermo minor,
welchem der „Sermo maior" an die Seite tritt. Wiewohl nun aber
dieser Sermo maior, nnd zwar als o r.trn rziazeco^ löyoc, o fiecCfov,
ein, Vincentius von Lerinum sei der Vater des Symbols; ßurn dachte
an Honoratus von Arles, den ersten Abt von Lerinum. Künstle ist
auf neuem Wege zu der gleichfalls schon von älteren Forschern emp-
fohlenen Annahme gelangt, das Symbol stamme aus Spanien, und zwar
sei es bereits zu Ende des 4. oder zu Anfang des 5. Jahrhunderts
aus dem Kampfe gegen den Priscillianismus geboren worden. Brewer
hinwieder glaubte dasselbe als ein Werk des hl. Ambrosius erweisen
zu können, Morin jedoch, welcher früher den Gallier Cäsarius von
Arles (gest. 543) als Verfasser in Vorschlag gebracht hatte, bekennt
sich nunmehr zu der Ansicht, das Symbol sei in Spanien, aber nicht
vor der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts entstanden.
aus einem oder vielmehr aus drei Büchern gegen die Novatianer (26, 1315
bis 1318) harren noch der Untersuchung, werden aber schwerlich dem Ver-
werfungsurteil entgehen. Über den wirklichen Entstehungsverhältnissen der
unechten Schriften lagert meist noch dichtes Dunkel. Nur ausnahmsweise
kann der Autor mit Namen genannt werden. Der Traktat De incarnatione
Dei Verbi" (28, 89 — 96). anscheinend ein Brief, ist Eigentum des Apollinaris
von Laodicea und findet sich als solches auch bei Lietzraann a. a. 0. 1, 303 bis
307. Auch der Traktat „Quod unus sit Christus" (28, 121-132), nach Ausweis
des Schlusses eine Predigt auf Epiphanie, gehört Apollinaris an und ist gleich-
falls griechisch und syrisch herausgegeben worden von Lietzmann a. a. 0. 1,
294—302 bzw. Flemming und Lietzmann a. a. 0. 43—49. — Die ,Dialogi 5
de sancta trinitate" (28, 1115—1286) und „Dialogi 2 contra Macedonianos"
(28, 1291 —1338) gehen auch unter dem Namen des hl. Maximus Konfessor
(vgl. Migne 91, 649). Dräseke (Apollinarios von Laodicea, Leipzig 1892,
—
138 157) war jedenfalls auf falscher Fährte, wenn er die drei ersten dieser
sieben Dialoge Apollinaris zuschrieb. Mehr Erfolg wird vielleicht E. Stolz
haben, welcher den Nachweis zu liefern versprach, daß alle sieben Dialoge
von Didymus dem Blinden verfa&t seien (Theol. Quartalschrift 87 1905, ,
des Verhaltens der Gegner wird. Mitunter geht sie aber auch direkt
in die Offensive über und will die Gegner an den Pranger stellen.
Kaum war Athanasius aus seinem zweiten Exil zurückberufen
worden, als die Arianer ihre Hetze wiederaufnahmen, indem sie zu-
nächst die alten oft auf Synoden untersuchten und ebensooft als
,
nichtig erfundenen Märchen, von dem Morde des Arsenius, von dem
zerbrochenen Kelche und dem umgestoßenen Altare des Ischyras usw.,
von neuem ausstreuten. Diesem Treiben Halt zu gebieten, sammelte
der Angeschuldigte in einer „Apologia contra Arianes" (Migne 25, 247
bis 410) alle einschlägigen Verhandlungen und Entscheidungen, in einem
ersten Teile (c. 3 —
58) die Aktenstücke aus dem fünften Dezennium
des Jahrhunderts und, um auch die ersten Anfänge des Intrigen-
4.
spiels bloßzulegen (ävcoi^ev i^ ^pyji'i dt.rjyrjaaa^at zo rzpöj/jia) in ,
—
einem zweiten Teile (c. 59 88) noch Akten aus den voraufgegangenen
Dezennien. Die Schlußkapitel, 89 —
90, stellen einen späteren Zusatz
dar, welcher nicht vor 357 geschrieben sein kann, während das Korpus
der Schrift um 348 anzusetzen ist, bald nach der Rückkehr des Ver-
fassers aus dem zweiten Exil am 21. Oktober 346 (c. 59) und vor
dem Rückfall oder der öffentlichen Bekundung des Rückfalls der Bi-
schöfe Ursacius und Valens, welche noch als reumütige und bußfertige
Sünder dargestellt werden (c. 1 2 58 88).
Diese beiden abendländischen Bischöfe — Ursacius war Bischof
von Singidunum in Mösien und Valens Bischof von Mursa in Nieder-
Pannonien —
hatten lange Jahre hindurch in der vordersten Reihe
der Eusebianer gestanden', dann aber, als die Politik ihres kaiser-
lichen Gönners Konstantins eine andere Richtung einschlagen zu wollen
schien, die Lehre des Arius anathematisiert und Athanasius Abbitte
geleistet 2. Sobald jedoch Konstantius wieder offen für die Arianer
Partei ergriff, wurden Ursacius und Valens rückfällig; sie suchten
ihren Widerruf mit der Furcht vor Kaiser Konstans zu decken und
spielten 353 zu Arles und 355 zu Mailand die lautesten Rufer im
Streite wider Athanasius ^. Unter diesen Umständen mag der letztere
die Feder angesetzt haben zu seiner Schrift „Contra Valentem et
Ursacium" *. Doch ist nur eine Vermutung gestattet. Die Schrift
ist zu Grunde gegangen. Nicht einmal ein Zitat hat sich erhalten.
Die alexandrinische Synode des Jahres 340 nannte sie „zwei junge Leute
'
dem Alter wie dem Verhalten nach" (Suo ^sturdpoug ttjv ijXixia'^ xai rov zpo-ov, bei
Äthan., Ap. c. Arian. 13), ein Ausdruck, der sich bald als Schimpfname einbüigerte.
* Ihre diesbezüglichen Briefe an Papst Julius und an Athanasius aus den Jahren
345 — 347 stehen griechisch bei Äthan, a. a. 0. 58, lateinisch bei Hilar., Fragm.
hist. 2, 20.
^ Äthan., Hist. Arian. ad monachos 27 — 31.
* Hier., De vir. ill. 87: „contra Valentem et Ursacium unus (liber) ... et de
persecationibus Arianorum plurimi."
62 Alexandriner und Ägypter.
Jahres 357, eine eigene „Apologia de fuga sua" (25, 643—680) folgen.
Seine Flucht, führt er hier aus, entspreche der Lehre und dem Bei-
spiel der Propheten, der Apostel und des Herrn selbst.
nase: Byzant. Zeitschr. 10, 1901. 128—14:3) und G. Loeschcke (Das Syn-
odikon des Athanasius: Rhein. Mus. f. Philol. N. F. 59, 1904, 451—470)
wollten dieselbe handschriftlich nachweisen können. Während aber Batiffol
sie in der durch eine Veroneser Handschrift des 7. Jahrhunderts überlieferten
sog. Sammlung des Theodosius Diakonus fand, suchte Loeschcke sie in einem
Aktenbündel, welches Athanasius-Handschriften zu Paris und zu Basel auf-
bewahrt hat. Mit Recht entgegnete Schwartz (Nachrichten von der k. Ges.
der Wiss. zu Göttingen, Philol.-hist. Kl., 1904, 357—401), die angeführten
Worte bei Sokrates seien eine Interpolation und das „Synodicum Athanasii"
eine späte Kompilation, welche sich vorläufig jeder Identifizierung entziehe
(ganz ähnlich schon Preuschen in der Theol. Literaturzeitung 1902, 209 f).
Die Sammlung des Theodosius Diakonus, welcher auch die „Historia Atha-
nasii" (vorhin S. 48 A. 1) angehört, sei, behauptet Schwartz, von nach-
träglichen Zutaten abgesehen, die lateinische Übersetzung einer griechischen
Urkündensammlung. welche Ende 367 oder Anfang 368 zu Alexandrien, jeden-
falls nicht ohne Wissen und Willen des Patriarchen, an die Öffentlichkeit
getreten sei. Das griechische Aktenbündel jener Athanasius-Handschriften,
an dessen Kopf die „Depositio Arii et sociorum" (vorhin S. 38) steht, sei
ursprünglich eine Beilage zu des Athanasius ,EpistoIa de decretis Nicaenae
synodi" vom Jahre 350 (?) gewesen. Auf diese letztere Hypothese werde ich
gelegentlich der Briefe des hl. Athanasius zurückkommen müssen.
6. Exegetische Schriften. —
Die exegetischen Schriften, von
welchen das Altertum zu melden weiß, sind der Mehrzahl nach ab-
handen gekommen. Am häufigsten wird einer Auslegung der
Psalmen gedacht', und von ihr haben sich auch wenigstens noch
beträchtliche Fragmente erhalten, zum größten Teil freilich nur durch
Herübernahme in diese oder jene Katene vor dem Untergang gerettet.
In erster Linie wäre die von dem gelehrten Metropoliten Nicetas von
Heraklea im 11. Jahrhundert verfaßte Psalmenkatene zu nennen.
Die Sammlung von Fragmenten, welche die Mauriner unter der Auf-
schrift „Expositiones psalmorum" vorlegten (Migne 27, 55 590) und —
welche Kardinal Pitra noch etwas ergänzen konnte, darf irti großen
und ganzen als echt anerkannt werden. Manche einzelne Stelle aber
ist unecht,an Differenzen und Widersprüchen ist kein Mangel, hier
ist der Text gekürzt und dort erweitert. Der kritischen Revision wird
voraussichtlich eine syrische Übersetzung gute Dienste leisten, welche
in einer Handschrift vom Jahre 599 vorliegt, oft viel knapper gefaßt
als der griechische Text 2. Die Erklärung pflegt die Wege der Alle-
gorese und Tropologie zu wandeln, in bemerkenswertem Gegensatz
zu der kühlen und nüchternen Exegese, wie sie in den dogmatisch-
polemischen Schriften, insbesondere in den „Orationes 2 3 contra —
Über
'
griechische und lateinische Zeugen s. de Montfaucon bei Migne 27,
47—48.
Die Handschrift liegt im Britischen Museum, und ebendort befindet sich auch
-
eine Handschrift des 8. oder 9. Jahrhunderts mit einem syrischen Auszuge aus dem
Natürlich im Geiste und mit den Mitteln der Zeit; s. Atzberger, Die Logos-
'
npbg Mapy.tX/.tvo,! iiztaTokrj, r^w npoira^s'^ iv z^ ßtßXw t>^s kpiirjUBiaq rtuv (l'aXßwv. . . .
von Herakleia (Texte u. Untersuchungen usf. 22, 4), Leipzig 1902, 87 105 f.
Ein kleines unter dem Namen des hl. Araphilochius von Ikonium (Migne 39,
—
105 106) gedrucktes Fragment ,In illud Et Jesus proficiebaf etc. (Lk
:
2, 52) tritt anderswo unter dem Namen des hl. Athanasius auf, ist aber sehr
zweifelhafter Herkunft. Vgl, Diekamp, Doctrina Patrum de incamatione Verbi,
Münster i. W. 1907, XLVI und 109.
Die Kompilation imter dem Titel , Synopsis Scripturae sacrae' (28, 283 bis
438). welche nach Art einer , Einleitung in die Heilige Schrift" über Inhalt
und Ursprung der einzelnen biblischen Bücher unterrichtet, ist schon von den
Maurinern als unecht erkannt worden. Es genüge also vorläufig ein Verweis
auf Th. Zahn, Geschichte des neutestamentl. Kanons 2. Erlangen 1890 bis
1892, 302 ff; E. Klostermann, Analecta zur Septuaginta, Hexapla und Pa-
tristik, Leipzig 1895, 75 ff; J. A. Robinson, Euthaliana (Robinson, Texts
and Stud es 3, 3), Cambridge 1895, 106 ff. Vgl. auch die Notiz über die
Chryso.stomus zugeschriebene , Synopsis Veteris et Novi Testamenti", unten
§ 25, 7 b.
'
Bier., De vir. ill. 87.
* Am besten ist der Text laut v. d. Goltz in einer Handschrift des Johannes-
klosters auf Patmos saec. X vel XI erhalten.
*Siehe vorhin S. 56.
*V. d. Goltz (in seiner Ausgabe 115 f) will auch schon der Lobrede Gregors
von Nazianz auf Athanasius vom Jahre 379 (?) —
Hieronymus schrieb 392 ,ein —
sehr wichtiges indirektes Zeugnis'' entnehmen können. Mit Unrecht. Wenn Gregor
(Or. 21, 10) sagt, alle Stände sollten in Athanasius ihren Wohltäter preisen, die
Jungfrauen ihren Brautführer {ti>-j wiKpaywyih d. h. den Führer zu dem himm-
^
lischen Bräutigam), die Verheirateten den Hüter ihrer Zucht usw., so führt er nur
den Gedanken aus, Athanasius habe sich durch sein Wirken alle Stände zu Dank
verpflichtet.
§ 7. Athanasius. 7. Praktische Schriften. 67
1893, 275—286. E. Frhr. v. d. Goltz, A670? aw-rr^pia; -po; Tf,v 7:apf>£vov (de
virginitate), eine echte Schrift des Athanasius (Texte u. Untersuchungen usf
29, 2 a), Leipzig 1905. Daß übrigens die Schrift von Haus aus den Titel
X670? •j(UT7)pia; TTpoc r^jv -ap&evov, , Mahnrede an die Jungfrau", getragen habe
' So das Vorwort selbst £(ni yap ßO'ita-jf^olq 'i.xa\>bq yapa/.Tr}p Tzpög uffXTjar^ ö
:
AvTwviou ßlog.
* Schwartz, Nachrichten von der k. Ges. der Wiss. zu Göttingen, Philol.-hist.
KL, 1904, 338 A. 2.
^ Hier. a. a. 0. 87—88 u. 125. Greg. Naz. a. a. 0. 5. Die griechische Ho-
milie Ephräms des Syrers „In illud Attende tibi ipsi" (Assemani, Opp. S. Ephr.
:
—
graece et lat. 1, Romae 1732, 230 254), welche, wenn sie echt wäre, noch um
manche Jahre älter sein müßte als die Rede des Nazianzeners und welche auch
schon von des Athanasius Lebensbeschreibung des Antonius spricht, mag ich nicht
anziehen, weil sie mir verdächtig vorkommt.
5*
68 Alexandriner und Ägypter.
(v. d.Goltz 60 ff), ist mir ebenso unwahrscheinlich, wie daß sie ursprünglich
eine Predigt gewesen sein soll (v. d. Goltz 132 ff). —
Eine Handausgabe der
„Vita S. Antonii" besorgte A. F. Maunoury, Paris 1887 1890, 12°. Die
lateinische Bearbeitung des Evagrius ist in der Mauriner-Ausgabe (Migne 26,
—
835 976) dem Originale zur Seite gestellt. Sie steht auch in den Acta
SS. Jan. 2, Antverp. 1643, 120 —
141. Die syrische Bearbeitung ward heraus-
gegeben von Acta martyrum et sanctorum 5, Paris. 1895, 1
P. Bedjan, 121, —
nachdem Fr. Schulthefs eine „Probe" derselben vorgelegt hatte, Leipzig 1894,
8" (Inaug.-Diss.). Zur Kritik der Ausgabe Bedjans vgl. Nestle in der Theol.
Literaturzeitung 1895, 313 f. Die von H. Weingarten, Der Ursprung des
Mönchtums im nachkonstantinischen Zeitalter, Gotha 1877, entwickelten Be-
denken gegen die Echtheit der Schi'ift wurden im einzelnen zurückgewiesen
von Eichhorn a. a. 0. 35— 56; von J. Mayer im Katholik 1886 1, 495—516
619—636; 2, 72—86 173—193. Über die Komposition der Schrift vgl.
H. Mertel, Die biographische Form der griechischen Heiligenlegenden (Inaug.-
Diss.), München 1909, 11 —
19. L^ber die Dämonen-Erzählungen vgl. J. Stoffels.
Die Angriffe der Dämonen auf den Einsiedler Antonius Theol. u. Glaube 2,
:
' Man müßte denn den Chronisten Johannes von Nikiu um 700, bei welchem
Riedel (in der Einleitung seiner Ausgabe xxv) einen Hinweis
auf unsere Kirchen-
ordnung entdeckt zu haben glaubt, für einen griechischen statt für einen koptischen
Autor halten.
§ 7. Athanasias. 7. Praktische Schriften. 8. Briefe. 09
Sicher aber ist, daß diese Kirchenordnung aus Ägypten stammt, und
wahrscheinlich, daß sie der Zeit des Athanasius nicht fernsteht.
The Canons of Athanasius of Alexandria. The Arabic and Coptic Ver-
.sions edited and translated with introduction notes and appendices by ,
W. Riedel and W. E. Crum, London 1904, 8". Riedel rezensierte und über-
setzte den arabischen Text. Crum die koptischen Fragmente. Vgl. die Be-
merkungen Funks in der Theol. Quartalschrift 87, 1905, 629—631.
Die Predigten, welche handschriftlich Athanasius zugeeignet
werden, haben die Mauriner samt und sonders entweder für zweifel-
haft oder für unecht erklärt (Migne 28, 133—250; 501—1114). In
einer Vorbemerkung zu der ersten Nummer sagen sie: „Homiliae spe-
ciem praefert, quo scribendi genere nihil edidit Athanasius, quod ad
nos usque pervenerit." Hoü unternahm es, wenigstens zwei der zu
den Dubia gezogenen Predigten, „De sabbatis et circumcisione ex
libro Exodi" und „De passione et cruce Domini", als echt zu ver-
teidigen '. Er hat bewiesen, daß die letztgenannte Predigt viele und
nahe Parallelen zu unzweifelhaft echten Athanasius-Schriften darbietet,
mithin das Urteil der Mauriner: „Nihil hie advertimus Athanasianum"
übereilt war. Von da aber bis zu dem Beweise, daß diese Predigt
von Athanasius verfaßt und nicht von anderer Hand aus athanasiani-
schem Gedankengut zusammengestoppelt sei, ist noch ein weiter Schritt.
Zwei unechte Predigten, „De patientia" und „In ramos palmarum", stehen
bei —
Migne 26, 1297 1315; eine unechte Homilie „In canticum canticorum"
bei —
Migne 27, 1349 1362. Drei in koptischer Sprache unter des Athanasius
Namen überlieferte ,
griechisch nicht bekannte Predigten , -spl yap'.To? xal
xpijsiuc, über Mt 20, 1 — 16 und -z^\ 'yr/r,; /.al stuij-aro;.finden sich koptisch
und englisch bei Budge, Coptic Homilies in the dialect of Upper Egypt,
London 1910, 58—65 204-211, 80—89 226—234, 115—132 258—274.
Die Predigt -tp\ ^'r/r^; /at Ttufi-aroc. ist vorhin (S. 35) für Alexander von
Alexandrien in Anspruch genommen worden.
Eine syrische „Anaphora des hl. Athanasius d. Gr. von Alexandrien",
im 6. oder 7. Jahrhundert von einem syrischen Mönche in Ägypten verfaßt,
ward syrisch und lateinisch herausgegeben von A. Baumstark, Eine syrische
„Liturgia S. Athanasii" Oriens Christianus 2, 1902, 90—129.
: Über ,die
alexandrinische Liturgie nach den Schriften des hl. Athanasius" handelte
F. Probst, Liturgie des 4. Jahrhunderts und deren Reform, Münster i. W.
1893, 106—124.
8. Briefe. — In
der chronologisch geordneten Ausgabe der Mau-
riner sind meist sicher und genau zu datierenden Briefe an die
die
verschiedensten Stellen verteilt. Ich versuche dieselben in zusammen-
fassendem Überblick vorzuführen. Fast alle sind Briefe im weiteren
Sinne, keine vertraulichen Kundgebungen persönlicher Art, sondern
amtliche Erlasse oder schriftstellerische Publikationen. Athanasius
hat gern auch für Literaturwerke größeren Umfangs die bequeme
Form des Briefes gewählt.
1 Tomus, rößoq, ist hier soviel als Synodalbescheid. Vgl. Greg. Naz., Ep. 101
ad Cledonium (Migne 37, 177) ^ diä zoßou awodixoö rj dt iruarokibv xor^w.ixwv.
:
* Diesen Brief an Jovian hat Theodoret seiner Kirchengeschichte (4, 2—3) ein-
verleibt. Er bezeugt auch, was der Text der Mauriner-Ausgabe nicht erkennen
läßt, daß der Brief ein Synodalschreiben ist.
3 Nach Schwartz (Nachrichten von der k. Ges. der Wiss. zu Göttingen, Philol.-
hist. Kl., 1905, 298) soll die Bemerkung c. 22, die Arianer seien schon vor 36 Jahren
als Häretiker erklärt worden, erst im Jahre 360/361 geschrieben sein, weil die
36 Jahre vom Nicänum an zu zählen seien. Ähnlich schon Baronius. Dem letz-
teren ist oft entgegnet worden, die Stelle könne auch dahin verstanden werden,
daß Arius schon 320 durch Alexander von Alexandrien als Häretiker erklärt wurde.
*
Tropiker, rpoTtixot, genannt (1, 10 17 21 usf.), weil sie die von den Ortho-
doxen für die Gottheit des Heiligen Geistes angezogenen Schriftstellen rpvKtxibg
ausgelegt wissen wollten.
§ 7. Athanasius. 8. Briefe.
7J
einen Abriß der Lehre vom Sohne voraufschicken (Brief 2). Wie die
Mauriner ein für allemal festgestellt haben, sind die Briefe 2 3 ur- —
sprünglich ein einziger, aber in zwei Teile zerfallender Brief gewesen.
Der letzte Brief befaßt sich, wiederum auf Bitten Serapions, mit neuen
Sophismen der Pneumatomachen (4, 1 7) — —
hier, c. 7, findet der
Brief in einer Doxologie seinen Abschluß. Das, was noch folgt,
c. 8 —
23, eine Erörterung des Herren wortes Mt 12, 32, meist separat
überliefert, ist von den Maurinern mit Unrecht zu dem letzten Briefe
an Serapion gezogen worden, muß vielmehr als Überbleibsel eines
andern, vielleicht auch an Serapion gerichteten Briefes betrachtet
werden*. Drei weitere dogmatische Briefe vom Jahre 370 oder 371,
„Epistola ad Epictetum episcopum Corinthi" (26, 1049 1070), „Epistola —
ad Adelphium episcopum et confessorem " (26, 1071 1084), „Epistola —
ad Maximum philosophum" (26, 1085 —
1090), gehen auf das christo-
logische Dogma ein. Sie bekämpfen ein Gemisch von doketisierenden
Anschauungen, wie sie in apollinaristischen, in arianischen und wohl
auch in orthodoxen Kreisen laut geworden waren 2, Der Brief an
Epiktet hat fast kanonisches Ansehen erlangt. Epiphanius nahm ihn
in seine Kritik der Lehre der Apollinaristen auf 3. Die Väter des
Chalcedonense erklärten ihn für den Ausdruck ihrer eigenen Über-
zeugung^. Fälschungen des Textes durch die Nestorianer entlarvte
Cyrill von Alexandrien durch alte Abschriften °.
Eine historisch-polemische Abhandlung liegt in der
umfangreichen, etwa 350 geschriebenen „Epistola de decretis Nicaenae
synodi" vor (25, 415 —
476). Dieselbe will einem ungenannten Freunde
Waffen zur Verteidigung des Nicänums und seiner Entscheidungen,
insbesondere der „ungeschriebenen", d. h. unbiblischen Termini ex r^;
o'JoiaQ und oiino'jmoQ, liefern. Beigelegt ist der Brief Eusebs von
Cäsarea an seine Diözesanen über das Nicänum, und nach einer schon
berührten Hypothese w^ürde außer diesem Briefe noch ein ganzes
Bündel von Aktenstücken, welche direkt oder indirekt das Nicänum
angehängt gewesen sein ^. Die gleichfalls einem ungenannten
betreffen,
'
Vgl. Stülcken, Athanasiana 58Erhalten haben sich noch zwei andere
ff.
den Tag des Sieges des Nicänums. Den traurigen Ausgang der Doppel-
synode konnte er nicht voraussehen. Der Schluß, c. 55, gibt sich
selbst als einen nachträglichen Zusatz zu erkennen; auch c. 30 31 —
sind später eingefügt.
Mehrere kleinere Briefe sind praktischen, asketischen oder
disziplinaren Inhalts. Der Brief oder vielmehr das Brieffragment
„ad Amunem monachum" (26, 1169 —
1176), aus der Zeit vor 356,
zur Beruhigung ängstlicher Mönche über unfreiwillige Vorstellungen
und nächtliche Befleckungen, und der Brief „ad Rufinianum epi-
scopunT" (26, 1179—1182), aus der Zeit nach 362, über die Wieder-
aufnahme zurücktretender Arianer, sind den. kanonistischen Samm-
lungen der griechischen Kirche einverleibt worden. Die „Epistola
ad Dracontium" (25, 523—534), vom Jahre 354 oder 355, an einen
Abt, welcher sich der angebotenen Bischofswürde entziehen wollte,
weiß eine Reihe von Mönchsobern namhaft zu machen, welche auf
Bischofsstühle berufen wurden.
Brief Eusebs von Cäsarea folgen, während die Baseler- (A III 4) die ,Epistola de
sententia Dionysii" dazwischenschiebt. Auffallend bleibt jedoch, daß im Texte der
,Epistola de decretis" von dem Aktenbündel nicht die Rede ist, der Brief Eusebs
von Cäsarea aber schon c. 3 ausdrücklich angekündigt wird (ÜTtäza^a yoüv i> T<jj
reAec i7:t<rro/.ij'.' Euer£,3iouJ.
-r^i/ Wenn Schwartz (a. a. 0. 1904, 400) demgegenüber
betont, daß der ,Apologia contra Arianes" , viele Dokumente ohne Zitat zugefügt
sind'j so übersieht er, daß die „Epistola de decretis* im Unterschiede von der ,Apo-
logia contra Arianos" keine Urkundensammlung ist.
§ 7. Athanasius. 9. Festbriefe. 73
ausgäbe des berühmten Briefes an Epiktet lieferte G. Ludwig, Jena 1911, 8". —
Die drei nur in kanonistischen Handschriften erhaltenen und deshalb auch
bei den Maurinern (Migne 26, 1169 —
1182) zusamniengefaüiten Stücke: das
Brieffragnient „ad Amunem monachum", ein Bruchstück des 39. Festbriefes
vom Jahre 367 und der Brief ,ad Rufinianum episcopum", wurden von neuem
herausgegeben durch Pitra, Iuris eccles. Graecorum historia et monumenta 1,
Romae 1864, 567 575. — —
Zwei von der Synode zu Sardika 343 aus
geschriebene Briefe, an die Presbyter und Diakonen der Kirche von Alex-
andrien und an die Presbyter und Diakonen der Mareotis, sind lateinisch
durch die Urkundensammlung des Theodosius Diakonus überliefert, 1738 von
Maffei und 1757 von den Brüdern Ballerini ediert und nach der letzteren
Edition bei Migne, PP. Lat. 56, 850—854, abgedruckt worden. Schwartz
(a. a. 0. 1904, 381 J scheint an der Echtheit dieser Briefe nicht zu zweifeln.
Hefele (Konziliengesch. ^ 1, 612 ffj hat dieselben, nicht ohne Grund, als
unecht bezeichnet. — Die ,Epistola ad monachos" (Migne, PP. Gr. -26,
1185-1188), eine nach 364 geschriebene Mahnung zur Wachsamkeit gegen-
über den Arianern, liegt auch in alter lateinischer Übersetzung vor (bei
Migne a a. 0. zu Füßen des Originals), überliefert durch das Manuskript (cod.
Vatic. lat. 133 saec. IX X), welches die Schriften Luzifers von Calaris vor dem
Untergange gerettet hat (daher auch bei Hartel. Luciferi Calaritani opuscula,
—
Vindob. 1886. 332 333). Saltet hat darauf aufmerksam gemacht, dafs diese
Übersetzung Interpolationen aufweist, durch welche der Gedanke der Schrift
Luzifers „De non conveniendo cum haereticis*" hindurchklingt. Saltet ist
aber weiter gegangen und hat, wie mir scheint, überzeugend nachgewiesen,
daß zwei nur lateinisch vorhandene und gleichfalls durch das bezeichnete
^Manuskript überlieferte, aber bislang, allgemein für echt gehaltene Briefe des
Athanasius an Luzifer (Migne. PP. Gr. 26, 1181—1186; auch bei Migne,
PP. Lat. 13, 1037—1042 sowie bei Hartel a a. 0. 322—327) Falsifikate eines
Jjuziferianers sind. Der erste Brief bittet um Zusendung der Schriften Luzi-
fers .an Kaiser Konstantins, der zweite dankt für die erfolgte Zusendung,
beide sprechen der unbeugsamen Standhaftigkeit Luzifers im Kampfe gegen
den Arianismus die wärmste Anerkennung aus. L. Saltet, Fraudes litteraires
des schismatioues Luciferiens aux IV' et V' siecles: Bulletin de litterature
eccles. 1906, 300—326.
9. F.estb riefe. —
Einer alten Gewohnheit der Patriarchen von
Alexandrien folgend, pflegte Athanasius in sog. Festbriefen, z-iazoAdi
tiipzaaTixai, die Christenheit des Nillandes zur würdigen Feier des
Osterfestes zu ermahnen. Selbst wenn er fern der Heimat, hier oder
dort im Exile weilte, ist er, soweit es möglich war, dieser Übung
treu geblieben. Bald nach seinem Tode sind seine Festbriefe von
persönlich nahe stehender Seite zu einer Sammlung vereinigt und als
Literaturwerke verbreitet worden. Vom griechischen Originaltexte
und ebenso von einer koptischen Übersetzung sind nur einzelne zer-
streute Trümmer auf unsere Tage gekommen, während von einer
syrischen Übersetzung noch ein größerer zusammenhängender Bruch-
teil vorliegt (Migne 2(5, 1351 —
1432 in lateinischer Afterübersetzung) ^
Die einzige Handschrift dieser syrischen Übersetzung, 1847 in einem
Kloster der nitrischen Wüst« aufgefunden und laut Wright etwa
'
Griechische Fragmente schließen sich bei Migne 26, 1431—1444 an.
,
hat. Die auf diese Jahre entfallenden Nummern sind also Nieten,
Briefe, welche hätten geschrieben werden sollen, aber nicht geschrieben
worden sind. Im ganzen ist Athanasius nach dem Vorberichte drei-
zehnmal, und zwar in den Jahren 336—337, 340—342, 344—346
—
und 357 361, verhindert gewesen, einen Festbrief zu schreiben oder
zu schicken; einige Male, 340, 344, 345, hat er jedoch statt des
förmlichen Festbriefes an die ägyptischen Kirchen ein kurzes Schreiben
an die alexandrinische Geistlichkeit gerichtet. Ganz zuverlässig können
freilich diese Angaben des Vorberichtes nicht sein. Der folgende Text
—
enthält die Festbriefe der ersten zwanzig Jahre (329- 348), aber nicht,
wie der Vorbericht erwarten läßt, 20 8 — =
12, sondern 20 7 13, — =
und überdies einen Brief an Bischof Serapion von Thmuis, welcher
beauftragt wird, den gleichzeitig übersandten Festbrief weiter zu ver-
breiten, und zwei kleine Schreiben an den Klerus von Alexandrien.
Damit ist der Vorbericht eines Irrtums überführt; wahrscheinlich ist
nur der Wortlaut verderbt 2.
Der Inhalt der Festbriefe ist natürlich in erster Linie durch das
bevorstehende Fest bestimmt. Die Anweisungen über das Vorbereitungs-
fasten lassen noch erkennen, wie die vom Nicänum eingeführte Sitte
eines vierzigtägigen Fastens allmählich auch in Ägypten Fuß faßte.
Der erste Festbrief vom Jahre 329 (c. 10) verlangt nur das „sechs-
tägige heilige Fasten" der einen Karwoche. Aber schon vom nächsten
Jahre, 330, an werden die Briefe nicht müde, ein vierzigtägiges
Fasten" einzuschärfen, welches am Montag der sechsten Woche vor
Ostern zu beginnen habe,- und der 339 von Rom aus geschriebene
Brief an Serapion spricht von der Schmach, welche das christliche
Ägypten auf sich laden würde, wenn es in der Fastenübung hinter
„aller Welt" zurückbliebe.
'
W. Wright, Catalogue of Syriac Manuscripts in the British Museum 2, London
1871, 406.
* Es sind speziell die Jahre 341—346 (Festbrief 13—18), bezüglich deren die
Angaben des Vorberichtes mit dem folgenden Texte nicht in Einklang stehen.
Schwartz (Nachrichten von der k. Ges. der Wiss. zu Göttingen, Philol.-hist. Kl
1904, 344 flf) behauptet wohl mit Recht, daß in dem "Vorberichte verschiedene No-
tizen an eine falsche Stelle geraten seien. Der Vorschlag Zahns (Gesch. des neu-
testamentl. Kanons 2 205 f), die redaktionellen Bemerkungen im Texte oder die
,
Aufschriften und Unterschriften der Briefe nach Maßgabe des Vorberichtes zu kor-
rigieren, reicht zur Hebung der Unstimmigkeiten nicht aus.
§ 7. Athanasius. 9. Festbriefe. 75
Außer der Rücksicht auf das Fest sind jedoch auch besondere
Verhältnisse für den Gegenstand der Festbriefe maßgebend gewesen.
Keiner dieser Briefe hat, im Altertum wie in der neuesten Zeit, so
viel Interessegeweckt wie der 39., d. h. im 39. Jahre, 367, erlassene
Brief, welcher der Aufnahme von Apokryphen in den Bibelkanon
entgegentrat. Aus griechischen, syrischen und koptischen Fragmenten
läßt sich der Text im großen und ganzen wiederaufbauen. Die kano-
nischen Bücher des Alten und des Neuen Testaments werden einzeln
aufgezählt, und hier zum ersten Male werden die 27 Bücher des heutigen
Neuen Testaments als die allein kanonischen hingestellt. In einem
Anhang folgen als Bücher zweiter Ordnung die Vorlesebücher: Weis-
heit, Jesu Sirach, Esther, Judith, Tobias sowie die Didache und der
Hirte. Auf den engen Zusammenhang zwischen diesem Kanon und
dem Kanon der vatikanischen Bibelhandschrift B ist schon früher hin-
gewiesen worden \ Aus dem Umstände, daß die Makkabäerbücher bei
Athanasius gar nicht genannt werden, wie sie denn auch in Kodex B
fehlen, dürfte die auffällige Tatsache Licht empfangen, daß eben diese
Bücher auch der äthiopischen Bibelübersetzung völlig fremd sind-.
Die sjTische Übersetzung der Festbriefsammlung ward, unter Beifügung
einiger andern syrischen Festbrieffragmente, herausgegeben von W. Cureton,
The Festal Letters of Athanasius, London 1848, 8". Eine recht mangelhafte
deutsche Übersetzung des syrischen Textes veröffentlichte F. Larsow, Berlin
1852, 8°. Einen Abdruck des syrischen Textes nebst einer durch eine ita-
lienische Version vermittelten auch nicht sehr zuverlässigen lateinischen
,
Übersetzung gab Mai, Nova Patrum Bibl. 6, Romae 1853, pars 1. Diese
lateinische Übersetzung wurde bei Migne a. a. 0. wiederholt. Auf ein neues
syrisches Festbrieffragment hat G. Bickell, Conspectus rei Syrorum literariae,
Monasterii 1871, 52, aufmerksam gemacht. Über den Vorbericht der syrischen
Übersetzung und seine chronologischen Daten handelte Schwartz in den Nach-
richten von der k. Ges. der Wiss. zu Göttingen, Philol.-hist. Kl., 1904, 333
bis 356; doch vgl. Loofs in den Sitzungsber. der k. preuß. Akad. der Wiss.
1908, 1013—1022. Ein beträchtliches griechisches Bruchstück des 39. Fest-
briefes vom Jahre 367 ward von neuem herausgegeben durch Th. Zahn,
Gesch. des neutestamentl. Kanons 2, Erlangen 1890 1892, 203—212. —
C. Schmidt konnte erstmals zwei gleichfalls beträchtliche Fragmente einer
koptischen (saidischen) Übersetzung des 39. Festbriefes vorlegen, in den ge-
nannten Nachrichten, Philol.-hist. Kl., 1898, 167—203, und 1901, 326—349.
Noch vor Erscheinen des zweiten koptischen Fragments hatte Zahn in der
Festschrift der Universität Erlangen zur Feier des 80. Geburtstages des
Prinzregenten Luitpold von Bayern, Erlangen 1901, ..Athanasius und der
Bibelkanon " (S. 1—36), den 39. Festbrief einer allseitigen Beleuchtung unter-
zogen, und schließlich hat Zahn in seinem Grundriß der Gesch. des neu-
testamentl. Kanons-, Leipzig 1904, Beilage 6, das griechische Bruchstück
dieses Briefes noch einmal rezensiert. Koptische Fragmente anderer Fe.st-
briefe, den Anfang des 1. Briefes vom Jahre 329 (auch syrisch erhalten) und
den Anfang des 25. Briefes vom Jahre 353, veröffentlichte 0. v. Lenim in
'
Siehe Bd 2, S. 214.
» V^l. A. Rahlfs in der Zeitschr. f. die alttestamentl. Wiss. 28, 1908, 63 f.
76 Alexandriner und Ägypter.
London 1905, (54—67 407. Zu den Fragmenten bei Crum 64 — 67 vgl. Lei-
poldt in der Zeitschr. der Deutschen Morgenland. Gesellsch. 60, 1906, 682 f.
Über das unechte lateinische Schriftchen „De ratione paschae" (Migne 28,
1605 —
1.610) siehe weiter unten bei Niceta von Remesiana (§41, 2). Das —
—
Fragment ,üe azymis" (Migne 26, 1327 1332) ist ein Cento aus Traktaten,
welche fälschlich unter dem Namen Johannes' des üamasceners gedruckt sind.
G. Mercati, Lo scritto atanasiano ,De azyniis" e spurio Revue Biblique
—
:
Serap. 1, 17 — 18.
den Kampf des Athanasius gegen den Rationalismus
Vgl. über
der Arianer Atzberger, Die Logoslebre des hl. Athanasius 34 ff.
§ 7. Athanasius. 10. Leliranscliaiuing. 77
'
Vgl. Cavallera, St Athanase « 36 ff.
^ Weiterhin auch äkkoTptooömog, &\>oij.oiooutnoc, ä'yOßoioyzvrjq — vgl. die Worte
des Arius (Thal., bei Äthan., Or. c. Arian. 1, 6) ?.6yog ä/.XoTptog iik'^ xai ä-Mt/ioioq
:
>'>
xai ys.Mva.
*
De syn. 45: r^v obaiav zou -azpdg äpyryj xai pt^av xai Tvryyry^ shai zoö ulo'j.
78 Alexandriner und Ägypter.
beachten, daß das jtvv7j.v bei Gott nicht menschlich aufgefaßt und das
oyLüoüaiog bei Gott nicht körperlich gedeutet werden darf. Das gött-
liche Wesen duldet keine Trennung oder Teilung, und Gott gibt seine
Ehre keinem Zweiten. Der Vater zeugt den Sohn wie die Sonne den
Strahl. Es ist deshalb nicht an eine zweite Usie zu denken, welche
der ersten völlig gleich wäre und alle Eigentümlichkeiten der ersten
teilte (oEy.Tiy.rjV zcuv t/jQ TzpcüzrjQ odaiaQ Idtcüiidzcoy). Eine solche Usie
wäre eine c^vjy odaia, nicht öixoo'joioq, sondern krtpoo'jotoQ. Es handelt
sich nicht um generische Wesensgleichheit, sondern um numerische
Wesenseinheit bei persönlicher Verschiedenheit. Vater und Sohn sind
vollkommen eins diä zrjv kvÖTr^zu z7^q t}euzr]zoQ xac zYjC, (pOaecoQ. Alles,
was der Vater wird durch den Sohn gewirkt, so zwar, daß
wirkt,
der Sohn das ist, womit der Vater vergöttlicht und erleuchtet, rh
SsoTzotbu xac ipwziazixhv zoi) TazpnQ, der Sohn das ist, womit der Vater
seinerseits erleuchtet und schafft, zb (pojziaztxov 'xai drjiuo'jpjuhu zb
loiaizazou zoo 7:azp('iQ. Nicht zwei göttliche Usien, nicht zwei Götter
gibt sondern eine einzige und alleinige Gottheit, piav xa\ fiuvrjV
es,
deÖTTjza,welche im Besitze des Vaters und ebenso unverkürzt auch
im Besitze des Sohnes ist.
Um dieselbe Zeit, aus welcher die „Epistola de synodis" stammt,
wurden auch die „Epistolae ad Serapionem" geschrieben. Athanasius
war auf die Lehre von der Geschöpflichkeit des Heiligen Geistes auf-
merksam gemacht worden, und er hat sofort in dezidiertester Weise
Stellung zu derselben genommen. Der Heilige Geist gehört zur Trinität,
zu der einen Gottheit in der Dreiheit (p.ia i] iv zpiddi ^£(')Z7]q); wie
kann er Geschöpf sein? Die Dreiheit wäre keine Einheit mehr,
ein
die Trinität wäre gemischt aus Schöpfer und Geschöpf (Ep.adSerap. 1, 2).
Die wahre Gottheit des Heiligen Geistes ist ein Lehrsatz der Schrift
und die unerläßliche Voraussetzung der Funktionen des Heiligen Geistes.
Das, was heiligt und erneuert, kann nicht gleichartig sein dem, was
geheiligt und erneuert wird; die Quelle des Lebens für die Kreatur
kann nicht selbst Kreatur sein; der, welcher uns die Teilnahme an
der Natur vermittelt, muß selbst die göttliche Natur be-
göttlichen
sitzen usf. 22 24).
(1, —
Der Heilige Geist geht vom Vater aus und
ist das Eigentum des Sohnes und wird vom Sohne den Jüngern ge-
gegeben (1, 2). Er hat dieselbe Einheit, zyjv aoz-qv k\^öz7]za, mit dem
Sohne wie der Sohn mit dem Vater (1, 2). Er ist das Ebenbild des
Sohnes wie der Sohn das Ebenbild des Vaters (1, 24). Er ist mit
dem Vater und dem Sohne wesenseins, zoo Xuyoo evbg uutoq l'dinv xac
zdTj Ssou evoQ ilvzoQ l'oion x(u bpoo^'jocöv lazc (1, 27). Was immer der
Vater tut, tut er durch den Sohn im H-eiligen Geiste (1, 24 28). So
lehrt der apostolische Glaube (-q d-oazolcxri zcazcg): „Die heilige und
selige Trinität ist unteilbar und in sich selbst geeint. Spricht man
vom Vater, so ist auch der Logos des Vaters da und der Geist, der
§ 8. Ägyptische Mönche. 79
d'histoire eccles. 1, 1900, 226—248. Th. Schermann, Die Gottheit des Hei-
ligen Geistes nach den griechischen Vätern des 4. Jahrhunderts (Stra&burger
theol. Studien 4, 4—5), Freiburg i. Br. 19.01, .47 —
89: „Der hl. Athanasius
d. Gr.** K. Bornhäuser, Die Vergottungslehre des Athanasius und Johannes
Damascenus (Beiträge zur Förderung christlicher Theologie 7, 2), Gütersloh
1903. F. Cavallera, St Athanase (295—373), Paris 1908, 12«; ed. 2 1908.
§ 8. Ägyptische Mönche.
(1. Antonius. 2. Pachomius. 3. Horsiesi und Theodor. 4. Makarius der Ägypter
1. Antonius. —
Antonius suchte schon in jungen Jahren, unter
Verzicht auf ein reiches Erbe, die Einsamkeit einer Wildnis Mittel-
ägyptens auf. Wider seinen Willen ward er aus einem Einsiedler ein
Einsiedlervater; sein Ruf zog Scharen von Menschen an, sein Beispiel
weckte Nachahmung. Am Fuße des Berges Kolzim, nicht sehr weit
vom Roten Meere, erstand eine Kolonie zerstreut liegender Einsiedeleien,
während Antonius auf dem Berge wohnte und von Zeit zu Zeit herab-
kam, um Ansprachen zu halten ^ und Anordnungen zu treffen. Auf
diesem Berge ist er 356 im Alter von 105 Jahren gestorben. Sein
gottbegnadigtes Leben und Wirken beschrieb, wie wir schon hörten,
Athanasius.
Nicht schriftstellerische Tätigkeit, sagt Athanasius zum Schlüsse,
hat Antonius berühmt gemacht, noch weltliche Wissenschaft oder
irgendwelche Kunstfertigkeit, sondern lediglich seine Gottseligkeit-.
Antonius war von Natur aus auf das reichste begabt, hatte aber keine
Schulbildung genossen ^. Wahrscheinlich hat er nicht nur kein Grie-
chisch verstanden, sondern auch in seiner koptischen Muttersprache
weder lesen noch schreiben können. Durch andere Hände jedoch hat
er koptisch wie griechisch korrespondiert, nicht nur mit Mönchen,
sondern auch mit Machthabern und Kaisern.
Athanasius spricht von einem Antwortschreiben an Konstantin und
seine Söhne, welche dem bewunderten Mönche „wie einem Vater"
geschrieben und ausdrücklich um eine Rückäußerung gebeten hatten^:
auch weiß Athanasius von mehreren Briefen warnenden und drohenden
Inhalts an den 340 in Alexandrien eingedrungenen arianischen Bischof
Gregor und den mit diesem eng befreundeten kaiserlichen Dux Ba-
lacius^. Ein jüngerer Zeitgenosse des Athanasius, der ägyptische
Bischof Ammon, teilt einen kurzen, aber interessanten, von der Wieder-
versöhnung des Sünders mit Gott durch aufrichtige Reue handelnden
Brief des hl. Antonius an den Generalabt Theodor und seine Mönche
im vollen Wortlaut mit, aus dem Ägyptischen ins Griechische über-
tragen (bei Migne, PP. Gr. 40, 1065)6. Hieronym.us kennt sieben
Briefe des hl. Antonius an verschiedene Klöster, welche gleichfalls
aus dem Ägyptischen ins Griechische übersetzt worden waren, alle
Eine solche Ansprache an die Mönche, seine , Kinder", aus dem , Ägyptischen",
'
Heiligen aufgenommen (c. 16—43). Freilich zeigt schon der Umfang, daß die An-
sprache in dieser Form nicht vorgetragen worden sein kann.- Anderswo hat Atha-
nasius einzelne Aussprüche des Heiligen in die Erzählung eingeflochten.
2 Äthan., Vita S. Ant. 93.
3 Ebd. 72; vgl. 85. * Ebd. 81.
^ Ebd. 86 ; Hist. Arian. ad raonachos 14.
Vgl. zu diesem Briefe Schiwietz, Das morgenländische Mönchtum 1, 323 ff.
•^
' Hier., De vir. ill. 88: „Antonius monachus misit Aegyptiace ad diversa
. . .
Sicher unecht ist die sog. Regel des hl. Antonius, schon deshalb,
weil Athanasius von einer solchen Regel augenscheinlich keine Kunde
hatte. Auch verdankt die vorliegende Regel nicht einer Hand ihr
Dasein, vielmehr ist sie das Werk von
mindestens zwei Sammlern.
Gedruckt ist sie wiederum
zwei lateinischen Fassungen. Die eine
in
ist aus dem Arabischen übersetzt und 1646 von Abraham Ecchellensis
Oenip. 1871, 16°. Über die , Regulae ac praecepta ad filios suos monachos"
handelte B. Contzen, Die Regel des hl. Antonius (Progr.), Metten 1896, 8".
Die anspruchsvolle Publikation E. Amelineaus: , Monuments pour
servir ä l'histoire de l'Egypte chretienne. Histoire des monasteres de la
Basse-Egypte. Vies des Saints Paul, Antoine, Macaire, Maxime et Doraece,
Jean le Nain etc. Texte copte et traduction fran^aise" (Annales du Musee
Guimet 25), Paris 1894, hat über Antonius sehr wenig Keues gebracht. Siehe
Contzen a. a. 0. 33 u. 45 f. Interessant sind zwei Seiten eines koptischen
Textes mit dem Ende eines dritten, dem vollen Wortlaut eines vierten und
dem Anfang eines fünften Briefes des hl. Antonius bei E. 0. Winstedt, The
original text of one of St Antony's letters The Journal of Theol. Studies 7,
:
19Ö6, 540 —
545. Es sind, wie Winstedt feststellt, die Briefe 6 7 5 der
kleineren griechischen Sammlung, es sind aber zugleich, was Winstedt nicht
gesehen, die Briefe 3 4 5 der gröSeren arabischen Sammlung. Ebendeshalb,
weil die Zählung der Briefe mit derjenigen der arabischen Sammlung über-
einstimmt, wird das Fragment als Rest eines koptischen Textes der arabischen
Sammlung zu betrachten sein und es wahrscheinlich machen, was ohnehin zu
vermuten ist, daß der arabische Text der größeren Sammlung aus dem Kop-
tischen floß. Der erste Brief, nach der Zählung der kleineren und auch der
größeren Sammlung, ist in syrischer Version herausgegeben worden von
F. Nau in der Revue de l'Orient ehret. 14, 1909, 282—297. VermutHch geht
der syrische Text auf ein griechisches Original zurück.
Eines Briefes des hl. Antonius an Athanasius gedenkt die vorhin an-
gezogene Vita S. Pachomii 77 (Acta SS. Maii 3, Antverp. 1680, 45*). Kop-
tische Fragmente eines Briefes an den Generalabt Theodor und seine Mönche
und eines Briefes an Athanasius bei J. A. Mingarelli, Aegyptiorum codicum
reliquiae Venetiis in bibliotheca Naniana asservatae, Bononiae 1785, 4°.
—
CXCVIII CCV mit nachträglichen Bemerkungen Mingarellis bei J. Guaz-
;
zugli, SS. PP. Basilii Magni et loannis Chrysostomi homiliae selectae, Bono-
§ 8. Ägyptische Mönche, 2. Pachomius. 83
niae 1786, 16", 331—372. Vgl. R. Pietschmann in den Nachrichten von der
k. Ges. der Wiss. zu Göttingen, Philol.-hist. Kl., 1899, 101 f.
2. Pachomius. —
Die Mönchsgemeinde des hl. Antonius trug
noch ein halberemitisches Gepräge. Pachomius ward der Stifter der
Cönobiten, „fundator Aegypti coenobiorum" ^ Er gründete Klöster,
in welchen eine größere Anzahl von Mönchen unter einem Obern
nach einer gemeinsamen Regel lebte, zuerst, um 318, ein Kloster zu
Tabennisi in der oberen Thebais am rechten Ufer des Nil, später an
andern Orten noch acht Klöster für Männer und zwei Klöster für
Frauen. Er selbst leitete den ganzen Kloster verband als General-
oberer, bis er am 9. Mai 346 der Pest zum Opfer fiel. Viten in zahl-
reichen Sprachen verkünden seinen Ruhm.
Die schriftliche und ohne Zweifel koptisch abgefaßte Regel,
welche Pachomius seinen Mönchen gab, hat anfänglich nur wenige
Punkte umfaßt, ist aber nach und nach, aus Anlaß neuer Erfahrungen
und neuer Bedürfnisse, verschiedentlich erweitert worden. Bis zu der
ursprünglichen Form wird die Forschung schwerlich noch vordringen
können. Sehr mit Unrecht haben Amel in eau, Grützmacher u.a.
die sog. Engelsregel, eine kurze Sammlung von Satzungen, welche
ein Engel auf eherner Tafel dem Klostergründer überbracht haben
soll und welche Palladius in ihrer reinsten Fassung aufbewahrt hat 2,
für die ursprüngliche oder relativ älteste Form der Pachomius Hegel
gehalten. Diese Engelsregel enthält sogar Bestimmungen, welche laut
zuverlässigeren Quellen wenigstens zu Lebzeiten des hl. Pachomius
und seiner ersten Nachfolger niemals Geltung gehabt haben 3. Über
die Gestalt der Pachomius-Regel um 400 aber sind wir um so ge-
nauer und ausführlicher unterrichtet. Eine griechische Version des
koptischen Originals hat Hieronymus im Jahre 404 ins Lateinische
übersetzt, nachdem ein Angehöriger des pachomianischen Klosters zu
Canopus bei Alexandrien ihm vorgestellt hatte, daß sich in den Klöstern
der Thebais und auch zu Canopus viele des Griechischen wie des Kop-
tischen unkundige Lateiner befänden. Die Übersetzung ist erhalten
geblieben*, und sie zeigt, daß die Regel aus vier Teilen bestand,
welche sich rein äußerlich aneinander reihten und sich nicht selten
in Wiederholungen ergingen. Es waren nur zwei gemeinschaftliche
Gebetsübungen, am Morgen und am Abend, vorgeschrieben die übrige ;
Zeit des Tages war der Arbeit geweiht, welche freilich selbst wieder
'
Gennad., De vir. ill. 7.
* nach der Kapitelabteilnng der Ausgabe Butlers.
Pallad., Hist. Laus. 3'2,
1898, 17 flf) möchte Gennadius aus einer andern, sonst ganz unbekannten Über-
setzung schöpfen lassen. Siehe vielmelir Ladeuze a. a. 0. 112 f.
3 Acta SS. Maii 3, Antverp. 1680,, 41* (c. 68).
§ 8. Ägyptische Mönche. 3. Horsieai und Theodor. 85
Die sog. Engelsregel, bei Pallad., Hist. Laus. 32, findet sich, besser ge-
ordnet, auch bei Sozom., Hist. eccl. 3, 14. Nahe verwandt ist der griechische
Text bei Card. Pitra, Analecta sacra et classica, Paris. 1888, 1, 112—113.
Zwei längere griechische Rezensionen, die eine bei den Bollandisten a. a. 0. 62*
bis 63*, abgedruckt bei Migne, PP. Gr. 40, 947—952, die andere bei Pitra
a. a. 0. 113—115, treten dem von Hieronymus ins Lateinische übersetzten Texte,
Migne, PP. Lat. 23, 61 — 86,
an die Seite. Von den drei äthiopischen
Pachoniius-Regeln bei A. Dillmann, Chrestomathia Aethiopica, Lipsiae 1866,
—
57 69, deckt sich die erste im wesentlichen mit der Eiigelsregel bei Palla-
dius und Sozomenus; die zweite berührt sich nahe mit dem von den Bollan-
disten herausgegebenen griechischen Texte, während die dritte, ein Strafkodex,
keine Parallele hat und wohl erst auf äthiopischem Boden erwachsen ist.
Eine deutsche Übersetzung dieser äthiopischen Regeln gab E. König in den
Theo). Studien und Kritiken 51, 1878, 323—337; eine englische G. H. Schodde
in The Presbyterian Review 6, New York 1885, 678 689; eine französische—
R. Basset in seiner Sammlung Les Apocryphes ethiopiens traduits en fran^ais,
:
von älteren Kritikern vermutet worden; voll und ganz aber dürfte
dem Tatbestande erst die Annahme gerecht werden, daß Hieronymus
gleichzeitig mit dem „praecepta Pachomii" drei, und zwar die drei
von Gennadius erwähnten Briefe Theodors und das Buch Horsiesis
übersetzt hat.
Die drei Briefe Theodors verfolgten laut Gennadius wenigstens zum
Teil den Zweck, den Geist des Aufruhrs zu beschwichtigen, welcher
im Schöße des Klosterverbandes ausgebrochen war. Der eine noch
vorliegende Brief, „ad omnia monasteria de pascha" überschrieben 2,
mahnt in schönen Worten zur einmütigen Feier des bevorstehenden
Osterfestes. Alle sollen teilnehmen: „Omnes nos, senatus filiorum
Israel, et cum eis secundi veniamus ad pascha." Die „catechumeni
qui sint in monasteriis" —
das werden die Postulanten oder Kandi-
daten sein —
sollen „lugere antiqua peccata et praeparare se sancti-
ficationi (sanctificatione?) animarum et corporum, ut possint sustinere
sanguinem et corpus Domini Salvatoris". Übrigens besitzen wir auch
noch einen kleinen Brief Theodors im griechischen Texte, und der
griechische Text dürfte in diesem Falle das Original gewesen sein.
Es ist eine an die Mönche des nitrischen Gebirges gerichtete Mahnung,
den Arianern gegenüber festzustehen im Glauben der Kirche, auf-
bewahrt durch den ägyptischen Bischof Ammon^.
Die „Doctrina de institutione monachorum" will in 56 Kapiteln
den Mönch über seine Pflichten unterweisen. Laut dem Schlußworte
ist sie im Angesichte des Todes geschrieben, und Gennadius nennt sie
deshalb ein Testament. An der Autorschaft Horsiesis ist nach dem
Gesagten nicht zu zweifeln. Anders verhält es sich mit dem Horsiesi
zugeschriebenen, auch nur lateinisch bekannten „Libellus de sex cogi-
tationibus sanctorum"*. Er war Gennadius unbekannt. Er ist über-
haupt von allen Zeugen verlassen.
Die vorhin erwähnten „Vitae S. Pachomü' gehen fast ohne Ausnahme
auch auf das Leben und Wirken Theodors ein. Außer den Schriften von
Amelineau, Grützmacher, Ladeuze, Schiwietz vgl. etwa R. Pietschmann,
Theodorus Tabennesiota und die sahidische Übersetzung des Osterfestbriefs
' Migne, PP. Lat. 103, 453—476, aus dem , Codex Regularum" Benedikts von
Aniane; auch Migne, PP. Gr. 40. 869—894.
* Ich halte diesen in den Hieronymus- Ausgaben gedruckten Brief für einen der
drei von Gennadius besprochenen Briefe. Anders Czapla, Gennadius als Literar-
historiker 21 f.
Es
''
Mißverständnis dieses Namens, wenn Sokrates (a. a. 0.
ist jedenfalls ein
4, 23) schreibt, der Alexandriner sei, im Gegensatz zu dem ^austeren" Wesen des
;
tischen Wüste und auch im nitrischen Gebirge eine Zelle hatte. Mit
dem Ägypter war er durch innige Freundschaft verbunden. Auch er
ward zum Priester geweiht, ward in reichem Maße mit höheren
Gnadengaben ausgerüstet, ward als Greis noch in die Verbannung
geschickt. Der Ägypter und der Alexandriner sind es, von denen
Palladius sagt —
und Palladius hatte selbst neun Jahre in der Cellien-.
wüste zugebracht: „Die vielen und großen und unglaublichen Taten
der beiden Makarii, jener gefeierten Männer, scheue ich mich fast zu
erzählen und aufzuzeichnen, um nicht etwa in den Ruf eines Lügners
zu kommen." ^
Von Schriften des Ägypters und des Alexandriners ist bei Palladius
und den alten Mönchsbiographen überhaupt nicht die Rede. Gennadius,
der Literarhistoriker, macht Mitteilung von einem Lehrschreiben des
berühmten ägyptischen Mönches Makarius an jüngere Mönche 2. Ob
er von dem Ägypter oder von dem Alexandriner spricht denn an —
sie ist zweifelsohne zunächst zu denken —
lassen die Worte „Macarius
,
Ägypters, ein sehr liebenswürdiger Mann gewesen. Sozomenus (Hist. eccl. 3, 14) hat
das Richtige ö /xkv Alj'ÜTZTtog, 6 dk noXcTixog wg dardg tunofid^ero ijv j'äp tiu yivec
:
•
Wke^avdpsiig.
* Pallad., Hist. Laus. 17. —
Aus koptischen Quellen hat Amelineau in den Annales
du Musee Guimet 25 (1894) neues biographisches Material über die beiden Makarii
—
erhoben: eine „Vie de Macaire de Scötö" (46 117) nebst ,Vertus de S. Macaire"
— —
(118 202) und „Apophthegmes sur S. Macaire" (203 234) und ein Fragment
einer „Vie de Macaire d'AIexandrie" (235 —
261), koptisch und französisch. Das
erste und wichtigste der vier Stücke liegt auch sjTisch vor (bei Bedjan, Acta mar-
—
tyrum et sanctorum 5, 1895, 177 262) und scheint von einem Mönche des 4. Jahr-
hunderts mit Namen Sarapamon oder Sarapammon verfaßt zu sein (vgl. Butler,
The Lausiac History 1, 220; der Name , Sarapammon", welchen Butler, auch 2, 214,
für einen Fehler statt „Sarapion" halten möchte, kam in Ägypten häufig vor; vgl.
außer Pape-Bfenseler, Wörterbuch der griech. Eigennamen, Äthan., Ap. c. Arian. 79
Hist. Arian. ad mon. 12). Aber selbst dieses Stück gewährt doch nur wenig histo-
rische Ausbeute.
'^
Gennad., De vir. ill. 10.
^
*
J. B. Chabot, De Ninivitae vita, scriptis et doctrina, Lovanii 1892, 71.
S. Isaaci
Über das Leben Isaaks —
Chabots Aufstellungen sind hinfällig geworden s. —
R. Duval, La litterature syriaque ', Paris 1907, 225 f Auf Zitate aus einem Ma-
karius in der arabischen Bearbeitung der Schriften Isaaks hatte schon Assemani
(Bibl. Or. 1, Romae 1719, 448) aufmerksam gemacht. Über eine Makarius-Spur
in der griechischen Bearbeitung s. J. Kunze, Marcus Eremita, Leipzig 1895, 202.
* In einer Wiener Handschrift sind sie betitelt: y-otpäkaia toü äyiou Ma/.apiou
ߣra<ppa(rd-ivTa r.apä Iqituiv to'j XoyoßivTou (sie). Floß, Macarii Aegyptii epistolae,
homiliarum loci, preces, Coloniae 1850, 235. Ob übrigens der Logothet für seine
Exzerpte nur die Homilien und nicht auch andere Makarius-Schriften benützte,
bleibt zu untersuchen.
' Für die Korrektur des sehr verwahrlosten Textes der editio princeps ist noch
sehr wenig geschehen. Floß (a. a. 0. 221—231; vgl. 233—234) hat nach einer
Berliner Handschrift die Homilien 5 und 50 ergänzt und diese Nachträge auch dem
Abdruck bei Migne eingefügt. Stiglmayr (Stimmen aus Maria-Laach 1911, 1, 414
bis 427) hat mannigfache Interpolationen von der Hand eines Byzantiners in dem
Text der Homilien konstatiert. Sieben weitere Makarius-Homilien in einem codex
Baroccianus der Bodleiana (Fabricius-Harles, Bibl. Gr. 8, Hamb. 1802, 362 =^ Migne
34, 393 —
394) sind, soviel ich weiß, bis zur Stunde noch unediert.
* Vgl, C. Gore im Journal of Theol. Studies 8, 1907, 85—90.
Diese Gebete wurden zuerst nach einer Wiener Handschrift von Floß, Macarii
'
* Die Apophthegmata bei Migne 34, 235—262 stehen auch wieder bei Migne
65, 257—282. Vgl. zu denselben Butler, The Lausiac History of Palladius 1, 214.
' Zur handschriftlichen Überlieferung dieses Sermo vgl. Floß a. a. 0. 242 S.
Floß legt Gewicht darauf, daß ein Wiener Kodex den Sermo , nicht Makarius,
sondern einem Asketen Alexander" zuschreibe. Mir will die Aufschrift roö äyLou
Toü äaxTjToö koyog fast wie eine Verschlimmbesserung für roö dyiou
\\Xt^6.'i>dpou
Maxapiou to'3 WXz^avdpiwg küyog vorkommen. Vermutlich deckt sich unser Sermo
mit der syrischen , Offenbarung des Makarius" bei 0. Braun, Moses Bar Kepha und
sein Buch von der Seele, Freiburg i. Br. 1891, 149 150 155.
92 Alexandriner und Ägypter.
bis 78. J. Stoffels, Die mystische Theologie Makarius' des Ägypters und
die ältesten Ansätze christlicher Mystik, Bonn 1908, 8". Ders., Makarius
der Ägypter auf den Pfaden der Stoa: Theol. Quartalschrift 92, 1910, 88 — 105
243—265. J. Stiglmayr, Altchristhche Mystik: Theol. Revue 1909, 234—240.
Ders., Der Mystiker Makarius und die „Weltweisen', insbesondere Sokrates:
—
Der Katholik 1910, 2, 55 59. Ders., Bilder und Vergleiche aus dem byzan-
tinischen Hofleben in den Homilien des Makarius Stimmen aus Maria-Laach
:
daß nicht bloß der lange zweite Brief, sondern auch die Homilien fälschlich
Makarius beigelegt werden.
und von Gregor von Nazianz zum Diakon geweihte Mit letzterem,
so scheint es, kam er 379 nach Konstantinopel und verblieb dort
auch nach der Heimkehr Gregors noch eine Zeitlang an der Seite
des Patriarchen Nektarius. Redegewandt und theologisch geschult,
erntete er als Prediger über die dogmatischen Kontroversfragen der
Zeit reichen
Beifall. Gefahren, welche seiner Tugend drohten, be-
stimmten ihn indessen, Konstantinopel zu verlassen, und nach kurzem
Aufenthalt zu Jerusalem begab er sich 382 nach Ägypten, um durch
ein Büßerleben sein Seelenheil zu sichern. Einen Bischofssitz, welchen
Theophilus von Alexandrien ihm anbot, schlug er standhaft aus 2. Er
wohnte teils im nitrischen Gebirge teils in der Cellienwüste. Sokrates
nennt ihn einen Schüler der beiden Makarii^. Durch Schreibertätig-
keit verdiente er sich seinen Unterhalt. Im 54. Lebensjahre ist er
399 gestorben*.
Die Bemerkung, daß Evagrius durch Schreiben die Kosten seines
Unterhaltes bestritt, wird in der „Historia Lausiaca" durch den Zu-
satz erläutert, derselbe habe „die spitzschnauzige Schrift" sehr zier-
lich zu handhaben verstanden, rbv o^üpuyyov yapay.zr^pa, d. i. die seit
dem 3. Jahrhundert neben der kreisrunden Unziale in Aufnahme ge-
kommene ovale Unziale mit der Neigung zu Spitzen s. Daran an-
knüpfend, haben neuere Gelehrte die Vermutung vertreten, Evagrius
Pontikus sei wohl jener „Evagrius", welcher laut handschriftlichen
Angaben Editionen der paulinischen Briefe, der Apostelgeschichte und
der katholischen Briefe in Sinnzeilen veranstaltet hat^. Jetzt dürfte
die Angabe ein, Gregor von Nyssa habe Evagrius zum Diakon geweiht. Nach dem
ursprünglichen Texte und ebenso nach Sokrates und andern Gewährsmännern war
es vielmehr Gregor von Nazianz. Vgl. Butler, The Lausiac History 2, 117 217.
» Socr., Hist. eccl. 4, 23. ^ gbd.
Über Lebensbeschreibungen des Evagrius in verschiedenen Sprachen s. Zöckler,
*
Evagrius Pontikus, München 1893, 92 ff, und Butler a. a. 0. 1, 88 ff 101 ff 131 ff.
Soweit dieselben bisher untersucht wurden, erwiesen sie sich samt und sonders als
Überarbeitungen und Ausschmückungen des Evagrius betreffenden Kapitels der
„Historia Lausiaca". Zöcklers Annahme, daß Palladius selbst außer diesem Kapitel
noch ein ausführlicheres Lebensbild des Evagrius geschrieben habe, von welchem
auch wenigstens noch ein Bruchstück erhalten sei, ist verfehlt (Butler a. a. 0. 131 ff).
würden, von welchen freilich der erste, hpd, sonst nicht nachzuweisen ist. Der
Butlersche Text kann wohl nur von einer in mehrere Bücher zerfallenden Schrift
und zwar von dem .hTcppr^zcxog anderer Zeugen verstanden werden, welcher freilich
nicht drei, sondern acht Bücher umfaßt hat.
' Soor., Hist. eccl. 4, 23. Gennad., De vir. ill. 11.
•
Das Plus des lateinischen Stückes gegenüber dem griechischen Traktate,
Migne 40, l'^75— 1278, ist wohl aus anderweitigen Evagrius-Schriften geschöpft.
Vgl. Elter, Gnomica 1, Lipsiae 1892, il.
^ Die griechischen Termini lauten: yaffrpcaapyia , nop'^zia, yt/.upyupia , /.•Jirrj^
'
Bei Cassian (Collat. 5, 18) erklärt ein sketischer Mönch namens Serapion
,Octo esse principalia vitia quae impugnant monachum cunctorum absoluta sententia
est." Über den Ursprung der Theorie vgl. Zöckler, Das Lehrstück von den sieben
Hauptsünden, München 1893, 15 ff. Schiwjetz, Das morgenländ. Mönchtum 1, 266 ff.
* Über Rufins Übersetzungen von Evagrius-Schriften vgl. außer Gennad., De
vir. ill. 11 u. 17, auch Hier., Ep. 133, ad Ctesiphontem, 3.
^ Zwei verschiedene Auszüge aus dem ursprünglichen Texte sind hier neben-
einandergestellt. Vgl. Zöckler, Evagrius Pontikus 25.. Preuschen in der Theol.
Literaturzeitung 1894, 486.
^ Zöckler a. a. 0. 22 ff.
* In der Doctrina Barsanuphii circa opiniones Origenis, Evagrii et Didymi,
Migne, PP. Gr. 86, 1, 892 893 897, wird das Werk wirklich -pwazr/.d genannt, and
96 Alexandriner und Ägypter.
ketten, die eine von Rufinus, die andere von einem Unbekannten s. A. Wilmart,
;
Les versions latines des sentences d'Evagre pour les vierges: Revue B^n^d. 28,
1911, 143—153.
3 Zückler (Evagrius Pontikus 31 f) sprach sich gegen einen Zusammenhang der
'
Und außerdem zum Schluß einen Brief an Melania, vielleicht eben jenep
Brief, von welchem Hieronymus (Ep. 133, 3) spricht; s. die Beschreibung des
Manuskriptes bei Wright a. a. 0. 2, —
445 449.
Vgl. Elter, Gnomica 1, xlvii ff. Über die Sextus-Sprüche s. Bd 2, S. 581.
' Hier., Ep. 133, 3; Dial. adv. Pelag., prol. : Comm, in Ter. 1. 4, prol.
*
Daß dieses Werk das corpus delicti bildete, ergibt sich deutlich aus der vor-
hin angezogenen ,Doctrina Barsanuphii". Auch ist bemerkenswert, daß der nesto-
rianische Archimandrit Babäus (gest. 628) seinem Kommentare über die , Gnostischen
Probleme" eine ausführliche ^praefatio" voraufschickte, Jn qua Evagrium ab errore
Origenistarum vindicare couatur" (Assemani a. a. 0. 3, 1, 95 — 96).
" Vgl. Bd 2, S. 154 ff.
1270). Ein Scholion zi; xo Hill), d. i. über das heilige Tetragramm (IIIIH ist
Nachbildung der Buchstaben -i-*, von links nach rechts gelesen) war schon bei
Migne, PP. Lat. 23, 1275 —
1280, gedruckt worden. —
Das letztgenannte Scholion,
von sehr zweifelhafter Echtheit (über den Inhalt vgl. Zöckler, Evagrius Pontikus
32 f 73 f), ward von neuem herausgegeben durch P. de Lagarde, Onomastica
Sacra, Gottingae 1870, 1, 205—206 (ed. 2 1887). —
Vier kleinere Sentenzen-
reihen wurden von neuem rezensiert durch A. Elter, Gnomica 1. Sexti Pytha-
gorici, Clitarchi, Euagrii Pontici sententiae, Lipsiae 1892, XLVII LIV. Es —
sind 1. das gnoniische Alphabet unter des Nilus Namen bei Migne, PP. Gr.
79, 1249 — 1252; 2. die Spirituales sententiae per alphabetum dispositae bei
Migne 40, 1267—1270: 3. die Aliae sententiae bei Migne 40, 1269—1270;
4.eine kleinere nichtalphabetische Sentenzenreihe, welche bei Migne fehlt.
Das erste Stück dürfte Elter mit Recht unter dos Evagrius Namen gestellt
haben; in den Handschriften werden Evagrius und sein geistesverwandter
jüngerer Zeitgenosse Nilus häufig miteinander vertauscht s. Zöckler a. a 0.
;
43 ff. Alle vier Stücke aber sind wohl nicht Originaltexte, sondern Flori-
legien aus größeren Sentenzensammlungen des Evagrius.
Über syrische Evagrius-Schriften s. Zöckler a. a. 0. 34 ff. Zöckler
schöpft, offenbar selbst des Syrischen unkundig, aus Assemanis Bibliotheca
Orientalis, aus Wrights Catalogue of Syriac Manuscripts in the British
Museum und aus Mitteilungen Baethgens über syrische Handschriften zu
Berlin. Der Bibliotheca Orientalis entnimmt Zöckler außerdem auch einige
Angaben über arabische Evagriana. Die armenische Überlieferung bei
B. Sarghisean, Des heiligen Vaters Evagrius Pontikus Leben und Werke,
in einer armenischen Übersetzung des 5. Jahrhunderts mit Einleitung und
Anmerkungen herausgegeben, Venedig 1907, 8°. (Armenisch.) Vgl. S. Weber
in der Lit. Rundschau 1910, 86 f. Von der im Armenischen des Evagrius
Namen tragenden und auch von neueren Forschern Evagrius zugeschriebenen
Didascalia 318 Patrum ist bei Athanasius, S. 60, die Rede gewesen. Bon-
wetsch ist nicht abgeneigt, die georgisch unter Hippolyts Namen über-
lieferte, aber jedenfalls erst gegen Ende des 4. Jahrhunderts verfaßte Schrift
,Über den Glauben" (oder über die Trinität) Evagrius zuzueignen; s. Bon-
wetsch in den Texten und Untersuchungen usf. 31, 2, Leipzig 1907, 8 ff.
0. Zöckler, Biblische und kirchenhistorische Studien, Heft 4. Evagrius
Pontikus. Seine Stellung in der altchristlichen Literatur- und Dogmen-
geschichte, München 1893, 8". Vgl. die Referate über Zöcklers Schrift von
E. Preuschen in der Theol. Literaturzeitung 1894, 485—488, und von J. Drä-
seke in der Zeitschr. f. wiss. Theol. 37, 1894, 125—137. —
Der Abt Isaias,
dessen mystisch angehauchte Schriften bei Migne 40, 1105—1214, unmittelbar
vor den Evagrius-Schriften stehen, ist mit Unrecht früher in das 4. Jahr-
hundert gesetzt worden. Er war im 5. Jahrhundert ein hervorragender Ver-
treter des Monophysitismus, starb erst 488 und fand in Zacharias Rhetor
einen Biographen.
1. Leben. —
Serapion ^ Bischof von Thmuis in Unterägypten,
zählte zu den vielen ägyptischen Bischöfen, welche früher die Stellung
'
Die Griechen pflegen Sarapion zu sprechen, die Lateiner Serapion. Vgl.
Butler, The Lausiac History of Palladius 2, 213,
§ 9. Serapion von Thmuis. 1. Leben. 2. Schriften. 99
Sardika teilnahmen und für die Sache des hl. Athanasius eintraten (Äthan., Ap,
c. Arian. 50).
'
Mai, Classici auctores 5, Romae 1833, 364—365.
- Mai, Spicilegiuin Roraanum 4, Romae 1840, Praef. XLV— Lxvii; vgl. xli.
^ Vgl. vorhin S. 64.
* I. Basnage, Thesaurus monumentorum eccl. et bist. 1, Antverp. 1725, 35 —55.
^ In Ausgabe der Titus-Schrift verwies de Lagarde dieses Stück als
seiner
Fragment einer anderweitigen Schrift gegen die Manichäer in einen Anbang: Titi
Bostreni quae ex opere contra Manichaeos edito in codice Hamburgensi servata sunt
graece, e recogn. P. A. de Lagarde, Berol. 1859, 69—103; vgl. in.
* Dräseke, Gesammelte patristische Untersuchungen, Altona 1889, 1 24.
J. —
' Pitra, Analecta sacra et classica 1, 44 if.
' A. Brinkmann, Die Streitschrift des Serapion von Tbmuis gegen die Manichäer:
Sitzungsberichte der k. preuß. Akad. der Wiss. zu Berlin 1894, 479 491.
§ 9. Serapion von Thmais. 3. Enchologium. 101
binden der Handschrift, sind nicht weniger als drei Viertel der Schrift
Serapions in die Schrift des Titus hineingetragen worden. Die Lücke
des umlaufenden Textes der Schrift Serapions (c. 25 z. Schi.) ist
jetzt ausgefüllt; zwischen dem alten und dem neuen Stücke besteht
die vollkommenste -schriftstellerische Verwandtschaft S auch ein altes
Zitat aus dem neuen Teile wird unter Serapions Namen eingeführt 2.
Ein kleiner Schaden läßt sich nicht mehr heilen: der genannte Qua-
ternio hat ein Blatt eingebüßt. Der Schrift Serapions ist aber der
Teil wiedergegeben, welcher ihren eigentlichen Kern bildete. Nun-
mehr ist sie, um mit Brinkmann zu reden, „eine zwar nur auf die
Hauptpunkte des manichäischen Religionssystems eingehende, diese
aber mit großer Energie und viel Rhetorik, mit unverächtlichem
Scharfsinn und nicht ohne philosophischen Geist bekämpfende Schrift" ^.
Die Schrift gegen die Manichäer ist so, wie sie 1725 von Basnage ediert
wurde, abgedruckt worden bei Gallandi, Bibl. vet. Patrum 5, Venet. 1769,
52—62; bei Migne, PP. Gr. 40, Paris. 1863, 899—924. Ein Herausgeber
des vollständigen Textes, so wie er von Brinkmann wiederhergestellt wurde,
hat sich noch nicht gefunden. —
Bei Migne 40, 923 942, folgt ein Abdruck —
der zwei von Mai entdeckten Briefe, an Bischof Eudoxius und an alexan-
drinische Mönche. —
P. Martin bei Pitra, Analecta sacra 4, Paris. 1883,
— —
214 215 443 444, hat drei kleine syrische Fragmente unter Serapions
Namen herausgegeben, deren Echtheit vorläufig dahingestellt bleiben muß:
,ex homilia de virginitate", „ex epistola ad episcopos confessores" und einen
Satz „incerti loci".
getreten. In der Tat enthält die Schrift selbst keine Zeile, welche auf einen
christlichen Autor schließen ließe. Sie beschränkt sich darauf, vom Stand-
punkte eines Platonikers aus die Widersprüche, Inkonsequenzen und Ab-
surditäten des manichäischen Systems darzulegen (oja i'tonot tr.t-7.i, c, 19).
Sie scheint bereits um 300 yerfaßt worden zu sein, nicht lange nach dem
Auftreten Manis, als die ersten Apostel des Manichäismus nach Ägypten
kamen (vgl. c. 2). Zuerst ward sie von Fr. Combefis, Bibl. Graec. Patr.
auctarium novissimum, Paris. 1672, 2, 3—21, herausgegeben und bei Gallandi.
Bibl. vet. Patr. 4, Venet. 1768. 71—88, sowie bei Migne, PP. Gr. 18, Paris.
1857, 411 —
448, abgedruckt. Combefis schöpfte aus jüngeren Kopien. Brink-
mann erst ist auf den Mediceus zurückgegangen und hat zum ersten Male
einen wirklich lesbaren Text gegeben. Der zweite Teil dieses Mediceus
enthält ein im 9. Jahrhundert zusammengestelltes , Corpus scriptorum anti-
manichaeorum", und vielleicht hat die vorhin gelegentlich der Schrift Serapions.
erwähnte Genueser Handschrift bzw. ihr Archetypus einmal ein Ganzes mit
dem Mediceus gebildet (Brinkmann a. a. 0. Praef. XXX).
5. Petrus II. von Alexandrien (373 381). — —
Fünf Tage vor seinem
Tode (2.Mai 373) hatte Athanasius den alexandrinischen Presbyter Petrus zu
seinem Nachfolger vorgeschlagen, und Klerus und Volk hatten diese Desi-
gnation mit lautem Beifall entgegengenommen. Anläßlich der Thronbesteigung
des neuen Patriarchen brach jedoch unter den Auspizien des Kaisers Valens
eine förmliche Verfolgung der Nicäner oder Katholiken aus. Der Arianer
Lucius drang in die alexandrinische Kirche ein, Petrus mußte flüchten, viele
•
Bischöfe, Priester und Diakonen, auch viele Mönche, darunter die beiden
Makarii, wurden ins Exil geschickt. In einem ergreifenden Rundschreiben,
einem Seitenstück zu seines Vorgängers „Epistola ad episcopos encyclica",
machte Petrus den Bischöfen der katholischen Christenheit über das Vor-
gefallene Mitteilung. Theodoret von Cyrus (Hist. eccl. 4, 19) hat ein aus-
führiiches Exzerpt aufbewahrt (Migne, PP. Gr. 33, 1275—1292). Bald
darauf, 373 oder 374, verließ Petrus Ägypten, um sich nach Rom zu Papst
Damasus zu begeben, wo er mehrere Jahre verblieb. Auch einer um das
Jahr 375 zu Rom veranstalteten Synode gegen die Apollinaristen wohnte
er persönlich bei, und gleich nach dieser Synode schrieb er einen, wie es
scheint, hauptsächlich die Lehre der Apollinaristen betreffenden Brief „ad
episcopos, presbyteros atque diaconos qui sub Valente imperatore Diocaesa-
ream fuerant exules missi" (Fac. Herm., Pro defens. trium capit. 11, 2) —
elf ägyptische Bischöfe, so besagte das genannte Rundschreiben, waren nach
Palästina, ,in die von den christusmörderischen Juden bewohnte Stadt mit
Namen Diocäsarea", verwiesen worden. Aus diesem Briefe hat Fakundus
von Hermiane (a. a. 0. 4, 2; 11, 2) einige kleine Stellen in lateinischer Über-
setzung mitgeteilt (von den vier Fragmenten bei Migne 33, 1291 1294, sind—
die zwei letzten zu streichen, weil sie bei Fakundus nicht Petrus, sondern
Athanasius in den Mund gelegt werden). In dem gleichen Zusammenhange
hat Fakundus (a. a. 0. 4, 2) aus einem über Apollinaris handelnden Briefe jener
Konfessoren zu Diocäsarea an die nitrischen Mönche ein Zitat ausgehoben.
Im Jahre 378 ist Petrus, obwohl Valens noch lebte, nach Alexandrien zurück-
gekehrt und dort ist er gegen Anfang des Jahres 381 gestorben (über das
Datum 8. Rauschen, Jahrbb. der christl. Kirche unter dem Kaiser Theodosius
d. Gr. 116). In dem Leben Gregors von Nazianz wird er uns noch einmal
begegnen. Vgl. W. Bright im Dictionary of Christian Biography 4, 334 bis
336. Üher Lucius, den arianischen Gegenbischof, vgl. Bright ebd. 3, 753
bis 754. Hieronymus, den Bright gar nicht anzieht, weiß von Lucius zu
melden: „Exstant eius solemnes de pascha ej)istolae et pauci variarum hypo-
1()4 Alexandriner und Ägypter.
theseon libri" (De vir. ill. 118). Ein dogmatisches Fragment „des Arianers
Lucius von Alexandrien", iv. toö sie to -aV/a äoyoo, in der Doctrina Patrura
de incarnatione Verbi, ed. Diekamp, Münster i. W. 1907, 65.
6. Timotheus von Alexandrien (381 —385). —Als literarische Reli-
quien des Bruders und Nachfolgers Petrus' IL, Timotheus, welcher bereits am
20. Juli 385 starb, gibt Migne, PP. Gr. 33, 1295—1310, ,Responsa canonica",
kirchenrechtliche oder moralistische Bestimmungen in Form von Fragen und
Antworten, überliefert durch die kanonistischen Sammelwerke der griechischen
Kirche, und einen kurzen, überaus schmeichelhaften Brief an Diodor von
Tarsus, in lateinischer Übersetzung aufbewahrt durch Fakundus von Her-
miane (Pro defens. trium capit. 4, 2). Die ,Responsa canonica" sind von
neuem, und zwar viel reicher und umfassender, als sie bisher bekannt waren,
von Kardinal Pitra, Iuris eccles. Graecorum hist. et monum. 1, Romae 1864,
—
630 645, herausgegeben worden. Ob freilich der bisherige Text lückenhaft
oder aber der neue Text interpoliert ist, wird noch zu prüfen sein. Irrtümlich
schreibt Sozomenus (Hist. eccl. 6, 29) dem Patriarchen Timotheus die Ab-
fassung einer Serie von Mönchsbiographien zu. Es läßt sich nachweisen,
daß Sozomenus die noch erhaltene, griechisch von E. Preuschen, Palladius
und Rufinus. Gießen 1897, veröffentlichte „Historia monachorum in Aeg}^to''
—
im Auge hat (s. Butler, The Lausiac Histor}' of Palladius 1, 51 58), welche
zwar unbekannter Herkunft ist, jedenfalls aber erst nach dem Tode des
Patriarchen verfaßt sein kann, weil ihre Mitteilungen sehr häufig und ziemlich
weit über das Jahr 385 hinabgehen. Ansprechend erscheint die Vermutung
Butlers (a. a. 0. 1, 277), Sozomenus habe den Patriarchen Timotheus von
Alexandrien verwechselt mit jenem Archidiakon Timotheus von Alexandrien,
welcher 412, nach dem Tode des Patriarchen Theophilus, im Namen einer
Minorität für den Patriarchenstuhl kandidierte (Socr. Hist. eccl. 7
, , 7).
Näheres über diese „Historia monachorum in Aegypto" soU später noch,
gelegentlich der „Historia Lausiaca" des Palladius, beigebracht werden (vgl.
auch schon unten, bei Rufinus von Aquileja, § 37, 31). Ein unter dem Namen
des Patriarchen Timotheus umlaufender Bericht über die zum Teil recht selt-
samen Wunder des ägyptischen Nationalheiligen Menas ist griechisch, nach
einer Moskauer Handschrift, von J. Pomjalovskij, St Petersburg 1900, ver-
öffentlicht worden, nachdem 1897 schon eine slavische Bearbeitung gedruckt
worden war. ,Die Autor- und Echtheitsfrage bedarf um so mehr der Unter-
suchung, als auch die Sprache nicht recht zu einer so frühen Zeit zu passen
scheint", schrieb Krumbacher in der Byzant. Zeitschr. 10, 1901, 344.
Dieser Wunderbericht ist in den Handschriften nicht selten mit dem Mar-
tyrium des hl. Menas verbunden, dessen Überlieferung Krumbacher in seinen
,MiszeUen zu Romanos" (Aus den Abhandlungen der k. bayer. Akad. der
Wiss., Klasse 1, Bd 24, Abt. 3), München 1907, 44 ff besprochen hat. Nach
Franchi de' Cavalieri (Hagiographica, Studi e Testi 19, Roma 1908, 9 — 18)
ist die ganze Menas-Legende eine Kopie oder Übertragung der Gordius-
Legende bei Bas. M., Hom. 18, Migne 31, 489—508. Vgl. über Timotheus
W. Bright im Dict. of Christian Biogr. 4, 1029—1030.
1. Lebensgang. —
Didymus mit dem Beinamen „der Blinde"
ist eine der merkwürdigsten Persönlichkeiten seiner an hervorragenden
§ 10. Didymus der Blinde. 1. Lebensgaog. 105
'
„Im Alter von vier Jahren" (rsrpairrjq), sagt Palladius (Hist. Laus. 4), unter
Berufung auf persönliche Mitteilungen des Blinden selbst. Hieronymus (Chron. ad
a. Abr. 2388) sagt: „post quintum nativitatis suae annum."
'
2 Pallad. a. a. 0. =* Ruf., Hist. eccl. 2, 7.
*„Didymus Videns" Hier., Prol. in hom. Orig.
: in ler. et Ezech. ; Prol. in librum
Didymi de Spir. S. Prol. comm. in ep. ad Gal.
;
welche Didymus das Katechetenamt antrat, mangeln die Mittel. Laut dem anonymen
Exzerpte aus der „Christlichen Geschichte" des Philippus Sidetes über die alexan-
drinischen Katecheten (bei H. Dodwellus, Dissertationes in Irenaeum, Oxoniae 1689,
488) soll nach dem „großen Bischöfe Petrus", welcher 311 Märtyrer wurde, Ma-
karius mit dem Beinamen „der Städter" (ö Tzohruög), nach diesem Didymus und
nach diesem Rhodon die Katechetenschule geleitet haben. Daß die Angaben des
Exzerptes sehr wenig Vertrauen verdienen, ward schon früher festgestellt; vgl.
Bd 2, S. 13 195 203. Unter Makarius dem Städter kann wohl nur der vorhin
(S. 87) erwähnte Mönch Makarius verstanden sein; dieser aber könnte höchstens
vor seiner Flucht in die Einsamkeit alexaudrinischer Katechef gewesen sein (vgl.
Floß, Macarii Aegyptii epistolae etc., Coloniae 1850, 186 ff).
* Der Behauptung J. A. Mingarellis bei Migne, PP. Gr.
39, 1029, Didymus sei
verheiratet gewesen und habe Kinder gehabt, ist von Leipoldt (Didymus der Blinde 6)
und Bardy (Didyme l'Aveugle 7) mit Recht widersprochen worden. Der Verfasser —
der „Epistola ad Archintum praesulem" wird bei Migne 39, 993 irrtümlich „Joannes
Ludovicus Mingarelli" statt Joannes Aloysius Mingarelli genannt. Das italienische
Original des Britefes (Nuova Raccolta d'opuscoli scientifici e filologici 11, Venezia
1764, 1 —
144) trägt den Namen „Gio. Luigi Mingarelli".
So Butler, The Lausiac History of Palladius 2, 187.
'
garelli, einem Bruder des Sammlers, in seine Erstlingsausgabe der drei Bücher
des Didymus „De trinitate", Bologna 1769, aufgenommen und nach dieser
Ausgabe bei Migne, PP. Gr. 39, 215—268, abgedruckt worden. Neue Dar-
stellungen des Lebens und Wirkens des Blinden verdanken wir Leipoldt und
Bardy. J. Leipoldt, Didymus der Blinde von Alexandria, Leipzig 1905 (Texte
und Untersuchungen usf. 29, 3). G. Bardy, Didyme l'Aveugle, Paris 1910
(Etudes de theologie historique 1).
2. Literarische Wirksamkeit. — Die literarische Wirksam-
keit des blinden Katecheten muß eine sehr umfassende gewesen sein.
Palladius gibt ihm den Ehrentitel h aüyxfja(fsÖQ und versichert: „Das
Alte und das Neue Testament hat er Wort für Wort ausgelegt und
die Dogmen hat er in einer Weise bearbeitet und mit Scharfsinn und
mit Nachdruck verfochten, daß er alle Alten an Gnosis übertraf." i
Hieronymus schickte sich an, diese exegetischen und dogmatischen
Werke einzeln aufzuzählen, zog sich aber schon bald, der Massenhaftig-
keit des Stoffes gegenüber, auf die Wendung- zurück: „Et infinita alia
quae digerere proprii indicis est."^ Einige der unzähligen sonstigen
Schriften hat er indessen bei anderweitigen Anlässen näher bezeichnet,
und spätere Berichterstatter haben den Schleier noch etwas weiter
aufgehoben.
So reich das Erbe war, so arm ist die handschriftliche Über-
lieferung. Von den dogmatischen Versuchen ist der eine oder andere auf
gedeckten Seitenwegen bis zu uns gelangt. Von den noch zahl- und
umfangreicheren exegetischen Arbeiten haben sich nur die Fragmente
oder Exzerpte erhalten, welche in Katenen Schutz fanden. Und nicht
alle Katenenkompilatoren haben sich entschließen können, solchen
Bruchstücken Aufnahme zu gewähren: Nicetas von Heraklea hat „den
blinden Didymus, der da die Wahrheit nicht sieht, sondern in Ge-
dankenschluchten und Abgründe stürzt", von seiner Psalmenkatene
von vornherein ausgeschlossen'^. Der einst so gefeierte Name war
in üblen Ruf geraten. Didymus hatte das Wagnis unternommen, die
Orthodoxie des Origenes zu verteidigen und sich zum Anwalt jenes
Werkes 7:tp\ äpyjbv aufzuwerfen, welches schon im 3. Jahrhundert so
lebhaftem Widerspruch begegnet war. Hieronymus mußte zugeben,
daß sein verehrter Lehrer in manchen Punkten, „de angelorum ruina,
de animarum lapsu, de resurrectionis praestigiis" usw., mit Origenes
in die Irre gegangen sei*. Im 6. und in den nächstfolgenden Jahr-
hunderten ward Didymus zugleich mit Evagrius Pontikus als Origenist,
d. h. Vertreter der Präexistenz und der Apokatastasis, mit dem Ana-
them belegt^. Damit aber waren die Verdienste, welche Didymus
sich auch um den orthodoxen Glauben erworben hatte, für das Auge
der Nachwelt in Schatten gestellt. Mit Recht erklärte Hieronymus:
„Certe in trinitate catholicus est." ^ In der Auslegung des Trinitäts-
dogmas, der einzigen Seite seiner Lehranschauung, über welche wir
genauer unterrichtet sind, war Didymus, unter Ablehnung allen und
jeden origenistischen Subordinatianismus, in vollster Übereinstimmung
mit Athanasius, für die Homousie der drei Personen eingetreten.
Die formelle Art und Weise der noch erübrigenden Schriften hat
wenig Anziehendes 2. Didymus war aufs Diktieren angewiesen, und
das einmal aufgenommene Diktat wird schwerlich noch irgendwelcher
Feile unterstellt worden sein. Kunst- und schmucklos, nur der Sache
geweiht und im Streben nach Deutlichkeit recht platt und recht breit,
zieht seine Rede sich dahin. Selten nur vermag die Größe des Gegen-
standes oder die Stimmung des Augenblicks ihm fast wider seinen
Willen ein paar Sätze höheren Stiles zu entlocken. Sehr gerne aber
gestattet er sich kürzere oder längere Abschweifungen, um dann
plötzlich und unvermittelt zu seinem eigentlichen Thema zurück-
zukehren. Muß er die unendliche Erhabenheit des Heiligen Geistes
über die Engel des Himmels dartun, so fühlt er sich gedrängt, diese
guten Engel nicht bloß um Entschuldigung zu bitten, sondern auch
mit w^eitläufigen Lobpreisungen zu überschütten, wobei er dann zu
seiner eigenen Verwunderung mit einem Male „in den Ton des Pan-
egyrikers verfällt" ^. Hat er einen biblischen Autor namhaft zu machen,
so glaubt er wenigstens ein Epitheton ornans beifügen zu müssen, und
zwar ein Epitheton, welches sonoren Klang hat und sich dadurch von
dem umgebenden Texte abhebt: lepoxrjp'j^^ 'lepoipdlzr^Q, l£po(pd)/Tr^(; usw.,
bei David auch aaaQ rfj kopa, bei Paulus auch i; adl-iyz t^q Tziarecog*.
Die Mutter seines Herrn nennt er mit Vorliebe öeoToxog, auch dsnzap-
SivoQ, auch ddiudeoroQ T.api^tmxiq tt'jätj^.
Eine Gesamtausgabe der Schriften des Didymus gibt es nicht außer der
Sammlung bei Migne, PP. Gr. 39, Paris. 1863, welche zwar einige schon
'
Hier., C. Ruf. 2, 16.
^ Hier., Did. de Spir. S.
Prol. in 1. ,Iraperitus sermone est, et non scientia,
:
apostolicum virum ex ipso sermone exprimens, tarn sensuum lumine quam' simplici-
tate verborum."
^ ßi [jot iv ruj ßdpet zoütüj ro ßißkio'^. De trin. 2, 7, 8 (Migne 39,
navTjYupi^Bi
588). Leipoldt (Didymus der Blinde 91) findet diesen Erguß an die Engel „geradezu
haarsträubend". Ich finde ihn sogar recht rührend.
••
Belegstellen bei Leipoldt a. a. 0. 38 f. Auf Leipoldt freilich wirken diese
Epitheta „geradezu abstoßend", und das Epitheton für Paulus, „die Trompete des
Glaubens", kommt ihm „besonders geschmacklos" vor.
* Den letztgenannten Ausdruck bezeugt die Inhaltsangabe zu dem verloren ge-
Die Scholien zu den Psalmen bei Migne 39, 1155 — 1616, wurden aus
vatikanischen Handschriften gesammelt von Card. Mai, Nova Patr. Bibl. 7,
'
Von ihm
spricht Hieronymus De vir. ill. 109 und Ep. 112, ad Äug., 20.
Hebräisch hat Didymus, wie zu erwarten war, uicht verstanden vgl. Leipoldt,
' ;
• Hier,, De vir. ill. 109; C. Ruf. 3, 28; Prol. comm. in Hos.; Prol. comm.
in Zach.
§ 10. Didymus der Blinde. 3. Exegetische Schriften. 109
poldt 21 f u. 148; Bardy 49—50. Namentlich ist die Katene zur Apostel-
geschichte bei J, A. Gramer, Catenae Graecorum Patrum in Nov. Test. 3,
Oxon. 1838, überaus ergiebig an Didymus-Scholien. —
Die Fragmenta in
2 Cor. 1677—1732 sind wiederum aus Mai a. a. 0. 4, 2, 115—146, herüber-
genommen. —
Die lateinische Erklärung der katholischen Briefe ist als
„Didymi Alex, praeceptoris S. Hieronymi In omnes epistolas canonicas enar-
ratio" zuerst 1531 zu Köln in 8" gedruckt worden. Eine neue Ausgabe des
sehr verderbten Textes unter Beifügung einiger griechischen Fragmente,
,
4. Dogmatische Schriften. —
Drei Bücher über die
Trinität, xä Tizp). wie Sokrates sagte ^, hat
rpiddoq rpia ßißXia,
Mingarelli in einer leider mehrfach lückenhaften und zugleich sehr
fehlerhaften Handschrift etwa des 11. Jahrhunderts aufgefunden und
1769 herausgegeben (Migne 39, 269—992). Das mächtige Werk ist
der Bekämpfung des Arianismus und des Macedonianismus geweiht.
Das erste Buch handelt vom Sohne, das zweite vom Heiligen Geiste,
das dritte faßt das Gesagte in kurzen Syllogismen noch einmal zu-
sammen und erörtert sodann die wichtigsten biblischen Beweisstellen.
'
entnehme denselben den Prolegomena einer demnächst erscheinenden kri-
Ich
tischen Ausgabe der lateinischen Übersetzung von Fr. Zöpfl. Vgl. auch schon
Klostermann in den Texten und Untersuchungen usf. '^8, 2 c, Leipzig 1905.
- Socr., Hist. eccl. 4, 25. » De trin. 3, 22, Migne 920.
§ 10. Didymus der Blinde. 4. Dogmatische Schriften. 111
' Sehr beachtenswert ist jedenfalls, daß die Pneumatomachen in unserem Werke
ständig und ausschließlich „Macedonianer" genannt werden. Vgl. HoU in der Zeitschr.
f. Kirchengesch. 25, 1904, 388 f. Stolz in der Theol. Quartalschrift 87, 1905, 399 f.
* So auch Leipoldt, Didymus der Blinde 12. Anders Bardy, Didyme l'Aveugle 31.
» De 27 (Migne 396).
trin. 1, «
1, 19 (368).
^ 3, 2, 2 (788). « 1, 16 (336).
' 2, 1 (448). —
Leipoldt (a. a. 0. 95 ff) hat den trinitarischen Gehalt des Werkes
einläßlicher besprochen, leider unter sehr fragwürdigen Gesichtspunkten: „Altnicä-
nische Neigungen", ,Jungnicänische Neuerungen" Objektiver und in manchen
Einzelheiten zutreffender ist die entsprechende Ausführung bei Bardy a. a. 0. 59 ff.
" De trin.
3, 16 31 (Migne 872 949).
^ Die Übersetzung ward 384 zu Rom begonnen, aber erst zwischen 386 und 392
gestellt werden. Sie zerfällt in zwei Teile, von welchen der erste
(c. 4 — 29)
nachzuweisen sucht, daß der Heilige Geist kein Geschöpf,
sondern mit dem Vater und dem Sohne wesenseins ist, während der
—
zweite (c. 30 59) sich in freierer homilienartiger Weise über die
Schriftstellen verbreitet, welche den orthodoxen Glauben bestätigen.
Die Abfassung muß nach dem Gesagten vor 381 erfolgt sein.
Endlich liegt in griechischer Sprache noch ein kurzer Traktat
gegen die Manichäer vor, xarä Maviyjj.iwv {?>'d, 1085 1110), sehr —
dürftig bezeugt ^ aber wohl mit Recht allgemein als echt zugelassen.
Auch den genannten trinitarischen Schriften, auch den Bibelkommen-
taren hat Didymus bei Gelegenheit gern polemische Bemerkungen
gegen die Manichäer eingeflochten. Übrigens hinterläßt der Text des
Traktates den Eindruck eines Exzerptes aus einer größeren Schrift;
jedenfalls ist er zu Eingang verstümmelt 2. Er kämpft mit dialektischen
und mit biblischen Waffen. An die Schrift Serapions von Thmuis
gegen die Manichäer klingt er nur ganz leise an.
Didymi Alex, libri tres de Trinitate, nunc primum graece et lat. ac cum
notis ed. I. Aloys. Mingarellius, Bonon. 1 769 2". Th. Schermann, Die Gott-
heit des Heiligen Geistes nach den griechischen Vätern des 4. Jahrhunderts,
Freiburg i. Br. 1901, 189—223: „Didymus der Blinde." Ders., Lateinische
Parallelen zu Didymus (De trin. 2, 14): Römische Quartalschrift usf. 16,
1902, 232 —
242. Über Anführungen aus hellenischen Dichtem in dem Werke
De trinitate s. A. Jahn bei J. Dräseke in der Zeitschr. f. wiss. Theol. 45,
1902, 410—419; vgl. Bardy a. a. 0. 222 f. —
Die lateinische Übersetzung
der Abhandlung über den Heiligen Geist steht auch unter den Werken des
hl. Hieronymus, Migne, PP. Lat. 23, 101—154. E. Stolz, Didymus, Am-
brosius, Hieronymus: Theol. Quartalschrift 87, 1905, 371—401. —
Der
Traktat gegen die Manichäer ward griechisch zuerst herausgegeben von
Fr. Combefis, Bibliothecae Graecorum Patrum auctarium novissimum, Paris.
1672, 2, 21 32. —Die zehn Syllogismen gegen die Manichäer unter den
Schriften Gregors von Nyssa (Migne, PP. Gr. 46, 541—542) sind, wie längst
erkannt wurde, größtenteils wörtlich, dem Traktate des Didymus entnommen.
Was die verloren gegangenen oder doch nicht unter dem Namen
ihres Verfassers überlieferten dogmatischen Schriften angeht, so wird
in den Büchern über die Trinität außer der Abhandlung über den
Heiligen Geist und viel häufiger als diese noch eine andere Arbeit
aus früheren Jahren angezogen, welche den Namen jzpwroQ löyoi; er-
hält. Der Name setzt voraus und die Zitate selbst bestätigen es 3,
daß diese Schrift den gleichen Zweck wie die Bücher über die Trinität
verfolgte, den orthodoxen Gottesglauben zu verteidigen. In der Ab-
'
Der einzige Zeuge einer Didymus-Schrift gegen die Manichäer ist, soviel ich
weiß, Johannes von Damaskus, Sacra Parall., Migne 95, 1532.
^ Wie denn auch das Zitat bei dem Damaszener in dem handschriftlichen
Texte fehlt.
Die Zitate sind aufgezählt bei Leipoldt, Didymus der Blinde 11 f; Bardy,
3
»
Did , De Spir. S. 5 21 32. « Hier., De vir. ill. 109.
•
Hier. a. a. 0. 120. _ * Soor., Hist. eccl. 4, 25,
^ Hier., C. Ruf. 2, 16. Vgl. aiwh
1, 6: 2, 11; Ep. 84, IG.
* Hier., C. Ruf. 3, 28. —
Die Angabe, Didymus habe ,de impari numero" ge-
handelt (Hier., Ep. 48, 19). ist jedenfalls nicht von einem eigenen Buche, sondern
von gelegentlichen Ausführungen zu verstehen, etwa den Ausführungen über die
Siebenzahl De trin. 2, 14 (Migne 39, 700 ff).
' lo. Dam., Sacra Parall., Migne 96, 248 524; vgl. Migne 39, 1109.
Bardenhewer, Gesch. der altkirchl. Literatur. IH. 8
124 Alexandriner und Ägypter.
'
Funk, Kirchengeschichtl. Abhandlungen und Untersuchungen 2, 1899, 291 flf
Byzant. Zeitschr. 6, 1897, 177 Ebenso v. Punk. Die zwei letzten Bücher
der Schrift Baäilius' d. Gr. gegen Eunomius Compte rendu du 4° Congres
:
scientifique internat. des Catholiques, Fribourg (Suisse) 1898 Sect. 1, 216 bis
248: wieder abgedruckt bei Funk, Kirchengeschichtl. Abhandlungen und Unter-
—
suchungen 2, Paderborn 1899, 291 329. Ein Beitrag zur Geschichte der
zwei Bücher und eine Entgegnung auf die Einwendungen Leipoldts (a. a. 0.
26—31) bei Funk a. a. 0. 3, Paderborn 1907, 311—323. Bardy (a. a. 0.
—
23 27) hat Punk recht gegeben.
Die Hypothese Dräsekes, von den zwei pseudo-athanasianischen Büchern
gegen Apollinaris von Laodicea sei das erste Didymus und das zweite wahr-
scheinlich Didymus' Schüler Ambrosius von Alexandrien zuzusprechen, ist
schon bei Athanasius (S. 57 f) abgelehnt worden. —
Ebendort (S. 60) ward
notiert, daß Stolz den Nachweis zu liefern versprach, daß die sieben Dia-
loge über die Trinität unter den Werken des hl. Athanasius von Didymus
verfaßt seien. —
Ho 11 will in dem von Mai unter dem Namen Gregors von
Nyssa edierten Traktat ,Adv. Arium et Sabellium* (Migne 45, 1281—1302)
eine Jugendschrift des Didymus erkannt haben (Zeitschr. f. Kirchengesch.
25, 1904, 380—398). Leipoldt stimmte rückhaltlos zu (a. a. 0. 9). Bardy
widersprach (a. a. 0. 17 ff). Ich bin auch nicht überzeugt worden. Daß
der Traktat nicht von dem Nyssener herrührt, hat Holl bewiesen; daß er
von Didymus herrührt, hat Holl nicht bewiesen.
6. Ambrosius von Alexandrien. —
Hieronymus berichtet (De
vir. ill. „Ambrosius Alexandrinus auditor Didymi scripsit adversum
126):
Apollinarium volumen multorum versuum de dograatibus et, ut ad me nuper
quodam narrante perlatura est, commentarium in lob, qui usque hodie super-
est." Diese Notiz ist die einzige Quelle unseres Wissens um Ambrosius.
Seine Schriften sind zu Grunde gegangen.
7. Theophilus von Alexandrien (385 — 412). — Patriarch Theophilus,
welchem eine längere Regierung vergönnt war als seinen Vorgängern Petrus
und Timotheus, hat in denAnnalen der Kirchengeschichte ein um so traurigeres
Andenken hinterlassen. Die vielzitierte Charakteristik Gibbons: ,Der be-
ständige Feind des Friedens und der Tugend, ein frecher, verworfener Mensch,
dessen Hände abwechselnd mit Gold und mit Blut befleckt waren" (E. Gibbon,
The History of the decline and fall of the Roman Empire, edited by W. Smith,
3, London 1854, 418), leidet übrigens sonder Zweifel an ungerechter Über-
treibung. Vgl. W. Bright im Dictionary of Christ. Biography 4, 999—1008.
Die schriftstellerische Tätigkeit des Patriarchen hat sich in engen Grenzen
bewegt. Zwischen 388 und 395 dedizierte er dem Kaiser Theodosius einen
nachdem alexandrinischen Paschalzyklus berechneten sterkanon für die
—
Jahre 380 479. Seine Hoffnung, die alexandrinische Observanz zum all-
gemeinen Reichsgesetz erhoben zu sehen, schlug indessen fehl. Erhalten ist
von dieser Arbeit nur der Prolog, und zwar vollständig nur in lateinischer
116 Alexandriner und Ägypter.
Übersetzung (Migne, PP. Gr. 65, 47 — 52; am besten ediert von Br. Krusch,
Studien zur christlich-mittelalterl.Chronologie, Leipzig 1880, 220 —
226;
Näheres über den alexandrinischen Zyklus bei E. Schwartz, Christliche und
jüdische Ostertafeln : Abhandlungen der k. Ges. der Wiss. zu Göttingen,
Philol.-hist. Kl., N. F. 8, 6, 1905, 3 ffj. Größere Bedeutung erlangten einige
Osterfestbriefe. In dem verloren gegangenen Festbriefe für das Jahr
399 bekämpfte Theophilus einläßlich (, longa disputatione", Cassian CoUat.
,
lungen war, Chrysostomus zu stürzen, schickte Theophilus dem ins Exil ver-
stoßenen Gegner noch eine von niedriger Gehässigkeit triefende Schmähschrift
nach, ,innormem librum", sagt Fakundus, „non solum contumeHis, sed ipsa
quoque saepe repetita maledictorum recapitulatione nimis horribilem". Hier-
onymus hat sich nicht geschämt, auch dieses Pamphlet ins Lateinische zu
übersetzen, und wahrscheinlich liegt in der sog. Ep. S. Hier. 113 noch ein
freilich unbedeutendes Fragment der Übersetzung vor (vgl. Chr. Baur,
S. Jeröme et S. Chrysostome: Revue I3ened. 23, 1906, 430— 43ß). Fakundus
gibt eine Blütenlese von „contumeliae" und „malcdicta".
Zweites Kapitel.
Kleinasiaten.
§ 11. Marcellus von Ancyra.
(1. Das antiarianische Werk vom Jahre 335. 2. Spätere Schriften. 3. Asterius
der Sophist. 4. Photinus von Sirmium.)
Namen, hat er erst erlangt, als er zehn Jahre später, 335, schon „er-
graut mi Bischofsamte" S ein großes Werk veröffentlichte, welches
das Bekenntnis des Nicänums gegen die Angriffe der Arianer oder
Eusebianer, in erster Linie des Sophisten Asterius aus Kappadozien,
verteidigen sollte. Auf diesem Werke, seinem Erstlingswerke, beruht
seine Geschichte. Wir kennen dasselbe nur mehr aus gelegentlichen
Mitteilungen von gegnerischer Seite. Alle Zeugen pflegen, ohne An-
gabe eines Titels, von „dem Buche des Marcellus" zu reden; nur
Hilarius sagt einmal, anscheinend genauer: „über, quem de subiec-
tione Domini Christi ediderat (Marcellus)"
2. Aber die auf diesen Aus-
druck gegründete Annahme, das Buch sei T.ep\ ty^q tu~j mo~j önorayr^q
oder ähnlich überschrieben gewesen, unterliegt schweren Bedenken.
Hilarius wird nur eine einzelne These des Buches im Auge gehabt
haben, welche besonders großen Anstoß erregt hatte ^. Auch über
die Anlage und Gliederung des Buches beobachten unsere Quellen
tiefes Schweigen. Zerstreute Trümmer des Textes sind drei Gegen-
schriften zu entnehmen, den Schriften Eusebs von Cäsarea „Contra
Marcellum" und „De ecclesiastica theologia" und den von Epiphanius
aufbewahrten Bruchstücken der Gegenschrift des Nachfolgers Eusebs,
Akacius von Cäsarea. Zum Zweck der Polemik hat Eusebius sehr
viele, im ganzen 127, Stellen des Buches ausgehoben; Akacius liefert
noch ein weiteres Zitat. Rettberg und Klostermann unterzogen
sich der Mühe, diese Fragmente zusammenzustellen*. Die Absicht,
dieselben dem Gedankenfortschritt des ursprünglichen Ganzen ent-
sprechend zu ordnen, niußte Klostermann nach langen Versuchen als
undurchführbar fallen lassen. Über den Kern des Inhaltes des Buches
geben indessen, wie Zahn und Loofs gezeigt haben, die abgerissenen
und versprengten Stücke doch ausreichende Sicherheit.
In dem Arianismus sieht Marcellus einen nur schlecht verhüllten
Polytheismus. Es sei unmöglich, drei Hypostasen zu behaupten und
diese Dreiheit dann zu einer Einheit zusammenzufassen. Man müsse
vielmehr aus der Einheit als dem prius die Dreiheit ihren Ausgang
nehmen lassen^. Erst im Laufe der Heilsgeschichte habe die Gott-
heit, ursprünglich eine schlechthinnige Einheit, sich sukzessiv zu einer
Dreiheit entfaltet oder ausgedehnt. Bei der Weltschöpfung, mit
' Von dem Ausgang des Logos bei der Menschwerdung heißt es Fragm. 116:
^XP^ ~0(TOÜ-ou /.Eywpia^ai roö najphq ^aifEzat, äypi ou äv 6 npoatiuv rf^q xpiaetug
dvaa>a>^ xacpög. Das <pai\itrai will den Gedanken abwehren, es sei eine wirkliche
Trennung erfolgt oder ein Ich dem andern Ich gegenübergetreten. Vgl. Fragm. 117.
"^
Vgl. Fragm. 121: vj ouTwg rj iv zuj »Jsto 6 Xöj'og, Sicnzsp xai npürepov tjv npö
Toö rov züapov eivac.
* In denFragmenten kommt tlbrigens das Wort dpooümos nicht vor.
* Zahn (Marcellus von Ancyra 217) nannte Marcellus „eine mehr reaktionäre
als revolutionäre Erscheinung*.
* Epiph., Haer. 72, 4. » Ebd. 72, 1 ; 73, 1.
120 Eleinasiaten.
Die Überbleibsel des Werkes vom Jahre 335 sind zusammengestellt bei
Chr. H. G. Rettberg, Marcelliana, Gottingae 1794, 8°, sowie bei E. Kloster-
mann in den Eusebius-Werken 4, Leipzig 1906, 183 215. Frühere Mono- —
graphien über Marcellus (C. R. W. Klose, Geschichte und Lehre des Mar-
cellus und Photinus, Hamburg 1837, 8' Fr. A. Willenborg, Ü^ber die Ortho-
;
doxie des Marcellus von Ancyra, Münster 1859, 8") sind antiquiert worden
durch Th. Zahn Marcellus von Ancyra. Ein Beitrag zur Geschichte der
,
Theologie, Gotha 1867, 8". Vgl. die Besprechung des Buches Zahns von
W. Möller in den Theol. Studien u. Kritiken 42, 1869, 147—176. Außerdem
sind zu nennen Fr. Loofs, Die Trinitätslehre Marcells von Ancyra und ihr
Verhältnis zur älteren Tradition Sitzungsber. der k. preuß. Akad. der Wiss.
:
—
zu Berlin 1902, 764- 781. Ders. Marcellus von Ancyra: Realenzykl. f.
,
nigen Bericht des Sozoraenus* redet und eine , Parallele" bei Sokrates veimißt, so
hat er eben Socr. 2, 26 übersehen. Auffälligerweise äußert sich Loofs (Realenzykl.*
12, 262) ganz ähnlich wie Zahn.
* Es muß um 376 gewesen sein, als Epiphanius (Haer. 72, 1) von Marcellus
schrieb ä-Tzö toö iroug zoutou wg äxd döo irwi' irsAeÜTa f) TzXtiw tj e/drrw.
:
§ 11. Marcellus von Ancyra. 2. Spätere Schriften. 121
sata und Photinus von Sirmium anathematisiert und sich zu einer wirklichen
Dreipersönlichkeit bekennt (ou yap av-j-o^Tarov ty;v rpiaoa /.£yo|jl£v, i/X' ev
u-0Traj£i «üT/jv -/tvüjj/ojjLsv, c. 2). Dieses Glaubensbekenntnis ist unter dem
Titel ,Eugenii diaconi legatio ad S. Athanasium pro causa Marcelli AncyTani
et confessio fidei ecclesiae Ancyranae" von B. de Montfaucon, Collectio nova
— —
Patrum, Paris. 1706, t. 2, 1 4 (vgl. LI LXVII), herausgegeben und öfters
abgedruckt worden, auch bei Migne, PP. Gr. 18, 1301 1306 (vgl. 1277 bis—
1298). — Unter Berufung auf den Friedensbrief (7p7[j.fxa[Ta y.otvwvixa), welchen
Athanasius der Gesandtschaft ausgestellt, wandte sich die marcellianische
Gemeinde zu Ancyra einige Jahre später, um 375, mit der gleichen Bitte
und einem neuen Bekenntnisse an mehrere ägyptische Bischöfe, welche, um
ihres nicänischen Glaubens willen aus der Heimat vertrieben, zu Diocäsarea
(oder Sepphoris) in Palästina weilten. Diese -so'.-'pa'ff, -i^tew; hat Epiphanius,
Haer. 72, 11 —
12, aufbewahrt. Die Vertretung der marcellianischen Gemeinde,
—
vier Presbyter, ein Diakon, ein Subdiakon, ein Anagnost und ein Ökonom
•
Hier., De vir. ill. 86.
'^
Loofs (a. a. 0. 263) kann „der vagen Nachricht des Hieronymus" keinen
Glauben beimessen. Mir will diese Nachricht annehmbarer erscheinen als die Vor-
aussetzung, Marcellus habe, obwohl er ein so hohes Alter erreicht, zu der Flut von
Gegenschriften, welche sich über sein erstes Werk ergoß (vgl. Zahn a. a. O. 85 ff),
beharrlich geschwiegen.
122 Kleinasiaten.
Eugeniiis wird nicht mehr genannt — verleugnet jetzt ganz und gar die
,
a-C£/r,Ta geben könne und daß das Schaffen aus freiem Willen Gottes würdiger
sei als das Zeugen. Seiner Argumentation widmete Athanasius einläßliche
Entgegnungen, untermischt mit Anführungen des Textes (Or. c. Ar. 1, 30 bis
34; 2, 37; 3, 2 60; De decr. Nie, syn. 8 28—31; De syn. 18—20 47).
Sehr wahrscheinlich ist es das genannte 7'jv7a-[|i.aTiov gewesen, welches auch
Marcellus von Ancyra im Auge hatte, wenn er (bei Eus., C. Marc. 1, 4) be-
richtet, Asterius habe zahlreiche Zitate aus bischöflichen Sendschreiben in
Sachen des Arius beigebracht und insbesondere den Brief Eusebs von Niko-
medien an Paulinus von Tyrus (bei Theodor., Hist. eccl. 1, 5) verwertet und
verteidigt, zugleich aber auch Sorge getragen, allzu kühne Wendungen Eusebs
abzuschwächen. Die letztere Andeutung ist von Interesse. Auch Epiphanius
(Haer. 76, 3) bezeichnet Asterius, im Gegensatze zu Aetius, als einen Führer
derjenigen Arianer, welche, an Lucian und Origenes sich anlehnend, eine
vorsichtigere Haltung beobachteten. Und Philostorgius der Arianer (Hist.
eccl. 2, 14 15) beschuldigt Asterius, den echten Arianismus, wie Lucian ihn
vertreten, gefälscht zu haben. Jedenfalls also ist Asterius ein Arianer milderer
Observanz gewesen. Daß die Kritik Marcells von Ancyra dem Sophisten zu
einer Gegenschrift Anlaß gab, welche auf Sabellianismus klagte, erfuhren wii-
schon aus der Notiz des hl. Hieronymus über Marcellus (De vir. ill. 86).
Hieronymus hat aber auch den Sophisten unter die illustren Männer auf-
genommen mit der über die griechischen Quellen hinausgehenden Meldung:
^Scripsit regnante Constantio in epistolam ad Romanos et in evangelia et
psalmos commentarios et multa alia, quae a suae partis hominibus studio-
sissime leguntur" (a. a. 0. 94). Auch zu Sokrates' Zeiten waren noch Schriften
des Sophisten in Umlauf (Socr. a. a. 0). Er selbst begegnet uns zum letzten
§ 11. Marcellus von Ancyra. 4. Photinus von Skmium. 123
Male im Gefolge des Bischofs Dianius von Cäsarea in Kappadozien auf der
antiochenischen Synode des Jahres 841 (Synod. vet. 41, bei Fabricius-Harles,
Bibl. Gr. 12, 375). — In neuerer Zeit hat nur Zahn, Marcellus von Ancyra
38 ff, sich eingehender mit dem Sophisten befaßt. Eine Frage, Avelche Zahn
beiseite lassen konnte, muß hier wenigstens berührt werden. Anerkannter-
maßen der „Asterius Arianae philosophus factionis" bei Hieronymus, De
ist
vir. ill. 94, identisch mit dem Sophisten aus Kappadozien. An zwei andern
.Stellen aber gedenkt Hieronymus eines „Asterius Scythopolita" oder ,Scytho-
politanus", welcher gleichfalls ein berühmter griechischer Kirchenschriftsteller
(Ep. 70, 4) und Verfasser eines umfangreichen Kommentares zu den Psalmen
(Ep. 112, 20) war Fabricius hat diesen Skythopolitaner von dem Kappa-
dozier unterschieden wissen wollen, ohne für den Skythopolitaner ein anderes
Zeugnis beibringen zu können als jene zwei Stellen bei Hieronymus (Fabricius-
Harles a. a. 0. 9, 520). Ihm gegenüber hat Vallarsi (zu Hier., De vir ill.
94) treffend hervorgehoben, daß der Skythopolitaner wenigstens nach Meinung
des hl. Hieronymus identisch sein muß mit dem „Asterius Arianae philo-
sophus factionis". Insofern aber dürfte Fabricius im Recht gewesen sein,
als die Bezeichnung „Scythopolita" nicht in Einklang zu bringen ist mit der
Bezeichnung o Ka---j.66/:r^:; (Philost., Hist. eccl. 2, 14; Synod. vet. 41), auch
nicht durch die immerhin zulässige Annahme eines längeren Aufenthaltes des
Kappadoziers in der palästinensischen Dekapolis (ein Verweilen in den Städten
„Syriens" ist, wie gesagt, durch Athanasius und Sokrates ausdrücklich be-
zeugt). Damit sind wir zu der Folgerung gedrängt, daß die Bezeichnung
„Scythopolita" nur auf einem Irrtum beruht, daß der „Asterius Scythopolita"
aus der Reihe der Kirchenschriftsteller des 4. Jahrhunderts zu streichen ist.
Auch Photius hat bei Erörterung der Frage 7:0301 Ajteoioi ysyo'vkcji (Quaest.
Amphiloch. 312, Migne, PP. Gr. 101, 1161) einen Asterius von Skythopolis
nicht gekannt.
'
Sozomenus (Hist. eccl. 2, 33) schreibt /iaac/.sioj, während Sokrates (Hist. occl.
2, 42) geschrieben hatte liaaiXtio'/, röv xal Baaü.ä.', xal yäfi o'jzwq w-yo/xd^Bzo. Es
handelt sich um zwei Formen eines Namens. Vgl. liprs/xidiuuog und 'Aprs/xäe,
Eirav pödiroq und ^Eiinifpäq, ^c^ouai'ös und It/.äg.
' Hier., De vir. ill. 89. « Sozom. a. a. O.
* Soor. a. a. O. 2, 26.
' Siehe darüber Schladebach, Basilius von Ancyra, Leipzig 1898, 11 flf.
§ 12. Basilius von Ancyra. 1. Dogmengeschichtliche Rolle. 125
Georgias Veranlassung und unter des Basilius Vorsitz tagte kurz vor
Ostern 358 zu Ancyra eine Synode, welche in einem umfangreichen,
von Basilius verfaßten und an alle Bischöfe gerichteten Schreiben den
Unterschied zwischen ys'^vrjiir^vai und -oiribr^'jat einschärfte, die Lehre
von der Geschöpflichkeit des Sohnes verurteilte und das Bekenntnis
der wesentlichen Gottheit des Sohnes forderte, die Parole oiionoaioq
aber verwarf, weil dieselbe die selbständige persönliche Subsistenz des
Sohnes vernichte ^. Mit diesem Synodalschreiben reisten Basilius, Eusta-
thius von Sebaste und Eleusius von Cyzikus an das kaiserliche Hoflager
nach Sirmium, und bei Wiederaufnahme der dortigen Synodal Verhand-
lungen gelang es Basilius im Frühsommer 358, dem Homöusianismus
in Gestalt der sog. dritten sirmischen Formel zum Siege zu verhelfen.
Es war ein großer Erfolg, aber ein Erfolg von kurzer Dauer.
Durch ein allgemeines Konzil sollte nunmehr der Friede unter den
arianisierenden Parteien wn'ederhergestellt werden. Der Kaiser ver-
handelte mit Basilius, und im Auftrage des Kaisers verhandelte Ba-
silius mit den Bischöfen des Orients über die Wahl des Ortes ^.
Schließlich indessen gelang es den strengen Arianern oder Anhomöern,
den Kaiser für den Plan zu gewinnen, eine Doppelsynode nach Se-
leucia und nach Rimini auszuschreiben und im voraus schon ein Sym-
bolum zu redigieren, welches dieser Doppelsynode vorgelegt werden
sollte. Am 22. Mai 359 mußte die dritte sirmische Formel einer
vierten sirmischen Formel weichen, welche das Wort »uaia als un-
biblisch und dem VolUe unverständlich ausschaltete und sich auf ein
ofxaioQ y.a-ä -«vr« zurückzog. Auch Basilius unterschrieb, fügte aber
bei: xurä Tzdvza di, o'j /io'jou xazä zr^v ßouÄrjaiv, a.)J.ä xarä tYj'j u-öazacfv^
xat y.a7'j. Trj\^ uTzap^m xac xarä rb ahac^, und um noch nachdrücklicher
gegen eine Verflüchtigung des xaza -üvra Verwahrung einzulegen,
führte er in einer mit Georgius von Laodicea und andern Freunden
gemeinsam verfaßten Denkschrift des näheren aus, daß das Wort
ouaia seinem Sinne nach durch das Alte und das Neue Testament ge-
währleistet und daß in dem xaxä -dvza das xaz' odaiav notwendig ein-
begriffen sei. Überhaupt gibt diese Denkschrift*, ein wichtiges und
wertvolles Manifest homöusianischer Theologie, wenngleich sie das
—
Der Wortlaut des Schreibens bei Epiph., Haer. 78, 2 11. Die angehängten
*
Anathematismen, Haer. 73, 10 — 11, zum Teil auch lateinisch bei Hil., De synodis
—
12 26. Zur Kritik und Erläuterung des schlecht überlieferten Textes vgl. Gum-
merus, Die horaöusianische Partei, Leipzig 1900, 66 ff. Die Abfassung des Schrei-
bens durch Basilius' wird von Epiphanius (Haer. 73, 1) ausdrücklich bezeugt.
« Vgl. Sozom., Hist. eccl. ^ Epiph., Haer. 73, 22.
4, 16.
•
wird bei Epiph., Haer. 73, 12—22 an das Schreiben der Synode von
Sie
Ancyra angeschlossen. Der Text reicht sehr wahrscheinlich bis zum Schluß des
§ 22, nicht bis zu den Worten y.a-ftwz al {fsiat Xiyouai ypafpai in der Mitte aes
§ 22; vgl. Schladebach a. a. 0. 69 f. Über die Denkschrift überhaupt s. Guniraerus
a. a. 0. 121 ff.
126 EleinasiatcHi.
'
Athanasius (De syn. 41) schreibt: BaaiXeiuq 6 and Wyxüpat; yijdi^'ag mpc
Tzicmws. Mit den letzten Worten wird er entweder auf die in Rede stehende Denk-
schrift oder auf das Schreiben der Synode von Ancyra verweisen, nicht aber, wie
Schladebach a. a. 0. 39 65 glaubt, auf spätere, uns nicht mehr vorliegende Erklä-
rungen des Basilius. Die Voraussetzung Schladebachs, Athanasius wolle Sätze des
Basilius einführen, beruht auf einem Mifsverständnisse.
- Hier., Altere. Lucif. et orthod. 19.
"^
Sozom., Hist. eccl. 4, 24. Philost, Hist. eccl. 5, 1.
* Philost. a. a. 0. * Siehe Socr., Hist. eccl. 3, 2b.
« Hier., De vir. ill. 89.
§ 12. Basilius von Ancyra. 2. Schriftstellerische Tätigkeit. 127
vorhin erwähnten Synode zu Ancyra 358 hat auch ein Bischof Letoius,
ein Zeit- und zugleich Gesinnungsgenosse Basilius' von Ancyra, an-
gewohnt, und wenn es dahingestellt bleiben muß, ob dieser Letoius
Bischof von Melitine war, weil das Synodalschreiben eben nur die
Namen der erschienenen Bischöfe aufführt 2, so ist es anderseits ebenso
zweifelhaft, ob die Angabe des Titels e.7iiaxoi:o'^ Mzhrrjx^rjQ maßgebend
sein darf, weil dem Texte der Schrift wiederum nur die Bischofswürde
des Adressaten (c. 1 vgl. 67), nicht sein Bischofssitz zu entnehmen
;
ist. Außer Zweifel steht, daß die Schrift ihrem Inhalte nach ebenso-
wohl —
den Jahren 350 360 wie den Jahren 385 400 angehören —
kann. Die physiologischen Details ferner, welche so einläßlich sind,
daß der Verfasser selbst sie rechtfertigen zu müssen glaubt (c. 65),
würden offenbar am besten in den Mund eines Bischofs passen —
Bischof ist der Verfasser nach c. 1 sicher gewesen welcher, wie — ,
Letoius war der Nachfolger des Otreius. Otreius aber weilte am 30. Juli 381
'
noch unter den Lebenden. An diesem Tage erließ Theodosius das Gesetz, daß in
der Provinz Pontus nur diejenigen als rechtgläubige Katholiken anzusehen seien,
welche in Kirchengemeinschaft ständen mit den Bischöfen Helladius von Cäsarea
(in Kappadozien), dem Nachfolger Basilius' d. Gr., Otreius von Melitine und Gregor
von Nyssa (Cod. Theod. 16, 1, 3).
» Siehe Epiph., Haer. 73, 11.
128 Kleinasiateu.
7£-,"j/i —
7:poT'.;jioT£oov (Ep. 128, 2). Geboren um 300, war Eustathius etwa
—
355 380 Metropolit von Sebaste in Kleinarmenien, vielleicht der unmittel-
bare Nachfolger seines Vaters, des Bischofs Eulalius von Sebaste, welcher
zu Nicäa auf selten des Arius gestanden hatte. Jedenfalls ist Eustathius in
eine arianische Schule gegangen. Mehr jedoch als die Streitfragen der Theo-
logen hat ihn das Ideal der Asketen in Anspruch genommen. Sozomenus
bezeugt, dafs Eustathius der Begründer des Mönchtums in Kleinarmenien,
Paphlagonien und Pontus geworden ist, und fügt noch bei, Eustathius habe
auch einläßliche Regeln für das Mönchsleben entworfen und werde sogar von
einigen für den Verfasser des dem hl. Basilius zugeschriebenen „asketischen
Buches" gehalten (Sozom., Hist. eccl. 3, 14). Diese letztere, immerhin be-
achtenswerte Notiz wird später noch, gelegentlich des , Corpus asceticum"
des hl. Basilius, zu würdigen sein. Das Asketenkleid und das Asketenleben
war es auch, was Eustathius die Hochschätzung des hl. Basilius sicherte.
Sozusagen von Jugend auf hat Basilius dessen Vater zu Neocäsarea in
,
Geistes aber lehnte Eustathius ab. Laut Sokrates (a. a. 0. 2, 45) hat er
den Heiligen Geist weder fisov nennen noch auch xtiafia heißen wollen. Laut
Basilius (Ep. 263, 3) ist er das Haupt der kleinasiatischen Pneumatomachen
gewesen, — Im Jahre 373 gelang es Basilius, Eustathius zur Unterzeichnung
eines dogmatischen Exposes zu bewegen, welches die Zustimmung zum Ni-
cänum und die Verurteilung dferjenigen, welche den Heiligen Geist y.-:i3[xa
nannten, als Vorbedingungen der Kirchengemeinschaft aufstellte. In Basilius'
Brief 125, Migne, PP. Gr. 32, 545—552, liegt die Urkunde noch vor. Sofort
jedoch nahm Eustathius seine Unterschrift wieder zurück und begann in
Briefen an Basilius selbst und an andere, Briefen, welche er geflissentlich
verbreiten ließ, den bisherigen Freund mit den bittersten Vorwürfen zu über-
schütten, der Perfidie, des Hochmuts und der Ketzerei, nämlich des SabeUia-
nismus und des ApoUinarismus, zu beschuldigen —
früher schon einmal, als
er von der homöischen Synode zu Konstantinopel 360 abgesetzt worden war,
hatte Eustathius offene Briefe gegen Bischof Eudoxius von Konstantinopel,
den Vorsitzenden der Synode, weit und breit umhergesandt (Basilius, Ep.
226, 2, nennt dieselben ,jene vielbesprochenen Briefe", rac -o'/vuöp'j/Jvrjtou;
Ixiiva; imTzrAdi). Jetzt ließ er einen Brief an einen gewissen Dazizas (alias
Dazinas) in Neocäsarea, durch welchen Apollinaris von Laodicea und indirekt
auch Basilius der Ketzerei überführt werden sollten, in ganz Pontus und
Galatien, ja bis nach Bithynien und dem Hellespont hin kolportieren (Bas.,
Ep. 244, 5; vgl. 131, 1), und gleichzeitig oder bald darauf brachte er ein
anonymes Schriftstück in Umlauf, welches durch die Art und Weise, wie es
eingeleitet war, als ein Brief des Basilius an Apollinaris erscheinen konnte
und erscheinen sollte (Bas., Ep. 129, 1 vgl. 224, 1). Dieses letztere Schrift-
;
der Dinge doch nicht bezweifelt werden können, daß die Parteigenossen sei
es im Auftrage, sei es mit Wissen und Willen ihres Hauptes gehandelt haben.
Basilius entgegnete, er habe nur einmal, vor langen Jahren, als Laie, an
Apollinaris geschrieben und dieser Brief habe nichts Dogmatisches enthalten,
das jetzt von seinen Feinden in Zirkulation gesetzte Schriftstück sei entstellt
und gefälscht (Ep. 223, 6; 224, 2; 226, 4). Die Fälschungen haben aber
ihren Fortgang genommen. Denn auch die von J. B. Cotelier (Ecclesiae
—
Graecae monumenta 2, Paris. 1681, 84 92) veröffentlichte und von den
Maurinern in die Sammlung der Basilius-Briefe Nr 361 364 (Migne 32,
, —
—
1099 1108), eingereihte Korrespondenz zwischen Basilius und Apollinaris.
zwei Briefe des ersteren und zwei Antworten des letzteren, wird mit dem
Herausgeber und den Maurinern, mit Loofs (a. a. 0. 74 f) und andern als
Fälschung zu bezeichnen sein, wiewohl sie noch von J. Dräseke (Apollinarios
von Laodicea, Leipzig 1892, 100—121) und auch noch von N. Bonwetsch
Bardonhewer, Gesch. der altkirchl. Literatur. III. 9
130 Eleinasiaten.
(Theol. Studien u. Kritiken 82, 1909, 623—628) als echt verteidigt worden ist.
Diese Briefe handeln, ähnlich wie die ,Epistola" bei Sebastiani, hauptsächlich
über den Terminus ofioouT'.oc und wollen offenbar schon durch ihren Eingang
(s. namentlich Nr 361 und 364) den Schein erwecken, als ob Basilius und
Apollinaris in engster Verbindung und in lebhaftestem Austausch ständen,
entsprechend dem Worte der Sebastener an Basilius: y.oivcovo; a^a au toü
av»pu)-ou (Bas., Ep. 223, 4; vgl. 224, 2). Nach Photius (Bibl. cod. 229;
Migne 103, 989) hat Ephräm von Antiochien (gest. 545) den Eutychianern
gegenüber ein Wort des hl. Basilius ,aus dem Briefe an Apollinaris" (Ix
T^c 7:poc 'ATToXivapiov, sc. irt(rcoX7)c) ins Feld geführt. In den von Cotelier und
von Sebastiani edierten Briefen war eine Beweisstelle für die Lehre von den
zwei Naturen in Christus nicht zu finden. Vielleicht ist der von Ephräm
benützte Brief ein weiteres Produkt derselben Fälscherhand gewesen.
1. Lebensgang 1. —
Basilius d. Gr., sein Freund Gregor von
Nazianz und sein Bruder Gregor von Nyssa bilden das hehre Drei-
gestirn am Himmel der Kirche von Kappadozien. Sie haben in Ver-
bindung miteinander auf die gesamte griechische Kirche und die Aus-
gestaltung ihrer Eigenart in der Lehre wie im Leben einen tiefgreifenden
Einfluß ausgeübt. Mit Recht pflegt Basilius der Vortritt eingeräumt
zu werden, obwohl Gregor von Nazianz der Ältere war. Eine macht-
volle, an Energie und Initiative reiche Persönlichkeit, vor welcher die
Umgebung sich unwillkürlich beugt, ist Basilius auch dem älteren
Freunde mehr Vater als Bruder gewesen.
Er war um 330 zu Cäsarea in Kappadozien geboren worden, der
Sprößling einer vornehmen und begüterten, zugleich aber durch alt-
ererbten Glaubenseifer und Tugendglanz ausgezeichneten Familie. Sein
Vater, Basilius, ein angesehener Rhetor und Sachwalter, welcher seinen
ständigen Wohnsitz zu Neocäsarea in Pontus hatte, war der Sohn der
hl. Makrina der Alteren, der glaubenseifrigen Schülerin des großen
* Über den Lebensgang deshl. Basilius sind wir schon durch seine eigenen
Schriften, insbesondere seine zahlreichen Briefe, verhältnismäßig eingehend unter-
richtet. Außerdem darf die ausführliche Gedächtnisrede seines Freundes Gregor
von Nazianz vom Jahre 381, Or. 43, früher Or. 20 (bei Migne, PP. Gr. 36, 493
bis 606), fast die Bedeutung einer Biographie beanspruchen. Auch die Lobreden
—
Gregors von Nyssa (Or. in Bas., Migne 46, 787 818) und Ephräms oder Pseudo-
Ephräms des Syrers (Assemani Opp. S. Ephr. graece et lat. 2, Romae 1743,
,
—
289 296) enthalten brauchbares Material, während die wohl aus dem 8. Jahr-
hundert stammende, fälschlich Araphilochius von Ikonium, dem Zeitgenossen des
Basilius, zugeschriebene ,Vita S. ßasilii" (griechisch und lateinisch hei Combefis,
SS. Patrum Aniphilochii Iconiensis, Mothodii Patarensis et Andreae Cretcnsis opp.,
Paris. 1644, 155 — 225; lateinisch auch bei Migne 29, ccxciv— cccxvi) keinen
Wert hat.
§ 13. Basilius der Große. 1. Lebensgang. 131
> Bas. M., Ep. 204, 6; 223, 3. - Greg. Naz., Or. 43, 14.
' In behaglicher Rückerinnerung verweilt Gregor (Or. 43, 15 — 24) bei der ge-
meinsamen Studienzeit und macht dabei sehr interessante Mitteilungen über das
Studentenleben zu Athen. Vgl. die quellenmäßige Darstellung bei F. X. Eggers-
dorfer Die großen Kirchenväter des 4. Jahrhunderts auf den heidnischen Hoch-
,
schulen ihrer Zeit: Theol.-prakt. Monatsschrift 13, 1903, 335 ff. Eine allgemeiner
gehaltene Skizze bei G. Fr. Hertzberg, Die Geschichte Griechenlands unter der
Herrschaft der Römer 3, Halle 1875, 345 ff.
* „So daß man hier nicht mit Unrecht von der ersten katholischen Studenten-
verbindung reden kann." Eggersdorfer a. a. 0. 340.
9*
132 Kleinasiaten.
Position der Homöusianer, des Basilius von Ancyra und Eustathius von
Sebaste, nicht als die seinige anerkennen konnte, weil er auf dem
Boden des Nicänums stand. Dianius von Cäsarea, welcher ihn durah
nachträgliche Unterzeichnung der homöischen „Friedensformel" von
Konstantinopel schmerzlich enttäuscht hatte, ließ ihn auf dem Sterbe-
bette zu sich rufen, um ihm die Versicherung zu geben, daß er nicht
daran gedacht habe, sich in Widerspruch mit der Entscheidung des
Nicänums zu setzen'^.
Der Nachfolger des Dianius, seit Sommer 362, Eusebius, ein Mann
des Volkes, aber ohne theologische Bildung und kirchliche Erfahrung,
wußte Basilius zu bewegen, die Priesterweihe anzunehmen und nach
Cäsarea überzusiedeln. Damit war der Mönch für die praktische
Kirchentätigkeit gewonnen. Ein Zerwürfnis zwischen Bischof und
Priester, dessen Anlaß nicht recht klar liegt, konnte Gregor von
einmal gedacht werden mußte (Bd 2, S. 70 75), den Jahren 358/359 entstammt, ist
von Loofs in der Realeozykl. f. prot. Theol. u. Kirche' 7, 1899, 141 f bekämpft
worden. Die Voraussetzung aber, welche Loofs zum Widerspruche drängte, der
Aufenthalt Gregors in Pontus habe den Charakter eines kurzen Besuches getragen,
ist mit den eigenen Worten Gregors (Ep. 6: Or. 2, 6) kaum oder gar nicht zu ver-
einbaren, und anderseits hat die Zusammenstellung der „Philocalia Origenis" schwer-
lich viel Zeit und Mühe erfordert. Von den Mönchsregeln schweigt Loofs. Gregor
(Ep. 6) verlegt ihre Abfassung ausdrücklich in die Tage rfjg IIovTixfjg dtarntß^g.
' Eunomins bei Greg. Nyss., C. Eun. 1, Migne, PP. Gr. 45, 273 ff; vgl. Philost.,
'
Über die Stellung des Bischofs von Cäsarea vgl. K. Lübeck, Reichseinteilung
und kirchliche Hierarchie des Orients (Kirchengeschichtl. Studien 5, 4), Münster i. W:
1901. 189 f. Im Gegensatz zu Lübeck will Schäfer (Basilius' d. Gr. Beziehungen
zum Abendlande, Münster i. W. 1909, 63 ff) eine Exarchenstellung oder Obermetro-
politangewalt des Bischofs von Cäsarea nicht anerkennen.
* Der Ausdruck ö ßiyaq BamXziog ist schon Gregor von Nazianz und Gregor
von Nyssa ganz geläufig. Siehe etwa Greg. Naz., Or. 43, 1 16 Ep. 53. Greg. Nyss.,
;
Gr. in Bas., Migne 46, 800 813; C. Eun.^1, Migne 45, 272 273.
134 Elemasiaten.
Cäsarea kam und alle Nicht- Arianer zitterten vor dem „hagel-
geschwängerten und verderbendräuenden Gewölk, welches jede Kirche
vernichtete, aufweiche es niederfiel" ^ begegnete Basilius dem vorauf-
geschickten Hofbeamten und sodann dem Kaiser selbst mit einer Über-
legenheit, welche Hochachtung und Bewunderung ausloste und das
schon gesprochene Verbannungsurteil in Vergessenheit geraten ließ 2,
Sicherung der Kirche gegen den Arianismus, straffere Zusammen-
fassung der orthodoxen Kreise und Wiederherstellung wärmerer Be-
ziehungen zwischen Orient und Okzident blieben seine Hauptsorgen.
Die langen Verhandlungen mit den Okzidentalen blieben freilich ohne
greifbaren Erfolg. Über den peinlichsten Differenzpunkt, das Schisma
zu Antiochien, konnte keine Einigung erzielt werden. Hie Melitius,
hie Paulinus! So eifrig Basilius für Melitius warb, Papst Damasus
wollte und konnte auch Paulinus nicht fallen lassen 3. Umsomehr
sollte die nächste Zukunft seine Bemühungen krönen. Basilius vor
allen, nach Athanasius, hatte es der Orient zu danken, daß, sobald
die Politik der weltlichen Machthaber einen Umschwung erfuhr, auch
der kirchliche Friede wiederkehrte. Er selbst sah diese Wendung der
Dinge in dem Tod des Kaisers Valens am 9. August 378 sich wenig-
stens noch anbahnen. Am 1. Januar 379^ sollte seine Seele der ge-
brochenen und dahinsiechenden leiblichen Hülle sich entwinden.
Fr. Baert, De S. Basilio M. Acta SS. lunii 2, Antverp. 1698, 807—958.
:
* Das Urteil des Papstes oder seiner Umgebung über Basilius mag in der bittern
Bemerkung widerhallen, welche Hieronymus 382/383 zu Rom nachträglich in seine
Chronik (ad a. Abr. 2392) einschob, indem er zu der früheren Notiz „Basibus Cae-
sariensis episcopus Cappadociae clarus habetur" nunmehr noch beifügte: „qui multa
continentiae et ingenii bona uno superbiae malo perdidit" ; vgl. A. Schoene, Die
Weltchronik des Eusebius in ihrer Bearbeitung durch Hieronymus, Berlin 1900,
178 ff. Umgekehrt führt Basilius scharfe Klage über den Hochmut und die Un-
nahbarkeit des Papstes (Ep. 215; 239, 2). Weiteres über die Verhandlungen zwi-
schen Basilius und den Abendländern bei Schäfer a. a. 0. 61 ff.
* Das Datum ist gesichert. Rauschen, Jahrbb. der christl. Kirche unter dem
Kaiser Theodosius d. Gr., Freiburg i. Br. 18'J7, 476 f. Loofs, Eustathius von Sebaste,
HaUe 1898, 49.
§ 13. Basilius der Große. 2. Schriften. I35
Greg. Naz., Or. 43, 67. Hier., De vir. ill. 116. Ruf., Hist. eccl. 2, 9. Phot.,
'
'
Bas. M., Ep. 140, 2. Vgl. Ep. 251, 4. De Spir. S. 29, 71.
- Phot., Bibl. cod. 141.
3 Landwehr (Philologus 43, 1884, 135) wollte schon auf Grund eines Papyrus
aus dem 5. Jahriiundert (?) mit Exzerpten aus Briefen des Basilius behaupten
können, ,daß es im Altertum eine andere Textesüberlieferung des Basilius als die
uns vorliegende gab". Die neuen Herausgeber der Exzerpte, Schmidt und Schubart
(Altchristliche Texte, Berlin 1910, 37), sind vielmehr zu dem Ergebnis gelangt,
„daß im ganzen der Papjrus nur als Bestätigung der Handschriften gelten kaDn*.
§ 13. Basilius der Große. 3. Dogmatische Schriften. 137
Übersetzung der Schrift über den Heiligen Geist, der Homilien über das
Hexaemeron und der Briefe von Bl. Jackson steht in A
select Library of
Nicene and Post-Kicene Fathers of the Christian Church, Series 2, vol. 8,
New York 1895. Zur Kritik dieser Übersetzung vgl. W. M. Ramsay, Basil
of Caesareia: The Expositor, Jan. 1896, 49 61. —
Kaplanides hat sämtliche
Werke im Urtexte nach Migne und in neugriechischer Übersetzung, |j.iTa
ri!7Tr]c EpjXTjVsuTr/Y;; -apacppccuewc £ic -f,v y.ail' rjjxSc y.aftapEuoucjav, herauszugeben
begonnen. Über die zwei ersten Hefte des ersten Bandes, Athen 1900, vgl.
Ph, Meyer in der Theol. Literaturzeitung 1901, 195 f.
E. Fialon, Etüde historique et litteraire sur St Basile, suivie de l'Hexa-
emeron, traduit en francais. Ed. 2, Paris 1869, 8°. A. Bayle, St Basile,
—
archeveque de Cesaree (329 379). Cours d'eloquence sacree (1869 1870), —
Avignon 1878, 8°. J. Trunk, De Basilio M. sermonis Attici imitatore (Progr.),
Stutgardiae 1011, 4". Vgl. die Literaturangaben bei Hoff'mann, Bibliograph.
Lexikon der gesamten Literatur der Griechen ^ 1, 407 421. —
3. Dogmatische Schriften. — Der Intention des Verfassers
wird es entsprechen, von den dogmatischen Schriften auszugehen.
Alle seine Ethik und Asketik hat Basilius immer v^^ieder auf den
kirchlichen Glauben gestützt und gegründet. Sein dogmatisches Erst-
lingswerk war eine Streitschrift gegen Eunomius, den Schüler
und Freund jenes Antiocheners Aetius, welcher dem genuinen Aria-
nismus oder Anhomöismus neues Leben einzuhauchen versuchte. Um
361, nachdem er des kurz zuvor erlangten Bistums von Cyzikus an
der Propontis wieder verlustig gegangen war und nun seine Schritte
nach Konstantinopel gelenkt hatte, veröffentlichte Eunomius unter
dem Titel 'ATToloyia ein kleines Buch, welches sich auffälligerweise
noch erhalten hat (Migne, PP. Gr. 30, 835—868), ein „Credo" mit
Umschreibung und Erläuterung i. Das u'^ö/wloq wird fallen gelassen
und eine Ähnlichkeit im eigentlichen Sinne behauptet. Die ganze
' Über den mutmaßlichen Anlaß zur Abfassung s. Diekamp in der Byzant.
Zeitschr. 18, 1909, 4 ff.
138 Kleinasiaten.
*
Theodoret (Haeret. fab. 4, 3) berichtet von Eunomius: ooTog t^^v dsoXoyiav
rt/vokoyiav ä7:i(pi^\'S.
Trächtigkeitsdauer des Elefanten (Migne 45, 249), ein beträchtlicher Abschnitt des
Lebens des Eunomius {rfjq Ztufjq roü auyYpayewq oux ikd-naro'^ ß^pog^ 45, 252), viele
Olympiaden von Jahren (ip roaaüraiq irün' dku/nzcdai ebd.), eine größere Anzahl von
Jahren, als der Kampf um Ilion währte {b::kp töv 'IXtaxov Tzti'Xsßov t^ TzoXueua, 45,
953). Diekamp in der Byzant. Zeitschr. 18, 1909, 3 f.
Vgl.
* angeblichen Bücher Adv. Eun. 4—5 (Migne 29, 671—774) sind, wie
Die
schon S. 141 f ausgeführt wurde, erst später angehängt worden und haben mit Ba-
silius nichts zu tun.
§ 13. Basilius der Große. 3. Dogmatische Schriften. 139
140 Kleinasiaten.
.,De iudicio Dei", eine Mahnung zur Buße, und „De fide", eine Unter-
weisung über die Dreieinigkeit. Die Anleitung selbst besteht aus
80 Sittenvorschriften {opot, regulae), von welchen eine jede wieder in
mehrere Kapitel abgeteilt ist. Jedes Kapitel wird dann durch Aus-
sprüche des Neuen Testaments belegt und erhärtet. Außer allgemeinen
Christenpflichten kommen auch besondere Obliegenheiten einzelner
Stände zur Behandlung. Das Ganze erinnert sehr an das „Speculum"
Augustins. Zwei über das Mönchsleben handelnde „sermones ascetici"
(31, 869—888), welche wiederum in der von Photius benützten Hand-
schrift fehlten, vermitteln jetzt den Übergang von den „Möralia" zu
den beiden Mönchs- oder Klosterregeln (31, 889—1306): „Regulae
142 Kleinasiaten.
* Reg. brev. 2 74 103 220. Vgl. Garnier, Praef. in Opp. S. Bas. t. 2, § 11, 33.
* Vgl. die Vorbemerkung De fide c. 1 : toü j?£0'j rod zurs /isv ixsii^oug, vüv ök
xai ijßäq, xai zoüzo de ußäg, cza'^uxrauzog yzvia&ai diaxü>oug xaofjg diai'iijxrjg, c. 4
ouzwg y/jovoupsv xai ouzojg ;ia-ze^o/j.£v. — Maran (Vita S. Bas. c. 7, 3; Migne 29,
xxviii f) läßt die , Moralia" ohne greifbare Gründe schon im Jahre 361 verfaßt sein
und sieht sich nun gezwungen, die überaus peinliche Hypothese aufzustellen, daß
statt des augenscheinlich erst später geschriebenen Traktates ,De fide" ursprüng-
lich eine andere Belehrung über den Glauben den , Moralia" voraufgegangeu sei.
Nach Holl (Enthusiasmus und Bußgewalt usw. 157 f) wären auch diese zwei
•^
'
Der an die zitierte Notiz bei Sozomenus (Hist. eccl. 3, 14) anknüpfende Ver-
such Garniers (a. a. O. § 11, 44 ff), Eustathius von Sebaste als den Verfasser der
„Constitutiones" zu erweisen, war verfehlt. An diesem Punkte hat Maran (Vita
S. Bas. c. 43, 7
; Migne 29, clxxv f tiefer gesehen.
)
ä Greg. Naz., Or. 43, 62. Die Bedenken Holls (a. a. 0. 169 A. 2) gegen die
Glaubwürdigkeit der Angabe des Nazianzeners sind keineswegs durchschlagend.
144 Kleinasiaten.
1867, 20. —
Die in den kanonistischen Sammelwerken der späteren ägyp-
tischen Kirchen enthaltenen ,Kanones Basilius' d. Gr." weisen, soviel ich
sehe, nur sehr entfernte Anklänge an die „Ascetica" und an die Briefe des
Heiligen auf. Über den koptischen Text s. W. E. Crum, The Coptic version
of the „Canons of S. Basil": Proceedings of the Soc. of Bibl. Archaeology
26, 1904, 57 —
62. Den aus dem Koptischen geflossenen arabischen Text hat
W. Riedel. Die Kirchenrechtsquellen des Patriarchats Alexandrien, Leipzig
1900, 233 —
283, ins Deutsche übertragen. Die lOG Kanones betreffen den
Glauben (1), die beiden Wege (2), Ehe und Keuschheit (3 19), die Buß- —
strafen (20-27), Pflichten der Laien (28— 37), Pflichten der Kleriker (38 bis
95), die Liturgie (96 106). —
Riedel stellte fest, ,dai3 diese Kanones unter
keinen Umständen in allen ihren Zügen für Basilius in Anspruch zu nehmen
sind" (S. 232). Es ist beizufügen, daß dieselben auch ihrem Grundstocke
nach nicht auf Basilius zurückgeführt werden können. Eine eingehendere —
Würdigung der „Ascetica" aus neuerer Zeit ist mir nicht behannt. Vasson,
St Basile le Grand, ses oeuvres oratoires et ascetiques, Paris 1894, 16°, war
mir nicht zugänglich. A. Kranich, Die Asketik in ihrer dogmatischen Grund-
lage bei Basilius d. Gr., Paderborn 1896, 8", 70—97: „Bedingungen der
Askese; Askese im engeren Sinne." K. Holl, Enthusiasmus und Bußgewalt
beim griechischeu Mönchtum, Leipzig 1898, 8<>, 156 170: ,Das Ideal des —
Basileios."
freundeter Seite gedrängt, den Plan der Schrift entworfen, die Aus-
arbeitung aber aus irgend einem Grunde einem andern überlassen ^.
Das Buch „De virginitate" (30, 669 — 810) ist aus der Reihe der
Schriften des Kappadoziers zu streichen und sehr wahrscheinlich Ba-
silius von Ancyra zuzuweisen ^
Drei nur lateinisch vorliegende Traktate asketischer Richtung,
—
„De consolatione in adversis" (31, 1687 1704), „De laude solitariae
vitae", „ Admonitio ad filium spirituälem " sind in späteren Jahrhunderten
,
auf lateinischem Boden erwachsen und nur aus Mißverständnis mit dem
Namen des Kappadoziers in Verbindung gebracht worden.
Der Traktat „De consolatione in adversis" wäre nach einer alten Ver-
mutung nichts anderes als des Bischofs Viktor von Cartenna (im 5. Jahr-
hundert) „Ad Basilium quendam super mortem lilii consolatorius libellus"
(Gennadius, De vir. ill. 77), welcher lediglich deshalb unter die Schriften
Basiüus' d. Gr. gestellt worden sei, weil er an einen Basilius gerichtet war.
Für diese Vermutung auch Br. Czapla, Gennadius als Literarhistoriker
(Kirchengeschichtl. Studien 4, 1), Münster i. W. 1898, 152 f Gegen diese
Vermutung Fr. Görres (Der echte und der falsche Viktor von Cartenna),
Zeitschr. f wiss. Theol. 49, 1906, 486 f. Czapla dürfte eher überzeugen als
Görres. —
Der Traktat „De laude solitariae vitae' ist, wie schon bei Migne
31, 1703 bemerkt wird, S. Petri Damiani Opusc. 11, cap. 19. (laus eremiticae
vitae: Migne, PP. Lat. 145, 246 251). — —
Die „Admonitio ad filium spiri-
tuälem" findet sich, wie gleichfalls bei Migne 81, 1703 bemerkt wird, auch
unter den Werken Benedikts von Aniane (PP. Lat. 103, 683 700). Dieselbe —
Ist jedoch, wie 0. Rottmanner (Lit. Rundschau für das kath. Deutschland
1883, 617) erinnerte, ein Ausschnitt aus dem „Liber exhortationis, vulgo de
salutaribus documentis" (c. 20—45), welcher Paulinus von Aquileja (gest. 802)
—
zum Verfasser hat (PP. Lat. 99, 197 282), aber auch den unechten Werken
Augustins eingereiht zu werden pflegt (PP. Lat. 40, 1047 1078). Bruch- —
stücke einer angelsächsischen Übersetzung veröffentlichte H. W. Norman,
The anglo saxon version of the Hexameron of St Basil and the saxon . . .
5. An
die Jünglinge. —
Eine kleine Abhandlung „Ad adole-
scentes, quomodo possint ex gentilium libris fructum capere", ist in
—
der Mauriner- Ausgabe (31, 563 590) mit Unrecht unter die Predigten
gestellt worden. Basilius will einigen Neffen, Söhnen seiner Schwestern,
welche den Unterricht heidnischer Grammatiker oder Rhetoren be-
suchen, einen guten Rat geben. An der heidnisch-klassischen Literatur
könne und solle man seine Geisteskräfte üben, bis man fähig geworden,
in dieGeheimnisse der heiligen Schriften einzudringen, ähnlich wie
Moses durch die Wissenschaften der Ägypter, Daniel durch die Weis-
heit der Chaldäer hindurchgegangen sei. Freilich sei große Behutsam-
keit, sorgfältige Auswahl geboten. Man müsse den Honig suchen und
das Gift fliehen. Honig aber, sittlich Wahres und Schönes, sei für
den, der sucht, in reicher Fülle zu finden. Denn auch die Dichter,
die Geschichtschreiber und die Redner hätten nicht umhin gekonnt,
dem Guten Zeugnis zu geben, der Tugend die Palme zuzuerkennen.
In der lateinischen Übersetzung des Leonardi Bruiii von Arezzo ist diese
Abhandlung schon 14-')9 oder 1460 zu Mainz von 8choffer gedruckt worden;
vgl. Falk im KathoHken 19Ü.3, 2, l.')8 160. —
Basilius diente als Kronzeuge
für den Wert humanistischer Studien. Eine treffliche Sonderausgabe des
griechischen Originals besorgte C. A. F. Fremion, Paris 1819, 8". Dieser
— —
Ausgabe ist der Text bei Migne :il, 063 590, vgl. 1831 1844, entnommen.
Ans der grolken Zahl von Schulausgaben, welche zumeist auch Übersetzungen
oder Kommentare enthalten, seien hier genannt diejenigen von Fr. Oübner
und E. Letranc, Paris 1843, 16°; von E. Sommer, Paris 1857, 1873, 1876,
1894, 1903, 16"; von G. Lothholz, Jena 1857, 8°; von C. Wandinger, München
1858, 8<'; von J. Bach, Münster i. W. 1900, 1'2°. Vgl. H. Doergens, Der
hl. Basilius und die klassischen Studien. Eine gymnasial-pädagogische Studie,
Leipzig 1857, 8°. H. Eickhoflf. Zwei Schriften des Basilius und Augustinus
als geschichtliche Dokumente der Vereinigung von klas.sischer Bildung und
Christentum [Bas., Ad adolescentes, und Aug.. De doctrina christ.], Schleswig
1897, 4" (Progr.). Fr. M. Padelford, Essays on the study and use of poetry
by Plutarch and Basil the Great, New York 1902, 8". G. Büttner, Basileios'
d. Gr. Mahnworte an die Jugend über den nützlichen Gebrauch der heid-
nischen Literatur. Eine Quellenuntersuchung, München 19(i8, 8". Xach
Büttner soll Basilius einen kynisch - stoischen Traktat in Diatribenform,
welcher sich freilich nicht mehr nachweisen lasse, als Vorlage und Quelle
benützt haben. C. Weyinan im Hist. Jahrb. 30, 1909, 287—296, stimmte
Büttner zu.
Eine deutsche Übersetzung des griechischen Textes (nach der Ausgabe Da-
niels) bei R. Storf, Die griechischen Liturgien der Heiligen Jakobus, Markus,
Basilius und Chrysostomus Kempten 1877 (Bibl. der Kirchenväter). Eine
,
kappadozische Messe nach den Schriften des Basilius, Gregor von Nazianz
und Gregor von Nyssa."
'Conc. Quinisextum can. 32; Mansi, SS. Conc. Coli. 11, 957.
*Petrus Diac, De incarnat. et gratia c. 8, Migne, PP. Lat. 62, 90. Auch Leon-
tius von Byzanz (Adv. Nest, et Eut. 3, 19, Migne, PP. Gr. 86, 1, 1368) gedenkt
einer von Basilius verfaßten äva^opd.
^ Greg. Naz., Or. 43, 84. —Der unter dem Namen des Patriarchen Proklus
von Konstantinopel (gest. 446) gehende ,Tractatus de traditione missae" (Migne,
PP. Gr. 65, 849 S) ist so zweifelhafter Herkunft, daß sein Zeugnis über die Basilius-
Liturgie nicht in Anschlag gebracht werden kann.
10*
'
248 Kleinasiaten.
Ävoßoiwv atpeaig.
* Vgl. Migne 30 236 d'harai. ßkv yäp i&^rj dpt&fistff&at, zo Katnzadoxibv xal
, :
VaXarwv . . .
Maran, Vita- S. Bas. c. 42 (Migne 29, clxvi if). Vgl. auch M. Faulhaber, Die Pro-
pheten-Catenen nach römischen Handschriften (Diblische Studien 4, 2—3), Frei-
burg i. Br. 1899, 63—65.
Greg. Naz., Or. 43, 67.
*
—
Die Homilien 1 2 sind an einem Tage, morgens und abends, gesprochen
*
worden (Hom. 2, 1 8); ebenso die Homilien 8—9 (Hom. 8, 8; 9, 1) und wahr-
scheinlich auch die Homilien 6 —
7 (vgl. Hom. 8, 2). Ferner ist Homilie 3 auf den
—
nächsten Tag nach Homilie 1 2 und Homilie 8 auf den nächsten Tag nach Ho-
milie 7 gefallen (Hom. 3, 1 2; 8, 2). Es mag also mit C. Schenkl (S. Ambrosii
opp. 1, Viudob. 1897, Praef. i) anzunehmen sein, daß der Vortrag sich über sechs
aufeinander folgende Tage erstreckte und dafs am ersten, fünften und sechsten Tage
je zweimal, am zweiten, dritten und vierten Tage je einmal, vermutlich morgens,
gepredigt wurde. Anders Allard, St Basile 156: „Basile precha deux fois par
**
homilien. Wahrscheinlich sind indessen unter den von Gregor von Nazianz ge-
^
150 Kleinasiaten.
Ausnahme zu erleiden.
Weitere Homilien über biblische Bücher hat Basilius nicht hinter-
lassen. Daß Kassiodor auch Basilius den griechischen Lehrern zuzählt,
von welchen berichtet werde, daß sie die Schriften des Alten und des
Neuen Testaments „ab ipso principio usque ad finem" erklärt hätten
ist ohne allen Belang. Predigten über abgerissene Bibelverse werden
wir sogleich noch kennen lernen.
1910, 194 —
228. Ein Beitrag zur Quellenkritik der Hexaemeronhomilien bei
P. Plaß, De Basilii et Ambrosii excerptis ad historiam animalium pertinen-
tibus (Diss. inaug.), Marpurgi Catt. 1905, 8". —
Die zwei unechten ,Orationes
de hominis structura" (Migne 30, 9 62) stehen als „Orationes in scripturae
verba: Paciamus hominem ad imaginem et similitudinem nostram" auch unter
den Werken Gregors von Nyssa (Migne 44, 257—298), welch letzterem sie
freilich ebensowenig angehören können wie Basilius.
Die Nachträge zu den Psalmenhomilien aus der Psalmenkatene des Ni-
cetas von Heraklea bei Card. Pitra, Analecta sacra et classica. Paris. 1888,
pars 1, p. 76-7IO0. Über die von Rufinus übersetzten Homilien und Pre-
digten s. bei den Predigten.
nannten „Auslegungen für die Schwächeren" {ac i^jy-fjoeiq 5? rofs /iixpä ßUnournv
Or. 43, 67) die Psalmenhomilien zu verstehen. Auch sind die Homilien
di'aizrüaasi,
über Ps 1 und über Ps 59 als „Basilii oratiunculae" von Rufinus von Aquileja ins
Lateinische übersetzt worden (Migne 31, 1723—1733; 1790—1794).
* Cassiod., Instit. div. litt., praef.
§ 13. Basilius der Große. 7. Homilien und Predigten. 151
hat auch H. Delehaye (S. Barlaam, Analecta Bolland. 22, 1903, 132) Garnier bei-
gepflichtet. Barlaam ist ein antiochenischer Heiliger, und die kleine, aber schöne
Lobrede ist auch zu Antiochien gehalten worden.
152 Kleinasiaten.
scentes, ist, wie schon erinnert, überhaupt keine Predigt, sondern eine
Abhandlung.
Acht früher unter des Basilius Namen gedruckte Predigten haben
die Mauriner nicht als echt anerkennen können (31, 1429 —
1514).
Aber auch hier tut eine Nachprüfung ihrer Stellungnahme not. Zwei
dieser Predigten wenigstens sind von neueren Kritikern mit unleug-
barem Erfolge als basilianisch verteidigt worden, die Predigt In sanctam
Christi generationem (auf „Theophanie" oder Epiphanie) von Usener^
die Predigt Adversus eos qui per calumniam dicunt dici a nobis deos
tres von Holl-.
Zugestandenermaßen war Basilius ein Prediger von Gottes Gnaden.
Kein Grieche seiner Zeit wird ihm den Vorrang streitig machen können.
Umfassende wissenschaftliche und rhetorische Vorbildung paarte sich
in ihm mit einer in die Tiefe gehenden Welterfahrung und Menschen-
kenntnis. Und hinter seinem Worte stand, selbst schon eine Pre-
digt, seine ganz und gar in den Idealen des Christentums aufgehende
Persönlichkeit. Seinen Ausdruck kennzeichnet, trotz aller Schönheit
und Gewandtheit, eine vornehme Einfachheit und edle Popularität.
Gregor von Nazianz hat Freude an Schmuck und Pathos. Basilius
will nicht gefallen und nicht glänzen, sondern bewegen und hinreißen.
Die ij&txoi köyoi xat Tzpaxzixoi, um mit dem Nazianzener zu reden,
liegen ihm am nächsten. Hier kann das eigene Ich am unmittelbarsten
heraustreten. Welch unwiderstehliche Gewalt durchweht und durch-
bebt die Mahn- und Strafreden „Über die Reichen" (Nr 7), „Gegen
die Trunkenbolde" (Nr 14), „Gegen die Wucherer" ^I Mitunter scheint
der Redner etwas leidenschaftlich zu werden und zu weit zu gehen.
Auch hat er begreiflicherweise nicht jede Predigt mit der gleichen
Sorgfalt vorbereitet. Da er, wie schon die Hexaemeronhomilien zeigten,
nicht selten an einem Tage zweimal predigte, so mußte er auf schrift-
liche Ausarbeitung verzichten und aus dem Stegreif sprechen. Eben
den Hexaemeronhomilien haften auch noch Spuren eines improvisierten
Vortrags an, der dann durch den flinken Griffel der Tachygraphen
aufgefangen wurde*.
* Usener, Religionsgeschichtl. Untersuchungen 1', Bonn 1911, 249 ff. Sehr mit
Recht wird hier betont, daß das Wort i^corJzo? im Munde des Basilius durchaus
nicht befremden dürfe.
^ Hell, Amphilochius von Ikonium, Tübingen
1904, 143 A. 1.
' Die Rede ^.Gegen die Wucherer", auch für die Kulturgeschichte wertvoll,
steht als Homilie über Ps 14 unter den exegetischen Homilien, Migne 29, 263—280.
* Gegen Eingang der achten Homilie über das Hexaemeron wird der Redner
durch Winke der Zuhörer unterbrochen und darauf aufmerksam gemacht, daß er
von den Wassertieren zu den Landtieren übergegangen sei, ohne von den Vögeln
(TTSTstva, Gn 1, 20) gehandelt zu haben.— Rufinus sagt von Basilius und Gregor
von Nazianz: „Exstant quoque utriusque ingenii nionumenta magnifica tractatuum
quos ex tempore in ecclesiis declamabant" (Hist. eccl. 11, 9).
;
Venetiis 1827, 370 401.— Doch hat Basilius entschieden besser beglaubigte
Ansprüche als Severian. Exzerpte aus der 14. Predigt, „In ebriosos", in
slavischer Sprache sind nach einer Handschrift des Jahres 1076 mitgeteilt
worden von VI. Bobrov im Archiv f. slavische Philologie 26, 1904, 478 480. —
Eine Schulausgabe der Predigt In illud „Attende tibi ipsi" (rrpoTeye
3,
jcauTtij, Dt 15, 9), besorgte E. Sommer, Paris 1861 u. ö. Von A. Melardis
Ausgabe dieser Predigt ist, soviel ich weiß, nur , Parte 1 introduzione filo-
:
Schriften des hl. Basilius zusammengetragen worden sind (Migne 32, 1115 bis
1382 >. Neben echten hat der Metaphrast auch unechte Schriften verwertet.
Vgl. Fr. Diekamp in der Theol. Quartalschrift 77, 1895, 284 f.
Seit dem Erscheinen der Mauriner-Ausgabe wurden noch einige weitere
Predigten unter des Basilius Namen ans Licht gezogen. A. M. Bandini ver-
öffentlichte 1763 einen sermo S. Basilii de contubernalibus ("spl TÜiv j'nv.z-
'ixTiov), abgedruckt bei Migne 30, 811 —
828, schon aus inneren Gründen sehr
verdächtig. Chr. Fr. Matthäi hat 1774 und wiederum 1775 drei Homilien
herausgegeben De perfectione vitae monachorum, De misericordia et iudicio
:
und Homilia consolatoria ad aegrotum. Die erste ist jedoch nichts anderes
als der ebenso überschriebene Brief des Basilius Nr 22 (Migne 32, 287 294), —
die zweite ist mindestens zweifelhafter Herkunft, die dritte sicher unecht.
Die zweite und die dritte stehen bei Migne 31, 1705 —
1722. Auch der 1853
von Kardinal Mai edierte sermo de sacerdotum instructione, bei Migne 31,
1685 — 1688, dürfte kein Vertrauen verdienen. In koptischer Sprache ist eine
griechisch nicht bekannte Predigt über das Ende der Welt unter des Basilius
Namen überliefert, koptisch und englisch bei Budge, Coptic Homilies in the
dialect of Upper Egypt, London 1910, 105—114 248—257.
J. G. Krabinger, Basilius' d. Gr. auserlesene Homilien, aus dem Griechischen
Obersetzt und erläutert, Landshut 1839, 8". (Krabinger übersetzt 14 Predigten
und berichtigt zugleich den Originaltext nach Handschriften.) F. J. Winter,
Basilius d. Gr. Ausgewählte Reden in deutscher Übersetzung (G. Leonhardi,
Die Predigt der Kirche 19), Leipzig 1892. (Winter übersetzt 12 Predigten.) —
L. Roux, Etüde sur la predication de Basile le Grand, archeveque de Cesaree,
Strasbourg 1867, 8°.
254 Kleinasiaten.
Beachtung fand und in der Tat auch eigenartige Reize bietet. Schon
Gregor von Nazianz hat, einem jungen Freund zur Lust und Lehre,
eine Sammlung der Briefe des großen Basilius veranstaltet
i.
Mehrere
hundert Briefe und
von an Basilius sind handschriftlich in einer
Sammlung überliefert, welche so, wie sie vorliegt, einer verhältnis-
mäßig späten Zeit entstammen muß, weil sie manche Anzeichen einer
bereits getrübten Tradition aufweist 2. Unter den Herausgebern sind
die Mauriner die ersten gewesen, welche, gestützt auf die Vorarbeiten
Tillemonts, diese Briefmasse kritisch musterten und chronologisch
ordneten (bei Migne 32, 219 —
1110) 3. Sie unterschieden drei Gruppen:
1. „epistolae ante episcopatum scriptae, ab anno 357 ad annum 370,
quibus adduntur nonnullae dubiae, quia videntur ad hoc tempus per-
tinere" (Nr 1 —
46); 2. „quas episcopus scripsit (Basilius), ab anno 370
ad annum 378" (Nr 47 —
291); 3. „epistolae nulla temporis nota sig-
natae cum pluribus dubiis et spuriis nonnullis" (Nr 292 —
365). Gegen
die Chronologie der Mauriner erhob Ernst (1896) energischen Ein-
spruch. Eine Untersuchung der Korrespondenz des hl, Basilius mit
den Okzidentalen führte ihn zu Resultaten, welche von den Ansätzen
der Mauriner beträchtlich abwichen, ja die bisherige Umrahmung des
Lebens des hl, Basilius überhaupt in Frage stellten. Doch fand er
schon bald seinen Kritiker. Mit überlegener Umsicht hat Loofs
(1898), die Beziehungen und Verhandlungen zwischen Basilius und
Eustathius von Sebaste zum Ausgangspunkte nehmend, den Nachweis
geliefert, daß die Datierungen der Mauriner in der Hauptsache durchaus
zu Recht bestehen. Auch die Kritik der Mauriner hat sich im großen
und ganzen bewährt. Nur einige wenige von den Maurinern nicht
beanstandete Stücke der Sammlung sind inzwischen als fremde Ein-
dringlinge entlarvt worden. Die Briefe 16 und 189 gehören nicht
Basilius, sondern Gregor von Nyssa an, und die Briefe 50 und 81
sollen nach der Vermutung Wittigs (1902) der Feder des hl, Chryso-
stomus entflossen sein. Das Verdikt der Mauriner über die an-
gebliche Korrespondenz zwischen Basilius und Apollinaris von Laodicea,
Brief 361 —
364, ist durch Sebastianis Veröffentlichung eines weiteren
gefälschten „Briefes des Basilius an Apollinaris" (1796) von neuem
bestätigt worden*. Dagegen hat die von den Maurinern, im Wider-
spruch mit Tillemont, gleichfalls als unecht verworfene Korrespondenz
—
über die Briefe in Marans „Vita S. Bas." (Migne 29, v ff), besonders c, 38 39, zu
vergleichen.
* Vgl. vorhin S. 129,
§ 13. Basilius der Große. 8. Briefe. 155
erklärt: „In der Schönheit der Briefe bin ich besiegt worden, und der
Sieger ist Basilius" (Ep. 338). Der Inhalt ist von ungewöhnlich
reichem Wechsel. Ein Teil der Briefe an Libanius würde in die Reihe
der freundschaftlichen oder vertraulichen Briefe zu stellen sein, welche
sich um persönliche Interessen drehen. Ein anderer Teil wäre der Gruppe
von Empfehlungsschreiben zuzuweisen, welche bei höher stehenden
Persönlichkeiten ein gutes Wort zu Gunsten einzelner oder auch ganzer
Städte und Dörfer einlegen. Aus einer dritten Klasse von Briefen
spricht der Seelsorger, im Unglück tröstend, in Nöten und Zweifeln
Rat erteilend, zur Besserung mahnend, zur Vollkommenheit ermun-
ternd. Brief 93 empfiehlt der Patrizierin Cäsaria, „sogar Tag für
Tag zu kommunizieren und an dem heiligen Leibe und Blute Christi
teilzunehmen". Der gelehrte Theologe geht auf dogmatische Fragen
ein. Brief 38, an Gregor von Nyssa, erörtert den Unterschied zwischen
oWia und unoaraaiQ und lehrt eine göttliche ouaia in drei ijzoazdcrsig^.
Statt oTToardaeiQ heißt es anderswo auch r.püacor.a (Ep. 214, 3 4). —
Die zu einem Ganzen sich zusammenschließenden Briefe 233 236, —
an Bischof Amphilochius von Ikonium, vertiefen sich in die Fragen
nach dem Verhältnis von Vernunft und Offenbarung, nach natürlicher
und übernatürlicher Gotteserkenntnis usw. Als Wächter des Glaubens
dringt Basilius immer wieder auf die Hochhaltung des Symbolums
von Nicäa und die Anerkennung der Gottheit des Heiligen Geistes.
„Wer einem andern Glaubensbekenntnisse angehangen hat und nun
Aufnahme in die Gemeinschaft der Rechtgläubigen erlangen will,
oder wer jetzt den ersten Unterricht in der Lehre der Wahrheit zu
' Nach den Maurinern ist dieser Brief 38 der Brief des hl. Basilius über den
Unterschied der Hypostasen, dessen das Konzil von Chalcedon 451 (Alloc. ad Mar-
cianum Imp. Mansi, SS. Conc. Coli. 7, 464) in so schmeichelhafter Weise gedacht
;
hat (ebenso Fessler- Jungmann, Institt. Patrol. 1, 519, n. 1). Aber das Konzil spricht
unverkennbar von einem Briefe, welcher die Unterschriften der Mitbischöfe des
hl. Basilius trug, und damit dürften wir auf Brief 125 hingewiesen werden, das
dogmatische Expose, welches uns freilich nur mit der Unterschrift des Bischofs
Eustathius von Sebaste überliefert ist, welches aber auch als Synodalschreiben, mit
den Unterschriften der Teilnehmer einer Synode zu Nikopolis im Sommer 373, in
Umlauf gewesen sein muß. Vgl. Loofs a. a. 0. 28.
)
1 56 Eleinasiaten.
—
626 664; Fr. Loofs, Eustathius von Sebaste und die Chronologie der Basilius-
Briefe, Halle a. S. 1898, 8"; J. Schäfer, Basilius' d. Gr. Beziehungen zum
—
Abendlande, Münster i. W. 1909, 11 34. E. Buonaiuti, Attraverso l'Episto-
lario di S. Basiho Rivista stör -erit. delle scienze teol. 4, 1908, 122—132.
:
Brief 16, „adversus Eunomium haereticum", ist weder ein Brief noch
von Basihus, sondern ein Ausschnitt aus Greg. Nyss., C. Eun. 10 (Migne,
PF. Gr. 45, 828). Fr. Diekamp, Ein angeblicher Brief des hl. Basilius gegen
Eunomins Theol. Quartalschritt 77, 1895, 277—285. Vgl. unten zu Brief 189.—
:
üie Briefe 42 —
46 war schon Maran (Vita S. Bas. 12, 8; Migne 29, liv f
nicht abgeneigt dem hl. Nilus zuzuweisen. Nach Holl (Araphilochius von
Ikonium, Tübingen 1904, 14 A. 3) ist Brief 42, „ad Chilonem", „einer der
Nilusbriefe, die in die Sammlung des Basilius geraten sind", und dabei dürfte
es verbleiben wiewohl was Hall entging, Brief 42 von A. Papadopulos-
, ,
' Vgl. Card. Pitra, Iuris eccles. Graecorum bist, et monum. 1, Romae 1864, Lii.
§ 13. Basilius der Große. 8. Briefe. 157
1790). — Brief 47, fälschlich „Gregorio sodali" überschrieben, ist ein Schreiben
Gregors von Nazianz des Älteren an Bischof Eusebius von Sa'mosata und
steht auch unter den Briefen Gregors von Nazianz (Nr 42, Migne 37, 87 bis
89).— Die Briefe 50 und 81, ,Innocentio episcopo", sollen nach Wittig von
Chrysostomus geschrieben und an Papst Innocenz I. gerichtet sein. J. Wittig,
Studien zur Geschichte des Papstes Innocenz I. und der Papstwahlen des
5. .Jahrhunderts: Theol. Quartalschrift 84, 1902, 388—439. Vgl. indes
Chr. Baur, S. Jean Chrysostome, Louvain 1907, 263. —
Zu den Briefen 53
und 54, ^chorepiscopis", vgl. Fr. Gillmann, Das Institut der Chorbischöfe im
Orient (Veröffentlichungen aus dem Kirchenhistor. Seminar München 2, 1),
—
München 1903, 99 105. Vgl. jedoch die Einwürfe gegen die Echtheit der
Briefe 53 — 55 bei Schäfer a. a. 0. 5—7. —Die Briefe 134 und 135, 223,
333 und 334 sind in den neueren Forschungen zur Geschichte der Steno-
graphie in der alten Kirche viel genannt worden. A. Schramm (Korrespon-
denzblatt, Amtliche Zeitschr. des k. Stenographischen Instituts zu Dresden 48,
1903, 221 ff 241 if) wollte aus Brief 134 schließen, „daß Basilius d. Gr.
selbst der Tachygraphie mächtig gewesen ist und es nicht unter seiner Würde
gehalten hat, darin Unterricht zu geben" (S. 222), Sätze, für welche Fr. Maier
(ebd. 49, 1904, 42 ff) mit Recht den Beweis vermißte. Jedenfalls aber hat
Basilius Tachygraphen beschäftigt und den zeitweiligen Mangel an solchen
schmerzlich empfunden (Ep. 134; 135, 2). —Zu den Briefen 155, 164 und
165, welche mit der Überführung der Reliquien des gotischen Märtyrers Sabas
(gest. 12. April 372) nach Cäsarea in Kappadozien in Zusammenhang stehen,
vgl. G. Pfeils chifter. Kein neues Werk des Wulfila Veröffentlichungen aus
:
de continentia" ist 1845 von Kardinal Mai veröffentlicht und bei Migne 32,
—
1109 1112, als Nr 366 an die 365 Briete der Mauriner- Ausgabe angeschlossen
worden. —
Einen neuen Brief Gregors von Nazianz an Basilius nebst der
Antwort des letzteren, zwei kurze, in scherzhaftem Tone gehaltene Billetts von
unzweifelhafter Echtheit, edierte G. Mercati, Varia sacra, fasc. 1, Roma 1903,
53—56.
9. Trinitätslehre. —
Es ist allgemein anerkannt, weil durch eine
Unzahl von Quellenzeugnissen festgelegt, daß Basilius von Anfang
bis zu Ende seiner schriftstellerischen Laufbahn sich zum Nicänum
bekannte und das Nicänum nur noch durch Deklaration der Gottheit
und Homousie des Heiligen Geistes ergänzt zu sehen wünschtet Sein
Schlagwort lautete lüa odala, rpslg uTtoardaeiQ oder auch rpla 7:p6a(ü~a:
die Unterscheidung zwischen ouaia Wesen und bmioraaiq = Person =
war um die Mitte des 4. schon herrschend
Jahrhunderts in Kleinasien
geworden 2. Am liebsten würde Basilius sonder Zweifel bei der Ver-
teidigung dieses Schlagworts stehen geblieben sein. Er war so tief
durchdrungen von der Notwendigkeit, in Glaubenssachen an der Tra-
dition festzuhalten, von der Unmöglichkeit, die Geheimnisse der Offen-
barung philosophisch zu beweisen, von der Mittelbarkeit und Un-
zulänglichkeit aller Gotteserkenntnis überhaupt 3. Aber der Kampf
mit den Gegnern des Nicänums und den Pneumatomachen hat ihn
vorwärts getrieben. Und wiewohl er nicht in dem Maße mit speku-
lativem Ol gesalbt war wie sein jüngerer Bruder, so hat er sich doch
auch auf dogmatischem Gebiete als der Pfadsucher und Pfadfinder
unter den drei Kappadoziern bewährt. „Er hat die Grundlinien ge-
zogen, innerhalb deren die beiden andern ihre weiteren Konstruktionen
^
ausführten."
Nach einer fast schon beliebt soll er sogar
gewordenen Hypothese
einer neuen Orthodoxie die Wege gebahnt
Die Kappadozier haben.
und Basilius an ihrer Spitze hätten den ursprünglichen Sinn des Ni-
cänums verschoben. Die durch den Terminus opoooatoq ausgedrückte
Wesensgemeinschaft sei von den „Altnicänern" als Wesens-
einheit, von diesen „Jungr icänern" aber als Wesensgleich-
heit gedeutet worden. Nur das Woit des Nicänums sei zum Siege
'
Vgl. etwa die soeben zitierten Stellen aus Ep. 125, 1 und Ep. 258, 2. Weitere
Stellen , welche dasselbe besagen verzeicbnet der Index analyticus in
, tomum 4
s. V. Nicaea, bei Migne 32, 1480.
* Den Beweis liefern das Schreiben homöusianischen Synode zu Ancyra
der
vom Jahre 358 (Epiph., Haer. 73, die Denkschrift der Häupter der
2—11) und
Homöusianer, des Basilius von Ancyra und Georgius von Laodicea, vom Jahre 359
(ebd. 73, 12—22).
» Siehe namentlich Ep. 233—236.
* Holl, Amphilochius von Ikoniura, Tübingen 1904, 122. Holls Darstellung der
Theologie des hl. Basilius ist reich an treffenden Beobachtungen, aber freilich auch
reich an Anlässen zum Widerspruch. Vgl. schon Diekamp in der Theol. Revue
1904, 333 f.
§ 13. Basilius der Große. 9. Trinitätslehre. 159
gelangt. Der Gedanke des Nicänums habe einer neuen, erst aus dem
Homöusianismus herausgewachsenen und mit diesem im wesentlichen
identischen Lehre weichen müssen.
Dieser „Jungnicänismus" ist den Denkmälern der Geschichte fremde
Die Kappadozier waren nach Ausweis ihrer Schriften Nicäner schlecht-
weg, insofern sie ebensowohl die numerische Einheit des Wesens wie
die Unterschiedenheit der Personen vertraten. Einen Gegensatz zwischen
ihnen und Athanasius, Epiphanius usf. kann man nur dann behaupten,
wenn man diese letzteren für Sabellianer erklärt. Daß die Homö-
usianer der Synode von Ancyra 358 der Wahrheit nahe gekommen
seien, hat Athanasius ebenso bereitwillig anerkannt wie Basilius. Die
homöusianische These aber, daß das önoaüaioQ zum Sabellanismus führe,
weil es den Unterschied der Personen aufhebe, haben beide bestritten.
Mehrdeutige Ausdrucksweisen begegnen allerdings auch bei Basilius.
Die Intention indes liegt klar zu Tage z«r tu loid^uu tojv ÜKoavdaewv
:
gehe, während die Art des Ausgangs oder die Weise des Ursprungs
des Heiligen Geistes unaussprechbar bleibe: roD os -pü-o'j ty^q o-ap^aojg^
d^pr/rou ^uXaaao/iiuou^.
Nichtsdestoweniger wußte Basilius ebensoviel wie mancher kühnere
Zeitgenosse, welcher auch dem Geiste sein Idteo/m zuzuweisen verstand.
Seine ayvoia gründet wesentlich in der ängstlichen Scheu, irgend etwas
aufzustellen, was nicht ganz und voll durch Schrift und Tradition ver-
bürgt schien. Er hat in der Schrift über den Heiligen Geist den Aus-
gang des Geistes nach zwei Seiten hin genauer bestimmt. Erstens
nämlich geht der Geist nicht durch Zeugung aus Gott aus, sondern
wie ein Hauch des Mundes: ix roh ^eou -poeXbov, od ytvvr^Twc, a)Q !>
o'töc, (llX üjQ TC'^eona azopazog wjzoo (18, 46). Und zweitens geht der
Geist aus dem Vater durch den Sohn aus: q (p'jar/./j uya^inTjC, xat b
xazä ipöavj dyiaapoc, xdi zo (idothxhv dqiojpa ix T.azpuc, oiä zoo povo-
yevoÜQ im zo 47), weshalb auch der Geist, nach
Tzvthpa dtqxtt (18,
rückwärts sozusagen, durch den Sohn mit dem Vater verbunden ist:
Ol kvac ulou zw £i/} -azp\ oova~zößevo'j (18, 45). Und dei zweite
Punkt, die Vermittlung des Ausgangs des Geistes durch den Sohn,
ist auch schon in dem Werke gegen Eunomins ausgesprochen ^. Zum
Schlüsse des zweiten Buches (2, 34) wird unverkennbar gelehrt, daß
nicht der Sohn allein, wie Eunomins behauptete, sondern Vater und
Sohn gemeinsam den Geist hervorbringen. Die berühmten Worte zu
Anfang des dritten Buches (3, 1) hingegen, der Geist habe nach dem
Sohne seine Stelle, „weil er von ihm das Sein hat und von ihm nimmt
und uns mitteilt und ganz und gar von diesem Prinzip abhängig ist"
(izap auzoü zo zivai i/ov xat Tzap auzou Äaßßd)/ov xai (hjayyi'/j.ov rjpiv
xac oXoQ zTjQ oiziaQ ixsivrjc, i$7]ppivov), werden als spätere Interpolation
preiszugeben sein sie sind, : soweit sich zur Stunde übersehen läßt,
zu schwach bezeugt, stören Symmetrie der Satzbildung und gehen
.e
immerhin über des Basilius Lehre hinaus.
Über die Stelle „Adv. Eun. 3, l*", deren ursprünglicher Wortlaut auf dem
Florentinum den Gegenstand ernster Verhandlungen zwischen Okzidentalen
und Orientalen bildete, s. (L. Vallee,) Dissertatio qua expenditur celebris locus
S. Basilii M. de processione Spiritus Sancti a Patre Filioque, Lutet. Paris.
1721, 2°. (Vallee vertritt die Echtheit der vorhin als spätere Interpolation
bezeichneten Worte.) A. Kranich, Der hl. Basilius in seiner Stellung zum
,Pilioque', Braunsberg 1882, 8". (Kranich S. 61 81 stimmt Vallee zu.) —
* Zur Geschichte des von Basilius, wie es scheint, zuerst in die trinitarischen
Verhandlungen eingeführten Ausdrucks rpoizog t^s Ondp^ewg vgl. Holl, Amphiochius
von Ikonium 240 ff.
* Ebenso Sermo 24, 7 o ßkv uivg ix zoO Tzazpdg yB^/vTjTcüg, rb 8k Tzvsüßa äftp'q-ujg
:
ix TO'j »?£0(5.
^ Sowie auch schon in der Denkschrift der Homöusianer vom Jahre 359: rd
TTveüßa TÖ ayiov, ?> ij i'Jzia ypa<pr^ Tzapdxkrjzov övoßd^st, ix —arpög Si uloü ü^eazwza
(Epiph., Haer. 73, 16).
Bardenüewer, Gesch. der altkirchl. Literatur. lU. 11
162 Kleinasiaten.
terum philosophorum doctrina (Diss. inaug.), Monast. Guestf. 1911, 8*"; vgl.
vorhin S. 153.
1. Individualität. —
Gregor von Nazianz ist aus anderem
Holze geschnitzt als Basilius: eine sanfte und weiche Seele, allen
Eindrücken zugänglich und gern dem Augenblick sich überlassend,
leicht erregt und leicht beruhigt. Basilius war die Ulme, und Gregor
war die Rebe, die sich um die Ulme schlingt. Mag Gregor noch so
sehr zu Überschwenglichkeiten neigen, es war keine bloße Phrase,
wenn er um
373 seinem Freunde schrieb: „Ich habe dich von Anfang
an verehrt und verehre dich auch heute noch als den Führer des
Lebens und den Lehrer des Dogmas (ycai ß'wj ycai^r^yrj-r^v xai doyiiaxco^^
oiddaxaÄov) und- den Inbegriff alles Guten." ^
Dieser Führer des Lebens war aber auch oft machtlos. Gregor
ließ sich von den Wellen tragen. Zögernd wird er Priester, zögernd
wird er Bischof, sogar Bischof der Stadt Konstantins. Dann aber
zieht es ihn unwiderstehlich von der Höhe hinab in möglichst tiefe
Einsamkeit: „denn beschauliche Ruhe ist dem Glänze tätigen Lebens
vorzuziehen." 2 Und aus der Einsamkeit drängt ihn das eigene Pflicht-
gefühl alsbald wieder zurück in das Getriebe der Welt: „denn ein
jeder aus uns hat nicht für sich allein das Dasein erhalten, sondern
auch für alle diejenigen, welche der gleichen Natur teilhaftig und von
'
Greg. Naz., Ep. 58.
' Ep. 131 äniidyiiwj yäp yjaw/ia
: zf^g iv r.fidyßaat nspta>a>£iag Ttfiumipa.
§ 14. Gregor von Nazianz. 1. Individualität. 163
zwischen „Flucht" und „Rückkehr", der Flucht ins Gebirge und der
Rückkehr in die Öffentlichkeit.
Kein Kirchenfürst und überhaupt kein Mann der Praxis, hat Gregor
um so reichere Lorbeeren geerntet als Redner und als Dichter. Er
beherrscht die Sprache und legt Fleiß auf Formgebung. Er besitzt
eine Einbildungskraft, welche alle Höhen und Tiefen zu durchmessen
scheint, und er handhabt mit vollendeter Meisterschaft alle jene „seit
Jahrhunderten im Kampfgetümmel und Siegesjubel erprobten Waffen
hellenischer Rhetorik" 2. Seine gottesdienstlichen Vorträge sind „Reden",
keine „Predigten", selbstbewußte Proben rhetorischer Technik. Seine
Gedichte bewegen sich gleichfalls, wenige Ausnahmen abgerechnet,
in den Geleisen antiker Schultradition. Gewidmet ist sein Wort, das
gebundene wie das ungebundene, in erster Linie der Verteidigung des
Glaubens und der Kirche. Er w^ar im Umkreis seiner Zeitgenossen
einer der namhaftesten und glücklichsten Vorkämpfer der Lehre von
dem dreieinigen Gott und der Lehre von dem Gottmenschen. Wünschte
Basilius zu denen gezählt zu werden, „die nie ihr Knie vor Baal ge-
beugt" 3, so rühmt Gregor sich, die den göttlichen Büchern entnommene
und von den heiligen Vätern überkommene Lehre stets unverändert,
„ohne jede Akkommodation an die wechselnden Zeitverhältnisse", fest-
gehalten zu haben*.
Sturmbewegte Tage hat allerdings auch Gregor durchlebt. Häufig,
häufiger vielleicht, als nötig war, entlockt er seiner Lyra dumpfe
Trauerklänge über seine Kämpfe und Kümmernisse und Enttäuschungen.
Was immer aber die Mitwelt gesündigt hat, die Nachwelt hat es voll
gesühnt. Auch Gregor ward in die kleine Zahl der „ökumenischen großen
Lehrer" der griechischen Kirche aufgenommen^. Und wem von diesen
Dreien, Basilius, Gregor und Chrysostomus, die meisten Enkomien
geweiht und Hymnen gesungen worden, wird schwier festzustellen sein.
Auffallend früh haben Orient und Okzident die Lehre Gregors ge-
wissermaßen als Norm des Glaubens anerkannt. Schon Rutinus von
Aquileja schreibt in der Vorrede seiner Übersetzung einiger Reden
Gregors: „Manifestum namque indicium est non esse rectae fidei omnem
qui in fide Gregorio non concordat. " ^ Bald nachher führt Augustinus
Gregor mit den Worten ein: „Magni nominis et fama celeberrima illustris
episcopus de partibus Orientis, cuius eloquia ingentis merito gratiae
etiam in linguam latinam translata usquequaque claruerunt. " ^ Der
'
Or. 25, 4.
^ Norden, Die antike Kunstprosa, Leipzig 1898, 2, 562.
^ Bas. M., Ep. 156, 3. * Greg. Naz., Or. 33, 15.
* Vgl. vorhin S. 135. ^ Corpus Script, eccles. lat. 46. Vindob. 1910, 5.
' Aug., C. lul. 1, 5, 15.
11*
164 Eleinasiaten.
Orient schmückte Gregor mit dem Titel o deo/MyoQ, den das Chalce-
donense sich beeilte, gleichsam offiziell zu bestätigen ^. Ohne Zweifel
war er jenen Reden über die Trinität entlehnt worden, welchen Gregor
selbst den Namen zy^q iieoloylac, h'qoi gegeben hatte -. Maximus Kon-
fessor, Johannes von Damaskus und viele andere Dogmatiker haben
den Theologen nicht bloß mit Vorliebe zitiert, sondern auch kommen-
tiert. Diese letztere Ehre ist keinem andern griechischen Vater des
4. Jahrhunderts beschieden gewesen 3, Gregor aber in fast verschwen-
derischer Fülle. Mit den Dogmatikern wetteiferten nämlich die Rhe-
toren ; ja sie sind anscheinend noch früher auf den Plan getreten.
Die bisher bekannt gewordenen Schollen dürften sich zu ziemlich
gleichen Teilen in dogmatische und rhetorische scheiden lassen. Der
Theologe galt eben auch als der christliche Klassiker auf dem Gebiete
der Rede, Man erkannte richtig, daß von den Wortführern des christ-
lichen Altertums keiner so großes Interesse für den äußeren Aufputz
des Vortrags bekundet, keiner in solchem Maße alle Kunstmittel der
Rhetorik zur Anwendung gebracht hatte wie Gregor^.
Der Besprechung der Schriften Gregors im einzelnen muß not-
wendig eine Skizze seines Lebens voraufgeschickt werden.
Eine Saramelausgabe der Schriften des Nazianzeners im Originaltexte
erschien zuerst 1550 zu Basel bei Herwagen in einem Foliobande. Es war
eine getreue Wiedergabe des codex Vaticano-Palatinus 402 saec. XI, welcher
nicht zu den besseren Handschriften zählt s. A. Misier, Origine de Tedition
;
arbeiter (J. du Frische, Fr. Louvard, Pr. Maran) endlich von Ch. Clemencet
ans Licht gestellt, Paris 1778, 2^. Der zweite Band mit den Briefen und
Gedichten konnte, durch die französische Revolution hintangehalten, erst
1840 erscheinen, post operam et Studium monachorum 0. S. B. edente et
accurante D. A. B. Caillau. Einen Abdruck dieser beiden Bände, um ver-
schiedene Nachträge bereichert, gibt Migne, PP. Gr. 35 — 38, Paris. 1857 bis
' Mansi, SS. Conc. Coli. 7, 468. Das Ephesinum sagte b ßiyaq statt ö t?£o-
h'iyoq. Mansi 4, 1192.
« Or. 28, 1.
^ Die Spuren von Scholien zu Basilius d. Gr., Gregor von Nyssa, Chrysostomus
(Ehrhard bei Krumbacher, Gesch. der Byzant. Literatur^ 139) können kaum in
Betracht kommen.
* Lehrreich ist die Rede des Michael Psellus,
des großen Literaten des 11. Jahr-
hunderts, über den Stil Gregors von Nazianz, von neuem herausgegeben und er-
läutert durch A. Mayer in der Byzant. Zeitschr. 20, 1911, 27—100.
§ 14. Gregor von Nazianz. 2. Lebenslauf. 165
1858. Auch der Text der Mauriner bedarf jedoch anerkanntermaßen einer
durchgreifenden Revision. Die Krakauer Akademie der Wissenschaften hat
eine neue Edition der griechischen Kirchenväter des 4. Jahrhunderts in Aus-
sicht genommen und gedenkt dieselbe mit den Werken des Nazianzeners zu
eröffnen. Über ältere Ausgaben einzelner Schriften s. Hoffmann Biblio- ,
graphisches Lexikon der gesamten Literatur der Griechen- 2, 173 184. Über —
neuere Einzelausgaben Beiträge zur Handschriftenkunde
, Übersetzungen ,
und Bearbeitungen sowie auch über die alten Versionen und Scholien soll
bei den Reden, Gedichten und Briefen jeweils im besondern berichtet werden.
Fünf armenisch überlieferte Liturgien unter dem Namen des Nazianzeners,
herausgegeben von Catergian-Dashian, Die Liturgien bei den Armeniern,
Wien 1897 (armenisch), sind unecht. Eine derselben ward ins Lateinische
übersetzt von P. Ferhat im üriens Christianus N. S. 1, 1911, 204—214.
' Ein einläßliches Bild des Lebenslaufes Gregors ist seinen eigenen Schriften
zu entnehmen, insbesondere seinen Briefen und Gedichten, vor allem dem Gedichte
2, 1, 11: ,De vita sua", einer Selbstbiographie in 1949 Versen (Migne, PP. Gr. 37,
—
1029 1166). Außer diesen Schriften kommen als Quellen fast nur noch die Briefe
des hl. Basilius und die Angaben bei Hieronymus, De vir. ill. 117, in Betracht.
Eine griechische „Vita S. Gregorii Theologi, auctore Gregorio presbyter" (Migne
a. a. 0. 35, 243 —
304), nach Compernaß aus dem Anfang des 7. Jahrhunderts, fußt
im wesentlichen auf den eigenen Schriften des Theologen und zeugt von sehr an-
erkennenswerter Belesenheit; vgl. J. Compernaß, Gregorios Presbyter, Bonn 1907, 8".
Sie bildet die Grundlage eines zweiten griechischen Enkomiums auf den Theologen,
welches Johannes Kyriotes, genannt Geometres, in der zweiten Hälfte des 10. Jahr-
hunderts verfaßte und Tacchi-Venturi auszugsweise veröffenthchte. P. Tacchi-
Venturi, De loanne Geometra eiusque in S. Gregorium Nazianzenum inedita lauda-
tione in cod. Vaticano-Palatino 402 adservata Studi e documenti di Storia e Diritto
:
'
Carm. 2, 1, 11, v. 175 S. Vgl. Or. 2. 77.
- Carm. 2, 2, 7, v. 43 ff.
Weihe Gregors zum Priester auf Ende 361 uud die Rückkehr von Pontus nach
Nazianz auf Ostern 362 den Ausbruch des Schismas zu Nazianz setzte er ins
;
Jahr 363 und die Wiederherstellung des Friedens ins Jahr 364. Ullmann (Grego-
rius von Nazianz, Darmstadt 1825, 58 ff) kehrte die Reihenfolge der Ereignisse um,
indem er Clt^merlcets Datierung der Weihe und der Rückkehr beibehielt, das Schisma
—
aber in die Jahre 360 361. vor die Weihe, verlegte. Diese Anordnung scheitert
§ 14. Gregor von Nazianz. 2. Lebenslauf. 167
durch haben Vater und Sohn sich in die Hirtensorgen zu Nazianz ge-
teilt. Kein anderer als Basilius sollte vorübergehend ihr Zusammen-
wirken stören. Im Laufe des Jahres 370, dank dem Einfluß des alten
Gregor, zum Bischof von Cäsarea erwählt, ward er. wie früher an-
gedeutet, durch die Teilung Kappadoziens in zwei Provinzen mit
Bischof Anthimus von Tyana in Streitigkeiten über die Ausdehnung
des beiderseitigen lurisdiktionsgebietes verwickelt. Sasima, eine Um
sehr unbedeutende und traurige Örtlichkeit, aber im zweiten Kappa-
dozien, zwischen Tyana und Nazianz, gelegen, seinerseits zu behaupten,
wollte er seinen Freund zum Bischof daselbst bestellen. Gregor war
empört dieser Fuhrmannsflecken war doch kein Bischofssitz Schmerz
; ;
an der Konsequenz, daß Gregor seine Or. 6, welche die Wiederherstellung des Frie-
dens feiert, als Laie gehalten haben müßte. Das ist unglaublich, um so mehr, als
es Or. 6, 1 heißt: „Dem Frieden weihe ich mein Wort, nachdem ich es bisher
keinem andern zugestanden" (d. h. seit Beginn des Schismas Schweigen beobachtet
habe). Auch Loofs (Realenzykl. f. prot. Theol. u. Kirche^ 7, 142) ist der Über-
zeugung, daß Gregor die Or. 6 nur als Priester gesprochen haben kann, erklärt es
aber gleichwohl für unzulässig, den Ausbruch des Schismas erst nach der Rückkehi-
Gregors anzusetzen: „denn die Opposition der Mönche war mit ein Grund für Gre-
gors Flucht (Or. 2, 90; vgl. c. 89 u. 80)." Das ist ein Mißverständnis. Der „Krieg",
welchem Gregor durch die Flucht entrinnen wollte (Or. 2, 90), war nicht der Streit
zwischen den Mönchen und dem Bischof, sondern der Kampf des katholischen
Priesters mit den Irrlehrern. Meines Erachtens bedürfen Clemencets chronologische
Ansätze nur in einem recht unwesentlichen Punkte der Korrektur. Die alte, aus
Or. 2 (nuarrjpiov eypiai ßs xtX.) abgeleitete und auch von Clemencet und üllmann
1,
geteilteVermutung, daß die Weihe Gregors auf Weihnachten 361, seine Flucht
auf Epiphanie 362 und seine Rückkehr nach Nazianz auf Ostern 362 gefallen sei,
wird mit den neueren Ermittlungen über den Ursprung und die Ausbreitung des
Weihnachtsfestes nicht in Einklang zu bringen sein, wiewohl die These Useners
(Religionsgeschichtl. Untersuchungen 1^, Bonn 1911), das Weihnachstfest sei im
Ostreiche erstmals 379, und zwar zu Konstantinopel durch unsern Gregor (Or. 38),
gefeiert worden, manchen Gegner gefunden hat vgl, K. Lübeck, Die Einführung
;
zu sein s. K. Lübeck,
; Die Weihe des Kynikers Maximus zum Bischöfe von Kon-
stantinopel, Fulda 1907, 4" (Progr.). Über die ferneren Geschicke des Kynikers
vgl. Ullmann, Gregorius von Nazianz 205 f. Maximus hat sich auch als Schrift-
steller versucht. Einem bittern Gedichte des Nazianzeners, Carm. 2, 1, 41: „Ad-
versus Maximum^, ist zu entnehmen, dafs Maximus ewa 380 in Gedichten Gregor
angegriffen hat. Eine andere Schrift lernen wir durch Hieronymus (De vir. ill. 127)
kennen: „Maximus philosophus, natus Alexandriae, Constantinopoli episcopus ordi-
natus est et pulsus insignem de fide adversus Arianes scripsit libruni quem Medio-
lani (iratiano principi dedit" (wohl 381). Des mißglückten Versuches Dräsekes,
diese letztere Schrift zu identifizieren, ist ol>en (S. 55 f) gedacht worden. Vgl.
J. Sajdak, Quaestioncs Nazianzenicae pars 1 : —
Eos 15, 1909, 18 48.
«Carm. 2, 1, 11, v. 1371 ff. Vgl. Or. 36.
§ 14. Gregor von Nazianz. 3. Reden. X69
45 an der Zahl, sind wohl schon bald nach Gregors Tode von einem
Freunde christlicher Rhetorik mit sorgfältiger Auswahl zusammen-
gestellt worden. Alle werden durch äußere und innere Momente als
Eigentum des Nazianzeners beglaubigt. Die größere Hälfte stammt
aus der kurzen Zeit seiner Wirksamkeit zu Konstantinopel (Anfang 379
bis Mitte 381). Einige wenige sind nur geschrieben, nicht gesprochen
Avorden die übrigen wurden beim Gottesdienste vorgetragen und
;
schwingt euch empor! Singet dem Herrn, alle Laude', und, um beides
,
soll die Erde', um dessentwillen, der im Himmel und dann auf Erden.
Christus im Fleische: jauchzt auf in Zittern und Freude, in Zittern
um der Sünde willen, in Freude um der Hoffnung willen. Christus
aus der Jungfrau: seid jungfräulich, ihr Frauen, damit ihr Mütter
Christi werdet. Wer betet nicht an den, der von Anbeginn? Wer
preist nicht den, der das Ende?" Am
stärksten fallen solche Sätzchen
in das Ohr, wenn sie in Form des Isokolon mit Homoioteleuton ein-
ander gegenübertreten. Diese Figur der Antithese kommt unzählige
Male vor. Man vergleiche: b rov ^Iwar^ip äynycüv slg Arforz-o'^ w^jiov
oiä ädzlffojv er:rjp£t,aQ xac ev ywjmxi doxtiidaaQ xac iu atrodoaia oo^uaac
xac £v evoTzvioiQ aoipiaac,, "v Itii $evr]Q Tziaveo^ij xai unb (Papaco rifiTjt^r^
xai Tzarrip ysi^T^rai TzoXXcbv [lupiddojv . . . (Or. 24, 18), oder: b aaapxoq
aapxoozai, b Xö^oq izayßvtxai, b uöparoQ bpäzai, b dva<prj<; (prf/Mifä-ai,
Nach Sokrates (Eist. eccl. 4, 26) ist Gregor zu Athen Schüler der Sophisten
'
Himerius und Prohäresius gewesen; nach Hieronymus (De vir. ill. 117) hat Gregor
sich in seinem „dicendi character" an den Sophisten Polemon angeschlossen.
* Norden, Die antike Kunstprosa 2, 572 ff. Vgl. Hürth, De Gregorii Nazianzeni
orationibus funebribus, Argentor. 1907, 71 ff.
172 Kleinasiaten.
äypovoQ äpyezai, h ucöq tou S^eou o'tbc, äv&pcüTtoo yivexai, IrjaouQ XpiatoQ,
y&eg xac ai^utpou, o aoroQ y.ai slq toüq altövaq . . . (Or. 38, 2).
Denbesondern Vorschriften der alten Meister für bestimmte
Gattungen der Rede, namentlich für die verschiedenen Arten des En-
komiums, trägt Gregor in ausgiebigstem Maße Rechnung. Seine Leichen-
rede auf den Bruder Cäsarius (Or. 7) entspricht in ihrer Anlage und
Gliederung genau den Regeln, welche der rhetorische Theoretiker
Menander, in der zweiten Eälfte des 3. Jahrhunderts, für den koyog
e7rnd(ptoQ aufgestellt hatte ^ In der Rede auf die Schwester Gorgonia
(Or. 8) erklärt Gregor eingangs, die „Gesetze der Enkomien" {vopooQ
iyx(opuov, c. 3) beiseite schieben zu wollen, achtet dann aber doch
darauf, sie nach Möglichkeit innezuhalten. Eine sehr große Rolle
spielt in allen seinen Lobreden das Kunstmittel der enkomiastischen
Synkrisis, eines Vergleichs, welcher den Helden der Rede anerkannten
Größen der Vorzeit in der Weise gegenüberstellt, daß der erstere
noch größer erscheint^. In der Rede auf Basilius (Or. 43) werden
zuerst im Vorübergehen Pelops und Kekrops usw. (c. 3), Orestes und
Pylades usw. (c. 22), Minos und Rhadamanthys (c. 23) und sodann
in längerer Ausführung (c. 70 —
76) folgende biblische Persönlichkeiten
zum Vergleich herangezogen: Adam, Henoch, Noe, Abraham, Isaak,
Jakob, Joseph, Moses, Aaron, Josue, Samuel, David, Salomo, Elias,
Elisäus, die Jünglinge im Feuerofen, Jonas, Daniel, die Makkabäer,
Johannes der Täufer, Petrus, Paulus, die Zebedäiden, Stephanus. Und
aus allen diesen Vergleichen geht Basilius entweder als Sieger hervor
oder doch als würdiger Nachahmer.
ISun weht ja auch durch diese Lobreden die Höhenluft christlichen
Glaubens und Hoflfens. Aber ihre Flügel sind gebrochen, ihre Kraft
istgelähmt. Die Struktur und Technik der Rede ist auf nicht-christ-
lichem Boden erwachsen und bis zu einem gewissen Grade aus spezi-
fisch unchristlichem Geiste geboren. In ähnlicher Weise ist Gregor
aber auch bei andern Gelegenheiten nur zur Hälfte Prediger und zur
Hälfte Sophist. Er will nicht selten in erster Linie gefallen und erst
in zweiter Linie bessern oder belehren. Er macht selbst kein Hehl
daraus, daß ihm das Beifallrufen, das Händeklatschen und die sonstigen
Zeichen der Bewunderung seitens der Zuhörer ein Bedürfnis sind 3.
kehr Gregors von der Flucht nach Pontus, an einem Osterfeste, 362
oder 363, zu Nazianz gehalten.
2. „Apologetica, in qua causas exponit ob quas post sibi impositam
sacerdotii dignitatem in Pontum fugerit ac rursum Nazianzum redierit,
et quae sit sacerdotis professio", bald nach Or. 1 zu Nazianz, aber
sehr wahrscheinlich in kürzerer Fassung vorgetragen und durch spätere
Überarbeitung auf den jetzigen Umfang erweitert (vgl. unten Nr 43).
Eine Schulausgabe dieser Rede lieferte J. Alzog, Freiburg i. Br. 1858
1868, 8°. Eine neue deutsche Übersetzung der Rede Gregors und der aus
ihr schöpfenden Schrift des hl. Chrysostomus „De sacerdotio" gab G. Wohlen-
berg, Gotha 1890 (Bibliothek theol. Klassiker 29). J. Volk, Die Schutzrede
des Gregor von Nazianz und die Schrift über das Priestertum von Johannes
Chrysostomus: Zeitschr. f. prakt. Theol. 17, 1895, 56 63. Menn, Zur —
Pastoraltheologie Gregors von Nazianz: Revue Internat, de Theol. 12, 1904,
427—440.
3. „Ad eos qui ipsum acciverant nee occurrerant " einige Zeit ,
nach Or. 1 zu Nazianz gehalten, als der Eifer im Besuch der Pre-
digten Gregors zu erkalten begann.
4 —5. „Ad versus lulianum imperatorem orationes invectivae" (Xöyoi
aT7]XtT£uztxoi), 363 oder 364, während der Zeit des Schismas zu Na-
zianz (Or. 4, 10), nach dem Tode Julians (Or. 5, 24), anscheinend
unter Beihilfe des hl. Basilius (Or. 5, 39) verfaßt, aber nicht vor-
getragen (vgl. Or. 6, 1).
31, 1910, 325—367. Nach Asmus (359 f) wären die Invektiven erst nach
365 verfaßt.
6. „Prima de pace, ob monachorum reconciliationem, post silen-
tium, praesente patre", zur Feier des Friedensschlusses zwischen dem
Bischof und den Mönchen 364 zu Nazianz gehalten.
7.„Funebris in laudem Caesarii fratris oratio, superstitibus adhuc
parentibus" Ende 368 oder Anfang 369 bei der Beerdigung des
,
1880, 12". Eine Sonderausgabe der Reden 7 und 43 von F. Boulenger, Paris
1908, 12°. Zu Rede 7 vgl. L. Ruland, Die Geschichte der kirchlichen Leichen-
feier, Regensburg 1901, 154—157. X. Hürth, De Gregorii Naz. orationibus
} 74 Kleinasiaten.
26. „In seipsum, cum rure rediisset, post ea quae a Maxime per-
petrata fuerant", wohl um die Mitte des Jahres 380 zu Konstantinopel
gehalten.
27. — 31. „Orationes theologicae: Adversus Eunomianos praevia
dissertatio. — De theologia. — De Filio. — De Filio. — De Spiritu
Sancto." Auch diese Reden sind, wie schon gesagt, sehr wahrschein-
lich 380 zu Konstantinopel gehalten.
176 Kleinasiaten.
Orthodoxen besuchten.
35.„De martyribus et adversus Arianos", eine Danksagung gegen
Gott, Ende 380 zu Konstantinopel gesprochen, aus Anlaß der am
26. November 380 erfolgten Vertreibung der Arianer aus den Kirchen
der Stadt.
36. „De seipso et ad eos qui ipsum cathedram Constantinopolita-
nam affectare dicebant et de populi alacritate quam, erga eum osten-
derat", wohl auch noch 380, nach Wiedererlangung der Kirchen der
Stadt, ^äelleicht in Gegenwart des Kaisers (c. 11), zu Konstantinopel
gesprochen.
37. „In dictum evangelii: Cum consummasset lesus hos sermones
(Mt 19, 1) etc.", über die Ehescheidung, gleichfalls, wie es scheint,
im Dezember 380, in Gegenwart des Kaisers (c. 23), zu Konstanti-
nopel gesprochen.
38. „In Theophania sive natalitia Salvatoris", eine Weihnachts-
predigt, am 25. Dezember zu Konstantinopel gehalten,' nach Usener 379,
nach Rauschen wahrscheinlich 380.
Usener, Religionsgeschichtl. Untersuchungen 1 -, Bonn 1911, 260 270. —
Rauschen, Jahrbb. der christl. Kirche unter dem Kaiser Theodosius d. Gr.,
Freiburg i. Br. 1897, 78 f. Mit Unrecht behauptete Usener, diese Rede gebe
sich selbst als die erste zu Konstantinopel (und im Orient überhaupt) ge-
haltene Weihnachtspredigt zu erkennen. Vgl. S. 166 A. 6.
Alte und neue Quellen zur Geschichte des Taufsymbols und der Glaubens-
regel Christiania 1879, 21—24.
§ 14. Gregor von Nazianz. 3. Reden. 177
41. „In Pentecosten " eine Lobrede auf den Heiligen Geist, an
,
])ibliothek zu Paris, cod. 510, und in der Ambrosiana zu Mailand, cod. 1014.
Kaum weniger wichtig scheint cod. Patmiacus 33 aus dem Jahre 941, welcher
gleichfalls sämtliche Reden enthält, als die Perle der Bibliothek des Johannes-
klosters auf Patmos näher beschrieben bei J. Sakkelion, liaT[j.'.7.y.rj ß-.ßAtoilY/.r,,
—
Athen 1890, 17 23. Erwähnung verdienen auch cod. 135 der Ambrosiana,
eine Prachthandschrift saec. X/XI, mit 19 Reden und eine Handschrift der
Universitätsbibliothek zu Basel, sign. An. 1, 8, wohl gleichfalls saec. X/XI,
mit 19 Reden samt dem Kommentar des Metrofjoliten Elias von Kreta. Über
die erstere dieser Handschriften s. Martini et Bassi, Catalogus codicum grae-
corum Bibliothecae Ambrosianae, Mediol. 1906, 1, 151— 152; über die letztere
W. Th. Streuber im Serapeum 17, 1856, 177—184; vgl. 172—173. Eine
Übersicht über die in Frankreich liegenden Handschriften gab E. Bouvy, Les
manuscrits des discours de St Gregoire de Xazianze Revue Augustinienne 1.:
1902, 222 —
237. Die Pariser Handschriften für die fünf theologischen Reden
(Or. 27 —31) klassifizierte A. Misier, Les manuscrits Parisiens de Gregoire
de Nazianze: Revue de Philologie 26, 1902, 44—62 878—391; 27, 1903,
—
26 36. Textkonjekturen zu einzelnen Reden bei Misier, Essai de correction
au texte de Gregoire de Nazianze Bulletin critique 1900, nr 24 und nr 33;
:
Philologie 1, 1902; 220 — 272; auch separat, Marburg 1903. Unter den
späteren Scholiasten, welche Ehrhard bei Krumbacher. Geschichte der Byzan-
tinischen Literatur-, München 1897, 137, einzeln aufzählt, ragen besonders
hervor Elias, Metropolit von Kreta im 9. oder 10. Jahrhundert, und Nicetas,
Metropolit von Heraklea gegen Ende des 11. Jahrhunderts. Elias läßt den
philologischen, Nicetas den theologischen Gesichtspunkt vorwalten. Scholien
des Elias zu 19 Reden sind nach der oben erwähnten Handschrift der Uni-
versitätsbibliothek zu Basel früher schon in lateinischer Übersetzung und
sodann auszugsweise auch im griechischen Text, durch A. Jahn, bei Migne
36, 757 — 902, ediert worden. Von den Scholien des Nicetas finden sich die-
jenigen zu den Reden 1 und 11 griechisch, nach der Ausgabe Matthäis, bei
Migne 36, 943—984, diejenigen zu den Reden 38 — 41. 44 und 45 lateinisch,
in der Übersetzung des Billius. bei Migne 127, 1177 —
1480. Der Bestand
—
an anonymen Scholien, Migne 36, 903—916 1205 1256, erfuhr in neuerer
Zeit eine beträchtliche Bereicherung durch Publikationen Piccolominis und
Nordens. E. Piccolomini, Estratti inediti dai codici greci della BiblioCeca
Mediceo-Laurenziana (Dagli Annali delle Universitä Toscana t. 16), Pisa
1879, 2°, 1 -45: Scolii alle orazioni di Gregorio Nazianzeno: vgl. Pref.
—
III XLii. E. Norden, Scholia in Gregorii Nazianzeni orationes inedita:
Hermes 27, 1892, 606—642. Ders., Unedierte Scholien zu den Reden Gre-
§ 14, Gregor von Nazianz. 4. Gedichte. 179
Namen überliefert, nach inneren Anzeichen aber nicht vor dem 10. Jahr-
hundert geschrieben ist, nach der ansprechenden Vermutung des Heraus-
gebers ein Schulaufsatz über die Worte Gregors: „Auf daß sie wie Land
und Meer sich gegenseitig ihr Gutes mitteilen und zur einen Ehre Gottes
zusammenwirken" (Or. 43, 62). —
Auch syrische Schriftsteller, namentlich
Jakobiten, haben sich mit der Erklärung der Reden Gregors befaßt. Georg,
der Araberbischof, gest. 724, scheint hauptsächlich Schollen älterer syrischer
Autoren gesammelt zu haben s. V. Ryssel (Ein Brief Georgs, Bischofs der
;
Araber, an den Presbyter Jesus) in den Theol. Studien u. Kritiken 56, 1883,
293 f). Moses Bar Kepha, Metropolit von Mossul, gest. 903, hat neue Schollen
geschrieben; s. 0. Braun, Moses Bar Kepha und sein Buch von der Seele,
Freiburg i. Br. 1891, 5.
Von neueren Übersetzungen und Bearbeitungen seien wenig-
stens noch folgende genannt: Ins Deutsche hat J. Röhm 25 Reden Gregors
übersetzt, Kempten 1874—1877, 2 Bde (Bibl. der Kirchenväter); F. J.Winter,
in fast unerlaubt engem Anschluß an Röhm, 10 Reden, meist abgekürzt,
Leipzig 1890 (G. Leonhardi, Die Predigt der Kirche 10). Eine englische
Übersetzung ausgewählter Reden und Briefe Gregors von Browne und Swallow
in A select Library of Nicene and Post-Nicene Fathers of the Christian
Ghurch Ser. 2, vol. 7, New York 1894. —
Scheiwiller, Zwei Leuchten der
geistlichen Beredsamkeit in der altchristlichen Kirche (Gregor von Nazianz
und Chrysostomus) Theol.-prakt. Quartalschr. 55, 1902, 70—89 324—343.
:
4. Gedichte. —
Die Tage stiller Einsamkeit, insbesondere das
—
otium cum dignita^ zu Arianz in den Jahren 383 389, hat Gregor gern
mit dichterischen Versuchen ausgefüllt, „ein alternder Schwan" i, der
sich um so eifriger dem Gesänge widmet, je deutlicher er sein Ende
nahen fühlt. Seine Absichten enthüllt das Gedicht „In suos versus"
(Carm. 2, 1, 39) vom Jahre 382. Er wollte die Mühen des Vers-
baus als Mittel heilsamer Selbstzucht benützen, wollte der für die
Reize des Verses empfänglichen Jugend eine „angenehme Arznei" be-
reiten, wollte auch den Vorwurf der Rückständigkeit oder Inferiorität
der Christen entkräften helfen und wollte endlich in körperlichem und
seelischem Leid aus poetischen Ergüssen Linderung und Aufmunterung
schöpfen. Nach einer anderweitigen Äußerung aus derselben Zeit^
deutung.
Die Gewandung der Gedichte ist im allgemeinen von tadellos klas-
sischem Zuschnitt. Es kommen fast ausschließlich alte Versmaße zur
* Deutsch bei Ackermann, Die didaktische Poesie des Gregorius von Nazianz,
Leipzig 1903, 84—86.
§ 14. Gregor von Nazianz. 4. Gedichte. 181
1895-1896, 2 Bde, 8°. Den Übersetzer glaubt Chabot in der Person des
Nestorianers Rabban Gabriel, eines Zeitgenossen des Katholikus Timotheus I.
—
(780 819/820), ermittelt zu haben. J. B. Chabot im Journal Asiatique
Ser. 9,t. 11. 1898, 542—546.
Kosmas von Jerusalem, auch Kosmas der Sänger genannt,, um die Mitte
des 8. Jahrhunderts, schrieb eine umfassende CoUectio et interprei i^-io histo-
riarum quarum meminit Divus Gregorius in carminibus suis, herausgegeben
—
von A. Mai, Spicilegium Romanum 2, 1839, 2, 1 378 abgedruckt bei Migne
;
38, 339—680. Seinem Vorgang folgte Nicetas David, Bischof von Dadybra
in Paphlagonien, in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts, mit einer Para-
phrasis carminum arcanorum S. Gregorii Nazianzeni herausgegeben von
,
E. Dronke, Göttingen 1840; abgedruckt bei Migne 38, 681—842; das hier
fehlende prooemium der Paraphrasis ward nachgetragen bei Migne 105, 577
bis 582. —
Außerdem gibt Migne 38, 843 846, zwei anonyme Paraphrasen
des Gedichtes „De veris Scripturae libris" (1, 1, 12). Über Paraphrasen
dieses Gedichtes von den Kanonisten Zonaras und Balsamon, beide im
12. Jahrhundert, s. Th. Zahn, Geschichte des neutestamentl. Kanons 2, 213.
' Vgl. Krumbacher, Gesch. der Byzant. Lit.« 717 ff. 2 Ebd. 746 ff.
']^g2 Kleinasiaten.
2, 214 f. —
Über das Gedicht „In Paulum" (2, 2, 129) s. G. S. Mercati.
Di un carme anacreontico spurio e mutilo di Gregorio Nazianzeno: Byzant.
Zeitschr. 17, 1908, 389—396.
Über Gedichte Gregors im allgemeinen handeln M. Schub? ch, De
die
b. patris Gregorii Nazianzeni Theologi carminibus commentatio patrologica,
Confluentibus 1871, 8°. P. Stoppel, Quaestiones de Gregorii Nazianzeni
poetarum scaenicorum imitatione et arte metrica (Diss. inaug.), Rostochii
1881, 8<*. A. Ludwich, Nachahmer und Vorbilder des Dichters Gregorios von
Nazianz: Rhein. Museum f. Philol. N. F. 42, 1887, 233—238; vgl. G. Knaack.
Zu Gregorios von Nazianz: Neue Jahrbücher f. Philol. u. Pädag. 135, 1887,
—
619 620. K
Dubedout, De D. Gregorii Nazianzeni carminibus (These),
Paris. 1901, 8". W. Ackermann, Die didaktische Poesie des Gregorius von
Nazianz (Inaug.-Diss.), Leipzig 1903, 8". L. F. M. de Jonge, De S. Gregorii
Nazianzeni carminibus quae inscribi solent rspl eauToü, Amstelod. 1910, 8".
Ep. 52—53.
'
Ep. 51 vgl. Ep. 54. Die Maoriner setzen diese vier Briefe (51
* ; 54), welche —
augenscheinlich enge zusammengehören, in das Jahr 372. Mir ist es wahrschein-
licher, daß dieselben ein volles Dezennium jünger sind.
ä Ep. 54. * Bas. M., Ep. 19.
—
Review 130, 1902, 333 354 (der Charakter Gregors, wie er sich in seinen
Briefen ausspricht). —
G. Przychocki, Die vatikanischen Handschriften der Briefe
des Gregor von Nazianz : —
Eos 16, 1910, 100 136 (polnisch). —M. Guignet,
Les procedes epistolaires de St Gregoire de Nazianze compares ä ceux de
ses contemporains (These), Paris 1911, 8".
» Bd 2, S. 286.
;
sich betrachtet, der Sohn wie der Vater, der Heilige Geist wie der
Sohn, während einem jeden seine besondere Eigentümlichkeit (i] Idwrrjc)
gewahrt bleibt, Gott alle drei miteinander gefaßt, jenes wegen der
Homousie (/] onoooawrrjQ), dieses wegen der Monarchie (yj {lovapyia)^
Diese Monarchie oder Einheit Gottes hat Gregor vielleicht noch
stärker und unablässiger betont als Basilius. Es klingt fast sabel-
lianisch, wenn er schreibt: tv yap iv rpiaiv vj Seottjq xai za rpia tv
rä iv oiQ V] de<)vr]q ^ zö ye äxpißiazepov elneiv a yj &£(jz7jq (Or. 39, 11).
Er will aber nur die Einheit und Identität der in den drei Personen
subsistierenden Gottheit eingeschärft haben, rb iv xai zauzu ttjc, fttüzrjzoc,
oder Z7]v z^q ovaiaq zauzözvjza (Or. 20, 7). Weil der Vater das ge-
meinsame Prinzip des Sohnes und des Geistes ist und Sohn und Geist
im Vollbesitze der Gottheit des Vaters sind, so gibt es eine Gottheit
und einen Gott: etg pkv deog, sIq iv ai'ztov zoo ulotj xai Tzveopazoq
äva<p£popiv(üv (Or. 20, 7) ; ijpiv sIq Seög, ozt pia deözTjQ xai Tzpog iv
zu. e$ aözou zrjv uva(popa.v i'/£i, xav zpia Tiiazeor^-cat (Or. 31, 14); eiQ
er will lieber auf jeden Vergleich verzichten (Or. 31, 31 — 33). Doch
hat er wiederholt zu einem neuen Vergleiche gegriffen, welcher offenbar
die Einheit Gottes besser verbürgen sollte, zu dem Vergleiche voug
xdc löyog xa\ Kvsupa, etwa „Geist und Erkenntnis und Wille" (Or. 12, 1
28, 11).
Voll überzeugt von der Homousie der drei Personen, hat Basilius
sich gleichwohl bis an sein Ende nicht entschließen können, den Hei-
ligen Geist für sich allein Gott zu nennen. Gregor spricht schon um
372 in einer öffentlichen Rede (Or. 12, 6) von zo Ttvsupa äyiov xai
deog und fragt: „Denn wie lange noch sollen wir das Licht unter den
Scheffel stellen und den andern die vollkommene Gottheit (des Hei-
ligen Geistes) vorenthalten? Das Licht muß vielmehr auf den Leuchter
gestellt werden und allen Kirchen und Seelen und dem ganzen weiten
Erdkreis leuchten, nicht mehr in Bilder gehüllt oder dem Sinne nach
umschrieben, sondern auch klar ausgesprochen (xa} (pavtpwg ixXaXoo-
p£vov)/ Das Verhalten des Freundes verteidigt er als ein ocxovop£7v
Z7)v alr^^£iav, für sich aber nimmt er das Recht in Anspruch, izap-
prjcnd!^£a&ai zrjv äXrj^£(.av ^ Basilius seufzte, wie wir sahen, unter dem
* Siehe den bald nach jener freimütigen Äußerung vom Jahre 372 geschriebenen
Brief 58 an Basilius, ferner die Rede auf Athanasius vom Jahre 379, Or. 21, .34,
und endlich die Rede auf Basilius vom Jahre 381 oder 382, Or. 43, 69.
186 Kleinasiaten.
zi]v ayio.v Map'iav uTzokapßduet, yojpic, eazi zrJQ {^eözrjzoo, (Ep. 101, 4).
Man erstaunt über die Sicherheit, mit welcher Gregor der kirchlichen
Christologie der Folgezeit die Wege wies. Man versteht die Genug-
tuung, mit welcher Ephesinum und Chalcedonense den Brief 101 aus-
schöpften.
Buche des hl. Basilius über den Heiligen Geist aufs klarste bezeugt und auch den
kleinasiatiscben Homöusianern bereits geläufig gewesen war; s. vorhin S. 161.
> Vgl. Dräseke in den Theol. Studien und Kritiken 65, 1892, 473 ff.
1S8 Eleinasiaten.
—
von Nyssa, Straubing 1902 1903, 8" (2 Progr.). —
J. Hergenröther, Die
Lehre von der göttlichen Dreieinigkeit nach dem hl. Gregor von Nazianz,
dem Theologen, mit Berücksichtigung der älteren und neueren Darstellungen
dieses Dogmas, Regensburg 1850, 8". J. Dräseke, Quaestionum Nazianze-
narum specimen [Die Trinitätslehre Gregors], Wandsbek 1876, 4" (Progr.).
Ders., Gregorios von Nazianz und sein Verhältnis zum ApoUinarismus Theol. :
* Als Quellen für des Nysseners Leben sind neben seinen eigenen Schriften
vornehmlich die Briefe der beiden andern Kappadozier von Bedeutung. Die noch
angedruckte .Vita' des Nysseners in cod. Mon. gr. 92 (Hardt 1, 501) f. 445^ flf ist
laut Holl, Amphilochius von Ikonium, Tübingen 1904, 28 A. 1 ,ein spätes, als histo-
rische Quelle wertloses Machwerk".
* De hominis opif. Migne, PP. Gr. 44, 125
prol., ; In Hexaemcron prol. et epil.,
44, 61—64 und 124; Ep. ad Petrum, 45, 237—240; al.
* Vor der Weihe des Nazianzeners zum Bischof von Sasima um Ostern 372
vgl. Greg. Naz., Or. 11, 1 — — 3. Der ädekipÜQ rprjyöpiog, mit Bezug auf welchen
Basilius (Ep. 98, 2) sagt: „Der Bischof soll den Bischofssitz, nicht der Bischofssitz
den Bischof zu Ehren bringen" (ifftu) iTziffxonog ij.tj ix roö totzou aE/j.vu-.'ö/jtei'og, u?.?.ä
TOI/ TÖTzov (TS!JL\'6v(uv ä<p kauToü), ist wohl sicher nicht der Nyssener, sondern der
Nazianzener.
« Bas. M., Ep. 225.
"^
Bas. M., Ep. 100. Ebendies, )(pTj<n6ry]q und änXnrrjq, hatte Basilius auch früher
bereits seinem Bruder zum Vorwurf gemacht. Bas. M., Ep. 58; vgl. Ep. 60.
* Vgl. über diese Vorgänge, von welchen mehrere Briefe des hl. Basilius, nament-
lich Brief 237, handeln. Fr. Loofs, Eustathius von Sebaste und die Chronologie der
Basilius-Briefe, Halle 1898, 8 flf.
190 Kleinaaiaten.
der kirchenpolitischen Lage ein, und die wohl gleich darauf erfolgte
Heimkehr des Exulanten gestaltete sich unter den Freudenbezeigungen
des Volkes zu einem Triumphzuge K Im September oder Oktober 379
nahm Gregor an einer großen Synode zu Antiochien teil 2, welche sich
vornehmlich mit dem Apollinarismus befaßt haben muß. Im Auftrage
dieser Synode, so scheint es wenigstens, hatte er eine Visitationsreise
durch die Diözese Pontus zu unternehmen —
er war nicht bloß der
Bruder des kürzlieh heimgegangenen großen Basilius, er hatte sich
auch als theologischer Schriftsteller schon einen Namen gemacht —
und bei dieser Gelegenheit, etwa im April 380, die Wahl eines Metro-
politen für die verwaiste Kirche zu Sebaste in Kleinarmenien zu leiten.
Zu seiner größten Überraschung fiel die Wahl auf ihn selbst. Sein
Protest blieb unbeachtet. Durch freundliehe Gewalt ward er in der
„babylonischen Gefangenschaft" zu Sebaste festgehalten und konnte
erst nach Verlauf einiger Monate „wieder zu seinem Zelte gelangen*,
d. h. in Nyssa einziehen 3. Auf dem Konzil zu Konstantinopel 381
erscheint Gregor wiederum als einer der autoritativen
Theologen, eine
der Säulen der Rechtgläubigkeit. In Ausführung eines Beschlusses
des Konzils verordnete Kaiser Theodosius durch Gesetz vom 30. Juli
381 (Cod. Theod. 16, 1, 3), daß in der „dioecesis Pontica" alle die-
jenigen als offenbare Häretiker aus den Kirchen zu vertreiben seien,
welche nicht in kirchlicher Geraeinschaft ständen mit den Bischöfen
Helladius von Cäsarea, Otreius von Melitine in Kleinarmenien und
Gregor von Nyssa *.
Später tritt Gregor noch einige Male zu Konstantinopel auf. Im
Jahre 385 oder 386 hat er dort der Prinzessin Pulcheria und bald
* Auf Grund einer dunkeln Stelle des zweiten Briefes Gregors (Migne 46, 1013)
wird gewöhnlich angenommen, Gregor sei von einer Synode mit der Ordnung der
verwirrten kirchlichen Verhältnisse in Arabien betraut worden, sei es nun von der
antiochenischen Synode des Jahres 379 (so Rauschen, Jahrbb. der christl. Kirche usw.
79 f), sei es von dem konstantinopolitanischen Konzil des Jahres 381 (so Loofs in
der Realenzykl. f. prot. Theol. u. Kirche* 7, 150). Die Stelle will aber wohl nicht
besagen, daß Gregor auf Befehl einer Synode sich nach Arabien begeben mußte,
sondern daß er sich an einer Synode in Arabien zu beteiligen hatte, wahrscheinlich
weil er dazu eingeladen worden war (so Diekamp a. a. 0. 397 f). Diese Reise nach
Arabien aber, auf welcher Gregor auch Jerusalem besuchte, scheint in die zweite
Hälfte des Jahres 380 gefallen zu sein (vgl. Greg. Nyss., Vita Macrinae, Migne
46, 960).
§ lÖ. Gregor von Nyssa. 2. Wissenschaftliche Tätigkeit. 191
sich größere Freiheit der Bewegung gestatten und auch abseits der
großen Straße sich seine Pfade suchen zu dürfen. Hat doch auch der
Nazianzener gerade zu Eingang seiner „theologischen" Reden den
Spekulationen „über die Welt oder die Welten, über die Materie, über
die Seele, über die vernünftigen Wesen, die guten sowohl wie die
bösen, über Auferstehung, Gericht und Vergeltung, über die Leiden
Christi" eine gewisse Ungebundenheit zugebilligt, weil in diesen Punk-
ten „ein Irrtum keine Gefahr bringe" ^ Kein Thema aber hat den
Nvssener mehr in Anspruch genommen und nachhaltiger gefesselt als
die menschliche Gotteserkenntnis, ihre Möglichkeit und Notwendigkeit,
ihre Beschaffenheit, ihr Ursprung und ihr Wachstum, Ein beträcht-
licher Teil seiner antiarianischen Schriften ist der Bekämpfung der
rationalistischenThese von der Begreiflichkeit Gottes gewidmet, und
seine exegetischen und asketischen Werke handeln mit ausgesprochener
Vorliebe über den geheimnisvollen Aufstieg der Menschenseele zur
Gottesanschauung.
Die heidnische Philosophie, ^^w aoipia, ist wohl keinem Kirchen-
-^
u TtdTTjp Tzarepwv napd ndyrojM d>oua(^('//i£i'og. Frühere Spuren dieses immerhin etwas
auffälligen Titels kann ich nicht nachweisen.
§ 15. Gregor von Nyssa. 2. Wissenschaftliche Tätigkeit. 193
Basilius und der Nazianzener konnte er nicht als Zeuge des allge-
meinen Glaubens der Kirche gelten. In die kleine, stolze Reihe der
„ökumenischen großen Lehrer" ist er nicht aufgenommen worden.
Der Lehrgehalt der Schriften Gregors hat auch in neuerer Zeit
immer wieder die Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Insbesondere
waren es seine eigenartigen anthropologischen und eschatologischen
Theorien, welche zahlreiche und sorgfältige monographische Behand-
lungen erfuhren. Dagegen ist die Editorenarbeit, die Sicherstellung
des Wortlauts, die Vorbedingung der Erhebung des Inhalts, in fast
beispielloser Weise vernachlässigt oder hintangehalten worden. Eine
Edition, welche auch nur den bescheidensten Ansprüchen genügte, liegt
nicht vor. Die erste Ausgabe vom Jahre 1615, ein Werk des Jesuiten
Fronte Ducaeus (Fronton du Duc, gest. 25. September 1624), ist bis
zur Stunde auch die letzte geblieben. Die Vorarbeiten der Mauriner zu
einer neuen Ausgabe wurden durch die französische Revolution zerstreut
und vernichtet. Mit Recht mahnte Harles: „Amplissimus futuro editori
patet campus." ^ Aber die mutigen Versuche von Forbes (1855 1861) —
und Dehler (1865) blieben in den allerersten Anfängen stecken.
Eine zuverlässige Orientierung über den philosophisch-theologischen Stand-
punkt Gregors im allgemeinen gibt Fr. Diekamp, Die Gotteslehre des hl. Gregor
von Nyssa 1, Münster 1896, 3 ff. Den Stil Gregors beleuchtet L. Meridier,
L'influence de la seconde Sophistique sur l'oeuvre de Gregoire de Nysse
(These), Rennes 1906, 8°.
Über lateinische Sammelausgaben von Schriften Gregors und griechisch-
lateinische Einzelausgaben aus älterer Zeit s. Hoffmann, Bibliographisches
—
Lexikon usw. ^ 2, 184 190. Die erste griechisch-lateinische Sammelausgabe
besorgte, wie gesagt. Fronte Ducaeus, Paris 1615, in zwei Foliobänden. Sein
Ordensgenosse J. Gretser lieferte eine reichhaltige Appendix, Paris 1618, 2",
und um diesen Nachtrag vermehrt, erschien Frontos Ausgabe von neuem,
weniger elegant ausgestattet und weniger korrekt gedruckt, sumptibus Aeg.
Morelli , Paris 1638 in drei Foliobänden.
, Weitere Inedita wurden im
17. Jahrhundert, namentlich durch L. A. Zacagni, Collectanea monumentorum
veterum Ecclesiae graecae ac latinae 1, ßomae 1698, 4", im 18. Jahrhundert
namentlich durch J. B. Caraccioli, S. P. N. Gregorii episc. Nyssae epistolae
Septem, Florentiae 1731, 2", hervorgezogen. Das gesamte seit den Ausgaben
von 1615 und 1638 neu bekannt gewordene Material faßte A. Gallandi, Bibl.
vet. Patrum 6, Venetiis 1770, 515 —
716, zusammen unter dem Titel: S. Gre-
gorii episc. Nyss. opera et epistolae, quae in eins operum editionibus desi-
derantur. Kardinal Mai, Script, vet. nova Coli. 8, Romae 1833, pars 2, und
wiederum Nova Patrum Bibl. 4, Romae 1847, pars 1, förderte aus der Vati-
kana Inedita zu Tage, welche dem Auge Zacagnis entgangen waren, und
gleichzeitig, 1835 —1840, veranstaltete J. G. Krabinger mit Hilfe von Mün-
chener Handschriften treffliche Sonderausgaben einiger schon bekannter
Schriften. Bei Migne, PP. Gr. 44—46, Paris. 1858, wurde alles bisher Ver-
öffentlichte zusammengestellt. Einzelnes ward übersehen, anderes, was sich
inzwischen als unecht erwiesen hatte, mit Absicht beiseite geschoben, die
ganze Schriftenmasse nach sachlichen Gesichtspunkten geordnet. Die Sonder-
•
Fabricius-Harles, Bibl. Graeca 9, 1804, 127.
Bardenhewei-, Gesch. der altkirchl. Literatur. III. 13
194 Kleinasiaten.
Oehler, t. 1, continens libros dogmaticos, Halis Sax. 1865, 8**. Über die
Editionsgeschichte der einzelnen Schriften soll weiter unten Näheres folgen.
Eine neue Gesamtausgabe wird auf Anregung von U. v. Wilamowitz-Moellen-
dorff vorbereitet; 1909, 711 f.
vgl. Byzant. Zeitschr. 18,
Eine deutsche Übersetzung zahlreicher Schriften Gregors von Fr. Oehler
findet sich, in Verbindung mit dem griechischen Original, in dem ersten und
einzigen Teil der Oehlerschen Bibliothek der Kirchenväter, Leipzig 1858 bis
1859, 4 Bde, 8". Eine deutsche Bearbeitung des Dialoges über Seele und
Auferstehung, mit kritischen Anmerkungen, veröffentlichte auch H. Sclimidt,
Halle 1864, 12". Die Kemptener Bibliothek der Kirchenväter räumte dem
Nyssener zwei Bändchen ein. von welchen das erste, besorgt von H. Hayd,
Kempten 1874, das Leben der hl. Makrina, die , Oratio catechetica", die
Schrift ,De hominis opificio" und den Dialog über Seele und Auferstehung
enthält, das zweite, von J. Fisch, Kempten 1880, Sittenreden, Pestreden,
Lob- und Trauerreden. Ausgewählte Reden übersetzte auch F. J. Winter,
Leipzig 1895 (Leonhardi-v. Langsdorff, Die Predigt der Kirche 29). Eine —
reiche Auswahl von Schriften Gregors in englischer Übersetzung, von
W. Moore und H. A. Wilson, in A select Library of Nicene and Post-Nicene
Fathers of the Christian Church Ser. 2, vol. 5, New York 1 893.
3, Exegetische Schriften und Homilien. — Zahlreiche
Schriften Gregors, teils Abhandlungen
Homilien, befassen sich
teils
mit der Erläuterung des Textes der Heiligen Schrift. Verfolgen sie lehr-
haft-dogmatische Zwecke, so pflegen sie mit den Mitteln wissenschaft-
licher Exegese dem historisch-grammatischen Sinne nachzuforschen.
Sind sie erbaulich-paränetisch gerichtet, so pflegen sie mit dem Spaten
künstlicher Allegorese einen tiefer gelegenen Sinn auszugraben. An
der Spitze stehen zwei Abhandlungen über den biblischen Schöpfungs-
bericht: „De hominis opificio" (-£or xazaaxeor^Q ävbpüDno'j, Migne 44,
125 — 256)und „Explicatio apologetica in Hexaemeron" {d-oAoyrjTtxoQ
-ep] ~rjQ 61
k^arjuipo'j, 44, —
124). Die erstere, eine anthropologisch-
dogmatische Untersuchung über Gn 1, 26, soll die Homilien des
hl. Basilius über das Hexaemeron, welche auf die Erschaffung des
' Vgl. das in den Ausgaben, Migne 44, 123 — 126, voraufgeschickte Epigramm
des Nicetas von Heraklea.
§ 15. Gregor von Nyssa. 3. Exegetische Schriften und Homilien. 195
Die zwei ersten und zugleich letzten Faszikel der von Forbes unter-
nommenen Gesamtausgabe der Werke Gregors, Burntisland 1855 1861, ent- —
halten S. 1-95: Apologia in Hexaemeron; S. 96—319: De conditione
hominis S. 320
; 352— De vita Moysis (teilweise) mit umfassendem text-
: ;
kritischem Apparat. Bruchstücke einer Anthologie aus der Schrift „De vita
Moysis" nach einer Papyrushandschrift saec. V(?) bei H. Landwehr im Philo-
logus 44, 1885, 1 — —
19 (vgl. 19 21), und neuerdings bei C. Schmidt und
W. Schubart, Altchristliche Texte (Berliner Klassikertexte 6), Berlin 1910,
—
38 54. Über Zitate aus der Schrift „De hominis opificio", wie die her-
kömmliche Aufschrift lautet, und zwar aus dem griechischen Texte, bei
Skotus Erigena handelt J. Dräseke in den Theol. Studien u. Kritiken 82,
1909, 530 —
576. Übrigens liegt die Schrift „De hominis opificio" auch in
alter lateinischer Übersetzung von Dionysius Exiguus (gest. um 540) vor:
De conditione hominis, Migne, PP. Lat. 67, 345 408. Über ungedruckte—
alte syrische Übersetzungen der Schrift „De hominis opificio" und der Schrift
,In Hexaemeron" s. Assemani, BibUotheca Orientalis 3, 1, Romae 1725,
21-22. Die bei Migne, PP. Gr. 44, 257—298, an die Schrift „De hominis
opificio" sich anreihenden zwei „Orationes in scripturae verba: Faciamus
hominem ad imaginem et similitudinem nostram" begegneten uns als „Ora-
tiones de hominis structura" schon unter den Werken Basilius' d. Gr. (Migne
30, 9 —
62). Diese Homihen sind, wie S. 149 bemerkt, sehr wahrscheinHch
Basilius imterschoben worden, haben aber mit dem Nyssener nichts zu tun.
Dieselben unterscheiden scharf zwischen sixtov (imago) als dem natürlichen
und ojj-ouojtc (similitudo) als dem übernatürlichen Ebenbilde Gottes, eine
Unterscheidung, welche dem echten Nyssener, in der Schrift „De hominis
opificio" und in andern Schriften, völlig fremd ist und seinem konstanten
Sprachgebrauch widerspricht; vgl. Diekamp, Die Gotteslehre des hl. Gregor
von Nyssa 1, Münster 1896, 69 ff. Die Abhandlung De eo quid sit „Ad
imaginem Dei et ad simihtudmem" bei Migne 44, 1327—1346, vertritt gleich-
13*
196 Kleinasiaten.
falls eine von der Auffassung des Nysseners durchaus abweicliende Deutung
der Worte /.rix cixova /vi xai>' und außerdem nennt sie sowohl
6|jL0''o)jtv
Methodius von Olympus (44, 1329 und 1333) wie auch Macedonius (44, 1341),
während in den sicher echten Schriften des Nysseners diese Namen niemals
vorkommen. Kann sie deshalb nicht dem Nyssener angehören, so muß sie
doch in seine Zeit, in die zweite Hälfte des 4. Jahrhunderts, fallen, weil als
Ol aipöTtxot xal ot vüv a-taro'. nur die Arianer und die Macedonianer aufgeführt
werden (44, 1341). Zwei Stücke der Abhandlung kehren in dem unter den
Schriften des Anastasius Sinaita stehenden Fragmentum e sermone „Secun-
dum imaginem" wieder, Migne, PP. Gr. 89, 1143 1148; vgl. KumpfmüUer. —
De Anastasio Sinaita, Wirceburgi 1865, 150 151. —
Ein kurzer Aufsatz über 1 Kg 28, 12 ff, „De pythonissa" f7:ep\
TTJQ iyyaazptii'jdoo, 45, 107 —
114), gelangt zu dem Ergebnis, daß nicht
Samuel selbst der Wahrsagerin von Endor erschienen sei, sondern
ein Dämon, welcher des Propheten Gestalt angenommen hatte. Damit
pflichtet Gregor der Ansicht bei, welche einläßlicher von Eustathius
von Antiochien und vermutlich auch schon von Methodius von Olympus
im Gegensatze zu Ori genes vertreten worden war^ Die Schrift „In
psalmorum inscriptiones" {sIq rrju e-q'f>a<prjv rwv (palfiwv, 44, 431 608) —
zerfällt in zwei Teile, von welchen der erste (9 Kapp.) zeigen will,
daß die Gesamtheit der Psalmen nach einem einheitlichen Plane ge-
ordnet sei und die Gliederung in fünf Bücher eine auf fünf Stufen
oder Sprossen nach und nach zur Höhe, d. h. zur Vollkommenheit,
führende Erziehungsleiter darstelle. Der zweite Teil (16 Kapp.) wendet
sich dann speziell den Psalmenüberschriften (der LXX) zu und findet,
daß auch diesen Überschriften ebenso wie den Psalmen selbst aus-
nahmslos ein und derselbe Zweck, axoTzöc,, eigne, nämlich zu irgend
etwas Gutem anzuleiten (ro r.püq zt ztov dyaHwv xal^r^yr^aaai^ai, c. 2).
Die eine wie die andere These läßt sich begreiflicherweise nur mit
Hilfe einer Allegorese durchführen, welche freieste Bahn hat oder alle
Hindernisse zu nehmen weiß 2. Angehängt ist in den Ausgaben eine
kleine Homilie über Psalm 6 bzw. seine Aufschrift „De octava" {Tispl
TTJQ oydör]Q, 44, —
607 616). Die acht Homilien über den Prediger
1, 1 3, —13 (44, 615 —
754) sind von dem Gedanken getragen, daß
dieses „wahrhaft erhabene und göttlich inspirierte" Buch die Aufgabe
habe, „den Geist über den Sinn hinauszuheben und durch den Ver-
zicht auf alles, was in den Dingen groß und glänzend scheint, zur
Ruhe zu bringen" {zb UTtspäsJvat zou vouv r/JQ alai^TjaefüQ xac Tzai^aai
' Über Methodius von Olympus s. Bd 2, S. 303 ; über Eustathius von Antiochien
8. weiter unten § 17, 4.
* Übrigens hat die These, daß das Psalterium in seinen fünf Büchern wie auf
fünf Stufen zur sittlichen Vollendung cmporführe, noch lange fortgelebt. „Bis in
die neueste Zeit sind Versuche gemacht worden, in den fünf Büchern eine Stufen-
folge allesbeherrscliender und allesdurchdringender Grund- und Hauptgedanken nacli-
zuweisen." Franz Delitzsch, Biblischer Kommentar über die Psalmen*, Leipzig
1894, 15.
§ 15. Gregor von Nyssa. 3. Exegetische Schriften und Homilicn. 197
y.uzaXi7:uvTa Ttäv orcnip sari fiiya rz xai lauTLphv iv xoiq, ouac ipaivö-
hom. 1; 44, 620). Der Leitsatz eines umfassenden, der hl. Olym-
fitvnu,
pias gewidmeten und aus 15 Homilien bestehenden Kommentars zum
Hohenliede 1, 1—6, 8 (44, 755— 1120) i lautet: „Unter dem Bilde
einer Art Hochzeitsfeier wird die Vereinigung der menschlichen Seele
mit der Gottheit dargestellt" {-h nzv üizoypaipüfievov iTzSaXdyLiöq, tiq
iffzc zh o' hjvoo<ju.e.'jo'j zr^Q dvi^pioTzhr^c, (p'i'/JjQ 'q npoQ zb ?^£7ov
diaaxeoTf,
iaziu dvdxpamQ, hom. 1 44, 772). ; In dem sehr bemerkenswerten
Vorworte wird einigen kirchlichen Autoren gegenüber {ztm zum ix-
xXfiaiaazixro'j, 44, 756) die Zulässigkeit und Notwendigkeit einer gei-
Die Homilien über das Hohelied waren nach dem Vorworte (Migne 44, 764)
'
„In illud: Qui fornicatur in proprium corpus peccat" hat als „Oratio
contra fornicarios" unter den Reden Gregors eine Stelle gefunden (46.
489—498; 1107—1110). Die Abhandlung über 1 Kor 15, 28 oder
„In illud: Quando sibi subiecerit omnia, tunc ipse quoque Filius sub-
icietur ei qui sibi subiecit omnia" (44, 1303 — 1326) will die Verein-
barkeit des Wortes des Apostels mit der Lehre von dei* wahren Gott-
heit des Sohnes dartun.
Schon vor Erscheinen der trefflichen Sonderausgabe der Homilien über
das Gebet des Herrn von Krabinger (Landshut 1840) war der trinitarische
Passus gegen Ende der dritten Horailie durch Mai bekannt geworden. Der-
selbe wird nämlich in der durch Mai bruchstückweise veröffentlichten „Doc-
trina Patrum de incarnatione Verbi" unter des Xysseners Namen und als
Bestandteil der dritten Homilie über das Gebet des Herrn zitiert; s. Mai,
Script, vet. nova Coli. 7, Romae 1833, pars 1, p. 6 —
7, oder vielmehr siehe
jetzt die vollständige Ausgabe der Doctrina Patrum von Fr. Diekamp,
—
Münster i. W. 1907, 4 5. Später hat Mai in seiner Xova Patrum Bibl. 4,
—
Romae 1847, pars 1, p. 40 53, dieses fragmentum de processione Spiritus
Sancti etiam a Filio noch einmal herausgegeben begleitet von einer aus-
,
delle scienze teol. 5, 1909, 527 — 563) unter des Nysseners Namen heraus-
gegebene Homilie über Lk 1, 26 ff darf, scheint es, mit Sicherheit als unecht
bezeichnet werden; vgl. P. Maas in der Byzant. Zeitschr. 19, 1910, 213. —
H. Weiß, Die großen Kappadozier Basilius, Gregor von Nazianz und Gregor
von Nyssa als Exegeten, Braunsberg 1872, 8".
4. Dogmatische Schriften. —
Die dogmatischen Schriften
Gregors sind zum großen, ja zum größeren Teil Streitschriften gegen
Häretiker, Zwei Schriften gegen Eunomins, den früheren Bischof
von Cyzikus, sind in der Überlieferung durcheinander geworfen worden.
Unter dem Titel Ilpog FAvöiiiov dvztf\örjTuo\ köyot bieten die Aus-
§ 15. Gregor von Nyssa. 4. Dogmatische Schriften. 199
' Das Lateranense vom Jahre 649 zitiert eine Stelle aus Buch 12 a mit den
Worten: ix toö xarä Euvofjiiou küyou y SS. Conc. Coli. 10, 1104).
tö/ulou c (Mansi,
Sonstige Zitate, welche die bezeichnete Abteilung voraussetzen, bei Diekamp in der
ßyzant. Zeitschr. 18, 1909, 11 f.
* Hier., De vir. ill. 128. Das „ante paucos auuos" kann, wiewohl Hieronymus
erst 392 schrieb, nur auf die Zeit des zweiten ökumenischen Konzils bezogen werden.
Vgl. das „nuper" bei Hier. a. a. O. 133.
* Auch zur da Gregor und Petrus über die Widerlegung des Eunomius
Zeit,
korrespondierton (Migne 45, 237 —
244), haben nur die zwei ersten Bücher in Rede
gestanden. Petrus mahnt Gregor zur Fortsetzung des begonnenen Werkes, und
dieser Brief (45, 241 —
244) ist das einzige, was von Petrus vorliegt. In arabischer
Sprache existiert oder existierte unter des Petrus Namen ein umfangreicher dog-
200 Kleinasiaten.
nomius entfaltete, über die durchsichtige Imitation der Schreibweise des Isokrates,
über das Suchen nach Attizismen usf.; s. die Zitate bei E. Norden, Die antike
Kunstprosa, Leipzig 1898, 2, 559 ff.
§ 15. Gregor von Nyssa. 4. Dogmatische Schriften. 201
Die Bücher gegen Eunomius finden sich, etwas korrekter als bei Migne,
auch in dem ersten und zugleich letzten Bande von Oehlers Ausgabe der
—
Werke des Nysseners, Halis Sax. 1865, p. 1 454: Libri 12 contra Euno-
mium = —
Migne 45, 237 908; p. 455—595: Confutatio alterius libri Eu-
nomii = —
Migne 45, 909 1122, libri 12 pars altera, in quibusdam codicibus
liber 13; p. 597 —
678: Adnotatio. Über die Ordnung dieser Bücher, ihre
Verteilung auf zwei verschiedene Schriften, ihre Abfassungszeit s. Fr. Die-
kamp, Literargeschichtliches zur Eunomianischen Kontroverse: Byzant. Zeit-
schrift 18, 1909, 1—13; vgl. 190—194. —
Zu dem „Antirrheticus adversus
* Der handschriftliche Titel braucht natürlich nicht auf den Verfasser zurück-
geführt zu werden. Den Namen des Macedonius hat Gregor sonst nirgends er-
wähnt, sondern immer nur von nveuixa-zoixdxoi oder TzvBUßaTOßa^owTEq geredet. Die
sogleich zu nennende Abhandlung ,Ad Eustathium" ist überschrieben izepc ryjg dyiag :
' Der neueste Herausgeber, Srawley, Cambridge 1903, Introd. xiv, glaubt sie
,in one of tbe years imraediately following 383" verlegen zu dürfen.
' Dagegen steht sie bei Oehler, Bibliothek der Kirchenväter 1, 2, Leipzig 1858,
164 ff.
§ 15. Gregor von Nyssa. 4. Dogmatische Schriften. 203
Von besonderem Interesse, dem Inhalt wie der Forni nach, ist der
„Dialogus de anima et resurrectione qui inscribitur Macrinia" (46,
11— 160), ein Pendant zu Piatos (Pacdcov rj Tzspl ^t^/'-yc- Ende 379,
nach der Rückkehr von der Synode zu Antiochien, besuchte Gregor
seine älteste Schwester, die hl. Makrina die Jüngere, welche am Iris
in Pontus als Vorsteherin eines klosterartigen Frauenvereins ein heilig-
mäßiges Leben führte. Er hatte beunruhigende Nachrichten über ihr
Befinden erhalten, und am Abend des ersten Tages nach seiner An-
kunft war sie eine Leiche ^ Der Austausch zwischen Bruder und
Schwester mußte sich um das Wiedersehen im Himmel drehen. In
jenem Dialoge, welcher vermutlich bald nachher geschrieben wurde,
legt nun Gregor der sterbenden Schwester seine Anschauungen über
Seele, Tod, Unsterblichkeit, Auferstehung und Wiederherstellung aller
Dinge in den Mund. Makrina spricht als Lehrerin (ij diddaxaÄoQ),
Bischofsweihe S etwa aus dem Jahre 370 oder 371, Nahe verwandte
Gesichtspunkte verfolgen die Traktate „Ad Harmonium quid nomen
professiove Christianorum sibi velit" (46, 237 —
250), „Ad Olympium
monachum de perfectione et qualem oporteat esse Christianum" (46,
251 —
286), „De proposito secundum Deum et exercitatione iuxta veri-
tatem et ad religiöses qui proposuerant quaestionem de pietatis scopo"
(46, 287—306), „Adversus eos qui castigationes aegre ferunt" (46,
—
807 316), In diese Schriftenreihe gehört endlich auch noch die
Lebensbeschreibung der vorhin erwähnten im Dezember 379 oder
,
und Arabien.
§ 15. Gregor von Nyssa. 5. Asketische SchrifteD. 6. Reden. 205
dem Zwecke verfaßt, daß das Beispiel derjenigen, „welche durch echte
Lebensweisheit (8m <pdoao<piaQ) den höchsten Gipfel menschlicher
Tugend erklommen", nicht der Vergessenheit anheimfalle, sondern
andern von Nutzen werde.
In arabischer Sprache sind unter Gregors Namen einige „Kanones" über-
nicht kirchenrechtliche Bestimmungen, sondern Sittensprüche, welche
liefert,
W. Riedel, Die Kirchenrechtsquellen des Patriarchats Alexandrien, Leipzig
1900, 283 f, ins Deutsche übersetzt hat. „Diese sog. Kanones des Gregor
von Nyssa", sagt Riedel, „sind Lesefrüchte aus Schriften desselben, deren
Quelle ich nicht habe auffinden können." Solange aber ihre Quelle nicht
aufgefunden ist, werden sie auch nicht als Lesefrüchte aus Schriften Gregors
bezeichnet werden dürfen.
6. Reden. —
Die exegetischen Homilien Gregors sind vorhin
schon in Verbindung mit seinen Bibelkommentaren namhaft gemacht
worden. In Band 46 folgt bei Migne eine Sammlung von Reden,
welche bei bescheidenem Umfang eine große Mannigfaltigkeit des
Inhalts aufweist 1. Die ersten Nummern sind Sittenreden „De paupe- :
Gregor an den beiden voraufgegangenen Tagen „die Lust der Kehle und des
Bauches in die Schranken gewiesen hatte" (Migne 46, 453). Diese Predigten sind
verloren gegangen.
^ Vgl. Rauschen, Jahrbb. der christl. Kirche usw. 64.
* Bei Johannes von Damaskus (Sacra Parallela, Migne 96, 509) trägt sie die
nicht viel weniger dunkle Aufschrift -izspl Tfjg iv Kuj'jtrvavrivouizöksi y.araardazwz roü
:
Ayiou FpyjYopiou.
* Andere Vermutungen bei Feßler-Jungmann, Institt. Patrol. 1, 587 ; bei Rau-
schen a. a. 0. 427.
206 Eleinaeiaten.
sius' d. Gr., ward 385 oder 386 im Alter von sechs Jahren vom Tode
ereilt, und kurz darauf sank auch ihre Mutter Flaccilla ins Grab.
Schon der Umstand, daß Gregor berufen wurde, in der Haupt-
und Residenzstadt Trauerreden auf so distinguierte Persönlichkeiten
zu halten, beweist zur Genüge, welch großes Ansehen er auch als
Redner genoß. Die Neuzeit urteilt über seine oratorischen Leistungen
zurückhaltender. Seinem Bruder und seinem Freunde darf Gregor
als Redner jedenfalls nicht an die Seite gestellt werden. Es mangelt
ihm des Basilius männliche Kraft und Würde und Gedrungenheit und
dieses Zitat übersehen worden). Romanus wird der antiochenische Märtyrer sein,
welchem auch Chrysostomus eine Lobrede widmete (Migne 50, 605 — 612; vgl. 611
bis 618). —
Auch das von Le Quien, dem Herausgeber des Damaszeners, veröffent-
lichte Fragment ix to'i elg tov ^/tuffijy xai tt^v Maptav (Migne 46, 1111 1112; 94, —
1115 — 1116), über die Bezeichnung Christi als des erstgebornen Sohnes der Jung-
frau, wird als Überbleibsel einer abhanden gekommenen Rede zu betrachten sein.
§ 15. Gregor von Nyssa. 6. Reden. 207
Nyssa in ihrem Verhältnis zur antiken Rhetorik, Marburg 1892, 8°. Eine
neue Rezension der Rede auf Melitius hatte Krabinger seiner Edition der
Oratio catechetica Gregors, München 1835, beigegeben. —
Zwei Predigten,
welche früher unter den Werken des Nysseners gedruckt zu werden pflegten
(Migne 46, 539), „Adhortatio ad poenitentiam" und „In principium ieiunio-
rum", gehören Asterius von Amasea an (Migne 40, 351 390).— —
Die Predigt
„De occursu Domini, de Deipara Virgine et de iusto Simeone", 46, 1151 bis
1182, stammt offenkundig und anerkanntermaßen aus späterer Zeit. Sogar—
eine Predigt über die Auffindung des nicht von Menschenhand verfertigten
Christusbildes zu Kamuliana (nahe bei Nyssa, in der Metropole von Cäsarea)
ist Gregor unterschoben worden herausgegeben von E. v, Dobschütz, Christus-
;
7. Briefe. —
Die 26 Briefe bei Migne 44, 999—1108, sind zu-
meist an befreundete Persönlichkeiten gerichtet und handeln von Be-
gegnissen und Erlebnissen des Verfassers. Brief 2, „de iis qui adeunt
lerosolyma", hat im 16. Jahrhundert zu lebhaften Verhandlungen
zwischen Katholiken und Protestanten Anlaß gegeben i. In diesem
Briefe rügt Gregor die bei Wallfahrten nach Jerusalem vorkommenden
Übelstände und Mißbräuche und warnt vor Überschätzung der reli-
giösen Bedeutung des Wallfahrens, und im Eifer gegen Auswüchse
mag er dem Wert der Übung selbst nicht ganz gerecht werden. In
Brief 3, „sororibus Eustathiae et Ambrosiae necnon filiae Basilissae",
geht er auf seine eigene, aus Anlaß einer Reise nach Arabien unter-
Dieser kanonische Brief steht auch bei Card. Pitra, Iuris eccles. Grae-
corum bist, et raonum. 1, Romae 1864. 619—629. Baronius hatte, wie es —
wenigstens scheint, einen Brief Gregors an Amphilochius von Tkonium in
Händen, welcher von Brief 25, „Amphiiochio", Migne 46, 1093—1100, ver-
schieden war (Fabricius-Harles. Bibl. Gr. 9, 125). Entweder ist er inzwischen
zu Grunde gegangen oder noch nicht wiederaufgefunden worden. Leontius —
von Byzanz und Johannes von Damaskus zitieren eine Stelle aus einer nicht
mehr vorhandenen „Epistola ad Philippum monachum", Migne 46, 1111 bis
1112; 94. 1495 —
1496, über die zwei Naturen in Christus. Handschriftlich
tritt dieses selbe Stück unter dem meines Wissens sonst nicht zu belegenden
Titel auf: xipl -zrfi -röjv 'Apetaviuv dv-ti>£3iw?, -^c f, dtpyrj r, xaxtct -/svoixevr, i-T!
(Migne 46, 1112, n. 4). Le Quien war sehr voreilig, als er aus dem
<]>uyrp
Wortlaute des Fragmentes schloß, der Brief sei erst nach dem Chalcedonense
geschrieben (Migne 94, 1501, n. 9).
Auch in dieser Ekstase erkennt übrigens der Mensch Gott nicht so,
wie er ist. Die unrhittelbare Intuition ist keineswegs eine komprehen-
sive Erkenntnis. „Denn darin besteht das wahre Wissen des Objekts,
darin besteht das Sehen, daß man nicht sieht (h to'jtoj ro uh'iv iv
TW [xrj Idelv), weil das Objekt über jedes Wissen hinausgeht, allent-
halben-von der Unbegreifiichkeit wie von einem gewissen Dunkel um-
>
Orat. cat. c. 12 15, Migne 45, 44 48.
2
C. Eun. 5, Migne 45, 681 ff.
'
C. Eun. 7, Migne 45, 744.
* C. Eun. 4, Migne 45, 653; vgl. 12 a, 45, 8
* Quod non sint tres dii, Migne 45, 117.
«
De beatitudinibus hom. 6, Migne 44, 1272.
1
In Cant. cant. hom. 10, Migne, 44, 992.
§ 15. Gregor von Nyssa. 8. Über die menschliche Gotteserkenntnis. 211
fangen." ^ —
Dem Gedanken wie dem Ausdruck nach bewegt Gregor
sich in den Geleisen Philos von Alexandrien und des Neuplatonikers
Plotin 2, Der Zauber des neuplatonischen Lebensideals einer unmittel-
baren Gottesschauung hat ihn fortgerissen. Er ist ein Vorläufer des
falschen Areopagiten gewesen, ist aber durch den letzteren für die
Mystiker der Folgezeit in den Schatten gestellt, ja der Vergessenheit
überantwortet worden ^.
Eunomins hatte in seiner Antwort auf die Streitschrift des hl. Ba-
silius den Anspruch erhoben, das göttliche Wesen vollkommen zu
begreifen. Wer Gott nicht begreife, kenne ihn überhaupt nicht, wer
ihn aber durch das logische Denken erkannt habe, kenne ihn auch
ganz und gar, ebenso gut, wie Gott sich selbst kenne. „Diejenigen",
schrieb Eunomius, „verdienen nicht einmal den Namen Christen, welche
die göttliche Natur für unbekannt (dyvcoarov) erklären." * Ein Tor
(udzaioQ), entgegnet Gregor, der, sich vermißt, das Wesen Gottes er-
fassen und durchdringen zu wollen. „Denn weder ist der Mensch so
groß, daß er seine Fassungskraft dem Herrn gleich mache, noch ist
das Objekt so klein, daß es von Vernunftschlüssen menschlicher Be-
schränktheit umspannt würde. " ^ Selbst die reinen Geister vermögen
Gott nicht zu begreifen, weil alle geschaffene Natur umgrenzt ist,
die ungeschaffene Wesenheit aber keine Grenze hat; das Maß der
letzteren ist die Unendlichkeit friy? de fxsTpov /] äneipia) ^. Diese Un-
endlichkeiterfassen und durchdringen nur der Vater und der Sohn
und der Heilige Geist ''.
' De vita Moysis, Migne 44, 377. Migne schreibt tu iv rouTar zu Ideh. Das
erste rd ist zu streichen.
« Das Nähere bei Koch in der Theol. Quartalschrift 80, 1898, 397 ff.
' Diekamp, Die Gotteslehre des hl. Ghregor von Nyssa 1, Münster 1896, 90 tf,
hat erst wieder auf den mystischen Einschlag der Theologie des Nysseners hin-
weisen müssen.
* C. Eun. 11, Migne 45, 877. » C. Eun. 12 b, ebd. 45, 941.
« C. Eun. 12 b, ebd. 45, 933.
^ C. Eun. 5, ebd. 45, 693.
14*
212 Kleinasiaten.
meinsam, doch in sich nur eine und dieselbe sei. Handle es sich um
Menschen, so spreche man mit Recht von vielen, welche tätig seien,
„weil auch bei denselben Beschäftigungen die Tätigkeit eines jeden
eine gesonderte ist". Dagegen ist alle Tätigkeit Gottes in der Rich-
tung auf die Kreatur nur eine einzige Tätigkeit (ocä zwv zpcCoM phv
Yc]/tzac, od prjv zp'ca iazc zä yci'öpsva), welche vom Vater ihren Aus-
gang nimmt und durch den Sohn fortschreitet und im Heiligen Geiste
zum Abschluß gelangt (ex nazpbq unpoppäzac xac dtä zoi> ucou Tzpoecac
xac eu zw rzuev/iazc zw äy'cw ze?.ecouzac)°.
Die Teilnahme der drei Personen an der einen göttlichen Tätig-
keit nach außen ist also mit den immanenten Beziehungen der Per-
'
Ex communibus notionibus, Migne 45, 180.
Und zugleich den extremen Realismus des Mittelalters schon antizipierend.
^
gegeben werden: „Das 'loiov des Vaters liegt darin, daß er nicht aus
einer Ursache, prj iz alzioo, ist, während es dem Sohne und dem
Geiste gemeinsam eigen ist, nicht ohne Ursache, pr) ä aizuoQ, zu sein.
Aber auch Sohn und Geist haben ihr Xdiov, festgestellt durch die
Heilige Schrift. Von dem eingebornen Sohne heißt es, daß er aus
dem Vater ist; von dem Heiligen Geiste aber wird nicht bloß gesagt.
daß er aus dem Vater ist, sondern zugleich bezeugt, daß er der Geist
des Sohnes ist (Rom 8, 9), so daß also der Geist aus Gott und über-
dies Geist Christi ist, der Sohn hingegen wohl aus Gott, nicht aber
auch Sohn des Geistes ist noch so genannt wird, ooxouv zo //.kv Tzveo/jia
rb ix TO'j i%oTj Tjv xat SpioTo~j tz'jzujk'j. ianv, o de oloq ix xoi) Hzi>~j o}u
^
orjxin xat roo Trve'j/iazog o'jTe smcu o'he Xiyerai."^
De orat. dorn. hom. o, bei Mai, Nova Patrum Bibl. 4, pars 1, p. 52 53. Einen
'
—
zuverlässigeren Text bietet das Zitat in der Doctrina Patrum de incaraatione Verbi,
e/i. Diekarap 4—5. — Vgl. noch De Spir. S. adv. Pneumatomachos c. 2, Migne
45, 1304.
Ep. ad Philippum, Migne 46, 1112.
» » C. Eun. 5, Migne 45, 705.
C. Eun. 5, Migne a. a. 0.
* —
Beim Tode Christi ist die Gottheit sowohl mit
dem Leibe wie mit der Seele unzertrennlich vereinigt gehlieben und hat sich in
beiden wirksam erwiesen, In Christi resurr. orat. 1, Migne 46, 617. Als Beweis
führt Gregor die Worte Rom 11, 29 an, dieselben Worte (»sine poenitentia sunt
dona Dei"), welche auch Thomas von Aquin (S. th. 8, qu. 50, a. 2) zum Ausgangs-
punkte nimmt bei Entscheidung der Fragen „utrum in morte Christi fuerit separata
divinitas a carne' und „utrum in morte Christi fuerit facta separatio divinitatis
ab anima".
* '0 xufnaxöq ävi'^pwTzoi; roö uior^poq. In S. Steph. orat. 2, Migne 46, 725 o kau ;
roü &v}^pwr.oq, De an. et resurr., ebd. 46, 137 ixelvoi 6 ävw^sv ävßpwnoq, Orat. cat.
;
;
c. 35, ebd. 45, 88; d äv^pwKOi toü r^eoü, In Cbristi resurr. orat. 1, ebd. 46, 617; 6
&eo36'^oq ävt^pwnoq, In Cant. cant. hom. 13, ebd. 44, 1056.
» Adv. Apollin., Migne 45, 1252. » C. Eun. 5, ebd. 45, 697.
» Ep. ad Philippum, ebd. 46, 1112. « Adv. Apollin., ebd. 45, 1136.
'•"
In Christi resurr. orat. 1, ebd. 46, 616.
* Ep. 3, Migne Diese Frage Gregors hat Holl, Amphilochius von Iko-
46, 1024.
nium 230 wie übrigens schon Diekamp (Theol. Revue 1904, 334; erinnerte, sehr
flf,
mißverstanden. Nach Holl soll es für Gregor „wie für die Antiochener" ausgemacht
gewesen sein, ,daß der vom Weibe Geborne ein Mensch war", während Gregor
gerade im Gegensatz zu den Antiochenern behauptet, man dürfe die Jungfrau nicht
Gottesgebärerin und auch Menschengebärerin nennen, weil der von der Jungfrau
Geborne seiner Person nach nur Gott und nicht auch ein Mensch war. Unrichtig
ist auch, was Holl angibt, daß Gregor den Ausdruck ^botöxo? „nur ein einziges
Mal", nämlich Ep. 3, gebraucht habe. Dieser Ausdruck kommt auch De virg. c. 13
und 19, Migne 46, 377 und 396, sowie Orat. in diem nat. Christi, 46, 1136, vor,
und zwar tritt er jedesmal als der unbestrittene und selbstverständliche Ehrentitel
der Jungfrau auf. Gegen den Vorschlag Holls, an der letztgenannten Stelle die —
zwei andern Stellen hat Holl übersehen —
statt tö ^sotöxov awßa -njs izapMvou
vielmehr zu {^soSo^ov cwfia r^g Tcap&ivou zu lesen, würde Gregor entschieden pro-
testieren. Unrichtig ist nämlich auch, was Holl angibt, daß Gregor „an Stelle von
jJeoTozos" mit Vorliebe das Wort ^sodöjfog verwende. Nicht Maria, sondern Christus
heißt bei Gregor d SeoSo^fog ävi%pwi:og (In Cant. cant. hom. 13, Migne 44, 1056)
oder TÖ Osodö^ov aw/jia (Orat. cat. c. 37 zweimal, 45, 93 96) oder y; iieoSo^ros <Tdp?,
ebd. c. 32, 37, Migne 45, 80 97 c. 32 schreibt übrigens der neue Herausgeber der
;
Orat. cat., Srawley, 6 ^eodö^^og ävj^pwizog statt ^ ^£od6;(og crdp^), während von
Maria gesagt wird oöx iyvtu ^ nap^evog onwg iv tw awfiaTt aurijg' tu ^so^Ö)^ov
:
auvitmj awna (In Cant. cant. hom. 18, Migne 44, 1053).
216 Kleinasiaten.
dem Tode wie ein Siegel im Wachs (rnov ix/uayeloj aippayiooc) in der
Seele zurückbleibt. Infolgedessen wird dann die Seele am Tage der
Auferstehung jene Stoflfteile welche durch ihre be-
wiedererkennen,
sondere Mischung dem tidoq, einst sein individuelles Gepräge gegeben
haben, und, unterstützt durch Gottes Allmacht, wird sie ihr Eigentum
wieder an sich nehmen'. Ja die Seele wird wohl den Elementen
ihres Leibes, auch wenn dieselben sich voneinander getrennt haben,
fort und fort nahe bleiben und sie wie eine Wächterin (mo'j el (pöXaxa
Tüjv olxeuov xaf^tarafiivrjv) auf ihrem Wege durch das Weltall begleiten,
wohl identisch sein mit der Abhandlung ,De perfectione et qualem oporteat esse
—
Christianum". In dem überlieferten Texte dieser Abhandlung (Migne 46, 251 286)
wird jedoch die Apokatastasislehre nicht vorgetragen.
* De mortuis, Migne 46, 524 und 536. Vgl. über den Gedankengang dieser
Rede Diekamp, Die Gotteslehre des hl. Gregor von Nyssa 253 ff.
''
In illud Quando sibi subiecerit, Migne 44, 1313.
:
1889, 8°. Fr. Hilt, Des hl. Gregor von Nyssa Lehre vom Menschen syste-
matisch dargestellt, Köln 1890, 8". W. Vollert, Die Lehre Gregors von
Nyssa vom Guten und Bösen und von der schließlicheu Überwindung des
Bösen, Leipzig 1897, 8^ Fr. Preger, Die Grundlagen der Ethik bei Gregor
von Nyssa, Würzburg 1897, 8°. E. Michaud, St Gregoire de Nysse et l'Apo-
catastase: Revue internat. de Theol. 10, 1902, 37—52. K. Weiß, Die Er-
ziehungslehre der drei Kappadozier. Ein Beitrag zur patristischen Pädagogik,
Freiburg i. Br. 1903 (Stra&burger theol. Studien 5, 3 4). J. ß. Aufhauser, —
Die Heilslehre des hl. Gregor von Nyssa, München 1910, 8°.
Über das Leben des hl. Amphilochius siehe die schönen Untersucnungen
bei K. HoU, Amphilochius von Ikonium in seinem Verhältnis zu den großen
* Ein vertrauter Mitwisser und Teilliaber seiner Pläne, Heraklides, spricht bei
Bas. M., Ep. 150, 4, von airfjXata xal itirpai,
« Vgl. Bas. M., Ep. 138, 2.
' Abdrucke bei Mansi, SS. Conc. Coli. 3, 505— 508;
Migne, PP. Gr. 39, bei
93 — 98; auch bei Goldhorn, S. Basilii dogm. sei., Lipsiae
et S. Gregorii Theol. opp.
1854, 630—635. Das Schreiben entwickelt die Lehre, welche Basilius in der 375
verfaßten und Amphilochius gewidmeten Schrift „De Spiritu Sancto" nieder-
gelegt hatte.
Siehe Phot., Bibl. cod. 52, Migne 103, 88 ff. Vgl. über diese Synode und ihr
*
Datum Holl, Amphilochius von Ikonium 31 ff. Die Frage Fickers (Amphilochiana
1, 259 ff), ob die Synode etwa erst in das 5. Jahrhundert zu verweisen und Am-
philochius von Side, ein Freund Cyrills von Alexandrien, als ihr Präsident anzu-
sprechen sei, wird entschieden zu verneinen sein.
* Mansi a. a. 0. 3, 852.
222 Kleinasiaten.
Eine Sammelausgabe von Schriften des hl. Amphilochius lieferte Fr. Com-
betis, SS. Patrum Amphilochii Iconiensis, Methodii Patarensis et Andreae
Cretensis operä omnia, Paris. 1644, 2". Eine neue, teils vermehrte teils
verminderte, Auflage veranstaltete Gallandi, Bibl. vet. Patrum 6, Venetiis
1770, 457 514. —
Ausgelassen sind drei unechte Predigten und die unechte
,Vita S. Basilii M."; hinzugekommen ist das Synodalschreiben vom Jahre 376.
Gallandis Ausgabe ward wieder abgedruckt bei Migne 39, 9 130. Nach- —
getragen ist eine 1776 von Chr. Fr. Matthäi veröffeiftlichte Predigt: aus-
geschaltet sind die ,Iambi ad Seleücum". Die neueren Editionen einzelner
Schriften sollen sogleich genannt werden.
' Hier., De vir. ill. 133. Das „nuper" kann nur von den Tagen des zweiten
ökumenischen Konzils vei-standen werden. Vgl. das ,ante paucos annos" bei Hier,
a. a. 0. 128.
'^
Die Belegstellen für die einzelnen Titel bei Holl, Amphilochius von Iko-
nium 61 fif.
§ 16. Amphilochius von Ikonium. 2. Fragmente. 223
' Holl (a. a. 0. 112 114) will auch die Schriften itsfA uloü und r.epl zoij äyiou
itveüßarog als Reden betrachtet wissen.
^ Anast. Sin., Hodeg. c. 10, liest man bei Migne 89, 184: 'Aix<pdoyioü' Elg iv
yäp -pöawKOv, xa>9wg xal tj ußS-zipa dtddaxsi äyiwaüvTj^ auvedpapiov ai duo ^üasig,
äanzp xal ehai xai aw^s-crdat äTpeTZTwg xal"^ ädtaipirwg iv Xpiarw bßoknyoüpzv. Nach
dem Vorgang mancher andern (vgl. Migne 39, 117) fand auch Holl (a. a. 0. 57)
hier ein Zitat aus einer Amphilochius-Schrift, und zwar wollte er diese Schrift
identifizieren mit dem anderweitig bezeugten dogmatischen Briefe an Pancharius.
Saltet (Bulletin de litt^rature eccles. 1905, 121 ff) hielt es für richtiger, den viel-
genannten Brief an Seleukus als Fundort vorauszusetzen, erkannte aber zugleich,
daß das Zitat die Entscheidung von Chalcedon reproduziere, und erklärte demgemäß
den Brief an Seleukus für eine nachchalcedonensische Fälschung. Cavallera (Revue
d'histoire eccles. 1907, 473 ff) zeigte, daß das Lemma \\p.(piXo'/iou in dem Text bei
Migne an unrichtiger Stelle steht, daß die folgenden Worte kein Zitat aus Amphi-
lochius sein wollen daß sie vielmehr dem Tenor eines von Anastasius Sinaita
,
224 Rleinasiaten.
und 109.
3. Vollständig erhaltene Schriften. Andere Schriften —
haben dank einem besonders gütigen Geschick, mehr oder weniger
sich,
unversehrt bis auf unsere Tage gerettet. Die „Jamben an Se-
leukus" (-poc, lih'jxov hj.p.ßni) deren zuerst Kosmas der Indien-
,
' Das betreffende Diktum des hl. Amphilochius lautet bei Mansi, SS. Conc.Coll. 13,
301 (bei Migne 39, 97 ff sucht man dasselbe vergebens) : „Denn es liegt uns nicht ob,
in farbigen Bildern die leiblichen Gesichter der Heiligen darzustellen (rol; -i-'a^t
TU -pnawT.a Twi' äyiw^ diä )(pu)ßdrwv i\/Tu-oij\>), weil nicht dies uns nottut,
oapy.i/.ü
sondern die Nachahmung des Wandels der Heiligen durch tugendhaftes Leben."
- Ficker (a. a 0. 1, 6 ff) denkt an eine in syrischer Sprache überlieferte, aber
(V. 251 — 319) bei Card. Pitra, Iuris eccles. Graecorum bist, et monum. 1,
Romae 1864, 655—658; bei Th. Zahn, Gesch. des neutestaraeiitl. Kanons
2, 212 ff.
*
JEs ist nicht zutreffend, wenn Holl (Amphilochius von Ikonium 84) von allen
diesen Predigten schreibt, daß keiner der alten Schriftsteller sie zitiere. Anastasius
Bibliothekarius erzählt, daß er bei einem Aufenthalte zu Mantua die Predigt „In
occursum Domini" (Migne, PP. Gr. 39, 43—60) ins Lateinische übersetzt habe (Ep.
ad Landuleum, Migne, PP. Lat. 41, 818).
Diese Predigt ist eines der ältesten Zeugnisse für das Pest der Darstellung
"^
Jesu im Tempel und seiner Begegnung (biraizd.'Tyj) mit Simeon und Anna, das
abendländische Fest „Maria Reinigung" oder , Maria Lichtmeß". Vgl. Holl a. a. O.
61 ff 104 f.
' Für das Fest der iJ.saonevTrjy.oaTr,, „Mittpfingsten", ist Amphilochius wiederum
einer der ersten sichern Zeugen. Vgl. Holl a. a. 0. 105 ff.
* Diese Predigt ist auch durch Zitate bei Theodoret, Papst Gelasius und Fa-
kandus von Hermiane als amphilochianisches Gut verbürgt.
Bardenhewer, GescU. der altkirchl. Literatur. IIL 15
226 Kleinasiaten.
'
Den Sinionschüler Gemellus fand der Verfasser in den von seinen Gegnern
gebrauchten apokryphen Petrusakten; s. den Text bei Ficker, Amphilochiaua 1,
42 f. Der geschichtliche Ursprung des sonst ganz unbekannten Sektennamens »Ge-
melliten" ist noch nicht aufgeklärt; vgl. ebd. 1, 217 f.
^ Die von Theodoret (Haer. fab. comp. 4, 11) erwähnten Imofi'^r/ßara des hl. Am-
philochius gegen die Messalianer sind die Akten der vorhin genannten Synode von
Side, nicht aber, wie Ficker a. a. O. 1, 209 als wenigstens möglich hinstellt, die
§ 16. Amphilochius von Ikoniuni. 4. Charakteristik. 227
Tind zwar ohne besondere Mühe, den Nachweis erbracht, daß sie zu
Ikonium, daß sie von Amphilochius, daß sie wahrscheinlich in den
—
Jahren 373 381 verfaßt worden ist^ Schon Holl, dem die Ab-
handlung noch unbekannt war, hatte den Feldzug des hl. Amphilochius
gegen die Messalianer als „Stück eines großen Kampfes" gegen die
enkratischen und enthusiastischen Sekten Kleinasiens überhaupt be-
zeichnet -.
—
Der Text der Abhandlung bei Ficker a. a. 0. 1, 23 77. Vgl. das Referat
über Fickers Edition von J. Siekenberger in der Byzant. Zeitschr. 16, 1907,
—
303 312. —
Laut Makarius Magnes (Apocrit. 3, 48; vgl. 4, 15) hat ein ge-
wisser Dositheus aus Cilicien in einem acht Bücher zählenden Werke die
Anschauungen der Enkratiten, Apotaktiten und Eremiten wissenschaftlich zu
begründen versucht. Sonst ist über diesen Dositheus, welcher in der zweiten
Hälfte des 4. Jahrhunderts gelebt haben wird, nichts bekannt. Vgl. Ficker,
Die Petrusakten, Leipzig 1903, 73 ff. —
Unterschoben ward Amphilochius
eine lange ,Vita S. Basilii M." bei Combefis a. a. 0. 155 —
225, früher schon
erwähnt und ins 8. Jahrhundert verwiesen (s. vorhin S. 130 A. 1 S. 135 A. 3). ;
Trotz oder vielmehr gerade wegen ihres legendarischen Charakters fand sie
reichen Beifall. Im 9. Jahrhundert ward sie durch drei verschiedene latei-
nische Übersetzungen dem Abendlande zugänghch gemacht; s. die Nachweise
bei Nostitz-Rieneck (Vom Tode des Kaisers Julian) im 16. Jahresbericht des
Gymnasiums zu Feldkirch, Feldkirch 1907, 24 f 34 f.
4. Charakteristik. — Amphilochius ist mehr praktischer
Kirchenmann als Theologe. Es steckt etwas von der kirchenpolitischen
Begabung seines großen Ratgebers in ihm. Seine Schriftstellerei hat
ausschließlich dem Bedürfnis der Erbauung, des Bekenntnisses oder
der Abwehr dienen wollen. Die Form zeigt Mannigfaltigkeit: Rede,
Brief, Abhandlung, Gedicht. Allenthalben aber herrscht derselbe popu-
läre, affektvolle, auf den augenblicklichen Erfolg berechnete Ton vor.
Spekulatives oder philosophisches Interesse lag dem Verfasser fern.
„Ein Bahnbrecher ist Amphilochius auf keinem Punkt gewesen. Aber
er besaß in praktischen wie in theoretischen Fragen sichern Instinkt
für den kirchlichen Mittelweg und Energie, ihn mutig bis zu Ende
zu gehen."**
Um die Trinitätslehre hat sich Amphilochius ein spezielles Ver-
dienst erworben durch Ausprägung des Terminus zpö-oQ tt^q ÜTzdpqecoq.
Zuerst hatte Basilius diesen Ausdruck gebraucht zur Bezeichnung der
hier in Frage stehende Abhandlung. Dagegen dürfte Ficker 1, 157 im Rechte sein,
wenn er es für wahrscheinlich hält, daß die von dem zweiten Nicänum aufbewahrten
Worte des hl. Amphilochius Tc/yt ztLy (l>Bi)ds-KiYpd(pu)v rwv rra/yd alptxi/.oiq dem noch
unversehrten Texte unserer Abhandlung entnommen sind.
Ficker a. a. 0. 1, 111
'
flf.
*Holl Amphilochius von Ikonium 37. In Briefen des hl. Basilius an Amphi-
,
lochius, Antworten auf Anfragen des letzteren, ist wiederholt von Enkratiten, Sakko-
phoren, Apotaktiten, Hydroparastaten die Rede. Bas. M. Ep. 188, can. 1
, 199, ;
15*
228 Kleinasiaten.
„Art und Weise des Ursprungs" des Heiligen Geistes aus dem Vater,
In demselben Sinne wendete Gregor von Nyssa ihn auf den Sohn an.
Amphilochius hat ihn auch auf den Vater übertragen und ihm damit, da
die Personaleigentümlichkeit des Vaters vielmehr in der Ursprungs-
losigkeit liegt, eine neue Bedeutung gegeben „ Seinsmodus. " In dieser :
TjTo'yj ayiaöojQ uväp-uza, a.XlC odx odatag aTtÄwg, Der Name f^eoQ be-
zeichne ro ehai der drei Personen, die Namen Vater, Sohn und Heiliger
i.
Geist bezeichneten to tivoq elvac
Die Christologie des hl. Amphilochius ist in folgenden Wendungen
des Briefes an Seleukus beschlossen »Veov rs xac uv^por^ov opoXoyu) :
rbv ou)v Tod t^eou, iva ucöv doo (poaeojv o döo tsAslcov (püatcov ecg . . .
uloQ ... scQ iu TzpöacüTtov (TovTeXoucnv at doo (püaetc, . . . waxt rijv roh
&SOU fiopiprjv xai rijV roo 806X00 popipr^v aovzeXEiv elq ev TrpoffojTtov ucott
IdcözTjTOQ kxazipaQ (p'jazcoQ xac ecg ev Trpoaconoi' xac p'cav üTTaazamv aou-
rptyoüarjC,. Sie gehen aber durchaus nicht hinaus über die an früherer
Stelle angeführten Formeln Gregors von Nazianz: (poatcQ duo elq iu
dyecpac, 00 doo yauopsvog, dXX ev ex raju doo ^eviadai ävaayöpevoQ
. . . . . .
* Siehe das Fragment bei Migne 39, 112. Über eine notwendige -Korrektur des
Textes s. Holl, Amphilochius von Ikonium 244.
Den
"^
zweiten, zitiere ich nach
christologischen Teil des Briefes an Seleukus
dem Texte bei Cavallera a. a. O. 488—491.
Die Worte eVa nlüv düo ^üffswi' ^pr^fit,
a<pjyy"'n(o<;, dToi-Kzujq, docacpiTwg, welche Holl (248 ff; vgl. 55) als echt gelten läßt,
Vgl. V. de Bück, De S. Asterio: Acta SS. Oct. 13, Paris. 1883, 330—334.
M. Schmid, Beiträge zur Lebensgeschichte des Asterios von Amasea und zur
philologischen Würdigung seiner Schriften (Inaug.-Diss.), Borna-Leipzig 1911, 8".
M. Bauer, Asterios, Bischof von Amaseia, sein Leben und seine Werke (Liaug.-
Diss.), Würzburg 1911, 8°. — Die zeitlich nahestehenden Kirchenschriftsteller
schweigen über Asterius. Das zweite nicänische Konzil 787 gedenkt zweier
Reden desselben, einer r/cppotju über eine bildliche Darstellung des Martyriums
der hl. Euphemia (welche als kostbares Zeugnis für die Bilderverehrung zweimal
ihrem vollen Wortlaute nach zitiert wird, Mansi, SS. Conc. Coli. 13, 16 — 17
u. 308— 309) und eines Ä6701 auf Lazarus und den Reichen (Mansi 13, 305).
Photius kannte außer jener E/.cp paitc eine Reihe von /.o^oi (a. a. 0.) und gab aus
zehn Xo-j-ot längere Auszüge (Bibl. cod. 271). Andere Schriften als Reden scheint
Asterius nicht hinterlassen zu haben. Die in Katenen hin und wieder unter
seinem Namen auftretenden Fragmente, insbesondere die nach Zahl und Um-
fang beträchtlichen Scholien in der Lukaskatene des Nicetas von Heraklea
(bei Mai, Scriptoruni vet. nova Coli. 9, Romae 1837, 669 — 705), werden wohl
sämtlich aus Reden geschöpft sein. — —
Bei Migne 40, 163 478, sind 21
„Homilien" unter des Asterius Namen zusammengestellt worden. Die Katenen-
fragmente blieben unberücksichtigt. Die Homilien 1 —
5, welche von Ph. Rubens
bzw. J. Brant, Antwerpen 1615, ans Licht gezogen wurden, handeln: De
divite et Lazaro (Lk 16, 19 if), De oeconomo iniquitatis (Lk 16, 1 ff), Ad-
versus avaritiam, Adversus kalendarum festum, d. h. gegen das heidnische-
Fest des 1. Januar (wie schon gesagt, im Jahre 400 gehalten, nach einer
Vermutung Försters durch des Libanius Lobrede tl; Tac /a/.avoac, bei Foerster,
Libanii opera 1, Lipsiae 1903, 391—398, veranlaßt, vgl. Schmid a a. 0.
41— 43), In illud: An liceat homini dimittere uxorem suam quacumque ex
causa (Mt 19, 3). Die Homilien 6 — 12, welche Combefis, Graeco-Latinae
Patrum Bibliothecae novum auctarium 1, Paris. 1648, nachtrugt sind über-
schrieben: In Danielem prophetam et Susannam, In cuecum a nativitate
(Jo 9, 1 ff). In SS. Petrum et Paulum principes apostolos. In S. Phocam
martyrem (vgl. K. Lübeck, Der hl. Phokas von Sinope: Hist. Jahrb. 30,
—
1909, 743 761), In sanctos martyres (auf bestimmte einzelne Märtyrer,
deren Namen indessen nicht genannt werden). In S. Euphemiam martyrem.
In S. Stephanum protomartyrem (laut dem Eingang am 26. Dezember ge-
halten). Diese Predigt auf Stephanus, welche von V. Riccärdi, Rom 1630,
unter dem Namen des Patriarchen Proklus von Konstantinopel herausgegeben
worden war (vgl. Migne 65, 809), hat Combefis Asterius zugeeignet, weil er
sie identifizieren zu sollen glaubte mit der von Photius (Bibl: cod. 271) er-
wähnten Predigt des Asterius auf Stephanus. Gegen die Identifizierung er-
heben sich jedoch Bedenken s. Paniel,
; Pragmat. Gesch. der christl. Bered-
samkeit 1, 2, Leipzig 1841, 566 f. Die kurze IVfpajic auf Euphemia wird,
wie bemerkt, schon durch das zweite Nicänum als echt beglaubigt. Sie ist
aber keine Predigt, sondern ein rednerisches Exerzitium, welches Asterius in
einem öffentlichen Hörsaal, bloß vor Männern, vorgetragen hat, jedenfalls
nicht ,in älteren Jahren" (Krüger in der Realenzykl. f. prot. Theol. u.
Kirche* 2, 162), sondern vielmehr „in jüngeren Jahren" (Paniel a. a. 0. 567).
Ältere und neuere Literatur zu dieser Ekphrasis verzeichnet Bauer a. a, 0. 64—67.
Als Homilien 13 —
14 folgen bei Migne zwei Predigten, welche früher unter
den Werken Gregors von Nyssa gedruckt zu werden pflegten (vgl. Migne 46,
539), von Photius (a. a. 0.) aber unzweifelhaft Asterius zugewiesen werden:
,Adhortatio ad poenitentiam" und „In principium ieiuniorum". Den Schluß
der Sammlung bilden sieben Psalmenhomilien, fünf über Ps 5 und je eine
über Ps 6 und Ps 7, alle sieben zuerst von Cotelier, Ecclesiae Graecae
monumenta 2, Paris. 1681, veröffentlicht und wohl mit Unrecht hin und
—
Drittes Kapitel.
» Oben S. 44.
' Wir kennen noch
die Worte, mit welchen Philogonius den enzyklischeu Toraus
Alexanders von Alexaodrien in Sachen des Arius unterschrieben hat, freilich nur
in syrischer Übersetzung (Pitra, Analecta sacra 4, 197 431—432). Anderseits hat
Arius (bei Theodor., Hist. eccl. 1, 4) Philogonius als seinen ausgesprochenen Gegner
bezeichnet.
" Hier., Ep. 73, ad Evang., 2. * Hier., De vir. ill. 85.
* Äthan., Hist. Arian. 4: ä.'ijp öfioXo'jrrjr^q.
§ 17. Eustathius von Antiochien. 1. Dogmatischer Standpunkt. 231
'
Theodor., Hist. eccl. 1, 3. Das Datum der Berufung auf den Patriarchenstuhl
ist vorläufig nicht mit Sicherheit zu fixieren. Philogonius ist laut der Gedächtnis-
rede des hl. Chrysostomus (Migne, PP. Gr. 48, 747 — 756) am 20. Dezember ge-
storben, vermutlich 322 oder 323.
* Hom. in S: Eust. 3. Im übrigen bietet diese Lobrede, Migne 50,
Chrysost.,
597 — 606,
nur wenig historisches Material.
* Näheres bei Cavallera, Le schisme d'Antioche 57 ff.
T£ xai Toü ßovoysvoüi; uloö izapKrciöv, äkXov ßkv rov ixizstpd^ovra ./.upiov wMOßo^eu.
äkXov da Tzapä toOtov ecvat rov äyanwßsvov xüpwv re xai ?9£Jv, 'iv ix doddos ttjv ßian
dnofhi^oc ^zÖTr]Ta xal rijv äAijS^ {^zoyoviaM.
Die Annahme, Eustathius habe bis um 360 gelebt, d. h. bis zu der Zeit, da
*
Melitius zum Bischof von Antiochien ordiniert wurde, stößt auf unüberwindliche
Schwierigkeiten, obwohl offenbar schon Chrysostomus (Hom. in S. Eust. 4) sich von
dieser Voraussetzung hat leiten lassen. Vgl. Cavallera a. a. 0. 65 f.
« Hil., Fragm. ex op. hist. 3, 27.
' CoDC. Nie. II, act. 6; Mansi, SS. Conc. Coli. 13, 265.
232 Antiochener und Syrer.
3. Dogmatische Schriften. —
Ein Werk xarä'Apetavwv, ad-
versus Arianos, welches mindestens acht Bücher gezählt hat, ist nur
aus sehr kurzen Zitaten bekannt. Die lateinischen Zitate, welche an
Zahl und Umfang überwiegen, finden sich bei Fakundus von Her-
raiane und Papst Gelasius, die griechischen bei Eulogius von Alex-
andrien, dem Kompilator der „Doctrina Patrum de incarnatione Verbi"
und Johannes von Damaskus i. Fakundus weist seine Anführungen
teils dem sechsten teils dem achten Buche zu 2. Das sechste Buch
scheint sich wenigstens in erster Linie der Aufgabe gewidmet zu
haben, Schriftstellen, welche die Arianer für sich in Anspruch nahmen,
in orthodoxem Sinne zu erklären.
Etwas genauer sind wir über eine Schrift unterrichtet, welche
bald einfach ;r£^: ^'->yjiZ-, de anima (Hieronymus, Theodoret), bald 7iep\
4>oyj^Q xac xarä 'Apeia'Mov (Eustratius von Konstantinopel), bald 7:ep\
' Siehe Cavallera , S. Eust. homilia christol. 91—95. Das aus der Doc-
Zitat
trina Patrum p. 93 ist unzutreffend abgegrenzt, insofern eine Glosse des Kompilators
noch zu den Worten des Eustathius gezogen wurde. Vgl. Diekamps Ausgabe der
«Doctrina*, Münster i. W. 1907, 59.
* Fac. Herm., Pro defens. trium capit. 11, 1. Die Angabe bei Eulogius bzw.
bei Phot. Bibl. cod. 225 (Migne 103, 941), das Werk des Eustathius habe aus
,
sechs Büchern bestanden, gründet sehr wahrsoheinlich-in einem Verderbnis des um-
laufenden Textes.
234 Antiochener und Syrer.
So nachdrücklich indessen Eustathius die volle Gött]ieit wie die voHe Mensch-
^
heit Jesu Christi verteidigt, die in neuerer Zeit häufiger geäußerte Vermutung, daß
die nestorianisierende Richtung vieler späteren Antiochener durch Eustathius an-
gebahnt worden sei, hat in den Quellen keine Stütze. Die menschliche Natur gilt
Eustathius als das Heiligtum, o Maöq, in welchem Gott wohnte {wxTjdBv ^5 tJewe,
Eust. bei Theodor., Dial. 1, Migne 83, 89; 18, 677). In einem unverdächtigen syri-
schen Fragmente spricht Eustathius von der „Gottesgebärerin" (vgl. Cavallera
a. a. 0. 85). Weitere Zeugnisse bei Cavallera 12 13. —
^ Bei Cavallera a. a. O. 95 —97.
* Morinus, o:r-iV/;, /xatpsii^ög, wird eine den Klang des Namens ^(aTsr^ög imitie-
rende Ableitung von ,uiop6s, „Tor", sein ; vgl. den Schimpfnamen xo-KpiaWtg für
Cyprianus (Bd 2, S. 395 f). Beliebt war, wie früher erwähnt (§11, 4), die Ver-
drehung des Namens Photinus in Skotinus.
* Bei Cavallera a. a. 0. 57—59.
§ 17. Eustathius von Antiochien. 4. Exegetische Schriften. 235
Vgl. C. 22: änavTa /-/sv wg £~og sl-eii' ix twv u>Ofj.dTu)u äkkrjyopiöv di'ocpsi rag
'
' Hier findet sich die vielzitierte Bemerkung: „Es waren wenigstens 270 Bi-
schöfe zusammengekommen denn genau kann ich die Zahl der großen Menge nicht
;
angeben, zumal ich auch keineswegs mit besonderem Eifer danach geforscht habe"
(Theodor., Hist. eccl. 1, 7). Diese Worte, etwa vier Jahre nach dem Nicänum ge-
schrieben, beweisen allerdings allein schon, daß die Tradition von den ,318" Konzils-
vätern auf sehr schwachen Füßen steht.
236 Antiochener und Syrer.
welche zurzeit .wieder ihr Haupt erhoben haben, auch wieder ge-
schlagen werden. Die Schrift mag also um 329 verfaßt worden sein,
als Eusebius von Nikomedien aus dem Exile zurückgekehrt war und
das Signal zum Kampfe gegen das Nicänum gegeben hatte.
Der unechte „Commentarius in Hexaemeron", herausgegeben von Leo
Allatius (AUazzi), Lyon 1629, würde wohl eine nähere Untersuchung ver-
dienen, um so mehr, als er jedenfalls bis in die Mitte des 4. Jahrhunderts
zurückreicht; vgl. den Hinweis auf das dreißigjährige Regierungsjubiläum
Konstantins am 25. Juli 335, Migne 18, 757 760. Einige quellenkritische —
Bemerkungen bei A. Bauer. Die Chronik des Hippolytos, Leipzig 1905, 209
bis 215. Auch die Abhandlung „De engastrimytho adversum Origenem" ist
zuerst von Allatius, Lyon 1629, aus einer Handschrift der Vatikana ans Licht
gezogen worden. Mit Hilfe einer Münchener Handschrift (cod. Monac. gr. 331,
saec. XI?) hat dann A. Jahn, Leipzig 1886 (Texte u. Untersuchungen usf.),
den Text wesentlich berichtigen können. Zu den Bemerkungen über die
handschriftliche Überlieferung bei Jahn xm ff vgl. die Nachträge bei Caval-
lera, S. Eust. hom. 66.
Dieses griechische Fragment, bei Cavallera 97, wird bei Maximus Confessor
*
(Opusc. theol. et polem., Migne 91, 280) Alexander von Alexandrien zugeschi'ieben.
8 Bei Cavallera a. a. 0. 25-51. * Ebd. 51.
selben für größer als Christus erklärten, und „andern", welche den
Heiligen Geist in ihm erblicken wollten-*, als einen Menschen wie
wir ((vji^ptüTupj ()fioto7:ai}7j ijuTv) und entwickelt sodann in sehr be-
merkenswerter Weise den mystischen Sinn der Darstellung der Ge-
nesis an der Hand des Hebräerbriefes 5. „Weshalb erscheint Melchi-
sedech ohne Geschlechtsabfolge? Weil er Typus Christi war und
dessen Bild trug, deshalb hat die Schrift seines Vaters und seiner
Mutter nicht erwähnt, damit wir in ihm wie in einem Bilde Christus
schauten, welcher in Wahrheit keinen Vater und keine Geschlechts-
abfolge hat." „An Jesus, welcher aus der Jungfrau Maria geboren
werden sollte, erging der Ausspruch Gottes: ,Du bist Priester in Ewig-
keit nach der Ordnung Melchisedechs', indem du nicht nach der Weise
Aarons, der blutige Schlachtopfer darbrachte, sondern nach der Ord-
nung Melchisedechs in Brot und Wein die Opfergabe der Heidenvölker
entrichtest für immer."
Eine nur syrisch überlieferte „Liturgia S. Eustathii" (Migne 18, 697 bis
704), eine sog. Anaphora (Kanon nebst Präfation), ist allem Anscheine
nach unecht.
6. Nachfolger des hl. Eustathius. Durch die Absetzung des —
hl» Eustathius 330 ward der Grund zu jenem antiochenischen
im Jahre
Schisma gelegt, dessen auf den vorangegangenen Blättern schon -wiederholt
gedacht werden mußte. Hat doch dieses Schisma lange Zeit hindurch nicht
bloß den gesamten Orient in zwei sich bekämpfende Parteien zerrissen,
sondern auch zwischen Orient und Okzident eine Spannung verursacht,
welche beinahe zu völligem Bruche geführt hätte. In den Jahren 330 360 —
folgten sich auf dem antiochenischen Stuhle in raschem Wechsel sieben
Bischöfe arianischer oder arianisierender Richtung, denen gegenüber ein Teil
der Katholiken Antiochiens. die sog. Eustathianer, sich zu einer Sonder-
gemeinde unter dem Presbyter Paulinus zusammenschlössen. Der erste dieser
Bischöfe war Paulinus, bis dahin Bischof von Tyrus, gest. 331, der letzte
—
Eudoxius, bis dahin Bischof von Germanicia in Syrien, 358 360. Eudoxius,
ein strenger Anhoniöer, welcher sich übrigens am 27. Januar 360 auf den
Stuhl von Konstantinopel zu schwingen wußte und diesen Stuhl bis 369 inne
hatte, muß auch Schriften hinterlassen haben. Die ,Doctrina Patrum de
incarnatione Verbi", ed. Diekamp 64—65, enthält ein Fragment ,von dem
Arianer Eudoxius von Konstantinopel ", Ix toü repi -ap/.co^soK Ä070Ü, welchem
Caspari (Alte und neue Quellen zur Gesch des Taufsymbols und der Glaubens-
regel , Christiania 1879, 176 — 185) eine besondere Abhandlung widmete.
Andere noch ungedruckte Fragmente dieses Ä070; ~z{A r;crpy.(ij:7£oj; finden sich
in cod. Vindob. theol. gr. 77. Vgl. den Katalog der Wiener Handschriften
von Lambecius-Kollarius 3, 1776, 418; Caspari a. a. 0. 178. Auch über die
Eudoxius-Scholieii der Psalmenkatene in cod. Vindob. theol. gr. 15 muß vor-
läufig auf Lambecius-Kollarius 3, 67 verwiesen werden. IJber die Katene
vgl. etwa Karo et Lietzmann, Catenarum graecarum catalogus, Gott. 1902, 51.
Im Winter 360/361 w-ard Melitius (über die Schreibung „Melitius" statt
,Meletius'' vgl. oben S. 34 A. 2), früher Bischof von Sebaste in Klein-
armenien, zum Bischof von Antiochien erwählt. Doch kaum ein Monat war
dahingegangen, als Melitius ins Exil verjagt und an seiner Statt Euzoius, ein
alter Freund des Arius, zum Bischof ernannt wurde. Melitius hatte durch
seine dogmatische Stellungnahme die Arianer enttäuscht, hatte insbesondere
in einer vor Kaiser Konstantius, welcher den Winter 360/361 in Antiochien
zubrachte, gehaltenen Predigt über Spr 8, 22 den Nicänern zu weit gehende
Zugeständnisse gemacht (vgl. Cavallera, Le schisme d'Antioche, Paris 1905,
83 tf). Epiphanius (Haer. 73, 29—33) hat diese Predigt aufbewahrt (Caval-
lera a. a. 0.. 78— 83 hat sie übersetzt). Die Erhebung des Euzoius gab zu
einer endgültigen Scheidung zwischen Katholiken und Arianern Anlaß. Die-
jenigen Katholiken, welche sich bisher noch zu der offiziellen antiochenischen
Gemeinde bekannt hatten, traten aus, wurden aber von den Eustathianern,
denen sie die Hand zum Bunde reichen wollten, zurückgewiesen und kon-
stituierten sich nun unter der Bezeichnung Melitianer zu einer zweiten
katholischen Sondergemeinde. Im Dezember 362 weihte Luzifer von Calaris,
ein kurzsichtiger und eigenmächtiger Eiferer, den erwähnten Presbyter P a u-
linus zum Bischof der Eustathianer. Bald darauf kehrte Bischof Melitius
aus dem Exile zurück. Jetzt war die ganze orthodoxe Kirche vor die Frage
gestellt: Melitius oder Paulinus? Der Orient spaltete sich, Rom entschied
sich für Paulinus.
Melitius, welcher unter Valens noch zweimal ins Exil hatte gehen müssen,
starb im Mai 381 zu Konstantinopel während des zweiten allgemeinen Konzils,
dessen ersten Sitzungen er präsidiert hatte. Er erhielt einen Nachfolger in
der Person des antiochenischen Presbyters Flavian (381 —
404). Paulinus
starb 388, und an seine Stelle trat der durch seine Freundschaft mit Hieronymus
bekannte antiochenische Presbyter Evagrius (388—393). Die Situation blieb
also im wesentlichen dieselbe. Das Schisma war nur neu befestigt. Evagrius
ist von Hieronymus unter die „viri illustres" aufgenommen worden. Als Pres-
byter hatte er Abhandlungen über verschiedene Themata verfaßt (diversarura
G-oi)£ai(uv tractatus) und die ,Vita S. Antonii' des hl. Athanasius ins Latei-
nische übersetzt (Hier., De vir. ill. 1251 Diese Übersetzung liegt noch vor
(s. oben S. 68) Jene Abhandlungen waren zur Zeit, da Hieronymus schrieb,
im Jahre 392, noch nicht veröffentlicht und sind, da Evagrius 393 starb,
wohl überhaupt nicht veröffentlicht worden. Flavian hat Predigten und Briefe
geschrieben. Die berühmte Ansprache Flavians an den empörten Kaiser
Theodosius aus dem Beginne des Jahres 387, Avie sie Chrysostomus (Hom. 21
—
de statuis n. 3, Migne, PP. Gr. 49, 214 219) mitteilt, ist jedenfalls weniger
Flavians als vielmehr des Goldmundes Werk. Dagegen ist die unter des
:
£?c To xaTa Aouxav eua-f/eXtcv, könnten von Kommentaren über die betreffen-
den Evangelien verstanden, dürften aber richtiger mit Cavallera gleichfalls
auf Predigten über einzelne Evangelienstellen gedeutet werden. Einige dieser
Fragmente sind von jüngeren Autoren aus Theodoret herübergenommen worden.
Leontius von Byzanz bringt jedoch auch ein neues Fragment ix toü ei? to :
xata ']a)avvr,v sGa-f/sAtov X070U (Migne 86, 1, 1313) oder ix toü xaxa 'I(o7vv?jv
£1? TO Jo 5, 23 (Migne'86, 2, 1840). Photius endlich (Bibl. cod. 52, Migne
108, 88 —89) kannte zwei Briefe Flavians in Sachen der Messalianer, an
die Bischöfe von Osrhoene und an einen armenischen Bischof. (Mit Unrecht
läßt Cavallera a a. 0. 109 Photius von drei Briefen Flavians sprechen; das
Schreiben an Bischof Letoius von Melitine war nicht ein Brief Flavians,
sondern ein Brief der Bischöfe von Osrhoene.)
Mit dem Tode des Evagrius im Jahre 393 begann auch das Schisma in-
sofern zu sterben, als Flavian die Wahl eines Nachfolgers für Evagrius ver-
hindern konnte. Im Jahre 398 gelang es dem neuen Patriarchen Chrysostomus
von Konstantinopel, seinem früheren Bischöfe Flavian die Anerkennung Roms
zu erwirken. Aber erst der zweite Nachfolger Flavians, Alexander, durfte
415, 85 Jahre nach Ausbruch des Schismas (Theodor., Hist. eccl. 3, 2), die
Wiedervereinigung der Eustathianer mit den übrigen Katholiken Antiochiens
feiern, ,mit einem Feste, wie niemals jemand etwas Ähnliches gesehen hat"
(Theodor, a. a. 0. 5, 35).
1. Lebensgang. —
Eusebius i, Bischof von Cäsarea, der rö-
mischen Hauptstadt Palästinas, ist um 265 geboren worden ^ und um
340 gestorben. Über sein Jugendleben mangelt es sehr an zuverläs-
sigen Nachrichten, Jedenfalls ist Cäsarea, sein späterer Bischofssitz,
zugleich auch, wenn nicht seine Vaterstadt, so doch seine Haupt-
bildungsstätte gewesen. Er genoß
lange Jahre hindurch den hier
Unterricht des gelehrten Presbyters Pamphilus, und aus Verehrung
gegen seinen Meister nahm er selbst den Zunamen li UotKpilo'j, „der
geistige Sohn des Pamphilus", an. Mit Pamphilus hat er die von
Origenes angelegte Bibliothek zu Cäsarea ^ bereichert und erweitert,
Handschriften kopiert und korrigiert und den Text der heiligen Bücher
durchforscht. Seine besondere Freude war es, im Dienste apologetischer
und historischer Studien Tausende von Schriften und Urkunden heid-
nischer, jüdischer und christlicher Provenienz zu exzerpieren. Als
Pamphilus 307 in der Verfolgung unter Maximinus eingekerkert wurde,
blieb Eusebius ihm nahe und verfaßte gemeinschaftlich mit ihm eine
Apologie für Origenes, und nachdem Pamphilus 309 seinen Glauben
mit dem Blute besiegelt, legte Eusebius ihm eine umfassende Biographie
auf das Grab *. Durch die Flucht nach Tyrus und sodann nach der The-
bais wußte Eusebius sein Leben zu sichern. Bald nach dem Friedens-
schlüsse zwischen Staat und Kirche, vielleicht noch im Jahre 313, ist
er zum Bischof der Gemeinde von Cäsarea bestellt worden, deren
Presbyter er war^.
Ein Panegyrikus auf Eusebius aus der Feder seines Schülers und Nachfolgers
'
Akacius von Cäsarea ist nur aus einer Anführung bei Sokrates (Hist. eccl. 2, 4)
bekannt. Als Quellen dienen, abgesehen von seineu eigenen, an persönlichen Mit-
teilungen übrigens recht armen Schriften, die Berichte und Angaben bei Athanasius.
Hieronymus und den späteren Kirchen- und Literarhistorikern.
* Die Annahme Preusohens, die Geburt Eusebs sei „um 275 oder 280" an-
' In dem welches er dem Konzil von Nicäa unterbreitete, bekennt Eu-
Credo,
sebius den Sohn auch als ijeoi/ ix ^soü (s. den vorhin genannten Brief an die Ge-
meinde zu Cäsarea n. 3). Den Kommentar gibt er anderswo mit den Worten: /.al
auTog ßku »9c6? 6 oing, äX)J obx äkrj^^tviK; i^sdg (s. den Brief an Euphrantion bei Mansi,
SS. Conc. Coli. 13, 317).
* Seine Theologie deckt sich in allem Wesentlichen mit den Ergebnissen der
Spekulation des Origenes. Nur der Vater ist ihm der eine wahre Gott der Sohn ;
ist das erste und, solange die übrigen Geschöpfe noch nicht da waren, einzige Ge-
schöpf des Vaters, und der Heilige Geist ist weder Gott noch Sohn Gottes, sondern
eines der durch den Sohn ins Dasein gesetzten Geschöpfe. Wäre der Sohn, glaubt
Eusebius, Gott wie der Vater, so würde er ein zweiter Gott neben dem Vater sein,
und wäre der Sohn wesenseins mit dem Vater, so würde er der Vater selbst sein.
Wie sehr er sich mit solchen Argumentationen abseits aller kirchlichen Tradition
stellte, hat Eusebius merkwürdigerweise nicht erkannt. Seine Theologie, die weder
Trinitätslehre noch Monotheismus heißen kann, ist „ein Beispiel von der Begriffs-
verwirrung welche eine äußerlich gebliebene Gelehrsamkeit auch in fähigeren
,
Köpfen hervorrufen kann". Th. Zahn, Marcellus von Ancyra, Gotha 1867, 38.
Bardenhewer, Oescli. der altkircbl. Literatur. III. 16'
:
—
Biography 2, London 1880, 308 348. E. Schwartz, Eusebios von Cäsarea:
Pauly-Wissowa, Realenzykl. der klass. Alterturaswissenschaft 6, 1, Stuttgart
1907, 1370—1439.
Si<puxo?.
* Siehe den Text bei A. Thiel, Epistolae Romanorum Pontificum 1, Brunsbergae
1868, 461. Die Worte „c^uamvis in primo narrationis suae libro tepuerit" zielen
darauf, daß zu Eingang der Kirchengeschichte die arianisierende Theologie Eusebs
zur Geltung kommt. An einer späteren Stelle (Thiel 466) sagt die Dekretale
„Historia Eusebii Pamphili apocrypha."
Wie wir bald hören werden, war die Chronik von Hieronymus, die Kirchen-
'>
sehr vermissen, zeichneten sich aber aus durch Reichtum des gelehrten
Wissens'.
Ein genaues Verzeichnis der literarischen Leistungen Eusebs ist
uns nicht überliefert. Hieronymus hat diesen „infinita voluraina"
gegenüber von einer vollständigen Aufzählung von vornherein ab-
gesehen 2. Photius hat überhaupt nur über einzelne Schriften referiert,
ist jedoch häufig auf Eusebius zurückgekommen^. Ohne Zweifel ist
der größere und wichtigere Teil des ursprünglichen Bestandes uns
erhalten geblieben. In einzelne Lücken der griechischen Überlieferung
treten uralte syrische, armenische, lateinische Versionen ein.
Die hervorstechendste Eigentümlichkeit der schriftstellferischen Pro-
duktion Eusebs ist von der Nachwelt zutreffend gewürdigt worden.
Eusebius ist Gelehrter« im engeren Sinne des Wortes und an-
erkanntermaßen der größte christliche Gelehrte seiner Zeit. Seme
ätärke lag im Lesen, Exzerpieren und Zusammentragen. Seine Schriften,
welche fast durchweg wissenschaftliches oder lehrhaftes Gepräge
tragen, bestehen hauptsächlich aus Zitaten und ersetzen ganze Biblio-
theken. Seine Ausdauer ist bewundernswert. Für Werke wie die
,Evangelische Vorbereitung" oder die „Evangelische Beweisführung",
die „Chronik" oder die „Kirchengeschichte" war eine Unsumme weit
zerstreuten Stoffes zu sammeln und zu sichten. Und er arbeitete ge-
wissenhaft. Soweit wir in der Lage sind, seine Tätigkeit zu belau-
schen, seine Angaben nachzuprüfen, erweist er sich vertrauenswürdig.
Unsterblich haben ihn seine historischen Arbeiten gemacht.
Seine „Kirchengeschichte" war für die gesamte Christenheit ein xrrijia
£Q dei, dessen Wert in demselben Maße zu wachsen schien, in welchem
das Interesse für die kirchliche Vorzeit zunahm. Der Gedanke, wie
es ohne Eusebius um die Kirchengeschichtschreibung der drei ersten
Jahrhunderte bestellt sein würde, ist überhaupt nicht auszudenken.
Daß nicht selten Gunst oder Ungunst seinen Blick getrübt, sein Urteil
gefangen genommen hat, fällt kaum ins Gewicht. Die Unvergänglich-
keit seiner Schriften beruht eben auf den mitgeteilten Tatsachen,
Aktenstücken und Exzerpten. Nicht Geringeres leistete Eusebius auf
apologetischem Gebiete. Er hat wie kein anderer Kirchen-
schriftsteller des 4. Jahrhunderts mitgearbeitet an dem Aufbau einer
systematischen Apologetik, indem er in der „Evangelischen Vor-
bereitung" vom Heidentum aus durch das Judentum den Weg zum
Christentum bahnte und sodann in der „Evangelischen Beweisführung"
aus dem Judentum die Wahrheit und die Göttlichkeit des Christen-
' Phot., Bibl. cod. 13: 7:oXufj.aßrjq di iarci' u äi>:^p, el xal tT/-^ uyj^i'^oiav xal to
cradTjpbn toö r^tJovg, «Lg Tzapä t^u äxpißsiav tT/V iv toi? düypaatv, ä\idzi<r:epoq.
» Hier., De vir. ill. 81.
' Phot. a. a. 0. cod. 9—13 27 39 118 127.
16*
244 Antiochener und Syrer.
tums dartat ^ Auch seine historischen Werke sind samt und sonders
von apologetischen Gedanken und Tendenzen getragen. Endlich haben
namentlich biblische Studien mannigfacher Art ihn sein ganzes Leben
hindurch begleitet. Und von seinem „Onomastikon der biblischen Orts-
namen" zehrt die biblische Geographie auch heute noch.
Über formales Schriftstellertalent hat Eusebius nicht verfügt. Anmut
und Glanz des Stiles, so sagte schon Photius^, ist seinen Schriften
fremd. Sein Ausdruck ist breitspurig und eintönig. Hält er einen
ruhigen Gang ein, so verliert er sich gern in endlose Perioden. Strebt
er rhetorischen Schwung an, so verfällt er in kaum erträglichen Wort-
schwall.
Überdie Überlieferung der Schriften Eusebs handelt Preuschen bei Har-
nack, Gesch. der altchristl. Litt. 1, 2, 551 586. —
Eine Gesamtausgabe gibt
es noch nicht. Ein Abdruck von Ausgaben sämtlicher Schriften bei Migne,
—
PP. Gr. 19 24, Paris. 1857. Drei der wichtigsten Schriften, die , Evange-
lische Vorbereitung", die „Evangelische Beweisführung" und die , Kirchen-
geschichte ", hat W. Dindorf in bequemer, aber wenig kritischer Handausgabe
vorgelegt, Leipzig 1867 —
1871, 4 Bde, 8". Eine den heutigen Anforderungen
entsprechende Ausgabe hat in den , Griechischen christlichen Schriftsteilem"
der k preuß. Akademie der Wissenschaften zu erscheinen begonnen Bd 1, :
1902, enthält die Enkomien auf Kaiser Konstantin, bearbeitet von J. A. Heikel:
Bd 2 die Kirchengeschichte von E. Schwartz Bd 3 das Onomastikon der
, ;
Über Sprache und Stil der historischen Schriften Eusebs handelt E. Fritze,
Beiträge zur sprachlich-stilistischen Würdigung des Eusebios (Inaug.-Diss.),
Borna-Leipzig 1910, 8".
' Vgl. V. Schmid, Apologetik als spekulative Grundlage der Theologie, Frei-
burg i. Br. 1900, 20 ff.
4 Bde, 8"; von E. H. Gifford, Oxford 1903, 4 Bde, 8«. Gifford gibt auch
eine englische Übersetzung. In der Rezension des griechischen Textes fußt
er auf den Ergebnissen der Untersuchung von J. A. Heikel, De Praepara-
tionis evangelicae Eusebii edendae ratione quaestiones, Helsingforsiae 1888, 8^
Für die „Demonstratio" sind wir noch auf die Ausgabe von Th. Gaisford,
Oxford 1852, 2 Bde, 8", angewiesen. —
Näheres über den Gedankengehalt
der apologetischen Schriften Eusebs bei M. Faulhaber, Die griechischen Apo-
logeten der klassischen Väterzeit. 1. Buch: Eusebius von Cäsarea (Inaug.-
Diss.), Würzburg 1895, 8". Vgl. auch A. Seitz, Die Apologie des Christen-
tums bei den Griechen des 4. und 5. Jahrhunderts in historisch-systema-
tischer Darstellung (Gekrönte Preisschrift), Würzburg 18^5, 8". „Einige
Kleinigkeiten zum Alten Testament" aus „Praeparatio" und „Demonstratio"
bei E. Nestle in der Zeitschr. f. die alttestamentl. Wiss. 29, 1909, 57—62.
'
Vgl. Praep. ev. 1, 1, 12. ^ Phot., Bibl. cod. 11 — 12.
8 Schwartz bei Pauly-Wissowa, Realenzykl. der klass. Altertumswissenschaft
6, 1, 1386. * Praep. ev. 1, 3, 12.
§ 18. Eusebius von Cäsarea. 3. Apologetische Schriften. 247
des Herrn. Das fünfte reproduziert, wie der Verfasser selbst sagt ^
den Hauptabschnitt des dritten Buches der „Evangelischen Beweis-
führung" 2. Übrigens ist diese „Theophanie" nur syrisch überliefert,
nicht sowohl in einer Version als vielmehr in einer sklavisch-wörtlichen
Imitation, von welcher das Britische Museum zu London eine vom
Februar des Jahres 411 datierte Abschrift besitzt. Vom griechischen
Originale sind, soviel bekannt, nur noch die Bruchstücke vorhanden,
welche Nicetas von Heraklea gegen Ende des 11. Jahrhunderts in
seine Katenen zum Lukasevangelium und zum Hebräerbrief verflochten
hat (Migne 24, 609—690).
Den syrischen Text der „Theophanie" hat nach der Londoner Handschrift
5. Lee herausgegeben, London 1842, und ins Englische übersetzt, Cambridge
1843. Eine möglichst lesbare deutsche Übersetzung des syrischen Textes
und eine neue Rezension der Bruchstücke des griechischen Originals lieferte
H. Greßmann, Leipzig 1904 (Eusebius' Werke 3, 2). Vgl. Greßmann,
Studien zu Eusebs Theophanie, Leipzig 1903 (Texte und Untersuchungen usf.
23, 8). Die Bruchstücke des griechischen Originals tragen bei Nicetas das
Lemma Eujsßi'ou oder LüSißioL» Eua-j'-j'EAtx^c Uecc^aveia?, während andere Zitate
aus Eusebius bei Nicetas überschrieben sind Eujeßiou ösurspa; öeo'jpavstac,
vgl. die genannte Ausgabe Greßmanns vii— xi. Nicetas hat also außer der
„evangelischen Theophanie", welche von der ersten Ankunft des Herrn im
Fleische handelte, noch eine „zweite Theophanie" Eusebs gekannt, welche
wohl nur von der Wiederkunft des Herrn am Ende der Zeiten gehandelt
haben kann. Andere Zeugnisse über diese zweite Theophanie sind nicht
beizubringen. Aber unter den sonst überlieferten Eusebius-Fragmenten mögen
noch weitere Reste derselben stecken. Vgl. Schwartz bei Pauly-Wissowa
6, 1, 1431 ff.
•
Theoph. 4, 37.
2 Demonstr. ev. 3, 3—7. ^ Phot. a. a. 0. cod. 13.
* Hier., Comm. in Dan. prol. ; Comm. in Matth. ad 24, 16.
^ Phot. a. a. 0. cod. 39. « Vgl. Bd 1, S. 167.
248 Antiochener und Syrer.
Die ÜberMeibsel iles Werkes gegen Porphyrius hat Preuschen bei Harnack,
Gesch. der altchristl. Litt. zusammengestellt. Ein neues Frag-
1, 2, 564 f,
ment bei V. d. Goltz, Eine textkritische Arbeit des 10. bzw. 6. Jahrhunderts
(Texte und Untersuchungen usf. 17, 4), Leipzig 1899, 41 f. Die Schrift gegen
Hierokles ward in Verbindung mit den dogmatischen Schriften , Contra Mar-
cellum" und ,De ecclesiastica theologia' herausgegeben von Th. Gaisford, Ox-
ford 1852, S". Dieselbe ist auch in C. L. Kaysers Ausgabe der Werke des
Flavius Philostratus, des Verfassers des Apollonius-Romans, Leipzig 1870
bis 1871, 2 Bde, 8°, aufgenommen worden (1, 369—413). Eine Inhalts-
analyse bei Faulhaber a. a. 0. 108 121. —
Historische Schriften.
4. Zu den frühesten Arbeiten —
Eusebs muß das große Werk zählen, welches unter dem Namen
„Chronik" geht (Migne 19), ursprünglich aber laut den Selbstzitaten
des Verfassers ypovtxui xavövzQ xai iTziTO/ii^ Tta'jToda-zrjQ tcrropiaQ Klkrj-
vcov TS xai ßapßdpcov geheißen hat^. Aus einem dieser Selbstzitate ^
läßt sich mit großer Wahrscheinlichkeit folgern, daß die erste Aus-
gabe des Werkes schon um 303 veröffentlicht wurde. Eine Einleitung
oder ein erster Teil enthielt eine aus den Quellen geschöpfte Dar-
stellung der Ären oder der zumeist auf Dynastienreihen beruhenden
chronologischen Systeme der Chaldäer, der Assyrer, der Hebräer, der
Ägypter, der Griechen und der Römer. Der zweite Teil, zugleich der
Hauptteil, welcher in dem ursprünglichen Titel allein Berücksichtigung
fand, bestand aus Tabellen oder Zeittafeln. Unter Zugrundelegung der
Ära von der Geburt Abrahams (2016/2105 v. Chr.) wurden erstens die
einzelnen Jahre der im ersten Teile besprochenen Ären oder Dyna-
stien nebeneinandergestellt (-/povtxoi xavüvsc) und zweitens der Zahlen-
reihe der Ära der Hebräer die wichtigsten Tatsachen der alttesta-
mentlichen Geschichtserzählung und den Jahresziffern einer profanen
Ära besonders bemerkenswerte Ereignisse der außerbiblischen Ge-
schichte in möglichst knapper Form beigeschrieben (eTurofii) Tzavzo-
danrjQ' 'taTopiaQ^xrX.). In einem letzten Abschnitte, welcher mit dem
Auftreten des Christentums anhob, wurden die Mitteilungen aus der
Profan geschichte mehr und mehr zurückgedrängt durch Notizen über
die Schicksale der neuen Religion und ihrer Bekenner.
Im einzelnen bleibt wenigstens vorläufig manches zweifelhaft.
Der Originaltext des Werkes ist zu Grunde gegangen. Von beiden
Teilen liegen nur Fragmente und Exzerpte vor. Der erste Teil ist
erst durch die 1818 erfolgte Veröffentlichung einer armenischen Über-
setzung des Werkes* näher bekannt geworden. Der zweite Teil ist
in einer lateinischen Version überliefert, welche Hieronymus etwa 380
zu Konstantinopel fertigte. Beide Versionen aber geben nicht die
ursprüngliche Fassung des zweiten Teiles wieder, sondern eine spätere
Überarbeitung, welche über das Jahr 303 hinaus bis in die Zeit der
Alleinherrschaft Konstantins fortgeführt war. Auch hat Hieronymus,
wie er selbst in der Vorrede sagt, nur die früheren Abschnitte seiner
Vorlage, bis zur Zerstörung Trojas, einfach übersetzt, in den späteren
Abschnitten dagegen mancherlei Zusätze einfließen lassen und zum
Schluß eine ganz neue Fortsetzung angereiht, welche die Jahre 325
bis 378 umspannt.
Die Chronographie des Julius Afrikanus aus dem Anfang des
3. Jahrhunderts hat Eusebius fleißig benützt, aber nach verschiedenen
Seiten hin weit überholt. Er hat fast allenthalben ältere und bessere
Quellen verwerten können und hat mit Recht auch das ganze auf
die Voraussetzung einer sechstausendjährigen Weltdauer gegründete
System seines Vorgängers ^ über Bord geworfen. Der apologetische
Grundgedanke der Chronographie, daß das Christentum kein Novum
ohne Vergangenheit, die jüdisch-christliche Überlieferung vielmehr
älter sei als die Erinnerungen irgend eines andern Volkes, ist in der
eusebianischen „Chronik" um so schärfer herausgearbeitet.
Die erste und bisher einzige Originalausgabe der armenischen Über-
setzung der „Chronik" lieferte J. B. Aueher, Venedig 1818, 2 Bde, 4o. Gleich-
zeitig erschien auch eine lateinische Ausgabe von J. Zohrab und A. Mai,
Mailand 1818, 4°. Die hieronymianische Übersetzung des zweiten Teiles
der „Chronik" war schon 1475 zu Mailand durch B. Mombritius zum Druck
befördert worden. Neue Bearbeitungen der Überbleibsel der „Chronik" über-
haupt heferten Mai, Rom 1833 (Script, vet. nov. CoU. 8, 1), und A. Schoene,
Berhn 1866—1875, 2 Bde, 4°. Der erste Band der Edition Schoenes, „Eu-
sebi Chronicorum hber prior", 1875, enthält „Armeniam versionem latine
factam ad libros manuscriptos recensuit H. Petermann. Graeca fragmenta
colle'git et recognovit, appendices chronographicas sex adiecit A. Schoene";
der zweite Band, „Eusebi Chronicorum Canonum quae supersunt", 1866, ent-
hält „Armeniam versionem latine factam e libris manuscr. rec. H. Petermann.
Hieronymi versionem e libris manuscr. rec. A. Schoene. Syriam epitomen la-
tine factam e libro Londinensi rec. E. Roediger". Eine deutsche Ausgabe
der armenischen Übersetzung spendete erst J. Karst, Leipzig 1911 (Euse-
bius' Werke 5). Nach Karst ist die armenische Übersetzung' ihrem ganzen
Umfange nach aus dem griechischen Originale geflossen, in ihrem zweiten
Teile aber nachträglich auf Grund einer syrischen Version überarbeitet worden.
Von dieser syrischen Version, welche um 600 entstand, liegt heute nur noch
ein 636 gefertigter Auszug aus dem zweiten Teile vor, die Syria epitome
im zweiten Bande der Ausgabe Schoenes. Ein Auszug aus dem zweiten Teile
einer andern, jüngeren syrischen Version lateinisch bei C. Siegfried et H. Geizer,
» Vgl. Bd 2, S. 222.
:
» Ebd.
252 Antiochener und Syrer.
177-201.
5.Exegetische Schriften. Als Exeget wandelt Eusebius —
die Wege des Origenes. Er steht außerhalb des Kreises der anti-
ochenischen Schule, Ein gewisser historischer Sinn aber hat ihn vor
manchen Extravaganzen seines Meisters bewahrt. Griechische Bibel-
handschriften haben ihm in reicher Fülle zu Gebote gestanden. Eine
Kenntnis des Hebräischen, welche diesen Namen verdienen würde, hat
er nicht besessen 3.
1617, 1 —
74) unter dem Namen Eusebs veröffentlichte Erklärung des Hohen-
liedes ist eine frühestens nach der Mitte des 5. Jahrluinderts kompilierte
Katene, deren Prolog durch ein langes Scholion „von Eusebius" eingeleitet
wird. Pitra (Analecta sacra 3, 529—537) hat dieses, zum mindesten sehr
verdächtige Scholion von neuem herausgegeben weil es bei Migne keine
,
quam iudice promittebat ubicumque onim eum liistoria defecerit, transit ad allego-
;
Herakleia (Texte und Untersuchungen usf. 22, 4), Leipzig 1902, 86 f. Einen
Eusebius -Kommentar zum ersten Korintherbriefe wie ihn Preuschen bei
,
Harnack a. a. 0. 1, 2, 577 aus Hier., Ep. 49, 3, erschloß, hat schon Har-
nack 2, 2, 123 abgelehnt.
'
Klostermann (Eusebius' Werke 3, 1, Leipzig 1904, xi) sagt: vor 336, „da
Paulinus von Tyrus vor 336 gestorben ist". Paulinus, bis dahin Bischof von Tyrus,
ist nach der Absetzung des hl. Eustathius von Antiochien, 330 oder 331 Bischof
von Antiochien geworden, aber schon nach Verlauf von sechs Monaten gestorben.
F. Cavallera, Le schisme d'Antioche, Paris 1905, 66—69.
Die drei früheren Teile sind nur aus dem Vorwort des letzten Teiles bekannt.
*
auch heute noch unter den Quellen für die Topographie des Gelobten
Landes in biblischer Zeit nächst der Bibel selbst die erste Stelle ein.
Die erste Ausgabe des „Onomastikons der biblischen Ortsnamen'' lieferte
der gelehrte Jesuit J. Bonfrere, Paris 1631. Eine bahnbrechende Leistung
war die Ausgabe des griechischen Textes und zugleich auch der hierony-
mianischen Übersetzung von P. de Lagarde, Onomastica Sacra, Gottingae
187U 1887, 2 voll., 8". Auch der neueste Herausgeber, E. Klostermann,
Leipzig 1904 (Eusebius' Werke 3, 1), hat den griechischen Text und die
hieronymianische Übersetzung miteinander verbunden, und zwar in Parallel-
spalten zum Abdruck gebracht, wobei freilich die Übersetzung nach Maßgabe
des griechischen Alphabets umgestellt werden mußte. Die alleinige Trägerin
der direkten Überlieferung des griechischen Textes ist, wie de Lagarde nach-
wies, eine durch Auslassungen und Fehler in hohem Grade verunstaltete
Handschrift der Vatikana aus dem 12. Jahrhundert (cod. Vatic. gr. 1456).
Zur Glättung und Säubez'ung des Wortlauts benützte Klostermann außer der
hieronymianischen Übersetzung, welche sich als „eine sehr zuverlässige
Arbeit" erprobte, die Spuren einer indirekten Überlieferung des Originals,
unter denen vor allem die reichen Entlehnungen bei Prokopius von Gaza zu
nennen sind. Vgl. Klostermann, Eusebius' Schrift -spl twv to-ixüjv ovoji.atü>v
T(T)v £v TQ i)zh. Ypacpfj (Texte und Untersuchungen usf. 23, 2 b), Leipzig 1902.
Um die sachliche Erläuterung und Würdigung der Schrift hat sich nament-
lich Thomsen verdient gemacht. P. Thomsen Palästina nach dem Ono-
,
'
Eus., Praep. ev. 7, 8, 29; Demonstr. ev. 1, 9, 20. Bas. M., De Spir. S. 29, 72.
Vita Const.
Eus., 4, 34—35. Die Sclirift ist für Konstantin ins Lateinische
übersetzt worden.
§ 18. Eusebias von Cäsarea. 6. Sonstige biblieche Schriften. 257
1894, 152 f. —
Die Fragmente „De vitis prophetarum" (Migne 22, 1261 bis
1272) dürften den Namen Eusebs mit Unrecht tragen (vgl. Preuschen bei
Harnack 1, 2, 575). Daß dieselben zu den ,Eclogae propheticae" (oben S. 246)
gehören, wie Harnack 2, 2, 122 annehmen möchte, scheint mir völlig aus-
geschlossen.
7. Dogmatische Schriften —
Zwei dogmatische Schriften,
aus den letzten Lebensjahren Eusebs, sind gegen Bischof Mar-
cellus von Ancyra gerichtet. Wie früher bemerkt, war Marcellus
335 mit einer freilich sehr unglücklichen Verteidigung des nicänischen
Glaubensbekenntnisses hervorgetreten und auf Grund derselben zu An-
fang des Jahres 336 von der arianischen oder eusebianischen Synode
zu Konstantinopel seines Amtes entsetzt worden. Eusebius hatte der -
zianischen. Die erste Ausgabe lieferte R. Montagu, Paris 1628. Die letzte
verdanken wir E. Klostermann, Leipzig 1906 (Eusebius* Werke 4). Ganz
verfehlt war es, wenn F. C. Conybeare, unter Berufung auf chronologische,
dogmengeschichtliche und stilistische Instanzen, die zwei Schriften Eusebius
von Cäsarea absprechen und seinem Schüler Eusebius von Emesa zuweisen
wollte (Zeitschr. f. die neutestamentl. Wiss. 4, 1903, 330—334; 6, 1905, 250
bis 270). S. dagegen Klostermann in seiner Ausgabe ix —
xvi; Chase und
Bethune-Baker im Journal of Theol. Studies 6, 1905, 512 521 — Loeschcke
;
' Vgl. die Einleitung der neuen Ausgabe von Heikel, Leipzig 1902, xlv.
« Eus., Vita Const. 1, 3.
' Die Vita Const. 3, 24 geäußerte Absicht, eine Sammlung von Briefen Kon-
stantins herauszugeben, hat Eusebius nicht mehr ausgeführt.
17*
260 Antiochener und Syrer.
Die „Vita Constantini" (nebst der „Oratio ad sanctorum coetum" und der
sog. „Laus Constantini") ist meist in Verbindung mit der „Kirchengeschichte"
Eusebs gedruckt worden, weil sie in gewissem Sinne allerdings eine Fort-
setzung der „Kirchengeschichte" darstellt. Die neueste und unzweifelhaft beste
Ausgabe, mit einer sehr umfassenden Einleitung und einem ebenso umfas-
senden „Wort- und Sachregister", lieferte J. A. Heikel, Leipzig 1902 (Eu-
sebius' Werke 1); vgl. Heikel, Kritische Beiträge zu den Konstantin-Schriften
des Eusebius, Leipzig 1911 (Texte und Untersuchungen usf. 36, 4). Über
Charakter, Form und Anlage der Schrift s. P. Meyer, De Vita Constantini
Eusebiana (Progr.), Bonnae 1882, 4°. Fr. Leo, Die griechisch-römische Bio-
selbst scheint noch ein lateinisches Fragment vorzuliegen ; vgl. Harnack in der
Theol. Literaturzeitung 1902, 374 ff.
» Vita Const. 4, 46.
* Auch Heikel a. a. 0. 193— 259 hat dieselben noch als ein Ganzes drucken
lassen, wiewohl es ihm nicht entgangen ist, „daß mit Kap. 11 eigentlich eine neue
Schrift anhebt" (Einleitung cv).
* Weiteres bei Greßmann in seiner Bearbeitung der Theophanie xiv ff.
1
§ 18. Eusebius von Cäsarea. 9. Predigten und Briefe. 261
graphie nach ihrer literarischen Form, Leipzig 1901, 311 314. Heikel in —
seiner Ausgabe, Einl. xlv ff. G. Pasquali, Die Komposition der Vita Con-
stantini des Eusebius: Hermes 45, 1910, 369 —
386. Die Echtheit bzw. Inte-
grität der eingeschalteten Urkunden ward bestritten von A. Crivellucci, Della
fede storica di Eusebio nella Vita di Costantino, Livorno 1888, 8°, und von
V. Schnitze, Quellenuntersuchungen zur Vita Constantini des Eusebius:
Zeitschr. f. Kirchengesch. 14, 1893—1894, 503—555. Als Verteidiger der
Urkunden traten auf 0. Seeck, Die Urkunden der Vita Constantini ebd. 18, :
1897—1898, 321—345 —
gegen Seeck ergriff Crivellucci das Wort in den
Studi storici 7, 1898, 411 —
429 453 459 — —
und namentlich Heikel in seiner
Ausgabe, Einl. lxvi— lxxxxi. Eine einläßliche Verteidigung der Echtheit der
„Oratio ad sanctorum coetum" bei J. M. Pfättisch, Die Rede Konstantins d. Gr.
an die Versammlung der Heiligen auf ihre Echtheit untersucht, Freiburg i. Br.
1908 (Straßburger theol. Studien 9, 4) vgl. Pfättisch, Piatos Einfluß auf die
;
1910, 399—417.
nur noch ein einziger Brief, der von Athanasius^ und andern auf-
bewahrte Brief an die Gemeinde zu Cäsarea, in welchem Eusebius
sein Verhalten auf dem Konzil zu Nicäa und insbesondere seine Zu-
stimmung zu dem bfiooumoQ zu rechtfertigen sucht. Mehrere vor dem
Nicänum in Sachen des Arius und seiner Genossen geschriebene Briefe
sind aus Zitaten bekannt. Ein Brief an Alexander von Alexandrien,
in welchem Arius in Schutz genommen wurde, wird von Eusebius
von Nikomedien in seinem Schreiben an Paulinus von Tyrus ^ er-
wähnt. Aus einem jüngeren Briefe an Alexander, in welchem der
Darstellung Alexanders gegenüber das von Arius auf der Synode zu
er 359 der Synode zu Seleucia vorlegte, haben Athanasius (De synodis 29),
Epiphanius (Haer. 73, 25), Sokrates (Hist. eccl. 2, 40) aufbewahrt. Dagegen
sind die umfassenden Akten der homöischen Synode zu Konstantinopel vom
Jahre 360, welche, wie Philostorgius (a. a. 0. 4, 12) ausdrücklich hervor-
hebt, samt und sonders von Akacius redigiert waren, untergegangen. Übrigens
hat Akacius auch wissenschaftliches Interesse bekundet, indem er sich der
Bibhothek von Cäsarea annahm (vgl. Bd 2, S. 10) und eine Reihe von
Schriften veröffentlichte. „Elaboravit", sagt Hieronymus (a. a. 0.) ,in Ec-
clesiasten decem et septem Volumina et jjp-jjliztujv ^r-r^'^d-u}'. sex et multos
praeterea diversosque tractatus." Die , Vermischten Probleme" scheinen sich
auf biblischem Boden bewegt zu haben. Der vierte Band, aus welchem
Hieronymus anderswo (Ep. 119, 6) einen längeren Abschnitt mitteilt, enthielt
eine Erörterung der Stelle 1 Kor 15, 51. Epiphanius (Haer. 72, 5—10) ge-
denkt einer Streitschrift des Akacius gegen Marcellus von Ancyra (rpö;
Mapxc/./.ov ävT'J.o-'ia) und bemüht sich, aus derselben Licht über die Häresie
der Marcellianer zu gewinnen. Sokrates endlich (a. a. 0. 2, 4) erwähnt ein
Enkomium des Akacius auf seinen Lehrer und Vorgänger Eusebius (s?; tov
[i'.ov To'j ö'.oar/.a'Xou aOroü). Fragmente unter des Akacius Namen in ex-
egetischen Katenen haben noch keinen Sammler gefunden. Einstweilen ist
auf den „index auctorum" bei Karo et Lietzmann, Catenarum graecarum
catalogus, Gott. 1902, zu verweisen.
• CoDc. Nie. ir, act. 6, bei Mansi, SS. Conc. Coli. 13, 316—317. Vgl. Schwartz
in den Nachrichten von der k. Ges. der Wiss. zu Göttingen, Philol.-hist. KL, 1905,
262 f.
^ Äthan., De syn. 17. Mansi a.a. O. 13, 317. Schwartz a. a. 0. 263.
» Mansi a. a. 0. 13, 313 317. Niceph. Patr., Antirrhetica ,bei Pitra, Spicil.
Soleam. 1, 383 fF.
;
a. a. 0. 3.44).
1, —
Handschriftlich sind, soviel bekannt, nur dürftige Reste
überliefert. Eine grö&ere Sammlung lateinischer Homilien, „Homiliae 56 ad
populum et raonachos", welche von J. Gagneius (Paris 1547, Löwen 1560)
unter dem Namen Eusebs von Emesa herausgegeben wurde, gehört vielmehr,
wie sich schon bald herausstellte (vgl. Feßler-Jungmann, Institt. Patrol. 2,
1, 3 —
4), verschiedenen abendländischen, und zwar gallischen, Kirchenschrift-
stellern an. Die drei griechischen Homilien , welche J. Chr. W. Augusti
(Elberfeld 1829) als „Eusebii Emeseni opuscula" vorlegte (Migne 86, 1, 503
bis 536), sind, wie Thilo (a. a. 0. 4 ff) dartat, vielmehr dem sog. Eusebius
von Alexandrien zuzuweisen. Dagegen hat Thilo (a. a. 0. 64 ff) wahr-
scheinlich zu machen gewußt, daß von den vierzehn lateinischen Homilien,
welche Sirmond unter dem Namen Eusebs von Cäsarea veröffentlichte (Migne
24, 1047 —
1208), wenigstens die zwei ersten, „de fide adversus Sabelüum*,
d. i. gegen Marcellus von Ancyra, für' Eusebius von Emssa in Anspruch zu
nehmen sind. Und vielleicht darf letzterem auch eine von Th. Zahn (Skizzen
aus dem Leben der alten Kirche, Erlangen 1894, 278—286; 3. Aufl. 1908)
in deutscher Übersetzung mitgeteilte, im griechischen Original noch nicht
gedruckte Predigt über die Arbeitsruhe am Sonntag beigelegt werden (vgl.
Zahn in der Zeitschr. f. kirchl. Wissenschaft 5, 1884, 516 ff). Zu diesen
drei Predigten kommen dann namentlich noch Scholien in gedruckten und
ungedruckten exegetischen Katenen. Eine Sammlung und Sichtung derselben
würde sich um so mehr lohnen, als Eusebius nach den Andeutungen bei Hier-
onymus die Heilige Schrift in den Mittelpunkt seiner literarischen Tätigkeit
gestellt und den hermeneutischen Grundsätzen der antiochenischen Schule
gehuldigt zu haben scheint. Die Unzulänglichkeit der Fragmenten&ammlung
Augustis vom Jahre 1829 hat schon Thilo (a. a. 0. 59 ff) aufgedeckt. Dem
—
Abdruck dieser Sammlung bei Migne 86, 1, 535 562, sind aber nur ein
paar neue Katenenscholien beigegeben worden (561 — 562). Über Scholien
zu Isaias vgl. M. Faulhaber, Die Propheten-Catenen nach römischen Hand-
schriften, Freiburg i. Br. 1899, 63; über sonstige Katenenscholien L. Denne-
feld, Der alttestamentliche Kanon der antiochenischen Schule, Freiburg i. Br.
1909, 21 f. Über Fragmente in syrischen Handschriften vgl. Wright a. a. 0.
2, 528 837.
rief (bei Sozom., Hist. eccl. 4, 13), sowie auch noch das dogmatische Memo-
randum vom Jahre 359, welchem Georgius gemeinschaftlich mit Basilius
in
und andern Gesinnungsgenossen der sog. vierten sirmischen Formel gegen-
über für das oixotoc x7t' oojiGtv eintrat (bei Epiph., Haer. 73, 12—22). Vgl.
die Bemerkungen über Basilius von Ancyra, oben S. 125 f.
Im Jahre 360 oder 361 muß Georgius seine Laufbahn beschlossen haben.
Außer dem Enkomiura auf Eusebius von Emesa ist nur noch eine literarische
Arbeit bezeugt, eine verschollene Streitschrift gegen die Manichäer (Epiph.,
Haer. 66, 21 Theodor., Haeret. fab. comp. 1, 26). Des mißglückten Ver-
;
suches Dräsekes, diese Schrift oder doch ein großes Stück derselben als
noch vorhanden nachzuweisen, ist schon bei Serapion von Thmuis, S. 100,
gedacht werden.
schrieben (t(üv ijeuov euocY^sXituv ty)v ipjxrjVciav a'j'd'ip'x'\ivi), wird gegenüber den
„commentarii in Matthaeum et in loannem' bei Hieronymus als ungenaue
Verallgemeinerung zu deuten sein. Anderseits darf das Verzeichnis bei Hier-
onymus nicht als vollständig gelten. Die in einer alten Isaias-Katene unter
Theodors Namen auftretenden Scholien, gesammelt von A. Mai, abgedruckt
bei Migne, PP. Gr. 18, 1307—1378, besprochen von Faulhaber, Die Propheten-
Catenen nach römischen Handschriften, Freiburg i. Br. 1899, 61 —
63, sind
so zahlreich, daß sie nur auf einen Isaias-Kommentar zurückgeführt werden
können. Auch andern griechischen Katenen sind noch Überbleibsel der Ar-
beiten Theodors zu entnehmen. Über die von B. Corderius (Antwerpen
—
1643 1646) herausgegebene Psalmen-Katene vgl. Dennefeld, Der alttesta-
mentliche Kanon der antiochenischen Schule, Freiburg i. Br. 1909, 22. Über
sonstige alt- und neutestamentliche Katenen vgl. den „index auctorum' bei
Karo et Lietzmann, Catenarum graecarum catalogus, Gott. 1902.
Vgl. zu dieser Zeitbestimmung Mercati in der Theöl. Revue 1904, 107 ff.
»
Traube in den Sitzungsberichten der philos.-philol. und der bist, Klasse der
'
ein. Er
bleibt Sieger, Mani ergreift abermals die Flucht. Die Idee —
eines Redekampfes ist beide Male nur sehr unvollkommen durch-
geführt. Mani spielt eine gar zu klägliche Rolle. Überdies ist in
den angeblichen Disputationsbericht noch manches hineingesteckt, was
nicht zur Sache gehört, insbesondere weitläufige Aufklärungen über
die Lehre und die Geschichte Manis. Aber freilich sind es gerade
diese Stücke, welche der Schrift ihren historischen Wert verleihen,
weil sie wenigstens zum Teil aus echten Traditionen und authenti-
schen Dokumenten geschöpft sind. Eines der wichtigsten Stücke, die
als Vortrag eines Schülers Manis mit Namen Turbo eingeführte Dar-
legung des manichäischen Lehrsystems, ist von Epiphanius unverkürzt
übernommen worden i. Überhaupt aber hat unsere Schrift das ist —
ein zweites Moment, welches ihr die Beachtung des Historikers sichert —
fast allen späteren Berichten über den Manichäismus aus griechi-
schen und lateinischen Federn als gemeinsame Grundlage und Quelle
gedient.
Daß die Disputationen nur die auf Erfindung beruhende Form
sind, in welche der Verfasser seine Kritik der Lehre Manis einkleidet,
ist heute allerseits anerkannt. Bischof Archelaus und die auftreten-
den Personen insgesamt sind, von Mani und diesem oder jenem
Schüler Manis abgesehen, geschichtlich nicht beglaubigt. Auch hat
der Verfasser, wie seine geographischen Angaben zeigen, Mesopota-
mien nicht näher gekannt 2, und ob der Schauplatz der ersten Dis-
putation, „Carcharae" ^, mit Carrhä ^Harran identifiziert werden darf,
erscheint immerhin zweifelhaft. Sollte Archelaus persönlich Mani
gegenübertreten, so mußte der Ort in die Nähe Persiens gerückt
werden, und die Zeit ward in die Tage des Kaisers Probus (276 282) —
geschoben*, weil Mani um 277 seinen Tod gefunden hatte.
Hieronymus hat den Angaben des Verfassers Vertrauen geschenkt
und infolgedessen falsche Nachrichten in Kurs gesetzt 5. Das Buch
sei von Bischof Archelaus, welcher unter Probus gelebt habe, in sy-
rischer Sprache geschrieben und später ins Griechische übertragen
worden. Die syrische Ursprache ist die Folgerung aus dem Glauben an
die Geschichtlichkeit der Streitgespräche, welche, wenn sie in Meso-
potamien wirklich gehalten wurden, allerdings nur in aramäischer
Sprache gehalten werden konnten.
Heraklianus von Chalcedon meldet, daß der Verfasser Hegemonius
hieß 6, und wenn sein Zeugnis bisher allein stand, so ist dasselbe durch
* Vgl. Nöldeke
a. a. 0. 540 f.
^ Im Titel schreibt Beeson, wie schon angeführt: ,in Carcharis civitate Meso-
potamiae." Bald darauf, c. 3, S. 4, liest man: „ad Carcharam redüf
* Bei Beeson c. 31—32, S. 44—45. ' Hier., De vir. ill. 72.
* Bei Phot., Bibl. cod. 85; Migne 103, 288.
268 Antiochener und Syrer.
'
Vgl. zu der Unterschrift Traube in den Sitzungsberichten der philos.-philol.
und der bist. Klasse der k. bayer. Akad. der Wiss. 1903, 541.
« Beeson c. 31, S. 44.
* Beeson c. 36, S. 52: „Quid ei (sc. Deo) potest ex istis creaturis esse homo-
usion?" —
Notiert sei auch die Stelle c. 38, S. 55: ,Non super omnes homines Spi-
ritus habitare poterat nisi super enm qui de Maria dei genitrice natus est."
* Cyr. Hieros., Cat. 6, 20 ff. Vgl. Beeson ix f.
^ Vorhin wurden bereits antimanichäische Schriften von Eusebius von Emeea
und Georgius von Laodicea erwähnt.
§ 19, Hegemonins und Titus von Bostra. 2. Titus von Bostra. 269
'
Vgl. die Anführungsformeln adr^ Xd^st ^r^m 1, 19 21 (ed. de Lagarde); ^rjtri
dk -K/ßoq ki^tv abrfjv 3, 4. Nach Heraklianus von Chalcedon (bei Phot., Bibl. cod. 85)
sind die Zitate bei Titus wenigstens größtenteils den Schriften jenes Adda ent-
nommen, welchen auch Hegemonius (Acta Archelai c. 4 13 64, ed. Beeson) als einen
oavTog. Hieronymus (a.a.O.) gibt an: ,sub luliano et Toviano principibus fortes
'Ebd. 114.
Ebd. 193—196; vgl. 101 ff.
6. Sophronius. 7. Euthalius.)
Lebensgang.
1. —
Die für die frühere Zeit sehr spärlich, für
die um so reichlicher fließenden Nachrichten über das Leben
spätere
Cyrills hat der Mauriner Touttee, der hochverdiente Herausgeber
der Werke folgendem Gesamtbilde vereinigt. Um 315 in
Cyrills, zu
oder bei Jerusalem geboren, ward Cyrillus um 335 von Bischof Ma-
karius von Jerusalem zum Diakon und um 345 von Bischof Maximus IL
zum Presbyter geweiht. Als solcher hat er 347 oder 348 seine be-
rühmten Katechesen gehalten. Nach des Maximus Tode, 350 oder 351,
bestieg er den Bischofsstuhl, und seitdem war und blieb er die Ziel-
scheibe heftigster Angriffe von selten der Arianer. Dreimal mußte er
das Brot der Verbannung essen, das dritte Mal 11 Jahre lang, 367
bis 378. Gestorben ist er am 18. März 386 i.
Die ersten dieser Daten hat M
a d e r auf Grund neuer Quellen und
berichtigter Editionen etwas abweichend bestimmt. Die Geburt Cyrills
sei ins Jahr 313 gefallen, die Priesterweihe ins Jahr 343, die Bischofs-
weihe in den Anfang des Jahres 348. Maximus, der Vorgänger Cyrills,
habe schon 347 seine irdische Laufbahn beschlossen. Als Bischof
nicht als Presbyter, habe Cyrillus in der Fastenzeit des Jahres 348
seine Katechesen vorgetragen 2. In der Tat muß es nach der Sitte
der Zeit von vornherein als wahrscheinlich gelten, daß der Bischof
der Gemeinde selbst die Taufkandidaten und die Neugetauften unter-
wiesen hat. Ein Presbyter würde wohl Anlaß genommen haben, sich
als Vertreter des Bischofs einzuführen. Dem Jahre 348 aber hatte
schon Touttee, auf Andeutungen des Textes der Katechesen gestützt,
'
Touttee in den Prolegomena seiner Ausgabe, abgedruckt bei Migne, PP. Gr.
33, 31 ff.
den Vorzug gegeben, wenn er auch das Jahr 347 nicht ganz aus-
geschlossen wissen wollte. Die 14. Katechese ist laut eigener Aus-
sage während des mit dem 24. oder 25, März beginnenden Monats
Xänthikus, wenige Tage nach dem Frühlingsäquinoktium, an einem
Montag gehalten worden i. Ist dieser Montag, wie der Zusammenhang
der 14. mit den folgenden Katechesen zwar nicht gebieterisch fordert,
aber doch sehr nahe legt, der Montag der Karwoche, der letzte
Montag vor Ostern gewesen, so muß unter den überhaupt in Frage
kommenden Jahren das Jahr 348 gewählt werden, in welchem Ostern
am 3. April gefeiert wurde, so daß der letzte Montag vor Ostern,
der 28. März in den Anfang des Xänthikus fiel
, nachdem am ,
^ Cat. 11, 14: ätStog wv 6 nazijp diiiwg ^^£'l'^)J<Ti xal d-^ex^pdaziug ulöv.
11, 4: iv -äcnv oßocog Tai ysj'Si'^rjxÖTc.
''
Ebenso 11, 18.
'
11, rr^g ^eönjrog oi )^apaxrr^fjig elatv iv rw olw.
18: ä7zapd?.Ä.azT0t
''
11, 14 wird die Bezeichnung des Sohnes als «?c()s dArj^vög eigens gerecht-
fertigt.
^ 11, 17: e;(w> iv kauzw tuv izaripa. Ebenso 11, 16.
§ 20. Cyrillus von Jerusalem. 1. Lebensgang. 275
eins wegen der gleichen Herrschaft, eins, weil keine Uneinigkeit oder
Zwietracht zwischen ihnen ist, eins, weil die Werke Christi zugleich
auch die Werke des Vaters sind" ^ Und wie der Sohn, so nimmt
auch der Heilige Geist teil an der Gottheit des Vaters 2. Cyrillus
vertritt also unverkennbar eine vollkommene Wesenseinheit 3. Schärfer
als er hat auch Athanasius die Anschauung des Nicänums nicht zum
Ausdruck gebracht. Weshalb vermeidet dann Cyrillus das Stichwort
des Nicänums? Wahrscheinlich deshalb, weil er mit manchen Zeit-
genossen der Ansicht war, das Wort ofxooomoQ begünstige den Sabel-
lianismus, eine Lehre, vor welcher Cyrillus gar nicht müde wird, zu
warnen Diese Annahme würde es begreiflich erscheinen lassen, daß
*.
die Arianer zur Zeit der Ordination Cyrills keinen Anhänger des Ni-
cänums, vielleicht gar einen ausgesprochenen Freund ihrer eigenen
Sache in ihm erblickten. Die Katechesen selbst mögen es gewesen
sein, welche einen Umschwung dieses Urteils herbeiführten und damit
den Anstoß der unablässigen Verfolgung Cyrills während seiner
zu
bischöflichen Laufbahn gaben. Denn die persönlichen Streitigkeiten
zwischen Cyrillus und Akacius von Cäsarea über die Tragweite des
Kanons 7 des Nicänums, welcher dem Bischöfe von Jerusalem einen
Ehrenvorzug zuerkannte, ohne die Rechte des Metropoliten von Cäsarea
antasten zu wollen, waren nur ein kleines Vorspiel. Der Haß der
Gegner galt dem Verteidiger des nicänischen Glaubens, welchem die
konstantinopolitanische Synode des Jahres 382 bescheinigte, daß er
an verschiedenen Orten zahlreiche Kämpfe mit den Arianern zu be-
stehen gehabt habe».
A. A. Touttee in den Prolegomena seiner Ausgabe der Werke Cyrills,
Paris 1720, abgedruckt bei Migne, PF. Gr. 33, 31 ff. Acta SS. Martii 2,
'
11, 16 : £V dtä To y.aTO. ttjV t^so-njTa ä^iw/ia . . . iv diä t« zard ttjv ßamlsiav . . .
e'j dtä TU ßTjdzßiav eJvac Sia<pw'^ia'^ ^ 8id<r:aaiv ... 5s/ 8tä tu ehat uX).a Xpiaroö
/jltj
' Cat. 6, 6 : t^S i9eÜT7]T6g iazi t^s Tzarpixfjg aw reo Tzveoiiazi zw üyiw y.otuwyoq
6 uloQ ö iJ.O'^oyt\friC,.
* Nach Förster (in der Realenzykl. f. prot. Theol. u. Kirche ' 4, 1898, 382) unter-
liegt es keinem Zweifel, daß Cyrillus in seinen Katechesen „mit vollem Bewußtsein
zur nicänischen Orthodoxie ühergegangen ist". Gummerus (Die homöusianische Partei
bis zum Tode des Konstantius, Leipzig 1900, 22) gibt wenigstens zu, daß Cyrillus
, einem Athanasius sehr viel näher steht als dem Arianismus".
* Cat. 4, 8; 11, 13 16 17; 15, 9; 16, 4. Spöttisch nennt Cyrillus den Sabel-
lianismus eine „Sohn- Vaterschaft", uloTtaTopiav (Cat. 4, 8; 11, 16; 15. 9). Ander-
weitige Erkiärungsgründe, auf welche die Vermeidung des Wortes öpaoofftog zurück-
geführt worden ist: der Katechet habe die Sätze des Symbolums nur aus der Hei-
ligen Schrift beweisen wollen, habe auf Gegner des Nicänums Rücksicht genommen,
habe für das Volk gesprochen (Mader, Der hl. Cyrillus 81 ff), können nicht befrie-
digen. Daß viele Vertreter der Lehre des Nicänums zu Cyrills Zeiten sich an dem
Worte ößooüaioq stießen, wissen wir namentlich aus Äthan., De syn. 12; Socr.,
Hist. eccl. 2, 39. " Theodor., Bist. eccl. 5, 9.
18*
276 Antiochener und Syrer.
Venet. 1735, 625—633; vgl. Acta SS. Mail 3, Venet. 1738. xviii— xix.
G. Delacroix, St Cjrille de Jerusalem, sa vie et ses oeuvres (These), Paris
1865, 8". J. Mader, Der hl. Cyrillus, Bischof von Jerusalem, in seinem
Leben und seinen Schriften, Einsiedeln 1891, 8'. —
J. Marquardt, S. Cyrilli
Hiersol. de contentionibus et placitis Arianorum sententia, Brunsbergae
1881, 4°. Th. Schermann. Die Gottheit des Heiligen Geistes nach den
griechischen Vätern des 4. Jahrhunderts (Straßburger thcol. Studien 4, 4 5), —
—
Freiburg i. Br. 1901, 17 47: „Der hl. Cyrill von Jerusalem."
'Das Alter und die Herkunft dieser Überschriften verdienten übrigens noch
genauer untersucht zu werden.
- Bei Migne dypoixw rö izäv rj'd-og irpoffsotxwq.
33, 321 :
^ Cat. 13, 23; vgl. 3, 7; 13,' 22; 16, 4; 17, 13; 18, 33.
* Theodor., Hist. eccl.
2, 22: xal röv Küpdlov aldoüßzvoq zal ru -Xv^^og ixpoptü-
p-tMog.
" Cat. 4, 10 14; 10, 19: 13, 4 usf. Vgl. über die Stätte des Vortrags Heisen-
berg, Grabeskirche und Apostelkirche 1, 47—53.
—
(gest. 1652) ist auf die schlagende Antwort Touttees hin längst
verstummt. Schon die Notiz bei Hieronymus: „Exstant eins xavrj-
XrjoetQ, quas in adolescentia composuit" ^ schneidet alle Einreden ab.
Man müßte denn die Identität des dem Hieronymus vorgelegenen und
des uns vorliegenden Textes bestreiten wollen, wozu etwa der Um-
stand ermuntern könnte, daß in guten Handschriften die mystagogi-
schen Katechesen „Bischof Johannes von Jerusalem", dem Nachfolger
Cyrills, oder auch „Cyrillus und Bischof Johannes" beigelegt werden 2,
Diese immerhin auffälligen Zueignungen müssen indessen notwendig
auf irgend einem Irrtum beruhen, weil die mystagogischen Katechesen
sich mit den Katechesen für die Taufkandidaten zu einem Ganzen
zusammenschließen und in der 18. Katechese, wie vorhin bemerkt,
ausdrüc^ich angekündigt werden. Äußere Zeugnisse für das Eigentums-
recht Cyrills an den mystagogischen Katechesen bringen Eustratius
von Konstantinopel, Anastasius Sinaita u. a. ^
Die erste Ausgabe des griechischen Textes der Katechesen erschien 1608
zu Paris ia 4", studio et opera loannis Prevotii. Eine zweite Ausgabe
lieferte Th. Millesius, Oxford 1703, 2". Beide wurden in den Schatten ge-
stellt durch die Mauriner-Ausgabe besorgt von A. A. Touttee und nach
,
seinem Tode (1718) zum Druck befördert von Pr. Maran, Paris 1720, 2°;
wiederholt Venedig 1763. Sie ist abgedruckt bei Migne, PP. Gr. 33, Paris.
1857. Die Ausgabe von W. K. Reischl und J. Rupp, München 1848 1860, —
2 Bde, S*", hat, namentlich in dem zweiten Bande, nach Maßgabe des cod.
Monac. gr. 394 saec. X (?) manche Änderungen an dem Texte Touttees vor-
genommen. Einige Beiträge zur Textkritik gab auch Nolte in der Theol.
Quartalschrift 44, 1862, 308 —
316. Unzugänglich blieb mir die Ausgabe von
Photius Alexandrides, mit Anmerkungen von Dionysius Kleophas, Jerusalem
—
1867 1868, 2 Bde. Auch die vermutlich über diese Ausgabe handelnde
Schrift von Risi, Di una nuova edizione delle opere di S. Cirillo Geros., Roma
1884, ist mir nur dem Titel nach bekannt geworden. Wie sehr eine um-
fassende und systematische Durchforschung der Handschriften sich lohnen
würde, zeigen schon die Abweichungen zwischen Touttee und Reischl-Rupp.
Schulausgaben einzelner Katechesen mögen übergangen werden. Eine —
armenische Übersetzung der Katechesen, mit Ausnahme der mystagogischen.
veröffentlichten die Mechitharisten, Wien 1832, 8°. Zerstreute Bruchstücke
einer palästinisch -aramäischen Übersetzung sammelte und identi-
fizierte H. Duensing, Christlich palästinisch -aramäische Texte und Fragmente,
Göttingen 1906, 41 62. — —
Eine deutsche Übersetzung der Katechesen von
J. Nirschl in der Bibliothek der Kirchenväter, Kempten 1871; eine englische
Übersetzung von E. H. Gifford in A select Library of Nicene and Post-
Nicene Fathers of the Christian Church, Series 2, vol. 7, New York 1894.
1 Hier., De
ill. 112.
vir. Etwa zehn Jahre vor der Abfassung des Schriftsteller-
kataloges des Hieronymus, nach 380, hat Niceta von Remesiana stillschweigend
hl.
Cyrills Katechesen benützt; s. Patin, Niceta, München 1909, 55 65. —
* Siebe die Ausgabe von Reischl und Rupp 1, cxlv 2, 344. Auf Grund dieser
;
handschriftlichen Angaben will Th. Schermann (in der Theol. Revue 1911, 577) die
mystagogischen Katechesen Jobannes von Jerusalem zuweisen.
ä Siehe die Veterum testimonia bei Migne 33, 305 308 313.
§ 20. Cyrillas von Jerusalem. 3. Die 24 Katechesen. Fortsetzung. 279
Diese wirkliche Gegenwart des Leibes und des Blutes Christi wird
vermittelt durch eine ¥/esensverwandlung, ein peToßdXXea&ai. Nur
die Gestalt, der Schein des Brotes bleibt, während an die Stelle des
Wesens des Brotes das Wesen des Leibes Christi tritt. „Zu Kana
in Galiläa hat er einst durch seinen Wink das Wasser in Wein ver-
wandelt (pexaßißXrjxev), und er soll keinen Glauben verdienen, wenn
er Wein in Blut verwandelt (peraßakuiv)'^'' ^ „Wir bitten den gütigen
Gott, daß er den Heiligen Geist auf die vorliegenden Gaben (ra Tzpo-
xtiptva) herabsende, damit er das Brot zu Christi Leib und den Wein
Ebd. 4, 2. Statt ro udwf) itozk elg ohov oixecow aiixaxt. (vinum sanguini affine)
*
bei Touttöe liest man bei Rupp tu udwp -kots elg ohov olxsiw vsöfiarc, und es
:
scheint mir nicht zweifelhaft zu sein, daß diese Lesart den Vorzug verdient.
280 Antiochener und Syrer.
ZU Christi Blut mache, denn was der Heilige Geist berührt hat, das
ist ganz und gar geheiligt und verwandelt (^itzaßißAr^zai).'^ ^
Aus der Beschreibung der eucharistischen Opferfeier seien wenig-
stens noch folgende Worte ausgehoben: „Nachdem das geistliche
Opfer, der unblutige Gottesdienst, vollbracht ist 2, beten wir über
diesem Opfer der Versöhnung zu Gott für den allgemeinen Frieden
der Kirchen, für das Wohl der Welt für alle insgesamt, welche
. . .
der Hilfe bedürfen, bitten wir alle und bringen dieses Opfer dar.
Hierauf gedenken wir auch der Entschlafenen, zuerst der Patriarchen,
Propheten, Apostel, Märtyrer, damit Gott auf Grund ihrer Gebete
und Fürbitten unser Flehen gnädig aufnehme. Hierauf beten wir
auch für die entschlafenen heiligen Väter und Bischöfe und überhaupt
für alle, die unter uns entschlafen sind, indem wir glauben, daß es
den Seelen zum größten Nutzen gereichen werde, wenn wir unser
Gebet für sie darbripgen, während das heilige und hochhehre Opfer
daliegt .Den für unsere Sünden geschlachteten Christus bringen
. .
wir dar, um für sie sowohl als auch für uns von dem gütigen Gott
Verzeihung zu erlangen."^
Becker, Der hl. Cyrillus von Jerusalem über die reale Gegenwart Christi
in der heiligen Eucharistie: Der Katholik 1872, 1, 422—449 539—554 641
bis 661. J. Marquardt, S. Cyrillus Hierosol. baptismi chrismatis eucha- , ,
4. Sonstige Schriften. —
Außer den Katechesen sind nur noch
ein Brief und eine Homilie sowie einige Fragmente von Homilien Cyrills
überliefert. Der Brief, an Kaiser Konstantins, berichtet über die am 7. Mai
351 zu Jerusalem beobachtete Kreuzerscheinung. „Um die dritte Stunde
erschien ein sehr großes, aus Licht bereitetes Kreuz am Himmel, über
dem heiligen Golgotha und bis zum heiligen Ölberg ausgespannt",
mehrere Stunden lang aller Augen sichtbar, „Blitzesstrahlen aus-
sendend und den Glanz der Sonne übertreffend" (c. 4). Noch an dem-
selben Tage, wie es scheint, hat Cyrillus, in offensichtlicher Hast und
Eile, dem Kaiser von dem Jerusalem in große Aufregung versetzen-
den Ereignisse Mitteilung gemacht. Sozomenus gedenkt in seiner
Notiz über die Erscheinung auch schon des Briefes Cyrills*. Be-
fremden mag, im Hinblick auf die Haltung der Katechesen, das im
letzten Satze des Briefes vorkommende Wort von der äyla xat itfio-
'
Cat. rayst. 5, 7. * D. i. nach vollzogener Wandlung.
' Cat. myst. 5, 8—10. " Sozom., Hist. eccl. 4. 5.
§ 18. Cyrillus von Jerusalem. 4. Sonstige Schriften. 281
über das Wunder zu Kana (Jo 2), ein Satz aus einer Homilie über
Jo 16, 28 und eine referierende Bemerkung über eine Homilie über
Jo 17, 5. Aus dem Umstände, daß diese verloren gegangenen Ho-
milien sich ebenso wie die noch erhaltene Homilie um Stellen des
vierten Evangeliums drehen, hat schon Touttee folgern wollen,
Cyrillus möge das ganze vierte Evangelium in Predigten durch-
gesprochen haben 2.
Die genannten Schriften pflegen seit jeher den Editionen der Katechesen
beigegeben zu werden: Migne 33, 1131 —
1154 die Homilie über den Gicht-
brüchigen, 1165 — 1176 der Brief an Konstantins, 1181 —
1182 drei Homüien-
fragmente. Das im Texte genannte vierte Fragment, das Referat über eine
Homilie zU ~o „ö6;a7ov [xs" (Jo 17, 5), Touttee noch unbekannt, bei Fr. Die-
kamp, Doctrina Patrum de incarnatione Verbi, Münster i. W. 1907, 20.
Ebenhier, 92—93, findet sich auch ein berichtigter Text der zwei ersten
Fragmente. Das dritte Fragment hat Mader (a. a. 0. 61) als verdächtig
bezeichnet. Unecht sind „Homiha in occursum Domini", „Cyrilli ad luHum
papam et lulü ad Cyrillum litterae", „Augustini Hippon. ad CyriUum et Cyrilli
ad Augustinum epistolae" und anderes. Die „HomiJia in occursum Domini",
£i; -:t,v Cr:G(-avTT|V, —
Migne 1187 1204, wird schon durch den gesuchten und
gezierten, von Cyrills Redeweise toto coelo abstechenden Stil als unterschoben
erwiesen. Dazu kommt, daß zwar das Fest Hypapante oder Maria Reinigung
schon im 4. Jahrhundert zu Jerusalem gefeiert, die Kerzenprozession bei
diesem Feste aber, auf welche unsere Homüie wiederholt anspielt, erst im
5. Jahrhundert zu Jerusalem eingeführt wurde. Vgl. Usener, Religions-
geschichtl. Untersuchungen^ 1, 342 ff; Baumstark (Das Alter der Peregrinatio
Aetheriae) im Oriens Christianus N. S. 1, 1911, 51 ff. —
Eine arabische
»Homilie von Cyrillus, Bischof von Jerusalem, über die heüige Kreuzerfindung"
in cod. Monac. arab. 242 (J. Aumer, Die arabischen Handschriften der k.
Hof- und Staatsbibliothek in München 81) ist, soviel ich weiß, noch nicht
untersucht worden.
'
Heisenberg (Grabeskirche und Apostelkirche 1, 85 ff) glaubt, mit Rücksicht
auf den Gebrauch des Wortes üßooüatog, den Brief ins Jahr 357 verlegen zu sollen.
* Touttee bei Migne 33, 125.
282 Antiochener und Syrer.
Gelasius der Übersetzer Rufins bzw. Gelasius der Verfasser einer Kirchen-
geschichte ist wohl fälschlich für Gelasius den Neffen C}Tills ausgegeben
worden. Außer Loeschcke hat sich in unserer Zeit, soviel ich sehe, nur
E. Venables im Dict. of Christ. Biogr. 2, 621 mit Gelasius befaßt.
§ 20. Cyrillus von Jerusalem. 6. Sophronius. 7. Euthalius. 283
7. Euthalius. —
Unter dem Namen eines Euthalius, welcher in der
zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts in Ägypten gelebt haben Diakon zu ,
Alexandrien und später Bischof von Sulke gewesen sein sollte, sind von
L. A. Zacagni, Rom 1698, Bearbeitungen des Textes der paulinischen Briefe,
der Apostelgeschichte und der katholischen Briefe herausgegeben worden
(abgedruckt bei Migne, PP. Gr. 85, 619 790). —Eines der drei Stücke, die
Bearbeitung der Apostelgeschichte, wurde, wie früher schon einmal bemerkt
(Bd 2, S. 248), von B. de Montfaucon, Paris 1715, unter dem Namen des
hl. Pamphilus von Cäsarea veröffentlicht (und steht daher auch bei !Migne
a. a. 0. 10, —
1549 1558). Daß alle drei Stücke einer und derselben Hand
angehören, welche sich zimächst zu den paulinischen Briefen und bald nachher
zu der Apostelgeschichte und den katholischen Briefen wandte, zeigt der
Prolog der Ausgabe der Apostelgeschichte (Migne 85, 629). Es handelt sich
nämlich um neue Ausgaben der genannten Schriften, Ausgaben, welche laut
den Prologen a) einen in Sinnzeilen geschriebenen Text der Schriften dar-
boten, b) eine Aufzählung und Nachweisung der vorkommenden Bibelzitate,
284 Antiochener und Syrer.
welche unmittelbar hinter dem betreffenden Prologe stand, und c) eine Ab-
teilung des Textes in Kapitel, welch letztere in Form von knappen Inhalts-
angaben am Kopfe einer jeden Schrift zusammengestellt waren. Einige
weitere Bestandteile der Edition Zacagnis, die stichometrische Ausmessung
des Textes der Schriften, die Kollation mit Pamphilus-Kodizes und anderes,
sind spätere Zutaten. So wie sie bei Zacagni vorliegt
, ist die Arbeit
,
sein mit dem Bischof des 7. Jahrhunderts. Auch Zahn kommt vielmehr zu
dem Ergebnisse, daß der Isagogiker vor 396 gearbeitet hat. Allem Anscheine
nach sei er in Syrien, nicht in Ägypten, beheimatet gewesen, während über
seinen Lebensverhältnissen undurchdringliches Dunkel lagere, denn die Titu-
laturen „Diakon" und „Bischof von Sulke" seien spätere und unrichtige Ver-
mutungen, die erstere aus den Prologen der Ausgaben abgeleitet, die letztere
von dem Bischof von Sulci entlehnt. Noch weniger lasse sich vorläufig die
Persönlichkeit des „Bruders" Athanasius fe.ststellen, welchem Euthalius seine
Ausgaben der Apostelgeschichte und der katholischen Briefe widmete.
*
Der lateinische Name Apollinaris ist von den Griechen gewöhnlich A-okivdpto?,
seltener ""ÄTzolknäpioq gesprochen und geschrieben worden. Vgl. Bd 1, S. 267.
'^
Vgl. Voisin, L'Apollinarisme 35
f. Lietzmann, Apollinaris 1, 3 ff.
' Rauschen (Jahrbb. der Kirche unter dem Kaiser Theodosius d. Gr. 117)
christl.
ließ Ap llinaris schon 381 —
382 gestorben sein. Lietzmann (a. a. 0. xvj will für
den Tod seines Helden die Jahre 385—395 offen halten. Aber Hieronyraus (De
vir. ill. 104) hat ja bereits 392 von diesem Tode Kunde.
* Vgl. die Würdigung bei Voisin a. a. 0. 419—421, welctie sich ebensowohl
vor Unterschätzung des Mannes zu hüten weiß wie vor der Neigung mancher mo-
dernen Historiker, die Häretiker auf Kosten der orthodoxen Lehrer zu glorifizieren.
* Man vergleiche die Sätze düo riXsia ii/ yzvicn'^ai ob düvatai (bei Ps.-Athan.,
:
C. Apoll. 1, 2), — ei ä\if^p(x)Tzw o'ji'Tj^ßT] <5 i^sjöq, rikeioq reXsiuj, düo av f^trav (bei
Greg. Nyss. , Antirrhet. adv. Apoll. , Lietzmann 0. 224)
a. a. ,
— ßia (pjaic, icniv^
i~siSrj -püffwnou iv oux e^ov sli oijo Siaipstro (Ep. ad Dion. 1, 2, Lietzmann 257).
286 Antiochener und Syrer.
' Vgl. oTcou yäp riketoi äv&pwnog, ixet xat ä/iapria (bei Ps. -Äthan., C. Apoll.'l, 2),
ädüvaTÖv icntv iv koyKTßOig äui^pwTzci'Oig äßapziav pyj etvai (ebd. 2, 6).
' Vgl. Lietzmann, Apollinaris 1, 74 f.
linarium qui bono quidem studio, sed non secundum scientiam, de omnium trans-
lationibus in unum vestimentum pannos assuere conatus est et consequentiam scrip-
turae non ex regula veritatis, sed ex suo iudicio texere." Laut Grützmacher (Hier-
onymus 1, 151 fj hätte Apollinaris des griechischen Alten Testa-
,eine Rezension
ments aus Stücken aller vorhandenen griechischen Übersetzungen herzustellen ver-
sucht". Seinem Kommentare zum Prediger hatte Apollinaris wenigstens stellen-
"weiae die Übersetung des Symmachus zu Grunde gele2;t (Hier., Comm. in Eccl.
ad 12, 5).
288 Antiochener und Syrer.
' Bei Migne, PP. Gr. 86, 2, 1948. Andere Zeugnisse verwandten Inhalts bei
Lietzmann a. a. 0. 108 ff.
* Diese Predigt und den folgenden Brief (?) hat Lietzmann a. a. 0. 294 307 —
unter die apollinaristischen Schriften „ungenannter Verfasser" gestellt, ohne damit
leugnen zu wollen, daß alle Wahrscheinlichkeit für die Verfasserschaft des Meisters
selbst spricht; vgl. Lietzmann 159 f.
gedacht, welche sich aus den von orthodoxen Autoren in ihren Gegen-
schriften aufbewahrten Trümmern wiederherstellen lassen. Aus Gregors
von Nyssa „Antirrheticus adversus Apollinarem " kann wenigstens der
volle Gedankengang einer Schrift des Apollinaris „Erweis der Fleisch-
werdung Gottes nach dem Bilde des Menschen", dnöoet^iQ -jztpX r^^
Heiac, aapxiüaecüQ ty^q y.atP !taoi(uaiv ävi^pcüTioo, erhoben werden. Sie
war zwischen 376 und 380 verfaßt und knüpfte ebenso wie die vorhin
erwähnte Predigt „Quod unus sit Christus" an trichotomische Voraus-
setzungen an. Aus dem fünften der paeudo-athanasianischen Dialoge
„De sancta trinitate" läßt sich eine kleine Schrift des Apollinaris
„Rekapitulatioa", avaxe<pa)Muomc,, herausschälen. Der Titel wird auf
einen Auszug aus einem größeren Werke zu deuten sein. Syrische
Übersetzungen dieser beiden Schriften sind nicht bekannt.
Der Anhang des vorhin genannten Buches Dräsekes von Jahre 1892,
,Apollinarii Laodiceni quae supersunt dogmatica'', war eher geeignet, Ver-
wirrung zu stiften als Klarheit zu schaffen. Das meiste von dem, was hier
für Apollinaris reklamiert wird, gehört andern Autoren an. Lietzmann a. a. 0.
hat die Arbeit Dräsekes ganz beiseite liegen lassen, um auf Grund gesunderer
Kritik eine neue Sammlung dogmatischer Schriften des Apollinaris zu ver-
anstalten. Die Texte hat er nicht aus älteren Ausgaben übernommen, sondern
aus den handschriftlichen Quellen geschöpft. Kleine Nachträge zu dieser
Sammlung lieferte Diekamp in der Lit. Rundschau f. das kath. Deutschland
1905, 248 f. Ich vermisse in der Sammlung am meisten die Zitate aus
apollinaristischen Schriften bei Ps. -Äthan., C. Apoll, (vgl. Lietzmann 88 f).
Eine Reihe von Schriften und Fragmenten der Sammlung ist gleichzeitig,
teils von neuem teils zum ersten Male, in syrischer Übersetzung heraus-
gegeben worden von J. Flemming und H. Lietzmann, Apollinaristische Schriften.
Syrisch. Mit den griechischen Texten und einem syrisch-griechischen Wort-
register (Abhandlungen der k. Ges. der Wiss. zu Göttingen, Philol-hist. Kl.,
N. F. 7, 4), Berlin 1904. Zur Verwertung dieser syrischen Über.««ptzungen
für die Kritik des griechischen Originals vgl. H. Greßraann in der Zeitschr.
der Deutschen Morgenland. Gesellsch. 59, 1905, 674—686. —
Von einem
gefälschten Briefwechsel zwischen Basilius und Apollinaris ist bei Eustathius
von Sebaste (S. 129 f) die Rede gewesen.
Sohn, ein „Sophist", habe die Evangelien und die apostoh'schen Briefe
in Dialoge nach dem Vorbild der platonischen umgegossen. Sozo-
menus^ schreibt die metrischen Bearbeitungen der alttestamentlichen
Bücher vielmehr dem Sohne zu und dürfte damit um so eher im Rechte
sein, als er sich auch an andern Punkten über Apollinaris den Jüngeren
besser unterrichtet zeigt als Sokrates. Der Sohn habe, ein neuer
Homer, in 24 Büchern die „hebräische Archäologie" bis auf Saul be-
sungen und Komödien nach Menander, Tragödien im Stile des Euri-
pides und lyrische Gedichte nach dem Muster Pindars verfaßt. Auch
habe der Sohn, trägt Sozomenus an späterer Stelle nach 2, kleine
Lieder (iiifitzpä rtva fiehjapia) gedichtet, welche beim Gemeindegottes-
dienst die bisher üblichen Gesänge ersetzten und überdies von den
Männern beim Trunk und bei der Arbeit, von den Frauen am Web-
stuhl zu Gottes Lob gesungen wurden.
Diese kleinen Lieder sollten ohne Zweifel, ähnlich wie die Lieder
des Arius, den Sonderlehren des Verfassers den Weg in die Kreise
des Volkes bahnen. Sie sind sehr bald dem Untergang anheimgefallen.
Aber auch jene Nachbildungen antiker Muster, anfangs ob der Sprach-
gewandtheit, von welcher sie Zeugnis gaben, angestaunt 3, gerieten
gar schnell in Vergessenheit und waren schon zu Sokrates' Zeiten so
unbekannt, wie wenn sie niemals existiert hätten*. Überliefert ist
eine nach der herrschenden Meinung Apollinaris dem Jüngeren zu-
zuweisende, aber nur sehr schwach beglaubigte ^ Umdichtung der
150 Psalmen in Hexametern, [i£Tf/.<ppaacq elc, zov (puÄrr^pa. reich durch-
flochten mit Reminiszenzen aus alten griechischen Dichtern und eben
damit die Eigenart der biblischen Gesänge völlig verwischend.
19*
292 Antiochener und Syrer.
der Theol. Quartalschrift 86, 1904, 497—511. Apollinaris hatte die Augen
noch nicht geschlossen, als seine Anhänger sich in feindliche Parteien spalteten.
Die extremen Apollinaristcn oder Synusiasten (7'jvo'j7'.7.st7.'') haben an dei
Vereinigung des Leibes mit der Gottheit zu einer Wesenheit konsequent
festgehalten und jedwede Zweinaturenlehre abgelehnt. Als ihr Führer er-
scheint im letzten Viertel des -4. Jahrhunderts ein titelloser Poleraon,
anderswo Polemius, welcher einen „Antirrheticus" gegen die Orthodoxen, eine
Streitschrift gegen den sogleich zu nennenden Apollinaristen Timotheus von
Berytus und mehrere Briefe veröffentlichte. Die Überbleibsel bei Lietzmann
a. a. 0. 273 —
276. Polemons Position verfochten um die gleiche Zeit auch
Eunomins von Beröa in Thrazien und Julianus. Beide sind in der
—
Sammlung Lietzmanns (S. 276 277) durch kleine Brieffragmente vertreten. —
Der Antipode Polemons war Bischof Timotheus von Berytus, welcher
trotz der Lehre von der Homousie des Leibes mit der Gottheit einen gewissen
Dyophysitismus anei kennen wollte und sogar die Kanones des konstantinopoli-
tanischen Konzils vom Jahre 381 (also auch die Verdammung der „Häresie
d(!r Apollinaristen ") unterschrieb. Ihm fällt der Löwenanteil an dem zu,
was sich von Schülern des Apollinaris erhalten hat. Lietzmann 277 286 —
gibt ein Schreiben an einen apoUinaristischen Bischof Homonius, ein Schreiben
an einen gewissen Prosdokius, ein Fragment einer „Katechese" {v.cf.xr^yr^-'.:)
und ein größeres Fragment einer , Kirchengeschichte * (ix//.r,7'.v3T!XTi iiropia),
welch letztere laut Leontius von Bjzanz (Adv. Nest, et Eut. 3, 40; Migne
86, 1, 1377) „keinen andern Zweck als die Verherrlichung des Apollinaris"
verfolgt und zu diesem Ende namentlich die reiche Korrespondenz des Apol-
linaris mit hellen Leuchten der Wahrheit wie Athanasius und Serapion von
Thmuis vorgeführt hatte. —
Noch andere Apollinaristen endlich verleugneten
und anathematisierten die Lehre von der Homousie des Leibes mit der Gott-
heit. So der ebengenannte Bischof Homonius, von welchem noch ein
kleines Billett erübrigt (Lietzmann 278), ein Bischof Jobius, von welchem
noch ein Glaubensbekenntnis vorliegt (Migne 80, 2, 3320; Caspari. Alte und
neue Quellen zur Gesch. des Taufsymbols und der Glaubensregel, Christiania
1879, 24; Lietzmann 286 f), und ein gewisser Valentinus, von welchem
wir noch eine Polemik gegen die gottlosen Lehren des Timotheus von Berytus
und des Polemon besitzen (-po? tou? Xe-^ov-ckc 'fcrj/.iiv rjia.^ o[xoo'j-'.ov to c7ÖJ|i.a
-in f)£0), Lietzmann 287 —
291). —
An früherer Stelle hat sich der Interpolator
der Briefe des hl. Ignatius von Antiochien, welcher wahrscheinlich zugleich
der Kompilator der sog. Apostolischen Konstitutionen ist, als Apollinaristen
erwiesen (Bd 1, S. 139 f). —
Sehr wahrscheinlich ist auch der völlig er-
dichtete Brief des Dionysius von Alexandrien an Paulus von Samosata
(bei Mansi. SS Conc. Coli. 1, 1039-1088; bei Migne, PP. Gr. 28, 1561
bis 1566 nur ein Bruchstück in lateinischer Übersetzung) das Werk eines
Apollinaristen aus dem Anfang des 5. Jahrhunderts; s. Bonwetsch in den
Nachrichten der k. Ges. der Wiss. zu Göttingen, Philol.-hist. Kl., 1909, 103
bis 122.
§ 22. Epiphanias von Salamis. 1. Lebensgang. 293
1. Lebensgang. —
Epiphanius stammte aus einem Flecken bei
Eleutheropolis in Judäa und mag um 315 das Licht der Welt erblickt
haben*, ein Kind christlicher 2, und zwar frommer und wohlhabender
Eltern. in früher Jugend muß er sich dem Studium der hei-
Schon
ligen Schriftengewidmet haben, und Studienzwecke scheinen es auch
gewesen zu sein, welche ihn nach Ägypten führten, wenngleich der
Aufenthalt in diesem Wunderlande christlicher Askese noch in anderer
Richtung für sein ferneres Leben bedeutungsvoll geworden sein mag.
Im Alter von etwa 20 Jahren ^ in die Heimat zurückgekehrt, ward
ei Mönch und legte den Grund zu einem Kloster bei Eleuthero-
Maii 3, Antverp. 1680, 36—49 (vgl. 680); abgedruckt bei Migne 41, 115—152,
bei Dindorf 5, xxix lxxiv. B. Eberhard, Die Beteiligung des Epiphanius
an dem Streite über Origenes, Trier 1859, 8". AI. Vincenzi, Historia critica
quaestionis inter Theophilum, Epiphanium et Hieronyraura, Origenis adver-
sarios, et inter Joh. Chrysostomum Theotimum Ruffinum et monachos
, ,
'
Hier., C. Ruf. 2, 22; 3, 6,
* Vgl. Phot., Bibl. cod. 122: tt^'j dz ^pdatv Tairstvog ts xal o:a dy.oq 'Amxrjq
"Tzaidtiaq ä.;j.z?.iTrjTOv Tuy/dvetv.
296 Antiochener und Syrer.
(Petau) S. Paris 1622, 2 Bde, 2°. Ein Abdruck erschien zu Köln (so das
J.,
Titelblatt; in Wahrheit zu Leipzig) 1682. Auch Migne, PP. Gr. 41—43 (Paris.
1S5S) gibt im wesentlichen einen Abdruck der Ausgabe des Petavius.
W. Dindorf (Epiphanii episc. Constantiae opera, ed. G. D., Lips. 1859 1862, —
5 voll., 8°) hat den griechischen Text einer Revision unterzogen, auf eine
lateinische Übersetzung verzichtet und von den unechten oder zweifelhaften
Schriften nur eine kleine Auswahl aufgenommen. Eine neue Ausgabe ist
von Holl zu erhoffen vgl. K. Holl, Die handschriftliche Überlieferung des
;
treten, insbesondere die schon der editio princeps zu Grunde gelegte Hand-
schrift vom Jahre 1304, deren erster Teil, bis zum Schluß des ersten Tomos
des zweiten Buches des „Panarium" gehend, inzwischen abhanden gekom.men
ist, während der zweite Teil, die andere Hälfte des ^Panarium* und die drei
kleineren Schriften umfassend, zu Jena aufbewahrt wird (= J). —
Der »An-
coratus" und die „Anacephalaeosis" wurden von C. Wolfsgruber ins Deutsche
übersetzt, Kempten 1880 ("Bibliothek der Kirchenväter). —
J. Martin, St Epi-
phane: Annales de philos.^ ehret. 155, 1907/1908, 113—150 604—618; 156,
1908, 32—49
3. Der Festgeankerte. —
Dem aus Suedra in Pamphylien
von mehreren Seiten ihm vorgetragenen Wunsche, er möge in einem
ausführlicheren Schreiben die rechte und gesunde Lehre von der hei-
ligen Dreifaltigkeit und namentlich vom Heiligen Geiste darlegen ^
entsprach Epiphanius nach längerem Zögern im Jahre 374 ^ durch
Abfassung einer Schrift, welche er 'Ayx'joco-oQ (Ancoratus, Migne 43,
17 — 236) betitelte, weil sie in den arianischen und semiarianischen
Wirren wie ein Anker sichern Halt gewähren sollte 3. Außer der
Trinitätslehre wird aber auch „das ganze andere Heil in Christus,
nämlich die Auferstehung der Toten und das Erscheinen des Ein-
gebornen im Fleische und der heilige Bund, der Alte wie der Neue,
und die andern Bestandteile des vollen Heiles überhaupt" zur Dar-
stellung gebracht*. sich also um ein Kompendium der
Es handelt
kirchlichen Dogmatik,aber polemisch gestimmt und getönt und zu
Exkursen gegen die Häretiker stets bereit. Einzig auf Schrift und
'
Zwei Briefe aus Suedra sind in den Manuskripten voraufgeschickt, Migne
4.3, 13—16.
* Das Datum gibt der Verfasser selbst an, c. 60 und c. 120 vgl. Zahn, Gesch.
:
• Ancor. 119—120.
* Die betreffende Stelle Ancor. 12 13
, —zeigt, daß Epiphanius den Plan des
,
»Panarium" bereits entworfen hatte. Vgl. auch die Ankündigung Ancor. 64. Das
Schreiben der Archimandriten ist in den Manuskripten dem „Panarium'* beigegeben,
Migne 41. 1.55—158.
* Siehe den Eingang des ersten Buches, c. 2.
und mag im Laufe des Jahres 377 zum Abschluß gekommen sein. Er
wollte den von den Schlangen Gebissenen, d. h. von häretischen
Lehren Angesteckten, Heilmittel, zugleich aber auch den Gesunden
Schutzmittel darreichen und wählte deshalb die Aufschrift flaväptov
(Migne 41— 42)i.
Das riesige Werk ist in drei Bücher (ßiß'Aia) und sieben Bände
(töiioi) abgeteilt, indem das erste Buch
zwei letzten Bücher
drei, die
je zwei Bände umfassen. Diese Gliederung, welche offenbar nur in
der Vorliebe für die Zahlen 3 und 7 gründet, wird jedoch in den
Hintergrund gedrängt durch die mit der Zahl der Häresien, welch
letztere allem Anscheine nach von den Nebenfrauen im Hohenliede^
entlehnt ist, gegebene Kapiteleinteilung. Die Achtzigzahl aber ließ
sich nur dadurch ausfüllen, daß der Begriff der Häresie nach dem
Vorgange Hippolyts von Rom auf das Gesamtgebiet der Religions-
geschichte übertragen und zu irgendwelcher Abweichung von der
Wahrheit verflüchtigt wurde. Die ältesten Häresien sind Barbaris-
mus, Skythismus, Hellenismus und Judaismus. Hellenismus und Judais-
mus aber verzweigen sich sofort in eine Anzahl von Ästen, griechische
Philosophenschulen und jüdische Religionsparteien, so daß im ganzen
20 Häresien auf die vorchristliche Zeit entfallen. Die Reihe der christ-
lichen Häresien eröffnet Simon Magus, an 69. Stelle erscheinen die
Arianer, und den Schluß bilden die Messalianer. Alle werden nicht
bloß weitläufig gekennzeichnet, sondern auch widerlegt. Gekrönt wird
das Ganze durch eine zusammenfassende Darlegung des Glaubens der
katholischen und apostolischen Kirche (aövxofioz äXrjf^ijQ kuyoQ Tzepi
~i(T~e(og xaitoXixrjQ xai aTZoarohx-^Q ixxXt^a'iaz)
Für die früheren Häresien hat das verloren gegangene „Syntagma"
Hippolyts von Rom wider die 32 Häresien ^ Epiphanius als Leit-
faden gedient, während die „Philosophumena" Hippolyts ihm unbekannt
geblieben sind. Als zweite Hauptquelle ist das antignostische Werk
des hl. Irenäus hinzugekommen, wie wir denn Epiphanius beträcht-
liche Bruchstücke des Originaltextes dieses Werkes verdanken. Für
die Häresien ist eine Unzahl schriftlicher Vorlagen und
späteren
mündlicher Mitteilungen verwertet worden, auch wieder manche längst
dem Zahn der Zeit erlegene Dokumente. Die Zuverlässigkeit des
Berichterstatters aber ist hinter dem Fleiß des Materialiensammlers
weit zurückgeblieben. Oft hat Epiphanius sich Mißverständnisse zu
schulden kommen lassen, oft ganz fremdartige Dinge zusammen-
geworfen, oft auf eigene Faust den überkommenen Stoff erweitert
und ausgeschmückt.
'
Aug., De haeres. praef. und c. 57.
- Siehe die Ausgabe Diekamps 266 ff.
^ Siehe De mens, et pond. 20.
* So eine Vorbemerkung der syrischen Version, bei de Lagarde, Symmikta 2, 210.
300 Antiochener und Syrer.
6. Briefe. Unechtes. —
Zwei Briefe des hl. Epiphanius, welche
in lateinischerÜbersetzung auf uns gekommen sind (Migne 43, 379 392), —
stammen aus den heißen Tagen der origenistischen Streitigkeiten.
Den einen derselben, vom Jahre 394, an Johannes von Jerusalem
gerichtet und die Weihe des Paulinianus sowie die Irrtümer des Ori-
genes betreffend, hat Hieronymus ins Lateinische übertragen ^ Jo-
hannes erklärte die Übertragung für eine Fälschung, und diese An-
klage war es, welche Hieronymus zu dem langen Schreiben „de optimo
genere interpretandi" ^ Anlaß gab. Nur dem Namen nach kennen wir
einen Brief an Papst Siricius, in welchem Epiphanius seinen Gegner
Johannes als Ketzer denunzierte, und Briefe an palästinensische Mönche,
in welchen Epiphanius vor einer übereilten Wiederaufnahme der
Kirchengemeinschaft mit Johannes warnte^. Von zwei späteren Briefen
an Hieronymus aber ist der zweite in einer lateinischen Übersetzung
überliefert, deren Herkunft dahingestellt bleiben muß. Dieser kleine
Brief*, gegen Ende des Jahres 400 geschrieben, feiert schon den
Sieg der Orthodoxie über den Origenismus,
Eines „kurzen Briefes" des hl. Epiphanius über die Tugenden des
371 auf Cypern verstorbenen Mönches Hilarion gedenkt Hieronymus
in der Vorrede seiner „Vita Hilarionis".
Eine Anzahl von Predigten auf kirchliche Feste führt, wie schon
Petavius erkannte, des Epiphanius Namen mit Unrecht. Dasselbe
dürfte von den durch Conybeare armenisch aufgefundenen Homilien
über die Genesis und über das Lukasevangelium gelten. Auch ein
Kommentar zum Hohenliede, kleine legendarische Erzählungen über
die Propheten, die Apostel und die 72 (70) Jünger und noch manche
andere Schriften sind unterschoben.
Ein im 8. Jahrhundert auftauchender Brief des hl. Epiphanius gegen die
Bilder war eine Fälschung der Ikonoklasten. S. Vailhe, Notes de litterature
eccles.: Echos d'Orient 9, 1906, 219—224.
Nach Petavius —
Migne 43, 428 508, fünf unechte Predigten In feste
gibt :
jedoch nicht bloß von der lateinischen Übersetzung, sondern auch von den
in Katenen reichlich überlieferten Bruchstücken des Originals durch viel
größere Kürze abhebt und wahrscheinlich nur ein Auszug aus dem ursprüng-
lichen Texte ist. Jedenfalls muß Philos Leistung hinter andere mehr oder
weniger gleichzeitige Kommentare zurücktreten. Bei Riedel (Die Auslegung
des Hohenliedes in der jüdischen Gemeinde und der griechischen Kirche,
Leipzig 1898, 77) heißt Philo „der geistloseste all der griechischen Exegeten,
di6 hier zu besprechen sind". Ein Brief asketischer Tendenz, welchen Papa-
dopulos-Kerameus 1891 unter dem Namen Philos edierte, war schon längst
unter den Briefen Basilius' d. Gr. gedruckt (Migne 32, 347—360), dürfte
aber in Wirklichkeit dem hl. Nilus angehören vgl. oben S. 156. Über einige
;
sonstige Fragmente unter Philos Namen vgl. Fabricius-Harles, Bibl. Gr. 10,
479. Eine „Kirchengeschichte", aus welcher Anastasius Sinaita zwei Bruch-
stücke legendenhaften Inhalts anführt, ist einem andern, jüngeren Philo zu-
zuweisen. G. Mercati, ün preteso scritto di S. Pietro, vescovo d' Alessandria
e martire, suUa bestemmia e Filone l'istoriografo Rivista storico-critica delle
:
1. Lebenslauf. —
Diodor, der Sprößling eines vornehmen Hauses
zu Antiochien, hat, ähnlich wie Epiphanius, als Mönch nach dem Ideale
christlicher Vollkommenheit gerungen und als Mann der Wissenschaft
sich der Verteidigung des Glaubens der Kirche gewidmet. Durch Sil-
vanus, den späteren Bischof von Tarsus, war er in die heiligen
Schriften eingeführt worden ^ Zu Athen hatte er sich die Schätze
hellenischer Weisheit zu eigen zu machen gesucht 2. Jahrzehntelang,
so scheint es wenigstens, stand er als Archimandrit an der Spitze
eines Klosters) (uaxrjzr^pto)^) zu Antiochien
^. Vermutlich war er vorher
schon zum Presbyter ordiniert worden. Theodor von Mopsuestia und
Chrysostomus sind seine Schüler gewesen.
Eine lebhafte und tatkräftige Natur, hat Diodor sich nicht auf
Askese und Studium zurückgezogen, sondern in opferfreudiger Weise
sich der verwirrten kirchlichen Verhältnisse der syrischen Hauptstadt
angenommen. Nicäner und Arianer standen hier in bitterer Schroff-
heit einander gegenüber, die Nicäner in Parteien zerrissen, die Arianer
gehoben durch die Gunst und die Hilfe der Kaiser. Unter Kon-
stantins schon (837 —
361) und noch mehr unter Valens (364 378) —
war es neben dem Presbyter Flavian vor allem Diodor, welcher unter
Schwierigkeiten und Gefahren aller Art die Interessen der Orthodoxie
verfocht. Chrysostomus und Theodoret feiern seine Verdienste in den
höchsten Tönen. Chrysostomus will ihn in einer zu Antiochien selbst
gesprochenen Lobrede einen neuen Johannes Baptista genannt wissen*.
Theodoret schreibt: „Diodor, weise und stark, war einem ebenso reinen
wie gewaltigen Flusse 'vergleichbar, welcher der eigenen Herde Tränke
bot und zugleich der Gegner Blasphemien hinwegschwemmte. Den
Glanz seiner Abkunft achtete er für nichts und ertrug mit Freuden
um des Glaubens willen Drangsal."^ Schwerer noch als die Lob-
sprüche der Freunde wiegen vielleicht die Schimpfworte des grim-
migsten Feindes, des Kaisers Julian, welcher auf seinem Perserzuge
in Antiochien überwinterte und um jeden Preis den in Verfall geratenen
* Daher hei^t er bei Bas. M.. Ep. 244, 3 i^piiirxa roü ßa/.apio'j Idoua>oü.
:
^ Siobe den von Faicundus von Jlermiane (Pro defens. trium capit. 4, 2) in
lateinischen Exzerpten aufbewahrten Brief Julians des Abtrünnigen an Photinus bei
Hertlein, luliani imperatoris quae supersunt, Lipsiae 1875—1876, 2, 605—606. Sehr
mit Unrecht hat Hieronyraus in einem überhaupt von Voreingenommenheit nicht
freizusprechenden Artikel (De vir. ill. 119) Diodor Jgnorantiam saeculanum litle-
rarum' nachf^esagt.
* Socr., Hist. eccl. 6, 3. Sozom., Hist. eccl. 8, 2.
* Chrys., In laudem Diodori Tarsensis. Migne, PP. Gr. 52, 761—766.
* Theodor., Hist. eccl. 4, 22.
AI
§ 23. Diodor von Tarsus. 2. Lehre. 305
'
Es ist der vorhin erwähnte Brief an Photinus.
2
Vgl. Bas. M., Ep. 244, 3. ' Mansi, SS. Couc. Coli. 3, 852.
*
Hier., De vir. ill. 119.
^
Vgl. Lietzmann, Apollinaris von La-odicea 1, 142 flf 235 ff.
«
Greg. Nyss., Ep. 3; Migne 46, 1024.
Bardenhewer, Gesch. der altkirchl. Literatur. III. 20
306 Antiochener und Syrer.
linaristen redet er
in einem Tempel oder einem Kleide, herabzudrücken.
In den Überbleibseln seiner Schrift gegen die Synusiasten oder Apol-
von zwei Söhnen, einem Sohne Gottes von Natur
1
und einem Sohne Davids, welcher in uneigentlichem Sinne (xara-
ypTjaztxatQ) auch Sohn Gottes genannt werde, aber nur aus Gnade
(ya.piTi xat od ^uasc) Sohn Gottes sei ^. Anderswo lehrt er, Maria,
welche den Menschen geboren, müsse eigentlich dv&pcoTzoroxoQ, möge
aber wegen der Vereinigung des Menschen mit Gott dem Worte auch
ifeoTÖxoQ genannt werden 2.
Um 438 trat Cyrillus von Alexandrien mit einer Streitschrift gegen
Diodor von Tarsus und Theodor von Mopsuestia hervor und bezeichnete
sie als die Urheber der nestorianischen Irrlehre. In demselben Sinne
nannte Leontius von Byzanz Diodor den Anstifter und Vater der
Schlechtigkeiten und der Gottlosigkeit Theodors 3. Inzwischen waren
auch schon amtliche Zensurierungen der Lehre und der Schriften
Diodors erfolgt. Eine konstantinopolitanische Synode vom Jahre 499
hat das Anathem über Diodor ausgesprochen*. Daß auch das fünfte
allgemeine Konzil vom Jahre 553 Diodor mit dem Banne belegt habe,
wie Photius berichtet 5, wird wohl ein Irrtum sein. Implicite aber
sind allerdings mit derti „drei Kapiteln" auch Diodors Werke ver-
worfen worden.
V. Ermoni, Diodore de Tarse et son röle doctrinal Le Museon N. S. 2, :
1901, 424—444.
' Hier., De Durch den Vergleich mit Eusehius von Emesa, dem Schön-
vir. ill. 119.
geist und Vielschreiber § 18, ll), will Hieronymus wahrscheinlich Diodor
(siehe
als einen etwas manirierten und aflfektierten Schriftsteller kennzeichnen, und aus
der Kritik zweier Schriften Diodors bei Bas. M., Ep. 135, kann man immerhin eine
Bestätigung dieses Urteils herauslesen. In anderem, wie mir scheint, ganz ver-
fehltem Smne hat schon Fakundus von Hermiane (Pro defens. trium capit. 4, 2)
Basilius als Gewährsmann des hl. Hieronymus aufgerufen.
' Leont., De sectis
4, 3; Migne 86, 1, 1221.
§ 23. Diodor von Tarsus. 3. Exegetische Schriften. 307
tischen Schriften der Antiochener: Theol. Quartalschrift 62, 1880,_. 531 —582. Schade,
daß die Parallele bei Epipb., Haer. 61, 6: ra'vra Tji y9sia ftfiiiara oux äkk^q^opiai
ÖBiTai (ÖS i/Bt du\>dii£w<;, f9£wf>iag 6k öeirai- zai al(rt9r^oio>i; slg zo zldi'^ai exäirn}? ü~o-
»9e'<Ti<«s r^v Kihn entgangen ist. Siehe auch S. Ilaidacher, Die Lehre des
(iüvaij.iv,
Die Liste bei Suidas ist aber unvollständig. Durch Photius bzw. den
bei Photius zitierten Heraklianus von Chalcedon erfahren wir auch
von einem Werke Diodors gegen die Manichäer, zara Mavr/aiojv, welches
nicht weniger als 25 Bücher zählte und sich ebenso wie das anti-
manichäische Werk des Titus von Bostra nicht sowohl gegen Mani
als vielmehr gegen Manis Schüler Adda kehrte ^ Außerdem erwähnt
Photius im Vorübergehen eine Schrift über den Heiligen Geist, Tztpl
TOü ayiou TTveöfiaroQ, in welcher Diodor sich im voraus schon mit der
Makel des Nestoriar «smus befleckt habe 2. Leontius von Byzanz gibt
aus dem ersten Buche eines Werkes gegen die Synusiasten oder Apol-
linaristen, xazä lüvouaiaaröjv, einige Zitate, welche zeigen sollen, daß
Diodor die Verantwortung trage für die Gottlosigkeit seines Schülers
Theodor ^. Theodoret gedenkt einer Schrift oder vielleicht auch mehrerer
Schriften „adversus Photinum, Malchionem, Sabellium et Marcellum
Ancyranum" *. Basilius d. Gr. endlich bespricht in einem Briefe an
Diodor vom Jahre 373 in sehr freimütiger Weise zwei Bücher des
letzteren, welche beide Feinden der Wahrheit gegenüber Stellung
nahmen, ohne daß sich jedoch erkennen ließe, ob es sich um Häretiker
oder Heiden oder Juden handelte. Das eine Buch, in Rede und Gegen-
rede abgefaßt, gefiel dem Kritiker sehr wegen seiner Kürze und wegen
der Einfachheit und Natürlichkeit des Ausdrucks, während das andere
mit seiner gezierten Darstellung, den rhetorischen Figuren und den
eingelegten Dialogen, ihn weit weniger ansprach^.
Mehrere Schriften Diodors sind ins Syrische übersetzt worden. Ebedjesu
weiß in seinem Kataloge der bei den syrischen Nestorianörn gebrauchten
Schriften, bei Assemani, Bibl. Or. 3, 1, 28—29, zu berichten: Diodorus
Tarsensis composuit libros numero sexaginta quos Ariani combusserunt.
Remanserunt vero ex illis qui sequuntur liber de dispensatione (-spl otxovoixiac,
:
Exeget —
die Hälfte der „Quaestiones" betrifft Schriftstellen sich —
zu der antiochenischen Schule bekannte. Gesetzt indessen, dieses
Signalement sei in allen seinen Strichen völlig gesichert, es würde
nicht auf Diodor allein passen, sondern m
demselben Maße z. B. auch
auf Flavian von Antiochien Anwendung finden. Als „ganz besonders
frappierend" betont Harnack noch den Nebenumstand, daß der Ver-
fasser der „Quaestiones" ein ungewöhnliches Interesse für Kirchen-
gesang bekundet und ebendies durch Theodoret auch von Diodor be-
zeugt ist^. Dieses Zeugnis Theodorets ' lautet auf „Flavian und
Diodor" 2.
Häretikern „nur die Arianer gemeint sein können", daß damit ein
„sicherer terminus ad quem, das Todesjahr des Valens (378)" ge-
wonnen sei*. Der Verfasser erklärt, die Herrschaft hier auf Erden
werde bald Christen, bald Häretikern, bald Hellenen übertragen, sagt
jedoch nicht, daß zurzeit die Häretiker das Zepter in Händen hätten,
sagt vielmehr, daß die Häretiker schon oft (nokMxtg) im Besitze der
Macht gewesen seien. Er blickt also auf einen längeren Zeitraum
zurück, an dessen Anfang Konstantin steht, dessen Ende aber allem
Anschein nach sogar ziemlich weit hinter Valens liegt. Auch an
andern Stellen sind mehr oder weniger deutliche Anzeichen emer Zeit
zu beobachten, welche Diodor nicht mehr erlebt hat. Die trinitarischen
Ausführungen, welche über die Theologie des hl. Basilius hinausgehen,
die Bemerkungen über Strafgesetze gegen die Häretiker (Quaest. 19),
einige Äußerungen über das Mönchtum weisen in das 5. Jahr-
hundert hinein.
Den Autor anonymer oder pseudonymer Schriften des Altertums
Ermanglung äußerer Anhalts-
auszumitteln, ist ein reizvolles, aber in
und Richtpunkte selten von Erfolg gekröntes Beginnen.
'
Socr., Hist. eccl. 6, 3. Sozom., Hi.st. eccl. 8, 2.
- Chrys., Paraeneses ad Gr. 47,' 277
Theodorum lapsum, Migne, PP. 816. —
Vgl. Rauschen, Jahrbb. der christl. Kirche unter dem Kaiser Theodosius 565 ff.
^
—
Lagarde, Analecta Syriaca, Lips. et Lond. 1858, 100 108; bei Ed. Sachau,
Theodor! Mopsuesteni Fragmenta syriaca e codicibus Musei Britannici Nitriacis
edidit atque in latinum sermonem vertit Ed. S., Lips. 1869, 8°. Griechische
und lateinische Fragmente haben, abgesehen von Katenen-Kompilatoren,
namentlich die Akten des fünften allgemeinen Konzils (Mansi, SS. Conc.
Coli. 9), mehrere literarische Gegner Theodors, Marius Merkator (Migne,
PP. Lat. 48), Leontius von Byzanz fMigne, PP. Gr. 86, 1), Kaiser Justinian
(ebd.), sowie der Verteidiger der drei Kapitel Fakundus von Hermiane (Migne,
PP. Lat. 67) aufbewahrt.
* Mit der Zahl der Bände deutet Ebedjesu den Umfang, und zwar den Umfang
der syrischen Übersetzung an, ohne sagen zu wollen, daß der Text selbst in Bände
abgeteilt gewesen sei.
^ Statt „ad mar Tyrium",Ttpuq röv ßaxdptov Tuptov, ist sehr wahrscheinlich
mit Goussen (Martyrius-Sahdonas Leben und Werke, Leipzig 1897, 12 A. 2) ,ad
Martyrium", Tzpuq Mapzüpw^, zu lesen. Kardinal Mai (bei Migne, PP. Gr. 66, 103)
wollte ,ad mar Martyrium" lesen. Der Martyrius aber, auf welchen Mai verwies,
scheint seinen Namen nur einem Mißverständnis zu verdanken (Chr. Baur, St Jean
Chrysostome, Louvain 1907, 39—40).
» Assemani, Bibl. Or. 3, 1, 31—32.
* Fhot, Bibl. cod. 38. Auch sonst wirft Photius Theodor Mangel an Klarheit
(cod. 4) oder gar Dunkelheit (cod. 177) vor.
* Siehe seine eigenen Worte bei Fac. Herm. a. a. 0. 3, 6, Migne 67, 602.
Das ,on dit" bei Leontius (Adv. Nest, et Eut. 3, 8, Migne 86, 1, 1364), Theodor
habe im Alter von 18 Jahren die heiligen Schriften zu kommentieren oder „gegen
die heiligen Schriften zu wüten" begonnen, verdient keinen Glauben. Noch weniger
freilich kann die Angabe der sog. Edessenischen Chronik, Theodor sei im Jahre
§ 24. Theodor von Mopsuestia. 2. Exegetische Schriften. 315
dasselbe Geschick traf auch die Kommentare zum Buche Job, zum
Prediger und zu den vier großen Propheten. Dem Kommentare zum
Buche Job wird jedoch die Kritik dieses Buches entstammen, welche
die Akten des genannten Konzils ohne Angabe eines Fundortes zitieren *.
Die in den Akten sich anschließenden Fragmente über das Hohelied
hingegen^ müssen, weil ein Kommentar zum Hohenliede nicht bezeugt
ist, einer anderweitigen Schrift, vermutlich einem Briefe, angehört haben ^.
Griechische und lateinische Fragmente zur Genesis bei Migne 66, 633
bis 646. Syrische Bruchstücke des Kommentars zur Genesis bei Sachau
a. a. 0. 1 —
21. —
Griechische und lateinische Fragmente zu den Psalmen
bei Migne 66, 647 696. — Weitere griechische Fragmente, aus der von
B. Corderius, Antwerpen 1643 —
1646, herausgegebenen Psalmenkatene, bei
Fr. Baethgen, Siebenzehn makkabäische Psalmen nach Theodor von Mop-
suestia: Zeitschr. f. die alttestamentl. Wiss. 6, 1886, 261—288; 7, 1887, 1—60.
Über neue, noch nicht gedruckte griechische Katenenfragmente berichteten
G. Mercati in den Rendiconti del R. Istituto Lombardo di scienze e lettere,
Ser. 2, vol. 31, 1898, 1046 —
1052, und H. Lietzmann in den Sitzungsberichten
der k. preuß. Akad. der Wiss. zu Berlin 1902, 334 —
346. Über eine syrische
Bearbeitung des Psalmenkommentars, eine kärgliche Paraphrase, handelte
Baethgen in der Zeitschr. f. die alttestamentl. Wiss. 5, 1885, 53—101. End-
lich ist ein lateinischer Psahnenkommentar, über welchen G. J. Ascoli (im
402/403 zuerst als Kommentator aufgetreten (L. Hallier, Untersuchungen über die
Edessenische Chronik, Leipzig 1892, 105 150), das Richtige treffen.
' Hesych. Hier, bei Mansi, SS. Conc. Coli. 9, 248: ,Codicem ipsum delere polli-
citus latenter conservabat iudaicae impietatis viaticum."
^ Die vorhin geäußerte Vermutung, der Name des Adressaten habe Martyrius
gelautet, läßt sich infolgedessen nicht verifizieren.
ä Mansi a. a. 0. 9, 211-213. Bei Migne 66, 663—666 und 687—690, werden
von den fünf Fragmenten nur die zwei letzten mitgeteilt, zu Ps 21 und 68.
* Mansi 9, 223—225. 697—698.
Migne 66,
* Mansi 9, 225—227. 699—700.
Migne 66,
* Die Annahme Kihns (Theodor von Mopsuestia 58), das erste der vier Stücke
sei auf einen Brief, die drei letzten auf einen Kommentar zum Hohenliede zurück-
zuführen, scheitert schon daran, daß die Aufschriften der drei letzten (,Et post
pauca", ,Et post alia", „Et post pauca") die Einheit und Identität der Quelle für
alle vier Stücke sicherstellen.
31(5 Antii)chcncr und Syrer. 1
Archivio glottologico italiano 5 ff, 1878—1889) weitläufig handelte, von
Mercati (Un palimpsesto Ambrosiano dei Salmi Esapli, Torino 1896) als eine
in das 5. Jahrhundert zurückreichende auszügliche Übersetzung des Kom-
mentars Theodors erkannt worden. Eine , vollständige Ausgabe" des Kom-
mentars hat Lietzmann (a. a. 0. 342) in Aussicht gestellt. —
Der Zwölf-
prophetenkommentar ward zuerst von A. Mai, Script, vet. nova coli. 6, 1832,
1, 1 —
298, dann von A. Fr. V. v. Wegnern, in dem et-sten und einzigen
Bande seiner Gesamtausgabe der Werke Theodors. Berlin 1834, imd schließ-
lich nochmals von Mai, Nova Patr. Bibl. 7, 1854, 1, 1—389, herausgegeben.
Die letztgenannte Ausgabe ist bei Migne.66, 123—662, abgedruckt. Syrische
—
Fragmente dieses Kommentars bei Sachau a. a. 0. 22 27. Dazu die latei-
nischen Stücke aus dem Widmungsschreiben bei Mansi 9, 211 —
213 (Migne
66, 663—666 687—690).
Zum Neuen Testamente übergehend, fährt Ebedjesu fort: „Mat-
thaeum uno tomo explicavit ad lulium. Lucam et loannem duobus
tomis ad Eusebium. Actus Apostolorum ad Basilium uno commen-
tatus est tomo. Epistolam quoque ad Romanos ad Eusebium ex-
posuit. Binas ad Corinthios epistolas tomis duobus dilucidavit et illu-
stravit rogatu Theodori. Eustratius postulavit expositionem quatuor
epistolarum quas sum commemoraturus epistolae ad Galatas et ad
:
'
Assemani, Bibl. Or. 3, 1, 32—33.
> Bei Migne 66, 713—716.
§ 24. Theodor von Mopsuestia. 3. Hermeneutik. Kanon. f{17
2, 1898, 353 387. — Die, lateinische Version der Erklärung der zehn
kleineren paulinischen Briefe ist zuerst, mit vielen Lücken, von J. B. Pitra,
Spicilegium Solesmense 1, Paris. 1852, 49 —
159, herausgegeben worden, irr-
tümlich unter dem Namen des hl. Hilarius von Poitiers. Eine vielfach be-
richtigte und ergänzte Ausgabe besorgte, unter Beifügung der griechischen
Fragmente, H. B. Swete, Cambridge 1880—1882, 2 Bde, 8«.
3. Hermeneutik. Kanon. —
Die Nüchternh'eit der Schrift-
auslegung wie die antiochepische Schule sie auf ihre Fahne ge-
,
schrieben hatte, ist, von Theodor auf die Spitze getrieben worden.
Zwei hermeneutische Schriften, welche sogleich noch erwähnt werden
sollen, weil sie bei Ebedjesu unter den nichtexegetischen Werken
stehen, sind sozusagen nur dem Namen nach bekannt. Die Über-
bleibsel der exegetischen Schriften jedoch zeigen deutlich, daß Theodor
in der Theorie, wenn nicht von Anfang an, so doch in späterer
Zeit, außer dem Literalsinn noch einen Realsinn oder mystisch-typischen
Sinn der von Gott inspirierten Schriften angenommen hat, in der
Praxis aber bestrebt gewesen ist, den Kreis der Typen sowohl wie der
messianischen Weissagungen nach Möglichkeit einzuschränken. Daher
der Vorwurf „jüdischer" Exegese ^ Die zornige Klage des Leontius,
Theodor habe nach Judenart (loudaixCoQ) alle Psalmen auf Zorobabel und
Ezechias bezogen und nur drei dem Herrn übrig gelassen 2, wird dem
Tatbestand nicht ganz gerecht. In dem Psalmenkommentar, seinem
Erstlingswerke, hat Theodor vier, aber auch nur vier Psalmen, 2 8 44
109 (LXX), messianisch erklärt 3, wiewonl er sämtliche Psalmen von
David verfaßt sein ließ und deshalb einer Unzahl von Psalmen prophe-
tischen Charakter beilegen mußte. In der Vorrede des Zwölfpropheten-
kommentars hat er dann anerkannt, daß auch die Psalmen 15 21 68
wenigstens indirekt oder typisch vom Messias zu deuten seien, ein
Zugeständnis, welches freilich das fünfte Konzil nicht befriedigen
konnte*. Große Einseitigkeit kennzeichnet auch Theodors Verteidigung
der Rechte des Literalsinnes. Der Literalsinn bleibt Literalsinn, mag
er in eigentliche oder in tropisch-figürliche Redeweise gekleidet sein.
Theodor aber —
und er allein im kirchlichen Altertum will auch —
* Schon bei Hesychius von Jerusalem (Mansi, SS. Conc. Coli. 9, 248).
= Leont., Adv. Nest, et Eut. 3, 15, Migne 86, 1, 1365.
ä Vgl. Baethgen in der Zeitschr. f. die alttestamentl. Wisa. 5, 1885, 67 flf 76 S.
* Vgl. Eiha, Theodor von Mopsuestia 160 ff.
318 Antiochcner und Syrer.
das Hohelied buchstäblich verstanden und als ein erotisches Lied auf-
gefaßt wissen, ein von Salomon anläßlich seiner Vermählung mit einer
ägyptischen Prinzessin veröffentlichtes Uochzeitsgedicht, welches denn
auch niemals, weder bei Juden noch bei Christen, der öffentlichen
Verlesung gewürdigt worden sei^ Für poetische Darstellung scheint
ihm überhaupt alles Verständnis gefehlt zu haben. Das Buch Job
soll das Werk eines ruhmsüchtigen Juden sein, welcher mit heid-
nischen Dramatikern in Wettbewerb treten wollte, durch den eiteln
Wortprunk aber und den mythologischen Aufputz in unversöhnlichen
Gegensatz zu der Redeweise der heiligen Schriften geriet^.
Mit einer solchen Kritik war die Anerkennung des inspirierten
Charakters und der kanonischen Dignität der betreffenden Bücher nicht
mehr zu vereinbaren. Wie Leontius bezeugt, hat Theodor weiterhin
„die Aufschriften der heiligen Hymnen, Psalmen und Lieder gänzlich
beseitigt", und „Böses zu Bösem hinzufügend, auf gleiche Weise die
Bücher der Paralipomena, das erste und das zweite, sowie auch Esdras
aus dem Kanon gestrichenes. Den Sprüchen und dem Prediger wollte
er nur einen geringeren Grad von Inspiration zuerkennen, insofern der
Verfasser wohl die Gabe der Weisheit, nicht aber die Gabe der Pro-
phetie besessen habe*. Über seine Stellung zu den deuterokanonischen
Büchern sind bei dem Schweigen der Quellen nur Mutmaßungen ge-
stattet. Sicher ist, daß er auch das Neue Testament beschnitten
und dem Jakobusbriefe sowie den übrigen katholischen Briefen die
kanonische Würde abgesprochen hat. Die Angabe des Leontius, welche
früher oft verdächtigt wurde, ist durch syrische Zeugnisse bekräftigt
worden-''.
Hermeneutik und Theologie des Theodor von Mopsuestia." Th. Zahn, Das
Neue Testament Theodors von Mipsuestia und der ursprüngliche Kanon der
Syrer: Neue kirchliche Zeitschr. 11, 19l3, 78S— 806. L. Dennefeld. Der
alttestamentl. Kanon der antiochenischen Schule (Bibl. Studien 14, 4), Frei-
burg i. Br. 1909, 44—61.
4. Anderweitige Schriften. — An zweiter Stelle führt Ebed-
jesu die nichtexegetischen Schriften auf. Doch eilt er zum Schlüsse,
faßt sich kürzer und bleibt vielfach dunkel: „Exstat etiam eins liber
de sacramentis. Et qui de fide inscribitur. Ac tomus unus de sacer-
dotio. Duo vero de Spiritu Sancto. Tomus unus de incarnatione.
• Mansi, SS. Conc. Coli. 9. 225—227. Zur Erläuterung dieser Fragmente vgl.
Riedel, Die Auslegung des Hohenliedes. Leipzig 1898, 80 ff.
« Mansi a. a. 0. 9, 223—225. » Leont., Adv. Nest, et Eut. 3, 15 17.
* Mansi 9, 223.
» Leont. ä. a. 0. 3, 14. Vgl. Bauer, Der Apostolos der Syrer, Gießen 1903, 53 ff.
§ 24. Theodor von Mopsuestia. 4. Anderweitige Schriften. 319
Schriften Theodors überhaupt nur das Werk „De incarnatione" zu nennen weiß.
320 Antiochener und Syrer.
'
Phot. Bibl. cod. 4 und cod. 177.
, Ohne Zweifel handelt Photius an diese»
beiden Stellen von einem und demselben Werke, wiewohl in dem gedruckten Texte
cod. 4 von 25, cod. 177 von 28 Büchern die Rede ist. Der boshafte Leontius hat
den Titel wieder verdreht r« zz u-k/j L'jvo,uiou xarä BamXstoo (ourw yäp i)'w xaAw
:
Schriften. Ex tertio decimo libro Codicis mystici: Migne 1011 1012; Swete —
322. — Ex Allocutionibus ad baptizandos: Migne 1013—1016; Swete 323
bis 327. Vgl. Sachau a. a. 0. 68—69. Expositio symboli depravati: Migne
1015 — 1020;
Swete 327-332. Vgl. Sachau 68. Ex libris de incarnatione: —
Migne 969 — 994; Swete 290—312. Ex tertio et quarto libro contra Apol-
iinarium: Migne 993—1002; Swete 312 321. Vgl. Sachau 28—57. —
Ex —
libris contra Eunomium Migne 1001—1002; Swete 322—323. Das zweite
:
Fragment bei Migne 1002 gehört vielmehr zu den libri de incarnatione und
findet sich auch Migne 983 984. — —
Ex libris contra defensores peccati
originalis: Migne 1005—1012; Swete 332—337.— Ex libris de Apollinario
et eins haeresi: Migne 1001 1004; Swete 321—322. — Ex epistolis: Migne —
1011—1014; Swete 338—339. Vgl. Diekamp, Doctrina Patrum de incarna-
tione Verbi, Münster i. W. 1907, 305—306.
dem Logos und dem Menschen, welche gestattet, von einer einzigen
Person, ev TTpüatonov, zu reden*. Freilich ist die Einheit keine phy-
sische, substantielle, hypostatische, sondern eine akzidentelle, relative,
moralische, nämlich die Einheit der Willensrichtung und die Einheit
der himmlischen Herrlichkeit, „Der Innewohnende hat den Menschen,
den er annahm, ganz mit sich geeinigt und zur Teilnahme an all
der Ehre zubereitet, welche er, der Innewohnende, als Sohn von Natur
aus, selbst besitzt, so daß sie eine Person ausmachen." ^ Mehr als
die Zulässigkeit, von einer Person zu reden, scheint Theodor in dem
Werke über die Menschwerdung nicht behauptet zu haben. Sonst
hätte er ja auch nicht schreiben dürfen, Maria könne sowohl dvdpw-o-
ToxoQ wie i}eoTÖxoQ genannt werden, weil sie der Natur der Sache
nach (rfj (püaei tou Ttpayfiaroc) Menschengebärerin, der Relation nach
(t7i dva<popa), insofern eben in dem Menschen, den sie gebar, Gott
wohnte, Gottesgebärerin sei^. Später jedoch hat Theodor die Einheit
der Person zwar nicht tiefer begründet, aber schärfer hervorgehoben,
um dem Vorwurf einer doaQ ulcov ze xac xopicov nach Möglichkeit die
Spitze abzubrechen*.
In der Schrift gegen die Vertreter der Lehre von der Erbsünde
verfocht Theodor, soweit die bei Marius Merkator und Photius vor-
liegenden Exzerpte^ ein Urteil gestatten, im wesentlichen die An-
schauungen des Pelagius. Es sei eine Torheit und verrate Unkenntnis
der heiligen Schriften, zu glauben, Gott habe wegen der Sünde Adams
auch alle Kinder Adams gestraft. Der Tod sei nicht Strafe der
Sünde, sondern die Folge der Naturbeschaffenheit des menschlichen
Organismus. Selbst Adam würde gestorben sein, auch wenn er nicht
gesündigt hätte. Nur zu erzieherischen Zwecken, um Abscheu gegen
die Sünde in ihm zu wecken, ward ihm der Tod als Strafe der Sünde
angedroht. Christus, der zweite Adam, sei nicht gekommen, eine Ver-
derbnis der Natur zu heilen, sondern einen neuen Weltzustand, eine
neue „Katastase", zu begründen, den mit der Auferstehung von den
Toten beginnenden Zustand der Unsterblichkeit: „sicut Adam primi
et mortalis status exstitit inchoator, ita et ipse secundi et immortalis
Status exsistens Initiator." Die Pforte zu diesem Zustand, das Unter-
pfand der künftigen Güter, ist die Taufe. Sie tilgt die (persönlichen)
Sünden und vermittelt die Gemeinschaft mit Christus.
6. Polychronius von Apamea. —
Theodoret (Hist. eccl. 5, 39)
beschließt die Notiz über Theodor von Mopsuestia mit den Worten: ,Sein
'
De incarn. 1. 8, Swete 2, 299: liray ilv^toi i-\ rr/i' ctuvä<ps.ia-j äTtidwiisv. ev
Bruder Polyohronius weidete (inot|xar/£v) die Kirche zu Apamea auf das beste,
ausgezeichnet durch die Anmut seiner Rede wie durch den Tugeudglanz
seines Lebens." Diese Worte (bei Kassiodor, Hist. trip. 10, 34, übersetzt,
bei Nicephorus Kallistus, Hist. eccl. 14, 30, paraphrasiert) sind die einzige
.
eiroifiaiviv muß besagen wollen, daß Polychronius auch noch zu der Zeit, bis
zu welcher Theodorets Berichterstattung in der Kirchengeschichte reicht,
d. h. um 428, den Stuhl von Apamea inne hatte. Das Konziliabulum syrischer
Bischöfe zu Ephesus im Juni 431 unterschrieb Alexander, „Metropolit von
Apamea" (Mansi, SS. Conc. Coli. 4, 1269). Zwischen 428 und 431 wird
Polychronius gestorben sein. — Er hinterließ Kommentare über mehrere
Bücher des Alten Testamentes, welche indessen fast nur noch aus Frag-
menten in Katenen bekannt sind. Einen Kommentar zu Daniel bezeugt
Nicephorus von Konstantinopel (bei Pitra, Spicilegium Solesm. 1, 352), einen
Kommentar zu Ezechiel scheint Johannes von Damaskus (bei Migne, PP. Gr.
94, 1380) zu bezeugen. Reiche Polychronius-Scholien zu Daniel und Ezechiel
in der von Johannes von Drungarien zusammengestellten Katene über die
großen Propheten wurden bisher am vollständigsten von Kardinal Mai heraus-
gegeben, die Schollen zu Daniel in Script, vet. nova coli. 1, 1825, 2, 105
bis 160, die Scholien zu Ezechiel in Nova Patr. Bibl. 7, 1854, 2, 92—127;
bei Migne, PP. Gr. 162 (einem, wie Bd 1, S. 52 bemerkt, überaus seltenen
Ergänzungsbande) sind diese Editionen abgedruckt. In zwei Scholien zu
Ezechiel (Mai a. a. 0. 113 und 126) verweist Polychronius selbst auf seinen
Kommentar zu Daniel, in dem ersten derselben auch auf andere Schriften
von seiner Hand (/.ccl sv i-ciprji-). Mit Sicherheit darf ihm noch ein Kom-
mentar zum Buche Job beigelegt werden. Die von P. Junius (Young),
—
London 1637, veröffentlichte (bei Migne 93, 13 470, abgedruckte) Job-
Katene enthält eine Anzahl Scholien unter seinem Namen, eine andere Job-
Katene einen ihm zugeeigneten Prolog zum Buche Job und einen aus seiner
Erklärung des Buches kompilierten Aufsatz über die Schwierigkeiten oder
Dunkelheiten des LXX-Textes; beide Stücke lateinisch bei P. Comitolus,
Catena in beatissimum lob absolutissima, Venet. 1587, 35—38; der Prolog
griechisch bei D. 0. Wahrendorf, Meditationes de resurrectione, speciatim
lobi, Gott. 1738, 124; das zweite Stück griechisch (u. d. T. xt ejnv f; asot'cps™
T^c -/pacp^c;) in den sog. Amphilochien des Photius, Migne 101, 815 —
8J6.
Wohl zu unterscheiden von dem Bischof Polychronius ist ein bedeutend
jüngerer Diakon Polychronius, welcher einen katenen artigen Kommentar zum
Hohenliede schrieb (bei J. Meursius, Eusebii, Polychronii, Pselli in Canticuni
canticorum expositiones graece, Lugd. Bat. 1617, 77 —
112; vgl. Riedel, Die
Auslegung des Hohenliedes, Leipzig 1898, 99 f) und vielleicht auch der Eigen-
tümer anderweitiger „Polychronius "-Scholien ist. —
Im Gegensatze zu diesem
Diakon Polychronius steht Polychronius von Apamea, wie zu erwarten, auf
dem Boden der antiochenischen Schule. Die allegorisierende Auslegungsweise,
deren Bannerträger (r^-jzinxi^) Origenes gewesen, hat er scharf verurteilt (zu
Ez 28, 2, Mai a. a. 0. 111). Die nüchtern-philologische Weise aber hand-
habt er mit hervorragender Virtuosität. Er versteht es, in den vorliegenden
Text sich zu versenken, mit innerer Teilnahme die Situation zu erfassen,
dem Zusammenhange abzulauschen, was der Wortlaut nur erraten läßt. Mit
sprachlichem Feingefühl verbindet er eine für seine Zeit sehr umfassende
und gründliche historisch-archäologische Bildung. Von einem gewissen „Judais-
21*
324 Antiochener und Syrer.
mus", wie das Altertum gesagt haben würde, ist er insofern nicht frei-
zusprechen, als er wiederholt Prophetien, welche von der messianischen Zu-
kunft handeln, zeitlich näher gelegenen Persönlichkeiten oder Begebenheiten
anzupassen sucht. Begegnet er sich hierin mit seinem Bruder Theodor, so
hat er sich von andern Willkürlichkeiten des letzteren sehr fern gehalten.
Die kanonische Autorität des Buches Job, welche Theodor bestritt, hat
Polychronius mit Nachdruck verteidigt. Über seine sonstigen dogmatischen
Anschauungen, namentlich seine Christologie, gewähren die bis jetzt zugäng-
lich gemachten Fragmente nur sehr mangelhaften Aufschluß. Die allerdings
kaum von der Hand zu weisende Vermutung nestorianisierender Denkweise
findet in denselben keine Stütze. —
Weiteres bei 0. Bardenhewer, Polychro-
nius, Bruder Theodors von Mopsuestia und Bischof von Apamea, Freiburg i. Br.
1879, 8°. Inzwischen hat M. Faulhaber (Die Propheten-Catenen nach römischen
Handschriften, Freiburg i. Br. 1899) fürs erste festgestellt, daß Mais Edition
der Daniel- und Ezechiel-Scholien des Polychronius sehr ergänzungsfähig ist
(149 ff 157 f 181 f), und fürs zweite recht wahrscheinlich gemacht, daß viele
anonyme und noch nicht gedruckte Jeremias-Scholien in der genannten Katene
des Johannes von Drungarien aus einem Jeremias-Koramentare des Polychro-
nius genommen sind (125 ff). Vgl. auch L. Dennefeld, Der alttestamentliche
Kanon der antiochenischen Schule, Freiburg i. Br. 1909, 61 67. —
§ 25. Johannes Chrysostomus.
(1. Lebensgang. 2. Verbreitung und Überlieferung.
Schriften. 3. Exegetische
Homilien. Sonstige Predigten,
4. 5. Abhandlungen. 6. Briefe. 7. Unechte Schriften.
8. Chrysostomus als Prediger, 9. Chrysostomus als Exeget. 10. Einzelne Lehr-
punkte, 11, Nektarius von Konstantinopel. 12. Attikus von Konstantinopel.
13. Akacius von Beröa. 14. Antiochus von Ptolemais. 15, Severianus
von Gabala.)
1, Lebensgang, —
Johannes mit dem Beinamen Goldmund hat
wahrscheinlich 344 zu Antiochien das Licht der Welt erblickt, und
seine Wiege umgab Glanz und Reichtum, Den Vater Sekundus sollte
er schon bald nach seiner Geburt durch den Tod verlieren. Die
fromme Mutter Anthusa aber, bei des Vaters Tod erst 20 Jahre alt,
wollte Witwe bleiben, um sich ganz der Erziehung des Sohnes zu
widmend Weitere Ausbildung suchte und fand Johannes bei dem
Philosophen Andragathius sowie namentlich bei dem Rhetor Libanius.
Etwa 20 Jahre alt, muß er in den Schülerkreis des berühmten Rhetors
eingetreten sein 2, Als unzertrennlichen Studienfreund hatte er einen
gewissen Basilius an seiner Seite. „Auch als wir die Schule verlassen
hatten", schreibt er von diesem Freunde, „und uns schlüssig machen
mußten welchen Lebensweg wir nun einschlagen sollten, auch da
,
• Als Libanius, der heidnische Rhetor, davon hörte, rief er: „Welch edle Frauen
gibt es bei den Christen!" Chrys., Ad viduam iun. 2, Migne, PP. Gr. 48, 601.
^ Chrys. a. a. 0. Vgl. Naegele iu den Xpuaocrzoiuxd, Rom 1908, 1, 87 ff.
» Chrys., De sacerdot. 1, 1, Migne 48, 628.
§ 25. Johannes Chrysostomus. 1. Lebensgang. 325
0. Braun in den Orientalischen Studien, Theodor Nöldeke zum 70. Geburtstag ge-
widmet, Gießen 1906, 469.
* So der älteste Biograph des Heiligen, Bischof Palladius, Dial. de vita Chrys. 5,
Migne 47, 18.
326 Antiochener und Syrer.
von Klerus und Volk zum Bischof der Hauptstadt erwählt. Mit List
und Gewalt ward der sich sträubende Prediger von Antiochien nach
Konstantinopel verbracht. Vergebens erhob Patriarch Theophilus von
Alexandrien gegen die bereits vollzogene Wahl Einspruch; er mußte
selbst am 26. Februar 398 dem antiochenischen Presbyter die Hände
auflegen. Der letztere erblickte auch fürderhin seine Aufgabe vor
allem darin, durch sein lebendiges Wort seine Herde zu weiden. Zu-
gleich eröffnete er einen heiligen Kampf gegen die unter dem Klerus
der Hauptstadt eingerissenen Mißstände ^. Er allein hatte auch den
Mut, dem allvermögenden Minister Eutropius und seiner unersättlichen
Habgier in den Weg zu treten. Und er allein hatte auch die Macht,
diesen Minister, als er nach seinem Sturze am 17, Januar 399 in die
Kirche floh und schutzflehend die Säule des Altartisches umklammerte,
vor dem Volksgerichte zu retten.
Bald nachher jedoch nahm jene „Johannes-Tragödie" ^ ihren An-
fang, in welcher zweideutige Hofgeistliche, der willenlose Kaiser Ar-
kadius, die eitle Kaiserin Eudoxia und der gewalttätige Patriarch
Theophilus eine so unrühmliche Rolle spielten. Sokrates, der Kirchen-
historiker, will auch Johannes einen Teil der Schuld aufbürden Johannes, :
'
Vgl. namentlich Pallad., Dial. de vita Chrys. 5.
* Diesen Ausdruck, rrjv Tzspl x'w HzoTziaioM ^Iwiiwr^v TpaywSia-^, hat schon Isidcr
von Pelusiuiii. Ep. 1, 152, Migne 78, 284.
» Socr.. Hist. eccl. 6, 2—21.
Die Synode, an welcher 36 Bischöfe teilnahmen, nannte sich selbst ffvvoJo;
*
id oiio-y au.'a/ßslaa, synodus ad quercum, weil sie auf einem Landgute dpa? bei
Chalccdou abgelialten wurde. Einen Auszug der Akten verdanken wir Photius.
Bibl. cod. r.g. Die Anklagen gegen Johannes verdienen es indessen nicht, erwähnt
§ 25. Johannes Chrysostomus. 1. Lebensgang. 327
Johannes ins Exil. Die Aufregung des Volkes, welches mit un-
begrenzter Verehrung an seinem Oberhirten hing, stieg zu einer er-
sehreckenden Höhe, Theophilus zog sich schleunigst nach Alexandrien
i,
zurück, ein Unfall im Palaste ließ die kaiserliche Familie erzittern
Eudoxia verlangte von Arkadius die sofortige Rückberufung des Exi-
lierten und richtete ihrerseits ein flehentliches Schreiben an denselben,
worin sie ihre Unschuld an seinem Blute beteuerte und Gott zum
Zeugen ihrer Tränen anrieft. Der Überbringer des Schreibens er-
reichte den Adressaten bei Prenetum in Bithynien. Als Johannes
endlich auf dem Bosporus heranfuhr, tönte ihm unbeschreiblicher
Jubel entgegen.
Der Friede sollte nicht von langer Dauer sein. Die Gegner des
Johannes gewannen von neuem das Ohr der Kaiserin und des Kaisers^.
Nachdem es schon am Karsamstage des Jahres 404 zu wüsten und
blutigen Auftritten an geweihter Stätte gekommen war, erhielt Johannes
am 10. Juni 404 vom Kaiser den gemessenen Befehl, die Hauptstadt
zu verlassen. Um einem Aufstande des Volkes vorzubeugen, über-
lieferte er sich heimlich den Händen derjenigen, welche ihn in die
Verbannung geleiten sollten. Zu Nicäa, wo die Reise für einige Tage
unterbrochen wurde, erfuhr er, daß Kukusus in Kleinarmenien, „die
'
Chrys., Ep. 234. Migne 52, 739. Vgl. Ep. 194 und 235.
^
Chrys., Ep. 4 ad Olymp., c. 4, Migne 52. 594.
'
Pallad., Dial. de vita Chrys. 11. * Ebd.
=-
Theodor., Hist. eccl. 5, 36.
§ 25. Johannes Chrysostomus. 2. Schriften. Verbreitung und Überlieferung. 329
' Vgl. Hier., De vir. ill. 129, und das alte Einschiebsel bei Gennad., De vir.
ill. 30, ed. Richardeon. Von Interesse ist der sog. ,Catalogus Augustanus", eine
Aufzählung von 102 zuverlässig echten Predigten (^ä/.)ji9<Z>5 yvrjmot h'iyot) des
hl. Chrysostomus in einer früher zu Augsburg, jetzt zu München befindlichen Hand-
schrift, bei Migne 64, 141 —
146; von neuem herausgegeben durch P. de Lagarde,
Ankündigung einer neuen Ausgabe der griechischen Übersetzung des Alten Testa-
ments, Göttingen 1882, 54—57.
« Pallad. a. a. 0. 12, Migne 47, 40.
Die Zeugnisse für die tachygrapbische Aufnahme von Chrysostomus-Predigten
^
wurden gesammelt von S. Haidacher in der Zeitschr. f. kath. Theol. 31. 1907, 142
bis 145, und gleich darauf von A. Wikenhauser, Der hl. Chrysostomus und die
Tachygraphie Archiv f. Stenographie 58, 1907, 268—272.
:
* Dagegen weiß Sozomenus (a. a. 0. 8, 10) zu berichten, daß einer der Haupt-
gegner des Johannes auf der Eichensynode des Jahres 403, Bischof Antiochus von
Ptolemais, von einzelnen Verehrern mit dem Namen Chiysostomus geschmückt ward.
- Siehe die Belegstellen bei Baur, S. Jean Chrys. 58 60. —
^ To'j {xtydf.ou StSncxdXou t^? ol/.oußSi'Tjq, Theodor., Hist. eccl. 5, 34.
* Und zwar in der gegen Nestorius gerichteten, 429 oder 430 verfaßten Denk-
schrift ,De reeta fide ad reginas", Migue 76, 1216. Vgl. Baur a. a. O. 7.
= Mansi, SS. Conc. Coli.
13, 8.
« Baur a. a. 0. 25—26. Vgl.' Nilles in der Zeitschr. f. kath. Theol. 18. 1894.
-
735 ff. Baur a. a. 0. 29.
J
der k. Akad. der Wiss. in Wien, Philos.-hist. Kl., Bd 144, 4, Wien 1902.
(Über die Eklogensammlung des Theodor Daphnopates oder Magister, um die
Mitte des 10. Jahrhunderts.) Ders., Chrysostomus Fragmente zu den katho-
lischen Briefen: Zeitschr. f. kath. Theol. 26, 1902, 190—194. Ders., Chry-
sostomus-Fragmente unter den Werken des hl. Ephräm Syrus: ebd. 30, 1906,
—
178 183. Ders., Chrysostomos-Fragmente im Maximos-Florilegium und in
den Sacra Parallela: Byzant. Zeitschr. 16, 1907, 168—201. Ders., Chry-
sostomus-Fragmente Xpu30Jto|jLi/.dt, Roma 1908, 1, 217
: 234. —
(Über Frag-
mente zum Buche Job und Fragmente in der Briefsammlung des hl. Nilus.)
Vgl. Baur a. a. 0. 259—262.
W^as die alten Übersetzungen anlangt, so steht an der Spitze der
lateinischen Übersetzer der Diakon Anianus von Celeda, welcher um 418
mit einer Streitschrift für den Pelagianismus gegen Hieronymus hervortrat
(Hier., Ep. 143, 2). —
Er übersetzte in den Jahren 415 419 die sieben Lob-
reden auf den hl. Paulus (diese Übersetzung bei Migne 50, 471 —
514), die
ersten 25 Homilien zu Matthäus (die Übersetzung der ersten 8 Homilien zu
—
Matthäus bei Migne 58, 975 1058, in älteren lateinischen Chrysostomus-
Ausgaben stehen alle 25 Homilien) und eine Reihe sonstiger Predigten. Vgl.
Schoenemann, Bibl. hist.-lit. Patrum lat. 2, 473 — 480. Baur, L'entree litteraire
de S. Chrysostome dans le monde latin: Revue d'histoire eccles. 8, 1907.
—
249 265. Im Auftrage Kassiodors übersetzte ein gewisser Mutianus die
34 Homilien zum Hebräerbrief (Cassiod., Institt. 1, 8) und vielleicht auch die
55 Homilien zur Apostelgeschichte (vgl. Cassiod. a. a. 0. 1, 9). Die Über-
setzung der Homilien zum Hebräerbrief (bei Migne 63, 237 —
456) ist „die
Grundlage der gesamten abendländischen Auslegungsliteratur zum Hebräer-
brief geworden* (E. Riggenbach, Die ältesten lateinischen Kommentare zum
Hebräerbrief, Leipzig 1907, 11). Eine anonyme, aber alte Übersetzung der
ersten der zwei Mahnschriften an Theodor von Mopsuestia (Paraeneses ad
Theodorum lapsum) in der Bibliotheca Casinensis 3, 1877, Florileg. 389—411,
und wiederum (vermeintlich zum ersten Male) bei A. Staerk in den Studien
und Mitteilungen aus d. Benediktiner- u. d. Cistercienser-Orden 31, 1910,
1— 36. Eine anonyme Übersetzung der zwei Bücher von der Buße (De com-
punctione) nach einer Handschrift des 9. Jahrhunderts bei Guil. Schmitz,
334 Antiochener und Syrer.
schrift 92, 1910, 185 —214. Auß( r Predig* 3n sind die sechs Bücher vom
Priestertum schon wiederholt arabisch gedruckt worden. Auch Bacha edierte
dieselben nach einer Handschrift vom Jahre 1558. Beirut 1904, 8°. Vgl.
W. Fell in der Theol. Revue 1906, 514 ff. —
In äthiopischer Sprache
existiert eine unechte „Oratio eucharistica S. loannis Chrys " (durchaus ver-
schieden von der griechisch vorliegenden „Chrysostomus-Liturgie"), heraus-
gegeben von A. Dillmann, Chrestomathia aethiopica, Lips. 1866, 51 56; ins —
Deutsche übersetzt von A. Schulte im Katholik 1888, 1, 417 425. — —
Zwanzig
Chrysostomus-Predigten in altslavisoher Übersetzung edierte F. Miklosich,
Monumenta linguae palaeoslovenicae, Vindob. 1851, 8". Auch der sog. Gla-
golita Clozianus, eines der frühesten Denkmäler altslavischer Sprache (und
glagolitischer Schrift), enthält auf seinen 14 Blättern hauptsächlich Frag-
mente echter und unechter Chrysostomus-Predigten. Die Ausgaben desselben
vermerkt Miklosich, Altslovenische Formenlehre, Wien 1874, xiii. Editionen
§ 25. Johannes Chrysostomus. 3. Exegetische Ifomilien. 335
Chrys." G. Rauschen, Jahrbb. der christl. Kirche unter dem Kaiser Theo-
dosius d. Gr., Freiburg i. Br. 1897, 565 —
574: „Die schriftstellerische Tätig-
keit des Johannes Chrys. vor seinem öffentlichen Auftreten als Prediger zu
Antiochien" ; —
495 529: „Die Predigttätigkeit des Johannes Chi-ys. in
Antiochien." P. Batiffol, De quelques homelies de S. Jean Chrys.: Revne
Biblique 8, 1899, 566 —
572. J. Pargoire, Les homelies de S. Jean Chr^'s.
en juillet 399: Echos d'Orient 3, 1899-1900, 151—162.
3. Exegetische Homilien. —
Den Hauptbestandteil der echten
Chrysostom US-Schriften bilden fortlaufende Homilien zu biblischen
Büchern oder Bibelkommentare in Homilienform. Die meisten ent-
336 Antiochener und Syrer.
581 —630), welche sich, mit Ausnahme der letzten, über die drei ersten
Kapitel des Buches verbreiten, und „Homiliae 67 in Genesin " (Migne 53
bis 54), welche das ganze Buch abschnittweise von Anfang bis Ende
besprechen. Jene neun Homilien sind, mit Ausnahme der letzten, in
der Fastenzeit des Jahres 386 vorgetragen worden; die 67 Homilien
werden von Tillemont und de Montfaucon ins Jahr 395 gesetzt,
während Rauschen sie ins Jahr 388 verlegen möchtet Über einzelne
Kapitel der Bücher der Könige handeln „Homiliae 5 de Anna" (54,
631 —676), aus der Pfingstzeit des Jahres 387, und „Homiliae 3 de
Davide et Säule" (54, 675—708), aus dem Sommer 387 2. Eine voll-
ständige Erklärung der Bücher der Könige liegt nicht vor. Von den
Psalmen hat Chrysostomus gleichfalls eine Auswahl in Homilien durch-
gesprochen, und zwar, wie es scheint, gegen Ende seiner Tätigkeit zu
Antiochien. Wir besitzen Homilien zu 58 Psalmen: 4 12, 43 49, — —
108—117, 119—150 (Migne 55), Homilien, welche mit Recht zu den
besten und gediegensten Leistungen des Predigers wie des Exegeten
gerechnet werden. Die oft geäußerte Vermutung, Homilien zu den
übrigen Psalmen seien verloren gegangen oder noch nicht aufgefunden
worden, läßt sich nicht begründen^. Aus Katenen sind beträchtliche
Fragmente unter des Chrysostomus Namen sowohl zum Buche Job
—
(Migne 64, 505 656) als auch zu den Sprüchen (64, 659 740) ge- —
sammelt worden. Insoweit dieselben echt sind, dürften sie samt und
sonders anderweitigen Schriften entnommen, nicht aber als Über-
bleibsel von Homilien oder Kommentaren zu den betreffenden Büchern
zu betrachten sein. Den prophetischen Büchern im allgemeinen gelten
die zwei Homilien „De prophetiarum obscuritate" (Migne 56, 163
bis 192), aus dem Jahre 386 oder 387. Eine Erklärung der ersten
Kapitel des Buches Isaias 1, 1 —
8, 10 (Migne 56, 11 94), ist nach —
der herrschenden Anschauung das Werk eines Redaktors, welcher
Homilien des Goldmundes ihrer rednerischen Anlage entkleidete und
zu einem regelrechten Kommentar umarbeitete. In armenischer Sprache
ist ein vollständiger, nur des Eingangs und des Schlusses entbehrender
'
Rauschen, Jahrbb. der christl. Kirche usf. 295; vgl. 522—524.
' Vgl. Rauschen a. a. 0. 520 f.
^Verloren gegangen ist jedoch eine von Chrysostomus selbst zu Ps 140 (Migne
55, 428) angezogene Homilie über Ps 62. Erhalten blieb noch eine Homilie über
—
den Anfang des Ps 41 (Migne 55, 155 167), die indessen nicht in die Reihe der
übrigen Psalmenhomilien hineingehört und aus dem Jahre 387 stammt, und eine
Homilie über den Anfang des Ps 115, welche griechisch erst von Haidacher in der
Zeitschr. f. kath. Theol. 31, 1907, 349—360, herausgegeben worden, aber allem
Anschein nach als echt anzuerkennen ist.
§ 25. Johannes Chrysostomus, 3. Exegetische Homilien. 337
brief in einer Anzahl von Homilien, welche später, ähnlich wie die
Homilien über Isaias, in einen Kommentar zusammengedrängt wurden
(61), den Epheserbrief in 24 Homilien (62), den Philipperbrief in
15 Homilien (62), den Kolosserbrief in 12 Homilien (62), die Thessa-
lonicherbriefe in 11 bzw. 5 Homilien (62), die Timotheusbriefe in 18
bzw. 10 Homilien (62), den Titusbrief in 6 Homilien (62), den Philemon-
brief in 3 Homilien (62) und den Hebräerbrief in 34 Homilien (63).
Diese Homilien zu den Paulinen sind teils noch zu Antiochien teils
erst zu Konstantinopel gesprochen worden, ohne daß im einzelnen
jedesmal mit Sicherheit entschieden werden könnte 2. Die Homilien
zum Hebräerbrief, welche jedenfalls der konstantinopolitanischen Zeit
angehören, wurden laut handschriftlichem Vermerk erst nach dem
Tode des Homileten auf Grund von Stenogrammen, utto arjiieiiov, ver-
öifentlicht. Die katholischen Briefe hat Chrysostomus nicht erklärt;
Katenenfragmente zu diesen Briefen (Migne 64, 1039 1062) sind nach- —
weislich fast ohne Ausnahme anderweitigen noch erhaltenen Schriften
entlehnt. Unter allen neutestamentlichen Erklärungen pflegt den Ho-
milien über den Römerbrief die Palme zuerkannt zu werden. Schon
Evang. sec. Johannem, Lips. 1902): vgl. Bousset in der Theol. Literatur-
zeitung 1903, 137 if 161 ff. —
Auch die sämtlichen Homilien zu den pauli-
nischen Briefen sind von Field in neuer Textesrezension vorgelegt worden,
Oxford 1845 —
1862, 7 Bde, 8" (nur griechisch). Über den von Chrysostomus
benützten Text s. S. K. Gifford, Pauli epistolas qua forma legerit .Joannes
Chrjs. (Dissertationes philol. Halenses 16, 1), Halis Sax. 1902. Die Er-
klärung zu Rom 16, 25 f, welche Kardinal Mai aus einer Schrift des
Patriarchen Nicephorus von Konstantinopel (Migne 100, 824) als Nachtrag
zu den Homilien über den Römerbrief aushob (Migne 64, 1037 1038), steht —
schon in der 27. Römerbrief homilie als Erklärung zu Rom 14, 24 ff (Migne
60, 643—644). Die 20. Homilie über den ersten Korintherbrief (Migne 51,
—
159 170) ist von neuem herausgegeben worden durch A. R. Alvin, Linköping
1885, 8". Ein Ausschnitt aus der 40. Homilie über den ersten Korinther-
brief bei C. P. Caspari. Ungedruckte usw. Quellen zur Gesch. des Taufsymbols
und der Glaubensregel 1, Christiania 186G, 73—99: „Ein Bruchstück des
antiochenischen Taufbekenntnisses aus den ephesinischen Konzilienakten und
ein Bruchstück desselben aus einer Homilie des Chrysostomus." Eine Stelle
der 26. Homilie zum zweiten Korintherbrief über den vom römischen Senat
für den 13. Gott erklärten Alexander (Migne 61, 580) ist nicht mit de Mont-
faucon auf Alexander d. Gr., sondern auf Kaiser Alexander Severus zu be-
ziehen. H. üsener, Divus Alexander: Rhein. Museum, N. F., 57, 1902, 171
bis 173. — Haidacher, Chrysostomus-Fragmente zu den katholischen Briefen-
Zeitschr. f. kath. Theol. 26, 1902, 190—194.
4. Sonstige Predigten. —
Eine Anzahl von Homilien, welche
einzelne Verse der Heiligen Schrift
zum Gegenstande haben oder doch
zum Ausgangspunkte nehmen, leitet von den exegetischen Homilien
zu den sonstigen Predigten über. Ihr Inhalt ist sehr mannigfaltig.
a) Der größte Teil ist moralisch-asketisch gerichtet.
Zu-
sammenhängende Zyklen bilden die „Catecheses 2 ad illuminandos"
(Migne 49, 223—240), Ansprachen an die Taufkandidaten aus
der,
Fastenzeit des Jahres 388 oder 389 2, die „Homiliae 3 de
diabolo
22*
340 Antiochener und Syrer.
über 1 Kor 15, 28. Über die Zeit und Reihenfolge der Predigten gegen die
—
Juden handelten Rauschen a. a. 0. 496 502 und E. Schwartz (Christliche
und jüdische Ostertafeln) in den Abhandlungen der k. Ges. der Wiss. zu
Göttingen. Philol.-hist. KL, N. F. 8, 6, 1905, 169—184. Rauschen unter-
scheidet zwei Reihen von Predigten, die Predigten 12 8, aus dem September
'
Rauschen, Jahrbb. der christl. Kirche usf. 524. * Ebd.
' Pargoire in den Echos d'Orient 3, 1899—1900, 151 flf.
* Rauschen a. a. O. 504—506.
.
8 an das Ende der zweiten Reihe stellen und somit ins Jahr 387 verweisen.
geboren sei —
eine zweite Weihnachtspredigt (56, 385 396) ist ihrer —
Echtheit nach zweifelhaft; eine Predigt auf Epiphanie, „De baptismo
Christi et de epiphania" (49, 363—372), vom 6. Januar 387 (?)i; zirei
Predigten „De proditione ludae" zur Feier des Gründonnerstags "(49,
—
373 392), aber so nahe miteinander verwandt, daß die eine nur eine
Überarbeitung der andern sein kann, während eine dritte Predigt über
—
den gleichen Gegenstand (50, 715 720) zweifelhaft ist; eine Predigt
„De coemeterio und zwei Predigten oder wohl richtiger
et cruce"
zwei Nachschriften einer und derselben Predigt „De cruce et latrone",
zur Feier des Karfreitags (alle drei 49, 393—418); zwei Predigten
auf Ostern (50, 433—442, und 52, 765—772, die zweite aber zweifel-
haft); zwei Predigten auf Christi Himmelfahrt (50, 441 452, und —
52, 773 —
792, die zweite aber zweifelhaft) ; zwei Predigten auf Pfingsten
(50, 453—470).
Die Weihnachtspredigt Migne 49, 351 —
362, ward eingehend untersucht
von Usener, Religionsgeschichtl. Untersuchungen 1, Bonn 1889, 218 240. —
Aber seine These, die Predigt sei am 25. Dezember 388 gehalten und an
diesem Tage sei überhaupt das Weihnachtsfest in Antiochien zum ersten Male
gefeiert worden, wurde von Rauschen 503 —
511 als irrig erwiesen. In der
2; Aufl. der üsenerschen Schrift, 1911, 379—384, tritt H. Lietzmann, im
Einverständnis mit dem verstorbenen Verfasser, für die Datierung der Predigt
auf den 25. Dezember 386 ein. Die Predigt „In Parasceven" bei Migne 50,
811— 816, gehört vielmehr Johannes von Damaskus an (Migne 96, 589 600). —
Die Predigt „In ipsum Pascha sermo 7 et ultimus", bei Migne 59, 745 756, —
ist zwar auf den 25. April 387 gefallen, gehört aber einem Kleinasiatea an.
C. H. Turner in den Studia biblica et ecclesiastica 2, 1890, 130 149. Die —
von Kardinal Mai 1840 als Ineditum veröffentlichte Predigt „De S. Pentecoste",
bei Migne 54, 417 —
424, stand bereits in de Montfaucons Ausgabe und ward
hier mit Recht als unecht bezeichnet, Migne 52, 809 812. —
Haidacher in
der Zeitschr. f. kath. Theol. 21, 1897, 398 f. Auch die erst von E. Batareikh
in den XpujoTrofxixd, 1908, 3, 973 —
1005, veröffentlichte Predigt „In vincula
S. Petri" wird sich schwerlich als echt bewähren.
d) Reicher ist die Zahl der Lobreden auf große Männer der
Vergangenheit und der Gegenwart, Heilige des Alten Testaments, Job,
Eleazar und die makkabäischen Brüder nebst ihrer Mutter, die Märtyrer
im allgemeinen und verschiedene einzelne Märtyrer und Märtyrerinnen
der christlichen Zeit, Roraanus, Julianus, Barlaam, Pelagia, Berenike,
Prosdoke und andere, gefeierte Bischöfe der antiochenischen Kirche,
* Ebd. 503 f.
342 Antiochener und Syrer.
Zweifelhaft oder unecht ist die Rede „De beato Abraham", bei Migne 50,
737 — 746, welche durch L. de Sinner, Paris 1835, separat herausgegeben
^vurde. Unecht, ein Plagiat aus Gregor von Nyssa, ist die auch unter dem
Namen Ephräms des Syrers gehende Rede „In Abraham et Isaac", Migne 56,
537—542. Vgl. Haidacher in der Zeitschr. f. kath. Theol. 29, 1905, 764
bis 766. Unecht, eine spätere Kompilation aus echten und unechten Chryso-
stomus-Predigten, ist auch die Rede ,De Melchisedeco", Migne 56, 257 262. —
Vgl. Haidacher a. a. 0. 19, 1895, 162 165, —
Die erwähnten Lobreden auf
Paulus haben nach Th. Sinko, Studia Nazianzenica 1, Cracoviae 1906, 33,
aus Gregor von Nazianz, Or. 2 apologetica, c. 52 —
56, geschöpft. In einem
von J. Bidez CDescription d'un manuscrit hagiographique grec palimpseste,
Bruxelles 1900) veröffentlichten Palimpsest des 10. oder 11. Jahrhunderts
fanden sich Bruchstücke einer angeblich von Chrysostomus herrührenden Lob-
rede auf Polykarpus von Smyma; eine neue Ausgabe des Textes besorgte
A. Hilgenfeld in der Zeitschr. f. wiss. Theol. 45, 1902, 569-572. Das
armenisch überlieferte, griechisch nicht vorhandene ,Encomium S. Gregorii
—
Armenorum Illuminatoris", lateinisch bei Migne 63, 943 954, armenisch von
den Mechitharisten 1853 und wiederum 1878 zu Venedig herausgegeben, muß
gleichfalls als unecht bezeichnet werden.
386, steht als „Homilia 6 contra Anomoeos" bei Migne 48, 747
gehalten, 756. —
Die Reden auf die Bischöfe Ignatius, Babylas, Eustathius, Melitius finden sich bei
Migne 50.
« Bei Migne 50, 471*- 472*.
:
cilla ^ Der Kaiser schickte sich an, schwere Rache an der ganzen
Stadt zu nehmen. Flavian, der greise Bischof von Antiochien, eilte
nach Konstantinopel und richtete eine Ansprache an den Kaiser,
welche aller Wahrscheinlichkeit nach ein Werk des Chrysostomus
war2, „eines der merkwürdigsten Denkmäler der Beredsamkeit" ^
Theodosius konnte sich der Tränen nicht erwehren. Inzwischen hielt
Chrysostomus zu Antiochien die Fastenzeit hindurch jene Reden „von
den Bildsäulen". Er spricht den bestürzten, ja verzweifelnden Mit-
bürgern Mut zu, benützt dann aber die Gelegenheit, vor einer wohl-
disponierten und empfänglichen Zuhörerschaft die herrschenden Laster,
insbesondere auch die Gewohnheit leichtfertigen Schwörens, zu geißeln,
und kann schließlich die Mitteilung machen, daß Flavian seinen Zweck
erreicht und der Kaiser der Stadt volle Amnestie gewährt habe. Diese
Reden mußten dem jungen Prediger für die ganze Folgezeit Ohr und
Herz der Antiochener geöffnet halten. In den Anfang seiner kon-
stantinopolitanischen Wirksamkeit fielen zwei Predigten, welche einen
ähnlichen Eindruck gemacht haben werden, die Reden auf den ge-
stürzten Minister Eutropius (52, 391 —
414), über die Hinfälligkeit
allen Erdenglücks. Die erste ist am 17. Januar 399 gesprochen
worden, während Eutropius den Altar der Kirche umklammert hielt
und jenes Asylrecht in Anspruch nahm, welches er kurz zuvor durch
Kaiser Arkadius hatte aufheben lassen, weil es sich ihm in der Ver-
folgung seiner eigenen Opfer hinderlich erwiesen, die zweite wenige
Tage später, als Eutropius die Kirche verlassen hatte und nun er-
griffen werden war. Hervorgehoben seien auch noch die Rede nach
der Priesterweihe des Predigers, die erste unter allen seinen Predigten
(48, 693— 700), die Rede über die Unüberwindlichkeit der Kirche und
die unzertrennliche Einheit von Haupt und Gliedern, mit welcher er
403 vor seiner Wegführung ins Exil das fieberhaft erregte Volk zu
—
beruhigen suchte (52, 427* 430), die Rede am Tage nach seiner
Rückkehr aus dem Exil (52, 443—448).
Über die Bildsäulenreden handelt R. Goebel, De loannis Chrysostomi et
Libanü orationiT^us quae sunt de seditione Antiochensium (Diss. inaug.),
Oottingae 1910, 8". Die letzte dieser Reden, welche die Ansprache Flavians
an Theodosius enthält, ward zu Schulzwecken separat herausgegeben von
L. de Sinner, Paris 1842; von E. Sommer, Paris 1856 u. ö.; von E. Ragon,
Paris 1887 u. ö. Auch die Ansprache Flavians für sich ward gesondert
herausgegeben, z. B. von M. Gidel, Paris 1857 und 1886. Noch zahlreichere
Sonderausgaben hat aber die erste der zwei Predigten auf Eutropius erlebt
von Fr. Dübner und E. Lefranc, Paris 1855 u. ö. von E. Sommer, Paris
;
* Über den sonstigen Verlauf des Aufstandes s. Rauschen, Jahrbb. der christl.
Kirche usf.259 ff.
» Der Wortlaut bei Chrys., Hom. 21 de stat. n.
3, Migne 49, 214—219.
' Als solches ist sie auch bei N. Schleiniger, Grundzüge der Beredsamkeit^,
Freiburg i. Br. 1883, 836—343, vollständig wiedergegeben.
344 Antiochencr und Syrer.
opes", „De precatione'', „Virtus animi prae omnibus honore digna est", Nestorius
zuzuschreiben sind, bedarf noch der Untersuchung. Haidacher a. a. 0. 25,
1901, 867; 29, 1905, 192—195. —Umgekehrt sind aber auch einzelne
Predigten, welche die Herausgeber verworfen oder bezweifelt haben, von
neueren Forschern als echt verteidigt worden. Die Verteidigung der zwei
trefflichen Homilien „De precatione", Migne 50, 775 —
786, führte mit Erfolg
P. Vogt, Zwei Homilien des hl. Chrysostomus, mit Unrecht unter die zweifel-
haften verwiesen: Byzant. Zeitschr. 14, 1905, 498 — 508. Die Homilie „De
patientia", Migne 60, 723 —
730, nach de Montfaucon „infacundi Graeculi",
ward unter der Aufschrift „De vita functis" von neuem herausgegeben und
als echt verteidigt durch J. Cozza-Luzi, Nova Patrum Bibliotheca 10, Romae
1905, 171 — 194.— Drittens sind einige bisher unbekannte Predigten ans
Licht gezogen worden, welche allem Ansthein nach als echt gelten dürfen.
Dahin gehört zunächst die zu Antiochien, wahrscheinlich an einem Osterfeste,
vorgetragene Predigt an Neugetaufte, „Ad neophytos", welche bei de Mont-
faucon und Migne fehlt und in neuerer Zeit allgemein als verschollen galt,
bis Haidacher nachwies, daß sie sowohl in der lateinischen Übersetzung des
Anianus wie auch wenigstens bruchstückweise im griechischen Original noch
—
vorhanden ist. -Haidacher in der Zeitschr. f. kath. Theol. 28, 1904, 168 193.
Dahin gehören auch drei bisher nur lateinisch bekannte, griechisch erst von
Haidacher nach einer Baseler Handschrift des 9. oder 10. Jahrhunderts ver-
öffentlichte Predigten: „De continentia" (-spl atocpposo/Tj?), „In dictum Apostoli:
Quum autem subiecta fuerint illi omnia" etc. (1 Kor 15, 28), gegen die
Anhomöer, und „In illud Credidi, propter quod locutus sum" (Ps 115. 1).
:
Abhandlungen,
5. —
Die Abhandlungen des hl. Chrysostomus
sind zumeist in Antiochien ans Licht getreten. Fast alle bewegen
sich auf moralisch-asketischem Boden.
^Die zweite bezeichnet sich selbst zum Schluß als eine i-taro/.rj.
*Obwohl Hesychius von Jerusalem (bei Mansi, SS. Conc. Coli. 9, 248) imd
Sozomenus (Hist. eccl. 8, 2) nur ein Schreiben (epistolam, imarokiiv) des Chryso-
stomus an Theodor kennen. Leontius (Adv. Nest, et Eut. 3, 7, Migne 86, 1, 1364)
spricht schon von zwei Schreiben (duah imaroAaig).
* Vgl. Rauschen, Jahrbb. der christl. Kirche usf. 565—567. Sicher dürfte sein,
daß Chrysostomus diese ^Paraeneses" schrieb, während er bei den Mönchen in den
Bergen unweit Antiochiens weilte (vgl. namentlich Paraen. 1, 17). Dort muß er
aber, gleichzeitig mit Theodor, auch schon einmal gcAveilt haben, bevor er um 373
ebendort für lange Jahre Aufenthalt nahm.
346 Antiochener und Syrer.
'
Rauschen, Jahrbb. der christl. Kirche usf. 569 f.
'
Ebd. 567 f.
' Chrys., Hom. 19 in 1 Cor. n. 6 (Migne 61, 160): „Da ich dort mit aller mir
möglichen Genauigkeit die Sache ausführlich dargelegt, so liielt ich es für über-
flüssig, dieselbe auch hier wieder zu erörtern."
§ 25. Joliannes Chrysostomus. 5. Abhandlungen. 347
tum —
(Migne 47, 623 692) beschieden. Keine andere Schrift ist so
häufig übersetzt und so häufig gedruckt worden ^. Sie führen sich
ein als eine Selbstverteidigung, eine Rechtfertigung des Verhaltens
des Verfassers um 373, als er und sein Herzensfreund Basilius zu
Bischöfen begehrt wurden. Er selbst ergriff, wie oben erzählt, die
Flucht, während er durch die Verheimlichung dieses Vorhabens den
Freund zur Annahme der Weihe veranlaßte. Den Hauptinhalt bildet
eine herrliche Schilderung der Würde und Hoheit des Priestertums,
deren Einzelzüge allerdings vielfach der zweiten Rede Gregors von
Nazianz entlehnt sind. Das Ganze verläuft in Form eines Zwie-
gespräches zwischen den Freunden von sehr innigem und zartem
Tone. Die Niederschrift ist erst längere Zeit nach den Geschehnissen,
wahrscheinlich 381 —
385, erfolgt^. Daß die Umstände, in welche
der Dialog eingebettet ist, als wirkliche Geschehnisse zu betrachten
sind —
Volk erklärte sie für Fiktionen —
pflegt wohl mit Recht
,
39—47.
Ein hübsches Handbüchlein der häuslichen Kindererziehung,
d)
um 393 zu Antiochien verfaßt, mußte erst von Haidacher wieder
hervorgezogen werden. Es war schon 1656 durch Fr. Combefis
unter dem Titel „De educandis liberis über aureus" herausgegeben
worden, hatte aber das Mißgeschick, von der Mauriner- Ausgabe aus-
' Baur (S. Jean Chrysostome 222) zählt 79 Ausgaben. Seine Liste ist aber
nicht lückenfrei.
* Vgl. Rauschen a. Nairn, der neueste Herausgeber der Bücher,
a. 0. 572 f.
—
Cambridge 1906, lutrod. xui xv, will die Niederschrift erst um 387, nach der"
Priesterweihe des Verfassers, ansetzen.
348 Antiochener und Syrer.
S. Haidacher, Des hl. Johannes Chrys. Büchlein über Hoffart und Kinder-
erziehung samt einer Bluraenlese Über Jugenderziehung aus seinen Schriften
übersetzt und herausgegeben, Freiburg i. Br. 1907, 8". Der Übersetzung
hätte eine Bearbeitung des griechischen Textes folgen sollen. Inzwischen
ward Haidacher, vielleicht der erste Chrysostomus-Kenner neuerer Zeit, am
27. Juli 1908 vom Tode ereilt. Vgl. noch A. Hülster, Die pädagogischen
Grundsätze des hl. Johannes Chrysostomus Theologie und Glaube 3, 1911,
:
203—227.
Drei Bücher „Ad Stagirium a daemone vexatum" (Migne 47,
e)
423 — 494),
einen befreundeten Mönch, welcher von schweren Seelen-
leiden geplagt und in einen Zustand wilder Verzweiflung geraten
war, erörtern den Zweck und die Bedeutung der Leiden. Ein großer
Teil des zweiten sowohl wie des dritten Buches befaßt sich mit der
heiligen Geschichte, von Adam bis auf Paulus, zum Beweise, daß
gerade die Lieblinge Gottes stets durch besonders viele Trübsale
hindurchgehen mußten. Die Abfassung fällt in die Jahre 381 385 ^ —
— Inhaltlich nahe verwandt sind zwei zeitlich weit entlegene Traktate,
„Quod nemo laeditur nisi a se ipso" (52, 459— 480) und „Ad eos
qui scandalizati sunt ob adversitates" (52, 479 — 528), Trostschriften
des Verbannten an die Seinen in der Heimat vom Jah e 405 oder
406. Es liegt in der Hand des Menschen selbst, ob er das eine, was
allein ihm schaden kann, oder icht. Widerwärtigkeiten, wie
zulasf e '
same Wachstum der Kirche und über die Zerstörung des Tempels
zu Jerusalem. Die erstere beweist die Sieghaftigkeit des Christen-
tums und die Ohnmacht des Heidentums an dem alten Bischof und
Märtyrer Babylas von Antiochien und Julian dem Abtrünnigen. Julian
hatte 362 die Gebeine des hl. Babylas aus dem seit Jahrzehnten zum
fiapröpiov geweihten einstigen Daphnehaine bei Antiochien entfernen
und den Kult des daphneischen Apollo daselbst wiederherstellen lassen,
und als bald darauf, am 24. Oktober 362, der Apollotempel in Flammen
man darin christlicherseits eine Rache des Himmels
aufging, erblickte
und einen Triumph des hl. Babylas. Auf diese Ereignisse nach Ver-
lauf von zwanzig Jahren (c. 21) zurückzugreifen, wird Chrysostomus
durch noch unaufgeklärte Vorkommnisse der Gegenwart veranlaßt
worden sein.
Über polemische Bezugnahme der Abhandlung ,De S. Babyla" auf des
Sophisten Libanius „Monodia de templo Apollinis Daphneo" (welch letztere
übrigens wohl 362 und nicht etwa erst 382 verfaßt ist), s. Naegele (Chrj--
sostomos und Libanios) in den Xp'j30T:o|i.ixa 1, 111 ff.
richtet sein.
Ein kurzer zweiter Brief an den Papst (Migne 52, 535 — 536) ward im zweiten
'
fectus urbi von Konstantinopel, und zwanzig Monate später Witwe (Pallad., Dial.
de vita Chiys. 16 —
17), von welcher auch die Schriften der großen Kappadozier zu
erzählen wissen. Gregor von Nazianz schrieb ein Gedicht zu ihrer Hochzeit (Carm. 2.
2, 6, Migne
1542 1550).
37, —
Gregor von Nyssa widmete ihr seinen Kommentar
zum Hohenliede. In den Analecta Bolland. 15, 1896, 400—423; 16, 1897, 44—51.
erschien eine ,Vita S. Oiympiadis et narratio Sergiae de eiusdem translatione", aus
—
dem 5. 7. Jahrhundert. Vgl. über diese Texte J. Bousquet in der Revue de l'Orient
chröt. 11, 1906, 225-251; 12. 1907. 255-268.
§ 25. Johannes Chiysostomus. 7. Unechte Schriften. 351
wohl hier zur Sprache kommen, weil ihre wirkliche Herkunft noch
der Aufklärung bedarf.
a) Des Chrysostomus Namen trägt die Liturgie, nach welcher
heute noch in der griechisch-katholischen Kirche des Orients das
ganze Jahr hindurch das heilige Opfer gefeiert wird (Migne 63, 901
bis 922). Nur an einzelnen bestimmten Tagen muß die Chrysostomus-
Liturgie der früher erwähnten Basilius-Liturgie den Platz räumen.
Daß der Text der einen wie der andern Liturgie im Laufe der Jahr-
hunderte einen Entwicklungsgang zurückgelegt, zahlreiche Änderungen
und Erweiterungen erfahren hat, ist oben schon bemerkt worden und
ist ja auch von vornherein vorauszusetzen. Während aber die Tradi-
tion, daß Basilius die Opferfeier reformiert und schriftlich fixiert hat,
sich als zu Recht bestehend erwies, läßt sich dafür, daß Chrysostomus
irgend eine Liturgie verfaßt habe, auch nicht ein einziges vertrauens-
würdiges Zeugnis beibringen. Die konstantinopolitanische Synode vom
Jahre 692, die sog. Quinisexta, gedenkt einer Jakobus- und einer
Basilius-Liturgie, aber keiner Chrysostomus-Liturgie \ wiewohl die
Ei-wähnung einer solchen nicht bloß sehr nahe gelegt, sondern geradezu
herausgefordert war. Die älteste Handschrift der Chrysostomus-
Liturgie, aus dem 8. oder 9. Jahrhundert, eignet nur zwei Gebete
Chrysostomus zu und spricht damit indirekt das Ganze Chrysostomus
ab. In jüngeren Handschriften aber ist der Name Chrysostomus von
der anfänglichen Stelle weg vor das Ganze gerückt worden. Nach
de Meester kann die ursprüngliche Fassung der Liturgie doch noch
in die Tage des hl. Chrysostomus zurückreichen. Nach Baumstark
ist sie das Erzeugnis einer späteren Zeit.
Neuere Ausgaben des griechischen Textes der Liturgie bei H. A. Daniel,
Codex liturgicus ecclesiae orientalis (Cod. lit. eccl. univ. 4), Lipsiae 1853,
sowie namentlich bei C. A. Swainson, The Greek Liturgies chiefly from
original authorities, Cambridge 1884, und F. E. Brightman, Liturgies Eastern
and Western 1 , Oxford ] 896. Die ältere Literatur —
Übersetzungen in
moderne Sprachen sind schon S. 147 genannt worden —
darf angesichts der
Xpu(TocjTO|j.(xa vom Jahre 1908 übergangen werden. Der zweite und stärkste
Faszikel dieser Sammlung ist ausschließlich der Chrysostomus-Liturgie ge-
widmet und enthält folgende Abhandlungen: PI. de Meester, Les origines et
les developpements du texte grec de la Liturgie de S. Jean Chrys. (245 bis
357); G. Aucher, La versione armena della Liturgia di S. Giovanni Cris.
—
(359 404); C. Bacha, Notions generales sur les versions arabes de la Li-
turgie de S. Jean Chrys. suivies d'une ancienne Version inedite (405—471);
C. Charon, Le Rite byzantin et la Liturgie chrysostomienne dans les patri-
arcats raelkites, Alexandrie-Antioche-Jerusalem (473 —
718); H. W. Codrington,
Liturgia Praesanctificatorum syriaca S. loannis Chrys. (719 —
729); Ch. '^uner,
Les versions roumaines de la Liturgie de S. Jean Chrys. (731—769); A. Baum-
stark, Die Chrysostomos-Liturgie und die sjTische Liturgie des Nestorios
(771— 857); A. Petrovski, Histoire de la redaction slave de la Liturgie de
'
Bei Manai, SS. Conc. Coli. 11, 957.
352 Antiochener und Syrer.
'
Zahn hingegen (Gesch. des neutestamentl. Kanons 2, 228) glaubt, de Mont-
faucons Beweisführung für die Echtheit werde „kaum zu entkräften sein".
' Die „Protheoria in psalmos', Migne 55, 533—538; vgl. vorhin S. 337. In
den Druckausgabeu der Synopse fehlt das Kapitel über die Psalmen.
§ 25. Johannes Chrysostomus. 8. Chrysostomus als Prediger. 353
umsonst dio Schule des Libanius besucht hat, so wird man doch nur
aus seiner Anfängerzeit vielleicht einzelne Predigten vorweisen können,
in denen der Sophistenzögling das Wort führt und sein Repertoire
an Tropen und Figuren ausbreitet, während in der Folge der Rhetor
bescheiden hinter den Prediger zurücktritt und sich lediglich bestrebt
zeigt, die Zwecke des letzteren zu fördern. Das Beste, was dieser
Prediger der Schule verdankt, ist wohl der oft bewunderte Attizismus
seiner Sprache i Zu einem nur selten wieder erreichten Meister kirch-
licher Beredsamkeit haben angebornes Talent und unablässige Übung
ihn aufsteigen lassen. Die alte Ostkirche hat nur einen einzigen
Chrysostomus, und von den Predigern der alten Westkirche pflegt
nur Augustinus mit ihm in Vergleich gebracht zu werden.
Im Rahmen dieses Vergleiches dürfte die besondere Art des Gold-
mundes sich am deutlichsten veranschaulichen lassen 2. Augustinus
ist auch als Theoretiker der geistlichen Rhetorik aufgetreten: sein
Werk „De doctrina christiana" umschließt den frühesten Versuch einer
systematischen Homiletik, und seine Schrift „De catechizandis rudibus"
entwickelt zum ersten Male eine Theorie der Katechese. Chrysostomus
hat sich, von gelegentlichen und kurzen sonstigen Bemerkungen ab-
gesehen, nur in einigen Abschnitten des Werkes „De sacerdotio", be-
sonders des vierten und fünften Buches über die Aufgaben des ,
'Diesen Attizismus der Sprache hat schon Isidor von Pelusium (Ep. 5, 2) ge-
rühmt, und U. V. Wilamowitz-Moellendorif (bei Hinneberg, Die Kultur der Gegen-
wart, 1. Tl, 8. Abt., Berlin 1905, 212) steht nicht an, zu schreiben: Chrysostomus
ist „ein beinahe puristischer Attizist", hei ihm „dominiert das reine Attisch", „alle
Christen, der es noch in höherem Grade als Aristeides verdient, mit Demosthenes
stilistisch verglichen zu werden*.
* Vgl. Matthes in den Pastoralblättem
für Homiletik usf. 30, 1888, 40 ff.
B.irdenhewer, Gesch. der altkirchl. Literatur. III. 23
354 Antiochener und Syrer.
' Das ist der Mangel an Einheit und Geschlossenheit, welchen die technische
Betrachtung als eine schwache Seite der Predigten des Chrysostomus empfindet.
* Offenbar hat er auch gerade die Einleitung in der Regel am sorgfältigsten
vorbereitet. ' Chrys., Hom. 4 in Gen. n. 8, Migne 54, 597.
§ 25. Johannes Chryaostomus. 9. ChryBostomus als Exeget. 355
klärt er mit Emphase, die Heilige Schrift selbst gebe deutlich zu er-
kennen, wann und wo die tropische Auslegung zulässig und geboten
sei: „allegorisiert sie, so erläutert sie die Allegorie auch" 2; zu is 6,
6 ff fährt er nach Erwähnung einer figürlichen Deutung fort: „wir
indessen halten an dem historischen Sinne fest." ^
Damit ist nicht ausgeschlossen, daß Chrysostomus §ehr oft den
typischen Charakter des Alten Bundes hervorhebt und manche alt-
testamentliche Stelle zunächst za^' laropiav und sodann auch xaT
(hayoi-fTi'j Der Typus ist ihm eine vom Hei-
oder noarixiöQ würdigt.
von der sonstigen Prophetie
ligen Geist intendierte Prophetie, die sich
nur dadurch unterscheidet, daß sie nicht in Worte, sondern in Sachen
gekleidet ist*. So sagt er von der Erzählung über die Arche Noes:
„Dies hatte eine geheimnisvolle Bedeutung, es war ein Vorbild des
Zukünftigen, in der Arche war die Kirche vorgebildet, in Noe Christus,
in der Taube der Heilige Geist, in dem Blatte des Ölbaums die Liebe
Gottes zu den Menschen." ^ Ahnlich verhält es sich mit dem Opfer
Isaaks^, mit der Geschichte des ägyptischen Joseph^ usf.
* Hom. 6 de poenit. n. 4 (Migne 49, 320) ij -izpoiprirzia i} diä toü tutiou ^ ded
:
TpaYßdTiüv iari rrpo^rjTsi'a, vj ^k äXXr) T:po<py)TEia ^ did twm pi^fidzwv iaTc Tzpo^T/TSia.
Weiteres bei Haidacher, Die Lehre des hl. Johannes Chrysostomus über die Schrift-
inspiration 37 ff. Vgl. auch Zeitschr. f. kath. Theol. 31, 1907, 149 f.
* Hom. 6 de Lazaro n. 7 (Migne 48, 1037).
" Hom. 47 in Gen. n. 3 (54, 432) vgl. Expos, ; in ps. 46 n. 1 (55, 209).
' Hom. 61 in Gen. n. 3 (54, 528).
23*
356 Antiocliener und Syrer.
dies nahm er an, das andere (Gott) war er. Also keine Vermischung,
aber auch keine Trennung! Ein Gott, ein Christus, der Sohn Gottes
(vgl. 1 Tim 2, 5). Wenn ich aber sage ein Christus, so will ich damit
eine Vereinigung behaupten, nicht eine Vermischung, h^wotv Äiyeo. o'j
o'jyyjjavj, weil die eine Natur nicht in die andere verwandelt, sondern
mit der andern vereinigt worden ist." * Auf eine schärfere Inhalts-
" Vgl. Haidacher, Die Lehre des hl. Johannes Chrysostomus usw. 37.
* Hom. 1 in ilatth. n. 2 (Migne 57, 17); hom. 4 c. Anomoeos n. 4 (48, 732) usf.
' Hom. 13 in Rom. n. h (60, 515); vgl. des weiteren Hom. 7 in Phil. n. 2—3
(62, 229-332).
* Hom. 7 in Phil. n. 2 3 (62, 231 232).
§ 25. Johannes Chrysostomus. 10. Einzelne Lebipunkte. 357
'
Cyr. AI., De recta fide ad reginas, Migne 76, 1216. Vgl. Cbrys. , Hom. in
nat. Christi diem, Migne 56, 385—386 389.
Die Homilia de legislatore, an deren Schluß es heißt: 'iyoßsv xai ij^si?
* rijw
äyiav Tzapdivov xai ^soröxon Mapiav -pecßsüouaav ÜTzhp ijßwv (Migne 56, 409) ist
unecht
' Hom. 44 in Matth. n. 12 (57, 463-466); Hom. 'li in loan. n. 2 3 (59,
130-132).
* Vgl. Hom. 22 in loan. n. 1 (59, 134).
* Vgl. Hom. 85 in loan. n. 2 (59, 461—462).
« A. a. 0. (59, 462).
' Zu dem Ausdruck ä-jOpwmi'uv
^i nder/siv vgl. Hom. 21 in loan. n. 2 (59, 130),
zu dem Gedanken Hom. 49 in Gen. n. 2 (54, 446).
358 Antiochener und Syrer.
^
stomus excessit."
Über die Stellung des Goldmundes zur Lehre von der Erb-
sünde erhob sich zwischen Augustinus und dem Pela-
ein Streit
gianer Julianus von Eclanum. In jener Predigt „Ad neophytos", welche
Haidacher wieder ans Licht zog, hatte Chrysostomus gelegentlich einer
Aufzählung der Gnadenwirkungen der Taufe den Satz fallen lassen:
„Deshalb taufen wir auch die unmündigen Kinder (zu Tzatoca), wie-
wohl dieselben keine Sünden haben (xairoi ö.tiapz7jfxaTa oöx zyovza)^
damit ihnen verliehen werde Heiligkeit, Gerechtigkeit, Annahme an
Kindes Statt" usw. Sehr voreilig folgerte Julianus, Chrysostomus
'^
dasselbe wie das, was aus der Seite floß. Was ist das Brot? Christi
Leib""; „Bedenke, Mensch, welches Opferfleisch (t^uaUj.) du in die
Hand nehmen 6, welchem Tische du dich nahen willst. Erwäge doch,
daß du. Staub und Asche, das Blut und den Leib Christi empfängst." '''
'
Aug., C. lulianum 1, 22. Augustinus fügt bei: ,At inquies: Cur non ipse
addidit propria? Cur putamus, nisi quia disputans in catholica ecclesia non se
arbitrabatur, tali quaestione nullius pulsabatur (statt .nullius' dürfte
aliter intelligi
.nuUatenus' zu lesen sein), vobis nondum litigantibus securius loquebatur." Eine
goldene Regel für die Interpretation von Vätertexten!
* Aug. a. a. 0. 1, 23—28. Es werden folgende Stellen angeführt: Ep. 3 ad
Olymp, c.(Migne 52, 574)
3 Hora. de resuscitatione Lazari. nur noch in latei-
;
essen und die Zähne in das Fleisch drücken und auf das innigste uns
mit ihm vereinigen "i; „Was der Herr am Kreuze nicht duldete '", daß
nämlich ein Bein an ihm gebrochen werde, „das duldet er jetzt beim
Opfer (ine ttjQ Tipoocopaq) um deinetwillen, und er läßt sich in Stücke
brechen, um alle zu sättigen"". Wenn er auf der andern Seite sehr
häufig bald den Altar bald den Kommunizierenden bzw. dessen Zunge
von dem Blute des Herrn „gerötet werden" läßt ((foiviaasabat)^, so
ist zur vollen Würdigung dieser Redeweise vielleicht auf den Gebrauch
roten Weines bei der heiligen Messe zu rekurrieren. Geopfert und
genossen wird also der Leib und das Blut des Herrn. Der Opfer-
priester aber und der Gastgeber ist wiederum der Herr. „Glaubet,
daß jetzt eben jenes Mahl stattfindet, bei welchem Christus selbst zu
Tische lag. Jenes nämlich war von diesem Mahle gar nicht ver-
schieden (odoev dttvTjvoytv). Denn es wird nicht etwa dieses Mahl
von einem Menschen, jenes aber von ihm selbst, sondern dieses so-
wohl wie jenes wird von ihm selbst bereitet." * „Heute noch wie
damals ist es der Herr, der alles wirkt und darreicht." ^ Der Priester
fungiert am Altare nur als Werkzeug in der Hand des Herrn. „W^in
nehmen die Stelle von Dienern ein er aber ist es, der das Vorliegende
;
und Weise der durch die Verba iieraaxsudCeiv und fxzTaltpobfü^tvj be-
zeichneten Verwandlung hat Chrysöstomus nicht näher beschrieben^.
wie von dem Wachs, wenn das Feuer es ergreift, nichts abfällt, nichts übrig bleibt,
so mußt du denken, daß auch hier die Mysterien ganz verzehrt werden von der
:
bis 696. J. Sorg, Die Lehre des hl. Chrysostomus über die reale Gegen-
wart Christi in der Eucharistie und die Transsubstantiation Theol. Quartal-
:
schrift 79, 1897, 259—297. A. Naegle, Die Eucharistielehre des hl. Jo-
hannes Chrys., des Doctor Eucharistiae (Straßburger theol. Studien 3, 4^5),
Freiburg i. Br. 1900. E. Michaud, S. Jean Chrys. et l'eucharistie Revue
:
—
,Doctrina Patrum de incarnatione Verbi" (ed. Diekamp 317 318) angezogen.
Ein den Töchtern des Kaisers Arkadius gewidmetes Buch „De fide et vir-
ginitate", „in quo praeveniens Nestorianum dogma impugnaf (Gennad., De
vir ill. 52), ist gleichfalls verloren gegangen. Kleine Reste dürften in den
syrischen Zitaten aus „dem in Dialogform abgefaßten Briefe über den
Glauben" bei 0. Braun, Das Buch der Synhados, Stuttgart 1900, 327, vor-
liegen. Erhalten blieben einige Briefe. Zwei Briefe in Sachen des hl. Chryso-
stomus, an Cyrillus von Alexandrien und an die alexandrinischen Diakone Petrus
und Ädesius, stehen bei Nicephorus Kallistus (Hist. eccl. 14. 26, Migne 146,
1137—1144; der Brief an Cyrillus auch Migne 77, 347—352); ein Brief an
den Presb}'ter Kalliopius von Nicäa bei Sokrates (a. a. 0. 7, 25); ein Brief an
die 419 zu Karthago versammelten Bischöfe Westafrikas in den Konzilien-
—
sammlungen (Mansi 3, 837 lateinisch auch Migne 65, 649 650), Dazu ein
;
Hist. eccl. 8, 10). Auch Gennadius bescheinigt ihm: „in divinis scripturis
eruditus et in homiliis declamator admirabilis fuit" (De vir. ill. 21). Chryso-
stomus hat Severianus anfangs Vertrauen entgegengebracht, sich aber hsild
bitter enttäuscht gefunden. Severianus ließ kein Mittel unversucht, die maß-
gebenden Persönlichkeiten des Hofes auf seine Seite zu ziehen und gegen
Chrysos'tomus einzunehmen. Näheres bei F. Ludwig, Der hl. Johannes Chrys.
in. seinem Verhältnis zum byzantinischen Hof, Braunsberg 1883, 51 ff; Ve-
—
nables im Diction. of Christ. Biography 4, 625 626. Im Anschluß an die
Eichensynode hat Severianus auf der Kanzel dem Volke auseinandergesetzt,
daß und weshalb Chrysostomus habe abgesetzt werden müssen (Socr. a. a. 0.
6, 16; Sozom. 8, 18). Auch die Verweisung des exilierten Gegners von
Kukusus nach Pityus wird Severianus zur Last gelegt (Pallad., Dial. de vita
Chrys. 11). Sein Tod ist in die Regierungszeit Theodosius' IL (408 450) —
gefallen (Gennäd. a. a. 0.).
Der schriftstellerische Nachlaß Severians bedarf noch sehr der genaueren
Erforschung. Außer Predigten umschloß derselbe eine „Expositio in epi-
stolam ad Galatas" (Gennad. a. a. 0.) und vielleicht auch noch andere Bibel-
kommentare. Doch ist kein Kommentar auf uns gekommen. Über die Zeug-
nisse des Altertums betreffend Severians Schriften s. Fabricius-Harles, Bibl.
Gr. 10, 507 —
512, abgedruckt bei Migne 65, 9—16; vgl. auch den Index
auctorum bei Karo et Lietzmann a. a. 0. 614 und das Register bei Scher-
mann a. a. 0. 103.
Zweiter Teil
Die ISchriftsteller des Okzidents.
Erstes Kapitel.
fidem infirmes adversus eam sunt portae inferorum haec fides regni caelestis
,
habet claves."
* Sulp. Sev., Chron. 2, 45, 7: ,IIlud apud omnes constitit, unius Hilarii bene-
ficio Gallias nostras piaculo haeresis liberatas." Vgl. Ruf. a. a. O.
* Hier., Ep. 34, 3 : ,Et confessionis merito et vitae industria et eloquentiae
claritate, ubicumque Romanum nomen est, praedicatur."
§ 26. Hilarius von Poitiers. 1. Stellung und Bedeutung. 367
schon den Titel „magister ecclesiarum " i. Pius IX. hat ihn unterm
4. April 1851 in das Album der „doctores ecclesiae" aufgenommen 2.
' Vgl. Kling, De Hilario Pictaviensi artis rhetoricae stc. studioso, Frib. Brisg.
1909, 27 ff.
Mit dem Jahre 355 tritt Hilarius in das volle Licht der Geschichte.
Nachdem die Synode zu 'Mailand 355, durch Kaiser Konstantins ein-
geschüchtert, über Athanasius den Stab gebrochen, glaubte der aria-
nisch gesinnte Metropolit Saturninus von Arles, unterstützt durch die
* Die wichtigste Fundgrube für die Lebensgescbichte des hl. Hilarius sind seine
Über die Quellen für das Leben des hl. Hilarius und die Literatur bis
zum Jahre 1864 orientiert J. H. Reinkens zu Eingang seiner Monographie:
Hilarius von Poitiers, Schaffhausen 1864, 8° (xiii-^xxxvii). Eine wertvolle
,Vita S. Hilarii Pictav. episc. ex ipsius scriptis ac veteruni monumentis nunc
primuni concinnata" bot der Mauriner P. Coustant in den Prolegomena seiner
Hilarius-Ausgabe, Paris 1693; nach der Veroneser Auflage vom Jahre 1730
abgedruckt bei Migne, PP. Lat. 9, 12.5 184. —
Genannt zu werden verdient
auch A. Viehhauser, Hilarius Pictaviensis geschildert in seinem Kampfe gegen
den Arianismus, Klagenfurt 1860, 8". Das Beste leistete Reinkens. Gleich-
zeitig erschien Dormagen, St Hilaire de Poitiers et l'arianisme (These), Paris
1864, 8". Die seit 1864 erwachsene Literatur ist vorwiegend populär und
erbaulich gehalten. V. Hansen, Vie de St Hilaire, eveque de Poitiers et
docteur de l'eglise, Luxembourg 1875, 8". J. G. Cazenove, St Hilary of
Poitiers and St Martin of Tours, London 1888, 8". P. Barbier, Vie de
St Hilaire, eveque de Poitiers, docteur et pere de l'eglise, Tours 1887, 18**.
R. P. Largent, St Hilaire, Paris 1902, 8°. G. Girard, St Hilaire, Angers
1905, 8». C. Bertani, Vita di S. Ilario, vescovo di Poitiers, Monza 1905, 16".
mehr vorhandene Vorwort verwiesen. Einige Sätze dieses Vorworts („in prooemio
expositionis") hat Joh. Cass., Contra Nestorium 7, 24, aufbewahrt,
' Das Werk mag aus Homilien
hervorgewachsen sein, welche ihrer ursprüng-
lichen Anlage entkleidet wurden. Eine Homiliensammlung ist es nicht. Es hat
sich selbst, wie schon die „admonitio" der Mauriner-Ausgabe
hervorhebt (Migne,
PP. Lat. 9. 912), .liber" genannt (c. 19, 11) und ist über eine Besprechung des
Gebetes des Herrn hinweggegangen mit dem Bemerken: „De oratidnis autem sacra-
mento necessitate nos commentandi Cyprianus vir sanctae meraoriae liberavit.
Quamquam et Tertullianus hinc volumen aptissimum scripserrt: sed consequens
error hominis detraxit scriptis probabilibus auctoritateni*
(c. 5, 1),
24*
372 Spanier und Gallier.
diesen beiden Werken ein für den Verfasser sehr inhaltreiches Dezen-
nium. Der Psalmenkommentar, dessen Herkunft gleichfalls schon
durch Hieronymus verbürgt ist, mag um 365 ausgearbeitet sein. Er
verweist auf das, wie wir noch hören werden, den Jahren 356 359 —
entstammende Werk „De trinitate" ^ fußt sozusagen allenthalben auf
den Errungenschaften der Exilszeit und gibt sich als die Frucht einer
Muße zu erkennen, wie sie Hilarius wohl erst in seinen letzten Lebens-
jahren beschieden war. Nur Fragmente, allerdings sehr beträchtliche
Fragmente, haben sich auf unsere Tage gerettet. Die Ausgaben bieten
eine Einleitung 2, Traktate über die Psalmen 1 2 9 13 14 51—69 91
118 —150 und anhangsweise noch Traktatenfragmente und unechte
Traktate über einige andere Psalmen ^. Ursprünglich hat der Kom-
mentar sich höchstwahrscheinlich über das ganze Psalterium erstreckt*.
Doch müssen schon sehr früh lückenhafte Abschriften in Umlauf ge-
kommen sein. Das Exemplar, welches Hieronymus im Jahre 392
vorlag, umfaßte Erklärungen der Psalmen 1 2 51 62 118 150 5. — —
Zu diesem Kommentar hat Hilarius nicht bloß lateinische, sondern
auch griechische Bibeltexte herangezogen. Ja einen griechischen Text,
die „translatio illa seniorum septuaginta et legitima et spiritalis", hat
er als Normaltext verwertet ^. Die Septuaginta, glaubt Hilarius, seien
es gewesen, welche auf Grund himmlischer Erleuchtung die bis dahin
ungeordnet umlaufenden, von sehr verschiedenen Händen verfaßten
Psalmen zu einem Buche zusammenstellten und dieses Buch in drei '^
sagt: „Quibus, ut spero, aliis locis uberius copiosiusque responsum est", In ps. 67, 15.
' Diese
Einleitung, „In librum psalmorum prolojjus" bei Migne 9, 231, ist in
der neuen Ausgabe von Zingerle (Corpus script. eccles. lat. 22, Vindob. 1891) „In-
struetiopsalmorum" überschrieben.
3 Der Anhang bei Migne 9, 890—908, enthält unechte Traktate über Ps 15
31 41; der Anhang bei Zingerle 872—888 enthält „exempla tractatuum mutilato-
rum vel Hilario falso adscriptorum" über Ps 63 132 67 6 7 15.
* Das ist aus der Einleitung (c. 17 23 24), aus dem Anfang des Traktates über
Ps 150 und aus mancherlei Verweisen der früheren Traktate zu erschließen. Vgl.
die „admonitio" der Mauriner bei Migne 9, 223—224.
' Hier., De vir. ill. 100.
^ In ps. 59, In ps. 118, Daleth, 6: „Nobis neque tutum est trans-
1. Vgl.
lationem septuaginta interpretum transgredi."
'
Die bei „einigen Hebräern" (aliqui Hebraeorum) übliche Abteilung des Psal-
teriums in fünf Bücher sowie die Meinung von der davidischen Herkunft sämt-
licher Psalmen ward schon gleich zu Beginn der Einleitung (c. 1) als unzutreffend
abgewiesen.
374 Spanier und Gallier.
sündigung des Menschen, die zweite über seine Heiligung oder Aus-
stattung mit Tugenden, die dritte über seine jenseitige Verklärung.
Das ganze Buch habe also erzieherische Tendenz ^ Zugleich aber
sei auch das Psalmenbuch „von allegorischem und typischem Gehalte
durchweht", „von großen Geheimnissen himmlischer Dinge angefüllt" ^.
Freilich gebe es manche Psalmenkommentatoren, welche, an der Ober-
fläche des Wortlauts haften bleibend, kaum irgendwo eine Prophetie
auf Jesus Christus anerkennen wollten 3. Für das tiefer blickende
Auge aber sei Jesus Christus der Schlüssel zum Verständnis des
Buches. Typisch weisen die Psalmen immer wieder auf den Gott-
menschen hin, indem sie bald seine Gottheit bald seine Menschheit
mit ihren Geheimnissen vorbilden oder weissagen. „Non est vero
ambigendum, ea quae in psalmis dicta sunt, secundum evangelicam
praedicationem intelligi oportere, ut ex quacumque licet persona pro-
phetiae spiritus sit locutus, tamen totum illud ad Cognitionen! adventus
Domini nostri lesu Christi et corporationis et passionis et regni et
resurrectionis nostrae gloriam virtutemque referatur." ^
Wenngleich Hilarius wiederholt von früheren Psalmenkommentatoren
spricht, Anhängern des Buchstabens und Freunden der Typologie 5, so
hat er doch niemals Namen genannt. Daß er auch des Origenes
Arbeiten über die Psalmen gekannt und benützt hat, ist kaum zu
bezweifeln, wähnend fälschlich angenommen w^urde, daß er sich mit
der Rolle eines Übersetzers des Alexandriners begnügt habe. Einzelne
Redewendungen bei Hieronymus, welche das letztere zu behaupten
scheinen, wollen nicht gepreßt sein ^. In früheren Jahren hat Hierony-
mus gern Origenes im Lichte eines Meisters dargestellt, zu welchem
'
Vgl. namentlich In ps. 150, 1.
* Instr. ps. 5: „Sunt enim univeisa allegoricis et typicis contexta virtutibus."
In ps. 150, 1: „Magnis psalmorum librum sacramentis rerum caelestium refertum
esse saepe tractavimus."
« In ps. 54, 9; In ps. 124, 1.
* Vgl. In Ps. 63, 2-3.
Instr. ps. 5.
» Instr. ps. 1; In ps. 54, 9; In ps. 63, 2; In ps. 124, 1.
* Im Jahre 392 schreibt Hieronymus bei Aufzählung der Werke des Hilarius:
,In psalmos commentarios ... in quo opere imitatus Origenem nonnulla etiara de
suo addidit .tractatus in lob, quos de Graeco Origenis ad sensum transtulit"
. .
fecif (C. Ruf. 3, 14). Nach 404: „Hilarius Pictaviensis et Eusebius Vercellensia
'
bis auf Moses, das zweite den Typen der Geschichte der Propheten
* Siehe die soeben angezogenen Stellen bei Hier., De vir. ill, 100; Ep. 61, 2;
C. Ruf. 1, 2.
* Aug., C. lul. 2, 8. 27. Das andere Fragment bei Aug., De nat. et grat. 62, 72.
^ Gamurrini, S. Hilarii Tractatus de raysteriis etc., Romae 1887.
* Vgl. Lindemann. Des bl. Hilarius von Poitiers ,Liber mysteriorum^, Münster i. W,
1905, 11.
376 Spanier und Gallier.
mentar des hl. Hilarius über die paulinischen Briefe weiß Hieronymus
nichts. Spätere Spuren eines solchen Werkes, aufgezählt bei Reinkens,
Hilarius von Poitiers 272, erscheinen fragwürdig. Auch Zitate wie Conc.
Hispal. 2. anni 619, can. 13 (Mansi, SS. Conc. Coli. 10, 566): ,Sanctus ergo
Hilarius in explicatione Epistolae ad Timotheum sie loquitur** (folgt das
Fragment Migne 10, 724) gestatten keinen sichern Schluß. Irrtümlich sind
zwei fremde Kommentare für Hilarius in Anspruch genommen worden, der
jetzt unter dem Namen des Ambrosiaster gehende Kommentar zu den 13
paulinischen Briefen und die lateinische Übersetzung des Kommentars Theodors
von Mopsuestia zu den 10 kleineren paulinischen Briefen. Des letzteren ist
oben schon, bei dem Mopsuestener, gedacht worden. Von dem ersteren soll
weiter unten noch die Rede sein. —
Kardinal Mai veröffentlichte aus vati-
kanischen Handschriften unter des Hilarius Namen zwei Traktate über
den Anfang des ersten und den Anfang des vierten Evan-
geliums und eine kurze Erklärung der Heilung des Gicht-
brüchigen, Mt 9, 2 ff. A. Mai, Nova Patr. Bibl. 1, Romae 1852, pars 1,
—
477 490. Bei Migne, PP. Lat., haben diese Texte keine Aufnahme gefunden.
Die Unechtheit derselben ist seit Reinkens a. a 0. 276 280 allgemein an- —
erkannt. Die zwei ersten Stücke möchte Reinkens aus dem 13. Jahrhundert
herleiten. Er dürfte eher Recht behalten als Wittig, welcher den ersten
Traktat, über Mt 1, ins 4. Jahrhundert setzen und dem konvertierten Juden
Isaak zueignen wollte. J. Wittig bei Sdralek, Kirchengeschichtl. Abhand-
lungen 4, Breslau 1906, 11. —
Eine unechte Horailie unter des Hilarius
Namen, „In commemoratione S. Pauli", veröffentlichte Fr. Liverani, Spici-
legium Liberianum, Florentiae 1863, 118—114. Über ein angebliches —
liturgisches Werk des Heiligen s. A. Wilmart, Le pretendu ,Liber Officiorum"
de St Hilaire et l'Avent liturgique: Revue Bened. 27, 1910, 500—513.
von dem Taufsymbol, über das Geheimnis der Zeugung des Sohnes ^
Das dritte sucht, im Anschluß an die Worte „Ego in patre et pater
in me" (Jo 10, 38), die Wesenseinheit des Sohnes mit dem V^ater zu
beleuchten. Die vier folgenden Bücher wenden sich gegen die Häre-
tiker und entkräften ihre Einwürfe gegen die Gottheit des Sohnes.
Das achte Buch hat die Aufgabe, zu zeigen, daß durch die Anerken-
nung der Gottheit des Sohnes die Einheit Gottes nicht aufgehoben
werde ~. Das neunte will die Lehre von der Geburt des Sohnes aus
dem Vater gegen die Argumente der Arianer verteidigen ^. Das zehnte
hat die durch die Evangelien bezeugten Schmerzeneäußerungen Christi
(Mt 26, 38—39; 27, 46. Lk 23, 46), das elfte die Jo 20, 17 und
1 Kor 15, 27 —
28 ausgesprochene Unterordnung Christi unter Gott
mit dem Glauben an die wahre Gottheit des Sohnes in Einklang zu
setzen. Im zwölften Buche endlich gilt es, die ewige Geburt des
Sohnes in ihrer absoluten Verschiedenheit von jedem zeitlichen Werden
zu erfassen, insoweit nämlich der Menschengeist das Geheimnis zu
erreichen vermöge.
Aus dem Umstände, daß das erste Buch schon eine genaue Inhalts-
übersicht der folgenden Bücher entrollt, darf nicht gefolgert werden,
das erste sei erst nach Vollendung der übrigen Bücher hinzugefügt
worden. Vielmehr wurden die zwölf Bücher nach einem bis ins
einzelne durchdachten und treu innegehaltenen Plane in der vor-
liegenden Reihenfolge niedergeschrieben * Eine längere Unterbrechung
der Arbeit wird allerdings durch die Mitteilung erwiesen, daß bei
Inangriffnahme des vierten Buches die vorhergehenden Bücher „iam
pridem" fertiggestellt waren Alle zwölf Bücher aber wurden während
*».
des Exils, innerhalb der Jahre 356 359, ausgearbeitet. „Wir werden —
freilich", schreibt der Verfasser, „als Verbannte durch diese Bücher
reden, aber das Wort Gottes, welches nicht gebunden werden kann,
wird frei hinauseilen. " ^
Das Exil hat seinen inneren Frieden nicht gestört. Er glaubt
fast in der Heimat zu sein, weil die Wahrheit mit ihm in die Fremde
zog'^. Eine feurige Begeisterung für diese Wahrheit durchleuchtet
' Vgl. De trin. 1, 21: ^Seqnens (libellus) sacramentuoi edocet divinae gene-
rationis."
* De trin. 1, 28: „Octavus iam vero liber . . . totus in imius Dei denionstra-
tione detentus est."
' Ebd. 1, 29: „Noniis itaque liber totus in repellendis iis, quae ad infirmandam
unigeniti Dei nativitatem ab iinpiis usurpantur, intentus est."
* Vgl. 4, 2: „primo libello testati sumus." —
9, 10: ,iani superius tractavi-
mus", nämlich 1 , 13. — 7,3 und 7, 7 wird stillschweigend auf 1, 26 zurück-
verwiesen.
* 4, 1. «^
10, 4.
' 10, 4: ,Ac de temporibus non queremur exilio nostro laetantes et exul-
. . .
§ 26. Hilarius von Poitiers. 4. Die zwölf BQcher ,De trinitate* usw. 379
und durchglüht das ganze Werk. Ihr zuliebe hat Hilarius alle seine
Kräfte angespannt, um das Größte zu leisten, wozu er fähig war.
Und eine glänzendere Leistung hat die Geschichte dei literarischen
Bekämpfung des Arianismus überhaupt kaum aufzuweisen. Keiner
Schwierigkeit ausweichend, strebt Hilarius nach einer geradezu er-
schöpfenden Tiefe und Allseitigkeit. Seine Beweisführung gründet er
stets auf die Heilige Schrift,und wenn er als Exeget der Allegorese
freien Lauf ließ, sieht er sich als Dogmatiker und Polemiker ge-
zwungen, dem grammatisch-historischen Sinne Rechnung zu tragen.
Er verwertet, ähnlich wie in seinem Psalmenkommentare, die Geistes-
arbeit griechischer Theologen, deren Namen freilich noch erst zu er-
mitteln sind, weiß dieselbe aber mit voller Selbständigkeit und Origi-
nalität seinen Intentionen dienstbar zu machen.
Die editio princeps der Bücher „De trinitate" besorgte G. Cribellus, Mai-
land 1489. Daß Scipio Maffei den Text der Ausgabe Coustants einer Revision
unterzog, ist Abs. 1 z. Schi, schon gesagt worden. Die Wiener Hof bibliothek
rühmt sich des Besitzes eines Papyruskodex aus dem 6. Jahrhundert mit
umfangreichen Bruchstücken der sechs ersten Bücher „De trinitate"
8. H. St. Sedlmayer, Das zweite Buch von Hilarius' „De trinitate" im Wiener
Papyrus: Serta Harteliana. Wien 1896, 177—180. Ein Blatt des Kodex mit
—
Stücken von „De trinitate" 4, 16 17 liegt in der Barberinischen Bibliothek
zu Rom s. G. Mercati, Note di letteratura biblica e cristiana antica (Studi e
;
* So übrigens auch schon bei Cassiod., Instit. 1, 16: , Legendi sunt tredecim
libri Beati Hilarii, quos de sancta trinitate, profunda et disertissima nimis oratione,
conscripsit.
''
Hier., De vir. 111. 100. Vgl. Hier., Ep. 5, 2.
380 Spanier und Gallier.
zeugt, und über den ehemaligen Titel ist daher nichts Sicheres be-
kannt*. Über Inhalt und Tendenz aber sowie auch über die Zeit der
Entstehung gibt ein anderes Bruchstück Aufschluß, das erste der so-
gleich zu erwähnenden „Fragmenta ex opere historico", welches von
jeher als das Proömium eines historisch-polemischenWerkes gegolten
hat, als das Proömium des Werkes vom Jahre 356 aber erst von
Marx identifiziert worden ist. Der Verfasser wollte die Geschichte
Mit der Synode zu Arles 353 sollte die Darstellung anheben ', und in
ihrem ganzen Verlaufe sollte sie sich auf authentische Urkunden
stützen. Dieses Proömium muß nach inneren Kriterien 356, kurz
nach der Synode zu Biterrä, von der Hand des Hilarius geschrieben
sein. Im Jahre 357 oder 358 aber ist das Proömium sowohl wie das
zugehörige Werk von Föbadius von Agennum in seinem „Liber contra
Arianos" bereits benützt worden. Außer dem ersten ist auch das
zweite und wahrscheinlich auch das dritte der „Fragmenta ex opere
historico" dem in Rede stehenden Werke zuzuweisen.
berichte der k. Akad. der Wiss. in Wien, Philos.-hist. Kl., Bd 162, Abhandl. 4,
1910; 2. Bischofsnamen und Bischofssitze bei Hilarius, kritische Unter-
suchungen zur kirchlichen Prosopographie und Topographie des 4. Jahr-
hunderts: ebd. Bd 166, Abhandl. 5. 1911.
Einleitungsweise griff sie bis auf die Synode zu Sardika 343 zurück.
'
* der Ausgabe Coustants (Migne 10, 709, in notis) liest man: .Explicit
In
Sancti Hilarii über ex opere historico." In der genannten Pariser Handschrift, bei
§ 26. Hilarius von Poitiers. 5. Polemische Gelegenheitsschriften. 383
Feder, Studien zu Hilaiius von Poitiers 1, 127, fehlt das Wort ^liber". Die ab
und zu laut gewordene Ansicht, die Sammlung enthalte nicht Exzerpte oder Frag-
mente, Überbleibsel verloren gegangener Werke, sondern Materialien und Konzepte,
Vorarbeiten zu einem nicht zum Abschluß gekommenen Werke, dürfte schon diesem
^Explicit" nicht gerecht werden und scheitert vollends an den soeben angedeuteten
Forschungsergebnissen bezüglich des historisch-polemischen Werkes vom Jahre 356.
'
So ist denn auch am Kopf der zweiten Gruppe statt „Incipit liber Sancti Hi-
larii" (Migne 10, 620) mit der Pariser Handschrift (Feder a. a. 0.) vielmehr zu
lesen: , Incipit liber secundus Hilarii." Mit dem Gesagten steht es noch nicht in
Widerspruch, wenn soeben Fragmenta 1 —
3 dem historisch-polemischen Werke vom
Jahre 356 zugewiesen wurden, obwohl 1 —
2 die zweite Gruppe eröffnen, 3 hin-
gegen in der ersten Gruppe steht. Es braucht nicht vorausgesetzt zu werden, daß
die exzerpierten Werke dem Exzerpisten in ihrer ursprünglichen Textform vor-
gelegen haben.
* Die Aufschrift der zweiten Gruppe lautet vollständiger: „Incipit liber Sancti
(oder vielmehr ,liber secundus') Hilarii Pictaviensis provinciae Aquitanae, in quo
sunt omnia quae ostendunt, qua ratione vel quomodo, quibusnam causis, quibus in-
stantibus sub imperatore Constantio factum est Ariminense concilium" etc. Vgl.
Feder a. a. 0. 1, 127 f.
' Ruf., De adulteratione Jibroruoi Ürigenis, Migne, PP. Gr. 17, 628. Vgl Feder,
Studien zu Hilarius von Poitiers 1, 130 f. •
§ 26. Hilarius von Poitiers. 5. Polemische Gelegenheitsschriften. 385
„Ich rufe dir zu, Konstantius, was ich dem Nero gesagt hätte, was
Decius und Maximian von mir hören würden: gegen Gott kämpfest
du, gegen die Kirche wütest du, die Heiligen verfolgst du, die Prediger
Christi hassest du, die Religion vernichtest du".... „Das, falsches
Schaf, ist Jetzt vernimm, reißender Wolf, die Früchte
dein Kleid.
deiner Taten Ich will nur das erwähnen, was in der Kirche geschehen
!
ist, und keiner andern Tyrannei gedenken als der gegen Gott ge-
übten".... Mit einer eindrucksvollen Aufforderung an Konstantius,
' Lib. 2 ad Const. 8: ,Rogo ut praesente synodo, quae nunc de fide litigat,
pauca me de scripturis evangelicis digneris audire."
- C. Const. 2. ' Hier., De vir. ill. 100.
B ar de uheNY er, Gesch. der altkirchl. Literatur. 111. 2b
386 Spanier und Gallier.
Von fremder Hand ist der Schrift , Contra Constantium" ein ,Addita-
nientum ex libris De trinitate" angehängt worden (Migne 10, 603 606) Die —
Annahme, die Schrift habe ihren ursprünglichen Schluß verloren, dürfte un-
begründet sein.
'
Rcinkcns, Hilarius 235. ^ Hier., De vir. ill. 100.
' Hier., De 100; Ep. 70, 5: , Hilarius
vir. ill. brevi . . . libello, quem scripsit
contra Dioscorum medicuui, quid in litteris possit ostendit."
"
lieJi, erfahren wir aus dem Munde des Verbannten selbst^. In dem
Verzeichnisse seiner Schriften bei Hieronymus begegnen noch „non-
nullae ad diverses epistolae" 2. Fortunatus, sein Biograph, versichert,
zu Poitiers werde ein von Hilarius aus dem Exil an seine Tochter
Abra gerichteter und eigenhändig unterzeichneter Brief wie ein Schatz
aufbewahrt ^. Dieser Brief wird echt gewesen sein. Der überlieferte
Brief „ad (Migne 10, 549 552) aber, eine Bitte um un-
Abram filiam" —
geteilte Hingabe an den himmlischen Bräutigam, ist erst auf Grund
und nach Maßgabe der Nachrichten Fortunats von jüngerer Hand
gefertigt worden.
Zu diesem Briefe an Abra a. a. 0. 227 ff. Auch der 1751
s. Reinkens
von J. A. Mingarelli edierte, von
Chr. Trombelli kommentierte Brief oder
J.
Aufsatz in Briefform, bei Migne 10, 733 750, hat mit Hilarius nichts zu —
tun. Morin (Revue Bened. 15, 1898, 97 99) wollte in demselben das —
,Apologeticum'' wiedergefunden haben, durch welches der Spanier Tiberianus
sich gegen den Verdacht des Priszillianismus verteidigte (Hier., De vir. ill.
123), eine Hypothese, die sich schwerlich bewähren dürfte. J. Wittig (bei
M. Sdralek, Kirchengeschichtl. Abhandlungen 4, Breslau 1906, 40 ff) wollte
denselben dem konvertierten Juden Isaak zuweisen.
7. Hymnen. —
Hieronymus bezeichnet Hilarius als den Ver-
fasser eines „Liber *, hymnorum"
Isidor von Sevilla nennt ihn den
ersten hervorragenden Hymnendichter 5, das vierte Konzil zu Toledo
vom Jahre 633 eignet ihm Hymnen „in laudem Dei atque aposto-
lorum et martyrum triumphos" zu^.
Auch zwei anscheinend abseits liegende Äußerungen des Dichters
selbst dürfen in diesem Zusammenhange nicht unbeachtet bleiben. An
einer Psalmenkommentars betont er die pädagogische
Stelle seines
und missionierende Bedeutung des Volksgesangs beim Gottesdienste ^
und an einer von Hieronymus aufbewahrten Stelle, deren Fundort
nicht bekannt ist, klagt er über den Mangel an Gelehrigkeit der
Gallier im Hymnengesang s. Die Folgerung dürfte nicht zu kühn sein,
'
Hil., De syn. 1. ^ m^j.^ pg yjr. iH. loo.
' Fortun., Vita S. Hil. 6. * Hier., De vir. ill. 100.
' Isid. Hispal., De eccles. offic. 1, 6 (Migne, PP. Lat. 83, 743): , Hilarius auteni
Gallus episcopus Pictavicnsis, eloquentia conspicuus, hymnorum carmine floruit primus.
Acta Conc. Tolet. IV cap. 13 (Mansi, SS. Conc. Coli. 10, 622): „Nonnulli
«
danus, Gallus ipse et Pictavis genitus, in hymnorum carmiue Gallos indociles vocet."
25*
;
daß seine Hymnen wenigstens zum Teil von Anfang an dazu bestimmt
waren, vom Volke in der Kirche vorgetragen zu werden. Die Tat-
sache, daß das Altertum vielmehr Ambrosius als den Vater der litur-
gischen Hymnodie im Abendlande betrachtet, läßt sich mit dieser An-
nahme deshalb sehr wohl in Einklang bringen, weil die Bemühungen
des Hilarius um Einführung des Hymnengesangs von geringem Er-
folge begleitet waren. Den ersten Anstoß zur Hymnendichtung aber
mag Hilarius im Exil, als Ohrenzeuge des griechischen Kirchen-
gesangs, empfangen haben der Psalmenkommentar ist, wie bemerkt,
;
Die Strophen beginnen der Reihe nach mit den Buchstaben des Alphabets.
:
Aus der älteren Literatur über die Hymnen des Hilarius seien genannt
B. Hoelscher, De SS. Damasi Papae et Hilarii Episc. Pictaviensis qui feruntur
hymnis sacris (Progr.), Monasterii 1858, 4^ Reinkens, Hilarius von Poitiers
—
309 318. J. Kayser, Beiträge zur Geschichte und Erklärung der ältesten
Kirchenhymnen -, Paderborn 1881, 52—88. —
Ein festeres Fundament erhielt
die Forschung erst durch die Edition Gamurrinis: S. Hilarii Tractatus de
mysteriis et Hymni et S. Silviae Aquitanae Peregrinatio, Romae 1887, 4"*.
Abdrucke oder Neuausgaben der hier zuerst veröffentlichten drei Hymnen
oder Hymnenfragmente bei G. M. Dreves, Das Hymnenbuch des hl. Hilarius
Zeitschr. f. kath. Tbeol. 12, 1888, 358-369; sowie bei Kl. Blume und
G. M. Dreves, Analecta hymnica medii aevi 50, Leipzig 1907, 3 9. Weiteres, —
auch eine neue Textesrezension, bei W. Meyer, Die drei Arezzaner Hymnen
des Hilarius von Poitiers und etwas über Rhythmus: Nachrichten von der
k. Ges. der Wiss. zu Göttingen Philol.-hist. Kl., 1909, 373-433. Der —
Hymnus „Hymnum dicat turba fratrum" auch bei Blume und Dreves, Ana-
lecta hymnica 51, Leipzig 1908, 264 271. —
Gegen die Echtheit desselben
s. Meyer (Das Turiner Bruchstück der ältesten irischen Liturgie) in den ge-
nannten Nachrichten, Philol.-hist. Kl., 1903, 204—208; vgl. ebd. 1909, 423. —
Der Hymnus „Ad caeli clara non sum dignus sidera" ward von neuem heraus-
gegeben durch E. Duemmler, Poetae lat. aevi Carolini (Monum. Germ, bist.)
1, 1881, 147 — 148, sowie durch Card. Pitra, Analecta sacra et profana, Paris,
1888, pars 1, 138 —
141 nach Pitra abgedruckt in der Zeitschr. f. kath.
;
aufgeschickt sind drei Distichen mit einer Widmung „ad Leonem papam". Als
Quelle dient der Beriebt der Genesis. Der biblische Stoff wh-d aber mit
großer Freiheit behandelt und mit schöpferischer Phantasie ausgestaltet, ab
und zu auch eine Reminiszenz aus dem ersten Buche der Metamorphosen
Oyids eingeflochten. Handschriftlich Hilarius von Poitiers zugeeignet, ward
das Gedicht zuerst in der Hilarius-Ausgabe des Miraeus vom Jahre 1544 und
auch noch in dei- Ausgabe Maffeis vom Jahre 1730 (2, 715—720) gedruckt,
bei Migne jedoch (PP. Lat. 50, 1287—1292) unter die Werke des Metro-
390 Spanier und Gallier.
Exkursen wird der Heilige Geist noch nicht direkt Gott genannt
aber als einer aus der Trinität und als Inhaber der göttlichen Natur
dargestellt, mit dem Vater und dem Sohne wesenseins, nicht, wie der
Sohn, aus dem Vater gezeugt, sondern auf unaussprechliche Weise
aus dem Vater durch den Sohn ausgegangen ^ Die ganze Darstellung
erinnert lebhaft an die Pneumatologie Basilius' des Großen. Der Sohn
erhält unzählige Male die Prädikate „Deus et Dominus". Seine
Homousie mit dem Vater sei auf die Zeugung aus der Wesenheit des
Vaters zurückzuführen 2. Denn die mit der Zeugung gegebenen Eigen-
tümlichkeiten der Vaterschaft und der Sohnschaft ließen die Einheit
des Wesens unberührt 3. Die Zeugung aber falle vor aller Zeit, und
der Sohn sei ebenso von Ewigkeit her wie der Vater*.
Gott von Ewigkeit, ist der Sohn im Laufe der Zeit auch Mensch
geworden, und zwar hat er, wie sehr häufig hervorgehoben wird, beide
Wesensbestandteile der menschlichen Natur Leib und Seele an- , ,
'
Vgl. namentlich De trin. 2, 29—35 und 12, 55—57. An der letzteren Stelle
liest „Et mihi quidem parum est hoc, fidei meae ac vocis officio Dominum
man:
et Deum meum unigenitum tuum lesum Christum creaturam negare: huius ego
nominis consortium ne in Sancto quidem Spiritu tuo patiar, ex te profecto et per
eum misso genitum tarnen Spiritum Sanctum non dicturus sim
. . . quod ex te . . .
per eum Sanctus Spiritus tuus est, etsi sensu quidem non percipiam, sed tamen
teneo conscientia." Wie kann man angesichts derartiger Stellen schreiben, „für
eine selbständige Hypostase" scheine Hilarius den Heiligen Geist „nicht zu halten"
(Loofs a. a. 0. 60)? Vgl. Beck, Die Trinitätslehre des hl. Hilarius von Poitiers,
Mainz 1903, 241 ff.
' De trin. 7, 15: ,Quis dubitabit quin indifferentem naturam nativitas con-
sequatur? Hinc enim est sola illa quae vere esse possit aequalitas."
' „Licet paternae nuncupationis proprietas differat, tamen natura
In ps. 138, 17 :
non natus enim a Deo Deus non dissimilis est a gignente substantia."
differt:
* In dem Matthäuskommentare 31, 3 hatte Hilarius sich verleiten lassen, zu
sagen, der Sohn sei schon beim Vater gewesen „ante quam nasceretur". Im
zwölften Buche „De trinitate", als er dem Einwand der Arianer: „Non fuit ante
quam nasceretur", gegenüberstand, hat er um so schärfer betont, daß es keine Zeit
geben könne, zu welcher der Sohn noch nicht geboren gewesen wäre.
' De trin. 10, 19.
''
In ps. 68, 25 : „Ipse enim est et se ex forma Dei inaniens et formam hominis
assumens." De trin. 10, 22: „Ut per se sibi assumpsit ex virgine corpus, ita ex se
sibi animam assumpsit."
'De trin. 10, 18: „caeleste corpus". Die wahre Mutterschaft der Jungfrau
wird damit in keiner AVeise angetastet. Sie „hatzum Wachstum und zur Geburt
392 Spanier und Gallier.
Leidens des Herrn in ein neues Licht rückt es läßt sich aber auch
;
nicht leugnen, daß dieselbe „an der Klippe des Doketismus ziemlich
hart vorübersegelt" ^
Übrigens sind die einschlägigen Äußerungen des Hilarius vielfach
mehrdeutig. Beck glaubt dieselben dahin verstehen zu dürfen, daß
der Leib Christi von Natur aus leidensfähig gewesen sei und zur ge-
gebenen Zeit auch wirklich gelitten habe, ohne daß ein besonderes
Eingreifen des Willens des Herrn vonnöten war. Rauschen hin-
gegen läßt Hilarius lehren, der Leib Christi sei von Haus aus jeder
Schmerzempfindung unzugänglich gewesen, und niemals habe der Herr
irgendwelche Schmerzgefühle in sich zugelassen oder hervorgerufen.
Wertvolle Ausführungen über die Lehranschauungen des Hilarius enthält
die ,Praefatio generalis" der Mauriner-Ausgabe. bei Migne 9, 30 —
126. Neue
Beiträge bei J. B. Wirthraüller, Die Lehre des hl. Hilarius von Poitiers über
die Selbstentäußerung Christi, verteidiget gegen die Entstellungen neuerer
protestantischer Theologen, Regensburg 1865. 8°. H. Lämmer, Coelestis urbs
lerusalem, Freiburg i. Br. 1866, 113—148. Baltzer, Die Theologie des
hl. Hilarius von Poitiers (Progr.), Rottweil 1879, 4". Ders., Die Christologie
des hl. Hilarius von Poitiers (Progr.), Rottweil 1889, 4°. Th. Förster, Zur
Theologie des Hilarius: Theol. Studien u. Kritiken 61, 1888, 645 —
686.
A. Beck, Die Lehre des hl. Hilarius von Poitiers (und Tertullians) über die
Entstehung der Seelen: Philosophisches Jahrbuch lo, 1900, 37 44. Ders., —
Die Trinitätslehre des hl. Hilarius von Poifiers (Forschungen zur christl.
Literatur- und Dogmengeschichte 3, 2 —
3), Mainz 1903. Ders., KirchHche
Studien und Quellen, Amberg 1903, 82—102: „Die Lehre des hl. Hilarius
des Leibes alles das beigetragen, was ihrem Geschlechte von Natur aus zukommt*
(De trin. 10, 16: , Licet ad incrcmenta partumque corporis omne, quod sexus sui
est naturale, contulerit*).
'
Förster in den Theol. Studien u. Kritiken 61, 1888, 662.
:
§ 27. Andere Antiarianer und sonstige Polemiker. 1. Hosius von Corduba. 393
* Die üblich gewordene Schreibweise „Hosius" scheint unter dem Einfluß des
griechischen "Omoq zu stehen, während der Name ursprünglich „Ossius" gelautet hat.
C. H. Turner, Ossius (Hosius) of Cordova: The Journal of Theol. Studies 12, 1911,
275—277.
° Der
lateinische Text der Kanones bei Mansi, SS. Conc. Coli. 6, 1141 1151. —
Der griechische Text, eine gleichzeitig gefertigte Übersetzung des lateinischen
Textes, auch bei Migne, PP. Lat. 8, 1317—1328: „Osii sententiae sive canones
sanctorum et beatorum Patrum, qui Sardicae convenerunt." Im übrigen s. v. Hefele,
Konziliengeschichte 1 «, Freiburg i. Br. 1873, 556—605. Die von .T. Friedrich 1901
verfochtene Hypothese, die Kanones von Sardika seien unecht, ist durch Fr. X. Funk,
C. H. Turner, L. Duchesne u. a. endgültig abgetan worden. Vgl. noch Fr. Loofs.
Zur Synode von Sardica Theol. Studien u. Kritiken 82, 1909, 279—297.
:
mit Wärme
für Athanasius ein und macht dem Kaiser ernste Vor-
stellungen. Aber Konstantins ruhte nicht. Im Jahre 357 ward Hosius,
ein Greis von hundert Jahren, nach Sirmium beschieden, und dort
gelang es, den Stern der Katholiken zu Fall zu bringen. Durch
Drohungen und Mißhandlungen gebrochen, hat Hosius der sog. zweiten
sirmischen Formel, welche den starren Arianismus vertrat und von
Hilarius schlechtweg „blasphemia" genannt wurde, zugestimmt, bald
darauf jedoch, im Angesicht des Todes, seine Zustimmung als durch
Gewalt erpreßt widerrufen und von neuem das Anathem über den
Arianismus gesprochen ^. Nicht lange nach der Rückkehr in die
spanische Heimat, 357 oder 358, hat er seine irdische Laufbahn
beschlossen.
Von einem schriftstellerischen Nachlaß des greisen Dulders war
Hieronymus und Gennadius nichts bekannt. Bei Isidor von Sevilla
aber liest man ad sororem (suam) de laude
über Hosius: „Scripsit
virginitatis epistolam pulchro ac disertocomptam eloquio (composuit-
que et aliud opus de interpretatione vestium sacerdotalium, quae sunt
in veteri testamento, egregio quidem sensu et ingenio elaboratum)." -
Die in Klammern gesetzten Worte sind von späterer Hand ein-
geschoben Die zweitgenannte Schrift handelte vermutlich über die
'^.
' Äthan. , Apol. c: Arianes 89 ; Apol. de fuga sua 5 ; Hist. Arian. 45. Vgl.
Hil, De syn. 3 11 63 87.
^ Isid. Hispal., De vir. ill. 5.
M. Ihm in den Beiträgen zur alten Geschichte und griechisch-römischen Alter-
'
dem alten Bischof von Corduba. Sehr mit Unrecht bemerkt Pitra (a. a. 0.
116), schon Isidorvon Sevilla eigne dem Bischof von Corduba eine Sentenzen-
sammlung zu. Wenn Isidor (a. a. 0.) sagt: Jn
Sardicensi etiam concilio
quamplurimas edidit ipse sententias", so hat er sonder Zweifel die Kanones
der Synode zu Sardika im Auge.
Als Verfasser der zweiten sirmischen Formel vom Jahre 357 gilt meist
Bischof Potamius von Olisipo in Lusitanien, dem heutigen Lissabon, von
welchem die freilich nicht immer zuverlässige Bittschrift der Luziferianer
Faustinus und Marcellinus an die Kaiser vom Jahre 383 oder 384 (ed.
Guenther c. 32 und c. 41) zu berichten weiEt: ,Prinium quidern fidem catho-
licam vindicans, postea vero praemio fundi fiscalis, quem habere concupiverat.
fidem praevaricatus est ... cum ad fundum properat, quem pro impia fidei
subscriptione ab imperatore meruerat impetrare, dans novas poenas linguae,
per quam blasphemaverat, in via moritur, nullos fructus fundi vel visione
percipiens. " Wir besitzen von Potamius noch eine zuerst durch L. d'Achery
1657 herausgegebene, etwa 355 geschriebene „Epistola ad Athanasium'',
welche sich in schwülstigen Wendungen zu dem dogmatischen Standpunkte
des Adressaten bekennt, und zwei Predigten, welche zuerst unter den Pre-
digten Zenos von Verona gedruckt, in der Zeno-Ausgabe der Gebrüder Ballerini,
Verona 1739, aber als Eigentum des Potamius auf die Seite geschoben wurden.
Tn der ersten Predigt, ,De Lazaro", nennt der Verfasser selbst seinen Namen,
indem er sich zuruft: „Age, age, Potami, servus Dei vivi: si aliquid prae-
vales, de laudibus Domini vel pauca narrato" (Migne, PP. Lat. 8, 1414). In
der zweiten Predigt, „De martyrio Isaiae prophetae", waltet dieselbe überaus
derbe und drastische Art und Weise vor. Sie „beschreibt das Durchsägen
des Leibes nicht bloß so, daß man es sehen, sondern es auch hören muß*"
(Gams). Der Text der genannten drei Stücke bei Migne a. a. 0. 8, 1411 bis
1418, ist aus Gallandi, Bibl. vet. Patrum 5, Venet. 1769, 96 —
99, genommen.
Vgl. Schoenemann, Bibl. hist.-lit. Patr. lat. 1, 307—309. P. B. Gams, Die
Kirchengeschichte von Spanien 2, 1, 1864, 315 —
317.
Vgl. Wilmartin den Sitzungsberichten der k. Akad. der Wiss. in Wien, Philos.-hist.
Kl, 159, 1, Wien 1908, 8 A. 2.
^ So schon von Hier., De vir. ill. 108, genannt.
' Von der zweiten sirmischen Formel heißt es c. 1 „Nuper ad nos scripta
:
venerunt", und c. 19: ,Nuper ad nos hanc fidem egregiam miserunt." Nach c. 3
waren Ursacius, Valens und Potamius die Väter dieser „fides egregia". Nach c. 23
hatte Hosius derselben zugestimmt und ward sein Name jetzt als Sturmbock gegen
die Katholiken gerichtet.
396 Spanier und Gallier,
hoffen. Vgl. Wilmart in den Sitzungsberichten der k. Akad. der Wiss. in Wien,
Philos.-hist. KL, Bd 159, Abhandl. 1, 1908: ,La tradition des opuscules dog-
matiques de Foebadius, Gregorius lUiberitanus, Faustinus." Im übrigen s.
Histoire litteraire de la France 1, partie 2, Paris 1733 (nouv. ed. Paris 1865),
—
266 281. J. Dräseke, Phöbadius vor Agennum und seine Schrift gegen die
Arianer: Zeitschr. f. kirchl. Wiss. u. kirchl. Leben 10, 1889, 335—343 391
bis 407 (Darlegung des Gedankengehalts der Schrift und Lebensskizze des
Verfassers). Ders., Zu Phöbadius von Agennum Zeitschr. f. wiss. Theol. 30,
:
1890, 78—98 (Beiträge zur Krit'k des Textes). Ders., Die Schrift des Bi-
schofs Phöbadius von Agennum „Gegen e Arianer", eingeleitet und über-
c.
* Siehe die Nachweise bei Marx in der Theol. Quartalschrift 88, 1906, 392 ff.
Vgl. bezüglich des Hilarius Feder Studien zu Hilarius von Poitiers 1
, Wien ,
1910, 119 f.
* Hil., De syn. 28.
' „Constantissiraus inter eos habebatur noster Foegadius", berichtet der auf den
Ruhm seiner Heimat stolze Aquitanier Sulpicius Severus, Chron. 2, 44, 1. Zu der
Namensform ^Fögadius" vgl. Wilmart a. a. O.
* Hier. a. a. 0.: „Vivit usque hodie decrepita senectute."
§ 27. Andere Aiitiarianer und sonstige Polemiker. 3. Gregor von Eliberis. 397
'
Hier., Chron. (Eus. Chron., ed. Schoene 2, 197).
- Siehe den Brief Eusebs an Gregor bei Migne, PP. Lat. 10, 713 —714.
' Zuletzt herausgegeben von 0. Günther im Corpus Script, eccies. lat. 35, Vindob.
1895—1898, 5-44.
* Hier., De vir. ill.Hier heißt es nach der Ausgabe Vallarsis „Gregorius
105. :
Predigt in der Regel ein „episcopalis tractatus", weil das Predigen zunächst Sache
des Bischofs war. Auch wird nicht behauptet werden dürfen, daß „tractatus" vor-
zugsweise eine Predigt über einen Bibeltext gewesen (^maxime ad Sacrae Scrip-
turae explicationem sermo" Giuliari in seiner Zeno- Ausgabe, 1883, 3; „besonders
:
5, 1900, 145 —
161. Le meme, L'attribution du ,De fide" ä Gregoire d'Elvire:
Revue Bened. 19, 1902, 229—235. A. Wilmart, Les „Tractatus" sur le
Cantique attribues ä Gregoire d'Elvire: Bulletin de litterature eccles. 1906.
—
233 299. P. Lejay, L'heritage de Gregoire d'Elvire: Revue Bened. 25,
1908, 435 —
457. Dagegen legte für Föbadius noch eine Lanze ein A. Durengues,
La question du „De -fide", Agen 1909, 8".
159, 1, 1908, 18 S.
'
Aug., Ep. 148, 10.
Der Urheber des Irrtums ist übrigens sehr wahrscheinlich der Schreiber des
*
von Augustinus benützten Manuskriptes gewesen. Die Schrift war den von Rufinus
ins Lateinische übersetzten Reden des Nazianzeners beigegeben und vielleicht auch
ausdrücklich dem Nazianzener zugeeignet. Vgl. Engelbrecht, Tyrannii Rufini Ora-
tionum Gregorii Naz. novem interpretatio, Vindob. 1910, Proleg. xi ff.
400 Spanier und Gallier.
'
Wilmart in der Revue B^n^d. 26, 1909, 2.
Barde he wer, Gesch. der altkirchl. Literatur. HI.
II 26
402 Spanier und Gallier.
des Traktates lauteten: ,quod post baptismum poenitere non liceat; quod
mortale peccatum ecclesia donare non possit, immo quod ipsa pereat reci-
l)iendo peccatores" (Ep. 3, 1). Der dritte Brief wird es gewesen sein, welchen
Hieronymus als „opusculum contra Novatianos" bezeichnete. Pacianus beschloß
denselben mit dem Versprechen: „Subiungam, cum vacuum erit, et aliam
epistolam, in qua non vestra redarguam, sed nostra proponam" (Ep. 3, 27).
Ein solcher Brief ist nicht erhalten. Eine positive Darlegung der katholischen
Lehre von der BuCse aber enthält die kurze Abhan dlun g „Paraenesis, sive
exhortatorius libellus, ad poenitentiam" (Migne 13, 1081 —
1090). Sie handelt
von den verschiedenen Arten der Sünden und von der für die schweren
Sünden festgesetzten öffentlichen Buße, mahnt mit ernster Stimme diejenigen,
welche aus falscher Scham ihre Sünden nicht bekennen und sakrilegisch
kommunizieren oder zwar aufrichtig beichten, aber die ,,remedia poenitentiae
actusque ipsos exomologesis administrandae" umgehen zu dürfen glauben,
und schildert schließlich die Strafe, welche der Unbußfertigen, und den Lohn,
welcher der Bußfertigen warte (vgl. c. 2). Zu Eingang der ^Paraenesis"
IC. 1) erwähnt der Verfasser eine frühere Schrift, welche „Cervulus" be-
titelt und gegen gewisse heidnische Ausgelassenheiten am Neujahrstage ge-
richtet war (cervulum facere = das Hirschchen spielen; vgl. Thesaurus
linguae latinae s. v. cervulus) , durch ihre drastische Schilderung aber in
gewissen Kreisen die Befürchtung wachrief, die Lektüre möge vielmehr zu dem
verpönten Unfug erst recht anreizen. Dieser , Cervulus", jedenfalls identisch
mit dem „Cervus" bei Hieronymus, ist verloren gegangen. Dagegen besitzen
wir unter Pacians Namen noch eine Predigt, einen „Sermo de baptismo"
—
(Migne 13, 1089 1094), dessen Gedankengang in der Einleitung mit den
Worten skizziert wird „Aperiam igitur quid fuerit ante gentüitas, quid fides
:
praestet, quid baptismus indulgeat" (c. 1). — Pacianus erweist sich als einen
wohlunterrichteten, bibelfesten Theologen, welcher zugleich über eine gewandte
Feder, eine verhältnismäßig reine Sprache und eine feine Ironie verfügt. Die
Liebe zu den Irrenden und die väterliche Sorge um seine Gläubigen lassen ihn
Töne voll Innigkeit und Kraft anschlagen. Als theologische Gewährsmänner
benützt er namentlich Cyprian (vgl. Ep. 1, 3; 2, 7 ;3, 2-1) und Tertullian
(vgl. Ep. 3, 24). Von der Schulzeit her sind ihm einige Reminiszenzen aus
den Klassikern, insbesondere aus Cicero und aus Vergil (vgl. Ep. 2, 4), haften
geblieben.— Die editio princeps der aufgeführten Schriften besorgte J. Tilius
(Jean du Tillet), Bischof von Meaux, Paris 1538, 8°. Verbesserte Abdrucke
bei Gallandi, Bibl. vet. Patrum 7, Venet. 1770, 255—276; bei Migne a. a. 0.
Gams (a. a. 0. 323 f) machte auf zwei in Spanien 1774 und 1786 erschienene
Ausgaben aufmerksam, welche auch Schoenemann, Bibl. hist.-ht. Patr. lat.
1, 361, unbekannt geblieben sind; vgl. G. Pfeilschifter in der Wochenschrift
f. klass. Philologie 1896, 1113. J. van der Vliet schüttete eine Fülle von
Textkonjekturen über die Schriften Pacians aus Mnemosyne N. S. 23, Lugd.
:
Bat. 1895, 187 — 198, und sein Schüler Ph. H. Peyrot veranstaltete eine neue
Ausgabe dieser Schriften, Zwolle 1896, 8" (Utrechter Inauguraldiss), welche
gleichfalls immer wieder den Boden der handschriftlichen Überlieferung ver-
lassen möchte. Vgl. die lehrreiche Rezension von C. Weyman in der Berliner
philol, Wochenschrift 1896, 1057—1062 1104 — 1108. A. Gruber, Studien zu
Pacianus von Barcelona, München 1901, 8" (Inaug.-Diss.). gibt gewissermaßen
eine Fortsetzung der Rezension Weymans. R. Kauer, Studien zu Pacianus.
Wien 1902, 8" (Gymn.-Progr.), handelt eingehend über den rhythmischen
Satzschluß in Pacians Schriften. Kauer bereitet auch eine neue Ausgabe für
das Wiener , Corpus Script, eccles. lat." vor. Die Parallelen bzw. Quellen-
stellen aus Cyprian und Tertullian sind schon in der Ausgabe Peyrots ver-
merkt. Über die Benützung Cyprians vgl. K. Götz, Geschichte der Cypria-
§ 28. Priszillian und seine Gegner. 1. Priszillians Leben und Lehre. 403
26*
404 Spanier und Gallier.
' Babut
a. 0. 113;
a. vgl 253 ff. Paret (Priszillianus, Würzburg 1891) hatte
Priszillian einem bewußten Gegner des Manichäismus gestempelt. Hilgenfeld
zu
hingegen (Zeitschr. f. wiss. Theol. 35, 1902, 1 fF) hatte ihn als einen ausgesprochenen
Manichäer bezeichnet.
* Sulp. Sev., Chron. 2, 47, 2.Statt , Helpidius" (,rhetor Helpidius", Chron. 2,
^6, 2) wird ^Delphidius" zu lesen sein. Vgl. Babut a. a. 0. 49 ff.
Priscill., Liber ad Damasum, bei Schepß, Priscilliani quae supersunt, Vindob.
1889, 35. Wenn freilich Priszillian hier so weit geht, zu sagen, es sei auch kein
Priszillianist auf der Synode angeklagt worden („nemo accusatus"), so gerät er mit
der Behauptung, die Weisung des Papstes sei für die Haltung der Synode maß-
gebend gewesen, in greifbaren Widerspruch.
* Vgl. die Akten der Synode bei Mansi, SS. Conc. Coli. 3, 633-636.
406 Spanier und Gallier.
Martin von Tours warf sich zum Anwalt seiner Person, nicht seiner
Lehre, auf, laut protestierend gegen die Entscheidung eines weltlichen
Richters in Sachen des Glaubens. Doch der reiche Besitz der Pris-
zillianisten stachelte die Habgier des Usurpators. Auf Grund der
Gesetze gegen „maleficium" oder Zauberei ward Priszillian 385 nebst
mehreren Gefährten enthauptet.
Die ältere Literatur über Priszillian darf hier übergangen werden. Ein
umfassendes Verzeichnis derselben gibt G. Schepß in seiner Ausgabe der
Schriften Priszillians vom Jahre 1889, Praef. viii ix. Aus neuerer Zeit —
sind namentlich zu nennen A. Puech im Journal des Savants 1891, 110 ff
243 flf 307 ff (Anzeige der Ausgabe Schepfä'). Fr. Paret, Priszillianus, ein
Keformator des 4. Jahrhunderts. Eine kirchengeschichtl Studie, zugleich ein
Kommentar zu den erhaltenen Schriften Priszillians, Würzburg 1891, 8**.
A. Hilgenfeld, Priszillianus und seine neuentdeckten Schriften: Zeitschr. f.
wiss. Theol. 35, 1892, 1—85 (über und gegen Paret). J. Dierich, Die Quellen
zur Geschichte Priszillians (Inaug.-Diss.), Breslau 1897, 8". E. Edling. Pris-
cillianus och den äldre Priscillianismen 1 (Akademisk Afhandling), Upsala
1902, 8". K. Künstle, Antipriscilkana. Dogmengeschichtl. Untersuchungen
und Texte aus dem Streite gegen Priszillians Irrlehre, Freiburg i. Br. ,1905, 8"*.
E. Ch. Babut, Priscillien et le Priscillianisme (Bibliotheque de l'Ecole des
Hautes Etudes, Sciences historiques et philologiques, fasc. 169), Paris 1909, 8".
Vgl. Babut, Paulin de Nole et Priscillien: Revue d'hist. et de litterature
relig. 15, 1910, 97—130 252—275.
2.Priszillians Schriften. —
Daß Priszillian auch schrift-
stellerisch tätig war, bezeugt Hieronymus mit den Worten: „Edidit
multa opuscula, de quibus ad nos aliqua pervenerunt." Näher ist ^
• Hier., De vir. ill. 121. Die sonstigen Äufserungen des hl. Hieronymus über
Priszillian und den Priszillianismus verzeichnet Babut, Priscillien et le Priscillia-
nisme 25 flf.
'
Krüger (Eine Bitte) in der Zeitschr. f. wiss. Theol. 39, 1896, 172.
* Sulp. Sev., Chron. 2, 46, 3.
' Siehe die Sammlung von Parallelstellen bei Sehepß a. a. 0. 168, im , Index
scriptorum".
408 Spanier und Gallier.
' „Itacius" bei Schepß, Priscilliani quae supersunt 23, 24 ist ohne Zweifel
Bischof Itacius von Ossonuba.
^ Diese Anrede kehrt viermal wieder: Schepß a. a. 0.
3, 6; 12, 20; 14, 5; 33, 7.
^ Ebd.
3, 7
: „Quamvis frequentibus libellis locuti fidem nostram haereticorum
omnium dogmata daninaverimus."
^ Ebd. 40, 19: „Nos tamen, quibus cordi pax erat, accipientes professionem
laicoruni, quam reprobare, quia esset catholica, nou poteramus" etc.
§ 28. Priszillian und seine Gegner. 3. u. 4. Die Würzburger Handschrift. 409
'
, Libellus" nennt sich das Schriftstück selbst: Schepß a. a. 0. 35, 12; 38, 7:
41, 19.
- Ebd. 52, 3 ff. 3 Ebd. 55, 12 ff.
—
410 Spanier und Gallier.
'
Schepß, Prlscilliani quae supersunt 70, 8: ,Omnis scriptura in omne quod
dicitur aut loquitur triformi intellectus opera divisa* etc.
§ 23. Priszillian und seine Gegner. 5. Die ,Canones in epistolas S. Pauli' usf. 411
1909, 255 —
280) glaubt eine erst von ihm entdeckte Abhandlung „De trini-
tate cathoUcae fidei" aus inneren Gründen Priszillian beilegen zu dürfen.
D. de Bruyne (La „Regula consensoria", une regle des moines priscil-
lianistes: Revue Bened. 25, 1908, 83 —
88) wül die kurze „Regula consen-
soria monachorum", d. h. auf gemeinsamen Beschluß einer Mönchsgenossen-
schaft aufgestellte Regel im Anhang der „Werke" Benedikts von Nursia,
—
Migne, PP. Lat. 66, 993 996, galläzischen PriszüHanisten des 5. Jahr-
hunderts zueignen.
onymus (De vir. ill. 122) als hervorragender Dichter dargestellt: „vir valde
eruditus et in metrico opere veteribus comparandus exstant eius ingenii
. . .
—
gewidmet, München 1898. 113 124). Doch scheint Augustinus die „Libra"
nicht selbst gelesen, sondern nur aus Mitteilungen des Spaniers Konsentius,
welchem seine Schrift „Contra mendacium" gewidmet ist, gekannt zu haben
(Babut a. a. 0. 286 ff).
7. Gegner Priszillians. —
Die Schriften der ersten Gegner
Priszillians sind,wie bereits gesagt, dem Untergang anheimgefallen.
Der mehrerwähnte Bischof Hydatius vonEmerita hat der Synode
zu Saragossa 380 ein Regulativ für das christliche Leben unterbreitet,
welches sich gegen die Lebensweise der Priszillianisten gerichtet haben
muß. In Priszillians „Liber ad Damasum" ^ heißt es von demselben:
„Datum nescio quod ab Hydatio ibi commonitorium est, quod velut
agendae vitae poneret disciplinam."
Der gleichfalls wiederholt genannte Bischof Itacius von Os-
sonuba mit dem Beinamen Clarus^ war der Verfasser der Klage-
schrift, gegen welche sich Priszillians „Liber apologeticus" kehrt. Im
Jahre 389 wurde Itacius wegen seiner Mitw^irkung an der Hinrichtung
Priszillians exkommuniziert^ und veröffentlichte nun laut Isidor von
Sevilla „quemdam librum sub apologetici specie, in quo detestanda
^ Schepß, Priscilliani quae supersunt 35, 19. Vgl. Dierich, Die Quellen zur Ge-
schichte Priszillians, Breslau 1897, 9 f.
- Bei Priszillian (Liber apologeticus, Schepß a. a. 0. 23, 24) heißt er „Itacius".
In den Handschriften des Sulpicius Severus (Chron. 2, 47, 3) liest man „Ithacius
Sossubensis episcopus", und „Sossubensis" ist sehr wahrscheinlich zu emendieren in
»Ossonubensis". Prosper aus Aquitanien (Chron., Monum. Germ. hist. Auct. antiquiss.
9, 462) schreibt „Itacius", Isidor von Sevilla (De vir. ill. 15) „Itacius Hispauiarum
episcopus. cognomento et eloquio Clarus".
^ Prosp. Aqu. a. a. 0.
414 Spanier und Gallier.
Näheres über die „Apologie" des Itacius bei Babut a. a. 0. 36 ff. Die
1528 von J. Sichard herausgegebene Sclirift „Contra Varimadum Arianum'
ist 1664 von P. Fr. Chifflet „Contra Marivadum Arianum' betitelt und unter
die Werke des Bischofs Vigilius von Thapsus gestellt worden (Migne, PP.
Lat. 62, 351 —
434). Dieses Vorgehen war willkürlich. Vgl. G. Ficker, Studien
zu Vigilius von Thapsus, Leipzig 1897, 46 ff. Laut der praefatio der Schrift
ist der Verfasser unlängst in Neapel gewesen und hat dort von den Thesen
eines arianischen Diakons Varimadus Kenntnis erhalten. Ausgeschlossen wäre
es nicht, daß Itacius in Neapel geweilt hätte, um so weniger, als er nach
Isidor von Sevilla (De vir. ill. 15) nicht bloß exkommuniziert, sondern auch
ins Exil verwiesen worden und im Exil gestorben ist. Über ein neues hand-
schriftliches Exemplar der Schrift, cod. Paris, lat. 12 217, s. G. Morin in der
Revue Bened. 24, 1905, 270.
Als Antipriszillianisten sind wohl auch die fast nur aus Gennadius
bekannten spanischen Bischöfe Audentius und Olympius, gegen
Ende des 4. oder gegen Anfang des 5. Jahrhunderts, anzusprechen.
Audentius schrieb „adversus Manichaeos et Sabellianos et Arianos
maximeque speciali intentione contra Photinianos, qui nunc Bonosiaci
dicuntur, librum quem praetitulavit De fide adversum haereticos' 2.
Olympius schrieb „librum fidei adversus eos qui naturam et non ar-
bitrium in culpam vocant, ostendens non creatione, sed inoboedientia
insertum naturae malum" ^. Augustinus bringt ein Zitat aus einem
„sermo ecclesiasticus" eines spanischen Bischofs Olympius 3. Die Iden-
tität des Autors ist nicht zu bezweifeln die Identität der Schrift ,
bleibt fraglich.
Aufschrift schon häufig gedruckt sei. Künstle lieferte eine neue Be-
arbeitung. Bischof Syagrius verfaßte laut Gennadius eine spekulativ-
dogmatische Schrift „De fide" i, welche wahrscheinlich gleichfalls den
Priszillianismus bekämpfte. Morin wies dieselbe handschriftlich unter
dem Titel „Regulae definitionum S. Hieronymi contra haereticos" nach.
Künstle hat sie unter dem Titel „Regulae definitionum prolatae a
Syagrio contra haereticos" zum Druck befördert. Die „Septem de
welche Gennadius unter des Syagrius Namen
fide et regulis fidei libri",
vorlagen, sind vermutlich mit sieben unter andern Namen gedruckten
Predigten über das Glaubenssymbol zu identifizieren.
G. Morin, Pastor et Syagrius, deux ecrivains perdus du cinquieme siede:
Revue Bened. 10, 1893, 385—394. Vgl. Morin, Un essai d'autocritique
ebd. 12, 1895, 388. K. Künstle, Antipriscilliana, Freiburg i. Br. 1905, 40
bis 45: „Der ,Libellus in modum symboli' des Bischofs Pastor aus Galläzien."
Derselbe Libellus auch bei Denzinger-Bannwart, Enchiridion Symbolorum '",
Frib. Brisg. 1908, 15 —17. Eine deutsche Übersetzung bei v. Hefele. Kon-
ziliengeschichte* 2, Freiburg i. Br. 1875, 306—308. Künstle a. a. 0. 126
bis 159: „Ein neuentdeckter Bekämpfer des Priszillianismus", nämlich Syagrius.
An die „Regulae definitionum' des Syagrius, bei Künstle 142 159, schließen —
sich in einer Reimser Handschrift saec. XI —
XII sieben Predigten über das
Symbolum an: die „Exhortatio S. Ambrosii episcopi ad neophytos de Sym-
bole ", welche Caspari unter dem Namen Luzifers von Calaris lierausgab
(vgl. unten § 33, 4), imd sechs pseudoaugustinische Sermones: 232, de sancta
Trinitate (Migne, PP. Lat. 39, 2173 f), 113, de verbis apostoli Hebr 1, 3
(Migne 39, 1969—1971), 236—239, de fide catholica, de symbolo 1, 2, 3
(Migne 39, 2181 —
2188). Das werden die sieben Stücke sein, von welchen
Gennadius (a. a. 0. 65) schreibt: „Sub huius Syagrii nomine Septem de fide
et regulis fidei libros praetitulatos inveni, sed quia lingua variantur, non
omnes eius esse credidi," Künstle (a. a. 0. 127 f) glaubt, daß fünf der sieben
Stücke, die „Exhortatio S. Ambrosii" und die pseudoaugustinischen Sermones
—
232 und 237 239, wirklich von Syagrius stammen.
Ebd. 65.
416 Spanier und Gallier.
schreiben Leos d. Gr. an Turibius, Ep. 15, Migne, PP. Lat. 54, 667 692, —
für eine auf den Kanones der Synode von Braga 563 beruhende Fälschung
erklärte und auch den Brief des Turibius an Idacius und Ceponius, bei Migne
—
54, 693 695, derselben Fälscherhand zuwies. Ein Gewaltstreich. Die
Kanones der Sj'nodo von Braga beruhen vielmehr auf dem Schreiben Leos,
und an der Echtheit des genannten Briefes des Turibius zu zweifeln, fehlt
jeder Anlaß. Vgl. F. Piontek (Die katholische Kirche und die häretischen
Apostelgeschicliten) in Sdraleks Kirchengeschichtlichen Abhandlungen 6,
Breslau 1908, 61—63 68—70. Babut a. a. 0. 17 A. 3 32 A. 4; 287—239.
;
1. „Itinerarium Burdigalense." —
„Itinerarium a Burdigala
Hierusalem usque et ab Heraclea per Aulonam et per urbem Romam
Mediolanum usque" betitelt sich eine ebenso genaue und einläßliche
wie dürre und trockene Übersicht einer Pilgerreise von Bordeaux nach
Jerusalem und zurück über Rom nach Mailand, das älteste Palästina-
Pilgerbuch des Abendlandes. Der Verfasser ist unbekannt. Seine
Heimat wird in Bordeaux zu suchen sein, von wo er aufgebrochen.
Ende Mai des Jahres 333 hatte er Konstantinopel erreicht, und nachdem
er das Heilige Land durchzogen, ist er in den letzten Dgzerabertagen
des nämlichen Jahres wieder nach Konstantinopel zurückgekehrt. Er
verzeichnet sämtliche Poststationen (mutationes) und Herbergen (man-
siones), nebst Angabe der jedesmaligen Entfernung, sowie die Grenz-
orte der verschiedenen Provinzen. Nur die Reise durch Palästina
wird etwas ausführlicher geschildert. Doch handelt es sich auch hier
weit mehr um eine Registrierung der wichtigsten Sehenswürdigkeiten
als um eine konkrete Reisebeschreibung.
'
Gamurrini, S. Hilarii Tractatus de mysteriis et Hymni et S. Silviäe Aquitanae
Peregrinatio ad loca sancta, Romae 1887.
- De Bruyne in der Revue Bened. 26, 1909, 481 ff.
' Die Evatochter verrät sich schon in dem Selbstbekenntnisse: „Ut sum satis
curiosa" (Peregr. 16, 3).
* Peregr.
17, 1 ,Cum iam tres anni pleni esseut, a quo in lerosolimam ve-
:
meum, cum haec ad vestram affectionem darem" etc. Dann 24, 1 „Ut autem :
sciret affectio vestra, quae operatio singulis diebus cotidie in locis sanctis habeatur,
certas vos facere debui" etc. Über das, was sie auf dem Wege von Konstantinopel
Bardenhewer, Gesch. der altkiichl. Literatur. IH. 27
418 Spanier und Gallier.
Dieser Anhang ist eine schlechthin einzigartige Quelle für die Ge-
schichte der Liturgie. Der regelmäßige werktägliche und sonntägliche
Gottesdienst Jerusalems
und die außerordentlichen Feiern seines
Kirchenjahres werden vorgeführt, und zwar von einer Teilnehmerin,
welche mit gespanntester Aufmerksamkeit, nicht selten mit innerster
Ergriffenheit, die heiligen Handlungen bis in alle Einzelheiten und
Nebenumstände verfolgt Ihre Aufzeichnungen hftben bereits eine
hat.
kleine Spezialliteratur hervorgerufen, „und in noch glänzenderer Be-
leuchtung wird deren Wert stehen, wenn einschlägige Forschung erst
einmal, was bisher bedauerlicherweise versäumt wurde, ihnen durch
konsequente Heranziehung des späteren und gegenwärtigen liturgischen
Brauches der griechischen Kirche volles Leben verleiht" i. Aber auch
der Reisebericht hat viel Anziehendes. Ein heller Blick und viel-
gestaltiges Interesse zeichnen die mutige Pilgerin aus und machen
sie, vereint mit tiefer Frömmigkeit, zu einer überaus sympathischen
in die Heimat noch zu sehen hofft, sagt sie 23, 10: ,Aut ipsa praesens vestrae . . .
mart für „Egeria" ß. Daß aber, wie Ferotin weiter folgerte, die
Trägerin des Namens .eine Spanierin oder Galläzierin gewesen, ist aus
'Vgl. c. 7, 4; 9, 3.
' Vgl. c. „Perveni ad fluviurn Eufraten, de quo satis bene scriptum est
18, 2:
esse flumen magnum Eufraten et ingens, et quasi terribilis est; ita enim decurrit
habens impetum, sicut habet fluvius Rodanus, nisi quod adhuc maior est Eufrates."
• Siehe
den Text bei Butler, The Lausiac History of Palladius 2, 148; vgl. die
Noten Butlers 1, 296 und 2, 229 f.
* In der Revue des qnestions bist, 74, 1903, 367 ff.
ed. Garcia 398). Gegen A. Wilmart, Egeria: Revue Bened. 28, 1911, 68—75,
8. Garcia, Egeria ou Aetheria? Analecta Bolland. 30, 1911, 444-447. Gegen Garcia
8. Wilmart, Encore Egeria: Revue B^n^d. 29, 1912, 91-96.
420 Spanier und Gallier.
den Worten des Abtes nicht zu erschlieläen und ist mit der erwähnten
Stelle der Keisebesehreibung über den Euphrat und die Rhone kaum
in Einklang zu bringen.
—
Die Datierung der Reise auf die Jahre 385 388, wie Gamurrini
sie vorschlug, ist von vielen späteren Forschern festgehalten worden.
Andere glaubten um ein Jahrzehnt weiter hinabgehen zu mü.ssen.
weil die Reisende zu Edessa, allerdings als Neubau, bereits die Grabes-
kirche des Apostels Thomas gesehen hat^, welche nach syrischen
Quellen im Jahre 394 vollendet worden ist 2. Meister jedoch ver-
setzte „Actheria" aus dem 4. in das 6. Jahrhundert^. Nach 533,
aber vor 540 habe sie Jerusalem verlassen, um auf einem Umwege
in ihre südgallische Heimat zurückzukehren. Schlagend sei insbesondere
die Tatsache, daß sie des achtwöchigen Osterfastens der Kirchen
Jerusalems gedenke *, einer Sitte, welche erst nach 533 zu Jerusalem
Eingang gefunden habe. Aber diese Sitte ist, wie Weigand und
Baumstark zeigten, schon im 4, Jahrhundert zu Jerusalem nach-
zuweisen, und auch die Angaben der Pilgerin über den Festkalender
der Kirchen Jerusalems, über die klösterliche Besiedelung des Sinai
und anderes dürften in keiner Weise über das 4. Jahrhundert hinaus-
greifen. Weigand und Baumstark setzen die „Peregrinatio" in den
Ausgang des 4. Jahrhunderts.
Tractatus de rnysteriis et Hymni et S. Silviae Aquitanae Pere-
S. Hilarii
grinatio ad loca sancta. Quae inedita ex codice Arretino deprompsit
J. F. Gamurrini. Accedit Petri Diaconi Liber de locis sanctis, Roniae 1887, 4°.
Die Schrift des Petrus Diakonus vom Jahre 1137 ist beigegeben worden,
weil er die ,Peregrinatio ad loca sancta" stillschweigend benützt hat. Eine
zweite berichtigte Ausgabe der „Peregrinatio" allein von der Hand Garaur-
rinis erschien in den Studi e Documenti di Storia e Diritto 9, 1888, 97 — 174,
sowie auch separat, Rom 1888, 4°. Weitere Ausgaben veranstalteten J. Pom-
jalowskij, St Petersburg 1889, 4«; J. H. Bernard, London 1891 (Palestine
Pilgrims* Text Society); P. Geyer, Wien 1898 (Itinera Hierosol>Tnitana
saecuh IV— VIII, 35—101); E. A. Bechtel, Chicago 1902 (Studies in classical
philology 4); AV. Heraeus, Heidelberg 1908 (Sammlung vulgärlateinischer
Texte, herausgegeben von W. Heraeus und H. Morf, 1). Dazu D. de Bruyne,
Nouveaux Fragments de l'Itinerarium Eucheriae: Revue Bened. 26, 1909,
—
481 484. — Die älteste Literatur zu der ^Peregrinatio", Abhandlungen aus
den Jahren 1887—1889, von Th. Mommsen, E. Wölfflin, C. Weyman,
L. de Saint Aignan u. a., ist aufgeführt bei Röhricht, Bibliotheca geographica
Palaestinae, Berlin 1890, 5f 663. Die Literatur aus den Jahren 1895 — 1904
—
und 1905 1909 bei P. Thomsen, Systematische Bibliographie der Palästina-
Literatur 1, Leipzig 1908, 64 f, bzw. Thomsen, Die Palästina-Literatur 2,
>
Vgl. c. 19, 2: „Ubi (nämlich nach Edessa) cum pervenissemus, statim per-
reximus ad ccclesiam et ad martyrium sancti Tliomae."
-
Vgl. Baumstark (Vorjustinianische kirchliche Bauten in Edessa) im Oriens
Christianus 4, 1904, 172 f.
* Meister im Rhein. Museum 64, 1909, 341 S.
* Vgl. c. 27, 1 „Sicut apud nos quadragesimae ante pascha attenduntur, ita
:
Gennad. a. a. 0. De Prato (Sulp. Severi opera 1, Veronas 1741, lxv flfj hat
=•
die Nachricht des Gennadius aus dem bezeichneten Grunde wenigstens in Zweifel
gezogen, ohne jedoch vielen Anklang zu finden.
422 Spanier und Gallier.
'
Diese Angabe des Gennadius hat schon Abt Guibert von Gembloux, gest.
nach 1212, in einer eigenen ,Apologia pro Sulpicio Severo" (ein Stück derselben
bei Migne, PP. Lat. 20, 92—94) bekämpft. Aber Guibert hielt Sulpicius Severus
fälschlich für den Erzbischof Sulpicius von Bourges, gest. 591. Vgl. H. Delehaye
(Guiberti Gemblacensis Epistula de S. Martino) in den Analecta Bolland. 7, 1888,
274 f. Dcrs. (Guibert, abb^ de Florennes et de Gembloux) »n der Revue des questions
bist. 46, 1889, 90.
-Mit Rücksicht auf den Inhalt, aber im Widerspruch mit der Überlieferung
(vgl. Gennad. a. a. 0.), ist das Werk von früheren Herausgebern „Historia sacra'
überschrieben worden.
'
Chron. 1. 1, 1. * Ebd. 2, 27. 3.
' Ebd. 2, 9, 7 ,Omne enim tenipus in Stiliconem consulem direxi." Vgl. 2. 27. 5.
:
Historiker" zu Rate gezogen ^ vor allem die Chronik des Eusebius, von
welcher er sich mehrere Exemplare verschafft hatte, um die Fehler
der Abschreiber besonders in den Zahlen kontrollieren zu können 2,
aber auch entlegenere chronologische Hilfsmittel, wie ein anonymes
Verzeichnis der Regierungsjahre babylonischer Könige, welches er als
vorzüglich ergiebig ausdrücklich namhaft macht ^. Der kirchen-
geschichtliche Bericht beschränkt sich auf Tatsächliches unter Aus-
schaltung des Dogmatischen, Die Lehre der Arianer wird mit einem
einzigen Satze gekennzeichnet, der zudem wörtlich aus Hilarius ab-
geschrieben ist *. Wertvoll ist der Abschnitt über die priszillianistischen
Wirren, welche die Zeit und die Heimat des Verfassers selbst be-
wegten und deshalb eine verhältnismäßig ausführliche Behandlung
erfahren. Besondern Fleiß hat Sulpicius, dem Zweck des Buches
entsprechend, auf seinen Ausdruck verwandt. Auch den sprödesten
Stoff hat er in eine sehr fließende und ansprechende Form gegossen,
die Satzungei des Pentateuchs mit einer nur dem Fachjuristen er-
reichbaren Sicherheit in die elegante Kunstsprache des römischen
Forums übertragen 0, mit hervorragendem Geschick seinen ganzen Stil
den anerkanntesten römischen Historikern, insbesondere Sallust und
Tacitus, wie Bernays treffend sagte, „abgelauscht". Jene Blüte
rhetorischer Bildung, wie sie Aquitanien in der zweiten Hälfte des
4. Jahrhunderts auszeichnete, sollte aber bald durch den Einfall bar-
barischer Völkerhorden für immer geknickt werden. Die kommenden
Geschlechter haben an unserer Chronik so wenig Geschmack gefunden,
daß dem zweiten Jahrtausend nur noch eine einzige Abschrift erhalten
blieb. Erst in neuerer Zeit ist das Buch wieder ein beliebtes Schul-
buch geworden ^.
Gesamtausgaben der Schriften des Sulpicius besorgten namentlich
Viktor Giselinus, Antwerpen 1574, 8"; Hieronyraus de Prato, Verona 1741 bis
1754, 2 Bde, 4°; C. Halm, Wien 1866 (Corpus script. eccies. lat. 1). Vgl.
J. Fürtner, Textkritische Bemerkungen zu Sulpicius Severus (Progr.), Lands-
hut 1885, 8°, Migne, PP, Lat. 20, 95—248, bietet den Text der Ausgabe
de Pratos, hat aber die praefationes, dissertationes, observationes dieser Aus-
gabe unterdrückt.
Über das Leben des Sulpicius handelt de Prato zu Eingang des ersten
—
Bandes seiner Ausgabe, lv lxxxii. Dazu F. Mouret, Sulpice Severe ä Pri-
muliac, Paris 1907, 8" (mit zahlreichen Tafeln und Textbildern). E. Ch. Babut,
Paulin de Nole, Sulpice Severe, St Martin. Recherches de Chronologie: An-
nales du Midi 20, 1908, 18—44.
Die Chronik ist zuerst unter dem Titel , Sacra historia" von Flacius
Ulyricus herausgegeben worden, Basel 1556, 8°, und zwar auf Grund der
einzigen noch bekannten Handschrift, eines cod. quondam Palatinus, nunc
Vaticanus num. 824 saec. XL Fr. Dübner liefs 1851 zu Paris eine „edition
'
,Hi8torici mundiales", ebd. 1, 1, 4; 2, 14, 6.
' Ebd. 2, 9, 8. ' Ebd, 2, 5, 7, " Ebd. 2, 35, 3,
* Vgl. darüber Bernays a. a. 0. 2, 132 flf. « Ebd. 2, 191 ff.
424 Spanier und Gallier.
classique" der ,Historia sacra** erscheinen. Eine neue Ausgabe nebst fran-
zösischer Übersetzung und fast allzu weitschweiligem Kommentar lieferte
A. Lavertujon La Chronique de Sulpice Severe. Texte critique, traductioii
:
—
Museum f. Philologie 1(), 1801, 317 320; mit Nachträgen wieder abgedruckt
in den Gesammelten Abhandlungen 2, 201 205. —
H. Goelzer, Grammaticae
in Sulpicium Severum observationes, potissimum ad vulgarem latinum ser-
monem pertinentes (Thesis inaug.), Paris. 1883, 8°. J. Schell, De Sulpicio
Severe Sallustianae, Livianae, Taciteae elocutionis imitatore (Diss. inaug.),
Monasterii Guestf. 1892, 8°. —
Fälschlich trägt den Namen des Sulpicius
Severus eine Chronik gallischer Herkunft, welche mit dem Jahre 511 ab-
schließt und bis zum Jahre 378 hauptsächlich auf der Chronik des Hier-
onymus beruht. Sie ward zuerst 1749 von H. Florez unter dem hand-
schriftlichen Titel ,Epitoma chronicorum Severi cognomento Sulpicii", zuletzt
unter dem Titel „Chronica a. 511" von Th. Mommsen in den Monum. Germ,
hist Auct. antiquiss. 9, Berol. 1892, 615 if, herausgegeben. Vgl 0. Holder-
Egger, Über die Weltchronik des sog. Severus Sulpitius und südgallische
Annalen des 5. Jahrhunderts (Inaug. -Diss.), Göttingen 1875, 8".
4. Die angebliche Chronik des Dexter. —
Der praefectus pi'ae-
torio Dexter, ein Sohn des früher erwähnten Bischofs Pacianus von Barce-
lona, hat sich dadurch koin geringes Verdienst um die altkirchliche Literatui-
geschichte erworben, dafä er Hieronymus zur Abfassung seines Schriftsteller-
kataloges anregte (Hier., De vir. ill. prol.
C. Ruf. 2, 23). Gegen Ende dieses
;
' Vgl. auch den Verweis auf die „Vita" und die später publizierte ,Epistola
ad Eusebium" in dem Dialogus 1 b, 9, 5.
Siehe Dial.
'*
1 a. 23.
^ Gennadius (De vir. ill. 19) und auch die besten Handschriften kennen nur
zwei Dialoge.
* Daß der zweite Dialog erst nach Veröffentlichung des ersten geschrieben
worden ist, zeigt die Stelle Dial. 2, 5, 6.
* Über den Siegeszug der „Vita S. Martini" s. Dial. 1 a, 23. Postumianus be-
richtet hier dem Verfasser: , Primus eum (sc. librum de vita S. Martini) Romanae
ui'bi vir studiosissimus tui Paulinus invexit deinde cum tota certatim urbe rape-
:
retur, exultantes librarios vidi, quod nihil ab his quaestuosius haberetur. siquidem
nihil illo promptius, nihil carius venderetur."
« Dial. 1 a, 26, 4. Vgl. Dial. 2, 5, 4.
'
Vita S. Martini 19, 5.
426 Spanier und Gallier.
'
Und
sogar recht profane Reminiszenzen nicht verschmäht. Vgl. Vita S. Mar-
tini 26, si ipse, ut aiunt, ab infcris Homerus emergeret, posset exponere.*"
3: ..Non
* Dial.
2, 5, 6: ,Dialogi speciem, quo ad levandum fastidium lectio variaretur,
assumpsimus.''
^ Ebert, Allg. Gesch. der Literatur des Mittelalters im Abendlande 1 -. Leipzig
1889. 336.
* Vgl. Gennad. a. a. 0.: „Epistolas ad amorem Dei et contemptuni mundi
hortatorias scripsit sorori suae multas, quae et notae sunt. Scripsit et ad supra-
dictum Paulinum Nolanum duas et ad alios alias, sed quia in aliquibus etiam fami-
liaris necessitas inserta est, non digeruntur." — Aus den Briefen Paulins von Nola
ist zu ersehen, daß Sulpicius mindestens elf Briefe an Paulinus geschrieben hat.
Siehe Reinelt, Studien über die Briefe des hl. Paulinus von Nola, Breslau 1904, 57 f.
Vgl. auch .1. Brechet, La correspondance de St Paulin de Nole et de Sulpice Severe.
Paris 1906, 8».
=•
In Halms Ausgabe 217—256.
§ 29. Wallfahrtsbericlite, Chroniken, Biographien. 6. Eine Autobiographie. 427
rechnet werden können. Aber diese zwei sowohl wie die fünf folgenden,
sehr kurzen und auch sachlich unbedeutenden Briefe treten anerkannter-
maßen sprachlich und stilistisch zu den sonstigen Schriften des Sul-
picius in Gegensatz. Überdies wird der zweite, „ad Claudiam sororem
de virginitate", handschriftlich auch Athanasius und Hieronymus zu-
geeignet. Wahrscheinlich sind alle sieben in Bausch und Bogen als
unecht zu bezeichnen ^
Die Martinus-Schriften, die „Vita", die drei Briefe und die zwei Dialoge,
in ungezählten Handschriften erhalten, sind schon im 15. Jahrhundert zum
Druck befördert worden. Ein langes Verzeichnis von Ausgaben bei Schoene-
mann, Bibl. hist.-lit. Patr. lat. 2, 376 ff sowie in der Bibliotheca Hagio-
,
graphica Latina der Bollandisten 2, 1900—1901, 823 ff. Halms Ausgabe vom
Jahre 1866 fußt vornehmlich auf einem cod. Veronensis saec. VII, einem cod.
quondam Frisingensis, nunc Monacensis saec. X und einem cod. quondam
Augustanus, nunc Monacensis saec. XI. Näheres über die Handschriften im
allgemeinen bei E. Ch. Babut, Sur trois lignes inedites de Sulpice Severe:
Le Moyen Age 19, 1906, 205—213. Auf Grund des berühmten „Buches von
Armagh" (Dublin, Trir\ity College) hat Babut hier den Text Halms an zwei
Stellen, Ep. 1. 3 und Dial. 2, 18, 2, berichtigt oder ergänzt. Eine „edition —
classique" der Martinus-Schriften von Fr. Dübner erschien Paris 1859 und
wiederum, „revue d'apres l'edition Halm de 1866" (durch P. Lejay), Paris
1890. Eine deutsche Übersetzung lieferte A. Bierin ger, Kempten 1872 (Biblio-
thek der Kirchenväter). Eine französische Übersetzung der „Vita S. Martini"
besorgte R. Viot, 2. Aufl. Tours 1893, 8». —
Zur Würdigung der Martinus-
Schriften vgl. J. H. Reinkens, Martin von Tours, der wundertätige Mönch
und Bischof, Breslau 1866, 258-274. C. A. BernouUi, Die Heiligen der
—
Merowinger, Tübingen 1900, 6 35. Fr. Kemper, De Vitarum Cypriani,
Martini Turonensis, Ambrosii, Augustini rationibus (Diss. inaug.), Monast.
Guestf 1904, 8". E. Ch. Babut, St Martin de Tours: Revue d'hist. et de
litt. rel. 16, 1911, 44 ff 160 ff 255 ff 431 ff. Zur Geschichte der Schriften
vgl. M. Manitius, Zur Geschichte von Sulpicius' Schriften über S. Martinus
im Mittelalter: Neues Archiv der Gesellsch. f. ältere deutsche Geschichts-
—
kunde 14, 1889, 165 170; Zur Benutzung des Sulpicius Severus im Mittel-
alter: ebd. 15, 1890, 194 196.—
Die „Carmina Sulpicio Severo tributa", bei Migne, PP. Lat. 74, 671 674, —
hauptsächlich Inschriften für eine Martinus - Basilika sind durchaus un-
—
,
beglaubigt. Rauschen (Jahrbb. der christl. Kirche unter dem Kaiser Theo-
dosius d. Gr., Freiburg i. Br. 1897, 463) hat aus Äußerungen Paulins von
Nola (Ep. 1, 4 6) gefolgert, Sulpicius habe eine Apologie des Mönchtums
gegen Ungläubige geschrieben. Zwingend ist die Folgerung nicht, weil nur
von einer Rechtfertigung des Mönchslebens gesprochen wird, nicht von einei'
zu diesem Ende verfaßten Schrift. Vgl. Paul. Nol., Ep. 1, 4: „Laboras, ut
scribis, rationem pro meo ac tuo facto reddere" etc.; Ep. 1, 6: „Rationem
quaeris reddere hominibus et his infidelibus" etc.
6. Eine Autobiographie. —
Der Spanier Acilius Severus, ein
Verwandter jenes Severus, welchem Laktantius zwei Bücher Briefe widmete
(vgl. Bd 2, S. 491), gestorben unter Kaiser Valentinian I. (864—375), hat
teils in Prosa teils in Versen seinen eigenen Lebenslauf in Form einer Reise-
§ 30. Dichtungen.
(1. Landes Domini. " 2. Juvencus. 3. Cyprian aus Gallien. 4. ,De Sodoma* und
,.
1. „Laudes Domini." —
Dem Anfang des 4. Jahrhunderts ent-
stammt ein Gedicht von 148 Hexametern mit der Aufschrift , Laudes
Domini cum miraculo quod accidit in Aeduico". Im Lande der Äduer
oder in Gallia Lugdunensis hatte sich ein eigentümliches Wunder er-
eignet. Als ein frommer Witwer ins Grab neben seine Frau gebettet
wurde, streckte die längst Verstorbene ihm die linke Hand zum Grufs
entgegen. Dieses Wunder, welches als Zeichen der Nähe des Endes
der Welt gedeutet wurde, gibt dem Dichter Anlaß, Christus, den
Schöpfer der Welt und Erlöser der Menschheit, zu feiern und zum
Schluß, in den sechs letzten Versen, Sieg und Heil für Kaiser Kon-
stantin und sein Haus zu erflehen. Die Sprache, reich durchsetzt mit
Anklängen an Vergil ^, ist meist klar und verständlich, aber auch
nüchtern und trocken. Der Vers ist fast überraschend rein und
korrekt. Der Gedankengang weist hin und wieder Sprünge auf 2,
Aus den letzten Versen und ihren Andeutungen über Konstantin und
seine Familie hat der neueste Herausgeber, Brandes, wohl mit
Recht den Schluß gezogen, daß die Abfassung des Gedichtes nach 316
und vor 323 erfolgt sein muß. Der Verfasser gibt sich zu Eingang,
in der Erzählung des Wunders, unzweideutig als einen gebornen und
auf seine Heimat stolzen Äduer zu erkennen. Nach der ansprechenden
Vermutung des genannten Herausgebers ist er vielleicht ein Rhetor
oder Rhetorenzögling an der Schule zu Augustodunum oder, "wie die
Stadt sich seit 311 zu Ehren Konstantins zu nennen pflegte, Flavia
Aeduorum, dem heutigen Autun, gewesen.
Die einzige Handschrift des Gedichtes ist cod. Parisinus 7558 saec. IX.
Gedruckt ward dasselbe zuerst 1560 zu Paris, in Verbindimg mit der auch
nur durch den bezeichneten Kodex erhaltenen „Alethia" des Rhetors Claudius
Marius Viktor. Migne gibt PP. Lat. 61 1091 - 1094, einen Abdruck der
,
' Vgl. den Apparat der Textausgabe von Brandes, Braunschweig 1887.
*Weshalb Brandes a. a. 0. 15 ff mehrfache spätere Interpolation des über-
lieferten Textes annehmen wollt«.Gegen diese Annahme wandte sich Peiper iu der
Zeitachr. f. die Österreich. Gymnasien 41, 1890, 106 ff.
—
Ausgabe von G. Fabricius, Basel J.JG4, und ebd. 19. 379 -jSG, einen Ab-
druck der Ausgabe von F. Arevalo, Rom 1792. Maßgebend ist jetzt die
Ausgabe von "W. Brandes, Über das frühchristliche Gedicht „Landes Domini"
(^Progr.), Braunschweig 1887, 4°. Außer einer neuen Rezension bietet Brandes
eine allseitige und gründliche Beleuchtung des Textes. Vgl. noch R. Peiper,
Bemerkungen zu dem frühchristlichen Gedichte Laudes Domini: Zeitschr. f.
die Österreich. Gymnasien 41, 1890, lOG 109. —
M. Manitius Gesch. der ,
250 f). Vgl. zu dieser Deutung der Magiergeschenke Bardenhewer, Der Name Maria,
Freiburg l Br. 1895, 42 ff.
* Siehe 4, 806 ff: ,Haec mihi pax Christi tribuit, pax haec mihi saecli, |
quam
fovet indulgens terrae regnator apertae j
Constantlnus, adest cui gratis digna me-
renti" etc. Zur Erklärung dieser Verse vgl. Brandes a.a. 0. 21.
' Eine Zusammenstellung der handschriftlichen Zeugnisse in der Ausgabe
Huemers, Wien 1891, Proleg. v.
430 Spanier und Gallier.
* Daß die Vierteilung auf den Verfasser selbst zurückgeht, darf nicht bezweifelt
werden, weil sie schon durch Hieronymus (De vir. ill. 84j bezeugt ist.
2 Nach Marold (Zeitschr. f. wiss. Theol. 33 1890 329 ffj stehen von den
, ,
erhaltenen Italakodizes der „Vercellensis* (a), der „Corbeiensis I" (fif') und der
„Claromontanus" (h) der Vorlage des Juvencus besonders nahe. Nestler (Studien
über die Messiade des Juvencus, Passau 1910, 29) fügt noch den ^Veronensis" (b),
den ,Corbeiensis 11" (ff'') und den „Sangermanensis I" (g') hinzu, gleichfalls Ver-
treter der Textforni, welche die Italaforscher die europäische Form nennen.
^ Über die Benützung des griechischen Originals s. Widmann, De Gaio Vettio
Aquilino luvenco, Vratisl. 1905, 2 ff. Nestler a. a. 0. 20 ff. Daß außer dem Evan-
gelientexte auch Evangelienkommentare oder Evangelienharmonien benützt worden
seien, läßt sich nicht erweisen. Vgl. Nestler a. a. 0. 31 ff.
* Vgl. die Worte des Epilogs (4, 804 f) : „Versibus ut nostris divinae gloria
legis ornamenta libens caperet terrestria linguae."
I
'
In Ausgabe Huemers sind die Quellenstellen unter dem Texte angemerkt.
dei-
^ Komposita .altithronus", ,auricoloi"', „flammicomans". „flammipes".
Z. B. die
.ttammivomus". Die Belege in dem ^Index verborum et locutionum' Huemers.
* Vgl. Ebert, Allg. Gesch. der Literatur des Mittelalters im Abendlande 1 -, 115 f.
J. Huemer, Wien 1891 (Corpus script. eccles. lat. 24). Arevalos Ausgabe
ist bei Migne, PP. Lat. 19, 53—346, abgedruckt. —
M. Petschenig, Zur
Latinität des Juvencus: Archiv f. latein. Lexikogr. u. Gramm. 6, 1889, 267 f.
J. T. Hatfield, A Study of Juvencus (A diss, inaug.), Bonn 1890, 8" (gram-
matische und metrische Untersuchungen). K. Marold, Über das Evangelien-
buch des Juvencus in seinem Verhältnis zum Bibeltext: Zeitschr. f. wiss.
Theol. 33, 1890, 329—341. H. Widmann, De Gaio Vettio Aquilino luvenco
carminis evangelici poeta et Vergili imitatore (Diss. inaug.) Vratislaviae
,
in der Tat für den Geschmack der Zeit viel Anziehendes gehabt haben.
Vermutlich hat das Werk den Zwecken des Schulunterrichtes dienen
wollen.
Der geschichtliche Standort desselben ist, wie schon angedeutet,
bestritten.Daß nicht Cyprian von Karthago und auch nicht Juvencus
der Verfasser sein kann, ist jetzt allgemein anerkannt, alles weitere
* Vgl. das Verzeichnis der ^auctores" und „imitatores" ebd. 275 ff.
^
Vgl! etwa Gen. v. 30: „Tpse tarnen sancta dignatus ducere dextra" ; oder
Gen. V. 1453: „Digna suis magnumque duci dat ferre talentum." Nälieres bei
Stutzenberger a. a. 0. 26 ff.
Barden hewer, Gesch. der altkirchl. Literatur. HI. 28
434 Spanier und Gallier.
Die von G. Morelius 1560 und wiederum 1564 nach einem cod. Parisinus,
olim Victorianus, sae'c. XIII herausgegebenen 165 Verse über den Anfang der
Genesis finden sich auch in der Tertullian-Ausgabe Oehlers 2, Leipzig 1854,
774—776, und in der Cyprian-Ausgabe Harteis 3, Wien 1871, 283 288. —
Die inzwischen erfolgten Veröffentlichungen Martenes und Pitras waren
Oehler und Hartel entgangen. Di« ganze Bearbeitung der Genesis (mit Aus-
—
nahme der Verse 325 378), wie sie E. Martene 1733 aus einem cod. Pari-
sinus, olim Corbeiensis, saec. IX ans Licht zog, ward wiederholt in der Ju-
vencus- Ausgabe Arevalos, Rom 1792, und ist nach dieser Ausgabe abgedruckt
bei Migne, PP. Lat. 19, 345—380. J. B. Pitra (Spicilegium Solesmense 1,
Paris. 1852, 171- 258) hat aus zwei codd. Laudunenses saec. IX und einem
cod. Cantabrigiensis saec. XI (jene Lücke der Genesis ausgefüllt und) die
Bücher Exodus und Josue nebst Stücken von Levitikus, Numeri und Deutero-
nomium veröffentlicht. Später (Analecta säcra et classica, Paris. 1888, pars 1,
181 — 207) hat Pitra das Buch der Richter sowie Ergänzungen zu Levitikus,
Numeri und Deuteronomium aus denselben Handschriften nachgetragen. Eine
dankenswerte Vorarbeit zu einer neuen Ausgabe —
Pitra war überaus nach-
'
Peiper a. a. 0., Prooem. xxiv ff. Im vollsten Einverständnis mit Peiper be-
findet sich Manitius, Gesch. der christl.-lat. Poesie. 167.
* Über diese ,Caena Cypriani'' s. Bd 2 S. 453. Jetzt sind auch die Aus-
,
1904, 92—115.
' Zu dem treibenden Gedanken vgl. etwa Aug., De civ. Dei 21, 24: „Advertat
queraadmodum peccatores Deus non solum iratus, verum etiam miseratus evertat.
Evertuntur enim peccatores duobus modis, aut sicut Sodomitae, ut pro peccatis
suis ipsi homines puniantur, aut sicut Ni nivitae, ut ipsa hominum peccata paeni-
tendo destruantur."
* ,(De) Ninive" hat ein cod. Parisinus saec. X, während ein cod. Leidensis
saec. IX schon „De lona" hat. Vgl. Peipers Ausgabe des Cyprianischen Hepta-
teuchs, Prooem. xviii f.
28*
436 Spanier und Gallier.
5. Ausonius, —
Im Vorübergehen hat auch der Dichter Decimus
Magnus Ausonius den Fuß auf den Boden der kirchlichen Literatur
gesetzt, während im großen und ganzen ein Zug religiöser Gleich-
gültigkeit durch sein Leben geht und in seinen Schriften eine heid-
nische Denk- und Ausdrucksweise vorherrscht. Um 310 zu Bordeaux
(Burdigala) geboren, wirkte Ausonius als Professor der Grammatik
'
Siehe die ^auctores" und „imitatores" bei Peiper a. a. 0. 295 f.
* Wie die Wörter ^fluctifragus", „semiperemptus". jUndisequus". Vgl. Peiper
a. a. 0. 313 ff.
' Ebd., Prooem. xxvii f. Auffallend ist, daß Peiper im Widerspruch mit dem
sonst allgemeinen Urteil dem Heptateuch eine höhere poetische Vollendung zuerkennt
silsunsern Gedichten.
* Brewer in der Zeitschr. f. kath. Theol. 28, 1904, 98 ff.
* Auch der Beweis Brewers (a. a. 0. 109) für die oberitalienische Herkunft
der Gedichte ist hinfällig.
§ 30. Dichtungen. 5. Ausonius. 437
* Der Anfangs- und zugleich Schlußvers lautet: „Spes, Deus, aeternae stationis
conciliator.'' Der Text bei Schenkl a. a. 0. 31—32, bei Peiper a. a. 0. 19—21.
* Brandes, Beiträge zu Ausonius, Wolfenbüttel 1895, 18 f. Villani in der Revue
des etudes anciennes 8, 1906, 334 ff.
' So widmete er ihm sein ^Technopaegnion" und wahrscheinlich auch eine
Sammlung seiner Briefe; vgl. Marx a. a. 0. 2570.
^ So einen versifizierten Auszug aus Suetons drei Büchern ,De regibus". Die
Arbeit ist zu Grunde gegangen, abgesehen von einigen Hexametern, welche Ausonius
in seinem Antwortschreiben an Paulinus, Ep. 19 bei Schenkl a. a. O. 179 — 180.
Ep. 23 bei Peiper a. a. 0. 266—268, anführt. Aus Schenkl und Peiper hat v. Hartel
diese Verse in seinen .Paulinus" 2, 2 —
3 (carraen 8), übernommen.
' Im ganzen haben sich sieben Briefe Ausons an Paulinus erhalten, Ep. 19 25 —
bei Schenkl 179—194, Ep. 23—29 bei Peiper 266—289. Hier kommen die drei
letzten dieser Briefe in Betracht.
«Paul. Nol., Carmina 10—11, bei v. Hartel 2, 24—42.
'Ep. 23 bei Schenkl, Ep. 28 bei Peiper.
® Ep. 24 bei Schenkl, Ep. 29 bei Peiper. Der zitierte erste Vers beweist, daß
Ausonius außer den zwei vorliegenden noch zwei andere Briefe von gleicher Ten-
denz geschrieben hat, welche nicht auf uns gekommen sind.
:
eine herbe Klage über das hartnäckige Schweigen Paulins, den Schluß
eine Bitte an die Musen, den auf Abwege geratenen einstigen Freund
zurückzurufen. Paulinus erwidert um 393 in einem langen Sehreiben,
welches teils aus Distichen teils aus jambischen Versen teils aus
Hexametern besteht ^ Er habe, erklärt er, den heidnischen Musen
den Abschied gegeben, er sei überhaupt ein anderer Mensch geworden.
Er bleibe aber meinem Lehrer treu und wenn er, wie er nicht zweifle,
zum Guten fortgeschritten sei, so gebühre der Dank und der Ruhm
in erster Linie seinem Lehrer. Doch sei er bereit, in den Augen
Andersdenkender als ein Tor zu erscheinen, wenn er nur vor (Tott
weise sei. Ausonius ergreift noch einmal die Feder zu einem Briefe
„Discutimus, Pauline, iugum''^. Das Joch der Freundschaft meint
er, das sanfte und süße, das Lehrer und Schüler so lange vereinte,
ja schon die beiderseitigen Väter umschlang. Er seinerseits wolle
bis zum Tode in diesem Joche ausharren. Und er vertraue, daß es
seinen Gebeten zu Gott Vater und Sohn doch wohl noch gelingen
werde, Paulinus zur Einsicht zu bringen ^. Diesen letzten aller noch
bekannten Briefe Ausons beantwortet Paulinus mit einem aus Hexa-
metern und jambischen Versen gemischten Schreiben voll tiefergreifen-
der Töne *. Die Liebe zu dem greisen Lehrer lodert in hellen Flammen
auf. Aber der Riß ist unvermeidlich, eine Aussöhnung so wider-
streitender Anschauungen nicht mehr möglich.
Die Mehrzahl der Schriften des Ausonius steht auch bei Migne, PP. Lat.
19, 817 ff. Die neuesten Gesamtausgaben verdanken wir K. Schenkl, Berlin
1883 (Monum. Germ. hist. Auct. antiquiss. 5, 2) und R. Peiper, Leipzig 1886
(Bibl. Teubneriana). —
Über die drei christlichen Gedichte oder Gebete im
besondem vgl. Manitius, Gesch. der christl.-lat. Poesie 105 111. Die —
„Oratio (matutina)" in der '„Ephemeris" bespricht M. Mertens, Zu Ausonius:
Neue Jahrbb. f. Philologie u. Pädagogik 141, 1890, 785—788; die „Oratio
consulis Ausonii versibus rhopalicis* W. Brandes, Beiträge zu Ausonius
(Progr.), Wolfenbüttel 1895, 4°, 12— 19. Die Echtheit aller drei Stücke ver-
teidigt L. yillanij Quelques observations sur les chants chretiens d Ausone
Revue des etudes anciennes 8, 1906, 325 387. — —
Über die Korrespondenz
zwischen Ausonius und Paulinus s. A. Puech, De Paulini Nolani Ausoniique
epistularum commercio et communibus studiis (Thesis), Paris. 1887, 8".
Fr. Leo, Zum Briefwechsel des Ausonius und Paulinus Nachrichten von der :
Das Jahr 348, ^Salia consule", ist durch Praef. 24 festgelegt. Anderswo be-
*
zeichnet der Dichter unzweideutig Spanien und allem Anschein nach das tarraco-
nensische Spanien als seine Heimat, während der Ort der Creburt immerhin zweifel-
haft bleibt. Vgl. darüber Sixt, Die lyrischen Gedichte des Aurelius Prudentius
Clemens, Stuttgart 1889, 3 A. 1. Auch die Annahme, daß Prudentius einer christ-
lichen Familie entsprossen, ist wenigstens nicht völlig gesichert. Vgl. jedoch
Sixt a. a. 0. 6.
* Praef. 12: „Ncquitiae sordibus ac luto."
* Praef. 16 — 18: ,Bis legum moderamine | frenos nobilium reximus urbium,
ius civile bonis reddidimus, terruimus reos."
* Praef. 19—21 , Tandem militiae gradu
: evectum pietas principis extulit
|
adsumptum propius stare iubens ordine proximo." Schon Gennadius (De vir. ill. 13)
scheint das Wort „militia" von einer militärischen Stelhing verstanden zu haben:
§ 30. Dichtungen. 6. Prudentius und seine Werke im allgemeinen. 441
' Die Handschriften der Sammlung enthalten, insoweit sie sich nicht sofort als
lückenhaft zu erkennen geben, alle auch das „Dittochaeon", und Gennadius (a. a. 0.
erwähnt bei Aufzählung der Werke des Prudentius das , Dittochaeon" sogar an
erster Stelle mit den allerdings ungenauen Worten „Tropaeum {? die Schreibung
:
schwankt; man liest oirro/alo'y) de toto Veteri et Novo Testamento personis ex-
cerptis."
.
schon 403, also vor 404/405, ausgegebenen Chronik des Sulpicius Severus Anzeichen
einer Benützung des ,,Cathemerinon'' nachweisen können. Doch ist keine Stelle
zwingend; s. Merkle Prudentius-Spuren in der Chronik des Sulpicius Severus?
,
7. Das „Dittochaeon". — Um
mit demjenigen Teile der Samm-
lung zu beginnen, welchen der Dichter im Vorwort keiner Erwähnung
würdigt und welcher allerdings an literarischem Werte entschieden
am tiefsten steht, so enthält das „Dittochaeon" 49 hexametrische
Tetrasticha, von welchen die 24 ersten alttestamentliche, die 25 fol-
genden neutestamentliche Szenen oder Gegenstände behandeln. Diese
Zweigliedrigkeit wird zu dem sonderbaren Titel Anlaß gegeben haben:
dizTo/aiov, von diTzöq und opj, ^doppelte Nahrung" oder „zweifache
.
Labung", weil teils dem Alten teils dem Neuen Testamente entlehnte
Der Wortlaut der Tetrasticha selbst mit seinen direkten Hinweisen
auf etwas vor Augen Stehendes - läßt alsbald erkennen, daß dieselben
zur Erläuterung von Bildwerken bestimmt waren, Bildern als Unter-
schriften beigegeben werden sollten. Die Auswahl der Sujets ist also
nicht Sache des Dichters, sondern Sache des Malers gewesen, und dem
einzelnen Sujet gegenüber mußte der Dichter auf jede freiere Kraft-
entfaltung schon deshalb verzichten, weil er sich immer wieder an
vier Hexameter gebunden sah. Es
daß diese begreift sich daher,
Verse den Literarhistoriker weit weniger zu fesseln vermögen als die
erläuterten Bilder den Archäologen.
Die Bilder stellen nicht bloß Personen oder Ereignisse dar, sondern
auch Landschaften, wie den Hain Elim (Nr 14)3 ^nd die Stadt Beth-
lehem (Nr 20), oder auch bloße Häuser und sonstige Bauwerke, wie
die Gruft der Sara (Nr 5) und das Grabgewölbe des Lazarus (Nr 38).
Als mutmaßlichen Standort für solche Darstellungen empfiehlt sich
zunächst eine spanische Basilika *, und da 24 alttestamentlichen 25
neutestamentliche Nummern gegenüberstehen, so mag eine Seitenwand
mit den alttestamentlichen und die andere mit den 24 ersten neu-
testamentlichen Bildern geschmückt gewesen sein, während das er-
übrigende neutestamentliche Bild, Nr 49, der Apokalypse entnommen,
etwa in der Apsis seinen Platz gefunden hat. Der Versuch, einen
fortschreitenden typologischen Zusammenhang zwischen den parallelen
Reihen aufzuzeigen, so daß immer einem alttestamentlichen Vorbilde
ein neutestamentliches Gegenbild entsprochen hätte s, dürfte sich als
undurchführbar erwiesen haben. Nach einer neueren Vermutung würde
der Bilderzyklus in Palästina beheimatet gewesen und aus Palästina
auf irgend einem Wege ins Abendland gelangt sein^.
Die Echtheit und Ursprünglichkeit des Titels dürfte mit Unrecht bezweifelt
'
worden sein. Der Bezeichnung der Heiligen Schrift als einer doppelten geistigen
Nahrung stehen, was schon Rösler (Der kath. Dichter Aurelius Prudentius Clemens
29 A. 1) hervorhob, Ebert aber (Allg. Gesch. der Literatur des Mittelalters im
Abendlande 1 *, 291) ganz außer Acht ließ, sehr bemerkenswerte Parallelen zur
Seite. Siehe Cathem. 4, 33—36: „Hie pastus animae est saporque verus: sed |
=•
Vgl. Rösler a. a. O. 133 ff.
'
Einer der letzten Laute des Heidentums in lateinischer Zunge,
sterbenden
eine tief erregte, aber um Leben und Gnade an die-
zugleich rührend zarte Bitte
jenigen, welche die Hand zum Todesstoß bereit hielten. Sie steht auch unter den
Briefen des hl. Ambrosius (vor Ep. 18, bei Migne, PP. Lat. 16, 966-971). Maß-
gebend ist jetzt der Text in der Symmachus-Ausgabe Seecks, Monum. Germ. bist.
Auct. antiquiss. 6, 1, Berol. 1883, 280—283.
» Ambr., Ep. 17-18.
446 Spanier und Gallier.
Schriftenseiten auf 200 Tafeln. Mit Text, Berlin 1905, 4«. (Unter Pru-
dentius-Handschriften sind hier ausschließlich „Psychomachia" -Handschriften
verstanden.) —Eine Separatausgabe der „Psychomachia" (codicibus Casinensi
374 et Vaticano Reginensi 2078 in lucem prolatis) lieferte J. Bergraan,
Upsala 1897. 8". —
Rösler a a. 0. 189 ff vertrat die These, nicht nur die
„Apotheosis" und die „Hamartigenia", sondern auch die ,Psychomachia'' sei
direkt und unmittelbar gegen den Priszillianismus gerichtet. Unter dem Ein-
druck der Abhandlung Merkles ,Prudentius und Priszillian" Theol. Quartal-
:
'
An die Widerlegung des Ebionitismus, welche in den Satz mündet, daß auch
der Tod dia Gottheit und die Herrschergewalt Christi anerkenne und nur noch die
Leugner der Gottheit Christi den Tod zu fürchten haben, reiht sich ein längerer
Exkurs über die Natur der Menschenseele an (V. 782—951), zur Abweisung des
Einwurfs, die Seele sei den Höllenstrafen nicht zugänglich.
§ 30. Dichtungen. 8. Die apologetischen und polemischen Dichtungen. 449
Ein Abdruck der „Apotheosis" auch bei Harter, SS. Patrum opuscula
selecta 33, Oenip. 1876. Eine gelungene metrische Übersetzung des Werkes
ins Deutsche bei Brockhaus a. a. 0. 307 334. —
Über die Beziehungen des
Werkes zum Priszillianismus vgl. die unter b zitierten Ausführungen Röslers,
Merkles, Künstles. Daß der Priszillianismus zu diesem oder jenem Werke
des Prudentius die Anregung gegeben haben möge, will auch Merkle (in der
Theol. Quartalschrift 76, 1894, 79 125) und, wiewohl zögernd, auch Ebert
(a. a. 0. 270 A. 1) zugestehen.
letzterer den einen Gott in zwei Götter zerrissen habe, um den einen
derselben, den Demiurgen, zum Urheber des Bösen zu stempeln. Mit
einem stürmischen Vorstoß gegen diesen „blasphemischen" Dualismus
hebt die 996 Hexameter umfassende Ausführung an. Schon der Be-
' Der militärischen und staatsmännischen Tüchtigkeit des „Perfidus ille Deo,
quam vis non perfidus Ürbi* (V. 454) zollt Prudentius alle Anerkennung.
* Die „pueri flavicomantes" (V.
495) sind sehr wahrscheinlich Germanen gewesen.
Bardenhewer, Geach. der altkirchl. Literatur. UI. 29
450 Spanier und Gallier.
sapphischen Metrum, ferner ein Lied für jede Stunde des Tages,
„Hymnus omnis horae", ein Lobpreis Christi in getragenen katalek-
tischen trochäischen Tetrametern mit dreizeiligen Strophen, ein Grab-
lieb, „Hymnus ad exequias defuncti", in ernsten katalektischen ana-
254. Der kürzeste der zwölf Hymnen, Nr 8, ^Hymnus post ieiuniuni". hat 80 Verse,
der längste, Nr 7, , Hymnus ieiunantium", 220 Verse.
* Vier Bruchstücke dieses letzten Hymnus sind in das römische Brevier über-
gegangen, das „Quicumque Christum quaeritis*" am Feste der Verklärung des Herrn,
29
452 Spanier und Gallier.
Zeit der Romreise des Dichters, 402 oder 403, die sieben ersten sind
vorher in Spanien entstanden 2, Die sieben ersten sind nämlich der
Verherrlichung von Märtyrern gewidmet, welche in Spanien litten
oder doch in Spanien verehrt wurden, und die Mehrzahl derselben
bezeichnet ausdrücklich die Gedächtnisfeier des jedesmaligen Märtyrers
als die Veranlassung zur Abfassung. Diese Märtyrer sind: 1. die
beiden Soldaten und leiblichen Brüder Emeterius und Chelidonius von
Calagurris, 2. der römische Diakon Laurentius^, 3. die Jungfrau
Eulalia von Emerita, 4. die achtzehn (ungenannten) Märtyrer von
Cäsaraugusta, 5. der Diakon Vincentius von Cäsaraugusta, 6. der
tarrakonensische Bischof Fructuosus mit den Diakonen Augurius und
Eulogius, 7. der Bischof Quirinus von Siscia in Pannonien *. Als
Nr 8 folgt nunmehr ein Stück, welches in seine Umgebung so wenig
hineinzupassen scheint, daß schon wiederholt der Verdacht späterer
Interpolationlaut wurde. Es ist ein 18 Verse, elegische Distichen,
zählendes Epigramm mit der Aufschrift: „De loco, in quo martyres
passi sunt, nunc baptisterium Calagurri." Der sich anschließende
das ,0 sola magnarum urbium" an Epiphanie und die kleineren Lieder ,Audit
tyrannus anxius" und ,Salvete, flores martyrum" am Feste der unschuldigen Kinder.
Von den vierzehn Gesängen des ^Peristephanon" hat ein jeder ein anderes
'
Versmaß.
- Sixt, Die lyrischen Gedichte des Aurelius Prudentius Clemens 24 ff.
"
Über Verehrung des hl. Laurentius
die in Spanien s. Rösler, Der kath. Dichter
Aurelius Prudentius Clemens 156 ff.
Über die Verehrung des hl. Quirinus
« in Spanien ist allerdings sonst nichts
bekannt.
§ 30. Dichtungen. 9. Die lyrischen Dichtungen. 453
' Nach Sixt (a. a. 0. 27) ,als unmittelbare Nachahmung der Epigramme des
Damasus, diePrudentius zu Rom sah",
2 Vgl. schon Bd 2, S. 503.
454 Spanier und Gallier.
Cassien d'apres les poemes de Prudence Revue des questions bist. 37, 1885,
:
halt ist allen seinen Schriften eigen. Das Trinitätsdogma gilt ihm
als das Fundament des christlichen Heiles s. Jeden Schatten eines
Wesensunterschiedes zwischen Vater und Sohn sucht er ängstlich
fernzuhalten. Auch dem Filioque gibt er Zeugnis, insofern er von
Christus (nicht vom Vater) sagt: „Spirat de palrio corde paraclitum''
und „ Cuius ab
: ore Dens subsistit Spiritus unus. " * An einer viel-
genannten Stelle des „Cathemerinon" hat der Dichter die Anschauung
vertreten, daß die Qualen der Verdammten in der Hölle am Sonntag
oder vielmehr in der Nacht vom Samstag auf den Sonntag, der Nacht
der Auferstehung des Herrn, eine Unterbrechung erfahren 5. Wahr-
scheinlich liegt, wie früher schon einmal erinnert wurde ^, ein jüdisches
Theologumenon zu Grunde, welches auch den Verworfenen die Er-
holungsruhe am Sabbat zuerkannte und welches durch eine leichte
Umwandlung dem christlichen Vorstellungskreise angepaßt ward.
Über Sprache und Metrik des Prudentius handeln A. E. Kantecki,
De Aurelii Prudentü Clementi.s genere dicendi quaestiones (Diss. inaug.),
Monast. Guestf. 1874, 8". Fr. Krenkel, De Prudentü re metrica (Diss. inaug.),
Rudolstatü 1884, 8". J. Bergman, Lexicon Prudentianum Fase. 1 fProleg.,
TertuUians Namen hat er nie genannt, während die ,Passio Cypriani- (Peri-
^
steph. 13) ihm Anlaß gibt, auch die Schriften Cyprians in hohen Tönen zu feiern.
Vgl. Bd 2, S. 396.
' Von dem Trinitätsdogma heißt es Apoth. 238: ,Haec est nostra salus, hinc
vivimus, hinc animamur."
* Cathem.160 und Hamart. 932. Wenn der Heilige Geist ,a Christo simnl
5,
et Parente missus" (Cathem. 4, 15) und „Deus ex utroque missus" (ebd. 6, 8) ge-
nannt wird, so handelt es sich um die zeitliche Sendung, nicht um den ewigen
Ausgang des Heiligen Geistes.
^ Cathem. 5, 126: ,Poenarum celebres sub Styge feriae."
« Bd 1. S. 477 f.
—
1891, 281 —
287. G. Sixt, Des Prudentius Abhängigkeit von Seneca und
Lucan Philologus, Zeitschr. f. das klass. Altertum 51, 1892, 501^ 506.
: —
Über die Benützung von Senecas Tragödie Phädra in Peristeph. 11 «'gl. auch
G. Ficker, Studien zur Hippolytfrage, Leipzig 1893, 45-54. — Über Pru-
dentius und Juvenal s. Schustei a, a. 0. 90 94.
Zu den christlichen Quellen: Über die Verwendung der Heiligen
Schrift bei Prudentius Schuster a. a. 0. 48 89.
s. — —
Die Beziehungen des
Dichters zu Tertullian und Cyprian sowie auch zu Ambrosius bedürfen noch
der näheren Untersuchung. —
S. Brandt, De Lactantii apud Prudentium
vestigiis, Heidelb. 1894, 4°. Vgl. auch Brandts Laktantius- Ausgabe 2, 2,
Wien 1897, 274 275. — —
M. Manitius, Zu Juvencus und Prudentius: Rhein.
Museum f. Philologie 45, 1890, 485 491. — —
Schriften A.ugustins hat Pru-
dentius noch nicht gekannt wohl aber scheint Augustinus die Schriften des
;
1893, 408—429; Prudentius und das Filioque: ebd. 78, 1896, 271—275.
Macholz, Der Dichter Prudentius in den Spuren Marcells von Ancyra Theol. :
Zweites Kapitel.
' Vg]. P. Allard, Le paganisme romain au IV* siecle : Revue des questions hiato-
riques 49, 1892, 345—372.
* ,Sol appellatur, quia cum ortus fuerit obscuratis ceteris sideribus luceat solus.
Luna etiam —
haec eadem Lucina —
a noctumo lumine nomen accepit" (c. 17,
1— 2) etc. Diese beiden uud noch manche der folgenden Etymologien trägt übrigens
auch Cicero („De natura deorum") vor. Vgl. Zieglers Ausgabe der Schrift „De
errore*, Leipzig 1907, 40—42.
* Für die Bibelzitate scheint der Verfasser Cyprians „Testimonia"' und Cyprians
Schlüsse (c. 28 —
29) wird mit Nachdruck und unter Berufung auf
das Alte Testament den Kaisern die Pflicht vorgehalten, mit diesen
letzten Resten des Heidentums aufzuräumen, indem ihnen zugleich
als Lohn neue Gnadenerweise Gottes in Aussicht gestellt werden,
welcher sie bisher schon um ihres Glaubens willen so reichlich ge-
segnet habe.
Die Sprache ist verhältnismäßig rein, wenn auch nicht frei von
Vulgarismen, die Darstellung gehoben und pathetisch, der Ton etwas
erregt. Eine Apostrophe reiht sich an die andere. Ein gewisses Feuer
der Entrüstung, und zwar tief innerlicher Entrüstung, durchglüht das
Ganze. Es sind unverkennbar Gewaltmaßregeln, zu denen Firmicus
mahnt und drängt. „Amputanda sunt haec, sacratissimi imperatores,
penitus atque delenda et severissimis edictorum vestrorum legibus
corrigenda" (c. 16, 4). Aber die herkömmlich gewordene Klage über
Fanatismus und Zelotisraus pflegt zu übersehen, daß diesen Geheim-
diensten, ihrer widernatürlichen Unsittlichkeit und ihrem krassen
Aberglauben gegenüber ein Einschreiten geboten war. Auch ist Fir-
micus sich bewußt, das Interesse derer zu vertreten, welche er ge-
straft wissen will: ist der Kranke nur erst wiederhergestellt, so er-
kennt er selbst den Nutzen unangenehmer und schmerzlicher Heilmittel
dankbar an. „Melius est ut liberetis invitos quam ut volentibus con-
cedatis exitium" (c. 16, 4).
Welchen Eindruck die Schrift auf die kaiserlichen Adressaten ge-
macht hat, steht dahin. In weite Kreise ist sie nicht gedrungen und
bald ist sie in Vergessenheit gefallen. Die spätere kirchliche Literatur
weiß nichts von Firmicus und seiner Schrift; auch Hieronymus und
Gennadius schweigen. Der Schrift selbst ist zu entnehmen, daß Fir-
micus sich früher zum Heidentum bekannt ^ und daß er wahrscheinlich
einmal auf Sizilien geweilt hat 2. Als Anwalt christlicher Zucht und
Sitte ist er in den Jahren 346 —
350 aufgetreten. Einerseits nämlich
wird Kaiser Konstans, welcher im Frühjahr 350 ermordet wurde, als
noch lebend eingeführt, und anderseits wird nicht nur der Expedition
des Konstans nach Britannien im Jahre 343 gedacht, sondern auch
auf das „Dahinsinken der Wünsche Persiens" verwiesen^, worunter
entweder der Rückzug des Perserkönigs Sapor von Nisibis im Jahre 346
oder die Flucht Sapors im Jahre 348 verstanden sein muß. Vielleicht
hat Firmicus zur Zeit der Abfassung der Schrift zu Korn gelebt 1.
Eine Kombination, welche nunmehr als gesichert gelten darf, er-
öffnet weitere Ausblicke. Schon im 17. Jahrhundert ist die Vermutung-
laut geworden, Julius Firmicus Maternus, der christliche Verfasser der
Schrift „De errore", sei kein anderer als Julius Firmicus Matemus,
der heidnische Verfasser eines umfangreichen Handbuches der Astro-
logie unter dem Titel „Matheseos libri 8" 2, Die Vermutung stieß
auf Widerspruch. Bursian, der verdiente Herausgeber der Schrift
„De errore", glaubte wahrzunehmen, daß das heidnische Werk erst
nach dem Jahre 355 abgeschlossen worden, der Verfasser also bis zu
diesem Zeitpunkte Heide gewesen sei 3. Mommsen jedoch hat den
Beweis erbracht, daß die Abfassung der „Mathesis" vielmehr zwischen
den 30. Dezember 335 und den 22. Mai 337 gefallen ist, die Chrono-
logie mithin der Identifizierung des Heiden und des Christen nicht im
Wege steht*. Gefordert aber ist die Identifizierung, wie Moore des
näheren darlegte ^, durch die überaus enge Verwandtschaft der Sprache
und des Stiles, welche nur in der Einheit des Autors eine ausreichende
Erklärung zu finden scheint. Der Autor der „Mathesis" stammte aus
Sizilien, und zwar sehr wahrscheinlich aus Syrakus, ergriff zunächst
den Beruf eines Advokaten, zog sich dann aber zu philosophischer
Muße zurück und widmete sich insbesondere astrologischer Schrift-
stellerei. Ein hoher sittlicher Ernst macht sich auch in der „Mathesis"
in fast auffälliger Weise geltend^. Er mag dem Heiden den Weg
gebahnt haben zum Christentum.
Das einzige Manuskript der christlichen Schrift, cod. Vatic. Palat. lat.
165 saec. IX — X, taucht zuerst in Minden auf, ist von dort nach Augsburg
* Vgl. Müller, Zur Überlieferung der Apologie des Firmicus Maternus 77.
* Voneiner neuen Ausgabe dieses Werkes durch W. Kroll und F. Skutsch er-
schien „Fasciculus prior, libros 4 priores et quinti prooeoiium continens", Lipsiae
1897.
^ Bursian in der ^Praefatio" seiner Ausgabe, Leipzig 1856.
Mommsen, Firmicus Maternus: Hermes 29,
* 1894, 468 — 772; wieder abgedruckt
inMommsens Gesammelten Schriften 7, Berlin 1909, 446 —450.
* Moore, Julius Firmicus Maternus 7 ff. Zu weit ging Moore, wenn er in den
ersten, jetzt kaum noch zu entziffernden Zeilen der christlichen Schrift einen direkten
Vei-weis des Autors selbst auf die „Mathesis" finden wollte. Hat dort wirklich ,ut
ante diximus* gestanden (vgl. Zieglers Ausgabe 2), so sind diese Worte nicht auf
die „Mathesis", sondern auf den abhanden gekommenen Eingang der christlichen
Schrift zu beziehen. Vgl. Müller a. a. 0. 66. Die sprachlichen und stilistischen
Parallelen zwischen beiden Schriften sind noch vollständiger als bei Moore in
Zieglers Ausgabe der christlichen Schrift verzeichnet.
* „Der Priester der Sternenreligion, ,antistes Solis et Lnnae et ceterorum deo-
rum per quos terrena omnia gubernantur', tritt kaum irgendwo so würdevoll vor
uns wie in dem Buch des vornehmen Sizilianers." Boll bei Pauly-Wissowa, Real
enzykl. der klass. Altertumswissenschaft 6, 2373.
460 Italiker und Westafrikaner.
und nach Heidelberg und von Heidelberg 1623 nach Rom gekommen. Das-
selbe bietet eine im großen und ganzen sorgfältige Abschrift, befindet sich
jedoch in einem beklagenswerten Zustande. Die zwei ersten und die zwei
letzten Blätter des ersten Quaternio sind verloren gegangen. Weiteres bei
A. Müller, Zur Überlieferung der Apologie des Firmicus Maternus (Inaug.-
Diss.), Tübingen 1908, 8".
Die ersten Ausgaben besorgten der bekannte Lutheraner Matthias Flacius
Illyricus, Straßburg 1562; H. Commelinus, Heidelberg 1599; J. v. Wower,
Hamburg 1603. Auf diesen Ausgaben, hauptsächlich auf der letztgenannten,
beruhen alle folgenden bis zu den Ausgaben von Fr. Munter, Kopenhagen
1826 (abgedruckt bei Migne, PP. Lat. 12) und Fr. Oehler, Leipzig 1847.
C. Bursian war es, welcher die längst verloren geglaubte Handschrift 1855
in der Vatikana wieder auffand und alsbald eine auf die Handschrift zurück-
gehende Ausgabe veranstaltete, Leipzig 1856. C. Halm war für seine Aus-
gabe, Wien 1867 (Corpus Script, eccles. lat. 2), auf eine sehr unzuverlässige
Kollation der Handschrift angewiesen. Eine erschöpfend genaue Untersuchung
der Handschrift liegt dagegen der Ausgabe K. Zieglers, Leipzig 1907 (Bibl.
Teubneriana), zu Grunde. Über die Beiträge zur Textkritik von F. Skutsch
(Rhein. Museum f. Philologie 60, 1905, 262—272), K. Ziegler (ebd. 273—296),
Th. Friedrich (In lulii Firmici Materni de errore prof. rel. libellum quaestiones,
Diss. inaug., Bonnae 1905) s. die „Praefatio" der Ausgabe Zieglers viii ix. —
Weitere Beiträge zur Textkritik bei Müller a. a. 0. 64 92, —
Cl. H. Moore, Julius Firmicus Maternus, der Heide und der Christ (Inaug.-
Diss.), München 1897, 8". Über Berührungen zwischen der Schrift ,De errore"
und den mit Unrecht den Namen Quintilians tragenden größeren Deklamationen
handelten C. Weyman in der Revue d'histoire et de litterature relig. 3, 1898,
383—384; A. Becker im Philologus N. F. 15, 1902, 476-478. Ein lehr-
reicher zusammenfassender Artikel über Firmicus von Fr. BoU bei Pauly-
Wissowa, Realenzykl. der klass. Altertumswissenschaft 6, 1909, 2365 2379. —
§ 32. Marius Tiktorinus.
(1. Lebensgang. 2. Schriften aus heidnischer Zeit. 3. Antiarianische Schriften.
4. HJ'mnen. 5. Erklärungen paulinischer Briefe. 6. Unechte Schriften.
7. Rückblick.)
1. Lebensgang, —
Cajus Marius Viktorinus gehört ähnlich wie
Firmicus Maternus sowohl der profanen wie auch der kirchlichen
Literaturgeschichte an. Er hat in dem prokonsularischen Afrika das
Licht der Welt erblickt und dort wohl auch seine Ausbildung emp-
fangen. Die Stätte seines Wirkens aber war Rom, wo er unter Kaiser
Konstantins (337 —
361) Rhetorik lehrte, und zwar mit so außergewöhn-
lichem Erfolge, daß ihm auf dem Trajansforum eine Statue gesetzt
ward. Schon ein Greis, trat er um 355, „mirante Roma, gaudente
Ecclesia" ^, zum Christentum über und mußte deshalb seit dem mehr-
erwähriten Edikte Julians vom Jahre 362 seiner Lehrtätigkeit ent-
sagen. Spätere Daten aus seinem Leben sind nicht überliefert. Auch
die Zeit seines Todes ist unbekannt.
» Aug., Conf. 8, 2, 4.
.
Porphyrius hat S. Brandt im Corpus Script, eccles. lat. 48, Vindob. 1906,
1 — 132,
von neuem bearbeitet. Aus diesem Kommentare hat Monceaux Vik-
torins Übersetzung wieder herauszuschälen versucht. Monceaux, L'Isagoge
latine de Marius Victorinus Philologie et Linguistique, Melanges offerts ä
:
letzte Glied der Schriften-Trias bildet ein kleiner Aufsatz ,De npLaouaicp
recipiendo" (Migne 8, —
1137 1140), welcher nicht mehr an Kandidus
adressiert ist, aber einen Nachtrag zu dem zweiten Buche des Werkes
„Ad versus Arium" darstellt und sich speziell gegen das Schlagwort
onoiooaioQ wendet.
Die drei Schriften sind in der bezeichneten Reihenfolge ans Licht
getreten, wahrscheinlich in sehr kurzen Zwischenräumen. Das Werk
„Adversus Arium" knüpft zu Eingang an die Abhandlung „De genera-
tione" an, und der Aufsatz' „De öfioooaio)"' verweist zum Schluß auf
das Werk „Adversus Arium". Dieses Werk aber darf auf Grund
innerer Anzeichen wohl mit Sicherheit in die Jahre 356 361 gesetzt —
werden; Schmid entschied sich für das Jahr 357; Monceaux ist
durch umfassendere Berücksichtigung der zeitgeschichtlichen Andeu-
tungen in das Ende des Jahres 359 geführt worden ^
Andere antiarianische oder doch trinitarische Schriften Viktorins
sirid abhanden gekommen. Schon bevor er die Abhandlung „De
generatione" in Angriff nahm, hatte er „in aliis libris" über die
Trinität, den Logos und den Heiligen Geist gehandelt 2. Und als er
das vierte Buch „Adversus Arium" ausarbeitete, hatte er bereits „in
multis libris" zu den einschlägigen Fragen Stellung genommen^.
Die eigenartige, auf neuplatonischen Voraussetzungen fußende Lehre
Viktorins läßt sich vielleicht wie folgt zusammenfassen. Gott ist
das erste und höchste Sein, seinem Wesen nach schlechthin be-
stimmungslos, „quoniam supra quae sunt, nihil de his quae sunt" *.
Es ist aber auch in Gott zu unterscheiden zwischen Potenz und Akt
des Seins. Indem die Potenz in Gott sich selbst aktuiert, aktuiert
sie sich in dreifacher Form, als Sein, als Leben und als Intelligenz,
entsprechend den drei obersten Ideen der durörrjQ, Ccoöttjq und i/or^aiQ,
und diese drei Aktualitäten sind drei Hypostasen oder Existenzen der
einen ovaia und zugleich die wirkenden Ursachen alles Seins, alles
Lebens, aller Intelligenz. Die erste Hypostase ist nicht die Potenz
des göttlichen Seins, vielmehr geht auch der Vater ebenso wie der
Sohn und der Heilige Geist als Akt aus der Potenz hervor: „ut ab
agente actus, ab eo quod est essentitas vel essentia, a vivente vitalitas
vel vita, ab intelligente vörjaiQ, intelligentium universalium universalis
intelligentia." ^ Man sage also nicht: duae personae, una substantia,
sondern duo, pater et filiüs, ex una substantia ^. Treffend sagen die
:
4. Hymnen. — Dem
Gegenstande nach schließen sich an die
antiarianischen Schriften „Hymni tres de trinitate*" an
sehr eng die
(Migne 8, 1139 —
1146): der erste und der dritte ein Preisgesang auf
die Trinität, der zweite ein Bittgebet an Christus. Es sind fromme
Ergüsse in gehobener Prosa und einem gewissen biblischen Parallelis-
nius, ohne Metrum und ohne Rhythmus im engeren Sinne, dem „Te
Deum" vergleichbar. In dem zweiten Hymnus beginnen alle Sätze
oder Verse mit der Anrufung: „Miserere, Domine, miserere, Christe'" :
in dem dritten Hymnus münden alle Sätze oder Verse in den Refi'ain
„0 beata trinitas." Ein glaubensf rohes Herz jauchzt auf und sucht
Schutz. Monceaux läßt diese Hymnen nach den antiarianischen
Schriften, um 360, verfaßt sein ^ Ein greifbarer Anhaltspunkt zur
Datierung fehlt. Die Echtheit aber ist nicht zu bezweifeln. Diese
Hymnen leben und weben in den Gedanken und der Sprache der
antiarianischen Schriften, und sie sind auch in den Manuskripten mit
denselben verbunden.
Die drei H^Tnnen stehen schon in der vorhin erwähnten Ausgabe des
"Werkes „Adversus Arium'' vom Jahre 1528. In Verbindung mit der Ab-
handlung ,De generatione divini Verbi" linden sie sich auch bei A. Rivinus,
Sanctae Reliquiae duum Victorinorum, Pictaviensis unius episcopi mart\-ris,
Afri alterius Caii Marii. Gothae 1652, 8°. Über Manuskripte vgl. Kofftnane
a. a. 0. 7 10.
Die drei Kommentare sind, nicht ganz lückenfrei, aus jungen Hand-
schriften zuerst ans Licht gezogen worden von A. Mai, Scriptorum veterum
nova collectio 3, Romae 1828, pars 2, 1 —
147; vgl. die editoris praefatio
X XIX.
'
,Quod occupatus ille eruditione saecularium litterarum scripturas omnino
sanctas ignoraverit et nemo possit quamvis eloquens de eo bene disputare quod
nesciat". Hier, Comm. in Gal., praef. Dazu Monceaux (a. a. O. 404): ,ün jugement
tres severe et tres injustc." Dann aber urteilt Monceaux selbst über den Exegeten
Viktorinus: ,11 s'^carte souvent de l'interpretation traditionnelle . . . il trahit des
preoccupations etrangeres ä l'esprit apostolique."
- Zu Eph 1, 4 und 4. 10 (Migne 1238 und 1274).
^ Migne a.a.O. 17, 96. So auffallend die Reihenfolge: Tertullian, Viktorinus,
Cyprian, sein mag, so wird doch unter Viktorinus nur Marius Viktorinus verstanden
sein können. Vgl. Koffmane, De Mario Victorino 8 33.
* Zu Gal 1, 1 und 4, 19 (Migne 1148 und 1184): zu Eph 1. 4: 1, 21; 4, 10;
5, 2 (Migne 1242. 1250, 1274, 1283); zu Phil 2, 6 (Migne 1207).
* Vgl. Monceaux a. a. 0. 403.
dies unus'" (1009 1014).— Auch sie sind in den Handschriften mit
den Kommentaren verbunden, aber nicht ausdrücklich als Eigentum
Viktorins bezeichnet 2. Der Text selbst deutet in keiner Weise auf
Viktorinus hin. Im Gegensatz zu Viktorinus hat vielmehr der Ver-
fasser des ersten Traktates offenbar mehr Gewicht auf Gefälligkeit
des Ausdrucks als auf Gründlichkeit der Argumentation gelegt, während
der Verfasser des zweiten Traktates, welcher wissen will, ob die
Schöpfung abends oder morgens ihren Anfang genommen habe, schon
in seiner schroffen Absage an die „philosophi" (c. 2) eine andere
Geistesrichtung bekundet als Viktorinus. Haben die früheren Kritiker
mehr oder weniger geschwankt, so hat Monceaux mit Entschieden-
heit beide Traktate Viktorinus abgesprochen ^.
Außerdem wären noch einige Gedichte zu erwähnen, welche in
älteren Drucken Viktorinus zugeeignet werden, anderswo jedoch unter
andern Namen auftauchen. Ihre wirkliche Herkunft ist erst noch zu
ermitteln. Viktorinus aber hat sich, soviel wir wissen, überhaupt
nicht in Versen versucht.
Die Abhandlung „De physicis" zuerst bei Mai, Script, vet. nova coli. 3,
2, 148—162. —
Die zwei andern Traktate zuerst bei J. Sirmondus. Opuscula
dogmatica veteruni quinque scriptorum, Paris. 1630, S**; wieder abgedruckt
in J. Sirmondi Opera varia 1, Paris. 1696, 2", 409 428. Die Schlußworte —
des Traktates „Ad lustinum Manichaeum", welche in Sirmonds Ausgabe fehlen,
sind von Mai a. a. 0. 147 aus vatikanischen Handschriften nachgetragen
worden, ohne daß sie bei Migne a. a. 0. 8, lOlO Aufnahme gefunden hätten. —
In der Sammlung von Schriften Viktorins bei Migne finden sich keine Ge-
dichte. Dagegen hat schon die Baseler Ausgabe des Werkes „Adversus
Arium" vom Jahre 1528 unter Viktorins Namen ein Gedicht ,De martyrro
Maccabaeorum", welches später in einer ursprünglicheren Fassung auf-
gefunden wurde und in dieser Fassung 394 Hexameter zählt. Die Quelle
oder das Thema bildet die bekannte Erzählung über das Martyrium der sieben
(1. Luzifer in seiner Eigenart. 2. Luzifer vor dem Exil. .5. Luzifer während
des Exils. 4. Luzifer nach dem Exil. 5. Faustinus und Marcellinus.
6. Hilarius.)
perfecta et una deitas" besteht. Er rühmt sich selbst, nur die heiligen
Schriften zu kennen. Die „litterae ethnicales" auszubeuten, möge
den Gegnern, den Feinden des Christentums, überlassen sein 2. Er
schämt sich auch nicht, die Sprache des gemeinen Mannes zu sprechen.
* Luc, De S. Athanasio 1, 33. Hilarius hat diesen Ausdruck sofort als Mangel
an Korrektheit empfunden, aber freilich die orthodoxe Intention Luzifers nicht ver-
kannt. Vgl. Hil., Apologetica ad reprehensores libri de synodis responsa, bei Migne,
PP. Lat. 10, 546 547.
* Vgl. Luc, Moriendum esse pro Dei filio 11: ,Nos vero, quibus ad loquendum
natura sufficit, alieni ab omni scientia ethnicalium litterarum, ad omnem destruen-
dani haeresem valemus, quia res ipsa et veritas loquantur. Tu ac tut adiutores
litterarum ethnicalium plenam auxistis artem. Nos sumus tantum sacras scientes
litteras."*
470 Italiker und Westafrikaner.
Der „sermo politus'' oder „ornatus", dessen die Gegner sich befleißigen,
verrate von vornherein schon die innere Unwahrheit ^
Alle Schriften Luzifers gehen von dem Satze aus. daß man mit
Häretikern keinerlei Geraeinschaft halten dürfe. Später ist er selbst
Schismatiker geworden. Solange es sich darum handelte, kaiserlicher
Willkür mit unbeugsamem Mannesmut und Mannestrotz die Stirne zu
bieten, war Luzifer an seinem Platze. Als es galt, wesentlich ver-
änderten Zeitumständen Rechnung zu tragen und durch weise Mäßigung
und kluge Nachsicht die Arianer für das Nicänum zu gewinnen, hat
Luzifer vollständig versagt. Er warf den weiter blickenden Kampf-
und Leidensgenossen den Fehdehandschuh hin. Er war zu irgend-
welchen Konzessionen gegen die bisherigen Feinde nicht zu bewegen.
Er 'wertete die Partei höher als das Ganze. Allein ist er übrigens
nicht geblieben. „Luzife rianer " nannte die nächste Folgezeit eine
Gruppe von Rigoristen, welche die ehemaligen Arianer von allen
Kirchenämtern ausgeschlossen, die Bischöfe zu Laien degradiert wissen
wollten '. Bis zu welchem Grade Luzifer selbst dieses Schisma organi-
siert hat, ist freilich nicht mehr zu erkennen. Große Ausdehnung
hat dasselbe nicht gewonnen, und nach kurzer Zeit ist es im Sande
verlaufen.
G. Krüger, Lucifer, Bischof von Calaris, und das Schisma der Luciferianer.
Leipzig 1886, 8". Im Anhang (101 f) führt Krüger auch die ältere Literatur
über Luzifer auf. Einzelne Punkte seiner eigenen Darstellung hat er in dem
Artikel über Luzifer in der Realenzykl. f. prot. Theol. u. Kirche^ 11, 1902.
666-668, berichtigt. —
Die Schriften Luzifers sind nur durch ein einziges
Manuskript überliefert, cod. Vaticanus 133 saec. IX/X. Die editio princeps
ward von J. Tilius, Bischof von Meaux, veranstaltet, Paris 1568, 8° (ab-
gedruckt bei Gallandi, Bibl. vet. Patrum 6, Venet. 1770, 153—260), eine
bessere Ausgabe von den Gebrüdern J. D. und J. Coleti, Venedig 1778, 2"
(abgedruckt bei Migne, PP. Lat. 13, Paris. 1845), die neueste und beste Aus-
gabe von W. Hartel, Wien 1886 (Corpus Script, eccles lat. 14). Kartei hat
eine große Anzahl von evidenten Korrekturen vornehmen können haupt-,
sächlich auf Grund genauerer Erforschung der Sprache Luzifers. Siehe Hartel.
Lucifer von Cagliari und sein Latein Archiv f. latein. Lexikogr. u. Gram-
:
—
matik 3, 1886, 1 58. Vgl. über das Manuskript und die Ausgaben Krüger,
Lucifer 97—101.
' Luc. ebd. ,Noster sermo est communis, contra vester politus, ornatus, qui
:
etiam dici niereatur disertus; et tarnen suadere duicis per artem quaesitus sermo
vester nuUi potest Christianorum nisi ei qui non sit. seil tantum dicatur, ut tu."
* Lber ihre Ansch:iuungen und Ziele sind wir am einläßlichsten unterrichtet
durch des hl. Hieronvmus .Altercatio Luciferiani et orthodoxi'.,
§ 33, Luzifer von Calaris und seine Freunde. 3. Luzifer während des Exils. 471
rufung einer neuen Synode zu erwirken. Der Kaiser zeigt sich ent-
gegenkommend; die Synode wird auf das Frühjahr 355 nach Mailand
anberaumt. Das Ergebnis aber ist nicht ein Triumph des Nicänums,
sondern ein neuer Sieg der Arianer. Der Kaiser weiß von der großen
Mehrzahl auch der orthodoxen Bischöfe die Unterschrift unter die
Verurteilung des Athanasius zu erzwingen. An Luzifer prallen alle
Drohungen ab. „Und wenn du", erklärt er dem Kaiser, „deiner ge-
samten Heeresmacht befehlen würdest, uns Verflucher deiner Blas-
phemie mit den Geschossen deines ganzen Reiches zu überschütten,
uns Verächter deines sakrilegischen Dekretes mit allen ihren Schwertern
niederzuhauen, wir würden doch nicht nachgeben können."^ Zur
Strafe muß er in die Verbannung gehen.
Aus der Zeit vor dem Exil hat sich nur noch ein kurzer Brief Luzifers
an Eusebius von Vercellä erhalten, eine dringende Bitte um baldiges Er-
scheinen auf der Synode zu Mailand. Migne a. a. 0. 13, 765 766. Hartel —
a. a. 0. 319.
'
Laut c. 1 sagte der Kaiser: ,Nisi catholica esset fides Arii, hoc est raea,
nisiplacitum Deo quod illam persequar fidem quam contra nos scripserint
esset
apud Niciam, numquam profecto adhuc in iniperio florerem." Im Verlaufe wird der
Ausspruch in etwas anderer Form noch häufig wiederholt, c. 9 10 11.
- So ist in der Handschrift das erste Buch überschriehen.
^ So, ,De Athanasio", sagt die Handschrift zum Schlüsse eines jeden der
beiden Bücher.
* Die Bücher „De S. Athanasio" hat HHarius in seiner Schrift „De synodis",
welche Ende 358, spätestens Anfang 359, verfaßt wurde • schon berücksichtigt.
,
mone descripti nie saepe dixisse, quod peccata quidem fecerint nostra, ut in tuas
antichristi praecursoris veniremus manus, te tarnen pugnare contra Deum." Den
Gedanken jedoch, daß die Verfolgung durch Konstantius die Strafe für die Sünden
der Katholiken selbst sei, wüßte ich in den vorhin genannten Schriften nicht nach-
zuweisen. Dieser Frage hätte Krüger a. a. 0. 107 näher treten müssen.
§ 33. Luzifer vod Calaris und seine Freunde. 3. Luzifer während des Exils. 473
„Moriendum esse pro üei filio" (13, 1007 1038), vom Jahre —
360 oder 361, beteuert Luzifer seine freudige Bereitschaft zum Märtyrer-
tode ^. Die Sprache ist etwas ruhiger, der Ausdruck gewählter, die
Bibelzitate, die sonst so gern zu Haufen aufgetürmt werden, treten
mehr zurück. Manche Stellen haben einen wohltuenden. Zug wirk-
licher Hoheit. Es spricht ein Mann „mirae constantiae et praeparati
animi ad martyrium" 2.
Ausführlichere Inhaltsangaben sind Luzifers Schriften gegenüber
nicht am Platze. Dieselben wachsen in die Breite infolge unauf-
hörlicher Wiederholung des in dem präzis formulierten und sorgsam
abgewogenen Titel ausgesprochenen Grundgedankens. So persönlich
und gereizt sie sind, so eintönig und langweilig sind sie auch. Es
kommt hinzu, daß sie zumeist, die letzte etwa ausgenommen, von
Anfang bis zu Ende von einer schweren Kette von Bibelzitaten durch-
zogen werden, unter welcher der Kontext fast zu ersticken droht.
Aus den Büchern „De S. Athanasio", den weitschweifigsten und er-
müdendsten von allen, läßt sich sogar ein Einblick in den Bibelkanon
des Verfassers oder in die Anordnung seines Alten Testamentes ge-
winnen, insofern er hier die Schriften des Alten Testamentes in der
Reihenfolge zitiert, in welcher sie ihm vorgelegen haben. Sämtliche
Bücher aber liefern wichtige Beiträge zur Kenntnis der sog, Itala.
Dagegen enthält nur ein einziges Buch, „Morieudum esse pro Dei filio",
nennenswerte Reminiszenzen aus Kirchenschriftstellern, und zwar aus
Tertullian, Cyprian und Laktantius, und gerade diese fremden Vor-
lagen mögen mitbestimmend gewesen sein für das besondere Gepräge,
durch welches das genannte Buch sich auszeichnet. Seine Sprache
nennt Luzifer selbst, wie wir schon hörten, einen „sermo rusticus"
oder „communis". Der Wortschatz ist großenteils dem Vulgärlatein
entnommen, die Deklination und Konjugation vielfach inkorrekt, der
Satzbau überaus nachlässig und ungelenk. Hartel hat die einzelnen
Verstöße gegen die Klassizität in lexikalischer Hinsicht, in der Form-
bildung und in der Syntax zusammengestellt^.
in den Texten und Untersuchungen usf. 13, 4 b, 1895, 4ft"; bezüglich des Lak-
tantius S. Brandt in seiner Laktantius-Ausgabe 1, 1890, Proleg. f. cm
Über
die Vorlagen Luzifers in der Schrift ,Morienduni esse pro Dei filio" im be-
sondern s. A.Merk in der Theol. Quartalschrift 94, 1912, 1—32. —
In der
sogleich zu erwähnenden Bittschrift der luziferianischen Presbyter Faustinus
und Marcellinus an die Kaiser vom Jahre 383 oder 384 (c. 88 ed. Guenther,
Corpus Script, eccles. lat. 35, 31) wird von den Schriften Luzifers an Kon-
stantius gesagt: ,Quos quidem libros, cum per oninia ex integro ageret,
suspexit et Äthan asius ut veri vindicis atque in graecum stilum transtulit,
ne tantum boni graeca lingua non haberet. Parum est: quin etiam propriis
litteris idem Athanasius eosdem libros praedicat ut prophetarum et evan-
geliorum atque apostolorum doctrinis et pia confessione contextos." Mit dem
letzten Satze wird jedenfalls auf die zwei Briefe des Athanasius an Luzifer
hingewiesen (Migne a. a. 0. 13, 1037—1042; Hartel a. a. 0. 322—327),
welche oben, S. 73, als luziferianische Fälschungen bezeichnet worden sind.
Faustinus und Marcellinus werden jedoch nicht die Fälscher gewesen sein,
sondern zu den Düpierten gehören. Von einer griechischen Übersetzung der
Schriften Luzifers ist sonst nichts bekannt. Daß Athanasius eine solche
gefertigt haben sollte, ist fast unglaublich. Vgl. Saltet (Fraudes litteraires
des schisraatiques Luciferiens) im Bulletin de litterature eccles. 1906, 3141
—
Zu bedauern ist der Verlust eines wohl auch noch in die Tage des Exils
zurückreichenden Klageschreibens Luzifers an Hilarius von Poitiers über des
letzteren Schrift „De synodis". Vgl. vorhin S. 381.
'
Vgl. c. S6 ed. Guenther: .Falsi cognomenti discutiamus invidiam, qua nos
factant esse Luciferianos."'
476 Italiker und Westafrikaner.
Der Text der genannten Schriften bei Migne a. a. 0. ist aus Gallandi,
—
Patrum 7, Venet. 1770, 439 474, entlehnt. Das zuletzt erwähnte
Bibl. vet.
Glaubensbekenntnis wurde erstmalig 1675 durch P. Quesnel herausgegeben.
Die Schrift ,De fide adversus Arianos" war schon 1528 zu Basel, apud
loannem Fabrum luliacensem gedruckt worden. Über die handschriftliche
,
* Wiewohl Isidor von Sevilla (De vir. ill. 14) die Schrift schlechtweg als Werk
des Marcellinus kennzeichnet, ohne Faustinus auch nur zu nennen.
* Gennad., De vir. ill. 16.
^ Wilmart in den Sitzungsberichten der k. Akad. der Wiss. in Wien, Philos.-
hist. Kl. Bd 1Ö9, Abhandl. 1, 1908, 2.
§ 34. Zeno von Verona und Filasirius von Brescia. 1. Zeno von Verona. 477
Kämpfe zwischen Papst Damasus und dem Gegenpapste Ursinus (unter dem
unzutreffenden Titel Quae gesta sunt inter Liberium et Felicem episcopos,
:
ed. Guenther 1 —
und der Herausgeber Sirmond, welcher aus einer Ab-
5),
schrift der „Avellana" schöpfte, erblickte in dieser Erzählung die „praefatio"
der Bittschrift. Doch erkannte schon Tillemont, daß das erste und das zweite
Stück der Sammlung außer allem inneren Zusammenhange stehen. Das ,Ex-
plicit" des ersten und das „Incipit" des zweiten Stückes wird aber auch
heute noch verschieden abgegrenzt. S. einerseits Günther a. a. 0. 7 ff;
anderseits J. Wittig, Papst Damasus I. (Römische Quartalschrift, Supplement-
heft 14), 1902. 54 ff. Hinter der Bittschrift steht in der „Avellana" das
—
Reskript des Theodosius an Kynegius (ed. Guenther 45 46). Zu der Bitt-
schrift selbst vgl. Krüger a. a. 0. 62 f 75 ff.
6. Hilarius. —
Ein luziferianischer Diakon Hilarius zu Rom
glaubte noch weiter gehen zu müssen als seine Parteigenossen und
wollte die zurücktretenden Arianer von neuem taufen. Er veröffent-
lichte wie wir von Hieronymus hören, „libellos de haereticis
auch,
rebaptizandis" ^ Sonstige Nachrichten über diese „libelli" liegen nicht
vor. Den Verfasser identifiziert man gern mit dem Diakon Hilarius,
welcher 355 Luzifer nach Mailand begleitete und dort neben dem
Bischof standhaft ausharrte. Als Hieronymus seine „Altercatio Luci-
feriani et orthodoxi" verfaßte, um 382, war Hilarius schon gestorben,
ohne Schule gemacht zu haben. „Cum horaine pariter interiit et secta." ^
Vgl. Krüger a. a. 0. 88 f.
des Pontifikates Zenos auf die Zeit vom 8, Dezember 362 bis 12. April
371 oder 372 einschränken, hält aber an der Echtheit der 93 „trac-
tatus" fest^
Diese „tractatus" oder Predigten ^ waren den alten Literarhistorikern
unbekannt. Weder Hieronymus noch Gennadius noch Isidor von Sevilla
macht Zeno unter den ,,viri illustres" namhaft. Das älteste Zeugnis
für ein schriftstellerisches Wirken Zenos ist ein in das 8. Jahrhundert
zurückreichendes Manuskript der Predigten selbst, welches wahrschein-
lich von der Abtei S, Zenone zu Verona aus seinen Weg in das
Benediktinerkloster zu Reims gefunden hat. Ihm schließt sich eine
Handschrift der Predigten aus dem 9. oder 10. Jahrhundert in der
Bibliothek der Kathedrale zu Pistoja an, welche erst von dem
neuesten Herausgeber Graf Giuliari, wiederum Veroneser, verwertet
worden ist 3.
§ 34. Zeno von Verona und Filastrius von Brescia. 1. Zeno von Verona. 479
dem Bewußtsein ,Non enim in ecclesia Dei fucatus quaeritur sermo, sed veritas pura."
:
' Der alte Philologe Kaspar Barth (Adversariorum commentariorum libri 60,
Francofurti 1624, col. 1944) glaubte sagen zu dürfen: „Cum Zenonis Veronensium
qaondam antistitis sermones lego, Christianum quemdam Appuleium legere mihi
videor.
' Vgl. Bigelmair a. a. 0. 89 —91.
Die irrige Angabe Bigelmairs, daß der Psalmen-
kommentar des Hilarius „etwa um
das Jahr 370 vollendet wurde", hätte Arnold
(in der Realenzykl. f. prot. Theol. u. Kirche' 21, 1908, 661) nicht mehr wieder-
holen dürfen.
* Tract. 2, 18. Arkadius litt vermutlich am 12. Januar 305, jedenfalls aber
zu Cäsarea in Mauretanien. Es existiert auch noch eine lateinische ,Passio S. Ar-
480 Italiker und Westafrikaner.
cadii", welche mit der genannten Predigt auf das engste verwandt und in der über-
lieferten Fassung sonder Zweifel von der Predigt abhängig ist. Vgl. Bigelmair
a. a. 0. .56—58. Monceaux . Eist. litt, de l'Afrique ehret. 3, Paris 1905, 154
bis 156 366.
• Tract. 1, 5, 4. « Bigelmair a. a. 0. 34 f.
§ 84. Zeno von Verona und Filastrius von Brescia. 2. Petronius. 3. Filastrius. 481
Verona 66 f.
' DiQ Überlieferung spricht für die Schreibung mit F: Filastrius statt Philastrius.
Zwischen den Formen Filastrius und Filaster aber herrscht schon bei den ältesten
Zeugen Schwanken. In den Akten der Synode zu Aquileja vom Jahre 381 lautet
der Name „Phelaster, Philastro, Philaster" (Mansi, SS. Conc. Coli. 3, 599 601 612)
oder vielmehr „Feiaster, Filastro, Filaster" (Fr. KauflFmann, Texte und Unter-
suchungen zur altgerman. Religionsgeschichte, Texte 1-, Straßburg 1899, 38 61).
• Augustinus schreibt in seiner Ep. 222, ad Quodvultdeura, c. 2, beharrlich „Philastrius",
in seinem etwas jüngeren „Liber de haeresibus" hingegen, c. 41 45 53 57 67 71
80 81, ebenso beharrlich „Philaster". Weiteres bei Marx in seiner Filastrius- Aus-
gabe, Wien 1898 (Corpus Script, eccles. lat. 38), Proleg. viii ff. „Filaster" scheint
Bardenhewer, Gesch. der altkirchl. Literatur. III. 31
482 Italiker und Westafrikaner.
und Seraphim bei Isaias 6 huldigen (c. 155), diejenigen, welche die
Worte Is 6, 6 ff unrichtig deuten (c. 156). Treffend hat Marx hervor-
gehoben, daß die 128 Kapitel des zweiten Teiles in zwei Hälften von
je 64 Kapiteln zerfallen: die erste Hälfte, knapper gehalten, führt in
biographischer Weise Häretiker bzw. Häresiarchen vor, die zweite
verbreitet sich ausführlicher in doxographischer Weise über häretische
Lehranschauungen ^. aber wiederholt
In der zweiten Hälfte kommen
Häresien zur Sprache, welche schon in der ersten Hälfte erwähnt
eine vulgäre Nebenform zu „Filastrius" zu sein. Vgl. Marx in den Berichten über
die Verhandlungen der k. sächs. Ges. der Wiss. zu Leipzig, Philol.-hist. KL, 56,
1904, 44 f.
'
Vgl. die Bemerkungen über beide Werke bei Aug., Ep. 222, 2.
* Aug., De haeres. 41. Vgl. Isid. Hispal., De vir. ill. 3.
* Siehe den „conspectus operis" bei Marx in seiner Filastrius-Ausgabe 138 — 141;
vgl. Pröleg. XXXV ff.
§ 84. Zeno von Verona und Filastrius von Brescia. 3. Filastrius von Brescia. 483
Tatsache, daß Filastrius ,ein sehr schlechter Chronolog war'". Das ist allerdings
auch dadurch erwiesen, daß Tatian, der Schüler Justins des Märtyrers, in die Zeit
nach der Verfolgung unter Decius gesetzt wird (c. 48). Marx (Proleg. xv) will
aus den angeführten beiden Stellen folgern, daß unsere Handschriften den Text
einer zweiten Ausgabe des Buches des Füastrius bieten, welche um 430, vermutlich
in Italien, von unbekannter Hand veranstaltet worden sei. Diese Hypothese ent-
behrt jedes anderweitigen Stützpunktes.
31*
:
mehr oder weniger versteckte Zeitspuren, der Hinweis auf die Ge-
schlechter der Gracchen und Anicier (c. 24), bei welchem wahr-
scheinlich an Furius Maecius Gracchus, 376 377 praefectus urbi, —
—
und Anicius Auchemius Bassus, 382 383 praefectus urbi, zu denken
ist, die Andeutung, daß der Donatistenführer Parmenianus, welcher
um 391 starb, noch unter den Lebenden weilt (c. 83), der Umstand,
daß Filastrius eine Kenntnis des Priszillianismus bekundet (c. 84),
wie sie vor der im Winter 381/382 erfolgten Reise Priszillians und
seiner Genossen nach Rom und Mailand schwerlich in Italien voraus-
gesetzt werden darf, gestatten wohl die Folgerung, daß die Aus-
arbeitung des Buches in die Jahre 383 391 gefallen ist^ —
Über das Leben und Wirken des Filastrius gibt eine von seinem
Nachfolger Gaudentius bei der 15. Wiederkehr seines Todestages ge-
haltene Gedächtnisrede 2 dürftigen Aufschluß. Filastrius ist in ver-
schiedenen Ländern umhergezogen ^, um Gottes Wort zu predigen
und die Feinde des Glaubens, insbesondere die Arianer, zu bekämpfen,
hat unter dem arianischen Vorgänger des hl. Ambrosius, Auxentius,
zu Mailand und später zu Rom sich aufgehalten und schließlich zu
Brescia ein dauerndes Heim gefunden. Im Jahre 381 unterschreibt
er als Bischof von Brescia die Akten der Synode von Aquileja*.
Zwischen 383 und 387 hat Augustinus ihn in Mailand bei Ambrosius
getroffen s. Vor 397 ist er, wie gesagt, gestorben.
Die erste Ausgabe der Schrift des Filastrius besorgte J. Sichard, Basel
1528, 8°. Es folgten Ausgaben von J. A. Fabricius, Hamburg 1721: von
P. Galeardi, Breslau 1738 (abgedruckt bei Gallandi, Bibl. vet. Patrum 7,
Venet. 1770, 475 —
521, sowie bei Migne a. a. 0.); von Fr. Oehler in seinem
Corpus haereseologicum 1, Berolini 1856, 1 185. —
Einzelne Kapitel der
Schrift (60 88 89) bearbeitete auch Th. Zahn, Geschichte des neutestamentl.
—
Kanons 2, 1, Erlangen 1890, 233 239. Einen bedeutsamen Fortschritt be-
zeichnete die Ausgabe von Fr. Marx, Wien 1898 (Corpus script. eccles.
lat. 38), gegründet auf die Handschriften zu St Petersburg und zu Wien.
Die von Marx vergeblich gesuchte dritte Handschrift saec. IX X, die Quelle —
der editio princeps vom Jahre 1528, mit der Wiener Handschrift saec. X
nahe verwandt, tauchte 1902 unter den Görres-Handschriften auf und liegt
jetzt in Berlin. Genauere Mitteilungen über sie machte zuerst A. Engelbrecht
(Studien über den Lukaskoramentar des Ambrosius) in den Sitzungsberichten
der k. Akad. der Wiss. in Wien, Philos.-hist. Kl., Bd 146, Abhandl. 8, 1903,
—
46 54. Eine sorgfältige Beschreibung und Kollationierung gab Marx, Über
die Trierer Handschrift des Filastrius. Zur Ergänzung der Wiener Ausgabe
*
So, 383—391 , Zahn , Gesch. des neutestamentl. Kanons 2, 1, 235. Marx,
Proleg. xni: ,383 vel 384 librum esse editum suspicamur."
Gaudent., Sermo de vita et obitu B. Philastrii, Migne 20, 997—1002.
*
Sein Vaterland wird leider nicht genannt. Die Vermutung, er sei Alexan-
'
driner oder doch Ägypter gewesen (Marx, Proleg. xi), ist sehr schlecht begründet.
Vgl. Juret, Etüde grammaticale sur le latin de S. Filastrius, Erlangen 1904, 4—5.
* Siehe die vorhin zitierten Stellen der Akten.
§ 34. Zeno von Verona und Filastrius von Brescia. 4. Gaudentius von Brescia. 485
Berichte über die Verhandlungen der k. sächs. Ges. der Wiss. zu Leipzig,
Philol.-hist.Kl, Bd 56, 1904, 43—105. ~ Eine weitläufige Studie über die
Sprache des Filastrius nebst maunigfachen Beiträgen zur Textkritik seines
Werkes bei P. C. Juret, Etüde grammaticale sur le latin de S. Filastrius
(These), Erlangen 1904, 8**. — Über die Quellen des Werkes handelten
R. A. Lipsius, Zur Quellenkritik des Epiphanios, Wien 1865, 4 ff. Ders.,
Die Quellen der ältesten Ketzergeschichte neu untersucht, Leipzig 1875, 91 ff.
A. Hilgenfeld, Die Ketzergeschichte des Urchristentums, Leipzig 1884, 79 80. —
Ders., Judentum und Judenchristentum, Leipzig 1886, 56 —
61. J. Kunze, De
historiae Gnosticismi fontibus novae quaestiones criticae, Lipsiae 1894, 46 ff.
Vgl. noch J. Wittig, Filastrius, Gaudentius und Ambrosiaster, bei M. Sdralek,
Kirchengeschichtl. Abhandlungen 8, Breslau 1909, 1 —
56.
Proleg. vn f. Über sonstige supposititia s. Gaieardi bei Migne 20, 809 bis
810. Über die Latinität des Gaudentius (Knappe a. a. 0. 10 ff) handelte auch
schon K. Paucker in der Zeitschr. f. die Österreich. Gymnasien 32, 1881, 481 ff.
Über (fragwürdige) Reminiszenzen aus Vergil und Cicero bei Gaudentius s.
Januel a. a. 0. 1, 35 38. Zur Geschichte der Ausgaben vgl. Schönemann
bei Migne 20, 791 — 796. — Aus dem Leben des Gaudentius ist nur sehr
wenig bekannt. Nach Ausweis des „Sermo de ordinatione sua" befand or
sich auf Reisen im Orient, als ihn die Nachricht ereilte, daß er zu Brescia
zum Nachfolger des Filastrius gewählt worden. Es kostete nicht geringe
Mühe, seinen Widerstand zu brechen. Vor allem scheint das Mahnwort des
hl. Ambrosius Eindruck auf ihn gemacht zu haben. Zu Beginn des 5. Jahr-
hunderts ist er mutig und opferwillig für die Sache des exilierten Chryso-
stomus eingetreten. Er war einer der lateinischen Bischöfe, welche sich 404
oder 405 im Auftrage des Kaisers Honorius und des Papstes Innocenz I.
nach Konstantinopel begaben, um Kaiser Arkadius an seine Pflicht zu er-
innern (Pallad., Dial. de vita Chrys. 4, Migne, PP. Gr. 47, 15; vgl. Chrys.,
Ep. 184, Migne 52, 715). Wann Gaudentius den Hirtenstab niedergelegt hat,
ist ebenso ungewiß, wie wann er denselben in die Hand genommen.
5. Fortunatianus von Aquileja. —Fortunatianus, ein geborner
Afrikaner, unter Konstantius (337 —
361) Bischof von Aquileja, 343 Teil-
nehmer an dem Konzil zu Sardika (Mansi, SS. Conc. Coli. 3, 39), hinterließ
eine kurze Erklärung der Evangelien in wenig gebildeter Sprache. Hier-
onymus hat dieselbe dreimal erwähnt (Ep. 10, 3; De vir. ill. 97; Comm. in
Matth. praef.), und wenn er sie früher „margaritam de evangelio" nannte
(Ep. 10, 3), so sagte er später: ,in evangelia titulis ordinatis brevi et rustico
sermone scripsit commentarios" (De vir, ill. 97). Die Schrift gilt als ver-
schollen. Die „tituli" oder Evangelienabschnitte wollte S. Berger (Histoire
de la Vulgate, Paris 1893, 308 312) in den Summarien gewisser altlateinischer
Evangelienhandschriften wiederfinden. G. Wohlenberg (Theol. Studien, Th. Zahn
—
zum 10. Okt. 1908 dargebracht, Leipzig 1908, 391 426) vermutete, die ganze
Schrift sei noch vorhanden, weil identisch mit der unter des Hieronymus
Namen überlieferten ,Expositio quatuor evangeliorum", welche nach der
Erstlingsausgabe Martianays bei Migne, PP. Lat. 114, 861 —
916, unter den
Werken Walahfrids und nach der Ausgabe Vallarsis bei Migne 30, 531 590, —
unter des Hieronymus Werken steht. P. Paschini (Revue Bened. 26, 1909,
—
469 475) hat Wohlenberg zugestimmt und Spuren einer Benützung dieser
„Expositio" in den Matthäushomilien des Bischofs Chromatius von Aquileja
(§ 36, 14) nachweisen zu können geglaubt. Doch ist die Sache noch keines-
wegs spruchreif. Fortunatianus genoß in hohem Maße das Vertrauen des
—
Papstes Liberius (352 366), und nach Hieronymus wäre er es gewesen, der
den Papst auf dem Gange ins Exil zur Nachgiebigkeit überredete und zum
Abfall vom wahren Glauben verführte (in hoc habetur detestabilis quod
,
Lektor der Kirche zu Rom und seit etwa 345 erster Bischof von Vercellä
(Vercelli), war einer der angesehensten Kirchenfürsten des Okzidents, hervor-
leuchtend durch asketische Strenge des Lebens und mannhafte Verteidigung
des orthodoxen Glaubens. Auf Wunsch des Papstes Liberius schloß er sich
354 der von Luzifer von Calaris geführten Gesandtschaft an Kaiser Kon-
stantius an, blieb ebenso wie Luzifer auf der Synode zu Mailand 355 allen
Einschüchterungsversuchen des Kaisers unzugänglich und- ward nun gleich-
;
§ 34. ZeiK) von Verona und Filastrius von Brescia. 6. Eusebius von Vercellä. 487
(1. Die ersten literarischen Vertreter des Donatismus. 2. Optatus von Mileve.
3. Tyconius.)
sucht und dargestellt, Freibuig i. Br. 1883, 8". W. Thümmel, Zur Beurteilung des
Donatismus. Eine kirchengeschichtliche Untersuchung, Halle 1893, 8". P. Monceaux,
Hist. litt, de l'Afrique chrät. 4, Le Donatisme, Paris 1912. Dieser jüngste Band des
§35. Donatisten uml Antidonatisten. 1. Erste literar. Vertreter des.Donatismus. 489
Der Name „Donatiani" oder „Donatistae" wird bald ayf den er-
wähnten Bischof Donatus von Casä Nigra zurückgeführt bald auf
den nach dem frühen Tode des Majorinus zum schismatischen Bischof
von Karthago bestellten Donatus, einen tatkräftigen und erfolgreichen
Agitator, den seine Anhänger mit dem Beinamen des Großen schmückten ^.
Dieser letztere Donatus, gest. um 355, ist auch der erste literarische
Anwalt des Schismas gewesen. Doch sind alle seine Schriften zu
Grunde gegangen. Dasselbe Schicksal traf die ziemlich zahlreichen
Schriften des zeitgenössischen Donatisten Vitellius, während von
dem etwas jüngeren Donatisten Makrobius zwei Schriften erhalten
geblieben sind, offenbar deshalb, weil sie abseits des Schismas lagen
und auch den Katholiken Interesse boten. Makrobius war etwa 363
bis 375 donatistischer Winkelbischof zu Rom. Eine umfassendere
literarische Tätigkeit entfaltete Parmenianus, welcher Donatus
d. Gr. in der Reihe der schismatischen Bischöfe Karthagos gefolgt
war und bis um 391 die donatistische Bewegung leitete. Er hat auch,
zu Zwecken der Propaganda unter dem gewöhnlichen Volke, dona-
tistische „Psalmen" gedichtet-, denen dann Augustinus 393 seinen
.jPsalmus contra partem Donati" entgegenstellte. Zwei seiner Werke
lassen sich aus katholischen Entgegnungen noch großenteils wieder-
herstellen, eine fünf Bücher zählende Polemik gegen die Katholiken
aus der Antwort des Bischofs Optatus von Mileve in Numidien, ein
interessantes Mahnschreiben an den katholisierenden Donatisten Tyconius
aus der Antwort Augustins.
a) Donatusd. Gr. —
Hieronymus (De vir. ill. 93) berichtet von Dona-
tus d. Gr. „Exstant eins multa ad suam haeresim pertinentia opuscula et
:
Werkes von Monceaux ist leider zu spät erschienen, als daß er hier noch hätte be-
nutzt werden können.
' Hieronymus (De bezeichnet Donatus d. Gr. als den „Donatus, a
vir. ill. 93)
quo Donatiani pullulaverunt". Augustinus hingegen (De haeres. 69; Retract. 1,
21, 3) glaubt diese Annahme ausdrücklich ablehnen und Donatus von Casä Nigra
als den Vater des DonatiSmus betrachten zu sollen. Chapraan möchte diese beiden
Donatus für eine und dieselbe Perrson halten. J. Chapman, Donatus the Great and
Donatus of Casae Nigrae: Revue Bened. 26. 1909, 13—23.
* Praedestinatus 1, 44. Vgl. Aug., Ep. 55, 18, 34.
:
nachweislich erst sehr spät unter Cyprians Namen gestellt worden ist (ge-
druckt zuletzt bei Hartel, S. Cypr. opp. 3, 173 220). —
A. Harnack (in
den Texten und Untersuchungen usf. 24, 3, Leipzig 1903, 1 —
72) stimmte
der Identifizierung zu, betonte aber, daß die Schrift nach inneren Anzeichen
von einem schisraatischen Bischöfe zu Rom verfaßt, also nicht dem k^itho-
lischen Presbyter Makrobius in Afrika, sondern dem donatistischen Winkel-
bischof Makrobius in Rom zuzuweisen sei. Statt „ad confessores et virgines *,
wie es in den Gennadius- Ausgaben heißt, wollte Harnack (a. a. 0. 53) „ad
confessores virgines" gelesen wissen, während Morin (Revue Bened. 29, 1912,
—
82 84) unter den „confessores", im Unterschiede von den „virgines", die
Psalmisten oder Sänger versteht. Die Argumente, mit welchen Fr. v. Blacha
(bei Sdralek, Kirchengeschichtl. Abhandlungen 2, Breslau 1904, 191 256) —
die Schrift Makrobius absprach und Novatian zueignete, waren unzulänglich.
Es wird wohl dabei bleiben, daß der donatistische Bischof Makrobius in den
—
Jahren 363 375 zu Rom diesen Lehr- und Mahnbrief geschrieben hat, um
denselben seinen Klerikern in Afrika zuzusenden. Die Worte des Gennadius
„scripsit, cum adhuc in ecclesia Dei presbyter esset" müssen dann auf einen
Irrtiim zurückgeführt werden, vermutlich auf einen voreiligen Schluß aus dem
Mangel donatistischer Sonderlehren. Nach handschriftlichem Zeugnis ist
Makrobius auch der Verfasser der von Gennadius nicht erwähnten „Passio
Maximiani et Isaac Donatistarum" (gedruckt bei Migne, PP. Lat. 8, 767 774; —
vgl. Harnack a. a. 0. 56 —
57), einer Schilderung des Martyriums zweier
Donatisten im Jahre 374 (nach Monceaux, Hist. litt, de l'Afrique ehret. 3,
Paris 1905, 542 544 am 26. August 347), und da diese Schilderung wohl
sehr bald nach dem Martyrium aufgezeichnet wurde, so ergibt sich, daß
Makrobius schon vor 347 die katholische Kirche verlassen hatte, wenn er
überhaupt, was nunmehr sehr fraglich erscheinen will, einmal katholischer
Presbyter gewesen ist.
d) Parmenianus. —
Das größere Werk des Parraönianus gegen die
Katholiken, vielleicht „Adversus ecclesiam traditorum" betitelt, kennzeichnet
Optatus von Mileve (Contra Parmen. 1, 6) wie folgt: „A te quidem, frater
Parmeniane, multa tractata sunt ... tu eniin primo loco dixisti comparationes
laudesque baptisraatis secundo autem loco exclusis haereticis unam dixisti
. . .
esse ecclesiam, sed eam ubi sit agnoscere noluisti tertio loco traditores
;
*
Ebd. 1, 14 20 22 26 27.
- In einem cod. Parisinus,
olim Colbertinus, welcher noch zehn Aktenstücke
,
aufbewahrt gedruckt zuletzt in Ziwsas Ausgabe des Werkes des hl. Optatus,
hat,
Wien 1893, 183—216. » Siehe Ziwsa in seiner Ausgabe, Praef. xii.
* Hieronymus (De vir. ill. 110) sagte: ,Adversum Donatianae partis calumniam."'
"
Duchesne, Le dossier du donatisme, Rome 1890.
* Daß das Werk in seiner ersten Ausgabe
aus sechs Büchern bestand, bezeugt
nicht nur Hieronymus (a. a. O), sondern auch der Text selbst (1, 7).
§ 35. Donatisten und Antidonatisten. 2- Optatus von Mileve. 493
*
C. Parm. 7, 1 :,Vos audio dicere ad unam communionem non oportuisse
quaeri, cum filios traditorum vos esse constiterit."
* Vgl. Ziwsa in seiner Ausgabe, Praef. ix ff.
' Aug., De Unit. cccl. 19, 50. Ich glaube nicht, daß diese Schrift Augustinus
selbst angehört.
• Fulg. Rusp., Ad Monim. 2, 13.
§ 35. Donatisten und Antidonatisten. 3. Tyconius. 495
' Die Handschriften schwanken zwischen den Formen Tyconius und Ticonius,
während die Schreibweise Tychonius oder Tichonius nicht beglaubigt ist. Haußleiter
(bei Zahn, Forschungen zur Gesch. des neutestamentl. Kanons 4, Leipzig 1891, 12)
gab der Form Ticonius, Burkitt (The Book of Rules of Tyconius, Cambridge 1894,
103) der Form Tyconius den Vorzug.
« Aug., Contra epist. Farmen. 1, 1. Vgl. Aug., Ep. 93, 10, 43—45; Ep. 249.
Näheres bei Hahn, Tyconius-Studien, Leipzig 1900, 57 ff.
' Gennad., De vir. ill. 18. Die Lesart „libros tres" statt „libros" dürfte aus-
reichend bezeugt sein. Von einer Schrift des Tyconius, welche auf alte Synodal-
—
verhandlungen zurückgriff, spricht auch Augustinus (Ep. 93, 10, 43 44), und er
läßt zugleich deutlich erkennen, daß diese Schrift in dem Streite zwischen Tyconius
und Parmenianus eine Rolle spielte.
* Aug., Contra epist. Farmen. 1, 1: „Et Parmenianus quidem primo eum per
epistolam velut corrigendum putavit, postea vero ex concilio eorum perhibet
damnatum."
* Monceaux im Journal des Savants 1909, 161 ff.
* Die Zahl „octo" bei Gennad. a. a. 0. beruht höchstwahrscheinlich auf dem .
bald den Herrn bald die Kirche im Auge haben; 2. „de Domini cor-
pore bipertito", d, h. von den zwei Teilen oder Seiten der einen
Kirche, welche aus Guten und Bösen besteht, so daß die Schriftstellen
über die Kirche teils von den Guten teils von den Bösen zu ver-
stehen sind; 3. „de promissis et lege", d. h. von den anscheinend
widersprechenden biblischen Lehrsätzen über Verheißung und Gesetz
oder über Glauben und Werke; 4. „de specie et genere", über die
Redefigur, welche das Ganze für den Teil und den Teil für das Ganze
setzt; 5. „de temporibus", über Zeitangaben; 6. „de recapitulatione",
über die Fälle, in welchen etwas als später folgend dargestellt zu
werden scheint, was in Wirklichkeit schon vorausgegangen ist; 7. „de
diabolo et corpore eius", von den Prophetien über den Teufel und
seine Anhänger, welch letztere mit dem Teufel einen Leib bilden,
ganz ähnlich wie der Herr und die Kirche. Jede dieser sieben Regeln
wird an einer Fülle von Beispielen erläutert, und nicht selten werden
noch allerhand dogmatische oder zeitgeschichtliche Exkurse in die
Erläuterung eingeflochten. Das Buch ist das erste lateinische Kom-
pendium der biblischen Hermeneutik, etwas schwerfällig im Ausdruck,
etwas sprunghaft in der Darstellung und nicht frei von sachlichen
Schwächen, aber die Frucht ernsten und selbständigen Denkens. Um
380 niedergeschrieben \ ward es in auszüglicher Überarbeitung von
Augustinus in sein Werk „De doctrina christiana" aufgenommen
und damit ein für allemal des wohlwollenden Interesses der Folge-
zeit versichert. Kassiodor macht unter den „introductores scripturae
divinae" Tyconius an erster Stelle namhaft 3.
Um 380 hat Tyconius auch einen in drei Bücher abgeteilten
Kommentar zur Apokalypse verfaßt*, und mit diesem Kommentare
hat die Auslegung der Apokalypse in der lateinischen Kirche eine
neue Wendung genommen. Der ursprüngliche Text ist abhanden
gekommen, läßt sich aber, wie Haußleiter, Bousset, Hahn und
Ramsay gezeigt haben, aus den Schriften späterer Kommentatoren
der Apokalypse im wesentlichen rekonstruieren. Das reinste und reich-
lichste Material liefert der um 776 kompilierte Kommentar des spanischen
Presbyters Beatus von Libana, der den alten Donatisten „mit un-
* Reg.
5, ed. Burkitt 60 —
61, wird die Dauer der Kirche nach Offb 11, 3 auf
350 Jahre vom Tode des Herrn an berechnet, und das Ende der Welt und damit
der Kirche wird als nahe bevorstehend betrachtet. Mit Rücksicht hierauf datiert
Burkitt (a. a. O. Introd. xviii) die Schrift „before 383 A. D.\ Zutreffender Hahn
(a. a. 0. 6): ,um 380."
' Aug., De doctr. christ.
3, 30—37; Migne, PP. Lat. 34, 81—90. Augustinus
hat stets mit unverkennbarer Hochachtung von Tyconius geredet. Contra epist.
Parmen. 1, 1 nennt er ihn ,honnnem quidem et acri ingenio praeditum et uberi
eloquio, sed tarnen Donatistam."
" Cassiod., Institt. div. litt. 10.
* Über das Datum s. Hahn a. a. 0. 6.
§ 35. Donatisten und Antidonatisten. 3. Tjconius. 497
1908, 851 —
855. —
Die Überlieferung des ,Liber regularum*" beruht auf cod.
Remensis 364 saec. IX (am Schluß verstümmelt) und cod. Yaticanus Regi-
nensis 590 saec. X. Dazu kommt noch eine Epitome des Buches in einem
cod. Modoetianus (zu Monza bei Mailand) saec. IX X. Die editio prin- —
ceps lieferte auf Grund des cod. Vaticanus
, J. J. Grynäus Basel 1569.
, ,
Abdrücke bei Gallandi, Bibl. vet. Patrum 8, Venet. 1772. 105—129; bei Migne,
—
PP. Lat. 18, Paris. 1848, 15 66. Maßgebend ist jetzt die Textesrezension
bei F. C. Burkitt, The Book of Rules of Tyconius, Cambridge 1894 (Texts
and Studies 3, 1). Zur Kritik derselben vgl. W. Bousset in der Theol.
Literaturzeitung 1895, 396 —
399 476. In einem Anhange hat Burkitt auch
die Epitome des cod. ^Modoetianus abgedruckt (89 98). —
In der Einleitung
hat er auch die Geschichte oder den literarischen Einfluß des Buches ver-
folgt (xviii —
xxrv) und den von dem Verfasser benützten Bibeltext unter-
sucht (xL —
Lxviii). Vgl. noch A. Souter, An unrecorded reference to the
—
.Rules" of Tyconius: The Journal of Theol. Studies 11, 1910, 562—563.
Über den Apokalypsekommentar und die Hilfsmittel zu seiner AVieder-
herst eilung s. J. Haußleiter, Die Kommentare des Victorinus, Tichonius und
Hieronymus. Eine, literargeschichtl. Untersuchung Zeitschr. f. kirchl. : iss. W
u. kirchl. Leben 7, 1886, 239 257. —
Ders., Die lateinische Apokalypse der
alten afrikanischen Kirche, bei Th. Zahn, Forschungen zur Gesch. des neu-
Vorgänger, auch Hahn, an vielen Stellen mit Unrecht Tyconius für den Gewährs-
mann des Beatus gehalten haben. Der Kommentar des Beatus ward 1770 zu Madrid
durch H. Florez herausgegeben, fand aber leider bei Migne, PP. Lat., keine Auf-
nahme. Ramsay bereitet eine kritische Ausgabe vor.
^ In dem Spicilegium Casinense 3, 1, 1897, 261—331. Vgl. zu diesen Frag-
menten Hahn a. a. 0. 14 ff. Ramsay a. a. O. 435 ff.
' Richtig Gennad. a. a. 0.: ,Exposuit et Apocalypsin lohannis ex integro, nihil
in ea carnale, sed totum intelligens spiritale." Vgl. Bousset a. a. 0. 62 ff.
Weltkarte des Beatus (776 n. Chr.), Stuttgart 1895, 4". Vgl. auch H. L. Ram-
say, The manuscripts of the coramentary of Beatus of Liejaana on tbe Apo-
calypse (Extr. de la Revue des Bibliotheques), Paris 1902. E. Bratke, Beatus
von Libana, Hieronymus und die „Visio Hesdrae" Zeitschr. f. Kirchengesch.
:
23, 1902, 428 — 430. Z. Garcia, ün nuevo raanuscrito del comentario sobra
el Apocalipsis de San Beato de Liebana: Razön y fe 1905, 478 492. —
§ 36. Ambrosius.
(1. Lebensgang. 2. Schriftstellerische Tätigkeit. 3. Jugendarbeiten. 4. Exegetische
Schriften zum Alten Testament. 5. Exegetische Schriften zum Neuen Testament.
6. Rückblick auf die exegetischen Schriften. 7. Moralisch-asketische Schriften.
8. Dogmatische Schriften. 9. Reden. 10. Briefe. 11. Hymnen. 12. Simplicianus
von Mailand. 13. Vigilius von Trient. 14. Chromatius von Aquileja.)
1. Lebensgang. —
Der Arianer Auxentios, gegen welchen
Hilarius von Poitiers und Eusebius von Vercellä in die Schranken
getreten waren, hatte, dank der Gunst des Kaisers Valentinian L,
den bischöflichen Stuhl von Mailand bis zu seinem Tode im Jahre 374
zu behaupten gewußt. Bei der Wahl eines Nachfolgers entspann
sich zwischen Katholiken und Arianern ein heftiger Streit. Ambrosius,
der Konsular von Ämilien urid Ligurien, erschien in der Kirche, um
Frieden herzustellen, und plötzlich vereinigten die beiden Parteien,
wie einer höheren Eingebung folgend, ihre Stimmen auf Ambrosius.
Er war der Sohn eines vornehmen christlichen Hauses, um 333', ver-
mutlich zu Trier, geboren, wo sein gleichnamiger Vater die Würde
eines praefectus praetorio Galliarum bekleidete. Nach des Vaters
frühem Tode siedelte die Mutter mit ihren drei Kindern nach Rom
über. Ambrosius, das jüngste Kind, schlug, den Traditionen der
Um 333, nach andern um 340. Die-- Entscheidung hängt zusammen mit der
'
Datierung der Ep. 59, welche Ambrosius nach eigener Aussage in seinem 54. Lebens-
jahre schrieb (c. 4). Sie wird entweder in das Jahr 387 oder in das Jahr 394 ge-
setzt, je nachdem die Worte „Nos autem obiecti barbaricis motibus et bellorum
: •
procellis in medio versamur omnium molestiarum freto" (c. 3), auf den Krieg mit
dem Usurpator Maximus 387/388 oder auf den Krieg mit dem Usurpator Eugenius
393/394 bezogen werden. Für 333 als Geburtsjahr auch Rauschen, Jahrbb. der
christl. Kirche unter Kaiser Theodosius d. Gr., Freiburg i. Br. 1897, 273 sowie
,
Amati in den Rendiconti del R. Istituto Lombardo di scienze e lettere 1897, 315 S.
§ 36. Ambrosius. I. Lebensgang. 499
Das Volk hatte einen richtigen Blick gezeigt. Gleich bei Antritt
des neuen Amtes entsagte Ambrosius seinem nicht unbeträchtlichen
Vermögen zu Gunsten der Notleidenden, und die hingehendste und
aufopferndste Hirtenliebe begleitete ihn fort und fort. Hohen und
Niedrigen ohne Unterschied war er zugänglich, wenn nicht etwa un-
zugänglich wegen der Menge der Hilfesuchenden ^. Eines ganz außer-
gewöhnlichen Eindruckes und Erfolges erfreute sich sein Kanzel-
vortrag *. Doch nicht bloß in der Mailänder Kathedrale lauschte man
seinem Worte. Sein Wirken ist ein wesentlicher Bestandteil der
Geschichte seiner Zeit geworden. Er war eine der einflußreichsten
Persönlichkeiten im ganzen römischen Westen. Ebenso selbstlos wie
unabhängig unerschrocken und unbeugsam
, ein Imperator zum , ,
* Vgl. Ambr. , Ep. 63, 65: ,Quam resistebam ne ordinärer! postremo cum co-
gerer, saltem ordinatio protelaretur! Sed non valuit praescriptio, praevaluit im-
pressio!"
* Über das Datum
vgl. Ihm, Studia Ambrosiana, Lipsiae 1890, 5. Rauschen
a. a. Schenkl, S. Ambr. opp. 4, Vindob. 1902, Praef. ii.
0. 564.
^ Vgl. Aug., Conf. 6,
3, 3: „Secludentibus me ab eius aure atque ore catervis
negotiosorum hominum quorum infirmitatibus serviebat
,
nee enini vetabatur. . .
quisquam ingredi aut ei venientem nuntiari mos eraf Siehe auch Paulin., Vita
S. Ambr. 39.
* Bekannt sind die Worte Augustins, Conf.
5, 13, 23: „Verbis eius suspendebar
intentus ... et delectabar suavitate serraonis" Ep. 147, 23, 52 „Per illius es po-
; :
Der Lebensgang des hl. Ambrosius ist hauptsächlich aus seinen eigenen
Schriften, insbesondere seinen Briefen zu erheben. Die ,Vita S. Ambrosii",
welche der frühere Sekretär des Heiligen, Paulinus, auf Anregung Augustins
verfaßte, will nach dem Vorbild der ,Vita S. Martini* des Sulpicius Severus
nicht sowohl belehren als vielmehr erbauen. Sie steht in den meisten Aus-
gaben der Werke des Heiligen, bei Migne, PP. Lat. 14, 27 46, auch in —
Ballerinis Ausgabe 6. 885 906. —
Eine griechische Übersetzung derselben,
etwa aus dem 8. Jahrhundert, in Verbindung mit dem lateinischen Texte, bei
A. Papadopulos-Kerameus, 'AvaAExta kf.rj3o/.-j|jLiTiy.^? rra/oo/ovia; 1, St Peters-
—
burg 1891, 27 88. Vgl. etwa Fr. Kemper, De Vitarum Cypriani, Martini
Turonensis, Ambrosii, Augustini rationibus (Diss. inaug.), Monast. Guestf.
1904, 8°. Eine anonyme griechische , Vita S. Ambrosii'", zuerst gedruckt
in der Mauriner-Ausgabe der Werke des Heihgen, bei Migne a. a. 0. 14.
— —
45 66, auch in Ballerinis Ausgabe 6, 905 925, erweist sich als eine Kom-
pilation aus Theodorets Kirchengeschichte. Eine stilistische Umarbeitung
dieser Kompilation von Simeon dem Metaphrasten steht bei Migne, PP. Gr.
116, 861 —
882. Vgl. Fr. van Ortroy, Les vies grecques de St Ambroise et
leurs sources, in den Ambrosiana, Milane 1897, n. 4.
Die Mauriner gaben im Anhang zu ihrer Edition der Werke des hl. Ambro-
sius auch eine „Vita S. Ambrosii Medio), episc. ex eins potissimum scriptis
collecta et secundum- chronologiae ordinem digesta", abgedruckt bei Migne.
'
Ambr , De obitu Theod. 34:
„Stravit onine quo utebatur insigne regiiim. de-
flevit in ecclesia publice peccatum suum gemitu et l,icrymis oravit veniani."
. . .
gart 1877. Th. Förster, Ambrosius, Bischof von Mailand. Eine Darstellung
seines Lebens und Wirkens, Halle a. S. 1884, 4''. M. Ihm, Studia Ambro-
siana: Jahrbb. f. klassische Philologie, Supplementband 17, Leipzig 1890,
1— 124; auch separat erschienen, Leipzig 1890. (Eröffnet werden diese Studien
—
durch „Fasti Ambrosiani", 4- 12.) A. Düc de Broglie, S. Ambrogio ed il
suo tempo, Milano 1897, 8". Le meme. St Ambroise (340—397), Paris 1899
(Les Saints); ed. 4 1901. C. Roniu.ssi, S. Ambrogio, i tempi, l'uomo, la
basilica memorie, Milano 1897, 8°.
:
Über einzelne Punkte aus dem Lebensgange des Heiligen handeln unter
aüdern F. Barth, Ambrosius und die Synagoge zu Callinicura Theol. Zeitschr. :
' Vgl. Ambr., De offic. 1, 1 : ,Factum est ut prius docere inciperem quam discere."
Discendum igitur mihi simul et docendum est, quoniam non vacavit ante discere.*
502 Italiker und Weatafrikaner.
' Ambr. , Ep. 47—48. Über die Zeit und den Adressaten dieser Briefe vgl.
Rauschen, Jahrbb. der christl. Kirche usw. 311.
§ 36. Arabrosius. 2. Schriftstellerische Tätigkeit. 503
' Siehe Ihm, Studia Ambrosiana 80 — 94: „De Ambrosio Vergilii imitatore."
Vgl. Weymau im 1692 f.
Literar. Zentralblatt 1897, 687 f
^ Hier., De vir. ill. 124: „Ambrosius Mediolanensis episcopus usque in prae-
sentera diem scribit, de quo, quia superest, meum iudicium subtraham, ne in alter-
utram partem aut adulatio iu nie reprehendatur aut veritas." Vgl. dazu v. Sycbowski,
Hieronymus als Literarhistoriker. Münster i. W. 1894, 26 f.
' Vgl. Bd 1. S. 43 fi'.
:
hat nach C. Schenkls Tod sein Sohn H. Schenkl an das Licht gestellt. Im
Unterschiede von Ballerini hat Schenkl einen Einblick in die gesamte Hand-
schriftenmasse zu gewinnen gesucht, um möglichst sicher diejenigen Zeugen
ausmitteln zu können, welche eine maßgebende Bedeutung für die Rezension
des Textes beanspruchen durften. In den „Praefationes" greift Schenkl über
den sonst in der Wiener Sammlung herkömmlichen Rahmen weit hinaus, indem
er nicht bloß die handschriftliche Überlieferung, sondern auch Anlage, Inhalt
und Zweck, Abfassungszeit und Quellen der einzelnen Schriften bespricht.
Ausgewählte Schriften des hl. Ambrosius, übersetzt von Fr. X. Schulte,
Kempten 1871—1877, 2 Bde (Bibl. der Kirchenväter). Bd 1 enthält ,üe
virginibus", „üe.viduis", „De virginitate", ,De mysteriis", ^De poenitentia",
,De excessu fratris sui Satyri" Bd 2 ,De officiis ministrorum", ,De obitu
;
'
In dem Prologeder Übersetzung heißt es (bei Ballerini, S. Ambr. opp. 6, 10)
„T^obis ^urae fuit, non ingenii ope fretis, sed fidei intentione, in historiam ludae-
orum ultra scripturae seriem sacrae paulisper introrsum pergere."
§ 36. Ambrosius. 3. Jugendarbeiten. 505
* So bei Eucherius von Lyon {?), De situ Eierusolimitanae urbis, in den Itinera
Hierosolymitana, ed. Geyer, Vindob. 1898, 130.
* über das Zeugnis der Handschriften s. vor allem Ussani in den Studi italiani
einigen Hieronymus, von andern Ambrosius, von andern Rufinus zugeeignet werde.
Allem Anschein nach handelt es sich nicht um die auszügliche Übersetzung in fünf
Büchern, welche hier in Frage steht, sondern um die vollständige Übersetzung in
sieben Büchern, welche unter dem Namen des Rufinus geht. Daß aber die letztere
zu Kassiodors Zeiten auch Ambrosius zugeschrieben wurde, mag auf einer Miß-
deutung der Tradition beruhen, nach welcher Ambrosius der Urheber der auszüg-
lichen Übersetzung war.
* Ussani (a. a. 0. 304 ffj läßt die Übersetzung um 370 entstanden sein. Auch
—
Vogel (1880) verwies sie schon in die Jahre 367 375. Klebs (1895) wollte sie
um 395 ansetzen.
* Vgl. 5, 53, 1 :,Eleazarus .hunc sermonem adorsus est, quem nos quasi
. .
41— 61. V. Ussani, La questione e la critica del cosi detto Egesippo Studi:
italiani di Filologia classiea 14, 1906, 245—361. Der zweite Teil der Ab-
handlung üssanis enthält wertvolle Vorarbeiten zu einer dringend notwendigen
neuen Textausgabe. 0. Scholz. Die Hegesippus- Ambrosius-Frage, bei M. Sdralek.
Kirchengeschichtl. Abhandlungen 8, Breslau 1909, 149—195.
—
Abhandlungen, 265 297. M. Conrat, Hieronymus und die ,Collatio legum
Mosaicarum et Romanarum " Hermes 35, 1900, 344 347. Schanz, Gesch.
: —
der römischen Litteratur 4, 1, München 1904, 327 —
330. Fr. Triebs, Studien
zur ,Lex Dei**. Heft 1 Das römische Recht der ,Lex Dei" über das fünfte
:
Gebot des Dekalogs, Freiburg i. Br. 1905, 8°; Heft 2: Das römische Recht
der „Lex Dei" über das sechste Gebot des Dekalogs, 1907.
' Alle Handschriften haben „Exameron", und so muß deshalb wohl auch Am-
brosius selbst geschrieben haben. Schenkl, S. Ambr. opp. 1, Praef. xii.
^ Dies ergibt sich aus der Stelle 5, 12, 36: ,Et cum paululum conticuisset,
iterum sermoneni adorsus ait." Näheres über die Art und Weise der Entstehung
des Werkes bei Schenkl a. a. 0. Praef. i f.
» Siehe 4, 5, 20.
§ 36. Ambrosius. 4. Exegetische Schriften zum Alten lestament. 509
'
3, 1, 5 und
3, 5, 28. Übrigens hat Schenk), leider erst in den .Addenda et
corrigenda* am
Schlüsse des ersten Bandes seiner Ausgabe, mit Recht hervor-
gehoben, daß es bedenklich ist, die Einführung des Volksgesanses ohne weiteres
in das Jahr 3S6 zu setzen und diesen Ansatz als sichere Handhabe zur Datierung
der ambrosianischen Schriften zu benützen: ,Sensim enim et pedetentim is mos in-
crebrescere potuit ita. ut anno demum fere 386 in vulgarem usum et consuetu-
dinem reciperetur."
« 3, 1, 3.
' Siehe Schenkl a. a. 0. Praef. vi ff. Vgl. auch Rauschen, Jahrbb. der christl.
Kirche usw. 491 f.
1, 8. 29.
' Und wie eng Ambrosius in der Spur des Basilius
der Anlage der Homilien
gefolgt ist. Beginn seiner achten Homilie: Exam. ö, 12. 36.
zeigt sich namentlich zu
Nachdem er eine Weile .geschwiegen, hebt er wieder an: .Fugerat nos. fratres
dilectissimi, necessaria de natura avium disputatio. et sermo huiusmodi nobis cum
ipsis avibus evolaverat.^ Offenbar eine Fiktion, die dadurch veranlaßt ist, daß
Basilius an der entsprechenden Stelle iHom. S, 2i berichtet, er habe eine kleine
Pause in seinem Vortrage eintreten lassen, weil er durch Winke der Zuhörer darauf"
aufmerksam gemacht worden sei. daß er die Vögel übergangen habe.
:
das ewige Leben haben, sofort beiseite ^ Nach einer Bemerkung des
hl.Hieronymus hätte Ambrosius außer Basilius auch Hippolytus und
Origenes als Gewährsmänner herangezogen 2. In dem über den Menschen
und den menschlichen Organismus handelnden Abschnitt des sechsten
Buches scheint Ambrosius besonders reichlich aus Galenus und Apulejus
geschöpft zu haben.
' So schon 1, 6, 20: ,Ad illa magis intendamus aninium, in quibus vitae sit
profectus aeternae." Vgl. 2, 1, 3 ; 2, 2, 7 ; 6, 2, 8.
* „Nuper S. Ambrosius sie Hexaemeron illius (sc. Origenis)
Hier., Ep. 84, 7 :
"
de eo (sc. paradiso) scripsi, nonduni veteranus sacerdos
§ 36. Ambrosius. 4. Exegetische Schriften zum Alten Testament. 511
Jahrbb. f. Philos. und Pädag. 141. 1890, 282—288. (Über die Verwertung
des philohischen Traktates ,De profugis" oder .,De fuga et inventione" bei
Ambrosius, ,De fuga saeculi" und sonst.) P. Wendland in Philonis Alex-
andrini opp., edd. Cohn et Wendland, 3, Berol. 1898, Proleg. xiii xiv. In —
Scherikls Ausgabe sind auch die Quellenstellen aus Philo ständig angemerkt
Über Zitate aus dem Gnostiker Apelles bei Ambrosius, ,De paradiso ""i s.
A. Harnack, Sieben neue Bruchstücke der Syllogismen des Apelles Texte :
und Untersuchungen zur Gesch. der altchristl. Lit. 6, 3, Leipzig 1890, 111
bis 120; vgl. Harnack (Miscellen) ebd. 20, 3, Leipzig 1900, 93—100.
' Vgl. namentlich 1, 4, 23: ,Quoniam cum bis mihi sermo est, qui ad gratiam
baptismatis nomeu dederunt." 1. 4, 25: ,Sed et vos moneo, viri, maxime qui ad
gratiam domini tenditis." 1, 9, 89; , Fortasse audrentes baec, filiae, quae ad gra-
tiam domini tenditis." *
Vgl. Ambr., De Joseph patr. 1, 1.
'^
* Vgl. 4, 35: „,Iam praeteriit hiems', id est venit pascha, venit indulgentia
advenrt remissio peccatorum." Vgl. auch Ambr., De Joseph patr. 1, 1.
^ Vgl. 1, 1: jQuoniam de anima superiore libello sermonem aliquem contexui-
mus, faciliorem viam putamus de bono mortis conficere aliquid.
Bardenhewer, Gesch. der altkirchl. Literatur. HI. 33
514 Italikcr und Westafrikaner.
I
§ 36. Ambrosius. 4. Exegetische Schriften zum Alten Testament. 515
Erklärung des Segens Jakobs über seine Söhne (Gn 49), welcher nach
Ambrosius eine Fülle messianischer Weissagungen birgt. In den
Worten über Rüben ist das Verhalten des jüdischen Volkes gegen-
über Christus vorhergesagt. Unter Simeon sind die dem Stamme
Simeon angehörenden Schriftgelehrten, unter Levi die Hohenpriester
zur Zeit Christi verstanden. Hier hat Hippol3'tus Ambrosius die Wege
gewiesen. Die wiederum auf Predigten beruhende Schrift ist der
Schrift „De loseph patriarcha" in kurzem Zwischenräume, um 389,
gefolgt!.
Für die Textesrezension ist die unter k genannte Handschrift des 7. Jahr-
hunderts maßgebend. —
Ausgaben: Migne 14, 673 694. Ballerini 1. 655 —
bis 678. Öchenkl 2, 123—160. —
Über die Benützung der Schrift Hippolyts
über den Segen Jakobs s. Bardenhewer in der Lit. Rundschau 1898. 201.
H. Moretus, Les benedictions des patriarches dans la litterature du IV'= au
VHP siecle: Bulletin de litt, eccies. 1909, 398—411; 1910, 28—40 83—100.
m) „De Helia et ieiunio." Besteht aus Predigten über die
Enthaltsamkeit im Essen und Trinken, welche auf alttestamentliche
Beispiele, insbesondere Elias, zurückweisen. Einige Predigten Ba-
silius" d. Gr. („De ieiunio 1", „In ebriosos", „Exhortatoria ad sanctum
33*
.
gleich aber betonen, daß David durch offenes Bekenntnis, durch Buße
und Eifer im Guten die volle Verzeihung Gottes erlangt habe. Die
Adresse „ad Theodosium Augustum" ist schon durch die älteste Hand-
schrift, aus dem 8. Jahrhundert, bezeugt. Die Abfassung fällt zwischen
die Ermordung des Kaisers Gratian im August 383, auf welche an-
gespielt wird (6, 27), und die Herausgabe des Lukaskommentares im
Jahre 389, weil hier (3, 38) auf unsere Schrift verwiesen wird.
Die ältesten und besten Handschriften sind cod. Bononiensis 32 saec. VII
und cod. Parisinus 1732 saec. VIII. —
Ausgaben: Migne 14, 851 884. —
Ballerini 2, 73—108. Schenkl 2, 297—355. —
Dogmengeschichtlich sehr
bemerkenswert ist die Aufzählung der neun Engelchöre 5, 20 vgl. A. Mauset ;
Bezug zu nehmen, verrät sich vielmehr durch die straffe, ängstlich durch-
geführte Gliederung, durch den weichen, unterwürfigen, fast süßlichen Ton
gegenüber den Zuhörern, durch die Diskrepanzen des Stiles überhaupt als
ein fremdartiges Erzeugnis. Die Persönlichkeit des Verfassers oder Predigers
hat sich noch nicht ermitteln lassen. Vgl. Ihm a. a. 0. 72 73. Kellner —
a, a. 0. 134—136. Schenkl 2, Praef. vii— xi.
lassen sich nicht genauer datieren,mögen aber auch aus den letzten
Lebensjahren des Verfassers stammen. Das Ganze ist also ein erst
nach dem Tode des Verfassers abgeschlossenes, im wesentlichen auf
Homilien beruhendes Sammelwerk. Von den meisten der vorhin ge-
nannten Schriften unterscheidet es sich durch die ausschließlicher
exegetische, auf die Erläuterung des Wortlautes gerichtete Haltung.
Die Allegorese und im Bunde mit ihr die messianische Deutung steht
im Vordergrunde. Die Quellen sind noch nicht näher untersucht
worden. Laut Hieronymus hat Ambrosius sich auf Origenes gestützt ^
In der Erklärung zu Ps 1 hat er jedenfalls auch aus Basilius d. Gr.
geschöpft.
—
Ausgaben: Migne 15. 1197 1526. Ballerini 2. 435 784. —
Beiträge —
zur Texteskritik aus cod. Treverensis 1285 saec. XI bei Ihm a. a. 0. 95 119. —
Vgl. auch Kellner a. a. 0. 152 166. —
Über die Deutung der hebräischen
Buchstaben und ihre mutmaßliche Herkunft handelt D. H. Müller in den
Sitzungsberichten der k. Akad. der Wiss. in Wien, Philos.-hist. KL, Bd 167,
Abhandl. 2, 1911 (Ambrosius habe aus einer verloren gegangenen Schrift Philos
von Alexandrien über die Etymologie und SymboHk der hebräischen Buch-
staben geschöpft) dazu einige Ergänzungen von W. Bacher in der Wiener
;
' Cassiod., Institt. div. litt. 8. Ambrosius hatte einmal brieflich (Ep. 37, 1 — 2)
Homilien über die Paulinen in Aussicht gestellt.
' Zuletzt ist dieselbe von Ballerini in seiner Ambrosius-Ausgabe 3, 349 ff, ver-
fochten worden.
* Zu 1 Tim 3, 14 sagt er: ,Ut cum totus mundus Dei sit. ecclesia tarnen domus
eius dicatur, cuius hodie rector est Damasus" (Migne, PP- Lat. 17, 471). Zu
§ 36. Ambrosiius. 5. Exegetische Schriften zum Neuen Testament. 521
nus an Hilarius von Poitiers gedacht. Dieser aber kann, ganz ab-
gesehen davon, daß er schon 367 starb, das Pontifikat des Damasus
also kaum noch erlebte, aus inneren Gründen als Verfasser unseres
Kommentares schlechterdings nicht in Betracht kommen. Der vor
382 gestorbene luziferianische Diakon Hilarius, welcher die Wieder-
taufe der Arianer predigte, ist gleichfalls ausgeschlossen, und von
dem etwas jüngeren luziferianischen Presbyter Faustinus, in welchem
Langen den Verfasser gefunden haben wollte, darf noch weniger
die Rede sein. Morin empfahl den aus dem Streite zwischen Papst
Damasus und dem Gegenpapst Ursinus bekannten Juden Isaak, ließ
denselben aber wenige Jahre später wieder fallen, um nunmehr den
Staatsmann Decimius Hilarianus Hilarius auf den Schild zu heben,
von dem es nicht einmal feststeht, daß er überhaupt geschriftstellert
hat. Trotzdem glaubte auch S o u t e r eine Zeitlang an diesem Staats-
mann festhalten zu sollen, während er bei späterer Gelegenheit nicht
abgeneigt war, auf die Seite des Juden zu treten. Der Jude hatte
inzwischen, obwohl von seinem ersten Gönner im Stiche gelassen,
schon einen immerhin beträchtlichen Kreis von Freunden gewonnen.
Die aus den „Hilarius "-Zeugnissen sich ergebende Schwierigkeit wollte
Wittig durch die Hypothese ausräumen, daß der Jude bei der Taufe
in sinngemäßer Übersetzung seines bisherigen Namens ^ sich „ Gauden-
tius" genannt —
so heißt aktenmäßig der erste Führer der ursinia-
nischen Partei —
und sodann für seine schriftstellerische Tätigkeit
das gleichbedeutende Pseudonym „Hilarius" angenommen habe. Und
wenn der erste Führer der ursinianischen Partei nicht zögere, Damasus
als den Leiter der Kirche anzuerkennen, so sei eben zu folgern, daß
derselbe seine Stellung gewechselt und dem rechtmäßigen Papst die
Hand der Versöhnung gereicht habe. Der positive Beweis aber für
1899, 97 — 121. Morin bringt den Juden Isaak als Verfasser des Kommen-
tares und der ^Quaestiones" in Vorschlag. Morin zustimmend äußerten sich
namentlich Th. Zahn, Der , Ambrosiaster" und der Proselyt Isaak: Theol.
Literaturblatt 20, 1899, 313-317; A. E. Burn, The Arabrosiaster and Isaac
the converted jew The Expositor 1899, 2, 868
: —
375. Anders Morin, Hilarius
l'Ambrosiaster Revue Bened. 20, 1903, 113
: —
131. Morin entscheidet sich
für den Staatsmann Decimius Hilarianus Hilarius. —
F. Cumont, La pole-
mique de l'Ambrosiaster contre les paiens l'Ambrosiaster et le droit romain
;
aber abgewiesen und sogar nach Spanien verbannt worden. Vor 378
ist er wieder zur Synagoge zurückgekehrt. So weit die beglaubigten
Zeugnisse. Weiteres über dieses zerrissene Menschenleben ist erst
aus den Schriften zu erheben deren Abfassung durch Isaak in
,
Frage steht ^
Daß Isaak als Schriftsteller aufgetreten ist, bezeugt unzweideutig
Gennadius: „Isaac scripsit de sancta trinitate et de incarnatione domini
librum obscurissimae disputationis et involuti sermonis." ^ Und dieses
Buch liegt unter der Aufschrift „Fides Isaatis ex ludaeo" in
einer Pariser Handschrift des 8. oder 9. Jahrhunderts noch vor,
Sirmond hat 1630 herausgegeben; Zeuschner hat es 1909
es
von neuem unter Beifügung einer in Anbetracht der Un-
rezensiert,
genieübarkeit des Textes dankbar zu begrüßenden deutschen Über-
setzung. Die drei göttlichen Personen, erklärt Isaak, sind einer und
derselben Natur, haben aber eine jede ihre besondere Eigentümlich-
keit: „Pater sine origine est, Filius genitus et non factus est, Spiritus
Sanctus nee factus nee genitus, sed innatus ex Patre est." Christus
vereinigt in einer Person die göttliche und die menschliche Natur.
Nacii Zeuschner ist das Buch kein einheitliches Ganzes, sondern eine
Sammlung von Traktaten eines und desselben Autors. Die Spitze der
Argumentation sei nicht, wie Wittig glaubte, gegen die Arianer,
sondern, wie Künstle behauptete, gegen die Priszillianisten gerichtet.
Diese „Fides Isaacis" bekundet in ihrer schriftstellerischen Eigen-
art eine bemerkenswerte Verwandtschaft mit einem größeren Werke,
welches bisher unter den unechten Schriften Augustins eine Stelle zu
erhalten pflegte, den „Quaestiones Veteris et Novi Testa-
menti". Souter, welcher eine treffliche neue Edition besorgt hat,
zeigte, daß das Werk handschriftlich in drei verschiedenen Rezen-
sionen überliefert ist. Die eine Rezension, mit 116 Quästionen, ist
freilich nur die Arbeit eines mittelalterlichen Theologen, welcher aus
zwei alten Sammlungen eine dritte herstellte. Die zwei alten Samm-
lungen aber sind zwei verschiedene Ausgaben eines Werkes aus der
Hand des Verfassers. Die ältere Ausgabe umfaßt 151 Quästionen,
von denen jedoch die letzte verloren gegangen ist die jüngere, welche
;
Souter vorlegt, zählt nur 127 Quastionen; sie hat viele Nummern ganz
unterdrückt, einige, meist umfassender angelegte, neu hinzugefügt,
andere unverändert beibehalten. Der Inhalt ist ein ziemlich buntes
Mancherlei. Mit exegetischen wechseln rein dogmatische Fragen ab.
'Mehrere Nummerft sind dogmatisch-polemische Traktate. Die zeit-
' Näheres bei Wittig in seiner Schrift , Papst Damasus I.", Rom 1902, und in
seiner soeben zitierten Abhandlung „Der Ambrosiaster Hilarius" vom Jahre 1906-
Zur Kritik der Aufstellungen Wittigs vgl. Schwierholz a. a. 0., der freilich im
großen und ganzen die literargeschichtlichen Prämissen Wittigs teilt.
» Gennad., De vir. ill. 26.
524 Italiker und Westafrikaner.
In der jüngsten Zeit sind auch noch andere anonym oder pseudonym
auf uns gekommene Schriften für Isaak in Anspruch genommen worden.
Auf diese meist flüchtig hingeworfenen und großenteils sehr frag-
würdigen Mutmaßungen braucht indessen nicht weiter eingegangen
zu werden. Wittigs Kombinationsgabe dürfte auf der Suche nach
„Ambrosiasterschriften" sogar die Grenzen des Erlaubten über-
schritten haben.
Der „Liber fidei de sancta trinitate et de incarnatione domini" ist nach
der Ausgabe Sirmonds vom Jahre 1630 abgedruckt bei Migne, PP. Gr. 33,
' Vgl. Souter in seiner Ausgabe, Proleg. xx f. Schwierholz bei Sdralek, Kirchen-
geschichtl. Abhandlungen 86 S.
8,
* Comm. in
Hier., Ep. ad Tit. ad
3, 9: ,Audivi ego queudara de Hebraeis, qui
se Romac Christum credidisse simulabat, de genealogiis domini nostri lesu Christi,
in
quae scripta sunt in Matthaeo et Luca, facere quaestionem, ijuod videlicet a Salo-
mone usque ad loseph nee numero sibi nee vocabulorum aequalitate consentiant.
Qui cum corda simplicium pervertisset, quasi ex adytis et oraculo deferebat quas-
dam, ut sibi videbatur, solutiones, cum magis debuerit iustitiam et misericordiam
et dilectionem Dei quaerere'' etc. Auf diese Notiz hat zuerst Zahn (Theol. Literatur-
blatt 20, 1899, 315) aufmerksam gemacht.
3 Souter a. a. 0. xxi f. Schwierholz a. a. 0. 87 ff.
* Souter, A study of Ambrosiaster,
Cambridge 1905.
§ 36. Ambrosius. 6. Rückblick auf die exegetischen Schriften. 525
1541 —
1546. Näheres bei H. Zeuschner, Studien zur Fides Isaatis: Sdralek,
Kirchengeschichtl. Abhandlungen 8, Breslau 1909, 97 148. —
Die „Quaestiones Veteris et Novi Testamenti" bei Migne, PP. Lat. 35,
—
2213 2416, unter den Werken Augustins. Maßgebend ist jetzt die Edition
A. Souters, "Wien 1908 (Corpus script. eccles. lat. 50). Souter bietet (1 416) —
den Text der späteren Ausgabe des Werkes mit 127 Quästionen und läßt in
—
einem Anhange (417 480) diejenigen Quästionen der früheren Ausgabe folgen,
welche in der späteren fortgelassen wurden, zusammen 61 Nummern. Über
qu. 102 (Souter 199 —224) handelte A. Harnack Der pseudoaugustinische
,
die Schätze der Weisheit und Wissenschaft Gottes, er erschloß das Alier-
heiligste und entsiegelte den Mund seines Tempels. So öflfne denn auch du
deinen Mund, aber bitte zuvor, daß er geöfftiet werde. Denn wenn Paulus
um Hilfe bittet zur Öffnung seines Mundes (Eph 6, 19), so mußt du um so
viel mehr bitten. Der Prophet zeigt dir auch den Schlüssel der Wissenschaft,
mit welchem du deinen Mund öffnen mußt, indem er spricht: Öffne deinen ,
Mund mit dem Worte Gottes' (Spr 31, 9). Das Wort Gottes ist der Schlüssel
deines Mundes, der Schlüssel der Wissenschaft ist deines Mundes Schlüssel,
er ist es, mit Avelchem, nach Lösung der Ketten des Schweigens, das Schloß
der Unwissenheit eröffnet wird."
Zu Lk 6. 20 ff schreibt Ambrosius (a. a. 0. 5, 49—50): „Der hl. Lukas
hat nur vier Seligkeiten des Herrn aufgezählt, der hl. Matthäus (5, 3 ff) hin-
gegen acht. Aber in diesen acht sind jene vier und in diesen vier sind jene
acht enthalten. Der eine nämlich hat gewissermaßen die vier Kardinal-
tugenden namhaft gemacht; der andere hat in jenen acht die mystische Zahl
erschlossen. ,Auf den achten Tag' sind ja viele Psalmen überschrieben, und
du erhältst das Gebot, ,acht ihnen als Anteil zu geben' (Prd 11, 2), möglicher-
weise den Sehgpreisungen (den Seliggepriesenen). Wie nämlich der achte
Tag die Vollendung unserer Hoffnung ist, so ist die Achtzahl die Summe
der Tugenden." —
Mit Rücksicht auf die Psalmenaufschrift „Pro octava"
und das Gebot Prd 11, 2 wird die Achtzahl als Symbol der ewigen Seligkeit
und im Anschluß hierar^ wird die Achtzahl weiterhin als die Gesaratzahl der
Tugenden bezeichnete
* Vgl. etwa die Ausführungen über ,doctrina sive sapientia naturalis, moralis,
mystica" in der Schrift De Is. et au. 4, 22 ff. Andere Stellen zitiert Kellner, Der
hl. Ambrosius usw. 31 ff.
* Vgl. zu dieser Stelle, einer
,crux der Brevierbeter", Kellner a. a. 0. 54 ff.
528 Italiker und Westafrikaner.
nicht Mauei'n aus Stein. Es werden also diejenigen, welche haßten, sich
selbst überlassen, und auserkoren werden diejenigen, welche lieben sollten.
Deshalb kam er auch an den Olberg, um auf erhabener Tugendhöhe junge
Ölbaume zu pflanzen, diejenigen, deren Mutter jenes Jerusalem ist, welches
droben ist. Auf diesem Berge weilt jener himmlische Gärtner, auf daß alle,
welche im Hause Gottes gepflanzt sind, zusammen sprechen können ,Ich :
aber bin wie ein fruchttragender Ölbaum im Hause des Herrn' (Ps 51, 10).
Ja, möglicherweise ist der Berg selbst Christus. Denn wer anders könnte
solche Früchte an Ölbäumen bringen, Ölbäumen, die sich beugen nicht unter
dem Reichtum der Olivenj sondern unter der Geistesfülle fruchttragender
Heidenvölker. Er ist es, durch den wir aufsteigen und zu dem wir aufsteigen,
er ist die Türe, er ist der Weg, er ist es, der geöffnet wird und der öff'net,
bei ihm klopfen die Eintretenden an, und zu ihm wenden sich anbetend die
Veteranen."
Kellner, Der hl. Ambrosius, Bischof von Mailand, als Erklärer des Alten
Testamentes, Regensburg 1893. Engelbrecht, Studien über den Lukaskommentar
des Ambrosius, Wien 1903, 35 —
40: „Zur mystischen Evangeliumsauslegung
des Ambrosius." P. de Labriolle, St Ambroise et l'exegese allegorique:
Annales de philos. ehret. 155, 1907/1908, 591—603.
' Vgl. 24: ,Sicut Tullius ad erudiendum filium, ita ego quoque ad vos
1, 7,
informandos meos." 2, 6, 25: ,Neque enim mihi ad mercatores lucri cupidine
filios
avaros, sed ad filios .sermo est, et seimo de officiis, quae vobis, quos elegi in mini-
sterium domini. inculcare arestio."
§ 36. Ambrosius. 7. Moralisch-nsketische Schriften. 529
1, 4, 15: „audisti hodie legi"; 1, 8, 25: „dum legimus hodie evangeliura." Dagegen
heißt es 1, 7, 23: ,neque improvide ad vos filios meos scribens huius psalmi
prooemio usus sum."
' Vgl. Ihm, Studia Ambrosiana 26— 27. Rauschen, Jahrbb. der christl. Kirche usw.
247 274.
* Und dabei gerne dem Alten Testament die Priorität vor aller Philosophie zu-
gesprochen. Vjl. 2, 2, 6: „Accipiant quam longo antequam philosophorum nomen
audiretur, per os sancti David utrumque aperte videatur expressum."
' In neuester Zeit istsowohl der Einfluß Ciceros auf Ambrosius wie der Ein-
fluß desAmbrosius auf die christliche Folgezeit nicht selten sehr überschätzt worden.
Zielinski, Ciceroim Wandel der Jahrhunderte ^ Leipzig 1908, 142, behauptet kurz-
weg, „daß durch Ambrosius, der natürlichen Entwicklung der christlichen Heilslehre
zum Troti:, die Ethik Ciceros die anerkannte christliche Ethik geworden ist".
Bardenhewer, Gesch. der altkirchl. Literatur. III. 34
530 Italiker und Westafrikaner.
* Vgl.
2, 6, 39: „Haec ego vobis, sanctae virgiues, nondum triennalis sacerdos
niunuscula paravi."
* Vgl. 1, 3, 10: „Invitat nunc integritatis amor et tu, soror sancta. vel mutis
tacita moribus, ut aliquid de virginitate dicamus."
' Vgl. 1, 2, 5: „Bene procedit, ut, quoniam hodie natalis est virginis (nämlich
§ 36. Ambrosius. 7. Moralisch-asketische Schriften. 531
d) „De virginitate."
Diese Schrift ist unzweifelhaft aus Pre-
digten zusammengestellt worden ^ und vermutlich nicht lange nach
dem Buche „De viduis", auf welches sie verweist, vielleicht noch im
Jahre 378, ans Licht getreten Ambrosius muß sich wegen seiner
"^
der hl. Agnes) , de virginibus sit loquendura et a praedicatione über sumat ex-
ordium."
'
1, 10, 57 : „Denique de Placentino sacrandae virgines veniunt, de Bononiensi
veniunt, de Mauritania veniunt, ut hie velentur."
' Hier., Ep. 22, 22: „Ambrosii nostri quae nuper scripsit ad sororem opuscula,
in quibus tanto se eflfudit eloquio, ut, quidquid ad laudes virginum perttnet, ex-
quisierit, expresserit, ordinarit." Vgl. Hier., Ep. 48, 14.
' 1, 1 ,Bene accidit, fratres, ut quoniam tribus libris superioiibus de virginum
:
'
5. 25-26. 2 Ambr.. Ep. 54—55.
Rauseben (a. a. 0. 344 f) will deshalb nur das letzte Kapitel (c. 17) als die
'
bei der Einsegnung der Ambrosia gehaltene Ansprache betrachtet wissen, während
die Kapitel 3 — 10 eine zur Feier ihrer Einsegnung" verfaßte Schrift seien.
* 2, 15. > 6. 42.
§ 36. Ambrosius. 8. Dogmatische Schriften. 533
quod per aetatis infantiam scire non poterat, legendo cognosceret". Paulin.,
Vita S. Ambr. 28; vgl. 50. Von dieser Schrift „Ad Pansophium puerura"
ist sonst nichts bekannt —
G. B. Ristori, Della venuta e del soggiorno di
S. Arabrogio in Firenze: Archivio storico italiano, Ser. 5, t.36, 1905, 241 275. —
g) „De lapsu virginis consecratae." Die Strafrede eines
Bischofs über eine gottgeweihte Jungfrau rnit Susanna, welche Namen
ihr Gelübde gebrochen, mit einem Lektor sich vergangen und ihr
Kind getötet hatte, übrigens eine gedankenarme, ja fast gehaltlose
Deklamation, welche mehr auf das Ohr als auf das Herz berechnet
zu sein scheint. Der Text ist in verschiedenen Fassungen überliefert.
Hieronymus und Augustinus bekunden keine Kenntnis dieser Schrift;
der Stil hebt sich merklich von dem Ausdruck des Bischofs von Mai-
land ab; man mußte zu der Erklärung greifen, es liege eine improvi-
sierte Rede vor, welche nur durch die Indiskretion eines Zuhörers den
Weg in die Öffentlichkeit gefunden habe. Allein auch das Zeugnis
der Überlieferung ist sehr schwankend, insofern außer Ambrosius auch
Hieronymus und auch Bischof Niceta von Remesiana als Verfasser
genannt werden. .Der letztere Name dürfte, wie später auszuführen sein
wird, der richtige sein.
—
Ausgaben: Migne 16, 367 384. Ballerini 4, 385 420 (zwei verschiedene —
Fassungen). A. E. Burn, Niceta of Remesiana, Cambridge 1S!05, 112 131. —
Vgl. A. Souter, Notes on the „De lapsu virginis" of Niceta: The Journal of
Theo]. Studies 6, 1905, 433—434. W. A. Patin, Niceta, Bischof von
—
Remesiana, München 1909, 20 23. Wie Burn (a. a. 0. Introd. cxxxv f),
so halten auch Souter und Patin Niceta für den Verfasser der Schrift „Ue
lapsu virginis consecratae". —
Ein in dem alten cod. Ambros. D 268 inf.
Ambrosius zugeschriebenes Fragment „De pudicitia et castitate" wird auch
nicht als echt anerkannt werden dürfen, wenngleich es sehr wohl der Zeit
des Ambrosius angehören kann und kulturgeschichtlich nicht wertlos ist.
Ballerini G, 849 —
850 war es nicht gelungen, der Handschrift einen einiger-
maßen lesbaren Text abzugewinnen. Der gewiegte Paläograph G. Mercati
—
konnte in den Studi e Testi 12, Roma 1904, 43 46, den Wortlaut diplomatisch
getreu vorlegen.
8. Dogmatische Schriften. —
Die dogmatischen Schriften
des Ambrosius beruhen wiederum zum guten Teil auf Predigten.
hl.
Die umfangreichsten derselben sind durch Kaiser Gratian angeregt
und betreffen die große trinitarische Frage.
a) „De fide ad Gratianum Augustum libri quinque."
Line einläßliche Verteidigung der wahren Gottheit des Sohnes gegen
die Einwürfe der Arianer, kein einheitliches Ganzes, sondern aus zwei
selbständigen Stücken zusammengesetzt, Buch 1 2 und Buch 3—5. —
Ende 377 oder Anfang 378, als er sich zu dem Zuge in den Orient
rüstete, um Kaiser Valens im Kampfe mit den Goten beizustehen, bat
Kaiser Gratian seinen väterlichen Freund um einen „libellus fidei" ^
Dieser Bitte entsprach Ambrosius durch die zwei ersten Bücher seines
Werkes, welche rasch niedergeschrieben und vor der Niederlage des
Valens bei Adrianopel im August 378 Gratian übersandt wurden*.
Auf der Rückkehr nach Italien 379 ersuchte der Kaiser Ambrosius
brieflich, die übersandte Schrift durch eine Darlegung der orthodoxen
Lehre über den Heiligen Geist zu ergänzen 2. Diesem Ersuchen ent-
sprach Ambrosius 379 oder 380 durch die Bücher 3 5, in denen er —
—
mehrere Thesen der Bücher 1 2 näher begründet, zum Schlüsse auch
schon auf die Person des Heiligen Geistes eingeht, aber eine besondere
Abhandlung über den Heiligen Geist sich noch vorbehält^. Zur näheren
Begründung der früheren Thesen gab ein literarischer Angriff des
arianischen Bischofs Palladius aus Illyrien auf die zwei ersten Bücher
Anlaß*. Den drei letzten Büchern wurden nach Ausweis des Textes
auch Predigten einverleibt s. Einer quellenkritischen Prüfung ist das
Werk noch nicht unterstellt worden.
Ausgaben: Migne 16, 527—698. Ballerini 4, 573-746. Ein Abdruck
auch bei Harter, SS. Patr. opusc. sei. 30, Oenip. 1875. Bruchstücke der
zwei ersten Bücher „De fide" nach cod. Parisinus 8907 saec. V bei F. Kauff-
mann, Aus der Schule des Wulfila, Straßburg 1899, 8 31. In der durch —
eine jüngere Hand auf den Rand des genannten cod. Parisinus eingetragenen,
später noch zu erwähnenden ,Dissertatio Maximini contra Ambrosium" (bei
—
Kauifmann 65 90) werden zwei Stellen einer Schrift des Bischofs Palladius
—
angezogen (Kauffmann 79 80), welche sehr wahrscheinlich 379 veröffentlicht
wurde und sich gegen die zwei ersten Bücher des Ambrosius ,De fide" kehrte.
Palladius ist der arianische Bischof von Ratiaria in Blyrien, welcher von
der Synode zu Aquileja 381, unter hervorragender Mitwirkung des Ambrosiu%
verurteilt wurde. Vgl. KaufPmann l liii. — —
Th. Schermann, Die Kapitel-
überschriften der dogmatischen Bücher des hl. Ambrosius Römische Quartal- :
'
Vgl. 2, 16, 136: „Neque vero pluribus tenere debeo hello in-
te, imperator,
tentum et meditantem." Diese Worte weisen jeden-
victricia de barbaris trophaea
falls in die Zeit vor der Niederlage des Valens bei Adrianopel. Über die Eilfertig-
keit der Ausarbeitung der zwei ersten Bücher siehe 2, 15, 129; 3, 1, 1.
* Dieser Brief des Kaisers pflegt den Briefen des Ambrosius voraufgeschickt zu
—
werden (Migne, PP. Lat. 16, 875 876), weil der erste Brief des Ambrosius die
Antwort auf denselben enthält. Der Kaiser schrieb „Rogo te ut mihi des ipsuni
:
Nachtrag gefolgt *. Sie stellt die im fünften Buche „De fide" dem
Kaiser versprochene „plenior de Spiritu Sancto" dar und
disputatio
enthält einen umfassend angelegten Nachweis der Konsubstantialität
des Heiligen Geistes, Als Hauptquelle hat die Abhandlung des blinden
Didymus über den Heiligen Geist gedient, welche bald darauf von
Hieronymus ins Lateinische übersetzt ward 2. Außerdem wurden nament-
lich noch des Athanasius Briefe an Serapion und Basilius' d. Gr.
Schrift über den Heiligen Geist benützt.
Ausgaben: Migne 16, 703—816. Ballerini 4, 753 870. Der angebliche —
unedierte Prolog zu der Schrift „De Spiritu Sancto", welchen A. Tarlazzi in
den Atti e memorie della R. Deputazione di storia patria per le provincie
di Romagna, Ser. 3, vol. 1, Bologna 1883, 472—473, veröffentlichte, i'st
nichts anderes als der vorhin zitierte Brief Gratians an Ambrosius mit der
Bitte um eine Darlegung der orthodoxen Lehre über den Heihgen Geist.
Th. Schermann, Die griechischen Quellen des hl. Ambrosius in 11, 3 de
Spir. S., München 1902 (Veröffentlichungen aus dem Kirchenhistorischen
Seminar München Nr 10). E. Stolz, Didymus, Ambrosius, Hieronymus: Theol.
Quartalschrift 87, 1905, 371—401.
Zuerst ist die ;Explauatio'' 1784 von Bruno Brunus unter den "Werken
des Maximub von Turin, aber
hl. als „serrao dubius vel supposititius",
herausgegeben worden; ein Abdruck Ausgabe bei Migne 57, 853 — 858.
dieser
In etwas abweichender Gestalt ward sie 1833 von A. Mai unter dem Namen
des hl. Ambrosius herausgegeben ein Abdruck dieser Ausgabe bei Migne
;
17, 1155 1160.— Ein Abdruck beider Ausgaben nebst Untersuchungen über
die Persönlichkeit des Verfassers bei C. P. Caspari, Ungedruckte usw. Quellen
zur Gesch. des Taufsymbols und der Glaubensregel 2, Christiania 1869, 48
bis 127. Auch Ballerini 6, 277 — 284, hat beide Ausgaben abgedruckt. —
über die unechte ,Exhortatio S. Ambrosii episc. ad neophytos de symbolo"
•
s. vorhin S. 475.
414—418.
unechten .Apologia David", wenn sie gleich nicht derart sind, daß sie die Hype-
:
Autoren, vor allem Augustins, bekannt. Sie vertrat auch den Kreatianis-
mus, bekämpfte die Lehre Piatos oder der Neupiatoniker und wandte
sich insbesondere „adversus nonnullos imperitissimos et superbissimos,
qui de Piatonis libris dominum profecisse contendunt" '.
Die Zitate Augustins sind zusammengestellt bei Ballerini 4, 905 908. —
Über weitere Zitate s. Ihm a. a. 0. 76. Vgl. auch W. Wübrand, Ambrosius
und Plato: Rom. Quartalschrift f. christl. Altertumskunde usf. 25, 1911, *42
bis *49 (Ambiusius hat Plato wohl nur aus Mittelquellen gekannt). Ein —
Aufsatz über den Ursprung der Seele, .Altercatio S. Ambrosii contra eos,
qui animam non confitentur esse facturam aut ex traduce esse dicimt*", trägt
den Namen unseres Heiligen mit Unrecht. Derselbe ward herausgegeben von
C. P. Caspari, Kirchenhistorische Anecdota 1, Christiania 18S3, 225 247, —
vgl. XI —
XIII. Ein Abdruck bei Ballerini 6, 851 852. —
9. Reden. —
Au&er den zu Büchern verarbeiteten Predigten sind
nur verschwindend wenige Predigten des hl. Ambrosius überliefert.
Doch besitzen wir noch drei oder vier kunstmäßige Leichenreden aus
seinem Munde, die ältesten christlichen Leichenreden des Abendlandes.
a) ,De excessu fatris sui Satyri libri duo." Satyrus, der
ältere Bruder des Ambrosius, welcher eine Zeitlang eine hohe Stellung
'
1, 32: „Cum nobili revocareris, Symmacho tuo parente, quod ardere
a viro
bello Italia quod in periculum tenderes, quod in hostem incurreres, re-
diceretur,
spondisti hanc ipsam tibi causam esse veniendi, ne nostro deesses periculo, ut con-
sortem te fraterni discriminis exhiberes."
^ Früher ist der Tod des Satyrus und damit zugleich die Entstehung der Schrift
des Ambrosius fast allgemein in das Jahr 379 gesetzt worden, auch noch von Ihm
a. a. 0. 36—38. Die Worte der Schrift über die Notlage Italiens zur Zeit der
Rückreise des Satyrus (1, 30—32) pflegten auf die Gotengefahr des Jahres 379 be-
zogen zu werden. Nach dem Vorgange O. Seecks ist Rauschen a. a. 0. 475 f für
das Jahr 375 eingetreten. Der Winter, in welchem Satyrus Afrika verließ (1, 50),
müsse der Winter 374/375 gewesen sein, weil Symmachus, welcher den Versuch
machte, Satyrus in Afrika zurückzuhalten (1, 32), in den Jahren 373 und 374 Pro-
konsul in Afrika gewesen sei, vor dem 7. September 375 aber Afrika bereits ver-
lassen habe. Nach Savio sind die Worte über die Italien drohende Barbaren-
gefahr (1, 30—32) mit Rücksicht auf einige anderweitige Anhaltspunkte wahr-
scheinlich auf das Jahr 377 oder 378 zu deuten, wenngleich auch das Jahr 379
nicht gerade ausgeschlossen sei. F. Savio, L'anno della morte di S. Satiro: La Ci-
viltä Cattolica, Ser. 18, vol. 8, 1902, 529—540; vol. 9, 1902, 195—210.
§ 36. Ambrosius. 9. Reden. 539
gewählte Reden, Leipzig 1892 (G. Leonhardi, Die Predigt der Kirche 20).
Das erste Buch deutsch von R. Lobe in , Mancherlei Gaben und ein Geist"
50, 1910, Heft 1—4. Vgl. C. Schenkl, Zu Ciceros Consolatio: Wiener Studien
16, 1894, 38 —
46 (über Benützung der verloren gegangenen Schrift Ciceros
,De consolatione" in der zweiten Rede auf Satyrus). Fr. Rozynski, Die
Leichenreden des hl. Ambrosius, insbesondere auf ihr Verhältnis zu der
antiken Rhetorik und den antiken Trostschriften untersucht (Inaug.-Diss.),
Breslau 1910, 15 —
70: „Ambrosii de excessu fratris sui Satyri oratio prior.
'"
Todes gestorben. Die Leiche ward nach Mailand verbracht und dort
erst gegen Ende Juli oder Anfang August 392 der Erde übergeben^.
Bei dieser Gelegenheit hielt Ambrosius in Gegenwart zweier Schwestern
des Kaisers die überlieferte Rede, welche nur zu Eingang noch eine
spätere Abänderung erfahren haben dürfte*. Sie verläuft in Worten
der Klage, Worten des Lobes über den Toten und Worten des Trostes
für die Überlebenden. Auch hier spricht Ambrosius von Herzen. Er
war der väterliche Berater und Beschützer Valentinians gewesen.
Zwei Tage vor seinem Ende hatte der unglückliche Kaiser noch Eil-
boten gesandt, um Ambrosius zu bitten, zu ihm zu kommen und ihm
die Taufe zu spenden. Ambrosius war schon in den Alpen, als er
die Nachricht von dem Morde erhielt. Daher die Wärme und Freiheit
'
2, 3 :„Proposuimus fratres carissimi
, solari nos communi usu nee
,
durum putare, quidquid universos maneret, et ideo mortem non esse Ingendam:
primum quia communis sit et cunctis debita, deinde quia nos saeculi huius absolvat
aerumnis, postremo quia somni specie, ubi ab istius mundi labore requietum sit,
vigor nobis vivacior refundatur."
' Es begreift sich daher, daß die zweite Rede in manchen Handschriften „De
fide resurrediicnis" oder „De resurrectione mortuorum" betitelt wird. Ambrosius
selbst hat später, Enarr. in ps. 1, c. 51, auf unsere Bücher mit den Worten ver-
wiesen: „in libria consolationis et resurrectionis."
' Vgl. Rauschen
a. a, 0. 364 f.
* Vgl, Rozynski, Die Leichenreden des hl. Ambrosius usw. 75 f.
540 Italiker und Westafrikaner.
des Ausdrucks. Das Verlangen des Toten nach der Taufe wird be-
sonders hervorgehoben. Dieses Verlangen habe den Empfang der
Taufe ersetzte
Ausgaben: Migne 16, 1357 — 1384. Ballerini 5, 91 —
118. Deutsche Über-
setzungen bei Schulte a. a. 0., Kempten 1877; bei Köhler a. a. 0., Leipzig
1892. Vgl. Rozynski a. a. 0. 71—94.
c) „De obitu Theodosii oratio." Diese Rede bekundet einen
zurückhaltenderen, reflexionsmäßigeren Ton, wiewohl Ambrosius ja
auch mit Theodosius durch enge persönliche Beziehungen verbunden
war. Sie wurde gesprochen am 40. Tage nach dem Tode des großen
Kaisers (17. Januar 395), also am 25. Februar 395, zu Mailand, in
Gegenwart des Honorius, des neuen Augustus des Okzidents, und des
Heeres. Darauf ward nach Konstantinopel übergeführt und
die Leiche
dort am 8. November 395 An antike Vorbilder anknüpfend,
beigesetzt.
beginnt Ambrosius mit dem Hinweise auf elementare Ereignisse,
namentlich Erdbeben, welche den nahen Tod des Kaisers gewisser-
maßen schon ankündigten. Nach einigen Zwischenbemerkungen über
die verschiec'anen, damals gebräuchlichen Zeiten der Trauerfeierlich-
keiten, am i. und 30. sowie am 7. und 40. Tage nach dem Tode,
kommt er zu seinem Hauptthema, dem Lobe des Kaisers und seiner
Frömmigkeit und Milde, und auf das Lob des Toten selbst läßt er noch
eine Verherrlichung der Vorfahren desselben folgen, vor allem der
Kaiserin Helena der Mutter des großen Konstantin.
, Den Schluß
bildet ein tröstender Zuspruch an Kaiser Honorius.
Die zwei letztgenannten Reden sind zugleich bedeutsame Geschichts-
quellen. Alle vier Reden zeigen mehr oder weniger starke Spuren
des Einflusses der antiken Rhetorik und der antiken Trostschriften.
Sie unterscheiden sich jedoch von den Leichenreden Gregors von Na-
zianz und Gregors von Nyssa dadurch, daß sie ihre christliche Her-
kunft sofort auch äußerlich zu erkennen geben, insbesondere durch
die reiche Verwertung des Bibelwortes.
Ausgaben: Migne 16, 1385-1406. Ballerini 5, 121—142. Deutsche
Übersetzungen bei Schulte a. a. 0., Kempten 1877; bei Köhler a. a. O.,
Leipzig 1892. Vgl. Rozynski a. a. 0. 95-112.
'
Vgl. c. 51-53.
§ 36. Ambrosius. 10. Briefe. 541
er bei der Übertragung und bei der Deposition hielt, hat Ambrosius einem
Briefe an seine Schwester Marcellina über die Auffindung der Reliquien,
Brief 22 (Migne 16, 1019—1026; Ballerini 5, 157—164), eingefügt. In —
Brief 41 (Migne 16, 1113 —
1121; Ballerini 5, 167 —
176) übersandte Ambrosius
seiner Schwester die Predigt, die er anläßlich des Konfliktes mit Theodosius
wegen der Synagoge zu Kallinikon in Gegenwart des Kaisers gesprochen
hatte. —
Drei kurze Predigten über Lk 12, 33 unter des Ambrosius Namen,
1834 durch L. de Corrieris ans Licht gezogen und bei Ballerini 5, 195 222, —
abgedruckt, sind inhaltlich sehr unbedeutend und höchstwahrscheinlich unecht.
Vgl. Ihm a. a. 0. 34 f. —
Unecht ist auch ein „tractatus in Phil. 4, 4'"
unter des Ambrosius Namen bei Fr. Liverani, Spicilegium Liberianum, Floren-
tiae 1863, 3 — —
4. Nicht wenige Predigten des hl. Maximus von Turin sind
später fälschlich unter des Ambrosius Namen gestellt worden. Zu den Ge-
dächtnisreden auf Eusebius von Vercellä bei Migne 17, 719 722, vgl. Krüger, —
Lucifer, Bischof von Calaris, Leipzig 1866, 126 ff.
10. Briefe. —
Auch seine Briefe hat Ambrosius selbst zu Büchern
zusammengestellt und der Öffentlichkeit unterbreitet*, ohne daß sich
über Inhalt und Umfang dieser Editionen bisher etwas Näheres hätte
ermitteln lassen. Erhalten haben sich 91 Briefe von seiner Hand, reich
an Hinweisen auf andere Briefe, welche verloren gegangen sind 5. Die
Mauriner teilten diese 91 Briefe in zwei Klassen ab: Briefe, welche
Über die Melodien der Hymnen s. Dreves in der Zeitschr. f. kath. Theol. 18, 1894,
575—585; vgl. 776.
' Paulin., Vita S. Ambr. 13: ,Hoc in tempore primum antiphonae, hymni ac
vigiliae in ecclesia Mediolanensi celebrari coeperunt."
* Die erste Einführung wird also in frühere Jahre fallen, wiewohl Augustinus
und Paulinus die Einführung selbst auf Ostern 386 zu datieren scheinen.
» Vgl. Isid. Hispal., De eccles. offic. 1, 6 (Migne, PP. Lat. 83, 743): , Hymni
ex eins (sc. Ambrosii) nomine Ambrosiani vocantur carmina autem, quaecumque
. . .
lied, welches den Anbruch des Tages oder den ersten Hahnenschrei
mit frommen Wünschen und Gelöbnissen begrüßte Der dritte, „lam
surgit hora tertia", für die dritte Tagesstunde bestimmt, besingt den
Kreuzestod des Herrn und seine Früchte die dritte Tagesstunde galt
;
nach Mk 15, 25 als die Stunde der Kreuzigung und war deshalb
Gebetsstunde. Der vierte Hymnus, „Intende, qui regis Israel", ist
ein Weihnachtslied zur Feier der Menschwerdung des Gottessohnes,
rein dogmatisch gehalten und augenscheinlich zur Bekämpfung des
Arianismus bestimmt 2. Gestützt auf die Tradition der Mailänder
Kirche, wie sie in den alten liturgischen Büchern zum Ausdruck
kommt und im Einzelfalle meist auch durch innere Kriterien nach-
drücklich bestätigt wird, hat Biraghi (1862) noch vierzehn weitere
Hymnen für Ambrosius in Anspruch genommen, und die neueren
Untersuchungen von Dreves und Steier sind zu ganz ähnlichen,
wenngleich etwas einschränkenden Resultaten gelangt. Acht dieser
Hymnen dürften allerdings unbedenklich zuzulassen sein: „Splendor
paternae gloriae", auch ein Morgenlied 3, „Illuminans altissimus " ein ,
Epiphanienlied, „Grates tibi, lesu, novas", ein Danklied für die Auf-
findung der Reliquien der hll. Gervasius und Protasius*, „Aposto-
lorum supparem", ein Loblied auf den hl. Laurentius, „Victor, Nabor,
Felix pii", auf die Märtyrer Viktor, Nabor und Felix, „Apostolorum
passio", auf Petrus und Paulus, „Hie est dies verus Dei", auf den
Ostersonntag, „Agnes beatae virginis", auf die hl. Agnes 5. Vielleicht
dürfen Ambrosius auch noch zugesprochen werden die Hymnen „Amore
Christi nobilis", auf Johannes den Evangelisten, und „Aeterna Christi
munera", auf die Märtyrer im allgemeinen. Dagegen bleiben gewichtige
Daß aber die erste Strophe ursprünglich ist, kann nicht bezweifelt werden, ganz
abgesehen davon, daß sie dem Hymnus erst jene Achtzahl von Strophen gibt, wie
sie einem jeden der drei ersten Hymnen eignet.
^ Dem Hymnus ,Splendor paternae gloriae" gibt gleichfalls schon Augustinus
Zeugnis, indem er Conf. 5, 13, 23 unverkennbar auf denselben anspielt. Vgl. Vogels
in der Festgabe, Alois Knöpfler gewidmet, München 1907, 314 ff.
* Der Hymnus „Grates tibi, Jesu, novas" bekundet selbst seine ambrosianische
Herkunft dadurch, daß er von dem „repertor" der Reliquien der hll. Gervasius und
Protasius verfaßt sein will, also jener Reliquien, welche, wie vorhin erwähnt, Am-
brosius am 17. Juni 386 auffand.
' Die Bedenken, welche Franchi de' Cavalieri (1899) gegen die Echtheit des
Hymnus , Agnes beatae virginis" geltend machte, den Differenzen in der Darstellung
des Martyriums zwischen dem Hymnus und dem Berichte bei Ambr., De virginibus
1, 2, entnommen, dürften nicht durchschlagend sein vgl. Steier, Untersuchungen*
:
über die Echtheit der Hymnen des Ambrosius, Leipzig 1903, 622 ff.
Bardenhewer, Gesch. der altkirchl. Literatur. lU. 35
546 Italiker und Westafrikaner.
aus Maria-Laach" 51, 1896. 86—97; den Hymnus „Splendor patemae gloriae"
ebd. 52, 1897, 241— 253; den Hymnus „lam surgit hora tertia" ebd. 54,
1898, 273 — 282; den Hymnus „Agnes beatae virginis" in der Zeitschr. f.
kath. Theol. 25, 1901, 356— 365. Zu dem Hymnus ,Splendor patemae gloriae"
vgl. auch H. Vogels in der Festgabe, Alois Knöpfler zur Vollendung des
60. Lebensjahres gewidmet, München 1907, 314 316.— —
Unter der Aufschrift
,Paralipomena Ambrosiana" behandelt G. Mercati in den Studi e Testi 12,
Roma 1904, 17—36, zwei poetische Texte, welche von Alkuin und Hinkmar
dem hl. Ambrosius zugeschrieben werden: ein Gedicht „De ternarii numeri
excellentia" und eine Strophe eines Osterhymnus. Das Gedicht sowohl wie
den Hymnus möchte Mercati für echt halten vgl. Diekamp in der Theol
;
Revue 1904, 464. Der Hymnus ,Ignis creator igneus" ist inzwischen von
neuem gedruckt worden bei Blume und Dreves, Analecta hymnic» medü
aevi 51, Leipzig 1908, Nr 226. —J. B. van Bebber, Der Brevierhymnus
,En Clara vox redarguit" Theol. Quartalschrift 89, 1907, 373—384. Nach
:
Briefe, welche von einer gewissen kindlichen Verehrung gegen den Presbyter
Zeugnis geben. Briefe des Presbyters an Ambrosius liegen nicht mehr vor.
Nach Gennadius (De vir. ill. 36) hat Simplicianus auch viele Briefe an Augu-
stinus geschrieben, hauptsächlich dazu b'^stimmt, Augustinus zu schriftstelle-
rischen Arbeiten anzuregen. Diese Briefe sind gleichfalls verloren gegangen.
Von Augustinus hingegen besitzen wir noch einen schmeichelhaften Brief an
Simplicianus, Ep. 37, etwa aus dem Jahre 397, und ,De diversis quaestioni-
bus ad Simplicianum libros duos", aus derselben Zeit, in Beantwortung eines
Briefes des Simplicianus verfaßt. Zu der Notiz bei Gennadius vgl. Czapla,
Gennadius als Litterarhistoriker 81 f.
13. Vigilius von Trient. —
Ein Brief des Ambrosius, Ep. 19, ist
an Vigilius gerichtet, seit 385 Bischof von Trient, gest. 405 als Märtyi-er.
Von Vigilius haben sich zwei Briefe erhalten, ein kürzerer an Simplicianus
von Mailand und' ein längerer an Chrysostomus, beide über das Martyrium
des hl. Sisinnius und seiner Genossen handelnd (Migne, PP. Lat. 13, 549 bis
558). Zu der verschieden gedeuteten Bemerkung des Gennadius (De vir.
ill. 37) über diese Briefe vgl. Czapla a. a. 0. 82 f. Näheres über Vigilius
in dem reichhaltigen Sammelbande Scritti di storia e d'arte per il XV cen-
tenario della morte di S. Vigilio vescovo e martire, Trento 1905, 8".
1. Lebens gang, —
Tyrannius Rufinus ist um 345 wahrscheinlich
zu Concordia, weit von Aquileja, aus christlicher Familie ge-
nicht
boren worden. Seine Studien hat er zu Rom gemacht und dort ist
er auch schon mit Hieronymus zusammengetroffen ^ Er entschied
sich für den Mönchsstand und siedelte in jenes Kloster zu Aquileja
über, welches einige Zeit später auch Hieronymus seine Pforten öffnete.
Im Jahre 371 jedoch begab sich Rufinus, nachdem er kurz vorher aus
den Händen des Presbyters und nachmaligen Bischofs Chromatius von
Aquileja die Taufe empfangen hatte, im Gefolge der edlen Römerin
Melania der Älteren ins Morgenland, und zwar zunächst nach Ägypten,
um das dortige Mönchsleben näher kennen zu lernen. Er besuchte
die berühmten Einsiedler der nitrischen und sketischen Wüste und
lauschte zu Alexandrien den Lehrvorträgen des Vorstehers der Kate-
chetenschule, Didymus' des Blinden, welcher ihm lebhaftes Interesse
für die insbesondere für Origenes,
griechischen Kirchenschriftsteller,
einflößte. Als nach Athanasius (2. Mai 373) die
dem Tode des hl,
» Hier., Ep. 3, 1 4.
2 Ruf., Apol. ad Anast. 2; vgl. Hist. eccL 11, 4.
^ Ruf., Apol. in Hier. 2, 12: ,Sex annis Dei cansa commoratus sum (sc. Alex-
andriae apud Didymum) duobus (nach anderer"
et iterum post intervallum aliquod aliis
Lesart: post intervallum aliquot aliis diebus)."
550 Italiker und Westafrikaner.
2. Literarische Wirksamkeit. —
An Geist und Gelehrsam-
keit und namentlich auch an rhetorischer und dialektischer Kunst und
Gewandtheit hat Rufinus seinen Freund und Feind Hieronymus nicht
erreicht. In ihrer literarischen Fehde haben beide gesündigt ^ Rufins
Verhalten aber erscheint doch noch schwerer verständlich als das-
jenige seines Gegners. Den erneuten Ausbruch des Streites im Jahre
398 hat Rufinus verschuldet. Daß er damals noch der Überzeugung
war, Origenes habe orthodox gelehrt und die widersprechenden Stellen
seiner Schriften seien auf Fälschungen zurückzuführen, wird man ihm
glauben müssen. Aber auch nach 400, nachdem die Synode zu Rom
Origenes verurteilt und nachdem er selbst Papst Anastasius gegen-
* Dem
schmerzlichen Aufsehen, welches diese Fehde erregte, hat Augustinus
in seiner Ep.73 an Hieronymus (auch als Ep. 110 unter den Briefen des Hierony-"
mus) rührend schönen Ausdruck geliehen
552 Italiker und Westafrikaner.
*
Grützmacher hat offenbai-auch nicht zur Klarheit kommen können. Er er-
klärt a. a. 0. 40: „Brochet faßt Ruiin zu sehr als Intriganten auf, ich halte ihn
mehr für einen unklaren Kopf." Wenige Seiten später jedoch (70 88) nennt er
Rufinus , einen intriganten und fanatischen Mönch* und wirft ihm sogar ,Perfidie
und Unwahrliaftigkeit" vor.
* Gennad., De vir. ill. 17. Das Prädikat „non minima pars doctorum ecclesiae",
welches Rufinus bei Gennadius erhält, ist wohl aus Johannes Kassianus, C. Nest.
7, 27, 1, entlehnt, wo Rufinus „christianae philosophiae vir, haud contemnenda ec-
clesiasticorum doctorum portio" genannt wird.
* Vgl. Schwartz in seiner Ausgabe der Kirchengeschichte des Eusebius, Leipzig
setzung der Reden Gregors von Nazianz, Wien 1910, Proleg. xix ff.
* In einem Nachwort zu seiner Übersetzung des Kommentares des Origenes über
den Römerbrief (Migne, PP. Gr. 14, 1291—1294) hat er Anlaß genommen, sich
gegen den Vorwurf allzu großer Freiheit oder Willkür in der Verdolmetschung der
Schriften des Alexandriners zu verteidigen.
;
Eine Gesamtausgabe der Schriften Rufins ist noch nicht erschienen. Von
der durch D. Vallarsi unternommenen, auf zwei Foliobände berechneten Aus-
gabe ist nur der erste Band ans Licht getreten, Verona 1745, welcher die
selbständigen Schriften Rufins nebst den ihm fälschlich zugeeigneten Schriften
umschließt und bei Migne, PP. Lat. 21, Paris. 1849, wieder abgedruckt
worden ist. Die Übersetzungen Rufins pflegten den Werken der betreffenden
Autoren beigegeben zu werden. —
J. H. Marzuttini, De Turanii Rufini presb.
Aquil. fide et religione, Patavii 1835, 8". P, Petursson, Symbolae ad fidem
et studia Tyranni Rufini presb. Aquil. illustranda e scriptis ipsius petitae,
Havniae 1840, 8". —
Zur Sprache Rufins vgl. C. Paucker, De latinitate
B. Hieronymi, Bcrolini 1880, 154—174.
3. Übersetzungsarbeiten. —
Die Übersetzungen Rufins sind
fast sämtlich schon an früheren Stellen dieses Werkes erwähnt und
auch in ihrer jedesmaligen Eigenart und Bedeutung gewürdigt worden.
Hier sollen sie noch einmal kurz zusammengestellt und nach Möglich-
keit chronologisch fixiert werden.
rezensiert worden. Vgl. Bd 2, S. 248 ff. Für die Entstehung derselben muß
vorläufig das ganze Jahrzehnt 400 —
409 offen gehalten werden.
c) Von Pamphilus von Cäsarea übersetzte Rufinus in den ersten
Monaten des Jahres 398 das erste Buch der Schutzschrift für Origenes
(Migne, PP. Gr. 17, 521—616). Vgl. Bd 2, S. 244 Die Übersetzung ist
ff'.
jenem Mönche Makarius gewidmet, auf dessen Bitten Rufinus gleich nachher
auch des Origenes Werk ,De principiis" übersetzte. Makarius arbeitete
damals an einem Werke gegen die Mathematiker oder die Anhänger der
Lehre vom Fatum und hoffte aus dem Buche des Pamphilus Nutzen ziehen
zu können (Ruf., Apol. in Hier. 1, 11). Dieses Werk ist auch an die Öffent-
lichkeit getreten (Gennad., De vir. ill. 28), ist aber zu Grunde gegangen.
Vgl. über Makarius Brechet 172 ff. Als Epilog fügte Rufinus der Übersetzung
des Buches des Pamphilus die Abhandlung „De adulteratione librorum Ori-
genis" bei (Migne a. a. 0. 17, 615 632). —
d) Ob auch Schriften des Josephus
von Rufinus übersetzt worden sind,
erscheint sehr Gennadius (De vir. ill. 17) weiik nichts davon.
zweifelhaft.
Kassiodor (Institt. div. litt. 17) kannte eine lateinische Übersetzung der sieben
Bücher über den jüdischen Krieg, welche von einigen Ambrosius, von andern
Hieronymus von andern endlich Rufinus zugeeignet wurde. Diese Über-
,
longo lateque vastavit", sagt die Vorrede der Übersetzung). Die zwei letzten
Bücher des Originals drängte Rufinus in ein Buch zusammen, nahm auch
sonst manche Kürzungen vor, indem er namentlich Urkunden unterdrückte,
gestattete sich aber anderseits auch Erweiterungen, einmal, bei Gregor dem
Wundertäter (7, 28), sachliche Einschaltungen, häufig rhetorische Aus-
schmückungen. Die zwei Bücher, die er hinzufügte, sollen unter den selb-
ständigen Schriften Rufins nocK besondere Erwähnung finden. Über die Aus-
gaben des Werkes s. Schoenemann, Bibl. hist.-lit. Patr. lat. 1, 593 600. —
Bis vor kurzem mußte die Ausgabe von P. Th. Cacciari, Rom 1740 1741 —
in zwei Quartbänden, als die neueste bezeichnet werden. Jetzt ist sie über-
holt durch die Ausgabe von Th. Mommsen in der Edition der „Kirchen-
geschichte" des Eusebius von Schwartz, Leipzig 1903 —
1909. Vgl. E. J. Kimmel,
De Rufino Eusebii interprete, Gerae 1838, 8°. Mommsen, Einleitung zu Rufin,
bei Schwartz a. a. 0. 3, ccxlix —
cclxviii.
i) Von Gregor von Nazianz übersetzte Rufinus 399 oder 400 neun
Reden. Vgl. vorhin S. 177 f.
Rufins sich nicht selbst als Übersetzung einführt, als Originaltext angesehen.
Als E. Preuschen (Palladius und Rufinus, Gießen 1897) einen bruchstückweise
früher schon bekannt gewordenen griechischen Text des Werkes zum ersten
Male vollständig herausgab, erklärte er diesen griechischen Text für eine
Übersetzung oder Bearbeitung des lateinischen Textes Rufins. C. Butler (The
Lausiac History of Palladius, Cambridge 1898—1904) war es, welcher in
schlagender Weise die Abhängigkeit des lateinischen und die Originalität des
griechischen Textes darlegte. Den Autor möchte Butler in dem Archidiakon
Timotheus von Alexandrien suchen; vgl. vorhin S. 104. Das Werk ist eine
Sammlung von Lebensgeschichten ägyptischer Mönche, dem Stoffe wie dem
Geiste nach aufs engste verwandt mit des Palladius „Historia Lausiaca' und,
wie diese, eine wichtige Quelle für das ägyptische Mönchtum des 4. Jahr-
hunderts.
556 Italiker und Westafrikaner.
4. Selbständige Schriften. —
Die selbständigen Schriften
Rufins verhältnismäßig geringen Umfangs und verdanken ihre
sind
Entstehun-g größtenteils äußeren Anlässen.
a) —
b) Dem Jahre 400 entstammen zwei Selbstverteidigungen, eine
kurze „Apologia ad Anastasium Romanae urbis episcopum" und eine
lange „Apologia in Hieronymum". In der ersteren entschuldigt Rufinus
sein Nichterscheinen vor der vom Papst berufenen Synode, legt ein
orthodoxes Glaubensbekenntnis ab und rechtfertigt seine Origenes-
Übersetzungen mit dem Hinweis auf die Bitten der Freunde und auf
den Vorgang anderer. Die zweite Apologie, dem vornehmen Römer
Apronianus gewidmet, umfaßt zwei Bücher, von welchen das erste
sich hauptsächlich mit den Angriffen auf die Rechtgläubigkeit des
Verfassers und auf die bei seiner Übersetzung des Werkes „De prin-
cipiis" befolgte Methode beschäftigt, während das zweite den Charakter
und die Schriftstellerei des Hieronymus einer beißenden und rück-
sichtslosen Kritik unterzieht, einer Kritik, welche die später gebräuch-
lich gewordene Bezeichnung dieser „Apologia" als „Invectiva in
Hieronymum" vollauf erklärt und begründet.
—
Diese Apologien bei Migne, PP. Lat. 21, 541 624 (Apol. in Hier.);
623—628 (Apol. ad Anast.). Näheres bei Brechet a. a. 0. 253 ff.
locum servent, prophetia vero niysticum atque dogmaticum, morum correptio et'
«biurgatio moralem dirigat stilum."
558 Italiker und Westafrikaner.
* Sie ward bekämpft von Reinelt, Stadien über die Briefe des hl. Paulinus von
Nola, Breslau 1904. 45 ff, aber verteidigt von Philipp, Zum Sprachgebrauch des
Paulinus von Nola 1. Erlangen 1904, 67 ff.
* Gennad. a. a. 0.
§ 37. Rufinus von Aquileja. 5. Der Chronograph vom Jahre 354. 559
—
Wert, Berlin 1900, 6 18. 7. Ein Verzeichnis der römischen Bischöfe von
Petrus bis auf Liberius (352 — 369), der älteste uns bekannte Vorläufer des
,Liber Pontificalis''. Unter Liberius ist das Verzeichnis redigiert worden,
weil sein Amtsantritt aufgenommen, sein Todesjahr aber und die Dauer seiner
Amtsführung in blanco belassen ist. Nur der kürzere zweite Teil des Ver-
zeichnisses, von 231 —
352, ist aus zuverlässigen, vermutlich offiziellen, Quellen
geschöpft, während die voraufgehenden Angaben manche nachweisliche Un-
richtigkeit enthalten; vgl. L. Duchesne, Le Liber Pontificalis 1, Paris 1886,
Introd. VI — x. 8. Annalen, von Cäsar bis 403 und wieder von 455 bis 496,
eine vollständigere Rezension der Annalen, die schon an zweiter Stelle zu
nennen waren. 9. Eine Weltchronik, welche bis zum Jahre 334 geht,
„Chronica Horosii" betitelt, in W^irklichkeit aber eine lateinische Bearbeitung
und Fortsetzung der Chronik des hl. Hippolytus von Rom. Vgl. Bd 2, S. 539 ft'.
Durch neuentdeckte Bruchstücke der Chronik des hl. Hippolytus ist inzwischen
bestätigt worden, daß die „Chronica Horosii" „in der Hauptsache eine bloße
Übersetzung aus Hippolytos" sind (A. Bauer, Die Chronik des Hippolytos,
Leipzig 1905, 3). 10. Eine Chronik der Stadt Rom bis zum Tode des Licinius
(324), enge an die voraufgehende Weltchronik sich anlehnend und, wie diese,
wahrscheinlich 334 verfaßt. 11. Eine Beschreibung der Stadt Rom (Regiones
lurbis Romae), wohl wiederum 334 verfaßt, auch auf anderweitigem Wege
überliefert. — Einzelne Stücke des Werkes sind schon im 16. und 17. Jahr-
hundert zum Druck befördert worden. Das Ganze oder doch fast das Ganze
edierte und erläuterte Th. Mommsen, zuerst in den Abhandlungen der philol.-
hist. Kl. der k. sächs. Gesellsch. der Wiss. 1, Leipzig 1850, 547—693, und
von neuem in den Chronica minora 1 (Monum. Germ. hist. Auct. äntiquiss. 9),
Berol. 1892, 13 —
196. Einzelne Abschnitte der Bearbeitung vom Jahre 1850,
welche in die Ausgabe vom Jahre 1892 nicht herübergenommen wurden, sind
;
„De cursu temporum" ist unter dem Namen „De mundi duratione" schon
1579 durch P. Pithoeus herausgegeben und nach dieser Ausgabe wiederholt
abgedruckt worden (vgl. Schoenemann, Bibl. hist.-lit. Patr. lat. 1, 640 f).
zuletzt bei Migne a. a. 0. 13, 1097 —
1106. Eine neue Rezension (leider ohne
die frühere Kapitelzählung) lieferte, nach einem cod. Leidensis saec. VIII —
IX,
C. Frick, Chronica minora 1. Lipsiae 1892, 153 —
174 (vgl, Praef. lxxvh
ccxvii). Eine längere Anmerkung zu c. 16 der Schrift von einer Hand des
Jahres 468 (ein laterculus imperatorum Romanorum) ist unter der Aufschrift
„Expositio temporum Hilariana a. 468 nach einem cod. Matritensis saec. XIII
*"
' Zur Würdigung des Tones der Kritik vgl. etwa Schwartz a. a. 0. 67: „Dieser
Abdruck ist wie so vieles andere trübe Gewässer in die cloaca maxima der Migne-
sehen Patrologie hineinsjeleitet."
§ 38. Dichter. 1. Proba. 561
§ 38. Dichter.
1. Proba. —
Juvencus, Cyprian aus Gallien und andere versuchten,
Abschnitte der biblischen Geschichte in ein poetisches Gewand zu
kleiden, welches nach dem Muster Vergils gewebt war, in Hexameter
nämlich, welche nach Kräften Vergils Sprache zu reden sich bemühten.
Proba ging noch einen Schritt M-^eiter und wollte die biblische Ge-
schichte in einen „cento Vergilianus", ein „Flickwerk aus Vergilschen
Lappen" zwängen, in Hexameter, welche ganz oder stückweise un-
mittelbar und wörtlich aus Vergil herübergenommen sind. Vergil
galt eben dem Abendlande als der Dichter aller Dichter. Heidnischer-
seits man schon zu Tertullians Zeiten begonnen, aus Versen
hatte
oder Versteilen Vergilscher Werke neue Werke von ganz anderem
Inhalt zusammenzustellen ^ Im Verlauf der Arbeit scheint indessen
Proba selbst die Einsicht aufgedämmert zu sein, daß ihr Unternehmen
undurchführbar war. Ihre 694 Hexameter, der Aneis, den Georgica
und den Belogen, hauptsächlich aber der Aneis, entlehnt, erstrecken
sich nur über einen kleinen Bruchteil der biblischen Geschichte. Nach-
dem sie die Schöpfung, den Sündenfall und die Sündflut ausführlicher
erzählt hat, bricht sie ab mit dem Bemerken, die Darstellung der
weiteren Geschichte des Alten Testamentes möge andern Händen
überlassen bleiben 2. Sie selbst wendet sich sofort zur Geschichte des
Lebens des Herrn beginnt mit der Geburt und schließt mit der
j
Himmelfahrt, hebt jedoch aus dem öffentlichen Wirken des Herrn nur
einzelne unzusammenhängende Daten aus. Wie hätte aber auch in
Versen Vergils die biblische Geschichte erzählt werden sollen ? Sämt-
liche Eigennamen der Bibel fielen weg, abgesehen von dem einen
'
V. 321 gebraucht.
Ich zweifle nicht, d.iß Hieronymus bei seiner Bemerkung über Homer- und
-
Vergil-Centone Ep, 53, 7 (,Puerilia sunt haec et circulatorum ludo siniilia" etc.)
speziell den Cento der Proba im Auge hatte, und daß diese Bemerkung die Grund-
lage für das Urteil der genannten Dekretale (bei A. Thiel, Epistolac Romanorura
Pontificum 1, Brunsbergae 1868, 468) bildete. Hieronymus ist überhaupt der gei-
stige Urheber der Dekretale gewesen. Auf die Dekrctale verweisend, sagte dann
Isidor von Sevilla (De vir. ill. 18) von unserem Cento: ,Quod tarnen opusculum
inter apocryphas scripturas inseritur."
' Zu dieser Abschrift gehörte das 15 Verse ziihlende Epigramm, welches in
alten Handschriften dem Cento voraufgeht, in Schenkls Ausgabe des Cento, Wien
1888, 568; vgl. 515.
* Vgl. Schenkl a. a. 0. 516 ff.
* Vgl. Isid. Hispal. a. a. O. „Proba uxor Adelphii proconsulis."
: Ebenso Isid.,
Etymol. 1, 39, 26 (Migne, PP. Lat. 82, 121).
^ Von diesem Epos über einen römischen Bürgerkrieg spricht die Dichterin
selbst in der Vorrede des Cento V. 1 tf. Dafa der Bürgerkrieg der Krieg zwischen
Konstantius und Magnentius war, ist durch eine handschriftliche Notiz aus dem
10. Jalirhundert bezeugt; vgl. Schenkl a.a.O. 513.
§ 38. DicBter. 2. Papst Damasus, 563
2. Papst Damasus. —
Einer der berühmtesten Päpste des
4. Jahrhunderts, der hl. Damasus, 366
384, hat mit besonderem —
Eifer das metrische Epigramm gepflegt. Den Anlaß gab die Restaura-
tion oder Wiedererschließung der römischen Katakomben. Damasus
ließ die verschütteten unterirdischen Ziimeterien freilegen, erweiterte
die Durchgänge, um sie den herbeiströmenden Pilgern bequemer zu
machen, legte Treppen zu den hervorragenderen Grabgewölben an,
öffnete, wo es möglich war, Schachte, um Licht und Luft einzulassen usw.
Er selbst verfaßte zu Ehren der in den Katakomben beigesetzten
Märtyrer Inschriften und ließ sie in besonders schönen Schriftzeichen,
den sog. Damasianischen Lettern, durch die geschulte Hand des Furius
Dionysius Philokalus ^ auf Marmorplatten einmeißeln. Auch ander-
* Desselben Kalligraphen, der uns vorhin bei dem Chronographen vom Jahre 354
begegnete.
36*
:
weitige Gräber und kirchliche Bauten hat der Papst mit Inschriften
geschmückt. Zum Teil sind dieselben heute noch ganz oder stück-
weise in Stein erhalten, zum größeren Teil freilich nur noch in Ab-
schriften, wie sie von den Pilgern gefertigt wurden ^ Nach und nach
sind sie ans Licht gezogen worden, und neue Funde werden noch
immer gemacht. Annähernde Klarheit über den ursprünglichen Be-
stand hat erst G. B. de Rossi, der Begründer der christlichen
Archäologie (gest. 1894), geschaffen. Die seinem Andenken gewidmete
und auf seine Forschungen aufgebaute Sammelausgabe Ihms zählt
59 metrische Inschriften oder Inschriftenfragmente und 3 sonstige
Gedichte, und wenn sie von den 59 Nummern 16 als zweifelhaft oder
verdächtig bezeichnet so ist sie sehr wahrscheinlich etwas allzu
,
,In diesem Hügel ruhen jetzt Gott geweihte Gebeine. Hier liegt des
Damasus Schwester, Irene, wenn du nach dem Namen fragst. Sie hatte sich
Christus geweiht, da das Leben noch währte, auf dafi schon die heilige
Keuschheit das Verdienst der Jungfrau erwiese. Noch hatte das Alter nicht
zweimal zehn Winter vollendet. Den trefflichen Sitten des Lebens war der
Entschlafe des erhabenen Geistes vorausgeeilt*. Die ehrwürdige Frömmig-
keit des Mädchens hatte herrliche Früchte gezeitigt in besseren -Jahren.
praecesserat aetas", scheint unerträglich, weil das Gegenteil von dem besagend,
was man erwarten muß, daß nämlich die Tugenden den Jahren vorausgeeilt seien.
Statt , aetas" wird vielmehr, wie schon Buecheler vorschlug und auch Ihm anzu-
nehmen geneigt ist, „altae" zu lesen sein, nämlich .altae propositum mentis" V. 7.
Anders Wevman a. a. 0. 16 f.
"
Dich, meine rechte Schwester, hatte die damalige Zeugin unserer Liebe *, als
sie der Welt entfloh, mir als edles Pfand gegeben. Als die bessere Himmels-
burg sie dann für sich hinwegnahm, habe ich den Tod nicht gefürchtet, weil
sie frei in die Himmel einging, habe aber, ich gestehe es, mit Schmerzen
den Verlust des Zusammenlebens empfunden. Jetzt, wenn Gott kommt, er-
innere dich unser, .Jungfrau, damit deine Fackel durch den Herrn mir Licht
gewähre.
* Die „damalige Zeugin unserer Liebe", „nostri tunc testis araoiis", ist die
Mutter der beiden Geschwister, deren Namen, Laurentia, wir aus einem erst 1902
aufgefundenen Epigramme erfahren haben. Vgl. Weyman a. a. 0. 18.
' Hier., Ep. 22, 22 (vom Jahre 384) „Legas Tertullianum ad amicum philo-
:
Die Zahl der Epigramme erfuhr einen mächtigen Zuwachs durch de Rossis
»Inscriptiones christianae urbis Romae septimo saeculo antiquiores" vol. 1,
—
Romae 1857 1861, 2"; vol. 2, 1, 1888. Über die Epigramme und Gedichte
des hl. Damasus im besondern handelte de Rossi in seinem BuUettino di
archeologia cristiana, Ser. 4, anno 3, 1884 —
1885, 7 —
31. Damit waren die
Fundamente zu einer neuen Edition gelegt. Nachdem M. Amend (Studien
zu den Gedichten des Papstes Damasus, Progr., Würzburg 1894) die von
ihm >als echt betrachteten Epigramme und Gedichte nach früheren Drucken
zusammengestellt und Fr. Buecheler (Carmina latina epigraphica [Anthologia
latina 2], Lipsiae 1895 —1897) einzelne Epigramme nach den Quellen rezen-
siert hatte, veranstaltete M. Ihm eine ebenso zuverlässige wie handliche
Gesamtausgabe: Damasi Epigrammata. Accedunt Pseudodamasiana aliaque
ad Damasiana inlustranda idonea (Anthologiae latinae supplementum 1),
Lipsiae 1895. Über die kritischen Grundsätze, welche dabei befolgt wurden,
s. Ihm, Die Epigramme des Damasus Rhein. Museum f. Philologie N. F. 50,
:
1895, 191—204. Vgl. auch Ihm, Römische Kulturbilder, Leipzig 1898, 140
bis 151: ,Der Dichter der Katakomben."
Die Literatur zu den Epigrammen ist bis auf das Jahr 1895 in Ihms
Ausgabe gewissenhaft verzeichnet. Aus späteren Jahren sind hauptsächlich
nachzutragen C. Weyman De carminibus Damasianis et Pseudodamasianis
,
' Bei L. Delisle, Les Manuscrits du Comte d'Ashburnham,- Paris 18S3, 87.
* So Schanz, Gesch. der Römischen Literatur 4, 1, 1904, 195.
§ 38. Dichter. 3. Afrikan. Epigrammatiker. 4. Zwei röm. Invektiveudichter. 567
„Hilarius", ein Beitrag zur Geschichte des Papstes Damasus I., bei M. Sdralek,
Kirchengeschichtl. Abhandlungen 4, Breslau 1906, 1—66. —
G. B. Storti,
S. Damaso e la Bibbia, Roma 1887, 8°. F. Probst, Liturgie des 4. Jahr-
hunderts und deren Reform, Münster i. W. 1893, 445 472 —
„Damasus als
:
3. Afrikanische Epigrammatiker. —
Metrische Inschriften
von christlicher Hand aus dem 4. Jahrhundert, hauptsächlich Epitaphe,
sind in immerhin beträchtlicher Anzahl auch auf dem Boden des einst
lateinisch redenden Afrika entdeckt worden. Sie sind, ähnlich wie
die römischen Inschriften, zumeist in die Form des Vergilschen Hexa-
meters, mitunter auch in die Form des elegischen Distichons gekleidet,
ohne indes im einzelnen auf weitgehende Bewegungsfreiheit zu ver-
zichten. Im Unterschiede von Damasus aber haben die Verfasser ihre
Namen nicht genannt.
Eine Übersicht gibt P. Monceaux, Hist. litteraire de l'Afrique chretienne 3,
Paris 1905, 430—449. Vgl. auch Monceaux in der Revue de Philologie etc.
33, 1909, 112—161. Über die in den afrikanischen Inschriften besonders
reiche Benützung der Heiligen Schrift s. J. Gensichen, De Scripturae sacrae
vestigiis in inscriptionibus latinis christianis (Diss. inaug.), Gryphiae 1910, 8".
' V. 25 heißt der Gegner „praefectus" und V. 112 „consul". Nach V. 28 f hat
derselbe in drei Monaten fast den ganzen Erdkreis durchrast, um sodann das Ende
seiner Laufbahn zu erreichen. Nach V. 114 war der Redner Symmachus, welcher
ihn überlebte, sein „heres".
- Vgl. über Flavianus Seeck bei Pauly-Wissowa, Realenzykl. der klass. Alter-
tumswissenschaft 6, 2, 1909, 2506 flf.
^ V. 111: ,Sic, miserande, iaces parvo donatus sepulcro.*
* Ebert, Allg. Gesch. der Literatur des Mittelalters im Abendlande 1*, 1889
313 f.
"
§ 88. Dichter. 5. Paulinus von Nola und sein literar. Nachlaß im allgemeinen. 569
geworden und in die Mysterien der Magna Mater und der Isis ein-
getreten,- Der Verfasser stellt ihn an den Pranger, und zwar in ge-
bundener Rede, weil der Apostat immer ein Freund der Poesie war ^
Es wird die Absurdität und Immoralität der Geheimdienste, insbesondere
des Kultus der Magna Mater, dargelegt, die Unklarheit und Wankel-
mütigkeit des „Philosophen" gegeißelt und auf die schwere Strafe
hingewiesen, die denjenigen treffen müsse, welcher von der Wahrheit
zum Irrtum abfalle. Vermutlich sind auch diese Verse um 894 zu
Rom geschrieben worden 2. Lebendigkeit des Tones, Anschaulichkeit
der Schilderung und ein gewisser leicht beschwingter Geist und Witz
sind ihnen nicht abzusprechen.
Das „Carmen adversus Flavianum" ist vollständig erstmals herausgegeben
worden von L. Delisle in der Bibliotheque de l'Ecole des chartes, Ser. 6, t. 3,
1867, 297 303. —
Seitdem ward es häufig gedruckt, auch bei Buecheler et
Riese, Anthologia latina 1, 1^, Lipsiae 1894, n. 4. Als eine der besten Aus-
gaben gilt diejenige von Th. Moramsen bzw. M. Haupt im Hermes 4, 1870,
—
350 363 wieder abgedruckt in Mommsens Gesammelten Schriften 7, Berlin
;
1909, 485 —
498. G. Dobbelstein, De carmine christiano codicis Parisiui 8084
contra fautores paganae superstitionis Ultimos diss. philol., Lovanii 1879. 8°.
M. Ihm, Das Carmen contra Flavianum: Rhein. Museum f. Philologie 52,
1897, 208 —
212 (Nachweise von Imitationen älterer Dichter). Seefelder, Ab-
handlung über das Carmen adversus Flavianum (Progr.), Gmünd 1901, 4°.
Das „Carmen ad quendam senatorem" ist zuerst 1560 und wiederum 1564
in der Cyprian-Ausgabe von G. Morelius gedruckt worden. Es steht auch
in Mignes TertuUian, PP. Lat. 2, 1105 —
1108, und in Harteis Cyprian 3,
1871, 302 305.— Die neueste Ausgabe bei R. Peiper, Cypriani Galli poetae
Heptateuchos (Corpus Script, eccles. lat. 23), Vindob. 1891, 227—230 (vgl.
Prooem. xix f xxviii).
nämlich die Priester der Magna Mater. Daß der Dichter kein Gallier war, dürfte
ans V. 22 f erhellen, wo von der „caliga gallica" die Rede ist.
* Von seiner amtlichen Stellung in Kampanien spricht Paulinus in einem seiner
Gedichte auf den hl. Felix von Nola, Carm. 21, v. 374 ff (ed. de Hartel 2, 170 f),
570 Italiker und Westafrikaner.
und wenn er dabei mit Genugtuung hervorhebt, daß er seine sechs Fasces nieder-
legen konnte, ohne sie mit Blut befleckt zu haben, so dürfte deutlich auf da.? Amt
des Statthalters hingewiesen sein. Gewöhnlich wird aus einer brieflichen Äußerung
des Ausonius, laut welcher der Name des Schülers Paulinus schon früher in den
Fasten gestanden hat als der des Lehrers Ausonius (Auson.. Ep. 20, ed. Schenkl.
V. 3 —
4: .Quamquam et fastorum titulo prior et tua Romae praecessit nostrum
sella curulis ebur" l. der Schluß gezogen: Paulinus habe schon vor Ausonius, welch
letzterer 379 Konsul war, das Konsulat bekleidet, etwa nach dem Tode des Kaisers
Valens, 9. August 378, als subrogierter Konsul für den Rest des Jahres 378 vgl. ;
Rauschen, Jahrbb. der christl. Kirche usw. 24. Da indessen von einem Konsulate
Paulins sonst nichts verlautet, so wird anzunehmen sein, daß Ausonius auf jenes
Amt in Kampanien anspielt, mit welchem auch die Eintragung des Namens des
jeweiligen Trägers in die Fasten verbunden war vgl. Reinelt, Studien über die
:
stens vier Jahre lang in Spanien aufgehalten und hat wahrscheinlich erst am
25. Dezember 395, vielleicht schon am 25. Dezember 394, die Priesterweihe
empfangen.
* Vgl. Carm. 21. v. 374 ff 416 ff.
1 '
§ 38. Dichter. 5. Paulinus von Nola und sein literar. Nachlaß im allgemeinen. 57
von Reichtum und großem Besitze alles verkaufte und es den Armen
gab und das, was unmöglich war, durch sein Beispiel möglich machte" ^
Um 409, als der greise Bischof Paulus von Nola starb, ward Pau-
linus auf den Bischofsstuhl erhoben. In Zeiten tiefsten Elends, als
die Goten zu wiederholten Malen Furcht und Schrecken in Italien
verbreiteten, hat er mit apostolischem Eifer für die ihm anvertraute
Herde gesorgt 2. Am 22. Juni 431 hat er das Zeitliche gesegnet 3.
Sein literarischer Nachlaß setzte sich aus Prosa und Poesie zu-
sammen und war von nicht geringem Umfang. Eine allerdings recht
oberflächliche Beschreibung verdanken wir Gennadius*. Dieselbe be-
weist, daß der einstige Bestand im Laufe der Jahrhunderte eine empfind-
liche Einbuße erlitten hat. Die größeren Prosaschriften, wenn es ihrer
anders mehrere waren, sind sämtlich zu Grunde gegangen, so daß für
uns die Prosa Paulins nur noch durch eine Briefsammlung vertreten
ist, die aber auch manche Lücke aufweist. Die Grundlage des lite-
rarischen Ruhms Paulins bildet seine Poesie. Aus der Zeit vor seiner
Taufe liegen nur wenige und auch inhaltlich unbedeutende poetische
Essays vor, aus den nächstfolgenden Jahren einige Bearbeitungen bi-
blischer Themata und die berühmten polymetrischen Schreiben an
Ausonius, aus den Tagen des Aufenthaltes zu Nola zahlreiche und
mannigfache Lieder größeren Umfangs, ein langer Zyklus von Lob-
gesängen auf den hl. Felix, apologetisch-polemische Dichtungen, christ-
liche Nachbildungen besonderer Gattungen antiker Poesie, der Pro-
pemptica, der Epithalamia, der Consolationes.
Anerkanntermaßen hat Paulinus ein hervorragendes Formtalent
besessen. Leicht, ruhig und zwanglos gleiten die regelrecht gebauten
Verse dahin. Willkürliche Dehnungen und Kürzungen und sonstige
Freiheiten sind selten. Allenthalben waltet das Gepräge der klassischen
Schule vor. Namentlich der Einfluß Vergils kommt mit Macht zur
* Über den Tod Paulins sind wir genauer unterrichtet durch den Brief eines
Schülers, des Presbj'ters Uranius, „De obitu Paulini ad Pacatum" (Migne, PP. Lat.
53, 859 —866). Der Adressat dieses Briefes, Pacatus, vielleicht der Rhetor Latinius
Pacatus Drepanius aus Aquitanien, welcher 389 im Senate zu Rom einen Panegy-
rikus auf Kaiser Theodosius vortrug (Migne 13, 477 —
522), hegte die Absicht, das
Leben Paulins in Versen zu besingen („vitam eins versibus illustrare", Ep. Uranii 1).
Soviel wir wissen, hat er indessen seine Absicht nicht ausgeführt.
* Gennad., De vir. ill. 48.
572 Italiker und Westafrikaner.
— —
113 134 306 312. E. Chatelain, Notice sur les manuscrits des poesies de
St Paulin de Nole, suivie d'observations sur le texte (Bibliotheque des Ecoles
frangaises dAthenes et de Rome fasc. 14), Paris 1880. Der Briefsammlung
Paulins konnte v. Hartel eine neue Nummer einfügen, Ep. 25*, welche in-
zwischen von 0. Bardenhewer und von C. P. Caspari veröffentlicht worden
war. Ein textkritischer Kommentar zu seiner Ausgabe bei v. Hartel, Pa-
tristische Studien 5 Zu den Briefen des hl. Paulinus von Nola, und 6 Zu
: :
den Gedichten des hl. Paulinus von Nola in den Sitzungsberichten der k.
;
Monographien über Paulinus liegen vor von Ad. Buse, Paulin, Bischof
von Nola, und seine Zeit (350—450), Regensburg 1856, 2 Bde, 8«. G. Fahre,
Etüde sur Paulin de Nole (These), Strasbourg 1862, 8°. F. Lagrange, Histoire
de St Paulin de Nole, Paris 1877, 8«; öd. 2 1882, 2 voll., 12"; nach der
ed. 2 von einem Anonymus ins Deutsche übersetzt, Mainz 1882, 8**. M. Lafon,
Paulin de Nole 353 —
431. Essai sur sa vie et sa pensee (These), Montauban
1885, 8°. F. Maigret, St P&ulin de Nole, Paris 1903, 8" (16 S.). A. Bau-
drillart, St Paulin, eveque de Nole (353—431), Paris 1904 (Les Saints);
ed. 2 1905. E. Ch. Babut, Paulin de Nole, Sulpice Severe, St Martin.
Recherches de Chronologie: Annales du Midi 20, 1908, 18 44. Le merae, —
Paulin de Nole et Priscillien Revue d'hist. et de litterature relig. 15, 1910,
:
Die genannten Versuche sind sonder Zweifel in die Zeit vor der
um 390 erfolgten Taufe Paulins zu verweisen. Einige weitere Stücke
entstammen den nächstfolgenden Jahren, in denen Paulinus sich immer
entschiedener seinen neuen Idealen zuwendet. Dahin gehören die
—
Carmina 6 9, Bearbeitungen biblischer Stoffe, und die Carmina 10
bis 11, poetische, und zwar polymetrische Schreiben an Ausonius.
Carmen 6, „Laus sancti lohannis", feiert auf Grund der Angaben der
Evangelien Johannes den Täufer gleichsam als den ersten Asketen
des Neuen Bundes in nicht weniger als 330 Hexametern. Es wird
auch die Ankündigung der Geburt des Täufers (Lk 1, 5 ff) einbezogen.
Allem Anschein nach ist die „Evangelienharmonie" des Juvencus be-
nützt worden ^ Die Carmina 7 8 9 sind Paraphrasen der Psalmen
1 2 136 (Vulg.), die erste in jambischen Trimetern, die zwei andern
in Hexametern. Dieselben sind insofern von literarhistorischer Be-
deutung, als sie die ersten Anfänge einer eigenen Spezies christlicher
Poesie darstellen, welche im Mittelalter wie in der neueren Zeit in
verschiedenen Literaturen eifrige Pflege finden sollte. Sie sind aber
auch von ästhetischem Werte und lassen den feinen Geschmack und
die formale Gewandtheit des Verfassers in hellem Lichte erglänzen.
Höher noch stehen die früher schon, bei Ausonius, besprochenen Car-
—
mina 10 11, die Denkmäler des Kampfes zwischen leichtem Weltsinn
und tiefernster Gläubigkeit. Den Entschluß des in Spanien weilenden
Schülers, mit der inhaltsleeren Vergangenheit zu brechen, will Ausonius
unter Aufbietung seiner ganzen Beredsamkeit ins Wanken bringen.
Blutenden Herzens muß Paulinus auch die Entfremdung des greisen
Lehrers in den Kauf nehmen. Es ist oft gesagt worden, daß Lehrer
und Schüler in diese Rede und Gegenrede ihr bestes poetisches Können
niedergelegt haben.
Auf spanischem Boden ist auch noch Carmen 12 entstanden. In
39 Hexametern wendet Paulinus sich an den hl. Felix, um ihm sein
baldiges Eintreffen in Nola anzukündigen und für die Fahrt zu Wasser
und zu Lande gnädigen Beistand zu erflehen.
Die Literatur zu der Korrespondenz zwischen Ausonius und Paulinus ist
§ 30, 5 angegeben worden.
hbß es V. 64 — 65 ^ ,Male posse facultas [ nulla sit et bene posse adsit tranquilla
potestas." wegen ist die „Oratio" Ausons fälsch-
Vielleicht dieses Zusammentreffens
lich Paulinus zugeschrieben und infolgedessen als Carmen 6 auch in die Paulinus-
—
Ausgaben aufgenommen worden (de Hartel 2, 4 7) wenngleich die Autorschaft
,
Ausons durchaus gesichert ist (vgl. Philipp a. a. 0. 46 ff). Ein Anklang an die
, Oratio" Ausons kommt auch noch in einem späteren Gedichte vor. Carm. 29,
V. 16 (de Hartel 306) sagt Paulinus: „Quae nee mens humana capit nee lingaa
2,
profari", und Ausonius sagte in seiner , Oratio", v. 5: ,Nec mens complecti poterit
nee lingua profari." Notwendig ist jedoch in diesem Falle die Annalime einer Ent-
lehnung nicht, und da das Gedicht wohl erst nach 405 zu Nola verfaßt wurde, ist
sie auch unwahrscheinlich (gegen Philipp 48).
Vgl. Manitius, Gesch. der christl.-lat. Poesie 270 f.
'
§ 38. Dichter. 7. Gedichte Paulins aus der Zeit des Aufenthaltes zu Nola. 575
Eines dieser Gedichte nennt Paulinus selbst (Ep. 28, 6) ,natalicium (libellam)
'
«Responsa adversus perversas Claudii Taurinensis sententias", Migne, PP. Lat. 105,
510. Vgl. de Hartel 2, Praef. xxxi ff.
' Übrigens wäre die Reihenfolge umzukehren, weil Nr 28 vor Nr 27 verfaßt
sein muß. Nr 28 war sehr wahrscheinlich als neuntes ,carmen natalicium" für
den 14. Januar 403 bestimmt, Nr 27 als zehntes für den 14. Januar 404. Vgl.
Reinelt, Studien usw. 21 ff.
576 Italiker und Westafrikaner.
lich des Abdrucks der Ausgabe Muratoris bei Migne 61 Mingarellis Edition
ganz unbeachtet geolieben. Eine Inhaltsangabe aller vierzehn Gedichte auf
den hl. Fehx bei Manitius a. a. 0. 272—287. Zu den Carmina 27—28,
über die Felix-Basilika, vgl. H, Holtzinger, Die Basilika des Paulinus zu
Nola: Zeitschr. f. bildende Kunst, 20, 1885, 135—141.
§ 38. Dichter. 7. Gedichte Paalins aus der Zeit der Aufenthaltes zu Nola. 577
'
Vgl. Brückner,Julian von Eclanum, sein Leben und seine Lehre, Leipzig
1897, 18 Bezüglich des Namens der Frau Julians schwanken die Handschriften.
ff.
werden muß, daß unter „hymni" auch die Gedichte auf den hl. Felix
verstanden sein können, welche schwerlich jemals beim Gottesdienste
Verwendung gefunden haben.
f) Unecht unter Paulins Namen zuerst von Kardinal Mai
sind die
(SS. Episc. Nicetae Paulini scripta, Romae 1827, 61
et 72; ein Abdruck —
bei Mai, Classici Auetores 5, Romae 1833, 369 381) herausgegebenen Ge- —
dichte ,Ad Deum post conversionem et baptismum suum" und „Ad Deum de
domesticis suis calamitatibus". Das erste, ein Selbstaufruf zu gottgefälligem
Lebenswandel in 120 Distichen, würde in die Stimmung der Übergangsperiode
Paulins wohl hineinpassen, sticht jedoch von dem sonstigen Tone seiner
Poesie merklich ab und lehnt sich mehrfach wörtlich an das um 430 ge-
schriebene „Commonitorium" des Galliers Orientius an. Vgl. Manitius a. a. 0.
300 ff. Das zweite, auch schon vor Mais Edition bekannt, ein Klagelied in
14 Distichen, stammt aus der Feder des Geschichtschreibers der Langobarden
Paulus Diakonus (gest. 797?). Über ältere und jüngere Ausgaben s. Potthast,
Bibl. bist, medii aevi", Berlin 1896, 2, 904 (Versus ad regem precando:
„Verba famuli tui"). Außer diesen zwei Gedichten hat v. Hartel seiner
Appendix zu den „Carmina" Paulins (2, 344 357) noch zwei andere Ge- —
dichte einverleibt, welche früher einmal für Paulinus in Anspruch genommen
worden sind, ,De nomine lesu", ein Lobgesang auf den Herrn, und ,Ad
coniugem", eine hübsche Mahnung zu gottgeweihtem Leben an die eigene
Gattin. Das letztere Gedicht steht auch unter den Werken Prospers aus
Aquitanien (Migne 51, 611 —
616) und mag wirklich Prosper angehören. Vgl.
Manitius a. a. 0. 211 f.
'
Vgl. den Titel ,nonnulla eodem nietro ad sacramentoium ordinem pertinentia*
in dem Juvencus-Aitikel bei Hier., De vir. ill. 84.
- Gennad. a.Die Abfassung des Panegyrikus in Prosa wird von Genna-
a. O.
dius ausdrücklich angemerkt und von Paulinus selbst, Ep. 28, 6, bestätigt.
' Ep.
28, 6.
37*
:
in seinem ersten Teile die Heiligen überhaupt feiert, und zwar als die Ärzte,
die Gott bestellt habe, die unreine und sündige Welt zu heilen.
richtung huldigt, findet die Briefe Paulins weniger anziehend als seine
Gedichte. Die Briefe stehen im Banne gallischer Rhetorik und ihres
Schwulstes und ihrer Geschraubtheit und sind zugleich mit biblischen
Zitaten und Anspielungen ganz überladen. Auch an Reinheit des Aus-
drucks können sie mit den Gedichten nicht wetteifern. Ihr Hauptwert
liegt darin, daß sie sehr anschaulich und greifbar eine der edelsten
Gestalten beleucliten, welche die abendländische Kirche des 4. Jahr-
hunderts geziert haben. Der weitaus größeren Mehrzahl nach sind
sie, am ausgesprochensten diejenigen an Severus, Stimmungsbilder,
welche von dem eigenen Glauben und Hoffen, Fürchten und Lieben
erzählen. Und von wenigen Nummern abgesehen, entstammen sie
sämtlich den Jahren 394 —
404, dem Dezennium, in welchem Paulinus
manche Angriffe auf seine Entschlüsse abzuwehren, aber auch manche
vorschnell gefaßte Meinungen näher zu prüfen hatte. Daß auch aller-
hand kulturgeschichtlich bedeutsame Einzelheiten abfallen, braucht
kaum erst bemerkt zu werden. Die einzigartige archäologische Be-
deutung des Briefes 32 an Severus ist soeben schon, gelegentlich der
metrischen Inschriften Paulins, betont worden.
Eine nicht geringe Anzahl von Briefen ist abhanden gekommen.
Aus der ganzen Gruppe, deren Gennadius mit den Worten gedenkt:
aAd sororem quoque epistulas multas de contemptu mundi dedit" ^
hat sich nicht ein einziges Stück erhalten. Anderweitige Quellen
und insbesondere die noch vorliegenden Briefe zeugen von weiteren
Lücken der Überlieferung ^
Über die Briefe im allgemeinen s. M Ihm, Observationes in Paulinum
—
Nolanum: Rhein. Museum f. Philologie X. F. 44, 1889, 525 529 (über Reminis-
zenzen aus der klassischen Literatur). P. Reinelt, Studien über die Briefe
des hl. Paulinus von Nola, Breslau 1 904, 8". J. Brochet, La correspondance
de St Paulin de Nole et de Sulpice Severe, Paris 1906, 8». - Zu Ep. 5,
ad Severura, 6 (evangelii non surdus auditor) vgl. C. Weyman im Rhein.
Museum f. Philologie N. F. 53, 1898, 317. —
Zu Ep; 13, ad Pammachium, 7
(caput deduxit unguento) vgl. Weyman im Archiv, f. latein. Lexikogr. u.
—
Gramm. 15, 1906 1908, 260. —
Ep. 25*, ad Crispinianum, eine Fortsetzung
der Ep. 25, ist zuerst von 0. Bardenhewer (Der Katholik 1877, 1, 493—510)
und sodann nach derselben Handschrift als vermeintliches Ineditum von
C. P. Caspari (Theol. Tidsskrift for den evangelisk-lutherske Kirke i Norge,
Ny Raekke 10, Christiania 1885, 225—230; vgl. 377—382) herausgegeben
worden. Nach Auffindung einer zweiten Handschrift ward der Brief noch
einmal rezensiert von Weyman im Hist. Jahrbuch 16, 1895, 92 99; vgl. —
—
423 f. V. Harteis Rezension (], 229 234) war schon bei ihrem Erscheinen
'
Gennad., De vir. 111. 48. Oder sollte hier, da von einer Schwester Paulins
sonst nichts verlautet, Paulinus -verwechselt worden sein mit Sulpicius Severus, von
welchem Gennad. a. a. O. 19 berichtet wird „Epistulas ad amorem Dei
: et con-
temptum mundi hortatorias scripsit sorori suae raultas" ?
^ Siehe Reinelt, Studien usw. 54 wo jedoch seltsamerweise
flp, die angeführten
Worte des Gennadius unbeachtet geblieben sind.
582 Italiker und Westafrikaner.
§ 39. Papstbriefe.
Silvester
1. I. (31. Januar 314 bis 31. Dezember 335). — Nach
Maßgabe früherer Stellen dieses Werkes
hier auch der schrift- soll
lichen Erlasse der Päpste des 4. Jahrhunderts in Kürze gedacht werden.
Von Papst Silvester freilich ^ besitzen wir auffälligerweise auch nicht
ein einziges echtes Schreiben mehr, obwohl sein Pontifikat eines der
längsten und ereignisreichsten gewesen ist, obwohl er insbesondere
in Sachen des Arianismus und des Konzils von Nicäa ohne Zweifel
viele Briefe ausgetauscht hat. Unterschobene Schriftstücke liegen in
um so größerer Anzahl vor. Zum Teil sind sie zu Anfang des 6. Jahr-
hunderts von einem Anhänger der Partei des Papstes Symmachus
in Kurs gesetzt worden. Zum Teil stammen sie aus der Feder
Pseudoisidors.
Des Papstes Miltiades, des Vorgängers des hl. Silvester, ist Bd 2, S. 583 f
Erwähnung geschehen.
.
Vgl. Jaffe, Regesta Pontificum Romanoram 1*, Lipsiae 1885, 28 30, n. 174 —
bis 180. — Über die Fälschungen unter Silvesters Namen aus dem Anfang
des 6. Jahrhunderts s. L. Duchesne, Le Liber Pontificalis 1, Paris 1886,
Introd. cxxxiii ff. —Leontius von Byzanz (De sectis actio 3, 4 Migne, PP. ;
Gr. 86, 1, 1216) rechnet Silvester zu den i5ioaV/.aÄoi xai -aTsps; und zitiert
anderswo eine christologische Stelle aus einer angeblichen Streitschrift des
Papstes gegen die Juden. Nach der Edition Mais ist das Zitat abgedruckt
bei Migne, PP. Lat. 8, 814; vgl. Wenzlowsky 81 f. Über anderweitige Spuren
dieses Zitates s. Fr. Diekamp, Doctrina Patrum,' Münster i. W. 1907, xx
XXXV Lxxv. — Über ein griechisches Itinerarium unter dem Namen Silvesters
vgl. A. Ehrhard im Literarischen Handweiser 1891, 265.
' Bei Äthan., Apol. c. Arian. 21—35 (Migne, PP. Gr. 25, 281—308); auch
Migne, PP. Lat. 8, 879—908. Jaffe n. 186.
" Bei Äthan, a. a. 0. 52—53; auch Migne a. a. 0. 8, 907—912. Etwas voll-
ständiger — das Lob, welches der Papst ihm erteilte, hat Athanasius unterdrückt —
steht dieser zweite Brief auch bei Socr., Eist, eccl, 2, 28. Jaffö n. 188.
584 Italiker uad Westafrikaner.
Schon sehr früh ist der Name des Papstes JuHus zu Fälschungen
mißbraucht worden, in der Absicht, apollinaristischen Schriften den
Zutritt in kirchliche Kreise zu eröffnen. Ob der Ruf des Papstes als
Hort der Orthodoxie und Patron des hl. Athanasius den Anlaß ge-
geben oder irgendwelche kirchenpolitische Rücksichten eine Rolle ge-
spielt haben, bleibt einstweilen unklar. Die Tatsache aber steht fest ^
und ist auch oben schon, bei Apollinaris von Laodicea, zur Sprache
gekommen. Und dank dem Eifer der monophysitischen Propaganda
sind diese gefälschten Julius-Schriften über weite Strecken des christ-
lichen Erdkreises getragen worden. Außer griechischen Texten sind
syrische, lateinische und arabische Versionen überliefert.
Coustant 0. 349—420, App. 57—88; Migne, PP. Lat. 8, 857—994.
a. a.
Wenzlowsky a.0. 91—195.
a. Jaffe a. a. 0. 30—32, n. 182—206. —
Coustant und Migne geben auch schon gefälschte Julius-Schriften in grie-
chischer Sprache. Gefälschte Juhus-Schriften in syrischer Sprache hat zuerst
P. de Lagarde (Analecta Syriaca, Lips. et Lond. 1858, 67 79) herausgegeben —
und gleich darauf hat er (Titi Bostreni quae ex opere contra Manichaeos
edito in cod. Hamburg, servata sunt graece, Berol. 1859, 114 124) die ent- —
sprechenden griechischen Texte nach früheren Ausgaben abdrucken lassen,
um hie und da nach der syrischen Version Korrekturen anzubringen.
J. Fr. A. Veith (Epistolae nonnullae sub lulii I nomine divulgatae, Diss.
inaug., Vratislaviae 1862) übersetzte die syrischen Texte bei de Lagarde ins
Lateinische. G. Moesinger (Monumenta Syriaca 2, Oeniponti 1878, 1 5) —
veröffentlichte aus vatikanischen Handschriften noch sieben syrische Julius-
Fragmente. Die neueste und vollständigste Ausgabe der griechischen und
der syrischen Texte verdanken wir H. Lietzmann. Apollinaris von Laodicea
und seine Schule 1, Tübingen 1904, und J. Flemming und H. Lietzmann,
Apollinaristische Schriften syrisch (Abhandlungen der k. Ges. der Wiss. zu
Göttingen, Philol.-hist. Kl., N. F. 7, 4), Berlin 1904. Hier Bndet man folgende
gefälschte Juhus-Schriften: a) eine Abhandlung ,De unione corporis et divini-
tatis in Christo", verfaßt von Apollinaris dem Jüngeren von Laodicea, grie-
chisch bei Lietzmann 185 —
193, syrisch bei Flemming 16 24; b) eine Flug- —
schrift „De fide et incarnatione", verfaßt von Apollinaris, griechisch bruch-
—
stückweise bei Lietzmann 193 203, sjrrisch vollständig bei Flemming 24 bis
32; c) eine „Epistola ad Dionysium", verfaßt von Apollinaris, griechisch bei
—
Lietzmann 256 262, syrisch bei Flemming 35 39; d) eine „Epistola ad —
Prosdocium", verfaßt von dem Apollinaristen Timotheus vonBerytus, griechisch
bei Lietzmann 283 —
286, syrisch bei Flemming 39 41; e) ein „Encyclion", —
ungewisser, aber apollinaristischer Herkunft, griechisch bei Lietzmann 292
bis 293, syrisch bei Flemming 41 —
42; f) eine ,Epistola tertia", ungewisser,
aber apollinaristischer Herkunft, nur syrisch erhalten, deutsch bei Lietzmann
— —
307 310, syrisch bei Flemming 49 51 g) eine Abhandlung ,De fide", un-
;
'
Leont. Byz., De sectis actio 8, 3 (Migne, PP. Gr. 86, 1, 1253): Obdiv ^iperat
roü jnaxaf/iou ^Iou).iou, dXAd xai al sttö intcrro^-ai, üi; /.i^ournv zhai aLizoj, toü \iizoXt-
vapiou eiaiv.
§ 39. Papstbriefe, 4. Liberius. 585
sind ins Arabische übersetzt, dort aber, infolge der Ähnlichkeit der Namen
Julius und Hippolytus in der arabischen Schrift, irrtümlich Hippolytus von
Rom zugeschrieben worden. Vgl. H. Achelis, Hippolytstudien, Leipzig 1897,
—
212 215. Eine Anzahl dieser Fragmente hat Achelis in den Hippoljtus'-
—
Werken 1, Leipzig 1897, 2, 279 286, mit den entsprechenden griechischen
Texten konfrontiert. Vier weitere arabische Fragmente bei Lietzmann a. a. 0.
321—322.
4. Liberius (17. [?] Mai 352 bis 24. September 366). Aus der —
Korrespondenz des Papstes Liberius sind dreizehn Nummern ganz oder
bruchstückweise erhalten geblieben. Neun Nummern hat Hilarius von
Poitiers bzw. der Exzerpist seines „Opus historicum" überlieferte
Die ältesten sind Fragmente Ton Briefen an Bischof Cäcilianus von
Spoleto und an Bischof Hosius von'Corduba, Briefen, in welchen der
Papst Klage führt über das schwächliche Verhalten seiner Legaten
zu Arles 2, Er hatte im Herbst 353 die Bischöfe Vincentius von Capua
und Marcellus, gleichfalls Kampaner, an den kaiserlichen Hof nach
Arles entsandt, um Konstantius zur Einberufung eines ökumenischen
Konzils in Sachen des Arianismus nach Aquileja zu bewegen. Der
Kaiser indes ließ zu Arles eine Synode abhalten und wußte hier die
Verurteilung des hl. Athanasius zu erzwingen. Auch die Legaten des
Papstes glaubten aus Rücksicht auf den Frieden der Kirche sich der
Gewalt fügen zu sollen. Der unerschrockene Luzifer von Calaris erbot
sich, noch einmal im Namen des Papstes beim Kaiser vorstellig zu
werden, und auf Bitten des Papstes fanden Eusebius von Vercellä
und Fortunatianus von Aquileja sich bereit, Luzifer an das kaiserliche
Hoflager zu begleiten. Darüber berichten drei Briefe des Papstes an
Bischof Eusebius von Vercellä ^. Der Brief des Papstes an den Kaiser,
welchen Luzifer zu überbringen hatte, dringt in entschiedenen und
freimütigen Worten von neuem auf die Veranstaltung eines allgemeinen
Konzils und legt die Gründe dar, aus welchen der Papst an der
Unschuld des Athanasius festhalten und die Gemeinschaft mit den
Arianern ablehnen müsse*. Die Synode jedoch, welche im Frühjahr
355 im kaiserlichen Palaste zu Mailand tagte, war nur eine neue
Vergewaltigung der Kechte des Glaubens. Luzifer von Calaris, Euse-
bius von Vercellä, Dionysius von Mailand wurden ins Exil geschickt.
Ein Beileidsschreiben des Papstes preist die drei Bekenner glücklich
ob ihrer heroischen Standhaftigkeit und bittet- sie um die Hilfe ihres
'
Fragmenta ex opere historico S. Hilarii Pict., Migue, PP. Lat. 10, 627—724.
- Ep. ad Osium und Ep, ad Caecilianum, Migne a. a. 0. 8, 1349. JaflFe n. 209
bis 210.
5 Epp. tres ad Eusebium, Migne 8, 1349—1351 1355—1356. Jaffe n. 211
213 215.
* Ep. ad Constantium, Migne 8, 1351 — 1354. Jaffe n. 212. Eine neue Ausgabe
dieses Briefes bei Hartel, Luciferi Calaritani opuscula, Vindob. 1886, 327—331.
586 Italiker und Westafrikaner.
'
Ep. ad Eusebium, Dionysium et Luciferum, Migne 8, 1356 —
1358. Jaffe n. 216.
Auch dieser Brief bei Hartel a. a. 0. 320—321.
- Rede und Gegenrede des Eunuchen und des Papstes bei Äthan., Hist. Ariano-
ram 35—36 (Migne, PP. 733—736); auch Migne. PP. Lat. 8, 1357—1360.
Gr. 25,
^ zwischen Kaiser und Papst, angeblich nach Aufzeich-
Die Verhandlungen
nungen von Ohrenzeugen, in lebendiger Schilderung bei Theodor., Hist. eccl. 2, 13
(Migne, PP. Gr. 82, 1033—1040); auch Migne, PP. Lat. 8, 1359—1366.
* Äthan., Hist. Arianorum 41 ; vgl. Äthan., Apol. c. Arian. 89.
-'
Migne 8, 1365—1372. Jaffe n. 207 217—219.
§ 30. Papstbriefe. 4. Liberias. 587
'
Ep. ad catholicos episcopos Italiae, Migne 8, 1372—1373. JaflF^ n. 223.
- Ep. ad Eaethium, Cyrillum etc., bei Socr., Eist. eccl. 4, 12; auch Migne 8,
1381—1386. Jaffe n. 228.
:
—
391 420: „Ein Papst- oder Bischofs-Elogium." Vgl, WejTnan, Zum Papst-
elogium des cod. Corbeiensis: Zeitschr. f. die österr. Gymnasien 59, 1908,
704—706. Mommsen, Gesammelte Schriften 6, Berlin 1910, 578—581.
5. Damasus
L (Ende September 366 bis 10. oder 11. Dezember
384). — Auch
von Papst Damasus haben sich außer den schon früher
erwähnten Epigrammen und Gedichten mehrere, zum Teil in ver-
Migne, PP. Gr. 28, 1441—1446). Jaffe n. 229. Die zwei lateinischen Briefe bei
Migne 8, 1406—1408 1399—1403. Jaffe n. 222 224.
' Anibr., De virginibus
3, 1 — 3 (Migne, PP. Lat. 16, 219—224); auch Migne 8,
—
1345 1350. Über das Datum der Predigt vgl. Rauschen in der Theol. Revue
1911. 277 f.
§ 39. Papstbriefe. 5. Damasus I. 589
1 Ep. „Confidimus", Migne 13, 347—349. Jaffe n. 232. Die Überlieferung und
die Entstehungszeit (371) bespricht H. Lietzmann, Apollinaris von Laodicea und
seine Schule 1, Tübingen 1904, 53 ff.
'^
—
Diese drei Fragmente bei Migne 13, 350 354. Vgl. Lietzmann a. a. 0.
^ Ep. ,Per filium" —
und „Confessio fidei catholicae", Migne 13, 354 364. JaS6
n. 235. Lietzmann (a. a. 0. 57 ff) setzt den Brief nebst der , Confessio" in den
Spätherbst 375 und erörtert auch die Überlieferung. Nach Schäfer (Basilius' d. Gr.
—
Beziehungen zum Abendlande, Münster i. W. 1909, 8 10) stammt der Brief aus
dem Jahre 375, die „Confessio" aber erst aus dem Jahre 381.
* Theodor., Hist. eccl. 5, 10; auch Migne 13, 369—372. Jaff6 n. 284.
' Die Stücke „de Spiritu Sancto" und „de sedibus patriarchalibus" bei Migne
13, 373 — 376, unter den Briefen des Papstes Damasus; die ganze Dekretale mit
—
AVeglassung des Stüokes „de Spiritu Sancto" bei Migne 59, 157 164, unter den
590 Italiker und Weetafirikaner.
Briefen des Papstes Gelasius. Den besten Text der Dekretale gibt Thiel, Epistolae
Romanorum Pontificum 1 —
Brunsbergae 1868, 454 471, unter den Briefen des
,
Gelasius, aber ohne die Stücke ,de Spiritu Sancto"' und „de canone Scripturae
Sacrae", welche Thiel (Monita praevia 44 S) Damasus zuteilt. Die drei ersten
Stücke, „de Spiritu Sancto", „de canone Scripturae Sacrae", „de sedibus patriai'cha-
libus", wurden als Eigentum einer römischen Synode des Jahres 382 von neuem
herausgegeben durch G. H. Turner im Journal of Theol. Studies 1, 1900, 554 560.—
über die Untersuchungen bezüglich der Herkunft der Dekretale berichten A. Koch,
Der hl. Faustus, Bischof von Riez, Stuttgart 1895, 57 ff; L. Schade, Die Inspirations-
lehre des hl. Hieronymus, Freiburg i. Br. 1910, 205 ff.
'
Ep. ad Gratianum et Valentinian\im nebst dem Reskript der Kaiser bei Migne
13, 575 —
588. Das Reskript der Kaiser auch in der CoUectio Avellana ed. Guenther,
Vindob. 1895—1898, 1, 54—58. In den Herbst 378 verlegen die Synode sowohl
Rauschen, Jahrbb. der christl. Kirche usw. 31 ff, wie auch Wittig, Papst Damasus I.,
Rom 1902, 11 ff.
—
Dieser Briefwechsel bei Migne 13, 440 441 (Pseudo-Damasus, Ep. 5) und
'
lonich und die übrigen Bischöfe Illyriens kehrt sich gegen einen mit
Jovinianus geistesverwandten Häretiker, Bischof Bonosus von Sardika.
Auf eine Anfrage der Adressaten hin verteidigt Siricius auf das ent-
schiedenste den von Bonosus bekämpften Glauben an die immer-
währende Jungfrauschaft Mariens. Im übrigen will er dem Urteil der
Adressaten, welch letztere durch eine Synode zu Capua 391 oder 392
mit näherer Untersuchung der Angelegenheit des Bonosus betraut
worden waren, nicht vorgreifen ^
Coustant a. a. 0. 621 — 712; Migne, PP. Lat. 10, 1115—1196. Wenz-
lowsky a. a. 0. 407—488. Jaffe a. a. 0. 40—42, n. 255—272.
Drittes Kapitel.
Illyrier.
(1. Germinius von Sirmium und Heraklianus. 2. Wulfila. 3. Auxentias von Dore-
storum und Maximinus. 4. Fragmente Ungewisser Herkunft. 5. Das ,0pu8
iraperfectura in Matthaeum".)
Das, was Heraklianus als sein Glaubensbekenntnis vorträgt (mit den Schluß-
*
worten „Haec mea fides est"), ist eine fast wörtliche Reproduktion der christo-
:
habe und nunmehr lehre: „similem esse per omnia filium patri excepta
innativitate". Ein Glaubensbekenntnis des Germinius, welches kein
Datum trägt, aber wahrscheinlich der Antwort auf den genannten
Brief beigegeben war, gipfelt in dem Satze: „filium patri per omnia
similem''. Ein vermutlich aus derselben Zeit stammender längerer
Brief des Germinius ,ad Rufianum, Palladium et ceteros" wiederholt
noch einmal: „filium per omnia patri similem excepta innativitate.'
Mit dem Winter 366/367 verliert sich die Spur des Bischofs. Als
Schriftsteller sind Valens, Ursacius und Germinius, soviel bekannt,
nicht aufgetreten.
erfand. Auf Grund dieser Zeugnisse werden die namenlos überlieferten Bruch-
stücke einer aus dem Griechischen geflossenen gotischen Bibelübersetzung,
der ältesten Bibel in germanischer Zunge, allgemein Wulfila zugeschrieben.
Neueste Ausgabe nebst Rekonstruktion der griechischen Vorlage von W. Streit-
berg, Die gotische Bibel, TM, Heidelberg 1908, 8° (Germanische Bibliothek,
Abt. 2, Bd 3, 1). Weit verbreitet ist die Ausgabe von Stamm-Heyne, Ul-
filas oder die uns erhaltenen Denkmäler der gotischen Sprache, 11. Aufl. von
F. Wrede, Paderborn 1908, 8°. Kleine neuentdeckte Stücke eines gotischen
Bibeltextes (Abschnitte aus Lk 23—24) bei P. Glaue und K. Helm, Das
gotisch-lateinische Bibelfragment der Universitätsbibliothek zu Gießen, Gießen
1910 8". Zur Herkunft des Fragmentes vgl. F. Rühl in der Zeitschr. f. die
neutestamentl. Wiss. 12, 1911, 85 f. —
Laut seinem Schüler Auxentius von
Dorostorum (bei Kaufimann, Aus der Schule des WulfiJa, Straßburg 1899, 74)
hat Wulfila auch zahlreiche selbständige Schriften, Predigten und Bibel-
kommentare (plures tractatus et multas interpretationes) hinterlassen, und
zwar in allen drei Idiomen, welche damals in den Donaugegenden gesprochen
wurden, in gotischer, lateinischer und griechischer Sprache. Alle diese
Schriften scheinen zu Grunde gegangen zu sein, mit Ausnahme eines kurzen
lateinischen Glaubensbekenntnisses Wulfilas, welches Auxentius (bei Kauff-
mann a. a. 0. 76) aufbewahrt hat. Dasselbe drückt sich bezüglich des Sohnes,
unter Umgehung aller arianischen Schlagworte, sehr kurz und farblos aus,
während es den Heiligen Geist ,nec deum nee dominum, sed ministrum
Christi" nennt. Die authentische Interpretation des Passus über den Sohn
gibt der einläßliche Bericht des Auxentius (Kauffmann 73 f), nach welchem
Wulfila die Homousianer wie die Homöusianer bekämpfte ,et filium similem
esse patri suo dicebat". Die gotische Erklärung des Johannesevangeliuma
(jSkeireins"), von welcher sich einige unzusammenhängende Blätter erhalten
—
haben (bei Streitberg a. a. 0. 456 471), ist ihrer Herkunft nach bestritten,
indem sie von einigen Wulfila beigelegt, von andern ins 5. Jahrhundert ver-
wiesen wird. Ein griechisches Martyrium des hl. Sabas, welcher am 12. April
372 in Skythien litt (Acta SS. Aprilis 2, Antverp. 1675, 966—968), ist von
H. Boehmer-Romundt (Neue Jahrbb. f. das klassische Altertum 11, 1903,
—
272 288) Wulfila zugeeignet worden, gehört aber, wie G. Pfeilschifter
(Veröffentlichungen aus dem kirchenhist. Seminar München, Reihe 3, 1,
—
München 1907, 192 224) zeigte, ohne Zweifel einem orthodox-katholischen
Bischof, vielleicht dem Bischof Bretanion von Tomi in Skythien, an. Vgl.
über Wulfila Streitberg, Gotische Literatur, bei Paul, Grundriß der germa-
nischen Philologie 2, 1\ Straßburg 1901—1909, 4—28.
größere Lücke. Die Abfassung berechnet Kauffmann auf die zweite Hälfte
38*
596 Illyrier,
des Jahres 383. Den Verfasser identifiziert er mit dem Gotenbischof Maxi-
minus, welcher seine Landsleute von der Balkanhalbinsel nach Afrika be-
gleitete und die Kühnheit hatte, sich 427 oder 428 zu Hippe in eine öffent-
liche Disputation mit Augustinus einzulassen. —
Von ungleich größerem
Werte als die ,Dissertatio Maximini " selbst ist jedoch das derselben ein-
verleibte Bruchstück einer „Epistola Auxentii episcopi Dorostorensis de fide,
vita et obitu Wulfilae* (Kauifmann 73 —
76), eines warmen Nachrufes auf den
kurz vorher gestorbenen Wulfila aus der Feder eines dankerfüllten Schülers.
Dieses Bruchstück, welches zur größeren Hälfte der Darlegung der Lehre
des Meisters gewidmet ist und zum Schluß das Abs. 2 erwähnte Glaubens-
bekenntnis Wulfilas mitteilt, stellt eine sehr wichtige Geschichtsquelle dar.
Dorostorum in Moesia inferior, der Bischofssitz des Auxentius, ist das heutige
Silistria in Bulgarien. —
Zweier der ,Dissertatio Maximini " eingeflochtenen
Zitate aus einer Streitschrift des Bischofs Palladius von Ratiaria gegen Äm-
brosius ist oben schon S. 534 gedacht worden. —
Das Bruchstück der „Epi-
stola Auxentii" wurde nach der Pariser Handschrift zuerst herausgegeben
von G. Waitz, Über das Leben und die Lehre des ülfila, Hannover 1840, 4°.
Einen Gesamtüberblick über den Inhalt der Handschrift gab W. Bessell, Über
das Leben des Llfilas und die Bekehrung der Goten zum Christentum, Göt-
tingen 1860, 8". Eine sorgfältige Ausgabe des späteren Eintrags lieferte
Fr. Kauffmann, Aus der Schule des Wulfila, Straßburg 1899, 4° (Texte und
Untersuchungen zur altgermanischen Religionsgeschichte, Texte 1). L. Saltet,
ün texte nouveau La dissertatio Maximini contra Ambrosium Bulletin de
: :
wiss. Theol. 46, 1903, 233—269. Th. v. Zahn, Lateinische Predigten eines
§ 40. Aiianer und Antiarianer. 5 Das ,Opas imperfectum in Matthaeum". 597
1912, 19—28.
werden droht. Laut eigener Aussage hat der merkwürdige Autor auch Kom-
mentare zu Markus und Lukas geschrieben, welche jedoch verschollen sind
(vgl. Paas, Das Opus imperf. in Matth., Tübingen 1907, 125 ff). Wer ist
der Autor? Bis vor kurzem lautete die Antwort allgemein: ein lateinisch
schreibender Bischof in den Donauprovinzen zu Anfang des 5. Jahrhunderts.
Nicht selten ward vermutungsweise der Name des Gotenbischofs Maximinus
(Abs. 3) genannt. Der überlieferte lateinische Text des Kommentares galt
als Originaltext. Stiglmayr erkannte, und wohl mit Recht, auf ein grie-
chisches Original und erklärte den lateinischen Text für eine freie Bearbeitung,
bei Avelcher die Eigenart des Lateiners in Sprach- und Denkformen bis zu
einem gewissen Grade zu ihrem Rechte gelangen konnte. Die eingestreuten
Andeutungen über Ortsverhältnisse aber führen nach Stiglmayr aus dem
Westen weg in den Osten, in die politische Diözese Thrazien mit der Stadt
Konstantins, welche, solange eine Reichsteilung bestand, stets zum Osten, und
zwar zur prätorischen Präfektur des Oriens, gezogen ward. Wenn jedoch
Stiglmayr zu dem Schlüsse gelangt, der Autor sei wahrscheinlich der aria-
nische Presbyter Timotheus, welcher unter Arkadius (395 —
408) zu Kon-
stantinopel lebte und im Rufe eines großen Bibelkenners stand (Soor., Hist.
eccl. 7, 6), und der lateinische Bearbeiter sei vielleicht der 580 gestorbene
spanische Bischof Martin von Bracara, so erheben sich Bedenken, weil von
einer literarischen Betätigung jenes Timotheus nichts verlautet und Martin
von Bracara sozusagen sein ganzes Leben der Bekämpfung des Arianisnius
gewidmet hat. — H. Boehmer-Romundt, Des Pseudo-Chrysostomus Opus im-
perf. in Matth.: Zeitschr. f. wiss. Theol. 46, 1903, 361—407. F. X. Funk,
Zum Opus imperf. in Matth.: Theol. Quartalschrift 86, 1904, 424—428.
Th. Paas, Das Opus imperf. in Matth.' (Inaug.-Diss.), Tübingen 1907, 8".
Fr. Kauflfmann, Zur Textgeschichte des Opus imperf. in Matth. (Festschrift),
Kiel 1909, 8». J. Stiglmayr, Das Opus imperf. in Matth.: Zeitschr. f. kath.
Theol. 34, 1910, 1—38 473—499. 0. Schilling, Eigentum und Erwerb nach
dem Opus imperf. in Matth.: Theol. Quartalschrift 92, 1910, 214—243.
598 Illyrier.
1. Lebensumstände. —
Niceta von Remesiana ist erst durch
Forschungen der jüngsten Zeit, vor allem durch die Bemühungen
Morins und Burns, zu einer greifbaren Größe herausgearbeitet
worden. Seine Lebensverhältnisse sowohl wie seine schriftstellerische
Tätigkeit deckte eine Wolke von Mißverständnissen. Sein Name hatte
schon sehr früh zu Verwechslungen mit andern Kirchenmännern der
Vorzeit, Nicetas von Aquileja und Nicotins von Trier, Anlaß gegeben,
und der Name seines weltentrückten Bischofssitzes hatte unter den
Händen der Abschreiber alle möglichen Entstellungen durchlaufen.
Remesiana lag an der Heeresstraße zwischen dem westlichen Europa
und Konstantinopel, im binnenländischen Dacien, an der Stelle des
heutigen serbischen Dorfes Bela Palanka, in einer Gegend, in welcher
griechische und lateinische Sprache und Bildung um den Vorrang
stritten i.
Beim Regierungsantritt Theodosius' d. Gr., 379, wurden die
politischen Diözesen Macedonien und Dacien zu einem Illyricum Orien-
tale zusammengefaßt, von Illyricum occidentale abgetrennt und zur
östlichen Reichshälfte geschlagen ^ während kirchlicherseits auch
,
* Paulin. Nol., Carm. 17; Carm. 27, 148 ff; Ep. 29, 14. Alle diese Stellen auch
bei Burn 141—155.
§ 41. Niceta von Remesiaoa. 2. Die Unterweisung für Taufk«ndidaten. 599
1909, 8«
'
Dieser Brief auch bei Burn 138—141.
« Innoc. P. I., Ep. 17, Migne, PP. Lat. 20. 526 ff. .Jaffe n. 303.
» Gennad., De vir. ill. 22.
Nach Gennadius; nach Kassiodor (Institt. div. litt. 16) ,de fide'.
*
patre" oder ,eiusdem substantiae" (De rat. fidei 3 4). Das Wort „consubstantialis"
600 Illyrier.
„compendiosa brevitas" *.
—
Die Überbleibsel der Unterweisung, bei Burn 6 54, sind nach und nach
ans Licht gezogen worden. Zuerst ward das Glanzstück der ganzen Samm-
lung, die ^Explanatio symboli" oder das fünfte Buch des Werkes, von
hat er nicht. Dagegen hat er den übrigens schon von Tertullian gebrauchten Aus-
druck „verbum substantivum" (De Spir. S. 7), gleichbedeutend mit Aöj'o? ouatwdijg
oder ifUTröarazog, , persönliches Wort". Vgl. Patin, Niceta usw. 36 f 59.
' Burn, Niceta of Remesiana, Introd. lxvii ff. Patin a. a. 0. 33 ff.
* De Spir. S. 2. Ganz ähnlich wird der Name ^Macedoniani" auch in der 383
geschriebenen ,Epistola Auxentii episcopi Dorostorensis de fide, vita et obitu Wul-
filae", bei Fr. Kauffmann, Aus der Schule des Wulfila, Straßburg 1899, 74, gebraucht.
* Siehe das Fragment des Proömiums bei Burn 6.
* Gennad. a. a. 0. Cassiod. a. a. 0.
§ 41. Niceta von Remesiana, 3. Kleinere Schriften. 601
St. Kardinal Borgia, Padua 1799, herausgegeben, und zwar nach einem cod.
Chisianus saec. XIV, in welchem Bischof Nicetas von Aquileja, in der zweiten
Hälfte des 5. Jahrhunderts, als Verfasser angegeben ist. J. Pr. Zabeo (Explana-
tionem symboli, quae prodiit Patavii a. 1799, tribuendam probabilius esse S. Ni-
ceaeDacorum episcopo quam B. Nicetae episcopo Aquileiensi, Venetiis 1803, 4°)
trat für die Rechte Nicetas von Remesiana ein. P. Braida jedoch (S. Nicetae
episc. Aquilei. opüscula quae supersunt duo, additis fragmentis, ütini 1810, 4')
verteidigte die Autorschaft des Bischofs von Aquileja. Braidas weitläufige
,Diss€rtatio in S. Nicetam" ist bei Migne, PP. Lat. 52, Paris. 1846, 875 bis
1136, abgedruckt. C. P. Caspari (Kirchenhistorische Anecdota 1, Christiania
1883, 341 —
360) konnte zu einer neuen Ausgabe der „Explanatio" außer der
Handschrift Borgias (und Braidas) noch fünf weitere Handschriften des
12. Jahrhunderts benützen, Handschriften, welche Origenes als Verfasser
bezeichnen, aber sämtlich Kopien einer und derselben älteren Vorlage sind,
also nur einen Texteszeugen repräsentieren. Einen dritten Zeugen, eine
Handschrift des 11. Jahrhunderts im Britischen Museum, hat erst Burn
herangezogen. Vgl. Burn lxv ff. Inzwischen war die Autorschaft Nicetas
von Remesiana sichergestellt worden. Die Syinbolforscher hatten der »Ex-
planatio* lebhaftes Interesse gewidmet. S. namentlich Hümpel a. a. 0.
Th. Zahn, Neuere Beiträge zur Geschichte des apostolischen Symbolums:
—
Neue kirchl. Zeitschr. 7, 1896, 93 123. F. Kattenbusch, Das apostolische
Symbol 1, Leipzig 1894, 107 ff 2, Leipzig 1900, 9 ff 440 ff.
; Im Jahre —
1802 veröffentlichte M. Denis (Codices mss. theol. Bibliothecae Palatinae
Vindobonensis, vol. 2, pars 3, 2043—2046) sechs kleine Fragmente ver-
schiedener Bücher der Unterweisung, welche in einem alten „Ordo de cate-
chizandis rudibufe" zitiert werden, nach einer Handschrift des 10. Jahrhunderts.
Später ist dieser „Ordo" noch in mehreren andern Handschriften aufgefunden
worden. Vgl. Burn lx ff. —
Die zwei großen Bruchstücke des dritten Buches
wurden von Kardinal Mai, SS. Episc. Nicetae et Paulini scripta ex Vaticanis
codicibus edita, Romae 1827, 4", zu Tage gefördert. Die , scripta S. Nicetae*
dieser Ausgabe sind wieder abgedruckt bei Mai, Script, vet. nova Coli. 7,
—
Romae 1833, 1, 314 340, und dieser Abdruck ist wiedergegeben bei Migne
a. a. 0. 52, 847 —
876. Das Stück „de ratione fidei" scheint nur durch den
von Mai benützten cod. Vatic. saec. XV überliefert zu sein; das Stück „de
Spiritus Sancti potentia" begegnete Morin auch in einem cod. Coloniensis
saec. IX. Vgl. Bum lxii ff. —
Das Schriftchen ,De ratione paschae".
welches an die gleichnamigen Abhandlungen der Afrikaner Hilarianus und
Agriustia erinnert, hat Burn 92 —
110, unter den ,opera Nicetae dubia", in
zwei Fassungen herausgegeben, links in einer anscheinend älteren Textgestalt
(bei Migne, PP. Gr. 28, 1605—1610, unter den Werken des hl. Athanasius),
rechts in einer wahrscheinlich von Martin von Bracara, gest. 580, redigierten
(von Krusch jedoch für die ältere Textgestalt erklärten) Form (bei Migne,
PP. Lat. 72, 49—52, unter den Werken Martins von Bracara). Über den
sehr zweifelhaften Zusammenhang dieses Schriftchens mit dem sechsten Buche
der Unterweisung s. Burn cxxx f.
' Gennad. a. a, 0.
602 Illyrier;
Schon Mai, der erste Herausgeber des Traktats, hat mit Recht auf Fobadius
-
von Agennum bzw. Gregor von Eliberis, De fide 6 (Migne 20, 42—43), verwiesen.
§ 41. Niceta von Remesiana. 4. Hymnen. 603
in den Drucken der Briefe des hl. Hieronymus eine Stelle gefunden
hatte. Labbe, Sirmond, Holstenius haben bereits beide Stücke
Niceta von Remesiana zuerkannt. „De vigiliis servorum Dei", d. i.
über die kirchlichen Vigilfeiern, will die kürzlich eingeführten nächt-
lichen Gottesdienste vom Freitag auf den Samstag und vom Samstag
auf den Sonntag begründen und empfehlen. „De psalmodiae bono",
d. i. über den Wert des Psalmengesanges, will speziell für den gemein-
—
G. Morin in der Revue Bened. 14, 1897, 385 397, erste Ausgabe der ur- —
sprünglichen Fassung von „De psalm. bono" vgl. Morin in der Revue ;
4. Hymnen. —
Paulinus von Nola stellt seinen Freund auch als
Hymnendichter und Lehrer der Barbaren im Hymnengesange dar. Er
spricht von der „lingua Nicetae modulata Christum" * und ruft Niceta
Über sonstige Parallelen vgl. Burn xli ff; Eattenbusch in der Theol. Literaturzeitung
1906, 385 f.
'
De psalm. bono 1 ,Memini me poUicitum, cum de gratia et utilitate vigilia-
^
604 Illyrier.
gesanges: Stimmen aus Maria-Laach 81, 1911, 274—287 401 414 487 bis —
503. Sonst wären noch zu nennen Burn, An Introduction to the Creeds and
to the Te Deum, London 1899, 8". J. Wordsworth, The Te Deuni, London
1902, W. Meyer in den Nachrichten von der k. Ges. der Wiss. zu Göt-
8".
Palästina weist, glaubte man abändern zu dürfen in 2/.j;8ia;. Daß die Schriften
die griechische Sprache redeten, war allerdings vorauszusetzen. Vgl. etwa
E. Venables im Dictionary of Christ. Biography 4, London 1887, 1011.
§ 42. Hieronymus.
(1. Lebenslauf. Literarische Hinterlassenschaft.
2. 3. Übersetzungen aus dem
Griechischen. Übersetzung der Heiligen Schrift. 5. Exegetische Arbeiten über
4.
das Alte Testament. 6. Exegetische Arbeiten über das Neue Testament. 7. Rück-
blick auf die exegetischen Arbeiten. 8. Dogmatisch-polemische Schriften. 9. Histo-
rische Essays. 10. Horailien. II. Briefe. 12. Zur Charakteristik des hl. Hieronymus.
13. Heliodor.)
1. Lebenslauf. —
Eusebius Hieronymus ist wahrscheinlich um
342 zu Stridon in Dalmatien in einem wohlhabenden Hause geboren
und nach seinem eigenen Ausdruck sozusagen von der Wiege an mit
katholischer Milch genährt worden ^ Ein Jüngling von etwa zwanzig
Jahren, kam er nach Rom, um an dem Zentralsitze klassischer Bildung
den herkömmlich gewordenen Studiengang zurückzulegen. Älius
Donatus, derselbe, dessen „Ars" oder „Artes" noch in den Schulen des
Mittelalters führte ihn in das weitverzweigte Gebiet der
fortlebten,
Grammatik andere Meister, deren Namen verweht sind, ent-
ein,
schleierten ihm die Geheimnisse der Rhetorik. Der junge Stridonier,
'
Hier., Ep. 82, 2.
606 lllyrier.
eine lebhafte, ja feurige Natur, lauschte mit der ganzen Glut jugend-
licher Begeisterung.Damals schon hat er sich unter großen Mühen
und Opfern (summo studio ac labore) auf Ansammlung einer Bibliothek
römischer Klassiker verlegte Urnstände, in welches kein geschicht-
liches Zeugnis mehi hineinleuchtet, führten ihn von Rom nach Gallien
oder, wie er selbst sagt, „an die halbbarbarischen Ufer des Rheins",
und dort, vielleicht zu Trier, ist es gewesen, wo der Entschluß in
ihm reifte, „sich Christus zu weihen" (Christum colere), d. h. Mönch
zu werden 2. Er kehrte nach Italien zurück, verweilte einige Zeit
zu Aquileja in einem Kreise gleichgesinnter Freunde und brach dann,
um 373, nach dem Orient auf, um zu Jerusalem „in Kriegsdienst zu
treten" (militare), d. h. ein Leben strenger asketischer Zurückgezogen-
heit zu beginnen 3. Zu Antiochien indes streckte ihn ein gefährliches
Fieber auf das Krankenlager, und dem Wiedergenesenen eröffnete die
Hauptstadt Syriens Gelegenheiten, welche er nicht unbenutzt lassen zu
dürfen glaubte. Er erlernte das Griechische und widmete sich theo-
logischen, vor allem exegetischen Studien, Sein Lehrer war kein
Geringerer als Bischof Apoliinaris von Laodicea, ein Mann, welcher
strebende Geister zu fesseln verstand. Gleichwohl verlor Hieronymus
den Zweck s iner Reise nicht aus dem Auge. Anstatt jedoch nach
Jerusalem weiter zu pilgern, bezog er eine Eremitenzelle in der an
der Ostgrenze Syriens gelegenen Wüste von Chalcis, der damals von
Einsiedlern aller Art bevölkerten sog. syrischen Thebais. In harten
Bußübungen suchte er inneren Frieden mit der Hände Arbeit gewann
;
» Ep. 22, 30. « Ep. 3, b. ' Ep. 22, 30. * Ep. 125, 12.
§ 42. Hieronymus. 1. Lebenslauf. gQ7
Parteien erhoben Anspruch auf den Bischofsstuhl und stritten über trini-
tarische Formeln, und die hochgehenden Wogen des Kampfes schlugen
bis hinein in die Hütten der Eremiten in der Wüste. Hieronymus floh.
Die immer wieder sich erneuernden Lehrstreitigkeiten waren ihm
unerträglich,um so mehr, als er sich zu einem selbständigen Urteil
nicht aufzuschwingen vermochte. Zu Antiochien empfing er aus den
Händen des orthodoxen Bischofs Paulinus die Priesterweihe, aber
unter der bezeichnenden Bedingung, daß er Mönch bleiben dürfe,
d. h. keine seelsorgerliche Tätigkeit zu übernehmen brauche K Er
hatte längst die Pflege kirchlicher Wissenschaft
zu seiner Lebens-
aufgabe erkoren. Ebendeshalb eilte er um 380 von
Antiochien nach
Konstantinopel, wo er sich zu den Füßen des gefeierten Theologen
Gregor von Nazianz in der Schriftauslegungskunst vervollkommnen
und zugleich einen umfassenderen Einblick in die literarischen Schätze
der griechischen Kirche gewinnen konnte. Die exegetischen Werke
eines Origenes und die historischen Leistungen eines Eusebius erregten
seine rückhaltlose Bewunderung, und schwerlich würde er Neu-Rom
so bald wieder verlassen haben, wäre er nicht durch eine schmeichel-
hafte Einladung des Papstes Damasus, zu welchem er früher schon
von der chalcidischen Wüste aus brieflich Beziehungen angeknüpft
hatte, nach Alt-Rom berufen worden. Er sollte einer im Sommer 382
unter dem Vorsitz des Papstes zusammentretenden Synode beiwohnen
und, wenn nicht alles trügt, hauptsächlich über die schismatischen'
Verwicklungen zu Antiochien sein Votum abgeben. Es gewann jedoch
den Anschein, als ob er vor eine entscheidende Wendung seines ganzen
Lebenslaufes gestellt sei. Der Papst behielt ihn an seiner Seite, über-
schüttete ihn mit Vertrauensbeweisen, benützte ihn, wie wir heute
sagen würden, als Geheimsekretär. Und der Berater des Papstes,
der Gelehrte, welcher über eine für die damalige Zeit fast unerhörte
Fülle von Wissen verfügte, der Asket, welcher auch in flammenden
Schriften Apostel eines weltentsagenden Lebens auftrat, würde
als
nach dem Urteil sehr weiter Kreise der würdigste Nachfolger des
hochbetagten Damasus gewesen sein. AUeiÄ die öffentliche Meinung
steigt und fällt, und Hieronymus hat nicht um Menschengunst gebuhlt.
Gerade in asketischen Schriften pflegte er eine Geißel der
seinen
Sittenkritik zu schwingen, von welcher die höheren Schichten der
römischen Laienwelt und namentlich auch ein beträchtlicher Teil des
römischen Klerus sich auf das schwerste getroffen fühlen mußte. Als
Damasus am 10. oder 11. Dezember 384 die Augen schloß, ward
Siricius aufden Stuhl Petri erhoben, während Hieronymus Anstalten
traf, von Babylon heimzukehren nach Jerusalem " (de Babylone lero-
..
solyman regredi)^.
608 Illyrier.
Diese zweite Reise in den Orient sollte ihn auf die Mittagshöhe
seines Lebens und Wirkens führen. Zu Anfang des Jahres 386 traf
er, begleitet von einer Anzahl Verwandten und Bekannten, in Jerusalem
ein, und nachdem er im Frühjahr noch Ägypten besucht hatte, um
den frommen Büßern der nitrischen Einöde seinen Gruß zu entbieten —
übrigens hat er auch nicht versäumt, zu Alexandrien mehrere Wochen
lang den Vorträgen des blinden Katecheten Didymus anzuwohnen —
nahm er im Herbst 386 bleibenden Aufenthalt zu Bethlehem. Er trat
an die Spitze einer klösterlichen Genossenschaft unc eröffnete zugleich
eine höhere Schule, in welcher auch Grammatik gelehrt und die Klas-
siker erklärt wurden, während er seinerseits sich durch gelehrte Rab-
binen von neuem Unterricht im Hebräischen und überdies auch im
Biblisch-Aramäischen oder, wie er selbst zu sagen pflegt, im Chal-
däischen erteilen ließ. Noch einmal hat ei', jetzt schon ein Mann mit
grauen Haaren, zurückschrecken wollen vor den Mühen und Nöten
eines Elementarschülers; noch einmal hat er sie zu überwinden gewußt,
gestählt durch den Mahnruf seines Lehrers „Labor omnia vincit im-
:
Dem Eifer des Mittelalters danken wir die Erhaltung, und zwar die
im wesentlichen unverkürzte Erhaltung des hieronymianischen Nach-
lasses. Einige Briefe und kleinere Aufsätze sind abhanden gekommen,
auch einige Übersetzungsarbeiten, welche späteren Geschlechtern ge-
ringeres Interesse boten, sind dem Untergange anheimgefallen; im
übrigen hat die ganze Schriftenmasse, „in den Truhen der Abteien"
wohl geborgen, die Stürme der Jahrhunderte überdauert. Die meisten
und wohl auch die wichtigsten Nummern sind sogar durch sehr alte
und sorgfältige Abschriften vertreten. Man würde fehlgehen, wollte
man die letzte und beste, von Domenico Vallarsi um die
Mitte des 18. Jahrhunderts besorgte Gesamtausgabe, elf Foliobände
oder in der zweiten Auflage elf starke Quartbände zählend, für eine
zuverlässige Dolmetscherin des handschriftlichen Bestandes halten.
Sie läßt nicht nur, was ja von vornherein zu erwarten, in text-
kritischer Hinsicht manche Wünsche unbefriedigt, sie weist vielmehr
auch, wie dies namentlich durch Germain Morins Forscherfleiß
und Finderglück erwiesen worden, empfindliche Lücken auf, indem
Ein einläßliches Verzeichnis der Schriften, welche er bis zum Jahre 392
veröffentlichte, gibt Hieronymus selbst ,De vir. ill." 135, nachdem er ebd. 134
bemerkt hat, daß damals schon einige seiner Schriften durch seinen Freund
Sophronius ins Griechische übersetzt worden waren. Näheres über die Hier-
onymus-Übersetzungen dieses Sophronius vorhin § 20, 6. —
Gesamtausgaben
der Schriften des hl. Hieronymus besorgten D. Erasmus, Basel 1516 bis
1520 u. ö., 9 Bde, 2°; Marianus Victorias, Bischof von Rieti, Rom 1565 bis
1572 u. ö., 9 Bde, 2°; die Mauriner J. Martianay und A. Pouget, Paris 1693
69*
—
612 lUyrier.
bis 1706, 5 Bde, 2«; D. Vallarsi, Verona 1784—1742, 11 Bde, 2« und Venedig
1766—1772, 11 Bde, 4». Die letztgenannte Ausgabe ist bei Migne, PP. Lat.
—
22 30, abgedruckt worden. Es war etwas übertrieben, wenn A. ReifFerscheid
(Bibl. Patr. Lat. Ital. 1, "Wien 1865, 66; vgl. 90 278) urteilte: „Trotzdem
daß die Benedictinerausgabe durch Vallarsi und seine Mitarbeiter eine oft
gerühmte Revision erfuhr, so ist doch der Text des Hieronymus am meisten
verwahrlost, und die handschriftliche Überlieferung nur sehr unvollständig
bekannt." Jedenfalls aber ist die neue Edition im „Corpus scriptorum ec-
clesiasticorum latinorum" vor eine dankbare Aufgabe gestellt. In sehr ver-
trauenerweckender Weise ward sie eröffnet durch J. Hilberg, S. Eusebii Hier-
—
onymi Epistulae, pars 1, Epist. 1 70, Vindob. 1910 (Corpus 54). Über die
Entstehungsweise der Schriften des hl. Hieronymus und die mit ihr gegebenen
Schwierigkeiten der vgl. Grützmacher a. a. 0. 1, 21 ff.
Textesrezension
H. Wikenhauser, Der Hieronymus und die Kurzschrift Theol. Quartalschrift
hl.
—
:
York 1893.
3. Übersetzungen aus dem Griechischen. — Es handelt
sich hier um übersichtliche Zusammenfassung und kurze Kennzeichnung
der Übersetzungen aus dem Griechischen. Anläßlich des jedesmaligen
Originals sind dieselben samt und sonders schon an früheren, aller-
dings sehr zerstreuten Stellen zur Sprache gekommen,
a) Der Zahl wie dem Umfang nach ragen die Übersetzungen von
Origenes hervor. Eine
Schriften des beträchtliche Anzahl exege-
tischer Homilien hat Hieronymus Absicht übersetzt, den
in der
Lateinern ausgewählte Proben der Kunst des alexandrinischen Meisters
zu unterbreiten. Es sind 14 Homilien zu Jeremias und 14 Homilien
zu Ezechiel, um 381 zu Konstantinopel auf Bitten eines Presbyters
Vincentius übersetzt, mit dem Bestreben, die dem Original eigene
,siraplicitas sermonis" zu wahren; zwei Homilien zum Hohenliede, um
383 zu Rom für Papst Damasus übersetzt, nach dem Vorwort „fide-
liter magis quam ornate" 39 Homilien zum Lukasevangelium, um
;
Die Homilien zu Jeremias und Ezechiel bei Migne, PP. Lat. 25, 583 bis
786; PP. Gr. 1:5, 255—542 und 665—768. Vgl. oben Bd 2, S. 100 ff 105 f.
Grützmacher 1, 181 ff. —
Die Homilien zum Hohenhede PP. Lat. 23, 1117
bis 1144; PP. Gr. 13, 35—58. Vgl. Bd 2, S. 99. Grützmacher 1, 212 f.
Die Homilien zum Lukasevangelium PP. Lat. 26, 219—306; PP. Gr. 13,
—
1799 1902. Vgl. Bd 2, S. 102 f 106. Grützmacher 2, 79 ff. Th. v. Zahn,
Die Predigten des Origenes über das Evangelium des Lukas Neue kirchl. :
Jeremias und Ezechiel, indem er betont: „Der Stil ist hier noch recht un-
gewandt und zum Teil dunkel." Es steht entgegen, daß Hieronymus in dem
Verzeichnis seiner Schriften vom Jahre 392, „De vir. ill." 135, alle die ge-
nannten Homilienübersetzungen namhaft macht mit alleiniger Ausnahme der
Homilien zu Isaias, wie es scheint, Grund genug zu der Annahme, daß die
Horailien zu Isaias erst nach Abfassung der Schrift ,De vir. ill." übersetzt
worden sind.
römische Stadtchronik vom Jahre 334, ein paar andere, nicht näher
bekannte lateinische Geschichtswerke sowie das Werk des Aurelius
Viktor. Nach eigenem Geständnisse ist er sehr eilfertig vorgegangen;
die Übersetzung ist nicht frei von Mißverständnissen, der neue Text
leidet an Willkür und Planlosigkeit in der Auswahl des Materials;
in späteren Jahren sind, wie die literarische und handschriftliche
Überlieferung ausweist, noch mehrere Male vom Verfasser selbst Ände-
rungen vorgenommen und Nachträge eingeschoben worden. Mit der
Leistung des Eusebius in keiner Weise zu vergleichen, hat doch auch
des Hieronymus Arbeit Bedeutung erlangt, indem sie für viele spätere
lateinische Chronisten normgebend ward.
Über neuere Ausgaben und Bearbeitungen des „Chronicon omnimodae
historiae" (De vir. ill. 135) vgl. vorhin § 18, 4. Grützmacher 1, 191 ff.
584. An zweiter Stelle wäre der cod. Fuldensis zu nennen, welcher jedoch
nur das Neue Testament enthält, jetzt zu Fulda befindlich, geschrieben um
545 zii Capua unter Aufsicht des dortigen Bischofs Viktor. Er ward mit
diplomatischer Treue von E. Ranke, Marburg und Leipzig 1868, herausgegeben.
Weiteres über diese und andere Handschriften bei C. R. Gregory, Textkritik
des Neuen Testamentes 2, Leipzig 1902, 626 ff. —
Das Neue Testament nach
der Revision des hl. Hieronymus bei Migne, PP. Lat. 29, 525—872. Eine
kritische Ausgabe bei J. Wordsworth et H. J. White, Novum Testamentum
D. N. Jesu Christi latine secundum editionem S. Hieronymi, pars 1, quattuor
evangeha, Oxonii 1889—1898, 4°; partis 2 fasc. 1, actus apostolorum, 1905.
Über die von Hieronymus benützten griechischen Handschriften vgl. Words-
—
worth et White a. a. 0. pars 1, 653 672. E. Mangenot, Les manuscrits
grecs des evangiles employes par St Jeröme: Revue des sciences eccles. 1900,
—
56 72. J. H. Bernard, The greek MSS used by St Jerome: Hermathena 11,
1901, 335—342. A. Souter, The type or types of Gospel Text used by
St Jerome: The Journal of Theol. Studies 12," 1911, 583—592.
» Ep. 134, 2.
618 Illyrier.
stehen das Buch Tobias, welchem er nur einen Tag widmen, und
das Buch Judith, welchem er nur eine Nacht schenken konnte ^ Die
Übersetzung der salomonischen Schriften hingegen, laut der Vorrede
das Werk dreier Tage (tridui opus), muß gleichwohl als eine tüchtige
Leistung bezeichnet werden. Mögen indessen in jedem Buche sich
Ungenauigkeiten und Unrichtigkeiten nachweisen lassen, so findet sich
doch unter den uns erhaltenen Bibelübersetzungen des Altertums keine,
welche derjenigen des hl. Hieronymus auch nur im entferntesten den
Rang streitig machen könnte. Sie unterscheidet sich von allen andern
durch das bewußte Streben des Verfassers, den höchsten Aufgaben
eines Übersetzers gerecht zu werden. Hierony.ius aber hatte ein
Übersetzertalent ganz eigener Art. Er besaß in ausnehmendem Grade
die Fähigkeit, den Gedankengängen anderer sich anzuschmiegen, mit
den Worten auch die Intentionen zu belauschen, gewissermaßen von
Geist zu Geist zu verkehren. Der Ideengehalt der biblischen Bücher
im großen und ganzen war ihm ohnehin durch jahrzehntelanges und
ununterbrochenes Studium heimatlich vertraut geworden. Ent-—
sprechende Würdigung hat diese Übersetzung des Alten Testamentes
erst bei späteren Jahrhunderten erfahren. Keine seiner Arbeiten hat
Hieronymus so viel Schweiß gekostet und keine seiner Arbeiten hat
bei den Zeitgenossen so wenig Verständnis gefunden. Nach und nach
erst, hartem Ringen mit der älteren Übersetzung, vermochte sie
in
sich Achtung und Vertrauen zu erzwingen. Seit dem 7. Jahrhundert
jedoch wird sie fast in der ganzen lateinischen Kirche gebraucht und
seit dem 13. Jahrhundert führt sie den von ihrer Vorgängerin er-
erbten Namen „Vulgata". Nur das Psalmenbuch war, wie schon an-
gedeutet, in der Textgestalt des „psalterium gallicanum" so tief ein-
gewurzelt, daß die neue Psalmenübersetzung nicht mehr in kirch-
lichenGebrauch kam. Diejenigen deuterokanonischen Bücher, welche
Hieronymus nicht übersetzt hatte, wurden in dem Texte der Itala
beibehalten.
—
Die Übersetzung des Alten Testamentes bei Migne 28 29. Die Psalmen-
übersetzung edierte am zuverlässigsten de Lagarde :Psalterium iuxta He-
braeos Hieronymi e recognitione Pauli de Lagarde, Lipsiae 1874, 8". Gleich-
zeitig gab V. Tischendorf der (zweiten) Ausgabe des Masora-Textes der Psalmen
von Baer ui.d Delitzsch die hieronymianische Übersetzung bei: Liber psal-
morum hebraicus atque latinus ab Hieronymo ex Hebraeo conversus, con-
sociata opera ediderunt C. de Tischendorf, S. Baer, Fr. Delitzsch. Lipsiae
1874, 8". Vgl. auch de Lagarde, Probe einer neuen Ausgabe der lateinischen
Übersetzungen des Alten Testaments, Göttingen 1885, 4'' (enthält Ps 1 — 17
nach 26 Texteszeugen). H. Ehrensberger, Psalterium vetus und die Psalterien
des hl. Hieronymus. —
Psalm 1 17 (Progr.), Tauberbischofsheim 1887, 4°.
J. Ecker, Psalterium iuxta Hebraeos Hieron^-mi in seinem Verhältnis zu
Masora, Septuaginta, Vulgata mit Berücksichtigung der übrigen alten Ver-
die Genesis, die Psalmen, den Prediger und die sämtlichen Propheten
in eigenen Schriften bearbeitet, zumeist in ausführlichen Kommentaren.
Zur Genesis schrieb er unter dem Titel „Quaestiones hebraicae"
a)
(Migne 23, —
935 1010) eine kritische Beleuchtung schwierigerer und
wichtigerer Stellen der alten lateinischen Übersetzung auf Grund des
hebräischen Textes und unter Berücksichtigung verschiedener grie-
chischen Versionen. Die kleine Schrift ist im wesentlichen eine Vor-
arbeit zu der neuen Übersetzung des Alten Testamentes, getragen von
der Absicht, die Mangelhaftigkeit der alten Übersetzung und die Not-
wendigkeit eines Zurückgreifens auf den Grundtext darzutun. Die
Abfassung fällt in die ersten Jahre des Aufenthaltes zu Bethlehem,
386—391, wahrscheinlich um 389.
Hieronj-mi Quaestiones hebraicae in libro Geneseos e recognitione Pauli
de Lagarde, Lipsiae 1868, 8**. Vgl. M. Rahmer, Die hebräischen Traditionen
in den Werken des Hieronymus, durch eine Vergleichung mit den jüdischen
Quellen kritisch beleuchtet. Teil 1: Die „Quaestiones in Genesin', Breslau
1861. 8". Grützmacher a. a. 0. 2, 61 ff. L. Schade, Die Inspirationslehre
des hl. Hieronymus, Freiburg i. Br. 1910, 145 ff. —
In der Vorrede kündigte
Hieronymus „Quaestiones hebraicae' zum ganzen Alten Testament an (in
libris hebraicarum quaestionum, quos in omnem scripturam sanctam disposui
Rcribere ..), und es ist wiederholt vermutet worden,
. daß er zu diesem oder
jenem Buche auch wirklich noch „Quaestiones hebraicae' geschrieben habe,
die aber nicht auf uns gekommen seien (vgl. Klostermann in seiner Ausgabe
des Eusebianischen Onomastikons der bibb'schen Ortsnamen, Leipzig 1904,
Einl. xxvii). Die auf uns gekommenen „Quaestiones hebraicae in libros
Regum' und „Quaestiones hebraicae in libros ParaÜpomenon' (Migne 23,
—
1329 1402), übrigens auch ganz anders geartet als die „Quaestiones he-
braicae in libro Geneseos', sind das Werk eines getauften .Juden, welcher
um 800, vielleicht im fränkischen Reiche, lebte. S. darüber S. Berger, Quam
620 lllyrier.
' Vgl. Comm. in Am. 1. 3; prol. : „Non enim a primo usque ad novissimum,
iuxta ordinem quo leguatur, sed ut potuimus et ut rogati sumus, ita eos (prophetas)
disseruiraus."
- De vir. ill. 135. In der gleichen Ordnung führt er die fünf Kommentai'e auch
Comm. in Ion., prol., auf: „Michaeam, Naum, Abacuc, Sophoniam, Aggaeum."
' Comm. in Am. 1.
3, prol. In der Vorrede des Kommentars zu Habakuk spricht
er von dem schoir veröffentlichten Kommentar zu Nahum.
* Comm. in Hab., prol.
622 IllyrJer.
Vgl. De vir. ill. 75: „Sed et in duodecim prophetas viginti quinque i^j/r/(T£w>
'
Origenis Volumina manu eius (Pamphili) exaiata repperi, quae tanto amplector et
servo gaudio, ut Croesi opes habere me credam."
§ 42. Hieronymus. 5. Exegetische Arbeiten über das Alte Testament. 623
'
Vgl. Ep. 119, I.
* Comm. ad 6, 1. Diese Abhandlung hat unter den Briefen einen Platz
in Is.
gefunden, Ep. 18, ad Damasum, de Seraphim et calculo (Migne, PP. Lat. 22, 361
bis 376). Doch ist dieselbe bei Vallarsi und Migne unrichtig abgegrenzt; s. die
Ausgabe Hilbergs.
624 Illyrier.
letzte der Propheten Jeremias an die Reihe kam, 415 419 oder 420. —
Doch versprach dieser ganz vorwiegend dem historischen Sinne nach-
gehende Jeremiaskommentar (Migne 24, 679 900), „die reifste —
von allen exegetischen Arbeiten unseres Autors zu werden" ^^ hätte
er nicht ein Torso bleiben sollen. In sechs dem Presbyter Eusebius
von Cremona gewidmeten Büchern hatte Hieronymus die Kapitel 1
bis 32 erklärt, als der Tod ihm die Feder entriß oder richtiger den
Mund schloß.
'
Comm. in Is. 1. 5, prol. Dieses Scbriftchen, dessen Hieronymus auch Ep. 71, 7
gedenkt, ist nicht gesondert überliefert.
' Zöckler, Hieronymus 297.
§ 42. Hieronymas. 6. Exegetische Arbeiten über das Neue ToBtament. 625
Grützmacher 2, 18 ff. —
Die pseudohieronymianischen Kommentare zu
sämtlichen Paulinen mit Ausnahme des Hebräerbriefes (Migne 30, 645 902) —
erweisen sich als eine dem 6. Jahrhundert angehörige Überarbeitung der
Kommentare des Briten Pelagius. A. Souter, The Commentary of Pelagius
on the Epistles of Paul, London 1907, 8". G. Morin, Jean Diacre et le
Pseudo-Jeröme sur les epitres de St Paul: Revue Bened. 27, 1910, 113 bis
117. — Über verschiedene in den Handschriften fälschlich Hieronymus zu-
geschriebene Kommentare zum Hebräerbriefe vgl. E. Riggenbach, Historische
Studien zum Hebräerbrief, Heft 1, Leipzig 1907, 11 15. —
b) Im Jahre 398 diktierte Hieronymus, kaum genesen von schwerer
Krankheit, innerhalb zweier Wochen einen Kommentar zum Matthäus-
evangelium —
(Migne 26, 15 218), welcher in knapper Form eine
„historica geben und nur gelegentlich „spiritualis in-
interpretatio"
telligentiae flores" einstreuen wollte. Eine ausführlichere Darlegung
dieser „spiritualis intelligentia" sollte laut der Vorrede einer späteren
Gelegenheit vorbehalten bleiben, ist aber nicht mehr zu stände ge-
kommen. Der Kommentar war für Eusebius von Cremona bestimmt.
Er birgt einen größeren Reichtum an treffenden Bemerkungen, als die
kurze Spanne Zeit erwarten läßt. Origenes wird ausgiebig benützt,
zugleich aber auch scharf bekämpft.
'
Comm. iu Gal. 1. 3, pro). : Comm. in Abd. s. f.
40'
628 Illyrier.
Doch ist im Laufe der Jahre ein Umschwung, ein bewußter Prin-
zipienwechsel eingetreten. Um
392 sagte Hieronymus sich von Ori-
genes los, und seit dieser Zeit ist er aus einem Alexandriner mehr
• Sanders, Etudes sur St Jöröme, Paris 1903. Schade, Die Inspirationslehre des
hl. Hieronymus, Freiburg i.'Br. 1910.
* Comm. in Is. 1. 6, prol.
» Comm. in Zach., prol. Ep. 64. 19.
» Ep. 21. 13; 52, 2. Vgl. Schade a. a. 0. 127 If.
6 Schade a. a. 0. 107 S.
§ 42. Hieronymus. 7. Rückblick auf die exegetischen Arbeiten. 629
und mehr ein Antiochener geworden, ohne dals übrigens Einflüsse von
Antiochien her nachzuweisen wären. Die Erkenntnis, daß Origenes
vielfach in die Irre gegangen, weckte immer stärkeres Mißtrauen,
und auch die fortdauernde Beschäftigung mit dem biblischen Texte,
die Revision der Itala und die eigene Übersetzung, mag nach und
nach das philologische Gewissen geschärft haben. Hatte Hieronymus
früher in luftiger Allegorese mit Origenes gewetteifert und wenigstens
in der Praxis den Literalsinn als etwas Nebensächliches betrachtet
und behandelt, so hat er später in fortschreitendem Maße auf Alle-
gorese verzichtet und sich desto entschiedener der historisch-gramma-
tischen Würdigung des Wortlautes befleißigt. Die Kommentare zu
Ezechiel und zu Jeremias zeigen ein fast auffälliges Zurücktreten der
Allegorese, Als Hauptquelle wird Origenes auch fernerhin verwertet,
aber nicht nur seine dogmatischen Extravaganzen werden ausdrück-
lich abgelehnt, sondern auch seine herraeneutische Methode wird scharf
getadelt ^
Auch in Sachen des Kanons des Alten Testamentes hat Hierony-
mus zu verschiedenen Zeiten verschiedenen Anschauungen gehuldigt,
und an diesem Punkte ist statt eines Fortschrittes eher ein Rück-
schritt festzustellen. Anfangs hat er die Septuaginta- für inspiriert
gehalten und den deuterokanonischen Büchern dieselbe Dignität zu-
gestanden wie den protokanonischen. Seine textkritischen Studien
untergruben den Glauben an die Ausnahmestellung der Septuaginta
und nährten eine wachsende Hochschätzung gegen den hebräischen
Text oder die „hebraica veritas". So sehr er sich nun im Rechte
befand, wenn er den Urtext der Übersetzung vorzog, so übereilt war
es, wenn er jetzt, seit etwa 390, auch die den heiligen Rollen seiner
jüdischen Lehrer fremden Bücher der Septuaginta nicht mehr als
kanonisch, nicht mehr als inspiriert gelten lassen wollte. Er zuerst
hat die deuterokanonischen Bücher als „apocrypha" und „fabulae"
beiseite geschoben 2. Er hat damit in die Geschichte des alttestament-
lichen Kanons keine geringe Verwirrung hineingetragen.
A. Roehrich, Essai sur St Jeröme exegete (These), Geneve 1891, 8".
K. Härtung, Der Exeget Hieronymus. Festrede, Bamberg 1903, 4". —
C. Julius, Die griechischen Danielzusätze und ihre kanonische Geltung, Frei-
burg i. Br. 1901, 107 —
121. L. Sanders, Etudes sur St Jeröme. Sa doctrine
touchant l'inspiration des livres saints et leur veracite, l'autorite des livres
deuteröcanoniques, la distinction entre l'episcopat et le presbyterat, l'Orige-
nisme, Paris 1903, 8". P. Gaucher, St Jeröme et l'inspiration des livres
deuteröcanoniques: Science cath. 18, 1904, 193 flf 334 ff 539 ff 703 ff.
H. H. Howorth, The influence of St Jeröme on the Canon of the Western
Church: Journal of Theol. Studies 10, 1909, 481—496; 11, 1910, 321-347;
13, 1912, 1 —18. L. Schade, Die Inspirationslehre des hl. Hieronymus (Bibl.
Studien 15, 4 — 5), Freiburg i. Br. 1910. Ders., Der hl. Hieronymus und da8_
Problem der Wahrheit der Heiligen Schrift Der Katholik 1911, 1, 411—421.
:
welcher die Gültigkeit der arianischen Taufe bestritt und die Kon-
vertiten wiedertaufen wollte.
Krüger (Lucifer, Bischof von Calaris, Leipzig 1886, 58 62) wollte es —
unentschieden lassen, ob die „Altercatio" um 379 zu Antiochien oder um
382 zu Rom geschrieben sei. Die letztere Alternative fand einen Anwalt in
G. Grützraacher, Die Abfassungszeit der Altercatio Lueiferiani et Orthodoxi
des Hieronymus: Zeitschr. f. Kirchengesch. 21, 1901, 1 8. —
Dagegen läßt
Trzeiuski (a. a. 0. 1, 24 ff) die Schrift um 379 zu Antiochien verfa&t sein.
Das Schriftchen des Helvidius ist längst verschollen. Die Schrift „Adv.
Helvidium" auch in H. Hurters SS. Patrum opusc. sei. t. 12, ed. 2, Oenip.
1894. Eine eingehende Analyse der Schrift nebst treffender Würdigung bei
V. Lehner, Die Marienverehrung in den ersten Jahrhunderten^ 104 112. —
Vgl. auch das betreffende Kapitel bei Trzciriski 1, 99—134, mit wohlbegrün-
deter Kritik des entsprechenden Passus bei Grützmacher, Hieron vmus 1, 269
bis 274.
' Der Titel nach De vir. ill. 135. « So Gennad., De vir. ill. 32.
ä Adv. Helv. 1. * So Hier., Adv. lovin. 1, 1.
532 Italiker und Westafrikaner.
quod per aetatis infantiam scire non poterat, legendo cognosceret". Paulin.,
Vita S. Ambr. 28; vgl. 50. Von dieser Schrift „Ad Pansophium puerum*
ist sonst nichts bekannt —
G. B. Ristori, Della venuta e del soggiorno di
S. Ambrogio in Firenze: Archivio storico italiano, Ser. 5, t.36, 1905, 241 275. —
g) „De lapsu virginis consecratae." Die Strafrede eines
Bischofs über eine gottgeweihte Jungfrau mit Namen Susanna, welche
ihr Gelübde gebrochen, mit einem Lektor sich vergangen und ihr
Kind getötet hatte, übrigens eine gedankenarme, ja fast gehaltlose
Deklamation, welche mehr auf das Ohr als auf das Herz berechnet
zu sein scheint. Der Text ist in verschiedenen Fassungen überliefert.
Hieronymus und Augustinus bekunden keine Kenntnis dieser Schrift;
der Stil hebt sich merklich von dem Ausdruck des Bischofs von Mai-
land ab; man mußte zu der Erklärung greifen, es liege eine improvi-
sierte Rede vor, welche nur durch die Indiskretion eines Zuhörers den
Weg in die Öffentlichkeit gefunden habe. Allein auch das Zeugnis
der Überlieferung ist sehr schwankend, insofern außer Ambrosius auch
Hieronymus und auch Bischof Niceta von Remesiana als Verfasser
genannt werden. .Der letztere Name dürfte, wie später auszuführen sein
wird, der richtige sein.
—
Ausgaben Migne 16, 367 384. Ballerini 4,. 385 420 (zwei verschiedene
: —
Fassungen). A. E. Burn, Niceta of Remesiana, Cambridge 19,05, 112 131. —
Vgl. A. Souter, Notes on the „De lapsu virginis" of Niceta: The Journal of
Theol. Studios 6, 1905, 433—434. W. A. Patin, Niceta, Bischof von
—
Remesiana, München 1909, 20 23. Wie Burn (a. a. 0. Introd. oxxxv f),
so halten auch Souter und Patin Niceta für den Verfasser der Schrift „De
lapsu virginis consecratae". —
Ein in dem alten cod. Ambros. D 268 inf.
Ambrosius zugeschriebenes Fragment „De pudicitia et castitate" wird auch
nicht als echt anerkannt werden dürfen, wenngleich es sehr wohl der Zeit
des Ambrosius angehören kann und kulturgeschichtlich nicht wertlos ist.
Ballerini 6, 849 —
850 war es nicht gelungen, der Handschrift einen einiger-
maßen lesbaren Text abzugewinnen. Der gewiegte Paläograph G. Mercati
—
konnte in den Studi e Testi 12, Roma 1904, 43 46, den Wortlaut diplomatisch
getreu vorlegen.
8. Dogmatische Schriften. —
Die dogmatischen Schriften
des hl. Ambrosius beruhen wiederum zum guten Teil auf Predigten.
Die umfangreichsten derselben sind durch Kaiser Gratian angeregt
und betreffen die große trinitarische Frage.
a) „De fide ad Gratianum Augustum libri quinque."
Line einläßliche Verteidigung der wahren Gottheit des Sohnes gegen
die Einwürfe der Arianer, kein einheitliches Ganzes, sondern aus zwei
selbständigen Stücken zusammengesetzt, Buch 1 2 und Buch 3 5. — —
Ende 377 oder Anfang 378, als er sich zu dem Zuge in den Orient
rüstete, um Kaiser Valens im Kampfe mit den Goten beizustehen, bat
Kaiser Gratian seinen väterlichen Freund um einen „libellus fidei" K
'
Comm. in Ez., prol.; Ep. 125, 18.
'Ep. 61, ad Vigilantiuni. Diesem Briefe, welcher gewöhnlich ins Jahr 396,
—
von Giützmacher in die Jahre 399 403 verwiesen wird, ist übrigens zu entnehmen,
daß Vigilantius damals schon verschiedene Schriften veröffentlicht und , häretische*
Anschauungen vertreten hatte. Aus diesem Briefe mag auch Gennadius (De vir.
ill. 35) seine Angaben über Schriften des Vigilantius geschöpft haben; vgl. Czapla,
Gennadius als Litterarhistoriker 77 S.
» Ep. 109, ad Riparium. * C. Vigil. 1.
§ 42. Hieronymus. 9. Historische Essays. 535
'
Ebd. 18. « Gennad. a. a. 0.
636 Illyrier.
adnotat., ed. 9, Torino 1903 (Latini christ. script. 1).— J. H. Reinkens, Die
Einsiedler des hl. Hieronymus, in freier Bearbeitung dargestellt, Schaff hausen
1864, 8°. (Eine Bearbeitung der drei Mönchsbiographien sowie der Nekrologe
auf Marcella, Paula, Fabiola.) P. Winter, Nekrologe des Hieronjmius (Progr.),
Zittau 1907, 4". (Die Nekrologe auf Lea, Bläsilla, Nepotianus.) J. Plesch,
Die Originalität und literarische Form der Mönchsbiographien des hl. Hier-
onymus (Progr.), München 1910, 8°. —
Das „Martyrologium Hieronymianiun"
—
(Migne 30, 435 486), von neuem herausgegeben durch G. B. de Rossi und
L. Duchesne, Paris 1894, 2** (Ex Act's SS. Nov. 2), führt seinen Namen mit
Unrecht. Die als praefatio voraufgehenden Briefe, ein Brief der Bischöfe
Chromatius und Heliodor an Hieronymus und ein Antwortschreiben des letz-
teren, sind wohl mit Sicherheit als Fälschungen zu bezeichnen (vgl. oben
S. 548). Der folgende Text, eine nach den Tagen des Kalenders geordnete
Zusammenstellung von etwa 6000 Namen von Märtyrern und Heiligen aus
verschiedenen Ländern des ehemaligen Römerreiches, ist aus mehreren älteren
Martyrologien kompiliert und später noch durch mancherlei Zusätze erweitert
worden. Seine definitive Gestalt, die gemeinsame Vorlage aller noch be-
kannten Handschriften, erlangte das Werk in Gallien, nach de Rossi und
Duchesne zwischen 592 und 600 zu Auxerre, nach Krusch 627 oder 628 zu
Luxeuil. Schanz (Gesch. der Römischen Litteratur 4, 1, München 1904, 398 ff
hat dem Werke eine längere Besprechung gewidmet, weil er der Annahme
huldigt, „das Fundament" desselben gehe wirklich anf Hieronymus zurück.
Grützm'acher (Hieronymus 3, 163 f) hat dasselbe in einer Anmerkung er-
ledigt, weil er der Ansicht ist, daß es Hieronymus unterschoben sei. Vgl.
etwa noch H. Achelis, Die Martyrologien, ihre Geschichte und ihr Wert,
Berlin 1900, 71 109. —
Br. Krusch, Nochmals das Martyrologium Hierony-
mianum: N. Archiv der Ges. f. ältere deutsche Geschichtskunde 26, 1901,
—
349 389. L. Duchesne, Un dernier mot sur le Martyrologe Hieronymien
Analecta Bolland. 20, 1901, 241 —
245.
Bd 1, S. IflF.
;
suche des Verfassers, ist kein bloßer Roman, sondern eine allerdings
schon durch vieler Mund gegangene Legende. Hieronymus nennt zu
Eingang als seine Gewährsmänner zwei Schüler des hl. Antonius,
Amathas und Makarius, weist aber zugleich selbst auf die Unsicher-
heit der Tradition hin. Paulus, der erste aller Eremiten, so wird er-
zählt, ward durch die Christenverfolgung unter Decius aus seiner
Vaterstadt Theben in eine wüste Gegend östlich vom Nil vertrieben,
wo er am Fuße eines Berges eine Höhle entdeckte, die, oben offen,
in ihrer Mitte einen Palmbaum und eine Quelle hatte und damit alles
zum Unterhalt Nötige darbot. Dort hatte er 113 Jahre lang dem
Herrn gedient, als der 90jährige Antonius, welcher in einer andern
Einöde lebte, durch eine himmlische Vision gemahnt wurde, Paulus
aufzusuchen. Für letzteren war die Stunde der Auflösung gekommen
Antonius sollte ihn in die Erde betten; zwei Löwen scharrten das
Grab auf. Der historische Kern der Legende wird sich, da ander-
weitige Quellen fehlen, kaum mehr herausschälen lassen. Durch lang-
wierige Untersuchungen ist festgestellt, daß alle sonstigen Lebens-
beschreibungen des hl. Paulus, in griechischer, syrischer, koptischer,
arabischer Sprache, in der hieronymianischen „Vita" gründen und
wurzeln. Auf möglichst volkstümliche und leichtverständliche Dar-
stellungsweise hatte Hieronymus besondern Fleiß verwendete
P. de Labriolle, St Jeröme, Vie de Paul de Thebes et vie d'Hilarion.
Traduction, introduction et notes, Paris 1907, 12". —
Aus der Literatur über
die hieronymiar.ische „Vita" und die sonstigen „Vitae Pauli" seien genannt
J. Bidez, Deux versions grecques inedites de la Vie de Paul de Thebes,
Gand 1900 (Universite de Gand, Recueil de travaux publies par la faculte
de Philosophie et lettres, fasc. 25). J. de Decker, Contribution ä l'etude des
Vies de Paul de Thebes, Gand 1905 (Univ. de Gand, Recueil etc. fasc. 31).
Vgl. aber auch F. Nau, Le chapitre -spl ava-/(oprjT(üv a-'icuv et les sources de
laVie de St Paul de Thebes: Revue de l'Orient ehret. 10, 1905, 387—417.
Nach Nau soll Hieronymus eine griechische Vorlage benützt haben,
b) Die kleine „Vita Malchi" (Migne 22, 53—60), welche 390
oder 391 zu Bethlehem verfaßt ward, läßt den Helden selbst als
Erzähler seiner wunderbaren Erlebnisse auftreten. Während seines
Aufenthaltes zu Antiochien war Hieronymus in dem benachbarten
Dorfe Maronia mit Malchus zusammengetroffen und hatte aus seinem
Munde die Geschichte gehört, die er nunmehr als „historia castitatis"
den Freunden der Keuschheit unterbreitet 2. Malchus hatte schon
lange Jahre als Mönch in der Einsamkeit gelebt, als er auf die Kunde
von dem Tode seines Vaters in die Heimat reiste, um das väterliche
' Vgl. Ep. 10, ad Paulum senem Concordiae (welchem Hieronymus die ,Vita
Pauli", zusandte), 3: „Propter simpliciores quosque mnltum in deiiciendo sermone
laboravimus."
* Vita Malchi 10: ,Haec mihi senex Malchus adolescentulo retulit. Haec ego
Vobis narravi senex, castis historiam castitatis exposui."
638 Illyrier.
Erbgut zu verkaufen und den Erlös teils den Armen und dem Kloster
zuzuwenden teils aber auch für sich zu behalten. Zur Strafe für
diese eines Mönches unwürdige Absicht fiel er auf der Reise in die
Hände der Sarazenen, ward in Gefangenschaft geschleppt und von '
Salamis, welcher viel mit ihm verkehrt hatte, widmete ihm einen Nachruf
in Gestalt eines kurzen Briefes.An diesen Brief knüpft Hieronymus
an, schöpft jedoch aus mündlichen Quellen. Die Angriffe auf die histo-
rische Glaubwürdigkeit seines Berichtes und gar auf die Geschichtlich-
keit der Person Hilarions sind verstummt. Der lateinische Text ist
bald, wahrscheinlich von Sophronius, ins Griechische übertragen worden,
und diese Übertragung bildet die gemeinsame Grundlage der sonst
bekannt gewordenen griechischen Lebensbeschreibungen Hilarions.
P. de Labriolle, St Jeröme, Vie de Paul de Thebes et vie d'Hilarion,
Paris 1907, 12". —
Zöckler, Hilarion von Gaza. Eine Rettung: Neue Jahrbb.
f. deutsche Theol. 3, 1894, 146—178. L. Risch, Essai historique sur St Hi-
larion et ses hameaux, Versailles 1902, 8^ P. Winter, Der literarische
Charakter der Vita beati Hilarionis des Hieronymus (Progr.), Zittau 1904, 4".
Über die griechischen „Vitae Hilarionis" handelt van den Ven ira Anhang
seiner vorhin genannten Schrift über die „Vita Malchi".
Der Nekrolog auf sie, Brief 127 (22, 1087—1095) erst 412 auf Er-
über den Verlust eines teuren Angehörigen, insofern sie nämlich ihre
Trostgründe wenigstens teilweise dem Leben des Betrauerten ent-
nehmen. Auch diese Briefe sind, wiewohl zunächst vertraulicher
Natur, sofort der Öffentlichkeit übergeben worden. Den Brief 39
(Migne 22, 465—473), den er noch zu Rom, 382—385, schrieb, ver-
zeichnet Hieronymus 392 in dem Kataloge seiner Publikationen als
„consolatorium (librum) de morte filiae ad Paulam" ^ Derselbe tröstet
Paula über den Tod ihrer ältesten Tochter Bläsilla, welche als
junge Witwe sich ebenso wie die Mutter und die Schwester Eusto-
chium einem asketischen Leben geweiht hatte, aber bald nacher,- vier
Monate nach ihrer „Bekehrung", abberufen worden war. Die zweite
Tochter Paulas, Paulina, starb 395 nach glücklicher, wenngleich
kinderloser Ehe mit Pammachius. Ein Trostschreiben an den Witwer,
Brief 66 (22, 639 —
647), vom Jahre 397, nennt Hieronymus wiederum
bei späterer Gelegenheit ein an die Öffentlichkeit hinausgegangenes
Büchlein 2, Pammachius, ein Urenkel von Konsuln, dem edeln Ge-
schlechte der Furier angehörig, vertauschte nach Paulinas Heimgang
das Purpurgewand der Senatoren mit der dunkeln Tunika der Mönche*.
10. Homilien. —
Daß Hieronymus auch gepredigt, der bethle-
hemitischen Mönchsgemeinde Homilien über Bibeltexte gehalten hat,
bezeugt er selbst gelegentlich, indem er um' 401 sogar von täglichen
Vorträgen zur Erläuterung der Septuaginta im Konvent der Brüder
das Evangelium begnügen und den Psalm ganz übergehen, weil der
„heilige Priester" über den Psalm schon Göttliches gesagt hat^. Eine
Weihnachtspredigt hinwieder läßt er in die Worte ausklingen: , Leihen
* Ebd. 3, 2, 126, tract. de ps. 91: ,Haec interim de- psalterio diximus: locuti
sumus et de evangelio pauca, diximus quoque et de apostolo."
^ Ebd. 3, 2, 18. 3 Ebd. 3, 3, 37.
^
—
Die ,tractatus Septem in psalmos 10 16", welche er De vir. ill. 135 unter
seinen Publikationen namhaf*^ macht, wird Hieronymus selbst schriftlich fixiert haben.
Wir besitzen „tractatus de ps. 10" (Anecd. Maredsol. 3, 3, 1—10), ,de ps. 14"
(ebd. 3, 2, 27—31), „de ps. 15" (ebd. 3, 3, 10-31). Die erste und die dritte dieser
Homilien mögen zu jenen ,tractatus septem" zu rechnen sein.
' Ebd. 3, 2, 278: „Propter eos, qui ignorant linguam latinani, licet multa de
evangelio dixerimus, tarnen debemus et de psalterio quaedam dicere, ut aliis satu-
ratis alii ieiuni non redeant."
« Ebd. 3, 2, 343.
§ 42. Hieronvmus. 11. Briefe. 643
wir jetzt unser Ohr dem Bischof (pontifici), um von ihm aufmerksam
zu hören, was unserer Predigt gemangelt hat." ^
Die Zeit der Homilien ist den vorhin genannten Zeugnissen zu
entnehmen. Im Jahre 392 waren schon Homilien über Ps 10 16 an —
die Öffentlichkeit getreten. Um 413 benützt Augustinus eine Homilie
über Ps 93. Um 401 hält Hieronymus täglich Vorträge im Kohvent
der Brüder.
G. Morin, S. Hieronymi presb. Tractatus sive homiiiae in psalraos, in
Marci evangelium aliaque varia argumenta, Maredsoli 1897 (Anecdota Mared-
solana 3, 2). Vgl. Morin, Les monuments de la predication de St Jeröme:
Revue d'histoire et de litterature relig. 1, 1896, 393—434. —
Morin, S. Hier-
onymi presb, Tractatus sive homiiiae in psalmos quattuordecim. Accedunt
eiusdem S. Hieronymi in Esaiam tractatus duo et graeca in psalmos frag-
raenta, Maredsoli 1903 (Anecdota Maredsolana 3, 3). Vgl. Morin, Quatorze
nouveaux discours inedits de St Jeröme sur les psaumes Revue Bened. 19, :
tatus" de St Jeröme sur les psaumes 10 et 15: Revue Bened. 26, 1909, 467
bis 469. —
Eine angebliche „Explanatio B. Hieronimi de Salomone", eine
Homilie über Sprüche 30, 18, in den Miscellanea Cassinese, anno 1, 1897,
parte 2, fasc. 1, Documenti, 2 8. — —
Eine unechte „Homilia ut fertur
S. Hieronymi in qua corruptio Doctrinae Apostolorum vituperatur"
, bei
J. Schlecht, Doctrina 12 Apostolorum. Freiburg i. Br. 1901, 119—121. Über
den Inhalt vgl. Bardenhewer in der Theol. Revue 1902, 88.
Briefe.
11. —
Unterscheiden sich die Homilien in Sprache und
Stilvon allen sonstigen Schriften, so heben sie sich am schärfsten
von den Briefen ab, weil in den Briefen das schriftstellerische Können
des Verfassers am hellsten leuchtet. Hieronymus hat sehr viel korre-
644 Illyrier.
spondiert. Wie für Ambrosius die Predigt, so war für ihn der Brief
das nächstliegende Mittel der Gedankenentwicklung. Den ursprüng-
lichen Bestand seiner Korrespondenz näher abzustecken, ist nicht mehr
möglich. In dem Verzeichnis seiner Schriften vom Jahre 392 führt
er mehrere einzelne, aus irgend einem Grund besonders erwähnens-
wert erscheinende Briefe auf, macht auch schon zwei von ihm selbst
publizierte Sammlungen von Briefen namhaft, „Epistolarum ad diversos
librum unum" und „Ad Marcellam epistolarum librum unum", und
bemerkt weiterhin: „Epistolarum autem ad Paulam et Eustochium.
quia quotidie scribuntur, incertus est numerus." ^ Die Sammlung der
erhaltenen Briefe (Migne 22), die durch einen Fund de Bruynes
jüngst noch ergänzt wurde, zählt einige 125 Nummern und umspannt
den Zeitraum eines halben Jahrhunderts. Wenn nicht alle, so doch
weitaus die meisten Nummern sind von Anfang an auf einen mög-
lichst weiten Leserkreis berechnet, von Stimmung durchströmt und
von Glanz überflutet, auf das sorgfältigste abgewogen und ausgefeilt,
mit einem Stich ins Gesuchte. In Verbindung miteinander blenden
sie fast durch ihre Mannigfaltigkeit und Vielseitigkeit, weil sie den
verschiedensten Lebenslagen entstammen, die verschiedensten Themata
erörtern und die verschiedensten Persönlichkeiten einführen, ein über-
aus Wechsel- und farbenreiches Bild der religiösen und kulturellen
Zeitverhältnisse. Es ist verständlich, daß diese Briefe von jeher mehr
gelesen und mehr bewundert worden sind als irgend eine andere der
aufgezählten Schriften.
H. Hurter, SS. Patrum opusc. sei. t, 11, Oenip. 1870: S. Eus. Hieronymi
Epistolae selectae. J. P. Charpentier, Lettres choisies de St Jeröme, texte
latin soigneusement revu, traduction nouvelle, introduction, Paris 1900, 18".
D. de Bruyne, Quelques lettres inedites de St Jeröme: Revue Bened. 27,
1910. 1 —
11 (vier kurze Briefe aus den letzten Lebensjahren des hl. Hier-
onymus). —
M. d'Amico Girolamo di Stridone e le sue epistole. Studio
,
'
De vir. ill. 135.
* Ebert, Allg. Gesch. der Literatur des Mittelalters im Abendlande 1-, 193 flF.
§ 42. Hieronymus U. Briefe. 645
Tod eines teuren Angehörigen, welch letzterer meist auch dem Ver-
fasser nahe gestanden. An unmittelbar als dritte
sie schlössen sich
Klasse diejenigen Briefe an, welche Nekrologe auf heimgegangene
Freunde enthalten, gerichtet an einen Angehörigen. Zu einer vierten
Klasse könnten die Briefe zusammengefaßt werden, welche sich die
Aufgabe setzen, zu einem asketischen Leben aufzufordern und an-
zuleiten.Treffend aber hebt dann Ebert selbst hervor, alle diese vier
Klassen von Briefen durchziehe als verbindender roter Faden gleich-
sam die Verherrlichung des asketischen Lebens. Das ist
in der Tat der gemeinsame Grundgedanke. Der Trostbriefe und der
Nekrologe ist schon bei den historischen Essays Erwähnung geschehen.
Dieselben bewegen sich samt und sonders um Persönlichkeiten, welche
durch gottgeweihten Lebenswandel hervorragten, und der Preis dieses
Lebenswandels ist das Motiv, welches in erster Linie des Verfassers
Feder führt. Aber auch die Briefe, welche Briefe in der gewöhn-
lichsten Bedeutung des Wortes genannt wurden, sind bald mehr bald
weniger von diesem Motiv eingegeben und getragen. Wenn Hier-
onymus in Brief 3 von Antiochien aus Rufinus Nachricht gibt, so ver-
weilt er am längsten bei den Mönchen Ägyptens, die Rufinus hat
besuchen dürfen, und bei dem gemeinsamen Freunde Bonosus, welcher
auf der Jakobsleiter des Eremitenlebens zum Himmel emporsteige.
Wenn er in Brief 38 Marcella Mitteilung macht von der Krankheit
der Bläsilla, so hat er vor allem die Sinnes- und Lebensänderung der
Kranken in feurigen Farben zu schildern und gegen abfällige Stimmen
in Schutz zu nehmen. Zu unumschränkter Herrschaft gelangt das-
selbe Motiv in den Briefen der vierten Klasse, den „epistolae exhorta-
toriae". So hat Hieronymus selbst den Brief 14 genannt i, welcher den
Jugendfreund Heliodor, den späteren Bischof von Altinum, in die
Wüste von Chalcis zurückrufen will und zu dem Ende mit dichte-
rischem Schwünge die Reize der Wüste besingt. Berühmtheit er-
langte Brief 52, vom Jahre 394, welcher dem jungen Priester Nepo-
tianus, dem Neffen Heliodors, auf seine Bitten hin das Idealbild eines
Klerikers vor Augen führt, ein ebenso gehaltreiches wie fein stili-
'
De 135: ,Ad Heliodorum exhortatoriam."
vir. ill.
pädagogischen Schriften aus alter und neuer Zeit 3, Paderborn 1889; 2. Aufl.
1892. J. N. Brunner, Der hl. Hieronymus und die Mädchenerziehung, auf
Grund seiner Briefe an Lata und Gaudentius, München 1910 (Veröffent-
lichungen aus dem Kirchenhist. Seminar München 3, 10).
«socrum Dei", genannt hatte, Ep. 22, 20. Geschmacklos war der Ausdruck. Aber
gottlos oder gar „blasphemisch" (Schanz, Gesch. der Römischen Litteratur 4, 1. 1904,
446) war er doch wohl nicht.
» Bei Uilberg 49.
* Hier findet sich c. 6 der schöne Satz: ,Ut nihil desit ex sensu, quuni aliquid
dosit ex verbis."
» Brief 33, von welchem Vallarsi nur ein Bruchstück hat, konnte Hilberg voll-
ständig geben.
§ 42. Hieronymua. 11. Briefe. 647
heidnische Dichter zitiere, daß der Zweck der Polemik die Lektüre
heidnischer Schriftsteller fordere, daß endlich auch die Christen aus
fast heidnischen Literaturwerken, ausgenommen die Schriften
allen
Epikurs, etwas lernen könnten, und sei es auch nur die Schönheit
des Ausdrucks. Sehr zahlreich sind die exegetischen Schreiben ver-
treten. Mehrere derselben wurden noch durch Fragen des Papstes
Damasus veranlaßt. So Brief 1 8, über das Gesicht von den Seraphim
und der glühenden Kohle bei Isaias 6^ Brief 20, über die Bedeutung ;
des Wortes „Hosanna" Mt 21, 9; Brief 21, über das Gleichnis vom
verlorenen Sohne Brief 36, über fünf schwierige Stellen der Genesis,
;
von denen jedoch nur drei erörtert werden, während bezüglich der
zwei andern auf Tertullian, Novatian und Origones verwiesen wird 2.
In spätere Jahre fällt die Korrespondenz zwischen Hieronymus und
Augustinus über Gal 2, 11 In seinem Kommentar zum Galater-
flf.
briefe vom Jahre 386 oder 387 hatte Hieronymus die auf Origenes
zurückgehende Ansicht vertreten, die Uneinigkeit der Apostel sei nur
simuliert gewesen, eine wirkliche Meinungsverschiedenheit habe nicht
vorgelegen, Petrus habe sich äußerlich so gestellt, wie wenn er die
Beobachtung des mosaischen Gesetzes für notwendig erachte, um da-
durch Paulus Gelegenheit zu geben, ihn zum Scheine (xaza Tzpuacür.ov)
öffentlich zurechtzuweisen und damit der Wahrheit zu allgemeiner
Anerkennung zu verhelfen. Mit einer solchen Exegese, suchte Augu-
stinus in verschiedenen Briefen nachzuweisen, werde Petrus zum
Patron der Lüge gemacht, Trug und Hinterlist in Schutz genommen
und schließlich das ganze Ansehen der Heiligen Schrift untergraben.
Hieronymus war in Verlegenheit. In dem langen Briefe 112, nach
404 geschrieben, suchte er die Verantwortlichkeit für seine Ansicht
auf die in der Vorrede des Galaterkommentares namhaft gemachten
Autoritäten, vor allem auf Origenes, abzuwälzen. In dem Dialoge
gegen die Pelagianer vom Jahre 415 aber hat er Augustinus Recht
gegeben, indem er betonte, der Streit der Apostelfürsten sei nicht als
bloßes Scheingefecht, sondern als ernstlicher Kampf aufzufassen 3.
J. A. Möhler, Ges. Schriften und Aufsätze, herausgegeben von Döllinger,
—
Regensburg 1839—1840, 1, 1 18: „Hieronymus und Augustinus im Streit
über Gal 2, 14." Fr. Overbeck,- Über die Auffassung des Streits des Paulus
mit Petrus in Antiochien (Gal 2, 1 1 ff ) bei den Kirchenvätern (Progr.). Basel
1877, 4».
c) Zweifelhafte und unechte Briefe. — Zwei der von Vallarsi
als echt zugelassenen Briefe. Ep. 148, „ad Celantiam matronam de ratione
»
Den Brief 18 (bei Vallarsi und Migne) hat Hilberg mit Recht in zwei Briefe,
ISA und 18 B, zerlegt. Der erste schließt mit Ep. 18, 16. Die Kapitel 17-21
sind ein verstümmelter zweiter Brief.
* Diese vier Briefe an Damasus, 18 20 21 36, erscheinen auch De vir. ill. 185
unter den Publikationen des Verfassers.
» Dial. c. Pelag. 1, 22.
648 lllyrier.
pie vivendi", und Ep. 149, „de solemnitatibus paschae" (Migne 22, 1204 bis
1224), pflegen heute als unecht abgelehnt zu werden. Vgl. Grützniacher 1, 12.
Der Brief ,ad Celantiam", auch unter den AVerken Paulins von Nola, ed.
de Hartel, Vindob. 1894, 1, 436 —
459, ist schon für Pelagius in Anspruch
genommen worden. —
Anderseits wurden einige der von Vallarsi unter die
„Supposititia" verwiesenen Briefe (Migne 30) in neuester Zeit als echt ver-
teidigt. C. Paucker (Zeitschr. f. Gymnasien 31, 1880, 891 bis
die Österreich.
895) trat für die Echtheit der Briefe 5 — 6,
,ad amicum aegrotum" (Migne
30, 61— 104), ein. G. Morin (Revue Bened. 8, 1891, 20—27; 9, 1892, 392
bis 397) verfocht angelegentlich die Echtheit des Briefes 18, ,ad Praesidiura
de cereo paschali" (Migne 30, 182 188). —
Grützmacher 1, 12 f hält beide
Versuche für verfehlt. —
Der unechte Brief 1, ,ad Demetriadem" (Migne 30,
15— 45, und wiederum 33, 1099 —
1120), ist, wie übrigens schon Vallarsi
wußte, von Pelagius. —
Die unechten Briefe 3, ,ad Marcellam, exhortatio
ut adversa toleret", und 4, „seu consolatio ad virginem in exilium missam*
—
(Migne 30, 50 60; Brief 3, ,ad Marcellam'", auch bei de Hartel, Paulini
Nol. opp. 1, 429 —
436), werden ziemlich allgemein einem Schüler des hl. Hier-
onymus, dem Presbyter Philippus, zugewiesen, welcher laut Gennadius (De
vir. ill. 62) „familiäres epistulas et valde salsas et maxime ad paupertatis et
dolorum tolerantiam exhortatorias" hinterließ. Der schlichte Kommentar zum
Buche Job, welchen Gennadius (a. a. 0.) diesem Philippus zueignet, wird
identisch sein mit dem allerdings in sehr verschiedenen Rezensionen über-
lieferten pseudohieronymianischen Kommentar zum Buche Job, in abgekürzter
—
Form bei Migne 23, 1407 1470, in viel breiterer Fassung bei Migne 26,
—
619 802, auch in dem Spicilegium Casinense 3, 1, Monte Cassino 1897, 333
bis 417. Vgl. Vallarsis admonitio bei Migne 23, 1401 1408. —
Der un- —
echte Brief 12, „seu opusculum de Septem ordinibus ecclesiae" (Migne 30,
—
148 162), gehört nach Morin (Revue Bened. 8, 1891. 97 —
104) Faustus von
Reji an. Anders jedoch Engelbrecht, Patristische Analekten, Wien 1892,
5— 19. —
Der unechte Brief 31, „seu tractatus de observatione vigiliarura"
—
(Migne 30, 232 239), ist des Niceta von Remesiana Predigt ,De vigiliis
servorum Dei". —
Über den unechten Brief 37, „seu dialogus sub nomine
Hieronymi et Augustini de origine animarum" (Migne 30, 261 — 271), s.
H. V. Schubert, Der sog. Prädestinatus, ein Beitrag zur Geschichte des Pela-
gianismus, Leipzig 1903, 136 140. — —
Der unechte Brief 40, ,ad Tyrasium
—
super morte filiae suae consolatoria" (Migne 30, 278 282), steht auch unter
den Schriften Cyprians von Karthago, ed. Hartel, Vindob. 1868 1871, 3, —
274—282.
schreibe und keine Spur derwahren Religion und Lehre verrate ^ Seitdem
ist es der protestantischen Literatur bis auf diese Stunde üblich
in
geblieben, Heronymus als eine höchst unsympathische, ja abstoßende
Persönlichkeit darzustellen und ziemlich skrupellos mit Schmutz zu
bewerfen 2, seine literarischen Gegner aber, die von ihm so wenig
schmeichelhaft gekennzeichneten und so schnöde behandelten Hel-
vidius, Jovinianus, Vigilantius oder wenigstens die beiden letzteren
als evangelische Wahrheitszeugen zu feiern. Die Katholiken erblickten
in Hieronymus einen sehr gewichtigen Stimmführer der alten Kirche,
welcher um
größeres Vertrauen verdiene, als er schon bei Leb-
so
zeiten als maximae scientiae, ita probatissimae puris-
ein „vir sicut
simaeque doctrinae" ^ gegolten habe. Manche Anklagen gegen das
Leben und den Charakter des verehrten Kirchenlehrers schienen sich
auch ohne Mühe als durchaus unbegründet abweisen zu lassen. Grütz-
macher, Protestant, ist aufrichtig bemüht gewesen, der Wahrheit die
Ehre zu geben. Er hat schon im ersten Bande Hieronymus gegen
leichtfertige Vorwürfe in Schutz genommen^, hat im weiteren Ver-
laufe auch vor Überschätzung eines Jovinianus oder Vigilantius ernst-
lich gewarnt^ und hat im Vorwort zum letzten Bande zugestanden,
„daß die intimere Kenntnis und tiefere Nachempfindung der Persönlich-
keit den Biographen Licht und Schatten in gerechterer Weise verteilen
läßt". Aber ein gerütteltes Maß bitterer Tadelsucht steckt in seinem
Werke doch noch.
a) Der Mensch. — Hieronymus war ein Mann von hohen und
edeln Impulsen, getragen von tief quellender Begeisterung für Kirche
und Wissenschaft, fast überschäumend von rastlosem Schaffensdrange.
Eine gewisse Heißblütigkeit und Leidenschaftlichkeit, vielleicht das
Erbteil der dalmatischen Heimat, hat auch die Mönchskutte nicht zu
dämpfen, auch die Last der Jahre nicht zu ersticken vermocht. Wie
ernst er freilich schon in jüngeren Jahren die Falten seines Innern
durchforscht, ja wie blutig er mit dem eigenen Ich .gerungen, zeigen
ich 80 feind bin als Hieronymo, denn er schreibet nur von Fasten, Speise, Jung-
frauschaft usw." (Erlanger Ausgabe 62, 120); „Hieronymum mag man lesen umb
der Historien willen, denn vom Glauben und von der rechten, wahren Religion und
Lehre ist nicht ein Wort in seinen Schriften' (ebd. 62, 97).
' Als Grützmacher mit dem ersten Bande seines , Hieronymus" hervortrat,
konnte Preuschen nicht umhin, ihm zu diesem Unternehmen zu kondolieren, indem
er auf ,die häßlichen Züge des Mannes, seine Verlogenheit, seinen maßlosen Ehr-
geiz, seine unbezwingbare Lüsternheit, seine ungemessene Selbstsucht, seine Prahlerei,
seine Oberflächlichkeit" hinwies (Theol. Literaturzeitung '1904, 173).
3 loh. Cass., De incarnat. 7, 26, 2. Vgl. Sulp. Sev., Dial. 1, 9, 5: „Vere dixe-
rim, catholica hominis scientia, sana doctrina."
* Wie 1, 153 und 170, gegen Vorwürfe Schoenes.
* Vgl. 2, 151 ; 3, 155.
650 lUjTier.
Siehe das Vorwort der Übersetzung der Schrift des Didymus ,De Spirita Sancto"
'
62, 1903, 622 f; 63, 1904, 160 handelte, gehören zu den metrischen In-
schriften,mit welchen Isidor von Sevilla seine Bibliothek schmückte; s.
A. Riese im Rhein. Museum f. Philologie 65, 1910, 490 498.
ich, wenn es euch gefällt, und ich werde kein Bedenken tragen^ drei
Hypostasen zu behaupten. Wenn ihr befehlt, mag ein neues Symbolum
statt des nicänischen aufgestellt werden, und wir Orthodoxen wollen
in ähnlichen Ausdrücken wie die Arianer unsern Glauben bekennen," ^
Auch in späteren Briefen wiederholt er immer wieder, daß der Glaube
der römischen Kirche, schon von Paulus gepriesen, stets als oberste
13. Heliodor. —
Der mehrerwähnte Jugendfreund des hl. Hieronymus,
Heliodor, entstammte einer vornehmen Familie zu Altinum in Venetien, brach
als Mönch um 373 mit Hieronymus nach dem Orient auf, ließ sich auch mit
ihm in der Wüste von Chalcis nieder, ward dann aber durch die Sorge um
seinen Neffen Nepotianus, den Sohn seiner verwitweten Schwester, in die
Heimat zurückgeführt, zu Aquileja zum Priester geweiht und zum Bischof
seiner Vaterstadt Altinum bestellt. Der an Heliodor gerichtete Nekrolog des
hl. Hieronymus auf Nepotianus Ep. 60 ist vorhin ins Jahr 396 verlegt
, ,
' Ep. 46, 11; 63, 2: „Scito nobis nihil esse antiquius quam Christi iura ser-
vare nee patrum transferre teiminos semperque meminisse Ronianam fidem, apo-
stolico ore laudatam" 130, 16.
;
2 Comni. inGal. ad
1, 11—12 (Migne, PP. Lat. 26, 322): „Maicion et Basilides
et ceterae haereticorum pestes non habent Dei evangelium, quia non habent Spi-
ritum Sanctum, sine quo humanum fit evangelium quod docetur. Grande peri- . . .
clesia" Comm. in Ez. ad 7, 19 (25, 71) ,Non enim potest habere munditiam, qui
; :
Register.
—
Aetheria odor Egeria 4' 3 421. Vgl. 21. 106; von Gregor von Nyssa 217ff.
Aetius von Antiochien 239. Vgl. 122 137. Apollinaris von Laodicea der Altere 290.
Aetius von Lydda 44. Vgl. 4.
Afrikanus s. .fnlius Af'rikanus. Apollinaris von Laodicea der Jüngere 285
.Agriustia 560. bis 291. Lehre 285. Exegetische
Akacius von Beröa 362 f. Schriften 286. Apologetische und po-
Akacius von Cäsarea 262, Vgl. 21 28 lemische Schriften 288. Dogmatische
29 275 277. Schriften 288. Schriften in gebundener
—
Alexander von Alexandrien 34 41. Auf- Form 290. Vgl. 4 13 14 16 20 28 58
gaben seines Episkopats 34. Predigten 59 60 114 121 129 f 584 606 623 625
35. Rundschreiben 36. Sonstige Briefe 628.
39. Lehre 39. Vgl. 236. Apologetik. Die apologetische Literatur
Alexander, Asket 91. des 4. Jahrhunderts 13 ff.
Alexander von Lykopolis 102 f. Vgl. 14. Apostolische Konstitutionen 292.
Alexandrinische Katechetenschule 7 105. Apulejus von Madaura 479 ff 510.
Neu-alexandrinische Scliule 7 ff. Archelaus. Acta Archelai 266 ff. Vgl, 28
Ambrosiaster 520—525, Vgl. 19. Arianismus 15 39 f. Semiarianismus 15 f.
Ambrosius 498—547. Lebensgang 498. Aristoteles 8 461.
Schriftstellerische Tätigkeit 501. Jugend- Arius 41 f. Vgl. 15 f 33 39 462. De-
arbeiten 504. Exegetische Schriften zum positio Arii et sociorum 38 63.
Alten Testament 508. Exegetische Arusianus Mossius 514.
i
Rückblick auf die exegetischen Schriften Asterius von Amasea 228 -230. Vgl. 23.
!
Attikus von Konstantinopel 361 f. Vgl. Ikonium 228 des Diodor von Tarsus
;
Constantin s. Konstantin.
An Jünglinge 145. Liturgie 146.
die
Constantius s. Konstantins.
Honiilien und Predigten 147. Briefe
Cosmas s. Kosmas.
154. Trinitätslehre 158. Vgl. 4f 8 9
Cyprian von Antiochien 175.
17 21 22 23 26 30 60 95 114 f 128 ff
Cyprian aus Gallien 432—435. Vgl. 31.
164 165 ff 184 ff 188 ff 221 227 305
Cyprian von Karthago 175 401 f 407 433
509 f 515 ff 518 535 555. Vita S. Ba-
436 455 457 467 473 479 549 568 648.
silii M. 130 227.
Pseudo-Cyprian, De singularitate cleri-
Beatus von Libana 496 ff 627.
Benedikt von Aniane 83.
corum 490.
Cvprian, Presbyter 434 f. Caena Cypriani
Bibelhandschriften. Codex Vaticanus 75.
Vgl. Itala, Vulgata.
'4U{.
Cyrillua von Alexandrien 11 71 272 331
Biblische Theologie. Ihre Bearbeitung im
357 361.
4. Jahrhundert 18 ff.
Cyrillus von Jerusalem 273—281. Lebens-
Boethius 461 f.
gang 273. Die 24 Katechesen 276.
Bretanion von Tomi 595.
Sonstige Schriften 280. Vgl. 23 25 268
Brief. Literaturbrief und Briefliteratur 361 536 557 600.
25. Briefmaß (mensura epistolae) 26.
Buch s. Band.
Burgundio von Pisa 334.
D.
Buße, die. Zeugnisse über die kirchliche Damasus 1., Papst. Epigramme und Ge-
Gewalt der Sündennachlassung bei Pa- dichte 563—567. Briefe 588-591.
cianus von Barcelona 401 f; bei Am- Vgl. 26 134 453 607 614 f
brosius 537. De ecclesia, Cento 563
Register. 659
660 Register.
Register.
661
dr.iner 8 f der Antiochener 10 f; der Huisiesi 85—87. Vgl. 615.
; ;
Okzidentalen 19; des Diodor von Tar- Hosius von Corduba 393—395.
i
Hilarianus 560 f. J.
Hilarianus Hilarius 521 f. 1
Jakob Diassorinus 291.
Hilarius von Arles 390 467. !
Jakob von Edessa 178.
Hilarius, Dichter 390 467. '
Jamblichus 12 468.
Hilarius von Poitiers 365 tSB. Stellung Jobius 292.
und Bedeutung 365. Lebensgang 369. i
Johannes von Antiochien 313.
Exegetische Schriften 371. Die zwölf Johannes Burgundio s. Burgundio.
Bücher ,De trinitate" und das Send- Johannes Chrysostomus s. Chrysostomus.
schreiben ,De synodis" 377. Polemische Johannes von Damaskus 341 361.
Gelegenheitsschriften 381. Briefe 386. Johannes Geometres 165.
Hymnen 387. Christologie 390. Vgl. 3 Johannes (II.) von Jerusalem 302 f. Vgl.
6 12 17 18 19 32 407 469 521 543 278 294 633.
604. Vita S. Hilarii Pictav. 369. Johannes Kyriotes s. Johannes Geometres.
Hilarius von Rom 477. Vgl. 521 630. Johannes, Schüler des Epiphanius 294.
Hilarius s. Hilarianus Hilarius. Josephus 505 f 542 554.
Himerius 171. Jovinianus 631 f. Vgl. 18 591 f 649.
Hippolytus 298 f 302 483 510 513 515. Julian der Abtrünnige 13 f. Vgl. 269
559 585. 304 f.
662 Register.
Kassiodor 108 109 110 461. Luzifer von Calaris 469 475. Lyzifer —
Katechetenschule, die alexandrinische 7. in seiner Eigenart 469. Luzifer vor
Katechetik s. Homiletik. dem Exil 470. Luzifer während des
Katenen. Euarratio in epistolas canonicas Exils 471. Luzifer nach dem Exil 474.
109 f. Katenen zum Hohenlied 197 Vgl. 3 73 .381.
254 f 323. Katene zum Lukasevan-
gelium 272. m.
Kirche, die. Der katholische Kirchen-
begriff den Novatianern gegenüber ver-.
Macedonius 16. Macedonianer 16 111 600.
teidigt von Pacianus von Barcelona
Märtyrerakten s. Acta oder Passiones
401 f; den Donatisten gegenüber ver- martyrum.
teidigt von Optatus von Mileve 491.
Makarius der Ägypter 87 93. Vgl. 8 —
Die kirchliche Jurisdiktionsgewalt s. 17 23 95. Vita S. Macarii Aeg. 88.
Buße. Der Primat der römischen Kirche Makarius der Alexandriner 87 93. Vgl. —
bezeugt von Optatus von Mileve 491 105. Vita S. Macarii Alex. 88.
:
von Papst Julius I. 583; von Hierony- Makarius, Mönch (?) 91.
mus 653 f. Makarius, Mönch 554. Vgl. 553.
Kirchengeschichtschreibung s. Historische Makkabäer. Das 4. Makkabäerbuch 514
Theologie. 526.
Klementinen 554 582. Makrobius 489 f.
Kommodian 467. Mani 266 ff.
Konstantin. Kaiser. Briefe 259. Oratio Manichäismus 14 f.
ad sanctorum coetum 260 f. Quasi- Marcellinus 475 f.
Leichenrede auf sich selbst 260. Vita Marcellus von Ancyra 117 124. Das —
Constantini 259 ff. Laus Constantini antiarianische Werk vom Jahre 335 117.
260. Spätere Schriften 120. Vgl. 16 f 258.
Konstantins von Antiochien 350. Marcellianer 121 f.
Kosnias von Jerusalem 181. Marcion 449.
Maria , die Jungfrau , bei Chrysostomus
357 bei Ambrosius 5H0 ff. Der Name
f ;
li.
i^soTÖxog bekämpft von Dioidor von Tar-
Laktantius 13 25 f 473 479 651. sus 306 ; von Theodor von Mopsuestia
Laodicenerbrief 409. 322 ; umgangen von Chrysostomus 357 ;
Lateinisch. Kenntnis des Lateinischen bei verteidigt von Gregor von Nazianz
den Griechen 6 f. 187; von Gregor von Nyssa 215. Die
Latronianus 412 f. immerwährende Jungfrauschaft vertei"
Landes Domini, Gedicht 428 f |
digt von Ambrosius 532: von Papst
Leander von Sevilla 394. Siricius 592; von Hieronymus 631.
Leo d. Gr. 415 f. Maris von Chalcedon 44.
Leo der Weise 329. Marius Merkator 593.
Lex Dei 506 ff. Vgl. 525. Marius Viktor s. Claudius Marius Viktor.
Libanius 3 f 155 220 229 324 330 349. Marius Viktorinus 460—468. Lebensgang
Liberius, Papst 585—588. Vgl. 384 486 460. Schriften aus heidnischer Zeit 461.
530. Gesta Liberii Papae 588. Antiarianische Schriften 462 Hymnen
Literaturformen, neue, im 4. Jahrhundert 464. Erklärungen paulinischer Briefe
23 ff 464. Unechte Schriften 465. Rückblick
Liturgien. Anaphora unter des Athanasius 467. Vgl. 12 17 368.
Namen 69. Anaphora von Thmuis Markus Eremita 92.
102. Liturgie des Basilius d. Gr. 146 f. Markus, Papst 583.
Liturgien unter dem Namen Gregors Martin von Bracara 597 600 f.
von Nazianz 105. Liturgie des Eu- Martyrius von Antiochien 329. V^gl. 314.
stathius 237 ; des Diodor von Tarsus Martyrologium Hieronymianura 636. Vgl.
309; des Theodor von Mopsuestia 321; 548.
des Chrysostomus 351 f. Oratio eucha- Materuus s. Firmicus Maternus.
ristica des Chrysostomus 334. Maximinus 595 f. Vgl. 534 597.
Lucianus von Antiochien 9 f 11 40 122. Maximus Konfessor 197 333.
Acta S. Luciani 44. SvHnkianisten 40 Maximus der Philosoph 168. Vgl. 55 f
41 44. 175.
Lucius von Alexaiidrien 108 f. Maximus von Turin 535 537 541.
Lukan 431 455. Melitius von Antiochien 238. Vgl. 134.
Lukrez 431 455. Melito von Sardes 35.
Register. 663
Ph}siologus 302.
Plato 192 346 512 537.
Plautus 651. Sabbatruhe in der Hölle 455 f.
Pliniiis 606. Sabellianismus 17.
Plotinus 12 211 468. Sabinus von Konstantia 294 f.
Plutaich 4. Sakramente. Die objektive Wirksamkeit
Pneuniatomachen 16 201. der Sakramente den Donatisten gegen-
Poesie 31—34. Die Poesie der Lateiner über verteidigt von Optatns von Mileve
31. Die Poesie der Griechen 33. Rhyth- 49 L Vgl. Buße, Ehe, Eucharistie.
mischer oder akzentuierender und quanti- Sallust 423 543.
tierender Vers 32 34. Sarapanion (Sarapamraon) 88.
Polemik. Die polemische Literatur des Schulen und Richtungen, theologische 7 bis
4. Jahrhunderts 15 ff. 12. Schulen im Orient 7. Richtungen
Polemon (al. Polemius), Apollinarist 292. im Okzident 12.
Polemon. Sophist 171. Seele. Für die Präexistenz der Seele
Polybius von Rhinokorura 294. '
Evagrius Pontikus 97 und Didymus der
Poly chronius von Apamea 322 —324. Vgl. 1 0. Blinde 106; gegen die Präexistenz Gre-
Polychronius Diakonus 323. •
gor von Nyssa 216.
Pomponius 563. Seneca 455.
Pontius Paulinus s. Paulinus von Nola. I
Serapion, Mönch (?) 91.
Porphyrius 13 245 247 461 f 623. Serapion von Thmuis 98—102. Leben 98.
Potamius von Olisipo 395. 'Schriften 99. Euchologium 101. Vgl.
Präexistenz s. Seele. 14 64 112.
Praktische Theologie. Ihre Bearbeitung Severianus von Gabala 363—365. Vgl.
im 4. Jahrhundert 21 ff. 23 153 345.
Predigt s. Homiletik. Severus von Antiochien 110 207 217.
!
Die acht weiteren Stücke der Hand- Silvia aus Aquitanien, die angebliche s.
schrift 409. Die „Canones in epistolas Aetheria.
S Pauli" und sonstiges 410. Vgl. 18. Simeon Metaphrastes (Logothetes) 89 153.
Proba 561—563. Vgl. 31. Simplicianus von Mailand 548.
Prodikus 146. Siricius, Papst 591 f.
I
R. Synodicum Athanasii 62 f.
Tc'iebinthus 2G*!.
Terttillian ä 402 f 4:U; 4r)U 4:>:> Hu 47.'j
47!< iAU öUS im «82 (i47 (J51. Valens von Mursa «l 598 f.
Theodor, Abt Hi')- 87. Vgl. Sl (JITj. Valentinus 292.
Theodor Daphnopates 338. Valerius 419.
Theodor von Heraklea 'ifjö. Varro (346.
Tlieodor von Mop.suestia 812 -822. Leben Vergil 81 402 428 481 454 481 508 548
und Wirken 812. Exegetische Schrif- 561 571 f (551. Centones Vergiliani
ten 814. Henneneutik Kanon 817.
, 561-568.
Anderweitige Schriften 818. Nestoria- Vigilantius (i34 f. Vgl. 18 649.
nisnius, Peiagianismus 821. Vgl. 10 11 Vigilius von Thapsus 57 414.
197 84;'). Vigilius von Trient 548.
Tlieodosius Diakonus (i8 78. Viktor von Cartenna 145.
Theodotus von Laodicea 48. Viktorinus s. Marius Viktorinus.
Theognis von Nicäa 48. Viktorinus von Pettau 461 626 f 631.
Tiieophilus von Alexandrien 1 IT)- 117. Viktricius von Rouen 403.
Vgl. 2i»4 82(jf ()14f. Vincentius 558.
Theophilus von Antiochien IIG i)V.K Vitae sanctoruni 20 f. Vita S. Ambrosii
Theotinius von Tomi fjOf). 500; 8. Amphilochii 222; S. Antonii
Thomas von Aquin 8i)8. 66 f 68 688 S. Athanasii 49
; S. Ba-
;
897 f. Tractatus contra Aria.ios 379 thenii Lamps. 44: S.Pauli mon. (J36f:
525. Tractatus Origenis de libris ss. S. Wulfilae 596 S. Zenonis 477.
: Vgl.
scripturarum s. Origenes. Acta oder Pa.ssiones martyrum.
Trinitätslehre des Athanasius 7()ft'; des Vitalis von Antiochien 292.
Did^mus des Blinden 107 111 des ; Vitellius 489 f.
Basilius d. Gr. 158 ff; des Gregor Vulgata 615 tf. Codex Amiatinus 616.
von Nazianz 184 tf; des Gregor von Codex Fuldensis 616.
Nyssa 212 if des Amphilochius von
;
S. 29 f. Hier ist leitler aulser Aclit gelassen worden, dalä von einer
Literaturform der Fragen und Antworten da nicht die Rede sein darf, wo
nur Fragen beantwortet werden, welche von anderer .Seite gestellt wurden.
Vgl. jetzt Bd. 4 dieses Werkes, Freiburg i. Br. 1923, 8. 12 f.
Inaug.-Diss.). Weida i. Th. 1912. 8*^, und H. Fromen. Athanasii historia ace-
phala (Diss. inaug.). Monasterii Guestf. 1915. S*^. während 0. v. Lemm 1912
neue Fragmente des koptischen Enkomiums auf Athanasius vorlegte vgl. Bd. 4 ;
S. 54 ff. Mit den ,Orationes contra Arianos' hat A. Stegmann sich ein-
gehend beschäftigt, indem er die Abfassung der Orationes 1 3 auf um 357 —
berechnete (Theol. Quartalschrift 96 [1914] 423—450: vgl. 98 [1916] 227—231)
und die Oratio 4 von neuem rezensierte, aber Athanasius absprach und Apollinaris
dem Jüngern von Laodicea zuwies: Die pseudo-athanasianische ,IYt»^ Rede
gegen die Arianer" als ^Kuiä Apeiavujv Xö^^oq" ein Apollinarisgut (Inaug. -Diss.
Rottenburg 1917. 8".
S. 58 f. Über das sog. , Symbol lun Athanasianum" handelten neuerdings
A. E. Buni, The Athanasian Creed. London 1912, 12"; D. Macleane, The Atha-
nasian Creed, London 1914. 8".
S. 60. Auf die ,Dialogi 5 de sancta trinitate* und die ,Dialogi 2 contra
Macedonianos* fallen beachtenswerte Streiflichter bei Fr. Loofs. Zwei maze-
<iouianische Dialoge: Sitzungsberichte der Kd. Preuls. Akad. der Wi.ss. 1914,
526—551.
43*
—
S. 69. Die Predigt ,De passione et cruce Doniini* ist sicher unecht.
V. Hugger in der Zeitschr. f. kath. Theol. 4H (1919) 7o2— 741.
—
337 344 ders. La grande lettre grecque de Macaire ses formes tex-
; . ,
Patr. Bibl. (j. Romae IHoo) unter dem Namen Diodors von Tarsus heraus-
gegebenen Psalmenscholien Didymus dem Blinden angehören. L. Maries.
Un commentaire de Didyme puhlie sous le nom de Diodore Rechei"ches de :
S. 147 f. —
Zu dem Kommentar über Is. 1 16 vgl. J. Wittig. Des hl. Ba-
silius d. Gr. geistliche Übungen auf der Bischofskonferenz von Dazimon 374 75
im Anschluß an Isaias 1 —
16 (Breslauer Studien zur bist. Theol. 1). Breslau
1922. Nach (VI) wäre der Kommentar „die Nachschrift von Konferenz-
\\'ittig
reden, die der Obormetropolit Basilius d. (ii-. auf seiner Winterreise im Pontus
und in Dazimoii 374 75 gehalten hat".
(Diss. inaug.), Vratislavii 1918, 8". Eine neue Ausgabe dieses Briefwechsels
in den Libanii opp., rec. R. Foerster, vol. 11, Lipsiae 1922.
lieferung der Reden Gregors von Nazianz Oriens Christ. N. S. 3 (1913) 263
:
bis 276; über die Scholiasten und Kommentatoren J. Sajdak, Historia critica
scholiastarum et commentatorum Gregorii Naz., pars 1 (Meletemata Patristica 1),
Cracoviae 1914. Eine koptische HomiUe imter dem Namen des Nazianzeners.
herausgegeben und übersetzt von M. Chaine in der Revue de l'Orient Chret.
17 (1912) 395 ff. und 18 (1913) 36 ff., ist nur ein Ausschnitt aus Gregors
von Nyssa Oratio de deitate Filii et Spiritus Sancti (Migne. PP. Gr. 46.
553 ff).
182 ff. Außer J. Sajdak und Th. Sinko hat sicli an den Vorarbeiten
S.
für dievon der Krakauer Akademie geplante Edition der Werke Gregors von
Nazianz namentlich noch G. Przychocki beteiligt. Er sammelte und sichtete in
verschiedenen kleineren Aufsätzen die Handschriften der Briefe des Nazianzeners
und ging dann in einer größeren Abhandlung auf die Briefe selbst, ihre „natura
et indoles". ein: De Gregorii Naz. epistulis quaestiones selectae, Cracoviae 1912
(aus den Abhandlungen der philol. Kl. der Krakauer Akademie, Bd. 50).
S. 199 W.
Jaeger hat die so lange ersehnte kritische Edition der
ff.
Werke Gregors von Nyssa in Angriff genommen und zunächst die Schriften
gegen Eunomins in wesentlich verbessertem, vielfach erst jetzt überhaupt ver-
ständlichem Texte vorgelegt V. Jaeger. Gregorii Nyss. opp. vol. 1
: Contra :
—
Eimomiimi libri. pars 1 2, Berolini 1921, 8'^.
S. 204. Der aszetische Traktat ,De proposito secundum Deum etc." unter
dem Namen des Nysseners ist eine der verschiedenen Textesformen des unter
dem Namen Makarius' des Ägypters gehenden langen griechischen Briefes
(vgl. oben zu S. 88 ff.). A. Wilmart. La tradition de l'Hypotypose ou traite
de l'ascese attribue ä S. Gregoire de Nysse Rev. de l'Orient Chret. 21 (1918 19)
:
412 —
421. L. Villecourt. La grande lettre grecque de Macaire ebd. 22 :
S. 209. P. Maas konnte drei neue und zweifellos eclite Bi-iefe des Nys-
seners mitteilen : Sitzunü;sliericlite der Kgl. Hreulk. Akad. der Wiss. 1912. 9S8
bis 999.
Eine jedenialls uneclite Predigt des Bischofs A m jili
S. 227. o chius i 1
unechte Schriften etwas nälier l)eleuchtet worden, der Kommentar zum Hexa-
emeron durch M. Wellmann im Hermes 52 (1917) 125 129 und die Homiüe —
über Joh. 12. 1 ff. durch Fr. Zoepfl in der Theol.-prakt. Monatsschrift 27 (1917)
11—23.
S. 240. Tli. Zahn in der Neuen kirchl. Zeitsdn-ift 29 (1918) 59—82
glaubte nachweisen zu können, dals Eusel)ius von Cäsarea eingeborener
Sklave gewesen.
S. 241. Über die Theologie des Eusebius verbreiteten sich A. Bigelmaü*,
Zur Theologie des Eusebius von Cäsarea: Festschrift. G. v. Herthng zum
7(). Geburtstage dargebracht. Kempten 1913, (55 — 85. M. Weis. Die Stellung
des Eusebius von Cäsarea im arianischen Streit, kirchen- und dogmengeschichtL
Studie (Inaug.-Diss.), Trier 1920, 8".
S. 244. In den , Griechischen christlichen Schriftstellern der ersten drei
Jahrhunderte'" sind 1913 zwei weitere Bände Eusebius-Werke erschienen. Bd. 6:
Die Demonstratio evangelica. herausgegeben von J. A. Heikel, und Bd. 7 Die :
S. 248 ff. Zu der Chronik vgl. L. Canet. Sm- le texte grec des , Canons"
d'Eusebe : Melanges d"archeologie et d'histoire 33 (1913) 119 168. —
S. 250 ff. Zu der Kirchengescliichte vgl. H. J. Lawlor, Eusebiana Essays :
rOrient Chret. 13 (19(),S) 420— 429. A. Wilniait entdeckte neue Predigten des
Enieseners in lateinischer Sprache und veröffentlichte als Probe eine Lobrede
auf die antiochenischen Heiligen Berenike, Prosdoke und Doninina in den
—
Analecta BoUandiana HS (1920) 241 ^284. Vgl. auch Wilmart in der Revue
—
de l'Ürient Chret. 22 (1920/21) 72 94. Über Eusebius von Alexandrien und
seine Predigten siehe Bd. 4, 8. cS6 ff".
stomus (Inaug.-Diss. \ Breslau 1912, 8". Ders.. Die Lehre des Joh. Chrvso- hl.
.stomus liberalen Heiligen Geist: Der Katholik 1918, 1, 80Ö— 820. St. Sdii-
wietz. Die Eschatologie des hl. Joh. Chrysostonuis: ebd. 1913. 2. bis 1914. 1.
an verschiedenen Stellen. N. Card. Marini. 11 primato di S. Pietro e de" suoi
.successori in S. (Jiov. Crisostomo, Koma 1919, 8". Chr. Baur, Das Ideal der
christl. Vollkonnnenhcit nacli dem hl. .loh. Clirvso-stomus Theol. und (ilaubc :
(5 (1914^ 564—574.
S. 362. Akacius von Beröa ist fi'ühestens 879 Bischof geworden
und uiclit vor 487 gestorben. Zwei bisher ganz luibokannte Briefe von seiner
Hand, der zweite an Maximianus von Konstantinoiiel, ifen Nachfolger des
Nestorius. sind griechisch heiausm^-ielKMi worden durch Ed. Schwartz. Neue
Ergänzungen und Horiclitigungen. (j75
Aktenstücke zum epliesinisschcn Kdiizil von 4:>1 ( Ahlianiliiuiüt^ii der liaver. Akad.
der Wiss.l Münflieii li)'2(). ()1 74 f.
S. 363. Die Predigt über die Erschaffung der .Seele Adauis und über das
Leiden Christi gehört nicht A n t o c h u s von P t o e ni a s sondern Severianus
i 1 i .
von (iabala an: siehe J. Zellinger. Die rienesishoniilien des liischofs Beverian
von <iabala (Alttestamentl. Abhandhuigen 7. 1). Münster i. W. 191G. 40 ff".
S. 363 ff. Die genannte Abhandlung Zellingers enthält eine allseitige
Würdigung der ein abgeschlossenes (xanzes bildenden Homilien Severians
von (iabala über die ersten Kapitel der Genesis. Eine zweite Abhandlung
aus Zellingers Feder mit einer ähnlichen l'ntersuchung des sonstigen Nach-
lasses Severians steht iji Bälde zu erwarten, weshalb hier von weiteren Literatur-
angaben abgesehen werden mag. Die Inauguraldissertation von W. Dürks, De
Severiano Gabalitano. Kiloniae 1917. 8**. hat sehr wenig Neues gebracht.
S. 368 f. Von der Ausgabe der Werke des hl. Hilarius im Wiener
Corpus scriptorum eccles. lat. ist 1916 ein zweiter, durch A. Feder S. J. be-
sorgter Band erschienen, welcher folgende Schriften brachte Tractatus myste- :
'.).")
|liUo| 401— 4;)()). i'bei- (lio Lehrt' l'iiszillians liamlelte A. l'uech in <lcin
Bulletin daiK-. litt, et (rarcheol. ehret. 2 (1912) Sl— 95 1()1— 21H.
S. 412. Einen neuen Text unter dem ^'amen des spanischen Mönches
Bachiaiius edierte Morin in dem genannten JJulletin 4 (1914) 117— TiC».
Die priszillianistisclic Ahhandluug ,l)e trinitate tidei catholicae" veröffentlichte
er in seinen Etudes, Textes, Decouvertes 1, Maredsous 191;'). lö] 205. —
S. 424 ff. ilber drei von den bisherigen Herausgel>ern der Martinus-
Schriften Sulpicius Severus nicht benützte Manuskrijtte berichtete
des
.1. Palaeographicae et criticae de Sulpicio 8evero Aquitano commenta-
Zellerei-.
tiones (Diss. inaug.). Monachii 1912, S<'. Eine neue deutsche Übersetzimg dieser
Schriften lieferte P. Bihlmeyer. Kempten 1914 (Bibl. der Kirchenväter). Zur
Kritik des Inhalts vgl. H. Delehaye, St. Martin et Sulpice Severe Analecta :
—
229 266. Reatz hat die Theologie dieser Consultationes genauer untersucht,
ihre Abfassungszeit, in Übereinstimmung mit ]\lorin. auf etwa 360 berechnet,
die Ansprüche des Firmicus Maternus aber der Sprache und der Lehranschauung
wegen abgelehnt. A. Reatz. Das theologische System der Consultationes Zacchaei
et Apollonii (.Freilturger theol. Studien 25). Freiburg i. Br. 1920.
S.
ff. Die Schriften Lucifers von Calaris anlangend, hat A. Wil-
469
mart der Revue Bened. 33 (1921) 124
in —
135 einen Beitrag zur Aufhellung
der handschriftlichen Überlieferung gespendet. H. J. Vogels in der Theol. Quartal-
schrift 103 (1922) 23—37 1S3— 200 einen Beitrag zur Würdigung der Lukas-
und der Johanneszitate.
Dem Evangelienkommentar des Bischofs Fortunati anus werden
S. 486.
auch die zwei Bruchstücke unter dem Namen eines Bischofs Fortunatus an-
gehören, welche Wilmart in der Revue Bened. 32 (^1920) 160 174 veröffentlichte. —
S. 487. Eine neue Ausgabe des Codex Vercellensis besorgte Aidan
Kai-d. Gascpiet in den Collectanea Biblica Latina 4. Romae 1914. Vgl. zu der-
solb.Mi Vogels in der Bibl. Zeitschr. 15 (191S— 1921) 301—318. ,
vescovi d'Italia «lalle origini al IHIK) descritti per regioni. La Lombanlia. jtarte 1
S. 504. Das Wiener .Corpus scrijjtorum eccles. lat.*" ist um zwei Ambrosius-
Häiide bereichert worden, in denen M. Petschenig die .Expositio psalmi IIS''
und die „Explanatio psalnioiuni duodecini'" l)earl)eitet hat. Vindob. 1918 191*.) —
(vol. 62 64). — Die neue l}i])liothek dei- Kirchenväter hat bislang drei Bände
ausgewählter Schriften des Anil)rosius gebracht, alle drei übersetzt und ein-
geleitet von J. E. Niederhuber. Kempten 1914—1917. W. Wilbrand. Zur —
Chronologie einiger Schriften des hl. Ambrosius: Hist. Jahrbuch 41 (1921) 1 19. —
S. 505 f. Der sog. Hegesippus. der lateinische Bearbeiter der ^Schrift des
Josephus über den jüdischen Krieg, ist doch wohl ein konvertierter Jude ge-
wesen und nicht Ambrosius. Siehe 0. Scholz. Die Hegesippu.s- Ambrosius- Fi-age
Inaug.-Diss.). Kimig.shütte 191o. 8^. J. Stiglmavr. Ambrosius und Pseudo-
Hegesippus: Zeit.sclu-. f. kath. Theol. 8.S (1914) 102—112. In den Eingangs-
worten scheint der Bearbeiter anzudeuten, daß er vorher schon eine Schrift
über die Taten der Makkabäer veröffentlicht hatte, und Moiin glaubt diese
Schrift auch noch nachweisen zu können in einer durch etwa 20 Handschriften
überlieferten, liisher noch nicht gedruckten ,Passio Maccabaeorum*". G. Morin.
L'o])uscule perdu du soi-disant Hegesippe sur les Machabees Revue Bened. :
Hl (1914—1919) 83—91.
S. 520 ii. Auf die von Patristikern wie von Exegeten immer wieder auf-
geworfene Frage: „Wer ist der An.brosiaster V" hat Morin a. a. 0. 1 ^34 eine —
neue Antwort gegeben Nicht der Jude Isaak und auch nicht der Prokonsul
:
Decimius Hilarianus Hilarius, sondern der als lateinischer Übersetzer der Vita
S. Antonii des lil. Athanasius bekannte, um 393 als Bischof der Eustathianer
zu Antiochien gestorbene Evagrius. Das letzte Wort düi*fte freilich damit noch
nicht gesprochen sein; vgl. A. Souter in The Expositor. Ser. 8. vol. 7 (1914)
224 232.
S. 528. Einzufügen W. Wilbrand. Die Deutung der biblischen Eigen-
namen beim hl. Ambrcsius : Bibl. Zeitschr. 10 (1912) 337 350. —
Einzufügen P. Br. Albers, über die erste TraueiTede des hl. Am-
S. 539.
brosius zum Tode
seines Bruders SatjTus Beiträge zur Gesch. des christl.
:
Altertums usw.. Festgabe für A. Ehrhard, Bonn 1922. 24 52. Eine neue —
Rezension dieser Rede bot Albers in dem Florileg. Patrist. N. S. 15, Bonnae 1921.
S. 543. Zu Ep. 2. ad Constantium. vgl. R. Molitor, Des hl. Ambrosius
kurze Unterweisung über das Hirtenamt Theol. und Glaube 8 (1916) 697
: 708. —
S. 547. Zu den „ Tituli " des hl. Ambrosius und den pseudo-ambrosianischen
Versen über die Dreizahl vgl. C. Wevman im Münchener Museum f. Philologie
"
sich auf die Seite Preuschens gestellt und den lateinischen Text für das Original,
den griechischen für eine Übersetzung erklärt, während C. Butler auch Reitzen-
stein gegenüber an der Ursprünglichkeit des griechischen und der Abhängigkeit
des lateinischen Textes festhielt. Vgl. Bd. 4. S. 148 ff.
S. 556. Die zwei letzten Bücher der Kirchengeschichte sind aus der Reihe
der selbständigen Schriften Rufins zu streichen, weil sie. wie schon zu S. 282
bemerkt ward, zum weitaus gröf?ten Teil aus der Kirchengeschichte des Gelasius
von Cäsarea übersetzt sind.
Eine neue Ausgabe des „Commentarius in symbolum apostolorum*
S. 557.
nebst engUscher Übersetzung von C. A. Heurtley erschien 1916 zu Oxford in
zwei Oktavbänden.
2
pars 2. Vindob. 1918. Vgl. auch Fr. Lammert, De Hieronymo Donati discipulo:
('ommentationes philologae lenenses vol. 9, fasc. 2, Lipsiae 1912.
S. 654. Nachzutragen J. Niessen, Die Mariologie des hl. Hieronymus, ihre
(.Quellen und ihre Kritik. Münster i. W. 1913. 8».
I
p
(GESCHICHTE
I
DER
ALTKIRCHLICH EX LITERATUR
VIERTER BAND
GESCHICHTE
ALTKIRCHLICHEN
LITERATUR
VON
VIERTER BAND
DAS FÜNFTE JAHRHUNDERT
MIT EINSCHLUSS DER SYRISCHEN LITERATUR
DES VIERTEN JAHRHUNDERTS
4: Carolus, Archiep.
Zweiter Zeitraum.
Vom Beginn des vierten bis gegen Ende
des fünften Jahrhunderts.
Zweiter Abschnitt.
Das fünfte Jahrhundert mit Einschluß
der syrischen Literatur des vierten Jahrhunderts.
Erster Teil.
Erstes Kapitel.
Zweites Kapitel.
§ 53.
liche Tugendleben. 4. Schriften über das Mönchsleben.
gegangene Schriften. 6. Unechte Schriften.)
Andere Aszetiker. (1. Markus Eremita. 2. Diadochus von
5. Verloren
..... I'hotice.
l'Jl
Drittes Kapitel.
§ Gl.
S <J2.
Nemesius von Emesa und
2. Hierotheus.) ...........
Pseudo-Dionysius Areopagita. vL Die Schriften.
llicnitlicus.
2.
Emesa.
275
Inhaltsverzeichnis. "
IX
Zweiter Teil.
§ GS.
handlungen. 3. Lehranschauung.
und sein Nachfolger Simeon Bar Sabbae.)
Ephräm der S3rer. (1. Literarhistorische Bedeutung.
......
4. Katholikus Papa von Seleucia
2. Überlieferung
327
S 70.
folgungen.
Dichter. (1.
4. Heiligenleben.)
Cyrillonas. 2. Baläus.
........
Tagen Sapors II. 3. Märtyrerakten aus späteren persischen Ver-
Dritter Teil.
S 72. Allgemeine Übersicht über die lateinische Literatur nach Inhalt und Form.
;1. Lateiner und Griechen. 2. Apologetik. 3. Dogmatik. 4. Kirchen-
geschichte. 5. Exegese. 6. Praktische Theologie. 7. Predigten. 8. Briefe.
9. Poesie.i 421
^ 73. Augustinus. (1. Einzigartige Stellung und Bedeutung. 2. Lebenslauf.
3. Schriftstellerisches Wirken.
4. Retractationes und Confessiones.
5. Philosophische Schriften. Apologetische Schriften. 7. Dogmatische
G.
§ 75.
lagianei'.) ............
Literarische Gegner Augustins.
von Karthago.
2. Donatisten. 3. Pe-
511
§ 7{).
2. Marius Mercator.
5. Ein Ungenannter.
Spätere Afrikaner.
3. Paulus Orosius.
(1.
4. Tiro Prosper und Hilarius.
G. Paulinus von Mailand.^
Asklepius. 2.
.....
Viktor von Cartenna.
Voconius 3.
522
§ 78.
seille. ......
larius von Arles und Valerianus von Cemele. ö. Salvianus von ^lar
6. Vincentius von Lerinuni.)
S 79.
2. Ruricius von Limogcs.
§ 80. Die Päpste des 5. Jahrhundert^. ;1. Schreiben der Päpste bis aul
S 8L
4. Gelasius \.) .........
Leo d. (Ir. 2. Leo d. Gr. 3. Schreiben der Päpste bis auf (ielasius
tJ13
(529
Register (5(53
Zweifel' Zeit r,-111111.
Zweiter A))schnitt.
Das fünfte Jahrhundert mit Einschluß der syrischen
Literatur des vierten Jahrhunderts.
Erstei- Teil.
Die grieoliiKi'lie l><iteratiir <le^ fiiiiif'tcBi Jalirliiiiidi'rts.
auf den von Ewigkeit gezeugten und dem Vater wesensgleichen Logos
angewendet werden. Allerdings sei die Verbindung (auvdqpeia) der beiden
Subjekte in Christus die denkbar innigste Gemeinschaft gewesen, welche
überhaupt zwischen Gott und einem Menschen habe bestehen können.
(Mne (Temeinschaft, kraft welcher schließlich auch dieser Mensch zu
göttlicher Hoheit, göttlicher Herrschaft, göttlicher Anbetungswürdigkeit
aufgestiegen sei. Durch Selbstbewährung in Leiden, blühen und Ver-
suchimgen. (luich vollkonunene Unteiwerfung seines AN'illens unter den
g(iitliclien Willen habe der Mensch .sich nach und nach göttliche At-
tribute und Ehren verdient, luuuer abei- sei und bleibe diese Gemein-
schaft nur eine moralische, niemals eine jdiysischt^ odei' substantielle
>? 4.'J. Allgfiii. ÜlKTsicIit iiln'i- ilif ^riccli. Literatur. 2. Dituiiiatisclic Litciatiii'. ;-5
Einheit, weil zwei für sich bestehende Wesen eben nur moralisch ge-
eint sein könnten. Um indessen den allgemein gebiäuchlichen Ausdrücken
.Ein Christus", .,Ein Heir". .,Ein Sohn Gottes" Rechnung zu tragen,
erklärte Nestorius, man könne wohl auch von einem einheitlichen
Gesanitsubjekt oder einer Person, ev TrpöaujTTov, in Christus reden,
insofern das höhere Subjekt das niedere zu seiner eigenen Macht und
(iröE^eemporgelioben habe, könne wohl auch den einen Christus als
Gott und Menschen zugleich bezeichnen, insofern er aus einem gött-
Hchen und einem menschlichen AVesen bestehe, könne endlich wohl
auch die Jungfrau BeoiÖKOi; heißen, insofern ihr Sohn, der Mensch, in
gewissem Sinne Gott geworden sei.
Diese herkömmliche Auffassung der Lehre des Nestorius, geschöpft aus
längst bekannten, von Fr. Loofs (Xestoriana. Halle a. S. 1905) gesammelten
riierbleibseln der Schriften de.s Häretikers, ist in jüngster Zeit auf ( hund eines
neuen literarischen Fundes als unzutreffend bestritten woi-den. In altsyrischer
Version trat 1910 eine umfangreiche Schrift ans Licht, welche Nestorius unter
dem Pseu<lonym .Heraklides von Damaskus" im .Jahre 45] verfaßt hat. um
seine Lehranschauung theologisc]i-philosoi)hisch zu rechtfertigen. In dem histo-
i-ischen SchluL^abschnitt schreibt er unter anderem, er habe stets das gelehit. Avas
i'apst Leo d. Gr. in seinem Tomos an Flavian von Kon.stantinopel über die
Zweiheit der Naturen in Christus bezeuge, und er danke Gott dafür, daß die
Kirche von Rom durch Leos Mund richtig und untadelig den wahren Glauben
t)ekenne (siehe die Übersetzung des syrischen Textes bei F. Nau. Nestorius.
Le livre d'Herachde de Damas. Paris 1910, 298). Der Anghkaner Bethune-
Baker wollte an der Hand der neuen Quelle nachweisen können, daß Nestorius
übei"haupt nicht -nestorianisch", sondern durchaus orthodox gedacht und ledig-
lich die ersten Ansätze des Monophysitismus bekämpft habe. Unschuldig, in-
folge von Mißverständnissen, sei er 481 zu Ephesus verurteilt worden, während
er 451 zu Chalcedon den Sieg davongetragen (J. F. Bethune-Baker, Nestorius
and bis Teaching. Cambridge 1908. 8"). —
Katholischerseits ist. gleichfalls unter
Berufung auf die neuentdeckte Schrift, zwar nicht der häretische Charakter der
Lehre des Nestorius in Abrede gezogen, wohl aber eine neue Deutung seiner
Häresie vorgetragen worden. Der Kern des Nestorianismus sei nicht der Satz
von zwei Personen in Christus, sondern die Theorie von der allmähUchen Be-
währung und Vervollkommnung des Menschen in Christus oder die Behauptung,
daß Christus erst nach und nach durch eigene Anstrengung sich das errungen
habe, was nach orthodoxer Anschauung die notwendige Folge der Vereinigung
der zwei Naturen in einer Person war. So L. Fendt. Die Christologie des
Nestorius ilnaug.-Diss.j. Kempten 1910. 8^*. Ebenso .1. P. Junglas. Die Lt-
lehre des Nestorius. Trier 1912. 8": vgl. dens. im Kathohk 1913. 1. 437—447;
2. 135 —
139. —
Andere Forscher haben in dem .Buche des Herakhdes von
Dama.skus" nur eine Bestätigung der traditionellen Ansicht finden können, daß
Nestorius deshalb verurteilt ward, weil er die Einheit der Person in Christus
leugnete nnd folgerichtig den Titel .Gottesgebärerin" verwarf. Auch dieses
Buch bezeuge, daß laut Nestorius jede vollständige Natur zugleich ein eigenes
Subjekt, ein physisches Prosopon. die. zwei Naturen in Christus notwendig zu-
gleich zwei physische l^rosopa seien. Wenn außerdem auch von einem Proso-
pon. einem gemeinsamen Prosopon der beiden Naturen odei' einem Prosopon
der Vereinigung gesprochen werde, so sei darunter nur ein moralisches Prosopon
verstanden nämlich jenes unvergleichliche Freundschaftsvei-hältnis vei-möge
. .
dessen das l'rosopon der einen Natur dem Prosopon der and<M-n Natur sich hin-
4 Die griccliisclic Ijtciatiir des iiiiil'tcii .Ialiiliuii<l(*rt.s.
.,in zwei Sohne zerreiße", einen Gottessohn und einen Menschensohn. Die Ver-
handlungen auf dem Ephesinum drehten sich von Anfang bis zu Ende um die
Frage, ob der Mensch Jesus geboren und gestorben und auferstanden sei oder
aber der göttliche Logos. Nicht die Bewährungstheorie hatte den Kampf heraus-
gefordert, sondern der Satz, auf welchem die Bewähiaingstheorie beruhte und
mit welchem sie von sellist fiel, daß es nämlich aufser dem göttlichen Logos
noch einen bewährungsfähigen oder bewährungsbedürftigen Menschen in Christus
gegeben habe. Die Bewährungslelu-e ist auf dem Ephesinum. soviel wir wissen,
gar nicht zur Sprache gekommen. Sie ward als Lehre Theodors von Mop.suestia
auf dem fünften allgemeinen Konzil verworfen, und zwar, was sehr beachtens-
wert nicht deshalb weil sie Christus erst .später das erlangen lasse was ei
, , ,
von vornherein besessen, sondern deshalb, weil sie die Voraussetzung in sich
schließe, dtXXov elvai töv 9eöv Xöjov Ka\ ctWov töv Xpicrtov (siehe v. Hefele.
Konziliengeschichte 2, 2. Aufl., 899). Vgl. auch noch Fr. Loofs, Nestorius and
his Place in the History of Christian Doctrine. Cambridge 1914, 8^; Chr. Pesch.
Nestorius als Irrlehrer, zui- Erläuteiung einer wichtigen theol. Prinzipienfrage.
Paderborn 1921. 8".
Synode zu Kdii.stantiiKipel vom .I;due 7r)4 Mansi. SS. Tone. Coli. l.'i. .')(•!• . darf woiil
uidtedeidvlii li ans dem .'>. .laliiliiiiHlcrt lier^'clcitet werden.
55
4.'{. Alljicin. ÜIm rsiclit ülicr dif griccli. Litcratui-. 2. Do.üiiiatisclie J>itcratiii-. 5
Gottheit nach und gleichen Wesens mit uns der Menschheit nach . . .
So erklärte Eutyches 448 auf der Synode zu KonstantiuopeL bei Mansi ü, 744.
'
Vgl. Leo M.. Ep. 28. 6: 35. 3. In dem ,libellus confessionis". welchen er 449 der
Räiiliersynode zu Epliesus überreichte, bei Mansi (5, G29 ()44. ist Eutyclies auf den
dogmatischen Streitpunkt nicht weiter eingegangen.
-
Hei Mansi (;. 741. Vgl. Leo M.. Ep."2S.^!?.
() Die grii'cliisclic Litcijitur des riiiirtcii .liiliilimiilcits.
jedoch auch Eutyclies vciclainintt' und den einen Solin Gottes „gleichen
Wesens mit dem Viiter der Gottheit nach und gleichen Wesens mit
uns der Menschheit nach" nannte. Diejenigen Monophysiten, welche
diesem Edikte beitraten, insbesondere die Severianer oder Anhänger
des 512 auf den l'atriarchenstuhl von Antiochien erho))enen Mönches
Severus, behaupteten, unter Hinweis auf die Vereinigung von Leib und
Seele im Menschen, eine zusannnengesetzte Natur, in welcher die ver-
einigten Elemente ihre natürliche Wesenheit behalten, das Fleisch aber
durch den Logos in die göttliche Herrlichkeit und Wirksamkeit um-
gestaltet und verklärt sein sollte. Der weitere Entwicklungsgang der
Irrlehre gehört nicht mehr hierhin.
Theodoret von Cyrus hat dem Monophysitismus ein umfangreiches
Werk unter dem Titel „Bettler oder Vielgestaltiger" (epaviarnq iitoi
'
Über die Verwendung des Dialoges in tViilierer Zeit vgl. Bd. ;i dieses Werkes.
Freiburg i. Br. 1912. S. "28 f.
-'
Cyr. AI.. De hin., praef.: .Migne. l'P. (ir. 7.'). CöT.
^ Die iiiicchisclio Litfiatur <1< s fniifton .Taliilniiulcrts.
*
Siehe Cyr. AI.. Ep. 55: Migne. PP. (ir. 77. 21t3 l>;«<;. Dii- Zitateiilisteii .selbst
bei Mansi4, 1183 1'207. Durch eine ähnliche Zitatenreilio erbringt Cyrillus in der
Schritt De recta fiile ad reginas 1. 5» 10 Migne 7»;. 1-209 ff. den Beweis, dal.^ das
Wort OeoTÖKOC auch den heiligen Vätern Toic irpo >iuiDv ä-fioic iTaTpciaiv schon ge-
läufig war.
-'
loan. Cass., De incani. Dom. 7. 24-30.
•'
Les sources de V 'Epaviarnc de Theodoret
Siehe L. Saltet. Revue dbi.stoire :
und eine verlorene dogmatische Katene: Oriens Christianus 1 1901' 171» ISl.
^ Diese Sanunliiiiü: bei Mansi <>. 9()1 972.
>} 4'5. Allycni. Ülicrsiclit iilirr dio iiricrli. Litciatiii'. .'5. Ajxdogctisclie Literatur. C)
hundert (Texte und Untersuchungen zur Gesch. der altchristl. Lit. 28, 1 Leipzig 1904. .
Doch vgl. zu dieser nur mit Vorsicht zu benutzenden Schrift die Kritik Diekamps
in der Theol. Revue 1905. 445 ff.
•'
Chrvs.. Sernio de S. KabvIa contra lulianum c. 2: Misne. PP. <Jr. 50, 537.
:
'
Sielii' liicrüld-r .). (icticken KaisiT .Tulianus und die StiTitsdiriftou seiner
»ieguer in den Neuen .laluluUlieni f. d. klass. Alteituui iM IttOS KiS 170: A. v. Har-
nack, l'orpliyrius. ,(ie,ü;en die (."hristen" AMiandlunyen dt-r kal. pieul.i. Akad. der
Wis.s.. Phil. -bist. Kl. . Merlin UM»;. .'{-J f.
4; 4."!. .\ll.i;citi. ('Iicrsiclit üImi ilic jzrircli. I,itcrjiliir. 4. Kxugctiisclie liitoratiir. ]
]
Exegetisclie Liteiatur.
4. Als Schrifterklärer sind vor allem
Tlieodoiet und Cyi illus von Alexandrien tätig gewesen, Repräsentanten
'
Isid. l'fliis.. Ep. -J. l!tr>: Migne 7<s. t;41. Vgl. Kp. ;{, ;W;t.
* Siehe Bd. l] dieses Werkes. 8. 2f) f. Doch bedarf die dortige Notiz iilier die
Fragen iiiid Aiitwiirti'ii dci- Kom-ktiir.
S 4.'i. Alldem. Clicrsiclit üIut die giiccli. IJloratiir. 4. Kxeyoti.sclie J^iteiatur. ] ;-J
'
Das muß der Sinn de.s jcdenfails oist später in (jeijrauch gekominenen Namen.s
rKette^ sein. Nach (}. Heinrici Realenzykl. f. prot. Theo!, u. Kirche 17 ^ Leipzig"
1906, 741; soll der Name besagen wollen, daß „die aneinandergereihten Scholien der
Kirchenväter das Verständnis der göttlichen Offenbarung in der Heiligen Schritt dem
Leser verniittclii. wie eine heilige Kette, welche Le.ser und Schritt verbindet".
14. Dil' griochisclic l.itciatur des Irmltcn .hilii limidf rts.
nasius. der siegreiche Bannerträger des 6uooumo(;. wurde als der Fälscher
des Glaubens der Kirche gebrandmarkt. Sokrates und Sozomenus.
wahrscheinlich beide Rechtsanwälte zu Konstantinopel, verfolgten die
Ge.schichte der Kirche von Beginn des 4. Jahrhunderts bis zum Jahre 439:
in der überlieferten Fassung reicht die Arbeit des Sozomenus nicht
mehr so weit, weil sie des ursprünglichen Schlusses verlustig gegangen
ist. Beide fußen auf ausgedehnten Quellenforschungen und sind von
dem redlichen Willen beseelt, der Wahrheit Zeugnis zu geben. Sozo-
menus verfügt über eine gewandtere Feder, Sokrates über ein schärferes
Urteil. Keiner von beiden hat den Namen des andern genannt. Da aber
ihre Berichte sehr häufig und auf weiten Strecken einander parallel
laufen, so war der Schluß nicht zu umgehen, daß entweder der eine
von dem andern oder beide von einer gemeinsamen Vorlage abhängig
gewesen. Die Lösung des Valesius, des berühmten Herausgebers dei
griechischen Kirchenhistoriker des Altertums, hat sich nunmehr all-
gemeine Zustimnumg errungen: Sokrates ist zuerst auf den Plan ge-
treten und Sozomenus ist den Spuren des Vorgängers gefolgt: nicht
selten aber hat Sozomenus die von Soki'ates benutzten' und zitierten
(iuellenschiiften auch seinerseits nachgeschlagen und auf Grund der-
selben die Mitteilungen des Vorgängers einer Revision, Erweiterung
oder Berichtigung unterzogen. Im wesentlichen derselbe Zeitraum, die
.lahre 323 — 428,
wurde von Theodoret in seiner ..Kirchengeschichte"
noch einmal l)ehandelt. Sokrates, Sozomenus und Theodoret sind de.shalb
S 4.'J. All.nfin. ÜlxTsicIit iilicr die i;ii<'<'li. i-itciatiir. ;">. Kii-clicii.ücscli. I/itcriitiir. ]5
'
Vgl. Paime)iti('V in iler Einleitung seiner neuen Ausgabe der Sclnift Tlieo-
»lorets. Leipzig liUl. lxxxiii ff.
- Ol) das der (irund ist. weshalb Philippus von Bratke Realenz.vkl. f. protest.
Theol. u. Kirche 15 '
[1904] 8.'Jt> Universalhi-storiker der christliclien Kirche"
^dei- erste
genannt wird? Diesen Namen wird Philippus dem Vater der Kirchengeschichte nicht
streitig nuu-hcn können.
1() Die grifcliisclir Litciatiir des tiuirteii .laliiliiiiKlertti.
Der Nestoi'ianer Irenäus von Tyius hat etwa um 440 eine umfang-
reiche Geschichte der nestorianisclien Streitigkeiten veröffentlicht, welche
Nestorius als das unschuldige Opfer orthodoxer Verfolgungssucht dar-
stellte und den Titel Tragödie" führte, denselhen Titel,- den Xestorius
..
Texte die Piiorität zusprechen und den griechischen für eine Über-
setzung erklären. Viel umfassender angelegt ist die «Historia Lau.siaca",
so benannt nach ihrem Adressaten Lausus, verfaßt 419 von Bischof
Palladius von Helenopolis. Er hatte jahrzehntelang „das ganze Reimer-
reich" durchwandert, nicht bloß Ägypten, sondern auch Palästina und
Italien aufgesucht, um die ^ Gottesfreunde" (qpiXoOfcoug) persönlich kennen
zu lernen und schließlich zu Xutz und Frommen anderer Erlebtes und
p]rlausclites in schlichten Worten zusammenzufassen. Das Werk ist ein
unschätzbares Dokument *zur Geschichte des Mönchtums. Die „Historia
religiosa" (cpiXöBeoc; icnopia) Theodorets, etwa aus dem Jahre 444. erzählt
von berühmten ..Streitern (Jhri.sti im Morgenland", in der Diözese Cyrus
tmd ihrer Umgebung. Kindliche Verehrung gegen diese „Athleten" hat
die Feder geführt. Nach ausdrücklicher Versicherung ist aber nichts
aufgenonnnen w^orden. was nicht durch Aussagen glaubwürdiger Augen-
und Ohrenzeugen belegt gewesen wäre.
Die vorhin erwähnte „Tragödie" des Nestorius war im wesent-
lichen eine Autobiographie, ist aber nur noch aus dürftigen Resten
bekannt. Eine sonstige Autobiographie ist nicht zu nennen.
(). Kirchen rechtliche Literatur. — Auf kirchenrechtlichem
Gebiet hat das Jahrhundert nur ein einziges Werk zu Tage gefördert,
5.
purgativM und via illiiminativa) zuzuweisen, der Mystik die Leine von
(lern dit'sscitiiien Vollciulungszustand des geistlichen Lebens (via unitiva)
'
Marc. Erem., Ad Ni.dlaimi c Migiic IM'. Cr. d.'). lii-_'lt
1 : oi a\»ieivoi t'p-fiiTui
Kai üOXriTai toö XpiffToü. Nilu.><. Orat. in Albiamiin .Migiic Tit. 7()1 : oi tüjv reXfio-
T^piuv iltfiuviaudriuv hih(iaK(«Xoi. Vul. loh. Cass., Collatio IS: I)c tiHni.'^ ijciu'rilm.s
'
Vin-i. Kiiinihaclior. (icscli. der hyzaiit. Lit. -. ^ränclifii i;>07, 718.
20 Dil' iiriei-lii.sclic l,itcratiii- des rünrtrii .lalniiiiiiilcits.
Dichter gewesen. Schon Epliräm der Syrer liat dem letzten Teile
in
seiner „Caniiina Nisibena" das Eilösimgsweik dem Bilde eine»
unter
siegreichen Kampfes des Herrn mit Teufel. Sünde und Tod als gegen-
wärtige Handlung darzustellen versucht. Bald nach p]phräms Tode
taucht bei den Syrern unter dem Namen -Sugitha" eine besondere
Art des Liedes, das dialogische oder lyiisch-dramatische Wechsellied,
auf, welches sich mit Vorliebe biblische Motive wählt. Syrische Wechsel-
Heder, so erklären Maas und Baumstark mit Bestimmtheit, haben
Basilius von Seleucia zu den dialogisch-dramatischen Einlagen seiner
Predigten angeregt '. Die griechische Predigt hinwieder hat auf die
griechische Kirchenpoesie befruchtend eingewirkt. Romanus, der große
Sänger des (5. Jahrhunderts, entnimmt den Predigten des Basilius in
ausgiebigem Maße den Stoff und sogar die A\^orte zu seinen . Kon-
takten ", Hymnen, welche gleichfalls biblische Szenen weiter auszumalen
pflegen. Mittelbai" veiknüpfen also feine Fäden das griechische Kon-
takion mit dem syrischen Wechsellied.
9. Briefe. — in dem jetzt gebräuchlichen
Als Epistolograph
Sinne des Wortes nur Synesius von Cyrene anzuführen, und zwar,
ist
was beachtet sein will, nicht der spätere Bischof und Kiichenschiift-
steller, sondern der frühere Neuplatoniker und Literat Synesius. Der
letztere hat Kunst- oder Scheinbriefe geschrieben, welche lediglich das
Kleid des Briefes tragen, in Wirklichkeit aber Abhandlungen zur Be-
lehrung und Unterhaltung der gebildeten Welt sind. Den Gegenstand
})ilden zumeist Fragen der Rhetorik oder Sophistik. Anlage und Aus-
fühiung bekunden immei' wieder den Sophisten von Fach.
Die griechischen Kirchenschriftsteller des 5. Jahrhunderts haben
imr eigentliche, auf den oder die Adressaten berechnete Briefe hinter-
lassen, teils Piivatbriefe, teils Briefe öffentlichen r'haiakters. Gr()ßere
Briefsammlungen besitzen wir von Isidor von Pelusium. Nilus. Theo-
doret von Cyrus, Cyrillus von Alexandrien, Firmus von Cäsarea. Durch
hohe Vollendung der Form heben sich die Briefe Isidors ab, welche,
wie schon einmal bemerkt, vorwiegend exegetischen Inhalts sind. Ele-
ganz ohne Ziererei war es, was Isidor anstrebte - und auch erreichte.
Er hatte, von Synesius abgesehen, vielleicht tiefer aus dem Becher der
Antike getrunken als irgend ein anderer Kirchenschriftsteller des
5. Jahrhunderts. Die Korrespondenz des hl. Xilus. an Umfang fast
noch mit derjenigen Isidors vergleichbar, ist sozusagen ausschließlich
der Aszese gewidmet und redet die schlichte oder auch derbe Sprache
den I'ivdigten des Proklus von Konstantinopel macht sich wenig.stens .ein weite.s
Hinausziehen der Apostrophe' henierkhai- Fr. X. Banei-. Proklos von Konstantinopel.
München 1919. 138 f..
'
P.Maas. Da.s Kontakion Byzant. Zeitschrift 19 1910 "iSö ff. A. Baumstark.
:
-'
fsid.. Ep. ä. 1.3:3: :\rigne 7S, 1404.
•2'2 •l-'i*' liriftlii.sclic Litiialiir des iuiitti-ii .lalii iiiinilcrts.
eint'S Mannes des Volkes. Tlieodoret von Cyius Idetet in seinen Briefen
nicht l)lol.'i wertvolle Beitiäge ziii' Zeitgeschichte, sondern vielfach auch
stilistische Kunstwerke, während Cyrillus von Alexandrien, in seinen
Briefen ebenso wie andeiswo voinehmlicli Dogmatiker. der Form seiner
schriftstellerischen Kundgeltungenwenig Bedeutung beizumessen pflegt.
Die enger umgrenzte, 45 Nummern zählende Korrespondenz des Erz-
liischofs Firmus von Cäsarea in Kappadozien ist sorgsam gefeilt, aber
i'eeht arm an Inhalt.
10. Poesie. —
An poetischen Leistungen hat die griechische
Kirche des 5. Jahrhunderts wenig aufzuweisen. Synesius von Cyrene,
(h'T vorhin erwähnte Epistolograph, hat eine Anzahl von Hymnen ge-
auch die Legende vom hl. Cyprian von Antiochien in Verse übertragen
und sogar ein Leben Jesu in Homer-Centonen zu schreiben unternommen,
trauiige Machwerke, welche nicht nur jeder poetischen Ader entbehren,
sondein überdies auch in Sprache und Metrik manche Fehler sich zu
Schulden kommen lassen. Basilius von Seleucia hat die alte Thekla-
legende sowohl in Prosa dargestellt wie in Ver.sen besungen, welch
letztere jedoch nicht auf uns kommen sollten.
neue Dichtungsweise ist vorerst durch schüchterne Ansätze
J]ine
vertreten. Die reiche Entwicklung des kirchlichen Gottesdienstes forderte
Ein Lied aber, welches
gebieterisch die Pflege des Kirchenliedes heraus.
das Olir und das Herz des Volkes gewinnen wollte. nuil.He die Fesseln
der Metrik sprengen, mufate dem Umstände Rechnung tragen, daß die
lebende griechische Sprache nicht mehr zwischen kurzen und langen
Vdkalen unteiscliied. sondern nur noch „isochrone", d. b. mit der gleichen
Zeitdauer gesprochene Vokale kannte. So ward ein Vers geschaffen.
S 44. ( '.viiiliis von Alcxiiii<lriiii. 1. lifl)('n.s;i,aii.u.
23
pariendichter" bezeichnet, und von den „ Troparien " des hl. Auxentius
haben sich auch noch einige Proben erhalten. Es sind kurze An-
rufungen oder Lobpreisungen, welche in gehobener Prosa, nicht in
Versen, verlaufen, immerhin aber Keime oder Vorstufen der im 6. Jahr-
hundert so mächtig ihre Schwingen entfaltenden rhythmischen Dichtung
darstellen.
Soviel zur (Charakteristik der griechischen Literatur des 5. Jahr-
hunderts im allgemeinen. Die Vorführung der Schriftsteller im einzelnen
soll sich an die Patriarchatseinteilung der griechischen Kirche anlehnen.
Erstes Kapitel.
Schriftsteller im Umkreis des Patriarchats Alexandrien.
1. Lebensgang. —
Über das Leben der hl. Cyrillus vor seiner
Erhebung zum Patriarchen von xllexandrien im Jahre 412 ist nur sehr
wenig bekannt. Er ward zu Alexandrien aus angesehener Familie ge-
boren, ein Neffe des Patriarchen Theophilus von Alexandrien '^ Daß er
Übrigens haben auch die schon einmal angezogenen sj^rischen Dichter dazu
'
mitgewirkt, dem neuen Verse die Wege zu bahnen. Die syrischen Kirchenscliriftsteller
pflegten, wie wir noch hören werden, mit Vorliebe sich der gebundenen Rede zu
bedienen oder in Versen zu sprechen, und zwar in Versen, welche nur Zeilen von
gleicher Silbenzahl sind, aber auf die Silbenc^uantität und den Wortakzent keine
Rücksicht nehmen. Griechische Über.setzer der Schriften Ephräms des Syrers haben
auch die Form ihrer Vorlage nachgeahmt, indem sie die syrischen Verse durch ent-
sprechend gebaute griechische Verse wiedergaben. Griechische Verse von sieben
Silben solche Verse hat Ephräm am häufigsten gebraucht ohne jede Rück- — ,
sichtnahme auf Quantität oder Wortakzent. l>ei I. S. Mercati, S. Ephraem Syri opera
tom. 1. fasc. 1, Romae 1915, 43 ff.
Einige der ältesten auf uns gekommenen rhythmischen Lieder bei P. Maas.
Fiühbyzantinische Kirchenpoesie 1 (bei Lietzmann, Kleine Texte 52/53\ Bonn 1910.
Socr., Hist. eccl. 7. 7: nach Niceph. Call.. Hist. eccl. 14. 2ö der Sohn eines
'
eine Zeit lang in ,dei- Wüste" untei den Einsiedlern weilte, läl.it sich
einem von Peliisium entnehmen
Briefe Isidors Im Jahie 403 hat er '.
sich an der Seite seines Oheims nach Konstantinopel begeben und der
sog. Eichensynode bei Chalcedon beigewohnt, welche den hl. Chryso-
stonms seines Amtes entsetzte. Er ist von der Schuld des Patriarchen
von Konstantinopel überzeugt gewesen und geblieben. Erst 417 oder
41 H hat er sich, anscheinend auf Zureden Isidors von Pelusiuni, bereit
linden lassen, den Namen des längst verstorbenen Gegners seines
Oheims in die Diptychen der alexandrinischen Kirche aufzunehmen-.
Am 15. Oktober 412 starb Theophilus, und schon am 17. Oktober ward
Cyrillus. allerdings nicht ohne die Konkuirenz eines Gegenkandidaten,
des alexandrinischen Ai'chidiakons Timotheus, zum Patriarchen gewählt.
Ein vielbesprochener Bericht bei Sokrates läßt den jungen Patriaichen '
sich jemals mit einer Blutschuld befleckt haben, so hätten seine Gegner
auf dem Konzil zu Ephesus nicht versäumt, darauf zurückzugi'eifen.
'
Fsid. Pel., Ep. 1. 25: Migiu'. Pl\ Cir. 78. U>7.
-'
Niceph. Call. a. a. 0. U. 2H. Vgl. Isid. Pel.. Ep. 1. ;57().
Socr. a. a. 0. 7. 7 11 13 ff.
'
Vgl. etwa ^r. (ielzer. Stiulicii zur Ityzant. A'eiwaltiiiig .\gyptvn.s. Leipzig
lÜOit. 17 ff.
^ Über Hypatia uiul ihre Ermürduiig dart' nunmehr aut <len einläl.ilifhen .\rtikel
Cyrill den .Mord angestiftet oder, falls er von anderer Seite vorbereitet wurde, durch
aktives oder passives Verhalten absichtlich begünstigt habe, ist unerweislich, eltenso
uneiweislich aber auch seine Schiildlusigkeit."
S 44. C.Niillii.s Villi Alt'xaiiilricii. 1. Iii'Iit'iis,i>iinjj;.
25
Seit dem 429 Hießen die (Quellen leiclier und klarer. Cyrillus
.lahie
greift mitbestiiniiiend inden Gang der Kirchen- und Dogniengeschichte
lin. Er erscheint nunmehr im vollen Mittagsglanze eines großen Geistes
.,
Nestorius, ein Anhänger der Lehren Üiodors von Tarsus und Theo-
dors von Mopsuestia, seit 10. April 428 Patriarch von Konstantinopel,
ei'hol) noch im Laufe des Jahres 428 in seinen Predigten Widerspruch
welcher wahrer Gott und w^ahrer Mensch zugleich ist. Die Einheit der
Person verbürge die Berechtigung des Titels 9eoTÖKo<g, weil ebenderselbe,
der von Ewigkeit dem Vater gezeugt ward, in der Zeit aus
her aus
der Jungfrau geboren worden. Es folgte ein persönlicher Austausch
zwischen Cyrillus und Nestorius. der aber nicht zum Ziele führte. Einen
ersten Brief Cyrills aus dem Spätsommer 429 beantwortete Nestorius
mit einigen wenigen, hochfahrenden und wegwerfenden Zeilen. Auf
einen zweiten längeren Brief Cyrills, die sog. ..Epistola dogmatica'". aus
dem Januar oder Februar 430, sandte Nestorius unterm 1 5. Juni 430
eine ausfühilichere Erklärung. Avelche in dem Satze gipfelte, daß es
'
Scheeben im Kirclienlexikon 3"-. Freiburg i. Br. 1884, 1285.
- Von diesen Predigten des Nestorius gegen das 9€otöko(; liegen nocli reiche
Fragmente vor. zumeist allerdings nur in lateinischer Übersetzung, gesammelt bei
Loofs. Nestoriana. Halle a. S. 1905. 24!) tf.
'
Wie Loofs behaupten mag: .Ohne wäre kein nestorianischer Streit
l'.vrill
ständlich. Eusebius. der .spätere Bischof von Dorvläum. hat. obwohl damals noch
Laie, zu Konstantinopel selbst Nestorius mit .solchem Nachdruck und solchem Erfolg
bekämpft, daii auf dem Konzil zu Chalcedon der Ruf laut wurde: ^Eusebius hat
den Nestorius gestürzt" Mansi O. iuS\
* Der Homilia paschalis 17: .Migne. PF. (a-. 77. 7H7 — 790. und der Ep. 1. ad
mouachos .\egypti ebd. 9 40.
:
•,»(5 l)i<' ^^riccliisclic l.itciatiir drs tinirtcn .l;iliilimi(lcrts.
'
Dieses .Synodalschreiben bei t'yrilL, Ep. 17: Migne 77. 105 122. Sdiwartz
iiut zu demselben bemerkt: .Rechtlich betrachtet war dieser dogmatische Erlali des
alexandrini.schen Patriarchen eine Ungeheuerlichkeit" Jlistor. Zeitschr. 112 [11*14]
257). Welches Reciit mag Schwartz im Auge haben? Seiner Lehre wegen ward
das Syiiddalschreiben von den -antiochenischen Theologen bekämpft. F]ine Rechts
Verletzung ist Cyiillus, soviel wir wi.ssen, von keiner Seite vorgeworfen worden.
'
Siehe darüliei- Schwartz. Dii' sog. ( U'genanatheniatisnien de?» Nestorius Sitzungs-
ber. der bayr. Akad. der Wiss.. Pliilos.-philol. u. bist. Kl. . München 1922.
S 44. (\\iilliis \(iii Alcxjmdrifii. 1. l/ilicusj^an.i;-.
27
kläiten Ictzteien „gottloser" Lehren wegen für abgesetzt und aus dem
Klerus ausgeschlossen. Die erst nach dem 22. Juni zu Ephesus ein-
getroffenen Bischöfe der antiochenischen Kirchenprovinz jedoch, Patriarch
Johannes von Antiochien an der Spitze, ergriffen in mehr oder wenigei-
ausgesprochener Weise für Nestorius Partei. Ein Conciliabuluiii dieser
Antiochener, welches gleich am Tage ihrer Ankunft, am 27. Juni 431,
abgehalten ward, sprach sogar über Cyrillus und Erzbischof Memnon
\'on Ephesus das Absetzungsurteil aus. Dei- schwache Kaiser wollte
beiden Seiten gerecht werden. Cyrillus und Memnon sowohl wie Ne-
storius wurden verhaftet und eingekerkert. Doch bahnte sich schon
bald, aus Anlässen, die sich zum Teil in Dunkel verlieren, ein Um-
schwung in der Stimmung des Hofes an. Der Kaiser trat auf die
Seite der Orthodoxen. Cyrillus und Memnon wurden in Freiheit gesetzt,
\estorius hingegen in ein Kloster zu Antiochien verwiesen und an
seiner Stelle ein Gesinnungsgenosse Cyrills, Maximianus. auf den Patri-
archenstuhl von Konstantinopel erhoben. Das Konzil zu Ephesus ward
aufgelöst.
Die Spaltung unter den Bischöfen indessen dauerte fort. Die An-
tiochener beharrten nicht sowohl in der Parteinahme für Nestorius
als vielmehr in dem Widerspruch gegen die Lehre Cyrills, welche,
wie sie glaubten, die zwei Naturen in Christus vermische oder doch
die eine oder die andere Natur in ihrer Vollkommenheit beeinträchtige.
Vergeblich suchten Papst und Kaiser zwischen Cyrillus und den
Antiochenern zu vermitteln '. Mehr Erfolg hatten aufklärende Briefe
Jyrills, welche den Arianismus wie den Apollinarismus verwarfen, jede
<
nach dieser Ausgabe auch bei F. Nau, Nestorius, Le livre d'Heraclide de Damas.
Paris UllO, 366—369. abgedruckt worden. Zur Erläuterung des Textes vgl. P. Batiffol.
Les presents de St. Cyrille ä la cour de Constantinople Bulletin d"ancienne littera-
:
willig aiK'ikMiiiitt'ii. daf3 «1er Logos Gottes seiner eigenen Xatur nach
keiner Veiändeilichkeit und keinem Leiden untervvoifen sei '. Dei' giöläei-e
Teil der Antiochener fand nach und nach bereit, CjM-illus die
sich
Hand dei' Versöhnung zu reichen. Johannes von Antiochien sandte den
greisen Bischof Paulus von Emesa als Fiiedensunteihändler nach Alex-
andrien und trat auch persönlich zum ersten Male seit Beginn der
Spaltung in Briefwechsel mit (Jyrillus. Das Unionssymhol. welches
Paulus überbrachte, sehr wahrscheinlich von Theodoret von Cyrus, dem
bedeutendsten Theologen der Antiochener, verfaßt, hatte einen durchaus
orthodoxen Wortlaut, bekannte einen (Jhristus. einen Herrn und
einen Sohn und stimmte dem Titel GeoiÖKoq rückhaltlos zu. f'yi'illus
zauderte nicht, dieses Symbol zu unterschreiben, verlangte aber noch
eine Erklärung, daß man Kestorius für abgesetzt erachte und seine
Lehre anathematisiere. Johannes von Antiochien ging darauf ein. und
etwa im März 433 erhielt er von r'yrülus das bei'ühmte Friedens-
schreiben, auch „ephesinisches Symbolum" genannt, welches mit den
Psalmenworten anhebt: „Die Himmel sollen sich freuen und die Erde
soll jauchzen."- War damit das Schi.sma formell gehoben, so hat ("y-
lillus doch für die gänzliche Beseitigung desselben bis zu seinem Ende
tätig bleiben müssen. Am 27. Juni 444 ist er gestorben.
Aus dem christlichen Altertum ist keine Biographie Cyrills überlietert.
Über gedruckte und ungedruckte griechische Biographien und Enkomien aus
dem Mittelalter vgl. etwa Elirhard bei Crimi. Der Papyruskodex saec. VI VII
Phillippsbibliothek in Cheltenham, Btraßburg 1915. 147. Aus neuerer Zeit
(lei-
schrift 112 (1914) 237—263. .Th. Liachtschcnko Der hl. Vyv\\\. Erzl.isclu.t .
von Alexandrien. sein Leben und sein Wirken. Kiew 1913. S". (^Russisch.»
E. Stolz. St. Cyrill von Alexandrien als Wetterpatron: Theol. Quartalschrift 9S
(1916) 187 —
198. Durch eine Namen.sverwechslung in den Wetter.seiienst'onneln.
wie es scheint, ist Cyrillus etwa seitdem 12. .bduliundcit \\ etterpatron geworden.
Siehe nameiitlicli den Brief au Bischtif Akacius von Heröa. Cyiiil.. Kp. 3.'{. Ik'I
'
Wort. Seit 429 hat er unablässig nicht bloß in Briefen und Predigten,
wie ihrer vorhin schon einige genannt wurden, sondern auch in größeren
Lehr-, Mahn- und Strafscliriften aller Art die kirchliche Lehi-e von der
Menschwerdung des Gottessohnes verfochten, und diese Schriften stellen,
sachlich betrachtet, ohne Zweifel den Höhepunkt seines literarischen
Schaffens dar. Immerhin aber bilden sie nur einen verhältnismäßig
bescheidenen Bruchteil seines (xesamtnachlasses. Cyrillus war längst
vor 429 daian gewöhnt, die Feder in der Hand zu haben. Er hatte
.schon in umfassenden Kommentaren eine Reihe von Büchern des Alten
wie des Neuen Testaments bearbeitet und in ebenso umfassenden
Werken das Trinitätsdogma beleuchtet, um dem Arianismus und Eu-
nomianismus den Todesstoß, zu geben. Nach 429 hat er noch ander-
weitige häreti.sche Lehranschauungen in eigenen Monographien bekämpft
und auch die Bücher Julians des Abtrünnigen „(jegen die Galiläer" in
fast mehr als erschöpfender Weise beantwortet. Cyrillus ist infolge-
<lessen eine der ersten Größen der altkirchlichen Literaturgeschichte.
Seine Schriften füllen in der Migneschen Sammlung noch zehn Bände
VP. Gr. 08 —
77), ab wohl nicht wenige derselben den Unbilden der Zeit
/um Opfer gefallen shid'.
Die zehn Bände bei Migne enthalten einen Abdruck der von dem
Pariser Kanonikus Johannes Aubertus besorgten Ausgabe der Werke
Cyrills (Paris 1G38), der ersten und zugleich letzten Gesamtausgabe,
welche überhaupt erschienen ist. Neue, dem Pariser Herausgeber un-
bekannt gel)liebene Schriften und Schriftenfragmente Cyrills hat nament-
lich Kardinal Mai, gest. 1854, ans Licht gezogen, und dank seinen
Mühen konnte der Abdruck bei Migne mit umfassenden Nachträgen
ausgestattet werden. Kritische Einzelausgaben exegetischer und dog-
matischer Schriften verdanken wir insbesondere dem Angiikaner Philip
Edw^ard P u s e y dem Sohne des Führers der sog. Traktarianer.
,
gest. 1880.
Die handschriftliche Überlieferung des Textes darf im allgemeinen
großes Vertrauen beanspruchen. Die überaus reichen Zitate bei grie-
chischen Kii'chenschriftstellern der nächsten Folgezeit weisen da. wo
sie genauer verglichen wurden, wie bei dem Kommentar zum Johamies-
evangelium. gegenüber den Handschriften, aus welchen der gedruckte
Text geflossen, kaum nennenswerte Abweichungen auf. Ein beträcht-
Hches Stück des Werkes „De adoratione in spiiitu" ist in einem Pa-
pyrus des (5. Jahrhunderts entdeckt worden, und dieser ehrwürdige
'
'
C. lulianum 1.2: Migiie TG. y73. -'
Ep. 81 : Migne 77. 873.
So aucli M. (Trabnianii. Die Gesch.
'
ilei- scliol. Metliode 1. Fr&UnH"e-4r-B«~J.JHJi^.
«8. Vgl. Scheeben im Kirclicnl(-xik..n 3-'. l-is7. •^\©^'^''"^'^Cv
TßRQNTlfi/;!;
( PROV. ,
32 Dif griecliisclic Literatur des fiiiiftcn .laliilimidcits.
kongregation vom 28. Juli 1882 ist Cyrillus zum „doctor ecclesiae"
erhoben worden.
Die erste und zugleich die letzte Gesamtausgabe der Werke Cyrills hat.
wie schon gesagt. Job. Aubertus geliefert. Paris 16o<S. ü Bde.. 2*^'. Über
andere Ausgaben ft-üherer Zeit, lateinische Sammelausgaben und griecbiscb-
lateinische Sonderausgaben einzelner Schriften, siebe Fabricius-Harles. Bibl. Gr.
V). —
4Ö4 457: Hotfmann. Bibbographisches Lexikon. Leipzig ISoS LS4ö. 1. —
—
484 494. Manche weitere, bei Aubertus fehlende Überbleibsel der Hinterlassen-
schaft Cyrills bat A. Mai in den Handschriften der Yatikana aufgefunden und
bei verschiedenen Gelegenheiten, hauptsächlich in seiner Nova Patrum Biblio-
theca 2 —
o. Romae 1844 —
LS45. der Öffentlichkeit übergeben. Der Abdruck
der Ausgabe des Aubertus bei Migne, PP. Gr. 68 —
77. Paris 1859. konnte in-
folgedessen um zahlreiche und zum Teil bedeutsame Zugaben bereichert werden.
Wertvolle Vorarbeiten für eine neue Gesamtausgabe hat Ph. Ed. Pusey in
folgenden Eüizelausgaben niedergelegt S. P. N. C}TiUi arcliiepisc. Alex. In
: XH
Prophetas, post Pontanum et Aubertum edidit Pusey. 2 voll.. Oxonii 1868. 8*^'.
S. P. N. CyriUi arcliiepisc. Alex. In I). loannis Evangelium. Accedunt fi-agmenta
varia necnon tractatus ad Tiberium diaconum duo. edidit post Aubertum Pusey,
o voll.. Oxonii 1S72. 8". S. P. N. CyriUi arcliiepisc. Alex. Epistolae tres oecu-
raenicae. Libri quinque contra Nestorium, XII Capitum Explanatio. XII Capitum
Defensio utraque. SchoUa de incarnatione Unigeniti. edidit post Aubertum Pusey.
Oxonii 1875, 8". S. P. N. Cn'illi arcliiepisc. Alex. De recta fide ad Impera-
torem. De incarnatione Unigeniti dialogus. De recta fide ad Principissas. De
recta fide ad Augustas. Quod unus Christus dialogus, Apologeticus ad Impera-
torem. edidit post Aubertum Pusey, Oxonii 1877. 8^*. Zusanmienfassende —
Nachweise über altlateinische und altsyriscbe Übersetzungen von Scliriften
CjTills hegen nicht vor. Diese Übersetzungen soUen in der Folge bei den ein-
zelnen Schriften namhaft gemacht werden. Die Angaben über altsyriscbe Über-
setzungen bei A. Rücker (Die Lukas-Homilien des hl. Cyrill von Alexandrien.
Breslau 1911, 11) sind gar sehr ergänzungsbedürftig. Üljer altarmenische
l'bersetzungen siehe Fr. C. Conybeare. Tlie Armenian Version of Revelation
'
Mansi 11. 261 f. 269 f.
-
Anast. Sin.. Viae dux 7; Migne, PP. Gr. 89, 113.
'
Eulog. AI. bei Phot., Bibl. cod. 230; Migne 103. 1032 1033 10ri;{.
and Cviil of Ak'xandria's Sclioliu oii tlic liicaniatioii and Epistle on Eastei".
Ijondon 1907, des englischen Textes. In Tübingen und in London liegt
K)-') ff.
beansprucht für sich allein bei Migne einen vollen Band (PP. Gr. (38).
Es ist in das Gewand eines Dialogs zwischen dem Verfasser und einem
gewissen Palladius gekleidet. Beim Lesen der Evangelien haben sich
Palladius Schwierigkeiten aufgedrängt. Das Wort des Herrn: „Ich
bin nicht gekommen, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen, sondern
sie zu erfüllen" (Mt 5, 17), stehe, glaubt er. in Widerspruch mit der
unzweideutigen Lehre des hl. Paulus, dal3 der Alte Bund aufgehoben
und ein neuei' Bund an seine Stelle gesetzt sei. Überdies erkläre ja
auch der Heri' selbst an anderer Stelle: „Im Geiste und der Wahr-
heit muß man Gott anbeten" (Jo 4, 24). und damit sei doch wohl
gesagt, daß man die gottesdienstlichen Gebräuehe des Alten Bundes
aufgeben müsse. Diesen Schwierigkeiten gegenüber unternimmt Cyi'iHus
den Nachweis, ..daß die neue Schrift mit den alten Satzungen des
allweisen Moses verwandt und verschwistert ist und mit denselben
Hand in Hand geht, und daß das Lel)en in Christus von dem A\'audel
nach dem Gesetz sich nicht wesentlich unterscheidet, wofern num nur
die den Alten gegebenen Gebote geistig zu deuten versteht (Ttpö<; Beiupiav
ttYoiTo T)]v TTvei)|aaTtKnv). Denn das Gesetz ist ein A'orbild und Schatten
und eine Foiiii der Gottesvei'ehi'ung, welche gewissermaßen n^ch in
Geburtswehen liegt und den Glanz der Wahiheit veiborgen in sich
scliliel^it" Ks soll also gezeigt werden, daß auch schon der
'.
'
De iulnr. in >|iir. |. 1 ; .Mi-iir (IS. \:'ü
S 44. ('\iillus \i)ii Alcxninliicii. .'). Kxi'.;'. Sein ittoi zum Alten 'I'cstamcnt. |-55
Palladius hat fast gar nichts anderes zu tun, als seine Zustimmung
zu Cyrills Vortrag auszudiücken oder neue Fragen aufzuwerfen. Von
irgend welchei- Streitveihandlung ist nicht die Rede. (!yrills Vortrag
aber holt weit aus. Er beginnt mit dem Sündenfall des ei'sten Menschen,
um von diesem aus die Aufgabe des späteren Menschen dahin zu be-
stimmen, daß derselbe sich aus der Knechtschaft des Teufels befreie
und zur Befolgung des Gesetzes Gottes zurückkehre (Buch 1). Die
Erreichung seines Zieles werde ihm nur durch die Gnade Jesu Christi,
nicht durch das mosaische Gesetz, ermöglicht (Buch 2 3), außerdem —
aber werde Festigkeit und Ausdauer des eigenen Willens verlangt
—
(Buch 4 5). Der Anfang und die Grundlage des Heiles sei der Glaube
an Gott und die Liebe zu Gott (Buch 6), und mit wahrer Liebe zu
Gott sei unzertrennlich verbunden die Liebe zum Xächsten (Buch 7 8). —
Jetzt erst, nachdem ei- alle diese Vorbemerkungen in behaglicher Breite
ausgesponnen, kommt Cyrillus zur Klarstellung des geistigen Sinnes
der gottesdienstlichen des Alten Testaments.
Institutionen In zwei
Büchein handelt er von dem heiligen Zelte oder der Stiftshütte, ihrer
Konstruktion und ihren Gerätschaften (Buch 9 10), in drei Büchern —
von den Priestern und Le\aten und ihren Amtsverrichtungen, ins-
besondere den Opfern (Buch 11 —
13), in drei weiteren Büchern von
den das ganze Volk verpflichtenden Reinheits- und Heiligkeitsgesetzen
(Buch 14 —
16) und schließlich in einem letzten Buch von den heiligen
Festzeiten, vor allem dem Passahfest (Buch 17)'. Allenthalben er-
öifnen sich Fernsichten in die spätere Entwicklung und Ausgestaltung
des Reiches Gottes, auf die Höhen der Zeitenfülle, auf die Gipfel des
Jenseits.
Die Al)fassung des Werkes ist sicher vor den Beginn der nesto-
rianischen Streitigkeiten im Jahre 429 und sehr wahrscheinlich ge-
raume Zeit vor diesen Wendepunkt zu setzen. Sämtlichen exegetischen
Schriften zum Alten Testament ist der Kampf mit Xestorius noch vtillig
'
Die Abteilung des Werkes in Bücher geht auf den Verfasser selbst zurück.
1 7
In dem Vorwort zu erwähnenden ,Glap]iyra" (Migne 69. 16")
der sogleich (unter b)
spricht Cyrillus von 17 Büchern. CTTxaKaibeKa ßißA.ia, und später. .Glaph. in Ex." Hb. 3
Migne 69, 537j. von dem 9. und 10. Buche, ewaroc Kai beKaxoc Xö-fo?. ^über die
\'ere]n'ung und Anbetung im (leiste und der Wahrheit". Auffallenderweise spricht
er dagegen Ep. 4.'5 Migne 77. '2'2~i) von Trepi xf]«; ev Trveuuaxi Kai äXi-iÖeia irpcaKuvri-
iTeujc ßißXia büo. Ist der Text echt, so kann hier nur von einem Bruchteil des
^\"erkes oder aber von ,.zwei Bänden"' die Rede sein, welche alle 17 Bücher ent-
lüelten. Von dem Werke Cyrills gegen Julian den Abtrünnigen wurden je fünf
üücher. XÖYoi oder xoiaoi. in ein ßißXiov zusammengefaßt: siehe Neumann. Julian!
Imperatoris librorum contra Christianos quae supersunt. Lipsiae 1880. 38 f.
3*
«
36 r>ir liriccliisclic Ijtiiiitiu des tiiiiftcn .lalirlimi(ifi-t.s.
Von einer Liizialluni(lsoliiift des Weikes ,I)e ado)-. in spir.'" auf Papyrus,
etwa aus dem (5. Jalirluindert. sind 4S Blattei- aufgefunden worden, welche den
Schluß des 7. und das ganze S. Buch enthalten. 10 Blätter jetzt zu Dublin
und HS im Louvre. Über die 10 Blätter zu iJuljlin handelte J. H. Bernard. On
some Fragments of an üncial MS. of S. Cyril of Alexandria. written on Papyrus:
The Transactions of the Royal Irish Academy 29. 18. Dublin 1892. 65o
bis 672: über alle 48 Blätter D. Serruys. Un , Codex'' sur papvrus de St. CjTÜle
d'Alexandrie: Reviie de PhUologie etc. 34 (1910) 101— 117. Die.se Blätter
zeigen nur sehr geringfügige A1)weichungen von den jüngeren Manuskripten,
auf welchen der gedruckte Text beruht, und bekräftigen somit die Güte der
Überlieferung. Serruys berechnet, daß der Band, welchem die 4S Blätter ent-
stammen, ursprünghch 128 Blätter gezählt habe, und daß das ganze Werk ,De
ador. in spir." sechs solcher Bände gefidlt haben müs.se. Er setzt aber (S. 105)
irrtümlich voraus, daß das ^Yerk aus 16 Büchern bestanden habe. Eine syrische —
Übersetzung des Werkes ,De ador. in spir." aus dem 6. Jahrhundert liegt hand-
.schriftlich vor; Vgl. R. Duval. I.a litterature syriaque. 3. ed.. Paris 1907. 36ö.
'
(ilaj.li. in K\. lil.. 1 >uli initi.. Cü. .'IS;")— 3<SS und lil». M sul> fiiio ;(;9. ."KiT .
S 44. Cyrilliis vmi Alcxandiicii. '.'>.
F^xcg. Scliriftcii zum Alten Testament. 37
man: in dem fVülieren Werke ..haben wir die Aufliellung de.s geistigen
Sinnes {Tf\q nach besten Kräften angestrebt, und was immer
Beoupiaq)
zur moralischen Au.slegung (xaT? r|6iKaT(; ucpriYncrecriv) nötig und nützlich
erschien, zusammengetragen"; ..dasjenige hingegen, womit das Gesetz,
wie zu erwarten, gleichsam in Schattenrissen nach Möglichkeit das
Geheimnis Christi vorausverkündigt, haben wir dieser späteren Schrift
vorbehalten". Mit andern Worten: dort war die erbauliche Allegorese,
liier wird die Typologie vorherrschend sein.
l
Zu Eingang dieses zweiten Teiles wird Palladius direkt angeredet
(ctYaTTnTe TTaWdbie) und dankbar der Hilfe seines Gebetes gedacht.
Eine syrische Übersetzung der „Glaphyra" von einem gewissen Moses von
Agel im (>. Jahrhundert hat sich bruchstückweise erhalten. Siehe J. Guidi in
den Atti della R. Accademia dei Lincei. Serie 4. Rendiconti. vol. 2. Roma 18S(j,
— —
o97 41(i 545 547. Vgl. Duval. La litterature s}Tiaque, 3. ed.. Paris 1907.
864 f. —
Gennadius (De vir. ill. 57) führt eine Schrift Cvrills „De s^niagogae de-
fectu" auf. und diese Schrift pflegt man zu identifizieren mit einer , Demonstratio
ex di\anis ad inclytos ])atriarchas editis olim oracuHs circa mutationem ac trans-
lationem ludaeoiaim atque ethnicorum". von welcher ein Fragment über die
Umänderung des Namens Abrahams (Gn 17. 5) überliefert ist, Migne 7(i. 1421
bis 1424: vgl. Czapla. Gennadius als Litterarhistoriker. Münster i. W. 1.S9S. 117.
Mir kommt dieses Fragment und mit ihm die ganze „Demonstratio" verdächtig
vor. Unter der Schrift „De synagogae defectu" könnten die ,Glaph}Ta" oder ein
Ausschnitt aus denselben verstanden sein. Das vierte Kapitel der .Glaphwa in
Leviticum" erbringt a>is Stellen des Alten Testaments den Beweis. da& die Syna-
goge ihres Ungehorsams wegen zu Fall gekommen ist. Ttepi Tfjq tüjv 'ioubaiujv
auvaYUJYnq, ÖTi öuveßrj Treaeiv aüiriv et direiGeia^. — Am Schlüsse der Werke
'
Ebenso zitiert C'yriUus De dogmatum solutione bei ^lercati. Varia Sacra 1,
Roma 1903. H(f : iv tuj ßißXiui tuj irepi rrjc Teveaeuuc. uud dementsprecbend sagt er
Ep. 43 ^Migiie 77. 224 : trepi xüüv eic xqv Teveaiv ßißXiov ev.
—
Cyi-ills steht bei Migne 77. 1175 — 1290 eine .C'ollectio dictoruni Veteris Testa-
menti anagogice expositoruni. bieviter et dilucide coUectorum et a divino Cyrillo
et a magno Maximo et a caeteiis interpretibus". über Stellen aus dem Pentateuch.
Josue. Konige 1 —
4. Paralii)omfMia. Esdras handelnd.
voi-, welcher wiederum fast einen ganzen Band bei Migne füllt (70,
9—1450). Die Abteilung in fünf ßißXia, über Is 1—10, 10—24. 25—42.
—
42 51, 52 66, wird durch den Text als ursprünglich bezeugt K Das
Vorwort zum ganzen Werke weist dem Interpreten der prophetischen
Bücher eine zweifache Aufgabe zu, die Erforschung des historischen
Wortsinnes und die Darlegung des geistigen Verständnisses (toüto )aev
Tfi(; i(TTopia(; tö dKpißei^, touto öe Tf\q TTveu|uaTiKfiq Qeujpiuq ri-\v ünöboow).
Nun hätten zwar schon einige [jiveq] gelehrte Männer früherer Tage
in weitläuügen Werken diese Aufgaben zu lösen sich bemüht. Docli
wolle der Verfasser auch seinerseits noch Hand anlegen, teils weil er
Freude an literarischer Arbeit habe, teils weil er auch einiges Neue
sagen zu können hoffe. Dieses Neue wird schwerlich in den Er-
örterungen des Verfassers über den Wortsinn zu suchen sein. Das
prinzipielle Zugeständnis aber, daß der Exeget in erster Linie der
iöTopia seine Aufmerksamkeit zuzuwenden habe, verdient immerhin
hervorgehoben zu werden. Übrigens hat Cyrillus auch in seinen Werken
über den Pentateuch niemals den Wortsinn geleugnet oder die Ge-
schichte verflüchtigt, wie einst Origenes, sondern als selbstverständlich
vorausgesetzt, daß der Wortsinn die Grundlage jedes höheren Sinnes
bilde.Anhaltspunkte zu einer direkten Bestimmung der Entstehungszeit
des Konnnentars sind, scheint es, im Texte nicht zu finden. Ohne
Zweifel aber gehört derselbe der Zeit vor Ausbruch der nestorianischen
Streitigkeiten im Jahre 429 an.
d) Derselben Zeit entstammt allem Anscheine nach auch ein
'
Budi 2 mikI r.iK-li :) IicIk'h ^Iciclihintciid ;iii : t'v utv töi TtTtXecfut'vuj ßißXiu)
(70, ;K)4 u. ;');')(•>
.
TOV TTfMKpt'^TtlV.
S 14. ('\rilliis von .\li'\;iii(lricii. ;J. F^xeg. Scliriftt-n zum Alt»'ii 'rfstamcnt. ;39
Eine neue Ausgabe des Kommentars zu den zwölf kleinen Propheten be-
soigte Ph. Ed. Pusey. Oxford 1S()8. in zwei Oktavbänden. Er hat den Wort-
laut der tVidieren f](litionen vielfach berichtigen und auch einige kleinere Lücken
ausfüllen kiuinen. Eine Übersetzung hat er dem griechischen Texte nicht zur
Seite gestellt. Über Cvrills Auslegung des Büchleins Joel siehe Ad. Merx. Die
PiNiphetie des .Tool und ilire Ausleger. Halle a. 8. 1S79. l'vl — !.")().
'
Ephr. Ant., bei Phot.. Bibl. cod. 229; Migne. PP. Gr. 103. 989: ^k xfi? ^punveiac
ToO ri' \|)a\fJOÜ. Doctr. Patrum de incarnat. Verbi. ed. Fr. Diekamp Münster i. AV. 1907
186: ^K ToO ÜTTO^vriiLiaToc xoü 6i<; töv e' v|Ja\,uöv. Nach andern alten Zeugnissen für
einen Psalmenkoninientar Cvrills habe ich übrigens vergeblich gesucht.
40 Die griecliisclic liitiratur des niiil'tcn .liiliiliuiulfit.s.
'
Leont. Byz.. Contra Nestor, et Eutych. üb. 2: Migne. PP. (ir. SO. 1. 1350: ^k
ToO (x' TÖ|aou ToO eic töv Maxfiaiov vgl. Leont. B^z.. Contra Monophys.; Migne 8G.-
2. 18G11 Ephr. Ant. bei Pliot.. Bibi. cod. •l'l'd: Migne 103. 1007: ^v tlü kotü Mareaiov
ÜTTouvrifiaTi, ßißXiuj a'vgl. ebd.: Migne 1012 u. 1013;. Fac. Herrn.. Pro defens. trium
capit. 11, 7; Migne. PP. Lat. B7. 819: .in commento evangeHi secundum Matthaeum.
libro secimdo''.
42 I^i'' ,urii'<'lii-'<lii' Litriatiir iIcs riinlteii .liilirliiiiidcits.
'
Näliert's hei h'iicktr. Die I,iik;isliiimilicii des lil, Cvrül Vdn .Mcxaiuhieii. Hros-
bui lüll. .')7tt'.
S 14. Cyiilliis vdii Alcxiiiidrii'H. 4. Kxcg. Scliriftcn zum Xciicn Testament. 4;-}
evaiigelium quae supersunt syriace, Oxonii 1858, 4". Es folgte alsbald eine
englische Übersetzung des s>Tischen Textes von demselben u. d. T. ,A Coni-
mentarv lipon the Gospel according to 8. Luke by 8. Cyril. Patriarch of Alexan-
dria'", Oxford 1859, 2 Bde.. 8". Aus neu aufgefiiiidenen Blättern einer Haupt-
liaiidschrift der syrischen Version hat \X Wright (P'ragnients of the Homilies
.
of Cyril of Alexandria on the Gospel of 8. Luke, London LS74. 4"j den Text der
Honiilien 112 — 11(5 ergänzt, und Ad. Hücker (Die Lukashomilien des hl. Cyrill
von Alexandrien, zur Geschichte der Exegese. Breslau 1911. ST
ein Beitrag
bis 101) hat aus einem syrischen Homiliar noch unbekannte Stücke einiger
Honiilien syrisch und deutsch mitgeteilt. Von einer neuen Gesamtausgabe der
syrischen Version durch J. B. Chabot ist bisher die ,pars prior'', die Honiilien
1— SO umfassend, erschienen: Corpus scriptorum christianorum orientalium.
8criptores 8yri, 8er. 4, t. 1. Paris. 1912. Die lateinische Übersetzung steht noch
aus. — Rücker (a. a. 0.) hat die Lukashomilien nach allen 8eiten hin besprochen.
Er hat auch die griechischen Katenenft-agmente bei Migne 72. 475 950 auf —
Grund der syrischen Version einer 8ichtung und Säuberung unterzogen (33 ff. V
Das Fragment zu Lk 2. 52. Migne 72. 508, gehört vielmehi- Theodoret von
Cyrus an (Haeret. fab. comp. 5, 13 Migne 83. 497). :
Bei Leontius von Byzanz. der Cyrills Erklärung des Hebräerbriefes liesonders
-
häufig angezogen hat. lauten die Lemmata Contra Nestor, et Eutych. lib. 2: Migne.
PP. Gr. 86. 1, 135(i: ^k toO TÖiaou Tf|C Ttpö? 'Eßpaicu? dmaToXfic; 'zwischen toO und
TÖuou muß urspi-ünglich ein Zahlwort oder Zahlzeichen gestanden haben. Contra
Monophys.. bei Migne 86, 2. 1824: ^k thi; 4piariveia<; rfi? irpöe; 'Eßpaiouc; beuxepou tö,uou.
imd wiederum: ^k rfic aÜTfi^, xöuou 6ktou. ebd. col. 1829: ^k xfn; ^puriveiai; xric TTpö<;
'Eßpaiouq ^TTiaToXfic. ebd. col. 1853: ^k töjv eic; -npöq 'Eßpaioue;, beurepou töuou.
44 rJic iAriccIiisclic Literatur <lcs fünften .laliiliunderts.
1,74. —
707 774). aus der von J. A. Cramer (Oxford 1888) herausgegebenen Ka-
tene zur Apostelgeschichte, sowie zu den Briefen Jak. 1 und 2 Petr.
1 Jo und .lud (74. 1(K)7 -1024), aus der gleichfalls von Cramer (Oxford
1840) herausgegebenen Katene zu den katholischen Briefen. Diese Fragmente
kcjnnen nicht als Überbleilisel von Kommentaren gelten: sie sind entweder ander-
weitigen Schriften ("yrills entnommen oder aber fälschlicii Cyrillus zugeeignet
woi'den. Siehe Piiscy a. a. ). 441 451. < —
Dogniatisch-polcmi.sche Schriften gegen den Aiianis-
5.
afiaq Kai ö|uoou(Tiou Migne 75, 9 656) ist laut der Vorrede
rpiotöoc^, —
auf Bitten eines -Binders" Xemesinus verfaßt worden zu dem Zwecke,
die Einwürfe der Arianer und Eunomianer gegen die Homousie des
Sohnes und des Heiligen Geistes mit dem Vater durch Schrift- und
Vernunftbeweise "zu widerlegen. ,.Das Buch führt den Namen Q^aavQÖq,
weil es einen reichen Schatz theologischer Wissenschaft in .sich birgt."
Ein genaues Inhaltsverzeichnis oder eine Aufzählung der einzelnen
KecpdXaia, im ganzen 35, hat der Verfasser der Vorrede beigegeben.
Abweichend von der Ausdrucksweise des Verfassers werden diese Ka-
pitel in den Druckausgaben Xöyoi, ..assertiones" oder -The-sen" ge-
heißen, während das Ganze n ßißXo^ xdiv Gncraupüüv überschrieben wird.
Cyrillus selbst hat, wie in der Vorrede des Werkes, so auch anderswo
den Singular GricTaupöq gebraucht \ und die nächste Folgezeit hat an
diesem Titel festgehalten. Später erst hat sich der Plural encraupoi
eingedrängt. Vorher schon war das Werk in zwei Bücher abgeteilt,
und zwar war der Einschnitt zwischen Kapitel 20 und 21 gemacht
worden. Zu Beginn des 6. Jahrhunderts hat Johannes von Cäsarea
in seiner Apologie des Chalcedonense, in welcher nicht weniger als 230
(
'yiillus-Texte zum Beweise für die Lehre von zwei Naturen in Chri.stus
zusammengestellt sind, den Gridaupöq, wie er sagt, nacli Buch und
Kapitel zitiert-. Diese Buchabteilung, den Druckausgaben fiemd, geht
nicht auf den Verfa.sser zurück.
Im Voideigiund der Eröiterung steht natürlich die Homousie des
SoliiH's. Nur zwei dfi- 85 Kapitel oder .assertiones", 33 34. befassen —
'
(Oinm. in loaii. Uli. 1 Migne 78. W'.i: ed. Pusej-. Oxonii IST-J. 1. sl ; rii»
1(S8S. pars 1. oS —
46) Exzerpte aas dem . Tliesaurus nach einem codex lanuensi.s ''
saec. XI(?). —
Thomas von Aquin verwertet in seinem „Opusculum contra errores
Oraecormii ad Urbanum IV " zur Erhärtung der Lehre vom päpstlichen Primat
aul.?er andern Zeugnissen der griechischen Kirche namentlich auch mehrere
Stellen des hl. Cvrillus von Alexandrien ,in libro thesaurorum". Er entnahm
diese Zitate, wie er selbst sagt, dem von unbekannter Hand verfaßten .Libellus
de processione Spiritus 8. etc." (in welchem es ,in secundo". nach anderer
Lesart .,in tertio libro thesaurorum" heißt): aus seinem .Opusculum" sind die-
selben in viele andere theologische Schriften des Abendlandes übergegangen.
In den Schriften CNtüIs lassen sich die fraglichen Stellen nicht nachweisen, und
aus innern Gründen müssen dieselben entschieden als unecht bezeichnet werden:
wahrscheinlich sind .sie von dem Verfasser jenes .Libellus'* gefälscht worden.
Vgl. F. H. Reusch. Die Fälschungen in dem Traktat des Thomas von Aquin gegen
die Griechen (aus den Abhandlungen der kgl. baver. Akad. der Wissensch.).
München 1SS9. 4».
'
Scheebeii. im Kh'chenlexikon o '
18S4 1288.
-
Phot.. Bibl. cod. 18(5.
•^
Der Verweis des .Johanneskommentars auf den Thesaurus ist soelieu sclmi
angeführt worden.
4() l'if iii ii'fliisclic Litnatiii- des ninltcii .lalii liiiiKlcits.
setzung ist die Natur des höchsten Wesens, weil sie zwar in die Be-
sonderheiten der Hypostasen, in unterschiedene Personen und Namen
auseinandergeht und zur heiligen Dreiheit sich entfaltet, gleichwohl
aber vermöge dei' ])liysischen Einheit und der allseitigen schlecht-
hinigen Identität in ein Wesen, in Gott, dem Namen und der Sache
nach zusannnenläuft, so daß in jeder Person die ganze Natur zu denken
ist und überdies noch ihre besondere Eigentümlichkeit, nämlich ihr
hypostatisches Sein. Jede Person nämlich bleibt, was sie ist, aber
vermöge der physischen Einheit mit den beiden andern Personen hat
sie auch diese in ihrer eigenen Natur. Denn der Vater ist im Sohne
und im Heiligen Geiste und ebenso der Sohn und der Geist im Vater
und ineinander. " •'
Auf den Dialog 7 tnlgt bei Migne 7ö. 1123 114() noch ein spätes Ex- —
zerpt mit der Aufschrift -Capita argumentorum quae continentur in dialogo de
:
sancto Spiritu cum additione aliorum." In des Auliertus Ausgalje reiht .sich —
an die sieben Dialoge .De trinitate" Dialog noch ein .Dialogus de in- als achter
carnatione Unigeniti" an. bei Migne ~r>. 1189 1254. Dieser Dialog ist eine —
rmarl)eitung der Schrift l'yrills ,De rccta fide ad Impei-atorern" siehe Abs. 6. b. :
Diese Schrift steht in den Ausgaben der Werke Cvrills unter den Briefen.
Sic findet sich auch bei Mansi. SS. Conc. Coli. 5. 40S. 388—
'
Kp. •-': .Mi.-iir 77. 11.
-'
Coiniii. in lüunn. lili. 1 Migne 7;». 14S n. l,")?: od. f'iisey. Oxonii 1S7-J. 1. l'JS
II. i;{7 f. : ^v TLü irepi xfic «yiuc rpidboc Xo-fiu, ^v tCu irtpi rfic uTiac rpidboc ßiß\iui.
' "
•'
Migne 77), 10!».;. '
•
Cyriliiis gedenkt .leiscll.en Ep. Clt 70 71 : Migne 77. ."UO .{41 ."U-l.
S 14. Cviilliis \nii Ali'xaniliicn. ">. Doijiii.-piilcni. .Sfliriftcii l^cucii (Ich Aiiaiiisniiis. 47
(1) Einr dritte, im rnteischied von den zwei eisten (a, b) auf
weitere Ki'eise berechnete Darlegung der Trinitätslehre. „De sancta
et vivifica trinitate" (irepi Tf]q u'fiaq km ZIluottoioö xpidboq, 75,
1147 —
1190). welche erst von Kaidinal Mai herausgegeben ward,
iMul.5 als unecht zurückgewiesen weiden. Sie stellt den ersten Teil
eines größeren Ganzen dar. dessen zweiten Teil die gleichfalls von
Mai ans Licht gezogene Schrift -De incarnatione Domini" (Trepi Tf\q
Toö Kupiou evavOpuuTniaeujq, 75, 1419 1478) bildet. —
In dem einzigen
bisher bekannt gewordenen Manuskript schließen sich diese beiden
Schriften unmittelbar aneinander an, und die zweite Schrift wird mit
der Erklärung eingeleitet: nachdem der Verfasser zur Genüge über die
]ieilige Dreifaltigkeit (Ttepi Tf\q äjiuq T{n6.bo<;) gehandelt, wolle er nun-
mehr der Lehre von Gott die Lehie von der Menschwerdung folgen
lassen (rrj öeoXoYia Tr]v 0iK0V0|iiiav auvc/TTTuuv, c. 1). Im Vertrauen auf
das Manuskript, welches jedoch erst dem 14. oder 15. Jahrhundert
• ntstammt. hielt Mai ("yrillus für den Verfasser der beiden Schriften.
Auch der Kompilator Euthymius Zigabenus im 12. Jahrhundert hat
wenigstens die zweite Schrift Cyrillus beigelegt'. Ein älteres Zeugnis
für Cyrillus ist aber nicht beizubringen, und aus innern Gründen er-
gibt sich sofort, daß die zweite Schrift Cyrillus nicht angehören kann.
x'ielmehr einem dogmatischen Gegner Cyrills angehören muß. Die ganze
< von dem Bestreben beherrscht, die Gott-
'hristologie dieser Schrift ist
heit und die Menschheit des Erlösers scharf auseinanderzuhalten. Es
wird auch eine allmähliche sittliche Vervollkommnung des Menschen
Jesus unter dem erzieherischen Einfluß des göttlichen Logos gelehrt
(c. 11), und gegen Ende wird ge.sagt: ..Deshalb wird die heilige Jung-
I frau von den Lehrern der Frömmigkeit sowohl öeoxÖKoq wie auch
ävBpuuTTOTOKoq geheißen, letzteres, weil sie in Wirklichkeit den ihr
<il eichgearteten geboren hat (ujq cpucrei töv eoiKÖxa Tevvricraaa). ersteres,
Die Schriften ,De sancta et vivifica trinitate" und .De incarnatione Domini"
zuerst bei A. Mai. Scriptorum veterum nova Collectio S. Romae l<S3o. pars 2.
27 — 103
(nur griechisch), und dann noch ehnnal bei Mai. Nova Patrum Bibl. 2.
Komae 1844. 1 —
74 (griechisch und lateinische A. Eluhard. Die Cvrill von
Alexandrien zugeschriebene Sclrrift TTep\ tv\<; toO Kupiov) evavGpujKncreujg ein
Werk Theodorets von Cvrus. eine Inauguraldissertation. Tübingen ISSS. 8^.
e) Eine vierte Schrift über die Trinität oder genauer über die Lehre von
<4ott und die Lehre von Christus. ,l)e sacrosancta trinitate" (77. Uli)
'
Euthym. Zig.. Panoplia dogmatica. tit. 14: Migne. PP. Gr. 180. yi^.") ff.
4S IJ'L' yricchi-sclu- Literatur ck-s riiiif'tfii Jaliilumdcrts.
bis 1174). schon lü04 von J. Wegeliniis herausgegeben, ist sofort als un-
echt erkannt und wie bei ^ligne. so auch bereits in der Ausgal)e des Aubertus
vom Jahre Kio-S unter die .Dubia et ahena'" gestellt worden. Man gewöhnte
.sich an die Annahme, diese Schrift sei wenigstens zum gröfjteii Teile ein Aus-
zug oder eine Zusamnicnstellung von Exzerpten aus dem ersten, über die Gott-
heit (Trinität) handelnden Buche des Werkes des hl. Johannes von Damaskus
.De fide orthodoxa". Ks verhalt sich indessen, wie de (iuibert überzeugend
nachwies, umgekehrt. Der l'vrillus unterschobenen Schi'ift gebührt der Vor-
tritt. Sie ist, wie so manche andere Schrift, von dem Damaszener au.sgiebig
verwertet, ja geradezu exzerpiert worden. Ilir Ursprung bedarf noch der näheren
Aufliellung. Da sie den Monotheletismus bekämpft (c. ISIf.) und wohl auch
zum Zwecke der Bekämpfung des Monotheletismus verfallt ist, so kann sie nicht
tiiUier angesetzt werden als um die Mitte des 7. Jahrhunderts. Sie scheint aber
auch schon von der aus dem Ende des 7. Jahrhunderts stammenden „Doctrina
Patrum de incarnatione Verbi'' Gebrauch zu machen (c. 10). Siehe J. de Guibert.
Une source de St. Jean Damascene .De fi<le orthodoxa": Recherclies de Science
religieuse 3 (1912) 356— 3CiS.
f) Irrtümlich pflegt man anzunehmen, eine Schrift Cvrills ^Contra Arium"
g) Ebenso irrtümlich wird bei Migne 7(). 1451 — 1454 CyriUus ein Werk
, Ad versus pneumato machos'' zugeschrieben, unter Berufung auf ein
Zitat mit dem Lemma KupiWou €k tujv Kaict 7TV€U|aaT0)adxiuv dvTip-
TovO dyiou
priTiKUJV Xöjvjv weiteres Zitat mit dem Lemma KupiXXoq ev Talg
und ein
dvTi(3pn(J6cn. Das erste Zitat, enthalten in den Akten einer konstantinopolita-
nischen Synode des Jahres 1156 bei Mai. Spicilegium Romanum 10, Romae
1844. 40 f.. ein Zeugnis für die Konsubstantiahtät des Heiligen Gei.stes mit dem
\'ater und dem Sohne, ist abgekürzte Wiedergabe einer Stelle des Thesaurus
Cvrills. assertio 34, Migne 75. 576 f.: ein sehr ähnhch lautendes Fragment steht
unter den Katenenscholien der Lukashomihen Cyrills zu Lk 11. 20. Migne
72. 704. Das zweite Zitat, von Ephräm von Antiochien bei Photius. Bibl. cod.
229. Migne 1()3, 980. angezogen, ein Zeugnis füi- die Einheit der Person in
Christus, findet sich, wörthch übereinstimmend, in Cyrills Apologeticus c. Theo-
doi-etuni. aiiatheiii. 2. ^ligne 7(). 40( I
f.
rianismus. —
Seit Anfang 429 hat Cyiillus in ununterbrochenem
Kampfe mit dem Xe.stonani.snui.s gestanden. Abgesehen von Briefen
und Predigten, die später noch Erwähnung finden sollen, widmete er
der Veiteidigimg der Lelire von dem ..Einen ("liristus" eine lange Reihe
v(iH Streitscliriften.
Die Schrift steht auch in den Akten des Ephesinums bei Mansi, SS. Conc.
Coli. 4. 617 —
680. Eine neue Ausgabe bei Pusey, S. CyrilU Alex. De recta fido
ad Imperatorem etc., Oxonii 1877. 1 —
153. Dem griechischen Texte hat Pusey
eine von Bischof Rabbula von Edessa gefertigte .syrische Übersetzung beigegeben.
Diese syrische Übersetzung steht auch bei P. Bedjan. Acta Martyrum et Sanc-
torum 5. Paris. 1895. 628 69(i. — —
Der Schrift an den Kaiser stellt Pusey a. a. 0.
11—153 jenen „Dialogus de incarnatione Unigeniti'' (bei Migne 75. 1189
adversus orientales episcopos" c. 11 Migne 7H. 378; femer Ep. 43 44 45; Migne 77.
:
224 228 237, sowie auch Ep. 74, ad Rabhulam episcopum Edessae, einem Briete,
welcher bei Migne 77. 347 f. nur bruchstückweise lateinisch mitgeteilt wird, voll-
ständig aber syrisch erhalten ist; vgl. unten Abs. 11, b.
- Cyriil.. Ep. 5; Migne 77, 57: auch bei Loofs. Nestoriana 180.
'
Cyrillus erwähnt diese Schrift an den Kaiser in dem Apologeticus ad Im-
peratorem Migne 7G. 45tj tt". sowie in der vorhin zitierten Ep. 74, ad Rabl)ulam epi-
scopum Edessae.
BiUiU-lilu-wer. Gesch. der aUkirclil. Liteiiitiir. IV. 4
Die iMicchisclic Mtcijiliii lies fünrtcii .laliiliuiiderts.
50
Iiis 1204) zur Seite, welcher (Abs. 5, h) als eine Umarbeitung der
tViilusr stlioii
Schrift an den Kaisei- bezoiclinet wurde.IVsey (Fraef. vin f.) glaubt. Cyrillus
selbst habe die Schrift an den Kaiser später zu dem Dialeg umgestaltet und
den Dialog den sieben Dialogen J)e trinitate" angeschlossen.
'
Es hcil.it i)c rccta iitlc ad icgiuas 2, 4 Migiic Tu. l.'Ul : ev ,u6v puv tlu Xöyiu
TLÜ TTpö<; niaiüv YeYovÖTi irpöc räc äfxac, irapGevouc . . . ebei fdp, Ibei tö B6oq)iXtc
üIlIÜjv KpdToi; Kai raura eib^vai. Aludiclier Wendungen bedient sich C yiilhis in
Nach I.iiol's Reah'iizyUI. I'. jnntcst. Thctil. u. Kirche LT'. Leipzii; lHO.'i. 74."! würde
sich (he erste Schrill .an dts Kaisers Sdiwcstcr. die Augusta Pulcheria, und iluc
Seil Western", die zwcitr .an die Kaisei'iu Kud(d<ia" wcnih'ii. was scluin (h-shall» aus-
iieschldsscn ist. weil ancli die /weite Scliiii't sirli an eine .Mehrzald von I'ersoiu'ii
riclitet.
o
hätte gesät werden sollen '. Aber diese Darstellung legt offenbar selbst
keinen Wert auf Genauigkeit. Aus dem Unwillen des Kaisers jedoch
wird gefolgei't werden düifen. dafä wirklich eine gewisse Zwietracht
voihanden wai". insotein Fulclieria und Eudokia oder wenigstens Pul-
cheria im Gegensatz zum Kaiser j<4zt schon füi' Cyrillus Partei er-
griffen hatte.
H hie beiden Schriften ad legiiias auch in den .\kteii des Ephesinums hei
K Man.si4, ()79- -S02 S08 -S84. Eine neue Ausgabe bei Pusey. S. Cvrilli Alex..
^L De recta fide ad Iniperatorem etc.. Oxonii ISTT. Iö4 ^JoH. —
^P e) Unmittelbar nach dem Konzil zu Kphesus. sobald er wieder
Dieser „Apologeticus" auch bei Mansi ö. 22') — 2ö(). Neu rezensiert bei
I'usey a. a. O. 420-45(1.
Die „Explicatio'" auch bei Mansi ö. 1 20. — Hine neue Ausgabe bei Pusey.
b. CyrilH Alex. Epistolae tres oecumenicae etc.. < >xonii 1S7-"). —
240 2öS. Pusey
vergHch auch eine altsyiische Übersetzung.
a d V e s u s im p u g n a t o n e m d u o d e c m c p t um a T h e o d o r e t
I' i i
a i
editam" (emcrToXi] Trpöq Euötttiov npöq if-jv Tiapd GeoöujpiTou kütc'. tujv
bubbeKa KtcpaXaiujv dvTippiiö'iv, 7(5, 3S5 452). Sie dienen der Abwehr—
zweier Angriffsschi-iften. welche, beide von dem Patriarchen Johannes Von
Antiochien angeregt, den Standpunkt der Antiochener vertiaten und
'
Bei Mansi 4. 1109.
4*
;y> Dir ;;iii'clii.s(li(' !,itci;itiii- ilo riiiil'tni .hiluiiimilri ts.
lieferten Titel nu'ichte man dahin deuten, daß Cyrillus diese Schrift
von auswärts, etwa aus Ephesus, seinen Alexandi'inern zugesandt hat.
•Jedenfalls darf sie nicht, wie es bei Aubertus und Migne gescliieht.
unter die „Homiliae diversae" gestellt werden, weil sie keine Predigt,
sondern eine Abhandlung wai'. Dagegen dürfte ein Fragment mit dei'
Aufschrift ,.Ex homilia ad Alexandrinos" (ck tii^ fTpöq 'A\e£av5peT(;
6|Lii\i(t(;) unsrem ..Sermo prosphoneticus" zuzuweisen sein.
Tv\(; evav8()ujTTi'i(Jeuj(; toö iLiovoTevoriq. 75. 13(59 — 1412) werden erst nach
43r v(ufal.{t worden sein. Sic iirbiii au mit 1-^rklärungen der Namen
('hristus. Miimiaiuicl uiul .Icsus. um sodauii writfi»' christologische Bc-
'
('yrilius -cclrnkt dii-scr Sclnirtcn Kp. 4;) tl I.".: Mii;iic 77. i'iM --'-JS SM.
J? 44. ('s rillns \ IUI Alcxaiifli icn. U. I)<)gni.-|M>lcm. ScliTÜtcii ^c^imi d. Xestoriaiiisimis. ;)}]
betont, die weder als eine rein äußerliche Zusammenfügung noch als
1
Die lateinische Übersetzung der Scholia in Marii Mercatoris opp.. ed. St. Ba-
[luzius. Paris. 1BS4. 870—429; Migne. PP. Lat. 4S. 1005—1040. Die Heraus-
geber der Scholia pflegen dieser lateinischen Übersetzung betreffenden Orts die
—
i
öevog Kai ov xpicttotöko^, 70. 249 — 250) und einen beträchtlich längeren
Traktat «Adversus nolentes confiteri sanctam Virgineni
esse Deiparam" (Katd tüüv ßouXojatvujv 6hoXoy6iv Ocotökov xriv dYiöv
pi'i
napOevov, 76, 255 — 292). Der Dialogus hhiterläßt den Eindruck eines
Machwerks späterer Zeit. Der längere Traktat jedoch wird, wie der
'
Unter dem -rrepi xfiq aapKuuaeuuc ßißXiov ev. von weldiem Cyrillus Ep. 4H :
'
In SL'iuem sog. .Tractatus contra Monophvsitas" iMignc. PP. (!r. 86, 1. 1132
zitiert .lustinian zwei Stellen uiisres Traktates, c. 13 14 (Migne .7G, 2G9 -27'2\ als
.Änijerungen Cyrills ^v tuj Xo-fu) xiL öti xP'I ÖeorÖKOv oaoXoYeiv ti'^v irupö^vov.
- Pei dem svriscbeii Dichter
Narscs. welcher sich zum Nestorianisnius bekannte,
wird uns eine Homilie .üIki- die Väter und Lehrer Diodor. Theodor und Nestorius"
begegnen (S 70. 4 .
"''
Cyrill.. ]][>. iW: Mi.üne 77. .'U(>'
*
einem .syrischen Fiaumcnt des ersten Buches wird auf die .C'apituloruni
In
omnium apologiu", d. i. jedenfalls den ,Apologeticus pro duodecim capitibns adversus
(irientalcs opiscopos" vorhin unter g) verwiesen: s. Migne 76. 1450; Pusey, S. Cy-
rilli ;\lc.\. In I). loamds cvaniiolium 3. öOD. Anderseits ist in Cyrills Ep. 69 (Migne
77. 340 viin den lÜ'uhirM iietrcn Theodor und Diodur ilie Hede.
^44. Cviillus von Alcxandricii. 7. D(i<i;iii.-p()lcni. Scliriftcn gegen vcrscIi. Häresien. 55
Eine neue Ausgabe des Dialoges Ijei Pusey. 8. Cyrilli Alex. De recta fide
ad Iniperatorem ete.. )x()nii 1S77. o84 -424. Pusey hat auch eine altsyrische
(
Übersetzung vergliclien.
p) Photius (Bibl. cod. 221): Migne K»:'). HS«)) berichtet. Ephräm vonAntiochieii
hal)e Zeugnisse Cyrills zitiei-t eK toO Trepi duaddaq \6you kui 6k toO irepi TrdOouq
XÖYOU, unterläßt es aber, den Wortlaut der Zeugnisse mitzuteilen. Unter Hin-
weis auf seine Notiz pflegt man von verloren gegangenen Schriften Cyrilli
„De impassibilitate" und ,De passione*" zu sprechen (vgl. Fessler-.Jungniann.
Institutiones Patrologiae 2. 2, 76; Kopalhk. Cmllus von Alexandrien. Mainz
1<S<S1. o()4). Doch kann Ephräm auch aus einer oder zwei der vorhin ge-
nannten antinestorianischen Schriften Cyrills geschöpft haben, weil mehrere
derselben von der Leidensunfähigkeit und der Leiden.sfähigkeit Christi handeln,
wie die beiden Verteidigungen der Anathematismen (oben g hj. gelegentlich —
des zwölften Anatheniatismus. die Schrift ,De incamatione Unigeniti" (oben P.
der Dialog .Quod unus sit ("lu-istus" (oben o).
q) Über die unechte und wahrscheinlich Theodoret von Cyrus zuzuweisende
Schrift „De incarnatione Doniini" (Migne 7o. 1419—1478) vgl. oben Abs. '^, d.
iHäresien. —
Gelegentlicli liat Cyrillus auch zur Bekämpfung ander-
weitiger häretischen Lehranschauungen zui- Feder gegriffen. Doch sind
die mei.sten dieser Schriften dem Untergang anheimgefallen.
a) Eine Schrift „Contra Synusiastas" (Kaxd cruvouaiacTTuüv),
der Gottheit zu einer Wesenheit vereinigt sein Heßen, ist nur noch
aus Zitaten bei späteren Autoren, in erster Linie bei Johannes von
Cäsarea, bekannt.
Syrische Zitate in lateinische)- Übersetzung bei Migne 7(>. 1427 ^1488. —
Griechische und syrische Zitate bei Pusey. 8. C'yrilli Alex. In D. loannis evar-
gelium. Oxonii 1872. o. 47(i 491. —
b) Die Schrift -Ad versus anthropomorphitas" (Kaiä dvÖpoiTTO-
jiop(piTujv, Migne 76, 1065 — 1132) stammt in der vorliegenden Form
nicht aus der Feder Cyrills. Schlechthin unecht sind indessen nur die
Schlußkapitel 24— 28 (76. 1121—1132), ein Ausschnitt aus der Weih-
nachtspredigt Gregors von Nyssa -In diem natalem Christi" (46. 1129
bis 1138), während die voraufgehenden Kapitel 1 — 23 sich als eine
ungeschickte Zusammenfassung zweier kleineren von Cyrillus verfaßten
Schriften erweisen, .,Responsiones ad Tiberium" und ..De dogmatum solu-
tione". Pusey
hat den Sachverhalt zuerst durch.schaut. als er eine
neue Ausgabe dieser beiden Schriften veranstaltete.
-R e s p n s o n e s a d T i b e r i u m d i a c n u m s c i s q u e s u o s"
i
(bei den Griechen meist ixpbc, Tißfcpiov) heißt die Antwort auf verschiedene
'
Va;!. Ehrhard boi Crum, der Papyiuskodex sacc. VI— Vll der Pliillipiisluldiotlifk
in Clicltoiiliam, Straühurg Unü, 148.
^ Sielie Mfirati. Varia Sacra 1, Roma 1{»03. ,SG.
" Verglciclioiide liilialtstabidleii hei Puscy. S. Cyrilli .Mcx. In 1). loannis t-van-
geliiiin ?. r)4r).
S 44. Cyiillii.s vuii Alfxaiidricii. 7. Dugm.-polem. .Scliiit'k'ii j^ogeii vt-ivscli. Härt-öien. 57
zum größten Teile in die Dogmatik einschlagende Schrift, welche erst jüngst ans
Licht getreten ist. Ein um 600 geschriel>ener Papyrus der Philhppsbibliothek.
enthält in koptischer (sahidischer") Sprache ein Gespräch zwischen dem Patriaichen
'
Vgl. Bd. 3 dieses Werkes. Freiburs i. Br. 1912, S. 116.
;")J>;
Die miccliisclif hitciiitiir des riinrti-n .IjihiliiiiKlcrts.
Cyiilliis von Alexaiuliicii und »li'ii Diakonen Antliiinuis und otcphanu.s. Ciuni
hat «Icn koj)tisch('n Text nebst deutscher l'bersetzuny herausgegeben. Ehrhard
hat eine liteiaihistoiiselie Würdigung beigesteuert: Der Papyruskodex saec. VI
ad VlI dei' i'hiUippsltibhotliek in Cheltenham. koptische theoh)gische Schriften,
liei-ausgegeben und übersetzt von \\
E. C'runi. mit einem Beitrag von A. Ehr-
.
wortet. Dei- etwas buntfarbige Stoff mag mit Ehrhard (a. a. 0. 14ö f.) in eine
cschatologische und eine kirchenrechtliche Gruppe gegliedert werden. Doch
überwiegen die eschatologischen Fragen das jenseitige Los des Verräters Judas,
:
die Absichten*(iottes bei Festsetzung des Alters der Men.schen. die Himmel-
fahrt des Elias, die Auferstehung des Moses, der Aufenthaltsort des Henoch usw.
Ehrhard cä. a. O. 154^ gelangt zu dem Schlüsse, daß es sich um ein tatsächlich
geftihrtes Gespräch handle, welches nachträglich, in der zweiten Hälfte des
ö. Jahrhunderts, von einem der Interlokutoren Cvrills aufgezeichnet worden
sei. Da indessen nicht bloß die kirchenrechtlichen. sondern auch die eschato-
logischen Erklärungen und Entscheidungen CVrills zugestandenermaßen jedweder
Parallelen in den echten Schriften des Patiiarchen entbehien. da im Gegenteil
nicht wenige derselben des starken apokryph-biblischen Einschlags wegen, im
Munde Cvrills sehi- seltsam berühren und ^lil.Ui"auen wecken, so dürfte es ent-
schieden richtiger sein, auf ein Pseudepigra])h des G. Jahrhunderts zu erkennen.
Ob der koptische Text das Original oder eine Übersetzung aus dem Griechischen
sei. hat Grum dahingestellt sein lassen.
'
\a\. \u\. ;i (li,.s,.s WCikcs s. i.'jr.
>; 44. Cviilliis von Alc.\:iii<lii<'ii. N. Das Werk ,^ci;»'ii Kaix r .Iiiliaii. f)»)
ist auch Cyiills Weik nur zum Teil und. wie es scheint, nui- zum
kleineren Teil erhalten Die Ausgaben bieten zehn Büchei
,uel)liel)en.
(76. 509 — 1058),und diese Bücher befassen sich, wie sie selbst be-
zeugen, nur mit dem ersten der drei Bücher Julians'. Später sind
zerstreute Trünuner der Bücher und syrischer11-20 in griechischer
Sprache bekannt geworden (vgl. schon 76, 1057 1064), und diese —
zweite Dekade scheint ausschließlich der Kritik des zweiten Buches
Julians gegolten zu haben. Die Veimutung Neumanns, Cyrillus sei
in einer dritten Dekade dem
Buche Julians entgegengetreten,
dritten
so daß sein Werk urspiüngiich 30 Bücher gezählt habe-, hat unter
solchen Umständen immerhin etwas Bestechendes, wenngleich sie vor-
läufig eine bloße Vermutung bleibt.
Das erste Buch Cyrills enthält allgemeinere \'orbemerkungen.
dazu bestimmt, die Lorbeeren zu zerpflücken, welche Julian den grie-
chischen l'hilosophen einem Anaximander und Empedokles, einem
.
'
Weshalb aiuli iiutli Fci.ilei-Juiigmann Iiiötitutioiie.s l'atrologiae 2, 2, 43 und
Kopallik (.Cyrillus von Alexandrien. Mainz 1881. 313) der Meinung sind, Cyrillus habe-
sich darauf beschränkt, das erste Buch Julians zu bekämpfen.
* Neumann, luliani Imperatoris libroruni contra Christianos quai- supeisunt.
I.ipsiae 1880. 3R f.
Dil' ürifc-hisclic Literatui- des rüiirtcii .laliiluinderts.
ßQ
weiteres sei als ein trauriges Konglomerat aus den schlechtesten Ele-
menten des Judaismus und des Ethnizismus. Cyrillus beleuchtet ein-
läßlich die Beziehungen zwischen Christentum und Judentum, hebt den
vorbereitenden Charakter des Alten Bundes liervor und weist auf die
messianischen Weissagungen hin. In Buch 10 wird die Behauptung,
daß nicht einmal die Schriftsteller des Neuen Testaments, mit alleiniger
Ausnahme des vierten Evangelisten, von der Gottheit Jesu Christi etwas
wüßten, durch Stellen aus den Synoptikern und den paulinischen Briefen
zurückgewiesen. —
Jedenfalls ist es ein inhaltschweres AVerk gewesen,
welches der phrasenhaften Schmähschrift des unglücklichen
Cyrillus
Kaisers entgegenstellte'.
Was die Zeit der Abfassung angeht, so erfahren wii' aus einem
Briefe Theodorets von Cyrus, daß Cyrillus seine cruTTP^UMaTa Kaxd
louXiavoü dem oft genannten Patriarchen Johannes von Antiochien
(429 —
441) übersandt hat-. Nun darf vorausgesetzt werden, daß die
Übersendung erst nach dem Frühjahr 433 erfolgt ist. als die beiden
Männer nach hartem Kampfe Frieden geschlossen hatten. Wäluend
der Jahre des Kampfes, 429 —
433, wird Cyrillus auch schwerlich die
Muße zur Ausarbeitung eines derartigen Werkes gefunden haben.
Anderseits wird es. nicht eine aus früheren Tagen stammende, sondern
eine eben erst zum Abschluß gekommene Arbeit gewesen sein, welche
Cyrillus dem Antiochener überreichte. Der Zeitpunkt der Abfassung
wie der Übersendung des Werkes dürfte also zwischen 433 und 441.
dem Todesjahr des Antiocheners, gelegen haben-'.
Sitzungsberichten der Kgl. Preu&. Akad. der Wissensch. zu Berlin 1901 1051
A. 1: vgl. Diekamp in seiner Ausgal)e der Doctrina Patrum de incarnatione
Verbi. Münster i. W. 1907. Einl. l.
—
Reihe der folgenden Festbriefe Nr. 5 30, für die Jahre 417 442, —
weist keine Lücke auf. Dagegen fehlen Festbriefe für 443 und 444.
Wie wir hörten, hat Cyrillus bis zum 27. Juni 444 den Hirtenstab
geführt.
Diese 29 Festbriefe sind vorwiegend moralisch-praktisch gehalten.
Sie ermuntern vor allem zum Fasten, dem körperlichen und dem
geistigen Fasten, d. i. dem Meiden der Sünde, sowie zur würdigen Feier
'
Siehe schon Bd 2 ', S. 224.
-Er nennt die Hom. pasch. 22 zu Eingang \oYibiov riyouv e-rriöToXri. und Honi.
pasch. 1. 2 und 2. 2 sagt er. er sei durch das Horkonnnen genötigt, „zu schreiben",
"fpdqpeiv.
^
Tillemont. Mcmoires pour servir h Ihistoire eccles. 14. Paris 1709. 270, vgl. 74«.
()•_> Die unii'iliisclic Utciiitiir ilis rinitti-ii .lalirliiindeits.
Barmheizigkt'it (Hom. 11). zum Eifei- im Kampf gegen die Feinde d»s
Heiles (Hom. 2 Ab und zu werden auch dogmatische Er-
lö 1(5) usw.
Sehr häutig wird gegen die Juden und ihren
(trtei'ungen eingeflocliten.
rnglauben (Hom. 14 10 2() 21 29). mitunter auch gegen die Heiden
und ihren Götzendienst (Hom. (5 9 12 13) polemisiert. Von christlichen
(Tlaubenswahilieiten kommen namentlich das Geheimnis der Mensch-
werdung (Hom. 5 S 17 27) und das (leheimnis der Trinität (Hom. 12)
zur Spiache.
Auf den griechischen Text der Hom. pasch. 17 folgt bei Migne 77. 7><9
bis 80() von A. Mai herausgegebene alte lateinische Übersetzung unter
eine
dem Namen Aj-nobius des Jüngeren. Diesellie war übrigens, was Mai entging,
vorher schon 0792» durch PI. Braun zum Druck befördert worden: siehe G. Mer-
cati in der Theol. Revue 1907. o<S."). Eine neue Ausgabe besorgte J. Schamagl.
S. C'yrilli XVII. hduiiliae sive epistulae paschalis interpretatio quae vulgo Arnobii
iunioris dicitur latina (Progr.X Vindobonae 1909. S^'. Arnobius der Jüngere hat
diese lJ:)ersetzung benützt, während die Annahme, dali er sie gefertigt habe,
jeder Bearünduns; ent])ehrt. Vgl. Morin. Etudes. Textes. Decouvertes 1. Mared-
sous 191H. :U4 i\
' Di. Ml. K\\i:.. Kp. iiil i'.'trniiiuni. I.ci .Mi-ii.'. PI'. Liit. tu. IM f.
ii? H. Cviilliis Min Alcx;iii(lricii. 10. i'io(li,ü,tcii.
(J^
Der , Prologus de i'atione pascliac" und die .E])ist()la ail Lconeni iiapaiii"
wuiden durch Bi'. Kruscli (Studien zur christlich-niittelaltcilichon Chronologie.
Leipzig 18.S(). Ho7 — ;*)49) von neuem herausgegeben, zugleich aber, wie gesagt,
als Fälschungen abgelehnt: über den Prologus siehe Krusch 89 9<S. über die —
Epistola lOf— 109. Zu
der Ostertafel (Krusch 8S) vgl. Ed. Schwartz. Christ-
liche und jüdische Ostertafeln (Abhandlungen der Kgl. Gesellsch. der Wissensch.
zu (löttingen. Philol.-histor. Kb. N. F. 8. (>). Berlin 19()ö. 22 f. Der Brief Cyrills
an Theodosius IL altarmenisch und englisch bei ('Onybeare. The Armenian
Ver.sion of Revelation and Cyril of Alexandrias Scholia ou tbe Incanuition
and Epistle on Easter. London 1907. 143 149 des armenischen. 215 221 — —
des englischen Textes. G. Mercati Über die Ostei-tafel des hl. Cyrill von
.
Predigten.
10. —
Laut Gennadius sind im ö. Jahrhundert sehr
viele Predigten Cyrills (homiliae plurimae) in Dmlauf gewesen und
griechische Bischöfe (Graeciae episcopi) haben dieselben auswendig-
gelernt und vorgetragen'. Nur sehr wenige dieser Predigten sind auf
unsre Tage gekonmien. im Gegensatz zu den „Homiliae paschales"
von den Herausgebern ..Homiliae diversae" geheißen. Dank dem
Forscherfleiß Mais war Migne (77, 981 11 Iß) in der Lage, den —
früheren Bestand etwas zu erweitern und im ganzen 22 Nummern,
zum Teil freilich nur Fragmente, zusammenzustellen. Den neuen Nach-
forschungen Puseys war kein großer Erfolg beschieden. Einige in
koptischer, aiabisclier und äthiopischer Sprache aufgefundene Pre-
digten sind wohl ohne Ausnahme als unterschoben zu betrachten.
a) An der Spitze der „Homiliae diversae" steht in den Ausgaben
eine Anzahl Predigten, welche Cyrillus im Sommer 431 zu Ephesus
gelegentlich des Konzils gehalten hat, der Bezeugung des Glaubens
an die M
e n s c h w e r d u n g und der Verhejrlichung dei' Gottesgebärerin
geweiht. Sechs derselben, alle geringen L^mfangs, sind vollständig
erhalten: Hom. 1. Ephesi habita. valde pulchra Hom. 2. Ephesi dicta :
'
Gennad.. De vir. ill. 57.
Memtiiies 14. 453 üeiesen Avi.sson .in ccclesia'
'-'
Predigtfraginente ,De uiio filio" und .(^uod uniis ('.^t Cliri.stuh". Die Fragmente
Hom. 21 und 22 .Ex sermone prosphonetico ad Alexandrinos de fide" und ,Ex
homilia ad Alexandrinos" (77. 1111 — 111(5^ bleiben an dieser Stelle ungenannt,
weil sie. wie früher bemerkt (Abs. (i, i). Überbleibsel einer Al)handlung. nicht
einer I'iedigt, sein dürften.
' Siehe Migne. PF. Gr. 65, 200 f.; vgl. 77. 1073 ff.
welche auch erst durch Mai aufgefunden worden sind: Hom. 18 oder
„Oratiunculae tres in translatione reliquiarum sanctorum martyrum (yri
et loannis" und Hom. 19 oder ..Sei-mo steliteuticus (Xöf0(j (JTnXiTeuTiKÖ(;)
adversus eunuchos".
Zwei Fragmente unter der Aufschrift ,Sermo de obitu sanctorum trium
puerorum necnon sapientissimi Danielis'' (77. 1117 f.) sind anerkanntermaßen
unecht. —
v. Lemm veröffentlichte 1888 mehrere Blätter eines koptischen
Enkomiums auf den hl. Athanasius. welches sich als das Werk eines Zeitgenossen
bourg, Serie 7. t. o(). n. 11 (1888). Ders.. Kleine koptische Studien Nr. 57':
ebd. Serie 8. 1. 11, n. 4 (1912). —
Zwei äthiopische .Homiliae de Melchisedec"
unter Cyrills Namen bei A. Dillmann. Chrestomathia Aethiopica. Lipsiae 186G.
—
88 98. bedürfen noch der Untersuchung.
f) Liturgien. —
Bei E. Renaudotius. Liturgiarum orientalium Collectio,
Paris 1710, finden sich zwei Cyrillus zugeschriebene Lituigien. eine koptische,
t. 1. —
88 52. und eine syrisch-jakobitische. t. 2. 275 2<S5. beide nur in latei- —
nischer Übersetzung. Die erstere ward nach Renaudotius bei Migne 77. 1291
bis lol8 abgedruckt. Diese koptische C\Tillusliturgie ist. wie bereits Renau-
dotius sah, sehr nahe verwandt mit der griechischen Markusliturgie und. ebenso
wie die letztere, unzweifelhaft in Ägypten beheimatet. Nun ließe sich vielleicht
ohne Schwierigkeit annehmen, daß Cyrillus die zu seiner Zeit in Alexandrien
übliche Liturgie schriftlich fixiert oder von neuem redigiert und daß diese
Redaktion sich in koptischer Übersetzung erhalten hätte. Es ist aber aucli
wohl nicht ausgeschlossen, daß die Kopten die alexandrinische Liturgie ledig-
lich deshalb Cyrillusliturgie geheißen haben, weil sie auch von dem großen
Cyrillus gebraucht worden. Die syrisch-jakobitische Liturgie bei Renaudotius
ist von der ko])tischen Liturgie wesentlich verschieden imd böansi>rucht Cyrills
Namen jeden "alls mit Unrecht. Über die koptische Liturgie näheres bei Th. Scher-
mann, Ägyjjtische Abondmahlsliturgien des ersten Jahrtausends (Studien zur
Geschichte und Kultui' des Altertums (i. 1 —
2). Pader1)oni 1912. 157 ff.
und betreffen die Lehre von der Menschwerdung. Nur die wichtigsten
seien ausgehoben. Dogmengeschichtliche Urkunden ersten Ranges sind
vor allem Ep. 4, der zweite Brief Cyrills an Nestorius aus dem Anfang
des Jahres 430, mit Vorzug „epistola dogmatica" genannt, und Ep. 17,
der dritte Brief an Nestorius oder das Schreiben der alexandrinischen
Synode mit den zwölf Anathematismen aus dem Ende des Jahres 430.
Diese beiden Briefe wurden 431 durch das Ephesinum, 451 durch das
Chalcedonense und nochmals 553 durch das Konstantinopolitanum aus-
drücklich gutgeheißen und bestätigt-. Dieselbe Ehre widerfuhr von
Seiten des Chalcedonense der Ep. 39, dem Briefe an Johannes von
Antiochien aus dem Frühjahr 433, in welchem Cyrillus den Friedens-
schluß zwischen Okzident und Orient feiert und den beiderseitigen
Glauben noch einmal klar und scharf zusammenfaßt '. Mehrere andere
Briefe sind wenigstens von den Theologen der Folgezeit als klassische
Zeugnisse des Glaubens der Kirche anerkannt und verwertet worden.
So insbesondere Ep. 33, an Bischof Akacius von Beröa. Ep. 40 41. —
an Erzbischof Akacius von Melitine, Ep. 45 46, an Bischof Succensus —
von Diocäsarea in Isaurien. Ep. 33 stammt aus den Tagen der Unions-
verhandlungen und weist zunächst unbesonnene Forderungen der Orien-
talen zurück, um sodann die antinestorianischen Schriften des Verfassers
gegen den Vorwurf des „Apollinarismus oder Arianismus oder Eunomia-
nismus" zu verteidigen. Ep. 40, aus späterer Zeit, sucht nachzuweisen,
daß das Unionssymbol allen billigen Anforderungen gerecht werde und
namentlich nicht des Nestorianismus bezichtigt werden dürfe. Ep. 41
handelt „de capro emissario'' (-rrepi tou diroTTOiuTTaiou) oder vielmehr über
die zwei Böcke, von welchen der eine geopfert, der andere in die
Wüste geschickt wird (Lv 1(3), und erblickt in ihnen Typen des
' Ep. 88. Hvpatiae ad Cyrillum, ist auf den eisten Blick als unterschoben zu
erkennen; siehe Migne 77, 389. Ein Brief Cyrills an .Johannes von Antiochien
über Theodor von Mopsuestia, welcher auf dem fünften allgemeinen Konzil zur Sprache
gebracht, aber Fälschung Ijezeichnet wurde 'Mansi 9. '263 f
als wird mit Absicht . ,
von der Sammlung Migne ausgeschlossen worden sein. Schwartz hat diesen Brief
bei
für echt erklärt und auüer der lateinischen Übersetzung bei Mansi la. a. 0.) noch
eine zweite lateinische Übersetzung herausgegeben. Ed. Schwartz, Konzilstudien,
StratUmrg 1914, 34 f. 67 70.
^ Über das Ephesinum
siehe v. Hefele. Konziliengeschichte 2 -. 184 f.: über das
Chalcedonense ebd. 440 f. 4(!9 über das Konstantinopolitanum ebd. S78 f. 901 f.
:
•'
Vgl. V. Hefele a. a. O. 2. 440 4(;9.
:
Ep. o2, ad luvenalem etc.. bisher nur lateinisch bekannt, ward griecliisch
herausgegeben durch Schwartz. Neue Aktenstücke zum ephesinischen Konzil
von 4ol. München 1920, 52 f. Schwartz veröffentlichte aber auch, und zwar
im griechischen Original, vier bisher ganz unl)ekannte Briefe, welche gleich-
falls hauptsächlich geschichtlichen Inhalts sind, einen an Akacius von Beröa
(57 f.), zwei an Johannes von Antiochien (67 f ), einen an Maximianus von Kon-
stantinopel (75 f.). —
Der griechisch verloren gegangene Brief 74. ad Rabbulam
episcopuni Edessae. von welchem Migne 77. 347 f. den Eingang lateinisch gibt
(aus den Akten des fünften allgemeinen Konzils, bei Mansi 9. 245 f.). ist
syrisch vollständig erhalten. Der syrische Text bei Overbeck. H. Ephraemi
Syri, Rabulae episc. Edesseni. Balaei aliorumque opera selecta. ()xonii l!S()5.
—
226 229. Eine deutsche Übersetzung bei Bickell. Ausgewählte Schriften der
syrischen Kirchenväter Aphraates. Rabidas und Isaak von Ninive, Kempten
1874. 246 —
249. Mit schönen Worten tröstet (!yrillus sich selbst sowohl
wie Bischof Rabbula über die Widerwärtigkeiten, die sie im Kampfe für die
Wahrheit zu erdulden haben. —
Em anderer, zu Anfang verstümmelter Brief
Cyrills an Rabbula ward in altsyrischer Übersetzung herausgegeben von J. Guidi
in den Atti deUa R. Accademia dei Lincei. Ser. 4. Rendiconti. vol. 2. Roma
1886, 545^547.
In ko]) tischen Akten des Ephesinums finden sich fünf Briefe, welche
den griechischen Akten des Konzils fremd sind, darunter vier Cvrillus zugeeignete
und alle riei" nach Konstantinopel gerichtete Briefe, zwei oder drei an einen
zur Zeit als Unterhändler Cyrills in Konstantinopel weilenden ägyptischen Archi-
mandriten Viktor. Kraatz, der Übersetzer der koptischen Akten, möchte diese
vier Briefe für echt halten, ausgenommen einen der Briefe an Viktor, welcher
«eine offenkundige Fälschung" sei. W. Kraatz. Koptische Akten zum ephesi-
nischen Konzil vom Jahre 431 (Texte und Untersuchungen zur Gesch. der alt-
christl. Lit. 26, 2). Leipzig 1904. 1<S1 ff. Aber wenn auch die drei andern
Briefe nicht gerade Unmöglichkeiten enthalten, so werden sie doch schon durch
den falschen Genossen verdächtigt, und aller sonstigen Überlieferung, auch der
lateinischen, syrischen und armenischen, sind diese vier Briefe ganz unbekannt. —
Drei andere, nur wenige Zeilen füllende Briefe unter Cyrills Namen in koptischer
Sprache, gerichtet, wie es scheint, an Abt Schenute von Atripe. sind gedruckt
'
Ep. 30ist ein Schreiben Maximians an Cvrillus. die einzii^e literarische Reli({nic.
die wir von Maximianus liesitzen.
70 l)i<' .üiic<liis(lR' Liti'iiitiir des fünften .lalirliund« rts.
c) Einige Briefe gleiten in das Kirche nie cht ein. Ep. 7(), an
Patriarch Attikus von Konstantinopel, glaubt die Bitte des Adressaten,
den Xamen des hl. Chrysostonuis in die Diptychen der alexandrini.schen
Kirchenprovinz aufzunehmen, unter Hinweis auf die -Bestimmungen
der Väter von Nicäa" ablehnen zu sollend Ep. 77 empfiehlt dem
antiochenischen Patriarchen Domnus gewissenhafte Untersuchung dei'
satz von der Einheit der Person in Christus zu verteidigen. Mit vollster
Klarheit und Sicherheit hat Cyrillus den eigentlichen Streitpunkt von
vornherein erfaßt keinen Augenblick hat er gegen Schatten gefochten,
;
und (h'iiisclhcii Subjekte zuzueigiU'U sind. Vor ;illeni wiid l)etout. dal-i
'
Später. 117 (hKm IIS. i.sl (.yrillns dann doch der lütte des .\ttikns nacli-
Hekiiinnien..
S 44. Cyrilliis vdii Alcxandiicii. 12. Ziii- l^elue Cyn'lls. 7]
der. den die Jungfrau geboren, eben jener ist. den der Vatei' von
Ewigkeit gezeugt. Damit war eben besonder.s deutlich die Möglich-
keit abgeschnitten, den Menschen als einen andern neben Gott zu
denken, und die Notwendigkeit gegeben, auch alle weiteren mensch-
lichen Prädikate auf Gott zu beziehen. Gleich der er.ste Anathematis-
mus hebt hervor, dafä der Emanuel in Wahrheit Gott und deshalb die
Jungfrau SeoTÖKOc; ist. Der vierte schließt formell das Vorhandensein
zweier TrpöauuTra fiYouv ÜTroaTdaeig in Christus aus. Der Terminus
OeoTÖKO«;,welcher die Einheit der Person und die Zweiheit der Naturen
zur Voraussetzung hat, ist für Cyrillus fort und fort ein Abriß der
kirchlichen Christologie, das Schibboleth des rechten Glaubens gewesen.
So schon m
dem Osterfestbrief für das Jahr 429 (Hom. pasch. 17)
und in dem Rundschreiben an die ägyptischen Mönche (Ep. 1). So auch
in der Hom. div. 15: /Ln einem rechten und untadelhaften Bekenntnis
unsres Glaubens genügt die Erklärung und das Bekenntnis, daß die
heilige Jungfrau Gottesgebärerin ist" (dpKeT xorfapoOv iTpöq öpOr)v Kai
döidßXriTOV rrjq TTiaieujg rnuiliv 6)aoXoTiav tö öeoroKOV Xexeiv Kai ö|uoXoYeTv
rriv dYiav TrapBevov, Migne 77, 1093).
Ist Christus wahrhaft Einer und nicht Zwei, so ist die Vereinigung
zwischen Gott und Mensch keine bloße relative oder moralische Ver-
bindung. (Tuvdqpeia, sondern eine wirkliche Einigung. evuucTK;, eine Zu-
sammenfügung, aüvbpo|uo^, (juvGecTig, zweier Wesenheiten zu einem
Wesen. Mit der Einheit des Wesens aber ist der Fortbestand der
menschlichen Wesenheit als eines selbständigen Wesens ausgeschlossen.
Die Menschheit oder das Fleisch ist in das Wesen des Logos auf-
genommen oder Ka6' ÜTTÖcriacnv mit dem Logos vereint. Der Ausdruck
ffuvdqpeia, ein Lieblingsw-ort des Nestorius. -wird schon in dem frühereu
Teile jenes Schreibens, welches in die Anathematismen mündet, scharf
verurteilt: „Wir weisen das Wort (luvdcpeia zurück, w^eil es zur Be-
zeichnung der Vereinigung nicht geeignet ist"* (tö Tf\c, auvaqpeia(S övoiua
TTapaiTou|ae9a djq oük exov iKavüuq (Jrnurjvai rriv evujaiv, 77. 112). Eben-
dort wird auch der Ausdruck evoiKiicric;, welcher freilich durch den
Vorgang der Heiligen Schrift geschützt sei. immerhin für erläuterungs-
bedürftig erklärt (iva \xr\ Beoqpöpoq dvOpuuTToq vooito Xpi(TTÖq). Aber auch
der Ausdruck evaiciK^ schien noch eine nähere Bestimmung zu fordern.
Der zweite Anathematismus redet von einem kuÖ' üiröcrTaaiv nvüaaOai,
der dritte von ßiner evujcjig qpucriKii. Statt Ka9' uTTÖ(JTaö"iv heißt es
anderswo Kaxd qpucriv oder Kai' oüaiav, statt qpucriKi'i anderswo oOcTiujbi'ii;.
Der Sinn ist der gleiche. Die Worte uTTÖaxacrK; und cpüaii^ sind im
Sprachgebrauch Cyrills noch nicht streng geschieden ^ Gemeint ist
allenthalben eine w^ahre und wesenhafte Einigung im Gegensatz zu
'
Näheres bei Jugie (La terminologie christologique de St. Cyrille dAle.xandrie
in den Echos d"Orient 15 '1912) 12 ff.
72 l^'<' iiric'liisfli«' liitciatui' ilrs nuit'tcii .I;ilirlmii<lcits.
'
Ich zitiere, mit einer kleinen Aliweiciiung von Migne. nach Pusrv. S. (yrilli
Alex. occnmenicae etc.. Oxonii 1875. 404.
Kpi.stolae tres
'
Esdas (!laulien.sl)ckcnntnis Do incarnatione Dei Verhi l'ci Migne. PP. Gr.
i.st
•JH. •_>;) 30. Vgl. zu (lemselhen U<]. H dieses Werkes S. 58 5!». Nach Ed. Weigl
Untersiichmigen zur C'inistologif des hl. Athanasius. Paderl)orn 11»14. l.'Utf.' wäre
die .Annahme, dal.i das l^ckenntnis von .\pollinaris stammt, .einer gründlichen Re-
vision lirdürftii:".
S 44. Cvrillus von Alt'xandricn. 12. Zur Lehre CyiilLs. 73
spricht. Er
aber anerkanntermaßen nur in Gedanken die zwei
will
Wesenheiten trennen, nui- für einen begrifflichen Moment zwei selb-
ständige Wesen annehmen, zu dem Zwecke, die Einheit und den Be-
stand des Gesamtwesens in um so helleres Licht zu rücken. Er erklärt
selbst: td e£ ujv ecrriv 6 ei<; Kai ^övoq uiöq Kai KÜpioq 'lr|croüq Xpi(7TÖ<;
öiq ev evvoiuK; bexölaevoi büo ,u£v cpucreK; ^vdjöQai qpaiuev, jueiä bi je inv
evoiCTiv, ujc, ävt^piifieviiig nbii ti^<; dq buo biaTO,utiq, luiav eivai TTi(jTeüo|uev
Tnv TOÜ uioü cpücTiv, uj^ 6vö<;, TrXriv evavBpuuTTtTcravToq Kai cecrapKuuuevou
(Ep. 40; 77, 192 f.)'.
Der Logos also ist Mensch geworden, hat aber nicht einen Menschen
angenommen, wie Nestorius wüll (-fefovev dvBpujTTocg, ouk dvGpuuTTOv dv-
eXaßev, wq NeaTopiuj boKci, Ep. 45; 77, 236). Und indem er Mensch ward,
ist er geblieben, was er war (dv9pujTT0(; "ftTovujq, küitoi |ae,uevnKdj(; öirep
nv, ibid.). Er hat nur die Menschheit oder das Fleisch sich zu eigen
gemacht (oiKeiiJUcrd)Lievo(g aürriv Kai ibiav diToqpi'ivaq, ibid.). Das Fleisch
aber ist dadurch, daß es das Fleisch des Logos wurde, lebenspendendes
Fleisch (adpH Z;ajoTToiö<s) geworden und wird vom Herrn selbst als solches
bezeichnet, wenn er sein Fleisch das Brot des Lebens nennt. Durch
die nestorianischeLehre wird die heilige Eucharistie vollständig auf-
gehoben oder zu einer Anthropophagie herabgewürdigt. Diesen Ge-
danken hat Cyrillus bereits in der Ep. 17 wie folgt au.sgeführt: -Indem
wir den im Fleische erlittenen Tod des eingeborenen Sohnes Gottes
Jesus Christus verkünden und zugleich seine Auferstehung von den
Toten und seine Auffahrt in den Himmel bekennen, verrichten ^nr
'
514-521 Bischof von Cäsarea m Palästina
.Johannes Chozibites. welcher etwa
war. wie schon einmal bemerkt, eine Apologie des Konzils von Chalceclon ge-
hat.
schrieben und zum Beweise für die Lelire von zwei Naturen in Christus '2S0 Zitate
aus Schriften C'3rills zusammengestellt. Sevems von Antiochien, der bekannte Mono-
physitenführer, antwortete darauf schon vor 512. als er noch Mönch in Palästina
war. mit einer Schrift KüpiWoq f) (t)iXaXr|9ric. in welcher er Cyrillus für die Lehre
von einer Natur in Anspruch nahm und .Johannes Verstümmelung, Fälschung und
Unterschlagung von Zitaten vorwarf. Beide Werke sind handschriftlich vorhanden,
aber erst bruchstückweise gedruckt worden. Siehe Diekamp. Doctrina Patrum de
incarnatione Verbi. Münster i. W. UtU7. Ein), xi.viii tf.
74 1^'"' iiiiccliisclic l>itcratiii- des tiinttcii .lalirliiiinliits.
13. Nestorius. —
Nestorius. der Gegner C^tiIIs. ist auf den vorstehenden
Blättern so oft genannt worden, daß das. was über ihn noch nachzutragen ist.
am passendsten wohl gleich hier angefügt wird.
Tsach syrischen Quellen von persischen Eltern geboren, kam Nestorius schon
früh nach Germanicia in Syria Euphratensis und von dort nach Antiochien. Hier
empting er. wahrscheinlich durch Theodor von Mopsuestia. seine theologische
Ausbildung, hier ward er auch zum Priester geweiht. Als Mönch im Kloster
des hl. Eujjrepius vor den ^Mauern Antiochiens erwarb er sich den Ruf eines
hervon-agenden Predigers ^Gennad. De vir. ill. 53). und das nuifv es gewesen
.
sein was Theodosius II. veranlagte. Nestorius als Nachfolger des am 24. De-
.
'
Icli ültersctzf nach dem von .Migiu- ttwas aliwtirlnMulcii Tcxtf lui l'iiSf.v
a. a. O. •_>(;.
1
Am 10. April 428 ward Nestoriu.s ordiniert. Am 22. Juni 4ol ward er „gott-
loser" Lehren halber durch das Konzil zu E])he.sus für abgesetzt erklärt. Seine
sonstige Wirksamkeit als Patriarch darf hier beiseite gelassen werden. Es ist
auch kaum etwas anderes ül)erliefV'rt. als daß er mit rücksichtsloser .Schärfe gegen
Häretiker und Schismatiker, Ariancr und Mazedonianer. Novatianer und (juarta-
dezimaner, vorzugelien itilegte (cunctarum haereseon blasphemias insectabatur.
Vincent. Lir. , Commonit. 11, al. 16). (xegen Anfang September 4ol erhielt
Nestorius vom Kaiser die Weisung, sich in sein Kloster nach Antiochien zurück-
zuziehen. Dort hat er vier Jahre in Ruhe verlebt, bis er 485 durch ein neues
kaiserliches Edikt, dessen Veranlassung dunkel bleibt, nach Oasis in Ägypten
verbannt ward. Laut Evagrius Scholastikus (Hist. eccl. 1. 7; Migne, PP. Gr. 8().
2. 2487) hätte Patriarch Johannes von Antiochien die Verbannung beim Kaiser
beantragt. Evagrius gibt auch noch einige Notizen über die ferneren Oeschicke
des Verbannten. Die Heimat sollte Nestorius nicht mehr wiedersehen. Er starb
in Ägypten, al)er nicht, wie man bis vor kurzem fast allgemein annahm, schon
um 440, sondern frühestens 451. Das sogleich zu erwähnende, 1910 ans Licht
getretene „Buch des Heraklides von Damaskus'" ist nach äußeren Zeugnissen
unzweifelhaft aus der Feder des Nestorius geflossen und. wie der Inhalt zeigt,
erst 451. nach der Berufung, aber vor dem Zusammentritt des Konzils zu Chal-
cedon, geschrieben. Übrigens sind in jüngster Zeit auch noch einige andere
Quellenschriften über den Lebensgang des Nestorius erschlossen worden, die
jedoch keine weitere Bedeutung beanspruchen können: ein aus dem Griechischen
ins Syrische übersetzter anonymer Brief an einen Kosmas von Antiochien über
Nestorius. syrisch und deutsch bei 0. Braun in der Zeitschr. der Deutschen
—
Morgenland. Gesellschaft 54 (19(X)) 878 395, syrisch und franzö.sisch bei F. Nau
in der Patrologia Orientalis 18. Paris 1919. 278 —
286; eine jakobitische „Vita''
des Nestorius. syrisch und lateinisch bei E. Goeller im Oriens Christianus 1 (1901
—
276 287 eine nestorianische Nestorius-Legende. syrisch und französisch bei
:
haltenen Texte nach den Handschriften des Britischen .Museums (0(10 888). —
Die an früheren Stellen des Buches eingeHochtene. auch von Kampffmeyer ge-
fertigte deutsche Übersetzung dieser syrischen Texte mußte leider von be-
rufenster Seite als .durchaus ungenügend" bezeichnet werden: siehe A. Baum-
stark in der Literarischen Kundschau 15)07, 460 f. Kleine Nachträge zu Loofs
bei G. Mercati. Nestoriana: Theol. Revue 1907. 63 f. W. Lüdtke. Armenische
:
DieSammlung der Briefe des Nestorius bei Loofs (165 202) lunfafit zehn —
Nummern, von welchen einige griechisch und lateinisch, die meisten aber niu'
lateinisch überliefert sind, und eine Anzahl kleiner Bruchstücke. Zwei Briefe an
CjTillus und an Kaiser Theodosius II. konnten im vollen griecliischen
ein Brief
Wortlaut den ,Acta Ephesina graeca" entnommen werden. Die „Acta Ephesina
latina" spendeten zwei Briefe an Papst Cälestinus I. in lateinischer Übersetzung.
Zwei weitere lateinische Briefe, an Papst Cälestinus und an den Pelagianer Cälestius.
verdankt man der Übei-setzertätigkeit des ]\Iarius Mercator. Eine französische
Übersetzung der zwei Briefe an Cyrillus und der drei Briefe an Papst Cälestinus
bei F. Nau. Traduction des lettres de Nestorius ä St. C}Tille et ä St. Celestin et
de douze anathematismes de C\Tille: Re\iie de LOrient Chretien 16 (1911^ 1(6
bis 199. Einen Brief an die Bewohner Konstantinopels, von welchem nur syrische
Zeugen wissen, erklärte Loofs (70) für , zweifellos unecht". Seine Gründe sind
durch die Entdeckung des .Buches des HerakÜdes" ausgeräumt worden. Der
Brief stammt aus den letzten Lebensjahren des Nestorius und ist von besonderem
Interesse. Er ist svrisch und französisch heraus2;e2;eben worden von E. W. Brooks
73 I)i<' .ü,i-iccliiscli(' liitciattu- des fiiiil'tcii .lalirlmiiilt-its.
Über einzelne zweifelhafte oder unechte Fragmente siehe Loofs 220 224.
— Die von den syrischen Nestorianern gebrauchte Liturgie oder Anaphora
-des Nestorius". aus dem Syrischen lateinisch bei E. Renaudotius. Liturgiarum
orientalium Collectio 2, Paris. 1716, (»2B —
688. kann anerkanntermaßen nicht
als ein Werk des Nestorius gelten. Nach Baumstark ist sie eine syrische
Übersetzung jener griechisch-konstantinopolitanischen Liturgie, aus welcher durch
starke Kürzungen die byzantinische Chrysostomus-Liturgie hervorging. A. Baum-
stark. Die Chrysostomos-Liturgie und die syrische Liturgie des Nestorios Xpuao- :
'
Lcont. Byz., De settis actio ä : :\ligne PP. Gr. S(i. 1. IjJ-iS.
- Theoph. Conf. bei Migne, PI', (ir. ToS. 281 : bei de Boor. Theopbanis Cbrono-
graphia 1, Lipsiae ISS.'l 111.
" Diese drei Sihreilien in der deiitscbeii Üborsetzung der Kircbeiigeschicbte des
Zacbarias bei Abrens-Kriigor a. a. (>. '2H- -31 38 ,V2 ;VJ M. Vgl. die Aniiierkuiigen
.310 ff. Kill Satz der Bittscbrift an Kaiser Leo AJirens-Krüger 29 wird im grie-
cbiscben Original in der ,Doctrina Patrum de incarnatione Verbi" angefülirt. ed. Die-
kamp. Münster i. \V. IttOT. Ki;"). Eine lateiniscbe Übersetzmig dieser Bitt-sebrift von
(lennadins von Marseille r^ennad.. De \ ir. ill. ?•_' ist zn (Irunde gegangen.
S -ii'). Die Aiiitsiiaclit'iilycr ('\rill>. '2. 'riiiiotliciis Aliirus. ^J
'
Siehe Wright. C'ataloijue of Svriac Maiiuscripts in the British Museum
2. G42.
- Siehe den Text der Plerophorien. c. 33 u. c. 3(>. liei F. Nau in der Patrokigia
Orientalis 8, Paris 1912, 7G f. u. 83.
Banlonliewer. Gesell, der altkirchl. Literatur. IV. •>
:
i'ber das syrische Werk gegen das Cliakedonense siehe W. Wright. Cata-
logue of Syriac Manuscripts in the British Museum. London 1S70 1872. '1. (539 —
bis (i4S. Proben aus demselben, und zwai- Timotheus selbst zugeeignete Stücke,
darunter eine Kritik dei' (xlaubensentscheidung von Chalcedon. bei F. Xau in
der Patrologia Orientalis lo, Paris 1919, 202^247, syrisch und französisch.
Die genannten Briefe des Timotheus nach Konstantinopel und nach Alexandrien
und vielleicht noch weitere Stücke des syrischen Werkes sind auch in äthio-
pischer Über.setzung auf uns gekommen. H. Zotenberg. C'atalogue des manu.scrits
ethiopiens de la Bil)liothe([ue Nationale. Paris 1X77, 129 f. - Das armenische
3. Petrus Moiigus. —
Petrus mit dem Beinamen „Mongus"
(laofToq),„Stammler", hatte das Erbe des Timotheus Alurus 477 kaum
angetreten, als Kaiser Zeno, damals noch ein Eiferer für das Chalce-
donense, die Absetzung über ihn aussprach. Nachdem jedoch Zeno ein
Friedensvermittler zwischen Orthodoxen und Monophysiten geworden,
lernte er in Petrus einen Förderer seinei- Pläne schätzen. Das He-
notikon des Kaisers vom Jahre 482, welches die Zweinaturenlehre aus-
schaltete, nach dem Vorgang des Timotheus Alurus aber die Wesens-
gleichheit des Herrn mit uns seiner Menschheit nacli anerkannte, sollte
zunächst und vor allem die Monophysiten Ägyptens beruhigen und
versöhnen. Es war die Frucht der gemeinsamen Bemühungen des
Patriarchen Akacius von Konstantinopel und seines Freundes Petrus.
Petrus ward 482, unter Verdrängung des orthodoxen Patriarchen Jo-
hannes Talaja oder Tabennesiotes, vom Kaiser restituiert und durfte,
wenn auch unter steten Kämpfen, bis zu seinem Tode 489 oder 490
den Patriarchenstuhl innehaben.
Eine koptisch und armenisch überlieferte Korrespondenz zwischen
Petrus und Akacius über das Zustandekommen des Henotikon, im
Koptisclien acht, im Armenischen neun Briefe des Petrus und sechs
bzw. sieben Briefe des Akacius umfassend, hat sich als Fälschung er-
wiesen. Der Falsarius hat indessen liistorische Dokumente benützt.
Aus der echten Korrespondenz der beiden Männer hat Evagrius Scho-
lastikus einen Brief des Pelin>^ an .\kaciiis zur Selbstrechtfertigung
—
'
Evagr. 8chol.. Hist. ecci. o, 17; xMigne. PP. dir. H(i, >. ^C'iO 2(534 : in der
Ausgabe von Bidez und Parmentier. London 1898, llö f.
- Siehe die Übersetzung
der Kirchengeschichte des Zacharias bei Alirens-Krüger
a. a. 0. 82—84.
'
Diese zwei Briefe bei Ahrens-Krüger a. a. 0. 92 — 97.
*
Vgl. vorhin S. 79.
'^
Epistola Aegj'ptiorum episcoporiim et cleri episcoponun ad Leoneni Augustuin,
bei Mansi 7. 524 ö.'iO.
6*
j^4 Ui^' giit'cliisclic Litciatiii- «Ifs fiMirtcii .lalirliiiinlcrts.
stolorum" (1523 —
1008), geschöpft aus der 1838 von Gramer heraus-
gegebenen Katene zur Apostelgeschichte, sind viel dürftiger. Am Kopf
dieser Scholien kehrt ein aimeiuuTeov so häufig wieder, daß sich die
Annahme aufdrängt, die Vorlage des Kompilators der Katene sei in
die Form von aimeiujaeK; oder kurzen Noten zu wichtigeren Stellen ge-
kleidet gewesen, Noten, wie sie ja schon in dem Nachlaß des Origenes
neben den Konmientaren auftreten. Zu Apg 15, 10 wird Johannes Chry-
sostomus angeführt. Das ..Fragmentum in primam S. Petri epistolam",
welches den Schluß der Sammlung bildet (1007-1610), ist ein Bericht
über mündliche Verhandlungen des Verfassers mit einem Scholastikus
Gäsarius betreffend die Predigt Ghristi in der Unterwelt. Dieser Aufsatz
streift die Stelle 1 Petr 3, 191 und ist deshalb der von Gramer 1840
herausgegebenen Katene über die katholischen Briefe einverleibt worden,
darf aber nicht als Überbleibsel eines Konnnenfars ange.sprochen werden.
'
Über (las sehr angest'lniic Amt imih-s üikovouo^ ihIit' Kir(liciii;iit.sver\valtei>
zu AU'xaiKlncn .s. etwa H. (Iclzcr, licoutios" vdii NcajHiH.^ \aAhu des lil. .lolianiu's (li>
Hannlierzinfii, Frtiljiiri; i. Br. 1S!»;{. 1l>1.
v;4(>. Aimnoiiiiis von Ali-Xtiiiiliieii und „Kuschius von Alcxandiicn". 1. Ainnionins. ^5
'
Faulbaber. Die Prophetenkatenen nach römischen Handschriften, Freiburg i. Br.
1H99, 187 f.
- Dieses Scholion zu Sus. 15 trägt bei Mai, Scriptorum veterum nova CoUectio
t. 1. Romae 1G8 die Aufschrift ATTo\ivapiou und ist deshalb bei Migne
lS-25. pars 2.
^ Diese beiden Scholien Migne 85. 1409 u. 1417' kommen in der .Johannes-
katene bei Gramer. Catenae in Evangelia S. Lucae et S. loannis, Oxonii 1841. nicht vorr
^ Zu .To 19, 14. Migne 85. 1512, ist die Rede von dem imor]piov, o KaXoOaiv
oi AXeSavbpeTc ^aßcL Ein inhaltlich nahe verwandtes Scholion steht in der Katenc
bei Cramer a. a. O. .389 unter dem Namen des Severus von Antiochien.
g(^ Dif giiecliisclic Litcnitiir des fünften .I;iliiliiiii(lcits.
o<S (1920) 1—22 oll— oo(>. Über die 8cholien zu Daniel handelte gelegentlich
M. Faulhaber, Die Prophetenkatenen nach römischen Handschriften (^Biblische
8tu(lien 4. 2— o), Freiburg i. Br. 1899, 185—188. Er hat gezeigt, daß Mais
Ausgabe dieser Schollen in hohem Grade der Konoktur sowohl ^v^e der Er-
gänzung bedarf.
'
Die lateinischen Worte bei Anastasius in dw Vorrede seiner ..\nagogicae
C'onteinplationes in Hexaemeron", wo des Ammonius .opus paternarnm sententiarum
Hexacnieri" als dankbar benutzte Quelle namhaft gemacht wird ,Migne. PP. (ir. 89, 856'.
Die f;rieehis(lien NN'orte bei ÄTiastasius in seinem Viae dux c. 14. wo polemische
Ausführuni:en des .\nim(iniiis gegen .lulianus zitiert werden i^Migne H5K "244: vgl. Cramer
a. a. (>. IV r. Zn sonstiuen Zitaten iles Anastasius aus Aniinonius vüI. Zahn a. a. 0. 9 ff.
.
S 4(). AnimoiHii.s von Alexaiidiicii und .Eusehius vun Alcxandricn". 2. . Knseliiiis". H7
von Alexandiien allem Anschein nach nur ein Produkt freier Erfindung.
Einer Sammlung von Lehrvorträgen unter dem Namen dieses Eusebius
ist oder war in den Handschriften ein Lebensabriß des Autors bei-
gegeben, welcher in drei Kapitel zerfällt (bei Migne, PP. Gr. 8(5, 1,
—
297 310, nach der Ausgabe Mais). Im ersten Kapitel wird erzählt,
Bischof Cyrillus von Alexandrien, der große Vorkämpfer der Ehre der
Gottesgebärerin, habe kurz vor seinem Tode unter Zustimmung des
alexandrinischen Klerus einen durch seine Tugenden weithin berühmten
Mönch Eusebius. welcher in der Nähe Alexandriens lebte, zu seinem
Nachfolger konsekriert. Laut dem zweiten Kapitel, welches übrigens
gegen Ende eine Lücke aufweist, gelang es dem Bischof Eusebius.
einen vornehmen Herrn, zugleich aber großen Sünder zu Alexandrien
namens Alexander zur Buße zu bewegen. Und das dritte Kapitel be-
richtet, Eusebius habe, nachdem er sieben Jahre lang des Hirtenamtes
gewaltet, im Angesicht des Todes seine Herde dem genannten Alex-
ander übergeben, welch letzterer zwanzig Jahre lang Bischof von Alex-
andrien gewesen sei. Zum Schlüsse unterzeichnet als Verfasser des
Lebensabrisses und Sammler der Vorträge ein Johannes, welcher Sekre-
tär (voidpiocg) des Bischofs Eusebius und guter Freund des Bischofs
Alexander gewesen sein will.
Dieser Johannes,
das darf schon hier eingeschaltet werden, ist
ein Die innere Unglaub Würdigkeit seiner Erzählung zu
Schwindler.
betonen, ist nicht nötig. Es genügt, daran zu erinnern, daß 444 der
frühere Archidiakon Dioskur zum Nachfolger Cyrills berufen und nach
der Absetzung Dioskurs 451 Proterius zum Bischof von Alexandrien
bestellt wurde Die ganze Erzählung des Johannes dient nur dem
' .
voiliin S. TS F.
H8 Die .uriccliisclic LitiTatiir iIcs rüiiCtcii .I;iliiliiiii(li rts.
noch keine Gewähr bieten '. Die Vorträge aber führen sich zum großen
Teil auch selbst ausdrücklich als Antworten des Eusebius auf Fragen
des Alexander ein. Sermo 1^ „De ieiunio''. hebt an: „Als die heilige
vierzigtägige Fastenzeit gekommen war. trat Alexander zu dem seligen
Bischof Fusebius und s])r'ach Ich bitte dich, teurer Vater, lehre mich,
:
wie man in diesen Tagen der Fasten fasten muß." Sermo 2. „De
caritate", beginnt: ..Eines Tages .spricht Alexander zu dem seligen
Eusebius: Ich bitte dich, Vater, welches gute Werk und Gebot ist
das höch.ste von allen?" usw. Das also .steht wohl außer Zweifel,
daß eine und dieselbe Hand die Biographie geschrieben und die Vor-
träge redigiert hat. Da jedoch Eusebius und Alexander nur Fiktionen
sind, so muß der Redaktor zugleich der Autor sein. Es sind mithin
seine eigenen Geisteserzeugnisse, denen Johannes den Weg in die
Öffentlichkeit bahnen will durch die Vorspiegelung, es handle sich um
Lehrworte eines heiligen Bischofs, die überdies noch ein anderer Bischof
seinen Predigten zu Grunde gelegt habe '.
(22). Diese neun Vorträge dürfen eben ihres Eingangs wegen im Hin-
blick auf die Angaben der Biographie mit Sicherheit als echte und ur-
sprüngliche Bestandteile der Sannnlung angesehen werden. Damit soll
jedoch noch kein Verdacht gegen die übrigen Stücke ausgesprochen sein.
Es laufen Fäden hinüber und herüber. Sermo 3, „De incarnatione Domini ",
nennt zwar Alexander nicht, ist aber auch ein an einen einzelnen Schüler
(xeKvov) gerichtetes Lehrwort, so daß man vermuten möchte, derselbe
sei von Haus aus gleichfalls an Alexander adressiert gewe.sen oder
habe früher mit einem der an Alexander adressierten Stücke ein Ganzes
'
Voiineintliibe Spiut'ii dieses zweiten Buclies. eine lateinfsehe bei Morin in
•
<lcr l\evue Benedietine "24 IJtOT 534. nnd eine syrische Itei Nan in der Revue de
l'Orient C'liret. 1:5 '
inU.S 4.'{4. .sind so weniij ureifliar. dal.i sie niclit erwälint zu werden
liiauclien.
-'
leli zitiere naeli der Zählung der Sernumes bei Migne S(;. 1. ;513tf.
•'
Naeli Semiseli-Kriiger in der Healenzykl. f. pretest. Tbe(d. u. Kirelie ') ^ ISltHi
(KKJ wäri' (he Biographie niebts anderes als „ein aus den .Vulscluiften der Reden in
der lieliebten K(dlationenrorni zureelitgeniaelites Flickwerk". Damit dürfte ik'r Sacli-
verbalt auf dvu Kopf ge.steilt sein. Die .Xufscliriften (b'r Reden in den Manuskripten,
.von Kuscliius. dem Krzl)iscliof von .\b'.\an(b-icii", .von Eusebius, dem .Möncii" u. dgl..
sin<lvirhiicln erst aus der Biographie gesclii.pft.
§ 4(). Amnioiiius von AlfXiiii(liicii iiml . Päiscljiiis \(iii Alcxaiidiicir. 2. . Kiisehius^. H9
'
Über Sermones siehe La Piana in der
die Zusainmengehöiigkeit dieser sieben
Zeitschrift Roma et l'Oriente 3 1911
39 ff. 1912
Vgl. HoU, Fragmente vornicänischer Kirchenväter aus den Sacra Parallela.
""
Sie hatten auch etwas Anziehendes. Die Sprache war ungebildet und
nicht selten auch aber frisch und lebendig.
fehleihaft, der Stil Mit
ausreichender theologischer Schulung verbindet sich eine gewisse ur-
wüchsige Beredsamkeit. Durch die moralisch-praktischen Mahnreden
geht ein warmer, väterlicher Ton. Die Reden über die Erlösertätigkeit
des Herrn "sind gekennzeichnet durch ein nicht erfolgloses Streben,
die biblischen Szenen psychologisch auszumalen und dramatisch zu
verarbeiten. Namentlich die Sermones 15, -In diabolum et orcum"
—
(Migne 86, 1, 383 414), und 17, „In sancta et magna parasceve"
(Migne 62, 721 —
724, unter den unechten Chrysostomuspredigten).
welche den Tod und die Hadesfahrt des Herrn behandeln und sich
auf das engste aneinander schließen, wissen den Triumph des Er-
lösers über die vereinten Anstrengungen des Teufels und seines Freundes
Hades in lebhaft bewegter Darstellung zu veranschaulichen '. Sie be-
rühren sich an mehreren Stellen ziemlich nahe mit den Ausführungen
des apokryphen „Evangelium Nicodemi" über die Hadesfahrt des Herrn,
und es ist wiederholt vermutet worden, daß dieses nach der herr-
schenden Ansicht aus der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts stammende
Apokryph unsern Sermones als Quelle gedient habe-. Ein Beweis ist
jedoch nicht zu erbringen. Frappante Parallelen zu unsern Sermones
weist auch schon der letzte Abschnitt der „Carmina Nisibena" Ephräms
des Syrers auf-'. Allerdings aber dürften äußere und innere Anzeichen
die Folgerung empfehlen, daß die Sermones erst gegen Ende des
5. Jahrhunderts verfaßt worden sind. Und der Verfasser, Johannes,
wird wirklich, w^ie er in seinen Angaben über Eusebius und Alexander
voraussetzt, Kleriker zu Alexandrien gewesen sein. Einen Kleriker,
und zwar einen orthodoxen Kleriker, fordert der Inhalt der Vorträge,
einen Alexandriner verrät die Wahl alexandrinischer Bischöfe zu Schild-
trägern. Für die Geschichtlichkeit des Namens Johannes fehlt freilich
jede Bürgschaft.
Nachdem Kardinal Mai zuerst in seinen Classici Auetores 10, Romae ISoS.
— 600.
.")9ö Vorträge des Eusebius von Alexandrien (Sermo 2(M heraus-
eineii dei-
gegeben hatte, ließ er in dem Spicilegium Romanum Romae 1848. — 2S 9. 1
und — 71o, eine Ausgabe der ganzen Sanimlung sowie der Biographie des
()ö2
Autors folgen und konnte schließlich der Nova l'atrum Bibliotheca
in Romae 2.
l'S44. 499 — noch zwei
Ö2(S. Handschrift der Sammlung; fehlende Vor-
in s<'iner
* Lateinisch existiert ein Sermo .De confusiime dialioli et inferni". „Über die
Niederlage des Teufels und des Hades \ welcher sich als eine Übersetzung der zwei
griechischen Sermones IT) und 17 erweist, sei es daß die letzteren später zusaninion-
gezogen worden, sei es daß sie anfangs eine Einheit gtliiidet hallen und erst später
auseinandergerissen worden sind.
- Über das .Evangelium NictMleini'" vgl. Bd. 1 '.
S. .)4ä f. Über seine Berührungen
mit unsern .Sermones siehe La l'iana a.a.O. 43 f. 10;") ff.
•'
Siehe G. Bickell. S. Ephraemi Syri t'armina Nisibena. Lipsiae ISlJfj. 141 ff. des
lateiniselien Textes.
§4(5. Aiiimiiiiiii.s von Alcxaiulricii uiid .KiiseliiiLsvoii Alexantliicir. .'i. I^aiHuIoni.s usw. 91
träge (Sermones 21 —
22) nachtragen. Näheres über diese, soviel bekannt, einzige
Handschrift der Sanimhing und der Biographie bei F. Nau in der Revue de
rOrient Chret. i:^ (19().S) 429 -488. Drei Sermones (13—15) hatte bereits
J. Clu". G. Augusti (Eusebii Emeseni quae supersunt opuscula graeca, Elber-
feldi 1S29. 3 —
35) zum Druck befördert, indem er sie unzulässigerweise Eusebius
von Emesa, dem Schüler des Eusebius von Cäsarea, zueignete. J. C. Thilo (Über
die Schriften des pAisebius von Alexandrien und des Eusebius von Emisa. Halle
1832) hatte dann diese Zueignung bekämpft und zugleich die Sermones 17
18 20 und 5. welche früher schon unter des Chrysostomus Namen gedruckt
worden waren, in verbessertem Abdruck vorgelegt (S. 81 112). Vgl. Bd. 3 —
dieses Werkes S. 264. F. Nau (Notes sur diverses homelies pseudepigraphiques.
sur les amvres attribuees k Eusebe d'Alexandrie etc.: Revue de lOrient Chret.
—
13 [1908] 406 435) veröffentHchte drei verschiedene griechische Rezensionen
oder Bearbeitungen des Sermo 16. .De die dominica*". Sehr beträchtliche Frag-
mente verschiedener Sermones bei K. HoU, Fragmente vornicänischer Kirchen-
väter aus den Sacra Parallela (Texte und Untersuchungen zur Gesch. der alt-
christl. Lit. 20. 2), Leipzig 1899. 214—233. Das angeblich unedierte ,Opus-
culum ad versus astronomos*" eines Pi'esbyters und Mönches Eusebius, dessen
Ehrhard bei Krumbacher, Gesch. der byzant. Lit.-. München 1897. 160, ge-
denkt, ist der von Mai. Nova Patrum Bibl. 2. 522 ff. edierte Sermo 22, ,De
astronomis". unsres Eusebius; vgl. schon Thilo a. a. 0. 38 41. Sermo 15. — —
,In diabohim et orcum". und Sermo 17. ,In sancta et magna parasceve". liegen
in Verbindung miteinander in altlateinischer Übersetzung als ,Senno de con-
fusione diaboli et inferni" vor. nach einer Handschrift des 9. Jahrhunderts heraus-
gegeben durch E. K. Rand in der Zeitschrift , Modem Philology" 2 (1904/05)
261 — 278. abgedruckt von 0. Hey im Archiv f. lat. Lexikographie u. Grammatik
—
14 (1906) 253 268. Ein Stück des Sermo 16, .De die dominica", ist zu einem
lateinischen .Sermo de dominicae observatione" verarbeitet worden, welcher
nach einer Handschrift des 7. Jahrhunderts herausgegeben ward von G. Morin
in der Revue Benedictine 24 (1907) 530 534. — —
Über die Sermones 10 15 —
und 17. die Geschichte des Erlösungswerkes betreffend, siehe G. La Plana (Le
rappresentazioni sacre e la poesia ritmica dramatica nella letteratura bizanthia
dalle origini al sec. IX) in der Zeitschrift .Roma e l'Oriente'" 3 (1911,12) 3()
bis 44 105—118 392—393. Über Sermo 16 vgl. Th. Zahn. Eine altkü'chliche
Rede über die Sonntagsruhe nebst Untersuchungen über ihren Verfasser Zeitschr. :
erhoben worden. Der zweite Teil der Excerpta gibt in Form eines Nachtrags
zu dem ersten Teile eine Übersicht über die Chronologie der heidnischen Völker
iTiuv eSuj eOviTjv xpovoi): Regentenlisten der Assyrier. Ägypter. Argiver. Sikyonier,
Athener. Latiner. Lazedämonier. Korinther. Mazedonier, Lyder. Meder. Perser.
Alexanders d. Gr. und der Diadochen in Syrien und Ägypten. Diese Regenten-
listen pflegen auf Eusebius und Julius Afi-ikanus zurückgeführt zu werden,
während sie nach Bauer (Die Chronik des Hippolytos. Leipzig 1905. 14'S ff.)
wiederum der Chronik des Hippolytus entlehnt sein würden. Ein dritter Teil
dei- Excerpta endlich bringt eine direkt an die Weltchronik des ersten Teiles
anknü]ifende Fastenchronik von Cäsar bis 887 n. Chr. Dem Konsidarverzeichnis
sind Notizen sehr mannigfacher Art beigegeben, anfangs Daten aus der Jugend-
geschichte des Herrn, gegen Ende hauptsächlich Nachrichten aus der Geschichte
der Stadt Alexandrien sowohl jtrofaner wie kirchlicher Natur. Nachrichten, die
jedenfalls aus einer alexandrinischen Stadtchronik geschöpft wurden. Die spä-
testen der auf dem letzten Blatte (bei Frick. Chronica minora 1. Lipsiae LS92.
o68 ff.) verzeichneten Ereignisse sind die sechzehnjährige Regierung des Kaisers
Theodosius d. Gr.. o79 —
o9ö. und der achtundzwanzigjährige Episkopat des
Patriarchen 'J'heophilus von Alexandrien. o8ö —
112. und bald nach dem Jahre
—
412 wird das Werk entstanden sein. Denn die bis auf Anastasius (491 518)
gehende Kaiserliste am Schlüsse des zweiten Teiles (Frick a. a. O. oo()\ die zu
einer späteren Datierung Anlaß gab. i.st entweder ganz eingeschoben oder erst
später fortgeführt worden. Auch die Heimat des Werkes ist aus dem letzten
Teile zu erschließen. Die Al)hängigkeit von einer alexandrinischen Stadtchronik
sowohl wie auch die Gepflogenheit, römische Zeitangaben in ägyptische umzu-
rechnen und stadtalexandrinische Ereignisse nur ägyptisch zu datieren, weisen
unzweifelhaft hin. Schließlich ist noch hervorzuheben, daß
auf Alexandrien
das Werk Volksbuch darstellte und mit Illustrationen ausgestattet war.
ein
die fi-eilich zu Grunde gegangen sind. Li dem Manuskript der lateinischen L"ber-
setzung. die sich auch in der äußern Form der griechischen Vorlage anpaßte,
ist Raum für die Bilder offen gelassen und auch wiederholt die Beischrift eines
l>ildcs wiedergegeben, die Bilder selbst aber sind nicht mehr ausgtvftdirt worden.
Kürzlich haben ri)erreste eines andern, sogleich zu erwähnenden Werkes auch
einigen weiteren .\nfschluß übi'i- den Bilderkreis der Exceipta gebracht. Neue
Ausgalten der letzteren besorgten A. Schoene. Euse))i Chroiiicornm über prior.
Berolini 1S75. App. 175 —
2o9, und C. Frick. Chronica minora 1. Lijtsiae 1892.
1S;V-;^71: cf. Praef. i.xxxiii
ecix. —
Frick hat den lateinischen Text der die
Handschrift ersetzenden auch die äußere Einrichtung der Handschrift wieder-
.
gebenden Edition Schoenes entnommen, hat denselben aber seinem ganzen Fm-
fange nach ins (iriechische zurückübersetzt. Vgl. H. (Jelzer.' Sextus Julius Afri-
k;inus unil die liyzantinische Chrouograpliic 2. L Iit'i])zig 1S,S.">. :>1(; 829: .Drr
4}4(>. Ammoiiiiisvdii .\lc.\;iii(lricii iiiul , Kiiscl)iiis von Alcxainliicir. .'!. PaiKiddriis ll^s^v. i)8
von den höheren Lehranstalten Kidns. Bonn 1<S95. 19H 214; Tl. 2: Die Sprache —
des Barbarus (Gymn.-Progr.), Köln l.S9(). Jacoby. Excerpta Barbari, bei Pauly-
Wissowa, Realenzykl. der klass. Altertumswissenschaft (i. 2. Stuttgart 1909.
1 .")(;()— 157().
Eine den Excerpta nahe verwandte, auch derselben Zeit und derselben
Heimat entstammende Chi-onik ist erst durch Pajjyrusfi-agmente bekannt ge-
worden, welche Bauer und Strzygowski vorlegten: Ad. Bauer und J. Strzy-
gowski, Eint! alexandrinische Weltchi-onik. Text und Miniaturen eines griechischen
Papyrus der Sammlung W. Goleniscev. herausgegel>en und erklärt (Denkschriften
der Kais. Akad. der Wissensch.. Philos.-histor. Kl.. Bd. öl. Abhandig. 2). Wien
1905. Es waren 72 Fetzen, und nach einer vorläufigen Zusammenfügung des
Zusammengehörigen waren es 49 Stücke und Stückchen eines Papyrus, welcher
urspi'ünglich mindestens 1(5, vermutlich aber einige ()() Blätter gezählt hat und
nach äulsern und Innern Indizien in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts zu
Alexandrien oder doch in Ägypten beschrieben und bemalt worden ist. Wahr-
scheinlich ist es eine und dieselbe Hand gewesen, welche schrieb und malte,
indem sie zuerst die Miniaturen nach einem Archetypus kopierte und sodann
den Text in die für ihn frei gelassenen Stellen eintrug. Von dem Texte erübrigen
noch die Monatsnamen der Hebräer. Athener und Ägypter, eine Gruppe von
Insehuimen. Reste eines „Diamerismos", ein Verzeichnis der Propheten, rö-
mische, spartanische, mazedonische und lydische Regentenlisten mit biblischen
Synchronismen sowie namentlich Fragmente einer Fastenchronik mit stadtalexan-
drinischen Nachrichten. Von den Miniaturen oder kolorierten Zeichnungen haben
sich unter andern erhalten die Propheten Abdias Jonas und Xahum Kaiser . .
sondern für die Masse derer bestimmt, denen das derl)-materielle Bild mehr
sagt als der geschriebene Text". Der berühmte Kunsthistoriker liespricht auch
den Bilderkreis der Excerpta und geht auch auf die sonstigen Überbleibsel
ägyptisch-hellenistischer Malerei auf Papyrus ein, um dieser nur den Zwecken
der Illustration dienenden Kunstart den neuen, mit dem Christentum aus dem
Innern Asiens vordringenden Schmuckstil der Malerei auf Pergament gegen-
überzustellen. Die ägyptisch-hellenistische Malerei, betont er (a. a. 0. 202).
bietet keineswegs bloß lokalgeschichtliches Interesse, weil sie in und mit den
Weltchroniken, wie Alexandrien sie massenhaft, sozusagen fabrikmäßig produ'
zierte,ihren Weg in alle Welt nahm. Vgl. noch Bauer. Alexandrien und die
Verbreitung christlicher Weltchroniken: Zeitschr. des Historischen Vereins für
Steiermark l."> (1917) 1— (i.
:
Acta SS. Oct. 8, Bruxellis 1853, 39—48: ,De S. loanne Colobo seii Parvo."
Hier ist auch das den Heiligen betreffende Kapitel der Apophthegmata Patruni.
Migne. PP. Gi'. üö, 203 —
220. in lateinischer tibersetzung mitgeteilt. Koptische
Texte über Johannes vei'zeichnen die Bollandisten in ihrer Bibliotheca hagio-
graphica orientahs. Bruxellis 1910. 113 f. Eine syrische Version der koptischen
Lobrede des Bischofs Zacharias von Sakha (um 800) auf Johannes veröffent-
lichte und übersetzte F. Nau in der Revue de lOrient Chröt. 17 (1912) 343 ff.
18 (1913) 53 ff. 124 ff. 283 ff.; 19 (1914) 33 ff. Ein kleines Gebet unter des
Johannes Namen in syrischei- Sprache bei Nau ebd. 12 (^1907) 322.
A r s e n i u s.
2. —
Unter dem Namen eines Mönches Arsenius
liegen zwei kleine Schriftstücke vor, von denen das eine „Doctrina
et exhortatio", bibacTKaXia Kai TrapaivecTK; das andere ..In nomicum .
tentatorem". de, töv Treipaaiiiv vo|uiköv, betitelt ist (Migne. PP. Gr. (5(5,
1(517 — Das erste ist eine Mahnrede an Mönche (dbeXcpoi Kai
1(526).
TTaxepeq). welche darauf dringt, vor allem den inuern Menschen zu
kasteien. Das zweite, erst 1838 durch Mai ans Licht gezogen und
allem Anschein nach nur bruchstückweise erhalten, handelt über den
den Herrn versuchenden Gesetzeskundigen (Lk 10, 25 ff.). Als Ver-
fasser gilt der vornehme Römer Arsenius, welcher von Kaiser Theo-
<iosius d. (Jf. luicli Konstantinopel berufen und mit dt^' Erziehung der
S 47. .-Vuvijtisclic Müiiclic. 1. .IiiliaiiMcs Knlciltiis. 2. Arsciiiiis. 3. Isaias. 95
coriim I'atrum auctarium novinsimum. Paris. 1672. 1. 1. oOl f.: .In nomicuni
tentatorem" zuerst bei A. Mai. Classici Auctoies 10. Komae ISoS, 558 —
557.
Da.s Enkomium auf Arsenius von Theodor Studita, am Sclihisse verstümmelt,
in den Acta SS. lulii 4, Antverpiae 1725. (il7 —
Ool, und danach bei Migne.
l'P. Gr. 99, 849 —
SS2: nach einer besseren Handschrift vollständig bei Th. Nissen
in den Byzantinisch-Neugriechischen Jahrbüchern 1 (192()) 241 262. Eine —
mir nicht zugänglich gewesene griechische Vita S. Arsenii führen die Bollandisten
in der Bibliotheca hagiographica graeca, 2. ed., BruxelHs 1909, 26. auf. Ein-
läfliliche Erörtei-ungen über den Lebenslauf des Heiligen bei Tillemont. Memoires
pour servir ä Ihistoire eccies. 14. Paris 1709. 676 702 795 797. sowie in — —
den Acta SS. lulii 4. Antverpiae 1725. 605 616. —
3. Isaias. —
Ein kurzes Leben.sbild des Mönches Isaias. welcher
sich zum Monophysitismus bekannt hat. verdanken wir der Feder des
Monophysiten Zacharias Rhetor ". Ein geborener Ägypter, suchte Isaias
schon in jungen Jahren die Sketische Wüste auf, um durch strengste
Buße und Entsagung dem Beispiel des großen Vaters Antonius nach-
zueifern. Gott segnete seine Mühen und würdigte ihn verschiedener
Geistesgaben, insbesondere der Gaben der Weisheit und der Prophetie.
so daß man ihn den zweiten Propheten Isaias nannte. Als er jedoch
infolgedessen von nah und fern um Rat und Hilfe angegangen wurde,
floh er aus Liebe zur Einsamkeit von Ägypten nach Palästina, wo er
sich zunächst in der Wüste bei Eleutheropolis und sodann in der Gegend
von Gaza niederließ. Er starb am 11. August 488'.
Zacharias kennt auch Schriften des Isaias: „x\b hoc autem com-
posita sunt scripta multa de admonitione et aliis vitae monachicae
rationibus." Und wenn nicht alles trügt, liegen diese Schriften wenig-
•'
'
Siehe den Text bei Migne 6ö, 87-108.
- Nie. Call., Hist. eccl. 12. 23: Migne 14G, 81(i.
'
Diese ,Vita Isaiae" syrisch und lateinisch bei Brooks im Corpus scrijjt. Christ.
Orient.. Scriptores SjtI. Ser. .3, t. 25. Paris. 1907. 1— Ki im syrischen. 1—10 im
lateinischen Texte.
* Vgl. Vailhe in den Echos d'Orient 9 (1906) 81 ff.
'
Bei Brooks a. a. 0. 8 im lateinischen Texte.
9() l'if gi'iecliisclu' Literatur ili's fiiiiltfii JaliiliiiiKlerts.
des Rufinus und des Palladius längst Kunde gegeben hatten von einem
Mönche Isaias. welcher im 4. Jahrhundert in Ägypten lebte und (in
der Sketischen Wüste y) ein Kloster erbaute '. Diesen älteren Isaias hat
man allgemein für den mutmaßlichen Veifasser der genannten .Orationes"
gehalten, bis Krüger mit Berufung auf Zacharias Rhetor als Anwalt
des jüngeren Isaias auftrat - und auch sofort die Zustimmung der Fach-
genossen fand. Eine literarische Tätigkeit des älteren Isaias ist über-
haupt nicht bezeugt. Die „Orationes" aber entsprechen einerseits
inhaltlich dem Zeugnis des Zacharias Rhetor und weisen anderseits
selbst deutlich auf den jüngeren Isaias hin. wenn sie gleich keinerlei
Spuren monophysitischer Denkweise zeigen, weil sie auf die Christo-
logie nicht eingehen.
In der nach einer griechischen Handschrift gefertigten Übersetzung
des Zinus, auf welche wir auch heute noch angewiesen sind (Migne,
PP. Gr. 40. 1105 —
1206). werden 29 an Umfang sehr ungleiche „Ora-
tiones" gezählt". Die meisten Nummern sind Lehrvorträge an jüngere
Brüder, die sich der Leitung des Meisters unterstellt haben, über die
verschiedensten Seiten des Mönch.slebens. sententiös gefaßt und reich
an goldenen Worten, wie sie nur aus persönlicher Erfahrung quillen.
Nr. H. .Isaiae abbatis apophthegmata" überschrieben, reiht einige Dicta
aneinander, welche bei zerstreuten Gelegenheiten gesprochen wurden.
Nr. 14. ..Isaiae abbatis luctus et lamentatio". macht zunächst den Ein-
"
druck eines Selbstgesprächs, mündet aber schlieMich aucli in eine
Mahnrede an Brüder. Die ungewöhnlich lange Oratio 25. „Eiusdeni
ad Petrum alibatem discipidum suum". ist ein Brief, und zwar ein
Antwortschreil)en über die Notwendigkeit des steten geistlichen Kampfes,
und wenn mit der Anrede an den Adressaten (.frater") die Anrede
an eine Mehrheit (..fratres") abwechselt, so wird an die Genossenschaft
zu denk(^n sein, der Abt Petrus vorstand. Die unmittelbar folgende-
'
Ruf.. Hi.st. impnatlionim 10; Miyiie. IT. Lat. 21. 42Sf.;.ilas griefhisilie (>ri-
i^inal bei Preusclicn. Palladius und Rufinus, Gießen 1897. (i.'i f. Pallad.. Hist. Laus. 14.
i-d. Butler 2. 31 ff.
- Krüger
Ahrens und Krüger. Die sog. Kirchengesch. des Zacharias Rhetor.
bei
iicipzig 1899.385 f.. sowie in der Byzant. Zeitschr. 8 (1899^ 308. Auch der Abt
Isaias der .Apophthegmata PatruuT Miguc. PP. Gr. Gf), 179 184 ist wohl ohne
Zweifel der jüngere l.saias.
Zwei grieeliisclie der Nationalbibliothek zu Paris eod. S7)'> du
Hand.sclirifteii
fonds grec .saec. XII und cod.
de C'oislin saec. XP: zählen ."{0 Nuninu'rn. H. Dinont.
12.'}
Die ,Vita Isaiae" des Zacharias Rhetor ward in altsyrischer Version heraus-
gegeben von J. P. N. Land. Anecdota Syiiaca '6, Lugduni Bat. 1870, o4B 356. —
und nach dieser Ausgabe ins Deutsche übersetzt von K. Ahrens bei Ahrens und
Krüger, Die sog. Kirchengeschichte des Zacharias Rhetor. Leipzig 1899. 2(53
bis 274; vgl. die Anmerkungen Krügers ebd. 385 —
387. Syrisch und lateinisch
ward das Schriftchen von neuem herausgegeben durch E. W. Brooks im Corpus
scriptorum christianorum orientalium. Scriptores Syri. Ser. 3. t. 25, Paris. 19tb
1— It) im syrischen. 1 —
10 im latemischen Texte. M. A. Kugener. Observa-
tions sur la Vie de Fascete Isafe etc. par Zacharie le Scolastique: Byzant.
Zeitschrift 9 (1900) 4(i4 —
470. S. Vaillie. Un mystique monophvsite. le moine
Isafe: Echos d( »lient 9 a9()()) 81— 91. —
Die Isaias-Texte bei Migne. PP. Gr. 40.
sind aus Gallandi. Bibl. vet. Patnim 7. Venet. 1770. herübergenommen. Die
Praecepta seu consilia abbatis Isaiae bei ]\Iigne. PP. Lat. 103. 427 434. sind —
aus L. Holstenius. Codex regularum monasticarum et canonicarum. Augustae
Vindel. 1759. 1. G—
9. abgedruckt.
durch Abt Pgol gegründeten sog. Weißen Klosters bei Atripe in der
Thebais am westlichen Nilufer, gegenübei- Panopolis oder Achmim.
VjT soll ein Altei' von llS.Iahren erreicht haben'. Im Jahre 431 be-
gleitete er (\vrillus von Alexandrien nach Ephesus, um gegen Xestorius
Zeugnis abzulegen. Dem Konzil zu Chalcedon hat er nicht beigewohnt,
obwohl er nicht schon 451 oder 452, wie man bislang anzunehmen
pflegte, sondern erst 4G() gestorben zu sein scheint-. Über seine
Stellungnahme zum Monophysitismus liegen überhaupt keine Nach-
richten vor Jedenfalls ist Schenute, wenngleich von keinem griechischen
'.
t'ingetreten war.
•'
V.ifl. etwa Ladeiize. Ktnde siir le ('.'nohit isnie l'akliDinien. l.oiivain ISW. -Jö.'J f.
'
A\ul. l.<'i|)o|,lt. S.liciilKc \(iii Atrijie 'XW.
S 47. Agj'ptisclic Mniiclif. 4. Scliciiiitc von Atripc. 99
E. Tisserant (Etüde sur une traduction arabe d"un sermon de Schenoudi: Revue
de TOrient Chret. lo [19()S] S1^S9) handelt über eine arabische Predigt, welche
zur Umkehr und Buße mahnt. A. Grohmann edierte und übersetzte -die im
Äthiopischen. Arabischen und Koptischen erhaltenen Visionen Apa Schenutes
von Atripe": Zeitschr. der Deutschen Morgenland. Gesellsch. (i7 (191 o1 1S7
bis 2(>7; ()S (1914) 1 —
46. Von den äthiopischen Visionen und der koptischen
Vision war im Texte die Rede. Das arabische Stück (a. a. O. ()S [1914] 1 ff.)
Diese Apokalypse ward nach einem koptischen Manuskript ins Deutsche über-
'
setztdurch (Jrohiiiann in der Zeitschr. der Deutschen Morgenland. Gesellsch. (j8 ,1914
32 86. Die Angabe (uohniamis. daß der koptische Text in den 1908 von Leipoldt
herausgegebenen Werken Schenutes gedruckt sei. muß auf einem Irrtum beruhen.
Über die Echtheitsfrage s. Leipoldt, Schenute von Atripe 20(i ff.
Siehe Grohmann a. a. 0. 67 ,1913) 2U7 ff.
-'
suchungen zur Gesch. der altehristl. Literatur 25. 1). Leipzig 190o. Vgl. Lei-
poldt in der .Geschichte der christlichen Literaturen des Orients" (Die Litera-
turen des Ostens in Einzeldarstellungen 7. 2). Leipzig 1907. 14(5 15o. —
Von Besä, dem und Nachfolger Schenutes. haben sich gleich-
Schülei-
falls Briefe und Predigten erhalten. Siehe Ladeuze a. a. O. 154: Leijtoldt in
seinem Buche über Schenute 17. in der .Gesch. der chri.stl. Literaturen des
Orients" 15o.
'
Bei Phiit.. Hilil. cod. -J-iS: Migne, PF. Gr. 103, %4. Die Worte AXetavbpeü«;
bi TÖ Y6V0C oÜTOc i-|v g«'hören nicht Ephräm. sondern Photius an. wollen aber allem
Anschein nach das wiedergeben, was Ephräm ausführte.
Über die betreffende .Xliliandlung Sickings im holländischen .Katholiek". .lahrg.
'-'
1SH)<>. mir U-ider nicht zugänulich. vgl. Vvkoukal in der Kevne d'bistoire eccles. 13
'JfM-J 414 f. .\ucli die Schrift von E. Houvy, De Isidoro Peliisiota. Nemausi 1NS4.
habe ich zu meinem Hedauern nicht selbst einsehen können.
§ 47. Äg3'ptisflie Mönche. 5. Isidor von Pclnsium. 101
Vorgänge auf dem Konzil zu Ephesus und sind ohne Zweifel in das
Jahr 431 zu setzen. Ein anderer Brief an Cyrillus (1, 324) zielt auf
die Unionsverhandlungen des Alexandriners mit den Antiochenern und
mag in das Frühjahr 433 fallen-. Spätere Zeitspuren enthalten die
Briefe, soviel ich sehe, nicht. Mit Unrecht hat T i 1 1 e m o n t Hinweise
oder Anspielungen auf die eutychianischen Streitigkeiten wahrnehmen
wollen. Um 435 wird wohl auch das Ende der irdischen Laufbahn
Isidors anzusetzen sein^. Die Briefsammlung würde demnach einen
—
Zeitraum von etwa vier Dezennien (393 433) umspannen, und während
dieses Zeitraums hat Isidor allem Anschein nach ununterbrochen als
Abt und Priester zu Pelusium gewirkt. Bei Irenäus von Tyrus, dem
Apologeten des bzw. dem lateinischen Uberarbeiter des
Ne.storius.
Werkes des ward Isidor «presbyter et abbas Pelusiota", bei
Irenäus.
Fakundus von Hermiana „presbyter Aegyptius Pelusiota" genannt*.
Fakundus hat Anlaß, hervorzuheben, daß Isidor bei hoch und niedrig
•
eine ungewöhnliche Verehrung genossen, was übrigens auch Ephräm
•
PP. Gr. 146, 1252.
Nie. Call.. Hist. eccl. 14. 53; Migne.
-Unter rd vöv Y^TPamLieva oox Ep. 1, 324 ist vielleicht Cvrills Ep. 3i>. das
Friedensschreiben an .Johannes von Antiochien. verstanden.
•'
Vgl. Fessler-.Tungmann. Institutiones Patrologiae 2. 2. 181.
^ SjTiodicon adv. tragoediam Irenaei c. (j : Migue. PP. (!r. 84. ")87. Fac. Herni..
Pro defens. trium capit. 2. 4: Migne. PP. Lat. tJT. 573.
.
der Text nur aus einem einzigen Satze besteht oder der vorauf-
geschickten Inhaltsangabe nicht gerecht ^^^rd-. Dagegen dürfte der
ab und zu ausgesprochene Verdacht, es möchten auch ganz unechte
Stücke Aufnahme gefunden haben, unbegründet sein. Xach dieser
Richtung hin wird die Überlieferung volles Vertrauen verdienen. Alle
uns erhaltenen Handschriften sind, so darf jetzt wohl behauptet werden,
in letzter Linie aus einem -Corpus Isidorianum" geflossen, welches nicht
lange nach Isidors Tode, jedenfalls noch im 5. Jahrhundert, im Akoimeten-
kloster zu Konstantinopel angelegt worden ist. Dasselbe bestand aus
vier Bänden, von welcher ein jeder 500 Briefe enthielt, umfaßte also
im ganzen 2000 Briefe. Irenäus von Tyrus hat es gesehen und be-
nützt'. Dieses -Corpus" nach Möglichkeit wiederherzustellen, wird
ein neuer Herausgeber Isidors sich zum Ziele setzen müssen.
Der Form nach sind die Briefe kunstgerechte Must^rbriefe, von
vornherein auf die Öffentlichkeit berechnet und mit Fleiß und Ver-
'
Fac. Herrn, a. a. 0.: ,vir sanctissimus et magnae in ecclesia Christi gloriae . .
qui etiam pro vitae ac sapiontiac suae meritis ut pater ab ipso Cyrillo et honoratii.>^
est et vocatus^. Vgl. dazu Isidors Brief 1. 370. Ephr. Ant. a. a. O.: Kai xcic äpX't-
peüöiv uiht'ömoc. In <leni Rri« 1'
1. 2H! nin(.< Isidor sich seihst gegen ühertriehene
^'eI•(•]nlln^ weinen.
-'
Fe.ssler-.Tuni;niaiiii a. a. < >. i^. l'. l.'5"J.
Synod. adv. trau. Iren. a. a. <>.: vgl. aucli Fac. Herrn, a. a. >. ( Näheres liei
Turner im .Innniai ..f Tlie.d.iü. Stndi.'s (i litO.'. 70 tt'.: Lake ehd. 270 tl".
4} 47. Ägyjttisclu' Müiiclic. .j. Isidor von Pclusiiini. 103
ständnis ausgefeilt. Schon Photius hat sehr treffend Basilius den Großen,
Gregor von Nazianz und unsern Isidor als die altchristlichen Meister
des Briefstils bezeichnet und Isidor im besondern ein Vorbild (Kavöiv)
nicht bloß des priesterlichen und aszetischen Lebenswandels, sondern
auch des schriftlichen Ausdrucks (Xötujv) genannt'. Wie jene Kappa-
dozier, so hatte auch Isidor aus antiken Quellen getrunken und den
angeborenen Sinn für Formschönheit an den Werken der ersten
Klassiker geschärft. Er schreibt selbst einmal an den Grammatiker
Ophelius: „Die Sprache des Briefes (6 eTTiaioXiiuaio? x«paKTnp) soll nicht
ganz des Schmuckes entbehren, aber auch nicht bis zur Ziererei oder
Weichlichkeit mit Schnmck überladen sein" (5, 133). Er gibt auch der
Überzeugung Ausdruck, dafs aus dem, w^as die Philosophen über die
Tugend gelehrt haben, auch der Christ der Biene gleich Nahrung ziehen
kann (2, 3), daß auch die weltlichen Wissenschaften ihren Wert haben,
wenn sie durch die göttliche Wahrheit verklärt werden (3, 65). Er kennt
und schätzt vor allem die damals in den Schulen, den christlichen
wie den heidnischen, eifrig gelesenen vier Autoren, Demosthenes, Plato,
Aristoteles und Homer. Seine Zitate aus „dem Redner" sind so zahl-
reich, daß sie von Fr. Blaß zur Texteskritik der Demosthenes-Reden
herangezogen wurden -.
Der Inhalt der Briefe ist. wie bereits aus dem Vorstehenden in
etwa erschlossen werden kann, ungewöhnlich abwechslungsreich. Die
üblich gewordene Unterscheidung dreier großen Gruppen, moralisch-
aszetischen, dogmatischen und exegetischen Inhalts, leidet an dem
Fehler, daß sie die nicht theologischen Briefe ganz außer Betracht
läßt. Was diese Briefe angeht, so mag hier wenigstens bemerkt werden,
daß Isidor es ausdrücklich als seine Aufgabe bezeichnet, sich bei den
Staatsbehörden für das Wohl der Stadt Pelusium zu verwenden (2, 25:
vgl. 1, 175); daß er den „praefectus Aegypti"'' Quirinius seiner Gewalt-
taten wegen scharf zur Rede stellt (1, 174 —
175) und den „praefectus
praetorio" Rufinus ersucht, gegen Quirinius einzuschreiten (1, 178); daß
er dem Kaiser Theodosius II. Milde und Freigebigkeit als vornehmste
Herrschertugenden an das Herz legt (1, 35).
Von dem aszetischen Leben ist begreiflicherweise sehr häufig
die Rede. Die freiwillige Armut und Enthaltsamkeit gilt Isidor als „die
Philosophie der Jünger des Herrn" (1, 63) oder auch als „das Reich
Gottes" (1, 129); aber die Aszese allein genügt nicht (1, 468), es müssen
alle Gebote befolgt und alle Tugenden gepflegt werden (1, 278). Das
'
PP. Gr. 102. 861.
Phot.. Ep. 2. 44: Migne,
Gewissenhafte Untersuchungen über die Zitate Isidors aus klassischen Autoren
-
vinzen, in welche Ägypten damals abgeteilt war. A'gl. M. (relzer. Studien zur byzant.
Verwaltung Ägyptens. Leipzig 1909. 5.
]()4 Ri<' yriccliisclir Litciatiir des riinrtcii .Iiiliilimnlcrts.
jungfräuliche Leben steht so hoch über dem ehehchen Leben wie der
Himmel über der Erde oder dem Leibe (4. 192), aber
die Seele über
Jungfräulichkeit ohne Xächstenliebe oder Jungfräulichkeit ohne Demut
liat keinen Wert (1. 2SG). Das sind die Voraussetzungen zahlreicher
Mahn- und Strafbriefe, welche Isidor an
unwürdige oder schwache Mit-
glieder des Mönclisstandes richtet. Mit erschütterndem Ernste hält er
ihnen die Forderungen ihies Berufs vor Augen. Verwandte Töne er-
klingen in den Briefen an pflichtvergessene Priester. Namentlich mit
Bischof Eusebius von Pelusium und seinen Klerikern Zosimus, Maren,
Martinianus usw. führt Isidor einen harten Kampf. Ilir anstößiger Lebens-
wandel schmelzt ihn um so tiefei', je höher er ihre priesterliche Stellung
weitet. „Das Priestertum", schreibt er (2, 52), „ist etwas Göttliches
und das Erhabenste von allem, was es gibt .: denn durch seine . .
Vermittlung erlangen wir die Wiedergeburt und werden wir der gött-
lichen Geheimnisse teilhaftig, Gnaden, ohne welche wir nach den un-
trüglichen Aussprüchen der Wahrheit (Jo 3, 5 und (5, 53) die himm-
lischen Güter nicht erreichen können. Deshalb wollen wir das . . .
wahre und über alles erhabene Gott ist wahrhaft Mensch geworden,
ohne Aufgabe dessen, was er war, und unter Annahme dessen, was
er nicht war, ein Sohn aus zwei Naturen (eK qpucreuuv buoiv). ohne
Anfang und ohne Ende, zeitlich und ewig" (1, 323) \ W^enn er sich
anderswo veranlaßt sieht, Cyrillus vor Leidenschaftlichkeit im Kampfe
gegen Nestorius zu warnen (L 310), so steht er, wie er übrigens selbst
sagt, unter dem Eindruck von Klagen und Anschuldigungen, welche
von den Gegnern Cyrills zu Ephesus ausgegangen waren. Als Cyrillus
mit diesen Gegnern über einen Friedensschluß verhandelte, glaubte
Isidor ihn mahnen zu sollen, nicht sich selbst untreu zu werden uiul kein
Jota vom Dogma preiszugeben 324) An Kaiser Theodosius richtete( 1 ,
-.
er die Bitte, dem Treiben jener Hof beamten zu steuern, welche sich ,
- Dit' zwfi Hiicff 1. .'J-2.'i iiiui 1. ',V2A niaclu'ii tliircliaus tk-ii luiHlimk auscMiiamlor-
Äeris-Sfiirr Stücke tincs imd (Ifssclhcii HiiflV's.
§ 47. A,ii;ypti.schc .Müiiclif. '>. Isidor von IVIusium. \{)ö
wird und auf dem mystischen Tische das gemeine Brot zu dem Leibe
des Herrn macht" (onrocpaivov, 1, 109)'. Den Arianern, deren er sehr
häufig gedenkt, hält er einmal vor, daß „die unbefleckten Geheimnisse
entwürdigt werden, wenn sie als eines Menschen Leib und Blut gelten
sollen" (4, !()()). Auch die Lehre des Origenes von einem vorzeitlichen
Falle der Seelen wird bekämpft (4. 163) und anderseits eine Lanze
für die Auferstehung des Leibes eingelegt (2, 43).
Sehr viele, ja die meisten Briefe .sind exegetischen Inhalts. Die
vorhin genannte Ausgabe vom Jahre 1638 betitelte sich: „S. Isidori
Peius, de interpretatione divinae scripturae epistolarum libri quinque."
Das Studium der Heiligen Schrift hat Isidor aufs angelegentlichste
empfohlen und off'enbar selbst aufs eifrigste betrieben. Die biblischen
Bücher, welche die Kirche als solche anerkennt, sind ihm „Leitern,
auf denen man zu Gott emporsteigt", ihr Inhalt ..reines Gold, geläutert
im Feuer des göttlichen Geistes der Wahrheit" (1, 369). Manche seiner
Einzelerklärungen sind nicht ohne dieses oder jenes Interesse. Über
das dunkle „Etham" Ps 73, 15 sei aus der Archäologie des Josephus
Aufschluß zu gewinnen (2, 6(6)^. Die „Phylakterien" Mt 23, 5 seien
kleine Täfelchen mit Gesetzesstellen gewesen, welche die Lehrer der
Juden getragen hätten, „wie jetzt die Frauen kleine Täfeichen mit
Evangelienstellen" (2, 150). An der Stelle Kol 1, 15 (rrpouTÖTOKot; Tidcrn«;
LKTiaeuji;) solle man nicht das passive irpujTÖTOKoq, ..zuerst geboren",
Gn 27, sei ein Typus des mit der sündigen Menschennatur bekleideten
Christus (1, 193). Die Kohle auf dem Altar Is 6. 6 bezeichne die
'
Dementsprechend heißt es 1. 318. der göttliche Geist mache [ip'fdZi^rux den
Wein zu dem Blute Christi.
- Des
Josephus Werke hat Isidor häufig zitiert und augenscheinlich gut ge-
kannt ; siehe Bayer. Isidors von Pelusium klass. Bildung 78 ff.
lOf) Die grii'cliisclR- Litiiatiir des fiinftfii .Taliiluindfits.
göttliche Wesenheit, und die Zange, mit der die Kohle gefaßt wird,
die Menschheit Christi (1, 42).
Einige Briefe haben die Vermutung herausgefordert, es seien ander-
weitige Schriften des Verfassers zu Grunde gegangen. Zweimal ver-
weist Isidor auf eine ältere Abhandlung gegen die Heiden. Xöfoq irpög
'EXX)iva(; (2, 137 und 228), in welcher laut der einen Stelle die
schreiende Ungleichheit des Loses der Menschen auf Erden, laut der
andern die Torheit der heidnischen Mantik zur Sprache gekommen
war. Einmal zitiert er einen Aufsatz über die Nichtigkeit des Fatums.
Xo-fibiov Tiepi toO ui] eivai ei,uapuevi"|v (8, 253). Daß es sich indessen
um abhanden gekommene Schriften apologetischer Tendenz handle,
ist bei dem gänzlichen Mangel an sonstigen Zeugnissen über derartige
Schriften wenig wahrscheinlich. An allen drei Stellen dürfte vielmehr
einer der erhaltenen Briefe Rede
stehen, der umfangreiche Brief
in
an den Sophisten Harpokras (3, 154), welcher dem haltlosen Glauben
an ein Fatum die Lehre von der alles regierenden göttlichen Vorsehung
gegenüberstellt und die Lösung der Rätsel des Diesseits vertrauensvoll
im .Jenseits suchte
Der volle Titel der wiederholt angeführten Pariser Ausgabe vom Jahre
lüo<S lautet: -S. Isidori Peius, de interi)retatione divinae scripturae epistolanun
libri quinque. quorum tres priores ex interpretatione Cl. V. lac. Billii Prunaei.
<|uartus autem a Cunrado Rittershusio ... et quintus ab Andrea Schotto ....
nunc primum in Gallia prodeunt.'" Die editio princeps von J. Billius. drei Bücher
Briefe umfassend, war 1585 zu Paris erscliienen. C. Rittershusius fügte ein
viertes Buch hinzu. Heidelberg 1(305: A. Schottus veröffentUchte ein fünftes
Buch. Antwerpen lG2o. Später lieferte P. Possinus in seinen ,Isidorianae Col-
lationes*". Rom 1670. einen Variantenapi^arat zu der Pariser Ausgabe vom Jahre
IGoS. und in dem Abdruck dieser Ausgabe bei Migne. PP. Gr. 78. Paris 18G().
ist von den Nachweisen des Possinus reichlicher Gebrauch gemacht worden.
Vgl. über die genannten Ausgaben C. H. Turner im Journal of Theolog. Studies 6
(1905) 78 ff. —
Einer neuen Ausgabe sind in jüngster Zeit durch ^^elfache
Untersuchungen über die handschriftbche Üljerlieferung die Wege bereitet worden.
V. Lundström (De Lsidori Pelusiotae epistolis recensendis praelusiones Erano^ :
2 [1897] 68—80) gibt als Probe einer neuen Ausgabe den Text dreier Briefe
(2. 212; 1. 1 —
2) nach früher nicht benützten Handschriften. G. Mercati
(Note di letteratura biblica e cristiana antica: Studi e Testi 5. Roma 1901.
—
82 8(i^ handelt über zwei Briefe Isidors {1. 39 und 3. 219). welche in einer
vatikaniscben Katenenliandschrift des 11. Jahrhunderts einem Dionysius (ge-
meint ist wohl der Pseudo-Areopagite) zugeeignet werden. Sit^he auch N. Capo.
De 8. Isidoii Pelusiotae epistnlarum recensione ac niunero (piaestio Studi ita- :
Die sechs Sentenzen, welche die . Apophthegmata l'atrum" Migne. PP. Cn:
'
• Jf). •224 dem .Ahte Isidor Vdu Pehisiuni" zueignen, sind sämtlich unseni Briefen
'22\
enth'hnt. wie schon die .\nmerkungen bei Migne zeigen. Ebendies gilt auch von
den Scholien unter Isidors Namen in exegetischen Katenen vgl. etwa M. Faulhaher. :
I'I*. (ir. .S4. 5S8 — 587). die übrigen o() nach einer Handschrift zu Monte Ca.ssino
durch die Herausgeber der IJibliotheca Casinensis 1 (1.S7H) Appendix. Flori-
legium Casinense 7 —24: sämtliche 49 mit Benützung beider Handschriften
dui'ch H. Aigrain. Quarante-neuf lettres de S. Isidore de Peluse. edition critique de
l'ancienne version latine contenue dans deux manuscrits du Concile d'Ephese. Paris
1911. ^^. Alle diese Briefe sind auch im griechischen Original erhalten. Die latei-
nische tibersetzung ist jedoch von nicht unerheblichem textkritischen Wert.
Über einzelne Seiten des Inhalts der Briefe handeln P. B. Glueck. Isidori
Pelusiotae Summa doctrinae moralis. Herbipoli 1S4.S. <S". L. Bober. De arte
hermeneutica S. Isidori Pelusiotae. Cracoviae 1S7S. S". N. Capo. De Isidon
Pelusiotae epistularum locis ad antiquitatem pertinentibus: Bessarione Ser. 2.
vol. 1 (190102) ;>42 'MY.^. E. Lyon. Le droit chez Isidore de Peluse: Etudes
d'histoire juridique offertes ä P. Fr. Girard 2. Paris 1918. 209—222. Über —
Isidor im allgemeinen handeln Tillemont. Memoires pour servir ä l'hi.stoire
eccles. 15. Paris 1711. 97 —
119: vgl. <S47. H. A. Niemeyer. De Isidori Pelu-
siotae vita. scriptis et docti-ina commentatio historica theologica (Diss. inaug.\
Halae 1.S25. S«: abgedruckt bei Migne. PP. (ir. 7S. 9—102. E. L. A. Bou^y.
De S. Isidoro Pehisiota libri tres (Thesis). Nemausi 1SS4. 8". L. Bayer. Isidors
von Pelusium klassische Bildung (Forschungen zuichristl. Literatur- und Dogmen-
;esch. lo. 2). Paderborn 1915.
6. Apophthegmata Patrum. —
Die -Apophthegmata Patrum", welche
Jn diesem Paragraphen wiederholt angezogen wurden (Migne. PP. Gr. 65. 71
tbis 440). sind eine anonyme Sammlung von Lehrsprüchen berühmter Geistesmänner
[und Tugendbeispielen aus ihrer Lebensgeschichte. In alphabetischer Reihenfolge
Iwerden Abte und ^lönche mit Namen aufgerufen und von einem jeden derselben
[eine Anzahl Worte oder Taten. Xö^oi oder epY«, mitgeteilt. Der erste ist -Abt
[Antonius", der letzte -Abt Or" {Qpl Als Quellen sind teils biographische
[Überlieferungen teils lehrhafte Abhandlungen benützt. Die dem -Abte Isidoi-
'von Pelusium" zugeeigneten Sentenzen sind, wie vorliin bemerkt, sämtlich den
Briefen Isidors entlehnt. Die dem .Abte Nilus'" in den Mund gelegten Sprüche
sind fast sämtlich der Schrift des Nilus -De oratione" (Migne a. a. O. 79. 1165
bis 1200) entnommen. Den Beweis im einzelnen erbrachte schon der Herausgeber
des Welkes. .1. B. Cotelerius. Ecclesiae Graecae monumenta 1. Lutet. Paris. I(i77.
—
338 712. in seinen Randbemerkungen zum Texte. Doch hat der Verfasser
oder Kompilator. wie er selbst in seinem Vorwort (Cotelerius a. a. 0. 339^ er-
klärt, nicht unmittelbar aus den Quellen, sondern aus älteren Apophthegmen-
Sammlungen geschöpft. Diese älteren Sammlungen, welche gleichfalls anom^u
umliefen, schienen ihm einer entsprechenden Ordnung und Gliederung zu er-
mangeln (airfK6xiiM€vri kui dm'ivTaKToc; ouffa tlDv txoKKöjv n biriYrimi;). weil sie
von einem und demselben Vater an sehr zerstreuten Stellen handelten. L'm
eine be(|ueme Übersicht zu ermöglichen, hat er alles das. was sich auf den-
selben Vater bezog, zu einem eigenen Abschnitt zusammengefafät imd die ein-
zelnen Väter nach den Anfangsbuchstaben ihres Namens aneinandergereiht. Die-
jenigen Xö-foi und irpctSeiq aber, welche ungenannten Vätern zugesclu'ieben
wurden, hat er in einen Nachtrag am Schlüsse des Alphabets verwiesen. Dieser
Nachtrag oder Anhang des Werkes muß abhanden gekommen sein: der vor-
liegende Text bricht mit dem Schlüsse des Alphabets ab.
:
Sammlung enge verwandt sind, von Haus aus wohl noch enger als jetzt ver-
wandt gewesen sind. Spätere Leser haben hin und wieder Erweiterungen oder
Kürzungen vorgenommen. Beliebten Erbauungsbüchei-n. ohne Verfassernamen,
glaubt jede Provinz und jede (lenei-ation eine ihren besondern Wünschen zu-
sagende Gestalt geben zu dürfen. Näheres über diese Sammlungen bei C. Butler.
The Lausiac History of Palladius. Cambridge 1898. 208 214 vgl. 77 ff. M. Chaine. — :
Le texte original des Apophthegmes des Peres Universite Saint- Joseph Bevrouth
:
'
WfiiM jt'dixli diese sachlich geordnete griechisclie Saminlinig l)ei IMmtius a. a. O.
als ein Auszug aus der sog. Grol.ien Wiese. aufKcqjaXcuujaic Kai öuvoviiic toO Me'fciXou
KuXouu^voo Xemujvapiou, hezeicJmet wird, so dürften die folgenden Worte zeigen,
daß unter <Iit (Iroßen Wiese nicht eine .Apoplitliegnien-Saunniuug zu verstehen ist
.so Hutler. Tlie liausiac History of Palladius. Caniluidge 1S!»S. l>10 f. . sondern eine
Sainuilimg von MüiHlisl)i(>i;ia]iliieii iiacli .\rt der .llisturia l.ausiaca".
S 47. A.ü:.v|»tiscli(' Möik-Iic 7. FAn Psciuloiiymus. 1(J9
aus der größeren sachlich geordneten lateinischen Sammlung (Migne. PP. Lat.
78. So') —1()"24) einHocht. Benedikts Worte .Licet legamus vinura omnino
monachorum non esse" können nur auf diese lateinische Sammlung hindeuten
wollen, in welcher Abt .Pastor'", d.i. Poemen erklärt: .quia vinum monachorum
omnino non est" (Migne 78. SdS) —
in der alphabetischen griechischen Samm-
lung lautet das Diktum: ö oivoij öXujq oük effTi tujv jiiovaxujv (Migne. PP. Gr.
(>."). o'2öV Benedikt schrieb um 5o(). jene lateinische Sammlinig muß also zu
Beginn des (>. Jahrhunderts vorgelegen haben, das griechische Original wird dem
5. Jahrhundeit angehören. Die alphabetische griechische Sammlung aber, welche
schon auf eine Anzahl älterer Sammlungen zuriickljlickt. mag um die Wende
des 5. zum (). Jahrhundert entstanden sein. Sie greift, soviel ich sehe, in keiner
Weise über den Ralunen des ö. Jahrhunderts hinaus (vgl. die von Fr. Dietrich.
Codicum syriacorum specimina. quae ad illustrandam dogmatis de coena sacra nee
non scripturae syriacae historiam facerent, Marburgi lS.i.3. (i. ausgehobenen Zeit-
spuren). Der jüngste der Geistesmänner, die sie einführt, ist der am 11. August
4SS gestorbene Abt Isaias (oben Abs. 3). Wiewohl indessen nur eine spätere
Kompilation, erweist sich diese alphabetische griechische Sammlung, soweit wir
sie noch kontroUieren können, in überraschendem Maße als zuverlä.ssig. Tlire
Vorlagen verdienten Vertrauen: die .dicta'" waren echt und die .gesta'' glaub-
würdig. Die Apophthegmen-Sammlungen sind schätzenswerte Quellen für die
Geschichte des Mönchtums.
7. Ein Pseudonym US. — Zum Schlüsse mag noch eines Mönches Er-
wähnung geschehen, welcher daran gefunden hat, unter der Maske eines
(iefallen
, Bischofs Agathonikus von Tarsus in Zilizien"" zu Schriftstellern. Sechs kurze
Traktate von seiner Hand in koptischer Sprache, nicht aszetischen. sondern
dogmatisch-polemischen Inhalts, aber stark populär gefärbt, sind kürzlich von
Crum herausgegeben imd übersetzt und von Ehrhard etwas näher gewürdigt
worden. Der erste derselben wendet sich gegen jenen Anthropomorphismus.
;egen welchen auch Cmllus von Alexandrien zur Feder griff, der zweite, aus
renigen Zeilen bestehend, handelt über die Auferstehung, der dritte imd der
vierte stellen Dialoge oder Streitreden dar. und zwar verteidigt der dritte den
Jlauben an die Auferstehung gegen die Bedenken des .Samariters Justinus".
rährend der vierte den .Zilizier Stratonikus" und Genossen und ihre Zweifel
an der göttlichen Vorsehung zu widerlegen sucht, der fünfte bekämpft den Un-
glauben überhaupt und der sechste zieht gegen die Entscheidung des Konzils
von Chalcedon zu Felde. Durch historische Unstimmigkeiten verschiedener Art
werden alle sechs Stücke als Pseudepigrapha entlarvt. Einen Bischof Agathonikus
von Tarsus in Zilizien hat es zu der hier in Frage kommenden Zeit überhaupt
nicht gegeben. Da das die fünf ersten Stücke enthaltende Manuskript um (5()(l
geschrieben ist. aber nicht als OriginaUiandschrift gelten kann, so muß die Ab-
fassung spätestens in das (>. Jahrhundert gefallen sein. Wahrscheinlich ist der
Autor in die zweite Hälfte des ö. Jahrhtmderts zu setzen und unter den mono-
physitischen Mönchen Ägyptens zu suchen. Der überlieferte koptische (saliidische")
Text wird nicht als Übersetzung aus dem Griechischen, sondern als Urtext an-
zusehen sein. Näheres bei W. E. Crum. Der Pap\Tuskodex saec. VI VII der —
Phillippsbibliothek in Cheltenham. koptische theologische Schriften, heraus-
gegeben und übersetzt, mit einem Beitrag von A. Ehrhard (^Schriften der Wissen-
schaft!. Gesellschaft in Straßburg. Heft^lS). Straßburg 1915.
Die iiiiccliisclic I.itciiitiii- <lrs l'üurtcii .lalirliuiiilcrts.
]|()
1 . Lebenslauf. —
Ein Kirchenschriftsteller eigener Art erstand
in Synesius, dem Platoniker in der Mitra. Er ist zwischen 370 und
375 zu Kyrene in der libyschen Pentapolis oder Kyrenaika geboren
worden als das Kind einer sehr alten, vielleicht der angesehensten
Adelsfamilie des ganzen Landes Seine höheren Studien macKte er zu '.
'
Ihren Ursprung führte die Familie auf den Herakliden Eur\-sthenes zurück,
dessen spartiatisclu' Naclikommen die dorische Kolonie zu Kyrene gegründet liatten.
Siehe Synes.. Ep. ;')? ;ed. Hercher (iG7 Kj). 11.'5 Hercher 7U9 Hynin.:37-39 ;ed. :
;").
Flach 44\ Auch in der Folge sollen die Ihiefe des Synesius nach der Ausgabe
Herchers Paris 1S73 die Hymnen nach der Ausgabe Flachs Tübingen 187^ und
.
die übrigen Schriften nacli der Ausgal)e Kial>ingers Landshut 1850 zitiert werden,
wenngleich es i)edauerlich bleilit. dal.i Krabinger eine von seinem Vorgänger Petavius
imd Migne al)\veicheiule Kapitelaltteiinng eingeführt hat.
Siehe die interessante Kp. 13<) Hercher 1'2'2
-'
.
Über die Datierung dt>s .\ufenthaltes zu Konstantinopel auf die .lahre 3it!t
•'
oder 400 W2 siehe Seeck im IMiilolo-us ,VJ 18!)3Wr)8 ff. v-i. Crützmacher. Synesio.s ;
* Dion c. 9 und c. 13 i^Krabiiiger 2(55 ii. 286). Vgl. aucli Ep. 154. an H^patia.
- Das Datum der Wahl ist wiederum unsicher. Seeck ;a. a. 0. 4G0 ff.") verlegt
dieselbe ins .Tahr 406. Vgl. indes ( irützmacher a. a. O. 131 f.
'
Ep. 67 Hercher 6S2^: öti civBpujTTO^ ^v äuapriaic, ÖTTÖTpoqpoc eKKXnaiac, äfw-
Tnv drepav i]yu6voc, Guaiaaxripiujv i'iHJÜuriv Geoö.
^ In der schönen Ep. 105.
112 ß'«' griocliischc l>itcr;itiii- «Ics riiiiftcii .liiliilminliTts.
keine Seele, die nicht vom Feuer des Glaubens durchhaucht und er-
wärmt ist." Synesius überlebte die Gefahr. Aber bald nachher scheint
^
'
Ep. 105 (Hercher 70;V ti'iv : v|iuxi'iv oük dEiujau,' Trote öubi^iuTOc; üöxepoYevfi
vo^ileiv' TÖv KÖauov oü cpt^auu köi xuWa inepii biacpGeipeöGai '
tt^v KoBujf.iiXi'mevi-iv
ävuOTuaw iepov xi Kai ÜTTÖpprixov riYHMai Kai ttoWoO b^iu ralq xoO -n-Xiieouc i'nro-
X'IHiecriv ö^oXo-ffiaai.
-'
Hi'känii)ft ward diese Dciituiii; uanifiitliili von KlcfViu r. Sviicsiiis von Kyrcnr.
l'adcilKiiii HH)1. 3K ff. Nacli ilim soll S.viio.sins in den aii,m'ZOi;t'nen Worten nur
Manycl ;m dogmatischer Klailicit bekunden, aber nichts Heterodo.\e.s behaupten.
Gegen Kleffner sielie Koch im Hist. .Talirb. -j:! llKli Kil' ff.
'
Catast. -2. (! .Krabinger ;i8«) .
'
Kraus in der Theol. Quartalschr. 47 J.Si)') 447.
'
Nach Sccck a. a. O. 4()7 würden die letzten sicher datierltarcn Uritdc dem
.lahrc los iingi'hc'ircii und Synesius auch schon 4üS gcstorl)eu sein.
1
H. Koch, Synesius von Kyrene bei seiner Wahl und Weihe zum Bischof: Hist.
Jahrbuch 23 (1902) 751 774. —
G. (irützmacher, Synesios von Kyrene, ein
Charakterbild aus dem Untergang des Hellenentums, Leipzig 191 H, 8". J. Stigl-
mayr. Svnesius von Kvrene. M§tropolit der Pentapolis: Zeitschr. f. kath. Theol.
"
38 "(1914) 509-563.
'
Kraus in den vorliin genannten Studien über Synesius aus den Jahren ISfiä
bis 1 8(3(5.
verlassen werde, dann werde ich erkennen, daß das Priestertum kein
Abfall von der Philosophie, sondern eine erneute Hingabe an dieselbe /
ist."- Daß er das wirklich erkannt hat, darf den bereits zitierten
Sätzen der Ansprache vom Jahre 412 entnommen w^erden. Zu einer
rein christlichen Denk- und Sinnesart aber ist der Philosoph auch in
der dritten Periode nicht durchgedrungen. Die Hymnen, die in diese
Tage fallen, sind zwar aus christlichem Geiste geboren, schwelgen
aber gleichwohl in mythologischen Reminiszenzen und platonisch-
plotinischen Termini. Außer Hymnen und Reden erübrigen aus der
dritten Periode auch ziemlich viele Briefe.
Synesius hat mit feinster klassischer Bildung ein nicht unbedeu-
tendes spekulatives Talent verbunden und hätte unter günstigeren
Umständen Hervorragendes leisten können. Was er hinterlassen, sind
nicht Früchte einer fertigen und abgeschlossenen Forschung, sondern
gelegentliche Niederschläge einer stetig fortschreitenden Entwicklung.
Zeugnisse des Werdeganges einer reichbegabten Persönlichkeit. Die
Nachwelt hat jedoch an seinen Schriften und insbesondere an seinen
Briefen großes Interesse genommen. Die Byzantiner schätzten dieselben
hauptsächlich als Vorbilder und Fundgruben attischen Stiles. Die Neuzeit
schätzt sie vornehmlich als Quellen für die Topographie der libyschen
Pentapolis und für die sonst so spärlich erhellte Geschichte einer Kirche,
die ihren Urspiung aus apostolischen Zeiten herleitet. Synesius dient
als Führer in dem Labyrinth gewaltiger Monumente, welche den Be-
sucher der Pentapolis in Staunen setzen. Denn mit seinem beredten
Munde verstununt uicli die Kunde von seiner Heimat.
'
De insonin. !• Kraliiiiun- :\-Ji . X-i. etwa Sclmiiilt. .^.viicsii pliilo-'^npliiinifiia
'
Siehe vor allemI*]]). 154 'Hercher 785 .Der Scbi-ift über die Jagd wird auch
Ep. 101 Hercher (i98, gedacht. Auf Lieder aus früheren Tagen blickt Synesius aucJi
in den Eingangsworten des ersten der erhaltenen Hymnen Flach 1 zurück.
-'
De insonni. 18 Krabingcr 352 : eiioi |nev ouv ßio^ ßißXia Kai 0npa, öti uri
TreirpeößeuKd iroTe.
S*
\Hy Die griccliisclic Litciatiir ilrs riinrtcii .laliiliuiulcrts.
nisse auf, auch der schmachvollen Tatsache gedenkend, daß die Ver-
teidigung der Grenzen des Reiches in den Händen von Barbaren liege,
und auf die Gefahr hinweisend, die vonseiten dieser Barbaren selbst dem
Reiche drohe. Kühner als er, schreibt er einige Jahre später, habe
noch nie ein Hellene vor dem Kaiser gesprochen'. Außer dem frei-
mütigen und mannhaften Tone ist aber auch der Adel des Gedankens
und der Sprache mit Recht viel gerühmt worden.
Noch etwas tiefer Zustände und Vorgänge am
leuchtet in die
kaiserlichen Hofe eine Schrift hinein,
welche zu Konstantinopel in
Angriff genommen, aber vermutlich erst nach der Rückkehr in die
Heimat zum Abschluß gebracht wurde: „Die Ägypter oder über die
Vorsehung" (Aiyütttioi- \] Trepi Tipovoiag: GG, 1209 1282). Unter der —
Hülle des ägyptischen Mythus von dem ungleichen Brüderpaar, dem
guten Osiris und dem bösen Typhos, beschreibt Synesius hier die in
der Hauptstadt sich abspielenden Kämpfe zwischen dem ihm befreun-
deten Aurelianus, welcher im Jahre 400 orientalischer Konsul war.
und einer andern einflußreichen Persönlichkeit, welche nicht mehr
mit Sicherheit zu identifizieren ist, nach Seeck dem älteren Bruder
Aurelians, Flavius Cäsarius. welcher 397 das Konsulat innegehabt hatte.
„Die lebensvolle Erzählung ist in das mumienhafte Gewand der xVlle-
gorie gekleidet und von einer Wolke mystischer Spekulation umdampft.
Der Verfasser rühmt sich selbst der Vielseitigkeit seines Werkes, das
zugleich philosophisch, mythisch und historisch sei. Die Nachwelt,
w-elche seine Kenntnis des Geschehenen gern in durchsichtiger und un-
verfälschter Ge.stalt überkonmien hätte, ist ihm für diese Vereinigung
des Unvereinbaren wenig dankbar."-'
Während des Aufenthalts zu Konstantinopel verfaßte Synesius
auch noch ein von seinen Studien Zeugnis gebendes Schrift chen „Über
das Geschenk" (-rrepi toü bubpou^: (5(5, 1577 1588). Es ist ein Begleit- —
schreiben, mit welchem er seinem Freunde Päonius ein kunstvoll in
Silber gearbeitetes astronomisches Instrument, Astrolab oder Piani-
Do in.sdimi. IS Kraliiiiücr
'
']^\V. Kiiic Analyse der lüdi' lici ( i'iiitzinat luT.
•
TTepi Tüll hdipou Kraliiiii^er: üTitp toO bibpou «arpoXaßiou l'etaviiis und .Miune.
TTfoi TOÜ !mÜ() )u scliicilit Synesius scllist I']i>. ir>4 zum Scliliil.* llciclui- 7;{7 .
:
()(), 1111 —
11 ()4). i.st eine Selb.stv^erteidigung gegen mißliebige Kritik,
welclie früheren Publikationen, der Schrift über die Jagd und einigen
Gedichten, begegnet war und welche darauf hinauslief, daß ein echter
Philosoph nicht zugleich auch schöngeistiger Literat sein könne. Sy-
nesius entgegnet, auch der Philosoph vermöge nicht ständig auf den
Höhen der Spekulation zu weilen, müsse vielmehr bei nachlassender
Spannung in das Gebiet des ästhetisch Schönen zurücktreten oder in
Rhetorik und Poesie entsprechende Erholung suchen. Mit dem Titel
schon weist er auf ein berühmtes Vorbild hin, den Rhetor und Philo-
sophen Dion Chrysostomus im 1. und 2. Jahrhundert. Die Schrift ist
dem Sohne gewidmet, der nach der Verheißung eines Traumgesichtes
dem Verfasser in Jahresfrist geboren werden soll. Sie wird deshalb
bald nach der Verehelichung des Verfassers, wohl noch im Jahre 4U3.
entstanden sein.
Es folgte kurzem Zwischenraum, 403 oder 404, die an-
ihr in
geblich in einer einzigen Nacht ausgearbeitete Abhandlung ..Über die
Träume" {uepx evuirviuiv: (>6, 12S1 —
1320), welche den Ursprung und
die Bedeutung der Traumerscheinungen beleuchten wnll. Die Träume
seien Propheten, die die Zukunft deuten, aber in dunkler Sprache.
Nikephorus Gregoras, der Gegner der Hesychasten im 14. Jahrhundert,
hat sich veranlaßt gesehen, umfangreiche Schollen zu dieser Abhand-
lung zu schreiben.
Eine letzte Abhandlung. ..Lob der Kahlköpfigkeit" {(puKuKpaq, ef-
KLÜ^iov: ()(i, 1 1()7 —
120(5), vermutlich aus dem Jahre 404 oder 405-'.
tritt einer Rede des Dion Chrysostomus unter der Aufschrift ..Lob des
•
Ep. 154 Heicher 737\
'"
Kot' aÜTÖv Krabinger; i<aö' ^auxöv Petavius und Migne.
Über (He Abfassiiiigszeit vgl. Volkiiianii. Svnesius von Kvrene IT)! ff.
IIS D't' grifcliisclic Lit<"ratur dt-s rüiiftcn .Talirliiiiiik-its.
sprochen werden.
—
442 45<S. —
Die Abhandlung .Dion" hat auch in L. Dindorfs Ausgabe der
Reden des Dion Chrvsostomus. Leipzig 1857, 2. 318 351. Aufnahme gefunden. —
Vgl. zu derselben G. ^lisch, Geschichte der Autobiographie 1. Leipzig 1907.
380 383.— —
A. Ludwig. Die Schrift TTep\ evuTTviujv des Synesios von Kyrene:
Theologie und Glaube 7 (^1915) 547 558: allgedruckt in den Psvchischen —
Studien 43 il91(i) 22 flf. 73 ff. 128 fr. Die Scholien des Nicephorus'Gregoras
zu der Schrift .Über die Träume" bei Migne. PP. Gr. 149. 521—642. Das —
,Lob des Haarwuchses" von Dion Chrvsostomus ist verloren gegangen. Die
Ausgaben der Reden des Dion bieten nur die in des S\niesius .Lob der Kahl-
köpfigkeit" enthaltenen Exzerpte: siehe die Ausgabe L. Dindorfs. Leipzig 1N57.
2. 308—311: die Ausgabe H. v. Arnims. Berlin 1893—1896. 2. 307 fr Nach
einigen Forsehern ist jedoch das .Lob des Haarwuchses" keine echte Rede
des Dion gewesen, sondern eine Fiktion des S_Amesius. Siehe darüber Asmus
(Synesius und Dio Chrysostomus) in der Byzant. Zeitschr. 9 1900) 119 ff. 1
Vgl. auch J. Geffcken. Kynika und Verwandtes. Heidelberg 1909. 149 151: —
-Synesios' cpaXaKpia^ [.sie] eyKoiiuiov." Eine anonyme Antwort auf des Synesius
-Lob der Kahlkiipfigkeit" bei E. jSIiller. -Eloge de la Chevelure". discours inedit
d"un auteur grec anonvme en refutation du discours de S^^lesius iutitule .Eloge
de la Calvitie". Paris 1840. 8".
4. Briefe. —
Die Briefsammhmg umfaßt bei Migne (60. 1821 bis
1560) 15(5, in Nummern. Die letzte Nummer
der Au.sgabe Herchers 159
bei jyiigne und die drei letzten Xummern bei Hercher sind jedoch als
unecht zu streichen-. Fritz, welcher eine neue Ausgabe vorbereitete,
hat mehr als hundert Handschriften der Sammlung aus der Zeit vor
dem 16. Jahrhundert zusammenstellen können, ein schlagender Beweis
für die aufaergewöhnliche Beliebtheit, deren sich diese Briefe im Mittel-
alter In erster Linie wurden sie wegt-n der hohen Voll-
erfieuten.
• udung Form geschätzt'', und in der Tat sind nauu'utlich die Briefe
dei'
'
Vitl. (IriUziiiacln r :i. a. < ». Si") tf.
'
F'.iiiZfliK' Zciigiii.-^Sf liei Fiitz. Die Briefe des Bischofs Synesius. Ltipzig
1S!)S. l'-J J.
S 4.S. Syiiesius von Kyrone. 4. lirieff. ]19
gestellt worden und hat selbst die Hilfe der Geistlichkeit angerufen,
und wie Brief 90, «an Theophilus"*, beweist, hat Synesius nicht ge-
zögert, Fürsprache für ihn einzulegen. Brief 5 zeigt uns den Bischof
'
Nach Sfeck Philologus 52 [1898J 4()7 soll sie. wie schon angegeben, nicht
über (las .Tahr 4U8 hinausreichen.
J2() Die grifcliisclic Literatur dos fünften Jahrhunderts.
im Kampfe mit der Häresie bzw. mit einigen in seine Diözese ein-
gedrmigenen Klerikern ..von der gottlosen Sekte des Eunomius". In
einem oberhirtlichen Erlaß ermahnt Synesius seine rreistlichen ein-
dringlich, diese „neuen Apostel des Teufels" aufzuspüren und als Räuber
aus dem Lande zu jagen. Doch solle die gute Sache auch gut aus-
geführt (td Ka\d KuXwq fiveaeuj) und nicht dazu mißbraucht werden,
unter dem Deckmantel religiösen Eifers sich fremdes Hab und Gut
anzueignen. Aus der amtlichen Korrespondenz des Bischofs und Metro-
politen mit Patriarch Theophilus erübrigen namentlich noch die aus-
führlichen Briefe (36 und 67, welche teils Bericht erstatten, teils Ver-
haltungsmaßregeln erbitten. Beide Briefe legen rühmliches Zeugnis
ab von der gewissenhaften Pflichttreue sowohl wie von dem zarten
Takte, mit welchen Synesius sich seinen Obliegenheiten unterzog.
5. Hymnen. —
Hymnen (Migne {iü, 1587 1616) sind Er-
Die —
güsse gestimmten
einer tief religiös Seele und zugleich überaus sorgsam ji
Mit Hymnus 5 hebt eine neue Reihe an. Der Verfasser hat nähere
Fühlung mit dem christlichen Dogma genommen. Die Sprache wird
einfacher, der Gedanke klarer, das Feuer dichterischer Begeisterung
lodert reiner und darum auch höher auf. Gleich Hymnus 5, vielleicht
die Perle der ganzen Sammlung, feiert den Sohn der Jungfrau mit
dithyrambischem, wohl rmr selten erreichtem Schwünge der Phantasie
und Empfindung. Auch Hymnus G, welcher übrigens wieder in einen
mehr mystischen Ton zurückfällt, ist ganz dem Lobe des göttlichen
Sohnes gewidmet. Hynmus 7 läßt sich füglich als ein Epiphanienlied
bezeichnen, bringt auch eine Deutung der Geschenke der Magier.
Hymnus 8 ist ein vertrauensvolles Gebet an .,den erlauchten Sproß
der Jungtrau" um Gaben der Natur und der Gnade. Hymnus 9 schildert
des Gottessohnes Abstieg zur Hölle und Aufstieg zum Himmel, unter
dem Triumphgesang der Sphären und dem Jauchzen der Sternenwelt,
wobei die antike Mythologie in überreichem Maße als schmückendes
Beiwerk verwendet wird.
Den Schluß bildet in den bisherigen Ausgaben als Hymnus 10
ein kurzes und schlichtes Gebet in 19 anapästischen Monometern,
welchem man zu entnehmen pflegte, daß Synesius selbst gegen Ende
seines Lebens seine Hymnen zusammengestellt und dabei bemerkens-
werterweise auch die älteren, mehr plotinischen als chri-stlichen Lieder
nicht verleugnet habe. Da jedoch dieser Hymnus 10 in den besseren
Handschriften fehlt und da er überdies zahlreiche metrische Verstöße
aufweist, so erklärt v. Wilamowitz den.selben für ,die Subskription
eines Schreibers, der sein Gebet in die Formeln der Gedichte zu kleiden
versucht, die er eben kopiert hat" '. In der Zählung der Hymnen 1 —
weichen die Handschriften, wie es scheint, nicht unbeträchtlich von-
einander ab Die herkömmliche Anordnung dürfte wenigstens im
-'.
'
V. Wilamowitz-MoclIeiuloi-ff in den Sitzungsberichten (\py Kgl. Preuß. Akail.
<Ut Wissensch. 1907. 290.
-'
Vgl. (hc Ausgabe Fladis Praef. ix.
-
Sit/ungsber. ik-r Kgl. Freiili. Akad. der Wissensch. 11M)7. 272 295 (mit Bei- —
trägen zur 'J'extkritik). Zu den ersten Versen des Hymnus 7 vgl. C. Weynian
(Analecta sacra et profana) in der Festgabe. Hermann (irauert zur V^oUendung
des (50. Lebensjahres gewidmet. Freiburg i. Br. 1910. 2 4. —
6. Predigten und Katastasen. — Aus der Zeit der bischöf-
lichen Amtsführung auch noch einige Reden, Predigten oder
sind
Predigtfiagniente und «Katastasen" überliefert (Migne 6(5, 1561 1578). —
Ein Predigtfragnient gibt eine allegorische Auslegung des Verses
Ps 74, 9: ein zweites Fragment, lückenhaft und verderbt, dürfte, wie
schon Petavius vermutete, einer in der Osternacht gehaltenen An-
sprache an Neophyten entnommen sein. An der Echtheit dieser Bruch-
stücke zu zweifeln, scheint kein Grund vorzuliegen.
Zwei vollständig erhaltene Reden,
den Handschriften KaTaardcreiq
in
betitelt, greifen auf das politische
hinüber. Die eine ist eine
(jiebiet
kurze Lobrede auf den trefflichen Anysius, welcher etwa 406 407 —
Militärgouverneur der Pentapolis oder ..dux Libyarum'" war und den
römischen Waffen wieder Ansehen und Ehre bei den Barbaren ver-
schaffte. Die andere, wohl aus dem Jahre 412, ist eine feurige Er-
munterungsrede an die von den Barbaren belagerten Einwohner von
Ptolemais. ein Denkmal oratorischen Talents und priesterlichen Helden-
muts.
Endlich ist hier noch einer Nummer der Briefsammlung zu ge-
denken, des ., Rede ist, und
Briefes" 57, der kein Brief, sondern eine
zwar gegen den erwähnten Präses Andronikus, vor-
eine Invektive
getragen auf der Synode, auf welcher der große Kirchenbann über
Andronikus verhängt ward.
iiili;il)er 'i'lii(uie.s, und (rott von hohei' A])kunft war das Wort."
üheivveltliclit'ii
|)(!i' Satz: nv n Mn^np toO 'IricroO eKei (2, 1) wird umschrieben: ,Zu dem
Kai
Mahle kam aber aucli die jungfräuliche Tlottesgebärerin Chiisti Mutter, mit .
Nonnus erst , zwischen 440 und 490" tätig war. Hält man gewöhnUch dafür,
daß der Dichter in der ägyptisclien Heimat auch sein Leben beschloß, so hat
H. Reich (Der Mimus 1. Berlin 190o. 10(j f.) die übrigens selxr kühne Hypothese
vertreten, daß der Dichter mit dem Bischof Nonnus von Edessa (gest. 470/471)
zu identifizieren, daß er also vom Heidentum zum Chi'istentum übergetreten und
aus Ägypten nach dem Orient übergesiedelt sei. Einen späteren übertritt zum
Christentum müssen freilich auch alle diejenigen voraussetzen, welche an der
Echtheit der Paraphrase festhalten. Denn so sicher die Dionysiaca einer heid-
nischen, so sicher entstammt die Paraphrase einer cliristlichen Feder. An der
Echtheit zu zweifeln, wird man aber nicht berechtigt sein. Das. wie bemerkt.
allerdings nicht ganz einhellige Zeugnis der Handschriften wird auch durch
innere ({runde empfohlen. Im Stil sowohl wie namentlich im Wortschatz be-
kunden die beiden Werke eine unverkennbai-e Verwandtschaft: ja die Über-
ladenheit der Paraphrase scheint geradezu ein immerhin gemilderter Nachklang
der Zuchtlosigkeit der Dionysiaca zu sein. Wenn anderseits den Dionysiaca
eine V)is zur Eintönigkeit gesteigerte Strenge der metrischen Foi-m eignet, die
Paraphrase hingegen gar manche metrische Verstöße und auch grammatische
Unebenheiten sich zu Schulden kommen läßt, so dürfte diese Beobachtung nicht
sowohl in der (xebundenheit der Paraphrase an ihre Vorlage als vielmehr in
einem allmählichen Erblassen der Ideale fi-üherer Tage ihre ausreichende Er-
klärung finden. Die Vermutung J. Dräsekes (in der Theol. Literaturzeitung
1S91. >,32: in der Wochenschrift für klass. Philologie 1893. 349). ApoUinaris
von Laodicea. nicht Nonnus von Panopolis. sei der Verfasser der Paraphrase,
war völlig aus der Luft gegriffen.
Eine genauere Untersuchung der Herkunft der Paraphrase liegt nicht voi-.
Die bisheiise Bearbeituna; hat sich fast ausschließlich im Rahmen der Haml-
]
o^ Die griechische Literatur des fünften Jahrhunderts.
rung der l'araphrase des Evangeliums Jnhannis von Nonnos. Heft 1. Zürich
1S7(>. S'\ A. Scheindler. Zur Kritik der Paraphra.se des Xonnos von Panopolis:
—
Wiener Studien o l^Nl 21t*— 2ö2: 4 JSS2 77 9ö. H. Tiedke. Nonniana
^Progr. . Berol. l^^o. 4"\ In neuester Zeit hat man die Paraphrase auch für
die Kritik oder beschichte des Textes des vierten Evangeliums zu verwerten
<
Lit. 2o. 4. Leipzig 19(io hat sogar den von dem Paraphrasten benützten Evan-
gelientext seinem ganzen Umfang nach wiederhei-stelleu wollen. Das war in-
dessen ein aussichtsloses Unternehmen weil bei der Eigenait der Paraphrase
.
der Wortlaut ihrer Vorlage auf weiten Strecken durchaus ungewüj bleibt.
Vgl. etwa W. Bousset in der Theol. Literaturzeitung 19(>8. ö.s7 ff. K. Kuiper.
De Xonno evangelii loannei interprete: ilnemos^Tie 46 i,191S 22-i 27<i. —
8. Klaudius Klaudianus. —
Ein geborener Agvpter war auch der
Dichter Klaudius Klaudianus. welcher sich in der römischen Literaturgescliichte
einen so ehrenvollen Platz eri'ungen hat. Er stammte aus Alexandrien. kam
imi o9ö an den weströmischen Kaiserhof und kehrte um 4<l4 in seine Heimat
zurück. Entweder auf dieser Reise oder doch bald nadilier hat er. noch jung
an Jahren, den Tod gefunden. Seinen literarischen Ruhm begründen jene latei-
nischen Dichtungen, die. an politische Tagesereignisse anknüpfend, seinen gro&en
<Tönner. den Feldlierni und Minister Stilicho. feiern. Es steht jedoch fest, daß
er auch in gi-iechischer Sprache gedichtet hat. Hier wird er deshalb erwähnt,
weil er in griediischer wie in lateinischer Sprache einige ausgesprochen christ-
liche <Tesänge hinterlassen haben soll, wiewolü er laut zeitgenössischen Stimmen
Heide gewesen ist. laut Augustinus (De civ. Dei ö. 26^ .a Christi nomine
alienus". Hist. 7. 35) ,paganus pervicacissimus".
laut (»rosius In Betracht
kommen die —
auch bei Migne. PP. Lat. 53. 7S8 79(i mitgeteilten lateinischen
liedichte .De salvatore" oder .Carmen paschale". ein kleiner, formell wie in-
lialtlich recht ansprechender H^nimus auf den Heiland. .Laus Christi", ein etwas
längerer. 3(1 Hexameter zählender Lobgesang, und .Miracula Christi". 9 Distichen
über Wunder Christi wahrscheinlich zu (ijer- oder Unterschriften bildlicher
.
dern auch die .Miracula Christi" dem Spanier zueignen zu dürfen: vgl. M. Mani-
tius. (ieschichte der christhch-lateinischen l'oesie bis zur Mitte des S. Jahr-
hunderts. Stuttgart 1S91. 32'> f. Das (iedicht .De salvatore" hingegen, urteilte
Birt a. a. ). lxiii ff. V sei so trefflich bezeugt, daß es Klaudianus nicht ab-
<
tiiniswiHsenscliaft ;>. '2. Stuttgart ISi)*). 2()-")(')) hat Birt zugestimmt: auch Häuschen
(.Jahrbücher der christl. Kirche unter dem Kaiser Theodosius d. (Ir.. Freiburg i. lir.
1.S97. 555 ff.) hat nicht widersprechen wollen. Aber das Gedicht selbst scheint
Widerspruch zu erheben. Dasselbe atmet so viel christliches Empfinden, dafi es
unzulässig sein einen heidnischen oder religiös indifferenten Verfasser
dürite.
anzunehmen. 8o namentlich Ed. Arens. Quaestiones Claudianeae (Diss. inaug.).
Monast. 1894. 22 —
42. und wiederum Arens. Claudian. Christ oder Heide? Hist.
Jahrbuch 17 (189()) 1—22.
An griechischen Gedichten bieten die Ausgaben der Werke Klaudians
zwei Bruchstücke einer (Tigantomachie und sieben Epigramme, unter ihnen zwei
christlichen Inhalts und dq xöv auiifipa überschrieben, das eine zu 12. das
andere zu )> Hexametern. Diese chiistlichen Epigramme bei Migne a. a. O. 58.
7S9: bei Birt a. a. O. 421 f.; bei Koch a. a. 0. ol5: bei A. Ludwich. Eudociae
Augustae. Prodi Lycii. Claudiani carminum graecorum reliquiae. Lipsiae 1897.
17(') f. Birt (Proleg. lxxiv) entnimmt der Verstechnik dieser Epigramme Anlaß
zu Zweifeln an ihrer Echtheit; Vollmer (a. a. 0. 2656) schreibt dieselben im-
bedenklich Klaudianus zu; hält man Klaudianus im Anschluß an Augustinus
und >rosius für einen Heiden, so wird man nicht umhin können, nach einem
(
9. C y r u s. —
Ein anderer Ägypter. Cyrus mit Namen, gebürtig aus
Panopolis und im Unterschied von Klaudianus Christ, ward durch unbekannte
Umstände an den oströmischen Kaiserhof nach Konstantinopel geführt und durfte
dort dank der Gunst Eudokias, der kunstsinnigen GemahUn Theodosius' IL, die
seine Gedichte bewunderte, bis zum Konsul aufsteigen. 442 aber wurde Um
er als Bischof nach Kotyaeion in Phrygien geschickt. Er lebte noch bis in die
—
Tage Kaiser Leos I. (457 474) hinein. Außer Evagrius Scholastikus (Hist.
eccl. 1. 19) haben auch Suidas (Lex., rec. Bemhardy 2. 1. 472) und andere
ihm Worte der Erinnerung gewidmet. Am
vollständigsten sind die Nachrichten
über ihn zusammengetragen bei H. Delehaye in der Revue des etudes grecques
9 (189(>) 219 ff. Von seinen Gedichten ist. wie es scheint, nur eine Anzahl
von Epigrammen erhalten geblieben, überliefert durch die unter dem Namen
-Anthologia Palatina*" bekannte Epigrammen-Sammlung (vgl. Krumbacher. Gesch.
der byzant. Lit.. 2. Aufl.. München 1897. 727 f.). Hier finden sich unter anderem
sechs Hexameter des Cyrus auf seinen Abschied von Kon.stantinopel (Anth.
Pal. 9, lo6). elf Hexameter auf den Palast des Maximinus am Bosporus (^9. 808).
acht Hexameter auf Theodosius IL (15. 9). Ein anonymes und verstümmeltes
Epigramm auf den Styliten Daniel, aus drei Distichen bestehend (ebd. 1. 99).
hat Delehaye a. a. 0. 216 ff. ergänzt und als Eigentum des Cyrus erwiesen.
Über die andern Cyrus-Epigramme vgl. etwa P. Friedländer im Hermes 47
(1912) 44 48 ff. Den Vorschlag Büchelers. herrenlose Re.ste eines Gedichtes
ft".
über einen Kampf der Römer {?) mit den Blemyern unsrem Cyrus zuzuweisen,
hat Ludwich, welcher diese .Blemyomachiae fragmenta" von neuem herausgab,
wohl mit Recht abgelehnt. A. Ludwich. Eudociae Augustae. Prodi Lycii. Clau-
diani carminum graecorum rehquiae. accedunt Blenivomachiae ft-agmenta. Lipsiae
1897. 188 f.
]
v))) Die griecliisclic Litciiitnr ik's fiiiit'tt'ii .laliiliiiinlcits.
Zweites Ka))itel.
'
Es nia.ü' liciiicrkt sein, dal.! der L'mt'aiig des Si)nMiiiels von Konstantinopid be-
.stritten war. lll.viicii. widches his dahin zum Wostreich und damit Xuni Jui-isdiktions-
gcbiet gehört hatti'. ward durch
oder zur KinHul.lsphäre des Patiiarclicn von Rom
die Ri'ichstcilung vom .lalirr .S7!) in ein Ost- und ein Wostillyrien zerrissen, und
<tstillyricn. aus den iMditisehcn Diözesen Mazedonien und Dazien bestehend, etwa
drei Fünftel (k-r Halbinsel, ward zmn Ostreirli gesehhtgen. Dieses Ostillvrien blieb
seitdem in Verl>iiulung mit dem eigentlielien Irieehenlaud ein Streitobjekt zwischen
<
Rom und dem auistrebenden Hvzanz. Sehen 4'il stellte Theodosius 11. durch Staats-
gesetz Ostillvrien unter die .Juri.sdiktion des Patriarchen von Konstantinopel. Faktisch
iilite aber einstweilen noch der Papst die .lurisdiktiou aus. und xwar durch den Erz-
bischof von 'riiessalonich Saloniki als a])ostidisehen ^'ikar. A'^gl. (i. Pfeilsehifter.
'
Socr., Hist. ecci. 7. 21.
- Evagr. Schol.. Hist. eccI. 1. 20. \g\. Ludwich. Eudociae Augustae. Piocli Lycii.
Claudiani caniiinum graetoruni relii|iuae. Lipsiae 1897. 11 13. —
'
Phot., Bibl. cod. 1«3. Lndwicli a. a. O. 13 f.
'
'
Phot. a. a. 0. 1.S4. Ludmch a. a. 0. U— Uj.
'
Über das Unternehmen der Proba vgl. Bd. 3 dieses Werkes. Freiburg i. Br.
V.n-2, r)61 ff.
i
128 I^j^ griechische Literatur des füiilten Jjihiliiinderts.
Eudokia gar niclit umhin gekonnt. ilir<' Lapixn docli erst zureclit-
ziistutzen oder die Worte Hoiiieis abzuändein, um sie auch nui' einiger-
malk'ii für ihre Zwecke braucliljar zu machen. Die Zahl der Verse oder
Versstücke, welche nicht irgendwie umgestaltet wurden, dürfte ver-
schwindend gering sein. Für den seltsamen Plan, den Inhalt der Evan-
gelien in Homerverse zu hüllen, hat jedoch nach dem Ge.sagten nicht
sowohl Eudokia als vielmehr Patrizius einzustehen. Lud wich hat
nach dem Pariser Manuskript außer den genannten Voireden die
Kapitel 1 —
K5 und 50 der Sammlung im vollen Wortlaut und von den
—
Kapiteln 14 49 die Überschriften veröffentlicht '.
Ansprechender als dieses Denkmal einei- traurigen Geschmacks-
verirrung ist die poetische Bearbeitung der Legende vom hl. Cyprian
von Antiochien, ein dreigliedriges Epos, vielleicht von Haus aus Xö-foi
Y eic, judpTupa töv KuTrpiavöv betitelt". Cyprian, Magier zu Antiochien,
sucht durch Zauberkünste einem ausschw^eifenden Jüngling die Neigung
der christlichen Jungfrau Justina zu gewinnen. Er muß sich jedoch über-
zeugen, daß die Christen gegen dämonische Einwirkungen gesichert sind,
und wird dadurch selbst zum christlichen Glauben geführt. Gleichzeitig
mit Justina erleidet er unter Diokletian zu Nikomedien den Märtyrer-
tod. Das ist der Kern der Legende, die zuerst, etwa um 350. in
griechischer, nicht, wie R y s s e 1 wollte, in syrischer Sprache auf-
gezeichnet wurde, um sodann in Übersetzungen und Überarbeitungen
mannigfacher Art über den ganzen christlichen Erdkreis getragen zu
werden. Die drei Bücher der Eudokia in epischen Hexametern sind,
wie namentlich Zahn gezeigt hat, Wiedergaben der drei Bücher eines
griechischen Prosatextes 'l Durch eine Handschrift der Laurentiana
zu Florenz aus dem 11. Jahrhundert sind zwei große Fragmente der
Bücher der Eudokia gerettet worden: von dem ersten Buche, welches
das frühere Leben Cyprians und seinen Übertritt zum Christentum be-
handelte, 322 Verse (der Anfang des Buches fehlt), und von dem
zweiten Buche, welches Cyprian redend einführte und ihn selbst die
Geschichte seiner Bekehrung erzählen ließ. 47 i> \'erse (der Schluß des
Buches fehlt); das dritte Buch, welches über das Martyrium Cyprians
und .lustinas berichtete, ist abhanden gekonnnen. Der griechische
Prosatext, welchen Eudokia in Hexameter übertrug, ist noch voll-
ständig erhalten, aber in vielfältig voneinander abweichenden Re-
zensionen. Es ist deshalb im einzelnen nicht festzustellen, wäe die
Vorlage der Dichterin gelautet und wie sie sich der Vorlage gegen-
'
I;ii(l\vich ;i. :i.(». 7!» IM. Kiii von l,ii(l\\i(li iilirisclinics. aluT heiichteiiswertes
alte.s Zeugni.s iilior die llumerceiitoiieii der Kudokiaund anderer tiiidet sich in der
Moy.si Expositio, ed. F. ( lust.if'sson (Acta Societatis sciontianmi Fennicae t. 'i^i, ii. ;i.
Helsiiigforsiae ISiX;. l.'Hl.
-'
So lautet der Titel liri l'liot. a. a. (>. 1S4.
'
Zahn, ('\prian von Antiochien, Kilanp-n 1S,S-J. IS tT.
§ 40. Eiulokia un.l Tr(.i)aiiciuli(lit.T. 1. Kiulokia. 129
'
Phot. a. a. 0. 183 184. - Zahn a. a. 0. IG.
'"'
die ,C'onfessio Cvpriani". von Baliizius und Maranus in ihrer Ausgabe der Schriften
Cypnans von Karthago. Paris 172(). dann das dritte Buch, die ,Passio". von
den Bolhmdisten in den Acta SS. Sept. 7. Antverp. 17()0. 242-^245, und schließ-
h'ch das erste Buch, die .Conversio", von Zahn a. a. 0. lo6 153. Zahn hat —
auch die ganze Trilogie aus dem Griechischen ins Deutsche übersetzt (21 72). —
Eine altlateinische tlier-setzung der drei Bücher war schon im 17. Jahrliundert
veröft'entlicht worden, und später wurden noch manche andere Versionen und
Kezensionen. insbesondere auch mehrere syrische Texte, dem Druck übergeben.
Doch hat nicht ein syiischer. sondei'n ein griechischer Text den Ausgangs-
punkt der bisher bekannt gewordenen Rezensionenreihe gebildet. Einen .s}Tischen
Urtext vertrat Y. Ryssel. Der Urtext der tVprianuslegende: Archiv f. das Studium
der neueren Sprachen und Literaturen 110 (IDOo) 27o oll; einen griechischen —
Urtext im Anschluli an Zahn auch R. Reitzenstein. LVprian der Magier: Nach-
richten von der Kgl. Gesellsch. der Wissensch. zu Göttingen, Philol.-hist. KL.
1917, 88 —
79. Die genannte griecliische Prosaschrift stellt indessen nicht den
griechischen Urtext dar. ist vielmehr schon sekundären Charakters und ist auch
kein einheitliches Ganzes. Wenn das erste und das dritte Buch aus einer und
derselben Feder geflossen sein sollten, was Zahn für wahrscheinlich hält. Reitzen-
stein aber bestreitet, so gehört das zweite Buch, das Selbstbekenntnis Cyprians,
unzweifelhaft ei)ier andern Hand an und hat eine, wie es scheint, verloren
gegangene epische Erzählung zur Voraussetzung. Übrigens wird erst die hand-
schi'iftliche Überlieferung gründlicher erforscht werden müssen, bevor das genea-
logische Verhältnis der verschiedenen Texte sicherer bestimmt und dann auch
die Frage nach dem geschichtlichen Gehalt der Legende genauer beantwortet
werden kann. Anscheinend ist Cvprian von Antiochien keine historische Per-
sönlichkeit, sondern ein entstellter Cvprian von Karthago. So auch H. Delehaye.
Cyprien d'Antioche et Cvprien de Carthage: Analecta BoUandiana 39 (1921)
.>14 — oo2.
2. T r p a r i e n d c li t e r. —
In der ersten Hälfte des 5. Jahr-
i
•
So die alte Vita .*<. .Vuxciitii r. 1. '2: Migiic IM'. Cr. 114. 13S0.
- Bei Miuni- S(!. 1. iT.Mf.
tj 49. Eudokia lunl Tiopariciulicliter. 2. Tioparieiulichter. 131
'
Der Chronist Theoplianes Konfessor gedenkt der beiden ,Tropariendichter"
zum .Jahre 457, hei Migne 108. "289: bei de Boor. Theophanis Chronographia 1, Lipsiae
1883, 114.
-'
Vgl. über die Bedeutung des Wortes Bouvv, Poetes et Melodes, Ninies 1886,
•22\ tf.
Vita S. Auxentii c. (?, 46: Migne 114. 141(5: rpoTToipia äuö büo ^titüjv f|
*
Worten Pitra. .\nalecta Sacra 1. Paris. 1876, xxiiff.; Bouvj a. a. O. 232 fF.
9*
132 '^''' üi'!«'«!!!"^"!!!' liitfiatiir des liiiiltni .lalirlmiiilerts.
(1903) 15 if. 240 ff; 42(> ff. 550 ff. — ^Ü^er den Entwicklungsgang des grie-
chischen Kircbeidiedes s. Krumbaclier a. a. O. (i53 ff'.
§ 50. Kirchenhistoriker.
gius als Fortsetzer des Eusebius von Cäsarea ein und verfolgen beide
die Geschichte der Kirche vom Beginn des 4. Jahrhunderts bis zum
Jahre 439. Eine Geschichte der Kirche des Orients unter Konstantin d. Gr.
von Gelasius von Cyzikus hat nur untergeordneten Wert.
1. Philostorgius. —
Um 3G8 zu Borissos. einem Dorfe in
Cappadocia secunda, von eunomianischen Eltern geboren, ist Philostor-
gius schon im Alter von 20 Jahren nach Konstantinopel gekommen
und hat dort wahrscheinlich den gn'tßten Teil seines Lebens zugebracht.
Doch hat er viele Reisen untenidimnen. auch eine Pilgei fahrt nach
Palästina. Kr bliel) Laie, aber voll Interesse, ja Begeisterung nicht
{? .'»(). KircliiMilii.stoiikcr. 1. l'liilostorgius. 133
<(i\v()lil ITii- die christliche Religion, als vielmehr für die Lehre des
Kmiitinius und die Sekte der Eunomianer.
Zu Konstantinopel hat er eine eKKXiiö'iaaTiKn icrropia ausgearbeitet,
welche sich als Fortsetzung an die Kirchengeschichte des Eusebius
anschloß und in zwölf Büchern bis zum Jahre 425 reichte. Ist sie
nicht schon 425, so ist sie jedenfalls vor 433 vollendet worden. Die
ganze Darstellung war von dem Gedanken beherrscht, daß Gott in
Aetius von Antiochien und seinem Schüler Eunomins von Cyzikus der '
diese Propheten seien mit Undank belohnt und befehdet und verfolgt
worden, und in dem kirchlichen Elend der Gegenwart und dem un-
aufhaltsamen Niedergang des Kaiserreichs nehme der Himmel Rache
an der verblendeten Welt. Die Profangeschichte berücksichtigte Philo-
•
dabei all seinen Kummer, all seine Liebe und Bewunderung, seinen
Unwillen und seinen Haß vom Herzen schreiben zu können. Er gibt
uns so von der Verfolgung seines eigenen Glaubens eine lyrische
Schilderung, die seine parallel laufende Erzählung vom Verfall des
Kaiserreichs verständlich machen soll.""
Daß eine solche Kirchengeschichte zu Grunde gegangen ist, kann
nicht wundernehmen. Eher darf es überraschen, daß Photius sich der
Mühe unterzogen hat. eine ausführliche eiTiToiLir] 6k tuüv eKKXiicnacrxiKuüv
iffTopiuuv 0i\o(JTopfiou anzufertigen. Dieser Auszug liefert nunmehr
gleichsam das Gerüst für die Rekonstruktion des Werkes. Bausteine
sind aus ehiigen Schriften zu gewinnen, deren Verfasser, unmittelbar
oder mittelbar, auch noch den vollen Text des Werkes benutzt haben:
'
Über Aetius vgl. Btl. .'5
dieses Wei-kes S. 23U : lUier Eunoinius elxl. K^T f. i:39 f.
-
Phot.. Bibl. c-od. 40.
'
Bidez. Pliilustorgius' Kirchengcsdiichte. Leipzig l'J13. Einl. rxxiii.
"
Dem von W. Keading besorgten Nachdruck (Cambridge 1720. Turin 174(5 1748) —
ist der Philostorgius-Text bei Migne. PP. (jv. (i5. 459 638. entnommen. Die —
Entdeckung neuer Fragmente weckte und nährte den Wunsch mich einer neuen
Ausgabe. Batiffol und Jeep lieferten Vorarbeiten. P. Batiff'ol. Fragmente
der Kirchengeschichte des Philostorgius: Rom. Quartalschrift f. christl. Alter-
—
tumskunde u. f. Kirchengesch. 3 (1889) 252 289. Ders.. Die Textüberlieferung
der Kirchengeschichte des Philostorgius: ebd. 4 (1890) 134^143. Ders.. Quae-
stiones Philostorgianae (Thesis), Paris. 1891, 8'\ L. Jeep, Zur Überlieferung
(los Philostorgius, Leipzig 1899 (Texte und Untersuchungen zur Gesch. der
altchristl. Lit. 17. 3 b. 2). Vgl. auch J. R. Asmus. Ein Beitrag zur Rekon-
struktion der Kirchengeschichte des Philostorgios Byzant. Zeitschr. 4 (1895)
:
—
30 44. An diese Vorarbeiten anknüpfend, hat J. Bidez eine neue Ausgabe
hergestellt, welcher die Kritik sozusagen uneingeschränkte Anerkennung spenden
konnte: Philostorgius' Kirchengeschichte mit dem Leben des Lucian von Anti-
ochien und den Fragmenten eines arianischen Historiographen. Leipzig 1913
(Die griechischen christlichen Schriftsteller der ersten drei Jahrhunderte. Bd. 21).
Über eine Einzellieit siehe J. Marquart. Die schwarzen Syrer des Philostorgios:
Theol. Literaturzeitung 1913, 705 709. —
Wie
der Titel zeigt, bietet die Ausgabe Bidez" auch neue Rezensionen
zweier von Philostorgius als Quellen benutzten Schriften. Das Leben und Mar-
tyrium Lucians von Antiochien. des Vaters des Arianismus. bei Bidez 184 201 —
vgl. Einl. cxLvii —
CLi), ohne Zweifel arianischer Herkunft, ließ sich aus ab-
geleiteten Dokumenten zum guten Teil noch wiederher.steUen. Diese Wieder-
herstellung ist auch bei früherer Gelegenheit (Bd. 2. 2. Aufl.. S. 281) bereits
erwähnt worden. Die Fragmente eines arianischen Historiographen, Bidez 202
bis 241 (vgl. CLI —
CLXiii). sind aus griechischen, syrischen und lateinischen
Quellen gesammelte Überbleibsel einer Fortsetzung der Chronik des Eusebius.
deren Verfasser sich zum Arianismus bekannte und wahrscheinlich in Antioclüen
beheimatet war. Auch dieser Schrift hatte zuvor Batiffol eine grundlegende
Untersuchung gewidmet: ,Un historiograjjhe anonyme arien du FV^' siede":
Rom. Quartalschr. f. christliche Altertumskunde usw. 9 (1895) 57 97. —
2. Philippus Sidetes. —
Philippus Sidetes, d. i. aus Side in
Pamphylien, ist im Unterschied von Philostorgius Katholik und Kleriker
gewesen. Er hörte den Lehrvortrag jenes Rhodon. welcher nach Didy-
mus dem Blinden die alexandrinische Katechetenschule leitete und unter
Theodosius d. Gr. (379 —
395) nach Side übersiedelte '. Chrysostomus
weihte ihn zum Diakon und unterhielt einen rea,en Verkehr mit ihm.
'
So hat Philippus laut dem sogleich zu nennenden Exzerpt aus der , Christ-
lichen (Teschichte" über die aioxandrinischen Katecheten selbst gesagt. Im übrigen
thi'I.H die —
Hauptquelle über ihn bei Socr.. Hist. eccl. 7. 26 27: vgl. 29 35. Nicephorus
Kallistus Hist. eccl. 14. 29 hat Sokrates ausgeschrieben. Auch Liberatus Bre-
viarium 7 ful.U auf Sokrates.
13(5 Die ^liccliisclic Litciatiir des n'iiifteii .lalirlimiilcrts.
welche Fragmente des Papias, des Hegesippus und des Pierius um-
schließen. Namentlich die Fragmente des alexandrinischen Katecheten
Pierius, gegen Ende des 3. Jahrhunderts, waren vonnidit geringem
Interesse'. Umfangi-eichei'e A1)schnitte der ..Christlichen (leschichte"
sind, wenn niclit dem Wortlaut, so doch dem Inhalt nach dureh das
von Bratke neu herausgegebene und bearbeitete sog. Keligionsgespräch
am Hofe der Sa.ssaniden aufbewahit worden. Der Verfasser die.ser
'
l'hot. a. a. 0. 3;i.
-'
ISSS) 1G5 —
184. Ein kurzes Exzerpt aus der , Christlichen Geschichte" über
Adam und Eva bei A. Wirth, Aus orientalischen Chroniken. Frankfurt a. M.
1894. 208 —
210. Weiteres über das letztgenannte Exzerpt 1>ei D. Serruys.
.Vutour d"un fragment de Philippe de Side Melanges d"archeologie et d'histoire
:
1880. 84 f.) erwähnte und als unediert bezeichnete Fragment der , Christlichen
Geschichte" in einem Wiener Kodex ist in Wirklichkeit eine Abschrift des
Rehgionsgespräches siehe Bratkes Ausgabe 77 ff.
;
'
Vgl. etwa Bd. 2 -'.
S. 709.
'"'
bis zum .laliie 4151). Fast jedes Buch bewegt sich um die Person eines
Kaiseis, insofern es mit der Tln'onbe.steigung eines Kaisers anhebt und
mit seinem Tode abschliel.H. Gleicliwohl tritt die pohtische Geschichte
sehr in den Hintergrund. Vorbemerkung zum fünften Buche
In seiner
bittet der Verfasser, die gelegentlichen Erwähnungen kriegerischer Er-
eignisse, die abseits seiner nächsten Aufgabe lägen, entschuldigen zu
wollen. Man möge bedenken, daß politische Heimsuchungen und kirch-
liche Wirren (rd le b»iuö(Tia KaKci Kai lä tüuv iKKh-]Oi(bv bucrxepn) Hand
in Hand
miteinander zu gehen pflegten und jedenfalls als Strafen für
die Sünden der Menschen aufzufassen seien. Den kirchlichen Wirren
gilt sein Hauptaugemnerk. Er meint sogar, so lange Friede in der
Kirche herrsche, habe der Kirchenhistoriker überhaupt keinen Stoif
zur Darstellung (7, 48: vgl. 1, 18). So gern er übrigens bei den
Kämpfen zwischen Orthodoxen und Häretikern verweilt, so geht er
doch auf die Lehrgegeusätze selbst nicht näher ein. Die Dogmatik hat
ihn offenbar wenig interessiert.
Sokrates hat sein Werk zweimal an die Öffentlichkeit gegeben.
Die uns überlieferte Fassung stellt eine zweite Auflage dar. Laut dem
Eingange des zweiten Buches ist er durch Auffindung neuen Quellen-
materials, welches er nicht unbenutzt lassen wollte, nachträglich ge-
nötigt worden, den Text ..von neuem zu diktieren" (dvouGev ijtt-
aTopeöcrai). Namentlich seien es Schriften des hl. Athanasius gewesen,
welche ihm den Beweis geliefert, daß die Kirchengeschichte des Ru-
finus. der er früher gefolgt war. grobe Irrtümer enthalte. Indessen
haben allem Anschein nach nur die Bücher 1- 2 eine durchgreifende —
—
Umgestaltung, die Bücher 3 7 hingegen lediglich redaktionelle Ab-
änderungen erfahren. Das Kapitel 11 des Buches (x einen Streit
zwischen Chrysostomus und dem Bischof Severian von Gabala be-
treffend, ist in zwei verschiedenen Textesrezensionen erhalten geblieben,
und Geppert wird im Rechte gewesen sein, wenn er die eine Re-
zension der ersten Ausgabe, die andere der zweiten Auflage zuwies ^
Außer der Kirchengeschichte des Rufinus -. verschiedenen Schriften
des Athanasius-' und verschiedenen Schriften des Eusebius hat Sokrates
noch viele andere inzwischen abhanden gekommene Schriftstücke kirch-
rekonstruieren sich bemüht, i.st aus der Reihe der Schriften des Athanasius sowohl
wie dei- Quellen des Sokrates zu streichen. Die Worte über .dieses S.vnodicon i>ei
tSocr. 1. l.'{ gelii'iren nicht Sokrates an. sondern sind eine späte Interpolation. \ gl.
darüber Hd. ;! dieses Werkes S. (ri f.
§ ;")(). Kirclieiilii.storikcr. 8. Sokiates. 139
liclien wie profanen Charakters verwertet, unter ihnen eine von dem
Mazedonianer Sabinus von Heraklea um 375 veröffentlichte Sammlung
von Konzilsakten. Manche chronologischen Angaben verdankt er der
Stadtchronik von Konstantinopel. Auch mündliche Mitteilungen hat er
sich in reichem Maße zunutze gemacht, namentlich Mitteilungen des
novatianischen Presbyters Auxanon zu Konstantinopel. Fast alle seine
<^)aellen hat er selbst ausdrücklich namhaft gemacht'.
Schlicht und getreu hat er das, was ihm schriftlich oder mündlich
zugeflossen, wiederzugeben versucht. Jedes Streben nach Schönheit der
Darstellung ablehnend (1, 1), ist er ausschließlich auf Klarheit und
N'erständlichkeit bedacht gewesen ((3. prooem.). Nicht selten hat er
seine Vorlagen mehr oder weniger wörtlich ausgesehrieben. Er war
aber, wie schon angedeutet, wählerisch in seinen Gewährsmännern
und übte Kritik an seinen Quellen. Die erwähnte Schrift des Maze--
donianers Sabinus kennzeichnet er fast jedesmal, so oft er sie zitiert,
als eine mit Vorsicht zu gebrauchende Tendenzschrift. Sokrates hat
nur die Wahrheit sagen wollen und sich redlich um Ermittlung des
kausalen Zusammenhanges der geschichtlichen Erscheinungen bemüht.
Mögen ihm im einzelnen manche Unrichtigkeiten nachgewiesen werden
können-, im großen und ganzen bleibt sein Werk eine sehr wertvolle
Fundgrube, insbesondere für den späteren Teil des behandelten Zeit-
raums. Schon die erste Ausgabe ging bis zum Jahre 439 hinab (2, 1)
und war wohl bald nach 439 zum Abschluß gekommen. Die zweite
Auflage muß wenigstens vor 450 vollendet worden sein, weil auch
sie unverkennbar voraussetzt, daß Kaiser Theodo.sius II. noch unter den
Lebenden weilte (7, 22).
Die persönlichen Geschicke des Sokrates sind nur recht dürftig
erhellt. Wie er selbst sagt, ist er zu Konstantinopel geboren und er-
zogen worden und hat dort auch den größten Teil seiner späteren Tage
zugebracht (5. 24). Noch ganz jung an Jahren (kouiöi] veoq aiv). genoß
er den Unterricht der Grammatiker Helladius und Aimnonius. welche
um 39U von Alexandrien nach Konstantinopel übergesiedelt waren
(5. 16). Daß er kleinere oder größere Reisen unternommen hat. machen
'
Den bei Geppert a. a. O. (itj ff. aufgezählten Nebenquellen des Sokrates i.st
nach Lietznianii ApoUinaris von Laodicea und seine Schule 1. Tübingen 1904. 44 f.
noch die Kirchengeschichte des Apollinaristen Tiniotheus von Bentus beizufügen, die
freilich nicht von Sokrates genannt wird.
Vgl. etwa Rauschen, .Tahrbücher der christl. Kirche unter dem Kaiser Tlieo-
'"'
fassunu iininerhin dit^ nächstliegende sein. Mit Sicherheit läßt sich aus
inanclicrlei Anzeichrn foluein. daß er nicht dem Klerus angehörte. Die
Anr(^gung zur Abf'as.sung seines Werkes aber hat er von einem Kleriker
empfangen. Dasselbe ist einem gewissen Theodor gewidmet und wird
auch geradezu als die von Theodor aufgetragene Arbeit bezeichnet (tö
fcTTiTafiaä aou (5, prooem.: 7. 4X). Theodor aber, legelmäßig iepe toO
Oeoü dvBpuune angeredet (2, 1 (5, prooem.; 7, 4H), ist sonder Zweifel
:
sich zur Sekte der Xovatianer bekannt, ist von Valesius mit Recht
abgewiesen worden-. Sie scheitert schon daran, daß die Novatianer
.").20 in einer Reihe mit den Arianern, Mazedoniern und Eunomianern
aufgeführt werden. Richtig aber ist, daß Sokrates den Novatianern
ein auffallend reges Interesse widmet und eine weitgeliende Sympathie
entgegenbringt. Mündliche Mitteilungen des novatianischen Presbyters
Auxanon hat er, wie schon bemerkt, gern als Quelle benützt. Ob
('hryso.stomus die schweren Schläge, die ihn trafen, etwa dadurch
selbst verschuldet habe, daß er viele Kirchen der Novatianer und
Quartadezimaner an sich riß. will er der Erwägung des Lesers anheim-
gegeben haben (ß, 19). Und die parteiische Voreingenommenheit, welche
durch seine Angaben und Urteile über Cyrillus von Alexandrien hindurch-
klingt, könnte auch darauf zurückzuführen sein, daß Cyrillus gleich
zu Beginn seiner Amtsführung scharf, vielleicht allzu scharf, gegen
die Novatianer vorging (7, 7).
Die Kirchengeschichte des Sokrates ist zum ersten Male durch R. Stephanus
^Paris 1544) herausgegeben worden. Ungleich Hervorragenderes leistete der niehr-
genannte H. Valesius (Paris 1G68). dessen Ausgabe \vieder und wieder nachgedruckt
ward: vgl. Abs. 1. bei Philostorgius. Readings Nachdruck fand Aufnahme bei
Migne (PP. Gr. 07) und wurde auch separat 1844 zu Oxford in S" noch ein-
mal aufgelegt. R. Hussey besorgte eine neue Sonderausgabe (Oxford lS.5o.
'\ Rde. 8*'\ die aber noch manches zu wünschen übrig lieü: vgl. H. Nolte in der
Theol. Quartalschrift 41 (1859) Ö18— 528. Em Abdi-nck des Textes Husseys mit
einei- Einleitung von W. Bright erschien 1878 und wiederum 1898 zu Oxford
in 'S". Die . (Irieclüschen christlichen Schriftsteller der ersten drei Jahrhunderte"
sollen eine Edition von der bewährten Hand J. Bidez" bringen. Über eine —
altarmenische Übersetzung des Werkes des Sokrates. welche von Ter ^losesean
(Etschmiadzin 1.S97) herausgegeben worden ist. vgl. E. Preusclien in der Theol.
biteraturzeitung 1902. 210. —
Ehie moderne enghsche Übersetzung des Werkes
von A. C. Zenos bei Schaff and Wace. A Select Library of Nicene and Post-Nicene
Fathers of the Christian Church. Series 2, vol. 2, New York 1890. L. Jeep. —
Ouellenuntersuchungen zu den griechischen Kirchenhistorikern (Jahrbb. f klas-
sische Philologie. Supi)lemontbd. 14. Leipzig 1885. 5o— 178) 105 137: ,Zu —
'
llnssey, in seiner Ausgalic der Kii(liciiü,('S(lii(litc des Sokrates. (»xtunl isr>3.
.'i. möchte diesen Tlieodor identitiziert^ii mit dem Itei Liberatus Hreviarium W'
iM'2.
- Die l^ewei^ifülirnnu des Valesins ;unli Kei Miuiie. IM'. (Ir. (17. -JO tt.. lii'i Hussev
:i. ;i. (>. I. \ tr.
i? ")(). Kirclu'iihistorikc-r. 4. Sozonifnus. 141
den Quellen des Sokrates". Spyr. !'. Lamhros. Eine neue Fassung des 11. Ka])itels
des Buches von Sokrates' Kirclu-ngesiliiclite: Byzant. Zeitschrift 4 (iSi).")) 4SI
(').
bis 4S(). Fr. (leppert. Die (Quellen des Kirchenhistorikers Sokrates Scholastikus
(8tu<lien zur Gesch. der Theo! und der Kirche 8. 4). Leipzig 1.S9.S. (J. Loeschcke.
.
Sokrates: Realenzykl. f. protest. Theol. u. Kirche. •>. Aufl.. IS. Leipzig UIOC).
481— 4S(i.
Die vorhin erwähnte I^ublikation des mazedonianischen Bischofs Sabinus
von Heraklea in Thrazien wird unter dem Titel auva-furfn aYiuJv (?) (JuvobiKiöv
noch in einem Bücherverzeichnis aus dem 17. Jahrhundert, welches in der
Bildiothek des Athosklosters Imron liegt, aufgeführt: siehe Ph. Meyer in der
Zeitschrift f. Kirchengesch. 11 (1S90) IMx Inzwischen ist sie zu (Irunde ge-
gangen und jetzt fast nur noch aus Mitteilungen des Sokrates bekannt; Sozo-
menus hat sie auch benutzt, aber nicht nandiaft gemacht. Sie war eine Samm-
lung von Konzilsakten mit verbindendem Texte, welche mit dem Nicänum aidiob
uiul sodann die zahlreichen sich anschließenden Partikularsynoden des Morgen-
landes bis in die Tage des Kaisers Valens (o()4 —
o7S) hinein vorführte, die erste
Konziliengeschichte, von welcher wir Kunde haben, zwischen o7o und o( S verfaßt.
Die Aufschrift lautete allem Anschein nach (juvaxuJTn tujv auvobiKiüv, und so
wird auch in dem angezogenen Bücherverzeichnis zu lesen sein. Der Verfasser
wird von Sokrates sehr häufig der be^v^^ßten Entstellung und Fälschung der
Tatsachen im Interesse des Arianismus geziehen (Socr. a. a. 0. 1. 8 9: 2, 15
17 usw.). Näheres bei Fr. Geppert. Die Quellen des Kirchenhistorikers Sokrates
Scholastikus. Leipzig 1898. 89 ff. P. Batiftol. Sozomene et Sabinos: Byzant.
Zeitschrift 7 (1S9S) 265 —
284. G. Schoo. Die Quellen des Kirchenhistorikers
Sozomenos. Berhn 1911. 95 ff".
4. Sozornenu-s. —
Auch über die Lebensverhältnisse des Sala-
manus Hermias Sozomenus^ sind wir nur sehr lückenhaft unterrichtet.
Zur Zeit der Abfassung seiner Kirchengeschichte, eKKXricnaaxiKri laropia
(Migne, PP. Gr. (57. 953 —
1(330). ist er laut eigener Angabe Rechts-
anwalt zu Konstantinopel gewesen [biKaq dTopeüujv 2, 3). Er stammte
jedoch nicht aus der Reichshauptstadt, sondern Ist sehr wahrscheinlich
zu Bethelia. einem Dorfe in der Nähe der alten Philistäerstadt Gaza,
in einer frommen christlichen Familie herangewachsen (vgl. nament-
lich 5, 15). Aus andern Stellen des Werkes (2, 24: 7, 1(3) wird wohl
mit Recht gefolgert, daß er vor seiner Übersiedlung nach Konstan-
tinopel auch Italien besucht hat. Der zeitliche Rahmen seines Wirkens
ist damit in etwa festgelegt, dafs er die Kirchengeschichte, wie sich
zeigen wird, nach 439 und vor 450 verfaßt haben muß. Sozomenus
hat also die Lebenstage und den Wohnsitz und wahrscheinlich auch
die Berufstcätigkeit des Sokrates geteilt.
Seine Kirchengeschichte hat er vor der Veröffentlichung der Kritik
des Kaisers Theodosius IL unterstellt. An der Spitze steht ein schwung-
haftes Widmungsschreiben. Der Kaiser, heißt es hier, möge die Frucht
So sclut'ilit Photius. Bibl. cod. oO. Doch variiert die Form des Namens sowohl
'
bei den alten Kirchenschriftstellern als auch in den Manuskripten des Werkes des
Sozomenus. Vgl. die ..annotationes" des Valesius bei Migne (57. 843 ff. H53 ff., oder
in Husseys Ausgabe des Werkes Oxford ISBO 3. 1 4 f.
142 I^''' .üricfliisclic I/itciMtiir des fiiiit'tcii .lalitlmnilrits.
fällt, und auch noch einer Reliquienüberführung zur Zeit des Patri-
archen Proklus von Konstantinopel (9, 2), also während der Jahre
—
434 44(1 Zweimal aber wird auf spätere Stellen des Werkes verwiesen,
welche in dem überlieferten Texte sich nicht mehr vorlinden: 9, 1
werden Mitteihmgen über die Verdienste Pulcherias, der älteren
Schwester Theodosius' IL, um Unterdrückung der Häresie in Aussicht
gestellt, auf die man vergebens wartet, und 9, 1(), im' vorletzten Ka-
pitel des Textes, wird noch ein Bericht über die Auftindung der Ke-
li((uien des hl. Stephanus angekündigt, welcher nicht mehr erstattet
wird. Es riruß also ein Schlußabsclmitt a1)handen gekorrrmen sein. Diese
\'erstümmehnrg würde man derr Zufälligkeiten der Lberlieferung zur
Last legen müssen, wenrr sich zeigen ließe, daß ältere Leser einen
vollständigeren Text des neunten und letzterr Buches irr Händen ge-
'
1\ Iciiiciis \(iii liiiin. ilfin vcrniiiiit lichiii \'i rfiissci' tics Klcnu'iisroinaiu's.
.
habt haben. Da
aber ein solcher Nachweis nicht zu erbringen ist \
so bietet zunächst die Vermutung an. dafa der Kaiser von dem
sich
ihm zugestandenen Rechte Gebrauch gemacht und etwa die zweite
Hälfte des neunten Buches gestrichen habe. Irgend welche Bemerkungen
oder Andeutungen über die unerquicklich gewordenen Verhältnis.se in
der kaiserlichen Familie, auf welche der Verfasser an dieser Stelle
vielleiclit nicht verzichten zu können geglaubt hat. mögen dem Ohr
*
Den Versuch eines solchen Nachweises unternahm Sarrazin in den Commenta-
tiones philologae lenenses 1. Leipzig ISSl. IGf) ff. Siehe dagegen Schoo. Die Quellen
«les Kirchenhistorikers Sozomenos. Berlin l'.Ul. 4 tf
'
Während Sokrates wiederholt erwähnt und als Dichterin sowohl wie
sie bei
als Wohltäterin der Kirchen des Orients gepriesen wird Socr. 7. 21 47 Vgl. Schoo .
a. a. (>. (Iff.
144 Die jiiieclii.scln- Litriiitiir des riiiifti-n .Taliilmii(ltits.
hat nach dem Gesagten die Hauptlast der Arbeit getragen, während
Sozomenus gar vielfach erntete, wo er nicht gesät hatte.
Als Schriftsteller ist Sozomenus seinem Vorgänger überlegen ge-
wesen. Schon Photius urteilte: edii be ZuuKpdTouc; ev ti) cppüaei ßeXTioiv'.
Seine Sprache ist gefälliger, seine Darstellung flüssiger: er hat einen
gewissen historiographischen Stil. Nicht mit Unrecht aber hat Valesius
den Worten des Byzantiners beigefügt: „Sed quantum dictionis ele-
gantia vincit Sozomenus, tantum Socrates iudicio vincit."- Sozomenus
ist etwas leichtgläubig, bekundet eine Vorliebe für Wundergeschichten
und pflegt da. wo er Kritik zu üben scheint, das Urteil seiner jedes-
maligen Quelle ziemlich gedankenlos herüberzunehmen. Daß er in
theologischen Fragen wenig bewandert ist, soll ihm hier schon des-
halb nicht als Schwäche angerechnet w-erden, weil auch Sokrates keine
theologische Bildung besafs. Sozomenus erklärt wiederholt, daß er sich
bezüglich der Lehren der Häretiker und ihrer Streitigkeiten unter-
einander auf allgemeine Andeutungen beschränken müsse, weil er
für solche Dinge kein rechtes Verständnis habe (6, 27: 7. 17: vgl. auch
schon 13, 15).
Die vorhin (Abs. o^ genannten Ausgaben der Kirchengeschichte des Sokrates
von »Stephanus und von Valesius umschlossen auch das Werk des Sozomenus.
Aus Valesius-Reading stammt der Sozomenus-Text bei Migne. PP. Gr. 67. Eine
neue Sonderausgabe des Sozomenus lieferte R. Hussey. Oxford 1860. 8 Bde. S":
vgl. Nolte in der Theol. Quartalschrift 48 (1S61) 417—451. Fiu- die .Grie-
chischen christlichen Schi'iftsteller der ersten (bei Jahrhunderte" hat J. Bidez
eine Rezension des Sozomenus-Textes idiernommen. Einen eüdäfdichen Rechen-
.schaftsbericht über seine Vorarbeiten erstattete Bidez schon in den Texten und
Untersuchimgen zur Gesch. der altchristl. Lit. o2. 2 b. Leipzig 1908: .La tradi-
tion manuscrite de Sozomene et la Tripartite de Theodore le Lecteur." Eine —
moderne englische Übersetzung der Kirchengeschichte des Sozomenus von Ch. D.
Hartranft bei Schaft' and Wace. A Select Library of ]S'icene and Post-Nicene
Fathers of the Clu'istian Church. Series 2. vol. 2. New York 1890. d. V. —
Sarrazin. De Sozomeni historia num integra sit Commentationes philologae :
'
rii..t.. lüi.i. c.hI. ;{().
-'
Valesius liii MiuMc »17. "J4 : in Hiisscvs Sukratis-Ausüalii' 1. xv.
S ")(). Kircliciiliistuiikei-. T). (lelasius von ('yzikiis. 145
'
Dieser Titel nicht direkt überliefert, ist aber aus den Über- und Unter-
ist
schriften der einzehien Bücher des Werkes sowie auch aus Stellen des Textes selbst
mit .Sicherheit zu erschließen. Siehe die Ausgabe von Loeschcke-Heinemaim. Leipzig
1918. Einl. XXVIII. In der editio princeps von Balforeus, Paris lö99. lautete der
Titel: TiiJv Karü Tt^v ^v NiKaia äYictv ffüvobov TTpaxOevxujv ZüvraTlua, .Historia Con-
cilii NicaeniV
- Wenn sein Werk in einem Manuskript des Photius die Aufschiift trug . Von :
Gelasius, Bischof von Cäsarea in Palästina" Phot.. Bibl. cod. 88 so war das nur .
eine Verwechslung des Gelasius von Cyzikus mit dem gleichfalls als Kirchenhistoriker
aufgetretenen Erzbischof Gelasius von Cäsarea gest. 39;") .
'
Vgl. etwa die Notiz Le Quiens bei Migne. PP. Gr. 85. 1797 f.. und die freilich
sehr kurze Bemerkung Sinclairs im Dictionarv of Christian Biographv 1. London
1877. 78-J.
Es ist eine Geschichte der Kirche des Orients unter Konstantin d. Gr..
was Gelasius bietet. Das erste der drei Bücher berichtet in 1 1 Kapiteln
über das Leben Konstantins von seinem Regierungsantritt bis zu seinem
Siege über Licinius (323). Das zweite erzählt den Verlauf des von
Konstantin berufenen Konzils zu Nicäa in 3(5 Kapiteln. Das dritte hat
laut Photius die Geschichte Konstantins bis zu seiner Taufe und seinem
Tode (337) verfolgt-, ist jedoch nicht in seinem vollen Umfang erhalten
geblieben. Dem zweiten wie dem dritten Buche sind zahlreiche Akten-
stücke eingefügt. Im Mittelpunkt der Darstellung steht also die Person
des ersten christlichen Kaisers. Sie hat die ganze Seele des Verfassers
ausgefüllt. Xach den Schlußworten der Vorrede gedachte er in einer
zweiten Schrift über die Umstände der Geburt Konstantins und die
Zeiten der Regierung seines Vaters Konstantins zu handeln. Doch ist
von dieser Schrift sonst nichts bekannt.
Ein Schriftsteller wie Sozomenus ist Gelasius nicht. Sein Stil
ist ebenso umständlich und überladen wie trivial und ungebildet -^
Interesse darf seine Arbeit insofern beanspruchen, als er auch aus
(Quellen geschöpft hat, welche uns nicht mehr zugänglich sind. Wo
er (lewährsmännern folgt, die wir noch vergleichen können. Eusebius.
Sokrates, Theodoret. pflegt er ohne viel Geschick ein Zitat oder Ex-
zerpt an das andere zu reihen, den Text durch allerhand Phrasen.
Kpitheta. Synonyma auszuschmücken und nicht selten auch in den
Inhalt willkürlich einzugreifen. Der übrig bleibende, den bezeichneten
Autoren fremde und Gelasius eigentündiche Stott'. Berichte sowohl wie
namentlich auch rikunden umfassend, muß nach den Angaben der
N'tirrede in erster Linie auf das Buch des Dalmatius. die Darstellung
'
Näheres l>ci (llas. Die Kirclicimcscliiilitt' des (ielasios von Kais:iicia. Leipzii;
i:n4. -Jff. IS ff.
'
l'llot.. Hihi. cod. SS.
'
KImI.: }-\ ^6 q)pdaic eic tü Tarrtivüv kui x^'^uiov toü Xu-fou Xiuv KaTevr|V€-fu€vr|.
Virl. elid. cod. 1.'): fiiTfcXtic bi Kai tuitcivoc xqv q)pdöiv.
S ;")(). Kiiclieiiliistorikcr. '). (Jelasius von Ch'zikus. 147
Die Kirchengoschichte des Gelasius ist unter dem Titel .Historia Concilii
Nicaeni" erstmals durch den Schotten Ji. Balforeus (Balfoui-), Paris lö99, heraus-
gegeben und aus seiner Hand in die Konziliensammlungen herübergenommen
Lworden. Aus Mansi. 88. Conc. Coli. 2. 759 —
946. ging sie dann in ^Migne,
i*P. Gr. 85. über. Balforeus gab aber nur die zwei ersten Bücher des Werkes
liebst ein paar Fragmenten des dritten Buches. Weitere 8tücke des dritten
Ruches wurden nach cod. Aml)rosianus öo4 saec. XÜ/XIII. der reichhaltigsten
md wichtigsten unter allen unsern Handschriften, abgedruckt bei A. M. Ceriani.
lonumenta sacra et profana t. 1, fasc. 2. Mediolani 18()6. 129 155: vgl. 156 —
i)is 17ü. Eine neue Ausgabe des Werkes verdanken wir Loeschcke und Heine-
mann: Gelasius" Kirchengeschichte, herausgegeben auf Grund der nachgelassenen
Papiere von G. Loeschcke durch M. Heinemann. Leipzig 191S (Die griecliischen
christlichen Schriftsteller der ersten drei Jahrhunderte. Bd. 2-S\ Vollständig haben
auch sie den Text des dritten Buches nicht vorlegen können. —
Eine systematische
Untersuchimg der Quellen des (Gelasius lieferte erst G. Loeschcke. Das 8\'ntagma
des Gelasius Cyzizenus (Inaug.-Diss.\ Bonn 190(1 i^Separatabdruck aus dem Rhein.
'
Siehe Kircheulexikon 5-. Fieibuig i. Br. 1888. "230. Übrigens ist eine Be-
nützung des Sozomenus durch (lelasius nicht nachzuweisen.
Siehe Zeitschr. f. Kirchengesch. 17 ;1897^ 21 31.
-'
^ruseum f. Philol. (H) [UXIÖJ .')i)4— ülo; (Jl |1U()()J 84—77). Über die Be-
nützung 'J'hcodorets von Cyrus durch Gelasius vgl. L. Pannentier in seiner Aus-
gabe der Kirdiengeschichte Theodorets. Leijjzig 1911. Einl. lxii lxv. Über —
die Benützung des (lelasius von C'äsarea vgl. A. Glas, Die Kirchengeschichte
des Gelasios von Kaisareia die Vorlage für die beiden letzten Bücher der
.
Theol. Studies 1 [1900] 125 f.) verfochtene Annahme, (ielasius habe aus dem
lateinischen Texte Rufins geschöpft, ist den Nachweisen bei Glas a. a. G. IS ff.
gegenüber nicht mehr aufiecht zu halten. Vgl. etwa noch F. Haase. Zur Glaub-
würdigkeit des (Jelasius von Cyzikus: Byzantinisch-Neugriechische Jahrbb. 1
—
(1920) 90 93. Die ünechtheit der Disputation mit dem Philosophen Phädon
wird dadurch bewiesen, dafs die dem Bischof Eusebius von Cäsarea in den
Mund gelegten Reden mit der durch seine eigenen Schriften beglaubigten Theo-
logie des Cäsareensers in Widerspruch treten. Siehe M. Weis. Die Stellung
des Eusebius von Cäsarea im arianischen Streit. Trier 1920, 6 34 f. 43 f. öS f flf.
1. Historia Lausiaca. —
»Historia Lausiaca" (AauaiaKii icTTopia.
häufiger AauaiaKÖv oder auch AaucraiKÖv) ist der jetzt all-
aber to
gemein gebräuchliche Xame einer berühmt gewordenen Schrift, welche
über ägyptische Mönche und sonstige Aszeten beiderlei Geschlechts
handelt. Lausus, Kammerherr am Hofe Theodosius' H., hat die Schrift
angeregt, und ihm hat der Verfasser. Bischof Palladius von Heleno-
polis in Bithynien, sie zugeeignet. Frühere Jalnhunderte kannten nocli
zwei andere Bezeichnungen: „Vita sanctorum patrum" {^\oq tüjv d-fioiv
TTaTepuuv) und .Paradisus'" (TTapdbeiooq). ..Paradies" sind auch mehrere
andeie Schriften über die ägyptischen Gottesniänner genannt worden.
Der ursprüngliche Titel unsrer Schrift ist bei dem Widerspruch der
Manuskripte nicht mehr festzustellen '.
In kurzen Strichen eine bunte Fülle staunenerregender Tugend-
beisi)iele insbesondere aszetisclier Großtaten vorführend
, kam die .
Schrift dem Geschmack der Zeit entgegen und erfreute sich auch in
den Klöstern des Mittelalters der größten Beliebtheit. Das Hand-
schriftenmaterial ist infolgedessen erstens sehr reich und zweitens sehr
gespalten und zerrissen. Butler, der letzte Herausgeber, welcher
die Bibliotheken des westlichen Europa durchforsclite, unterscheidet
drei Gruppen von Handschriften.
Nicht selten ist die «Historia Lau-
siaca" mit einer andern, sachlich sehr nahe verwandten und gleich-
falls dem Anfang des 5. .lahihunderts entstammenden Schrift, der |»
'
Näheres üIht die vcrscliieileiicn Namen lu'i Butler. The Laiisiac Histoiy of
Palladiii.s. (.•ainhridue 1S;»8 1;K)4.,-_>. S; vijl. den Naditra.n 2. 178.
<? öl. Mönclis- und Heil igen biogi-aphcn. 1. Histmia Lausiaca. ] 49
'
Wie früher Bd. 3 dieses Weikes .S. 555 gesagt wurde, dürfte Butler den
Nachweis erbracht haben, daß der griechische Text der ^Historia nionachorum" als
Originaltext und die lateinische .Historia monachorum" Rufins von Aijuileja als Über-
setzung anzusehen ist, wähi-end Preuschen ^Palladius und Rufinus, (xieLien 1897; die
Ansicht vertreten hatte, daß die Schrift von Rufinus in lateinischer Sprache verfaßt
und bald nachher von unbekannter Hand ins (Griechische übertragen worden sei.
Inzwischen hat sich freilich Reitzen.stein Historia monachornni und Historia Lausiaca.
•iöttingen IHKj, 11 ff.^ auf die Seite Preuschens gestellt und die Priorität des latei-'
nischen Textes behauptet. Der Sieg wird aber doch wohl der These Butlers verbleiben.
- Über die griechischen
Handschriften siehe Butler a. a. 0. 2. xiv S. lxvi ff.
' Über
die alten Übei-setznngen .siehe Butler 1. 58 ff.
150 Dil' giircliisclic Ijitciatiir des rüiii'teii .l;iliilimi(icit.s.
sehen und gehört, ist erst in neuerer Zeit bezweifelt, durch die jüngsten
Forschungen aber um so glänzender bestätigt worden. Lucius glaubte
freilich noch von dem ..mönchischen Geschichtsfälscher Palladius" reden
zu dürfen'. Amelineau hingegen erklärte: „Nihil in illius scriptis
inveni, quod ab aliorum scriptorum dictis discrepet" Preu sehen :
lichkeit zu. Das über Melania die Jüngere handelnde Kap. 61 ward von neuem
rezensiert durch M. Card. RampoUa del Tindaro. Santa Melania giuniore. Roma
1905. 87 — —
90; vgl. XL VIII lv. Ein Abdruck der Ausgabe Butlers nebst fi-an-
zösischer Übersetzung bei A. Lucot. Palladius. Histoire Lausiaque. Paris 1912
(Textes et documents pour Letude historique du christianisme). Eine deutsche
tn^ersetzung lieferte St. Krottenthaler. Kempten 1912 (Bibliothek der Kirchen-
väter); eine englische Übersetzung W. K. L; Clarke. London 1918.
Die welche bei Migne. PP. (Ir. 34. 997
lateinische Übersetzung, 12()2. —
dem griechischen Texte der Historia Lausiaca" beigegeben ist (sie steht auch
,
Hcraklides vgl. unten Abs. 2. Die zweite, bei Migne. l^P. Lat. 74. 843 882. mag —
aus dem (>. oder 7. .Talirliiindeit stammen. Näheres bei Butler 1, 58 7(5; 2. lxxv —
bis Lxxvji. Auch zwei alte syrische Übersetzungen sind auf uns ge-
kommen, und zwar liegen beide noch in Handschriften des (>. Jahrhunderts
vor. pjinzelne Abschnitte lieider Übersetzungen haben weite Verbieitung ge-
funden infolge ihrer Aufnahme in das große syrische , Paradies" oder Hammel-
werk über ägyptische Mimche. welches um die Mitte des 7. Jahrhunderts von
dem nestorianischen Mönche Enanjesu lAuanischo! kompiliert ward, heraus-
gegeben von P. Bedjan (Acta Mart}Tum et 8anctorum 7. Paris. 1897) und
wiederum von E. A. Wallis Budge (The Book of Paradise. London 1904. 2 voll..
8^). —
Weiteres bei Butler 1. 77 9(): 2. lxxvii i.xxx. Vgl. auch W. Bousset —
in den Naclu'ichten von der Kgl. GeseUsch. der Wissensch. zu Göttingen. Philol.-
hist. Kl.. 1917. 205 Über eine armenische Version der .Historia Lausiaca"
ff'.
und Neuen Testaments. Heft 24). Guttingen 1916. W. Bousset a. a. Q. 178 205: —
.,Komposition und Charakter der Historia Lausiaca'" vgl. Bousset in der Zeitschr. :
2. Der Verfasser. —
Der Verfasser der -Historia Lausiaca"
wird in derMasse der Handschriften und Übersetzinigen
großen
Palladius genannt, in einigen Avenigen Heraklides'. Unter Heraklides ist
wohl Heraklides von Cypern verstanden, Mönch im Nitrischen Gebirge
und Schüler des f^vagrius Pontikus, später durch Johannes Chryso-
stomus zum Erzbischof V(m Ephesus bestellt und dann als „Johannif*
von den (legnern des hl. Chrysostomus auf das bitterste verfolgt^. Doch
muß die Zueignung an Heraklides auf einem allerdings noch unauf-
geklärten Mißverständnis beruhen, weil die autobiographischen Angaben
des Verfassers nur bei Palladius zutreffen, wenngleich Heraklides eine
ähnliche Laufbahn zurückgelegt hat wie Palladius. Bei dem Kirchen-
Sokrates (Hist. eccl. 4, 23) heißt der Verfasser der „Hi.storia
hi.storikei'
Lausiaca" denn auch schon Palladius.
'
Siel).' Hutler :i. ;i. (
>. "J. ls:i.
- V:rl. ViiKiliIrs iii) Dicti.marv of (In ist. i:i,im;.i.li.v •_'. Loiul.ni ISSO. W2.
S öl. Mi'iiichs- iiiifl Hcili,i;f'nliiogriiplicn. '1. Der Verfasser. |53
'
Diese Zeitangabe ist übrigens textkritisch anfechtbar und deshalb bei Butler
2. IT) in Klammern gesetzt. Vgl. jedoch Butler 2, 237 if.
154 "'"' iiiicflii'^clK' Ijitciatm- des iiniftcn .l;ilirluiiiilcrt.s.
'
Mimic. IM', (ir. 47. 4'.'. ri,cr das Datum dor Syin'dc si(4ic Tillcmoiit. Mr
niniivs 11. i:.s .-,14 :..si tr.
-
Migiic 47. 71. Ülx'i- das Datum der Kxiiifiimg vgl. Tillemont a. a. < •. 11. ."»Di
•'
Epipli. lii'i Hier.. K]». f)!. !• : Corpus siiipt. occ I. lat. 54.' 41 "2.
^
ri;i'us(lu'n a. a. O. (».1.
''
24;{. Hutler a. a. -J'X] ff.
"
Phot.. Bil>l. cod. ;")!•: Miun.-. I'l'. Cr. 10;5. 110.
4};')]. Mönclis- und Hciliit<'iil)i(p^iai)li('ii. ;>. Dialo.^iis rlc vita S. loaiinis Cliivs. ] ö5
'
Hier.. Dial. adv. Pelaji.. pn.l. c. -J : Miiiiie. PP. Lat. 2:5, 497.
-
Mansi 4-. ISGi;.
] 5H i'i'' .iii'it'<liis(li(' Ivitcratiir des ITniftcii .lalirliiiiidcits.
'
Aeni!,onvoort. Der Dialog des I^illadius iilicr das lioljun des lil. .Foliannes
Chrvsostomu.s, (iaesdonck H>1.'}. 12 i\.
- Uns hauptsächlich liekaimt aus Fac. Herrn.. Fid dcteus. trium capit. (5. ö.
Vgl. Bd. 8 dieses Werkes. Freiliurg i. Br. i;»12. .S. lltif.
•'
Auch die Angal)e des Oiientalen, dal.i er jetzt. 407 408. Rom zum ersten Male
sehe c. 1 . trifft liei Palladius iiirht zu. Palladius ist 40.") zu Rom gewesen, und zwar
gleichfalls .um des seligen Bischofs .Johannes willen", d. h. auf der Flucht vor den
Feinden des hl. Chrysostomus Hist. Laus. c. (il In einem Briefe des Papstes Inno- .
zenz 1. vom .lahre 40") an Klerus und A^)lk von Konstantinopel ,Ep. 7 .Migne. PP. :
liat. 20. 501--r)0S wild Palladius unter den nach Rom geflüchteten Bischöfen ge-
nannt, ihirch w(dche der Papst üIkt dir A'urkduiniuisse zu Koustautinopel genauen
Auf.schluri erhielt.
S ;')!. Mönchs- und Hriligenbiographen. 4. Vita S. Mclaniac innioiis. |57
Der ,Dialogus'' ward nach emer Handschrift der Lauren tiana zu Florenz
aus dem 11. Jahrhundert von E. Bigot. Paris 1680. in Druck gegeben und von
B. de Montfaucon in seine Cluysostomus- Ausgabe lo, Paris 1738, *1 89. auf- —
genommen. Weitere Abdrucke bei GaUandi. Bibl. vet. Patr. 8. Venet. 1772.
— —
257 ooO; Migne. PP. Gr. 47. 5 82. Eine englische Übersetzung der Schrift
Heferte H. Moore. London 1921. Lu übrigen siehe E. C. Butler. Authorship of
the Dialogus de Anta Chrvsostomi: XpuaocTTOjaiKd, Studi e ricerche intorno a
S. Giovanni Crisostomo. Roma 1908. fasc. 1. 35 —
4G vgl. Butler in The Journal
:
(.f Theo]. Studies 22 (1921) 138 ff. Fr. Aengenvoort. Der Dialog des Palladius
über das Leben des hl. Johannes Chrysostomus. Beilage zu dem Jalu'esbericht
1912 13 des .Coli. Augustinianum" zu Gaesdonck.
^ Näheres über die äußern Zeugnisse bei Aengeuvooii: a. a. 0. 4 ff. Ein neues
Zeugnis hei Fr. Diekamp in der Theol. Revue 1913, 279.
- Näheres über die innein Gründe bei Butler in den XpoöcaTouiKci. Roma 190S.
t'asc. 1. 88 ff'.
.
PP. Gr. IK), 753—794), während der griechische Text selbst, die Vor-
lage des Metaphrasten, erst 1908 durch die Bollandisten ans Licht
gezogen wurde. Vorher schon war der lateinische Text durch die
Bollandisten herausgegeben worden, wenngleich in lückenhafter und
verbesserungsbedürftiger Gestalt, wie denn überhaupt alle bisher be-
kannt gewordenen Manuskripte des lateinischen Textes mehr oder weniger
abgekürzt und entstellt sind, mit alleiniger Ausnahme einer Hand-
schrift vom Jahre 954, welche Kardinal Rampolla im Eskurial ent-
deckte. Rampolla hat 1905 in einer ebenso gediegenen wie glanz-
vollen Publikation beide Texte miteinander vereinigt.
Die gegenseitigen Beziehungen der beiden Texte sind von eigener
Art. Es handelt sich allem Anschein nacli nicht um einen Urtext
und eine Übersetzung, sondern um zwei voneinander unabhängige Be-
arbeitungen einer gemeinsamen Grundschrift, einer älteren Original-
vita. Rampolla gelangte zu der Ansicht, daß der lateinische Text
dieser Originalvita besonders nahe stehe und die letztere wohl auch
die lateinische Sprache geredet habe, während d'Ales sich dafür aus-
sprach, daß der griechische Text im allgemeinen ein treueres Abbild
der Originalvita biete und die letztere wohl auch griechisch geschrieben
gewiesen sei. Jedenfalls zeichnet sich der griechische Text vor dem
lateinischen durch größere Flüssigkeit und feste Geschlossenheit aus,
und bei einer Schrift, die um 444 450 zu Jerusalem entstanden sein —
muß, ist griechische Ursprache als wenigstens wahrscheinlich schon
vorauszusetzen. Darin nämlich hat Rampolla ungeteilte Zustimmung
gefunden, daß der Verfasser der Originalvita, welcher sich selbst als
einen in der nächsten Umgebung Melanias lebenden Priester zu er-
kennen gibt S kein anderer sein könne als der Priester Gerontius von
Jerusalem. Jerusalemite von Geburt, Knabe sich hatte er als armer
der Wohltätigkeit der reimischen Patrizierin zu erfreuen, ward auch
durch sie dem Mönchs- und Priesterstande zugeführt und übernahm
nach ihrem Tode (439) die Verwaltung ihrer Klöster zu Jerusalem^.
Auf die Ernnmterung eines ungenannten Bischofs hin hat er. wahrschein-
licli schon sehr bald nach 439, laut der Vorbemeikung einiges von dem
vielen, was er selbst mit Augen gesehen und was er aus fremdem
Munde zuverlässig erfahien liatte. zu Papier gebracht. In den früheren
Kaj)itehi gibt Mittcihmgen anderer, insbesondere Melanias selbst,
ei' die
wieder, in den
schöpft er aus persönlicher Erinnerung.
späteren
Aus jeder seiner Zeilen, die nicht von .schriftstellerischer Kunst zeugen,
aber um so mehr von Herzen konuuen, leuchtet unbegrenzte Dankbar-
keit und Verehrung gegen die dahingegangene -Mutter''
'
Vita S. Mclan. iuii. c IH. Ihm h'aiiiiioila. S. M.laiiia -iiiyidic Koma lf)0.^. (il^
-'
Sii'lif (lif Nacliwcisc liltcr (Jt-rontiu-s Wi Hamipulla a. a. < >. i xx ff. Zur Kritik
vi;l. i'twa Di<'kamii in (k-r Tlifol. Reviu- liMKi. •_M4 ).
5? ;")!. Mimilis- und Hciligenbiogi-aphen. 4. Vita S. Mt-laiiiaf iunioris. 159
'
fVAles in den Analecta Bolland. 25 ^1906) 450.
-'
Vita c. 11 (griechiscliX
^ Vita -irXeov eXarrov xpuöoO uupidibac; bübexa.
c. 15: Es werden Stücke Gold
(voiaiauara. solidi gemeint .sein, nicht Pfunde Goldes. riOOfJO Pfunde (ioldes würden.
das Pfund zu 972 Franken gerechnet, die unglaubliche Summe von 1 l(j 640 Ü(JO Franken
ergeben. Nach dem lateinischen Texte der Vita soll nicht Pinianus. sondern Melania
ihre jährlichen Einkünfte auf .centum viginti miilia" geschätzt haben. Vgl. zu der
Stelle d'Ales a. a. 0. 411 f.: Gojau. Sainte Melanie. Paris 1908, 12 ff.
\ß{) Die iirifcliisclic liitciatiir flcs liniftcii .hilii'liundert-s.
Siehe die Ausgabe der Vita S. Hypatii in der Bibliotheca Teubneriana. Leipzig
'
1895. 39. Des Archimandriten Dalmatius soll an anderem Orte J 5G, 1 noch einmal
gedacht werden.
Siehe die genannte Ausgabe 5ö f.
'''
Degenhart, Dii
'
lil. Nilus Siiiaita, .Münster i. \V. üil."). Heussi, Untersuchungen
zu Nilus dem Aszeten, ]A'i])zig liH7.
'^
Sielie die Ausgabe dieses Synaxariums von H. Deleliaye in dem i'r<i|).vlat'um
ad Acta 8S. Novemhris, Iknxellis IIKI-J. L'IT. ^'gl. Nie. Call., Hist. ecci. 14. :A\
Migne, PI'. Gr. 14(i. Vlhi'y.
'
Sielie Suaresius. S. 1'. N. Nili aldiatis tractatus seu djuiseula. Honiae KIT.'J. Gt>r);|
'
Heussi a. a. 0. 155 ff. - Vgl. ebd. 138 ff.
11*
1(54 Die griechische Literatur des fünften Jaliihuiiderts.
ständigen Lehrer jüngerer Mönche ein \ und nicht wenige seiner Ab-
handlungen sind zur Unterweisung von Mönchen, auch von Mönchs-
obern, bestimmt. Nilus endlich legt besonderes Gewicht darauf, daß
der Mönch alle Bande lösen, nach Möglichkeit
verwandtschaftlichen
sogar aus seinem Gedächtnis streichen müsse-. So ergeben sich
unvereinbare Gegensätze. Die Frage nach dem wirklichen Verfasser
der „Narrationes" mulä freilich vorläufig offen bleiben. Derselbe mag
übrigens ein Zeitgenosse des Nilus gewesen sein oder doch noch dem
5. Jahrhundert angehört haben. Die Identifizierung mit Nilus ist
eines der vielen Rätsel der Überlieferungsgeschichte altchristlicher
Schriftwerke '.
Der neuerdings häufiger gebrauchte Name „Nilus Sinaita" ist dem-
nach unzutreffend. Richtiger wäre die ältere Bezeichnung ..Nilus von
Ancyra'". In oder bei Ancyra ist nach allem, was wir wissen, der
Hauptschauplatz des Lebens und Wirkens unsres Aszeten zu suchen.
Ja, von irgend einem andern Aufenthaltsort ist nicht das mindeste
bekannt. Insbesondere fehlt jede Nachricht darüber, daß Nilus den
Sinai jemals gesehen hat.
Gegen Ausgang des 4. Jahrhunderts muß Nilus sich schon eines
über seine nächste L^mgebung hinausreichenden Ansehens erfreut haben.
Wie wir aus seiner Korrespondenz ersehen, hat der Gotenführer Gainas.
welcher wahrscheinlich am 23. Dezember 400 ums Leben kam, theo-
logisch-dogmatische Verhandlungen mit Nilus angeknüpft. W^enn also
Nilus bei dem Chronisten Georgius Monachus zu den Schülern, juaBnieTg,
des hl. Chrysostomus gerechnet wird^, so könnte das Wort „Schülei"
im engsten Sinne zu nehmen, von einer persönlichen Jüngerschaft zu
verstehen sein. Es ist aber allem Anschein nach in dem weiteren
Sinne von Verehrer und Anhänger gemeint, und als ein solcher wird
Nilus auch durch seine Korrespondenz erwiesen. Er hat nicht bloß
die Schriften des hl. Chrvsostomus sehr hoch geschätzt und sehr häufig
1
Ep. 1. 18: 3. 303: Migne 79. 89 532.
- Siehe z. B. De mouast. exercitat. 43 ff. : Migne 79. 772 ff. Vgl. Degenhait
a. a. 0. 98.
•'
merkwürdige ParaUele zu den .Nanationes" bihlet die gelegentliche
Eine
Notiz in einem Briefe unsres Nilus Ep. 4. G"2 Migne 79. 58Ü f. Unter den Mönchen
: .
am Sinai lebte ein greiser Mann aus tnilatien mit seinem Sohne. Bei einem plötz-
lichen (jberfall durch heidnische Barbaren wird der Sohn nebst andern Mönchen er-
griffen und fortgeschleppt. Auf wunderbare Weise aber wird er wieder befreit und
dem untröstlichen Vater zurückgegeben. Es scheint kaum zweifelhaft, daß dieser
greise (ialatei- kein anderer ist als der greise Eremit der ,Narrationes\ Im ein-
zelnen zeigt jedoch die beiderseitige Darstellung so viele und so belangreiche Ab-
Aveichungen. daß der Brief und die .Narrationes" nicht ans der.selben Feder geflossen
sein können. An der Echtheit des Biiel'es dürfte nicht zu rütteln sein. Vgl. Heussi
a. a. 0. 80 91 l.M f. l.")7 ff.
•
(Jeorgii Monachi Cliionicon. ed. ('. de Boor. Lipsiae 1904. 2. ."199. Vgl. Henssi
a. a. 0. 12 ff. 8(?f.
')>. Nilus der Aszet. Leben.
S 1.
165
'
Ep. 2, 265: Migiie 79. 33G. -
Vgl. Ep. 3, 176: Migne 79. 465.
^
"Wenigstens nicht zin- Zeit der Abfassung des Briefes 2, 261 Migne 79, 333.
;
1(3() Die griechisclie Literatur des t'iiiifteii Jahrhunderts.
.Narrationes" kommt als Quelle für das sinaitische Mönchtuin um die Wende
des 4. zum ö. Jahrhundert namentlich noch ein älteres, aber dürftigeres Seiten-
stück in Betracht, der Bericht des Ammonius ,De sanctis patiibus barbai'orum
incursione in monte Sina et Raithu peremptis" (Trepi tujv dvaiptBevxojv utto
Tüjv ßapßdpujv ev xu) Xivü öpei Km ev Tfj Pai6o0 dyimv TraTepujvi. Am-
monius. ein ägyptischer Mönch, hatte eine ^Vallfahrt nach Palästina gemacht
und auf der Rückreise die Mönchskolonien am Sinai besucht. Er mußte Zeuge
sein, wie die Mönche am Sinai und bei Raithu. wahrscheinlich um 873, von
Sarazenen und Blemyern überfallen und viele von ihnen ermordet wurden.
Heimgekehrt, hat Ammonius seine Erlebnisse am Sinai in .ägyptischer'", d. i.
koptischer Mundart niedergeschrieben ein ägyptischer Presbyter Johannes hat
:
den Bericht aus dem Koptischen ins Griechische übersetzt. Diese griechische
Überse4:zung ist von Fr. Combefis. Illusti-ium Christi martyrum lecti triumphi.
Paris. 1 ()()(). 88 —
lo2, nach zwei Handschriften herausgegeben worden; eine
neuere Ausgabe oder auch nur ein Abdruck liegt nicht vor. Eine palästinensisch-
aramäische Version des griechischen Textes veröifentlichte A. Smith Lewis. The
Forty Martyrs of the Sinai Desert and the Story of Eulogios. from a Palestinian
Syriac and Arabic Palimpsest transscribed (Horae Semiticae 9\ London 19P2.
Wenngleich übrigens der Erzählung des Ammonius unzweifelliaft eine historische
Begebenheit zu Grunde liegt, so ist sie doch, wie die grotesken Wundergeschichten
zeigen, als Quelle nur mit Vorsicht zu benutzen. Näheres bei Schiwietz a. a. 0.
2, 6— L"i 80—88. Vgl. Heussi a. a. 0. 29 14G f. 150 f.
2. Briefe. —
Dürftig wie die Nachrichten üher sein Leben, sind
auch die Zeugnisse über die Schriftstellerei des Nilus. Außer den
vorhin aufgerufenen Gewährsmännern, dem Verfasser des Synaxariums
von Konstantinopel und Xicephorus Kallistus, kommen namentlich noch
Photius und ein jüngerer Träger des Namens Nilus in Betracht. Der
letztere. Nilus von Rossano, der Gründer von Grottaferrata (gest. 1005),
feiert in einem sog. Kontakion den alten Aszeten als Leuchte der
Mönche und weist auf seine Lehr- und Mahnschriften über das geist-
liche Leben hin, ohne jedoch irgend einen Schriftentitel anzuführen ^
Auch die Notiz, welche Photius dem literarischen Nachlaß des „Mönches
Nilus" widmet -, ist leider recht kurz. Zwar kannte Photius viele
und über mannigfache Gegenstände sich verbreitende Schriften, teils
in der Form des Briefes teils in der Form der Abhandlung^, alle
lesenswert und sowohl von der Heiligkeit des Wandels des Verfassers
wie von der Kraft seines Wortes zeugend aber nur zwei derselben nennt ;
er mit Namen: ein Buch über das Gebet und eine Sammlung von
'
Dieses Kontakion hei S. (Jassisi. Innografi italo-^reci. im Orieiis C'hristianus
5 (1905) 58 ü:
- Phot.. i5il,l. cod. 201.
^ i'liotius ek t6 tov feTTiöToXiuaiov xpoTTov Kai tic xov cfuYTP«9i'<o'^
sclirciht :
dvriYM6vu öuvTayuaTa. hi der lateinischen Üher.setzung hei Migne. PP. (h: 108. (wl.
heiJJt es: .opuscida partim epistolae partim hi.storiae forma conscripta". Aber rpÖTTOi;
ou^^pacpxKoc, ist nicht .hi.storiae forma", sondern die Form der Aldiandiuni; im (iegen-
.satze zu der Form des Briefes. Viil. etwa Oreg. Nyss.. Vita* S. Macrinae j)raef.
(Migne 4(). 1I(>0 : tö bi Tr\fi6o<; uTrep töv ^TnaToA.iuaiov öpov ^ötiv di; avy(pa(p\Ki-\v
ILiaKpriTopiav irapaTeivÖLievov.
§ 52. Nilus der Aszet. 2. Briefe. 167
sein, daß Heussi solchen Exzerpten gegenüber eine viel zu weit gehende
Zurückhaltung beobachtet. Drei Nummern des dritten Buches, 242,
ein Exzerpt aus Isidor von Pelusium, und 328 und 332, Exzerpte aus
des Nilus Schrift „De monastica exercitatione", welche überdies alle drei
einer brieflichen Adresse entbehren, sind nach Heussi nicht unecht,
sondern nur ..zweifelhaft". Mehrere andere Exzerpte, welche in dieser
oder jener Handschrift mit einer brieflichen Adresse versehen sind,
'
Bibl. cod. 27(;. - Heussi, Untersuchungen 63 fF. ^ Ebd. 80 f.
will Heussi eben dei- Adresse wegen als Hiiefe, und zwar als echte Briefe,
anerkainit wissen, deren Stoff oder Wortlaut Xilus anderswoher ent-
lehnt habe. Und die Beobachtung, daß Gedanken oder Stellen aus
Chrysostonuis in der Briefsannnlung sogar in derselben Reihenfolge
anzutreffen sind, in welcher sie auch bei Chrysostonius auftreten, glaubt
Heussi dahin deuten zu dürfen, ..daß der Briefschreiber durch die
Lektüre der 2. und der 3. Homilie des Chrysostonius über David und
Saul dazu angeregt wurde, Gedanken, die ihm für diesen oder jenen
Bekannten nützlich schienen, diesen zu schreiben" '.
'
Houssi a. a. O. T)!». Die Frayc uli aiicli aul.icrlialli iiiisrer Saininliuii; unter
anderem Aiitdrennainen. z. H. als Hiiel'e lia.silius" d. (ir.. Niiusbiieie iilierlielert .sind
^vgl. Bd. '{ dieses Werkes S. !.")(;. liat Ilenssi niflit aufgeworlon.
- E.S .sind die Hriele 1. 70 T'.t 111 lH; •_'().') "iOt; I^SC. \\-v letzte J. -JNi; ist
. . f
Briete aber ist das (pi\ocro9eiv kutü Xpicriöv (2, 305, vgl. 2, 257), das
Zur (jreschichte der Verbreitung der Schi'iften des Nilus soll hier wenigstens
Folgendes bemerkt werden: Zwei Schriften. .De octo spiritibus malitiae" und
,De magistris et discipuUs", liegen auch in altlateinischer Übersetzung vor.
Siehe P. van den Ven in den Melanges Godefroid Kurth. Liege 1908. 2, 74.
Bei den syrischen Nestorianern waren laut Ebedjesu (Cat. libr. eccles. 45, bei
Assemani. Bibl. Orient. 3. 1. 48) .zwei wunderbare Bände des .Mönches Nilus" *•
'
Statt ciTTÖ Tbü TTüieouc Ep. 2. 140 : Migne 79, 261 ist zu lesen äiiö toO d-rra-
über die Exzerpte aus „De oratione" bei Antiochus siehe S. Haidacher,
fikis-Exzerpte im Pandektes des Antiochus Revue Benedictine 22 (1905) 244
:
)is 2.")(). Vgl. auch Heussi a. a. 0. 118 ff. Die Zweifel Heussis an der ür-
sprünglichkeit der Vorrede der Schrift scheinen mir unbegründet zu sein. Der
Lbteiluug der Schrift in löo Kapitel gedenkt schon Photius. Bibl. cod. 201.
^ Degenhart a. a. 0. 174tf.
172 i^i^' yi'it'cliisclie Literatur (lc> l'üiii'tcii .laluhunderts.
octo vitiosis cogitatinnibus" (irepi tuuv oktuj thc; kukiui; Xoykjuuüv. ebd.
1435 — und Erweiterung der Schrift über
1404) ist eine Ül)eiarbeitiing
die acht Laster von späterer Hand. Auch die sachlich nahe ver- —
wandte Abhandlung ..De diversis malignis cogitationibus" (Trepi biaqpöpoiv
TToviipüüv XoTiffiuüv, ebd. 1199 —
1234), über die mannigfachen A"er-
suchungen oder Anreize zum Bösen, ist wenigstens in der vorliegenden
Gestalt als unecht abzuweisen. Man hat sie bisher um so bereitwilliger
zugelassen, als man gegen Ende eine Verweisung auf „Kapitel über das
Gebet" antraf (eipnTai ev Toiq Trepi TTpocreuxii«^ KeqpaXaioK^, c. 23), welch
letztere man mit der soeben (unter c) genannten Schrift des Xilus
identifizieren zu dürfen meinte. Es blieb unbeachtet, daß die Abhand-
lung nachweislich mehrere Zitate aus Evagrius Pontikus umschließt,
daß auch angezogene Verweisung mitsamt den voraufgehenden Zeilen
die
wörtlich aus Evagrius übernommen, daß also unter den -Kapiteln
über das Gebet" eine Schrift des Evagrius verstanden ist. Heussi
hat noch andere Verdachtsgründe geltend gemacht und die Echtheit
der Abhandlung überhaupt für sehr zweifelhaft erklärt.
Die Schrift ,De octo spiritibus malitiae" ward ins Deutsche übersetzt und
eingehend besprochen von Schiwietz, Das morgenländische Mönchtum 2, 58 84. —
Vgl. Degenhart, Der hl. Nilus Sinaita 142 ff. 174 ff. Ü1)er die Entlehnungen
aus Nilus bei Antiochus von St. Saba vgl. Haidacher a. a. 0.. unter c. Be- —
denken gegen die Echtheit der Schrift „De divei'sis malignis cogitationibus'"
bei Heussi a. a. 0. 168 166. —
4. Schriften über das Mönchsleben. — Etwas größer ist
iTier Albianus und bfoutius siflic 'l'illcuiKUt. ]\h'inoires 14. 215 — 218.
'
Sucr., Hist. L-ccl. C. is. Sozoni.. llist. fcci. G. M: S. 20.
§ i)2. Niliis der Aszi-t. 4. .Scliriften üIkt das MöiicIisIcIk'Ii. 178
sprung und die Idee des Mönchtums oder der „wahren Philosophie"
dar, beleuchtet in einem zweiten Teile (c. 21 ff.) die Aufgaben des
Mönchsobern und wendet sich in einem letzten Teile (c. 42 ff'.) mahnend
an die Mönche. Hier stehen also Zönobiten in Rede. Schiwietz
wollte in den ersten Kapiteln der Schrift fremde und spätere Zutaten
erkennen können, welche mit den beglaubigten Zeugnissen über das
morgenländische Mönchtum zu Anfang des 5. Jahrhunderts in Wider-
spruch träten. Das war verfehlt ^ Der freimütige Ton aber, in welchem
die im Mönchsleben bereits eingerissenen Schäden aufgedeckt und
[önche sowohl wie Mönchsobern auf ihre Pflichten hingewiesen werden,
legt die Folgerung nahe, daß der Verfasser ein Mann in reiferen
Fahren war. Sogleich wird sich ergeben, daß unsre Schrift kurz
[vor der (unter d zu nennenden) Schrift „Ad Magnam" veröffent-
licht wurde, und da die letztere schon auf ein Vorkommnis des Jahres
1:26 oder 427 zurückblickt, so mag die erstere um 425 anzusetzen sein.
Nicht weniger als 21 Stellen der Schrift „De monastica exercitatione'' finden
.sich,mehr oder minder vollkommen übereinstimmend, auch in der Briefsamm-
llung des Nilus. Fast alle diese Parallelen will Heussi a. a. 0. 45 ff. darauf
[zurückführen, dafs Nilus in der jüngeren Schrift ältere Briefe verwertet habe.
[In manchen Fällen wird vielmehr die Brietsammlung spätere Exzerpte aus der
Schrift bieten.
d) ..Ad Magnam
diaconissam Ancyrae^ de voluntaria paupertate"
(irepi dKTr||uo(jüvn<;, 1060). —
Es wird eine dreifache Armut
ebd. 967
unterschieden, die höchste Armut (dKpa aKTruaoauvri), welche sich einzig
und allein dem Dienste Gottes widmet, wie es bei den Stammeltern
im Paradies vor der Sünde der Fall war, die mittlere Armut (necrii
'
Gegen Schiwietz, Das morgenländische Mönchtimi 2, 59 f. &iehe Degenhart
a. a. 0. 10 f. ; Heussi a. a. 0. 50 f.
-'
Im (Griechischen -apöi; rqv aeiuvoirpeTreaTcxTriv McJYvav bicxKOvov 'AYKÜpac;. Sehr
Avahrscheinlich schreibt Nilus an jene Aszetin aeuvoTciTri Y^vq Magna von Ancyra,
von welcher Palladius in der ^Historia Lausiaca" [c. 67, spricht. Vgl. Butler. The
Lausiac History of Palladius 2 U904 235.
174 ^'*'*^' yiit'*'lii«<'lit' Literatur drs ITinitt'ii .lalnhuiuh'rts.
die Nummern 1 —
24, ein gnomisches Alphabet, durch Elter von
neuem herausgegeben, aber unter den Namen des Evagrius gestellt
worden.
Diesen Si)rüchen gegenüber gestaltet sich die Eigentumsfrage be-
sonders schwielig. Sie kann nur durch genauere Erforschuni;- der
'
Siehe Paryoirc lici Calirnl. llictioiiiiaiic (raiclu'ologic rliret. et de litinuie 1. 1,
Vgl. Nil., Ep. H. 11: Migne 79. o73. und Chrys.. De compunct. 1: Migne
47, 393. Heussi (a. a. 0. 76 f.) hält den Nilusbrief für echt.
'
Phot., Bibl. cod. 201. Nie. Call.. Hist. eccl. 14. 54.
- Max. Conf.. Cup. theol., bei Migne 91, 725; vgl. Migne 79. 1252. n. 28.
17() Di*' liiit'clii.sclic Litciatiir des riiiiftcii .l;iliiliiiii(ii-rts.
Diese Zahlen iiaili Zahn. For-schnngen zur (iesch. des neutestanuiitl. Kanons
'
-
Kp. 1. :V.U -2.
: 1!»7 und 'JS-_>.
W. Riedel. Die .\usle,tjun,i; des llohcnlicdfs in der jiidisrlH'n (ienn'inde und der
•'
*
Die Angabe Heussis a. a. (
'. 7 ülier die Zitate hei l'liotius ist ungenau.
4j r)-J. Xihis der Aszct. <J. Unechte Schriften. 177
Orte (cod. 201) gehandelt hatte. Da aber ein anderer Xilus, welcher
hier Frage kommen müßte, nicht bekannt ist, so wird die her-
in
künnnliche Annahme, daß auch an dem späteren Orte der Mönch Xilus
in Rede stehe, doch wohl das Richtige treffen. Die besondere Art und
Weise, wie die „Bibliothek" des Photius entstanden ist. läßt es be-
greiflich erscheinen, daß von einem und demselben Autor an ver-
schiedenen Stellen gesprochen und von Rückweisen auf voraufgegangene
Bemerkungen abgesehen wird.
Vgl. etwa die Notizen über Cyrillus von Alexandrien Bibl. cod. 49 54 loti
169. oder über Tlieodoret von Cyrus. cod. 4(i 208 205 273. Über die Art —
und Weise der Entstehung der .Bibliothek'" siehe Hergenrother. Photius. Patri-
arch von Konstantinopel o. Regensburg 18()9. lo ff.
des hl. Xilus an erster Stelle genannt werden müsse. Irgend ein anderes
Zeugnis liegt nicht vor, und zu weiteren Vermutungen über die' Schrift
fehlt deshalb ein Ausgangspunkt.
die Verbindlichkeiten des einzelnen als l(bov ttoXitiköv oder das rechte
Verhältnis zum Xebenmenschen. wie es im Wohltun seinen Höhepunkt
erreicht (sect. 4, 11 ff.), und schliefslich den einem jeden obliegenden
geistlichen Kampf (sect. 9 ff.). Die Aufschrift „Peristeria" findet ihre
Erklärung in der Einleitung. Bei einem Spaziergang vor den Toren
der Stadt war der Verfasser dem Mönche Agathius begegnet, welcher
ihm von einer durch Werke der Barmherzigkeit ausgezeichneten Christin
Peristeria erzählte und ihn veranlagte, einen in Angriff genommenen
Psalmenkommentar beiseite zu schieben, um die vorliegende Schrift
zum Preise christlicher Xächstenliebe auszuarbeiten. Xach einer alten
Vermutung ist Matrone dieses Xamens,
Peristeria die alexandrinische
[deren der alexandrinische Diakon Ischyrion in einer 451 zu Chalcedon
verlesenen Anklageschrift gegen den Patriarchen Dioskur gedenkt ^
Triff't diese Vermutung zu, und die beiderseitige Charakteristik stmimt
'
Mansi, SS. Conc. Coli. (5, 1013.
Bardenliewer. Gt-sch. fier altkirthl. Liti'iattir. IV. 12
—
Gegen die Echtheit der Schrift siehe Tillemont, Memoires 14, 209. Heussi
a. a. O. KU)— 1Ü8.
b) ..Tractatus moralis et multifarius" (XoYoq oktkiitiköc; kui TroXuuepi'iq,
79, 1279 12S()), eine ziemlich farblose Predigt, deren Herkunft un-
bekannt ist.
Einei- arabischen Übersetzung diesei- Predigt gedenkt Graf. Die christhcli-
arabische Literatur, Freibu^g i. Br. 1905, 17.
(7Tapdbei(T0(;), tritt handschriftlich auch unter dem Namen des Nilus auf
und ist auch unter dessen Namen schon gedruckt worden, gehört aber
unzweifelhaft dem Dichter Johannes Geometres, in der zweiten Hälfte
des 10. Jahrhunderts, an und steht unter dessen Namen auch bei
Migne (106, 867—890).
Näheres über dieses Gedicht bei Krumbacher, Gesch. der b\'zant. Literatur,
2. Aufl., München 1897, 7o4 ff. Zu der dort verzeichneten Literatur wäre noch
nachzutragen J. B. Bury, The TTapdbei(JO(; of Joannes Geometres: Bvzant. Zeit-
schrift 7 (1898) 134—137.
1. Maikus Eremita. —
Über das Leben und Wirken des asze-
tischcn Scliriftstcllers Markus Eremita herrschte bis vor kurzem eine
Unsicherheit. FelHer-Jungmann kennzeichnete ihn noch
peinlicht!
im Jahre 1896 mit den Worten .monachus caeteroquin ignotus**-. Um
' Anast. Sin.. Quae.stic 2 11 21: .Mii,Mie !SM, .•!4ittf. 4;!7 fr-JC. Über das Yer-
liäitnis dieser Zitate zu dem üiierlielerten Texte vgl. iieiis>i a. a. O. .'{"J f.
'
Fessler-.luiigmaiui, liistit. l'atrol. 2, 2, 143.
§ 53. Andere Aszetiker. 1. ^laikus Eremita. ;[79
'
Kunze, Markus Eremita, Leipzig 1895. - Siehe ebd. GO ff.
'
Marc. Erem., Ad Nicol. 1 Migne G5, 1029.
;
* loh. Mosch., Patrum spirit. 13; Migne 87, 3, •28()1. Vgl. Kunze a. a. 0. 40 ff.
'
Bei einer späteren Gelegenheit (in der Realenzykl. f. protest. Theol. u. Kirche 12
[1903] 285) äußerte Kunze sich zurückhaltender. —
In der Doctrina Patrum de in-
caniat. Verbi. ed. Fr. Diekamp, Münster i. W. 1907, 249 f., wird ein dßßäq MäpKOi;
äOKriTric; eingefühi-t. Diekamp (355 365) identifiziert denselben mit unsrem Markus-
Eremita. Das ihm zugeeignete Wort ist jedoch in den Schriften des Eremiten nicht
zu finden.
^ Paliad., Hist. Laus., ed. Butler c. 18. Sozom.. Hist. eccl. (5, 29. Vgl. Kunze
a. a. 0. 42 ff. Schiwietz, Das morgenländische Mönchtum 1, Mainz 1904, 91.
12*
\^{j Di«' griccliisclic Litciatiir iIcs t'iiiiftcii Jalirliiiiidcrts.
Tage sind ohne Zweifel in die AVende des 4.zum 5. Jahrhundert ge-
fallen. Nach unverdächtigem Zeugnis ist unser Markus ebenso wie
Nilus ein Schüler oder doch ein Anhänger und Verehrer des hl. Chryso-
'
l'l)cr die Zciigi'n im eiiizcliicii siehe Kuii/.<" a. a. O. .'{(iff. : vül. Heussi. Unter-
>ucliiiii.ncii zu Nilus dem Aszeteu l"iff.
-'
l'bot.. Hihi. cod. 'JOO. •'
Nie. Call.. Hist. eec-1. 14. :A.
* Gemeint i.st jedeiiialls die .\clitlasteitheorie. wie aueh Nilus sie vertrat.
,
"
eine Art Einleitung, 21U Kapitel bringen eine Fortsetzung der soeben
genannten Sentenzenreihe und werden ihrer Sonderaufschrift nur etwa
insofern gerecht, als sie namentlich zu Anfang vor übermäßigem Selbst-
vertrauen und unberechtigter Selbstgefälligkeit warnen. Das Schluß-
wort aber. laüia toü TrveuuaTiKoü vöuou ck ttoXXüjv ö\i"fa ervuÜKauev tu
biKaid)|uaTa, weist deutlich auf die erste Schrift zurück und zeigt zu-
gleich, daß diese den Titel des einstigen Ganzen aufbewahrt hat.
Photius haben die zwei Stücke schon getrennt vorgelegen. In einer
alten syrischen Übersetzung sind sie noch miteinander verbunden, und
zwar unter dem Titel des ersten Stückes K Für den Geist, der das
Ganze durchweht, ist die erste aller Sentenzen bezeichnend: „Das
erste ist, daß wir uns bewußt bleiben, daß Gott der Urheber alles
Guten ist und der Anfang und die Mitte und das Ende, und daß es
unmöglich ist, etwas Gutes zu tun oder zu erkennen, es sei denn in
Christus Jesus und dem Heiligen Geiste.
c) „De poenitentia" (-rrepi jueiavoiaq, 65, 965 984) handelt in 13 Ka- —
piteln von der für alle ohne Ausnahme vorgeschriebenen Buße, wie
sie hauptsächlich in Bekämpfung sündhafter Begierden, in unablässigem
Gebete und in geduldiger Ertragung der Leiden besteht.
d) „De ieiunio" (Tiepi vncTTeiaq, 65, 1109 —
1118) beleuchtet in vier
Kapiteln den Zweck und den Wert des Fastens.
e) „Ad Nicolaum praecepta animae salutaria" (ixpoc, NiKÖXaov vou-
Siebe Wright.
'
C'atalogue of Syriac Maniiscripts in tlie British Museum 2,
ein Gespräch zwischen einem Advokaten und einem alten Aszeten (^epoiv
daKiiTiig), unter welch letzterem jedenfalls Markus selbst verstanden
ist. Der Advokat, welcher Anlaß zu haben scheint, über Beeinträchtigung
'
V;.;!. Kiin/..- ;i. a. O. ;')().
"'
Kpipli.. HiU'i'. äi"), 7. ÜlxT iiiclii' (nlor woiiiger vorwamlte alieigläuliisclu' Vor-
stellungen von McIcliistMli'cli im .Mti-rtuni .siclie Kunze a.a.O. TU ff. Die lat«'inisthe
Honiiiie ülier .Mtlcliisedecli. welclie W. .\. Haeliren.s Üherliefeiung und 'rextgesihichte
der lateiniscli erlialtenen Origeue.s-Honiilien zum A.T. [Texte und'Uiitc'rsiicJumuen usw.
42. 11. Leipzig litU;. iM.T 2iV2 (>rstmals herausgab, lieliandilt die Frage ^utrum
Melcliisedeeli .sacerdos Imnio fuerit an Spiritus Saiietus".
*^ 53. Andcro Aszetiker. 1. Markus Eremita. 1J^3
keit verbürgen müßten, fehlen. Ja der Umstand, daß Photius die Schrift
- Ich zitiere nach der Kapitelabteihmg der Schrift hei Kunze a. a. O. (i ff.
1 S4 D'*^ gi-iediisrlic l^iteratur des fünrti-ii .TalirliuiHlcrts.
Gnade: wenn aber durch Gnade, dann ist das Werk nicht (des Menschen)
Werk, sondern Gebot dessen, der uns befreit hat, und Werk der Frei-
heit und des Glaubens." Wie sehr er aber das Werk oder die Er-
füllung des Gebotes zu würdigen gewußt und für nötig gehalten, hat
er deutlicher als durch Worte durch die Tat bekundet: er ist erst
Mönch geworden und später noch in die Wüste gegangen.
Das Gebiet der Theologie im engeren Sinne hat Markus fast nur
in den polemischen Traktaten betreten. Photius meinte, in der Schrift
gegen die Melchisedeehiten habe sich Markus ..einer nicht kleinen
Häresie" schuldig gemacht, und nach Wangenmann soll Markus
hier -offenbaren Monophysitismus lehren, insofern er den Leib Christi
an allen Prädikaten der Gottheit, sogar an der dva()XÖTii?, teilnehmen
läßt Wiewohl indessen zu vennuten ist, daß auch Photius bei seiner
'.
'
Ficker in der Zcits.lir. f. liistoi. Tlu'..!. MS imS 402 4-JS f.
-'
Kunze in der ReaU'n/.vkl. f. prote.^it. Tlieol. u. Kirclie TJ '
IIM)') -JSi;.
'
Kunze, .Markus Kriniita. Lei|izii; ISflf). l-J").
* Phot.. Hihi. ciid. •_'()(). Wanueninann in der eisten .\us^al>e der Healenz.vkl. f.
protost. Theol. u. Kirehe -JO. Cotlia ISO;. «Kl. Kunze a. a. «>. 4s' i;!;") zweifelt nidit.
dal.t aueli l'htdius .Markus .Miino|»li\ sitisuius vorwerfen wollte, tindtt al>er keimn .\nlal.i.
Der Text der Schriften des Marku.s bei Migne, PP. Gr. 65, 1864, ist
iherübergenommen aus Gallandi. Bibl. vet. Patr. 8, Venet. 1772. 1 104. Gallandi —
seinerseits schöpfte aus Fronto Ducaeus. Auctarium Bibliothecae SS. Patrum
;raeco4atinum 1. Paris. I(i24. fügte aber die Schriften .De ieiunio" und ,De
lelchisedech" bei. welche griechisch zuerst von B. M. Remondini (Rom 1748)
usgegeben wurden. —
Die Schrift ,Adversus Xestorianos" ward nach einer
Ferusalemer Handschrift des 18. Jahrhunderts zuerst herausgegeben von A. Papado-
[pulos-Keramefs. AvdXeKTa iepoaoXiiuiTiKfiq axaxuoXoYia«; 1. St. Petersburg 1891.
189— 118: vgl. die Noten ebd. 1. 490 f und die Nachträge 2 (1894) 484 486.
[Diese Schrift bildet den Ausgangspunkt und Hauptgegenstand des Buches von
T. Kunze: Markus Eremita. ein neuer Zeuge für das altkirchliche Taufbekenntnis.
[eine Monographie zur Geschichte des Apostolikums mit einer kürzUch entdeckten
^chrift des Markus. Leipzig 1895. 8". —
Kunze gibt (6 oO) einen verbesserten
Lbdruck der Schrift. In erster Linie interessiert ihn das in der Schrift so
leißig verwertete Taufbekenntnis. Eine russische Abhandlung von A. Jurjevskij,
, Markus Eremita imd seine neuentdeckte Rede gegen die Nestorianer*" (1900).
kenne ich nur aus der Byzant. Zeitschr. 10 (1901) 679 f Eine zweite Edition
der Schrift , nach einem Manuskript zu Grottaferrata welches dem 10. Jahr-_
.
—
Romae 1905. pars 1. 195 252. Leider hat Cozza-Luzi von der ersten Aus-
gabe keinerlei Gebrauch gemacht und der Schrift auch eine andere Kapitel-
J36 Die griechische Tjiteratur des fünften Jahiliiinderts.
abteilung gegeben. —Über noch ungedruckte .Schriften unter des Markus Namen
vgl. etwa Kunze a. a. 0. 58 f.
Schon ft-üh wurden Sclniften oder vielleicht auch die Schriften unsres
Eremiten ins Syrische übertragen, und wenigstens einige derselben haben bei
den Syrern nicht geringes Ansehen erlangt. ,De lege spirituali" und .De his
qui putant se ex operibus iustificari'". in Verbindung miteinander bei den Syrern
noch eine einzige Schrift, sind von Babäus d. (Jr. und Abraham Bar Daschandad,
syrischen Autoren des 7. und S. Jahrhunderts, in Konnnentaren bearbeitet worden;
siehe Ebedjesu l)ei Assemani. Bibl. Orient o. 1. 1)() 194. Ein anonymer syrische)-
Konnneiitar zu den genannten Schriften liegt im Britischen Museum siehe Wright.
:
'
Mansi 7, 619.
- et duljia, bei Migne 90, 792; Opusc. theol. et polem.
Max. Conf., Quaestiones :
pl, 277; Disput, cum Pyrrlio: 91. 301. Sophron. Hier, bei Phot., Bibl. cod. 231.
JDoctr. Patrum de incaniat. Verbi, ed. Fr. Diekamp. Münster i. W. 1907, 298; vgl. 253.
[Phot.. Bibl. cod. 201. Auch unter dem Bischof Diadochus. dessen in dem Voi-vrort der
[Schrift Viktors von Vita über die Verfolgung der Katholiken Afrikas so rühmend
gedacht wird Migne, PP. Lat. 58, 181; Corpus scriptorum eccles. lat. 7. Vindob. 1881. 2 .
zu bestätigen.
Der .Senno contra Arianes *•. zuerst von J. R. Wetstenius (Basel 1694)
herausgegeben, ist bei Migne a. a. 0. abgedruckt nach Cxallandi. Bibl. vet. Patr.
ö, 242 — 249. — Eine freibch durchaus nicht abscliHeßende Ausgabe des grie-
chischen Textes der „Capita centum" lieferte J. E. Weis4jiebersdorf in der
,Bibliotheca Teubneriana'". Leipzig 1912. Über einen seltenen älteren Druck
des griechischen Textes, Venedig 17S2. Athen 1893. siehe Weis-Liebersdorf im
Vorwort seiner Ausgabe v. Das erste Drittel der Schrift, die Capita 1 38. —
hatte Weis-Liebersdorf schon im ersten Jahrgang der .Münchner Theologischen
Wochenschrift" 1904. 85 — 183. griechisch und deutsch veröffentlicht. Zu dem
Inhalt der Schrift, die mehr Beachtung verdient, als sie bisher gefunden hat.
vgl. R. Reitzenstein. Historia monachorum und Historia Lausiaca Forschungen i
zur ReUgion und Literatur des A. und X. Testaments 24 Clöttingen 191 (>.
.
—
133 142. — Die Predigt ,De ascensione D. N. lesu Christi" zuerst bei A. Mai.
Spicilegium Romanum 4, Romae 1840. xcvin —
cvi: vgl. XLin.
3. Häretische Aszetiker. — Einen häretischen Mystizismus, mit alt-
gnostischem Einschlag, haben einzebie Wortführer der Sekte der Messalianer
vertreten. In Mesopotamien beheimatet und von den S^Tem Messabaner.
d. i. -Beter", geheißen, fanden diese Schwärmer schon im 4. Jahrhundert den
Weg nach dem südlichen Kleina.sien. woselbst sie Euchiten oder Enthusiasten
genannt zu werden pflegten. Im Mittelpunkt ihrer Lehranschauung standen
die Sätze, daß dem Menschen nichts anderes obliege, als zu beten und durch
das Gebet sich mit Gott zu vei'einen. und daß der mit Gott geeinte Mensch
schlechthin vollkommen und auch jeder Möglichkeit zu sündigen entrückt sei.
Auf Antrag der Bischöfe Pampliyliens und Lykaoniens hat das Konzil zu Ephesus
431 frühere Synodalbescldüsse in Sachen der Messalianer bestätigt und einen
-librum pollutum (pollutae?) illius haereseos qui dicitur Asce-
ticon" mit dem Anathem belegt (Mansi 4. 1477). Eine ältere Spur dieses
AffKiiTiKov. welches der Sekte als kanonisches Buch gedient zu haben scheint,
ist nicht aufzuzeigen. Von jüngeren Autoren hat man Näheres zu erfahren ge-
glaubt. Zwei Häreseologcn der Folgezeit. Timotheus von Konstantinopel (De
recept. haereticorum. bei Migne l'P. (h: 8(5. 1. 45 ff.) und Johannes von Dama.skus
(De haeresibus. bei Migne 94. 728ff. machen eingehendere Mitteüungen über die
),
Lehren der Messalianer, und während Timotheus die Quelle seines Wissens in
keiner Weise andeutet, will der Damaszener aus einem Buche der Häretiker
seihst. fcK ßißXiou aiiTitiv. gesch(ipft haben. G. Salmon ihn Dictionary of Christ.
Biogiapiiv 2. London 188(1. 2öSf.) war der Meinung. Timotheus habe die Akten
der im \. lidirliiiiidert zu Side in Pamjdiylien und zu Antiochien gegen die
Messalianer ziisamnu'Ugetretenen Synoden i)enüt/.t. der Damaszener aber müsse
wohl <las ,.\scetic()n" in Händen gehal)t hal)en. H. l?eitzenstein iHistoria mon-
a<li(»rnni und Historia Lausiaca. (ütttin,u;en 191(1. 19ötf.) bezeichnete den Bericht
des I)anuiszeners sowohl wie denjeinuen des Timotheus kurzweg als .Auszüge"
aus dem .Asceticon". L. \ ilh'c >urt in(K'ssen un den Comptes rendus des
.seances de LAcadeniie iKs lusirij>tions i-t Belli's-Lettres 1920, 200-208) hat
§ 54. .Makariiis Magiics. Finmis von Cäsaica. Tlicodotus von Ancyra. 189
nachgewiesen, dafi der Damaszener aus den unter dem Namen Makarius' des
Ägypters gehenden „Homiliae spii-ituales" geschöpft hat. und daü diese Homihen
wahrscheinhch in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts in Mesopotamien von
inessalianischei- Iland verfallt worden sind. Timotheus aber benutzte, scheint
es. hauptsächlich das Protokoll der großen Synode, welche um oDO zu 8ide
unter dem Vorsitz des Metropoliten Amphilochius von Ikonium abgehalten ward.
Dieses Protokoll enthielt auch Erklärungen der Häretiker selbst, auTÜJV laq
(^ujvdt;, und war deshalb nach dem Urteil Theodorets (Haeret. fab. comp. 4. 11)
die gründlichste Widerlegung der Häretiker', und es hat auch im 9. Jahrhundert
l'hotius (Bibl. cod. 52) noch vorgelegen. Photius hat die Nachricht aufT)ewahrt,
daß Erzbischof Archelaus von Cäsarea in Kappadozien. um 440, den Messahanern
mit 24 Anathematismen entgegentrat und Bischof Heraklidas von Nyssa. gleich-
falls um 44U, zwei Briefe gegen dieselben richtete.
Daß Theodoret von dem genannten Protokoll spricht, hat K. Hol! (Amphilochius
'
von Ikonium. Tül)ingen 19U4, 3'2) festgestellt und G. Ficker .\niphilochiana 1. Leipzig
li»()(i. 209) mit Unrecht bezweifelt.
- Von Erzbischof Alypius besitzen Avir noch ein Schreiben an Kaiser Leo L
aus dem Jahre 458, bei IMausi 7, 595 tf.
\\){) Dil' griccliischc iiitciatur des liinrtcii .Jaluhunderts.
des Werkes anhebt und mitten im 30. Kapitel des vierten Buches ab-
bricht. Das ganze erste Buch, der Anfang des zweiten und der Schluß
des vierten sowie das ganze fünfte Buch sind abhanden gekommen.
Ursprünglich hat das Werk, wie alte Angaben übei' verloren gegangene
Handschriften bezeugen -, fünf Bücher umfaßt oder fünf Tage behandelt.
PjS erstattete nämlich einem gewi.ssen Theosthenes Bericht über eine
fünf Tage währende Disputation zwischen dem V^erfasser und einem
gelehrten Heiden, welcher als qpiXöcroqpoq oder auch qpiX6\oYo<; eingeführt,
aber nicht mit Namen genannt wird. Dieser Philosoph macht eine
Reihe von Stellen des Neuen Testaments, voinehmlich der Evangelien
und der paulinischen Briefe, zum Gegenstand seines Angriffs oder
Spottes, während der Verfasser diese Stellen zu rechtfertigen sucht.
In der Regel trägt der Philosoph sechs bis zehn Einwürfe auf einmal
vor, dann beantwortet der Verfasser dieselben, den einen nach dem
andern, in langen Reden, die sich zum Teil zu umfangreichen Ab-
handlungen auswachsen^ und damit hat die Disputation ein Ende.
Eine wirkliche Streitunter-redung kann nicht in dieser Weise ver-
laufen sein. Die Disputation dient als literarische Form zur Einkleidung
der Apologie.
Der handschiiftlich überlieferte Titel des Werkes lautet: 'Atto-
KpmKÖ(; n MovoYfeviicg Tipöi; "EWiivaq. Er
Die bereitet Schwierigkeiten.
einzig möglich Deutung dürfte
„Antwortgeber oder vielmehr der
sein:
Eingeborene (Christus) selbst an die Heiden."^ Da die Handschrift,
wie bemerkt, sehr jungen Datums ist, so schien der Vorschlag be-
rechtigt, die Schlagworte umzustellen: MovoYevnq 'ATioKpiTiKÖq'. Aber f\
auch diese Fassung würde auffallend heißerr müssen, und schon bei
seinem ersten Auftauchen in der' Literatm-, bei derr Bilderstürrrrer-n und
ihrem Gegner, dem Patriarchen Nicephorus von Konstantinopel (gest. 829),
wird das Werk 'A-rroKpiTrKÖq bzw. 'AiroRpiTiKd, und nicht MovoTeviiq,
betitelt, weshalb sich die Folgerimg kaum umgehen läßt, daß das
Wort 'ATTOKpiTiKÖq von jeher an der Spitze gestanden hat.
'
Wn (Wo Handschrift sich hcuk' hctindct. ist uiiliokaunt ; vgl. Schalkliausscr.
Zu (1(11 Schriricii des Makarios von Magnesia, Leipzig 1907. 5 f. 202.
-'
Diese Zeiigni.s.se hat Schalkhausser in der genannten Schrift mit kaum zu
iilicrtri'tfendeni Fh-il.» gesammelt.
•'
Durchscliiiittlicii spricht der Verfa.sser aditmai so lang als der l'hilosoph.
^ Vgl. ilaiiiack. Kritik des Neuen Testaments von einem griechischen Plnhi-
sophen, Ijeipzig 1!M1. S.
•'
So .schreiiit Ncnnianii. Scriptdrum gi'aeconnn, (|ui iliristi;f?Kim impngnax »Miint
" Nie. I'atr.. Antiirhetica, l)ei l'itra. Spicil. Solom. 1. Paris. lSr)2. .'Ulf) f.
§ 54. Makarius Magnes, Firnnis von Cäsaroa, Theodotus von Ancyra. 191
Ein Blick auf den Text der Einreden ^ läßt den Philosophen als-
bald als einen Mann erkennen, welcher über reiches Wissen und nicht
geringen Scharfsinn verfügt und zugleich ein Meister unwahrer So-
phistik ist. Seine Behauptungen laufen darauf hinaus, daß Jesus ein
toller Schwärmer, die Evangelisten nicht sowohl Erzähler von Tat-
sachen als vielmehr Erfinder von Lügen, Paulus ein nichtswürdiger
Bösewicht gewesen. Seine Beweisführung ist eine ununterbrochene
Kette von kritischen, clironographischen und antiquarischen Subtilitäten.
Diesem Gegner ist Makarius, der Verfasser, nicht gewachsen. Er hat
überhaupt für historische und philologische Fragen und Schwierigkeiten
kein rechtes Verständnis. Er ist gewohnt, auf den Schwingen der
Allegorese sich über derartige An.stöße hinwegzusetzen. Den Satz: „Ich
bin nichtgekommen, Frieden zu bringen, sondern ein Schwert" (Mt 10, 34)
bezeichnete der Philosoph als unmenschlich, indem er namentlich an
dem „Schwerte", das er wörtlich faßte, Anstoß nehmen zu müssen
-laubte-. Makarius erklärt, es handle sich um den Kampf gegen Fleisch
und Welt und Teufel, wie die Märtyrer ihn geführt, und weist schließ-
lich auf eine „geistige" Deutung (voiiiiLq) hin, nach welcher „der Mensch,
der von dem Vater getrennt wird, der Chor der Apostel ist, der sich
von dem Gesetz losreißt, die Tochter aber das Fleisch und die Mutter
die Beschneidung." Den Berichten über das Wandeln Jesu auf dem
Meere und die Stillung des Sturmes auf dem Meere (Mk 6, 45 ff.) will
der Philosoph den Boden entziehen durch den Nachweis, daß das
angebliche Meer nur ein See, Xi|uvr|, oder gar ein Tümpel, XdKKoq, ge-
wesen-'. Makarius erwidert, nach dem Vorbild der biblischen Schöpfungs-
geschichte nannten die Evangelisten jedwede Wasseransammlung Od-
KaoGav aber auch eine \i|uvri könne Wogen bilden und Stürmen
,
^ Die Einreden, ohne die Entgegnungen, griechisch und deutsch hei Harnack
a. a. 0. 11> ff. Der griechische Text auch bei Harnack, Porphyrius, Gegen die Christen',
,.
Der Einwurf des Phikisophoii liegt hier nicht mehr vor, lälst sich aber seinem
-'
wohl nicht sein, da ja auch dei' Säugling sich von dem Fleisch und
Blut der Mutter nähre, nachdem dasselbe in Milch verwandelt worden.
Christus aber habe „mystisch" gesprochen und unter seinem Fleisch
und Blut die Wahrheit verstanden, welche der Christ aus den beiden
Testamenten schöpfe oder sauge, wie das Kind die Milch aus den beiden
Brüsten der Mutter. Gegen Ende seines irdischen Wandels jedoch
habe Christus unter der Hülle von Brot und Wein sein wirkliches Fleisch
und Blut den Aposteln als Speise dargereicht, eine Speise, deren Genuß
dem Menschen die Un.sterblichkeit vermittlet
Ohne Zweifel gehören die Einwürfe, welche Makarius dem Philo-
sophen in den Mund legt, einem und demselben Gegner des Christen-
tums an. Das beweist schlagend ihre Blutsverwandtschaft, ihre sprach-
,
'
Apoeiit. .'{. "J.'!.Vgl. V.W (licscni Kaiiitel DucIk'.siu'. De Macario Magnete et
scriptis eins, l'aris. 1S77, MOtl'.
- Ilainark. Kiitik des Neuen Testaments von einem i:rie<'liis(lien l'liilosophen
141 «.
S iy-l. ^[iikaiin.s .Maiiiics. Firmiis von Cäsaroa, Tlu-udotiis von Anc.vra. 1<)3
greifbar, und noch weniger liegen sonstige Zeugnisse für ein Exzerpt
aus dem Werke des Porphyrius vor. Anderseits dürfte freilich die
Annahme, daß Makarius dieses Werk selbst benützt habe, aus-
geschlossen sein. Denn erstens ist es jedenfalls beachtenswert, daß
die Einwürfe des Philosophen, obwohl so reich an Zahl und Umfang,
nirgendwo dem Wortlaut nach mit den beglaubigten Überbleibseln
des Werkes des Porphyrius zusammentreffen. Zweitens läßt der Philo-
soph gelegentlich die Bemerkung fallen, seit dem Auftreten Christi
seien „dreihundert oder auch mehr Jahre" dahingegangen S w'ährend
Porphyrius sein Werk schon um 270 an die Öffentlichkeit gegeben
hat. Drittens rückt Makarius seinem Gegner einmal mit einem Aus-
spruch des Porphyrius zu Leibe - und gibt damit doch wohl unzweideutig
zu verstehen, daß er zwischen seinem Gegner und Porphyrfüs unter-
schieden hat. Ist jedoch der Gegner ein anderer als Porphyrius und
wiederholt ei' gleichwohl die Gedanken und Argumente des Porphyrius,
so wird nichts anderes übrig bleiben, als entweder einen Plagiator des
Porphyrius in ihm zu suchen, und ein solcher ist anerkanntermaßen
auch Hierokles gewesen, oder einen Exzerptor des Porphyrius. auch
wenn ein solcher anderw'eit nicht bekannt ist.
MaKapiou MaYviiToi; ATTOKpiTiKÖg f\ MovoYeviiq. Macarii Magnetis quae
supersuiit ex inedito codice edidit C. Blondel, Paris. 187(>. 4". Blondel starb
während der Vorbereitung der Edition. An seine Stelle trat sein Freund F. Fou-
cart. Erschöpfende Untersuchungen über die handschriftliche Überlieferung des
Werkes bei G. Schalkhausser Zu den Schriften des Makarios von Magnesia
.
(Texte und Untersuchungen zur Gesch. der altchristl. Lit. 31. 4), Leipzig 1907.
Eine allgemeine Würdigung des Werkes bei L. Duchesne, De Macario Magnete
et scriptis eins. Paris. 1877. 4". Vgl. die nachträgUche Berichtigung, betreffend
die Persönlichkeit des Makarius. bei Duchesne, Vita S. Polycarpi Sniyrn. episc.
auctore Fionio Paris. 1S81.
. 7 f. Die spätere Litei'atur wandte sich haupt-
sächlich den Einwürfen des Philosophen zu. Wagenmann. Porphyrius und die
Fragmente eines Ungenannten in der athenischen Makariushandschrift; Jahrbb.
f. deutsche Theol. 23 (1878^ 209 —
314. C. J. Neumann. Scriptorum graecorum.
qui christianam impugnaverunt religionem. quae supersunt. fasc. 3. Lipsiae 1880.
14 — 23; vgl. 24Ö. J. Geflfcken. Zwei griechische Apologeten. Leipzig 1907.
301—304. Vgl. Geflfcken in der Deutschen Literaturzeitungl9Ui. Nr. 39. 1037 flf.
'
Apocrit. 4. T) : TpiaKÖaiu r\ Kai Trepaixepuu buiTTTeuaev exii. Viii. auch dio ver-
derbte Stelle 4. 2.
- Apocrit. ;5. 4-i. Vgl. Harmu-k a. a. O. 141 f.
des Verfassers ist dem AV'erke nur sehr wenig zu entnehmen. Das
..Alagnes" in der handschriftlichen Bezeichnung „Makarius Magnes"
wird nunmehr allgemein nicht als zweiter Eigenname, sondern als Orts-
adjektiv, „der Magnesier", sei es von Magnesia in Karien. sei es von
Magnesia in Lydien. gefaßt. Dei' vorhin erwähnte Patriarch Xicephorus
spricht von einer alten Handschrift des Apokritikus, in welcher Ma-
karius Magnes iepdpxiK benannt und außerdem in priesterlichem Ornat
abgebildet war'. Durch Photius abei' erfahren wir, daß auf der aus der
Geschichte des hl. Chrysostomus bekannten Eichensynode des Jahres 403
'
Nie. Patr.. Antinlirtica. Kri l'itia a. a. < >. 1. ;;()7.
'
Zahn in der Zcitsclii'. f. Kiiiliciiucsch. •_' ISTS |.')4.
'
Harnack a. a. !•'!. In siincni l'nipliyi
< •. ins. .(Ici;cn ilic Cluistfn-. Merlin ]!•!•),
.'!.").
.saiit aller Harnack .um 100".
—
v; r)4. .Mukaiiii.s Magiies. Firnius von Cäsaroa. Tlioodotus von Aiicyra. 1J)5
'
Dieses Fragment bei Diicbesne a. a. 0. 41 f.: bei Pitra. Analecta sacra et classica
pars 1. 84 f. Zur Berichtigung des Textes und zur Erläuteiung des Inhalts vgl. .Schalk-
hausser a. a. 0. 137 ff.
- Schalkhausser a. a. O. 1.'57.
LS*
;
' l)ii'Se.s .Sclirrihcii strlit latciniscli in dein .soy. Syiuxliton adv. trai^ood. Iivnat'i
c. 4: Migiio. IT. Cr. S-l. r.TIt tl. Audi Tlicndoii-t von C.vnis Kj.. lli': Miicnc 8;i. Vn2
gedi-nkt »l<'.ssclli(n.
-'
Mansi 1. 1-_>1J l-_>s7 f, 14.-,7 IV.
'
Siclic (Irii Üiirl' des I 'at liarclicii .lidiaiiiii's in dem ut'iiannton Svnodiron c. 3H
vgl. ("I.d. r. i:!(i 1 II -JIH.
•
^ovy.. Hi.st. .•(•(•]. 7. 4.S.
"
S r)4. Makarius Ma.iiiies. Firmus von Cäsaroa. Tlicodotiis von Aiirvra. 197
praestas.
Die Predigt des Firimis äthiopihcli Ijei A. JJülmaiui. Clirestüinathia Aethiopica,
Lipsiae ISfUl. 105 f., nach <leni Athiopisclien französisch bei B. Grebaut in der
Revue de TOrient Chretien 15 ^1910) o24 f. —
Die ,Homilia Rhegini Constantiae
Cypri episcopi'" bei Mansi 4. 1245 —
1248; fehlt bei Migne. Vgl. über Rheginus
R. CeiHier. Histoire generale des auteurs sacres et ecclesiastiques 13. Paris 1747.
45Ö: V. Hefele, Konziliengeschichte 2. 2. Aufl.. Freiburg i. Br. 1S75, 207 ff. —
Die Briefe des Firmus zuerst bei L. A. Muratori. Anecdota Graeea. Patavii 1709.
—
277 324, und sodann bei Gallandi, Bibl. vet. Patrum 9. Venet. 1773, 497 515. —
vgl. I-*i-oleg. XXXI f. Einiges Nähere über die Briefe bei Ceillier a. a. 0. 14 (1747)
279 286: Fabricius-Harles. Bibliotheca Graeea 8. Hamb. 1802. 300 f.
Proklus aber 446 starb, so folgt, daß Theodotus jedenfalls einige Zeit
vor 446 seine Laufbahn beschlossen hat.
Über seinen literarischen Nachlaß gewähren die Akten des 7. all-
gemeinen Konzils dankenswerten Aufschluß. Gegenüber der bilder-
feindlichen Synode zu Konstantinopel vom Jahre 754, welche Theodotus
von Ancyra, den „Mitstreiter Cyrills", als Zeugen gegen die Bilder-
verehrung angerufen hatte, ward 787 zu Nicäa festgestellt, daß das
fragliche Zeugnis Theodotus fälschlich unterschoben worden, weil es
in keiner seiner Schriften zu finden sei. Er hinterließ, heißt es in
diesem Zusammenhang, ein Werk gegen Nestorius, einem gewissen
Lausus gewidmet, in sechs Bänden [roxjq npbq Aaücrov -^[patpivTaq,
sc. \ÖYOu<;, KüTtt Neö'Topiou ev TÖ|uoiq e'E), eine Auslegung des Glauben.s-
bekenntnisses der Väter des ersten Nicänums (rriv ep)ar|veiav inv eiq
'
Im Synodicon c. 4.
-
Siehe seine Erklärung in der ersten Sitzung des Konzils, hei Mansi 4. IISI.
'
Mansi 4. 1457 if.
* Siehe das vorhin zitierte S3'nodicon c. 38; vgl. c. 13B 141 "201.
^ So sagt Eusebius selbst in der 1(5. Sitzung des Chalcedonense ^lansi 7. 4.)2 .
'•
Mansi^iy. 309 ff.
It)^ Die micchisclic liitciiitiir il<s l'üiil'trn .laln Immlcrts.
gedeutet worden, daß das Werk 4;)1 zu Kpliesus entstanden sei und
daß es hauptsächlich Vernunftbeweise ins Feld geführt habe, um erst
zum Schlüsse die Zeugnisse der heiligen Schriften folgen zu lassen.
Doch ist es sehr ungewiß, ob unter dem „Liber adversum Nestorem''.
welchen Gennadius dem Bischof „Theodorus" von Ancyra zueignet,
das Werk gegen Nestorius zu verstehen sei Die Abfassung des letz- '.
teren möchte man schon deshalb, weil es sechs Bände zählte, nicht
in die unruhigen Wochen zu Ephesus, sondern in spätere und stillere
Monate verlegen. Lausus, an den das Werk gerichtet war, mag dei-
Kammerherr am Hofe Theodosius" IL sein, von welchem die „Historia
Lausiaca" ihren Namen erhielt-.
Die „Expositio symboli Xicaeni" ist erhalten gebliel)en (Migne 77.
1313 — 1348), und gewandt geschriebene Abhandlung, welche
eine klar
gleichfalls ihre Spitze gegen den Xestorianismus kehrt. Cyrillus kämpfte
in seiner Auslegung des Xicänums mit Arianern. Apollinaiisten und
Nestorianern (§ 44, 5, c). Theodotus beschränkt sich auf den Nachweis,
daß auch die Väter der Vorzeit schon die Lehre von zwei Söhnen ver-
worfen haben, indem sie eva KÜpiov 'hiaoüv Xpiö"T6v bekannten und
diesen Einen mit göttlichen und menschlichen Prädikaten ausstatteten,
nicht um die Naturen zu vermischen, sondern um die Einheit der
Person hervorzuheben (oO läc, cpücreK; cruyxfeovTe^, dXXd biiXoövTeg inv
evuuaiv, c. 1 3) '. Das Schriftchen ist sehr bald nach der Absetzung des
Nestorius verfaßt worden (c. 9), ob noch zu Ephesus, ist nicht ersicht-
lich. Es wendet sich an einen Einzelnen, der zu Anfang (c. 1 der )
Festigkeit seines Glaubens wegen gerühmt und zu Ende (c. 24) qpiXr,
KecpaXiT angeredet, aber nicht mit Namen genannt wird. Emer der
letzten Sätze lautet: ..Dies mag jetzt beiläufig über den Heiligen Geist
gesagt sein, nachdem wir in drei andern Büchern, iv ipidiv erepoic;
ßißXioiq, vollständiger über seine göttliche Majestät gehandelt haben."
Das ist, soweit bekannt, die einzige Spur einer Schrift, welche zui-
'
y.u I Miiiiiiil.. J»c vir. ill. .").">.
\ix\. ( /.ajila. < iriniatliiis al.-^ LitciarliisturiUrr.
Miin.stci- i. W. ISilS. li;{r.
-'
Vul. eil. Holt' im l)ii-ti(.iiarv nT ( lirist. IWo-iapliy :{ ISS-J (i;;4 f.
'
li«' Qiiicii.s .Mciiiiinu. Tlu'tidotus ln-kiiiult' sidi als einen Vorlänt'ti dti Lilnr
des Kiit.vclies. ist scliliiücnd ziinick gewiesen woi-dcn (hirrli (iallan<li. •><! Miiine 77.
i;iii r.
. —
S ">4. Makaiiiis Maüiics. Firmus xmi Cäsart-a. 'l'licddotus von Aiiivi-,i. 1<)9
erwarten läßt, gegen Nestorius gerichtet, welcher zwar nicht mit Namen
eingeführt, aber als Erneuerer der Irrlehre Photins dargestellt wii'd
(Hom. 2, c. 3). An vierter Stelle folgt eine wiederum der Bekämpfung
des Nestorianismus gewidmete „Homilia in Deiparam et Simeonem",
in den Akten des zweiten Xicänums de, xd qpuüia genannt^, „auf das
Lichterfest" oder das Fest Maria Lichtmeß, welches in Kleinasien auch
schon gegen Ende des 4. Jahrhunderts gefeiert wui'de'". Homilia 5 und (>.
„In die nativitatis Domini" und „In S. Deiparam et in nativitatem
Domini", liegen beide nur lateinisch vor. Sie lassen sich auch nicht
durch alte Zeugnisse belegen und Homilia befremdet überdies durch
die bei Theodotus nicht herkömmlichen Zitate aus der klassischen
Literatur. Die vier ersten Predigten bekunden fließenden Ausdruck
und edlen Schwung, insbesondere da. wo es sich um den Preis der
Gottesgebärerin handelt ^
In den Akten des zweiten Nicänums werden, wie vorhin bemerkt,
sieben Predigten des Theodotus aufgezählt. Nur zwei derselben finden
sich unter gedruckten Predigten wieder: eiq iriv Ytvviicriv toO
den
Kupiou =
Hom. 1 oder 2 und eiq tu (pujTa Hom. 4. Die andern fünf werden =
abhanden gekommen sein sie sind überschrieben auf Elias und die
: :
Witwe (ei^ xöv 'HXiav Kai ti]v XMpcv), auf den hl. Petrus und Johannes
{dq TÖv aYiov TTtTpov Kai 'lujdvvi]v), auf den Lahmen am Tenipeltor [dq
TÖv x(x)\bv TÖV KaGi],uevov jtqoc, ti]v ujpaiav ttOXiiv, Apg 3, 2 ff'.), auf die
Talente-Empfänger !ei<; toücj tu. idXavTa Xaßöviai;, Mt 25, 14 ff.), auf
die zwei Blinden (eic, Touq buo rucpXoüq, Mt 20, 30 ff.). Eine Predigt
unter Theodotus Namen in äthiopischer
des Sprache hat, soviel
ich sehe, noch keinen Übersetzer gefunden, soll aber in Zusammen-
hang mit dem Ephesinum stehen und griechisch nicht vorhanden sein.
Ein sehr umfangreiches Enkomium auf den heiligen Märtyrer Georg in
koptischer Sprache darf wohl mit Sicherheit als unterschoben bezeichnet
werden.
In lateinischer Übersetzung hat sich ein Stück eines Briefes des
Theodotus an einen Mönch Vitalis, eine Warnung vor der Lehre des
Nestorius. erhaltend
'
Die weiteren Worte der Überschrift. _iu die S. loannis evangeli.stae". möchte
Tillemont Memoires 14. 453 abändern in ,in ecclesia S. loannis evangeli.stae ".
- Patriai-ch Nicepliorus von Konstantinopel gest. 829 in seinen .Antirrlietica"
nennt diese Predigt anch .in Deiparam et Simeonem"' Pitra. >Spicil. Solesm. 1. 849.-
•'
Vgl. K. Holl. Amphilochins von Ikonium. Tübingen 1904. (Jl ff. 104 f.
*Vgl. etwa die Anszüü;e bei F. A. v. Lehner. Die Marienverehrung in den ersten
.TahVhnnderten -. Stuttgart 188(5. 209—212.
' In dem Svnodicon c. 199: Mia;ne 84. 814.
3
dasselbe unecht sein muß, weil es außer (Iregor von Nazianz auch schon Dio-
nysius den Pseudo-Areopagiten zitiert, welch lezteren Theodotus noch nicht
gekannt haben kann.
6. Eusebius von Heraklea und Severus von Synnada. — Auch
von Eusehius. Bischof von Heraklea in Bithynien am Pontus Euxinus, und von
Severus. Bischof von Synnada in Phrygia salutaris. welche beide in der ersten
Sitzung des Konzils von Ephesus das Absetzungsurteil über Nestorius unter-
zeichneten (Mansi 4. 1213 1224). ist je eine kurze, mit dem Konzil zusammen-
hängende, griechisch nicht bekannte Predigt in ätluopischer Sprache ülierliefert.
Dillmann. Chrestom. Aeth. 99 f. 102 f.: vgl. Praef. xii f.
7. Eutherius von Tyana. — Im (xegensatz zu den vorhin gemannten
Teilnehmei'n am Konzil zu Ephesus hat Ei'zbisehof Eutherius von Tyana in
Ka])jtadozien von Anfang an auf der Seite des Nestorius gestanden und. soviel
wir wissen, bis zum letzten Augenblick am Nestorianismus festgehalten. Als
Cyrillus von Alexandrien in Unionsverhandlungen mit den Orientalen trat,
mahnte und warnte Eutherius den Patriarchen .Johannes von Antiochien brief-
lich mit den Worten: ,Quae enim communio lucis ad tenebras et quae pars
fideli cum infideli?" (Synod. adv. trag. Irenaei c. 73: Migne 84. (i83.) Und als
•Toliannes trotzdem Cyrillus die Hand reichte, schalt Eutherius ihn einen Judas,
welcher mit der Gottheit Schacher treibe (ebd. c. 201: 84. S17\ Vorher schon
war Eutlierius seiner erzbisch(')flichen Würde verlustig erklärt worden später :
S ")4. Makaiiiis Magnes. Firnius von Cäsaiva. ThciMlotus von Ancyra. 201
von Tarsus, c. 11(). an Alexander von Hierapolis und Theodoret von Cyrus.
c. 117. an Papst Sixtus III.. c. 201. an Alexander von Hierapolis. In dem
ersten dieser Briefe verweist Eutherius auf eine gniliere Schrift, in welcher er
den Thesen Cvrills und seiner Freunde entgegengetreten war: .,De quibus con-
vincere quidem latius facile est, sicut factum in contradictionibus, quae a niultis
et quae a nobis ipsis factae sunt" (Migne 84, ()So). Und diese Schrift ist
merkwürdigerweise, allerdings unter dem Schutze einer falschen Flagge, bis auf
uns gelangt. Sie ist identisch mit den ,Confutationes quarumdam propositionum "
welche wiederholt unter den Werken des hl. Athanasius gedruckt wau-den (Migne
28, 1387 —
1894. auch in Schulzes Ausgabe der Werke Theodorets von Cyrus 5,
Halle 1774, 1118 —
1174). 17 kleine Abhandlungen nebst einem einleitenden
Schreil)en umfassend. Handschriftlich ist das Werk aber noch in vollerer Form
überliefert. Photius (Bibl. cod. 46) berichtete über ,27 Abhandlungen gegen
verschiedene Thesen" (X.6yoi kI' Tipbq bia^opoix; 0eaei<;). welche den Namen
Theodorets trugen und in zwei Bücher (ßißXia) gegliedert waren, nämlich Ab-
handlung 1 —
7 und Abhandlung 8 —
27. und die Titel der Abhandlungen des
zweiten Buches, wie Photius sie im einzelnen auffiüirt. decken sich zum größten
Teile mit Titeln der 17 Kapitel der ^Confutationes". Ficker hat nach einer
dem 14. Jahrhundert angehörigen Handschrift des Eskorial. welche inhaltlich
dem Keferate des Photius ziemlich genau entspricht, aber Athanasius als den
A'erfasser bezeichnet, den Text der ^Confutationes" um mehrere bisher un-
bekannte Abhandlungen ergänzt (a. a. 0. 18 ff.). Er hält es für ausgemacht,
dafä das Werk ursprünglich 21 oder, wenn man das einleitende Schreiben mit-
rechnet. 22 Kapitel zählte, von welchen Kapitel 20 eine kurze Rekapitulation
der voraufgegangenen Ausfüllrungen enthält, während Kapitel 21 —
22 einen
später angefügten Nachtrag darstellen. Mögen immerhin bezüglich der Anzahl
und der Reihenfolge der Kapitel noch einige Zweifel zurückbleiben, dai.^ das
Werk Eutherius. und nicht Theodoret und vollends nicht Athanasius. angehört,
wird durch alte Zitate bewiesen, insbesondere durch ein längeres .Fragmentum
Eutherii Tyanensis" in der sog. ,Collectio Palatma" (Migne. PP. Lat. 48. 10S5
bis 1088). welches sozusagen wörtlich übereinstünmend in Kapitel 7 der .Con-
futationes' wiederkehrt (^Nligne. PP. Gr. 28. 1857 —
1860). Es ist entnommen
,ex sermonibus quos conscripsit (Eutherius) in aliquot catholicorum sententias
et eam maxime beati Cyrilli Alexandrini pontificis quam de Christo protulit
dicens: .Passus est impassibiliter" Dieses Zeugnis ist ausschlaggebend (über
**
.
ein Zitat bei Johannes von Damaskus. Migne 86. 2. 2044. siehe Ficker a. a. G.
87: ein zweites Zitat bei Johannes. Migne 95. 1112 f.. ist Ficker entgangen).
Übrigens besteht atxch zwischen den .Confutationes" imd den vorhin genannten
fünf Briefen in Stil luid Worten und Gedanken der vollste Einklang. Vor allem
heiTscht hier wie dort derselbe erregte, ja leidenschafthche Ton vor. Immer
wieder Interjektionen und Fragesätze und persönliche Apostrophen an die Gegner.
Laut dem einleitenden Schreiben ist das Werk an einen gewissen Eustathius
gerichtet und sehr wahrscheinlich in den letzten Monaten des Jahres 481 ver-
fafst worden zu dem Nachtrag hat eine später erfolgte Kundgebung der Gegner
;
Anlafä gegeben, die sich jedoch nicht mehr identifizieren läßt. Die Gegner sind,
wie die .CoUectio Palatina' sagte, die Katholiken, an ihrer Spitze Cyrillus.
Christologische Thesen, die sie vertreten haben, werden einer mehr oder weniger
einläßlichen Kritik unterzogen, hauptsächlich solche Thesen, welche auf dem
durch die Einheit der Person vermittelten wechselseitigen Austausch der Attribute
beider Naturen beruhen. Eutherius leugnet die Einlieit der Person und muß
folgerichtig die ,communicatio idiomatum' ablehnen und jene Thesen des innern
•?()•_> Dil' ürifcliisclic Literatur (U-s fiiiifttii .laluiuindeits.
W idcrsprucli^ zuilicu. ilcii r^atz tTiaOtv UTXußoic, Q^bc, X6[oq iC'unfut. 7) ebeii-so-
wohl wie den 8atz erraGev ö Oeo«; X&foq aapKi (C'onfiit. lU). Nach ihm darf
es nur heilien „Christus hat gelitten". ,8oll ich", fragt er. .unvernünftig glauben
(dXÖYUJS möTtvouj) und nicht vielmehr prüfen, was möglich, was nützlich. wa>
angemessen?" (Confut. lü: Migne 28. loScS.) Der -Widerlegung derjenigen,
welche verlangen, man solle dem. was gesagt wird, einfach glauben, ohne zu
fragen, was angemessen oder unangemessen", widmet er ein volles Kapitel
(Confut. 1(5). Der i-ationalisierende Zug. der durch den ganzen Nestorianismus
geht, ist bei Entherius besonders schai-f ausgeprägt. Die Bemerkungen über
seinen Lehrbegriff bei Ficker a. a. 0. ö4 f. lOo f. scheinen mir den Kern der
Sache zu veifelilen. Interessant ist Fickeis Nachweis illS f.). dalj der byzan-
tinische Dogmatiker Euthvmius Zigabenus um 11 IS große Stücke der .Con-
futationes". welche er Athanasius zuschrieb, seiner Widerlegung des Monophysi-
tisnuis eingeiiochten hat. —
Erwähnt sei noch eine rätselhafte Notiz in dem
Schriftstellerkatalog des syrischen Nestorianers Ebedjesu (gest. 181S): , Enthe-
rius edidit disputationem adversus Theojjaschitas nee non homilias variasque
interpretationes et expositionem Evangelii" lAssemani. Bibl. Orient. 3. 1. 42).
Von Homilien und exegetischen Schriften des Entherius ist sonst nicht das
mindeste bekannt. Die .Dis])utatio adversus Theopaschitas'" jedoch wird mit
den -Confutationes'" zu identifizieren sein. Entherius selbst hat seine Gegner,
d. i. die Vertreter des Satzes ,Gott hat gelitten". Theopaschiten genannt, zwar
nicht in den „Confutationes". wohl aber in einem seiner Briefe (Synod. c. 201.
Migne 84. 815. wo .deopassiani" nur iHbersetzung von OeoTtacrxiTai sein kann\
Dem Vorschlag Fickers (a. a. 0. 45) aber, die ,Disputatio" mit diesem Briefe
zu identifizieren \vird man um so weniger Folge geben dürfen als der Brief
. .
vielmehr mit der Erklärung anhebt, dafa es sich zur Zeit nicht um den Kampf
mit den Theopaschiten handle. Eine Streitschrift .Theopaschites" oder -Gegen
die Theopaschiten" hat übrigens auch Nestorius hinterlassen: vgl. die Fragmente
bei Fr. Loofs. Nestoriana. Halle a. S. 1905. 208—211.
'
.Nach amlcrii Korsclicni l.i.s ins .laln H7. Sidic dariilicr f^ainr, l'rokios von
K:nstantiiio|icl. .Miinclirn r.illt. 141 H'. HaiUT will mikIi \ inlänti:: an iK'in .Tahrc 44(i
IVstlialtcn.
S ;")"). l'idkliis \(iii Koiistaiitiiiiipcl iiiii] ( Jcniiailius 1. \()ii l\'iiiistaiitiiiii])c|. '2i)-\
Kandidat für diesen Sitz in Frage gekoiniiien. 4'^,") 42t) nach dem Tode
des Attikus, 427/428 nadi dem Tode des Sisinnius und 431 nach der
Absetzung des Nestorius '. Nun war er freilich 426 durch Patriarch
Sisinnius zum P]rzbischof von (yvzikus an der Propontis ordiniert
woiden a])er die Cyzizener, die das Ordinationsrecht des Patiiarchen
;
nicht anerkannten, hatten sich seihst schon einen neuen Erzbischof ge-
wählt -, und so war Proklus als Titularbischof in Konstantinopel ver-
bliel)en und dort unter reichem Beifall als Prediger tätig gewesen.
Im iieisein des Nestorius predigte er 421) an einem ..Jungfrauenfeste"
in der Hauptkirche der Stadt und zauderte nicht, die Jungfrau in
warmen Worten als ..Gottesgebärerin" zu feiern, worauf Nestorius
sofort in einer Gegenpredigt antwortete, um vor dem Titel ..Gottes-
gebärerin" zu warnen -^ An dem weiteren Verlauf der nestorianischen
Streitigkeiten hat Proklus. soviel bekannt, keinen hervorragenderen
Anteil genommen. Auch auf dem Konzil zu Ephesus ist er nicht er-
schienen. Um so nachdrücklicher hat er als Patriarch durch ebenso
entschiedenes wie maßvolles Auftreten die allgemeine Rezeption der
Entscheidungen des Ephesinums gefördert. Er hat sich sozusagen
allenthalben Hochachtung und Zuneigung zu erwerben gewußt. Die
lange Reihe der ..testimonia veterum de S. Proclo"^ ist fast eine un-
unterbrochene Kette von Lobsprüchen. Volusianus, der Oheim der
hl. Melania der Jüngeren, welcher als Gesandter des weströmischen Kaisers
Biograph faßt sein Urteil dahin zusammen: ..In einer Zeit, reich an
Spannungen und Mißverständnissen,^ hat es Proklos verstanden, ver-
söhnend als Mittler aufzutreten und eine kluge Politik des Friedens
zu inaugurieren. Proklos war es, der sich um die Union der ncstorios-
freundlichen Orientalen ein wesentliches Verdienst erworben hat:
Proklos war es, der endgültig die Partei der Johanniten für sich ge-
wann; Proklos war es auch, dei' den gefährlichen Streit um Theodor
von Mopsueste wieder zum Stillstand brachte." '*
'
Socr., Hist. eccl. 7. 2(j '29 ni). Libeiatiis. Breviaiiuni 7.
-'
In der Person des vorhin S. 145 genannten Mönches Dahnatius.
'^
Überbleibsel der (iegenpredigt des Nestorius bei Loofs. Nestoriana oo(j 341.
^ Ich meine die 32 Nummern zählende, gleichwohl aber sehr ergäuzungsbedürftige
Sammlung bei Migne, PP. (h: 65. ß57— G80.
Vita S. Melaniae iun. c. 53. bei Card. Rampolla, Santa Melania giuniore 72
griechisch. 30 lateinisch). Dieses Zeugnis ist bei Migne a. a. O. nachzutragen.
Ebenso Liberatus. Breviarium 7. einige Bemerkungen des Zacharias Rhetor bei Ahrens
und Krüger. Die sog. Kirchenge.sch. des Zacharias Rhetor * 22 f. * 2() f. sowie die
längere Notiz des .Tohannes von Nikiu bei Zotenberg in den Notices et Extraits des
manuscrits de la Bibliotheijue Nationale 24. 1. Paris 1SS3. 4(;i ff.
''
Bauer a. a. 0. 41.
—
Tilleniiiiit . Mcinoires ])oui- scrvir a I liistoire ecclt's. 14. Paris iTni). 7i)4
bis 719: vgl. 797 HOL
Proklos von Konstantinopel, ein Bei-
Fr. X. Bauer.
trag zur Kirchen- und Dogmengeschichte des 5. Jahrhunderts Verüttentlichungen (
Migne gibt unter dem Namen des Proklus zunächst eine Serie von
25 Predigten (PP. Gr. 65, 679 850) oder genauer 20 Orationes —
und 5 Homiliae, ohne daß jedoch diese Unterscheidung saclilich irgend-
wie begründet wäre. Die ersten 20 Nummern sind aus Gallandi ge-
nommen und waren bei ihm „Orationes" überschrieben, die letzten
5 Nummern wurden erst durch Kardinal Mai veröffentlicht und von
ihm „Homiliae" benannt. Der Mehrzahl nach sind es Reden auf Feste
des Herrn: „De nativitate" (Hom. 4). ..De circumcisione octavo post
nativitatem die" (Hom. 2), „In s. theophania" (Or. 7), „In transfigura-
tionem" (Or. 8), „In ramos palmarum "(Or. 9), -In s. quintam feriam"
(Or. 10), ..In s. parasceve" (Or. 11), ..In resurrectionem" (Or. 12) usw.
Dazu kommen Lobreden auf Heilige: auf die Gottesmutter (Or. 1 und 5).
auf den Apostel Paulus (Or. 18), den Apostel Andreas (Or. 19). Johannes
Chrysostomus (Or. 20), den Märtyrerbischof Klemens von Ancyra im
4. Jahrhundert (Hom. 5). Sokrates hebt wiederholt hervor daß .
Proklus als Prediger vielen Anklang fand, und berichtet auch, daß
er Rhetorik studiert hatte K Unter den Rednern der griechischen
Kirche des 5. Jahrhunderts darf Proklus einen hervorragenden Platz
beanspruchen. Krankt auch er an den Gebrechen der Zeit, an Schwulst
und Künstelei, so ist er doch auch wieder kurz, sententiös und kraft-
voll. Zu Eingang der Rede fast überschäumend von Leben und Be-
wegung, ist er im Verlauf vor allem auf klare und bestimmte dog-
matische Unterweisung bedacht, ohne bei moralischen Reflexionen oder
praktischen Nutzanwendungen sich aufzuhalten. häufigsten kommt Am
natürlich das Dogma von der Menschwerdung zur Sprache. In der
schon erwähnten, in Gegenwart des Nestorius vorgetragenen Or. 1.
„Laudatio in sancti.ssimam Dei genitricem Maiiam" -. liest man (c. 4):
Wir predigen nicht einen Gott gewordenen Menschen, wir bekennen viel-
..
mehr einen Fleisch gewordenen Gott. Seine Magd hat er sich zur
Mutter genonunen. er, der seiner Wesenheit nach ohne Mutter und
der Heilsveranstaltung nach auf Erden ohne Vater ist. ^Vie könnte auch
sonst einer und derselbe laut Paulus (Hebr 7, 3) ohne Vater und ohne
Mutter sein?" In der Hom. 3. -De dogmate incarnationis", welche voll-
ständig nur syrisch und koptisch vorliegt, findet sich der vielzitierte
und infolgedessen auch griechisch erhaltene Satz: -Es gibt nur einen
Sohn, weil die Naturen nicht zu zwei Personen auseinander^erissen
'
S.Mi.. lli>i. ..(cl. 7. -J.s 41 V.l
Das ..IiiiiütVaiicnfcst" irapfteviKri Ttavr)Yi'pic v. 1 . wi-lilifiu diese Rede uilt.
^iliciiit <las Pest Maria V( rküiidiiinim tieweseii zu sein. Virl. Kain'r a. a. 0. 2;") f.
S 1)"). I'röklii.s \o]\ Koiistaiitiiio])c| und Gt'iiiiadiu.s I. von Kimstaiitiiiojid. •^'Oö
)octrina Patrum de incarnatione Verbi 48. Bei Ephräm von Antiochien Phot.. Bibl.
cod. 2'2U Migne 103. 99<) und dem Verfasser der .Doctrina Patrum " Diekamp a. a. 0.
:
lautet das Lemma dv rf] TeaöapaKoaxri, d. h. nicht, wie Tillemont Memoires 14. 718
und 801 wollte: ,in der vierzigsten Homilie". sondern ,in der Fastenzeit". Nach
der Aufschrift der syrischen und der koptischen Version soll die Predigt freilich .am
Sonntag vor der Fastenzeit" gehalten worden sein.
- So urteilte schon Tillemont. Memoires 14. 800.
^
Vgl. den li'hneichen Aufsatz ülier das Kontakion von Maas in der Bvzant.
Zeitschi-. 19 ,1910 28;-) ff.
"*
Vgl. Fessler-.Jungmann. Instit. Patrol. "2. 2. 9;'). Übrigens wird Or. 2 schon
von dem Verfasser der , Doctrina Patrum" bei Diekamp a. a. O. 240 Proklus zu-
geschrieben.
2()(j i)i<' griccliisclic Litriatiir ilrs rünltfii .laliilmiKk'rts.
liefenmg der Schriften des I'ioklus an. — Or. 1. ,Jiaudatio in sanctissimam Dei
•^eiiitricem Mariani". steht auch bei Maiisi 4. Ö77^0(SS. Näheres ül)er dieselbe
l)ei V. Lehner, Die Marienveicliiuiiü in den ersten Jahrluindcrten. 2. Aufl..
Stuttgart 1S,S(). 21o— 217: Bauci- a. a. O. 20—80. Bauer verzeichnet S. 24
Handschriften einei- .syrischen und einer armenischen Übersetzung; der ()r. 1
siiwie Druclcausgaben einer äthiojjischen Ubei-.setzung. — Zu der unechten Or. (1.
„Laudatio s. Dei genitricis Mariae". vgL A. Kirpitschnikow. Reimjjrosa im 5. Jahr-
hundert Byzant. Zeitsclu-ift 1 [1>>^)'2) ryZ~
: 580. Maas. Das Kontakion:R
ebd. D) (1910) 2cSr) - ;')(Xx besonders 292 f. (r. La l'iana. Le rappiesentazioni
sacre e la poesia ritniica dramatica nella letteratura bizantina dalle origini al
.sec. IX: Roma e rOriente 2 (1911); H (1911/1912): 4 (1912): besonders 4.
47 tf . ,Testo dell' omelia attiibuita a S. Proclo": 4. 1(57 ff.
: -Ricostruzione :
worden von E. A. Wallis Budge. Coptic Homilies in the Dialect of Upper Egypt.
Lonchm 1910. 90— 9ü 280— 240. —
Die Hom. 1— ö wurden zuerst von A. Mai.
S])icilegium Romanum 4. Romae 1840. lxxvii —
xcviii. ediert. Hom. 1 2 grie- —
chisch. Hom. o —
ö nur lateinisch, und zwar nach einer alten syrischen Version.
Diese syrische Version der Hom. o —
ö veröffentlichte J. B. Chabot in den Rendi-
conti della R. Accademia dei Lincei. Classe di scienze morali. storiche e filologiche.
Serie •">. vol. 5, Roma 1S9(). 178 197. —
Eine koptische Version der Hom. o
koptisch und englisch bei Wallis Budge a. a. O. 97^— 104 241 247 (außerdem —
eine englische Übersetzung dei- syrischen Version der Hom. o bei Wallis Budge
881 — —
G. Anrieh (Hagios Nikolaos. der hl. Nikolaos in der griechischen
88(1).
Kirche. Leipzig 1918 —
1917. 2 Bde.) veröffentlichte eine Lobrede auf den
hl. Nikolaus unter des Prokliis Namen (1. 429 —
488). bezeichnete dieselbe aber
mit Recht als unecht (2. 160 L 886 ff'.). A. Bretz (Studien und Texte zu Asterios
—
von Amasea, Leipzig 1914, 71 75) führte den Beweis, daß eine in den Hand-
schriften Proklus zugeeignete (von Procl., Or. 17 zu unterscheidende) Lobrede
auf den hl. Stephanus vielmehr Asterius von Amasea angehört, wie sie denn
—
auch schon bei Migne 40, 337 352, unter den Predigten des Asterius steht.
Über Spuren noch nicht gedruckter oder noch nicht nachgewiesener Predigten
des Proklus siehe Bauer a. a. ). 131 ff'. < —
Bei Mai (Scriptorum veterum 110 va
Collectio 7. Romae 1888. pars 1. 165) findet sich ein Fragment einer Predigt
-In saiicta epiphania". welche Erzbischof Er echt hius von A n t i ochien in
Pisidien zur Zeit, da I'roklus Patriarch war. ,in der grofien Kirche Konstan-
tinopels" gehalten hat; abgedruckt bei Migne. PP. Gr. 86, 2. 8821 f. Eine
vollständige Predigt des Erechthius über die Geburt des Herrn swisch und
franz(isisch bei V.\a\\ in dei' l'atvologia ()ii<>iitalis 18. Paris 1919.- '171—180.
zeugt. Die armenischen Bischöfe haben diesem ..Tomus". wie das Dank-
schreiben des Patriarchen Sahak (Isaak) an Proklus versichert, freudig
zugestimmt: auch die Bischöfe der antiochenischen Kirchenprovinz,
Johannes von Antiochien an der Spitze, haben denselben bereitwillig
unterschrieben. Die andern Proklus-Briefe (Ep. 3 4 10 11 13 17) sind nur
lateinisch und zumeist nur bruchstückweise überliefert. Sie beschäftigen
sich gleichfalls mit den nestorianischen Wirren bzw. mit Theodor von
Mopsuestia und Ibas von Edessa. In Ep. 4 erklärt Proklus: ,.Unum
ex trinitate secundum carnem crucifixnm fatemur", und stellt damit
die Formel auf, welche im (3. Jahrhundert unter den Orthodoxen selbst
so lebhaft verhandelt werden sollte (theopaschitischer Streit). Neuer-
dings ist in lateinischer Übersetzung eine ,.Epistola S. Prodi directa
unifoimis ad singulos occidentis episcopos" zu Tage gefördert Avorden,
eine Enzykhka welche nach Vorführung des Trinitäts- und des
,
'
Vgl. etwa die Bemerkung A. Baumstaiks in der Tlieoi. Revue li>l(j, 845 f.
- Siehe Kiumbadier in der Bvzant. Zeitsohr. 8 \HW 230: Bauer a. a. 0. 141.
^ Assemani. Bihl. Orient. 1. 4S() f. A'gl. ('. Kayser. Die Kanones .Jakobs von
Edessa, Leipzig' 188<i. 183.
208 r*'t* giieiliixlic liiteratur ck-s niiifteii .lalirlimulci-t.s.
(seu diviiia liturgia) in zwei Büchern'. Auch für die Echtheit dieser
Texte feldt jede Gewähr.
2. ,Tomus ad Armenios". ist von neuem ediert worden durch Ed.Schwartz.
Ep.
Actsf Concihorum oecumenicorum 4. 2. Argentorati 1914. 187 19ö. Schwartz —
hat auch die hiteinische Übersetzung des .Tomus'' von Dionysius Exiguus sowie
zwei syrische riiersetzuiiiien zur Rezension des Originals herangezogen. Die
lateinische Übersetzung hat er überdies 19() —
205 im vollen Wortlaut Ijeigegeben.
und aus einer der syrischen Übersetzungen hat er Praef. xxviif. den .Libellus" der
armenischen Bischöfe und Presbyter, durch welchen der .Tomus*" veranlaßt ward,
ins (iriechische zurückübersetzt. Der bei ^ligne (tiö. <Söl böü) als Ep. 1 dem —
.Tomus" voi-aufgeschickte .Libellus" ist anderweitiger Herkunft. Agl. Schwartz.
Konzilstudien. lStraf3l)uig 1914. 27. Über eine armenische Üljersetzung des , Tomus"
und das Antwortschreiben des armenischen Patriarchen an Proklus siehe A. Yar-
daiiian. Ein Briefwechsel zwischen Proklos und Sahak: Wiener Zeitschr. f. die
Kunde des Morgenlandes 27 (1913) 415 441. Über Inhalt und Bedeutung —
des .Tomus" siehe Bauer a. a. 0. 69 Die .Epi.stola uniformis ad singidos
ff'.
'
Asscmaiii ;i. a. < >. :], 1. IKT.
- De \iy. ill. s;i.
(leiiiiiul..
^ Marcelliii.. thnm. ad a. 470. Mijine. i'V. Lat. .M. W\,
* Moiuuii. (ierm. bist. .\iRt. antiquiss. 11. W.
e
Parthenius also Freund oder Feind des Verfassers gewesen ist, bleibt
dahingestellt. Da Gennadius vor seiner Erhebung zum Patriarchen
Presbj^ter zu Konstantinopel war-, so würde wohl an erster Stelle
der Archimandrit Parthenius zu Konstantinopel (j^ 56, 1) in Frage
konnnen.
In einem anonymen lateinischen „Opusculum de Spiritus sancti
processione a Patre Filioque", aus dem 9. oder 10. Jahrhundert, liest
man: -Gennadius quoque episcopus de processione Spiritus sancti a
Patre et Filio ita ait: Credimus unum Deum esse, Patrem et Filium
et Spiritum sanctum, Patrem eo quod habeat filium. Filium eo quod
habeat patrem, Spiritum sanctum eo quod sit ex Patre procedens et
Filio. Unter dem Bischof Gennadius wird sonder Zweifel Gennadius I.
"'^
'
Migne, PP. Gr. 86, 2. •20U. Die hier stehenden ^Leontii ^t loannis Collec-
tanea de rebus sacris" sind P^xzerpte aus dem zweiten Buche der _ Sacra Parallela".
Vgl. Holl, Die Sacra Parallela des Johannes Daniascenus. Leipzia; ISiKi. ISUff.
- Theod. L., Hist. eccl. 1.13.
•'
Bei Mai, Script, vet. nova Collectio Ronuie lSo8. pars 1. •Jäü. 7.
*
In dem (inonndogium des Mönches
Zitate aus noch spaterer Zeit übergehe ich.
.Fdliaiiiits ioorgide.s. vermutlich aus dem 10. .Jalirliundert vgl. Krumbacher. (Jesch.
(
der iUzant. T/it." (JO'J wird dreinuii ein (Jennadius redend eingefüiirt Migne. PP. Gr.
.
117. IIIJ lliT) IUI), in der Dioptra des Mönches r!nlipi)us Solitarius aus dem
11. .laiirliundcrt Kruml>aclier a. a. O. 742 oder vielmehr in (Fen alten Kaiidglossen
tl".
zu dieser Schrift wird wenigstens einmal ein (iennadius autgenilcn Migne 127, 8(34.
^ Tiieod. 1,.. llist.eccL l. 1.-} h") K; 2ti.
^
sie um
so härter heimgesucht werden. Bald darauf starb Gennadius.
Sein Nachfolger ward Akacius, der Urheber des sog. akacianischen
Schismas, eines völligen Bruches zwischen den Kirchen von Rom und
von Konstantinopel für die Dauer von mehreren Jahrzelmten. Die
Griechen verehren Gennadius als Heiligen.
Das Beste über (icniiadius hat Tillemont. Memoires IG. Paris 1712. ()7
bis 7ö. Über die erwähnte ,Epistola encyclica", auch bei Mansi 7, 911 920. —
siehe Tillemont a. a. (». 71 f.: v. Hefele. Konziliengeschichte 2. 2. Aufl.. Frei-
burg i. Er. 1S7Ö. ."),S4 f.
und Flavian von Konstantinopel. 4. Anatolius von Konstantinopel und die von
Kaiser Leo I. eingeforderten bischöflichen (iJutachten. 5. Akacius von Konstantinopel.
i^ 51,
5). Er hat den ortliodoxen Mitgliedern des Konzils zu Ephesus
in schweren Tagen schätzenswerte Dienste geleistet, indem er ihre
Ziele und Wünsche vor dem Kaisei' wie vor dem Volke vertrat. Kleine
Proben dieser Tätigkeit sind zwei Briefe an das Konzil und eine
Ansprache an das Volk zu Konstantinopel unter dem Titel „Apologia*"
(äTToXoTia, Migne H5, 1797 1H()2). In der Aufschrift des zweiten Briefes
Der Brief des Maxim ianus an C}Tillus auch bei Mansi 257 260. •").
—
Der Brief des Alypius auch bei Mansi 4. 1463 f. —
Die Eingabe des Basi-
lius und Thalassius an den Kaiser bei Mansi 4. 1101 —
1108. Ys;]. zu der-
selben TiUemont. Memoires 14. Paris 1709. 314 f. 326 l 749 f Der Libellus
des Basilius an Proklus bei Mansi 9. 240 242. —
Vhev die Autorschaft des
Basihus siehe Schwartz. Konzilstudien. Straßburg 1914, 26 f. vgl. auch Bauer. :
Dahnatius von Cvzikus. von welchem bei Gelasius von Cyzikus (S. 145) die Rede
war. Über den Arcbimandriten Dalmatius siebe v. Hefele. KonziUengeschichte 2.
2. .\ufl.. Freiburg i. Br. 1875. 213 ff. 227 230: Sinclair im Dictionary of Christian
Biograpby 1. London 1S77. 781 f.; vgl. auch Callinici de ^^ta S. Hvpatii liber.
edd. Sem. Pliilol. Bonn. Sodales. Lips. 1895. xiii xv. —
Griechische Lebens-
beschreil)ungen des Arcbimandriten verzeichnen die BoUandisten in üu-er Bibl.
bagiogr. graeca, 2. Aufl., BruxeUis 1909, 68. —
Der Text des ,Synodicon ad-
versus tragoediam Irenaei" bei]\Iigne <S4. 551 ff. ist abgedruckt aus Mansi 5. 731 ft'.
'
Über diese Blasphemie, erzählen die Antiochener, habe der Kaiser sich an
entsetzt, daf? er seinen Pnrpnrmantel abwarf. Mansi 4. 1412: 5. 795.
- Mansi 4. 1172. '
.Mansi (i. 757.
2> 1 4 Dit' giiecliisilic Literatur des füiiften Jahrhunderts.
1912. 242 f. Über das armenische „Buch der Briefe" vgl. H. Goussen in der
Theol. Revue 190;i 225 ff. Die Predigt des Akacius bei Mansi 5. 181— 1K(».
'
TTpiJuToq: Kva.i;r. Scliol.. llist. ihtI. 1. :• : l,c.mt. Hyz.. Adv- Nest, et I;]ut. I. :>:
=•
Mansi (i. (J8L ^ Mansi (i. 71(5.
21(3 Dio griechisclic Litcratiii- des liiiiftfu .laliiliiiiiderts.
auch noch Forscher unsrer Tage in die Irre geführt. Endlich ist
noch ein Glaubensbekenntnis zu erwähnen, welches Fla\aan Kaiser
Theodosius vorlegen mußte (Migne, PP. Gr. 65, 889 892). Xachdem —
Eutyches von der Synode des Jahres 448 verurteilt worden, begann
er seinerseits den Vorsitzenden der Synode der Heterodoxie zu ver-
dächtigen, und unter seinem Einfluß ging der Kaiser so weit, einen
libellus fidei von FlaNnan zu verlangen.
Über Flavian vgl. Tillemont. Memoires 15. Paris 1711. 446 f. 49ö ft'. .'i72ff.
St. ^lelchiorri. ^leinoi-ie istorico-critiche delle gloriose gesta del santo raartirt-
Flaviano patriarca di L'ostantinopoli. Fernio lS:>(i. S". Zu der russischen Ab-
haiulhnig des Arcliiinandriten Auatolios .Der Fhwianos. Erzbischof von Kon-
hl.
stantinopel. Konfessor" vom Jahre 1912 vgl. Byzant. Zeitschrift 22 vl91ol 276.
Das Appellationsschreiben Flavians an Papst Leo bei Anielli a. a. 0.. bei Momni-
sen a. a. (). 3(i2 —
3(i4. Vgl. H. (Trisar. Die nen aufgefundene Appellation Flavian^
an Papst Leo I.: Zeitschrift f. kath. Theol. 7 (1883) 191— 19(>. Das (ilaubens-
bekenntnis Flavians bei Mansi 6, 540 f.: vgl. 8. 823. Lateinisch steht das-
selbe auch bei Liberatus, Breviarum 11; Migne. PP. Lat. (>9. l(K)lf.
^
Dieser , Codex encyclius" bei Mansi 7. 785— 7!^»2: vgl. r>87 ff. Siehe ül)tr
denselben v. Hefele, Konziliengesch. '2'. 419 f.
:
'
Zach. Rhet.. Hi.st. eccl. 4. 7. Kvaur. S.liol,. llisi. ..(i-l. -J. Kl. Kiilog. AI. lioi
hältnisse zu Alexandrien, unter den Briefen des Papstes (Migne, PP. Lat.
58, 46und ein Brief an Petrus Mongus über das Henotikon, etwa
f.),
Drittes Kapitel.
Schriftsteller im Umkreis der Patriarchate Antiochien
und Jerusalem'.
'
Dem hat erst Juvenalis, welcher denselheu 422 4r)S
Stuhle von Jerusalem —
inne hatte, die Patriarchal würde errungen. Er erhob 431 zu Ephesus Anspruch auf
den kirchlichen Prinzipat über die Provinzen Palästina, Phönizien imd Arabien. Zu
Chalcedon 451 wurden die „zwei Phönizien'* und Arabien dem Patriarchat Antiochien.
die „drei Palä.stina" aber dem Patriarchat Jerusalem zugesprochen Mansi 7, 184 .
220 D'^ griechische Literatur ilcs niiiftcn .lalahunderts.
'
Tillemont. Memoires lö. "208.
- A..Rahlts. Septuaginta-Studicn. Heft 1. Stiulien zu den Königsbüchern, (iöt-
will die Hoffnung nicht aufgeben, daß auch er sich noch irgendwo
finden lasse '
—
in die Jahre 429^ 437 verlegt werden dürfen, wird sich als irrtümlich
erweisen. Zu relativen Zeitbestimmungen bietet Tlieodoret damit eine
dankenswerte Handhabe, daß er gern auf frühere Ausführungen zurück-
verweist.
Soviel hat Theodoret immer nur griechisch geschrift-
bekannt,
stellert, von Hause aus syrisch sprach und in dem größten
mewohl er
Teile seiner Diözese Cyrus syrisch gesprochen wurde. Er schreibt
sehr leicht, klar und gefällig und besitzt einen feinen Formensinn.
Photius gab seiner Diktion das Zeugnis attischer Schönheit und Rein-
heit'. In seinem großen apologetischen Werke «Heilung der heid-
nischen Krankheiten" hat er sich laut dem Eingang die Sprache Piatos
zum Vorbild genominen: „Da ich mich der Zeugnisse Piatos und der
andern Philosophen bediente, so mußte ich Sorge tragen, daß die
eigenen Worte nicht gar zu sehr abstachen, sondern eine gewisse
Ähnlichkeit zeigten.""Die klassische Literatur ist ihm wohl vertraut.
Nicht nur Plato und Homer, sondern auch Isokrates und Demosthenes.
*
M. Faulhaber. Die Piopheten-Kateneu nach römischen Handschriften. Frei-
hurg i. Br. 1899, 74.
2 Siehe Theodor., Ep. 82 113 116 145: Migne, PP. Gr. 83. 12G(3 1317 1325 1377.
Ep. 82 pflegt ins Jahr 44B gesetzt zu werden, dürfte aber ebenso wie Ep. 113 u. IIH
dem Jahre 449 zuzuweisen sein. Vgl. Kösters in der Zeitschr. f. kath. Theol. 30 1906
352 f. Ep. 145 entstammt dem Jahre 450.
•^
Ep. 145; vgl. Ep. 116. ^ (iennad.. De vir. ill. 88.
^ Siehe Assemani, Bibl. Orient. 3, 1. Romae 1725. 39 f.
•^
Ep. 113.
"
Phot., Bibl. cod. 203—205 : vgl. auch 31 46 56 273.
'^
Theodor., Uraec. affect. cur., prol. ; Migne 83. 784 f.
.
'
Schulte. 'rii.'.Mloict von C.viiis :ils AiiMlo-ct. Wien 1!M)4. 7»;.
- Theodor.. Hist. rel. l'J -Jl. V-i. rillciiiont. ^b•m..irl"s 1;^. S7(l.
'
Hist. rel. 1:5. Vgl. :mh1i Kp. si.
* Liiut Ep. li:i mul Kj). IK; war tr im .liilne 44;i .-;chon "it; .lahre lang Bischof.
i.aiit Kp. Sl ist er ukiuv Bischof geworden. Weiteies üher das .Tah'r seiner Ordination
lii'i (liiiitlier. Tlieodoret \uii (
'vriis. .\scIiaffeiilMiiti ü'i:?. .'>
fl".
Kp. 11. i. •
und viele andere von der Partei des Arius und Eunomius Christus dem
Herrn zugeführt.*** Einige Jahre später berichteter gelegentlich, daß
er mehr als 200 Exemplare des Diatessarons Tatians aus den Kirchen
seines Bistums beseitigt habe, um statt desselben die vier Evangelien
einzuführen ^.
dem Nestorius und einem jeden, der die heilige Jungfrau Maria nicht
Gottesgebärerin nennt und den einen Sohn, den Eingeborenen, in
zwei Söhne zerteilt"', und auf Grund dieser Erklärung ward er von
•
Ep. 83.
Nach Günther ^a. a. 0.) würde das erste Edikt, das luternierungsdekret, schon
'^
vor dem Klageschreiben Dioskurs an Domnus ergangen und nicht durch Dioskur
veranlafjt gewesen sein.
» Ep. 113.
Siehe Ep. l;jl ^Migne «3. 1417
^ vgl. Ep. 112 Migne ,S3, 130fttt'.
: Auf- . —
fallend ist übrigens auch, daß Theodoret in dem Schreiben an den Papst Ep. 113
niemals von der (Jlaubeiisregel abgewichen sein will und als Zeugen hierfür ^ähnlich
wie Ep.H'2 IKj 14.") seine fridieren Schriften anführt, unter ihnen die Schrift .De theo-
logiadeque diviua incarnatione". wek'he ebenso wie die (iegeuschrift gegen die
Anathemafismen Cyrills für eine Doppelhyposta.se in Christus eingetreten war siehe
unten Abs. 3. d .
•''
Mansi 7. is'.i.
S T)?. 'I'lieodoret von Cyrus. 8. Doymatisih-polt'mische Schriften. 225
bezeugt -, daß Theodoret unter Kaiser Leo L (457 474) gestorben ist, —
wahrscheinlich zu Anfang der Regierung Leos. Wenn Marcellinus Comes
Theodorets erst zum Jahre 466 gedenkt", so fußt er lediglich auf der
Angabe des Gennadius, glaubt dieselbe aber am sichersten dahin deuten
zu können, daß Theodorets Tod in die Mitte der Regierung Leos
gefallen sei.
3.g m a t i s c h - p 1 e m i s c h e Schriften.
D Die Vorführung —
des literarischen Nachlasses Theodorets im einzelnen mag von den
dogmatisch-polemischen Schriften ausgehen.
a) Zu Anfang des Jahres 431, wie es scheint, schrieb Theodoret
auf Veranlassung des antiochenischen Patriarchen Johannes eine Wider-
legung der zwölf Anathematismen, welche Cyrillus von Alex-
andrien im November 430 der Lehre des Nestorius entgegengestellt
hatte. Durch das fünfte allgemeine Konzil vom Jahre 553 mit dem
Anathem belegt \ ist diese Schrift in ihrer ursprünglichen Fassung
zu Grunde gegangen und nur in der Form erhalten geblieben, in
welcher der Alexandriner sie in seine Antwort, „Epistola ad Euoptium
adversus impugnationem duodecim capitum a Theodoreto editam",
'
Haeret. fab. comp. 4. 12. - Gemiad., De vir. ill. 88.
•'
Marceil. Com., Chron., in den Monum. Germ, bist., Auct. antiquiss. 11. 89.
Vgl. Tillemont a. a. O. 15, 875.
^ Conc. oeciim. V, can. 13; Mansi 9, 385.
BarcU'iihcwcr, Gesch. der .iltkiiclil. Literatur. IV. lo
226 I^i'" giit'chische Literatur des fiint'tcMi .liiliiliuiidci-ts.
b) Wohl noch im Laufe des Jahres 481 oder ])ahl nachher hat
Theodoret der Schrift gegen die Anathematismen ein größeres Werk
gegen Cyrillus und das Ephesinum. in fünf Büchern, folgen
lassen. Auch dieses Werk ist abhanden gekommen. P]s war gleichfalls
durch Kanon 13 des fünften allgemeinen Konzils verboten worden. Eine
längere Keihe von Exzerpten ist lateinisch unter der Aufschrift „Frag-
menta Theodoreti ex libris quinque adversus beatum Tyrillum sanctumque
concilium Ephesinum" durch die sog. „Collectio Palatina*" überliefert.
Dazu kommen einige griechische Bruchstücke, die zumeist als Zitate
aus einem TrevxdXoYO«; oder Fünf buche Theodorets (Garaier schrieb
TTevTaXÖYiov) eingeführt werden. Photius hat das Werk noch in Händen
gehabt ^
Die lateinischen .Fragmenta Theodoreti" bei St. Baluzius. Marii Mercatoris
opera, Paris. 1684, 324—333; Migne. PP. Lat. 48. 10ü7— lOTG. Zur Kritik
derselben vgl. Ehrliard. Die Cyrill von Alexandrien zugeschriebene Schrift TTepi
Tf[q ToO Kupiol) evavOpuuTTTifftujc;, Tübingen 1S88. IK) ff. 137 ff.: Schwartz, Die
München 1922. 30 ff. Den von (Tarnior
sog. (xegenanatheniati-smen des Nestoriiis.
unter dem .Theodoreti Pentalogium de incarnatione" (TrevTaXÖYiov irepi
Titel
evavGpujirriaeujq, Migne 84. ()5 —
88) edierten griechischen Fragmenten sind
manche fiemdartige Stücke beigemischt. Vgl. Ehrhard a. a. (». 114 ff. 140:
Scliwartz a. a. 0. 32 ff. Es sei noch angefügt, daß ein Stück dieses ,Penta-
logium.s" (Migne 84. 73) von der im Evangelium gescliilderten 9eavbpiKn ttoXi-
teia des Herrn redet. Diesen Ausdruck hat erst der Pseudo-Areopagite (Ep. 4
geschaffen. Das betreffende Stück kann deshalb nicht von Theodoret sein.
Brief (Migne S4. ()47 wt4cher gegen Ende auf Ep. 145 ^Migue S.S. loTöttV verweist.
,
§ 57. Tiicodoiot von Cyrus. 3. Dogmatisch-polemische Schriften. 227
'
De trin. S '^Migne 75, 1149 ; De incarn. 1 (Migne 75, 1420.
" De incarn. 19; vgl. 15.
15'
228 ^i^' gnfclüsclic' Jiitcratur des iVmf'tcii .laliiliuiuleits.
' 8o Ep. 11.'?. F.\^. S2: toüc tö 'Apeiou qppovoOvrac: Kp. IKJ: kotö Äpeiou
irpö«;
Kai Eüvo]Liiou. Vgl. noch Hj). 14ö: Haeret. fal). ((tnip. ö. 2: In 1 Cor. 15, '21 i^Migne
82, .'}57 .
*
So Ep. 14;"). Ep. S2 irpöc ti'^v 'ATT()\iv(t(>ioii TtpBpeiav.
:
§ ")?. Tlu'odoret von Cyriis. 3. Dogmatisch-poltinisclic SchriFtcii. 2"J1I
^dafä Gott nicht bloß gut. sondern auch gerecht ist und nicht fremder
Gescliöpfe, wie die Marcioniten fabeln, sondei'n seiner eigenen Geschöpfe
Heiland" '.
' So Ep. 145. Ep. 82: -rrpöq xriv MapKiujvoc Xürrav ; Eji. 11(5: Karct MapKiuuvoc.
- Ep. 82. Haeret. fab. comp. 5, 2 18.
'
Vgl. Saltet in der Revue d'hist. eccles. »i J9ü;")} i)3b f.
^ Gegen P^nde des zweiten Dialogs, bei Migne 83, 212 f. Vd. Ep. 83 Migne
83. 1272).
"^
So gegen Ende des ersten Dialogs, bei Migne 83. 80. Vgl. Ep. Ki.
230 -Die griecliiticlic Litciatui- des tTniit<n .lalii liuiidcrts.
—
Abhandlungen 1 5 haben sich bisher nicht nachweisen lassen, scheinen
also verlorengegangen zu sein. Die drei ersten Abhandlungen wandten
sich gegen die Behauptung einer Natur in Christus, die vierte be-
leuchtete Lehre der heiligen Väter über die Menschwerdung, die
die
fünfte bekämpfte von neuem die Leugnung der Zweiheit der Naturen
in Christus, und die sechste tat dar öti ei<g ecrtiv uiöq 6 KÜpioq lYuiJuv
IriaoOg o Xpi(JTÖ(;. Diese letzte Abhandlung ist häutig für identisch
erklärt worden mit einem 1759 durch Bongiovanni unter Theodorets
Namen herau.sgegobenen, aber anonym überliefei'ten Traktat öti Kai
(Lietd Ti'iv evavO()djTrn(Tiv feig uiöq 6 Kupio«; inuuüv 'h-i(^t)üq Xpicrröq.
' (iciiiiad.. De \ ir. ili. SS. Dalj (lciina(hus \ (mi dorn .Kianistt'S" spiiclit, scheint
mir nicht zwcilclliat't zu si'iii. N'üI. ('/,a])la. ( icmiadiiis als Litcrarliistdiikcr. Miiiistci- i.W.
lS!tS. 171 f.
-'
Kp. s;{ a. a. (). '
.ViiLicr Kp. U; u. .s;J v,ul. ihhIi Kp. l.'tO.'
'
Maii.si (;. !l(;i ;t7-J.
'•
Mansi 7. 4(57 474.
S f)?. Tlieoddict von Cyius. 4. Apologetische ftchriften. 231
liis14.")0. Näheres über den Bericht des Photius Ixü (i. Ficker. Eutherius
von Tvana. Leipzig UM)S. ;> 0(S f. ft'.
welche, von Haus aus keinen Namen tragend, durch eine Hand des
18. Jahrhunderts mit dem Namen Theodorets versehen worden sind.
Anscheinende Widersprüche in dem Texte des mosaischen Gesetzes
sowie in der ältesten biblischen Geschichte, im ganzen neun, werden
hauptsächlich durch allegorische bzw. typische Auslegung aufgeklärt
und beseitigt. Sprache und Gedanke tragen die Eigenart Theodorets
zur Schau zu fast allen Fragen bzw. Lösungen bieten die exegetischen
;
"
So Ep. 82. Ep. 113: TTpö^ toü«; ^v TTepaibi [udTouc;.
- Hist. eccl. i). 38. Vgl. auch Quaest. in Levit. 1 : Migne 80. -iftT.
'
So Ep. 113 u. 140. Ep. IKi: kotü 'loubaiuuv. * Ep. 14;').
232 I^it- grii'<'liis(lic Litciiitiir des fünften .hiliiluindorts.
c)Ein Zyklus von h'eden über die göttliche Vorsehung, „De Pro-
videntia orationt's deeem" (irepi 7Tpovoia<; Xöyoi beKa), ist unversehrt
'
Oraec. affect. curat., s. 1 : Migne S3. SKi.
- Schulte a. a. 0. 49.
^>34 I^i*" grit'cliisclio Literatur des füni'teii .lalirliiiiidert.s.
Cäsaiea und den „Teppichen" des Kleniens von Alexandrien. P^ine Be-
nützung anderer Apologien ist nicht nachzuweisen'. Uie nicht den zwei
christlichen Apologien entnonnuencn Zitate sind aber auch nur zum
Teil aus den heidnischen Originalquellen geschöpft, zum andern Teil
aus sekundären heidnischen Hilfsquellen, philosophischen Kompendien
odei' Sainmelwerken, iiis])esondere den riacita" des Aetius, eines Peri-
..
patetikers aus dem Beginn des 2. Jahrhunderts n. Chr. Und es ist nicht
zu leugnen, daß Theodoret in der Wiedergabe dess(^n. was Eusebius,
Klemens, Aetius sagten, infolge großei" Flüchtigkeit .sich mancherlei
Fehler zu Schulden kommen ließ ".
Mus. f. Piniol. N. F. 57 (1902) 449—459. Das älteste der bis jetzt nachgewiesenen
28 Manuskripte und zugleich der zuverlässigste Zeuge des ursprünglichen Textes
ist cod. Vaticanus 2249 saec, ut videtur. x. Eine allseitige Besprechung des
— —
Werkes bei Schulte a. a. 0. 28 41 46 105 110 165. Einzelne der hier er- —
örterten Fragen waren schon behandelt woixlen von C. Roos. De Theodoreto
Olementis et Eusebii conipilatore (Diss. inaug.), Halae 1888, 8"; von J. R. As-
mus, Theodorets Therapeutik und ihr Verhältnis zu Julian: Byzant. Zeitschrift
—
o (1894) 116 145; von Raeder in den soeben genannten Abhandlungen. As-
mus hat seine These, dal!? Theodoret auch die Bücher Julians des Abtrünnigen
, Gegen die (ialiläer" berücksichtigt habe. Jiicht zu beweisen vermocht. Siehe
Die von G. Mercati Note di letteratura liihiica e cristiana antica. Roma 1901.
'
ti07— 226) herausgegebene „Apologia antiellenica sott« fonna di Martirio" ist viel-
mehr von der „Curatio" Theodorets abhängig; vgl. Schulte (Mit".
Die treffliche Ausgabe der „Curatio" von Raeder Leipzig l!t04 i)ietet unter
'*
dem Te.\t ein fortlaufendes Verzeichnis der .auctores" und zum Selilu.s.se ."524 -338)
<'inen einläl.Uiclieii , index scriptorum et jtliilosophoruni".
'
Kp. 113: TTpoi; "EW^va;.
Vgl. Ep. IK): Kaxü 'EWi'iviuv Quaest. in Levit. 1 :
Migne HO, 2Jt7 : Die letztgenannte Stelle läl.U kt'inen Zweifel darüber.
TTpo^'EWt^vaq.
dal.i unter dem Werke TTpö<;"E\Xriva<; die „Curatio" zu vei-stehen ist.
'
So Schulte a. a. (». 33; Küsters in der Zeitschr. f. kath. Theol. .'{O \Wi\ 3r)'>
S f)?. Tlicofloret vdii C'yrus. T). Exegetische Schriften. 235
— —
dagegen Schulte a. a. O. 85 88 81 85, sowie auch Schulte in der Theol. Quartal-
schrift 88 (]9()()) 492 f. Zur Datierung der ,Curatio" vgl. noch L. Kösters in
der Zeitschr. f. kath. Theol. HO (19()(i) :-U9--85(i.
Über den zu Grunde gelegten Bibeltext sowie auch über die handschrift-
liche iTberlieferungdes Werkes siehe A. Rahlfs. Septuaginta-Studien. Heft 1.
Studien zu den Königsbüchern. Göttingen 1904. Ki 4(i: — .Theodorets Zitate
aus den Königsbüchern und dem 2. Buche der Chronik.
'"
'
Es ist wohl ohne Zweifel der Presbyter und Cliorbiscliof Hyputiu^
Theodoret Ep. 118 Migne S3. 1817 gedenkt.
23() 1*'^' JiTif<"l)isclif LitiTiUiir des finittcii .l;ilii liuiiderts.
Auslegung mehr füi- .luden })ar3te als für Zöglinge des Glaubens. Ich
habe es für meine Aufgabe gehalten, das eine wie das andere Extrem
zu veimeiden. Was mit der alten Geschichte übereinstimmt, das soll
auch jetzt auf sie bezogen w^erden die Vorhersagungen über Christus:
den Herrn aber und über die Kirche der Heidenvölker und den evan-
gelischen Wandel und die apostolische Predigt sollen nicht, wie es
von den Juden zu geschehen pflegt, auf gewisse andere Dinge gedeutet
werden." Aus weiteren Bemerkungen des Vorworts ergibt sich, daß der
Verfasser „die Prophetie des großen David" auszulegen gedachte, bevor
er noch irgend ein anderes biblisches Buch bearbeitet hatte. Ev ward dann
aber von befreundeter Seite gedrängt, zunächst das Hohelied, das Buch
Daniel, das Buch Ezechiel und die zwölf kleinen Propheten zu konmien-
tieren. und erst nachdem er allen diesen Bitten entsprochen, nahm er
den Psalmenkonnnentar in Angriff. Eine genauere Zeitbestimnmng ist
nicht zu gewännen. Theodoret verweist auf den Psalmenkommentar
seit 449 \
Wien 1U04. 5.
='
Pelag. P. II.. Kp. r.. 20: .Migiu-. l'J\ Lat. 72. 7.i(;.
* Nach aiidrin wäre unter dorn Bisrliof .Inhaunes der Vonvch- l'atiiarcli .biliannes
vim .\uti(ichii'ii 42it 441 zu verstehen. Aber diesem gegenüber würde Theodoret
sicli die .Anrede lU cpi\ri uoi K6q)aXiT sehwerlidi gestattet haben.
S T)?. Theodoret von C'yru.s. ;">. Exegetische Schriften. 237
mit Naclidruck dafür ein, daß das Hohelied ein ßißXiov irveuiuaTiKÖv
sei, d. h. nicht ein menschliches Liebesverhältnis, sondern das Verhältnis
Christi zu seiner Kirche besinge. Nach den Untersuchungen Riedels
hat er den Kommentar des Origenes zum Hohenliede ausgiebig benützt.
W. Riedel, Die Auslegung des Hohenliedes in der jüdischen Gemeinde und
der griechischen Kirche, Leipzig 1S9S, (SG 95: „Theodoret**. —
„Interpretationis in Lsaiam epitome" (81, 215 494) ist
e) —
eine von Sirmond veranstaltete Sammlung von Katenenscholien unter
Theodorets Xamen. Der Isaiaskommentar Theodorets, welcher vor dem
Jeremiaskommentar veröffentlicht wurde (vgl. unter f), ist verloren-
gegangen'.
Zu der Scholiensamnilung vgl. etwa M. Faulhaber. Die Propheten-Katenen
—
nach römischen Handschriften (Bibl. Studien 4. 2 3). Freiburg i. Br. 1S99, 74 f.
rechtigt jedoch nicht, mit C. .Julius Die griechischen Danielzusätze und ihre kanonische
•Geltung. Freiburg Br. 1901. 85 f. die Unversehrtheit des überlieferten Textes zii
i.
bezweifeln. Es aber auch nicht zutreffend, wenn Julius sagt, bei Theodoret finde
ist
sich überhaupt keine Anspielung auf die Oescbichte der Susanna: siehe nur Ep. ll"
CMigne 83. 1304\
238 1^''' gi'it'cliisclic Iiitciatiu- des ITnif'tcn .liilirlimidorts.
'
Er winl vom Vcifa.sscr zitiert Ep. 1 '2 H'l WA. (jiiaest. in Levit. 1.
-
in fallt, cant. prol.: Mii,me Sl. 4S : In Epist. S. Pauh prol.: Migne 8-J. HT.
•'
Migne Sl, V2iü. '
.Migne Hl. ir)4S.
'•'
In Cant. cant. pro!.: Migne Sl. 4«: In l'J i.roj.ii. min. pn.l.: .Migne Sl, 1048.
§ iü. Theodoret von C'jrus. 0. Historisclio Schriften. 239
mit Geschick und Umsicht Kritik walten lassen und nach weisen Grund-
sätzen Auswahl getroffen.
Beachtenswert ist namentlich seine Stellungnahme zu Theodor
von Mopsuestia. So hoch er Theodor verehrt hat er nannte ihn —
den «Lehier der gesamten Kirche und Bezwinger der gesamten häre-
tischen Schlachtreihe"' —
so scharf hat er seine exegetischen Extra-
,
•
Hist. eccl. 5, 39.
-
In Cant. cant. proL; Migne 81, 29. Schon Papst Pelagius IL (Ep. 5, 20" hat
Theodorets Worte mit Recht auf Theodor hezogen.
•'
In psalm. prul. Migne 80, SGO.
;
Athleten, die noch auf dem Kampfplatz stehen, darunter Simeon Stylites
{c. 26) und zum Schlüsse auch ein paar fromme Frauen (c. 29 30): —
in den Kapiteln 14 —
25 ist von Einsiedlern der Diözese Cyrus die
ßede. Als Anhang ist der Schrift in den Ausgaben und in manchen
Manuskripten eine -Oratio de divina et sancta caritate" (Xöfo«; nepi
Tfjq Geia^ Kai u-fiaq d'jum'\q, 82, 1497 —
1522) beigegeben, welche zeigen
will, daß es die Liebe zu Gott war, welche die Aszeten zu ihren
Kämpfen und Siegen ermunterte und befähigte. Wahrscheinlich hat diese
anziehende Rede, nach Tillemonts Urteil „un modele deloquence"-,
von Haus aus den Abschluß und die Krone des Berichtes gebildet,
während sie nach Garnier zwar von Theodoret verfaßt, aber erst
von späterer Hand der Mönchsgeschichte angefügt sein soll.
Nur außergewöhnliche Vorkommnisse hat Theodoret der Auf-
zeichnung für wert erachtet. Er hat sich auch gedrängt gefühlt, in
der Vorrede zu versichern, daß er alles, was er erzählt, entweder mit
eigenen Augen gesehen oder aber von Gewährsmännern erfahren hat.
welche Augenzeugen waren und sodann selbst in die Fußstapfen der
Aszeten traten und deshalb volles Vertrauen verdienten. An seinem
guten Willen, nur die Wahiheit zu sagen, ist jedenfalls nicht zu
zweifeln.
Die Entstehungszeit des Buches wird verschieden bestimmt. Fol-
gendes ist einleuchtend. Nach einer gelegentlichen Bemerkung der
-Historia religiosa" (c. 2) hat Bischof Akacius von Beröa 58 Jahre lang
den Hirtenstab geführt; er ist aber frühestens 379 Bischof geworden''
und kann deshalb das achtundfünfzigste Jahr seines Episkopats nicht vor
437 erreicht haben. Anderseits nennt Theodoret in l^rief 82, welcher
'
Difsor Titel ist durcli die Vorrede als nrs])riMiiiIirli gesichert. A'gl. Hist. ecci.
1, <> und öfters: ^v Tf\ q)iXoB^iu iaropiq.
-'
Tilleniont. Menmires lö, ;J80.
•'
Vgl. Tlieodor.. Hist. eccl. 5. 4.
§ T)?. Theodoret von Cyrus. G. Historische Scliriften. 241
vorhin ins Jahr 449 gesetzt ward ', bei Aufzählung seiner Schriften
ein „Leben der Heiligen" (tujv äTiuuv 6 ßio(;), unter welchem unzweifelhaft
die „Historia religiosa" zu verstehen ist. Das Buch ist mithin nach
437 und vor 449, vermutlich um 444, niedergeschrieben worden.
Lietzmann hat das Kapitel 26 der , Historia religiosa''. über Simeon Stylites.
von neuem rezensiert und bei diesem Anlaß auch einige Auskunft über die hand-
scbriftlicbe Überbefe)-ung des Buches gegeben. H. Lietzmann. Das Leben des
hl. Symeon Stylites (Texte und Untersuchungen zur Oesch. der altchristl. Lit.
'
Lietzmann fDas Leben des hl. Sj-meon Stylites 237; setzt Brief 82 noch mit
Garnier ins Jahr 445, was längst als unzutreffend erwiesen wurde. Vgl. Kösters in
der Zeitschr. f. kath. Theol. 30 (1906 350 f. -
zweite über die Erneuerung dieser Kämpfe unter dem Arianer Kon-
stantius. Das -dritte behandelt die Tage Julians des Abtrünnigen, das
vierte die Glaubensstreitigkeiten unter Jovian, Valentinian und Valens.
Das fünfte feiert den Sieg der Orthodoxie über den Arianismus wie
auch über den ApoUinarismus und den Mazedonianismus. Man könnte
das Ganze, wie Garnier treffend bemerkte \ auch eine Geschichte
des Arianismus nennen, entworfen von einem eifrigen Verfechter der
Orthodoxie.
Nicht zu leugnen daß Theodoret etwas flüchtig zu Werke
ist,
—
Freiburg i. Hr. 1S97. öö9 ödo; Parmentier in der Einleitung seiner Ausgabe
Lxxiii— .xcviii. Zu der in jüngster Zeit vielverhandelten Eizälilung über Am-
brosius und Kaiser Theodosius d. (ir. bei 'J'heodor.. Hist. ecci. ö. 17 vgl. Bd. H
dieses Werkes. Freiburg i. IJr. 1912. S. ."jljl.
Marcellus und Photinus vertreten worden. Das dritte Buch wird von
denen handeln, welche sich zwischen jenen beiden Extremen bewegt
und verschiedene Lehren vorgetragen haben. In dem vierten Buche
werden wir die neueren Häresien besprechen, die des Arius und Eunomins
und aller später aufgetauchten bis zu jener letzten, die der Herr mit
einem Schlage bis auf die Wurzel ausgerottet hat", nämlich der Häresie
des Eutyches. Im fünften Buche endlich wird dem „vielfältigen Irr-
wahn" dei' Häresien gegenüber ein Abriß der orthodoxen Lehre, Geiujv
boYfadrujv eTTiT0|uii, gegenübergestellt.
Die Irrtümer der alten Häretiker hat der Verfasser laut dem Vor-
wort »aus den alten Kirchenlehrern zusammengelesen" aus Justin :
Außer den genannten Nummern aber ist nur noch eine Anzahl von
Predigtfragmenten auf uns gekommen. Denn das vollständig erhaltene
„Encomium in nativitatem S. loannis Haptistae". welches Garnier
'
Migne 80, 25>7 : tv xoic TTpöc räc aip^oeic.
- Ep. 83 nO itl 1 i:. 117.
S i")?. Tlicoddict von C'ynis. 7. i 'redigten. H. Briefe. 245
aus Übeisetzungen der Akten des dritten und des fünften allgemeinen
Konzils zusammenstellen können (84, 53 04). Vorwiegend gehören —
dieselben Predigten an, welche Theodoret als Abgesandter der antioche-
nischen Partei des Ephesinums 431 in Chalcedon zur Bekämpfung der
Lehre ( !yrills von Alexandrien gehalten hat. Aus fünf Reden auf den
hl.Chrysostomiis hat Photius einige Stellen mitgeteilt (84, 47 54). —
Die erste Rede, welche über die Geschichte des Goldmundes von seiner
Beiufung nach Konstantinopel bis zu seiner Verbannung handelte,
schien, schreibt Photius, an eine frühere Rede anzuknüpfen; die vier
übrigen waren bei gesprochene En-
verschiedenen Gedächtnisfeiern
komien, an Schönheit des Ausdrucks und des Gedankens das eine das
andere überbietend.
Das lateinische Predigtfi'agment bei Migne S4, 5() ö<S ward im grie- —
chischen Original herausgegeben durch Ed. Schwartz. Neue Aktenstücke zum
ephesini seilen Konzil von 4ol. München 19'2(), 2.") 27. —
8. Briefe. — Auch
die Briefe Theodorets sind zmn gröMen Teile
zu Grunde gegangen. Nicephorus Kallistus, im 14. Jahrhundert, kannte
mehr als 500 Briefe-; wir besitzen ihrer einige 230. Zu den 181 Nummern
bei Migne 83, 1173^ —
1494. sind dank einem glücklichen Funde Sakke-
lions 1885 noch 48 Nummern hinzugekommen. Freilich umschließt
die Sammlung bei Migne auch gemeinsame Schreiben Theodorets und
anderer orientalischer Bischöfe, zehn Schreiben der antiochenischen
Partei des Ephesinums (Ep. 152 —
161) und sieben Schreiben der von
dieser Partei an den Kaiser abgeordneten Deputierten (Ep. 1(33 168 —
170). Überdies sind drei Briefe von anderer Hand eingefügt worden,
zwei Briefe Cyrills von Alexandrien (148 179) und ein Brief des Jo-
hannes von Antiochien (149). Dagegen haben mehrere Briefe Theo-
dorets, welche durch das „Synodicon ad versus tragoediam Irenaei" in
lateinischer Übersetzung überliefert sind, keine Aufnahme gefunden".
Zur Zeit, da die Briefsammlung veranstaltet wurde, war eben das
-Synodicon" nur auszugsweise bekannt.
Theodorets Briefe sind stilistische Kunstwerke. Man lese etwa
Brief 113, das Appellationsschreiben an Papst Leo vom Jahre 449.
'
Vgl. Fabricius-Harles. Bibl. Graeca 8. 29Gf.; 10. '2:)8. Elubard bei Krum-
bacher, Gesch. der bjzant. Lit. '-'.
München 1897. 170.
-'
Nie. Call.. Hist. eccl. 14, 54: üirep irevTaKoaiac.
So fehlen die Briefe Theodorets ad popuhuii Constantinopolitaniim, Synodicon
'
f. 40 Migne
84, (542 tj47 —
und ad Alexandrum Hierapolitanum. Synodicon c. 72
,
Migne 84. (J80 f. Andere Briefe werden, wie sogleich zu erwähnen sein wird, in
.
'
.MigiK" «4. 254.
- Ep. 4—6 2;") 2() 38—41 04—06 (iS (U 7_' 74. Dii-si- Fostl.riolV' lialu'ii also
nichts zu tun mit den OsterfosthrielVn der Patrianlu'n .\loxandriens S 44. SV.
'
Kp. 171 17S. Ep. 171. giiccliiscli nur l)nulistiUkweise orhalten , Migne 83.
1484 r. . stellt lateinisch vollständig in dem erwähnten Synodicon c !».") Migne 84,
70!» 7ir. Die Hriefe 174 178.1487 -HMU nur hruchstückweise
hei Migne 83. •
den Bischof von Cyrus in seinem Verkehr mit den Magistiaten seiner
Heimat, den hohen Beamten zu Konstantinopel und den Professoren
der öffentlichen Schulen. Auf die theologischen Streitigkeiten gehen
sie nicht ein. ,,
lehren des Eutyches aufmerksam gemacht wird, bei Fakundus. Pro defens. trium
Lcapit. 8, 5: Migne. PP. Lat. t)7. 723 f. Laut dem Übersetzer Fakundus (a.a.O.
|12, 5) ist Domnus der erste gewesen, welcher dem Eutychianismus Öffentlich
[entgegentrat. Das Schreiben pflegt in den Anfang des Jahres 448 gesetzt zu
^werden; vgl. v. Hefele. Konziliengeschichte 2. 2. Aufl.. Freib. i. Br. 1875. 819.
1(1. .Toliannes von Antiochien. 2. Andreas von Samosata. o. Theophiliis der Perser.
[4. Alexander von Hierapolis und die Bischöfe Ciliciens. 5. Irenäus von Tyrus und
das ^Synodicon adversus tragoediam Irenaei".)
'
Im Bulletin C'ritiipie (5 1885 12S.
248 Di'' giit'cliischc Literatur des fünften Jahrliunderts.
bewahrt w^orden. Endlich hat Seh war tz jüngst zwei bisher ganz
unbekannte Briefe des Johannes, an Papst Sixtus III. und an Maximianus
von Konstantinopel, im griechischen Original vorlegen können.
Piedigten des Johannes haben sich, soweit ich sehe, nicht erhalten,
abgesehen von einer kurzen, 431 zu Chalcedon zur Bekämpfung der
Lehre (^'yrills gesprochenen Predigt (Migne 84, 60 und 640). Die Samm-
lung und Sichtung des Materials würde ein dankenswertes Unter-
nehmen sein.
Der schöne Brief des Johannes an Nestorius bei Migne 77. 1449 145S —
steht —
beiMansi 4, 1061 1068. Eines verlorengegangenen Briefes des Johannes
an Nestorius. welcher über die Messalianer handelte, gedenkt Photius (Bibl.
cod. ö2; Migne lOo. 89). Zu dem erwähnten Briefe an Sixtus, Cyrillus und
Maximianus. bei Man.si ö. 285 f.. vgl. etwa v. Hefele a. a. 0. 26(>f. Der Briet
an Cyrillus bei Migne 77, 169—174 (Cyrill. AI., Ep. 38). bei Mansi 5. 289—292.
findet sich äthiopisch bei A. Dillniann, Chrestomathia Aethiopica. Lipsiae 18(>(>.
<(>— 72, nach dem Äthiopischen französi.sch bei 8. («rebaut in der Revue de
rOricnt Chret. lö (1910) 215—217. Der nur lateinisch überlieferte Brief an
Cyrillus in Sachen Theodors von Mopsuestia. etwa vom Jahre 43(5. bei Migne
i7. 329 — —
332 iCyrill. AI.. Ep. (5(i). bei Mansi 5. 3S(I 3S2. ist von neuem heraus-
gegeben wordeji durch Ed. Schwartz. Konzilstudien. Strai;il)urg 1914. (>2 bis
(tC). Dici der aus dum genannten .Synodicon" i^c. 2 SO 91) lateinisch be-
'
.Miiitlicli alleidings. dal.-i diese zwei durch Fakundus von Henniana lat<?inisch
iil)erli«'feiten Syiiodalliriefe an Proklus Migne ^M. S77 f.\ von denen der erste jeden-
falls nur ein Fraunient ist. ursprüiiiilicli einen einzigen Brief geltildit haben, wie
Schwartz Konzilstudien. Stral.Uiurg 1!I14. .'M annimmt.
§ i)H. (Jenossen Theodorets im Kampfe mit Cyrillus. 249
Gestorben ist er jedenfalls vor 451, weil auf dem Konzil zu Chalcedon
ein Bischof Rufinus von Samosata erscheint '.
Dei' syrische Brief an Ral)l)ula von Edessa ist aiiszimlieli iiacli einer
llaiulsi-lirift des Britischen Museums ver(»f!entlicht worden durcli J. .]. O verbeck,
8. Ephraemi Rabulae episc. Edesseni. Balaei aüorumciue opera selecta.
Syri,
Oxonii 1S()5. 223 Durch eine Handschrift des Museo Borgiano zu Rom ist
f.
<liesei- Brief vollständig überliefert, aber, wie gesagt, ohne das ursprünglich
angehängte Florilegiuni aus den Vätern. Siehe A. Baumstark. Ein Brief des
Andreas von Samosata an Rabbula von Edessa und eine verlorene dogmatische
Katene :Oriens Christianus 1 (1901) 179 181. —
Ein kurzes gemein.sames
Schreiben des Alexander von Hierapolis und des Andreas von Samosata. welches
auch nur syrisch auf uns gekommen ist. findet sich s}Tisch und englisch von
Ch. C. Torrey im Journal of the American h-iental Society 20 (1899) 271 f..
(
deutsch von H. Hilgenfeld bei H. Liotzmann. Das Leben des hl. Symeon Stylites.
Leipzig 1908. 192. In dem ei-wähnten .Synodicon" (Migne. PP. Gr. 84. ööl If.)
stehen acht Briefe des Andreas an Alexander von Hierapolis (c. 43 59 ()o 82
90 98 101 108), ein Brief desselben an Theodoret von Cyrus (c. 62), ein Brief
desselben an ,die Ökonomen'" Cyrills von Alexandrien (c. 10(5) und außerdem
zwei gemeinsame Schreiben mehrerer Bischöfe, unter ihnen auch Andreas (c. 5o
ö4). Der erste jener Briefe an Alexander von Hierapolis. Synod. c. 43, ,De
Rabbula episc. Edesseno". etwa aus dem Frühjahr 432. ward von neuem heraus-
gegeben durch Ed. Schwartz. Konzilstudien. Straßburg 1914. 23 f. Vgl. über
Andreas aufser der Notiz Le Quiens bei Migne 85. I(i09 1()12. auch E. Venables —
im Dictionary of Christ. Biography 1. London 1877. 112 f.
hatte; die andere Schrift kann nur eine Gegenschrift gegen die Ana-
thematismen oder KecpdXaia Cyrills gewesen sein.
Ebedjesu. Cat. libr. eccles. 31. bei J. S. A.ssemani. Bibl. Orient. 3. 1.
Romae 1725. 42. Das c. 31 gehört zu dem Teile des .Catalogus**. welcher von
griechischen und lateinischen, ins Syrische übersetzten Autoren handelt. Gegen
Dositheus bzw. gegen die Dositheaner in Samaria schrieli auch noch Patriarch
Eulogius von .\lcxan<li-ien. ijest. ()07 siehe Photiiis. Bibl. cod. 2:><>: Miij;ne
:
'
.Mausi 7. Uf).
§ 58. Genossen Theodorets im Kampfe mit Cyrillus. 251
'
Suid., Lex., rec. Beinhaidv. L 203 f.
252 ß'^' grii'chisclie Literatur dos fünften Jalirliundeits.
wie Melitius von Mopsuostia abgesetzt und verbannt ward. c. 175: dazu noch eine
Notiz c. li)() (vgl. V'enables im Dictionary of Christ. Biography 4 [1SS7] 1215).
Siehe die Verliandlungen dieser Synode, aus dem Syrisdien übersetzt von
'
(J. Hotfmann. Kiel 1878. .'57 if.: von neuem herausii;esel)en durch .1. Flemming. Berlin
i;n7. 73 ff.
Man.si 4. l'VM
'
lv{S»4. Lateiniseli .steht dieses Sclireiiieir auch im Svnodicon
c. 21. .Mansi 7H7 -781): Migne .S4. (;i3_(;i(;.
.').
'
Synodicon c. 6 vgl. c. 94.
:
§ 59. Exegeten.
f. Kadriaiuis. "i. Viktor von Antiochien. 3. Hesycliius von .Jerusalem. 4. Theodulus.
—
PP. Gr. 98. 1273 1312) überliefert, welche den Zweck verfolgt, figür-
liche Ausdrücke und Redeweisen der Heiligen Schrift und vornehmlich
des Alten Testaments ihrer Herkunft und Bedeutung nach zu erläutern.
Sie hebt an mit dem Satze: „Die hebräische Sprache hat drei Arten
von Besonderheiten (ibiuj|uaTa), solche des Sinnes {Tf\q öiavoiaq), solche
des Wortlautes (rfiq XeEeuuq) und solche des Satzbaues (Tfjq cruvBecreujg)".
und erörtert sodann in drei Teilen die Sinnfiguren, die Wortfiguren
und die Satzfiguren, am ausfülirlichsten im ersten Teile (§ 2 52 der —
Ausgabe Goeilings) die Sinnfiguren, unter welchen die Anthropomor-
phismen und Anthropojnithismen verstanden sind. Nachdem in Ver-
bindung mit den Satzfiguren auch die verschiedenen (lattungen der
Tropen eine kurze Besprechung gefunden, werden schliet^lich (J$ 130 bis
134) noch einige allgemeinere Winke für die Auslegung des biblischen
Textes gegeben.
Es ist also im wesentlichen eine Art biblischer Hermeneutik, was
unter dem Titel einer „Einleitung in die heiligen Schriften" geboten
wird. Der Name
bemerkenswert, weil er hier zum ersten
bleibt jedocli
Male als Das Büchlein zeugt von gründlichem
Büchertitel auftritt.
Studium, bekundet feines Sprachgetühl und entliält manclie trettende
.
besondere des Alten Testaments. Halle 1879. (i4 G7. ]^eue Beiträge zur Text-
kritik bei G. Mercati. Pro Adriane: Revue Biblique N. S. 11 (1914) 246 255. —
Einzelne Stehen der .Einleitung" werden in Katenen. insbesondere in Psabnen-
katenen. angeführt. Es war verfehlt, wenn Ad. Bretz Studien und Texte zu i,
'
Siehe die Ausgabe (ioeßlings. Berlin 1887. 44 ff
- Phot. Bibl. cod. 2. ^ Cassiod., Institutiones 1. 10.
* Nil.. Ep. >. GO;
118; 3, 2(5(i. 3,
* Wenngleich einzelne Handschriften Origenes oder Cyrillus von Alexandrien
als den Verfasser bezeichnen vgl. Gramer. Catenae in evangelia S. Matthaei et
:
Katene über das Buch Jeremias, die Klagelieder und das Buch Baruch
zu nennen. Faul h aber zählte 159 Schollen Viktors zum Buche
Jeremias -, so gleichmäßig über das ganze Buch verteilt, daß als Fundort
nur ein vollständiger Jeremiaskommentar in Betracht kommen kann.
Veimutlich hat aber auch dieser Kommentar, gleichfalls antiochenisch
gefärbt, selbst schon eine Art Katene dargestellt. Aus dem Katenen-
verzeichnis von Karo und Lietzmann ist zu ersehen, daß auch
Katenen zum Oktateuch, zu den Königsbüchern, zu den Psalmen, zu
Daniel, zu Matthäus und zu Lukas den Presbyter Viktor aufrufen; nach
Faulhaber ist noch eine Katene zu den Proverbien anzureihen '^
Doch handelt es sich wenigstens in den meisten dieser Fälle um wenige
und kleine Stücke, welche keineswegs gerade Kommentaren zu den
betreffenden Büchern entnommen zu sein brauchen. Jedenfalls aber
dürfen nach dem Gesagten Zweifel an der Geschichtlichkeit der Person
oder des Namens unsres Exegeten als unberechtigt abgelehnt werden.
Eine Studie des englischen Theologen J. Arendzen üIht Viktor, welche
l.S9i)der tlieologischen Fakultät der Universität München als Inaugural-Disserta-
tion vorlag, ist. soviel ich weil!?, noch nicht gedruckt werden. l>er Markus- —
'
Elid. 27);» tl. : v!j,l. Karo et Lii'tziiiann, Catfuarmn i;raccaniin catalomis, (lottiiiiiae
1902, 131.
- Faulhabcr. Die I'roplictcii-Kat.'iicii, Krciluir.^ i. l>r. is;i;». 107 f.
•'
Karo et Lietzmann a.a.O. 174. \v:.\. Faiillial>cr. Hohelied-, rroverl'ieii- und
Prediser-Katencn. Wien lÜO-J. loo.
S ;')!!. P^xcgcten. 2. Viktor von Aiitiocliicii. .'{. Hesycliiiis von .Icrnsalcni. ^57
'
So berichtet Cyrillus von Skythopolis in seiner Euthymii, bei Cotelerius.
Vita S.
Ecclesiae Graecae monumenta 4. Lutet. Paris. 1692. 31 f.; PP. Gr. 114. 629.
vgl. Migne,
-'
Theoph. Conf. bei Migne
^ 108. 225 ff.: bei de Boor. Theophanis Chronographia 1.
Lipsiae 1883. 83.
* Auf diese Stelle der Plerophorien {C- 10) hat Vailhe in den Echos d"Orient 5»
(1906 219 f., aufmerksam gemacht. Vgl. die neue Ausgabe des Werkes von F. Nau
in der Patrologia Orientalis 8. Paris 1912. 23.
Bairtcnhcwer, Gesch. der altkirclil. Litoratur. IV. 17
258 ß'^' i^iifchisclie Literatur des fünften Jahrhunderts.
Daran dürfte indessen nur soviel richtig sein, daß die gedruckten
hesychianischen Psalmenscholien sich mit Hilfe anderweitiger Hand-
schriften,insbesondere Katenenhandschriften, noch ergänzen lassen.
Die angeblich hesychianischen Psalmenscholien bei Migne 93. 1179 bis
1340, der von B. Corderius 1(542 heiausgegebenen Psalmenkatene
entnommen, haben mit Hesychius nichts zu tun.
Den Propheten widmete der Jerusalemei' ein Werk unter dem
Titel: „Sticheron duodecim prophetarum et Isaiae et Danielis cum
appositis difficiliorum locorum interpretationibus" (fftixnpöv tüüv iß' TTpoqpr)-
Tüüv Kai 'Haaiou Kai AavuiX e'xov ev rrapevGeö'ecn läq tluv bucrxepecTTepuJV
ep)Liiivei«q). Der Text der genannten piophetisclien Bücher war in Sinn-
zeilen (aiixoi) abgeteilt, und neben dem Texte standen Glossen zur
Erläuterung der schwierigeren Stellen, vorzugsweise allegorisierender
•
Migne 9.'}, 787 f.
'
Art. Migne gibt 93. 1339-1344. die Voirede dieses Werkes, während
die 93, —
1345 13S6 sich anschließenden Kapitelüberschriften der prophe-
tischen Bücher und die den Kapitelübeischriften eines jeden Buches
beigj'fügten Biographien der betreffenden Piopheten nicht von der
Hand des Hesychius stammen. Inzwischen hat Faulhaber mehrere
Proben der Glossen zu den kleinen Propheten und sämtliche Glossen
zu Isaias veröffentlicht. Die Glossen zu Daniel sind noch niclit gedruckt.
In einer Oxforder Handschrift des 9. Jahrhunderts fand Faul-
liaber eine Katene zu den biblischen Cantica, welche l<i9 Scholien
von sechs bzw. sieben verschiedenen Exegeten enthält, darunter 147 Scho-
lien von Hesychius. Die Hesychiusscholien zu den Liedern Hab 3
und Jon 2 sind der soeben genannten Erklärung zu den kleinen Pro-
pheten und die Scholien zu dem Liede Is 2(5 (und den Liedern Dan 3?)
.sind der Erklärung zu Isaias (und zu Daniel?) entlehnt. Und dem-
entsprechend glaubt nun Faulhaber die Hesychiusscholien zu den übrigen
Liedern. Ex 15, Dt 32. 1 Kg 2. Lk 1 —
2, wiederum auf vollständige
Erklärungen zum Pentateuch, zu den Königsbüchern und zum Lukas-
evangelium zurückführen zu dürfen. Erklärungen, die aber bisher nicht
nachgewiesen werden konnten.
Einige andere schon "gedruckte Schriften sind zweifelhafter oder
doch bestrittener Herkunft. Der lateinisch überlieferte, sehr aus-
führliche Kommentar zum Buche Levitikus (Migne 93, 787 1180) —
wird indessen mit Tillemont und Vaccari als echt anzuerkennen
sein, d. h. als Übersetzung oder Überarbeitung eines echten griechischen
Originals. Laut dem Eingang ist er von einem «Isychius presbyter"
geschrieben und einem „Diaconus Eutychianus" gewidmet. Nach son-
stigen Anzeichen kommen als Entstehungszeit nur die Jahre 430 — 450,
als Entstehungsort nur Jerusalem und seine Umgebung in Betracht.
Die wiederholten Berufungen auf die Vulgata. welche die Annahme
lateinischer Herkunft herauszufordern schienen, erweisen sich als spätere
Eintragungen, während der ursprüngliche Text sich nur mit der Sep-
tuaginta, undzwar mit der lucianischen Septuaginta-Rezension. befafät
hat. Der Kommentator setzte sich die Aufgabe, „ut Levitici libri spiri-
talem intentionem per ordinem interpretarer defenderemque litteram
multis adversariorum accusationibus subiacentem ad altiorem eam in-
tellectum deducendo" (93, 789). Er hatte, bevor er sich zum Buche
Levitikus wandte, schon den l'ropheten Ezechiel bearbeitet (93, 998).
Die Bedenken gegen seine Identität mit Hesychius von Jerusalem werden
verstummen müssen. Ein armenisch vorliegender Kommentar zmii
Buche Jol) unter des Hesychius Namen bedarf noch der Untersuchung
und Beglaubigung. Auch die griechisch vorhandene ,Collectio diffi-
cultatum et solutionum excerpta per compendium ex Evangelica Con-
sonantia" (cruvaYuuYn ÜTTopiiJuv Kai eTiiXucreujv eKKe-{elaa ev emioiuri ck in?
tüaYTeXiKfic^ auincptjuviag, 93, 1391 — 1448). welche in Fragen und Ant-
17*
^"-' Litciattir ilcs iiiiiftcn .liilirlitmdcrts.
260 gi'it'cliisclic
behandelt, muls noch auf ihren Uisprung geprüft werden. Was soll
unter der „Evangelica Consonantia" zu verstehen sein? Eine Evangelien-
harmonie, welche hier exzerpiert sein könnte, ist niii' nicht bekannt.
Über den Psabiu'iikoinint'iitar baiidehi M. Faulhaber. Eiiie wertvolle ()\-
forder Handschrift: Theol. (^uartalsclirift S;5 (1901) 21.S— 232. G. Mercati. ^'ote
di letteratura biblica e cristiana antica (8tudi e Testi 5). Roma 1901. 145 179: —
,11 comnientario d'Esichio Gerosolimitano sui Salnii." Vgl. auch Faulhal)ei-.s
Edition der Isaiasscbolien des Hesychius. Freiburg i. Br. 1900. Proleg. xvi — xx.
und Mercatis Bemerkungen in der Tlieol. Re\nje 190."). oGS ff. - Über das
, Sticheron duodecim propbetarum'" etc. vgl. H. Lietzmann in den (TÖttbig. Gel.
burg i. Br. 1900, VIII XII die Glossen zu Hoseas 1. Die Edition der Isaias-
,
glossen, 2800 an der Zahl, ist betitelt: Hesychii Hierosol. Interpretatio Isaiae
prophetae, Frib. Brisg. 1900. 8". —
Üljer die Katene zu den biblischen Cantica
siehe Faulhaber in der Tbeol. Quartalschrift 88 (1901) 229—232. Die Schoben -
zu verschiedenen bil)lischen Büchern unter des Hesycbius Namen liei Migne 93.
—
138Ö 1392. sind mit Vorsicht aufzunehmen. Über das Ezechielscholion 93. 1385
bis 1388. vgl. Faulhaber. Die Propheten-Katenen 15(i f Über den Kommentar —
—
zum Buche Levitikus (Migne 93. 787 1180) handeln namentlich Tillemont.
Memoires pour servir ä l'bistoire eccles. 14. Paris 1709. 228 230. A. Vaccari. —
Esichio di Gerusalemme ed il suo ,Commentarius in Leviticum'": Bessarione 22
—
(1918) 8 46. Hrabanus Maurus hat diesen Kommentar ausgeschrieben. Siehe
J. B. Hablitzel. Hra])anus Maurus (Biblische Studien 11. 3i. Freiburg i. Br.
190(i. 75 105. —
,Tscherakian. Des Hesychius. des Priesters von Jerusalem.
Jobkommentar (Schatzkammer der armenischen alten und neuen Literatur 5).
Venedig 1913'" (Armenisch). Laut einem Referat Euringers (Theol. Revue
1913. 509 f.) gibt Tscherakian in altarmenischer Übersetzung einen beträcht-
lichen Teil eines Kommentars zum Buche Jol) (über Job 1 20) und anhangs- —
weise (S. 291 f ) ein Fragment eines Kommentars zu den katholischen Briefen
unter des Hesychius Namen. Dieses Fragment wird nicht etwa identisch sein
—
mit dem bei Migne 85. 1507^ 1610. unter dem Namen des Aramonius von
Alexandrien gedruckten, oben S. 84 ei'wähnten ,Fragmentum in priniam
S. Petri epistolam" ?
sie allein schon die Gewißheit gibt, daß Hesychius ein entschiedener
Gegner des Nestorianisnius wai- '. Nach den Schlußworten des Frag-
ments die Kirchengeschichte jedenfalls erst nach Theodors Tod
ist
Theol. Revue 1918. 510. Die Predigt „De resurrectione D. N. lesu Christi".
Do. 1451 —1454. steht auch unter den Predigten Gregors von Nyssa. Migne
4(), 627 —
(i52, ist aber Eigentum des monophysitischen Patriarchen Severns
von Antiochien; siehe Bd. o dieses Werkes. Freiburg i. Br. 1912. 8. 207.
Das , Martyrium 8. Longini centurionis", 9o. 1545 15(i0. hat vielleicht einen—
um viele Jahrhunderte jüngeren Hesychius von Jerusalem zum Verfasser, steht
aber nnsrem Hesychius völlig fern, und ebendies gilt auch von der durcli
H. Delehaye herausgegebenen, ebenso wortreichen wie gedankenarmen ,Hesychii
Hierosolymorum presbyteri laudatio 8. Procopii Persae" Analecta Bollandiana :
'
Ebendies ergibt sich übrigens auch aus den Isaiasglossen. Vgl. Faulbaber.
Hesychii Hierosol. Interprctatio Isaiae prophetae. Frib. Brisg. 1900. Prolog, xxiii f.
-'
Siehe Ebrhard bei Krumbacher, Gesch. der byzaut. Lit. - 147.
262 Die gTii'clii.sclie Litfiatur des füiiftt'ii .lalirluiuderts.
1121: an der ersten Stelle werden dieselben dem ersten, an der zweiten dem
zweiten Buche des Werkes zugewiesen. Über Katenenscholien unter dem Namen
des Theodulus vgl. Karo et Lietzmaini. Catenarum graecarum catalogus. Got-
tingae 1902. 174. —
Auf Theodulus folgt in dem Schriftstellerverzeichnis Ebed-
jesus ein Aquiliuus. von welchem berichtet wird: ,tomposuit librum com-
mentariorum in ]\latthaeum et in loannem filium Zebedaei iuxta traditionem
antifiuoium'" (Assemani. Bild. Orient. 3, 1. 37). Vermutlich ist Aquilinus ein
iiestorianischer Theolog gegen Ende des 5. Jahrhunderts gewesen. Eine sonstige
Nachricht über ihn habe ich nicht gefimden. Ähnlich verhiüt es sich mit —
einem Philotheus. welchem Ebedjesu eine Erklärung des Propheten Ezechiel
und ein Buch unter dem Titel .Heilbuch'' (iaipiKÖO zuschreibt (Assemani 3. 1. 39\
V r b e m e r k u n g.
1 .
—
An früheren Stellen dieses Werkes ist
von mehreren Schriften die Rede gewesen, welche liturgische Vor-
schriften und kirchenrechtliche Normen darboten und überdies auch
darin zusannnentrafen. daß .sie von den Aposteln verfa(.?t .sein wollten
oder doch ihre ^'erordnungen auf die Autorität der Apostel gründeten.
Es waren ihrer im ganzen vier: die Didache oder. Zwitlfapostellehre,
'
Gennad.. De vir. ill. W. '
'
Siehe Bd. 1- dieses Werkes S. 90 ff. (Didaciie : Bd. -2- S. ö^ii ff. Schritt des
Hippolytus', S. 304 ff. (Apostolische Didaskalia . S. 256 ff. Apostolische Kircheuordnung .
2(j4 ^^'^' g'i'ii'flii^ili«' liitcratur iIcs riiiil'Itii .laluliuii(lci-ts.
'
In der neuesten Ausgabe Koiistitiitidiieii von Fr. X. Funk
der Apostulisclien
PiulerliiMii ]!•()") ist (lern Texte der liikher
grieeliisehen IG
eine lateiniselie Über-
sctzmig
Setzung dei- Didaskalia gegenübergestellt und nn
Dnlaskalia gegenühergestellt grieehisehen' Texte das Eigentum
im grieehise
lies l'lierarlieiters dnrtli
' '^
rnterstrt>i(liiing kenntlich geniaclii
' 'lt.
- Vgl. Funk, nie .Vpostoliselien Konstitutionen, h'ottci ibini: IS!M. lOH «'. 11!».
i} ()(). Die sd;;-. Apostolisclicii Kiinstitutiimcii. '2. Ziisaiiiini'iisetzuiiii: usw. 265
—
Spendung der Taufe (c. 39 45), ein Verzeichnis der von den Aposteln
geweihten Bischöfe (c. 46) und drei weitere Gebete, ein Morgen-, ein
—
Abend- und ein Tischgebet (c. 47 49). Auch diese zweite Hälfte des
siebten Buches enthält jedenfalls ältere Bestandteile. Insbesondere
sind die verschiedenen Gebete, von etwaigen Zusätzen und Änderungen
abgesehen, wohl alle bereits früher in Umlauf und Gebrauch gewesen.
Das kleine Tischgebet (c. 49) steht fast wörtlich übereinstinmiend auch
in der athanasianischen, nach andern pseudo-athanasianischen Schrift
-De virginitate" (c. 12) Die Liste der von den Aposteln eingesetzten
'.
—
Weihen (c. 3 2()), der dritte über die Kanones (c. 27 47). Die —
Charismen, lehrt der Verfasser, seien zuerst den Aposteln und sodann
allen Gläubigen verliehen worden, aber nicht zu ihren eigenen Gunsten,
sondern zum Zwecke der Bekehrung der Ungläubigen. Es sei nicht
nötig, daß auch fernerhin jeder Gläubige Dämonen austreiben und Tote
erwecken könne, und der Besitz derartiger Gnadengaben sei. wie die
I Heilige Schrift an zahlreichen Beispielen zeige, durchaus kein untrüg-
liches Zeichen persönlicher Heiligkeit. Der zweite Abschnitt, über die
Weihen, wird als eine Verordnung der zwölf Apostel, ihres Mitapostels
Paulus, des Bischofs Jakobus, der übrigen Presbyter und der sieben
Diakonen eingeführt (c. 4). Nacheinander ergreifen die einzelnen Apostel
das Wort und stellen Satzungen auf, und Petrus eröffnet die Reihe,
um Bestimmungen zu treffen über die Weihe des Bischofs (c. 4 5). —
Nach der Weihe hatte der neue Bischof sogleich das heilige Opfer
^darzubringen, und dementsprechend schließt sich an die Bestimmungen
iber die Bischofsweihe eine vollständige Darstellung der Meßliturgie
in, vorgetragen teils von Andreas, dem Bruder des Petrus, teils von
liehen Standes (c. 28). über die Weihe von Wasser und Öl (c. 29). über die
Darbiingung der Erstlinge und der Zehnten (c. 30). über die Verteilung
der Überbleibsel der geopferten Gaben (c. 31), über die Prüfung der
Proselyten (c. 32). über die Feier- oder Ruhetage (c. 33). die täglichen
Gebetszeiten (c. 34). den kirchlichen Abend- und Morgengottesdienst
(c. 35 39). —
Daran reihen sich ein Gebet über die Erstlinge (c. 40).
ein Gebet für die Verstorbenen (c. 41) nebst Anweisungen über die
Feier des Gedächtnisses der Verstorbenen (c. 42 44) sowie die Mah- —
nung, die um des Glaubens willen Verfolgten aufzunehmen (c. 45).
Xachdem bisher innner ein einzelner Apostel redend aufgetreten, c. 33
Petrus und Paulus zusammen gesprochen haben, folgt schließlich c. 4(5
als gemeinsame Verordnung aller Apostel die Weisung, daß ein jeder
Kleriker der Grenzen seiner Stellung und Aufgabe sich bewußt bleibe
und nicht in fremde Rechte eingreife.
Diesem achten Buche liegt jene Schrift des Hippolytus zu Grunde,
welche zuvörderst Trepi x«picr|UüTujv handelte und sodann die üTTocTToXiKn
TxapäboGiq entwickelte, eine Kirchenordnung, welche der Gegenpapst
.seiner Gememde gab. als er aus der katholischen Kirche au.sschied.
.Beide Werke stimmen zu oft und zu stark überein, als daß sie un-
abhängig voneinander entstanden sein könnten." Daß aber die Schrift '
des Hippolytus als Quelle des achten Buches der Apostolischen Kon-
stitutionen anzusehen ist und nicht etwa, wie von anderer Seite be-
hauptet ward, als nachträglicher Auszug aus dem achten Buche -. er-
gibt sich eben daraus, daß sie auf Grund zwingender Zeugnisse
Hippolytus zugewiesen und in den Anfang des 3. Jahrhunderts gesetzt
werden muß. Der ältere Text ist notwendig die A'orlage des andern
gewesen. Die Art und Weise der Bearbeitung der Vorlage liegt freilich
im einzelnen nicht ganz klar zu Tage, weil der erste Teil der Schrift
des Hippolytus zu Grunde gegangen und der zweite Teil nur in Über-
setzungen bekannt ist. Möglich auch, ja sogar wahrscheinlich, daß
dem Komjiilator der Apostolischen Konstitutionen nur der zweite Teil
der Schrift, über die apostolische Überlieferung, vorgelegen hat. Die
vorhin (Abs. 1 erwähnte Sanmilung altkirehlicher Rechtsbücher enthielt
)
auch nur den zweiten Teil der Schrift. In diesem Falle würde der
Kompilator den Titel und Gegenstand des ersten Teiles, über die
(-'haiismen. nur aus dem Eingang des zweiten Teiles gekannt haben.
Den Schlul.5 des achten Buches bilden 85 Kanones, gefaßt nach
Art der Kanones, wie sie von den Konzilien des 4. Jahrhunderts er-
lassen worden waren (c. 47). Einige derselben haben allgemeine
Pflichten der Ghristen zum Gegenstande die große Masse aber betrifft :
'
Scliwartz. l'l'er die pseudu-iipostoliscluii Kir<hen<irdnun.t;i'1i. StraLiburii llUO. 84.
-'
Als Auszuil aus dem aclitcn Hiiclie ward tlie Schrift audi vi»n Funk a. a. ( ».
jedoch hat Migne die Kanones am Schlüsse des Werkes (8. 47) nicht aufgenommen.
Eine neue Rezension des griecliischen Textes unternahm, nur auf die Varianten-
angaben seiner Vorgänger gestützt W. Ueltzen . Constitutiones Apostolicae.
:
fassung. —
Das Werk ist also seinem ganzen Umfang nach auf
fremdem Fundament aufgebaut. Innere Einheit und Geschlossenheit darf
von einer solchen Kompilation nur in beschränktem Maße erwartet
werden. Der einheitliche Ursprung des Ganzen aber ist mit Unrecht
bestritten worden, v. Drey gelangte zu dem Ergebnis, daß in den
wird (c. llV Aber auch diese Differenzen und Widersprüche können.
'
V. Drc\ . Neue Llntcrsiuliun^cn iilxT (He Kdiistitiitioiicu und Kanuiics der
Apostel, 'rubingeii 1832.
-'
Baumstark im Oriens C'hristianus 8 i,19U3 201 tl.
Funk. Die .Apostolisdicii Konstitutionen. Kottenlxui; ISI»!
'
ItlS (u-gen . tt'.
Haumstark wandte sidi Fiuik in der Tlieol. Quartalscln-. S(i i^l!)U4^ -JHS ft'.. bzw. in
seineu Kircheni;esciii( litl. .Mduuulhuiüien und rntersiiilmuücu l'adeibdru 1!H)7. .S'iO .'!. tl'.
—
55 (iO. Die sog. Apostiilisclicii Kdiistitiitioiicii. 3. Einheitliclior Ursprung usw. 269
'
Der Vater heißt ö eiri irdvTUJv 9eö<; \}^. 17; (j, 18 2t); 8, 48), ö Qeöc, tüüv öXiuv
5. 7 : 26 38) oder ö Geöq tüüv öXmv beairÖTrii; {7, 39 8, 9) oder Qeöc, b tujv
(), 7 ; 7, ;
ÖXuuv KÜpioc; (7, 43 44; 8, 6 10) oder tüüv ö\ujv iroiriTnc; (8, 48\ 6eö? äY£vv)-|TO<;
(i. lü 7. 3i» 41 42 44 47 8, 6 12 14 48). Der Sohn wird mit Vorliebe ö ^ovo-f^v^q
: ;
2, (51 (i. 11
; 7, 3G 41) oder ttdörii; br|iLiioi)pYia<; l'i, 11) oder irdaric cpvaewc, {8. 12
:
zweimal, auch ö |ci6Ya<; dpxiepeüq ;2, 25; 5. G 7, 38 47; 8, 4G viermal. Der Heilige
;
'
Mansi 3. 853. - Schwartz a. a. 0. 12.
'
Funk, Die .\pnstolisthen Konstitutioiu-n 185 f.
l('hrt der Augenschein. Das hat infolgedessen schon der erste Herau.s-
geber der Konstitutionen mit derselben Bestimmtheit erkannt und aus-
gesproclien wie der letzte. Turrianus (15()3) sagte, Ignatius habe
Ivlemens Heiüig benützt, und Funk (1905) .sagte. Pseudo-Ignatius habe
Pseudo-Klemens ausgeschrieben. Turrianus hielt die interpolierten Briefe
für die echten Ignatiusbriefe und die Konstitutionen für ein AV'erk des
rr)inisch(^n Klemens. Funk indessen und schon manche frühere Forscher
sind noch einen Schritt weiter gegangen, indem sie behaupteten, Pseudo-
Ignatius, ein um die Wende des 4. zum 5. Jahrhundert in der
antiochenischen Kirchenprovinz tätiger Apollinarist K habe auch die
Kon.stitutionen kompiliert, Pseudo-Ignatius und Pseudo-Klemens seien
eine und dieselbe Person gewesen. Beide, argumentierte man, bearbeiten
Literaturdenkmäler der Vorzeit und beobachten dabei das nämliche
Verfahren, indem sie bald einzelne Wörter und Sätze, insbesondere
Schriftstellen, in ihre Vorlage einfügen, bald grölkre Abschnitte völlig
umgestalten, so daß die Grundschrift nur noch leise durchklingt. Beide
erweisen sich als treffliche Kenner der Heiligen Schrift und l)ekunden
außerdem eine gewisse Vorliebe für dieselben Schriftzitate. Außer
der Heiligen Schrift hat Pseudo-Ignatius die Kirchengeschichte des
Fusebius und die Didache zu Hilfe genommen, und mit diesen Büchern
ist Pseudo-Klemens gleichfalls wohl vertraut. Auch in allgemeinen
Sentenzen, in bemerkenswerten dogmatischen Ausdrücken und Formeln ^,
Pseudo-Klemens kehren zum großen Teil bei Pseudo-Ignatius wieder. So heißt der
Vater b im -n-dvTUiv Beoc, ^Tars. 2. 1 Philipp. 7. 1 und ö ä'fi\vr]Toc, Geö? Alagn.
:
7, 2 ; Her. (j, 2), der Sohn Q(.öc, MovoYevri<; Philad. »5, 3; und ö irpujTÖTOKOc; Trdör|C
KTioeuuc Tars. 4, 1 : Snwrn. 1,1; Eph. 20. 1 der Heilige Geist 6 irapdKXriToc Philipp.
.
2, 3 4: 3. 1: Philad. 4^^
2: 5, 3; 9, 2; Eph. 20. 1. während bei dem echten Ignatius
dieser Ausdruck nicht ein einziges Mal vorkommt
272 Di*^ griechisclie Literatur des fünften Jaliiliiinderts.
>Schwartz lehnt die Identifizierung ab, ohne jedoch irgend einen ent-
scheidenden Grund namhaft zu machen'.
J. S. V. Drey. Neue Untersuchungen ü1)er die Konstitutionen und Kanones
der Apostel, ein historisch-kritischer Beitrag zur Literatur der Kirchengeschichte
und des Kirchenrechts. Tübingen 1<S32, S*'. J. W. Bickell. (Teschichte des
Kirchenrechts 1, (»ießen lS4o. 52 —
70: .,Die acht Bücher Apostolischer Kon-
stitutionen'"; 71 —
8(3: .Die canones apostolorum vgl. die Beilagen 221—238.
''
;
In diesen Kanones ist nun freilich geboten, daß wir die von Klemens
redigierten Konstitutionen {räq bid K\n|uevTog biaidEeK;) derselben heiligen
Apostel annehmen. Weil jedoch letztere schon längst vonseiten der
Heterodoxen zum Verderben der Kirche durch unechte und der Frönnnig-
keit fremde Zusätze entstellt worden sind so liaben wir es für . . ..
^
Die pseudo-gelasianisclie Dekretale „De recip. et non recip. iibris" erklärte:
„Liber qui appellatur Canones apostolorum apocryplius. " v. Dobschütz, Das Decretum
Gelasianum. Leipzig 191'2, 12.
Bardenhewer, Gesch. der altkirchl. Literatur. IV. 18
274 Die griechische Literatur ilcs fünftt-n .lahrhiiinlcrts.
Johannes über die letzten Zeiten, die Kiichenordnung erweist sich als
eine erweiternde Überarbeitung der ..Apostolischen Überlieferung" des
Hippolytus. Das abhanden gekommene griechische Original des Testa-
ments ist sehr wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts
aus monophysitischen Kreisen Syriens hervorgegangen. Die vorliegende
syrische Übersetzung ist laut der Unteischrift -im Jahre 998 der
Griechen", d. i. 687 n. Chr., „von dem armen Sünder Jakob", vielleicht
Jakob von Edessa. gefertigt worden. Der syrische Octateuchus Clemen- ,.
tinus" kann demnach nicht vor dem Ende des 7. Jahrhunderts ent-
standen sein. Das Testament ward an den Anfang gerückt, weil es
den Herrn selbst redend einführt. Es ward in zwei Bücher zerlegt —
das zweite beginnt inmitten der Kirchenordnung aus demselben —
Grunde, aus welchem die Auszüge aus dem achten Buche der Kon-
stitutionen auf vier Bücher verteilt wurden, weil man eben ein neues
Achtbuch haben wollte.
Einen ähnlichen, dem syrischen nachgebildeten . Octateuchus Clemen-
tinus" hat auch die monophysitische Kirche Ägyptens be-
sessen. Er ward gleichfalls durch das Testament des Herrn eröffnet.
Außer der syrischen liegen infolgedessen noch zwei arabische und eine
äthiopische Übersetzung des Testaments vor.
Die Christenheit der Nilländer hat aber auch kürzere Rechts-
sammlungen gekannt, welche sehr wahrscheinlich auf ein griechisches
Original oder Vorbild zurückgingen, mag dasselbe auch jetzt nicht mehr
nachzuweisen Eine berühmte koptisch-sahidische Handschrift des
sein.
Britischen Museums aus dem Anfang des 11. Jahrhunderts umfaßt die
Apostolischen Kanones, die Apostolische Kirchenordnung, die ..Aposto-
lische Überlieferung" des Hippolytus und Auszüge aus dem achten
Buche der Konstitutionen. Eben diese Stücke sind in etwas anderer
Weise zu einem Ganzen verbunden in den „127 Kanones der Apostel",
welche in arabischer und äthiopischer Übersetzung erhalten sind, in
koptischer Sprache aber nicht mehr existieren. Endlich ist auch eine
arabische und eine äthiopische „Didaskalia" auf uns gekommen, welclie
anscheinend beide Bearbeitungen der sechs ersten Bücher der Kon-
stitutionen oder der interpolierten Apostolischen Didaskalia darstellen.
Doch sind die Texte noch nicht mit der erforderlichen Sorgfalt be-
arbeitet worden.
t»f the Apostolic Constitutions and Canons: The Journal of Theol. Studios 15
(,1914) 53 —()5. Die fünfzig ersten der 85 Kanones (8. 47") finden sich in der
§ Gl. Ncnu'sius von Enicsa iiiul Hierotheus. 1. Ncmcsius von Kmcsa. 275
Übeist'tziiii<:; ilt-s Dioiiysius Exigiuis hiteiniscli auch hri Migne. Vi\ Lat. <)7.
141 — 14S. Die beste Ausgabe derselben besorgte Turner. Ecciesiae occidentalis
nionum. iuris antiquiss. fasc. 1. pars 1. Oxonii 1<S99. 1 :)4. Über den — —
,()ctateuchus Clementinus". seine Geschichte und seine handschriftliche
ITberlieferung. siehe A. Baumstark in der Römischen Quartalschrift f. christl.
Altertumskunde u. f. Kirchengesch. 14 (1900) 1— 4ö; vgl. 291— 800. Die zwei
ersten Bücher des syrischen )ktateuchs oder das Testament unsres Herrn ver-
(
1. Nemesius
voji Emesa. —
Ein Bischof Nemesius von Emesa
am Orontes hat eine Schrift „De natura hominis" (Tiepi apvoevjq dvSpujTTou,
—
Migne, PP. Gr. 40, 503 818) hinterlassen, welche nicht sowohl der
Geschichte der Theologie als vielmehr der Geschichte der Philosophie an-
gehört, das erste Lehrbuch der Anthropologie, von welchem wir Kunde
haben. In einfacher, anspruchsloser Sprache, aber mit ausgebreiteter
philosophischer und medizinisch-physiologischer Sachkenntnis unternimmt
18*
27() D'f grit'clusclic Literatur des ITuirtin .lalirlniiidi'rts.
ebd. 5()5). nicht aus vergänglicher Materie bestehend und deshalb un-
sterblich. Ihr schönster Teil ist die Vernunft, ähnlich wie das Auge
der schönste Teil des Leibes (ebd. 504). Der ganze Leib aber ist in
allen seinen Teilen auf das Zweckmäßigste eingerichtet zu einem Werk-
zeuge der Seele. Sterbliches mit I'I^nsterblichem. Vernunftloses mit
Vernünftigem verbindend, trägt also der Menscli in seiner eigenen Natur
ein Abbild der gesamten Schöpfung, mit Recht eine Welt im Kleinen
(|uiKpö(; KÖcTiaoq, ebd. 533) geheißen. Dem Höheren gebührt die Herr-
schaft. Entscheidet sich der Mensch in freier Wahl dafür, der Führung
der Vernunft zu folgen und vom Sinnlichen sich abzuwenden, so wird
er den von Gott veifheißenen Lohn der Glückseligkeit erlangen.
Im einzelnen ist der Gedankengang der Schrift dieser. Xach einem
langen einleitenden Kapitel über die Natur des Menschen wird von
der Seele (c. 2), von der Vereinigung zwischen Leib und Seele (c. 3),
dem Leibe (c. 4), den Elementen (c. 5), dem Einbildungsvermögen (c. 6),
den fünf Sinnen (c. 7 —
11). dem Denkvermögen (c. 12), dem Erinnerungs-
vermögen (c. 13) und von Vernunft und Sprache (c. 14) gehandelt.
Folgt „eine andere Einteilung der Seele" (c. 15), an W' eiche sich Er-
örterungen über den vernunftlosen Teil der Seele, w^elcher der Vernunft
—
gehorcht (c. 16 21), und über den vernunftlosen Teil, welcher nicht
der Vernunft untersteht (c. 22 —
25), anschließen. Dann folgt ..eine andere
Einteilimg der Vermögen des Tieres" (c. 26) nebst näheren Erläuterungen,
insbesondere Auseinandersetzimgen über das Wesen des Freiwilligen
—
und des Unfreiwilligen (c. 29 32). Schließlich kehrt die Darstellung
vom Tiere wieder zum Menschen zurück, um das Wahlvermögen zu
—
besprechen (c. 33 34), den Fatalismus zu bekämpfen (c. 35 38) und —
die Willensfreiheit (c. 39 —
41) sow4e den Glauben an die Vorsehung
(c. 42 — 44) zu verteidigen. Die Kapitelfolge selbst zeigt bereits, daß
die Gliederimg des Stoffes Sprünge aufweist und der Einheitlichkeit
und Konsecpienz entbehrt. Auch sonstige Anzeichen deuten darauf
hin, daß die letzte, abschließende und ausgleichende Hand dem Buche
gefehlt hat. Es wird sogar wiederholt auf Späteres verwiesen, wovon
im Verlauf gar nicht mehr die Rede ist'.
Zumeist kleidet der Verfasser seinen Vortrag in die Form eines
historisch-kritischen Referates über die Ansichten der Philosophen der
Vorzeit, um sofort auf Grund und nach Maßgabe seiner christlichen
S t)l. Xcmt'sius VDii Eiiicsa luu] Hicrotheiis. 1. Ncniesius von f^niesa. 277
'
Über Benützung dieser Placita dm-ch Xemesius siehe Domaiiski. Die
die
Psychologie des Nemesius. Münster irUK). Einl. xix: -laeger. Nemesios von Emesa,
Berlin 1{»14, 11 ff. Im übrigen ist die Frage nach den eigentlichen Quellen des
Nemesius noch wenig geklärt.
So Domaiiski a. a. 0. xvi vgl. Kif).
-'
:
'
Zur Entstehung dieser falschen Tradition hat allem Anschein nach lediglich
der Umstand Anlaß gegeben, daß das Buch mit dem sachlich immerhin verwandten
Buche des Nysseners „De hominis opificio" irepi KaxaaKeufic dvBpuuTTOu zusammen-
gestellt wurde. Die angebliche Schrift des Nysseners .De anima" irepi H'uxil? bei
-Migne 45. 187- "J-J-i ist nur ein Ausschnitt aus dem Buche des Nemesius c. 2 3". —
:
bekannte lateinische Übersetzung des Buches, von der Hand des Arztes
und späteren Erzbischofs Alfanus von Salerno (gest. 10H5), nannte den
Verfasser gleichfalls Nemesius, während eine zweite, von dem Rechts-
gelehrten Johannes Burgundio zu Pisa (gest. 1194) gefertigte lateinische '
Annahme, die Abfassung des Buches sei in die Mitte des ö. Jalirhunderts
zu veilegen, entbehrt, wie Bender zeigte, jeglichen Stützpunktes.
Wie wenig man genötigt ist, die bei Nemesius von der \'ereinigung
zwischen Gottheit und Menschheit in Chiistus wiederholt gebrauchten
'
Über Burgundio vgl. etwa .1. de (ilicllinek. Le iiKnivenieiit theologiqiie du
Xll- siijcle, Paris' IJIU. 24(3 ff.
irgend ein Verstdien der Neniesiuste.xt mit einem fremden Texte vertauscht woitltii
ist : der Verweis auf berühmte Vertreter der antiochenischen Stliule 40. t>08.
'
Ed. Zeller. Die Philosophie der ( irieclien ."l. 2'. Leipzig IWM. r)0;i A. 1. (iegen
Zeller siehe Beiuh-r a. a. (». 22 ff.
§ 61. Nemesius von Emesa und Hierotheus. 1. Nemesiiis von Einosa. 279
\)w eiste Ausgabe des griechischen Textes des Buches lieferte Xicasius
Antwerpen lö6ö. S^'. Die letzte Ausgabe, welche bei Migne. PP. Gr.
Fillebixlius.
40 abgedruckt ist. besorgte Chr. Fr. Matthaei. Halle 1802. 8". Einläßliche Unter-
suchungen über die handschriftliche Überlieferung veröffentlichte K. J. Burkhard,
welcher eine neue Ausgabe plante, in den Wiener Studien 10 (1888) 93 —
135:
11 (1889) 143 —lö'2 243 — 2()7: vgl. seine eigenen Angaben in der sogleich
zu nennenden Edition der lateinischen Übersetzung des Buches von Erzbischof
Alfanus von Balerno. Leipzig 1917. Praef. x. Noch beizufügen ist Burkhard.
Zur Kapitelfolge in Nemesius' TTepi (pvae(i)q dvOpujTrou: Philologus 69 (1910)
—
35 39. Von textkritischem Interesse und Werte sind auch die Exzerpte aus
dem Buche bei Johannes von Damaskus und dem Mönche Mehtius. D. Bender.
Untersuchungen zu Nemesius von Emesa. Leipzig 1898. 79 99: «Meletius —
und die Dresdener Hand.schrift des Nemesius". K. Burkhard. Johannes von
Damaskus" Auszüge aus Nemesius: Wiener Eranos. Wien 1909. 89 101. — —
Die lateinische Übersetzung des Erzbischofs Alfanus von Salerno ward zuei-st
durch C. Holzinger herausgegeben. Leipzig 1887. 8". aber auf unzulänglicher
handschriftlicher (Trundlage. Vgl. Cl. Bäumker. Die Übersetzung des Alfanus
von Nemesius' TTepi cpiideuji; dv0pd)Trou: Wochenschrift f. klass. Philologie 1896.
—
1095 ^1102. Eine mustergültige neue Ausgabe die.ser Übersetzung lieferte
K. Burkliard. Leipzig 1917 (Bibliotheca scriptorum graecorum et romanorum
Teubneriana). Die lateinische Übersetzung des Pisaner Juristen Johannes Bur-
gundio war schon fiädier durch Burkhard herausgegeben worden (Wien 1891
bis 1902) in fünf Gymnasialprogrammen. Weitere lateinische Übersetzungen
fertigten und veröffentlichten die Humanisten Johannes Cono (Konow). Sträß-
burg 1512. und Georgius Valla. Lyon 1538. Eine im 8. Jahrhundert zu Kon-
stantinopel entstandene armenische Übersetzung und eine aus dem Arme-
nischen geflossene altitalienische Ver.sion liegen handschriftlich vor. Teza und
ZanoUi haben diese Übersetzungen näher gekennzeichnet siehe die Nachweise
:
2. Hierotheus. —
Pseudo-Dionysius Areopagita spricht wieder-
holt in begeisterten Worten von einem Hierotheus
als seinem hoch-
verehrten Lehrer. Er führt denselben auch als Schriftsteller ein, macht
zwei seiner Werke namhaft: „Theologische Anfangsgründe" (öeoXofiKai
aToixeiuucreii;) und „Liebeshymnen" (epujTiKoi ü)uvoi), und zitiert einzelne
'
De div. nom. 2. !» 10: 4. 14 17.
- Df div. nom. .'5. 'J .!. De ((icl. hier. <>. "J. De div. nom. .'i. '2.
*
Eus., Hist. <Tcl. :{. 4. 10.
§ til. Ncinesius von Emfsa und Hicrothcus. 2. Hierotheus. 2H1
dieWege des Lehiers wandeln will, ist es nicht bloß möglich, sondern
sogar wahrscheinlich, dalä der sog. Areopagite schon vor dem Jahre 500,
Stephanus Bar Sudaili aber erst nach dem Jahre 500 als Schriftsteller
aufgetreten ist. wenngleich allerdings genaue Daten vorläufig nicht zu
gewinnen sind.
Soll also irgend ein Zusammenhang oder ein Abhängigkeitsverhältnis
zwischen den beiden Hierotheus obwalten und diese Voraussetzung —
wird durch die Seltenheit des Namens und auch durch eine gewisse
Ähnlichkeit der Lehre immerhin empfohlen so ist zu vermuten, daß — .
1. Die Schriften. —
Dionysius Areopagita heißt, nach dem
übereinstimmenden Zeugnis der Manuskripte der Verfasser einer An-
zahl theologischer Schriften, welche sich durch eine ganz unnach-
ahmliche Eigenart des Tones und des Stiles von der mehr oder weniger
gleichzeitigen christlichen Literatur abheben. Sie reden ge'wissermaßen
eine fremde Sprache. Sie nennen die Bischöfe iepdpxai, die Priester
iepelq. die Diakonen X6iTou()Yoi. die Mrmche eepaTTeuTei(;, sie haschen
' H.Koch. Pseudo-Dionysius Areopagita. Mainz 1!MMI. 11: vgl. (i'.t tf.
S t'yj. I'.sciidd-Dionysiu.s Aifopagita. 1. Die Schriften. 283
'
Vgl. etwa Koch a. a. O. 5» ff.
-
Ep. 7. 2: Migne, PP. (h: .'3. lUSO. Ivnch a. a. 0. "JöT.
*
Die Aufschrift der Abhandlungen. tJj au.uTTpeaßuTepai TiuoGeuj Aiovi)0io(; o
irpeaßÜTepo^. stammt jedenfalls nicht vom Verfa.sser. Er hat das Wort rrpeaßuTepoc.
für ^Priester", nie gebraucht, sondern immer nur iepeüc.
^ Über die Reihenfolge der Abfassung vgl. Koch in der Tlieol. Quartalsclir. 77
(1895; 3»i-2ff.
2H4 L)'*-' griechibcliL' Literatur (U-s fünften Jahrhunderts.
Als Anhang ist ein Kapitel über die Gebräuche bei Bestattung der
Toten, eine Ait Eschatologie. beigefügt.
Auf diese Abhandlungen folgen noch zehn Briefe (3, 1065 1120), —
gerichtet an den Therapeuten Kajus (1 —
4), an den Liturgen Dorotheus
(5), den Priester Sosipater (6), den Hierarchen Polykarpus (7). den
Therapeuten Demophilus (S), den Hierarchen Titus (9) und den Theologen
Johannes (10). Der erste und der fünfte Brief bringen Nachträge zu
der Abhandlung „De mystica theologia". Der zweite, dritte und vierte
kiiüi)fen an die .\bhaiidlung „De diviiiis nominibus" an. Nachdem sodann
Brief 6 den Grundsatz geltend gemacht, daß man mit Andersdenkenden
friedlich und freundlich verkehren müsse, zeigt Brief 7 dem Hierarchen
Polykarpus eiidäßlichei'. wie er sich dem ungläul)igen Sophi.sten Apollo-
phanes gegenübei' zu verhalten habe. Brief S rügt das rohe und an-
maßende Benehmen des Therapeuten Demophilus gegen einen Pönitenten
und einen Priestei". welcher den Pönitenten milde aiifgenonnnen hatte.
Brief 9. an den Hierarchen Titus. ist wieder dogmatisch gelialten und
liefert ein Stück „symbuli.scher Theologie". Brief 10 kündigt dem Theo-
S (»2. Psciido-Dionysins Areopagita. 2. Dif Scliriftcn. Fortsetzung. 285
l()i;(3n .loliannes auf der Insel Patmos baldige Befreiung aus dem Exil
und Heimkehr nach Asien an.
Die cditio des gi-jechischeii Textes der sog. Areopagitika ist
princeps
1")1() zu H" erscliieiien und aus einer Florentiner Handschrift ge-
Floienz in
flossen. Für die 1562 zu Paris in S" erschienene Ausgabe sind einige Pariser
Manuskripte, aber nur sehr oberHächlich. verglichen worden. Die Hauptaus-
gabe lieferte B. Corderius 8. J., Antwerpen 1();)4. dann Paris 1(544 und noch
einmal Venedig 17o5/5(). jedesmal 2 Bde.. 2". Corderius konnte einige neue
Varianten aus Wiener Kodizes benützen, und in dem Venediger Abdruck seiner
Ausgabe ist die Kollation eines Venediger Kodex hinzugekommen. Dieser Vene-
diger Abdruck ist in Migne. PP. Gr. 3 —
4. Paris 1S.")7. herübergenommen worden:
der Text des Venediger Abdrucks, ohne die Beigaben, ward ]S.'>4 zu Brixen von
neuem aufgelegt. Eine Sonderausgabe der Schriften ,De eoel. hier." und ,De
eccl. hier." von dem Humanisten J. Colet hat J. H. Lupton ISüU zu London
von neuem auflegen lassen, unter Beifügung einer englischen t'bersetzung. Für
die Gewinnung eines gesicherten Textes ist geradezu erstaunhch wenig geschehen.
Von den zahlreichen griechischen Handschriften ist nur ein kleiner Bruchteil
zu Rate gezogen, die alten Übersetzungen, insbesondere auch die syrische Über-
setzung aus dem Anfang des 6. Jahrhunderts, sind überhaupt noch nicht unter-
sucht worden. Über diese alten Übersetzungen wird unten Abs. 6 einiges bei-
zubringen sein. Eine moderne deutsche Ül^ersetzung. welche allerdings sehr
der Revision bedarf, fertigte J. G. V. Engelhardt. Die angeblichen Schriften des
Areopagiten Dionysius, Sulzbach 1<S28. 2 Bde.. 8". Französische ITl^er-
setzungen veröffentlichten G. Darboy. Paris 1845. und J. Dulac. Paris 1865.
J. Parker hat zuerst die Schriften ,De coel. hier.'' imd ,De eccl. liier.'' und so-
dann auch die übrigen Bestandteile der Schriftensammlung ins Englische
übertragen. London 1894 und London 1897. Eine englische Übersetzung der
Schriften ,De div. nom.'' und ,De myst. theol.'' lieferte auch C. E. Rolt. London
1920. Die Schrift , De coel. hier." ward von neuem ins Deutsche übersetzt
durch R. Storf. Kempten 1877 (Bibl. der Kirchenväter), und in Verl>indung mit
der Schrift ,De eccl. hier.'' durch J. Stiglmayr. Kempten 1911 (Bibl. dei- Kirchen-
väter). Einen eingehenden Kommentar zu diesen beiden Schi-iften. .De coel.
hier." und ,De eccl. hier.", bot Stiglmayr in den drei Abhandlungen: Die Engel-
lehre des sog. Dionysius Areopagita Compte rendu du TV"" Congrt s scientifique
:
Areopagitika von Sei-giiis von Resaina (gest. 536), die älteste Zeugin
des Bestandes, unischliel.it alle die. aber auch nur die vorhin genannten
Schriften.
Von zwei Seiten her erhebt sich VVideispruch.
}']inmal will der
Verfasser der Areopagitika den uns überlieferten noch
.selbst außei'
mehrere andere Schriften verfaf.H und auch der ()ffentlic]ikeit übergeben
haben. Schon in der Schrift -De div. nom.", der ältesten der vorliegenden
Schriften, verweist er auf vier früher herausgegebene Schriften: . Theo-
logische Grundlinien'' (9eoXoYiKai uTTOTUTrüioeK;. 1. 15; 2, 1 3 7; 11, 5),
„Über die Eigenschaften und Ordnungen der Engel" (Tiepi tüüv äf^e-
XiKiiv ibioTiiTUJv Kai idEeouv. 4. 2), „Über die Seele" (irepi vjjuxriq, 4, 2),
„Über das gerechte und göttliche Gericht" (ntpi biKaiou Kai Geiou
biKaiujTJipiou, 4, 35). In der Schrift „De myst. theol." (c. 3) verweist er
auf die Schrift „De div. nom.", auf die auch in dieser Schrift schon
angezogenen „Theologischen Grundlinien" und auf eine in dieser Schrift
(1. 8; 4. 5: 9. 5: 13. 4) erst angekündigte „SymboHsche Theologie"
(auußoXiKri öeoXoTia). In der Schrift „De coel. hier." wird auf ein Werk
„Über die göttlichen Hymnen" (rrepi tüüv öeiujv ü|uvujv, 7. 4) und auf
die soeben erwähnte „Symbolische Theologie" (15. 6). in der Schrift
„De eccl. hier." endlich wird auf die Schrift „De coel. hier." (1, 2) und
auf ein Werk „Über Geistiges und Sinnliches" (irepi vor|TÜJV xe Kai
aiaer|TÜuv, 1. 2; 2, III, 2) zurückverwiesen.
Von keinem der hier zum ersten Male genannten Werke hat sich
irgend eine anderweitige Spur erhalten. Sind dieselben einmal vorhanden
gewesen, so müssen sie samt und sonders im vollsten Sinne des Wortes
dem Untergang anheimgefallen sein. Zw^eifel an ihrem Vorhanden-
gewesensein aber legen sich schon deshalb nahe, weil die Angaben der
Areopagitika allerlei Unklarheiten und Widersprüche in sich schließen. In.
der Schrift „De div. nom." (3, 2) glaubt der Verfasser sich entschuldigen
zu müssen, daß er ein Buch über die göttlichen Namen schreibe, obwohl
sein Lehrer Hierotheus bereits so treffliche „Theologische Anfangs-
gründe" (GeoXoTiKüi (TToixeiübcreic;) veröffentlicht habe. Zugleich aber will
er schon vor dem Buche „De div. nom." „Theologische Grundlinien"
herausgegeben haben, deren Existenzberechtigung neben dem Werke
des Lehrers doch wohl noch in höherem Grade fragw'ürdig erscheinen
mußte. Vor dem Buche „De div. nom." bereits behauptet der Verfasser
auch ein Werk veröffentlicht zu haben, welches die Eigenschaften und
Ordnungen der Engel beleuchtete und eigener Erklärung zufolge sich
mit dem Buche „De coel. hier." inhaltlich vCdlig deckte. Dieses Werk
kann al)er nicht mit dem Buche „De coel. hier." identifiziert werden»
weil das letztere erst nach dem Buche „De div. nom." und sogar nach
der dort erst angekündigten „Symbolischen Theologie" geschrieben sein
will. Überdies soll dem Buche .De coel. hier." auch noch eine Er-
örterung der „giittlichen Hynmen" oder eine Erklärung der Lobgesänge
§ ()-2. Pscudo-Diouysius Areopagita. -J. Die Schriften. Fortsetzung. 287
der Engel voraufgegangen sein, welche in dem Buche „De coel. hier."
selbst oder in einem Nachtrag zu demselben jedenfalls eine richtigere
Stelle gefunden haben würde. Dazu kommt nun noch, daß der Areo-
pagite auch da, wo es sich um andere Autoren handelt, gerne mit
schwindelhaften Büchcrtiteln und Zitaten um sich wirft. Seinem an-
geblichen Lehrer Hierotheus eignet er, wie wir schon sahen (i? 61, 2),
Schriften zu, die er selbst eidichtet hat. Dem , göttlichen Bartholomäus"
legt er einen Ausspruch in den Mund (De myst. theol. 1, 3), den er
gleichfalls selbst geformt haben muß '. Von dem „Philosophen Klemens"
zitiert eine Stelle (De div. nom. 5, 9), welche weder bei Klemens
er
von Rom noch bei Klemens von Alexandrien nachzuweisen ist^. Wer
vollends der „hl. Justus" sein soll, den er redend einführen kann (De
div. nom. 11, 1), bleibt sein Geheimnis. Es mangelt also nicht an trif-
tigen Gründen zu dem Verdacht, daß die nur aus Anführungen des
Verfassers bekannten Schriften nicht etwa verlorengegangen sind,
sondern niemals existiert haben.
Dagegen existieren allerdings noch einige andere Schriften, welche
gleichfalls der Feder des Areopagiten entstammen wollen und doch
in der Sergius von Resaina vorgelegenen Sammlung von Areopagitika
keine Stellung haben. Aber auch sie zeugen keineswegs für die Lücken-
haftigkeit dieser Sammlung. Sie sind vielmehr ausnahmslos erst in
späterer Zeit ans Licht getreten, auf Grund der alten Areopagitika
gefälscht und dem Areopagiten unterschoben worden.
Längst bekannt, jedoch nur in lateinischer Sprache, ist ein „Brief
des Areopagiten an den heidnischen Philosophen Apollo-
phanes" (Migne 3, 1119 —
1122), in welchem der letztere seines Un-
glaubens wegen zur Rede gestellt und an die geheimnisvolle Sonnen-
finsternis erinnert wird, welche er einst gemeinsam mit dem. Briefsteller
zu Heliopolis beobachtete. Von diesem Apollophanes und seinem Un-
glauben und von der zu Heliopolis beobachteten Sonnenfinsternis sprach
der Areopagite in seinem Briefe an den Hierarchen Polykarpus (Ep. 7, 2).
Versionen und die Ausgaben derselben Imndelt P. Peeters. j.a vision de Denys
gewonnen, und später habe Hierotheus ihn tiefer in die heihge Lehre
oder in die Spekulation des göttlichen Paulus eingeweiht. Daß er
sowohl wie Hierotheus den Tagen der Apostel angehöre, hat er immer
wieder bald vorausgesetzt, bald ausgesprochen, letzteres insbesondere
an den vorhin schon angezogenen Stellen.
..De div. nom." 3, 2 schreibt er seinem Schüler Timotheus über
Hierotheus: „Als, wie Du weißt, wir sowohl als er (Hierotheus) und
viele unsrer heiligen Brüder zur Schau des Leben erzeugenden und
Gott aufnehmenden Leibes (em rnv 0eav toO Z^oiapxiKoö Kai Beoööxou
(Tuu|LiaT0(g) zusammengekommen waren, wobei auch der Gottesbruder <ö
dbeXqpöOeoq) Jakobus und Petrus, die oberste und älteste Spitze der
Theologen (r\ Kopucpaia Kai TTpeaßuTcmi tüüv GeoXö-fuJv dKpoTiiq] ', zugegen
waren, da ist nach der Schau beschlossen worden, daß alle Hierarchen -.
so gut ein jeder es vermöchte, die unermeßlich mächtige Güte der
urgöttlichen Schwachheit preisen sollten, und da hat er (Hierotheus).
wie Du weißt, nach den Theologen die andern Hieromysten übertrofFen.
ganz aus sich herausgehend, ganz verzückt und die Gemeinschaft mit
dem. was gepriesen ward, an sich erfahrend." Von jeher hat man —
sozusagen allgemein unter der Schau des Gott aufnehmenden Leibes
einen Besuch der sterbenden oder gestorbenen Gottesgebärerin. unter
dem Gottesbruder den Bruder des Herrn und unter Petrus das Haupt
der Apostel Neuere Zweifel an der Zuverlässigkeit des
verstanden.
überlieferten Textes sind durch handschriftliche Nachforschungen wider-
legt worden. An den Worten ö'öiiaaToc; und döeXq)öeeoq darf nicht ge-
rüttelt werden.
Kaum weniger beweiskräftig ist die Stelle Ep. 7, 2, welche besagt,
daß der Verfasser zugleich mit dem Sophisten Apollophanes zu Helio-
polis „die bei dem heilbringenden Kreuze stattgefundene Sonnenfinsternis"
(r^q ev Tuj (Tuuiiipiiu cTTaupüj ye-fovuiacg eKXeiijjeoK;) beobachtete: .,Wir
beide sahen nämlich damals, alsbeisammen waren
wir in Heliopolis
und nebeneinander standen, wie der Mond seltsamerweise auf die
Sonne fiel —
es w^ar nämlich nicht die Zeit des Neumonds und dann —
von der neunten Stunde bis zum Abend übernatürlicherweise auf der
gegenüberliegenden Seite in den Durchmesser der Sonne wieder eintrat.
Man denkt sofort an die Finsternis bei der Kreuzigung des Heilandes,
und bis ins 19. Jahrhundert hinein ist diese Auffassung allgemein geteilt
worden. Spätere Bedenken gegen die Lesart eK\eii|;e(ju(; haben sich als
unbegründet erwiesen. Den Namen Heliopolis führten verschiedene
Städte. Zunächst bieten sich Heliopolis in Cölesyrien (jetzt Baalbek)
und Heliopolis in Unterägypten an. Apollophanes ist der Name eines
Grammatikers des ersten christlichen Jahrhunderts.
Ep. 10 ist adressiert „an den Theologen Johannes, Apostel und
Evangelisten, in der Verbannung auf der Insel Patmos". Möglich, ja
sogar wahrscheinlich, daß diese Aufschrift nicht von der Hand des
Verfassers stammt. Aber sie entspricht dem Inhalt des Schreibens.
Dionysius stellt einem nach Patmos verbannten Johannes baldige Be-
freiung aus der Gefangenschaft und Heimkehr nach Asien in Aussicht.
Die Persönlichkeiten bzw. Namen, die in den Areopagitika auf-
treten, gehören überhaupt durchweg der apostolischen Zeit an. Die
Adressaten der Abhandlungen und Briefe sind zur Hälfte dem Schüler-
kreis des hl. Paulus entnommen: Timotheus, Titus, Kajus (vgl. Rom. 16,
23; 1 Kor. 1, 14), Sosipater (Rom. 16, 21). Ep. 8, 6 wird ein Karpüs
erwähnt, bei welchem der Briefsteller einmal zu Gast gewesen
(vgl. 2 Tim. 4, 13). „De div. nom." 6. 2 ist von dem Wahnsinn des
Simon die Rede (vgl. Apg. 8, 9 ff.), ebd. 8. (5 von dem Magier Elvmas
(vgl. Apg. 13, 8ft'.).
Wenn also der Verfasser auch nicht ausdrücklich sagt, daß er der
Areopagite Dionysius der Apostelgeschichte (17, 34) sei, so wird es
seinen Intentionen durchaus entsprochen haben, wenn er von der Folge-
zeit für den Areopagiten gehalten wurde.
'
Näheres Das Aufkominen der Pseudo-Dioiiysischeu Schriften.
bei Stiglmayr,
Feldkirch 47 ff.
189;"}.
- Vgl. Stiglmayr a. a. 0. ä9 ff. Der Brief des Bischofs Innocentius von Maronia.
welcher über den Verlauf der Disputation Bericht erstattet, leider nur in lateinischer
Übersetzung erhalten, ist von neuem herausgegeben worden durch Ed. Scbwartz,
Acta Conciliorum oecumenicorum, toni. 4, vol. 2, Argentorati 1914, 1G9 184. —
19*
•2[)'2 i^it-' yriochi.sclio LitoiatiU' des ITuirtcii .lalirliiiiiilL-rt.s.
erklärte dei- Oratorianer Morinus. gest. 1<)59, sieh mit vollster Ent-
seliiedenlieit für einen Pseudo-Areopagiten. Der entbrennende Streit,
wohl einer der hitzigsten und langwierigsten, welche je auf literarischem
(^el)iet durchgefochten worden sind, förderte eine kaum übersehbare
unter dem Zeichen der Alternative entweder der Areopagite oder ein :
'
Ellgel liardt. Die aiigflilitlicii »Silnirten di'.s Areopagiten Dionysius. Sulzbacli
1828, 1, 214. I)ie.ser seinei' Ül)eisetziing der Areopagitika Iiat P]ngelliardt eine Über-
setzung des ^Theologiselien rnterriclites" öToixtiiuöK; BeoXofiKr'i des Proklus 2, 139]
bis 2(i2 sowie ,.einzelne Sätze aus dein Koininentiir des Prokhis ülier den ersten'
Alcibiades des Piato zur Erläuterung des Dionysius" 2. 2(>3 290 lieigegel)en.
''
Sozoni., Hist. ecil. (i. 31.
i? tj2. I'scinln-Dioii.vsiiis Aicopagita. T). Der Verfasser. Fortsetzimjjj. 293
Sonnentinsteinis beim Tode des Herrn die Rede sei, sondern von jener
Kreuzerscheinung, über welche Cyrilhis von Jerusalem berichte '. „De
div. nom." 3. 2, fährt Hipler fort, sei statt adiuaioq vielmehr ari,uaT0<;
und statt döeXcpöBeo«; vielmehr dbeXcpöq zu lesen, weil nicht ein Besuch
der Gottesgebärerin in Rede stehe, sondern eine Wallfahrt zum Grabe
Christi, an welcher auch ein Bruder Jakobus teilnahm. Diese Änderungen
des Textes, mit welchen Hiplers These steht und fällt, sind indessen,
wie schon gesagt, nur gewalttätige Eingriffe in die verbürgte Über-
lieferung. Wenn anderseits Langen die peinliche Stelle -De div. nom."
3, 2 einfach als Einschiebsel einer jüngeren Hand ablehnt, so liegt zu
Tage, daß damit der Knoten nicht gelöst, sondern zerhauen wird.
Der Interpolationshypothese fehlt überhaupt jedwede Stütze. Auch
kann der Verfasser nicht schon im 4. Jahrhundert gelebt haben, weil
es sonst unerklärlich bleiben würde, daß aus dem 5. Jahrhundert
keinerlei Zeugnis für das Vorhandensein der Schriften beizubringen ist.
91 — 110; Die „Streitschrift des Prokopios von Gaza" gegen den Neuplatoniker
Proklos: ebd. 8 (1899) 2(58 801. — —
J. Nirschl. Dionvsius der Areopagite:
Der Kathobk 1898. 1. 267 ff. 848 ff. 482 ff. 582 ff. Gegen Nirschl siehe Stigb
niayr. Die , Ehrenrettung" des Dionysius Areopagita: Hist.-pol. Blätter 121 (1898)
—
650 661. —
J. Langen. Die Schule des Hierotheus Internationale theol. Zeit-:
'
Cyr. Hier., Ep. ad Constant. Imp.: Migne, PP. Gr. ;J3. 11(55 ff.
294 I*'^' giit't'lii'^Lhe Literatur des f'tini'teii Jalirliuii<krt.s.
V)h't die Lesart üf.ioAoYiuv, nicht üuvo\oYi«v, siclii' Stiüliiiayr, Das AufkoiniiK-ii
'
(iegen Krüger siehe Stiglmayr in der Zeitsdir. f. kath. Theol. '23 1899 719 f.
§ 62. Pseiulo-Dionvsiiis Areopagita. 5. Der Verfasser. Fortsetzung. 295
coel. hier. 2, 3). Auch die „Theologen" hätten dem verneinenden Auf-
stieg (u^v öid Tüjv aTTocpdaeuiv dvobov) den Vorzug gegeben (De div.
nom. 13, 3)-. Der Höhepunkt menschlicher Erkenntnis u»d philoso-
phischer Forschung sei das mystische Schauen, die Ekstase, eine Vor-
wegnahme der Anschauung Gottes im Jenseits. Aller eigenen Tätigkeit
entsagend, rein passiv sich verhaltend, wird die Seele der unmittel-
baren Gegenwart Gottes inne, wird von oben her umleuchtet und um-
flammt, wird mit Gott verähnlicht und vereinigt. Vorbedingung dieser
Erleuchtung und Einigung ist die Reinigung der Seele. So ergibt sich
eine stufenweise Erhebung zum Allerhöchsten. Reinigung, Erleuchtung
und Einigung sind die Sprossen der Leiter. Der Areopagite ist der
erste christliche Autor, der die drei Wege, die zu Gott führen, via
purgativa, illuminativa und unitiva, bewußt und klar unterschieden
und des näheren beschrieben hat, wenngleich er den Ausdruck „Wege"
noch nicht gebraucht ^. Er ist der Vater der christlichen Mystik.
Utl8. t;2ff.
* Über seine neuplatonischen Vorgänger siehe Koch a. a. 0. 174ff. :
Müller
a. a. 0. 109.
29<) i^'t" giitH-liisilu' Litfiatur des fünften Jaliiliunderts.
zur (lesch. der Philoso]3hie des Mittelalters 20. 8—4). Mün.ster i. W. 1918.
F. Morel. Essai sur llntroversion mystique. Etüde psychologique de Pseudo-
Denys l'Areopagite et de (juelques autres cas de Mystieisme. Geneve 1918. S^. —
Auch unbelehrbare Leute gibt es allenthalben. Vereinzelte Theologen haben
bis in die jüngste Zeit hinein an der ^leinung festgehalten, dafs der wirkliehe
Areopagite die Areopagitika geschrieben habe. Hier seien genannt C. M. Schneider.
Areopagitika. die Schriften des hl. Dionysius vom Areopag. eine Verteidigung
ihrer Echtheit. Regensburg 1884. 8". J. Parker. Are the Writings of Dionysius
the Areopagite Genuine ? London 1897. 8". P. Jos. Leonissa. Zur Frage der
Areopagitika: Jahrbuch f. Philos. u. spekul. Theol. 27 (1912/13) 487—451.
der kühle Kritiker, sei an der Echtheit der Areopagitika irre ge-
worden, heruht auf einem Irrtum. Im 7. .Jahrhundert noch schrieb
Maximus Konfessor, der hervorragendste Theolog seiner Zeit,
umfassende Scholien zu den Areopagitika, um die mystische Ideenwelt
des Verfassers klarzustellen und seinen christologischen Äußerungen,
den Berufungen der Monophysiten und Monotheleten gegenüber, eine
orthodoxe Deutung zu geben. Mehrere spätere Kommentare oder Glossen-
werke liegen handschriftlich vor, andere scheinen verloren gegangen
zu sein. Die weitläufige Paraphrase des Cleorgius Pachymeres, des
großen Polyhistors des 13. Jahrhunderts, ist mitsamt den Scholien. des
hl. Maximus in des Corderius Ausgabe der Areopagitika aufgenommen
worden.
Über Johannes und (ieorgiiis von Skytliopolis inid die Fragmente ihrer
Kommentare .siehe 8tiglmayr. Das Anfkommen der Pseudo-Dionysischen Schriften.
I'\'l(lkircli 1895. 52 ff. vgl. auch 2(').
: Jiiechische Fragmente des Kommentars
(
des Joliannes sind den Editionen der Scholien des hl. Maximus Konfessor (Migne
4. 15 ff. ) beigemischt. Über syrische Fragmente beider Kommentare vgl. auch
H. Duval, La litterature syriaqiie. o. Aufl.. Paris 1907. 315. Über die Ab- —
handlung des Presbyters Theodor siehe Stiglmayr a. a. 0. 72 vgl. Dräseke in :
schlüsse über den dreifachen Weg der Reinigung, der Erleuchtung und
der Einigung: sie dienten den Mystikern als Leuchte auf den dunkeln
Gebieten der Kontemplation und Ekstase; sie boten den Exegeten und
Liturgikern Musterbeispiele tieferen Erfassens des Schriftwortes und
des kirchlichen Ritus. „Kaum wird man", sagt ein Kenner der Theo-
logie des Mittelalters, .einen Theologen von Bedeutung nennen können,
der es gewagt habe, dem hl. Dionysius in irgend einem Punkte zu
widersprechen" '. Unter den zahlreichen lateinischen Kommentaren
zu den Areopagitika dürfte den umfangreichen .Elucidationes" des
Kaitäusers —
Dionysius Rickel (1402 1471) der Preis gebühren.
Er hat, soviel man weiß, zum ersten Male auch den in lateinischer
Übersetzung umlaufenden „Theolosischen Unterricht", des Proklus zur
' J. Kleutgen. Die Theologie der Vorzeit 4"^ Münster ISl'.i, GH.
§ (;2. Pseudo-Dionysius Areopagita. 7. I'ctni.s Fiilln. 299
die neun Chöre imd die rein geistige Natur der Engel von maßgebendem Ein-
flul.? auf die Scholastiker gewesen.) H. Weertz. Die Gotteslehre des Pseudo-
Dionysius Areopagita und ihre Einwirkung auf Thomas von Aquin (Inaug.-Diss.).
Köln 1908. 8*\ "j. Durantel. St. Thomas et le Pseudo-Denis. Paris 1919, 8«.
Über die ,Elucidationes'* des Kartäusers Dionysius Rickel. Doctoris ecstatici
D. Dionysii Cartusiani opera omnia. t. 15 —
16. Tornaci 1902. siehe Stiglmayr
im Hi.st." Jahrbuch 20 (1899) 367—388: vgl. StiglmajT in der Zeitschrift f. kath.
Theol. 27 (1903) 148—151.
7. Petrus Fullo. — Der vorhin (Abs. 5) erwähnte Petrus Fullo (fuUo
= Yvacpeuq = Walker), ein Presbyter aus Chalcedon. trat um 468 zu Antiochien
als Wortführer des Monophysitismus auf und wufste den dortigen Patriarchen
Martyrius von seinem Platze zu verdrängen. Durch Kaiser Leo 471 abgesetzt,
hat er später doch noch zweimal. 475 — —
477 (y) und 485 488, die Patriarchen-
gewalt an sich reißen können. Im Jahre 488 ist er gestorben. den Mono- Um
physitismus in die Liturgie einzuführen und durch die Liturgie zu befestigen,
erweiterte Petrus Fullo um 470 das sog. Trishagion oder die Anrufung „Heiliger
Gott, heihger Starker, heiliger ünsterbhcher" durch den Zusatz ö crraupujBeiq
öl' niuaq, wie wenn die giHtliche Natur am Kreuze gehangen hätte und alle
drei Personen der Gottheit geki-euzigt worden wären, allerdings Konsequenzen
der Voraussetzung, daß der Gekreuzigte nur einer und zwar göttlicher Natur
gewesen. Auch in monophysitischen Kreisen begegnete diese Neuerung un-
willigem Staunen, wie namentlich das Synodalschreiben des Patriarchen Akacius
von Konstantinopel an Petrus Fullo (bei Mansi 7, 1121 —
1124) beweist. Die
Konziliensammlungen bieten noch acht weitere Schreiben an Petrus Fullo. welche
sich von orthodoxem Standpunkt aus in heftigem, polterndem Tone gegen
jenen Zusatz zum Trishagion wenden, laut der Aufschrift verfaßt von Papst
Fehx (III.), Bischof Quintianus von Askulum. Bischof Justinus von Sizilien
(sie). Bischof Anteon von Arsinoe. Bischof Faustus von Apollonias. Bischof
Pamplülus von Abydus. Bischof Flaccinus von Rodopa. Bischof Asklepiades
von TraUes (bei Mansi 7. 1109 ff.). Alle diese Briefe, welche sich im grie-
chischen Original und in alten lateinischen Übersetzungen erhalten haben (der
Brief des Bischofs Flaccinus liegt nur noch lateinisch vor), sind, wie schon
Henricus Valesius (gest. 1(576) erkannte, gefälscht, und die angebUchen Ver-
fasser sind wenigstens zum größten Teil fingierte Persönhchkeiten. Der wirk-
Uche Verfasser hat wohl noch dem 5. Jahrhundert angehört. Irrtümlich glaul)te
Diekamp (Doctrina Patrum de incarnatione Verbi. ^Münster i. W. 1907. XLvir.
die Briefe bekämpften die Formel eva Tf]q Tpidboq Kaxct adpKU ecTTaupOudOai.
Das war die Formel, welche freilich schon von Proklus von Konstantinopel
im Kampfe mit dem Nestorianismus geprägt wurde, welche aber erst zu Anfang
—
—
Ein aus den Jahren 485 488 stammendes Synodalschreiben des Petrus
Fullo an Petrus Mongus von Alexandrien, welches sich zu dem Henotikon des
Kaisers Zeno vom Jahre 482 bekennt, steht bei Zacharias Rhetor. Hist. eccl.
5. 10. Ahrens-Krüger. Die sog. Kirchengeschichte des Zacharias Rhetor. Leipzig
1899. 80—82. Ebd. 5. I2.\\hrens-Krüger 84 f.. steht ein kurzer Brief an
Petrus Mongus von der Hand des Patriarchen M
a r t y r i u s von J e r u s a 1 e m
—
(478 48(>\ welcher sich gleichfalls auf den Boden des Henotikon stellt.
Dem Patriarchen Flavian 11. von Antiochien 1 —
498 oder 499 512 1.
welcher sich auch zu dem Henotikon bekannt liat. will (4. Krüger ün der Real-
enzykl. f. AuH. [1903] 380) Bruchstücke aus .einer
prot. Theol. u. Kirche 13. 3.
HomiUe über Joh. 5. 23 und die Himmelfahrt " zueignen. Es handelt sich um
zwei kiu'ze Sätze christologischen Inhalts, welche Leontius von Byzanz (Contra
Monophysitas) unter dem Namen des .Bischofs Flavian von Antiochien" ein-
führt, den einen aus einer Predigt .über Joh. 5. 23". den andern aus einer
Predigt .,über die Himmelfahrt des Herrn' iMai. Script, vet. nova Coli. 7.
Romae 1833. pars 1. 135; Migne. PP. Gr. 8Ci. 2, 1840: es sind also zwei
Predigten zu unterscheiden). Unter dem Bischof FlaAian bei Leontius ist aber
nachweisKch nicht Flavian IL. sondern Flavian I. von Antiochien (381 404^ —
verstanden. Vgl. Bd. 3 dieses Werkes, Freiburg i. Br. 1912. 238 f.: F. Cavallera.
S. Eustathii episc. Antioch. homilia chri.stologica. Paris. 1905. 107 f. In den
Mund eines Freundes des Henotikon würden die Sätze auch gar nicht passen,
weil sie beide von d,ucp6Tepai al cpuaeiq bzw. eKUiepa cpücnq reden, also gerade
den Ausdruck gebrauchen, welchem das Henotikon und mit ihm der Pseudo-
Areopagite so sorgsam aus dem Wege ging.
'
i'lii r den Verlaut dieser Sviiode vi^l. vurliiu S. 214.
4; ().'}. Basiliu.s von Seleucia und Antipatcr von Hostra. 301
'
Dieses Schreiben lateinisch hei Mansi 7. ö59— 5G3. Cher die Anfrage de.s
•^
Vgl. Tillemont, Memoires 15, Paris 1711, 345 f.
"
'
Über einige noch nicht gedruckte Homilien unter des Basilius Namen vgl.
Faliricius-Harles bei Migne 85, 17 f.
" Über ihre Überlieferung siehe aul.^-r Fenner a. a. 0. 6 auch die Bollandisten in
ihrer Bibliotheca hagiographica graeca -'.
Hruxellis litOJI, '234.
^ Zu den neueren Forsdiungen über Nestorius-Predigten
^ vgl. oben 8. 77.
' Migne 85. 57. Ebd. 112.
•' •'
Ebd. 372.
§ G3. Basilius von Seleucia und Antipater von Bostra. 303
Er erklärt: „Er ist geblieben, was er war, als er annahm, was er nicht
war", „er ist geworden, was er nicht war, aber geblieben, was er war"
{}jL(.}xivr]Ke yotp ö r\v Xaßdbv ö oük rjv, ö oük r\v eY^veto )Lieiva(; öirep f\v,
'
Ebd. 137. - Ebd. 293.
^
Phot. Die Ausführungen Feuneis (a. a. 0. 35 ff.) über Sprache und
a. a. 0.
Stil des Basilius lesen sich wie ein Kommentar zu den Worten des B.vzantiners.
••
In der Byzant. Zeitschr. 1!» U^IO; '2^5 ff.
304 ßi*' STit'cliisclu' Litfiatiir dt-s fünften Jaliiliundcrts.
hat also auch Basilius seinen Anteil. Basilius hinwieder steht an den
tVaiilichen Stellen sonder Zweifel unter dem Einflufi syrischer Dichter.
Licht gezogen. Eine neue Ausgabe dieses unechten Enkomiums bzw. des ersten
Teiles desselben verzeichnen die Bollandisten in ihrer Bibliotheca hagiographica
graeca. 2. ed.. Bruxellis 1909. 234. Über die Frage nach der Echtheit der
übrigen Homilien siehe Fenner a. a. 0. 5. 10. —
Vgl. noch P. Maas. Das Kon-
takion (Mit einem Exkurs über Romanos und Basileios von Seleukeia): Bvzant.
Zeitschritt 19 (1910) 285— 30(i. Maas fand volle Zustimmung bei A. Baum-
stark. Zwei syrische Weihiiaclitslieder Oriens Ghristianus N. S. 1 (1911) 193
:
bis 203.
(Jrundc Migne (PP. Gr. 85, 17(53 179()) hat nur zwei
gegangen. —
Homilien und eine AnzfUd von Fiagmenten unter Antipaters Namen.
'
Miinsi 7. 7SS. -'
Kl),l. ins.
'
VM. VA. i:{ n. 177 ISO.
S (j'i. Basilius von Scleiicia und Antipater von Bostra. 305
'
Ebd. 13, 13.
- Bei A. Mai. Scriptoruni veterum iiova C'ollectio
7. Roniac 1833. pars 1. 204:
OS bei Migne 89, 1185 richtig heiik: ^k toü aÜTOö Xö^fou kotö 'ATToXivapiou.
Cyr. Scythop., Vita S. Sabae c. 84 t.. bei I. B. Cotelerius. Ecclesiae Graecae
"*
Mansi 13. 177—180. Unrichtig heißt es bei Mansi 13. 177 und ebenso bei
^
Migne 85, 1792 im Titel des Werkes öir^p Tfjc; statt üirep toü 'QpiYevouc äitoXo^iaq.
Bardenhewer, Gesell, der altkirdil. Literatur. IV. 20
.
Über Antipater vgl. die Notiz bei Fabricius-Harles. Bibl. (ir. 10. 518 519; —
Migne. PP. Gr. 85, 1755 1758. — —
Um diesem oder jenem Freunde Anti-
jiaters zeitraubendes Suchen zu ersparen, mag bezüglich der Fragmente des
Werkes gegen Origenes nnd Ensebiiis noch Folgendes bemerkt werden. Das
Fragment bei ^ligne S5. l7i)o--l7i)('). will laut der Kandnote berübergenommen
sein aus -Ang. Mai. \'et. i'atr. Hil)lii)tli. 7, "JOS". Diesen Titel tülut keine
'
liei Migne Sd. -2. J()4r) If. 2077: !M;. -[{\S 4SS ff. .'lOHf.
- Sielie Mai. Script, vet. nova Coli. !». Romae 1SH7. G2!>. Nach den Mitteihnigen
Sickeiibergers in der Rom. Qiiartalschr. f. diristl. Altertumskunde usw. 12 (iJSilS] 79)
hat zu Lk 1 Antipater von Hostra viermal zitiert. Vielleicht hat
übrigens Nicetas
er also auch Stellen aus der zweiten Homilie an.üeführt. Die erste Homilie ,c. 2)
scheint auch benutzt worden zu sein von l'scudo-rhrvsostonms. In natale S. loannis
Propii., bei Migne (Jl, 7f;().
S (i.'J. Hasilius von Selciuiii und Antipater von Bostra. 3()7
der MaisciH'ii Saiiinilungeii, und insofern ist die Angahe unter allen L'niständen
ungenau. Dem Anschein nach genauer gefaüt, lautet dieselbe bei Vailhe
(Vacant-Mangenot. Dictionnaire de theologie catholique 1. Paiis 1903, 1440
s. V. Anti})ater): ,Nova Patrum Bibliotheca 7. 'iOS." Allein hier findet sich kein
Fi"agment Antipaters: Vailhe hat die »Stelle offenbar gai' nicht nachgeschlagen.
Unter ,Vet. Patr. Biblioth." bei Migne ist vielmehi" die ,Scrij)torum veterum
nova Collectio" verstanden. In dieser Collectio, t. 7. pars 1, findet sich das
bei Migne a. a. (). abgedruckte Fragment, freilich nicht S. 208. sondern 8. 101.
Sehr auffällig ist alleidings. dafä das liier 8. 101 stehende Fragment Antipaters
bei Migne a. a. 0. abgedruckt, das ebenhier 8. H(S —
91 stehende, ungleich längere
Fragment Antipaters aber bei Migne a. a. 0. überhaupt nicht erwähnt wird.
Die 8chrift jedoch, in welcher die zwei Fragmente zitieit werden, ist nach
Mais Edition vollständig abgedruckt bei Migne SG. 2. 2017 210(J (die zwei —
—
Fragmente 2045 2054 und 2077). und diese 8chrift. ,Leontü et loannis Col-
lectanea de rebus sacris" betitelt, ist nichts anderes als ein Exzerpt aus dem
zweiten Buche der ,8acra Parallela" des Damasceners vgl. K. Holl, Die Sacra ;
Parallela des Johannes Damascenus. Leipzig 1896, 189 ff. Dazu kommen noch
drei weitere Fragmente in den Sacra Parallela bei Migne 96, 468 (ohne An-
— —
gabe des Fundortes) 488 501 501 505. Außer den Akten des Konzils vom
Jahre 787 haben, soviel bekannt, nur die Sacra Parallela Fragmente aufbewahrt.
— Die zwei Homilien bei Migne 85. 1763 —
1792. sind griecliisch zuerst heraus-
gegeben worden durch A. BaUerini, SyUoge monumentorum ad mysterium Con-
ceptionis immaculatae Virginis Deiparae illustrandum, pars 2, Romae 1856, 1
bis 26 und 441 —
469. Die erste Homilie. auf die (Tcburt Johannes' des Täufers,
war aber früher schon in lateinischer Übersetzung bekannt. Eine größere Predigt-
sammlung unter Antipaters Xamen liegt handschriftlich im Trinity College zu
Cambridge, in cod. Thomae Gale 31. vor. Laut den Aufschriften handeln in-
dessen mehrere dieser Predigten über kirchliche Feste, die man zu Antipaters
Zeiten noch nicht kannte, insbesondere .Praesentatio B. Virginis" und ,Assumptio
B. Virginis". und schon C. Oudin (Commentaiius de scriptoribus ecclesiae anti-
quis 2. Lipsiae 1722. 101 —
103) hat deshalb die ganze Sammlung für unecht
erklärt bzw. einem späteren Antipater von Bostra zugewiesen. Ein endgültiges
Urteil läßt sich fi-eihch nicht auf Grund der Aufschriften, sondern erst auf
Grund des Textes abgeben vgl. Balleriiii a. a. 0. 441 ff.
;
(Jbersetznng. Vgl. die Indizes zu der Series gracca von F. Cavallera. Paris 1912.
Indessen ward schon fridier bemerkt (Bd. 1 dieses Werkes, 2. AuH.. 8. 53 f.).
dalj jener S(hlulj])and 1(12 nur in Korrekturabzügen gedruckt und nicht mehr
zur Ausgabe gelangt ist. Das ,Encomium S. Mariae Deiparae". griechisch und
lateinisch bei Fronto Ducaeus. liiljliotheca veterum Patnim 2. Paris. 1()24. 424
bis 4oÜ. ist eine schwungvolK' Predigt auf das Fest Maria Verkündigung, gerichtet
an /uh()rer, welche Tag und Nacht dem Psalmengesang o])lieg('n. also wohl an
die Mönche des Euthymiusklosters. Die „Laudatio 8. loannis Praecursoris'' steht
lateinisch bei Fr. Combetls, Bibliotheca Patrum concionatoria 7. Paris. l(j()2.
<Sü3— 808 (vgl. Bibliotheca hagiogr. graeca, 2. ed., edd. Socii Bollandiani.
Bruxellis 1909, 119), ist mir aber leider nicht zugänglich gewesen. Ein En-
komium auf den hl. Märtyrer Theodor, zitiert bei Eustratius von Konstantinopel
(in seiner Schrift gegen die Theorie vom Seelenschlaf c. 22, bei L. AUatius.
De utriusque ecclesiae, occidentalis atque orientalis, perpetua in dogmate de
purgatorio consensione, Romae 1655, 508 ff.), auch erwähnt von Photius (Bibl.
cod. 171. ist erst herausgegeben wordeir durch J. Phokylides in der Nea Ziiijv
11 (1911) 330 335 557 — —
578. Dasselbe wendet sich an Txaj^p^c, koX abeXcpoi.
handelt zuerst von dem Martyrium des Heiligen und erzählt sodann zwölf durch
ihn gewirkte Wunder. Eine kritische Ausgabe dieses Enkomiums hat auf <iirund
reichen Handschriftenmaterials A. Sigalas im Byzantinischen Archiv. Heft 7.
Leipzig 1921, besorgt. Sigalas gedenkt auch die zwei vorhin genannten Reden
von neuem zu bearbeiten und noch eine vierte, bisher ungedruckte Rede, auf
den heiligen Erzengel iMichael. anzureihen. Von anderweitigen Schriften des
Chrysippus ist der Überlieferung nichts bekannt. —
Von dem ehrgeizigen Patri-
—
archen Juvenalis von Jerusalem (422 458) hat sich in äthiopischer
Sprache eine 431 zu Ephesus vorgetragene Predigt erhalten, äthiopisch bei A. Dill-
mann. Chrestomathia Aethiopica. Lipsiae 1866. 100 102 nach dem Äthio- — ;
§ 64. Hagiographen.
(1. Markus Diakonus. "2. Biographen des hl. Simeon Stylites. 8. Biograplien
Petrus des Iberers.;
1. Markus Diakonus. —
Markus Diakonus nennt sich der Ver-
fasser Lebensbeschreibung des Bischofs Poipliyiius von Gaza
einer
—
(395 420), welche, lange Zeit nur in einer mangelhaften lateinischen
Übersetzung des Gentianus Hervetus (gest. 1584) bekannt, seit 1875
auch im gric^cliisclien Urtexte zugänglich ist. In treuherzig-schlichter,
aber anschaulicher und sogai- gewandter Darstellung entrollt sie
packende Bilder aus der letzten Phase des Kampfes zwischen Christen-
tum und Heidentum. In Gaza, der altberühmten Plijlistäerstadt, sollte
erst Porphyrius dvm Heidentum den Todesstol.^ versetzen. Der Sprosse
eines vornehmen und reichen christlichen Hauses zu Thessalonike,
§ (34. Hagiugraplu'n. 1. Markus Uiakumis. 309
war Porpliyrius, etwa 25 Jahre alt ', nach Ägypten gezogen, um bei
den Vätern der Sketischen Wüste in die Schule zu gehen, und von
dort nach Palästina gewandert, um an den heiligen Stätten selbst ein
hartes Büßerleben zu führen. Bischof Johannes von Jerusalem, wie es
scheint, weihte ihn 31)2 zum Priester, Erzbischof Johannes von Cäsarea
bestellte ihn 395 zum Bischof von Gaza. Die dortige Christengemeinde,
sehr klein an Zahl und den Übergriffen der heidnischen Einwohner-
schaft wehrlos preisgegeben, hatte, wie Markus berichtet, um einen
Bischof gebeten, „welcher fähig wäre, in Werk und Wort den Götzen-
dienern entgegenzutreten" (c. 12). Schon 398 gelang es Porpliyrius, von
Eutropius, dem allmächtigen Günstling des Kaisers Arkadius, die Aus-
fertigung eines kaiserlichen Befehls zu erwirken, «daß die Götzen-
tempel der Stadt der Gazäer geschlossen werden und keine Orakel
mehr erteilen sollten" (c. 27). Der mit der Ausführung des Befehls
betraute Beamte, Hilarius mit Namen, schließt die Tempel, läßt jedoch,
durch eine große Summe Geldes bestochen, das Heiligtum des Gottes
Marnas^, das sog. Marneion, den vornehmsten aller Tempel, unangetastet.
Neue Belästigungen der gazäischen Christen durch die Heiden ver-
anlassen Porpliyrius, im Herbst 401 noch einmal und diesmal per-
sönlich in Konstantinopel vorstellig zu werden und die Vermittlung
der Kaiserin Eudoxia anzurufen. Er findet wiederum freundliches Gehör.
Auf Grund eines weiteren kaiserlichen Ediktes läßt der Ratsherr Cy-
negius. ein glaubenseifriger Christ, im Mai und Juni 402 alle Tempel
zu Gaza zerstören und auch das Marneion dem Feuer übergeben. An
der Stelle des Marneion wird unter tatkräftiger Beihilfe der Kaiserin
eine große Kirche erbaut, "welche Porphyrius zu Ostern 407 mit nicht
geringem Gepränge einweiht und zu Ehren der schon verstorbenen
Kaiserin Eudoxiana nennt.
Am 26. Februar 420 hat Porphyrius im Alter von etwa 72 Jahren
seine Augen geschlossen. Gleich darauf, spätestens 421, hat Markus
seinen Bericht verfaßt. Vermutlich Kleinasiate von Geburt und seines
Zeichens Schönschreiber (KaXXrrpüqpoc;), hatte Markus um 390 auf einer
AVallfahrt nach Jerusalem Porphyrius kennen gelernt und sich ihm
angeschlossen, um ihn nie mehr zu verlassen. Um 396 w^eihte Por-
phyrius ihn zum Diakon. Selten wird es einen treueren Jünger, selten
einen liebevolleren Meister gegeben haben. ..Ich bitte", schreibt Markus
eingangs, diejenigen, denen diese Schrift in die Hände fällt, nicht
,.
mißtrauisch zu sein gegen ihren Inhalt. Denn ich bin Augenzeuge der
Tugendhaftigkeit dieses Mannes gewesen. Ich habe mit ihm zusammen
gewohnt und zusammen Reisen gemacht und zusammen Leid erduldet
'
Vgl. die „Fasti Porphvriani *
bei Xntli. De Mairi Diaconi A^ita Porphyiii.
Bonnae 1897. 20 ff.
- Der syrische Name ,Marna" ist soviel als .Unser Herr".
310 t)''" gricfhisclie liitcmtur des fünften Jalnliiinderts.
bis zum letzten Tage seines diesseitigen Lebens"(c. ;}). Kurz zuvor
hatte er gesagt: „Da er ein so glühender Liebhaber Christi war, ist
er bereit gewesen, alles zu erleiden und auszuhalten. Wie viele An-
griffe hat dieser Mann von
unsern Gegnern erfahren! Wieviel Spott
und Hohn hat er über sich eigehen lassen!" (c. 2.) Aber nur zu Eingang
wird Markus Lobredner. Im Verlauf ist er streng chronologisch und
sachlich verfahrender Historiker.
Einer Stelle ist noch besonders zu gedenken. Während des Baues
der Kirche an der Stelle des alten Marneion kam eine Manichäerin
Julia von Antiochien nach Gaza und wußte dort weniger durch ihr
Wort als vielmehr durch ihr Geld einige schwache Christen von ihrem
Glauben abwendig zu machen. Von Porphyrius zur Rede gestellt,
forderte sie den Bischof zu einer öffentlichen Disputation heraus, die
ein erschütterndes Ende nehmen sollte. Nachdem Julia viele Stunden
lang „geschwätzt und gelästert hatte", kündigt der Bischof ihr die
Strafe des Allmächtigen an, und sofort verstummt ihr Mund, und ohne
die Sprache wiedererlangt zu haben, gibt sie den Geist auf. Die ganze
Disputation war auf Geheiß des Bischofs durch den der Tachygraphie
kundigen Diakon Kornelius zu Papier gebracht worden, und eine kürzere
Darstellung des Ganges der Verhandlung oder eine zusammenfassende
Bearbeitung des umfangreichen Protokolls hat unser Markus der Öffent-
lichkeit üljergeben (c. 88). Diese Schrift scheint verlorengegangen
zu sein.
'
Lietzmann. Das Lel)en des hl. Symeon Stylites. Leipzig IHOS. -iläif.
-'
Vgl. die Bemerkung ülier die neutestamentlichen Apokryphen Bd. 1^ dieses
Werkes. Freiburs i. Br. 191378. 500.
312 Dil' grit'diisflu' Literatur des fünften .Tahilmnderts.
'
In den .\ni;iil(en üliei- die llidie dieser Postamente ditVeiieren die Quellen
Viil. die Zusaninienstelhuiü: liei l-iet/.nianii a.a.O. '2\\K
§ 64. Hagiogiaphcn. '2. Biographen des hl. .Simeoii Stj-lites. 313
Wie viele ferne Araber,welche nicht einmal wußten, was Brot ist,
sondein sich von dem Fleische der Tiere nährten, kamen und sahen
den Seligen und w^urden Jünger und Christen, entsagten den Bildern
ihrer Väter und dienten Gott Wie viele L^nterdrückte wurden durch
I . . .
frei von denjenigen, welche ihnen Gewalt antaten Wie viele Sklaven I
wurden entlassen und ihre Scheine vor dem Heiligen zerrissen! ..."
Dem Texte der syrischen Vita sind schon in einer Handschrift
des 0. Jahrhunderts zwei Beilagen angeschlossen - ..Vorschriften und :
'
Nach der Übersetzung Hilüenfelds bei Lietzniann a. a. 0. 107 f.
">.
^ Sielie die zwei noch griechisch erhaltenen Briefe des Kaisers bei 3Iansi
281—284. abgedruckt bei Lietzniann a. a. O. 1112—194.
314 I^it' griechische Literatur des fünften Jalirhunderts.
angeklopft, um iliii für die Union zwischen Cvrillus und den Orientalen
zu gewinnen '.
In Sachen des Konzils von Chalcedon hat Simeon, wie der Kirchen-
historikei- —
Evagrius berichtet, an Kaiser Leo I. (457 464) und an Patriarch
Basilius —
von Antiochien (450 458) geschrieben -. In dem Briefe an Ba-
silius, aus welchem Evagrius einige Stellen aushebt, bezeugt Simeon, daß
er in dem Glauben der Väter von Chalcedon leben und sterben wolle. Der
Brief an Leo ist sonder Zweifel eine Antwort auf die Rundfrage des
Kaisers bezüglich des Chalcedonense gewesen und für Aufrechterhaltung
der Beschlüsse des Konzils eingetreten. In syrischen Florilegien mono-
physitischer Herkunft und Tendenz haben sich unter dem Namen Simeons
zwei Briefe gefunden, welche das Konzil von Chalcedon in feierlich.ster
Form verfluchen, der eine an Kaiser Leo, der andere an einen be-
rühmten zeitgenössischen Aszeten, Jakob von Kaphra Rechima, gerichtet''.
Die Forscher sind allgemein und mit Recht der Ansicht, daß diese
Briefe von monophysitischer Hand gefälscht sind. An die Stelle der
chalcedonfreundlichen Briefe hat man chalcedonfeindliche Briefe gesetzt.
Die griechische ,Yita S. Simeonis Stylitae*" ward zuerst zum Druck be-
tordert durch A. .J. Papadoi^ulos-Kerameus in der XuXXofn TTaXaiaTivriq Kai
XiipiaKflq AYioXofia^, Bd. L St. Petersburg 1907. Es folgte die Ausgabe von
H. Lietzmann. Das Leben des lil. Spneon Stylites usw. (Texte und Unter-
suchungen zur Gesch. der altchristl. Lit. 32. 4). Leipzig 1908. AVar der erste
Herausgeber auf eine St. Petersburger Handschrift angewiesen, so hat Lietz-
mann eine Reihe von Handschriften benützt, die aber so vielfach auseinander-
gingen, daß es nicht möglich war. durch die üblichen Metboden kritischer Sich-
tung einen Urtext herzustellen. Auf jede Rekonstruktion verzichtend, hat deshalb
Lietzmann einfach den Text der Haupthandschriften gegeben, des cod. Paris,
gr. 1468 saec. XI (A) und des cod. Vatic. 797 saec. XI (X). mit einer Aus-
wahl von Varianten anderer Handschriften. AufBerdem hat er eine lateinische
Übersetzung beigefügt, welche sich in zwei Pariser Handschriften, saec. XII
und saec. XV. fand. Über zwei andere, schon in den Acta SS. lan. 1. Ant-
verp. 1643. 264 — —
269 und 269 274. gedruckte lateinische Übersetzungen siehe
Lietzmann a. a. 0. 208 f. —
Die syrische Leben.sbesehreibung Simeons ward
herausgegeben durch St. Ev. As.semani. Acta SS. Martyrum 2. Romae 1748.
2(i8— 398. sowie neuerdings durch P. Bedjan. Acta ^lartyrum et Sanctorum 4.
Paris. 1894. 507 —
()48. Eine trefiliche deutsche Übersetzung des sn-ischen
Textes gab H. Hilgenfeld bei Lietzmann a. a. 0. 79 —
188 eine englische Über-
:
'
Das ergibt sidi aus i-iiu-ni HricfV Tlieodorets l)ei Lietzmann a. a. ( •. --'> und
einem Briefe .\lexaiulers von Hierapolis ebd. l!t"2.
- Evagr. Schol., Hist. eccl. 2. 10: vgl. Lietzmann a. a. <). I!t4 f.
'
Es ist der Gerontius. den wir früher fij iA, 4 als Biographen der hl. .M»
setzung liegen nur noch ein paar Worte vor. Übrigens hat Zacharias auch
in seiner sehr wahrscheinlich früher geschriebenen und in syrischer
Übersetzung erhalten gebliebenen sog. „Kirchengeschichte" dem Djerer
eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Sikorski ist der Ansicht,
Zacharias habe seine „Vita S. Petri" zweimal, zuerst in umfassenderer
und später in knapperer Form der Öffentlichkeit übergeben, und das
erwähnte kleine syrische Fragment stelle einen Rest der zweiten Aus-
gabe dar, während die erste Ausgabe, die bereits um 490 ans Licht
getreten sei, der vorhin genannten anonymen griechischen Biographie
als Quelle gedient habe Doch ist weder für die zweimalige Ausgabe
'.
der Schrift des Zachaiias noch auch für die Abhängigkeit der anonymen
Biographie ein irgendwie ausreichender Beweis zu erbringen.
Eine „Vita S. Petri" in georgischer Sprache stammt aus später
Zeit und ist durchaus sekundären Charakters, ja insofern sogar völlig
unhistorisch, als sie den monophysitischen Bischof zu einem orthodoxen
'
Der Urtext wird zitieil hei Kvayr. SchdI.. liist. eccl. 2, S.
-'
Die Üliersetzung des syrischen Textes bei Raabe Petrus der Ilierer. Leipzig
is;|-). 7;t f. b.ilarf (h'r Herichtigung. Wie Nöhh>ke im Lit. ZentralWatt ISitf). 494.
erinnerte. Iml Ii,i;ilic ui< lit erkannt, ihil.'t der Verfasser der Biographie a. a. 0. von
sicli sellisl redet.
'
Sikorski im !•_'. .lalueslieritiit der Schh'sischi'U (iesellseli. f. vaterlänil. Kultin-.
Breslau lith"). Bd. 1. Ahi. l a. S. 7 W.
4? <)4. Hagiographen. 'S. Biographen Petrus des Iberers. 317
schaft f Vaterland. Kultur. Breslau 1915. Bd. 1. Abt. 4 a, S. 7 ff. Die syrisch
überlieferten Plerophorien des Bischofs Johannes von Majuma sind durch F. Nau
herausgegeben worden, zuerst fi-anzösisch in der Revue de 1' Orient Chretien 3
—
(1898) 232 259 337 —
392 (separat Paris 1899), und sodann syrisch und latei-
nisch in der Patrologia Orientalis 8. Paris 1912. fasc. 1.
Zacharias Rhetor erzählt in seiner sog. Kirchengeschichte, bei Ahrens und
Krüger a. a. 0. 17 f.. von einem Johannes Rhetor zu Alexandrien,
welcher häi-etische. d. i. im Sinne des Gewährsmannes antimonophysitische oder
orthodoxe Schriften veröffentUcht habe, und zw^ar nicht unter seinem eigenen
Namen, sondern die eine unter dem Namen des monophysitischen Gegenpatri-
archen Theodosius von Jerusalem, die andere unter dem Namen Petrus des
Iberers. Über diesen Johannes Rhetor und seine Sclmften mangelt sonst
jede Kunde.
318 I*'t' .syrische Literatur des vierten und fiiiifteu .laliiliiiiiderts.
Zweiter Teil.
'
Sielie Md. 1 -. .S. 27.
-'
'
Über diese svri.-irlie Üljersetzungslitciatui- sii'lie Duval. lia littt'rature .^yriaque''.
Paris 1907. 304 ff.: Baumstark, (iesrli! der svr. Lit.. Hoiui Ut^'i. 7;') ff. Dali ander-
.seits. alter in untjleicli i<ieinereni Tinfan,:^. auch eiiu' ÜliersetziHi,^ .syrisclier Literatur-
denkmäler ins (Jriechisclie stattirefundeii hat. hiaurht. weil selhstverständlich. nicht
hetont zu werden.
:
Die einzelnen Bände sind niclit fortlaufend numeriert, sondei-n nach einer sach-
lich-chronologischen Anordnung des Gesamtniatorials.
G. Bickell, Conspectus rei Syrorum literariae, additis notis bibliographicis
et excerptis anecdotis, Monasterii 1871, 8", wollte zunächst nur die Druck-
ausgal)en syrischer Texte verzeichnen (S. 5). Ein ganz dürres, aber durch
Vollständigkeit und Genauigkeit ausgezeichnetes Verzeichnis der Druckausgaben
syrischer 'J'exte lieferte E. Nestle in seiner ,I3revis linguae Syriacae graniniatica".
Carolsruhae 1881, und wiederum in seiner , Syrischen Grammatik". Berlin 1888.
unter der Aufschrift ,Litteratura Syriac-a'" (mit besonderer Paginierung). Den
ersten Versuch einer Geschichte der syrischen Literatur bot W. Wiight, Syriac
Literature The Encyclopaedia Britannica. ed. 9. vol. 22. Edinburgh 1887.
:
—
824 856. Ein vermehrter Abdruck dieses gehaltvollen Artikels erschien nach
des Verfassers Tode unter dem Titel ,W. Wright t. A Short History of Syriac
Literatm-e". London 1894, 8*^'. (In der 11. Ausgabe der Encyclopaedia Britan-
nica. vol. 26. Cambridge 1911, 310 —
317, steht ein kurzer Artikel .Syriac
Literature'" von N. McLean.) Auf Wright folgte R. Duval. La iitterature
syriaque (Anciennes litteratures chretiennes 2). Paris 1899. 12"; 3. ed. 1907.
Die Masse des Buches, 3. Aufl., S. 1 —
324, entfällt auf die „premiere partie:
La Utterature syriaque et ses differents genres." Der ,deuzieme partie: Notices
sur les ecrivains syriaques". verbleiben S. 325 —
411. Bei P. Hinnebei-g. Die
Kultur der Gegenwart Tl. 1 Abt. 7 Die orientalischen Literaturen, Berlin
. :
1906, 103 —
123. findet sich eine kurze Darstellung des aramäischen Schrifi-
tums von Th. Nöldeke. In der , Geschichte der christlichen Literaturen des
Orients" von C. Brockelmann. Fr. N. Finck, J. Leipoldt. E. Littmann (Die Lite-
raturen des Ostens in Einzeldarstellungen 7, 2). Leipzig 1907, 1 66, hat —
Brockelmann die syrische Literatur behandelt. A. Baumstark hat in seinen
Christlichen Literaturen des (Orients 1 (Sammlung Göschen 527), Leipzig 1911.
—
34 106, gerade ,das christlich-aramäische Schrifttum'* mit sichtlicher Vorliebe
besprochen und sodann eine großzügige und inhaltschwere , Geschichte der syri-
schen Literatur, mit Ausschluii der christlich-palästinensischen Texte", gespendet,
Bonn 1922. 4".
Über die syrische Poesie im besondern handeln P. Martin. De la metrique
chez les Syriens (Abhandlungen für die Kunde des Morgenlandes 7, 2), Leipzig
1879. H. CTrimme. Der Strophenbau in den Gedichten Ei>hräms des Syrers,
mit einem Anhang über den Zusammenhang zwischen s}Tischer und byzan-
tinischer Hymnenform (Colleetanea Friburgensia 2). Freiburg i. d. Schweiz 1893.
Ders., Grundzüge der syrischen Betonungs- und Verslehre: Zeitschr. der Deut-
schen Morgenland. Gesellschaft 47 (1893) 276—307. A. Baunigartner, Gesch.
der Weltliteratur 1. 3. Aufl.. Freiburg i. Br. 1901, l79-*226. A. Baumstark,
Syrische und hellenistische Dichtimg: Gottesminne, Monatschrift für leligiöse
Dichtkunst, Jahrg. 3 (1905) 570 593. —
Ders., Psahnen vortrat und Kirchen-
dichtung des Orients: ebd. 7 (1912/13) 290—305 413—432 540—558 887—902.
A. Rücker. Die liturgische Poesie der Ostsvrer: Görres-Gesellschaft. dritte Vereins-
scln-ift 1914. Köhri914. 54—77.
Adiabene '
und dem „Syrus Sinaiticus", vor, beide mehr oder weniger stark be-
einflußt durch den Wortlaut des Diatessaron. Die Herkunft der Über-
setzung der übrigen neutestamentlichen Schriften verliert sich gänz-
lich im Dunkel. Die Mehrzahl der katholischen Briefe, 2 Petri, 2 und
3 Johannis und Judae. sowie die Apokalypse, also im wesentlichen die
Schriften, welche Eusebius an einer berühmten Stelle (Hist. eccl. 3, 25)
als dvTi\eYÖ|ueva bezeichnet, sind auch noch der Peschittho von Haus
aus fremd gewesen.
Spätere syrische Bibelübersetzungen sollten gelehrten Zwecken
dienen. Im Jahre 508 hat der jakobitische Bischof Philoxenus von
Mabbug durch den Chorbischof Polykarpus die ganze Bibel aus dem
Griechischen ins Syrische übersetzen lassen. Im Jahre 616/617 hat der
jakobitische Bischof Paulus von Telia den hexaplarischen Text der
Septuaginta mit allen seinen Zusätzen und Variantenangaben peinlichst
wörtlich ins Syrische übersetzt. Diese syrisch-hexaplarische Version,
gewissermaßen eine sechsfache Rezen.sion des Alten Testaments, scheint
den Anlaß gegeben zu haben, daß inan das rezipierte Alte Testament,
die Übersetzung aus dem Hebräischen, Peschittho (np-j-'Ujd), „einfache"
Rezension, nannte, im Anschluß an die Griechen, welche die Septua-
ginta drrXd, die hexaplarische Septuaginta eEaTrXd hießen'. Kommende
Geschlechter haben den Namen vom
Alten Testament auf die ganze,
in kirchlichem Gebrauch befindliche syrische Bibel übertragen und von
einer Peschittho des Alten und des Neuen Testaments gesprochen.
Üljer Tatiaiis Diatessavon siehe Bd. 1. 2. Aufl.. S. 273 ff. Ein Überblick —
über die syrischen Bibelübersetzungen bei Duval, La Utterature syriaque. 3. Aufl..
Paris 1907, 25 —
53; bei Baumstark. Gesch. der syr. Lit.. Bonn 1922, 17 26. —
Vgl. P. Cr. Burkitt. Urchristentum im Orient, deutsch von E. Preuschen. Tü-
bingen 1907. 25 51 —
,Die syrische Bibel."
: 0. K. R. Klein. Beiträge zur
Kenntnis der syrischen Übersetzungen des Neuen Testaments nebst Probe eines
S3a-isch-gnechischen Evangelien-Vokabulars (Inaug.-Diss.). Heidelberg 1914, 8^.
8iche Bd. 1. 2. Aufl.. S. 4(il f. 4()4.* Nouoro Literatur ist nicht nachzutragen.
'
So ist der erst seit dem II. .Tahrluindert naelnveisliare Name Peseliittlio zuei-st
erklärt worden von Fr. Field. Oiigenis Hexai)loruni quae supensunt, O.xnnii ISlJT ad
IHTf). 1. VioU'ii. IX. ^
i^ <>tj. Aus der (Vülii-stcn Jugendzeit der cliristlicli-.syii.sclK-ii Mtoiatur. 325
Geiste und Griffel geflossen, während sich noch nicht entscheiden läßt,
ob dieser Griffel griechisch oder .syrisch schrieb.
Über die Thoniasakten siehe Bd. L 2. Aufl.. S. 579 ff. C'ber die hterarische
Tätigkeit des Bardesanes und des Hannouius ebd. 364 ff. Über die „Oden und
Psahnen Salomos* ebd. oB8 ff. Den I^iteraturangaben wäre jetzt namentlich
noch beizufügen G. Kittel, Die Oden Salomos überarbeitet oder einheitlich ?_
Mit zwei Beilagen 1 Bibliographie der r)den Salomos 2. S}Tische Konkordanz
: . ;
der Oden Salomos. f^eipzig 1914, 8". Eine neue Textausgabe lieferten J. R.
Harris und A. Mingana. The <^>des and Psalms of Salomon. 2 voll.. Manchester
1920. 8«>.
326 Dit' syrisclic Litciatiir dfs vierten und rinilteii .liilirliiniilerts.
5. „Lehre d e s A p o s t e 1 s A d d ä u s. " —
Die sy risclie „ Lehre des
Apostels Addäus", welche in legendenhafter AVeise über die Christiani-
sierung Edessas durch Addäus, einen der 72 Jünger des Herrn, be-
richtet und dem edessenischen Staatsarchiv entnommen sein will,
gehört in der handschriftlich überlieferten Gestalt der Wende des
4. zum 5. .Jahrhundert an. Sie beruht jedoch auf w^eiterer Aus-
schmückung eines älteren Grundstocks, der sog. „Acta Edes.sena",
welche griechisch bei Eusebius (Hist. eccl. 1, 13) stehen und nach seiner
Angabe woitgetreu nach einem syrischen, dem Archiv zu Edessa ent-
stammenden Original übersetzt sind. Einzelne neuere Forscher postu-
lieren indessen als Quelle und Vorlage des Kirchenhistorikers vielmehr
einen griechischen Text, welcher sich zur Erhärtung seiner Urkundlich-
keit fälschlich als Wiedergabe eines syrischen Originals bezeichnet habe.
Siehe Bd. 1. 2. Aufl.. S. 590 ff.
wegen in liteiarischen Umlauf gesetzt ward. Noch weiüger darf der Brief
einen Platz in einer christhchen Literaturgeschichte beanspruchen, weil ^lara
kein Christ ist. wie Cureton glaubte, soiulern. wie Sclnütheß zeigte, ein Stoiker,
welcher abei- dem Christentum wohlwollend gegenüberstellt. Unter den großen
Weisen, die, von der Mitwelt verkannt, bei der Nachwelt um so mehr zu Ehren
gekommen seien, wird auK^er Sokrates und Pvthagoias auch .der weise König
der .luden" anfgefidu-t. der. von seinem Volke mit Undank belohnt, nunmehr
in seinen „neuen Oesetzen" fortlebe (^bei Schultheß a. a. O. 371 f.\ Doch i.st
dieser weise K(inig Mara allem Anschein nach nui- vom Hörensagen bekannt.
Zeit und Ort der Abfassung des Briefes bleiben zweifelhaft. l>ie Andeutungen
über ehie Jannnerszene. welche sich abspielte, als eine. Anzahl Samosatener
von den Römern nach Seleucia in (Jetangenschaft geschleppt wurde ^^Scludtheß
36S f.), gestatten keine chronologische Ausbeute, weil die (leschichte Samosatas
§ (;7. Apliraates, ilor persische Weise. 1. Leheiisiiinstäiidc. 307
zu wonig bekannt ist. Einen festen terminus a quo bietet erst die Stelle
über die Zerstreuung der Juden nach der Zerstiirung Jerusalems durch Titus
(Schultheß iMl f.). Als terminus ad quem will Schultließ (879) das Ende des
8. Jaiirhundorts. Duval (La litterature syriaque. o. Aufl.. 242) das 4. Jahrhundert
angesehen wissen.
1. Lebensum.stände. —
Der Name des ältesten syrischen Kirchen-
vaters gebührt Aphraates, dem „persischen Weisen", der in einer
längeren Serie von Abhandlungen einem wißbegierigen Freunde eine
Art Gesamtbild der christlichen Religion.slehre entrollte.
Neunzehn dieser Abhandlungen sind schon 175G durch den ge-
lehrten Kardinal N. M. A n t o n e 11 i in altarmenischem Texte und
lateinischer Übersetzung herausgegeben, zugleich aber in ein falsches
Licht gerückt worden. Im Anschluß an seine handschriftlichen Quellen
bezeichnete Antonelli Bischof Jakob von Nisibis, den Lehrer Ephräms
des Syrers, als den Verfasser der Abhandlungen und als den Adressaten
zwar nicht, wie die Handschriften wollten, Gregor den Erleuchter, den
Apostel Armeniens, aber doch einen armenischen Bischof Gregor späterer
Zeit. Aufgeklärt ward das Mifi Verständnis erst, als W. Wright 1869
jene neunzehn und noch vier weitere Abhandlungen unter dem Namen
des persischen Weisen Aphraates im syrischen Originaltext edierte.
Die ältere der beiden Handschriften, welche Wright benützte, aus dem
5. und 6. Jahrhundert, nennt in ihren Subskriptionen den Verfasser
einmal „den persischen Weisen" und zweimal „Mar Jakob den persischen
Weisen"; die jüngere, übrigens auch noch aus dem G. Jahrhundert,
nennt ihn wiederholt „den persischen Weisen" ^ Spätere syrische Autoren
aber versichern übereinstimmend, daß der Träger des Ehrentitels des
persischen Weisen mit seinem eigentlichen Namen „Afrahat" geheißen
hat, syrische Aussprache für das persische „Frahat", gräzisiert
„Aphraates"-. Wenn er, wie jene ältere Handschrift bezeugt, außerdem
auch noch Jakob hieß, so ist anzunehmen, daß er diesen Namen ent-
weder bei der Taufe erhalten oder bei der Erhebung zum Bischof
angenommen hat. Er war von seinem Freunde brieflich um geistliche
Belehrung ersucht worden, und dieser Brief ist in den Handschriften
den Abhandlungen voraufgeschickt. In den erhaltenen syrischen Hand-
schriften sind jedoch die ersten Zeilen, welche jedenfalls auch den
Namen des Briefstellers enthielten, abhanden gekommen. Sehr wahr-
scheinlich aber hat der Briefsteller sich Gregor genannt, und dadurch
Näheres über diese Subskriptionen in der neuen Ausgabe des syrischen Textes
'
'
Jakolj von Nisibis. gest. 338. hat überhaupt keine Schriften hinterlassen.
Vgl. Parisot a. a. 0. xxx f. Von einem gefälschten Briefe Jakobs von Nisibis an
Papa von Seleucia wird weiter unten. Abs. 4. die Rede sein. Über sein Lelien und
Wirken siehe P. Peeters. La legende de St. Jacques de Nisibe: Analecta Bollandiana
3.S 1920; 285-373.
- Gennad.. De vir. ill. c. 1. Über die Quellen, aus welchen (iennadius seine
Angaben ge.schöpft lialien mag. vgl. Czapla. (iennadius als Literarhistoriker. Münster i.W.
ISJtS. 6 ff.
•'
Verfehlt war es auch,
wenn neuere Forscher den pirsischen Weisen mit dem
aus Tbeodoret von Cyrus Hist. rel. S; Hist. eccl. 4. 23—24 bekannten Perser Aphraates
oder mit dein gleichfalls bei Tbeodoret (Hist. rel. 2 auftretenden Perser Jakob identi-
fizierten. Siehe darüber Schwen. Afrahat. Berlin 1907, 7 iT.
Diese Daten finden sich Tract. 22. 2;") und 23. 6^. Ich zitiere hier und im
*
Folgenden nach der .Abteilung der Traktate oder Abhandlungen in der Ausgabe Parisots.
^
Tract. 14. üO: ^im Jahre 35 des Perserkönigs Sapor" 22. 25: .im Jahre 35
:
des Perserkönigs" : 23. tut; .im Jahic .St? des Perserkönigs Sapor. der die Verfolgung
ins Werk ge.-^etzt hat".
5? '57. Apliraates, der persische Weise. 2. Die 23 Abhandlungen. 329
2. Die 23 Abhandlungen. —
Als Hinterlassenschaft des per-
sischen Weisen wie gesagt, 23 Abhandlungen auf uns gekommen,
sind,
und über ihre Echtheit und wesentliche Unversehrtheit ist kein Wort
'
Über das einzelne siebe Forget, De vita et scriptis Aphraatis Sapientis Persae,
Lovanii 1882, —
80 103: ,De Aphraatis dericali et episcopali miniere"'; 103 — lOJt:
„De statu monastico Aphraatis''.
- Die Stelle über die Handauflegung Tract. 14. 20 ist für sich allein noch nicht
ausschlaggebend, weil nicht ganz klar. Richtiger aber als bei Forget a. a. O. 93
dürfte diese Stelle bei Parisot a. a. 0. 1, 634 übersetzt sein.
^ Siehe Parisot a. a. 0. 1. Pi-aef. Lxxni A-gl. xii xx f.
:
Die Notiz ül>er den persischen Weisen hei Ebedjesu. gest. 1318, lautet in der
-
Übersetzung Assenianis Bihl. Orient. 3. 1, 85: „Duos coniposuit tomos nee non ora-
tiones ordine alphal)etico digestas." Man kann alier auch mit Parisot a. a. 0. 1,
Praef. xi f. übei-setzen „Duos coniposuit tomos complectentes sermones ordine alpha-
:
betico digestos." Und unter diesen zwei Bänden sind, wie wir noch hören werden,
unsre Abhandlungen verstanden.
'
Siehe die Zusammenstellung bei Parisot a. a. 0. 1, Praef. xxu.
Tract. 10. !t und '2'2. 25.
'
Endlich ist 23, G9 noch einmal die Rede von den
.22 früheren Kapiteln, welche nach den Huchstaben ireoi-dnet sind, einer nach dem
andern".
S (u. Apliiaate.s. ilcr pd-sische Weist'. "2. Die 2.'5 Abliandlungen. 331
„habe icli im Jahre <)4H des Reiches Alexanders, des Sohnes Philipps
von Mazedonien, geschrieben, wie am Schlüsse derselben bemerkt ist.
die zwölf letzten aber schrieb ich im Jahre 055 des Reiches der
Griechen und der Römer oder des Reiches Alexanders und im Jahre 35
des Perserkönigs." ' —
Diese Angabe ist sehr dankenswert. Zwischen
dem ersten und dem zweiten Teile des Werkes - liegt ein Intervall von
sieben Jahren. Auch im Texte hat der Fortschritt der Zeit bedeut-
same Spuren hinterlassen.
Die zehn ersten Abhandlungen sind im einzelnen überschrieben
wie folgt: 1. „Vom Glauben"; 2. „Von der Liebe" 3. „Vom Fasten"; ;
'
Tract. 2'2. 'iö. Es ist imnieiliin heachtensweit. daß hier vom Verfasser selbst
auf i'iiie Bemerkung am Schlüsse der zelniten Rede verwiesen wird, welche in unsem
Handschriften felilt.
-'
Aus dieser Zweiteiligkeit des Werkes erklärt sich die soeben angezogene Notiz
Ehedjesus über ,zwei Bände" des persischen Weisen. Schon un.sre älteste Hand-
schrift besteht aus zwei Bänden, die Reden 1 10 und die Reden 11— -23 umfassend. —
Vgl. Parisot a. a. 0. Lxvni flf.
^
Unter Ablehnung der herkömmlich gewordenen Übersetzung des syrischen
N^'p ':z. .Bundessöhne" oder Bundesangehörige, empfahl W^ensinck ^Zeitschr. der
— :
;
14. „Von der Belehrung" 15. .Über die Unterscheidung der Speisen":
:
Deutschen Morgenland. Gesellschaft G4 [HHO] älll wie mir scheint, mit triftigen
t!'. .
Die These Burkitts Urchristentum im Grient. Tübingen 1907, 88 ff.\ die Bundes-
söhne seien die getauften Laien, welche auf die Ehe hätten verzichten müssen, im
Gtegensatz zu den ungetauften Katechumenen, welche noch hätten heiraten dürfen,
während die Taufe ein Privileg der Eheloseu gewesen sei. ist durchaus verfehlt
vgl. Connolly in The .Journal of Theol. Studies <5"l90r> ;V2-2if.: Koch in der Zeitschr.
f. (1. neutest. Wiss. 12 (19ir 37 ff.
Über eine Disputation des Verfassei-s selbst mit einem gelehrten .luden wird
'
Tract. 21.1 ff. Bericht erstattet. Über die Streitigkeiten zwischen .luden und Christen
überhaupt vgl. Funk. Die hagnadischen Elemente in den Ho7nilien des Aphraates,
Wien 1891. 11 ff
§ *u. Aphraates. der persische Weise. 2. Die 23 Altliainlliingen. 333
19. -Gegen die Juden, darüber daß sie sagen, sie würden wieder ver-
sammelt werden" 20. „Über die Unterstützung der Annen" 21. -Von
; :
der Verfolgung"; 22. -Vom Tode und den letzten Zeiten". Die —
Ausführungen gegen die Juden drehen sich, wie zu erwarten, um
jene Sätze, welche auch bei den Griechen und Lateinern den Haupt-
gegenstand der antijüdischen Apologien bildeten: den organischen
Zusammenhang zwischen dem Alten und dem Neuen Bunde, die
Messianität und Gottessohnschaft Jesu, die Abrogation des mosaischen
Gesetzes. Die Aufsätze 14. 2() und 22 verfolgen anderweitige Ziele.
ohne daß ihre Einreihung in diese Serie irgendwie motiviert würde.
Störend ist insbesondere der lange Aufsatz 14 -Von der Belehrung",
ein Hirtenschreiben, welches Aphraates im Februar März 344 als
AV^ortführer einer nicht weiter bekannten Synode an Ivlerus und Volk
zu Seleucia-Ktesiphon am Tigris und die umliegenden Gemeinden
gerichtet hat. Es betrifft unliebsame Vorkommnisse im persischen
Klerus. Aus der Adresse des Schreibens wird meist, wenngleich
mit zweifelhaftem Recht, gefolgert, daß die Synode zu Seleucia-
Ktesiphon tagte.
Ob Aphraates Anlaß liatte, die Unverletzlichkeit der Reihenfolge
seiner Aufsätze so sehr zu betonen, muß nach diesem Überblick sehr
fraglich erscheinen. Von einem kunstgerechten Aufbau des Werkes
darf schwerlich die Rede sein.
Im Jahre 345, Jahr nach der Niederschrift des zweiten Teiles,
ein
hat der Verfasser seinem Werke noch ein umfangreiches Schreiben
angefügt, welches durch einen zweiten, uns nicht erhaltenen Brief
seines Freundes veranlaßt worden war. Dasselbe handelt ..Von der
Beere", d. i. von der gesegneten Beere, derentwegen die Traube nicht
dem Verderben preisgegeben wird (Is 65, 8), oder von der kleinen Zahl
von Gerechten, um derentwillen die undankbare, gottlose Gesamtheit
verschont bleibt. Obwohl nämlich, führt der Verfasser aus, die Welt
der Sünden und Frevel der Menschen wegen vertilgt werden müßte,
so pflegt das Gebet weniger Frommen das ganze Geschlecht vor dem
verdienten Strafgericht zu bewahren, wenngleich freilich auch Tage
kommen, in welchen das „Maß der Sünder überläuft und den Zorn
des Höchsten weckt" (23, 3). Den Beweis liefert ein Rückblick auf
die Geschichte der Menschheit von Adam bis auf Christus. Das Schluß-
wort besagt: -Diesen Brief, mein Lieber, habe ich dir geschrieben im
Monat Ab des Jahres 656 des Reiches Alexanders, des Sohnes Philipps
von Mazedonien, und im Jahre 36 des Perserkönigs Sapor, der die Ver-
folgung ins Werk gesetzt hat, im fünften Jahre nach der Zerstörung
der Kirchen, im Jahre, da das große Morden der Märtyrer im Lande
334 Diß syrische Literatur des vierten iiml fünften .lalirluinderts.
schrieben hatte, welclic nach den Buchstaben geordnet sind, einei' nach
dem andern" (23, 69).
Aphraates ist ein ehrwürdiger Kirchenoberer und Seelsorger, voll
Kifer für den Glauben der Kirche und von hohem sittlichen Ernst
getragen, aber mild und weitherzig und kindlich fromm. Seine „heiligen
Schriften" scheint er von Anfang bis zu Ende auswendig zu kennen.
AVerke der griechischen, etwa der westsyrischen Kirchenschriftsteller
sind nicht zu ihm gedrungen, auch keine Kunde von dem dogmatischen
Kampfe, von welchem gerade damals, als er schrieb, das ganze Römer-
reich widerhallte. Er schreibt schlicht und klar, leicht und fließend,
aber recht einförmig und breitspurig. Glücklich gewählte Bilder und
Gleichnisse geben der Darstellung etwas Farbe und Leben. J^inzelne
Naturschilderungen erheben sich zu poetischer Schönheit. Zur Ver-
anschaulichung seiner Schreibart und in etwa auch seiner Denkweise
mag eine möglichst wörtliche Wiedergabe des Epilogs seines großen
Werkes (22, 26) folgen.
,Dies habe ich geschrieben, gut ich es verstand. Wenn nun jemand
so
diese Reden liest und findet, oder jenes seiner Ansicht nicht ent-
dafs dieses
spricht, so darf er nicht anfangen zu spotten. Denn was in diesen Kapiteln
geschrieben ist, ist nicht nach dem Sinne eines einzelnen Menschen geschrieben
und aucli nicht zur Belehrung eines einzelnen Lesers, sondern nach dem Sinne
der ganzen Kirche - und zur Belehrung aller Gläubigen. Wenn jemand liest
und gelehrigen Ohres hört, so ist es gut; wenn nicht, so habe ich zu sagen,
daß ich für die der Belehrung zugänglichen Leute geschrieben habe und nicht
für die Spotter. Wenn ferner ein Leser findet, daß einzelne Dinge von uns
anders dargestellt werden als von einem andern Weisen, so soll er sich darüber
nicht beunruliigen. Denn ein jeder spricht zu seinen Hörern, so gut er es ver-
steht. Auch ich, der ich dies geschrieben habe, ich werde vielmeln*. wenn
meine Worte in diesem oder jenem Punkte mit den Worten eines andern Lehrers
nicht übereinstimmen, so sagen jene Weisen haben gut geredet, ich aber habe
:
so reden zu sollen geglaubt. Und wenn jemand das Wort ergreift und mich
eines Besseren belehrt über irgend eine Sache, so werde ich es ohne Widerrede
von ihm annehmen. Jeder, der die heiligen Schriften, die früheren und die
späteren, in beiden Testamenten liest und aufmerksam liest, der lernt und
kann lehren. Wenn aber jemand streitet über das, was er nicht versteht, so
empfängt sein (Jeist keine Belehrung. Er soll vielmehr, wenn er etwas findet,
was zu schwierig ist für ihn und dessen Bedeutung er nicht versteht, so sagen:
was geschrieben ist. ist gut geschrieben, aber ich vermag es nicht zu fassen.
Wenn er aber über das, was für ihn zu schwer ist. einsichtige Weise befragt,
die der Lehre nachforschen, und daiui über einen und denselben Punkt zehn Weise
ilnn zehn Antworten gel)en. so soll er wählen, was ihm gefällt, ohiu» jedoch
wegen dessen, was ihm idcht gefällt, die Weisen zu verlachen. Denn das Wort
(iottes gleicht einer l*erle. welche auf jeder Seite, wie du sie auch wendest,
'inen .schiuien Anblick bietet. Bedenke, o Lernender, was David sagt: .Von
'
Zur (Jcschicbte und Chronologie der Verfoli?uny unter Sapor vgl. Kniosko in
der l'atrologia Syriaeu 1. 2. Paris. PH)?, (iitf) if.
-'
In dem Texte bei l'arisot eol.. 104') I. I ist statt r-r- viehnelir rrri zu lesen.
S (i7. Apliraati'.s, dor persische Weise. 2. Die 23 Abhandlungen. 33Ö
allen meinen Lehrern habe ich gelernt" (P.s 119, 99). Und der Apostel sagt:
.Jede Schrift, die im Geiste Gottes ist, lies" (2 Tim 8, 16). Und: .Alles
prüfe, und was gut ist. behalte, und vor allem Bösen fliehe" (1 Thess 5, 21 f.).
Denn Avenn die Tage des Menschen sich ausdehnten wie die Tage der ganzen
Welt, von Adam bis zum Ende der Zeiten, und er suchte und forschte in den
heiligen Schriften, die ganze Kraft und Tiefe der Worte würde er doch nicht
erfassen. Die Weisheit Gf»ttes ist kein Mensch imstande zu ergründen, wie ich
in der zehnten Rede geschrieben hal)e. Dagegen sind die Worte aller jener
Lehrer, die nicht aus dem grofien Schatze schöpfen, verächtlich und verwerflich.
Denn das Bild des Königs wird überall, wohin es kommt, angenommen, die
falsche Münze aber wird zurückgewiesen und nicht angenommen'. Und wenn
jemand sagt, er wisse nicht, von wem diese Reden verfaßt seien, so möge er
sie nur ernstlich studieren, um den Verfasser sich zu kümmern, wird nicht von
ihm verlangt. Ich habe dies meiner Geringfügigkeit entsprechend geschrieben,
ein Mensch, geboren aus Adam und gebildet durch die Hände Gottes, aber ein
Schüler der heiligen Schriften. Denn unser Herr hat gesagt: .Jeder, der bittet,
empfängt, und wer sucht, findet, und wer anklopft, dem wird aufgetan' (Mt 7. 8).
Und der Prophet hat gesagt: .Ich werde ausgießen meinen Geist über alles
Fleisch in den letzten Tagen, und sie werden weissagen" (Joel 3. 1). Wer also
dies liest, soll, wie ich oben schrieb, gelehrigen Sinnes lesen und soll für den
Verfasser, einen Bruder der Gemeinschaft, beten, auf daß durch die Fürbitte
der ganzen Kirche Gottes seine Sünden vergeben werden mögen. Es gedenke,
wer liest, daß geschrieben ist: .Derjenige, der das W^ort hört, teile demjenigen,
der es verkündet, von allen Gütern mit" (Gal 6. 6). Und wiederum ist ge-
schrieben ,Der Säende und der Erntende sollen sich zusammen freuen" ( Jo 4, 36),
:
und ,Ein jeder soll nach seiner Ai'beit seinen Lohn empfangen" (1 Kor 3, 8).
:
und: .Nichts ist verborgen, was nicht einem jeden offenbar gemacht werden
wird' (Mt 10, 26)."
Handschriften und Ausgaben des Urtextes und neuere
Übersetzungen. Handschriften des syrischen Originaltextes der Abhand-
lungen besitzt, soviel bekannt, nur das Britische Museum zu London. Die
eine. A. aus dem 6. Jahrhundert, umläßt, von kleinen Lücken abgesehen, aUe
23 Abhandlungen. Die andere, B. besteht aus zwei Teilen, von denen der erste,
geschrieben im September 474. die Abhandlungen 1 —
10 enthält, der zweite,
geschrieben im Januar 510. die Abhandlungen 11 —
23 enthalten hat, jetzt aber
zu Anfang stark verstümmelt ist. Eine dritte Handschrift. C, vom Jahre 1364.
bietet nur ein Stück der Abhandlung 23. Genaueres bei Parisot in seiner Aus-
gabe, Praef. lxvii ff. Über eine vierte Handschrift, die gleichfalls nur einen
Abschnitt der Abhandlung 23 bietet, vgl. Schwen. Afrahat 11. Die erste —
Ausgal)e des syrischen Textes lieferte W. W^right, The Homilies of Aphraates.
the Persian Sage, edited from Syriac Manuscripts of the Fifth and Sixth Oenturies
in the British Museum, with an English Translation. Vol. 1 The Syriac Text. :
London 1869. 4*^'. Die angekündigte engb'sche Übersetzung ist nicht erschienen.
Die Abhandlungen 1 —
4 7 12 18 22 wurden nach Wrights Ausgabe ins Deutsche
übersetzt von G. Bickell, Ausgewählte Schriften der syrischen Kirchenväter
Aphraates. Rabulas und Isaak von Xinive (Bibliothek der Kirchenväter). Kempten
1874, 7 —
151. Sämtliche Abhandlungen wurden ins Deutsche übersetzt von
G. Bert. Aphrahats des persischen Weisen Homilien (Texte und L'ntersuchungen
zur Gesch. der altchristl. Lit. 3, 3—4). Leipzig 1888. Eine lateini.sche Über-
setzung der Abhandlung 21 bei J. Forget, De vita et scriptis Aphraatis
Sapientis Persae, Lovanii 1882. 330 —
353; eine englische Übersetzung der
*
Das Gleichnis von der falschen Münze findet sich auch Tract. 14. 47.
336 D''^ syrische Literatur des viei-teii iiml fünften Jahrhunderts.
Auge der Theologen wie der Philologen auf sich zieht. Den Philologen
reiztdas Sprachgewand seiner Schriften. der Sind dieselben doch
ältesteuns erhaltene syrische Originaltext größeren Umfangs. noch
durchaus urwüchsig und bodenständig gefärbt, ganz unberührt vom
Einfluß des Griechischen. ..Mit Recht kann man daher Afrahat den
Klassiker der altsyrischen Sprache nennen, und für Unter-
suchungen, die sich auf die Syntax beziehen, ist keiner so geeignet
wie er, als Quelle und Richtschnur zu dienen." '
Den Theologen fesselt
der Lehrgehalt der Schriften. doch zugleich die älteste authen-
Sind sie
tische Quelle über den Glauben und das religiöse Leben sowie die
kircldichen Zustände der syrisch redenden Christenheit des Sassaniden-
leiches und, um dies gleich vorwegzunehmen, ein überwältigendes
Denkmal der „ecclesia una, quae in multitudinem latius incremento
fecunditatis extenditur, quomodo solis multi radii, sed lumen unum" -.
'
Hartwig, Untersucliungen zur Syntax (le.s Afraates 1, Leipzig 1893, S.
-
De catli. eccl. iin. 5.
Cypr.,
'
Parisot nimmt Tract. B, 19 ein Zitat au.s dem Hohenlied 2. 1"2 f. und Tract.
23, -2 ein Zitat aus dem Prediger 10. 12 an. Schwen (Afrahat 31 f.'' bekämpft die
er.ste Annahme mit Recht, die zweite mit Unrecht.
Näheres hei Parisot a. a. O. Praef. xlii und Schwen a. a. 0. 33 f.. die sich
*
Erlangen 1881. 72 ff. Nach Parisot a.a.O. xlv würde Aphraates außer dem Dia-
tessaron auch schon das , Evangelium der Getrennten" gekannt haben. Anders Schwen
a. a. 0. 41 ff. und namentlich auch .1. Schäfers. Eine altsyrische antimarkionitische
Erklärung von Parabeln des Herrn. Münster i. W. 1917. 230—239.
BarfU'iilicwer. Gesch. der .nltkirclil. Literatur. IV 22
338 Di'^ sjrisdu' Literatur des vici-tcu und fiinfton .lalirhuiidert.s.
der katholischen Briefe sowie die Apokalypse auch noch der Peschittho
von Haus aus fremd gewesen. Irgend welche apokryphe Schriften
scheint Aphraates nicht benützt zu haben, wenngleich er manche jüdische
Traditionen über Pcrsfinlichkeiten und Ereignisse der Geschichte des
Alten Bundes eintiicht und auch angebliche Herrn- und Paulusworte
'
Nr. 17, gewidmet, deren Spitze sich indessen ausschließlich gegen die
Juden kehrt, weil der Verfasser von den arianischen Streitigkeiten
noch keine Kunde hat. Er vertritt aber den Standpunkt des Nieänums,
mag er auch den Terminus o^ooumoq nicht kennen. Zu Eingang jener
Abhandlung erklärt er: „Uns aber steht fest, daß Jesus, unser Herr.
Gott und Gottessohn ist, König und Künigssohn. Licht von Licht. Sohn
und Ratgeber, Führer und Weg. Heiland und Hiit und Sammler. Tür
'
Diesen Jiidiscluii Traditionen gilt die Dissertation Funks über die liaggadisclien
Elemente in den Itoniilicn des .\pliraates. Wien 1S91. Vgl. auch Selnven a. a. Ö
63 if.
- Sciiwen a. a. O. Ül iindet an den genannten lUei h^tellen .n u r Formeln. iil)er-
nommene Bruchstücke tien\der Anschauung", keine Belege für eine Trinitätslehre des
Aphraates. Aber wer eine fremde Anschauung übernimmt, macht sie damit docli
wohl zw seiner .\nschauung. Im AnschiuLi an die kirchlicjie Liturgie will Aphraates
dem (dauben der Kirclif Ausdruck ireben.
S tw. Apliraates. der pol•si^sl•he Weise. .'}. Lchranscliauung. ^^J)
'
Der Ausdruck .Licht vonLicht'' beweist keineswegs eine Kenntnis des S^-mbols
des Nicänums. Belege für diesen Ausdruck aus dem 3. Jahrhundert sind früher schon
einmal (Bd. '2^ S. 433) zusammengestellt worden. —
Das folgende sriV-c- s^n über-
•setzt Parisot: , Creator, Consiliarius"'. Ich übersetze lieber: ,Sohn und Ratgeber".
Die Trennung von der Wesenheit des Vaters ist nichts anderes als die Selbst-
'^
kommt, ohne daß etwas durch die Natur Gegebenes, in der natürlichen Ordnung
Begründetes dabei abgetan werden müßte".
340 ^'t^ syrische Literatur «Ics viei'teii iiiid tiiiiFteii .lalirliundiTts.
der Königssohn eingeht" (3, 2). Dieses ..Sakrament des Brotes des
Lebens" (11. Das eucharistische Brot
12) hat zugleich Opfercharakter.
ist laut 12, welches in der Kirche Gottes aufsteigt ''.
9 „das Opfer,
und dieses Brot wird auch IG. 3 in Rede stehen, wo es heißt: -Der
Prophet sagt von den Völkern, daß sie Opfei- darbringen werden an
Stelle des Volkes" (folgen die Worte Mal 1. 11: .Ir (l, 20). Das —
Bußsakranient betreffend seien wenigstens zwei Sätze der Abhand-
lung ..Von den Büßern" (7. 3) ausgehoben: „Ist der Mensch vom Teufel
verwundet worden, so darf er sich nicht schämen, seine Sünde zu
bekennen und von ihr abzulassen und als Heilmittel sich die Buße zu
erbitten." ..Wer sich schämt, kann nicht geheilt werden, weil er seine
Wunden nicht dem Arzte zeigen will, der die zwei Denare empfangen
hat, um damit alle, die verwundet worden sind, zu heilen."
Unter Berufung auf ..unsre weisen Meister" lehrt Aphraates, daß
diese Welt, in sechs Tagen erschaff"en, sechs .Jahrtausende lang be-
stehen werde (2, 4; vgl. 21, 11). eine Annahme, die bekanntermaßen
im Altertum sehr verbreitet war. Merkwürdiger ist die freilich auch
keineswegs singulare Meinung, daß die Seele nicht sofort mit dem
Tode des Menschen ihr Los in der andern Welt antrete, sondern bis
zur Auferstehung des Leibes in einem Zustande der Bewußtlosigkeit
oder des Schlafes verbleibe ((j, 14: S, 18: 22. 6), eines Schlafes übrigens,
der für den Gerechten süß. für den Frevler schwer sei (S. 19)'.
Christianisme dans {"Empire Perse. Paris 1904. 20 ft. Kmosko in der Patro- :
'
l'lier diese cscliatologisclieii Aiisicliteii liaiulelt weitläuüger Forget. De vita
et scriptis .\pliraatis 'JS4 ti'. Über Parallelen bei späteren Syrern vgl. aucli O. Braun.
Beiträge, zur (iescli. d. Eschatologie in den svrischen Kirchen: Zeitschr. f. katli. Theo].
IG {IH9-2) 27;{ ff.
S ()7. Aj)liraat<'s. <l('r pcrsisdic Weise. 1. Kalliulikiis l'a])ii von Selencia nsw. ;541
887 verfaßt, habe dazu dienen sollen, die Christen des Perserreichs zu er-
mutigen und vielleicht auch zui' Unterstützung der Römer im Kampfe mit den
Persern zu bestimmen die zweite (xrupjje stamme wohl aus den Jahren 8(58
:
bis 8(iS und habe nach Wiederherstellung des Friedens zwischen Römern und
Persern die persischen Christen in der Hoffnung auf baldiges Erlöschen der
Verfolgung bestärken wollen. Die Unechtheit sämtlicher Briefe ist nicht mehr
zu bezweifeln, um so weniger, wenn Papa, wie es sehr wahrscheinlich ist. schon
82(). und nicht, wie Braun (a. a. 0. ö64) annahm, erst 880 das Zeitliche ge-
segnet hat. Für die Entstehungszeit der Briefe al)er wird ein viel weiterer
Spielraum offen gehalten werden müssen. Die Notiz bei Barhebräus (Chronicon
eccles.. edd. Abbelos et Lamy 8. 31\ laut welcher einige behaupteten, die um-
laufenden Trostbriefe Jakobs von Nisibis und Ephräms des 8}Ters an Papa von
Seleucia seien vielmehr von dem nestorianischen Patriarchen Joseph von Nisibis
nach seiner Absetzung, d. i. nach dem Jahre 555 geschrieben worden, scheint
alle Beachtung zu verdienen (anders Braun. Das Buch der Synhados, Stuttgart
1900. 146). Und die eigentliche Tendenz der Fälschung oder Fälschimgen dürfte
die Verherrlichung des Patriarchats in einem seiner ersten und bekanntesten
Vertreter gewesen sein (vgl. Westphal a. a. i). 65 f.). Zwei der acht Briefe, —
der Brief Papas an Kaiserin Helena (Nr. 4) und der Brief Jakobs von Nisibis
an Papa (Nr. 5). sind inzwischen nach der von Braun benützten Handschrift
im syrischen Originaltext herausgegeben worden durch H. (rismondi. Linguae
Syriacae Grammatica et Chrestomatlüa. ed. 2. Berythi 19(H). Chrestom. 80 82. —
127 —180. Der aus dem Syrischen ins Armenische übersetzte Brief Jakobs von
Xisibis, dessen St. Ev. Assemani. Acta ss. martyrum orientalium et occidentalium.
Romae 174<S. 1. S2 f. gedenkt, ist nicht, wie Kniosko (a. a. 0. 66S) glaubt,
jener Brief Jako])s von Nisibis an Papa, sondern das unter den Abhandlungen
des Aphraates, die im Armenischen fälschlich Jakob von Nisibis zugeschrieben
werden, stehende Synodalschreiben an Klerus und Volk zu Seleucia-Ktesiphon
(Nr. 14)..
Eine deutsche Übersetzung der zweiten Rezension des Martp-iums nach der
Ausgabe Bedjans bei Braun. Ausgewählte Akten persischer Märtyrer. Kempten
1915 (Bibliothek der Kirchenväter), 5 57. — —
Ebedjesu spricht in seinem
342 ßie .syri-sclu' Litcratui- des viirt(;ii und riiiit't(.ii .l;ilirliuiidc'its.
Catalogus (Assemani. Bibl. Orient. ?>. 1. 51) von .Briefen'" Simeons Bar 8a1»bae.
ülnie auf den Inlialt oder die Adressaten einzugehen. In Handschriften werden
.Simeon ein paar kurze Hymnen und Antiphonen zugeeignet, welche Knioskn
«einer Edition der Akten des ^lartyi-iunis beigab, syrisch und lateinisch (a. a. <).
—
1048 1055). Ein über die hinunlisciie und die kircliliche Hierarchie handelnder
Traktat unter dem Titel .Buch der Väter**, welche)- gleichfalls Simeons Bar
8abbae Namen für sich in Ansjiruch nimmt, ist nicht vor dem 12. Jahrhundert
entstanden und wahrscheinlich von dem nestorianischen M'tnche Simeon von
Schanklava gegen Ende des 12. .Jahrhunderts verfaßt. Siehe J. Parisot. Le livre
des Peres (Extrait de la Science cathol.). Paris 1S9(i.
Ja, auch die Byzantiner beugen sich vor diesem Syrer, dessen Werke
sie durch Übersetzer kennen lernten, in uneingeschränkter Bewunde-
rung. Sozomenus, der Kirchenhistoriker, meint sogar. Ephräm habe
„an Schönheit und Glanz der Rede sowohl wie an Tiefe und Reich-
tum der Gedanken auch die berühmtesten griechischen Schriftsteller
übertroffen" Ein anderer griechischer Lobredner nennt Ephräm „den
•'.
'
Hier.. De vir. ill. ll.^..
-'
Belegstellen l'ci liamy. S. Kplnacin Syri llymiii
" '
vi Scnnonos 1. ^liTliIiniae
'
18H2. XXI ; 4 1!M)2 x.
•'
Sozom.. Hi.st. ecci. ."i. Ki.
*
Ps.-(!reir. Nvss. bei Miun.-. I'l'. (ir. Ul S24.
S (kS. Kpliräin der Syrer. 1. Literarliistorischc Heilcutuiiy. ;-i43
'
Vgl. Baumeartner. Gesch. der Weltliteratur 1 •'.
Freiburs i. Br. 1901. 1851".
34-1- '*'•' s.vii^'li"' l/itfiatiir des vit-itcii iiiid t'iiiit'Icii .Ialirlniii(lert.s.
ist „Madrasche" soviel als -Lieder zum Singen". Wie an früherer Stelle
schon bemerkt ward, pflegt die syrische Metrik die Silben zu zählen
ohne Rücksicht auf Quantität und Wortakzent. Der Ephrämsche Vers
hat meist sieben Süllen, niemals weniger als vier. Die Memre bestehen
aus beliebig langen Reilien gleich langer Verse. So ruhig wie mög-
lich dahinfließend, sind sie zum rezitierenden Vortrag durch einen
einzelnen bestinnnt und wollen bald der Belehrung bald der Erzählung,
also der Aufgabe der didaktischen und der epischen Poesie dienen.
Die Madrasche sind etwas kunstreicher ausgestaltet. Sie sind eigent-
liche Lieder bald lyrischer bald didaktischer Richtung, welche durch
einen Doppelchor gesungen werden sollen. Die Verse sind zu Strophen
von verschiedenem Umfang, von zwei bis zu fünfzehn Versen, zusammen-
gefaßt, und solche Strophen wechseln ab mit einem kürzeren, in der
Regel konstanten, seltener variierten Refrain \ Hauptsächlich bei den
Madrasche spielen aber auch akrostichische Künsteleien, wie wir sie
•'
Nöldeke in den Oöttinger Gel. Anz. 188'2. ir)0<i.
Ausgabe der Werke Ephräms 1. 1 spricht Ephräm von früher veröffentlichten .Memre
und Madrasche" über die (ienesis. In seinem .Testamente", dessen handschriftlicher
Text allerdings stark von späterer Hand überarbeitet ist. erzählt Ephräm von einem
Traume, den er als kleines Kind an der Brust der Mutter hatte. Auf seiner Zunge
sprolste eine Rebe auf. welche bis in den Himmel emj)orwHchs und Trauben und
Blätter ohne Zahl trieb. ^Die Trauben", lautet die Erklärung, .das waren die Memre,
und die Blätter, das waren die Madrasche." Siehe Duvals Ausgabe des .Testaments"
im .Journal Asiatique, S^r. 9, t. 18 ,1901 278 307. !^
"
In der soeben genannten römischen .\usgabe der Werke Ephräms ist leider
bei ib T Mehrzahl der Madrasche der Hefrain weuicelassen worden.
. :
'
Wemisleich sie von den Herausgebern oft gar nicht erkannt worden sind,
(ieiger hat auf diese Akrosticha aufmerksam gemacht in der Zeitschr. der Deutschen
Morgenland. (Jesellsch. 21 18G7 469 ff. Vgl. auch Bickell ebd. 2G 1872 809 ff.
- Weiteres über die formelle Seite der Diclitungen Ephräms bei Lamy. S. Ephraem
Syri Hymni et Serniones 3 1889 Proleg. itf.; 4 1902J 4(39 ff.: hei (irimme in der
Zeitschr. der Deutschen Morgenland, (iesellsch. 47 1893) 276 ff.
*
Daraus fällt Licht auf die Bemerkung des Sozomenus Hist. eccl. 3. 16 dals .
die Schriften Ephräms, im Unterschied von den Schriften anderer Autoren, dmch
die Übertragung ins Griechische kaum etwas von ihren ursprünglichen Vorzügen
verloren hätten, sowie auch auf das Urteil des Photius Bibl. cod. 196\ die ins Grie-
chische überti-agenen Schriften Ephräms seien .voll Anmut und Kraft*.
* Meyer, Fragmenta Burana 166. Das Nähere bei Meyer. Anfang und Ursprung
der lateinischen mid griechischen rhythmischen Dichtung, München 1885: abgedruckt
bei Meyer, Gesammelte Abhandhmgen zur mittellateinischen Rhythmik. Berlin 190.).
2. 1 ff
. Nachträge in den Fragmenta Burana. Berlin 1901. 149 ff. (Gesammelte Ab- :
liandluuijen 1. 7 ff
:
'
Sozom., Hist. e<rl. •{. K;. l'hot.. Hibl. cod. 1!m;.
- Baumstark. Die diristl. Literatiueii des Orients 1. Leipziir II'IL l'M.
•'
Sözom. a. a. (». '
Hier.. De vir. ill. 11;").
S (;H. Ephräm der Syier. '2. ÜlicrliefViiinü der Srlirilten. ;-J47
'
Der Beweis ward am ehdäßlicli.sten geführt von .1. Gildemeister. Ülier die an
der Königl. Preuß. UniversitätBonn entdeckten neuen Fragmente des ]\racariii.s. Leipzig.
18(j6. 9ff. : Über die in Bonn entdeckten neuen Fragmente des ]\Iacarius. Zweite.-?
Wort, p]lberfeld 18()7. 5 Die von H. .J. Floß in einem Bonner Universitätsprogramm
flf.
zum ;5. August 18(3(3 herausgegebenen .Fragmente des Macarius"' standen schon im
griecliischen Teile der römischen Ausgalje der Werke Ephräms.
;-J4;8
'^i*' svrisclic Literatur iIcs vieitfii und rüiirtcii .laliiliuiidcits.
'
( üMi'iiu'i.ster. Ülier die an «Ut Kiniiul. preuri. rniveisität Hcmn eiitdeektcn
iifiU'ii Fra;i;iiicnte des Macariiis II.
- Knimliaelur, ^^iszolle)l zu luimaiius. Müncluii l'.tOT. Tlt .\. 1.
' Kruniliaclier a. a. O.
— —
diese Rede fast w()rtlich aus der berühmten Kede (iregors von Xyssa .De dei-
tate Filii et Spiritus sancti et encomium
iustnm Abraham'" (Migne 4(). ö.^o
in
bis ö7()) entlehnt i.st. Mercati (a. a. (). 19
will das Abhängigkeitsverhältnis
ff.)
umkehren imd Gregor von >«vssa aus Ephräm schöpfen lassen. Das metrische —
„Encomium in 8. Basilium Magnum". in der römischen Ausgabe 2. 2<S9 29(i. —
bei Mercati a. a. 0. 113 —
1<S8, kann in der handschriftlich Ijezeugten Form nicht
von Ephräm sein, weil es auf den am 1. Januar 379 erfolgten Tod des Basilius
zurückblickt, während Ephräm. wie wir noch hören werden, schon im Juni 373
gestorben ist. Das griechische Wortspiel BacriXeioi; d\ri0inq f] ßädig tiuv dpetujv
(Mercati 145) dürfte die Originalität des griechischen Textes dartun. und endlich
scheinen die Berichte über einen Besuch Ephräms bei Basilius keinen Glauben
zu verdienen. Krumbacher. ]\Iiszellen zu Romanos (Abhandlungen der Kgl. Bayer.
Akademie der Wissensch.. Philos.-philol. Klasse. Bd. 24. Abt. 3), München 1907,
80 f.. möchte die handschriftliche Fassung des Enkomiiuns für die spätere Um-
arbeitung eines auf Ephräms Hand zurückgehenden Textes halten. Ebenso
Mercati a. a. 0. 133 ff. —
Mit der Rede auf Basilius fällt auch das umfang-
reiche metrische .Encomium in sanctos quadraginta martyres*". in der römischen
—
Ausgabe 2. 341 35(3. weil das letztere auf die erstere Bezug nimmt imd aus
derselben Feder stammt vgl. Krumbacher a. a. 0. 7(S ft.
: Zwischen den fünf
syrisch vorliegenden Hymnen oder Hymnenfragmenten auf die vierzig ^lärtyrer
von Sebaste (bei Lamy. S. Ejihraem S}Ti Hymni et Sermones 3, 937 958) —
und dem griechischen Enkomium besteht kein näherer Zusammenhang. Lamy
(a. a. 0. 4. xxix) sieht in diesem Enkomium eine freie Bearbeitung verloren
gegangener syrischer Hymnen Ephräms. —
Die Rede ,De sacerdotio**. in der
—
römischen Ausgabe 3. 1 6, steht, ebenso wie die vorhin erwähnte Rede ,In
Abraham et Isaac*", auch unter den unechten Werken des lü. Chrysostomus
(Migne, PP. Gr. 48, 1067 1070). —
In diesem dritten Bande der römischen
[Ausgabe finden sich übiigens auch Stücke aus echten Chrvsostomus-Schriften.
iSiehe Haidacher. Chrysostomus-Fragmente unter den Werken des Jil. Ephräm
Syrus: Zeitschr. f. kitth. Theol. 30 (190ü) 178—183. Ülier che griechischen
Texte im allgemeinen siehe C. Emereau. St. Ephrem le Syrien, son ceuvre litte-
raire grecque. Paris 1921. 8".
Eine reiche Sammlung von Schriften Ephräms in a r m e n i s c h e r Über-
setzung veröffentlichten die Mechitaristen zu San Lazzaro Venedig 183(>. .
4 Bde.. 80. Auf den Inhalt dieser Sammlung soll Abs. 4. gelegentlich der
Bibelkommentare Ephräms. etwas näher eingegangen werden. Es folgte eine
armenische Katene über die Apostelgescliichte .aus Cluysostomus und Ephräm'".
Venedig 1839. 8". Nach einer Mitteilung der Literarischen Rundschau 1S95.
51. entdeckte der Mechitarist J. Daschean einen Cyklus von 51 .Wechsel-
gesängen Ephräms" in armenischer Sprache. Ob derselbe inzwischen heraus-
gegeben worden ist. weiß ich nicht. Ein armenischer Text bildet wohl auch
den Gegenstand der armenischen Abhandlung von Fr. Murad: .Sechs neuent-
deckte Hymnen des hl. Ephräm über die Stadt Xikomedia". in .Huschardzan.
Festschrift aus Anlafi des hundertjährigen Bestandes der Mechitaristen-Kongrega-
tion in Wien"". Wien 19n. •203^'20S. Uneclite armenische Texte finden sich
350 ^^^ syrische Literatur des vierten und t'iinfteii .lahrliuiiderts.
in der russischen Schritt von N. Mair: ,Ephräin der Syrer: 1. tl)er die Tage
der AVeilniaehtsfeier und 2. ('her die fTründung der ersten Kirchen in Jeru-
salem. Armenischer Text mit syrischen Fragmenten in armenischer 'J'ransskri])-
tion aus dem 12. —
lo. .lalnhundert". St. Petersburg 190(1; vtjl. IJvzant. Zeit-
selu-ift 11 (1902) 212.
Lebensgang.
3. —
Ephräm' zählt zu den Persönlichkeiten
der Vorzeit,um deren Leben und Wirken sich schon bald ein Kranz
von Legenden gelegt hat. Als sein Name bekannt und berühmt ge-
worden, waren seine früheren Tage, die sich in der Stille abgespielt
liatten, bereits der Vergessenheit anheimgefallen. Die überlieferten
Biographien, die syrischen wie die griechischen, sind stark legendarisch
gefärbt und reich an Widersprüchen. Unter den Schriften Ephiäms
selbst stehen auch einzelne Stücke, welche Rückblicke auf die eigene
Vergangenheit werfen, wie die nur griechisch erhaltenen Selbstbekennt-
nisse und das auch syrisch vorliegende „Testament", ein Gedicht
'
|)ir N.nne l'!i>lM;iiii ist das liiMisclie . I-lpliiaini". von den Syrern sehr wahr
seiieinlieli .AlVein" liesitiipclini.
"
^
S. Ephraom
Siehe die Zusammenstellung der verschiedenen .\ngal)en bei Lamy.
Syri Hymni et xxv tf. Nachzutragen ist namentlich ein Selbstzeiignis*
Sennones 4.
Ephräms bei Rahniani, S. Ephraemi Syri Hymni de virginitate. Beryti 190fi. 103 des
syrischen Textes ^ Deine Wahrheit (o Gott war l)ei meiner .Jugend, deine Lehre ist
:
'
Vgl. vc.iliiii Alis. -J. S. .'{4!».
•'
Sielu' die syri.sclic Hiii;u;raphii' Flpliräins Ix'i l,iini\ "J. 41 fl'. : lici Hn>(k<4niann.
Svri.scho ( iianimatik '. BerHii lÜPi. 41 *
f.
:
j
— XIX
die unter dem JS'ameu Gregors von Nyssa gehende Rede auf Epluäni.
I»ei —
Migne. PP. (ir. 4(J, .S19 850. ])er geschichtliche Wert dieser Rede wird
dadurch sehr herabgedrückt, daß sie dem Nyssener abgesprochen und einem
bedeutend jüngeren Autor zugewiesen werden muß: vgl. Bd. 1. 2. Aufl.. dieses
Werkes. Freiburg 191o, 41;' Bd. 8 (1912) 20(5 208. Lamy a. a. O. 4. xxxi f.
hält an der Echtheit der Rede fest.
4. Exegetisches. —
Soll nunmehr ein Überblick über die
Schriften Ephräms im einzelnen gegeben werden, so wird der Wechsel
des Inhalts für die Anordnung und Gliederung maßgebend sein müssen.
Die Verschiedenheit der Form ist zu diesem Ende weit weniger ge-
eignet, weil Ephräm einem und demselben Gegenstand sowohl Prosa-
schriften wie auch Memre und Madrasche gewidmet
hat, und die
zeitliche Aufeinanderfolge Frage kommen, weil vorläufig
kann nicht in
nur hin und wieder eine relative Datierung möglich, ist.
In Prosa hat Ephräm, wie schon gesagt, hauptsächlich seine
B b e 1 k m m e n t a r e geschrieben. Die Versicherung eines griechischen
i
Biographen, Ephräm habe die ganze Heilige Schrift, das Alte wie das
Xeue Testament, in fortlaufenden Kommentaren erläutert S braucht
nicht gerade wörtlich genommen zu werden. Ohne Zweifel aber hat
er viele Kommentare hinterlassen, wenngleich nur wenige auf uns
gekommen sind.
Von den Kommentaren zum Alten Testament sind im syiischen
Original und in der ursprünglichen Gestalt die Erklärungen der Bücher
Gene.sis und Exodus, bis Kap. 32, 26. erhalten geblieben, gerettet
durch eine Handschrift der Vatikana aus dem (5. Jahrhundert. Mehr
oder weniger umfangreiche Bruchstücke anderer Erklärungen, kurze
Einleitungen und abgerissene Scholien, hat eine syrische Katene über
verschiedene Teile des Alten und des Neuen Testaments aufliewahrt.
welche von einem Mönche Severus von Edessa in den Jahren 851 861 —
aus syrischen und griechischen Autoren zusammengestellt ward -. Aus
dieser Katene sind nach und nach Bruchstücke unter Ephräms Namen
herausgegeben worden zum Pentateuch, Josue, Richter. Samuel, Könige.
Job, Sprüche, zu sämtlichen Propheten mit Einschluß der Klagelieder
und zu Matthäus.
An der Echtheit dieser Fragmente im großen und ganzen wird
nicht zu zweifeln sein, während es dahingestellt bleiben muß, ob die-
selben im einzelnen aus einem Kommentar oder aber aus sonstigen
Schriften Ephräms geschöpft sind. Der Vergleich der Scholien zu
Genesis und Exodus mit den Kommentaren zu diesen Büchern in der
'
Ps.-Greg-. Nyss. bei Migne, PP. Gr. 4G, 829 : träoav ydp -naXamv re xai Kaivt^v
^K,u€\eTriaa(; Ypa9»iv . . . ö\r\v dKpißiüc irpöc XeSiv fipuriveuaev.
- Über ein Exemplar dieser Katene in der Vatikana Iterichtet Pohhnann.
S. Ephraemi Syri Commentariorum In S. Scripturam textus. Brunsbergae 1864. 12ff.
über ein Exemphir im Britischen Museum Wright, Catalogue of Syriac Manuscripts
in the British Museum 2. London 1871. 908 ff/
'
Siehe Pohlmann a. a. (). "21 f.
-'
In der römischen Ausgahe 4. 1. Der Verweis zeitit. dal.i lU-r ( Jeiiesiskuminentar
wenigstens nicht in die früheste Zeit der schriftstellerischen 'l''ätit;k<'it Kphränis fällt.
'
\'j,\. I'nidninnn a. a. O. 17 f.: iHmkitt. S. Kphiaim's (^)uotations froni the Cnsjjel.
Canil.iidn.' i:»()l. ST ff.
''
in den durch Laniy L'2!t tf. heiansgeyvbenen Fiaynienten zu den
a. a. O. 2.
1901, 75 ff
Der erste der vier Bände armenischer Schriften Ephräms. welche die
Mechitaristen 1886 zu Venedig erscheinen liefsen enthält eine Katene mit
.
(Texte und Untersuchungen zur Gesch. der altchristl. Lit. 16. 4). Leipzig 1897. 119.
t
zu den paulinischen Briefen, Freiburg i. Br. 1917, 21 47. —
2S*
356 '^''' syrisclic liitciatiir des \ iciU'ii und riiiirtcn .l;iliiliiiri(lcits.
'
Zahn, Tatians Diatessaron. Krianjicn ISSl. :>! ti. Hjelt ^D'io alt.svrische
und Tatians Diatessaron. Loipzin
Kvangcli('iiiil)t'rset/.nnu l!tU3, ^"Sl stimmt Zaiin hei.
'
Vgl. m. 1
-'.
s^ (!()i ir.
•'
Höi A.sseniani. liihl. Orient. ;!. 1. (il (;;{.
S ()S. Kjtliii'mi der Syrer. 4. Kxegetisclies. 357
hancUung des alten Bischofs Theophilus von Antiochien gegen Marcion wieder-
erkennen wollte: vgl. Bd. 1, 2. Aufl.. S. 814 f. Mit Ephräm scheint diese Schrift,
(leren armenischer 'J'ext auch aus einer syrischen Voi'lage geflossen ist, aller-
dings nichts zu tun zu haben. Die syrische X'orlage aber ist nicht als Über-
setzung aus dem (Iriechischen sondern als Originaltext zu betrachten, und
.
'
Siehe Lani}' a. a. 0. 2, xf. ; .Tulius, Die griechischen Danielznsätze und ihre
kanonische (ieltimg Bibl. Studien 6, 3— 4\ Freiburg i. Br. 1901, it»j f.
358 ^^^' 'yrisclie Litcnitiir dos vierteil und riiiii'ttu .liiliiliimdfits.
als Wein sein Sühneblut und Ol zu dem lieblichen Chrisma. womit die
Getauften besiegelt werden und die Rüstung des Heiligen Geistes an-
ziehen" ''.
'
Siehe die Texte hei V. a Lengerke a. a. O. KliMV.
•'
In der r<">nii-<(hen Ausgabe 'J'vJ. ;">.
.
4()-') —
4.S(). Zu Ephräin.s Erklärung des IVntateuchs vgl. D. Ger-son, Die Kom-
mentarien des Ephräni Synis im Verhältnis zur jüdischen Exegese: Monatsschrift
für (jleschichte und Wissenschaft des Judentums 17 (1S(38) 15 83 (34 72 — —
9(S —
109 141 —
149. Auf Ephräms Auslegung des Büchleins Joel ist Ad. Merx
(Die Prophetie des Joel und ihre Ausleger, Halle 1<S79, 141 146) etwas näher —
eingegangen. —
F. H. Woods, xVn Examination of the New Testament Quota-
tions of Ephrem S^tus Studia biblica et ecclesiastica o. Oxfoi'd 1891, 105
:
bis loS (die Hauptmasse der neutestamentlichen Zitate bei Ephräm sei der
Peschittho entnoinmen). F. Cr. Burkitt. S. Ephraim's Quotations fi-om the
Gospel (Texts and Studies 7, 2). Cambridge 1901 (Ephräm hat die Peschittho
noch nicht gekannt und zitiert die p]vangelien fast durchweg nach dem Dia-
tessaron). J. Schäfers. Evangelienzitate in Ephräms des Syrers Kommentar zu
den paulinischen Briefen. Freiburg i. Br. 1917 (Ephräm zitiert die Evangelien
ausschliefilicli nach dem Diatessaron und hat ein Evangelium der (letrennten
niclit gekannt). Vgl. noch S. Euringer in den Beiträgen zur rxeschichte des
christlichen Altertums usw.. Festgabe. A. Ehrliard dargebracht. Bonn 1922.
101 —
1<)9. Über eine dunkle Stelle des Kommentars zum Diatessaron, in welcher
F. C. Conybeare (Zeitschr. f. die neutestamentl. Wissensch. usw. o [1902] 192
bis 197) ,,ein Zeugnis Ephräms über das Fehlen von Kap. 1 und 2 im Texte
des Lukas" finden wollte. V2;l. C. A. Kneller in der Zeitschr. f. kath. Theol. 34
(1910) 394—397 Fr. Herklotz in der Bibl. Zeitschr. 8 (1910) 387 f.
:
^
Dankenswerte Nachweise über die handschriftlichen Quellen der Texte der
römischen Ausgabe bei Burkitt a. a. 0. 7 ff
- Die Zeugnisse Ephräms über Bardesanes und die Bardesaniten in Band 5 der
römischen Ausgabe sind sorgfältig zusammengestellt bei F. Nau in der Praefatio
seiner Edition des .Buches der Gesetze der Länder" Patrologia Syriaca 1. 2. Paris. :
1907. 497 5üJ>. Vgl. auch F. Haase. Zur bardesanischen Gnosis, Leipzig 1910. 77 if.
3(30 I^i»' syrisclu' Litciatur des vii-rtcn und rüiiftcn .lalirliundtjits.
Unreinheit der Materie, der Verwerflichkeit der Ehe usw. Die ,Sermones —
adversus scrutatores" (6, 1 150), in Handschriften— des 5. und 6. Jahr-
hunderts erhalten, geißeln den menschlichen Stolz und Vorwitz als die
Wurzel Häresie und betonen die übernatürliche Hoheit der Glaubens-
aller
geheimnisse. Mit Namen werden die „Grübler" (N->:;-,n-) nicht genannt.
Daß aber außer Gnostikern auch Arianer Ephräm vor Augen stehen,
erhellt schon aus dem Eingang des Sermo 13 (6, 28): „Ich will
meinen Glauben bewahren vor dem Truge, der jüngst aufgetaucht ist,
der, während
er den Vater bekennt, seinen Eingeborenen leugnet."
Ob gerade Aetianer und Eunomianer gemeint sind, wie die
freilich
herkömmliche Ansicht will, bleibt zweifelhaft. Immerhin werden diese
«Sermones adversus scrutatores" in eine spätere Zeit verlegt werden
dürfen als die „Sermones adversus haereses". An die „Sermones —
adversus scrutatores" reihen sich in den Handschriften die „Sermones
de margarita seu de fide" (6. 150 —
164) an. welche allerdings die
Polemik gegen die ..Grübler" fortsetzen, aber speziell über die Perle,
d. über Christus und die Wunder der Menschwerdung handeln. Auf
i.
'
So auch .\pliiaat('s : Die Sage erzählte: .Wenn der Blitz-
vgl. vorhin 8. 339.
strahl in.s Meer .schlägt,Mischung von Feuer und Wasser in die Muschel
dringt die
ein :diese schiiel.it die geölftieten Schalen, und in dem Schaltier entwickelt sich
alimähiicli die Perle zu Schönheit und Wert: sie löst sich von 'dem Tiere ah. ohne
des.seii Wesen irgendwie zu verändern oder zu schädigen." Usener in den TheDl.
.\hhandlungen, C. v. Weizsäcker gewidmet. Freihnrii i. Br. 18il2, "204.
S d.s. Kpliräin der ."^yrcr. 5. Polemisches und Dogmatisches. 3(jl
der das Gift der Weisheit der Griechen nicht gekostet; selig der, der
die Lauterkeit der Apostel Sermo 8 (6, 18):
nicht verlassen hat."
..Es gibt in der Kirche ein Forschen, um
was geoffenbart
zu erkennen,
ist. aber es gibt keines, um zu ergründen, was verborgen ist." Sermo 10
<), 24): ..Wir essen dich, o unser Herr, und trinken dich, nicht um
dich zu verzehren, sondern um durch dich zu leben." Sermo 23 (H, 41):
..Besinge wie David den Sohn Davids und nenne ihn wie David Herrn
inid Sohn! Hüte dich, den Vater und den Sohn miteinander zu lästern!
Sing also dem Vater nicht eine Schmähung seines Sohnes vor. auf
daß du nicht auch dem Sohne eine Lästerung seines Vaters vorsingest,
wie wenn Erzeuger wäre. Daß der Vater der Erste ist,
er nicht der
darüber ist daß der Sohn der Zweite ist, darüber ist kein
kein Streit :
Zweifel; der Name des Geistes aber ist der Dritte. Verkehre ja nicht
die Ordnung der Xamen!" - Sermo 29 (6, 52): .,Gott hat in seiner
Barmherzigkeit die Sterblichen aus Gnade Götter genannt. Sie aber
haben ihn, der Gott ist, in ihrem Forschen für beschränkt erklärt wie
t^inen Menschen. Euren Leib, den er angezogen, tragen Cherubim.
Seraphim ziehen feierlich vor ihm her (y), Engel verstummen vor ihm.
Ihr aber, ihr Verächtlichen, habt die Zeugung des Erhabenen verächt-
lich gemacht. Jenem schwachen Leibe, den er angezogen, nachdem er
hinabgestiegen, entsprechen seine Xamen und seine Handlungen, und
wie es notwendig war, daß er Hunger litt, so war es auch notwendig,
daß er betete, und wie sein Hunger ganz Sache des Leibes war, so
war all seine Notdurft nur Sache des Leibes. Zieht euch nicht den
Tod zu ob der Namen, die der Lebendige angenommen hat. um allen
das Leben zu geben."
Zingerle. Ausgewählte Schriften des hl. Ephräm von Syrien, au.-; dem
Syrischen und Griechischen übersetzt. Kempten 1870 —
l-STG. gibt Bd. 2. 22o
bis 818 Proben aus den öÜ Sermones adversus haereses. Bd. 2, 59 14S Proben —
'
Vgl. Bd. V, S. 3B5.
- Dieser Sermo 23 :6. 40 f.^ maclit durchaus den f^indruck eines Mahnrufes
Ephräms an einen jüngeren Dichter.
3(i^ Oic svrisclic Liti'ratiir des vioitcii uml f'iiiifton .laluhuiiderts.
aus den SO Sermones adversus scrutatores und lid. 1. 1()7 22S die drei Sei- —
niones de fide. Die drei Serniones de fide wurden von neuem übersetzt durch
Euringer in der Bibl. der Kirchenväter 87. Kempten 1919, 1 (il. Mit den — —
.sieljen syrischen Sermones de margarita berührt sich nahe ein griechischer
.Sermo ad versus haereticos, in (|Uo tum ex margaiitae tum ex aliorum claris
aruumentis ostenditur. credendum esse S. Deijjaram praeter naturae leges Do-
minum ac Deum nostrum pro mundi salute et concepisse et pej)erisse". in der
—
lömischen Ausgabe 2. 259 279. An diesen griechischen Sermo anknüpfend,
hat H. Usener in den Theologischen Abliandkingen. C. v. Weizsäcker gewidmet.
Freiburg i. Br. 1S92. 201— 21o. über das Bild der Perle gehandelt. Der —
syrisdie Sermo adversus ludaeos. den die römische Ausgabe (i. 209 224 auf —
die drei Sermones de fide folgen lä&t. ist kein polemischer Traktat, sondern ein
Hymnus auf Palmsonntag, übrigens erst durch Handschriften des 10. 12. Jahr- —
hunderts überliefert. —
Die \äer Carniina adversus lulianum stehen syrisch
bei Overbeck. S. Ephraemi SjTi. Rabulae episc. Edesseni. Balaei aliorumque
—
opera selecta. Osonii 1865. 3 20. Nach dieser Ausgabe wurden sie ins Deutsche
übersetzt von G. BickeU in der Zeitschr. f. kath. Theol. 2 (1878) 335—356.
'
.Mitilicll. S. K|ihriiinis Prose Refutations nf .\l;iiii. .Miiuion aiul Hardaisan 1.
Hymnus auf die Gottheit Christi oder die Großtaten des Mensch-
gewordenen bezeichnen. Da er durch Handschriften des 5. oder (>. Jahr-
hunderts als Ephräms Werk bezeugt und überdies schon von Philoxgius
von Mabbug (gest. um 523) als Ephräms Werk zitiert wird ', so ist
die Echtheit jedem Zweifel entrückt. Der Inhalt lehrt von neuem,
was schon die „Sermones adversus scrutatores" zeigten, daß Ephräm
durchaus auf dem Boden des Xicänums stand. Angeführt seien einige
Worte über die Zweiheit der Naturen in Christus-. „Sieh, wne die
Grriße seine Kleinheit, die Hoheit seine Niedrigkeit begleitet und unter-
stützt. Denn wenn in verschiedenen Dingen seine Größe sich zeigte,
so offenbarte sich in glänzenden Zeichen seine Gottheit, auf daß sie
erkennten, daß der Eine, welcher unter ihnen stand, (der Natur nach)
nicht Einer war, sondern Zwei. Denn es war nicht die niedrige Natur
allein vorhanden und auch nicht die hohe Natur allein, sondern es
waren zwei Naturen da, die eine mit der andern vermischt ", die hohe
und die niedrige. Deshalb gaben jene zw^ei Naturen ihre Eigenheiten
kund, so daß durch die Eigenheiten beider die Leute die Zweiheit
unterscheiden lernten, damit sie nicht meinten, er sei (der Natur nach)
nur Einer, während er Zwei w^ar infolge der Vermischung, sondern
(erkennten, daß er Zw^ei war vermcige der Vermischung, während er
Einer war vermöge der Person."
Die Schrift Ephräms „De Spiritu sancto" deren Hieronymus .
'
Siehe Lamy, S. Ephraem >Syri Hymni et Sermones 1. 145.
- Bei Lamy a. 223 ff."
a. 0. 1.
Daß unter der ^Vermischimg" niu" die ^'ereinignns: verstanden sei. hat
' sclion
Pliiioxenus von Mahhug (bei Assemani. BiU. Orient. 1. 81 hervorgehoben.
^ Hier.. Do vir. ill. 115.
*-J(;^
Die s,\ risclir Litfiatur iIcs vit-itcn uinl t'iiiil'tcii .I;ilirliiiii(k*rt.s.
monte Libano 11)04, f. des syrischen 'l'extes. S) ff. der lateinischen Über-
1 1
Zu den ,8ermones exegetici" der römischen Ausgabe (5. ol(J 395) vgl. die —
Nachweise bei Burkitt. 8. Ephraim's Quotations from the Gospel 6 f. 20 ff'.
—
Das erste Stück, über Gn 1, 27 (81(5 oLS). erklärt Burkitt aus Innern Gründen
mit Recht für unecht, das letzte Stück, über Jo 11. 43 (3<S7 395). spricht er —
unter Berufung auf handschriftliche Zeugnisse Jakob von Sarug (gest. 521) zu.
Melnere Sermones exegetici deutsch von Euringer in der Bibl. der Kirchen-
väter 37. Kempten 1919. 79 —
180. Zu dem Sermo über Prd 1. 14 (Euringer
—
79 89) vgl. A. Dyroff in den Beiträgen zur Gesch. des christl. Altertums usw..
Festgabe für A. Ehrhard. Bonn 1922, 119 140. — —
Die „Sermones de paradiso"
1— —
12 der römischen Ausgabe (6, 562 598) ergänzte Overbeck. S. Ephraemi
Syri —
aliorumque opera selecta 339 351 aus einer Handschrift vom Jahre
—
. . .
519 um ein großes Stück des Liedes 12 und die Lieder 13 15. Das erste —
und das achte Buch des Gedichtes über Joseph bei Overbeck a. a. (). 27t) 330. —
Die Bücher 1 —
10. Buch 10 fragmentarisch, wurden unter Ephräms Namen
zuerst von P. Bedjan. Paris 1887, und sodann von Lamy. S. Ephraem Syri
—
Hymni et Sermones 3. 249 640 herausgegeben. Nach neuen Handsclu'itten
edierte Bedjan schließlich die .,Histoire complete de Joseph par St. Ephrem".
Paris 1891. worauf Lamy (a. a. 0. 4. 791 —
844) seine Edition nach Bedjans
Druck vervollständigte.
'
Nach Baumstark Die christlichen Literaturen des Orients 1. 103) ist dasselbe
„wohl eines der schlechthin höchststehendeii poetischen Erzeugnisse in s^-rischer
-
Sprache".
- Ein Versuch, diese Zueiünuni; zu besirüuden. liei Lamy a. a. 0. S. xxxvi ff.
2
Jakob von Sai'iig und andern, an. — Die bald darauf in der römisclien
Ausgabe folgenden ..Serniones de diversis" 1—18 (0. 599 — (>87) ver-
tlienen mehr Vertrauen, sind jedoch vermischten Inhalts. Innnerhin
sind diejenigen Stücke der bunten Samndung. deren Echtheit am besten
bezeugt zumeist paränetisch gehalten. So die Nummern 4: -Divinae
ist.
römischen Ansuahe 5. 3M8. sjirieht von dem .Fasten der vier/ig Ta.iie". Die Kehtheit
die.scs Traktats i.st jedoch nicht veihürirt.
'-'
Hei Lamy a. a. < >. 4. iXiH : in der .\iis-alM' luilunanis. Beirut ÜHIC. S. KW de.s
sviischen Textes.
S ()H. K|iliräm der Syrer, i). Hoinilotisches iiinl I'aräiiotisclics. ;;(;7
sagt Epluäiii: ..Deine Walirlieit (o Gott) war bei meiner Jugend, deine
Lehre ist bei meinem Greisenalter." '
Dieses Lied und vielleicht der
ganze Zyklus gehört also den spätem Jahren des Verfassers an.
Zu den „Paraenetica'' der römischen Ausgabe Hß7 ö()l) siehe Jhukitt (('), —
a. a. 'S ff. 20 ff.
0. A^gl. auch Lamy a. a. (). 4. xlvhi. Proben aus den -Paraenetica''
deutsch bei Zingerle. Ausgewählte Schriften des hl. Ephräm von Syrien. Kempten
—
1S70 1<S7(), o. i)l 210. — —
Zu den ,Serniones de diversis" der römischen Aus-
—
gabe (6. 599 687) vgl. Buikitt a. a. (). Kiff. Sermo lO. „De peregrinatione"
(),
(>")0 — nur ein Bruchstück; das (ianze bei A. Haffner. Die Homihe
()51). ist
des hl. pjplu-äm von Syrien
idx'r das PUgerleben. nach den Handschrii'ten A^on
Rom und Paris herausgegeben und idjersetzt Sitzungsberichte der Kais. Akad. :
der Wissensch.. Philos^lust. Kl.. Bd. 185. Wien 1S9(;. Abhandl. 9. Über das
-Vlter seiner Handschriften gil)t Hatt'ner keinen Aufschluls. \'on den zwei ,Ser-
mones de reprehensione" bei Lamy 2. 335 392 ist der erste (335 3()2) einer — —
Handschrift des (i. .lahrhunderts entlehnt, der zweite (3(53 392) jedoch nicht, —
wie Lamy 2. 312 angibt, einer Handschrift des 5. oder (i. Jahrliunderts. sondern,
wie Ihnkitt 25 feststellt, einer Handschrift etwa des 9. Jahrhunderts. V^on —
den zwölf „Hymni de ieiunio'' bei Lamy 2, 647 718 ist der letzte (707 718) — —
kein , Hymnus", sondern ein Bruchstück eines Traktats über das Fasten in
Prosa, ein Bruchstück, welches nach derselben Handschrift auch schon durch
< »verbeck a. a. 0. 99 —
104 zum Druck befördert wurde, aber nicht für Ephräm
in Ansj^ruch genommen werden dai'f siehe Burkitt 75 ff. Die ,Hymni de
;
—
ccclesia et virginitate bei Lamy 2. 773 810 und 4. 497 670 wurden, wie
''
— —
gesagt, von neuem, vermeintlich allerdings zum ersten Male, herausgegeben durch
•I. Jl Rahmani. S. Ephraemi Syri Hymni de virginitate. Beryti 1906. 8". Die
Hymnen 36 ff., in der l^eiderseitig benützten Handschrift kaum noch leserlich,
werden l)ei Lamy fast ganz ausgelassen, bei Rahmani ziemlich vollständig
wiedergegeben. Die weiteren Hymnen ti-agen bei Lamy die Nummern 44 51. —
bei Rahmani 43 50. —
Die -Hymni de mysteriis Domini nostri" bei Lamy 2.
811 ff. sind im wesentlichen Fragmente der „Hymni de virginitate "•. Das Lied
Lamy 2. 811—812 ist ein Stück des Liedes Lamy 4, 497—500. Das Lied
2, 8i7— 822 ist ein Stück des Liedes 4. 539—546. P. Zingerle (S. P. Ephraemi —
Syri Sermones duo. Brixini 1869) gibt nach jungen Handschriften zwei aszetische
Memre. „Über die Selbstentäußerung der Mönche und der Grotten- und Höhlen-
Itewohner" (S. 1 —
28) und „Über den Einsiedler (?) und über den Weg der
( ierechtigkeit und über die Selbstverleugnung" (S. 29 36). Ein noch un- — —
gedrucktes, strophisch gegliedertes Gedicht deutsch bei B. Vandenhoff. Eine
bisher unver(')ffentlichte Abhandlung Ephräms des Syrers über die Bedrückten
und Bedrängten: Theologie und Glaube 4 (1912) 239 241. —
So eifrig Epliräm die Jungfräulichkeit besingt, so ist er doch weit
davon entfernt, der Würde der Ehe zu nahe zu treten. In dem der
dungfräulichkeit geweihten Liederzyklus selbst feiert er auch wieder
die „reine Ehe" als ..die in der Welt gepflanzte Rebe, an welcher wie
Früchte Kinder hängen" -. Viel zitiert wird ein Satz der .Sermones
adversus haereses" „Wer die Ehe schmäht, ist eine verfluchte Frucht,
:
*
Bei Rahmani 8. 103 dos sjrischon Textes. Bei Lamy fehlt Lied .'57.
^ De virgin. hymn. 5.
^ In der röinisclien .\ussi,al)e 5. 'AO.
—
vier Teile der Sammlung. Der erste umfaßt die Lieder 1 21. welche
über die Geschicke der Stadt Nisibis während der wiederholten Be-
lagerung durch die Perser sowie über die Verdienste des Bischofs
Jakob von Nisibis und seiner Amtsnachfolger Babu. Vologeses und
Abraham handeln. Diese Lieder sind laut dem Herausgeber chrono-
logisch geordnet und in den Jahren 350 363 verfaßt -l Ein zweiter —
Teil, die Lieder '2ö 30 die Nummern 22 — —
24 fehlen in den bisher —
bekannt gewordenen Handschriften beschäftigt sich mit der Stadt — ,
Edessa und dem dortigen Bischof Barses, ein dritter Teil, die Lieder 31 bis
34. mit der Stadt Harran (Karrhae) und dem dortigen Bischof Vitus.
Den zweiten Teil läßt Bickell um 370, den dritten schon um 364 ge-
schrieben sein. Der vierte und größte Teil, die Lieder 35 77, aus —
—
den Jahren 3G3 373, erhebt sich über die Zeitgeschichte, um die
letzten Dinge des Menschen und dei' Menschheit und den Sieg Christi
des Erlösers über Teufel und Sünde und Tod zu schildern. Der Name
..Carmina Nisibena" paßt also eigentlicli nur auf den ersten Teil, die
Lieder 1—21.
Die Ästhetiker haben stets an dem letzten Teile besonderes Ge-
fallen gefunden. „Zu den originellsten", sagt Baumgartner. „und wohl
'
15ti Lainy "J. (iT!' u. (iSl. \ii\. KiraiiuT. Der lil. Kpliräin der Syrer. Kempten
''
Vgl. Kay.ser in der Zeitsclir. f. kirrlil. Wis.s. u. kiiclil. Leben ö ,1884- 252.
'
ritcr die zeitücscliiclitliclieii l>e/.ielumi;eii dei" Lieder 1-21 Vgl. übrigens auch
LaiiiN a. a. ( >. \. x\ iii \\.
:
Mutter keine Makel. " Übrigens hieß es auch in einem Liede über
'
Ephräms Namen herausgab, gehört vielmehr Jakob von Sarug (gest. 521) an
und ist auch von A. L. Frothingham 1SS2 unter Jakobs Namen herausgegeben
worden.
Wie die vorliin genannten Bischöfe von Nisibis, Edes.sa und Hanan,
so hat Ephräm noch zwei andere persönliche Bekannte in Lobeshymnen
verlierrlicht, bezeichnenderweise zwei Emsiedler. Abraham von Kidun
liei Edessa, gest. 3()(), und Julianus mit dem Beinamen Saba, d. ..der i.
Greis", welcher gleichfalls in der Xähe von Edessa lebte, gest. 367.
Julianus ist der Mön'ch, welchem auch Theodoret von Cyrus ein Kapitel
seiner „Historia religiosa" widmete: Abraham konnnt bei Theo-
(c. 2)
doret nicht vor. Ephräm Abraham
15, Julianus 24 Madrasche
hat
auf das Grab gelegt. An beiden rühmt er das aszetische Tugendleben
und die Tätigkeit für Ausbreitung des Christentums. Kirchenbauten,
Klostergründungen usw.. an Julianus auch Wundertaten. Lebens-
beschreibungen der beiden Eremiten unter Ephräms Namen in Prosa,
in syrischer wie in griechischer Sprache, sind wohl samt und sonders
unecht.
Die 15 Hymnen auf Aljraham von Kidun und die 24 Hymnen auf Julianus
Saba edierte Lamy. S. Ephraem Syri H}mini et Sermones 8. 749 88(i 887 980. — —
die einen wie die andern nach einer Londoner Handschrift des 6. oder 7. Jahr-
hunderts. Fünf der 15 Hymnen auf Abraham waren nach deiselben Handschrift
schon in deutscher TTbersetzung veröifentlicTit worden von P. Martin in der Zeit-
.schrift f. kath. Theol. 4 (1880) 426 437. — —
Eine griechische Lebensbeschreibung
.\brahams steht unter Ejdiräms Namen in der rinnischen Ausgabe 2. 1 20. —
während ein nahe verwandter Text bei ^ligne. PP. (ir. 115. 48 78 unter —
den Werken des Hagiogra])hen Sinieon Metaphrastes. im 10. .Jahrhundert, steht.
Eine syrische Lebensbeschreibung Abrahams ward von Lamy unter Ephräms
Namen herausgegeben, zunächst in den Analecta BoUandiana 10 (1891) 5 49 —
und sodann in S. Ephraem Syri Hymni et Sermones 4. 1 84: sie ward ab- —
gedruckt bei IkHljan, Acta Martyrum et Sanctorum 6. Paris. 1896. 465 499. —
Zum Ik'weis dafür, dafs diesewirklich ein Werk Ephräms sei
syrische Vita
und dalj sie das Original oder die Vorlage jener griechischen Vita darstelle.
l)eiuft sich Lamy (an dem letzteren Orte 4. 1 ff.) auf das Zeugnis .seiner \'ier
syrischen Handschriften, von welchen jedoch die älteste, aus dem 5. oder
(). .lahrhundert. Ephräms Namen noch nicht kennt, und aui.Wrdem vornelunlich
auf die Worte gegen Ende des syrischen Textes (c. 27): .Die übrigen Tu-
genden des Seligen aber haben wir anderswo beschrieben". Worte, mit welchen
ohne Zweifel auf die früher verfaßten Hynuien Ephräms zu Ehren Abrahams
verwiesen werde. Nun aber heiljt es gleich darauf in dem .syrischen Texte
(c. 2S\ man habe dem Seligen das Grabgeleite gegeben , unter dem (iesang
8
von J'salmen und geistlichen Liedern und jenen Madrasche, welclie der selige
Mar Ej)hräm auf denselben gedichtet hatte", und man habe ihn beigesetzt ,in
dem CiJnieterium unter der Hauptkirche, wo auch der selige Mar E])hräm nach
"-einem Hinscheiden beigesetzt worden ist". Diese Worte erklärt Lamv für
einen späteren Zusatz (ab amanuensi adiecta). obwohl sie auch schon in den
ältesten seiner Handschriften stehen. Ich folgere lieber aus der letzteren Stelle
('. 2S). daß die syrische Vita erst nach p]phräms Tode von anderer Hand ge-
schrieben worden ist. während die frühere Stelle (c. 27) zeigt, dalj der Ver-
fasser auch schon andern Schrift über Abrahaiu gehandelt hatte.
in einer —
Der griechische ,,Sermo de luliano asceta" in der römischen Ausgabe 3, 254
l)is '2i)i) ist auch nach Lamy (a. a. 0. 4. xxxvi"» unecht. Die syrische Vita des
•lulianus untei- Ephräms Namen bei Bedjan. Acta Martyrum et Sanctorum (i.
Paris. 189(). oSO —
^404 ist nichts anderes als eine syrische Übersetzung dos
Berichts Theodorets von (\i-iis über .lulianus (Hist. rel. 2: ^ligne I'P. (ir. S2.
i:-U)o-1324).
8. Liturgische Gesänge. —
Endlich .soll noch einer lieihe
von Gesängen gedacht werden, welche entweder von vornherein zum
Vortrag beim öffentlichen Gottesdienst bestimmt waren oder doch nach-
träglich für den liturgischen Gebrauch geeignet befunden wurden.
Lobgesänge auf den Herrn und auf Heilige des Alten und des Neuen
Bundes sind am reichlichsten vertreten. Zu den „Sermones (Madrasche)
de nativitate Domini" 1 —
14 in der römischen Ausgabe (5, 390 bis
43(), und G, 599 —
G02) kommen aus den von Lamy veröffentlichten
..Hymni et Sermones" noch folgende Hjannen hinzu: „Hymni de nativi-
tate Christi in carne" 1 8 (2, 427 — —
510), ..Hymni in festum Epiphaniae"
1—15 (1, 1—144), „Hymni de miraculis" (Christi) 1^3(2, 717—730),
..Hymni de azymis" (über das letzte Abendmahl) 1 G. 13 21 (die — —
Nummern 7 —
12 fehlen: 1, 5G7 —
G3G), ..Hymni de crucifixione" 1 —
(1, ()37 —
714), ..Hymni de resurrectione Christi" 1 4 (2, 741 774). — —
Fast alle diese Hymnen auf den Herrn sind durch Stimmen des 5. oder
6. Jahrhunderts als Eigentum Ephräms gewährleistet. Nur bezüglich
einiger Hymnen „De nativitate'' erheben sich Bedenken. Von den
14 Hymnen „De nativitate" der römischen Ausgabe sind aber die ersten 13
(5, 396 —
43G) auch gegen jeden Zweifel gesichert, und von den 8 Hymnen
„De nativitate" bei Lamy wenigstens die zwei letzten (2, 501 510). —
Die 15 Epiphanienhymnen Lamys werden ohne Ausnahme als echt
zugelassen werden dürfen, wenngleich sie, abgesehen von dem zweiten
(1, 11 —
28), handschriftlich nur bis ins 8. oder 9. Jahrhundert zurück-
zuverfolgen sind. Mit Recht hebt Lamy hervor, daß dieser zweite seiner
Epiphanienhymnen. welcher identisch ist mit einem der Hymnen »De
nativitate" der römischen Ausgabe (5, 432 43G), nach Ausweis des —
Inhalts dem Epiphanienfeste, nicht dem Weihnachtsfeste gelte'. ]\Iit
•
Lamy a. a. 0. L 3.
1^4*
372 J^'^' Mrisclie l>itci;itiw des vierten und t'iiut'teii Jaliiliuuderts.
Wcihnaclitsfeste zuzuweisen sei '. Das Weilmach tsfest des 25. De-
zember hat Ephräm überhaupt noch nicht gekannt, viehnehr hat er
in dem Kollektivfest der Epiphanie am (j. Januar zugleich auch die
Geburt des Herrn gefeiert. Der Monat Kanun. in welchen Ephräm
das Geburtsfest verlegt, ist nicht der erste Kanun, d. i. Dezember,
sondern der zweite Kanun, d. i. Januar. Alle echten Hymnen Ephräms
auf die Geburt des Herrn sind daher Epiphanienhymnen. Weitaus die
meisten der Epiphanienhymnen Lamys lassen sich als Hymnen auf die
Taufe bezeichnen. Der Epiphanientag, zunächst und zumeist dem
Gedächtnis der Taufe Christi im Jordan und der feierlichen Beglaubigung
seiner Gottessohnschaft geweiht, war auch solenner Tauftag-.
Unter den ..Sermones (Madrasche) de diversis" der römischen
Ausgabe steht auch ein „Sermo de laudibus Dei genitricis Mariae"
(6, 604—608), und Lamy hat 20 .Hymni de beata Maria" (2, 517—642)
—
695 750) und 5 „Hymni de 40 martyribus Sebastae" (Lamy 3. 937 bis *
Der Hymnus auf die nuikkabäisclien Ibüder l)ei Lamy 8. ()S.") (596 ward syrisch —
und englisch von neuem herausgegeben dureii R. L. Bensly. The Fourth Book of
'
Kl)d. 1. Lxii.
-'
Vgl. Useiier. Keli^idii.s^iescliiclill. L'iiteisiicluiniieii 1 -'.
Bonn liUl. '-'(rj rt.
.Saniona" oder vielmehr „.Schnione" i,':itt.:; ist der den Syrern geläufige Name
'
'
Über die Zeugnisse des Philoxenus vgl. Lamy
a. a. 0. 4. 357 438.
- Im Abendlaml hat Papst Liberius ,352 366; Litaiiien
zuerst, soviel bekannt. —
oder öffentliche Bittgänge zur Abwehi- von Übel aller Ai-t eingefülii-t. Vgl. etwa
Usener. Alte Bittgänge Philosophische Aufsätze. E. Zeller s;ewidmet. Leipzie 1887,
:
275 ff.
;-574 r^'i" syrische l^itoiatur dt-s vifitcn iiiul füiilteii Jaliiliunderts.
U. A s s u a n a (?) angeb
, c h er Lehrer E ]i h r ä m s.
1 i Ein Hvmno- —
graph Assuana (V NZlDN^i ist erst durch Patriarch Kahmani. Studia 8vriaca 4.
In monte Libano 11)09. ans Licht gezogen worden, l^er vorhin erwähnte Phih>-
xenus von Mabbug gedenkt eines weithin bekannten edessenisclien ^ladrasche-
dichters Assuana. welcher, durch den Trug des Teufels verführt, ein tragisches
F^nde genommen hal)e i^bei Rahmani a. a. 0. S. 73 des lateini.schen Textes). Der
Rhetor Antonius von Tagrit im 9. Jalirhunderf berichtet. A.ssuana. ein Lehrer
Ephräms. halte in sechs- und in zehnsill)igem VersmaL? gedichtet (bei Rahmani
S. xxvii der Prolegomena). Einen Grabgesang in sechssilbigen Versen mit alpha-
betischer Akrostichis. aus welchem Antonius eine Strophe unter Assuanas Namen
anfühi-t. hat Rahmani in einem .codex liturgicus Mossulensis" fast vollständig
aufgefunden und wiedergegeben (8. 95 ff. des syrischen, S. 74 f. des lateinischen
Textes). Acht Strophen dieses Gesanges stehen in der römischen Ausgabe der
^Yerke Ephräms unter den .,Xecrosima" als Canon 57 (<>, 324). Auch Canon
()() der .Necrosima" (6. 326) reklamiert Rahmani (S. xx\''iii) für Assuana. Über
die .Necrosima" Ephräms siehe vorhin 8. 373.
Wahrscheinlich ist übrigens dieser ganze Passus nur eine spätere Interpolation
(Duval a. a. 0. 313 f.). Mehrere jener Schüler Ephräms sind auch literansch
tätig gewesen. Der an erster Stelle genannte Aba. über dessen Lebensver-
hältnisse sonst nichts bekannt ist. scheint hauptsächlich exegetische Schriften
hinterlassen zu haben. Es erübrigen nur noch einige Bi'uchstücke. Die meisten
derselben, nämlich vier Zitate .aus der Erklärung des Evangeliums", eines ,aus
der Erklärung des Psabnes 73" und eines .aus dem Traktat über den Athleten
Job", haben sich in einer Handschrift des Britischen Museums vom Jahre SS(i
(^c-od. add. 17194) gefunden mid sind syrisch und französisch herausgegeben
worden von F. Nau. Fragments de Mar Aba disciple de St. Ej)hrem Revue :
de rOrient Clu'et. 17 (1912) 69 73. —Drei der vier Zitate .aus der Erklärung
des Evangeliums" wm-den auch schon von J. R. Harris. Fragments of the
Commentarv of Ephrem S3TUS upon the Diatessaron. London 1895. 93 f.. zum
Druck befördert, und sie boten Zahn und Hjelt die Möglichkeit, es wenigsten.-?
wahrscheinlich zu machen, daß Aba. ebenso wie Eplu'äm. das .Evangelium der
Gemischten'" (nicht das .Evangelium der Getrennten") zu erklären unternahm.
Vgl. A. Hjelt. Die altsyrische Evangelienübersetzmig und Tatians Diatessaron
(bei Zahn. Forschimgen zur Gesch. des neutestamentl. Kanons usw. 7. 1).
Leipzig 1903. 27 A. 2. Ein durch eine Handschrift des Britischen Museums
aus dem 10. Jahrhundert (cod. add. 14726^ aufbewahrtes Zitat aus Aba zu
1 Sam 16 hat Nau a. a. 0. den soeben genannten Zitaten angereiht. In einer
Handschrift des Katharinenklosters am Sinai aus dem 9. Jahrhumlert finden sich
.Paraeneses Mar Abae discipuli S. Mar Ephraemi". ein Gedicht in .siebensilbigen
Versen, von welchen Lamy. S. Ephraem Syri Hymni et Sermones 4. 87 f.. die
vier ersten abdruckte. —
Zenobius. welcher in dem Testament die Reihe der
treuen Jiuiger Ephräms abschlielit. war nach der .syrischen Vita Kphräms Diakon
der Kirche von Edessa (siehe die nUnische Ausgabe der Werke Ephräms 6.
XXXIX Lamy a. a. O. 2. 35). Er schrieb laut dem Katalog Ebedjesus
: .Contra :
auf einer Angabe hei Asseinaiii a. a. O. 1. Kit) (nicht 1. 1(58, wie Duval zitiert),
welche bei Asseniani a. a. 0. o. 1. 4o ausdrückhcli zurückgenommen wird.
Paulona. der dem Verfa-iser oder Interpolator des Testaments so bittere
Worte entlockt, ist iiacii einem Artikel hei (Jennadius von ^[arseille (De vir.
ill. o) Priester und heivorragender Theolog und gewandter Prediger gewesen,
dann aber aus Ehrgeiz auf falsche Bahnen geraten und von der Kirche ab-
gefallen. Über seine schriftstellerische Tätigkeit geht (lennadius mit den Worten
hinweg: ,8cripsit contraria iidei multa.*" Ebedjesu, der syrische (iennadius.
kennt folgende Schriften Paulonas: „Hymnos et disj)utationes ad versus scrutatores
et disceptationes ad versus Marcionem necnon de fidelibus ac fide" (Asseniani
a. a. 0. 3. 1, 17(1). — Ein anderer Schüler Ephräms. Isaak. über welchen
etwa die Nachrichten und Mutmaßungen bei Assemani a. a. 0. 1, 1(55 f. zu
vergleichen wären, hat in dem Katalog Ebedjesus keine Stelle gefunden, während
ei' von Jesudad (oder Ischodad), einem Xestorianer des 9. Jahrhunderts, in seiner
Auslegung der Bücher Samuel, als Gewährsmann eingeführt wird s. (i. Diettrich. :
Oxonii 1S(55, oöl — oö4) findet sich ein , Anonymi hymnus ad tonum hymnorum
Ephraemi de Paradiso "•. aus einer Handschrift vom Jahre öl9.
Märtyrer aus den Tagen Sapors II. 3. Märtyrerakten aus späteren persischen Ver-
folgungen. 4. Heiligenlehen.)
Bischof von Edessa, gelingt es, Scharbel, den Oberpriester des Bei
;57() I^'^ syrisclic Literatur des viorton und fünften .Tahrlinnderts.
als Anhang dem Martyrium Scharbeis an. Bedenken gegen die Glaub-
würdigkeit des Erzählten sind nicht zu unterdrücken. Die langgedehnten
Dialoge zwischen den Angeklagten und dem Richter entsprechen der
vorausgesetzten Situation sehr wenig. Grobe Verstöße gegen die Ge-
schichte häufen sich. Das Martyrium Scharbeis sowohl wie das Be-
kenntnis Barsamjas w^erden zu Eingang in das 15. Jahr des Kaisers
Trajan, also 112 n. Chr., gesetzt S w^ährend in der beiderseitigen Schluß-
notiz Scharbel sowohl wie Barsamja als Zeitgenossen des römischen
Bischofs Fabianus bezeichnet werden-, welch letzterer am 20. Januar
250 der Verfolgung unter Decius zum Opfer gefallen ist. Ganz ähnlich
wnrd wenigstens zu Eingang des Martyriums der Freund Trajans,
—
König Abgar VII. (109 116). als derzeitiger Beherrscher Edessas ein-
geführt^, w^ährend die ganze folgende Darstellung voraussetzt, daß
Edessa dem kaiserlich-römischen „Richter" Lysanias untersteht und die
Edikte des Kaisers oder „der Kaiser" maßgebend sind. Die emphatischen
Versicherungen, daß die Berichte von Augen- und Ohrenzeugen her-
rühren, daß sie die von den amtlichen Notaren aufgenommenen und
im Stadtarchiv zu Edessa hinterlegten Protokolle wiedergeben, daß das
Protokoll über Barsamja sogar vom Richter selbst durch Unterschrift
beglaubigt w^orden. können unter diesen Umständen den Verdacht nur
verstärken. An der Tatsache des Martyriums braucht deshalb nicht
gezweifelt zu werden, und auch die Angalien über die Personalien der
Märtyrer mögen wenigstens zum Teil auf guter lokaler Überlieferung
beruhen. In dem altehrwürdigen syrischen Martyrologium, welches
sich in einer Handschrift vom Jahre 41 erhalten hat ^. konnnen jedoch
1
die Namen Scharbel und Barsamja nicht vor. Muß daher das Datum
des Martyriums dahingestellt bleiben, so darf die Abfassung der Akten
vielh^icht um die Wende des 4. zum 5. Jahrhundert angesetzt werden.
In manchen nebensächlichen, abseits des Themas liegenden Bemerkungen
historischer Art bekunden nämlich unsre Akten eine so merkwürdige
Verwandtschaft oder Übereinstinnnung mit der unter dem Namen
„Düctiina Addaei" umlaufenden Bearbeitung der Abgar-Sage. daß die
'
IJei Curt'ton. Ancicnt ,">.vnae Dueiuneiits. London ISiU. 41 u. t>o der englischen
Übersetzung.
- Cureton a. a. 0. fil u. 7L ^ El.d. 11.
'
nie neueste .Ausgabe besorgte Nau in iler l'atrojogia Oiienlalis t. 10, fasc. 1.
Paris i;tl,'{.
§ lü». .Mäityivrakteii mid Hfiligi'iiltlM'ii, ;-377
'
Nöldeke erklärte in der Straßburger Festschrift zur 4(3. Yersammluug deutscher
Philokigen und Schulmänner Strafsburg 1901, IH' sein volles Einverständnis mit
Lipsius, welcher in der Allhandlung über die edessenische Abgar-Sage Braunschweig
18S0. 51) die , Doctrina Addaei" und ebenso die Scharbel- und Barsanija-Akten in die
•Jahre 3G0 —
390 gesetzt habe. Nöldeke übersah, daß Lipsius an späterer Stelle iin
dem Ergänzungsheft zu seinem Werke über die apokryphen Apostelgeschichten und
Apostellegenden, Braunschweig 1890, 106) im .\nschluß an Tixeront Les origiues de
Teglise d'Edesse et la legende d'Abgar. Paris 1888) die .\bfassung der Doctrina in
listet und entführt, wird Euplieinia auf die Anrufiuig der Märtyrer
hin aus dem Grabmal im Gotenlande, in das sie eingeschlossen worden,
wieder nach Edessa entrückt. Diese Nov^elle hat sich bei den Griechen,
die sie in einer freien Übersetzung kennen lernten, besonderer Beliebtheit
erfreut'. —
Rahmani und 13 urkitt halten Theophilus. den Verfasser
der Akten, seinem Selbstzeugnis entsprechend, für einen zeitgenössischen
und durchaus vertrauenswürdigen Berichterstatter. Burkitt läßt Schmona
und Gurja am 15. November 309 und Habib am 2. September 310
sterben, während Rahmani den Tod Schmonas und Gurjas aufs Jahr
297 datierte. Die Geschichtlichkeit des Märtyrertodes selbst ist in
allen drei Fällen durch das alte Martyrologium gewährleistet, und daß
alle 'drei Martyrien in die letzten römischen Verfolgungen, Ende des
3. oder Anfang des 4. Jahrhunderts, gefallen sind, ist Avenigstens sehr
wahrscheinlich. Aber Zweifel an der Authentizität der Berichte sind
nicht abzuweisen. Wenn Burkitt die Anachronismen oder chrono-
logischen Widersprüche des überlieferten Textes nicht dem Verfasser
zur Last legen will, sondern einer Interpolatorenhand, die sonst keine
Spuren hinterlassen, so erscheint die methodische Zulässigkeit dieses
Vorgehens sehr fragwürdig. Dagegen dürfte Nöldeke mit Recht
betonen, daß unsre Akten den Akten Scharbeis und Barsamjas an
die Seite zu stellen und aus denselben Zeit- und Ortsverhältnissen
herzuleiten sind. Beide Aktengruppen treffen nicht bloß darin zu-
sammen, daß sie, ebenso wie auch die „Doctrina Addaei", mit syn-
chronistischen Daten anheilen, die aber nicht in Einklang miteinander
stehen, .sondern zeigen auch in der Ausmalung der Leiden der Märtyrer
und in den Verhandlungen derselben mit dem jedesmaligen Richter
auffällige, sachliche wie formelle Ähnlichkeiten-. Alle diese Akten
sind also wohl Blätter oder Blüten eines und desselben Legenden-
kranzes.
(Bd. 1-8): (1.S95) 218—215 312— 81Ö (Bd. 4—5): (lS9ß) 419-421 (Bd. (>):
und Abibos (Texte und Untersuchungen zur (xesch. der altchr. Literatur 37, 2).
Leipzig 1911. Zur Kritik dieser Aktengruppe vgl. Nöldeke a. a. 0. und von
der andern Seite Burkitt a. a. 0. 5 f. —
Über ein Mart^Tiimi aus römischer
Zeit und auf römischem Boden handeln auch die A c t a S S. S e p t e m
Martyrum Samosat enorum. Assemani a. a. 0. 2. 123 148: Zingerle —
a. a. 0. 2. 111—134: Bedjan a. a. 0. 4. 88—116. Hipparchus und Philo-
theus. römische Staatsbeamte zu Samosata. nebst fünf Freunden, vornehmen
Patriziern, werden ihres christlichen Glaubens wegen ans Kreuz gescMagen.
nach Assemani im Jahre 297 unter Maximianus. nach Schultheß (in der Zeit-
schrift der Deutschen ^lorgenländ. (xesellsch. 51 [1897] 379 f.) im Jahre 308
unter Maximinus. Der Bericht scheint im wesentlichen (xlauben zu verdienen,
wenn er auch von legendarischen Zutaten durchaus nicht fi'ei ist. Man möchte
aber von vornherein vermuten. <laß der syrische Text eine griechische Vorlage
wiedergebe, wiewohl von einer solchen, soviel ich weifs. nichts bekannt ist.
Die syrische H i s t o r i a S a n c t i A z a z a i 1 welcher 304 unter Maximinus zu
.
Rom den Märt^Tertod erlitten haben soll, herausgegeben von Fr. Macler in der
Bibliotheque de l'Ecole des hautes-etudes. Sciences philologiques et historiques,
fasc. 141. Paris 1902. ist eine späte Bearbeitung der griecliischen Pankratius-
legende (Azazail soll Übersetzung von TTaYKpdxiog sein) vgl. Brockelmann in :
Acta SS. Novenibris t. 2. pars 1. Bruxellis 1S94, p. [l] [lxix]. Eine neue —
Ausgabe nebst fi-anzösischei* Übersetzung und Noten von F. Nau in der Patro-
lo.i<ia Orientalis t. 10. fasc. 1. I'aris. 1918. Der syrische Text ist eine übrigens
zienilith nachlässige Ü^bersetzung eines verloren gegangenen, um oBl. nach
Erbes schon um 341. zu Nikomcdien verfaßten griecliischen Martyrologium.s,
erweitert um eine Liste dei- ^lärtyrer ,des Ostens", d. i. des Perserreichs.
Siehe H. Achelis. Die Martvrologien. ihre Geschichte und ihr Wert (Abhand-
lungen der Kgl. Gesellsch. der Wissensch. zu Göttingen. Philol.-hist. KL. N. F.
Bd. 3. Nr. 3\ Berlin 19(X). 30 71. —
C. Erbes, Das syrische Martyrologium
und der Weilmachtsfestkreis historische Untersuchung Zeitschr. f. Kirchen-
. :
'
Soz., Hist. eccl. 2. \i.
- Assemani. Acta SS. Martyrinn \, Hoiiiae 174S. 4"). Hedjan. Acta Martynnn
et Sanctoruni _>. Paris. ISJlL -240.
'
Bei Hedjan a. a. O. •_>. 394- ;5;m; : vgl. Kmosko in der Patrolouia Syriaca 1. >,
Von dein ersten Buche liegen nur noch üruchstücke vor '
; das zweite
scheint ziemlich vollständig erhalten zu sein, wenn auch vielfach über-
arbeitet. Nach weiteren Bemerkungen des Epilogs hat der Verfasser
in dem ersten Buche eine schriftliche Vorlage benützt, deren Herkunft
niclit näher angegeben wird: für die früheren Martyrien des zweiten
Buches standen ihm Aufzeichnungen zeitgenössischer Bischöfe und
Priester zu Gebote: übei' die späteren Martyrien war er durch eigene
Augenzeugenschaft unterrichtet. Ist damit ausdrücklich bezeugt, daß
die Akten des zweiten Buches auf verschiedene Hände zurückgehen.
so zeigt der Vergleich der Texte, daß der Redaktor der Sammlung
das überkommene Material im wesentlichen unberührt gelassen und
sich darauf beschränkt hat, den trockenen historischen Daten schwung-
volle Einleitungen voraufzuschicken -.
Wer ist dieser pietätvolle Sammler, dessen Mühewaltung um so
größeren Dank beanspruchen darf, als seine Vorlagen wohl samt und
sonders den Stürmen der Zeit zum Opfer gefallen sind? Die ver-
stüiimielten Handschriften des Werkes nennen keinen Verfassernamen.
Xacli anderweitiger Überlieferung haben zwei syrische Bischöfe, die
um die Wende des 4. zum 5. Jahrhundert lebten, Sammlungen von
Märtyrerakten des 4. Jahihunderts veranstaltet. Maruta, Bischof
von Maipherkat (Martyropolis) in Großarmenien, berühmt als Diplomat
und als Arzt und um die Reorganisation der durch Sapors Verfolgung
zerrütteten Kirche Persiens hochverdient, gestorben zwischen 418 und
420, hinterließ laut Ebedjesu, dem Verfasser des Schriftstellerkatalogs,
ein „Buch der Martyrien", laut einem älteren Gewährsmann „Akten
(uTT0|uvri|naTa) der Märtyrer, die im Osten Zeugnis gaben" Und von '.
—
Achai, der etwa 410 415 Patriarch von Seleucia-Ktesiphon war,
melden die Patriarchenchroniken: „Antequam patriarchale munus iniret,
peregrinationem instituit ad invisenda martyrum monumenta, qui sub
Sapore pro Christo passi fuerant, eorumque acta conscripsit et integrum
de eorum gestis ac de cuiusque causa martj'^rii volumen edidit. '' '
— -
'
Bei Bedjan a. a. O. 2, 57-12-2: vgl. Kniosko a. a. 0. 683 ff.
- Vgl. Labouit, Le Christianisme dans l'Empire Perse. Paris 1904, 54.
'
So Patriarch Tiniotheus I. im S. und 9. Jalirliimdert Ijei Braun. De Sancta
Nicafejna Sviiodo. Münster i. W. 1898, 11. Ebedjesu Itei Asseniani. Bibl. Orient. 3, 1. 73.
'
So Mari, ein Nestorianer des 12. .Jahrhunderts, bei Gismondi, Maris, Amri
et Siibae de Patriarchis Nestorianorum Commentaria, Romae 1896 1899, 1. 27. —
Vgl. Amr, den Epitomator Maris, ebd. 2, 15. — Die genannten Bischöfe sind nicht
bloß als Sammler von Märtjrerakten literarisch tätig gewesen. Achai schrieb, wie
Mari und Amr a. a. O. beifügen, auch ein Leben seines Lehrers Abda. Stifters eines
Klosters und Begründers einer vielgenannten Schule. Am vollständigsten sind die
dürftigen Nachrichten über Achai zusammengestellt bei Westphal, Untersuchungen
über die Quellen und die (Haubwürdigkeit der Patriarchenchroniken 1, Kirchhain 1901.
136-139. —
Maruta von Maipherkat hat nach Ebedjesu a. a. O. auLier dem .Buch
der Martyrien'' noch liturgische Gesänge zu Ehren der Märtyrer sowie eine Über-
setzung der Kanones des Nicänums und eine Geschichte des Nicänums verfafst. Von
3^2 I'i'" sviisclic l.itciatiii' des vierten iiiid riiiittcii .lalirlmiiilcrts.
diesen Arbeiten über das Nicäniim ist liaiulscliiiftlicii ein wüstes Durclieinander kleinerer
und größerer Bruchstücke ül)erliefert. Avelches auf Grund einer modernen Kopie in
der Bibliothek der Propaganda zu Rom nach Möglichkeit geordnet und ins Deutsche
übersetzt ward von 0. Braun. De Sancta Nicaena Synodo. syrische Texte des ^laruta
von Maipherkat (Kirchengeschichtl. Studien 4, 3). Münster i. W. 1898. Ein Einblick
in den Aufbau des ehemaligen Ganzen ist um so weniger zu gewinnen, als einzelne
Stücke offenbar entweder interpoliert oder ganz unecht sind. Die Hauptmasse mag
indessen wirklich von Maruta herrühren. Das bedeutsamste Stück ist eine Sammlung
—
von 73 Kanones (Braun a. a. 0. 61 110^, welche den sog. arabischen Kanones des
Nicänums als Vorbild und (Jrundlage gedient haben. Auf ein anderes kleineres Stück,
ein Verzeichnis der Häresien i^Braun -1(5 —
öO\ ist Harnack (Der Ketzerkatalog des
Bischofs Maruta von Maipherkat [Texte und Untersuchungen zur Gesch. der altchristl.
I.it. 19, 1 b|, Leipzig 1899; etwas näher eingegangen. Eine Predigt auf den .neuen
Sonntag'', d. i. den ersten Sonntag nach Ostern unter Marutas Namen, deren Echtheit
indessen sehr zweifelhaft erscheint, veröffentlichte M. Kmosko, Analecta Syriaca e
codd. Mus. Britann. excer])ta 3: Oriens C'hristianus 3 1903' 384-41;"). Wahrscheinlich
ist Maruta zweimal, jedesmal aus politischem Anlaß, von dem römischen Kaiser zu
rit")!!'. :Labourt, Le Cliri.stianisme dans lEmpire Perse, Paris 1904. 87 ff. Über eine
noch ungedruckte griecjiische Vita Marutas siehe Braun a. a. 0. 11: über eine schon
gediuckte armenische Vita siehe Hibliotheca hagiographica oriontalis. edd. Socii
B<,||andiani, Bruxellis 1!»1(). l.")S.
'
l'atridogia Syriaca 1. 2. (l'.MI.
>:} l!l). [Märtyrtiakteii iirnl Heiligenleben. ;-3s;-}
An (1er Spitze des zweiten Buches steht ein längerer Bericht über
das Leiden und Sterben des früher schon einmal (j5 G7. 4) erwähnten
Patriarchen Simeon Bar Sabbae von Seleucia-Ktesiphon. Er fiel
als eines der ersten Opfer der Verfolgung -im 31. Jahre Sapors". d. i..
da das erste Regierung.sjahr Sapors vom 5. September 3()9 an gezählt
wurde, im Jahre 339 340. Der König der Könige hatte persönlich
in der damaligen Residenzstadt Ledan Simeon verhört und verurteilt.
Der Text der Ausgabe Assemanis scheint mehr oder weniger den
ursprünglichen Wortlaut der Sammlung wiederzugeben, während der
Text der Ausgabe Bedjans eine andere, ausführlichere und allem An-
schein nach jüngere Rezension darstellt \ Es folgen bei Bedjan das
Martyrium des hl. Pusai (von den Griechen Phusik genannt), des
Vorstehers der am königlichen Hofe zu Ledan beschäftigten Kün.stler.
das Martyrium der hl. Martha, einer Tochter Pusais und zugleich
..Stande.stochter" oder „Bundestochter", d. i. gottgeweihten Jungfrau-,
und -das große Schlachten in der Provinz der Huziten"
Huzistan), eine Massenhinrichtung von Christen, welche nach Ledan
geschleppt worden waren -^ Auch diese Martyrien werden auf das
31. Jahr Sapors datiert. In dem Texte bei Assemani sind die Berichte
über Pusai und Martha viel kürzer gefaßt, während -das große Schlachten"
völlig fehlt. Größere Übereinstimmung zeigen die beiden Ausgaben in
den Erzählungen über die Blutzeugen Azad, einen königlichen Eunuchen
und besondern Günstling des Königs, nebst Genossen, Tarbo. eine
Schwester Simeons Bar Sabbae und zugleich -Standestochter", neb.st
»Tenossinnen, Miles, Bischof von Susa. nicht weit von Ledan. nebst
Genossen, Schahdost.* Patriarch von Seleucia-Ktesiphon. nebst Ge-
nossen. Die Erzählung über Miles ^ erweitert sich zu einem vollen
Lebensbild, trägt aber eine krankhafte Wundersucht zur Schau.
Schahdost, der Nachfolger Simeons Bar Sabbae auf dem Patriarchen-
stuhl, starb nach fünfmonatlicher Kerkerhaft am 20. Februar, wahr-
scheinlich 342. nachdem er etwa seit Sommer 340 den Hirtenstab
geführt hatte'. Auch sein Xachfolger, Barbaschemin. sollte dem
Blutgericht nicht entrinnen. Im Februar des U. Jahres der Ver-
I
.laubwürdiffkeit der Patriarchenchroniken 1. 9411".
;}X4 I^'^^" i^yri.srlif Literatur des vierten uinl linirteii .laliiliiiiiilerts.
'
Über Barbaschemiii und seinen inutnial.iliclien Naclifolijer vs^l. Westphal a. a. 0.
100 fr.
2. 2i;5.
—
Über Behnam liotiniann a.a.O. 17 li»: Bedjan a.a.O. 2. ;}!t7 44L Ülter
'
(svriscii lind lateinisch. H. Feii^e, Die (ieschichte des Mar Abhdischo und seines
S (jÜ. Märtyrcriiktcii und Hcilii-ciilclicu. 385
Die alte Sammlung von Märtyrerakten aus der Zeit Sapors IL ist gedruckt
l)ciAsscmani. Acta S8. Martyi'um 1. 1 —
210, und wiederum bei Bedjan. Acta
Martyrum et Sanctorum 2. 57—896. Die deutsche Übersetzung des Werkes
Assemanis von Zingerle ward schon S. 87<S angeführt. Ausgewählte Stücke
unsrer Sammlung wurden nach Bedjans Ausgabe ins Deutsche übersetzt von
<). Braun, Ausgewählte Akten persischer Märtyrer. Kempten 1915 (Bibliothek
81 (1861) 8 1()2. —
Aufschluß über chronologische Fragen gibt Th. Noldeke.
(loschichte der Pei-ser und Araber zur Zeit der Sassaniden, aus der arabischen
Chronik des Tabari übersetzt und mit ausführlichen Erläuterungen und Er-
gänzungen versehen. Leyden 1879, 8*^. Wertvolle topographische Belehrungen
gibt G. Hoffmann, Auszüge aus syrischen Akten persischer Märtyrer, übersetzt
und durch Untersuchungen zur historischen Topographie erläutert (Abhand-
lungen für die Kunde des ^Morgenlandes 7. 3). Leipzig 1880. Am vollständigsten
sind die gedruckten syrischen Akten aus den Tagen Sapors IL aufgezählt bei
Duval, La Utterature syriaque. 8. ed.. 119 ff. Vgl. auch Labourt. Le Christianisnie
dans l'Empire Ferse sous la dynastie Sassanide (224 682), Paris 1904. 48 — ff'.
Vgl. Nöldeke in der Zeitschr. der Deutschen Morgenland. Gesellsch. 44 1890) 529 ff.
Die spätere Sinnesänderung wird durch
'
die Märtyrerakten selbst bewiesen.
Siehe namentlich die ausdrückliche Versicherung der sehr vertrauenswürdigen Akten
des hl. Peroz bei Hotfmann a. a. 0. 89 f.: Bedjan a. a. 0. 4. 254.
- Tiuujpiai; icai oxpeßXaq TiepffiKdc. heißt es bei
Socr.. Hist. eccl. 7. \>^.
Bardtiiliewer, Gesell, der ;iltkiiclil. Literatur. IV. 25
3S() Die syrisclic Literatur des vierten und t'iiiil'ten .lainiiiiiiderts.
ist wenigstens längere Zeit liindurcli in den Bahnen des Vaters ge-
wandelt. Eines ungestörten Friedens haben sich die persischen Christen
überhau])t nicht erfreut, bis im 7. Jahrhundei't das Sassanidenreich selbst
unter dem Hammer der mohammedanischen Eroberer zusammenbrach.
Aus den späteren persischen Verfolgungen haben sich nicht so viele
Märtyrerakten erhalten wie aus den Tagen Sapors IL Vorübergehend
mul.^ auch die Widerstandskraft der Verfolgten erlahmt sein. Patriarch
Dadischo (Dadjesu) von Seleucia-Ktesiphon, welcher selbst zu Beginn
der Regierung Bahrams V. in den Kerker geworfen, aber auf die Inter-
zession eines Gesandten des Kaisers Theodosius II. in Freiheit gesetzt
worden war, erhob auf einer Synode zu Seleucia 423 424 die Klage:
„Viele haben verleugnet und sind zurückgetreten von unsrer Brüder-
schaft; wenige haben Zeugnis gegeben; viele sind geflohen und ver-
" ^
schollen.
Ein eigenartiges Martyrium erlitt um 384. wie es scheint, zu
Singar in Mesopotamien Abdul Masich, ein elfjähriger jüdischer
Knabe, welcher sich von christlichen Spielgenossen für das Christentum
gewinnen läßt und deshalb von seinem Vater ermordet wird-. Doch
ist die Erzählung stark legendarisch gefärbt und erhebt auch keinen
Anspruch auf zeitgenössische Herkunft. Corluy, der Herausgeber,
meinte: ..Multa in hac narratione occurrunt portentosa, in quibus quae
veritatis. quae popularis famae (prodigia facile multiplicantis) aequa
mensura sit, nemo facile dixerit."
Über Martyrien aus dem Jahre 42() oder aus dem Ende der Re-
gierung Jezdegerds I. handeln das »Bekenntnis" des Bischofs Ab da und
seiner Genossen und wahrscheinlich auch die Akten des Aszeten Xarses.
Das .Bekenntnis" ^ welches das Datum des 22. Jahres Jezdegerds trägt,
istnur ein Fragment und bedarf der Ergänzung aus griechischen
(^)uellen (insbesondere Theodor., Hist. eccl. 5, 38). Ein Priester zu
Hormizdardaschir in}Huzistan zerstörte, mit oder ohne Vor wissen seines
Bischofs Abda, einen an die christliche Kirche anstofsenden Feuertempel.
Abda weigert sich, den Tempel wiederaufzubauen, und wird zum Tode
verurteilt. Auch Xarses, dessen Akten ^ kein Datum aufwieisen. aber
allem Anschein nach in dieselbe Zeit hineingehören, stirbt, weil er
'
Hei Braun. Das Buch der 8ynhados, Stuttgart IStOU, 4!l. Von.die.seni Patri-
arilien lierichtet Eliedjesu bei Assemani. Bibl. Orient. 3. 1. "214 f. : ,Fecit in Danieleni
comnientarium adinirabileni et libiuin Tfeguni et Siraridae tribus toniis exposuit."
Die sonstigen Naclirichten über den Patriarchen bei Westplial a. a. O. ir)9ff. : Lalxnut
a. a. O. 11*1 ff.
Kerker, „als die Eisen ihm zu heiß wurden", seinen Glauben verleugnet,
war aber von seinen nächsten Angehörigen nicht mit Freude, sondern
mit bittern Vorwürfen empfangen worden und hatte sich nun freiwillig
den Feinden wieder gestellt mit den Worten: „Wer aus euch kann
mich scheiden von der Liebe Christi?" Der überaus schlichte und
nüchterne, mit genauen Zeit- und Oitsangaben ausgestattete Bericht
macht einen sehr gewinnenden Eindruck. Ein Gleiches gilt auch von
den Akten des hl. Jakob, eines königlichen -Notars"-, dem ein Glied
nach dem andern vom Leibe geschnitten wird, die Finger, die Zehen,
die Handstümpfe, die Füße, die Arme, die Beine, die Ohren, die Nase
und endlich der Kopf. Daß diese Akten, w^elche sich durch den Reichtum
des historischen Gehalts besonders auszeichnen, eines Datums entbehren,
ist wohl nur aus der Mangelhaftigkeit der handschriftlichen Über-
•
Hoffniann a. a. 0. 39—43. Bedjan a. a. 0. 4. 253 2(3-_>. Biauii a. a. 0. 163
bis Itil).
,1150 162. Über die Zeitangaben des Textes vgl. Westphal a. a. 0. 154. Zur Kritik
[der Erzählung vgl. Labourt a. a. 0. 117.
* HoflFmann a. a. 0. 43—60. Bed.ian a.a. 0. 2. 507—535. Braun a. a. 0. 179 187.
388 ^''-' syrische Literatur des vierten und fünften Jalirliiinderts.
'
Ilotlinaiin a. ;i. ( I. 1)1 (JS. J. Corluy, Hi.sioria S. Mar Pethion martyris syriace
et latine: .VnaU'tta Hollaiidiana 7 ISSS :> -44. Hedjan a. a. O. "J. (?04 (kM.
S ')'.'. .Mäityinakton und Ileiliüt'iilclicii. ;-}HS)
eine Zeit lang als Anachoret in einer Höhle. Bischof Akacius von
Aleppo, so scheint es, vermittelte seine Wahl zum Bischof von Edessa.
In dem weiteren Verlauf seines Berichts schöpft der Biograph, wie
nicht bloß die Einläßlichkeit und Umständlichkeit, sondern namentlich
die fühlbare Wärme zeigt, aus eigener, lebendiger Erinnerung. Er
kann nur in panegyrischem Tone schreiben. Er ist sich bewußt, daß
das Bild, das er zeichnet, ein Vorbild ist. Schön und greifbar schildert
er das abgetötete Leben des Bischofs, seinen Eifer für die Disziplin
des Klerus und das Seelenheil der Gläubigen, seine Sorge für Arme
und Kranke, seine Missionstätigkeit unter Juden und Häretikern, seinen
Kampf gegen Marcion und Bardesanes, gegen Theodor von Mopsuestia
und Xestorius.
Auf das Verhalten des Bischofs ^vährend des Konzils zu Ephesus
ist er nicht näher eingegangen. Aus den Akten des Konzils erhellt,
daß Rabbula vorübergehend auf der Seite der Antiochener stand, welche
sich unter der Führung des antiochenischen Patriarchen Johannes von
Cyrillus von Alexandrien und den übrigen Bischöfen lossagten und in
mehr oder weniger ausgesprochener Weise Xestorius in Schutz nahmen.
Jedenfalls aber sind für diese Stellungnahme andere als dogmatische
Erw^ägungen bestimmend gewesen. Die Lehre des Nestorius hat Rab-
bula unzweifelhaft schon zu Anfang des Streites, noch vor dem Konzil,
entschieden bekämpft. In einem fragmentarisch erhaltenen Briefe hat
er dem Bischof Andreas von Samosata wegen seiner Schrift gegen
die zwölf Anathematismen Cyrills ernste Vorwürfe gemacht, und laut
unsrer Biographie hat er, gleichfalls vor dem Konzil, während eines
Aufenthalts zu Konstantinopel in öffentlicher Predigt „den alten Irrtum
des neuen Juden widerlegt" ', obwohl dieser .neue Jude" noch auf dem
'
SjTisch nach einer Handschrift des 6. oder 7. .Jahrhunderts bei Overbeck.
8. Ephraemi Syri .alioriinique opera selecta. Oxonii 18G5. ir)9tf.
. . deutsch bei ;
Biograph .zur Belehrimg vieler und zum Nutzen allei", wie er sagt ^a. a. 0.,. in
390 I^'*-^ .syrisclR' Litciatiu' ili-s viorton und fünften .lalirliundcrts.
ist eine bedeutsame Quellenschrift für die Innern Zustände der Kirche
von Edessa. Gegen Ende findet sich die Bestimmung „Die Presbyter :
und Diakone sollen Sorge dafür tragen, daß in jeder Kirche ein Evan-
gelium der Getrennten vorhanden sei und vorgelesen werde." Ein '
bis 211) steht s}Tisch auch bei Bedjan. Acta Martyrum et Sanctorum 4, Paris.
1(S94, 896—470. so^vie zum Teil auch bei C. Brockelmann. Syrische Grammatik,
o. Aufl.. Bedin 1912. 69* 101*. — —
Die Satzungen für Kleriker. Mönche und
— —
Nonnen (Overbeck 210 221; Bickell 226 237) sind wenigstens zum Teil von
Barhebräus. dem großen jakobitischen Polyhistor (gest. 1286). in sein kano-
nistisches Sammelwerk „Buch der Führungen'' aufgenommen worden. Die latei-
nischen „Canones Rabbulae" bei Äligne. PP. Gr. 77, 1478 —
1476, sind der latei-
nischen Übersetzung des Werkes des Barhebräus bei Mai. Scriptormn veterum
nova Collectio 10, Romae 1888. pars 2. 1 ff., entlehnt. Unzugänglich war mir
F. Nau, Les Canons et les Resolutions canoniques de Rabboula. Jean de Telia,
Cyriaque d'Amid traduits. Paris 1907, 8".
. . . Die „Praecepta et monita ad
sacerdotes et reguläres * bei ( )verbeck 215 —
221 sind auch von Burkitt-Preuschen
(Urchristentum im Orient, Tübingen 1907. 97 —
108) ins Deutsche übertragen
worden, aber in einer Weise, welche zu mannigfachen Beanstandungen Anlaß
gab. Siehe L. Köhler. Zu den Kanones des Rabbula. Bischofs von Edessa
Schweizerische theol. Zeitschrift 25 (1908) 210—213: vgl. 26 (1909) 183 f. —
'
Overbeck a. a. 0. 200.
^
Overbeck a. a. 0. 24Ö--248 362-378: zum Teil deutsch bei Bickell a. a. 0.
259—271.
;-5()2 ^^'~' «3'i'i«fliL' Literatur des vierten iiml fünften Jahrliunilerts.
Die Überbleibsel des Briefes gegen die die Euchaiistie entwürdigenden Mönche
syrisch bei Overbeck 280—288; deutsch bei Bickell 2Ö0— 25<S. Bickell verteidigt
tlie Echtheit des Briefes, ohne die entgegenstehenden Bedenken heben zu können.
Von dem Briefe Rabbulas an Cvrill von Alexaiidrien über die Jefährlichkeit der (
hl. Pachomius angehört hatte, sei mit 70 oder 72 Genossen nach dem
Osten gezogen und habe auf dem Berge Izla, dem Höhenzug bei Xisibis,
welcher, seit Mönche seine öden Kalkfelsen bevölkerten, bis auf den
heutigen Tag Tur Abdin, „Berg der Knechte (Gottes)", genannt wird',
eine neue Heimat gefunden. Hier habe Eugen im Jahre 363 sein Leben
beschlossen. Seine Genossen hätten Mesopotamien durchwandert und
Kirchen und Klöster erstehen lassen. Bedjan veröff'entlichte syrische
Lebensgeschichten Eugens und mehrerer seiner Genossen, des hl. Scha-
lita, des hl. Daniel des Arztes, des hl. Jonas des Anachoreten usw.
Geschichtlicher Erinnerungen fast ganz ermangelnd, schwelgen diese
Texte in Erfindungen einer ungezügelten Phantasie. Über das Leben
Eugens urteilt W
e s tp h a 1 unter voller Zustimmung Labourts:
,
..Für uns hat die Geschichte des Eugen gar keinen Wert, sie steht
ethisch und ästhetisch w^eit unter den übrigen syrischen Heiligen-
geschichten, fast auf einer Stufe mit den minderwertigen koptischen
und ägyptischen Heiligenleben, in denen die Heiligen nichts weiter
sind als Zauberer niederster Art. die mit dem Zeichen des Kreuzes
alle Wunder der Welt vollführen."^ Die ganze Überlieferung, in
deren Mittelpunkt Eugen steht, wird als Sage beiseite zu schieben
sein. Vielleicht in Ägypten beheimatet, ist sie weiter ausgestaltet
worden durch syrische Mönche, w^elche ihren Klöstern den Ruhm sichern
wollten, Gründungen Eugens oder doch eines seiner Genossen zu sein.
—
Die lange ,Vita S. Eugenii" bei Bed)an o. 370 480, ist ein aus verschie-
denen Handschriften und Rezensionen zusammengestellter Mischtext vgl. die :
'
Über die Lage und die Geschichte des Berges vgl. Holfmann. Auszüge aus
syrischen Akten persischer MärtjTer IGT ff.
gewesen, dürfte dei' in den „Acta IS. Maris'" niedergelegte Bericht kaum
noch irgend welclie geschiclitliche Elemente in sich bergen. Abbeloos,
der erste Herausgeber, wies den Bericht einem syrischen Mönclie
des 5. oder (j. Jahrhunderts zu, welcher in einem angeblich von Mari
gegründeten Kloster gelebt habe; Raabe wollte ihn noch weiter hinab-
rüeken und erst nach ()42 oder nach dem Zusannnenbruch des Sassaniden-
reichs entstanden sein lassen; Westphal bezeichnete die Mitte des
(i.Jahrhunderts als den terminus ad quem des in Betracht kommenden
zeitliclien Spielraums *. Die Mahnung am Schlüsse des Berichts (c. 34).
den „Gedenktag" des heiligen Apostels zu feiern, läßt vermuten, daß der
Verfasser in erster Linie eine Jahresfeier zu Ehren seines Helden
empfehlen wollte-.
Die „Acta S. Maris. Assyriae. Baljyloniae ac Fersiclis saeculo I apostoli"
wurden syrisch und lateinisch herausgegeben von J. B. Abbeloos. Brüssel 1885. 8".
Eine neue Ausgabe des syrischen Textes bei Bedjan 1, 45 94. Eine deutsche —
Übersetzung bei R. Raabe, Die Gescliichte des Dominus Mari, eines Apostels
des Orients, Leipzig 1898, 8**. Fr. Cumont. Note sur un passage des Actes
de St. Mari [un tableau fort curieux de la grande ville de Seleucie du Tigre]
Revue de llnstruction publique en Belgique oü (LS9o) 373 378. Westphal. —
Untersuchungen über die Quellen und die Glaubwürdigkeit der Patriarchen-
chroniken 30 38.—
Erwähnt sei auch noch die Legende vom „Manne Gottes aus
Rom", welche zu internationaler Bedeutung gelangen sollte. Ein römi-
scher Patrizier verläßt am Abend vor der Hochzeit seine Braut und
seine Eltern, um von Rom nach Edessa zu flüchten, wo er Tag und
Nacht dem Gebet obliegt und sich von Almosen künnnerlich ernährt.
Er stirbt im Spital zu Edessa unter Bischof Rabbula. Der Sakristan
der Kathedrale, der ihn persönlich gekannt und verehrt hat, beschreibt
seinen Lebenslauf. So scheint die älteste, bis ins 5. Jahrhundert zurück-
reichende syrische Erzählung gelautet zu haben. Ln Westen, naeli
den einen im griechischen, nach den andern im lateinischen Westen,
erfuhr sie eine Umbildung und Erweiterung. Man nannte den ur-
sprünglich Namenlosen Alexius und ließ ihn nicht zu Edessa sterben,
sondern ruich Rom zurückkehren, dort als vielgeschmähten Bettler unter
der Treppe des väterlichen Palastes, auch von den Seinen unerkannt,
den Rest seiner Tage verbringen und schließlich eine Aufobiogiaphie
schreiben. Diese neue Kunde drang wieder nach Syrien, und hier ver-
suchte man nun zu vermitteln und auszugleichen, mid weil man aul'
die edessenische Gral)stätte nicht verzichten wollte, so erklärte man.
der Heilige sei zu Rom wieder von den Toten auferstanden.
'
Abbeloos. Acta 8. :\biris (! f. Kaalie. Die Cest liielite des noniinns Mari ll>.
Westphal a. a. 0. 32.
•
Kine ganz äimlielie Vermutung legte sich voriiin. 8. 387. gegenülier dei- .!•« -
sehieiite der Stadt I5et .Slek und der Märtvrei- daselbst" nahe.
:
§ 70. Dichter.
wüsteten und meine lünder gefangen nahmen, und siehe, sie drohen"
jetzt wiederum, zum zweiten Mal, unser Land zu demütigen." Im Jahre
'
Sielie die Stelle liei Hi.kell a. a. O. -20 : Lamleisilurfer a. a. ( >. 1.').
\^'i)H Die syiisclic Literatur des vierten iiinl fiint'teii .laiirliiimlerts.
Näher liegt die Annahme, daß Absamja ein Zeitgenosse des Cyrillonas
gewesen ist und über eine spätere Heimsuchung Edessas durch die
Hunnen gehandelt hat^. Gehört Cyrillonas, wie nicht mehr zu be-
zweifeln sein wird, dem Ende des 4. Jahrhunderts an, so gewinnen
seine zahlreichen Zeugnisse über katholische Glaubenslehren ins- ,
('liroiiikeu", den Einfall der Hunnen in Syrien und Mesopotamien ins Jahr 396 und
die .\l)fassung unsres Liedes ins Jahr 3fl7. Bickells Datierung dürfte besser be-
i^rüiulet sein. Auch NiUdeke (leschichte der Perser und Araber zur Zeit der Sasaniden.
;
Leyden 1879. 72) und Hallier Untersuchungen über die edessenische Chronik, Leipzig
1S92, 104 f.) setzen den Kinfall der Unniieii ins .laln- ;?9r).
- Siehe Hallier :i. a. KMi: v,:;l. 10.
< ».
'
Siehe haiideisdi.rt'ei- a. a. ( ). i'O 29.
S 70. Dichtei-. -J. Haläus. 399
'
Bei Overbeck, IS. Ephraemi Syri. Raliulae episc. Edesseni, Balaei aliorunique
i]it'ra selecta, Oxonii 18(J5, 251.
-'
Fr. (iinmann. Das Institut d^x Chorbischüfe im Orient. .Müncheu litOo. V-i ft'.
'
Vgl. über dieses (lediclit von sehr unsicherer Herkunft Zettersteen. Beiträge
ir Kenntnis der religiösen Dichtung Baiais, Leipzig i;t02. 3.
400 Die syiische Literatur (U-s \ ii-rtcii iiiul riiiif'tcii .laliiliimilci-ts.
Die erste Homilie des Cyrillonas uhtr das l'a.-^sali Christi setzt sich, wie eben
'
Vgl. Zettersteen a. a. 0. 4.
•"'
Vgl. Bickell. (iedichte der syrischen Kirchenväter Cyrillonas.
Ausgewälilte
Haläns usw. 72: I<ander.sdorfer. Ausgewählte Schriften der syrischen Diditer Cyrillonas.
Haläus usw. (il.
^ Bickell a. a. (>. s;! Lan.h'rsdorfer a. a. <•. 71 t1.
ti'. Vgl. über .\kacius Bd. -"l
'
Vgl. vorhin S. 365.
- Früher (Bd. 2-, S. 6"22) ist berichtet worden, daß eine syrische Kompilation
aus den pseudo-klementinischen Rekognitionen imd Homilien noch in einem 411 zu
Edessa geschriebenen Manuskript vorliegt.
Bardenhewer, Gesch. der altkirclil. Literatur. IV. 26
402 Dit' syrische Literatur des vierten und n'nit'ten Jahrliundtrts.
Monasterii 1S71. 4(5 f.. und sodann syrisch in der Zeitschr. der Deutschen
Morgenland. Gesellschaft 27 (ISTH) 599 f. (syrisch steht es auch bei Gismondi
a. a. 0. 9(S). Ein Fragment von vier Versen unter des Baläus Namen wird in
der syrischen Lel)ensbeschreibung Ephräms bei Lamy, 8. Ephraem 8yri Hyiiini
et Sermones 2. Mechliniae l.S8(>. 69 f., zitiert. Über die liturgischen Gebete,
—
von welchen Overbeck 331 335 schon einige Proben gegeben hatte, siehe
K. V. Zettersteen. Beiträge zur Kenntnis der reUgiö.sen Dichtung Baiais. nach
den syrischen Handschriften des Britischen Museums, der Bibliotheque Nationale
zu Paris und der Königl. Hiljliotliek zu Berlin herausgegeben und üliersetzt.
Leipzig 1902. 4".
Vollendung seiner Arbeit 1073 durch den Tod abberufend Seine Sanmi-
lung hat sich, wenn auch nicht unversehrt, handschriftlich erhalten -
und ist in neuerer Zeit wenigstens bruchstückw^eise ans Licht gezogen
Avorden. Nachdem zuerst Zingerle einige Homilien Isaaks von An-
tiochien veröffentlicht hatte, legte B icke 11 Hand an eine Gesamt-
ausgabe, deren zwei erste Bände 37 Homilien, einzelne allerdings nur
fragmentarisch, brachten. Ein dritter Band ist nicht mehr erschienen.
Im Jahre 1903 aber ließ der unermüdliche Pater Bedjan unter der
Aufschrift „Homiliae S. Isaaci Syri Antiocheni" einen Band ausgehen,
welcher nicht weniger als (37, unter ihnen 43 bis dahin ganz un})ekannte,
Nummern umfaßte. Auf den zweiten Band, welchen Bedjan ankündigte,
hat man vergeblich gewartet.
Sämtliche Texte bei Bickell und Bedjan sind Memre oder metrisclic
Reden, und zwar in siebensilbigen A'ersen. Daß je vier Verse sich zu
einer Strophe zusammenschließen, wie Bedjan beobachtet haben will •',
erscheint mir noch zweifelhaft. Es dürfte nur ein w^ohl gar nicht be-
absichtigter Ansatz zu strophischer Gliederung, aber keine folgerichtig
durchgeführte strophische Bindung nachzuweisen sein. Jedenfalls hat
die formelle Seite dieser Homilien nicht viel Anziehendes.- Auch auf
die neuen Stücke bei Bedjan findet im großen und ganzen das Urteil
Anwendung, welches Bickell über Isaaks Homilien fällte: „Abgesehen
V(in einigen wenigen Stellen, wo die Erhabenheit des Gegenstandes
'
Vgl. Greg. Karlieliraeiis. Cliron. ecelos.. edd. ,\blieloos et Laniy. \. Luvanii
lS7-_>. 447 f.
-
Nälieres iilier ilie Haiidsclnii'ten liei Üedjan. Honiiliae S. Isaaci Syii .\ntiiirlieiii L
l'aris. Avant-Propos x f. xix tf.
l!l(J.'}.
'
Hedjan a. a. 0.. .\vant-Pn)pns xix.
S 70. Diclitfr. .']. I.saak von Antiocliien. 403
'
Bickell, Ausgewählte Gedichte der sj'rischen Kirchenväter Cyrillonas. Ba-
läus usw. 117.
-'
In der Homilie bei Bedjan a. a. 0. 1. 539 —5G6.
^
Mit Unrecht, scheint es, werden einzelne aszetische Homilien der Sammlung
in andern Handschriften für Isaak von Ninive in Anspruch genommen, einen nesto-
rianischen Aszeten, welcher erst gegen Ende des 7. Jahrhunderts lebte. Weiteres
über ihn bei Bedjan, Mar Isaacus Ninivita De perfectione religiosa, Paris. 1909,
Avant-Propos iii f.
* Bickell, S. Isaaci Ant. Doctoris Syrorum opera oninia 1. 2-25. Bedjan.
Homiliae S. Isaaci Syri Ant. 1. 789— SOG.
2(5*
:
von einem gelehrten Zeitgenossen die Frage vorgelegt Hat es einen oder :
zwei oder drei Lehrer namens Isaak gegeben, und wo hat ihre Wiege
gestanden? Unter Berufung auf ..alte Männer", welche vor ihm gelebt,
antwortete Jakob, es seien drei Lehrer mit Xamen Isaak zu unterscheiden
zwei „Orthodoxe", d. i. im Munde Jakobs Monophysiten, und ein „chal-
cedonen.sischer Häretiker", d.i. Orthodoxer. Die zwei Monophysiten sind
Isaak von Aiiiida in Mesopotamien, welcher Schüler Ephräms gewesen,
—
unter Kaiser Arkadius (395 408) nach Rom gereist und sodann Priester
dei" Kirche von Aniida geworden sei, und Isaak von Edessa, welcher unter
—
Kaiser Zeno (474 491) gelebt, in den Tagen des Petrus Fullo (etwa 408
bis 488) sich nach Antiochien begeben und einen Memra über den
Papagei zu Antiochien verfaßt habe. Der „chalcedonensische Häretiker"
Isaak endlich habe gleichfalls der Kirche von Edessa angehört und
anfangs, unter Bischof Paulus (seit 510), ..orthodox" gelehrt und ge-
schriftstellert, später aber, unter Bischof Asklepius (seit 522). in \\'ort
und Schrift die ..Häresie" verfochten-.
Einen Isaak von Antiochien kennt also .lakob von Edessa nicht.
Doch könnte man unsern Autor in dem Monophysiten Isaak von Edessa,
welcher auch nach Antiochien kam und das Gedicht über den Papagei
schrieb, wiederfinden wollen. Der älteste Zeuge aber, welcher von einem
Isaak von Antiochien .spi-icht, Gennadius von Marseille, hat jedenfalls
'
BickcII a. a. 0. 1. M 17.".. Hed.jan a. a. (>. 1. 7;;7 7SS.'
-'
Sielie den Text der Antwoit .lai<ol)s s.vriscli und rranzösii^ii liei liedjan 1.
Avaut-l'rn|,iis iv ff.
S 70. Dichter. ;J. Isaak von .\ntiocliieii. 4(j5
nicht jenen Isaak von p]de.ssa im Auge gehabt. Isaak. schreibt Gen-
nadius', ein Presbyter der welcher vor 4(51
antiochenischen Kirche,
starb, hat in syrischer Sprache lange Zeit hindurch und viel geschrift-
.stellert, mit besonderm Eifer sich gegen Nestorianer und Eutychianer
gewandt und auch ein Klagelied über die Zerstörung Antiochiens durch
ein Erdbeben im Jahre 459 hinterlassen. Dieser Isaak von Antiochien
hat mithin erstens den Monophysitismus bekämpft und zweitens die
Zeit des Kaisers Zeno und des Petrus Fullo, des Vaters jenes Zusatzes
zum Trishagion, nicht mehr erlebt. Die Personalien des Verfassers der
großen Mehrzahl unsrer Homilien, einschließlich des Gedichtes über
den Papagei, werden erst auf Grund genauerer Untersuchung des
Textes selbst festzu.stellen sein.
Noch weniger läßt sich vorläufig der Verfasser der orthodoxen
oder antimonophysitischen Homilien mit irgend welcher Sicherheit iden-
tifizieren. Jener zweite Isaak von Edessa, welcher laut Jakob von
Edessa in der ersten Hälfte des (5. Jahrhunderts gelebt und wenigstens
nachträglich seine Feder in den Dienst der Orthodoxie gestellt haben
soll, ist eine sehr fragwürdige Größe. Aus der Zeit vor Jakob von
Edessa ist, soviel ich sehe, nicht ein einziges Zeugnis für ihn oder
über ihn beizubringen -.
Isaak von Amida endlich, welchen Jakob freilich zum Monophysiten
stempelt, ist zwar als syrischer Schriftsteller um die Wende des 4. zum
5. Jahrhundert trefflich beglaubigt. Schon die sog. Kirchengeschichte
des Zacharias Rhetor führt ihn als einen „Lehrer des Syrerlandes" ein,
welcher „im Anschluß an Ephräm und dessen Schüler", d. h. wohl in
siebensilbigen Versen, sehr nützliche Bücher über die heiligen Schriften
verfaßte und „in seinem Eifer" eine Reise nach Rom angetreten und
noch viele andere Städte besucht habe'^; die sog. Chronik des Dio-
nysius von Tellmachre schreibt ihm Gedichte zu über die Säkularspiele
zu Rom im Jahre 404 und über die Einnalmie Roms durch Alarich im
Jahre 410^. Aber die Taae des Chalcedonense hat Isaak von Amida
"
De vir. ill. 66.
- Die edessenische Chronik, welche aus der zweiten Hälfte des 6. .Jahrhunderts
stammen wird, kennt allerdings einen , Schriftsteller und Archimandriten Mar Isaak".
setzt denselben aber in das .Talir 451/452. Siehe Hallier. Untersuchungen über die
edessenische Chronik, Leipzig 1802, 113 f. Barhebräus (gest. 1286; weiß von diesem
, Schriftsteller und Archimandriten" zu melden: ^Er wurde auch zum Häretiker,
indem er mit den Zeitverhältnissen schwankte." Vgl. Hallier a. a. 0. 17 ff. ^Häretiker"
ist auch bei Barhebräus soviel als Gegner der Monophysiten.
^ Alirens und Krüger, Die
soü;. Kirchengeschichte des Zacharias Rhetor, Leipzig,
1899, *20.
^ Tullberg, Dionysii Telmahharensis C'hronici über primus. Upsaliae 1848 — 1S51.
52: Alueiis und Krüger a. a. 0. 296. Anderswo, wie in dem .Chronicon ad annum
Doniini 846 pertinens" bei Chabot im Corpus scriptorum christ. orientalium. Scriptores
Svri. Series 3, t. 4, Paris. 1905. Versio 159. Avird Isaak von Amida schlrcbtwco:
:
schrift 52 (1870) 92 —
114. Es folgte die Ausgabe Bickells: S. Isaaci Antiocheni
Doctoris Syrorum opera omnia. syriace araliicecjue primus edidit. latine vertit, pro-
legomenis et glossario auxit C4. Bickell. Gis.sae 1873 —
1877. 2 partes. 8". Diese
zwei Bände enthalten nur syrische Texte nebst lateinischer Übersetzung. Über die
arabischen Texte, welche der Titel ins Auge fa&te. siehe Bickell 1. Praef viii.
Ausschließlich s}Tische Texte, und zwar ohne Übersetzung, brachten auch die
Homihae 8. Isaaci Syri Antiocheni. edidit P. Bedjan. tomus 1. Paris. 1903. 8".
Einige kleinere neue Stücke unter dem Nameii Isaaks von Antiochien bei J. E.
Ralunani. Studia Syriaca. In monte Libano 1904. 15 —
25 des syrischen Textes.
—
14 23 der lateinischen Übersetzung. Das Gedicht S. 23 25 bzw. 22 23. — —
kann übrigens nicht von Isaak sein oder nicht aus dem 5. Jahrhundert stammen
vgl. Nöldeke in der Zeitschr. der Deutschen Morgenland. Gesellschaft 58 (1904^
494. —Sechs Gedichte Isaaks wurden ins Deutsche übersetzt von Bickell.
Ausgewählte Gedichte der syrischen Kirchenväter Cyrillonas. Baläus. Isaak von
Antiochien und Jakob von Sarug, Kempten 1872. 109 191: vgl. die nach- —
träglichen Bemerkungen bei Bickell. Ausgewählte Schriften der syrischen Kirchen-
väter Aphraates. Rabulas und Isaak von Ninive. Kempten 1874. 411 f. 422
bis 424. Zwölf Gedichte wurden ins Deutsche übersetzt von Landersdorfer.
Ausgewählte Schriften der syrischen Dichter Cyrillonas. Baläus. Isaak von
Antiochien und Jakob von Sarug. Kempten 1912. 101 248. Einzelne der — —
schon von Bickell veröffentlichten Texte sind inzwischen nach dieser oder jener
Seite hin etwas näher untersucht worden. In dem ,Sermo de sancto ieiunio
quadragesimali" (Bickell 1, 250 275; Bedjan 1. 158 — 170) wird des Aphraates—
Abhandlung Nr. 3. ,vom Fasten *. benützt. J. Forget De vita et scriptis .
:50() Abliandhuigeii üljer allerlei aus den göttlichen Schriften her und übei-
Keilige sowie Hymnen" hinterließ. Ahrens und Krüger. Die sog. Kirchen-
geschichtc des Zacharias Rhetor in deutscher Übersetzung herausgegeben (Scrip-
tores sacri et ])rofani o), Leipzig 1S99. *2(). Irgend eine sonstige Nachricht
über die Schriften dieses Dada scheint sich nicht erhalten zu haben.
4. Narses. —
Über Karsai oder Narses, der im Gegensatz zu
„Isaak von Antiochien" auf das nestorianische Glaubensbekenntnis
schwur und von den späteren Nestorianern „Zunge des Orients" und
..Zither des Heiligen Geistes" genannt ward, sind wir ziemlich ein-
gehend und zuverlässig unterrichtet. Er stammte aus Maalta in der
Nähe von Mossul, kam aber schon früh nach Edessa, wo er an der
sog. Schule der Perser unter dem bekannten Bischof Ibas (seit 435)
studierte und später, wie es scheint, auch dozierte. Nach dem Tode
des Bischofs Ibas am 28. Oktober 457, als die Nestorianer Edessa
verlassen mußten, zog sich Narses nach Nisibis zurück und gründete
hier eine neue theologische Hochschule, welcher die zweite Hälfte seines
Lebens gewidmet blieb. Eine kurze Zeit lang hat er, infolge eines
Zerwürfnisses mit Bischof Barsauma von Nisibis (etwa 470 495), im —
Kurdenlande das Brot der Verbannung essen müssen; im übrigen
konnte er, soviel war wissen, ununterbrochen lange Jahrzehnte hin-
durch als vielgefeierter Lehrer die rasch aufblühende Schule leiten. Wir
besitzen noch die während seiner Lehrtätigkeit in Geltung gewiesenen
und unter seiner Mitwirkung redigierten Statuten der Schule, ein sehr
interessantes Denkmal der Geschichte der Pädagogik ^ Die Zeit seines
Todes ist zweifelhaft, weil einige Zeugen (Barhebräus) ihn 50 Jahre lang,
andere (Barhadbeschabba) 45 Jahre lang zu Nisibis wirken lassen.
Ausgehend vom Jahre 457, setzt man den Endtermin entweder 507
(Chabot) oder 502 (Mingana) an-.
'
Die von Guidi (Giornale della Societä Asiatica Italiana 4 [1890J l(j5— 195
J.
ins Deutsche übersetzten Statuten der Schule zu Nisibis stammen aus dem Jahre 602.
umschließen aber auch ältere Texte. An der Sj^itze stehen .die alten Kanones".
Avelche 49(j festgesetzt wurden, als Narses- der Lehrer der Schule und Hoseas der
Metropolit von Nisibis war. Diese Kanones aber gingen auf die Verordnungen zurück,
welche unter Barsauma. dem Vorgänger des Hoseas. erlassen worden waren. Vgl.
•T. B. Chabot, L'ecole de Nisibe. son liistoire. ses Statuts: Journal Asiatique Ser. 9.
t. 13 U896} 43—93. Labourt. Le Christianisme dans TEmpire Perse. Paris 1904.
—
293 301. R. Nelz, Die tlieol. Schulen der morgenl. Kirchen während der sieben ersten
christlichen Jahrhunderte. Bonn 191G, 77-110.
- Mingana ^Narsai Doctoris Sjri Homiliae et Carmina. Mausilii 1905. 1. 8
stützt sich auf ein von ihm zum erstenmal herausgegebenes Fragment de.r Chronik
eines Barhadbeschabba zu Anfang des 7. Jahrhunderts ebd. 32 — 39\ welches über
die Anfänge der Schule zu Nisibis handelt und die Dauer der Wiiksamkeit des Narses
auf 45 Jahre angibt. Gegen Mingana und seine Wertung des Fragments siehe Chabot.
Narsai le Docteur et les origincs de l'dcole de Nisibe d"apres la chronique de Bar-
hadbesabba: Journal Asiatique Ser. 10. t. 6 1905) 157—177. Die A'on Diettrich in
der Theol. Literaturzeitung 1906. 706 erwähnte, als Manuskript gedruckte Antwort
Minganas an Chabot ist mir nicht zu (Tesicht i?ekomnien.
4()S Dil' syiisclif Litt'iatur des vierten und i'iinfton .laliilinnilerts.
morum" \
Die Bibelkommentare, welche vermutlich in Prosa geschrieben
waren, scheinen samt und sonders zu Grunde gegangen zu sein-.
Von den metrischen Reden hingegen ist ein immerhin beträchtlicher
Bruchteil dadurch gerettet worden daß er in liturgische Bücher ,
'
Asscniaiii. IJilil. Orient. 3, 1. iV.Ul Ygi. Minyana a.a.O. 1. U f.
besitzt Nummer 17: „Über die Erklärung der Geheimnisse" '. ein voll-
ständiger Kommentar zu der eucharistischen Liturgie.
In dieser Homilie 17 und der Homilie 22 „Über die Taufe" will
Mingana die „expositio sacramentorum et baptismi" wiederfinden,
welche Ebedjesu Narses beilegt-'. Man könnte einwenden, daß f]bed-
jesu der metrischen Reden bereits erwähnt hat, bevor er die Titel
„liturgiam et expositionem sacramentorum et baptismi" einführt. Ein
Mangel an Ordnung in den Schriftenverzeichnissen ist jedoch bei Ebed-
jesu durchaus nicht ohne Analogie und in unsrem Falle besonders
leicht erklärlich. Lehnt man die Identifizierung ab, so sind jene litur-
gischen Schriften als verloren zu betrachten. Erhalten hat sich unter
des Narses Namen
außer den Homilien nur noch eine Reihe von Sugitha-
Dichtungen oder Wechselliedern, welche sich jedesmal als Anhang
an einen Memra anschließen. Der soeben erwähnten Homilie auf die
nestorianischen Väter Diodor, Theodor und Nestorius folgt ein Zwie-
gespräch zwischen Nestorius und Cyrillus von Alexandrien, einer
Homilie auf Maria folgt ein Zwiegespräch zwischen Gabriel und Maria,
einer Homilie auf Epiphania ein Zwiegespräch zwischen dem Vorläufer
und Christus. Diese Zwiegespräche oder Wechsellieder sind in der
Weise akrostichisch geordnet, daß je zwei Strophen, von denen die
er.sten Worte der einen, die zweite Worte der andern Person enthält,
mit demselben Buchstaben anfangen. Im Gegensatz zu der Mattigkeit
und Weitschweifigkeit der einleitenden Memre bekunden die Wechsel-
lieder auch in ihrer Sprache eine gewisse dramatische Lebendigkeit.
Die Sugitha schloß die Keime des religiösen Schauspiels in sich, freilich
Keime, die auf syrischem Boden nicht mehr zur Entfaltung kommen
sollten.
Neun Feldmann nach
solcher Wechsellieder haben S ach au und
einer Berliner Handschrift herausgegeben und im Vertrauen auf die
Handschrift Narses zugeeignet. Mingana hat sie ihm abgesprochen
und behauptet, die Homihen seien von Narses, die angehängten Wechsel-
lieder aber seien von späterer Hand verfaßt. Er beruft sich auf die
Verschiedenheit der Sprache und des Stils, auf die Beobachtung, daß
jener (ostsyrischen oder nestorianischen) Gruppe liturgischer Bücher,
in welcher sich die Homilien finden, die Wechsellieder fremd sind,
sowie auf den Umstand, daß die Wechsellieder-Handschriften in dem
Autornamen keineswegs überein.stimmen. Nur ein einziges Wechsel-
lied von ausgesprochenster Sonderart könne als gesichertes Eigentum
des Narses gelten-'. Es dürfte sclnver sein, diese Gründe zu entkräften.
'
Mingana a. a. 0. 1, 270 '29>^. Doch wird diese Homilie nur ihrem (iriind-
•stock nach Narses angehören, in der vorliegenden Gestalt aber stark interpoliert
sein. Vgl. ConnoUy. The Liturgical Homilies of Narsai. Cambridge 190Jt. xiitt'.
- Mingana a. a. 0. 1, 15. Ebenso oder ganz ähnlich Ctjunollv a. a. <>. xiv f.
^ ]\ringana a. a. 0. 1, -I^ f.
:
die Taufe", 22: ,Über die Taufe" und 32: „Über die Kirche und das Priestertum'".
wiu'den ins Englische übersetzt und eingehend gewürdigt durch R. H. ConnoUv.
The Liturgical Homilies of Narsai, translated into English with an Introduction
with an Appendix by E. Bishop (Texts and Studios 8. 1), Cambridge 1909.
Die Homilie 83 bei Mingana. über die Kirche als die Braut Christi, deutsch
bei A. Allgeier im Katholik 1917. 1, 151 163. —
Ein langes Gedicht über —
den ägyptischen Joseph in zwölfsilbigen Versen, als „Homiliae Mar-Narsetis in
Joseph" herausgegeben von P. Bedjan. Liber Superiorum seu Historia monastica
auctore Thoma episc. Margensi etc., Paris. 1901. 519 (>29 (Bruchstücke des —
Gedichtes veröffentlichten schon V. Grabowski Die Geschichte Josefs nach .
Mar Narses. Teil 1. Berlin 1889. und M. Weyl. Das zweite Josefs-Gedicht
von Narses, Berlin 1901) wird von Mingana a. a. 0. 1, 25 jedenfalls mit Recht
für unecht erklärt. Narses handelt über Joseph in der Homihe 41 bei Mingana
2. 2(55 —
288. Mit dem vorhin bei Baläus (Abs. 2) erwähnten, noch weit um-
fangreicheren Werke über Joseph in siebensilbigen Versen hat jenes Gedicht
nichts zu tun. —
Vgl. noch Baumstark. Geschichte der syrischen Literatur.
Bonn 1922. 109—113.
Der Lehrer des Narses. Ibas, bei den Syrern Iliiba oder Hiba. 435 bis
28. Oktober 457 Metropolit von Edessa (durch die Räuber.synode zu Ephesus
am 22. August 449 abgesetzt, aber durch das Chalcedonense am 28. Oktober 451
restituiert), verdankt seine Berühmtheit jenem Briefe, welchen er wahrscheinlich
433. als Presbyter der edessenischen Kirche, an Bischof Mari von Hanlasehir
in Persien schrieb. Er tadelte Nestorius. weil er Maria den Titel BeoTOKoq
verweigere, verwarf aber auch die Anathematisnien Cvrills. weil sie apollina-
ristische Sätze enthalten sollten, feierte jedoch schlielMich die Union zwischen
Cyrillus und Johannes von Antiochien als den Sieg der Orthodoxie: vgl. v. Hefele.
Konziliengeschichte 2. 2. Aufl.. Freil)urg i. Br. 1875. 486 Dieser Brief ward 449 ff".
nischen Synode vom .lahre 449 ist eine Rückübersetzung aus dem Griechischen:
vgl. lioffmann. ViMhaiullungen der Kirchenversamndung zu Lphesiisam 22. August
449. Kiel 1873, 24 ff. 93. El>edjesu. der Literarhistoriker, führt ibas unter
den rsten .syrischen Übersetzern der Werke Theodors von Moi)suestia und der
t
:
Werke des Aristoteles auf und legt ihm außerdem noch folgende Schriften hei:
„comnientarium in Proverhia et interpretationes et hymnos atque disputationeni
adversus contentiosuni'' (l»ei Assemani. Bihl. Orient, o. 1. .So f.). In jenem
Briefe an Mari ])reist Ihas Theodor von Mopsuestia als „Herold der Wahrheit
und Lehrer der Kirche'', und gegen Rahhula von Edessa (vgl. S. 8X8 ff'.), seinen
damaligen Bischof, den er den , Tyrannen unsrer Stadt" nennt, weif.^ er keinen
schwereren Vorwurf zu erhehen. als daü er Theodor anathematisiere und die
Schriften desselhen zu unterdrücken suche (Mansi a. a. 0. 7. 245 if.). Iha^
ist auch als Bischof ein Bannerträger des Xestorianismus gehliehen. Vgl. ühei'
ihn E. Venahles im Dictionarv of Christian Biographv o. Jjondon 1882, 192
bis 196. K. Günther. Theodoret von Cyrus. Aschaflfenburg 1913. 18 26. — —
Der Adressat des Briefes des Ihas. Bischof M a r i oder jNIares von Hardasehir.
schrieb laut Ebedjesu „commentarium in Danielem et expositionem in epistolas
Acacii et librum adver.sus magos Xisibenos'" (Assemani a. a. ). 8. 1, 171 f.). <
Der ,Epistolae S. Acacii hatte Ebedjesu an früherer Stelle gedacht (3, 1, 51).
*•
Ktesiphon gerichtet, imd die vier ersten enthalten hauptsächlich einen Widerrui
des früheren Vei-haltens des Briefstellers und eine Anerkennung der Patriarchen-
stellung des Adressaten. Auf einer Synode zu Bet Lapat im April 484 hatte
Barsauma sich verschiedene Übergriffe zu Schulden kommen lassen, insbesondere
den Patriarchen Babuai. den Vorgänger des Akacius. für abgesetzt erklärt,
auch den Zöhbat der Kleriker aufgehoben, wie er denn auch selbst verheiratet
war. Vgl. über ihn Labourt, Le Christianisme dans l'Empire Perse. Paris 1904.
180 ff. Baumstark. Gesch. der syr. Lit. 108 f. Nicht zu verwechseln mit dem
nestorianischen Metropoliten von Nisibis ist der monophysitische Archimandrit
Barsauma. welcher auf der Räubers^^lode zu Ephesus 449 eine Rolle spielte.
gest. 458. Der letztere ist der Held dei- äthiopischen Vita bei S.. Grebaut.
Vie de Barsoma le Syrien (texte ethiopien. traduction francaise) Revue de I'Orient
Chretien 18 (m)>^) 887—845: 14 (1909) 185—142 264—275 401—414.
:
—
Der genannte Patriai'ch Akacius von Seleucia-Ktesiphon. 484 496. hat gleich-- —
falls aufseiten dev Nestorianer gestanden vgl. Braun. Das Buch der S^Tihados
:
59 ff. Labourt. Le Christianisme dans l'Empire Perse 148 ff. IrrtümUch wird
;
über den (ilauhen gegen die Müno^jliyhittMi und drei Huniilien iiliei- das Fasten
geschrieben und den Traktat eines gewissen Elisäus über den (ilauben aus dem
8)Tischen ins Persische übersetzt. —
Dieser Elisäus. der Verfasser des Trak-
tates über den Glauben, ist eine sehr umstrittene Persönlichkeit. Er wii'd nicht
mit Hoseas. dem Nachfolger des Barsauma auf dem Metropolitenstuhle von
Nisibis. zu identifiziei'en. sondern für den Nachfolger des Narses in der Leitung
der Schule von Nisibis zu halten sein. Und wahrscheinlich ist er kein anderer
als jener .Kommentator'' Elisäus. von welchem Ebedjesu berichtet ,Composuit :
'
Alle drei Berichte finden sich liei Abholuos. De vita et scriptis S. lacolii
Batnarum Sarugi in Mesopotamia Der eine der zwei kurzen
episcopi, Lovanii 18G7.
Berichte nach einer vatikanischen Handschrift zuerst syrisch und lateinisch bei
Assemani, Bibl. Orient. 1. -i-St^— 289 299. lateinisch bei Abbeloos a. a. 0. 89 f. 105,
sowie auch bei H. Matagne in den Acta SS. Ott. 12. Briuxellis 18(37. 830 f. Dieser
Bericht wird in einer Oxturder Handschrift Jakob von Edessa zugeeignet; siehe Martin
in der Zeitschr. der Deutsclien Morgenland, (iesellschaft 30 187»i 217. Eine zweite
kurze Notiz nach einer liondoner Handschrift syrisch und lateiirisch bei Abbebios
311 314. hiteiniscii aucli bei Matagne a.a.O. <»•_>;». Der wcirtreiclie Panegyrikus
syrisch und lateinisch bei Alibejons a. a. O. 24 S,").
S 71. .lakoll v(in Sariig und I'liiloxciuis von .Mabbug. 418
Sarugenser „die Flöte des Heiligen Geistes und die Zither der recht-
gläubigen Kirche'" '.
Über den äußern Lebensgang ihres Helden geben die drei Bio-
graphen folgende Aufschlüsse. Jakob ist 451 zu Kurtam am Euphrat.
wahrscheinlich in dem Landstriche Sarug, geboren, zu Haura, gleich-
falls im Gebiet von Sarug, erzogen, zu Haura später zum Chor-
episcopus oder Landbischof bestellt und schließlich 519, schon 67 Jahre
alt, zum Stadtl)ischof von Batnä, im Gebiet von Sarug, befördert, aber
'
Freilich ist, wie wir schon liörten. mehr als einer der sjrischen Altväter,
nicht bloß Ephräm, sondern auch Narses. von späteren Generationen , Zither de.s Hei-
ligen Geistes" genannt worden.
-'
Siehe den Brief .Jakobs an die .Mönche des Klosters Mar Bassiis bei Martin'
in der Zeitschr. der
Deutschen Morgenland. Gesellschaft 30 (1876^ 224.
' Bei Martin a. a. 0. 224 if.
* Die Codd. syr. Add. 14. r)S7 und 17, 1G3 bei Wriüht. Catalogue of Syriac
Manuscripts hi the British ^ru.scnni 2. T-ondon 1871. r)17ff.
414 J^'"' «yiisclu' Litfiatiir <li'S vierten uiul tTmlteii .Jaliiluuulerts.
lange Reihe von Briefen überliefert, wählend nur sehr wenige bisher
zum Druck befördert wuiden. Jenen drei Briefen an die Mönche zu
Mar welche, durch aufdringliche Fragen der M(»nche heraus-
Bassus,
gefordert, ex professo das christologische Dogma behandeln, lassen
sich noch zwei andere dogmatische Briefe an die Seite stellen, ein
Brief an die Mönche zu Arzun in Persien gegen die Lehre des
Xestorius und ein Brief an den Mönch 8tephanus Bar Sudaili gegen
dessen Lehre von der Endlichkeit der Höllenstrafen K Dazu kommen
Trost- oder Kondolenzschreiben an die verfolgten Christen im süd-
lichen Aral)ien und an den ins Gefängnis abgeführten Bischof Paulus
von Edessa. Auch eine der vielen bei den Jakobiten und Maroniten
gebräuchlichen Liturgien oder Anaphoren sowie einer der maronitischen
Ordines für die Spendung der Taufe und der Firmung tragen Jakobs
Xamen. In einer jungen Sammelhandschrift des Britischen Museums
wird ihm eine Lebensbeschreibung eines Mar Hannina (gest. 500) -, in
der Kirchengeschichte des Barhebräus wird ihm ein Kommentar zu
den sechs Centurien des Evagrius^ zugeschrieben.
Die größere Hälfte des Nachlasses Jakobs war indessen in Verse
gekleidet, und diese metrischen Schriften bildeten die Grundlage seines
Nachruhms. Wie die alten Zeugen versichern, waren es hauptsächlich
Menn^e oder Reden, meist ..Homilien" genannt, zum Teil aber auch
strophisch abgeteilte Lieder. Von den Memre wenigstens, deren Zahl
die zwei kleineren der drei biographischen Berichte übereinstimmend
auf 763 angeben, hat sich ein beträchtlicher Bruchteil erhalten. Dürftige
Proben waren nach und nach von verschiedenen Händen herausgegeben
worden, als Pater Bedjan eingriff und in rascher Folge fünf starke
Bände auf den Markt warf, welche 195 ..ausgewählte Homilien" in
fortlaufender Numerierung umschlossen^. Alle ohne Ausnahme sind
in zwölfsilbigen Versen, dem sog. jakobitischen Metrum, abgefaßt.
Die starken Abweichungen der Handschriften zeigen, wie sehr diese
Reden geschätzt, gelesen und überarbeitet wurden. Der Umfang ist
an keine Regel gebunden. Eine Homilie über die Erschaffung der
\Velt oder das Hexaemeron zählt mehr als 3000 Verse, eine Homilie
•'
über das Leiden des Herrn'' mehr als 3300 Verse. Leicht und glatt,
anscheinend ganz mühelos, fließen diese Verse dahin, wohl ermüdend
durch die häufigen Wiederholungen, aber auch wieder anziehend durch
die Innigkeit und Wärme des Tones. Das unerschöpfliche Thema bildet
'
Von Stephanus Bar Sudaili war vdrliiii S Hl. "2 ilie Rede.
- Wright a. a. 0. 3 1872 112tJ.
'
(ireg. Barhebraeiis. C'lnoii. eccl.. edd. Alihtdoos et Laiiiv. 1. Luvanii 1872. ll'l 1-
Über die secli.s t'enturien des Evagrius roiitikus vyl. Hd. .'5
dieses Werkes. Freiluiru i. Kr.
1912. itöf.
'
Hedjaii. Honiiliae selectae .Mar-Iacolii ."^ariigeiisis. Paris. IUI).") Üild.
'
l!ei liedian a. a. 0. 3. 1 -Iwl. '•
Ebd.^2. 447 (ilU.
S 71. .lakdlt von Sarug uiul Philoxenus von .Maliliug.
415
vor allem das Wort der Schrift, insbesondere der Buchstabe dt-s Alten
Testaments, welchem durch Allegorese und Typologie immer wieder-
neue Geheimnisse entlockt werden \ Dal^ei kommt dann das gesamte
Gebiet des religiösen Lebens, des einzelnen wie der Gemeinde, zur
Besprechung. Wie gesagt, hat Bedjan eine Auswahl getroffen. Er
hatte auch hier die syrisch redende Christenheit der Gegenwart im
Auge und bezweckte J'instruction du clerge et des fideles dans le
dogme, 1^ morale et la piete" ^. Auf eine sachliche Anordnung hat
er verzichten müssen, weil die Texte ihm erst nach und nach zu-
gänglich wuiden. Innerhalb eines jeden einzelnen Bandes aber hat er
eine bestimmte Reihenfolge eingehalten: „D'abord les sujets de TAncien
Testament, de l'evangile, les apötres, puis quelques sujets de morale
"'
'
Über die Typologie Jakobs vgl. J. Zingerle in der Zeitschr. f. kathol. Theo). 11
(1887^ 92—108.
-'
Beiljan a. a. t). 1. Avant-Propos ix. ^ FJxI. 8. vi: vgl. '2. vr.
41(i Dil' syrische Literatur des vierten iiiid fünften Jalirliundei-ts.
früher schon einmal gedruckt, aber in Bedjans Sammlung nicht wieder auf-
genommen \viirden. Dahin gehören vor allem die Homilien. welche in zwei
fi-üheien Publikationen Bedjans. Acta Martyrum et Sanctorum. Paris. 1890 ff.,
und S. ^Nlartyrii. Sahdona, quae supersunt omnia. Paris. 1902. schon eine
«jui et
Stelle gefunden hatten. Sie mögen hier im einzelnen aufgezählt werden (vgl.
Bedjan. Homiliae selectae 1, viiif. ): über die Märtyrer Gurja und Schmona
(Acta Martyrum 1. 131 —
143. übrigens auch früher schon gedruckt), über den
—
Märtyrer Haliib i^ebd. 1. 160 172. auch früher schon gednickt). über den
hl. Ejjlu'äm (,ebd. 3. 665 —
679)). über den hl. Simeon Stylites (ebd. 4. 6ö0 665. —
auch früher schon gedruckt), über die hll. Sergius und Bacchus (ebd. 6. 650
bis 661\ über die 40 Märt^Ter von Sebaste (ebd. 6. 6(>2 673). über die Ver-—
—
storbenen lebd. 6. ()74 689). ferner über die aUerseligste Jungfrau (S. Maityrii
—
quae supersunt 614 639. auch früher schon gedruckt^, über Maria Verkündi-
—
gung lebd. 639 661). über Maria Heimsuchung (ebd. 661 685). über die —
immerwährende Jungfrauschaft Mariens lebd. 685 708, auch früher schon —
gedruckt), über den Tod Mariens lebd. 709 —
719). über die Geburt des Herrn
(ebd. 720 —
774\ über die Clebui-t des Herra (ebd. 775 790'. über die Geburt —
des Herrn (ebd. 790—808), über die Himmelfahrt des Herrn lebd. 808—832).
—
über die Jungfrauschaft (ebd. 832 842. auch früher schon gedruckt), über
—
das Konzil von Nicäa (ebd. 842 865. auch früher schon gedruckt). Außer-
dem fehlen in der Sammlung Bedjans die Homihe über den Märtyrer Scharbel.
.syrisch bei Zingerle-Moesinger. Moniunenta Syriaca 2. Oenip. 1878, 52 63. —
und die Homilie über die Taufe Konstantins d. Gr.. s^Tisch und italienisch bei
A. L. Frothingham jr. in den Atti della R. Accademia dei Lincei. Ser. 3,
Scienze morali. storiche e filologiche. vol. 8. Roma 1883. 1(57 242. Die lange —
Homilie über den Wagen, welchen Ezechiel schaute, in Bedjans Sammlung
4. 543 —
610. findet sich bei Zingerle-Moesinger a. a. 0. 2. 76 167 nicht bloß —
s\Tisch. sondern auch in altarabischer Übersetzung. Die kurzen Exzerpte aus
metrischen Homilien bei Zingerle. Chrestomathia Syriaca 373 386 werden sich —
wohl sämthch in Bedjans Sanuulung wiederlinden. —
Deutsche Übersetzungen
metrischer Homilien. P. Zingerle in der Theol. Quartalsclu'ift 53 1^1871) 409
bis 426 55 1873) 474 487
: 1 — : —
58 (187(i) 465 475 (Auszüge aus verschie-
denen Horaihen). (t. Bickell. Ausgewählte (jedichte der .syrischen Kirchenväter
Cyrillonas. Baläus. Isaak von Antiochien und Jakob von Sarug. Kempten LS72.
—
193 287 (vier Homihen): vgl. BickeU. Ausgewählte Schriften der s^Tischen
Kirchenväter Aphraates, Rabulas und Isaak von Ninive. Kempten 1874. 412
424. S. Landersdorfer. Ausgewählte Sclii'iften der syi-ischen Dichter Cyrillonas.
Baläus. Isaak von Antiochien und Jakob von Sarug. Kempten 1912. 249 431 —
(zAvölf Homilien). Zu der letzten der von Landersdorfer übersetzten Homilien
vgl. Landersdorfer. Die Götterhste des Mar Jakob von Sarug in seiner Homilie
über den Fall der Götzenbilder iProgr.). München 1914. 8". B. Vandenlmtl.
Die Götterhste des Mar Jakob von Sarug in seiner Homilie über den Fall der
Götzenbilder: Oriens Christianus N. S. 5 (1915) 234 262. —
Französische
Übei-setzungen. J. Rabaklian. Essai de vulgarisation des homelies metrique>
de Jacques de Sarous. eveque de Batnan en ^lesopotamie Revue de l« »rieiit :
(U 143 ff.
ft-.
'
Vgl. des Philoxenus Traktat „De inhumanatione Unigeniti" bei Vaschalde im
Corpus scriptoium christ. Orient., Scriptores Syri, Ser. 2, t. 27, Paris. 1907, Versio 37 f.
-'
Nach Ter-Minassiantz Dio armenische Kirche in ihren Beziehungen zu den
syri.schen Kirclien, Leipzig 1904, 147 tf.) soll Philoxenus nicht auf Seiten des Severus
gestanden haben, sondi-rn vielmehr auf Seiten des Gegners des Severus. des Julianus
von Halikarnassus, des Vaters der „Aphthartodoketen" oder „ Phantasia.sten * ähnlich
auch schon Krüger in der Realcnzykl. f. protest. Theol. u. Kirche'' 1;") [1904] 370.
Indem Philoxenus betone, daß Christus die köi-perlichen Schwächen und Leiden frei-
willig auf sich genommen, gebe er die Homousie des Leibes Christi mit dem unsrigen
oder aucli die Realität des Leibes Christi preis. Darauf würde Philoxenus. in vollster
Übereinstimmung mit den Verfechtern der Entscheidung des Chaicedonense. geantwortet
haben, daß Christus, im Unterschiede von andern Menschen, durch seine Allmacht
jedwedes Leiden von sich hätte abwenden können und daß er insoffrn frei will!::
litt, sooft und inwieweit er überhaupt gelitten hat.
* A. a. 0.
Bardcnhewer, Gesch. der altkirchl. Literatur. IV. 27
418 üiv syriscliL' l/itciatur des viertfii nud rüiit'tfii .laliiliuiiilcrts.
'
Brockelmaiiii in der Zoitschr. der Deutschen Morgenland. Ciesellschaft t)2
,1J»08. 388.
- In der Patrol. Orient, tom. 15. fasc. i, Paris. lil'iO.
'
The Discourses of Philoxenus, London 18ft4, 2, xxxi tt". venglisch~ und xivi H'.
syrisch . Die englische Ül)ersetzung ist jedoch nicht dui-clnveg zuverlässig. Vgl. Nestle
in der Theol. Literaturzeitung 189;"), -litl) f.
Schrift unter dem Titel „Über die Zitate des Paulu.s aus exoterischen
und anonymen Schriften " K Der m o r a 1 1 h e o o g i,s c h e n oder asze- 1
tischen Literatur gehört ein sehr umfangreiches Werk mit der Auf-
schrift ..Abhandlungen über die Verbesserung der Sitten" - an, welches
in 13 Memre oder Büchern das christliche Leben vorführt, wie es auf
dem Grunde des Glaubens erblühen .soll. Buch 1 i.st ein Prolog, Buch 2 —
—
behandeln den Glauben, 4 5 die Einfalt, (y 7 die Gottesfurcht. 8 — —
die Armut, 10 die Fleischeslu.st, 11 die Enthaltsamkeit, 12 13 die —
ün.sittlichkeit. Den Sünden gegen das sechste Gebot ist also ein auf-
fallend breiter Raum gewidmet. Klar und scharf wird der Glaube als
die Wurzel und Quelle aller gottgefälligen Selbstbetätigung des Menschen
hingestellt. Budge. der Herausgeber und Übersetzer, mag das Richtige
treffen, wenn er die Abfassungszeit des Werkes auf die Jahre 485 bis
500 berechnet Aber die Vermutung, Philoxenus habe die 22 Ab-
'*.
liandUmgen des Aphraates vor Augen gehabt und dieses Lehrbuch der
christlichen Religion durch eine ausführliche Darstellung der christ-
lichen Sittenlehre ergänzen wollen S schwebt in der Luft. Eine Hand-
schrift des 12. Jahrhunderts enthält Regeln für das Mönchsleben unter
des Phiioxenus Namen"'. Auch mehrere liturgische Schriften und
Gebete, insbesondere eucharistische Gebete, werden ihm zugeeignet.
Alle bisher genannten Schriften sind in Prosa verfaßt, und Philo-
xenus steht im Rufe eines der elegantesten Prosaiker, die die syrische
Literaturgeschichte kennt. In Versen scheint er nur ausnahmsweise
gesprochen zu haben. Soviel bekannt, ist nur ein einziges metrisches
Stück unter seinem Namen auf uns gekommen, ein Hymnus auf die
Geburt d«s Herrn*', welcher noch keinen Herausgeber gefunden hat.
Den Leben.slauf des Philoxenus skizzieren zwei kurze syrische
Texte unbekannter Herkunft^. Er hatte auf persischem Boden, zu
Tahal in der Landschaft Beit Garmai, das Licht der Welt erblickt
und ursprünglich den Namen Aksenaja, bei den Griechen Eevaiaq,
geführt. Aus seinem Jugendleben erfahren wir nur, daß er zu Edessa
dem Studium oblag, wohl nicht, wie die herrschende Ansicht will, zur
Budge a. a. 0. 2, lxxiii.
* Zuversichtlicher noch als Budge a. a. 0. 2, lxxiii f. äußert sich Duval a. a. O.
221 f.
Zeit des Bischofs Ibas von Edessa (435 457) \ sondern etwa in den —
Jahren 4()0 — 470.
Mit Patriarcli Kaiandion von Antiocliien (481 485) —
geriet er seiner dogmatischen Stelhmgnahme wegen in Streitigkeiten.
Petrus Fullo aber, der Nachfolger Kaiandions, erhob ihn 485 zum
Metropoliten von Mabbug (Hierapolis). Bei dieser Gelegenheit soll er
den Namen Philoxenus angenommen haben. Unter Kaiser Anastasius
(491 —
518), dem Gönner der Monophysiten, hat er sich eines nicht
geringen kirchenpolitischen Einflusses erfreut und denselben zu Gunsten
der Sache des Monophysitismus auszunützen verstanden. Unter Kaiser
Justinus (518 —
527) erfolgte der jähe Umschwung. Wie Severus von
Antiochien und so viele andere monophysitische Bischöfe, mußte auch
Philoxenus in die Verbannung gehen. Erst nach Philippopolis in Thra-
zien, dann nach Gangra in Paphlagonien geschleppt, starb er um 523
eines gewaltsamen Todes.
Den Reiüjen der Editionen eröffnete E. A. Wallis Budge. The Discourses
of Pliiloxenus.^Bishop of Mabbögh. A. D. 485— Ö19, London 1S94. 2 voll.. H«.
Nach Handschriften des Britischen Museums aus dem (). und 7. Jahrhundert
veröffentlichte er die 13 , Abhandlungen über die Verbesserung der Sitten'',
syrisch (Bd. 1) und englisch (Bd. 2). Die zweite der 13 AbhandUnigen. über
den Glauben, war als Probe schon deutsch mitgeteilt worden von Fr. Baetbgen.
Philoxenus von Mabug über den Glauben Zeitschr. f. Kirchengesch. 5 (1882):
—
122 13(S. In der langen ,Introduction" (2. xviiff.) veröffentlichte Budge außer-
dem sieben kleine dogmatische Aufsätze des Philoxenus, syrisch (xcvi cxxxviii) —
und zum l'eil auch englisch (^xxxi xlviii). Auch gab er eine Liste sämtlicher
in den Bibliotheken zu London. Paris, Rom und Oxford handschriftlich vor-
handenen Werke des Philoxenus sowie der arabischen und äthiopischen Über-
setzungen (2, XLVIII Lxvi). — —
Piloxeni Mabbugensis Tractatus tres de trinitate
et incarnatione. edidit A. Vaschalde Corpus scriptorum christ. Orient.^ Scriptores
:
1920. —
Ein dogmatischer Brief an Abu Nifir von Hirta syrisch bei P. Martin.
8yro-chaldaicae institutiones. Paris. 1873. 71 —
78: fi'anzösisch bei J. Tixeront
in der Revue de fOrient Chretien S (1903) 023 630. Übrigens bezweifelt —
Tixeront die Echtheit des Briefes. Ein dogmatischer Brief an die Mönche von
Teleda syrisch, ohne Übersetzung, bei J. Guidi in den Atti della R. Accademia
dei Lincei, Ser. 3, Scienze morali, storiche e filologiche. vol. 12. Roma 1884.
—
446 506. Ein Brief an die Presb}i:er Abraham imd Orestes gegen die Lehre
des Stephanus Bar Sudaili syrisch und englisch bei A. L. Frotbingham jr.,
Steplien Bar Sudaili, the Syrian ]\lystic. and the Book of Hierotbeos. Leyden
1SS(). 2(S 4S.— Drei weitere Briefe, das cbristologiscbe Dogma betreffend,
wuj-den syrisch und englisch herausgegeben von A. Vaschalde. J'bree Letters
of Philoxenus. Bi.shop of Mabbögh (4(S5 —
519): being the Letter to the Monks.
the First Letter to tlie .\h)nks of Both-Oaugal and the Letter to Emperor Zeno
(Inaug.-Diss. der katli. Universität Wasbington\ Roma 1902. 8^'. Diese Edition
ist mir leider lucht zugänglich gewesen. Handschriftlicb vorliegende Briefe ver-
'
Diese Ansicht stiUzt sieli auf den Brief des Bisehofs Simeon von Heit Arsehani
bei Asseniani, Hil»l. Orient. 1, '.My2 weicher aber nichts Weiteres besagen diirfte. als
{'.,
zeichnet Budge a. a. <). 2. i,viii ff. Zu dem a.szetischen Briefe an den edesse-
niöchen Möncli I'atricius (Budge 2, lix). welcher fälscldich unter den Namen
de.s Aszeten Lsaak von Ninive gestellt und auch ins (Iriechische übersetzt wurde,
vgl. J. B. Chabot. I)e S. Isaaci Ninivitae \'ita. scriptis et doctrina. Lovanii 1S92.
12 ff. —
Liturgische Schriften sind schon im IS. Jahrhundert gedruckt worden.
Zwei Liturgien oder Anaphoren unter des Fhiloxenus Namen, aus dem Syrischen
ins Lateinische übersetzt, bei E. Renaudotius. Liturgiarum orientalium Collectio 2.
Paris. 1716. 801 —
321. Ein ,Ordo baptismi''. syrisch und lateinisch, bei Jos. AI.
Assemani. Codex liturgicus ecclesiae universae 2. Romae 1749. o07 809. Noch —
andere liturgische Schriften verzeichnet Budge a. a. 0. 2. l f. G. Krüger. —
Fhiloxenus Realenzykl. f. protest. Tlieol. luid Kirche. 8. Aufl.. 15 (1904) 307
:
bis 870: vgl. 24 1^1918) 82(5. J. Lebon. Le Monophy.sisme Severien, Lovanii 1909,
111 —
IIS: , Quelques ecrits de Philo.Kene de Mabboua;'". Baumstark. Geschichte
der syi-. Lit. 141—144.
Dritter Teil.
I>ie Ialeiiiii(i»<*]ie L<iteratiii* «Ick tiiiif'teii «lalirhiiiKlerts.
4. .Jahiliundeit, zumeist die Griechen der gebende und die Lateiner der
empfangende Teil gewesen sind ', und insofern hat auch im 5. Jahr-
lumdert die lateinische Literatur noch in einem gewissen Abhängigkeits-
verhältnis zu der griechischen Literatur gestanden. Die .Spuren einer
Altersschwäche, wie sie der griechischen Literatur seit der zweiten
Hälfte des 5. Jahrhunderts anhaften, sind jedoch der lateinischen
Literatur fremd. Ist sie ja auch fast ein Jahrhundert später erst ins
Leben getreten. Aber freilich bildet auch für sie die Mitte des 5. Jahr-
hundert.s einen schmerzlichen Wendepunkt, indem sie infolge der Völker-
wanderung mehr und mehr einem unnatürlichen Sterben überantwortet
wird. Gerade da, wo sie sich am reichsten entfaltet hatte, in Gallien
und im römischen Afrika, wird sie durch den Fuß der einbrechenden
Barbarenhorden niedergetreten.
2. Apologetik. —
Das Werk des Porphyrius „Wider die
Christen", welchem auf griechischem Sprachboden Philostorgius und
Makarius Magnes entgegentraten, hat auch in der Literatur des Westens
Spuren hinterlassen. Die nur mehr aus dürftigen Katenenscholien be-
kannte Schrift eines gewissen Pacatus „Contra Porphyrium" ist viel-
leicht zu Anfang des 5. Jahrhunderts von dem Rhetor Latinius Dre-
panius Pacatus aus Aquitanien verfaßt worden-. Jedenfalls richtet
Augustins Schrift „De consensu evangelistarum" sich gegen Anhänger
des Porphyrius und Vertreter seiner Evangelienkritik.
Eine Apologie besonderer, ja ganz eigener Art schuf Augu-
stinus semen 22 Büchern „De civitate Dei". Er geht aus von
in
der Behauptung, das Christentum habe die Einnahme Roms durch
Alarich verschuldet, begnügt sich aber nicht mit der Zurückweisung
einzelner heidnischer Anklagen, versucht vielmehr das gegensätzliche
Verhältnis zwischen Christentum und Heidentum überhaupt zu ergründen
oder den Kampf zwischen dem Reiche Gottes und dem Reiche dieser
Welt von seinen ersten Anfängen bis zu seinem schließlichen Ende zu
verfolgen und damit das Drama der Weltgeschichte von der Schöpfung
bis zum Endgericht zu beleuchten. Das Werk ist anerkanntermafsen
eine der großartigsten Konzeptionen aller Zeiten, die Krone aller christ-
lichen Apologien des Altertums und zugleich die Wurzel aller christ-
'
Übrigens scheint aucli die Kenntnis des Lateinischen im !\lorgenJaiid viel
weiter verbreitet gewesen zu sein als die Kenntnis des Griechischen im Abendland.
Bischof Vigilius von Thapsus bekennt sich gelegentlich ^C. Eutych. 1, 15; Migne,
PP. Lat. (i2, 104) zu der Voraussetzung, daß die griechisch i-edenden Glaubensbrüder
im Ostreich auch leichtere lateinische Texte lesen können.
- Dieses Rhetors ward Bd.
3, S. 571 gedacht. Daü er der A^erl'asser der Schrift
,.Contra Porph.vrium% hat jedoch erst v. Harnack cNeue Fragmente des Werkes des
Porphyrius gegen die Christen: Sitzung-sberichte der Preuü. Akad. der Wiss. 1921.
2(;(if^".: vgl. S34f.^ wahrscheinlich zu machen gesucht. W. A. Haehrens Pacatus;
Hermes 5(5 ii;t211 443 ff.) hat die Kombination v. Harnacks abgelehnt.
§ 72. Allgcni. Übersicht älter die lateinisclie Literatur nach Inhalt inul Form. 423
(Jlaudianus Mamertus „De statu animae" und die acht Bücher des Galliers
Julianus Pomerius „De natura animae" bewegen sich bereits in pole-
mischen Geleisen. Claudianus verteidigt, auf den Schultern Augustins
stehend, die Seele, während Pomerius für die
Unkörperlichkeit der
Das „Commonitorium" des Vincentius
Körperlichkeit der Seele eintritt.
von Lerinum sucht die Frage zu beantworten, woran die wahre katho-
lische Lehre in strittigen Fällen zu erkennen und inwiefern diese
Lehre einer Ausbildung und Entwicklung fähig sei. Auch dieses viel-
bewunderte, in neuerer Zeit nüchterner beurteilte, jedenfalls aber sehr
beachtenswerte Büchlein dient polemischen Zwecken, mdem es die
Lelire Augustins über Gnade und Prädestination als häretische Neuerung
erweisen will.
Nestorianismus und Monophysitismus, die den Osten so mächtig
bewegenden Neuerungen, spielen in der Polemik des Westens nur eine
bescheidene Rolle. Zuerst hat Johannes Cassianus in einem Werke „De
incarnatione Domini" Verwahrung gegen den Nestorianismus eingelegt.
Dann hat insbesondere Marius Mercator mit eigenen Schriften sowohl
wie mit Übersetzungen griechischer Streitschriften die Zweipersonen-
lehre unermüdlich verfolgt und in der Absicht, vor ihr zu warnen,
auch Schriften des Nestorius selbst sowie einiger anderer griechischer
Xestorianer seinen lateinischen Glaubensbrüdern in wortgetreuer Wieder-
gabe vorgeführt. Die Werke des Gennadius von Marseille „Adversum
Nestorium" in fünf und „Adversus Eutychen" in zehn Büchern sind zu
(irunde gegangen. Erhalten haben sich die fünf Bücher des Bischofs
Vigilius von Thapsus „Contra Eutychetem", die übrigens nach der aus-
drücklichen Erklärung des Verfassers in erster Linie für oströmische,
gi'iechisch redende Leser berechnet sind. Auch von Arnobius dem
Jüngern und von Papst Gelasius L liegen noch Streitschriften gegen
den Monophysitismus vor.
Die Völkerwanderung rief den Westen zu einem neuen literarischen
Feldzug gegen den Arianismus auf. Die in das Römerreich eindringenden
germanischen Nationen hatten das Christentum in der Form des Aria-
nismus angenommen. In Afrika, wo die arianischen Vandalen nicht
bloß die Herrschaft an sich rissen, sondern auch den Katholizisnnis
auszurotten versuchten, ist namentlich Vigilius von Thapsus mit einer
Reihe antiarianischer Schriften hervorgetreten. Li Gallien- hat Bischof
Faustus von Reji mit Arianern und Macedonianern gestritten. Li
Italien soll Papst Gelasius I. zwei Bücher gegen Arius veröffent-
licht ha])en.
Ungleich tiefer als durch die trinitarischen und christologischen
Fragen ist indessen das Abendland durch die anthropologischen Probleme
'
Vgl. Faustus von Roji in dem VorAvort seiner Schrift ,De gratia".
426 Die lateinische Literatur des fünften .lalirlinndi'rts.
'
Näheres bei Fr.Wörter, Der Pelagianismus nach seinem Ursprimge und seiner
Lehre, ein Beitrag zur Geschichte des Dogmas von der Gnade und Freiheit, Frei-
hurg i. Br. 18ßß. 8"; 2. Ausg. 1874. Fr. Klasen, Die innere Entwicklung des Pela-
gianismus, Beitrag zur Dogmengesch., Freiburg i. Br. 1882. 8". J. Einst. Pelagiauisclie
Studien, Randbemerkungen zu Klasen und Wörter: Der Katholik 1884. 2.
kritische
225—209; 1885. 1. 241—269. Fr. Wörter, Beiträge zur Dogmengesch. des Semi-
pelagianismus, Paderborn 1898. 8". Ders., Zur Dogmengesch. des Semipelagianismus
(Kirchengeschichtl. Studien 5, 2), Münster i. W. 1899. J. Tunnel. I^i controvei-se semi-
pelagienne: Revue d'hist. et de litt, relig. 9 (1904 418— 43^3 497—518.
""
-'
Migne, PP. Lat. (52. 180.
§ 72. Allgoni. Übeiriicht iilter die lateinische Literatur nach Inlialt und Form. 427
überhaupt keine Dialoge, sondern Lehrvorträge mit eingelegten Fragen und Ant-
worten.
428 ^^''' liitciiiisclir Literatur dos fünltcii .lalirlmnderts.
zeichnet sich durch den Keichtinn intimer Mitteihuigen aus. Die ., Vit;i
S. Augustini" von Bischof Possidius von Calama, in Anlage und Aufiilj
der „Vita S. Ambrosii" nahe verwandt, enthält auch ein gewissenhaftes
V^erzeichnis der Schriften ihres Helden. Die umfangreiche „Vita
S. Germani episcopi Autissiodorensis" von dem Presbyter Constantius
von Lyon bringt gleichfalls eine Fülle mannigfachen und bedeutsamen
1)etails. Erzbischof Hilarius von Arles hinterließ eine schöne und inhalt-
Die Worte Krügers über Augustinus: .Die mystische AUegorese hat ihren
'
Reiz ihn verloren nachdem er sich einmal den Manichäeni gegenüber zu eigenem
fiü- ;
Mißbehagen von ihr hatte verlocken lassen, ist er nicht wieder zu ihr zurückgekehrt"
(bei Schanz. Gesch. der röm. Literatur 4. "2. München 1921. 636) sind unzutreffend.
430 ^^'t' lateinische Litciatiii' «Ics fiiiiftcii .Faluliiinclerts.
Ravrnna und Maxiiiuis von Turin sind gleichfalls Prediger von her-
vorragendei' Begabung. Doch bietet l^etrus, welcher besonders die
exegetische Homilie gepflegt hat, nicht das, was sein übrigens auch
erst im 9. Jahrhundert auftauchender Beiname erwarten läßt. Dem
gezierten und überladenen Ausdruck fehlt mitunter der innere Gehalt.
Die Anforderungen an einen Volksredner ei'füllt in höhei'em Grade
Maximus. bei welchem die thematische Predigt in den Vordergrund
tritt. Ohne die rhetorische Schulung zu verleugnen, ist er einfach und
verständlich und zugleich markig und kernig.
Der homiletische Xachlafs des Bischofs Faustus von Reji harrt
noch der kritischen Sichtung. Den 20 vorwiegend aszetisch gerichteten
Predigten des Bischofs Valerianus von Cemele ist eine bemerkenswerte
Vollendung der Form eigen. Primas Quodvultdeus von Karthago ist
ein Prediger ohne hervorstechende Besonderheit.
8. Briefe. —
Die umfangreichste Briefsammlung, die aus dem
kirchlichen Altertum überliefert wurde, ist nächst der Korrespondenz
Gregors d. Gr. die Korrespondenz Augustins. Sie spiegelt anschaulich
die Bedeutung Augustins für seine Zeit wider, seine Wirksamkeit als
Seelsorger, als Kirchenmann und vor allem als Gelehrter; von nah
und fern, von Klerikern und Laien wird er mit allen möglichen Fragen
bestürmt. Sog. literarische oder nur zum Zwecke der Veröffentlichung
geschriebene Briefe kennt die Sammlung nicht.
Eine innnerhin beträchtliche Anzahl von Briefen hinterließen die
gallischen Bischöfe Apollinaris Sidonius und Ruricius von
Limoges. Die einen wie die andern sind, im Unterschied von den
Briefen Augustins. Erzeugnisse der Rhetorenschule und wenigstens
zum Teile von vornherein für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen:
auch hat die Korrespondenz des Sidonius dem jüngeren Freunde Ru-
ricius allem Anschein nach als Muster gedient. Sidonius aber hatte
sich ausgesprochenermafaen die heidnischen Epistolographen Synnnachus
und Plinius zu Vorbildern genommen. Inhaltlich sind die Briefe des
Rui'icius von sehr beschränktem Interesse, während die Briefe des
Sidonius trotz der Armut an Gedanken wegen des Reichtums an zeit-
geschichtlichem Stoffe nicht geringen historischen Quellenwert be-
sitzen.
9.Poesie. —
Die gebundene Rede ist den Lateinern ungleich
geläutiger gewesen den Griechen, wie dies ja auch schon im Laufe
als
des 4. Jahrhunderts zu Tage trat. Die Mehrzahl der metrischen
Leistungen ist nach Form und Inhalt der epischen Poesie zuzuweisen,
wenn sie gleich in letzter Linie sämtlich lehrhafte Zwecke verfolgen.
Den breitesten Raum nimmt das biblische Epos ein. die Bearbeitung
biblischen Erzählungsstoffes in Hexametern. Versuchte Kaiserin Eudokia
noch ein Leben Jesu in Homer -(^entoiuMi zu schreiben, so haben die
Lateiner die Vergil-Centone übeidi'ü.ssig beiseite geschoben. Sie bauen
S 72. Allni'iii. i'licisiclit iilioi' ilif latfiiii.scliL' liitcratiir nach liilialt iinil Foini. 43o
jetzt selbst ilne Hexameter, die allerdings immer wieder Vergils »Schule
verraten. Treffliches seinem »Paschale Carmen'',
leistete Sedulius in
einer Daistellung der Wundertaten des Hei'rn. Va' wahrte sich der
ist der Beifall gewesen, den die Nachwelt spendete. Claudius Marius
Victor. Rhetor zu Marseille, hat die erste Hälfte der Genesis in leicht-
beschwingte Verse gekleidet, zugleich jedoch manche Exkurse lehr-
haften Charakters einfließen lassen. Dieses Werk, „Alethia" betitelt,
ist übrigens nur in verstümmelter Form auf uns gekommen, und eine
gianae haereseon" beweint in ironischer Trauer das Ende der von ihm
selbst so lebhaft bekämpften Häresien: seine „Epigrammata" ver-
arbeiten Sätze oder Gedanken Augustins zu fließenden Distichen. Spricht
aus allen diesen Vei'sen nur der Theolog. so konnnt in dem metrischen
und polymetrischen Briefe Prospers an seine Frau. -Poema coniugis
ad uxorem'", einer Aufmunterung zui- Hingabe an Gott, doch auch der
Dichter zur Geltung. Des schönen „Carmen de divina Providentia'',
welches Prospers Werken beigegeben zu werden pflegt, ist vorhin bereits
(Abs. 2) gedacht worden.
wieder Schäden und Risse zeigen. Es werden uns aber auch ver-
einzelte Denkmäler rhythmischer Dichtung begegnen. Lieder, welche
das Joch der Quantitätsgesetze abgeschüttelt haben und den Versiktus
auf die betonte Silbe legen, auch wenn dieselbe kui'z ist. So namentlich
Augustins -Psalmus contra partem Donati", ein Abecedarius. welcher
unter Mitwirkung des Volkes gesungen werden sollte. Auch der
..Hynmus abecedarius in laudem S. Patricii" von Bischof Secundinus.
aus trochäi.schen Fünfzehnsilbein bestehend, hat die Quantität der Silbe
völlig vernachlässigt. Dazu konnnt noch das ]\lahnschreiben des Bischofs
Auspicius von Toul an Arbogastes von Tiier in iambischen Achtsilbern,
welche fast regelmäßig den Vei-sakzent mit dem AVoitakzent zusammen-
fallen lassen.
§ 73. Augustinus. •
^
'
V. Hertling. Augustin. Mainz 1902. 4.
- Paulin. Nol., Ep. 4, 1 = Aug., Ep. '2ö. 1.
'
Aug.. Ep. r.]i>. -2. ^ Aug.. Ep. "iK). 1.
2S'
43() 1^''' lateiiiisrliL' Litfiatiu- des riiiiflt'ii .lalirliimtlert;..
'
Eugipp., Ep. ad l'iüliain: (.'(Pipiis siript. rcrU-s. lat. It. Viiululi, ISS"). •_'.
'
Reuter. Aiigustinisc-lu' Studien, (Jotha 18S7. 511.
'
lielege bei (irahmann. Die Grundgedanken des lil. Augustinus iilier Seele nmi
(Jott. Köln HtKl. lütt'.
S 7;5. Augustinus. 1. Einzigartige .Stellung und Bedeutung. 41-57
'
Bäumker, Die patristische Philosophie; Die Kuitlir der (iegenwait 1. Ö-.
- Weinand, Die Gottesidee der Grundzug des hl. Augustinus. Paderborn UUO. l"i(>.
'
Conf. 1, 1. Mn ps. m enarr. 4. 8.
^ De praedest. sanct. 7, 12.
''
De Dei 19,
v\\. 27: ,talis e.st pa.\, ut sulatiuui niiseriae sit potius (|uam
lieatitudinis üaudium".
438 '^^''' lateinische Literatur des i'ünften .lahrluiiulerts.
Zitate bei Thomas von Aquin Sitzungsberichte der Kgl. Bayer. Akademie der
:
—
Wissensch. Philos.-pliilol. und liistor. Kl. 1904, ö3ö 602. J. Hessen. Augu-
.
2. Lebenslauf. —
Aurelius Augustinus ist am 13. November'
354 zu Tagaste, einer unbedeutenden Stadt Xumidiens. geboren worden.
»Sein Vater Patricius, einer der Honoratioren der Stadt, war Heide und
trat erst kurz vor seinem im Jahre 371 erfolgten Tode zum Christen-
tum über. Die Mutter Monika hingegen entstammte einer christlichen
Familie und war selbst ein Muster und Vorbild christlicher Tugend.
Die empfängliche Seele des Knaben hat also schon in zartester Jugend
ganz entgegengesetzte religiöse Eindrücke in sich aufgenommen. Seinen
geistigen und sittlichen Entwicklungsgang scliilderte Augustinus selbst
'
Auch der Tiiii ist durch ein Selljstzeugnis gesieliert. .\uu.. De heata vita 'I
ihn unbefriedigt, und für den Lihalt hatte er noch kein Verständnis
(Conf. 3, 5, 9).
'
Dieser .Hortensius" Ciceros, eine Aufmunterung zur Beschäftigung mit der
i'liilosophie, ist verloren gegangen und fast nur noch aus den von Augustinus an-
geführten Bruchstücken bekannt.
Vgl. Aug.. De utilit. credendi 1. :^: .Nos .super.stitione terreri et fidem nobis
-'
'uodata veritate."
440 i^''' latoini.sclic Litciatiir des funf'tcii .lalirlniiidcrts.
Die Sittenlosigkeit der sog. „P^lecti" der Manichäer stieß ihn ab. Seine
Freunde vertiüsteten ihn auf di(! bevorstehende Ankunft de.s nianichäischen
Biscliofs Faustus von Mileve, welcher unter seinen Anliängern als
Oiakel der Weisheit galt. Als aber Faustus endlich 383 in Karthago
eintraf, wußte er Augustins Fragen nicht zu beantworten, erwies
sich überhaupt als einen oberflächlichen und unwissenden Menschen.
Jetzt schwand der Zauber. Innerlich wenigstens sagte Augustinus
sich vom Manichäismus los. Monika hatte die Verirrung ihres Sohnes
heißer beweint, „als andere Mütter den leiblichen Tod ihrer Kinder
beweinen" (Conf. 3. 11, 19). Ein Bischof hatte sie mit den Worten
getröstet: „Fieri non potest. ut filius istarum lacrimarum pereat"
(Conf. 3, 12, 21).
Noch im Jahre 383 verließ Augustinus Afrika, um sich nach
Italien einzuschiffen, und nach kurzem Aufenthalt zu Rom erlangte
er durch Vermittlung des römischen Stadtpiäfekten Symmachus einen
Lehrstuhl der Rhetorik zu Mailand. Die Persönlichkeit des dortigen
Bischofs Ambrosius machte tiefen Eindruck auf ihn vor den Predigten ;
lege" (Conf. 8, 12, 29). Er griff zu den Briefen des hl. Paulus, und sein
Blick fiel auf Rom 13, 13 — 14 (non in comessationibus et ebrietatibus . . .).
Weiter las er nicht. Der Pfeil der g()ttlichen Liebe hatte schon sein
Herz getroffen (Conf. 9, 2, 3). Die Bande der Erde waren gelöst, alle
Zweifel gewichen, Ruhe und Friede in sein Inneres eingekehrt.
Nachdem er sein Lehramt zu Mailand niedergelegt, zog er sich
im Herbst 38(5 mit seiner Mutter, die dem Verirrten auch über das
Meer nachgeeilt war, seinem Sohne Adeodatus und einigen auserlesenen
Freunden nach Cassiciacum, einem Landgut in der Nähe von Mailand,
zuiück. um sich auf den Empfang des Sakiaments der Wiedergeburt
vorzubereiten. In der Nacht vom 24. auf den 2;"). April 387 ward er
mit seinem Sohne und seinem Freunde Alypius zu Mtuland durch Am-
biosius getauft. Einige Monate s|)ätei' sagte er Mailand Lebewohl,
um nach Afrika zurückzukehren. In der Hafenstadt Ostia indesseu
—
der Mutter Tod verzögert. Noch etwa dreivieitel Jahre lang verweilte
er, mit wissenschaftlichen Arbeiten beschäftigt, zu Rom. Im Herbste 388
'
Moiin hat eine erst von ihm entdeckte Predigt oder Ansprache ,In conversione
Faustini", die Augustinus jedenfalls erst nach seiner Priesterweihe hielt, auf den
"23. .luni 390 datieren und demgemäß die Priesterweihe Augustins etwa in den An-
fang des .Jahres 390 hinaufrücken wollen Revue Bened. 7 [1890J 2G1 f Feßler-.
. .
Jungmann hat sich ihm angeschlossen Instit. Patrol. 2, 1, 258;. Doch hat Morin
schon sehr hald Zweifel an der Richtigkeit jener Datierung geäußert a. a. 0. 592\
und neuerdings hat er die Ansprache vielmehr auf den 23. .luni 401 datiert Etudes,
textes, decouvertes 1, Mared.sous 1913. 305 .
. :
'
Contra epist. Miiiiiih. (iiiain voc. riiii(l:un. "2. "2 .'5.
-'
Er war glücklich, als Worten des Hansvaters: .Exite in vias et
er in den
sepes et (jno.sciujmue inveneritis cogite intrare" Lk 14. "2lV. eineli biblischen Rück-
halt füi' dieses N'orgehen entdeckte: ,Hi t\u\ iiiveniuntur in viis et sepilnis. id est
in haeresilms et scliisnuitiluis, cognntur intrare" Ep. IS.'), ad Honit'atium. I». ti4,.
>.
S 7."). AiiLia.stiiiiis. Ijcliciislauf. 443
lü. Augustinus. Bd^ 1. Berlin 1844. 80; Bd. 2. Leipzig 1855; Bd. 3. Greifs-
wald 18()9. Poujoulat. Histoire de St. Augustin. sa vie, ses oeuvres, son siecle.
influence de son genie. Paris 1845 —
1846. 3 voll.. 8'^; 7'^ed., Paris 1886.
2 voll.. 8"; nach der ersten Ausgabe ins Deutsche übersetzt von Fr. Hurter.
Schaffliausen 1846 —
1847. 2 Bde.. 8". Fr. und P. Böhringer, AureUus Augu-
stünis. Bischof von Hippo. Stuttgart 1877—1878. 2 Bde., 8« (Die Kirche
Christi und ihre Zeugen, Neue Ausgabe. 11. 1 —
2\ C. Wolfsgruber. Augustinus,
auf Grund des kirchengeschichtlichen Schriftennacldasses von J. O. Kardinal
Rauscher, Paderborn 1898. 8". G. Frhr. v. Hertlins;. Aus;ustin. I\Iainz 1902
'
Der Versuch L. Schmidts, die Berufung der Vandalen nach .\tiika dmcli Boni-
fatius in das Gebiet der Sage zu verweisen, war verfehlt vgl. C. Benjamin in der
;
V
Weltgeschichte in ChaiakterbiUleni 11. A. Naville. .St. Auj^ustin. etude sur
i.
Eingang der Schrift „De vera religione". „in diesem Buche linden mag,
ist alleinmir zuzuschreiben, das AVahre und Zutreffende nur Gott, dem
einzigen Geber aller guten Gaben." Einem gewissen Gajus übeisendet '
und magst dich dorthin wenden, von wo es auch dir gegeben worden,
''
das Gelesene gutzuheißen."
'
Possid.. Vita S. Aug. 18. -
Ep. -iin. ad .Viulac.'m. 1.
* proocin. 2.
Ep. 224. ail Qiiodvultdcuni. 2. ^ Di' triii. ."!.
''
De octo Dulcitii (|uafst. (|ii. ."!. l! : vt;!. (|ii. T). 4.
'
De (lono porscv. 21. fjö. '
De vera ri'liu. !• 1«.
''
Ep. Vit. ad Oaiuin.
:
'
Ep. 148, ad Marcellinum, 2. - De dono per.sev. 21. 55.
'
Retract.. prol. 3: ^Inveniet enim fortasse, quoinodo scrihendo profocerim.
quisquis opiiscula mea ordine quo scripta sunt legerit."
^ De praedest. sanctorum 4. 8.
'"
Reti-act. 2. (i7 : vgl. Ep. 224. ad (juodvultdeum. 2.
44t) l'i«' liitciiii.sclii' Ijiti'iatiir des t'iiiiftcii .hihrliinidcrts.
donatistische Schriften. Der Donatismus hatte schon zur Zeit des Todes
Augustins an Bedeutung und Interesse wesentlich verloren.
Nach allgemeinem Urteil ist Augustinus ein vollendeter Meister
des geschriebenen wie des gesprochenen Wortes. Was immer in Rede
stehen mag, sein Vortrag zeichnet sich aus durch Flüssigkeit und
Gefälligkeit. „Klare Schlußfolgerungen, scharfe Antithesen, dazu ein
augenscheinliches Gefallen an feinem Gedanken- und Wortspiel sind
ihm eigentümlich."- Allerdings hat auch seine Spi-ache einen Ent-
wicklungsprozeß duichlaufen. Er hat selbst einmal an dem Beispiel
des früheren Rhetors und späteren Bischofs Cyprian nachge\viesen. „wie
die gesunde Lehre des Christentums die Sprache von dem Irrweg der
rhetorischen Übersclnvenglichkeit zurückgerufen und unter die Zucht
einer ernsteren und maßvolleren Beredsamkeit gestellt habe" '. Eben-
dies veranschaulicht auch der frühere Rhetor und spätere Bischof
Augustinus. Mehr und mehi' hat er der alten Kunst den Rücken gekehrt,
mehr und mehr auf jeden rhetorischen Aufputz verzichtet. Er will in
späteren Tagen nur mehr verstanden werden, und zu dem Ende steigt
iKutem Donati in zwei Bücliem (2, 5), Contra Hilarum über Psalmengebet wäliniid
des heiligen Opfers 2. 11 Contra quod attulit Centurins a Donatistis v2, 19). i'ii»-
.
bationum et testimoniorum contra Donatistas lilier 2. 27, Contra nescio quem Dona-
tistam (2, 28;, Admonitii. Donatistarum de Maximianistis 2. 29 Ex])Ositio epistolae .
'
Belegstellen sind oben schon, Bd. 1". S. 701, angeführt worden, wo von der
Sprache der lateinischen Kirchenväter überhanpt die Rede war.
- Retract. 2. 3. » Retract. 1. 20.
* Serm. 200. in epiph. Dom. 2. 2.
''
In lo. evang. tract. 104. 2.
— 4
handelt C
Fr. \ rl)a. Uciträgc zur (.ie.schiflitL' dur Augustiiiisclieii Textkritik:
Sitzungsberichte der Kais. Akad. der Wissensch.. Philos.-hist. KL. 111). Wien
1S89. Abli. (). —
Alle früheren Ausgal)en wurden in den Hintergrund gedrängt
durch die Ausgabe der Mauriner. .1. Blampin. I*. Coustant und anderer, welche
zwar nicht mehr viele Inedita bringen konnte, aber die bereits bekannten
Schriften in einem weit reineren Texte darbot und zugleich mit sicherer Hand
Echtes und Unechtes sonderte, namentlich bei den Briefen und den Predigten.
Sie erschien 1()79 —
ITOO zu Paris in elf Poliobänden. von welchen sieben (1^ —
—
und (S 10) 1688 HW) ebenda von neuem aufgelegt wurden. Ein jeder der
—
Bände 1 10. mit Ausnalime des Bandes 4 (Enarrationes in psalmos). hat eine
besonders paginierte Appendix mit unechten Schriften und sonstigen Zu-
gaben. Band 11 enthält hauptsächlich eine ausführliche ,Vita S. Augustini"
(vgl. Abs. 2i und einen umfassenden , Index in omnia ojjera S. Augustini".
Nachgedruckt ward die Mauriner Ausgabe zuerst angeblich zu Antwerpen, in
WirkHchkcit zu Amsterdam 1700--1702. 11 Bde.. ^2« (als Bd. 12 erschien
ITOo eine .Appendix Augustiniana'' von Phereponus. d. i. Jean le Clerc': so-
dann zu Venedig 1729—1735. 11 Bde.. 2": 1756—1769. 18 Bde.. 4": 1797
bis 1807. 18 Bde.. 4<>: 1833—1866. 11 Bde.. 2": endhch zu Paris apud
fi-atres (iaume. 1836—1839. 11 Bde.. 8"; accurante J. P. .Mit^ne. 1845. 11 Bde..
8". sowie bei Migne. PP. Lat. 32—47. 1845—1849'. Vgl.^'R. C. Kukula. Die
i\lauriner-Ausgabe des Augustinus, ein Beitrag zur Gesclüchte der Literatur
und der Kirche im Zeitalter Ludwigs XIV. Sitzungsberichte der Kais. Akad.
:
der Wissensch.. Philos.-hist. KL. 121. Wien 1890. Abh. 5: 122 (1890) Abh. 8:
127 (1892) Abh. 5 138 (1898) Abh. 5. 0. Rottmanner. Bibliograpliische Nach-
;
'
Dil auf den Alxhiu-k der Maurinor-.Vusgalie bei Migne. VV. Lat. 3:2 47. in
<lerFolge noch häutig ^er^viesen werden soll, so mag daran erinnert sein. dal.i die.se
Bände wi<'(leriiolt von neuem aufgelegt wurden und dabei leider auch eine neue
J'aginienuiti erliielten vgl. 13d. 1 dieses Werkes. Freiburg i. Br. 191.'}, S. T).')
-*
Hier .
wird stets nach der ersten Ausgabe des jedesmaligen Bandes zitiert. Stimmt das
Zitat mit einer späteren .Ausgabe nicht üliereiu. so foli,'! daraus nocli nicht, dal.i es
uuzutretfenil ist.
S 73. Augustinus. 4. Rt-tractationes und C'oiifessioncs. 449
.stins findet sich in der von Ph. Schaff herausgegebenen Select Library of the
Nicene and Post-Nicene Fathcrs of the C'hristian Church. vol. 1 <S. New York —
ISST— 1892.
Der Augustiner Frater Bartholomäus. 1847 loöO Bischof von Urbino. —
fertigte oder, richtiger, vollendete ehi von seinem Lehrer Augustinus Triumphus
begonnenes ,Millelo(|uium veritatis ex Augustino collectum", einen alphabeti-
.schen Realindex zu den Schriften Augustins, welcher lö.").'5 zu Lyon und 1645
zu Paris in je einem Folioband gedruckt ward. Reichhaltiger sind die von
dem gelehrten Dominikaner David Lenfant. welche)- 1()SS zu Paris gestorben
ist. herausgegel)enen Concordantiae Augustinianae sive Collectio omnium sen-
tentiarum (|uae sparsim reperiuntur in omnibus S. Augustini operibus ad instar
Concordantiaium Sacrae Scripturae, Lut. Paris. 1(55(5 1(565, 2 voll.. 2". Noch —
reichhaltiger, wenngleich freilich auf kurze Verweise sich beschränkend, ist der
vorhin bereits erwähnte , Index in omnia opera 8. Augustini" in dem letzten
Bande der Mauriner-Ausgabe Augustins.
'
Ep. 224, ad Quodvultdeum, 2.
Denken und Fühlen nicht voll und ganz zu seinem Rechte gekonnncn
zu sein schien. Sehr häufig werden exegetische Partien älterer Werke
i'ichtig gestellt, und zwai- nicht nur Auslegungen des Textes, an denen
Augustinus inzwischen irre geworden ist, sondern auch der benützte
Text selbst, den er nunmehr durch einen besser beglaubigten Text
zu ersetzen weiß. Das meiste Gewicht aber legt er auf die Ausmerzung
einiger dogmatischen Inkon'ektheiten. Immer wieder gibt ei' dem Be-
dauern Ausdruck, daß er die düstere Schilderung des Apostels Rom 7.
14 ff. auf den noch unerlösten Menschen bezogen habe, während sie
vielmehr von dem schon wiedergeborenen Menschen zu verstehen sei'.
Mit gleicher Schärfe wendet er sich gegen die Äußerungen, welche
den Glauben als eine menschliche Leistung darstellten, während der-
selbe doch ein Geschenk Gottes sei -.
Das Werk ist unvollendet geblieben. Nach den Eingangsworten
wollte Augustinus an allen seinen literarischen Arbeiten ohne Ausnahme
eine strenge Kritik üben: „Sive in libris sive in epistolis sive in trac-
tatibus." aber nur die Besprechung der „libri" zum Absclduß
Er liat
gebracht. Von den Biiefen und den Predigten ist in den vorliegenden
zwei Büchern noch nicht die Rede. Wir erfahren freilich an anderer
Stelle,daß er schon einen großen Teil seiner Briefe, den Zensoren-
stift der Hand, durchgegangen war'l Aber zum Diktieren einer
in
Kritik der Briefe und der Predigten ist er nicht mehr gekommen.
'
Retiact. 1, 23, 1 : 1, 2G usw.
-'
Auch später noch, in der i28 oder 42!» voifaßton Schrift De praedest. saiu -
toriuii sagt er sich von der früheren irrtiiinliclien Meinung, „lidein qua in Deuui
.'5. 7,
credimus nou es.se donuni Dei, sed a nobis esse in nobis", naclidrückliili los. Eine
einläliliche lnlialtsanalv.se der „Retractationes" bei Harnack in den Sitzungsberichten
der Kgl. Prenü. Akad.der Wiss. IDOf), 1104 ff.
''
Kp. 224, ad (juodvultdeuui, 2; vgl. De dono persev. 21, öä.
4? 73. Aiij^ustinus. 4. Hetractationes und Confessiones. 45]^
wai' aiicli nocli nicht geschrieben worden. Es war um 400. als Augu-
stinus daran ging, die fleschichte seines geLstigenund sittlichen Werdens
von frühester Kindheit an bis zum Empfang der Taufe oder bis zum
Tode der Mutter zur Darstellung zu bringen. Er wollte die verborgenen
Führungen aufdecken, durch welche er. nachdem er lange vergeblich
gesucht hatte, endlich ans Ziel gelangte. Aus seiner eigen.sten Erfahrung
lieraus sollte die Wahrheit des Eingangswortes erhärtet werden:
..Fecisti nos ad te (Domine) et inquietum est coi' nostrum, donec
requiescat in te." Die direkte Anrede an Tlott geht durch alle dreizehn
Bücher hindurch. Das (fanze ist ein Gebet, ein einziges, großes Lob-
und Dankgebet. Der Inhalt der neun ersten Bücher, welche den Kern
des Werkes bilden, ist gelegentlich der Darlegung des Lebenslaufs
Augustins in groiien Zügen wiedergegeben worden. Das zehnte Buch
will zeigen, wie es augenblicklich, um 400, mit dem Verfasser bestellt
sei (quis adhuc sini. ecce in ipso tempore confessionum mearum, Conf. 10,
3, 4): er ist noch gar nicht mit sich selbst zufrieden, er ist noch
geben die -Retractationes" (2, 6, 1) Zweck und Inhalt mit den Worten
an: „Confessionum mearum libri tredecim et de malis et de bonis meis
Deum laudant iu.stum et bonum atque in eum excitant humanum
intellectum et affectum." Es kann deshalb kaum zweifelhaft sein, daß
Augustinus unter „Confessiones" nicht „BekennJ:nisse". wie die her-
kömmliche Übersetzung lautet, sondern „Lobpreisungen" verstanden
hat K Um aber Gottes Größe und Barmherzigkeit desto voller preisen
'
Näheres über die Bedeutung des Titels bei Böhmer in der Neuen kirchlichen
Zeitschr. 26 1915 419 ff.
9i( *
4;'')2 J*'"' ialcinisclic Literatur des riiiil'tcii .laliiliiiii<lt'rt.s.
'
So namentlich H. Aiigiistin, Studien zu seiner geistigen Kntwickhuig.
lieckei-,
Leipzig 1!H)H, und W. Augustins geistige Kntwickhui.a; iu den ersten .Tahren
Tliiniine,
nacli seiner .Hekehrniii;". lierHn 15K)<S. Zur Kritik ilirer Austiilnnnü;en vgl. Mans-
l.acii in derTheol. Uevne l!»()!l. .')(;•> ff.: v. Hertlinu in der Lit. Knndsdiau IDüi». •JT.S ff.
§ 73. Augustinus, f). Philosophische Schriften. 40^
ling. Freiburg
i. Br. 1905, oft von neuem aufgelegt: J. E. Poritzky, Müncheii
191] (Sammlung menschlicher Dokumente \); A. Hoffinann. Kemi)ten 1914
(Bibl. der Kirchenväter). —
A. Harnack. Augustins Konfessionen, ein Vortrag,
Gießen 1<S88. <S": auch in des Verfa.ssers Reden und Aufsätzen 1, Gießen 1904.
—
49 79. C. Douais. Les Confessions de 8t. Augustin. Paris 1893, 8". G. Misch.
Geschichte der Autobiographie 1. Leipzig 19(J7. 402 440: ,Die Bekenntnisse —
Augustins." H. Böhmer. Die Lobpreisungen des Augustinus: Neue kirchliche
Zeitschrift 2(i (1915) 419—438 487—512. R. L. Ottley. Studies in the Con-
fessions of 8t. Angustin, London 1919. 8". Über die ,Confessiones" handeln
auch die Abs. 2 verzeichneten Schriften über den geistigen Entwicklungsgang
Augustins von Xaville. Wörter. Beckei-. Thimme und andern.
5. P h il .s ph i s c li e Schlitten. —
Den „Ketractatione.s" und
„Confessiones" reihen sich im ersten Bande der Mauriner- Ausgabe die
philosophischen Schriften an. Sie stellen nämlich die frühesten litera-
rischen Versuche des Heiligen dar. Sie stammen fast sämtlich aus der
Zeit vor seiner Taufe.
Eine Schrift ..De pulchro et apto", welche Augu.stinus noch
a)
'
Vgl. van Haeringen. De Augu.stini ante )iaptisnium rusticantis operibus.
Groninsae 1917. 21 ff.
454 D''' liitcinisclio Literatur des lünltcn Jalirliundcrts.
St. Augustins De beata vita (Progr.). Wien 1914. 8^. Eine deutsche tlber-
setzung des Dialogs De beata vita von J. Hessen. Leipzig 1923 (Philosophische
Bibüotbek Bd. 183). Matinee. S. Augustinus Aurelius in Soliloquiis qualis
philosopbus appareat, qualis vir (Thesis), Reimes 1864. 8".
Eine unechte aszetische Schrift unter dem Titel „Soliloquia" (Migne 4t).
—
863 898) ist erst im Mittelalter. wahrscbeinUch erst nach 1215. ans Licht ge-
treten, ist aber viel gelesen und auch in neuerer Zeit noch wiederholt gedruckt
worden. gewöhnUch in Verbindung mit zwei andern unechten Erbauungsbüchern.
Meditationes (Migne 40. 901—942) und Manuale (Migne 40, 951—968). Der la-
teinische Text der „SoHloquia" nebst einer deutschen Übersetzung des Bischofs
—
Johannes von Neumarkt, aus den Jahren 1353 1364. bei A. Sattler. Die pseudo-
augustiniscben Soliloquien in der Übersetzung des Bischofs Johannes von Neu-
markt. Graz 1904. 8". Eine moderne deutsche Übersetzung der drei genannten
Schriften bei F. Ratte, Des hl. Augustinus Betrachtungen, einsame Gespräche
und Handbüchlein, Freiburg i. Br. 1891. 12".
die Form eines Gesprächs zwischen einem Lehrer und einem Schüler.
Außerdem erübrigen von dem großen Werke noch „Principia dialecticae"
(Migne 32. 1409—1420) imd „Principia rhetorices" (Migne 32, 1439 bis
1448). wählend die „Categoriae decem ex Aristotele decerptae'' (Migne
32. 1419 —
1440) wahrscheinlich unecht sind.
Die „Principia dialecticae" wurden von neuem herausgegeben durch W. Cre-
celius, S. Aurelii Augustini de dialectica liber (Progr.). Elberfeld 1857, 4°.
Vgl. B. Fischer, De Augustini Disciplinaruni Hbro qui est de dialectica (Diss.
inaug.). Jenae 1912, 8"^. Die „Principia rhetorices" am besten bei C. Halm,
Rhetores latini minores, Lipsiae 1863, 137 —
151 Aurelii Augustini de rhetorica
:
\V. Ott, Über die Hchrift des lil. Ajigustimis De magistro ( Progr.). Hechingen
1898, 4".
gehört
a) das Werk, welches als das bedeutendste unter sämtlichen Werken
Augustins gilt, die 22 Bücher „De civitate Dei" (Migne 41). aus den
—
Jahren 413 426. Die Veranlassung zu diesem Werke gaben Angriffe
der Heiden auf die Christen. Die Eroberung Roms dui'ch Alarich am
24. August 410 ward dem Christentum zur Last gelegt, weil dassell^e
durch Untergrabung des Polytheismus den Zorn jener Götter herab-
gerufen, unter deren Schutz die ewige Stadt sich zur Weltbeherrscherin
emporgeschwungen. „Seht", sagten die Heiden, „als wir noch unsern
Göttern Opfer darbrachten, stand Rom unbezwungen da, Avar Rom
glücklich; jetzt, da das Opfer eures Gottes den Sieg davongetragen
und allgemeine Verbreitung gefunden hat, die Opfer unsrer Götter
aber verboten und verwehrt sind, seht, was Rom zu erdulden hat."'
Damit wurde freilich nur eine Anklage wiederholt, mit welcher die
Apologeten des Christentums sich von jeher zu beschäftigen hatten.
Öffentliche Unglücksfälle aller Art waren innner wieder dem Christentum
Schuld gegeben worden. Indem nun aber Augustinus, mit Zurückweisung
der augenblicklichen Anklage nicht zufrieden, auch auf das wahre,
innere und bleibende Verhältnis zwischen Christentum und Heidentum
eingeht und nicht bloß die Gegenwart, sondern auch Vergangenheit
und Zukunft in den Kreis der Betrachtung zieht und den gesamten
Verlauf der Weltgeschichte von Anfang bis zu Ende zu überblicken
und zu ergründen veisucht, so erweitert sich seine Apologie zu einer
Philosophie der Geschichte, die in ihrer großartigen Konzeption ühev
alle andern Apologien des christlichen Altertums ..wie ein Hochgebirge
emporragt" -.
(Jewidmet ist dieselbe einem Freunde, dem kaiserlichen Tiibun
und Notar Flavius Marcellinus zu Karthago, welcher Augustinus in
dringenden Worten um eine Widerlegung der neuen heidnischen Vor-
wüife gebeten hatte''. Das Erscheinen des Werkes hat Marcellinus
jedoch nicht mehr erlebt, auch die an ihn giM'ichtete Voi'rede ist ihm
'
.\ug., SoriiKi 'JIM), 7.
-'
P'r. 1111(1 r. liöliriiigcv. Aurcliiis Aumistimis. Stuttgart 1S77— 187S. 2. l')().
•
Siclic Aug.. Ep. i;](;. MaiTfllini ad Angustimmi. Über Maicidlimis vgl i-twit
'
Vgl. Scholz, (ilaubo und Unglaube m der Weltgeschichte. Leipzig 1911. 8 f.
-'
So die Neuplatoniker. '
Siehe De civ. Dei 11, 1.
458 Die lateinische Literatur des fünften .laliiluindeits.
satz zu dei' Teufelsstadt Babylon. Diese Städte aber, wie die Psal-
misten sie geschaut, vertreten die (lesamtheit der Heiligen und die
Gesanitlicit der (Gottlosen ', zwei Reiche. Reiche ohne Grenzen, Reiche,
w^elche Zeit und Ewigkeit umspannen. Zu dem Gottesreich gehören
alle Guten, zudem Weltreich alle Bösen im Diesseits wie im Jenseits.
Statt «rivitas huius mundi", wie es in den „Reti'actationes" hiefa, heißt
es in dem Werke selbst meist „Civitas terrena", ohne Unterschied der
Bedeutung -. Der Ursprung der beiden Reiche liegt jenseits der sicht-
baren Welt. Das Gottesreich ward gegründet mit der Erschaffung der
Engel; das Weltreich nahm seinen Anfang mit dem Abfall der bösen
Engel. Mit Adam ward der Gegensatz der beiden Reiche auf die Erde
verpflanzt. Kain und Abel führen die beiden Reiche im Kampfe mit-
einander vor Augen, und eben dieser Kampf macht das Drama der
ganzen Weltgeschichte aus. Für die Dauer dieser Zeit sind die beiden
Reiche auf Erden nicht reinlich geschieden, sondern miteinander ver-
flochten und vermischt (1, 35: 11, 1). insofern die Angehörigen oder
Bürger des einen Reiches inmitten der Angehörigen des andern ihre
Wege gehen. Nur dadurch, daß das Gottesreich das Weltreich durch-
dringt, wird eine gewisse Ruhe und Ordnung auf Erden aufrecht
erhalten. Die endgültige Scheidung tritt mit dem Übergang der Zeit
in die Ewigkeit, mit dem Weltgericht, ein. Dann w^erden die Bürger
des Weltreichs ewiger Pein überantwortet, und fürderhin gibt es inner-
halb dieses Reiches nur mehr Verwirrung und Streit ohne Ende.
Dagegen wird das Gottesreich, das himmlische Jerusalem, geschmückt
wie eine Braut zur Hochzeit aus dem Weltbrand hervortreten, und
alle seine Bürger werden in unbeschreiblicher Seligkeit den Schöpfer
umringen und den ewigen Sabbat feiern.
Aus dem Gesagten erhellt, daß es verfehlt ist, das Gottesreich
mit der Kii'che zu identifizieren. Denn abgesehen davon, daß das Gottes-
reich längst bestand, bevor die Kirche ins Dasein trat, zählt die Kirche
für die Dauer der Weltzeit auch solche zu ihren Mitgliedern, welche
vielmehr Bürger des Weltreichs sind. Noch weniger darf das Weltreich
dem Staate gleichgesetzt werden. Denn das Weltreich hat nicht nur
keine räumlichen und zeitlichen Grenzen, sondern es ist auch, aus der
Sünde geboren, etwas, w-as nicht sein sollte, während der ^^'ert der
bürgerlichen Gesellschaft und die Notwendigkeit staatlichei- Ordnung
von Augustinus vollauf gewürdigt wird^.
Zu den breiten historischen und archäologischen Exkursen, die
sicli in ])eiden Teilen des Werkes finden, hat Augustinus außer dem
'
Aug., In Ps. 8(i oiiarr. ()
: ..Quomodo una eivitas sani ta. leiusalem. una civitas
iniqna. Bab.vlon : onun's iiiii|iii ad Halnldiiiaiii pertinciit. (|ii(>ni(ido onines sancti ad
lorusalem."
- Über sonstige synon\ nie l:{ezeichnuni;en Vifl. Scholz a. a. O. !S(j ff.
" V^LManshadi." Die Ethik des hl. .\u4>ustinus 1. Freiburg i. Br. 1901». ;Wt5 tf.
S 7.'}. Aiigiistiiiii.s. t>. Apologetische Schriften. 459
berichte der Kais. Akad. der Wissensch. Philos.-liistor. Kl. 143, Wien 1901.
,
(1913) 101—119. E. Troeltsch, Augustin. Die christHche Antike und das Mittel-
alter, im Anschluß an die Schrift „De civitate Dei". München 1915, 8*^; vgl.
H. Lindau, Augustins geschichtliche Stellung Zeitschr. f. Kirchengescliichte 37
:
(1918) 406—432. —C. Frick, Die Quellen Augustins im 18. Buche seiner
Schrift De civitate Dei (Progr.), Höxter 1886, 8". J. Dräseke. Zu Augustinus
De civ. Dei 18. 42, eine Quellenuntersucbung Zeitschr. f. wissensch. Theol.
:
Eine neue Ausgabe der Schrift von J. Zycha im Corpus Hcript. eccles.
lat. 41. 1900.
Geistesfi'üchte aus der Klosterzelle. München 1908. 99 ff. Eine deutsche Ül^er-
setzung des Handbüchleins von .1. Molzberger. Kempten 1877 (Bibl. der Kirchen-
väter): eine eingehende Inhaltsanalyse bei A. Harnack. Lehrbuch der Dogmen-
geschichte 3; 4. Aufl.. Tübingen 1910, 220— 23(). Vgl. auch 0. Scheel. Bo-
§ 73. Augustinus. 7. Dogmatische Schriften. -idl
d) ..De fide rerum quae non videntur" (Migne 40. 171 180) —
ist auch eine Predigt, nach 399 gehalten und dem Nachweis der
Vernünftigkeit und Notwendigkeit des Glaubens an Unsichtbares und
Übernatürliches gewidmet.
e) Die Schrift ..De fide et operibus" (Migne 40. 197 230), aus —
dem Anfang des Jahres 413. verficht den Satz, daß dei- Glaube allein
ohne die Werke zum Heile. ..ad aeternam vitam". nicht ausreiche
(Retract. 2, 38).
g) Die zwei Bücher „De coniugiis adulterinis" (Migne 4U. 4öl bis
486), um 419
geschrieben, vertreten die schlechthinige Unauflöslichkeit
der christlichen Ehe und die Ungültigkeit einer neuen Ehe des einen
Teiles bei Lebzeiten des andern (Retract. 2, 57).
147— 170), vielleicht aus dem Jahre 422 oder 425, antwortet auf dog-
matische und exegetische Fragen des kaiserlichen Tribuns und Notars
J)ulcitius zu Karthago, und zwar mit Zitaten aus früher<in Schriften
Augustins. Nur eine der acht Fragen, Apg 1 3. 22 betreffend, ist hier
zum ersten Male erörtert.
Das Werk ,De doctrina christiana" wird richtiger den exegetischen Schriften
zugezählt (Abs. 12, a), und die Schrift ,De vera religione" ist hauptsächlich
der Bekämpfung des Manichäismus gewidmet (Abs. S. d).
ticum disputabitur." Dieser zweite Teil ist indessen nicht mehr zur
Ausführung gelangt.
Über manche zeitgenössische Häresien berichtet Augustinus aus
eigener Kunde, und in solchen Fällen pflegt seine Darstellung auch
mehr in die Breite zu gehen. Die Angaben über Häresien der Ver-
gangenheit hat er hauptsäclüich z"\vei Quellen entnommen, dem ketzer-
bestreitenden Werke des hl. Epiphanius, aber nicht dem großen „Arznei-
1
Aug., Ep. 221, 3.
4()4 t)ie latt'inisclu- Literatur des fünften Jalnliunderts.
kästen", sundeni dem kleinen uiul wtdil nicht von Epiplianiu.s selbst
gefertigten Auszug aus demselben, und der verwandten Schrift des
l-Jischofs Filastrius von Biescia. Nebenbei hat er auch die Kirchen-
geschichte des Eusebius in der Übersetzung Kuhns (c. '22 und 83) und
eine nicht weiter bekannte anonyme Schrift über die Häresien (c. 81 bis
82) benützt. Die Häresien c. 1 —
57. von den Simonianern bis zu den
Messalianern, werden in der von Epiphanius innegehaltenen Reihen-
folge aufgeführt, wenngleich die beigegebene Charakteristik sich vielfach
von dem Texte bei Epiphanius lossagt. Folgen c. 58 80 Häresien, —
welche bei Epiphanius fehlen, aber bei Filastrius genannt werden, und
schließlich c. 81 — 88 noch Häresien, welche auch bei Filastrius fehlen,
aber auf irgend einem andern Wege Augustinus bekannt geworden sind.
Ein Alxliuck der Schrift „De haeresibus" nach der Mauriner- Ausgabe steht
bei Fr. Oehler. Corpus haereseologieum 1. Berol. 1856, 187 225. —
Über eine
verderbte Stelle De haer. 41 vgl. Fr. Marx in seiner Ausgabe der Schrift des
Filastrius. Corpus script. eccles. lat. o8. Vindob. 1898. Proleg. xiv. Siehe auch
J. de Guibert, La notion d'heresie dans St. Augustin Bull, de litter. eccles.
:
1920, 368—382.
wenigstens zum großen Teile keinen Glauben verdiene, die volle Wahr-
heit vielmehr nur in einigen apokryphen, unter dem Namen von Aposteln
undaufenden Schriften gefunden Averde. Christus sei in einem bloßen
Scheinleibe unter den Menschen gewandelt, und der von Christus ver-
heißene Paraklet sei erst in dem Stifter des Manichäismus erschienen.
AVird noch hinzugefügt, daß Augustinus auch Veranlassung nhnnit.
das sittenlose Leben und Treiben der Manichäer an den Pranger zu
stellen, so dürfte damit der Ideenkreis, in welchem seine antimani-
chäischen Schriften sich bew^egen. schon ausreichend umschrieben sein.
Es sind folgende:
a) „De moribus ecclesiae catholicae et de moribus
Manichaeorum libri duo" (Migne 32. 1309 —
1378). schon bald nach
dei'Taufe Augustiiis 388 zu Rom begonnen, aber erst 389 in Afrika
vollendet und veröffentlicht. Diese Bücher richten sich gegen die un-
erträgliche ..iactantia Manichaeorum de falsa et fallaci continentia vel
:
gleichfalls 38H begonnen, aber erst 395 zu Ende gefühlt. Diese Bücher,
die au« einem Gespräch erwachsen sind und in Dialogf'orm verlaufen
(vgl. Abs. 5. e), wollen beweisen, „nialum non exortum nisi ex libero
voluntatis arbitrio" (Retract. 1. 9).
und wollen die drei ersten Kapitel der Genesis gegen die Anklagen
und Einwürfe der Manichäer rechtfertigen (Retract. 1, 10).
d) „De Vera religione liber unus" (Migne 34, 121 — 172) ist
Eine neue Ausgabe von J. Zycha im Wiener Corpus 25 (25. 1), 1891.
Die hier gebotene Textesrezension des größten Teiles der antimanichäischen
Schriften ist übrigens nicht mit Unrecht als „ungenügend" bezeichnet worden:
siehe .Jülicher in der Theol. Literaturzeitung 1892. 422. Eine eingehende In-
haltsanalvse bei P. Batiffol. Autour du „De utilitate credendi" de St. Au2;u.stin
Kevue Bibli.|ue N. S. 14 a917) 9-53.
129 —
etwa aus dem Jahre 394. bekämpft gewisse „disputationes"
172),
des Manicliäers Adimaiitus, welche Wideispriiche zwischen Tiesetz und
Proplieten und den evangelischen und apostolischen Schriften aufzeigen
wollten (Retract. 1, 22)."
l^ine neue Ausgabe von Zycha im Wiener Corpus 25 (25. 2). 1S5)2.
„ D m
n a t u ! a 1j o n i c o n t r a
) (_ a n c h a e o s " Migne 42. bb 1 bis M i (
572). wohl bald nach 404 verfaßt, erläutert den Unterschied zwischen
<Tut und Bös im Gegensatz zu der Auffassung der Manichäer (Retract. 2. 91.
VÄno neue .Ausgabe bei Zyclia a.a.O.: vgl. 1. Das Schriftchen .De
f i »1 ( (• I) n t V a .M a u i c b a e o s" (^Migne 4'J. 1 1 ;>9 1 1
"j
D. auch bei Zyclia a. a. D..
S 7v3. Anmistinns. !. Aiitidonatistische .Schriften. 4<37
gehört jedenfalls, nicht Augustiniih an. .si^ndcrn .sehr wahrscheinlich jcncin £vo-
(lius. der seit ungefähr ;>'.)() Bischof von Uzalis im prokonsuhirischen Afrika
war und als solcher nach 42() stail). Da das Schriftchen von Augustins Abhand-
lung .De natura boni contra Manichaeos" Gebrauch macht (vgl. die admonitio
der Mauriner bei Migne 42. 11H9 f.). so kann es nicht vor 405 verfal.it sein.
Evodius hat von etwa oSö an bis zu seinem Lebensende in nahem Freundschafts-
verhältnis zu Augustinus gestanden. Augu.stins Dialoge ,De quantitate animae"
und ,l)e lil)ero aibitiio" geben Zwiegespräche wieder, die er o8'S zu Koni mit
Kvodius führte (siehe Abs. ö, e^. Cnter den Briefen Augustins stehen vier
Sihieiben des Evodius an Augustinus. Nr. löS KK) 1()1 lOo. alle vier um
414 verfaßt und hauptsächlich um Aufschluß übei- spekulative Schwierigkeiten
bittend. Die Briefe 155) 1()2 1(54 enthalten Augustins Antworten: auch der
Brief ir>i). aus dem Ende des Jahres 410. ist eine Erwiderung Augustins auf
flogmatische Fragen des Freundes, feinen neuen Brief des Evodius. an den Abt
X'alentinus von Hadrumetum. die Lehre von der (Inade betreffend und um 42ß
geschrieben, entdeckte und veröffentlichte (x. Morin in der Revue Benedictine
]:*> (LS9()) 4.Sl--4S(i, und wiederum ebd. 18 (1901) 241- 2.>(). Vgl. über Evodius
H. W. Phillott im Dictionary of Christ. Biography 2, London 1880. 429 f. —
Das .Coram oni t ori um quomodo sit agendum cum Manichaeis qui
—
con vertun tur" (Migne 42, 1153 1156). auch bei Zycha a. a. 0.. ist eben-
falls mit L'nrecht unter den Namen Augustins gestellt worden. Es ist eine
Abschwörungsformel. die in erweiterter Fassung wiederkehrt in den mißbräuch-
lich sog. .Prosperi Anathematismi" i —
Migne (55. 23 30). Vgl. etwa A. Brink-
mann im Rhein. Mus. f. Philol. N. F. 51 (1896) 274 f.
Zu der Schrift des Häi-etikers vgl. v. Hai'uack. Marcion Texte und L'nter-
i
suchungen zur Gesch. der altchristl. Literatur 45\ Leipzig 1921. 340*- 349*.
'
Contra Cresconium 3. 3.
30*
468 '^i*^' l;itfiiiisrlic liitciatiir ih's lunrtcii .laliiliimilcrl^.
Eine neue und treffliche Ausgabe des Liedes von M. IVischenig im Corpus
")L C. Daux. Chant ahecedaire de St. Augustin contre les Donatistes.
190.S.
Anas 1905. S". A. Engell)reilit. Der hl. Augustiiuis als Volksdicliter Zeit- :
Eine neue Ausgabe bei Petschenig a. a. ().: vgl. a. Nach Wimdt ist die
Schrift, ebenso wie die drei folgenden Schriften, e, f. g. nicht \or 404 ver-
fafst worden. M. Wundt. Zur Chronologie augustinischer Schriften Zeitschr. :
hauptet Augustinus in diesen Büchern „De baptismo". nach CA'jmans Tode sei
die Ketzertauffrage durch ein allgemeines Konzil gegen den Sinn Cyprians ent-
schieden worden. ITber die Frage, welches Konzil gemeint sei. siehe J. Ernst.
Der hl. Augustin über die Entscheidung der Ketzertauffrage durch ein Plenar-
konzil: Zeitschr. f. kath. Theol. 24 (1900) 2.S2— 325.
Augustinus gebraucht sehr oft das lilutu' .\iliektiv ,catliolica" im Sinne von
'
i) Das er.ste jener drei Bücher „Contra litteras Petiliani" hat außer
INtilianus selbst auch einen Donatisten Cresconius zu einer Replik an
Augustinus veranlaßt, einen Laien und Grammatiker seines Zeichens,
dem das rechte \'erständnis für die theologische Frage völlig al»ging.
S 1'.'). Aiii^Ubtiiiiis. !t. Aiitidonatistisclie .Scliiit'teu. 471
'
Über die Entstehung und die Geschichte dieser Partei vgl. P. ]\Ionccaux.
Histoire litteraire do TAfrique chretiemie 4, Paris 1912. ö7 ff.
472 D'^' latcini.sclu' Litcratiir des fünften .Taliiliundert.s.
<)13 — 650) ist ein Auszug aus den Akten des 411 zu Karthago al>-
Eine neue Ausgabe bei Petschenig a. a. O. vgl. n. Die Akten dets Reli- ;
()51 —
690) ist im Jahre 412 geschrieben, und zwar ..ad ip.sos Donatistas
post coUationem quam cum episcopis eorum habuimus. ne ab eis sedu-
cerentur ulterius" (Retract. 2, 40).
Eine neue Ausgabe bei Petschenig a. a. <). : vgl. n.
—
iMigne4H. 708 774). auch bei Petschenig a.a.O.. ist gleichfalls unecht, ist
aber sehr wahrscheinlich schon bald nach 411 von einem Kleriker aus der Um-
gebung oder aus der Schule .Augustins verfaßt worden: Sie bekämpft den von
einem son.st nicht bekannten Donatisten Fulgentius veröffentlichten Traktat über
die Taufe und bietet die M()glichkeit. denselben im wesentlichen wiedeiherzu-
stellen. Siehe Monceaux. Un ouvrage du Donatiste Fulgentius, essai de restitu-
tion: Revue de Philologie Hl (1907)241 —
250. Kardinal Mai spricht in seinem
Spicilegium Homanum 5. Komae 1S41. Praef. xv. von einem Lorscher Kodex
mit Schriften eines hl. Fulgentius. darunter ,S. Fulgentii Excerptio ex libris
S. Augustini contra Fulgentium Donatistam". Mai identifiziert den hl. Ful-
gentius mit Fulgentius von Kuspe (gest. um ö8o) und meint argumentieren zu
dürfen, wenn die „Excerptio" echt sei. müsse auch die Schrift , Contra Ful-
gentium Donatistam" Augustinus zugeeignet werden. Petschenig a.a.O. läßt
den Lorscher Kodex unerwähnt.
10. A n t p e 1 a g a n i c li e S c h r i f t e n.
i i .s —
Den Abend seines
Lebens hat Augustinus der Bekämpfung des Pelagianismus gewidmet.
Die Gedanken- und Beweisgänge seiner Streitschriften werden sich am
besten durch auszügliche Wiedergabe des Schlußkapitels der Schrift
..De haeresibus" veranschaulichen lassen. Die Pelagianer, berichtet
Augustinus hiei-, sind der Gnade Gottes, durch welche wir der Gewalt
der Finsternis entrissen und zu Kindern Gottes erhoben werden, so
abhold, daß sie glauben, der Mensch könne ohne dieselbe alle gött-
lichen Gebote erfüllen, während doch der Herr sagte: .,Xemo venit
ad me nisi fuerit ei datum a Patre meo" (Jo 6. 66)' und wiederum:
..Sine me nihil pote.stis facere" (Jo 15, 5). Sie verwerfen auch die
'iebete, welche die Kirche verrichtet, sei es für Ungläubige und der
Lehre Gottes Widerstrebende, auf daß sie sich zu Gott bekehren, sei
es für Gläubige, auf daß sie im Glauben wachsen und im Cxlauben
beharren. Denn dies, behaupten sie. empfangen die Menschen nicht
von Gott, sie haben es vielmehr von sich selbst, indem die Gnade
Gottes, welche von der Sünde befreit, nach dem Maße unsres Ver-
dienstes uns verliehen wei'de. Des weiteren behaupten sie. das Leben
der Gerechten in dieser Welt sei vollkommen sündenfrei, und diese
Gerechten seien es. welche die Kirche Christi in dieser Zeitlichkeit
bildeten, so daß also die Kirche ohne alle Makel und Runzel sei
(vgl. Eph 5. 27). Wie wenn es nicht die Kirche Christi wäre, welche
auf dem ganzen Erdenrunde zu Gott ruft: -Dimitte nobis debita
nostra" (Mt 6, 12). Auch leugnen sie. daß die Unmündigen durch ihre
Abstannnung aus dem Geschlecht Adams dem alten Tode verfallen
sind. Dieselben würden vielmehr, frei von allen Banden der Erbsünde.'
so geboren, daß schlechterdings nichts vorhanden sei. was durch eine
zweite Geburt nachgelassen werden mü.sse. Die Taufe vermittle ihnen
nur den Eintritt in das Reich Gottes, nicht aber innerliche Erneuerung
o
sie ein ewiges und seliges Leben (klangen, wenngleich außerhalb "des
Reiches Gottes. Adam selbst, lehren sie, würde dem Leibe nach ge-
storben sein, auch wenn er nicht gesündigt hätte, und er sei tatsächlich
gestorben nicht zur Strafe, sondern vermöge seiner Xatur.
Soweit das Schlußkapitel der Schrift „De haeresibus".
a) Den literarischen Kampf gegen den Pelagianismus eröffneten
..De p e c c a 1 r u m ra e r i t s et r e m i s s o n e et de b a p t i s m
i i
Eine neue Ausgalie von C. F. Yil»a und .1. Zvoha im Wiener Corpus
(•)(). 191;').
Jahre 41ö, kehrt sich gegen die Schrift des Pelagius «De natura",
welche die Mönche Timasius und Jakobus dem heiligen Lehrer über-
sandt hatten. Verteidigte Pelagius die Natur „contra Dei gratiam qua
iustiticatur ini])ius et qua Christiani sunnis", so verteidigt Augustinus
die (^natle .non contra naturam. sed i)ei' <|uani natura liberatur et
regitur" (Fietract. 2, 42).
aus dem Knde des .Itiliics 41;"), wendet sich gegen eine Schritt untei'
dem Titel .. Detinitiones. ut dicitiir Caelestii", welche Augustinus durcli
und Paulus zugestellt worden wai-. Sie enthielt
die Bischöfe Eutiopius
„bieves potius ratiocinationes" und stand in vollem
detinitiones vel
Einklang mit der durch eine andere Schrift beglaubigten Lehre des
Pelagianers Tälestius. während es zweifelhaft schien, ob sie Cälestius
selbst oder einem Gesinnungsgenossen angehöre. Augustinus hat die
einzelnen Sätze der Reihe nach wiedergegel^en und gewürdigt. In den
„Retractationes" läßt ei- diese Schrift unerwähnt, weil dieselbe das
Gewand eines Briefes trägt.
Eine neue Ausgabe von Yi'lia uml Zyclia im Wiener Corpus 4'J. 19(lil.
Eine neue Ausgabe, imter dem Titel ,De natura et ovigino animae'". von Vil»a
und Zycha im Corpus ()0. ]91o.
'
Vii'lk'icht i.^it unter diesem .npuscidinir Kctract. -J. .">H Augustins K]!. I4."i.
427 geschrieben und an den Abt und die Mönche eines Klosters zu
Hadrumetum gerichtet, in welchem aus Anlaß eines Briefes Augustins
(Ep. 194) „ad Sixtum Romanum". vom Jahre 418. Streitigkeiten über
das Verhältnis der Gnade Gottes zu der Freiheit des Menschen aus-
gebrochen waren. Nachdem Augustinus in zwei Briefen an Abt und
—
Mönche (Ep. 214 215) die Sätze des früheren Briefes näher erläutert
hat. will er in der vorliegenden Schrift diejenigen belehren und beruhigen,
„qui, cum defenditur Dei gratia. putantes negari liberum arbitrium.
sie ipsi defendunt liberum arbitrium. ut negent Dei gratiam. asserentes
eam secundum merita nostra dari". Die menschliche Freiheit wird
nicht preisgegeben, wenn die Notwendigkeit der Gnade betont wird
(Retract. 2. 6(3).
'
Von seinen Anstuhrungen über die Leine des hl. C'hrysnstonuis ist an friiln lei
'
ist er identisch mit dem arianischen Bischof Maximinus, weicher
Yielleiclit
im mit der sog. .Dissertatio Maximini contra Ambrosium" hervortrat. So
.Jahre '383
Fr. Kauffmann. Texte und Untersuchuna:en zur altgermanischeii Religionsgescliichte,
4S0 iJi<' lati'iiiisclii' liitciatur des fünften .lalirluniderts.
12.Exegetische Schriften. —
Die exegetischen Schriften
sollen nach der Ordnung der biblischen Bücher aufgeführt werden.
a) Der erste Platz ist jedoch dem Werke ..De doctrina chri-
—
stiana" (Migne 34, 15 122) einzuräumen. Dieses vier Bücher um-
fassende Werk will laut dem Eingang die zwei Hauptfragen aller
Bibelwissenschaft erörtern, wie nämlich die Lehre der Heiligen Schrift
zu ermitteln und wie sie den Gläubigen vorzutragen sei (duae sunt
les quibus nititur onmis tractatio scripturarum. modus inveniendi quae
intelligenda sunt et modus proferendi quae intellecta sunt). Heute
wird die eine dieser Fragen der biblischen HermeiuMitik. die andere
der Homiletik überwiesen, wenngleich noch bis vor kurzem beide
Fragen in das Programm der Hermeneutik aufgenommen und die Her-
meneutik in ..Heuristik" und Piophoristik" geschieden zu werden
,.
Texte 1. 8tral.U.ur.ü; lS!i;t. uv tf. Vgl. Bil. 3 dieses Werke.s. Freil.ing i. Hr. l!tl-J. .'>;•.") f.
Der weite .Vbstand zwisch.n dm natm .'{s:! nnd 4-JT läl.H (b"e blciUiti/iernnu; fiaji-
wiirdiir ersidieincn.
S 1:>. Aiiyiistiiius. \2. Kxcgcti.sclie Schrirtcn. 4>il
Die letzte deutsche Übersetzung des Werkes heferte R. Storf^ Kempten '
1<S77 (Bibl. der Kirchenväter). Vgl. Fr. X. Eggersdorfer. Der hl. Augustinus
als Pädagog, Frei])ing i. Br. 1907, 140 —
153; E. Moirat. Notion augustinienne
de rHernieneuti(|ue (These). Clennont-Ferrand 1906. H": J. Pschmadt Des .
hl. Augustinus Gedanken zur Theorie der Predigt im vierten Buche der Doctrina
christiana: Tlieologie und (ilaul)e S (1916) 830 841. —
b) Wie früher bemerkt, hatte Augustinus schon 389, vor Empfang
der Priesterweihe, Erklärung und Verteidigung des Eingangs
eine
der Genesis gegenüber den Manichäern unternommen (De Genesi contra
Manichaeos, Abs. 8, c). Später genügte ihm diese Schrift nicht mehr,
weil sie allzusehr der Allegoristik huldigte, ohne dem Literalsinn die
gebührende Rechnung zu tragen (quoniam secundum allegoiicam signi-
ficationem scripturae verba tractaveram, non ausus naturalium rerum
tanta secreta ad litteram exponere. Retract. 1, 18). Um 393 ging
er deshalb an eine Darlegung des Literalsiimes der Genesis, erkannte
aber bald, daß er dieser Aufgabe noch nicht gew^achsen sei, und schob
die Genesis wieder beiseite (in scripturis exponendis tirocinium meum
sub tanta sarcinae mole succubuit. et nondum perfecto uno libro ab
eo quem sustinere non poteram labore conquievi. a. a. 0.). Der Versuch
ist betitelt: ..De Genesi ad litteram imperfectus liber" (Migne 34.
219—246).
Eine neue Ausgabe von J. Zycha im Corpus 28 (28. 1). 1894. Leider unter-
liegt jedoch dieser ganze Band mannigfachen Beanstandungen. Vgl. G. Krüger
in der Theol. Literaturzeitung 1S95. :)(U ff.
Burdi'iihewer, Gesell, der altkirclil. Liter.atiir. IV. 31
482 l^'*' liltfilli.scllr Litcriitur des fiillftrli .l;iliiluin«k'i-ts.
Hand zu nehmen -.
Eine neue Ausgabe l)ei Zycha a. a. (). vgl. ; h. \V. Rüting. rutersuchungen
ülier Augustin.s (^uaestiones und Locutiones in Heptatouclnnn Forschungen
i
würdigen sollen.
Eine neue Ausgabe von Zycha im Corpus 28 (28. 2). 1895. E. Preuschen
glaubte verpflichtet zu sein. ,vor dem Gebrauch dieser Ausgabe auf das drin-
gendste zu warnen" Theol. Literaturzeitung 1897, 629. Rüting a. a. >. vgl. d.
: ( :
— In einer Erörterung der rätseUiaften Stelle Ex 28. 19: ,Non coques agnuni
in lacte matris suae" iQuaest. in Hept. 2. 90: vgl. Rüting a. a. 0. 188 270 f.)
scheint Augustinus mit den Worten .alii dicunt*" auf einen kleinen Traktat ,De
octo quaestionibu s ex Yeteri Testamente" hinzuweisen, welcher zum
Schlüsse eben jene ExodussteUe bespricht. Eugippius (Excerpta ex operibus
S. Augustini c. 112: al. 127) hat diesen Traktat Augustinus zugeschrieben, und
unter Augustins Namen ist derselbe auch auf uns gekommen. Herausgegeben
ward er aber erst durch G. ^lorin in der Revue Bened. 28 (1911) 1 10: dazu —
zwei Nachträge ebd. 415 f. luul 29 (1912) 89 f.; vgl. auch Morin. Etudes. textes.
decouvertes 1, Maredsous 1918. 28 f. Nur die , Quaestiones" 4 8 befassen sich, —
der Ankündigung des Titels entsprechend, mit Stellen des Alten Testaments,
31*
—
—
Psalmen, 18 21 25 26 29 32, je zwei „Enarrationes" vor, die eine aus
Glossen, die andere aus einer oder mehreren Predigten bestehend.
Die .Enarrationes" zu den folgenden Psalmen sind fast ausschließlich
Predigten, und zwar Predigten, die zu verschiedenen Zeiten, mit wenigen
Ausnahmen aber alle vor 415, gehalten wurden. Nur bei 16 dieser
Psalmen. 67 71 77 78 81 82 87 89 104—108 118 135 150. besteht die
Erklärung nicht aus Predigten, sondern aus Glossen, die nach 415
diktiert worden sind. Die Glossen zu Ps 118, dem längsten und nach
Augustins Urteil zugleich geheünnisvollsten aller Psalmen, wurden
zuletzt diktiert, aber in das Gewand von Predigten gekleidet '. Die
meisten Predigten sind rein paränetisch gehalten, einige sind polemisch,
hauptsächlich antidonatistisch. gefärbt. Der lateinische Psalmentext,
den Augustinus erklärt, würde nach den Untersuchungen C a p e 1 1 e s
nicht italischer, sondein afrikanischer Herkunft gewesen sein. Wenn
derselbe gegenüber dem von 'yprian benützten Texte an archaistischem
(
Gepräge viel verloren habe, so sei dies daraus zu erklären, daß der
afrikanische Psalter in der ersten Hälfte des 4. Jahrlumderts einer
einschneidenden Revision unterzogen ward. Doch erheben sich gegen
diese Aufstellunuen nicht a:eringe Bedenken.
Die vorsliliiiiiliii
'
cliri»n()io4;i.scheii .-Vngalten sind tlinrli formelle Zerigiiisse
Augustins gesiclu-rt: vsl. C'apelle. Le texte du Psautier latiii eii .UVique. Ronic 1913.
i:n ff.
4? 73. Aiigustinii.s. 12. P'xegetisclie Schriften. 4g5
Eine tüchtige neue Ausgabe von Fr. Weiluich im Corpus 4o. 1904. Zu
dem Isaias-Zitat De cons. evang. 1. 28, 44 vgl. Weihrich in den Serta Har-
teliana, Wien 189(), lüB —
171. Eine allseitige Würdigung der Schrift hei H. J.
^'^ogels, St. Augustins Schrift De cons. evang. unter vornehmlicher Berück-
sichtigung ilu-er harmonistischen Anschauungen (Bil)lische Studien lo. ö). Frei-
l)urg i. Br. 190S. Über den von Augustinus verwendeten Evangelientext siehe
aucii J. Denk in der Tlieol. Revue 1910. 2(59 ff.
'
V,ü;1. Vogels. St. .\iigiistiiis Schrift Do cdiis. evans;., rreil)urg i. Rr. 1W8. 3 ff.
4.^(5 Dif lateinische Literatur des ftiiiften .lalirluindeits.
'
Die rätselhafte Aufschrift ,a(l Paitlms" tniuht lui Auiiustinus zum eri^ten
nach 415: ähnlicli auch noch De civ. De! 20. 28. 1. um 42().
Contra lulianuni 1. 2().
-'
4SH I^i«' liUi'iiiisclic Mtcriitiii- des riiiiltni .laliilimnk'rts.
walirscheinlicli darf man auch sagen: die ,,Itala" ist diejenige lateinische
Bibelübersetzung, welche Augustinus in Mailand bei Ainbinsius kennen
und schätzen lernte und seitdem nie mehr aus der Hand legte. Dagegen
darf die „Itala" nicht mit der „Vulgata" oder ii-gend einem hiero-
nymianischen Bibeltext identifiziert werden, nicht mit der zu Rom
beheimateten hieronyuiianischen Revision des Textes des Neuen Testa-
ments oder der Psalmen, noch weniger mit der im Orient ent-
standenen hieronymianischen Revision des Alten Testaments nach der
Hexapla, ganz zu schweigen von der hieronymianischen Übersetzung
des Alten Testaments aus dem Hebräischen, von welcher im Jahre
897. als Augustinus die angeführten Worte schrieb, nur ein kleiner
Teil erschienen war'. Jedenfalls hat Augustinus die Übersetzung, die
er andern zum Gebrauch empfahl, auch selbst gebraucht. Er gebrauchte
aber nachweislich bis an sein Lebensende einen vorhieronymianischen
Text, eine altlateinische Übersetzung. So nicht bloß, wie wir schon
hörten, 399 oder 400 in den Büchern „De consensu evangelistarum".
so auch, wie wir noch hören werden, um 427 in seinem „Speculum"
(Abs. 13, b).
fidem.^ ' Der Häretiker legt die Schrift unrichtig aus. weil er Häretiker ist.
..Multi haeretici ad suam sententiam, quae praeter fidem est catholicae
'*
disciplinae, expositionem scripturarum divinarum trahere consueverunt. "
Den inspirierten Charakter und die kanonische Dignität der biblischen
Bücher betont Augustinus unablässig. Mit besonderem Nachdruck ist
er für die gänzliche Irrtumslosigkeit derselben eingetreten, vor allem
' Wie vorhin beiiK'ikt. ist der cr.stf, giiiLicre Tfil iles NN'fikos ,Üe cloctriiia
cliiistiana" schon um 397 niedergeschrit4ien und auch ausgegeben worden, das Ganze
aber erst gegen 42(3 gefolgt. Gelegentlich eines neuen Versuchs, die Itala mit der
Vulgata zu identifizieren, hat nun D. de Brujnc die Hypothese vertreten, erst die
Au.sgabo des Ganzen vom Jahre 42(3 habe von der Itala geredet, während die Teil-
ausgabc vom .Tahre 307 von der Itala noch nichts gewuÜit habe ^evue B«?ned. 30
(lill'ai 301 tf.\ Das ist Willkür. Die Ausgabe vom Jahre 397 liegt nicht mehr vor.
Dal.< al)er die zweite Ausgabe Änderungen an dem älteren Texte vorgi'nommcii lialx'.
ist in den .Retractationes'' (2, 4 in keiner Weise angedeutet. Vgl. .\. Vaccari, .Mit'
origini della Volgata ICstratto dalla Civilta (.'attoiica Roma lOKi. 4 if Im übrigi-n . .
'
De doctr. Christ, l',. 10. IT). De Gen. ad litt, impert.
•'
I. 1. 1.
S 7."5. Augustinus. 12. Exegetische iSchrif'tcii. 4gy
gefunden. Daß
153 Fische, welche die Jünger fangen (Je 21, 11).
die
ein Sinnbild allerAuserwählten darstellen, beweist er wie folgt. Die
Zahl 10. die Zahl der Gebote des Dekalogs, vertritt das Gesetz: die
Zahl 7, die Zahl der Geistesgaben, vertritt den Heiligen Geist. Die
Gnade des Heiligen Geistes muß zu dem Buchstaben hinzukommen
10 -r 7 aber ergibt 17. Nun addiere man alle Zahlen von 1 bis 17
einschließlich und man wird die Zahl 153 erhalten: 1 -- 2 -j- 3 — 4
— 5 - 6 -- 7 8 -^ 9 —
10 -t- 11 r 12 -r 13 - 14 15 -- 1(5 ^ —
— 17 ^
153. Die Zahl 153 bezeichnet also symbolisch die Gesamtheit
derjenigen, welche mit Hilfe des Gesetzes und der Gnade das Heil
erlangen -.
'
Trart. in ovang. loli. 50. (>.
-'
Klid. 1
•_'_'. S. Üher diesen Fisclifjuiy und d'w Hedentunu tkr Zahl der Fisehe
hat .Viigu.stiinis si'Uv oft gepredigt: Der hl. .Vuyustinus als Pädagoi:.
viil. i\i;i;ersdiii Irr.
Eine iR'ue Ausgabe von Zyclia im Corpus 41. 1U(K). Dieser Band 41.
welcher hauptsiiclilicli moraltheologische Schriften Augu.stins enthält gehört .
laut Jiilicher (Theol. Literaturzeitung 1900. H'iS f.) .zu den erbärmlichsten Be-
.standteilen des für alle (ienres Platz bietenden Wiener Corpus".
lOo , . —
Wien 1SS8 38 64. Ders. Die Bibelexzerpte De divinis scripturis
.
und die Itala des W. Augustinus: ebd. 129. AVien lS9o. Abhandl. 2 (72 SS.):
Das ,Speculimi Audi Israhel*" i.st noch als echt verteidigt worden von L. Dehsle.
Le plus ancien manuscrit du IMiroir de St. Augustin Bibliotheque de l'Ecole :
Novi 'l'cstann'iit
Fr;i,u'iiii'iit;i in triiiislatioiic latiiia aiitt'liici'diiyiiiiaiia ex liliro
i
Eine neue Ausgabe beider Schriften bei Zycha a. a. ().: vgl. a. E. Recejac,
De mendacio ([uid senserit Augustinus. Paris. 189(), 8".
tinentia" (Migne 40. 349 — 372), etwa aus dem Jahre 395, «De pa-
tientia" (40. (511 ()2()). ..De disciplina christiana" (40, (569 bis
(578),über die christliche Lehre von dem „bene vivere", >De can-
—
tico novo" (40, (577 (58(5), an Katechimienen, über den neuen Lebens-
wandel nach der Taufe, „De utilitate ieiunii" (40. 707 71(3). —
..De —
urbis excidio" (40, 714 724). über die Einnahme Roms durch
Alarich am 24. August 410 und die Nützlichkeit zeitlicher Trübsal.
Von diesen Sclniften oder Predigten linden sich bei Zycha a. a. 0. {yg\. a)
Hin- ..he continentia" und ,De patientia".
'
Über" Jovinianus siflio I'kI. .'!. S. (i.'Jl ff.
i? 7H. Augii>stiiiiis. 14. Predigten. 493
bis 288. Fr. X. Eggersdorfer. Der hl. Augustinus als Pädagog. Freiburg i. Bi-.
1907. 174—200 231—238.
14. Predigten. —
Überaus zahlreich und mannigfaltig sind
die Predigten Augustins. Im fünften Bande der Mauriner-Ausgabe
—
(Migne 38 39) werden 363 „Sermones ad populum" gezählt, die in
vier Klassen abgeteilt sind: „Sermones de scripturis Veteris et Novi
Testamenti" (1 —
183). „Sermones de tempore", d. i. auf die sog. beweg-
lichen Feste und Festzeiten des Kirchenjahres (184 272), „Sermones —
de sanctis" (273 —
340) und -Sermones de diversis" (341 363). Folgen —
—
noch „Sermones dubii" (364 395), .Sermon um quorumdam qui adhuc
desiderantur fragmenta" und „Sermones supposititii" — 317).
(1 Dazu
i^'*' liitciiiisilic liitcratui- ilcs rüiilUii .lalirlnmiK'i'ts.
4.94
'
Vgl. De (loctr. (.hrist. 4, 15, 32.
-
EM. 4. Die Hörer pflegten Augustinus, zum Zeichen. daJi sie ihn
10. 2;').
verstauden. zuzurufen. Die Belegstellen sammelte .1. Zellinger, Der Beifall in der
altchristl. Predigt, in der Festgabe, .\lois Knöpfler zur Vollendung des 70. Lehens-
jahres gewidmet, Freihurg i. Br. VMl. 408 f. Ein neuer Beleg hei G. Morin. .\ureli .'^.
^ De doctr. christ. 4, 3, 4.
Vgl. dazu De doctr. christ. 4. 6, 9: „Est enim (juaedam eloquentia (juae magis
"'
hl. Quodvultdeus. Bischofs von Karthago. München 1920. .S4 Endhch spendete ft'.
iectisque commentariis criticis primus edidit (J. M. Accedunt SS. Optati Mile-
vitaui. Quodvultdei ("arthaginiensis episcojiorum a]iorum(|ue ex Augustini schola
tractatus novem. t'am]»()duiii et Mouaci 1917. 4". FriUiere Mitteilungen Morins
aus der Wolfenbüttelci' Handschrift in der Revue Benedietine il913i 393 :')(»
'
KImI. l. .-..
7.
üctiagen odei' in ,De doctr. christ." 1.4 eiuen andern Predigtstil einjjtulileu habe als
iu ilen .P]uairatiuues iu p.salnios". dürfte sclmn Hd. 1 S. 71 satt.-^ani dargetan wurden
'.
i".
bis 412; 81 (1914) 117 lö-y, sowie in dem Bulletin d'anc. litter. et d'arcliool.
ehret. 4 (1914) —
16 22. Nachträglich veröffentlichte Morin noch eine bisher
unbekannte Predigt Augustins über die acht Seligkeiten in der Revue Bene-
dictine 84 (1922) 1 —
18. —
A. Wilmart edierte eine kurze Predigt Augustins
„De baptismo contra Donatistas" in der Revue Benedictine 29 (1912) 148 167, —
und eine längere Predigt Augustins über Jak 2, 10 (quicumque totam legem
servaverit, offendat autem in uno. factus est omnium reus) in der Revue d'As-
cetique et de Mystique 2 (1921) 351—872.
A. Regnier. De la latinite des sermons de St. Augustin, Paris 1886, 8^.
J. Verin. S. Augustini auditores .sive de Afrorum christianorum circa Augu-
stinum ingenio ac moribus disquisitio, Blesis 1869. 8^*. A. Degert, Quid ad
mores ingenia(|ue Afrorum cognoscenda conforant 8. Augustini sennones (Thesis),
Lut. Paris. LS94, 8". Fürster. Ein Beitrag zur Wertung der Predigten Augu-
stins für die Dogmengeschichte: Theol. Studien und Kritiken 71 (1898) 296
bis 315. P. Rentschka. Die Dekalogkatechese des hl. Augustinus, ein Beitrag
zur Geschichte des Dekalogs. Kempten 1905. 8*^. (Mit Unrecht wollte Rentschka
eine eigentliche Dekalogkatechese Augustins nachweisen und dieselbe auf eine
Linie mit der S}Tiibol- und der Patemosterkatechese stellen. Ausschließlich
oder doch hauptsächlich an Katechumenen gerichtete Vorträge über den Dekalog
gibt es unter Augustins Predigten nicht. Vgl. Eggersdorfer, Der hl. Augustinus
als Pädagog. Freiburg i. Br. 1917, 164 ff.). Siehe auch die Literatur zu dem
^^'erke .De doctrina christiana", Abs. 12, a, und zu der Schrift ,De catechi-
zandis rudi])us". Abs. 18. p.
'
Einmal wenigstens, der Zuschiift des Dioskorus gegenülier, ist er auch selbst,
wie seine Antwort, Ep. 118, erkennen läßt, etwas unwillig geworden. „Es ist das
einzige Mal, daß wir beobachten können, wie der Geduldsfaden des Heiligen zu reißen
droht." Thininie, Augustin, ein Lebens- und Charakterbild, auf Grund seiner Briefe.
Göttingen 1910, 45.
'•*
ySapientiae tuae quae est sicut sapientia angeli Doi". schreibt Goldbacher.
Aber auch der Text der Mauriner „Sapientiae tuae quae est sicut angeli Dei".
:
durfte nicht übersetzt Averdcn „Deine Weisheit ist wie die Engel Gottes ^Thininie
:
"'
AI. Goldbachev lieferte eine saubere und gediegene Rezension der Briefe
Augustins im Corpus 34 (34, 1), 1895; 34 (34. 2). 1898; 44. 1904: 57, 1911;
ein fünfter Band mit Prolegomena und Registern steht noch aus. Die zwei
neuen Briete, die er der Sammlung der Mauriner einfügen konnte. Ep. 92 A
und Ep. 173 A, beide kleineren ümfangs, hat Goldbacher in einem cod. Chelten-
hamensis saec. X gefunden und zuerst in den Wiener Studien 16 (1894) 72
bis 77 veröffentlicht: vgl. Goldbacher. Über Handsclu'iften der Briefe des Augu-
stinus: Sitzungsberichte der Kais. Akad. der Wissensch.. Philos.4iist. Kl., 74,
—
Wien 1873, 275 284. Dazu kommt als drittes Ineditum dieser neuen Rezen-
sion in Ep. 185 A ein Satz eines bisher unbekannten Briefes Augustins an
den Comes Bonifatius. Einen kurzen neuen Brief Augustins an Abt Valentinus
von Hadrumetum und einen langen Brief eines afrikanischen Presb^'ters Janua-
rianus an Valentinus entdeckte und veröffentlichte Morin in der Revue Bene-
dictine 13 (189(3) 481—486, und wiederum ebd. 18 (1901) 241—256. — Aus-
gewählte Briefe Augustins wm-den ins Deutsche übersetzt durch Th. Kranzfelder,
—
Kempten 1878 1<'S79 (Bibl. der Kirchenväter); durch A. Hofl&nann. Kempten
1917, 2 Bde. (Bibl. der Kirchenväter). —
J. A. Ginzel, Kirchenhistorische
Schriften 1, Wien 1872. 123 — 245: ,Der Geist des lil. Augustinus in seinen
Briefen." W. Thimme, Augustin, ein Lebens- und Charakterbild, auf Grund
-iner Briefe, Göttingen 1910. 8".
^ Wie umgekehrt unter den Briefen des zweiten Bandes Abhandlungen in Brief-
form stehen, welche Augustinus schon als Abhandlungen der Ötfentlichkeit über-
geben hat luid als Abhandlungen auch in den „Retractationes" aufführt. Vgl. etwa
zu Ep. 102 Retract. 2, 31 oder zu Ep. 185 Retract. 2, 48.
32*
500 D'*^ lateinische Literatur dos füiirtcn .laliiliunderts.
In Ep. 2(), „ad Licentium'". antwortet Augustinus auf ein Oedicht eine->
früheren 8chülers Licentius, aus welchem er auch eine längere Stelle anfühlt.
In alten Handschriften der Briefe Augustins ist das Gedicht seinem vollen
Umfang nach. 154 Hexameter, in Ej). 26 eingeschoben worden und nur durch
solche Augustinus-Handschriften ist dasselbe überhaupt auf uns gelangt. In
schwülstigem Pathos gibt Licentius. der zu Rom dem Studium der klassischen
Literatur, insbesondere der Enzyklopädie oder „Disciplinae*" VaiT0.s, obliegt,
seiner Sehnsucht nach dem früheren Lehrer Augustinus Ausdruck und bittet
schlielihch um Üljersendung der Schrift Augustins „De musica*". Dieses Gedicht,
welches im Frühjahr o95 in seine Hände gekommen sein wird, hat Augustinus
auch Paulinus von Nola vorgelegt und damit letzterem zu seiner Ep. 8. ad
Licentium. Anlafs gegeben, welche ähnlich wie die Ep. 26 Augustins Licentiu>-
für ein gottgeweihtes Leben zu gewinnen sucht. Welche Aufnalinie diese ]\Iahn-
worte gefunden, ist unbekannt. Der Text des Gedichts findet sich in allen
Ausgaben der Briefe Augustins, in Verbindung mit einem weitläufigen Kom-
mentare bei ]\I. Zelzner. De carmine Licentii ad Augustinum (Diss. inaug.i.
Arnsberg (Guestfaliae) 1915. 8". "Vgl. Manitius. Gesch. der christlich-lateinischen
Poesie. Stuttgart 1891. 323 ff. Thimme a. a. 0. 43 ff. —
Zu Ep. 93. .ad Yin-
centium'". vgl. E. Herzog. Ein Schreiben Augustins über kirchenpolitischen
Zwang: Internat, kirchliche Zeitschrift 6 (1916) 1 26. — —
In Ep. 119 wendet
sich ein gewisser Consentius, allem Anschein nach Laie, an Augustinus, um
demselben ver.schiedene Zweifel bezüglich des Trinitätsdogmas vorzutragen, nach-
dem er ilim fi'üher schon einige literarische Versuche über dieses Thema (quae-
stiunculas. übros, libellos) zur Begutachtung zugesandt hatte, unter den „in-
sulae", die Consentius als seine Heimat bezeichnet (Ej). 119. 6), mögen die
Balearen des Mittelmeers verstanden sein. Die Abfassung seines Briefes ist
nach dem Urteil der Mauriner um 410 anzusetzen. In Ep. 120 ist Augustinus
mit liebenswürdiger Bereitwilligkeit auf seine Schwierigkeiten eingegangen. Seine
Schriften sind dem Untergang anheimgefallen. Später hat Consentius noch ehi-
mal an Augustinus geschrieben, um bezüglich des Leibes Christi in seinem
jetzigen Zustand und bezüglich des Leibes der Seligen nach der Auferstelmng
Belehrung zu erbitten. Doch ist dieser Brief abhanden gekommen und nur
noch aus der Antwort Augustins. der um 420 geschriebenen Ep. 205. bekannt.
Vgl. über Consentius E. B. Birks im Dictionarv of Christian Biography 1.
London 1877. 622. —
Zu Eji. 125. „ad Al^pium'". und Ep. 12(>. „ad Albinam'",
den (lemahl dei- hl. ^lelania der Jüngeren. Pinianus. betreffend, vgl. C. Daux,
Un incident ä la basilique d'Hippone en 411: Re\me des questions bist. 80
(1906) 31—73. —
Zu Ep. 1(>4. „ad Evodium\ über 1 Petr 3. 19 f., vgl. L. J.
Hundhausen. Die beiden Pontifikalschreiben des Apostelfürsten Petrus 1. Mains
1873, 343 ff. —
Zu Ep. 211. 4 vgl. J. H. Baxter. On a Place in St. Augu-
stine's Rule: The Journ. of Theol. Studies 23 (1922) 188—190. Zu dem —
Briefwechsel zwischen Augustinus und Hieronj^mus über das zweite Ka])itel
des Galaterbriefs vgl. Bd. 3 dieses Werkes, Freiburg i. Br. 1912, 647.
17. Unechtes. —
Eine Reihe unechter Schriften Augustins ist
schon bei Vorführung der echten Schriften namhaft gemacht worden.
Hier seien dieselben noch einmal zusammengestellt Die Erbauungsbücher:
bis 212. —
Die Schrift ,De vera et falsa poenitentia'' (Migne 40, 1113 1130) —
scheint erst dem 11. Jahrhundert anzugehören. Tgl. K. Müller. Der Umschwung
in der Lehre von der Buße während des 12. Jahrhunderts: Theologische Ab-
handlungen, C. V. Weizsäcker gewidmet, Freiburg i. Br. 1892. 292 if. G. Groner,
Die Laienbeicht hn Mittelalter (Veröffentlichungen aus dem kh'chenhist. Seminar
München 3. 7), München 1909. 13. —
Über die Sclmft ,.De duodecim abusio-
num gradibus*" (^ligne 40, 1079—^1088), auch unter den unechten Schriften"
C}T)rians von Karthago, siehe Bd. 2, 2. Aufl.. dieses Werkes. Freil>urg i. Br.
1914. 503. —
Über den „Liber exliortationis, vulgo De salutaribus docmnentis"
(Migne 40. 1047 —
1078). ausschnittweise auch unter den unechten Schriften
BasUius' d. Gr.. siehe Bd. 3. Freiburg i. Br. 1912. 145.
'
De civ. De! 8, 4 ff. * Ebd. 8, 12.
* Ebd. '
Ebd. 8. :^. ^ Ebd. 8. »5.
-
lichen Normen, nach welchen wir alles als wahr oder falsch, gut oder
bös, schön oder häßlich beurteilen. Aus ihnen schließt Augustinus auf
Gott. Mitunter freilich gewinnt es den Anschein, als ob er diese
Wahrheiten ohne weiteres mit dem "^Vesen Gottes identifizieren wolle.
Die oft wiederholten Wendungen, Gott erleuchte alle Geister, Gott sei
der innere Lehrmeister der Seele, Gott sei das Licht, in welchem wir
die Wahrheit schauen usf., scheinen den Gedanken einzuschließen, die
intellektuelle Schauung jener unwandelbaren Wahrheiten sei nichts
anderes als eine, wenn auch unvollkommene, direkte Schauung der
Wesenheit Gottes selbst, und es. darf deshalb nicht befremden, wenn
Augustinus mehrfach als Vertreter des Ontologismus bezeichnet wurde:
An andern Stellen aber hat er deutlich jene idealen Wahrheiten von
Gott als der realen Urwahrheit unterschieden und klar ausgesprochen,
daß er von den im Menschengeiste vorgefundenen Wahrheiten zu Gott
als ihrem realen Urgründe fortschreite. Es handelt sich um einen
Kausalitätsschluß, und Augustins Gottesbeweis ist nur eine besondere
Art des sog. kosmologischen Beweises. Die aristotelischen Scholastiker
haben im allgemeinen —
Bonaventura, der „zweite Augu-stinus", bildet
eine Ausnahme —
den augustinischen Beweis fallen gelassen.
Auf dem angedeuteten Wege erfaßt Augustinus Gott als erhaben
über alle Kategorien des Endlichen, gut ohne Qualität, groß ohne
Quantität usw. (sine qualitate bonum, sine quantitate magnum, sine
indigentia creatorem, sine situ praesidentem, sine habitu omnia con-
tinentem, sine loco ubique totum, sine tempore sempiternum, sine ulla
sui mutatione mutabilia facientem nihilque patientem)-^ Gott ist ihm
deshalb ebensosehr Gegenstand des Nichtwissens wie des Wissens.
Alles Endliche ist Wirkung und Abbild der dem schöpferischen Willen
'
Vgl. im allgemeiuen Conf. 10, ß^27. 8-38.
- Vgl. AI. Schmiil. Eikeniitnislehre, Freiburg i. Br. 1910, 1. 372 ff.: 2, 375 ff.
'
De trin. 5. 1. 2.
504 Di« lateinische Literatur des fünften .TahrhiinderLs.
enim quae nisi intelligamus non credimus et alia sunt quae nisi cre-
damus non intelligimus'' ^: „Proficit ergo noster intellectus ad intelli-
genda quae credat et fides proficit ad credenda quae intelligat. " Auf *
der einen Seite geht das Wissen dem Glauben voraus. Die Vernunft
hat uns nicht nui" die Vorstellungen und Begriffe darzubieten, in welchen
vnr die Wahrheiten der Offenbarung erfassen und verstehen -^ sie hat
uns vielmehr auch erst die Erkenntnis zu vermitteln, daß eine Offen-
barung Gottes an die Menschen in Wirklichkeit erfolgt ist (nostrum
est considerare quibus vel hominibus vel Hbris credendum sit) Glauben ''.
aliud est quam cum assensione cogitare) Die Motive zu dem zu- '.
•
De div. quaest. 83 q. 46, 2. ^ Semi. 43. 7, 9.
•'
•
Enarr. in ps. 118, serni. 18. 3. Ebd.
^
Vgl. Do trin. 8. 4—5, 6-8. « De vera rolig. '_>;"). 46.
'
De praedest. sanctorum 2, 5.
"*
De Vera relig. 25. 46—47; De util. credendi 16—17. 34—35.
"
Ep. 120. 1. 3; Serm. 43, (5. 7; Enarr. in ps. 118. serm. 18. 3.
'"
Knarr, in ps. 43. 5.
§ 73. Augustinus, li'. Zur Theologie Augustin.s. 505
Intellekt bei Augustin (Beiträge zur Fcirderung christlicher Theologie 11, 1),
Gütersloh 1907. —
A. Berthaud. S. Augustini doctrina de pulchro ingenuisque
artibus e varüs iUius operibus excerpta (Thesis), PictaAäi 1891, 8*^. A. AVik-
man. Beiträge zur Ästhetik Augustins (Inaug. -Diss.), AA'eida i. Th. 1909, 8^. —
Fr. X. Eggersdorfer. Der hl. Augustinus als Pädagoge und seine Bedeutung für
die Geschichte der Bildung (Strafebm-ger theol. Studien 8, 3 —
4), Freiburg i. Br.
1907. R. Gerg. Die Erziehung des Menschen nach den Schriften des hl. Aui-e-
lius Augustinus, Köln 1909, 8**. —
B. Seidel, Die Lehre des hl. Augustinus vom
Staate (Kirchengeschichtl. Abhandlungen, herausgegeben von M. Sdralek. Bd. 9,
Heft 1), Breslau 1909. 0. Schilling, Die Staats- imd SoziaUehre des hl. Augu-
stinus, Freiburg i. Br. 1910. 8^. Fr. Offergelt. Die Staatslehre des lil. Augu-
stinus nach seinen sämtlichen AA^erken (Inaug. -Diss.). Bonn 1914, 8".
•
Siehe etwa C. duas epist. Pelai<. 1. "J. ü; 2, 5. 9. Vgl. Mausbach. Die Ethik
des hl. Augustinus. Freiburg i. Br. 1909. 2. 25 ff. 247 ff. ^
- De .spir. et litt. 27—28. 48.
^ Vgl. C. duas epist. Pelag. 3, 5. 14 : C. lul. 4. 3. 32. An beiden Stellen beruft
sich Augustinus auf Rom 14. 23: .Omne quod non est ex fide peccatum e?^t.'
* C. lul. 4. 3. 25. 5 De erat, et lib. arb. 3. 5.
508 ^^''^' lateinische Literatur des fünften Jaiirlinntlerts.
der PelagiaiuT hatte für den Begriff einer innerliehen, den Menschen
heiligenden Gnade überhaupt keinen Kaum. Augustinus hat gleich in
der ersten seiner antipelagianischen Schriften, „De peccatorum meritis
et remissione" liber 1, die Rechtfertigungsgnade eingehend bezeugt und
beleuchtet, und zwar als eine wahre Unischaffung und Erneuerung des
Menschen, welche die Eingiefaung der habituellen Liebe zu Gott und
die Mitteilung übernatürlicher Ki'äfte in sich schließt. Die Liebe zu
Gott macht das Tun des Menschen erst übernatürlich gut und für den
Himmel verdienstlich (quid autem boni faceremus nisi diligeremusy aut
quomodo bonum non facimus si diligimusy)^ Die neuen Kräfte aber
geben dem Menschen erst wahre Willensfreiheit, d. h. das Vermögen
zur Übung des übernatürlich Guten, „libertas" im Unterschied von
„liberum arbitrium" (voluntas quippe humana non libertate consequitur
gratiam, sed gratia potius libertatem) -. Den Weg zur Erlangung der
habituellen Gnade bahnt die aktuelle Gnade, und auch zum dauernden
Besitz und Gebrauch der habituellen Gnade bedarf es immer wieder
der aktuellen Gnade. Ohne aktuelle Gnade kann der Mensch über-
haupt nichts übernatürlich Gutes tun oder auch nur wollen (ipse ut
velimus operatur incipiens, qui volentibus cooperatur perficiens) Die ''.
ein Geschenk Gottes sei (donum Dei esse etiam perseverai"e usque in
finem), hat er, wie er wenigstens selbst glaubt^, erst in der Schrift
„De correptione et gratia'' ganz bestimmt und unzweideutig gelehrt.
Eine Reihe früherer Äußerungen berichtigt und erläutert er in den
„Retractationes" durch die oft wiederholte Bemerkung, es sei freilich
voluntas hominis Dei gratia fuerit liberata et ad omne bonuni aetionis, sermonis,
cogitationis adiuta.'*
* Ep. 18(j, 3. 10. Vgl. Serm. 1G9, 2. 3: .Non gratia ex nierito, sed meritum
e.\ gratia."
^ In I(di. evang. tract. 3, 10. '-'
De praed. sanct. 3. 7.
'
De div. quaest. ad Simpiic. 1. 1. q. 2.
* Retract. 1, 23, 2—4- De praed. sanct. 3, 7: 4. 8.
'*
De dono persev. 21, 55.
S 73. Augustinus. 11t. Zur Theologie Augustins. 5(j9
der Mensch, welcher wolle, aber nach dem Satze „Praeparatur voluntas
a Domino" (Spr 8, 35 lxx) sei es Gott, welcher dem Menschen das
^\'ollen des Guten gebe ^ Nicht weniger häufig nimmt er, wie oben
schon gesagt, in den ^etractationes" Anlaß, hervorzuheben, daß die
Verse Rom 7, 14 ff., die er früher auf den noch unerlösten Menschen
deuten zu sollen geglaubt hatte, vielmehr auf den schon wiedergeborenen
Menschen zu beziehen seien-. So hat Augustinus im Laufe der Jahre
die Leistungsfähigkeit des Menschen in sittlicher Hinsicht immer mehr ein-
geschränkt zu Gunsten einer gewissen Alleinwirksamkeit Gottes. Erklärte
er in einer antimanichäischen Schrift vom Jahre 395: «Nihil tam in
nostra potestate quam ipsa voluntas esf ^ so eignet er sich in einer
antipelagianischen Schrift vom Jahre 428 oder 429 das Wort des
hl. Ambrosius an: ..Non enim in potestate nostra cor nostrum et nostrae
^
cogitationes. "
1
Retract. 1, 9, 2; 1, 10, 2: 1. 22. 4: 2. 1. 2.
•'
Retract. 1, 23, 1 ; 1, 26 usf. ^ De üb. arb. 3, 3, 7.
* De dono persev. 8, 19. Vgl. Weinand. Die Gottesidee der Grundzug der Welt-
iinschauung des hl. Augustinus, Paderborn 1910, 119.
^ De" dono persev. 20, 53. Ebd. 14, 35; vgl. 18, 47. ''
'
C. lul. 6, 19, 59. ^"
Enchir. 99, 25.
^ De an. et eius orig. 4. 11, Kj; De civ. Dei 22, 24, 5.
'"
In loh. evaug. tract. 48. 4. 6: De perf. iust. hom. 13, 31.
'' '- Ebd. tract. 107,
In loh. evang. tract. 111. 5. 7.
510 Die lateinisclie Literatur des fünften Jahrhunderts.
Aber bezeugt denn nicht der Apostel Gott will, daß alle Menschen
:
'
Enchir. 103, 27: Ep. -JIT. (;, 15).
'^
Enchir. W.l 27; C. lul. 4. 8. 44. De corropt. et grat. 14—15, 44-47
' So namentlich auch Rottnianner, Der Augustinismus, München 1892.
§ 74. Literarische Gegner Augustins. 1. Manichäer. 5^1
Am 27. Januar 417 eiklärte der Tapst Polagius sowohl wie seinen Schüler
Cälestius ausgeschlossen aus der Kirche.
für Am
28. 8e])tember 417 sprach
Augustinus von der Kanzel (8erm. lol, 10. 10) die berühmt gewordenen
Worte: «Duo conciha missa sunt ad sedem apostolicam. inde etiam rescripta
venerunt. causa finita est." (Vgl. K. Adam. Causa finita est. in den Beiträgen
zur (iesch. des christl. Altertums usw.. Festgabe für A. Ehihard. Bonn 11)22.
1— 2H.) Am12. März 417 starb Innocentius. und sein Nachfolger Zo.simus
ließ sich durch die geschickt abgefaßten Reclitfertigungsschreiben der beiden
Exkommunizierten vorübergehend für eine mildere Auffassung gewinnen. Auf
wiederholte Vorstellungen der afi-ikanischen Bisch()fe und erneute Untersuchung
der Frage hin hat dann aber Zosimus im Frühjahr 41<S in einem Zh-kular-
schreilien an alle Bischöfe des Erdkreises das Urteil seines Vorgängers über
Pelagius und Cälestius bestätigt. Seit dieser Zeit verschwindet Pelagius vom
Schauplatz der (ieschichte keine Spur führt über das Jahr 418 hinaus.
;
9, 1), Cambridge 1922. Der Veröffentlichung des Textes darf mit Spannung
entgegengesehen werden, weil er nicht Idol.? exegetisches Interesse beansprucht,
sondern auch einen der ältesten Zeugen für die Vulgata der Paulusbrieie, wie
sie 38o oder 884 aus der Feder des hl. Hieronymus hervorging, darstellt. Um
580 hat eine unl)ekannte Hand den ursprünglichen Text durch p]rgänzungen
aus andein (^)uellt'n. verbunden mit Streichungen, zu dem erwähnten pseudo-
hieronyniianischen Kommentar umgestaltet. Und diesen pseudohieronymia-
nischen Kommentar hat dann um 550 Kassiodor durch entschlossenes Tilgen
aller häretischen Spuren und Einschieben augustinischer Stellen in den pseudo-
|)rimasianischen Kommentar umgewandelt.
AuL^er dem Kommentar zu den dreizehn Paulusbriefen sind auch noch
zwei kleinei-e Scliiiften des Pelagius unversehrt überliefert worden, die ,Epi-
stola ad Demetriadem" (Migne 80, 15 —
45 und wiederum 88, 1099 1120), —
ein Lehr- und Mahnschreiben an eine vornehme Klosterfrau vom Jahre 413
oder 414. und der „LibeUus fidei ad Innocentium Papam" (Migne 45, 1716
bis 1718 und wiederum 48. 488 —
491) vom Jahre 417. Ohne durchschlagende
Gründe ward hin und wieder auch eine ,Epistola ad Celantiam matronam de
ratione pie vivendi" (unter den Briefen des Hieronymus. Nr. 148, sowie unter
den Werken Pauhns von Nola, ed. de Hartel. Vindob. 1894, 1, 486 459) für —
Pelagius in Anspruch genommen. Die pseudoaugustinische Schrift ,De vita
christiana" (Migne 40, 1081 —
1046), die gleichfalls nicht selten Pelagius zu-
gewiesen wurde, gehört wahrscheinlich dem britischen Bischof Fastidius an;
siehe unten e.
Einzelne Fragmente liegen noch von folgenden Schriften des Pelagius vor:
einer Abhandlung ,De natura", vermutlich aus dem Jahre 414 (Migne 48, 598
Ins ()06). einem vier Bücher zählenden Werke ,De libero arbitrio", aus dem
•Jahre 41(1 (JMigne 48, 611—615) und einigen Briefen (Migne 48, 596— 598
()()()— 609). Drei neuentdeckte Fragmente, zwei bei G. Mercati in The Journal
of Theol. Studios 8 (1907) 526—529. das dritte bei A. Souter ebd. 12 (1911)
82—85, sind wahrscheinlich auch dem Werke „De Ubero arbitrio" zuzuweisen
und dürften zugleich beweisen, was schon früher vennutet wurde, daß dieses
Werk zur Abwelu- der antipelagianischen Schriften des hl. Hieronymus be-
stimmt war.
Pelagius der älteste uns bekannte britisch-irische KirchenschriftsteUer.
ist
Das Denkmal des Christentums in Britannien aus dem 4. Jahr-
einzige literarische
hundert ist ein Brief eines Vinisius an eine Nigra, in welchem des Auftretens
eines Arianers gedacht wird, überiiefert durch ein Bleitäfelchen. Siehe E. W.
B. Nicholson, Vmisius to Nigra. London 1904. 8*^*.
b) Cälestius. —
Im Gegensatz zu Pelagius, welcher seine unkirchliche
Lehre in vorsichtiger Zurückhaltung und sodann auch in absichtlicher Ver-
schleierung vortrug, hat sein Schüler und Freund Cälestius. ein ehemahger
Advokat, schon bald Behauptungen aufgestellt, welche Aufsehen erregen und
Widerspruch auslösen muliten. Er stammte wahrscheinlich aus Italien, schloü sich
um 405 zu Rom an Pelagius an. ging auch mit Pelagius um 410 nach Aft-ika.
verblieb aber, als Pelagius sich nach Palästina begab, in Karthago. Durch
eine dortige Synode, 411 oder 412, als Häretiker verurteilt, wandte Cälestius
sich nach Ephesus. wo es ihm gelang. Priester zu werden, und von da nach
Konstantinopol. Mit Pelagius ward, wie vorhin bemerkt, auch Cälestius 417
durch Papst Innocentius I. und wiederum 41S durch Papst Zosimus aus der
Kirche ausgeschlossen. Er war 417 von Konstantinopel nach Rom gekommen,
mußte aber 418 durch kaiserhches Edikt vertrieben nach Konstantinopel
, ,
33*
516 Dit' latfiiiisclic Litt'iatui' des l'ünCtcii .[alirliiiiidcrts.
zurückkehiTii. Dort scheint er auch i;e.sturl)eii zu sein. Seit 429 verliert sicli
seine Spur.
Augustinus (Contra duas 5) kennzeichnete Cälestius
epist. Pehigian. 2. 3,
als einen ,homo acerrinii ingonii corrigeietur jjluiimis pro-
(pii prot'ecto si
fuisset". Was seinen Nachlaß angeht, so hat er laut rxennadius (l^e vir. ill. 44
als junger Mann, vor seinem Zusaminentreften mit Pelagius. .ad parentes suos
de monasterio epistolas in modum libellorum tres" geschrieben. IJi'iefe. die als
Erl>auungslektüre zu empfehlen seien. Später hat er wiederholt zur Verteidi-
gung des Pelagianismus das Wort ergriflTen. Eine Schritt, welche .Detinitione^
ut dicitur Caelestü" betitelt und sehr wahrscheinlich wirklich Eigentum des
Cälestius war. nahm Augustinus ihrem ganzen Umfang nach in seine Gegen-
schrift „De perfectione iustitiae hominis" vom Jahre 415 auf. Zu Eingang
spricht Augustinus von einem andern .opus*", dessen Abfassung durch Cälestius
feststehe und dessen Lehre mit den „Detinitiones" durchaus übereinstimme.
Vielleicht hat er den in „capitula" abgeteilten .,liber Caele-stii" im Auge, den
er in seiner Schrift ,De gestis Pelagii'" vom Jahre 417 sehr häufig anzieht. In
der Schrift „De gratia Christi" vom Jahre 418 (30. 32; 33, 36) gedenkt Augu-
stinus einer Sammlung von Cälestius-Schriften. welche teils „opuscula". teil>
„libelli", d.
i. den kirchlichen Gerichtshöfen unterbreitete Erklärungen umfaßte.
Den dergenannten Synode zu Karthago 411 oder 412 vorgelegten „libellus"
zitiert Augustinus in verschiedenen Schriften, aus dem .libellus" an Papst
Zosimus vom Jahre 417 führt er in der Schrift „De peccato originali" vom Jahre
418 (c. 5 () 23) Stellen an. Auch Hieronvmus und in reicherem Maße Marius
Mercator haben ihren antipelagianischen Streitschriften Zitate aus Cälestius ehi-
geflochten. J. Garnier nahm in seiner Ausgabe der Wei'ke des Marius Mer-
cator (Paris 1673) Anlaß, die Trünnner der Schriften des Cälestius zusammen-
zustellen, bei Migne. PP. Lat. 4S. 497 ff. vgl. 277 ff. Den libellus fidei an
:
tinopel geweilt. Unter Kaiser Valentinian III.. wie Gennadius (De vir. ill. -iö)
angibt, etwa um 4Ö4. ist er gestorben,
Julianus verfügte über eine sehr gewandte Feder uiul versäumte keine
Gelegenheit, seine rhetorische Kunst, seine dialektische Schhigtertigkeit und
seinen beißenden Witz in allen Farben spielen zu la.ssen. „in disputatione loqua-
cissimus, contentione calumniosissimus. in professione fallacissimus" (Aug..
in
C. Jul. op. imp. 4. 50). Er leugnete jedwede Erbsünde und behauptete eine
\N'illensfieiheit für das Gute wie für das B()se nach Art eines physikalischen
Ä(]uilibriunis. Äußere und innere Anreize zum Guten wie zum Bösen sollen
sich gegenseitig die Wage halten. Vgl. A. Brückner. Julian von Eclanum. sein
Leben und seine Lehre, ein Beitrag zur Geschichte des Pelagianismus (Texte
und Untersuchungen zur Gesch. der altchristl. Lit. 15. 3 a>. Leijizig 1S97.
Bald nach seiiu'r Ausschliefuing ans der Kirche hat Julianus zwei große
Werke zur Bekämpfung der Lehre Augustins verotfentlicht. im dahre 419 ,Lil)ri
S 74. Litei'arisrlic (icuiicr Aii^ustiiis. 'S. l'olagiancr. 517
([uattuor ad Tiirbantium". eine Kritik des enstcn der zwei liüclier Augustins
.Do und im Jahre 421 oder 422 ,Libri octo ad Flo-
iiuptiis et concupiscentia'*,
nim", eine Kritik des zweiten jener liücher Augustins Turbantius und Florus;
—
oO (1913) 1 24. Zwischen dieser Erklärung der drei Propheten und den an-
erkannt echten Schriften Julians besteht eine weitgehende Verwandtschaft des
Ausdrucks und des Gedankens, welche zwar den Mangel eines äußern Zeug-
nisses nicht zu ersetzen vermag, aber immerhin eine Wahrscheinlichkeit be-
gründet. Es kommt hinzu, daß der Interpret der drei Propheten im Vorwort
von einer früher veröffentlichten Bearbeitung der „volumina Salomonis" spricht
(Migne 21, 960) und anderseits Beda der Ehrwürdige (bei Brückner. Die vier
Bücher Julians von Aeclanum an Turbantius 113 ff.) wenigstens eine Bearbei-
tung des Hohenliedes durch Julianus bezeugt. Über die Sprache des Inter-
preten der drei Propheten handelte C. Paucker. Vorarbeiten zur lateinischen
Sprachgeschichte, Berlin 1884, Abt. 3, 53 64. —
Im Anschluß an Morin hat dann Vaccari 1915
den Jobkoramentar.
welcher von A. Amelli nach einer Handschrift zu Monte Cassino unter dem
Namen des EÜeronymusschülers Philippus herausgegeben wurde (Spicilegium
—
Casinense 3, 1, Monte Cassino 1897, 333 417). für ein Werk Julians erklärt.
A. Vaccari. ün Commento a Giobbe di Giuliano di Eclana Scripta Pontificii i^
Instituti BibUci). Roma 1915: vgl. Vaccari in den Miscellanea Amelli. Roma
1920. 43 —
51. Daß der Jobkommentar der Handschrift zu ]\Ionte Cassino mit
dem Hieronyrausschüler Philijipus nichts zu tun hat bzw. nicht, wie es bisher
üblich war. als eine neue Rezension des zuerst von J. Sichard. Basel 1527.
edierten Jobkommentars des Philippus aiigesehen werden darf, hat Vaccari end-
gültig bewiesen. Daß der Kommentar ebenso wie die Erklärung der drei Pro-
pheten Julianus angehört, schließt Vaccari aus der Gleichheit der beiderseitigen
Lehranschauung, der Sprache und des Stiles sowie der exegetischen Methode.
Beide Erklärungen tragen antiochenisches Gepräge, insofern sie antiochenische
Nüchternheit bekunden und aus antiochenischen Quellen, insbesondere aus
Schriften Theodors von Mopsuestia und seines Bruders Polychronius, schöpfen
518 Die latt'inische Literatur des lüiiiteii .laiiiliuii(lert.s.
[
o 86). Im
li)2(l] — Unterschied von der Erklärung der l'ropheten aber ist der
.lobkonimentar ein sehr knapp gefa&te.s Scholienwerk. welches man fast für
einen Auszug aus einem reicheren Texte halten möchte. A. d'Ales (Julien
d'Eclane. exegete Recherches de Science religieuse 6 [191()] oll
: o24) hat —
der These Vaccaris zugestimmt. J. Stiglmavr (Der Jobkommentar von Monte
Cassino: Zeitschr. f. kath. Theol. 43 [1919]" 269— 2.SS: vgl. 45 [1921] 495 f.)
hat derselben widersprochen. C. Weyman (in der Theol. Revue 1916. 241 ff.)
hat den vei'dci-bten Text des Jobkommentar.s zu berichtigen versucht.
Endlich Vaccari auch den lateinischen Psalmenkommentar, den
hat
(t. J. seinem Archivio glottologico italiano 5 6. 1878 1879. nach
AscoH in — —
einer Handschrift der Ambrosiana veröüentlichte für Jnlianus in Anspruch
.
1916. 1. 578—593. Es ist der Kommentar, in welchem (t. Mercati (Atti della
R. Acad. delle Scienze di Torino 31. 1895 —
1896) eine Übersetzung des ver-
loren gegangenen Psalmenkommentars Theodors von Mopsuestia zu erkennen
glaubte. Nach Vaccari ist der lateinische Text als Originaltext zu betrachten
und alles, was auf Theodor hindeutet, aus der Benützung Theodors durch Juhanus
zu erklären.
In diesem Zusammenhang sei auch noch einiger pelagianischen Autoren
gedacht, deren Namen in den Schriften August ins nicht vorkommen.
d) An i an US von Celeda. —
Über den Diakon Anianus von Celeda.
welcher um 418 mit einer Streitschrift für den Pelagianismus gegen Hiero-
nvmus hervortrat und durch Übersetzung von Predigten des hl. Chrvsostomus
der Sache des Pelagianismus einen Dienst erweisen wollte, kann auf Bd. 3
dieses Werkes, Freiburg i. Br. 1912. 333 342 358 verwiesen werden.
e) Fastidius. —
Die einzige Nachricht, die sich über Fastidius erhalten
hat, sind die Worte (De vir. ill. 56): .Fastidius Britannorum
bei Gennadius
episcopus scripsit ad Fatalem quendam de vita christiana librum et alium de
viduitate servanda sana et Deo digna doctrina." Der Sitz des Britenbischofs
wird also nicht genannt und ist überhaupt nk-ht bekannt. Seine literarische
Tätigkeit muß nach der Stellung der Notiz im Rahmen des gennadianischen
Katalogs in die erste Hälfte des 5. Jahrhunderts gefallen sein.
Eine Schrift .De vita christiana'" steht seit Jahrhunderten unter den un-
echten Werken Augustins (Migne 40. 1031 —
1046). und nach und nach ge-
wijhnte man sich daran, diese Schrift mit der von Gennadius erwähnten Schrift
gleichen Namens zu identifizieren und auf des (lennadius Autorität liin Fastidius
zuzueignen (als des Fastidius Werk erscheint sie auch Migne 50. 383 402'. —
Eine genauere Untersuchung erfuhr sie erst durch ('. P. l'aspari. Briefe. Ab-
handlungen und Predigten aus den zwei letzten Jahrhunderten des kirchlichen
Altertums und dem Anfang des Mittelalters. Christiania 1890. 352 375. Für —
die Zueignung an Fastidius spricht insbesondere der Umstand, daß die Schrift
in einem ^Manuskript des 11. oder 12. Jahrhunderts zu Monte Ca.ssino wirklich
einem Bischof Fastidius beigelegt wird, und zwar allem Anschein nach auf
Grund geschichtlicher Überheferung. nicht auf Grund einer an (iennadius an-
knüpfenden Mutmaßung (vgl. Caspari 353 359 f.). Ziu- Vorsicht aber mahnt
die lU'obachtuiig. daß die pseudo-augustinische Schrift an eine Frau, eine Witwe,
gerichtet ist. deren Name jedoch nicht genannt wird, während das Buch des
Fastidius laut Gennadius an einen Mann. Fatalis. adressiert war. Daß id)er-
dies die ]»seud()augustinische Schrift ausgesprochen ]ielagiani.schen Charakter
trägt, während den Büchern des Fastidius von (Jennadius l.sana et Deo digua
doctriiui'' nachgeridunt wird, fällt deshalb nicht schwer ins Gewicht, weil (len-
nadius .selbst wc^nigstens semii)elagianisclien Anschauungen gehuldigt hat. A on
S 74. Literaiisclie Gegner Augustiiis. H. Pelagianer. 519
ohne Aufschrift, einen Traktat .De divitiis*. eine längere Abhandlung .De malis
doctoribus et operibus tidei et de iiulicio fiituro". eine kürzere Abhandlung .De
])ossibilitate non peccandi'" und eine längei-e Abhandlung .De castitate" (Caspari
a. a. (). 1 —
Mit Ausnahme der zwei an der Spitze stehenden Briefe war
l(j7).
diese Schriftensammlung schon einmal durch J. S. Solanius. Rom 1571. heraus-
gegeben worden, und zwar unter dem Namen des Papstes Sixtus III. (432
bis 440). aber sozusagen völlig in Vergessenheit geraten. Caspari wies nach,
und dieser Nachweis hat die ungeteilteste Anerkennung gefunden, daß sämt-
liche Stücke des Corpus pelagianischer Herkunft sind, daß sie einer und der-
selben Hand angehören, daß sie etwa zwischen 413 und 430 von einem Briten
geschrieben sein müssen (Caspari 223 —
389). Über die Persönlichkeit dieses
Briten sei keine Klarheit zu gewinnen, vielleicht sei an jenen Agrikola zu
denken, von welchem es in der Chronik Prospers aus Aquitanien zum Jahre
429 heißt: .Agricola Pelagianus. Severiani episcopi Pelagiani fihus. ecclesias
Brittaniae dogmatis sui insinuatione corrumpit" (Mon. (Term. bist. Auct. anti-
Muiss. 9. 1. 472).
Diesen Vorschlag lehnte Morin ab. G. Morin. Le .De vita christiana"
de l'eveque breton Fastidius et le livi-e de Belage .Ad viduam" Revue Bene- :
Das Ergebnis der bisherigen Forscbung lautet also dahin. dal>, sowohl die
pseudoaugustinische Scln-ift ,L)e vita christiana" wie auch die verschiedenen
Bestandteile des .Corpus Pelagianum" Fastidius angehören. Von den zwei bei
(^ennadius erwähnten Schriften des Fastidius ist die erste. .De vita christiana
ad Fatalem", mit dem ersten Biiefe des Corpus zu identifizieren, die zweite.
.De viduitate servanda", wahrscheinlich in der pseudoaugustinischen Sdn-ift zu
suchen. Eine schriftstellerische Tätigkeit des Pelagianers Agrikola ist nicht
beglaubigt.
Die angebliche .Epistola Fastidii Britannici episc. ad Fatalem" bei J. B.
Pitra. Analecta sacra et classica. Paris. ISSN, pars 1. 134—13(i. —
in der Hand-
schrift, aus welchei- Pitra schöpfte, heißt sie .Epistola Fataui ad Fatalem" —
ist nur ein fehlerhaftes und unvollständiges Exemplar eines pseudohieronymia-
können nur frei und frech erfunden sein. Seine wirkliche Vorlage, seine einzige
Quelle, die Schrift Augustins. läßt der Plagiator ungenannt. Das zweite Buch
des Werkes bringt den Wortlaut einer Abhandlung, welche, so behauptet der
Verfasser, von häretischer Seite dem lil. Augustinus unterschoben worden sei
und schon viel Unheil angerichtet habe. Dieselbe verficht den Prädestinatia-
nismus im Gegensatz zum Pelagiani.smus. Gott habe einen Teil der Menschheit
zur ewigen Seligkeit, den andern Teil zur ewigen Verdammnis vorausbestimmt.,
und infolgedessen würden die einen unfehlbar sicher besehgt. die andern un-
fehlbar sicher verdammt, mögen sie nun leben, wie immer sie wollen: ,Quos
Deus semel praedestinavit ad vitam. etiam si negligant. etiam si peccent. etiam
si nolint. ad vitam ])erducentur inviti : quos autem praedestinavit ad mortem,
etiam si currant. etiam si fcstinent. sine causa laborant" (Migne 53. 623).
Im dritten Buche folgt eine Widerlegung dieses Piäedestinatianismus. der
schlimmsten Häresie . die es überhaupt nin- geben könne. Die im zweiten
Buche mitgeteilte Abhandlung, nunmehr kurzweg .liber Praedestinatus" ge-
heißen uMigne 53. 648). wird Satz für Satz noch einmal vorgeführt und weit-
läufig bekäm]tft. Die Entscheidung ül»er das jen.seitige Los des Menschen wird in
den der (inade voraufgehenden freien Willen verlegt und überhaupt der Stand-
punkt der Pelagianer. genauer vielleicht der Standpunkt Julians von Aeclanuni.
zur Geltung gebracht.
Der Behauptung des Verfassers entsprechend pflegte man früher die l>e-
kämpfte A])haudlung auf die Hand eines Prädestinatianers zurückzuführen, der
i; 74. Literarische Gegrier Augustins. 3. Pelagianer. 521
die Maske Augustins angenommen habe. In neuerer Zeit ist wiederholt ver-
mutet worden, daß (heselhe viehitehr von dem Verfasser selbst oder dem Pela-
gianer. der das erste und das dritte Huoli geschrieben hat. erdichtet sei. In
der Tat ist ii-gend eine anderweitige Spur dieser Abhandlung nicht aufzuzeigen,
und der Verdacht der Fälschung ist durch das erste Buch zum mindesten voll-
auf gerechtfertigt. Mit v. Schubert die drei Bücher an drei Mitarbeiter zu
verteilen, welche demselben Kreise angehört und denselben Plan verfolgt, hätten,
liegt kein ausreichender Grund vor. Es wird ein und derselbe Autor sein,
welcher in dem dreigeteilten Werke einen immerhin großzügigen und wohl-
durchdachten Vorstoß gegen die Lehre Augustins unternimmt, um dem Pela-
gianismus die Wege zu ebnen. In die Schranken fordert er ft-eilich einen
falschen Augustinus und seinen Prädestinatianismus. treffen aber will er jeden-
falls den echten Augustinus und seine Prädestinations- und (inadenlehre. Um
den Schein kirchlicher Orthodoxie zu erwecken, führt er sich als einen Verehrer
und Freund Augustins ein. indem er schon in der Vorrede des Werkes fragt:
JJuis enim nesciat Augustinum orthodoxum semper fuisse doctorem?" (Migne
Ö3. ö(S4.) Der Prädestinatianer des zweiten Buches aber, zugleich der einzige
I'iiidestinatianer. den unser Autor überhaupt kennt, ist der Augustinus, wie
die Pelagianer ihn zu malen pflegten, der die Freiheit des Willens leugnet
und die Sünde Gott zur Last legt und damit eine breite AngritfsÜäche dar-
bietet.
Entstanden das Werk zur Zeit des Papstes Sixtus III. (4o2
ist 440).—
nicht in Gallien, wie man früher glaubte, sondern in Italien und sehr wahr-
scheinlich zu Rom. Als die jüngsten Häretiker werden, wie gesagt, die Nesto-
rianer und die Prädestinatianer bezeichnet. gelegentUch der Xestorianer wird
des Konzils zu Ephesus vom Jahre 4ol gedacht, und in der Vorrede wird Papst
Cälestinus, gest. 432. zu den Toten gezählt (Migne 53. 585). Die Ketzer-
•j:eschichte des ersten Buches aber ist in ihrem letzten Teile (c. 82 ff.) reich
an Hinweisen auf Rom oder Süditalien indem sie immer wieder römische
.
Die Ausgabe des Werkes von J. Sinnond S. J. erschien zuerst Paris 1643
und sodann in berichtigter Gestalt in I. Sirmondi Opera varia. Paris. 1696.
1. 449 ff. Der letztere. Druck ward herübergenommen in Gallandi. Bibl. vet.
Patr. 10. Venet. 1774. 363 ff. und in Migner PP. Lat. 53. 587 ff. Das erste
Buch des Werkes ist auch abgedruckt bei Fr. Gehler. Corpus haereseologicum 1,
Berol. 1856. 227 ff. Vgl. H. v. Schubert. Der sog. Praedestinatus. ein Beitrag
zur (ieschichte des Pelagianismus (Texte und Untersuchungen zur Gesch. der
altchristl. Lit. 24. 4). Leipzig 1903. A. Faure. Die Widerlegung der Häretiker
im ersten Buch des Praedestinatus (Inaug.-Diss.). Göttingen 1903. 8*^. G. Morin.
Etudes. textes. decouvertes 1. Maredsous 1913. 315 324. —
A. Michel. Prae-
destinatus. eine ungenannte Quelle Kardinal Humberts im Kampfe gegen Keru-
larios (1053/54): Festgabe. Alois Knöpfler gewidmet. Freiburg i. i3r. 1917.
240—247.
g) Ein anderer Anonymus. —
Morin hat versprochen, einen noch
nicht gedruckten Traktat ,De induratione cordis Pharaonis" zu veröffentlichen,
welcher die Ideen des Pelagius vertritt und nicht selten auch an die Schriften
des Pelagius nahe anklingt. Im 9. Jahrhundert fälschlich dem hl. Hieronymus
522 ^''' liit<"iiiis(ho Litoiatiir des l'iinitcii .lalirliunderts.
im AlKnuUand vertagt worden. Siehe vorläufig (t. Morin. l'n traite pelagien
inedit du comnieneement du V*-' siecle Revue Benedictine 2(5 (1909) IGo
: — IHS:
vgl. Morin, Etudes, textes, decouvertes 1, Maredsous 1913. 24.
eine Schrift über sämtliche Ketzeieien der Vorzeit und gab damit die
Anregung zu Augustins Buch „De haeresibus". Im Juli 437, wie
es scheint, wurde der auch von Augustinus besonders hoch geschätzte
Diakon zum Erzbischof von Karthago und Primas von Afrika erwählt.
Am 19. Oktober 439 aber drang Geiserich, der arianische Vandalen-
könig, in Karthago ein, und bald darauf ward Quodvultdeus mit einer
großen Schar katholischer Kleriker auf gebrechlichem Fahrzeug den
Winden und Wogen des Mittelmeeres preisgegeben. Gottes Barmherzig-
keit, berichtet Alktor von Vita, ließ ihn jedoch in Campanien bei
Neapel landen \ Dort ist er verblieben, und dort ist er um 453
gestorben.
In den Bibliotheken der Kirchenväter hat Quodvultdeus bisher
keine Stelle gefunden. Seine zwei Briefe an Augustinus wurden der
Korrespondenz des letzteren einverleibt-. Erst 1914 hat Morin darauf
aufmerksam gemacht, daß unter falschen Xamen noch mehrere andere
Schriften von der Hand des Bekenners vorhanden seien, und Franses
hat diesen Hinweis näher zu begründen und den fraglichen Schriften-
kreis genauer zu umgrenzen versucht.
Zuvörderst darf eine stattliche Reihe pseudoaugustinischer Predigten
mit hoher Wahrscheinlichkeit Quodvultdeus zugewiesen werden. Neun
dieser Predigten, darunter drei ,,De symbolo ad catechumenos"
(Migne, PP. Lat. 40. (537 —
()08), eine „Contra ludaeos, Paganos et Arianos"
(Migne 42. 11 17 — 1 130) und eine „Adversus quinque haereses", d. i. ..Pa-
'
Vict. Vit., Hist. porscc. .\tiic. prov. 1. 1") od. Petsciienig.
- .\ug., Kj). _'•_'! u. '223.
^ Die vier iilni^cii sind .De (-anlico novo ad catcchunu'nos". .!>< ((uarta teria
.sive de cultura agri Dominici". ,De cataelysmo ad catct liiiniciios". .Do tomitoro
))arl)arico'' Aügne 40. (577 -70SI
S 7;'). FriMiiidc und Scliülcr Aiiuiistiiis. 1. Quodvultdeu.s von Karthago. 523
'
A. Mai. Nova Patriim Bibliotheca 1, Romae 1852, pais 1, 251— 282. Die Predigt
-De tcinporo barLaiico" (274—282) ist nicht identisch mit der bei Migne 40. ß99 bis
708 .stehenden Predigt .De tempore barbarico"'.
- (}. Morin, y. Anreli Augustini tractatus sive sermones iuediti. Canipoduni 1917.
sie -ante legem" oder ..stib lege" oder „siib gratia" ergangen sind.
Da immer wieder Bibelstellen angezogen werden, so ist das Werk ein
wichtiger Zeuge des damaligen abendländischen Bibeltextes '. und zwar
mehr oder weniger für sämtliche biblischen Bücher. Doch bleibt zu
beachten, der Verfasser auf wörtliche Anführung offenbar wenig
dafa
Gewicht gelegt hat und überdies auch die bisherigen Drucke wenig
Vertrauen verdienen.
van Hecke. De S. Quodvultdeo
J. Acta SS. Oct. 11. BruxeUis 1864.
:
845 — 852. G. Morin. Pour une future edition des opuscules de Quodvultdeus.
eveque de Carthage au •> siecle: Revue Bened. 81 (1914) 156 162. D. Franses. —
Die Werke des hl. Quodvultdeus. Bischofs von Karthago, gest. um 453 (Inaug.-
Diss.), München 1920. 8". Zu dem großen Werke im besondern vgl. P. Ca-
pelle. Le texte du Psautier latin en Afrique (CoUectanea Biblica Latina 4^.
—
Romae 191o, 227 283: ,Les manuscrits du .Liber promissionum et praedic-
torum dei"." H. J. Vogels. Untersuchungen zur Gesch. der lateinischen Apo-
kalypse-Übersetzung. Düsseldorf 1920. Kfe— 108 215—217.
Von dem Vorgänger des Quodvultdeus auf dem Stuhle von Karthago.
Capreolus. 430 bis Juli 437. haben sich ein paar Briefe erhalten, welche
sehr entschieden gegen den Nestorianismus Stellung nehmen. Der eine der-
selben. ,ad Concilium Ephesinum". ist in der ersten Sitzung des Ephesinums
vom 22. Juni 431 mit lebhaftem Beifall aufgenommen und im lateinischen
Original wie in griechischer Übersetzung den Konzilsakten eingefügt worden
(Mansi, SS. Conc. Coli. 4, 1207 —
1212). Der zweite. ,ad Vitalem et Tonantium
(Constantium?)", etwa vom Jahre 432. geht, in Beantwortung einer brieflichen
Anfrage zweier spanischen Christen, ausführlicher auf die kirchliche Lehre von
der Einheit der Person in Christus ein der Text der Anfi-age wird in den
:
147 f: Oalhindi. Bild. vet. Patr. S. 129: Migne. PP. Lat. 20. 1009—10141
Dazu kommen einige mündliche Erklärungen' in den Akten des Keligions-
'
Ob speziell dos in Afrika geliräiich liehen Hiheltextos, wie man lii.-^her vorau.s-
!;esetzt hat, ist nach dem (iesagten immerhin zweifelhaft.
§ 75. Freunde und Schüler Augustins. 2. Marius Mercator. 525
'1. M a r i u s M
e r c a t o r. —
Aus einem Briefe Augustins vom Ende
des .lahies 41 S ist zu ersehen, daß ein gewisser Mercator zweimal
kurz nacheinander einen literarischen Versuch, und zwar jedesmal eine
Streitschrift gegen den Pelagianismus, dem heiligen Lehrer unterbreitete
I und zugleich einige den Pelagianismus betreffende Fragen vorlegte '.
Über den Lihalt der beiden Schriften erfahren wir nichts Näheres,
abgeselien davon, daß die zweite hauptsächlich biblische Zeugnisse ins
Feld fühlte (librum refertum sanctarum testimoniis scripturarum). Diese
zweite Schrift in dem unter den unechten Werken Augustins stehenden
.Hyponmesticon contra Pelagianos et Caelestianos" (Migne 45. Kill bis
1(564) wiederzuerkennen, wird, wie früher schon bemerkt (§ 73, 10, p).
nicht angehen. Sehr wahrscheinlich sind vielmehr die von Augustinus
genannten Schriften beide zu Grunde gegangen.
Die Adresse des Briefes Augustins, „Domino dilectissimo et in
Christi membris sincerissima caritate praedicando filio Mercatori", be-
zeugt, daß Mercator Laie, nicht Kleriker oder wenigstens nicht Priester
Avar. und daraus, daß ein Akoluth der Kirche von Rom als Über-
bringer dieses Briefes sowohl wie auch noch einiger anderer nach
Rom gerichteten Briefe Augustins diente, darf gefolgert werden, daß
Mercator zur Zeit in Rom weilte. Er stammte aber aus Afrika oder
hat sich doch vorher längere Zeit in Afrika aufgehalten, weil Augustinus
nicht bloß andeutet, daß er selbst Mercator früher schon gekannt hat -.
sondern überdies bei einem späteren Anlaß voraussetzt, daß auch der
kaiserliche Tribun und Xotar Dulcitius zu Karthago Mercator gut
kannte '^
Kein Zweifel, daß der Mercator Augustins identisch ist mit dem
Marius Mercator, unter dessen Namen ein Bündel Schriften überliefert
ist. Der letztere taucht zuerst 429 zu Konstantinopel auf. wo er den
^Vortführern des Pelagianismus in den Weg tritt und der Kirchen-
gemeinde und vielen frommen Männern und auch Kaiser Theodosius 11.
eine Denkschrift überreicht, in welcher namentlich der Pelagiusschüler
Cälegtius an den Pranger gestellt ward. Vermutlich hatte er sich von
Rom aus nach Konstantinopel begeben, vielleicht im Auftrag des
'
Aug., Ep. 193.
- Aug.. Ep. 193. 1, 2: ,Fatoor enini. tantum te profecisse nesciebam."
^ Aug.. De octo Dulcitii quaest. q. 3, 2: „In quadam epistola quam scripsi ad
iilium meuni nomine Mercatorem, procul dubio notissimum vobis.'* —
Garnier liat-
in seiner Ausgabe der Schriften ]Mercators vom Jahre l(j73 abgedruckt bei Migne
48. 15 f.^ die Meinung verfochten, Mercator sei in Italien beheimatet gewesen. Dagegen
ist Baluze in seiner Ausgabe vom Jahre 1(384 (.Migne 48, 46" für afrikanische Her-
kunft eingetreten.
52G Die latoinisclie Literatur des l'iiiiften Jahrliuntlerts.
—
Papstes Cälestinus I. (422 432) oder als Agent des päpstlichen Stuhles.
Seme Denkschrift hatte den Erfolg, dafa zuerst .Julianus von Aeclanum
und sodann Cälestius samt ihren Parteigenossen 429 aus Konstanti-
nopel ausgewiesen und der Pelagianismus 431 auf dem Konzil zu
Ephesus von neuem verurteilt wurde. Die oströmische Hauptstadt
scheint Mercator fürderhin nicht mehr verlassen zu haben. Von seiner
Tätigkeit geben nur seine Schriften Kunde, und sie erzählen nur von
einem eifrigen Kampfe gegen Pelagianismus und Xestorianismus. AVann
er seine Laufbahn beschlossen hat. muß dahingestellt bleiben.
Die Schriften Mercators sind durch einen Cod. Palat. Vaticanus
überliefert —
ein aus diesem geflossener Cod. Bellovacensis ist zu Grunde
gegangen —
und zwar bilden sie hier den Hauptbestandteil einer dem
.
Sehr mit Unrecht haben die Herausgeber Garnier und Baluze auch
die auf Mercators Schriften folgenden und anonym auftretenden Stücke
der Sammlung für Mercator in Anspruch genommen. Die mit seinem
Namen bezeichneten Stücke scheiden sich in zwei Klassen, eigene Ab-
handlungen und Übersetzungen aus dem Griechischen. Zu der ersteren
Klasse zählt die erwähnte Denkschrift über Cälestius, .Commonitorium
super nomine Caelestii- (Migne 48, 63 —
108), laut der Aufschrift 429 in
griechischer Sprache verfaßt und vom
Verfasser selbst ins Lateinische
übertragen ^ Nur der lateinische Text ist auf uns gekommen. Er
handelt von Cälestius, Pelagius und JulianuS, führt ihre wichtigsten
Lehrsätze vor und berichtet einläßlich, gestützt auf ein reiches Ur-
kundenmaterial, über die Geschichte ihrer Verurteilung. Inhaltlich nahe
verwandt ist ein „Commonitorium adversum haeresim Pelagii et Cae-
lestii vel etiam scripta luliani" (Migne 48, 109 172), welches wahr- —
scheinlich 431, jedenfalls erst nach dem Tode Augustins (28. Aug. 430),
und zwar, soviel bekannt, von Haus aus lateinisch niedergeschrieben
wurde. Dasselbe befaßt sich vornehmlich mit .lulians Bestreitung der
Lehre von der Erbsünde. Es werden einzelne Stellen aus den Büchern
Julians, zumeist aus den Büchern „Ad Florum", ausgehoben und einer
bittern Kritik unterzogen. Der Berufung Julians auf die Autorität
Theodors von Mopsuestia tritt Mercator in der sog. »Refutatio symboli
Theodori Mopsuesteni" (Migne 48, 1041 1050) entgegen, welche —
Theodor der Häresie bezichtigt und des Nestorianisnms überführt. Gegen
Nestorius wendet sich die sog. „Comparatio d(^gmatum Pauli Samosateni
et Nestorii" (Migne 48, 773 f.), deren Gegenstand der Name sattsam
erkennen läßt, aus dem Jahre 429.
Zahlreicher und umfassender als seine eigenen Schiiften sind die
Übersetzungen Mercators aus dem Griechischen. Nicht bloß griecliische
'
Dilti die Cliertraguug ins Lateiiiistlie er.-^t 431 erfolgt sei ^Fe.ssler-.lniigmanii.
Iiistit. l'atrol. 2, 2, lijü , ist weder in der .Aufschrift noch sonstwo bezeugt.
S 7;'). Freunde mid Schüler Augustins. 2. .Marius Mercator. 527
utinam, quia hoc tibi fuisset utilius, vitalem spiritum exhalasses, ante-
quam tam obscena tamque plena dedecoris pleno ore proferres.""
Gesamtausgaben der Werke Mercators veranstalteten J. Garnier. Paris.
l()7o, 2*^ (mit überreichen castigationes. notae und dissertationes. aber wenig
zuverlässigem Texte), und 8t. Baluze. Paris 1G84. <S". Bei Gallandi. Bibl. vet.
Patr. 8, Venet. 1772. 613 —
788. ist Baluzes Ausgabe (mit einzelnen Berichti-
gungen) abgedruckt, bei Migne 48, Paris 1846, hingegen die Ausgabe Garniers.
(mit Berücksichtigung des Textes bei Baluze und bei Gallandi). Der Wunsch
nach einer neuen kritischen Ausgabe, der schon oft laut geworden ist. wird
durch die von Ed. Schwartz vorbereitete Edition der ganzen CoUectio Palatina
erfüllt werden vgl. einstweilen Schwartz. Die sog. Gegenanathematisnien des.
;
•
Migne 48, 1042 f. - :\Iigne 48. 754 f.
'
Migne 48, 12G If. X^;]. zii^dieser Stelle C. Weyman im Hist. .Tahrb. 3?
(1916^ 77 f.
;
die auch giiechisch erhaltene Antwort auf die Schrift der Antiochener gegen
die —
Anathematismen. Bai. 219 273; Migne 933 970. q) Cyrilli episcopi —
Alexandriae [respon.sio ad eaj quae Theodoretus contra anathemati.smos dixit.
\Tiederum auch griecliisch erhalten. Bai. 273 324 Migne 969 — 1()02. r) Frag-
; —
nienta Theodoreti. Theodori. Diodori et Bjae. Bai. 324 352; Migne 1067 —
bis 1084. 1051 —
1064. (Bei Migne sind die fragmenta umgestellt: die frag-
menta Theodori stehen zum größten Teil auch schon Migne 218 232.) Zu —
den fragmenta Theodoreti vgl. oben 8. 226. s) Eutherii Tyanensis fi-agmentum.
Bai. 352 — —
355 Migne 1085 1088. Im Ansclüuß an die Übersetzung und
:
Worte des seligen Vaters Johannes. Bischofs von Tomi in Skythien (beatissimi
l)atris loannis Thomitanae urbis episcopi provinciae Scythiae). über die gott-
losen Lehren des Nestorius und des Eutyches anfühi-en. Mit dieser Ankündi-
gung bricht der Text des cod. Palat. 234 ab, ohne das versprochene Zitat zu
bringen. Nun fand Morin in einer Würzburger Handschrift unter dem Namen
des Johannes von Tomi eine „brevissima utiÜssimaque instructio de duabus
haeresibus Nestorianorum et Eutychianistarum". welche das in dem cod. Palat.
ausgefallene Zitat zu enthalten scheint. G. Morin. Le temoignage perdu de
Jean, eveque de Tomi, sur les heresies de Nestorius et d'Eutyches: The Journ.
of Theol. Studies 7 (1906) 74 77. —
Johannes von Tomi ist sonst nicht be-
kannt, t) Ad Caelestinum Papam Nestorius episcopus ConstantinopoUtanus.
der dritte und letzte der lateinisch erhaltenen Briefe des Nestorius an Papst
Cälestinus. Bai. 355 f.; Migne 841 844. —
u) Epistola synodica sancti CyrilÜ
Alexandrini episcopi directa Nestorio quondam Constantinopohtanae urbis epi-
scopo duodecim continens anathematismi capitula d. i. Cyrilli Ep. 17. Bai.
. ,
— —
357 370; Migne 831 841. Eine sozusagen gleicUautende lateinische Ll^er-
setzung dieser Epistola s}Tiodica steht unter den Werken des Dionysius Exi-
guus bei Migne 67. 11 18. —Vgl. Fr. Maaßen, Gescliichte der Quellen und
der Literatur des kanonischen Re9hts 1, Graz 1870, 132 136. v) Cyrilli epi- —
."^copi Alexandrini Scholia de incarnatione Unigeniti. Bai. 370 429 Migne — ;
Philos.-hist. Kl.. Bd. 147. Wien 1904. Abh. 7. Pseudo-Isidor hat Mercator be-
nutzt und auch seinen Beinamen „Mercator" von ihm entlehnt. Der gänzlich
verfehlten Behauptung Poirels, Marius Mercator sei kein anderer als Vincentius
von Lerinum. soll bei Vincentius von Lerinum. § 77, 6. gedacht werden.
3. Paulus Orosius. — Ein spanischer Presbyter namens Orosius
überreichte 414 zu Hippo dem hL Augustinus ein „ Commonitorium de
errore Priscillianistarum et Origenistarum" mit dem Ersuchen, die hier
skizzierten Lehrsätze Häretiker einer Widerlegung zu
spanischer
würdigen. Augustinus antwortete mit der Abhandlung «Ad Orosium
contra Priscillianistas et Origenistas", zu Eingang auf seine Schriften
gegen die Manichäer verweisend, in welchen verwandte Irrtümer be-
sprochen worden waren. Das Schriftchen des Orosius stellte er an die
Spitze seiner Abhandlung (Migne 31, 1211—1216; auch 42. 665—670).
Über die Gründe, aus denen Orosius seine Heimat verlassen hatte,
erhalten wir keine Auskunft; nach Hippo hat ihn der Klang des
Bardenhewer. Gesdi. der altkirchl. Literatur. IV. 34
530 -L*'*-' Jiiteinische Lik'ratur des l'ünl'toii .Jaluhunderts.
Orosius sagt (Common. 1): ,Siiio voluntate. sine necossitato. sine cousensu de
'
patria egressus sum." Klarer sclireiht Augustinus ,Ep. IGG. 1, 2): ,lnde ad nos iisque
ab Oceani litore properavit fama excitus, quod a nie posset de his. quae seire vellet,
quidquid vellet audire." Vgl. auch Aug.. Ep. IGJ», 4. 13.
''
.Siehe Gams, Die Kirchengesch. von Spanien 2, 1. Eegensburg 1864. 399 f.
' Die Belege liei Zangemeister, Pauli Ordsii llistoriarum adversum paganos
lihri VII, Vindol). 1,S.S2, 1; vgl. Praef. xxxi.
' Aug., Kp. lOG. 1.2.' ^ Oros.. Lib. apol. 7.
''
Loofs (Realenz.vkl. i'. 15, 7()3 nennt d(>n Hericht des
prot. Theol. u. Kirche ^
Orosius ü))er die Synode zu Jerusalem, Lib. apol. 3— 6, .parteiisch bis zur Unglaub-
^vi^rdigkeit^ Mir will die Loofssche Darstellung sehr parteiisch erscheinen.
§ Tf). Freuiulf und Scliiilor Augustins. 3. Paulus Orosius. 531
'
Vgl. Ebert, Allg. Gesch. der Lit. des Mittelalters im Abendlande 1 -, Leipzig 1889,
337 f.: H. Scholz, Glaube und Unglaube in der Weltgesch.. Leipzig 1911. 8 f.
- Oroß., Hist. 1, prol.
34*
532 DiP lateinisdip Literatur des fünften Jahrhunderts.
Jerusalem, wie man wenigstens glaubte, die Reli((uien des hl. Stephanus auf-
S 7;"). Frounde und Schiilor Augustins. 4. Tiro Prosper und Hilarius. 533
sich in Südgallien gegen die Lehre des Heiligen von der Gnade und
der Prädestination erhob. Augustinus widmete den Briefstellern die
beiden Schriften ..De praedestinatione sanctorum*' und -De dono per-
severantiae".
534 Die lateinisclie Literatur des fiinffi^n Jalirliunderts.
Hilarius war. wie sein Brief, Xr. 22G unter den Briefen Augustins,
zeigt, ^ein persönlicher Bekannter und Vertrauter Augustins, stammte
also wahrscheinlich aus Afrika. Zur Zeit der Ahfassung seines Briefes
hat er sich in Südgallien, vermutlich ebenso wie Prosper in Marseille,
aufgehalten. Außer diesem Briefe ist nichts Schriftliches von seiner
Hand auf uns gekommen.
Dagegen bildet der Brief Prospers, Nr. 225 unter den Briefen
Augustins, gleichsam die Einleitung und das Programm zu einer langen
Die Unterdrückung jenes
Reihe von Schriften in Prosa und in Poesie.
Widerspruchs gegen die Lehre Augustins oder die Bekämpfung des
Semipelagianismus, welcher behauptete, zum Anfang des Heilswerkes
und zum Beharren in der erlangten Heiligung sei der Beistand der
Gnade nicht erforderlich, hat Prosper zu seiner Lebensaufgabe erwählt.
Er hatte sich mit hingebender Bewunderung in die Ideen Augustins
versenkt, verstand es in ihre Tiefen einzudringen und vertrat sie den
Gegnern gegenüber mit ebenso großer Sicherheit in der Sache wie
Gewandtheit im Ausdruck.
Die Geschichte seines Lebens ist fast ausschließlich seinen eigenen
Schriften zu entnehmen. Aus dem erwähnten Briefe an Augustinus
erhellt zunächst, daß Prosper Augustinus nicht persönlich kannte, daß
er aber früher schon einmal „salutationis studio" an Augustinus ge-
schrieben und auch' eine Antwort erhalten hatte '. Dieses frühere
Schreiben ist ebenso wie die Antwort zu Grunde gegangen. Gennadius
versichert, daß Prospers Wiege in Aquitanien gestanden-, und alte
Handschriften eines unzweifelhaft echten Werkes bezeugen, daß er mit
seinem vollen Namen „Tiro Prosper" oder ..Prosper Tiro" geheißen
hat-^ Zeit und Ort seiner Geburt zu bestimmen, fehlt die Möglich-
keit. Auch lassen sich die Umstände nicht mehr ermitteln, welche ihn
aus Aquitanien nach dem narbonensischen Gallien, und zwar nach
Marseille geführt haben. Dort lebte er, ein Mönch unter Mönchen,
als er sich 428/429 brieflich an Augustinus wandte, und dort hat er
auch die folgenden Jahre, bis etwa 440, zugebracht. Bei uns. „apud
nos". schreibt er an Augustinus, sind Streitigkeiten ausgebrochen, und
die „nos" sind nach dem Zusammenhang die Mönche zu Marseille,
„servi Christi qui urbe consistunt"
in Massiliensi *. In einem Briefe
vom Jahre 429 430 an gewissen Rufinus führt Pfosper sich
einen
wiedei'um als Mitglied des Möncliskreises oder Mönchsverbands zu
Marseille ein, indem er von Unterredungen, „collationes", spricht, in
welchen einige, ..quidam nostrorum". gegen die Lehre Augustins das
'
Ep. ad Aug. 1.
'
3, 4 und 4, 5: Migne 51, 79 80.
Ep. ad Ruf.
-
Resp. ad excerpta Genuens., praef. ;;Migne 51, 188): .cum sanctis et eruditis
fratribus''. Resp. ad obiect. Vincent., praef. (Migne 51. 177': christianae ac ft-ateniae
,.
caritatis obliti''.
^ Vgl. Valentin a. a. 0. 754 tf.
vier „partes" zerlegt. Der erste Teil (V. 1 — 225) erzählt die Geschichte
des Pelagianismus und seiner Verurteilung durch Synoden und Päpste,
der zweite (V. —
226 564) wendet sich dem Semipelagianismus zu.
beleuchtet Verwandtschaft mit dem Pelagianismus und sucht
seine
ihn zu widerlegen. Nachdem dann der dritte Teil (V. 565 800) auf —
die Argumente der Semipelagianer oder ihre Einwürfe gegen die Lehre
Augustins eingegangen, kommt der vierte (V. 801 1002) noch einmal —
auf den Innern Zusammenhang des Semipelagianismus mit dem Pela-
gianismus zurück. Die poetische Form sollte jedenfalls der Verbreitung
und Popularisierung dieser Streitschriften Vorschub leisten. Kein anderer
cliristlich-lateinischer Dichter des Altertums ist den Forderungen der
Prosodie so vollständig gerecht geworden wie Prosper. Die Klarheit
der Sprache aber und die Schärfe der Begriffsbestimmung erleiden
unter der Fessel ^es Metrums durchaus keinen Eintrag.
Nach dem Tode Augustins (28. August 430) begaben Prosper und
sein Freund Hilarius sich nach Rom, um von Papst Cälestinus I.
(422 — 432) eine Verurteilung des Semipelagianismus zu erwirken. Und
der Papst zögerte nicht, ein Mahnschreiben an die Bischöfe Galliens
zu erlassen, in welchem er den Bemühungen Prospers und seines
Freundes alle Anerkennung zollt, das Andenken Augustins mit warmen
Worten in Schutz nimmt und den Neuerern Schweigen gebietet -. Um
so eifriger setzt Prosper, nach Marseille zurückgekehrt, seine Tätigkeit
als Verteidiger des Glaubens der Kirche fort. Er übernimmt gewisser-
maßen das Erbe Augustins. Erneute Vorstöße der Semipelagianer
gegen die Prädestinationslehre Augustins gaben Anlaß zu den kleinen
Prosaschriften ,.Pro Augustino responsiones ad capitula obiectionum
Gallorum calumniantium" (Migne 51. 155 —
174) und -Pro Augustino
responsiones ad capitula obiectionum Vincentianarum" (M.igne 51.
177 —186). Die „vei-leumderischen Gallier'" sind Gegner Augustins zu
Marseille, und Vincentius ist, wie wir noch hören werden, Vincentius
von Lerinum^. In der Vorrede der Schrift gegen Vincentius erklärt
Man erinnere sich des Namens „Aloger% "AXofoi. bei Epiph., Haer. 51, 3. zur Be-
'
zeichnung von Häietikern, welche ,den von Johannes gepredigten Logos nicht annehmen".
- Caelest. V. 1.. Ep. 21 Migne 50, 5-28—530.^
:
•'
Siehe hierülicr Koch in den Texten und rntersnrhungen usf. 31. '2. Leipzig
1!H)7. 43 ff.
§ 75. Freumle und Schüler Augustins. 4. Tiro Prosper und Hilarius. 537
' Nach Mommsen a. a. 0. 345 ist die Schrift sogar fünfmal herausgegeben
worden, 433, 443, 445, 451 und 455.
538 I^'*^ lateinische Literatur des fünften Jahrhunderts.
—
Jahre 484 445 aber muß der Verfasser seinen Standort gewechselt
haben. Während in dem Abschnitt über die Jahre 379 433 oder in —
der ersten Ausgabe der Schrift die Geschichte Galliens im Vordergrund
des Interesses steht, tritt in den Abschnitten über die Jahre 434 bis
455 oder in den späteren Ausgaben Gallien hinter Rom zurück, und
zwar so stark und auffällig, daß man sich der Folgerung nicht ent-
ziehen kann, die erste Ausgabe sei in Gallien, die späteren seien in
Rom besorgt worden.
Eine wertvolle Bestätigung erfährt diese Folgerung durch die An-
gabe des Gennadius, daß Prosper für den Verfasser oder Redaktor ver-
schiedener Briefe des Papstes Leo gegen die Lehre des Eutyches ge-
halten werde ^ Während er auf einer politischen Mission in Gallien
weilte, ward Leo 440 auf den Stuhl Petri berufen, und vermut-
d. Gr.
lich hat Prosper ihn nach Rom begleitet, um fortan in der päpstlichen
Kanzlei tätig zu sein. In Gallien mochte Leo den wackern Vorkämpfer
des kirchlichen Glaubens kennen und schätzen gelernt haben. Wie
bereits die späteren Ausgaben der Chronik zeigten, hat Prosper zu
Rom auch seiner literarischen Wirksamkeit nicht entsagt. Lir Haupt-
ziel blieb die Geltendmachung der Lehre Augustins. Von einem Psalmen-
kommentar, welcher nichts anderes gewesen zu sein scheint als ein
Exzerpt aus Augustins umfangreichen „Enarrationes in psalmos", hat
sich nur das letzte Drittel erhalten, „Expositio psalmorum a 100. usque
—
ad 150. (Migne 51, 277 426). Eine Sammlung von Sentenzen aus
verschiedenen Schriften Augustins, „Sententiarum ex operibus S. Augustini
delibatarum über" (Migne 51 , —
427 496), ist dogmengeschichtlich
wichtig geworden. Sie enthält 392, meist sehr kurze Zitate, nicht
systematisch geordnet, sondern in der Folge aneinandergereiht, in welcher
sie sich den verwerteten Schriften Augustins vorfanden, aber so
in
geschickt ausgewählt, daß sie als eine Summe der augustinischen
Theologie gelten konnten. Von den 25 Kanones der berühmten zweiten
Synode zu Orange vom Jahre 529. durch welche der Semipelagianismus
endgültig verurteilt ward, sind nicht weniger als 16 ganz oder teil-
weise dieser Sentenzensammlung entnommen -. Einen Teil der Samm-
lung. 106 Sentenzen, hat Prosper auch in poetische Form gegossen,
indem er sie zu Epigrammen in Distichen verarbeitete: „Epigrammatuni
ex sententiis S. Augustini über'* (Migne 51, 497 532). —
Manche andere Schriften sind mit Unrecht Prosper beigelegt
worden. Wann und wo er von dem irdischen Schauplatz abgetreten
ist, wissen wir nicht. Wird sein Tod ins Jahr 463 verlegt, so ge-
schieht dies nur im Hinblick auf den durchaus nicht beweiskräftigen
'
Gennad. a. a. O. : ,.Epistolae quoque Papae Leonis adversus Eutychen de vera
Christi incarnatione ad diversos datae ab isto dictatae creduntur.."
- Vgl. C. Fr. Arnold. Cäsnriu^; von Arolate und die gallische Kirche seiner Zeit,
Umstand, daß Marcellinus Comes in seiner Chronik Prospers zum Jahre 463
gedenkt'. Von jeher galt Prosper als Augustins bester Schüler. Das
zentrale Dogina des Pelagianismus bzw. Semipelagianismus und die
Wurzel aller iil)rigen Irrtümer erblickt er in der These, daß die Gnade
Gottes dem Verdienst des Menschen gemäß erteilt werde (gratiam
Dei secundum merita hominum dari) -. Infolge der Erbsünde, lehrt
dagegen Prosper, ist cter Mensch unfähig, aus eigener Kraft das Gute
zu wollen, und der Gnade bedürftig, nicht bloß um das Werk des
Heiles fortzusetzen und zu vollenden, sondern auch um dasselbe zu
beginnen. Auch der Glaube und überhaupt auch die allerersten Heils-
akte und die leisesten Anfänge des Guten werden erst durch die Gnade
im Menschen bewirkt. Die Gnade muß deshalb ohne alles voraus-
gehende Verdienst erteilt werden, und erst im Besitz und mit Hilfe
der Gnade vermag der Mensch verdienstlich zu wirken. Ohne den
fortwährenden Beistand der Gnade ist der Mensch auch nicht fähig,
im Guten fortzuschreiten und im Guten zu beharren. Mit der Lehre
von dem „donum perseverantiae" verbindet Prosper die Lehre von der
Prädestination. Nur eine bestimmte und fest umgrenzte Zahl von
Menschen (certus apud Deum definitusque numerus)^ ist zum ewigen
Leben vorherbestimmt, und diese Vorherbestimmung war durchaus
unabhängig von dem göttlichen Vorherwissen des sittlichen Verhaltens
der Auserwählten. Die Nicht-Prädestination oder Reprobation aber
ist ausschließlich auf das göttliche Vorherwissen des Verhaltens der
Nicht-Prädestinierten zurückzuführen.
'
Migne 51. 930: Mon. Germ. bist. Auct. antiquiss. 11. 88.
- Ep. ad Ruf. 1.2. ^ Ep. ad Ruf. 11. 12.
540 '^'•^' lateinische Literatur des fünften .laluhunderts.
in Amilieii und iihciliaupt in Norditalien verehrte hl. Prosper durch die Lokal-
tradition mit Prosper von Aquitanien identifiziert worden. Darüber G. Morin.
St. Prosper de Reggio Revue Benudictine ¥2 (1895) 241—257. B. Borelli,
:
De vir. ill. 87). war von dem römischen Archidiakon Hilarus. dem nachmaligen
Papste, um guten Rat zur Schlichtung der Osterfeier-Differenzen ersucht worden.
Er empfahl die Jsterperiode von 532 Jahren, welche den Vorteil bot, daß nach
(
Verlauf von 532 Jahren der 14. Nisan oder die ,luna 14" immer wieder auf
denselben Monatstag und zugleich auch auf denselben Wochentag fällt. Vgl.
Ed. Schwartz. Christliche und jüdische Ostertafeln. Berlin 1905. 73 —
81. Die
chronographischen Notizen dieser Ostertafel sind der Chronik Prospers ent-
nommen. Eine zweite, sehr wahrscheinlich ältere Schrift des Viktorius. ein
kleiner mathematischer Traktat unter dem Titel ^Calculus". pflegte bislang den
Schriften Beda des Ehrwürdigen beigegeben zu werden (Migne 90, 677 680)—
luid ward erst durch W. Christ als Eigentum des Viktorius erwiesen (Sitzungs-
berichte der Kgl. bayer. Akad. der Wissensch. 1863. 1. 100 —
152). Eine neue
Ausgabe lieferte G. Friedlein. Rom 1872. S^. Vgl. Teuffei, Gesch. der römi-
schen Literatur 3, 6. Aufl., 454.
^ Vgl. etwa 2, 3.3: .De plenitudine quippe membrorum corporis Christi prae-
scit-ntia Dei quae falli non potest nihil perdit. et nullo detrimento mimii potest
summa praecognita atque in Christo ante saecula aeterna praeelecta."
542 ,
'^''' lateinische Literatur des fünften .lahrhunderts.
—
687 738 (für Prosper). Dazu Fr. Wörter. Zur Dogmengeschichte des Semipela-
gianismus (Kirchengeschichtl. Studien 5, 2). ^lünstor i. W. 1899. 1 43: „Der —
Lehrinhalt der Schrift De vocatione omnium gentium."
Ein galhscher. wahrscheinlich der Diözese Trier angehöriger Mönch Le-
porius ward häretischer Lelu-en wegen, die er in einem Briefe vorgetragen
hatte, aus seiner Heimat verwiesen und wandte sich mit einigen Anhängern
nach Afrika. Dort ließ er sich, hauptsächlicli. wie es sclieint. durch Augustinus,
eines Besseren belehren und unterbreitete nunmelu- um 420 einer Svnode zu
'
Siehe 1. 1: .Tnter defensores liberi arbitrii et praedieatores gratiae Dei magna
et difftcilis d u d u ni vertitur quaestio."
-'
(iehis. P. I.. Dilta adv. Pehig. haer. 47; Migne 55). 127: Corpus Script, eccles.
lat. Hiy. 41!». Vennutlich hat übrigens Gehisius diese Dicta noch' vor Antritt des
Pontifikats oder vor 4!>'J gesehrieben.
' Scheeben, Handl). der kath. Dogmatik 3. Freiburü: i. \h: l<S!ri-i. 78ä.
§ 75. Freunde iiiul Schüler Augustins. 6. Paulinus von Mailand. 543
Tode des letzteren nach Afrika über und ward dort in die pelagianischen
Streitigkeiten hineingezogen. Eine Anklageschrift gegen den Pelagianer
Cälestius, welche Paulinus um 411, als Cälestius zu Karthago weilte,
dem Primas Aurelius von Karthago überreichte, ist leider zu Grunde
gegangen. Erhalten blieb ein Schreiben, welches Paulinus am 8. No-
vember 417 von Karthago aus in Sachen des Cälestius an Papst Zo-
simus richtete, „Libellus ad versus Caelestium Zosimo Papae oblatus"
(Migne 20, 711 —
716; 45, 1724 f.). Aus Anlaß erneuter Verhandlungen
gegen Cälestius hatte der Papst den früheren Ankläger nach Rom
gebeten Paulinus erklärt unter Hinweis auf die bisher schon ergangenen
;
•
Vita 8. Amhr. 4-J.
- Isitl. Hisp., Dl" vir. ili. 17. Ülier die Unzuverlässigkeit Isidors siehe schon
V. Dzialowski. und lldcfons als Litterarhistoriker, Münster
Isidor i. W. 1898, "27 11.
Vül. alx'r auch Wilmart in der Revue Bent'd. .32 {W2()^ 58 tf.
5? 7<i. Spätere Afrikaner. 1. Asklepius. 2. Viktor von Cartenna. 545
^ Gennad., De vir. ill. 73. Vgl. Czapla. Gennadius als Literarhistoriker. Münster i.W.
1898, 149.
- Bei Richardson in den Texten und Untersuchungen usf. 14. 1. Leipzig 1896, 87.
^ Vgl. Diekamp in der Rom. Quartalschr. f. christl. Altertumskunde usf. 12
(1898) 420.
Bardenhewer. Gesch. der altkirelil. Literatur. IV. 35
54H l^it* lateinische LitciaLur des fünften .Jaliilumderts.
'
Gennad. a. a. O. 77.
'^
Siehe das Alonilimi \u'> Mi-nc 17. !•»;!• tf.
:
darunter freilich auch solche, die Verwandte oder Kinder durcji den
Tod verloren haben, vor allem aber solche, die von der Krankheit des
Aussatzes befallen worden sind. Allen ohne Ausnahme will der Ver-
fasser Trost den (Quellen der Schrift (consolationem ex scriptu-
aus
rarum c. 1) spenden, und so oft er einen „frater" anredet, ist
fontibus,
der Leser verstanden. Die Mauriner erlaubten sich die Mutmaßung,
„hanc lucubratiunculam a Gallo compositam fuisse, videlicet tempore
quo leprae lues has regiones maxime infestaret" ^ Jedenfalls dürfte
der Traktat nicht identisch sein mit dem Trostschreiben Viktors.
Gennadius schliefst: „Homilias etiam composuit multas, quas a
fratribus salutis propriae sollicitis in libris digestas servari cognovi."
Alle diese Homilien sind zu Grunde gegangen.
schung, siehe Fr. Görres. Der echte und der falsche Victor von Cartenna
Zeitschr. f. wissensch. Theol. 49 (1906) 484—494.
'
Die Mauriner in ihrer Basilius-Ausgabe. bei Migne 31, 155.
- Gennad. a. a. 0. 78.
^ Vgl. R. Ceillier, Hist. gen. des auteurs sacres et ecclesiastiques 15, Paris
1748, 245.
* Morin in der Revue Bened. 13 ,1896) 342.
^ Morin ebd. 31 U^U; löGff.
''
Duchesne. Origines du culte chretien ^ Paris 1909, 119.
35*
548 ^'*^ lateinische Literatur des fünften .lahrhunflerts.
Patrum lat. 2" 1054—1056; abgedruckt Migne 50. 565—568. Der Text bei
Migne ist der Max. Bibl. vet. Patrum. Lugd. 1677, 8, 665 f. entlehnt.
'
Vgl. Pauly-Wissowa. Healenzykl. der klass. Aitertumswissensrliaft 3. 2. Stutt-
gart 1899. ITfiStr.
2 Es sind dir Kapit.l :{(). 87, 98, !•:)— 101 nach der Zälilung Kichardsoiis. Die
Unecbtheit dieser Kapitel l>ewies Richardson in seiner .\usgabe des Katalogs.
Proleg. XXII tt". Hier handelt es sich um c. 95.
''
Siehe Mon. (ierm. bist. .\uct. antiquiss. 9. 47."i f.
••
Pseudo-Gennad. 9().
S 76. Spätere Afrikaner. 6. Eugenius von Karthago. 549
zwai' wird er hier unter den 120 Bischöfen der Provinz Mauretania
Caesariensis erst an vorletzter Stelle aufgeführt \ womit gesagt ist,
daß er zu den jüngsten derselben zälilte und erst seit kurzem Bischof
war. Die Disputation mit Maximinus kann deshalb nicht wohl vor
480 stattgefunden haben. Maximinus aber wird von jenem arianischen
Bischof Maximinus, welcher 427 oder 428 zu Hippo mit Augustinus
disputierte, jedenfalls zu unterscheiden sein.
'
Sielie die An.sa:;i))i' der Frankengesehiciite von Arndt in den .Mon. (ierni. bist.
Script, rer. Mcmviny. Hannov. 1SS4.
1. 1, I^J f.
Photice zu identiti zieren pflegt. Verfaßt ist die Schrift allem Anschein
nach noch bei Lebzeiten Hunerichs. während sie erst nach dem Tode
Hunerichs veröffentlicht wurde. In dem ersten Satze wird erklärt, dali
es zur Zeit das 60. Jahr sei (sexagensimus .nunc, ut darum est. agitur
annus), seitdem die Vandalen unter Geiserichs Führung den Boden
Afrikas betraten. Dieser schwarze Tag aber fiel in das Jahr 429 oder
428 \ und damit dürfte das Datum der Veröffentlichung der Schrift
auf das Jahr 489 oder 488 festgelegt sein, weil die Annahme, Viktoi-
habe nur eine runde Zahl angeben wollen oder habe einen liechen-
fehler begangen, unzulässig erscheint. Seine Arbeit ist eine historische
Quellenschrift ersten Ranges. Er steht unter dem frischen Eindruck
der entsetzlichen Ereignisse, schildert in grellen Farben, bringt den
Verfolgten die wärmste Teilnahme entgegen, mag daher auch einseitig
und unbillig werden gegen die Verfolger, läßt sich jedoch jedenfalls
nirgendwo eine bewußte Fälschung zu Schulden konnnen. Seine Sprache
ist wenig gebildet, wohl fließend und lebendig, auch ab und zu rhe-
selbst sagt (2, 5), zu Karthago aufgehalten. Doch ist er damals wohl
nicht, wie man aus seinen Worten folgern wollte. Mitglied des Klerus
von Karthago, sondern bereits Bischof von Vita in der Pro\änz By-
zacena gewesen. Denn in dem Verzeichnis der durch Hunerich auf
den 1. Februar 484 nach Karthago beschiedenen Bischöfe wird Viktor
unter den 107 Bischöfen der Provinz Byzacena an 44. Stelle namhaft
i^emacht. so daß es nicht gestattet sein wird, ihn für einen der jüngsten
unter diesen Bischöfen zu halten. Er hat übrigens dem königlichen
Befehl keine Folge gegeben. Von Viktor und ebenso auch noch von
-einem andern Bischöfe derselben Provinz wird in jenem Verzeichnis
bemerkt: „non occurrit". d. h. er i.st nicht zur Konferenz erschienen-.
Über die späteren Geschicke Viktors liegt keinerlei Nachricht vor.
In den Handschriften und dementsprechend auch in den Drucken
pflegt der Schrift Viktors eine „Passio Septem monachorum" angehängt
zu werden, d. i. eine Geschichte des auch in Viktors Schrift (3, 41) kurz
erwähnten Martyriums von sieben Mönchen eines und desselben Klosters,
welche 483 oder 484 zu Karthago auf Befehl Hunerichs erschlagen
wurden. Früher meist Viktor zugeeignet, ist diese „Passio" von Pet-
schenig mit guten Gründen in eine bessere Zeit verwiesen worden,
' Vgl. Seeck bei Pauly-Wissowa. Realenzykl. der kla.ss. Altertumswissenschaft
7, 1, Stuttgart 1910. 93(J.
^ Siehe die ^Notitia provinc. et civit. Afr.^ im Corpus Script, eccles. lat. 7, Vindoh.
1881, 125. Die Erklärung Schönfelders (De Victore Vitensi episc, Vratislaviae 1899.
11 . ,non occurrit" sei soviel als ,er ist nicht ins Exil gegangen", ist ausgeschlossen.
552 D't" lateinisoli(^ Litfiatur des fünften .lalirlmnderts.
a nobis fuerit expressum" (5, 2). Auch diese Bücher haben sich hand-
schriftlich erhalten und sind herausgegeben worden unter dem Titel
„Contra Arianos. Sabellianos et Photinianos dialogus, Athanasio, Ario.
Sabellio, Photino etProbo iudice interlocutoribus" (Migne 62, 179 238). —
In dem ersten der drei Bücher, in die dieser Dialog abgeteilt ist,
bekämpfen Photinus, Arius und Athanasius ihren gemeinsamen Gegner .
' Ficker, Studien zu yigilius von Thapsus. Leipzig 1897, 2(i Aber auf die
flf.
Vermutung, Vigilius habe ,.wohl im Hinblick auf die Disputationen, Avie deren eine
unter Hunerich im Februar 484 in Karthago stattfand, die Form einer Verhandlung
vor dem Richter gewählf (27 f.), hätte Ficker verzichten sollen.
'^
Vict. Vit.. Hist. persec. Afr. prov. 1. 48.
556 I^^''" li>t<'ini.sclK' Literatur dos fiiiil'tcn .lahilmnderts.
dispntationc ali(iuid addi aniplius non possit, tarnen quin Ikkt extrinsecus, nullo
eminus com minus? atlvorsante, dicta sunt, necesse habeo haec eadem repetere"
Dial. 2. 2 Znnäclist hat er liier jedenfalls die an späteren Stellrn Dial. 2. 45 u. 50)
.
genauer bezeichneten Schriften gegen Maribadus und gegen ralladiiis im Auge, ver-
mutlich aber auch noch weitere Schriften antiarianischer Tendenz.
§ 77. Gallier der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts. 557
^ Vgl. über die bisherige Erforschung der zwölf Bücher Bd. 3. S. 56 f. 487.
- Cassiod., Instit. div. lit. 9: Migne 70. 11-2-2.
558 l^i*' lateinische Literatur des fünften Jahrhunderts.
Hochs, Cassianus sei in Syrien geboren^, ist mit Recht keines Bei-
falls gewürdigt worden. Auch die Vermutung Menagers, Skythopolis
in Palästina sei die Geburtsstätte gewesen wird schwerlich viele •*,
Freunde gewinnen. Das Datum der Geburt läßt sich nur annähernd
auf etwa 360 berechnen. Als Kind cebildeter und begüterter Eltern
'^
8o auch Pctschenig im Corpus Viudob. ISSS. Proleg. ii ff.
script. etcles. lat. 17,
Ebenso A))el. Studien zu dem gallisclien Presbyter .Johannes Cassianus. München
1!«)4. 1 ff.
'
Hoch in der Theol. gnartalschr. SL> 1900) 43 ff. Gegen Hoch siehe Merkle
eJid. 419 ff
* Menayer in den Echos dOrient 1921. 330 ff.
S 77. Gallier der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts. 1. Johannes Cassianus. 559
Petschenig im Corpus Script, eccles. lat. 17. Vindob. 1888, Proleg. cxi f.
"
Siehe Cass., Coli., pars 1. praef. 1.
gßQ Die lateinische Literatur des l'ünften .laiiiiimnlcits.
worauf (las vierte die Bedingungen erörtert, unter denen Novizen ins
Kloster aufgenommen zu werden pflegen. Der zweite Teil des Werkes
verbreitet sich in acht Büchern über die acht Hauptlaster. mit welchen
der Mönch zu kämpfen hat, und die Mittel, sie zu überwinden. Jedem
Laster ist ein Buch gewidmet. Es sind jene acht Laster, welche uns
oben bei dem Aszeten Nilus begegneten, und zwar werden sie bei
Cassianus in derselben Reihenfolge vorgeführt wie bei Nilus: „Gastri-
margia, fornicatio, philargyria, ira, tristitia, acedia, cenodoxia, super-
bia". Die vier griechischen Termini, gastrimargia (Unmäßigkeit). phi-
largyria (Habsucht), acedia (Trägheit), cenodoxia (Eitelkeit), geben
von dem griechischen Ursprung der Achtlaster-Theorie Zeugnis.
Cassianus schreibt, wie Gennadius sagte, ..librato sermone et, ut
apertius dicam, sensu verba inveniens et actione linguam movens" K
Er weiß wirklich seinen Ausdruck dem jedesmaligen Gegenstand an-
zupassen und seinen ohnehin schon reichen Wortschatz unter Um-
ständen durch glückliche Neubildungen zu ergänzen. So flüssig aber
seine Feder ist, und weitschweifig kann sie auch werde«.
so umständlich
Ein zweites, noch viel umfangreicheres Werk Cassians, .,('ollationes"'
überschrieben (Migne49, 477 —
1328), enthält die Unterredungen, welche
der Verfasser und sein Freund Germanus in früheren Jahren mit be-
sonders angesehenen Einsiedlern gepflogen hatten. Dieses Werk ist
in drei Abteilungen oder Lieferungen an die Öff'entliclikeit getreten,
eine jede mit einer besondern Vorrede oder Widmung versehen. Die
erste Abteilung, zehn Unterredungen umfassend, ward bald nach 420
auf Bitten des genannten Bischofs Castor in Angriff genommen -. aber
erst nach Castors Tode zum Abschluß gebracht sie ist deshalb nicht ;
' ( H'iiii;iil, a. a. O.
-'
hl (lein Castor ziigceigiu-tcii Werke De inst, eoeii. wiid ilie erste .Abteilung
der ,,Collatiiiiies'"an int-lireren Stellen angekündigt: "2. 1: '_'. !' : 2. 1^: 0. 4.
'
Vgl. aber auch .schon De inst. coen. 2, 9.
S 77. Gallier der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts. 1. Johannes Cassianus. 561
Die Dialogfoini tritt ganz zurück. Die kurzen Fragen oder Antworten
der beiden Freunde dienen nur dazu, die Übergänge in dem Vortrage
des Vaters zu vermitteln. Daß der Vortrag und seine ganze Anlage
und Gliederung das Eigentum des Berichterstatters ist, wird als selbst-
verständlich gelten müssen, so wenig anderseits verkannt werden darf,
daß Cassianus sich als treuen Jünger und zuverlässigen Interpreten
der ägyptischen Meister bewährt. In den zwei ersten Unterredungen
spricht Abt Moses „de monachi destinatione vel fine" und „de dis-
cretione", in der vierten Abt Daniel „de concupiscentia carnis ac
Spiritus", in der fünften Abt Serapion „de octo vitiis principalibus" usf.
Alle zehn Unterredungen spielen sich in der Sketischen Wüste ab.
Die Sketische Wüste besuchte Cassianus. wie vorhm gesagt, bei
seinem zweiten Aufenthalt in Ägypten. In den „Collationes"* 1 10 hat —
er die jüngsten Erinnerungen oder die frischesten Eindrücke aus seinem
Verkehr mit den Vätern niedergelegt, und bei Abfassung derselben
wird er an irgend eine Fortsetzung seines Berichts nicht gedacht
haben. Er hat dann aber doch noch zweimal von neuem die Feder
angesetzt, um auf die Tage seines ersten Aufenthalts in Ägypten
zurückzugreifen und jedesmal sieben weitere Unterredungen folgen zu
—
lassen. Die „Collationes" 11- 17 sind dem Abte Honoratus auf Lerinum
und dem Mönche und späteren Bischof Eucherius von Lyon, die „Col-
lationes" 18 — 24 sind verschiedenen Mönchen auf den Stochädischen
Inseln bei Marseille gewidmet. Honoratus wird in der Vorrede des
zweiten Teiles als Bruder angeredet, in der Vorrede des dritten Teiles
aber als Bischof bezeichnet, und da er laut andern Quellen 426 Erz-
bischof von Arles geworden und 428 oder 429 gestorben ist, so ergibt
sich, daß der zweite Teil vor 426, der dritte vor 429 veröffentlicht
wurde. Die „Collationes" 11 —
17 verlegt Cassianus in die Gegend von
Panephysis oder Thennesus, mit dem Bemerken, sie seien die ersten
aller Gespräche gewesen, die er überhaupt mit ägyptischen Anachoreten
geführt habe. Der Schauplatz der „Collationes" 18 24, welche nach —
dem Gesagten zeitlich zwischen den „Collationes" 11 17 und den —
„Collationes" 1 —
10 liegen, war das jedenfalls nordwestlich von Pane-
physis zu suchende Diolcos. Von historischer Treue in der Wieder-
gabe der Gespräche kann in den letzten Teilen des AVerkes natürlich
noch w^eniger die Rede sein als in dem ersten Teile. „Collatio" 13
wenigstens, in der Abt Chäremon „de protectione Dei", über göttliche
Gnade und menschliche Willensfreiheit, handelt, muß noch besonders
genannt w^erden, weil sie zum ersten Male dem sog. Semipelagiauismus
einen klassischen Ausdruck gegeben hat. Gegen sie richtete Prosper aus
Aquitanien seine Streitschrift „De gratia Dei et libero arbitrio über
contra Collatorem". Durch den Mund Chäremons hatte Cassianus die
Sätze vertreten: ..(Dens) cum in nobis ortum quendam bonae voluntatis
inspexerit, illuminat eam confestim atque confortat et incitat ad salutem,
Bardenliewer. Gesell, der altkirclil. Literatur. IV. 3t)
.
quid de illius in cruce latronis pietate dicemus, qui desiderio suo vim
quandam regnis caelestibus inferentes specialia vocationis monita prae-
venerunt?" (Coli. 13, 11.)
Mit Rücksicht auf diese dogmatische Entgleisung erklärte die
sog. Gelasianische Dekretale „De libris recip. et non recip." „Opuscula :
'
Bei V. Dobschiitz, Das Decretum Gelasiannni etc.. Leipzig 1912. r»(j.
-Bened., Reg. mon. 4'2 73. Cassiod.. Instit. div. lit. 2Ji vgl. Cassiod.. E.xpos.
:
der Arbeit des afrikanisclien Bischofs durch Cassiod.. Instit. div. lit. '29, vgl. Petschenig
im Corpus script. eccies. hit. 17. Vindob. ISSS. l'roleg. xcvi.
'
I'hot.. Bild. cod. I'.i7.
—
S 77. (iailicr der ersten Hälfte «Ics ."). .Ialiiliiui(leits. 1. -luliannes Cassiami.s. r)()3
Die handschriftliche ÜberUeferung ist bei De inst, coenob. und Coli, über-
aus reich, bei De incarn. Dom. arm. M. Petschenig. Über die textkritischen
(h'undlatittMi im zweiten Teile von Cassians Conlationes Sitzungsberichte der :
Kais. Akad. dei- Wissensch.. Philos.-hist. Kl.. 103. Wien 18S3. 491—519. Ders.
im Corpus script. eccles. lat. 17. Yindob. 1888. Proleg. xiv lxxviii. Ders.,
Zur liaudscliriftliclien Überlieferung Cassians: Wiener Studien 12 (1890) 151
bis 158. De inst, coenob. ist zuerst 1481 zu Venedig gedruckt worden, CoU.
1485 zu Basel. De incarn. Dom. 1534 zu Basel. Später erschienen Gesamt-
ausgaben. Die weiteste Verbreitung fand die durch den Reichtum der erläu-
ternden Noten ausgezeichnete, zuerst KUG zu Douai erschienene Gesamtaus-
gabe von AI. Gazaeus (^Gazet). Sie ward wieder abgedruckt bei Migne. FP. Lat.
—
49 50. Den zuverlässigsten Text bietet die neue Ausgabe von M. Petschenig
im Corpus script. eccles. lat. 13 und 17. Wien 1886 und 1888.
Der lateinische Auszug aus den .Collationes" von Eucherius von Lyon
ist. wie gesagt, abhanden gekommen. Die angebliche „S. Eucherii Lugdunensis
episcopi Epitomc operum Cassiani" bei Migne. PP. Lat. 50. 8^7 894 ist nur —
eine moderne lateinische Übersetzung der griecliischen Auszüge bei Migne.
—
PP. Gr. 28, 849 90() und ist hier auch als Übersetzung dem griechischen
Texte an die Seite gestellt. Bei Migne. PF. Lat. a. a. 0. hat sie nur eine
neue Aufschrift erhalten. Siehe Fi-. Diekamp. Eine moderne Titelfälschung:
Rom. Quartalschr. f. christl. Ahertumskunde usw. 14 (1900) 341—355. Erhalten
hat sich eine wahrscheinlich im S. .lahrhuiulert in Südgallien oder Spanien ent-
standene lateinische , Regula Cassiani". deren Stoft' dem Werke ,De inst, coenob."
entlehnt ist. Näheres über dieselbe bei H. Plenkers. Untersuchungen zur Über-
lietenmgsgeschichte der ältesten lateinischen Monchsregeln (Quellen und Unter-
suchungen zur latein. Philologie des Mittelalters 1. 3). München 1906, 70 84. —
— Die erwähnten griechischen Auszüge bei Migne. PF. Gr. 28. 849 906 —
sind dem Werke „De inst, coenob." entnommen und in zwei Bücher abgeteilt.
Der Eingang oder die erste Hälfte des ersten Buches ward von neuem heraus-
gegeben durch K. Wotke, Die griechische Version der Epitome operum Cassiani
des Pseudo-Eucherius im cod. Vindob. graec. theol. Nr. 121. Teil 1 (Progr.).
36*'
—
Wien 1S9S. (Fälschlicli hielt Wotke den griediischen Text für eine Über-
setzung der lateinisclien .Epitonie". während er die letztere mit Recht Eueherius
absprach.) Griechische Auszüge aus den ,Collationes" veröffentlichte K. J. D3'o-
bouniotes. 'lujdvvou KaaaiavoO AiaXeSei^ TraTtpujv: 'EKKXrjf^- ^cipoq 11 (1918)
51 ff. KU ff. 225 ff. Vgl. Marc in der Byzant. Zeitschr. 22 (1918) 578 f. Über
Spuren der Schriften Cassians in der griechischen Literatur siehe Diekamp
a. a. 0. 852 ff.
Eine deutsche
I'bersetzung aller drei Sclu-iften Cassians lieferten A. Abt
und K. Kollihund. Kempten 1(S79. 2 Bde. (^BibHothek der Kirchenväter.) Eine
englische Lbersetzung aller drei Schriften von E. Ch. S. (ribson steht in
A select library of Nicene and Post-Nicene Fathers of the Christian Church.
Second series. 11. New York 1894.
Über Form und Sckriften Cassians im allgemeinen handeln
Inhalt der
C. V. Paucker. Die Latinität des Johannes Cassianus Romanische Forschungen
:
2 (1886) 391 —
448. Petschenig, Romanisches bei Cassian: Archiv f. latein.
Lexikogr. und Grammatik 5 (1888) 138 f. A. Hoch. Lekre des Johannes Cas-
sianus von Natur und Gnade, ein Beitrag zur Geschichte des Gnadenstreits im
5. Jalu-hundert. Freiburg i. Br. 1895. 8^'. Fr. Wörter, Beiträge zur Dogmen-
geschichte des Semipelagianismus. Padei-born 1898. 31 —
79: .Cassians Lehre *".
Th. Pozdiejevskij Die aszetischen Anschauungen des hl. Johannes Cassianus.
.
la gräce (These). Lyon 1908. 8". L. Wrzol. Die Psychologie des Johannes
Cassianus: Divus Thomas 5 (1918) 181 ff. 425 ff. (, Forts, folgt"). Zu De —
inst, coenob. vgl. R. Heiiu'ichs. Die Arbeit und das Mönchtum in Kassians Schrift
,Von den Einrichtungen der Klöster": Der Katholik 1892. 2. 895—408. Zu
—
De inst, coenob. 1. 5 12 und Coli. 5 vgl. Fr. Degenliart. Der hl. Nilus Sinaita.
—
Münster i. W. 1915. 174 178. Br. Albers. Ist der bei Kassian Instit. 5. 87 ff.
erwähnte Einsiedler Archebios identisch mit dem in Coli. 11. 2 genannten Bischof
Archebios von Panephysis? Stud. u. Mitteil, zur Gesch. des Benediktinerordens
—
85 (1914) 845 847. Zu den Zitaten aus Xe.storius in De incarn. Dom. vgl.
Ed. Schwartz. Konzilstudien. Straßburg 1914. 1 —
17: -Cassian und Nest onus.
^
—
48 69. S. Merkle. Cassian kein Syi'er: ebd. 419 441. G. Abel. Studien zu —
dem gallischen Johannes Cassianus (Progr.V Minichen 1904. S".
Presb>i:er
A. Menager. La patrie de Cassien: Echos d'(^rient 1921. 880 858. —
Gegen Anfang des 5. Jahrhunderts hat ein abendländischer Bischof namens
Maximus in einem Briefe an Patiiarcli TlicojJiihis viui Alexandrien (885 412)
über die Verwüstung seiner Heimat durch Barliaienhorden ergreifende Klage
geführt und für eine Anzahl Nonnen um Aufnahme in ein ägyptisches Kloster
gel)eten. In der Handschrift zu Monte Cassino. nach welcher A. Reitferscheid
(Index scholarum in Univ. Litt. Vratislav. per hiemeni a. 1871 1872 haben- —
darum 1 -8i den Brief zuerst herausgab, \vird Maximus als afrikanischer Bischof
bezeichnet. zwei oder drei später aufgefundenen Handschriften fehlt diese
In
Bezeichnung. Morin
aber hat es wahrscheinlich zu machen verstanden, daß
Maximus nicht in Afrika, sondern in Gallien, und zwar ivn äußersten Norden
Galliens, nahe an dei- Meeresküste, beheimatet gewesen, daß statt .episcopus
Africanus" in der Handschrift zu .Monte Cassino vielmehr .episcopus Afrinca-
tinus". Bisilidf villi .\vra)i(ht's. zu lesen und daß dei- in dem Briefe erwähnte
§ 77. (lallier der ersten Hälfte des f). Jahrhunderts. 2. Evagrius. 505
Neffe des Bischofs mit Namen Daniel kein anderer ist als der in einem Schreiben
des Papstes Cälestinns I. an südgallische Bischöfe vom 25. Juli 428 (Migne.
f'P. Lat. 50. 488) schwer angeklagte Kleriker Daniel. Siehe G. Morin in der
—
Revue Benedictine 11 (1894) 274 278. und wiedeiiim in dei- Revue Charle-
—
magne 2 (1912) 89 104. An der letzteren Stelle gibt Morin eine neue Rezen-
sion des Briefes und eine seine fi-üheren Ansichten wesentlich überholende
Darstellung der Entstehungsverhältnisse.
Evagrius.
2. —
Um 430 hat der Gallier Evagrius eine „Alter-
catio inter Simonem ludaeum et Theophilum Christianum" ver-
legis
öffentlicht (Migne, PP. Lat. 20, 1165—1182). welche zur Zeit, da Gen-
nadius sein Buch „De viris illustribus" schrieb, in den Jahren 4G7 469. —
in Gallien fast in aller Händen war Aus der Stellung, welche Gen-
' .
nadius den Worten über Evagrius zuwies, i.st zu folgern, dafs Evagrius
jedenfalls in der ersten Hälfte, wahrscheinlich im ersten Drittel des
5. Jahrhunderts gelebt hat. Daß er Gallier war, ist den Worten selbst
zu entnehmen und wird durch seine Schrift bestätigt; Anelleicht ist er
identisch mit dem Evagrius, welcher bei Sulpicius Severus als Priester,
Möncli und Schüler des hl. Martinus von Tours eingeführt wird -.
Seine Schrift ist eines der letzten Denkmäler der literarischen
Auseinandersetzung zwischen der alten Kirche und dem Judentum. Der
Jude Simon und der Christ Theophilus, vermutlich nur fingierte Per-
sönlichkeiten, streiten über (Jhristus. Der unterliegende Teil soll die
Religion des Siegers annehmen. Der Jude sagt zu Eingang: -Aut, si
tu me hodie reviceiis. facito Christianum. aut. ego te cum superavero,
faciam Nazoraeum Judaeum." Als Beweisinstrument soll lediglich die
Heilige Schrift des Alten Testaments gelten. Der Jude, der die Ver-
handlung eröffnet, stellt meist ganz kurze Fragen, während der Christ
in der Regel sehr ausführlich antwortet. Fast jede Antwort des Christen
aber befriedigt oder überzeugt den Juden er erhebt keine Einwendungen,
:
'
Gennad. a. a. 0. 50: ,paene omnibus nota est"
* Sulp. Sev., Dial.3. 1.4: 2. 8.
5(j() Dil' latoiiiisclu- Litcratiii- des liiiillcii .lahrhunderts.
liericlite der Kais. Akad. der Wissensch.. Philos.-Iiist. Kl.. 14S. Abb. 1. Wien
linitkc. Kpilcirninciia zur Wiener .\iisic;ilic ti<T .Mtercatio etc.. Wien i;i()4. l.')S
4? 77. (iailier (k'i- ersten Hälfte des ü. Jahrli. 8. Honoratus und Kndierius. 5157
1'.KI4. ^ielie auch noch A. Marmoi-stein, .Juden und Judentum in der Altercatio
Simonis ludaei et Theophili C'hristiani Theol. Tijdschrift 1915. 360 383.
: —
3. Honoratus von Arles und Eucherius von Lyon. —
Die zweite Lieferung der .Collationes" Cassians, welche vor 426 erschien,
war den Mönchen (fratres) Honoratus und Eucherius gewidmet. Hono-
ratus. vornehmem Geschlecht entsprossen, hatte zu Beginn des 5. Jahr-
hunderts die zweitgrößte in jener Gruppe kleiner Inseln an der Süd-
ostküste Frankreichs, Lerinum oder Lirinum, jetzt Saint-Honorat, bis
dahin nur von Schlangen bewohnt und von Menschen scheu gemieden,
zu einer blühenden Mönchskolonie umgeschaffen. Ln Jahre 426 ward
er auf den altberühmten Metropolitansitz von Arles berufen, aber schon
428 oder Anfang 429 durch den Tod seiner segensreichen Tätigkeit
entrissen. Die Hauptquelle über ihn ist eine schöne Gedächtnisrede
seines Schülers und Nachfolgers Hilarius von Arles (Migne, PP. Lat. 50,
—
1249 ^1272). Schriften von seiner Hand sind nicht auf uns gekommen.
Der anscheinend weitverzweigte Briefwechsel, welchen die genannte
Kede (c. 4, 22) Honoratus beilegt, und die Regel, welche er laut ander-
weitigen Zeugnissen seiner Genossenschaft auf Lerinum gegeben hat,
sind zu Grunde gegangen.
Vgl. zu diesen Schriften die Histoire literaire de la France 2. Paris 1735,
159 — 161:
zu der Regel auch C. Fr. Arnold. Cä.sarius von Arelate. Leipzig 1894,
509 Über des Hilarius von Arles ,Seniio de vita S. Honorati'' vgl. unten
ff.
Abs. 4. Später haben die Legende und die Poesie sich des populären Heiligen
bemächtigt. Eine weitläufige lateinische „Vita S. Honorati'". welche im 13. Jalu--
hundert von einem Lerinenser Mönche geschrieben worden ist. erzäUt die albern-
sten Märchen. eines provenzalischen Gedichts über
Sie bildete die Gi-undlage
das Leben welches Raimon Feraut im Jahre 1300 verfafit hat.
des Heiligen,
herausgegeben von A. L. Sardou. Nizza 1875. Eine kürzere Umarbeitung der
lateinischen A'ita liegt in zwei Drucken aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts
vor. Näheres bei ß. Munke. Die Vita 8. Honorati nach drei Handschriften
herausgegeben nebst Untersuchungen über das Verhältnis zu Raimon Feraut
;
von W. Schäfer und über die Ortsnamen beider Texte von A. Ki-ettek. Halle a. 8.
1911 (Zeitschr. f. romanische Philologie. Beiheft 32).
'
Vgl. den an Eucherius und (ialla gerichteten Brief des hl. Paulinus von Noia.
Ep. r)L 2, ed. de Hartel.
:
'
Claud. Mam., De statu animae 2, 0. ed. Engelhrcclit.
'*
(lennad., De vir. ill. (53.
•'
Zuerst in der Hist. lit. de la Franee 2. 'iSO; vgl. ;5(;u tt. Kine andere Ver-
iniitung, Valerianus sei der spätere Biseliof Valerianus von Ceinele 'unten Abs. 4 .
'
(lennad. a. a. O.
§ 77. Gallier der ersten Hälfte des 5. Jahrh. 3. Honoratus und Eucherius. 5(39
Script, eccles. lat. 81. Vindob. 1894. Er enthält Forniulae. Instructiones. Passio
Agaunensium mart}Tum. De laude heremi und anhangsweise drei Briefe an-
Eucherius. — Eine kritische Sonderaussabe der Foimulae lieferte schon
*
Claud. Main. a. a. 0.
57(1 J^i»' latt'iiiisclic Litciatur des fünften .laliiliiinderts.
Kr. l'aiilv. (iraz 1884 (Progr.). Die älteste Handhclirift der Furiuulae. ein
codex Hessorianus saec. VI. abgedruckt bei Pitra. Analecta Sacra 2, Paris.
1884. 511 —
569, ist bedeutend kürzer als alle übrigen Handschriften, und Wotke
(in der genannten Ausgabe Praef. xiii) will diesen kurzen Text für einen ersten
Entwurf des Verfassers halten. Derselbe kann al)er auch ein Auszug aus dem
längeren Texte sein. Einen spätestens im 8. Jahrhundert entstandenen, alpha-
betisch geordneten Auszug aus dem längeren Texte veröft'entlichte \\'otke in
den Sitzungsberichten der Kais. Akad. der Wiss.. Philos.-hist. KL. 115. Wien
1888. 425 —
439. Zum Inhalt der Formulae vgl. Ad. Merx, Eine Rede vom
—
Auslegen, insbesondere des Alten Testaments. Halle a. S. 1879. 59 ßl. —
Zur Textkiitik der Instruction es vgl. noch Wotke. Der Codex Vat. lat.
Reg. 84(i Eucherius
des Wiener Studien 17 (1895) 294—297. A. Souter.
:
14 (1913) 69 72. — —
Der unechte Kommentar über die (Jenesis (Migne
50. 893 —
1048) ist ein aus Augustinus, Hieronymus. Gregor d. Or.. Isidor
von Sevilla und andern zusammengearbeiteter Cento. Der Eingang desselben,
zu Gn 1—4, 1. ist nach der eine eigene Textrezension bietenden Reichenauer
Handschrift des 10. Jahrhunderts von neuem herausgegeben worden durch
Wotke. Wien 1897 (Progr.). —
Die Abhandlung Ad Faust in um de situ
I u d a e a e ward neuerdings herausgegeben von P. Geyer, Itinera Hierosolymi-
tana saec. 4—8 (Corpus eccl. lat. 39), Vindob. 1898, 123—134: vgl.
Script,
Praef. xv —
— xviii. Die Passio Agaunensium martyrum findet sich
auch bei Br. Krusch in den Monum. Germ. bist. Script, rer. Meroving. 3.
Hannov. 1896, 20 — 41. Vgl. zu derselben A. Dufourcq. Etüde sur les Gesta
martyrum romains 2 (Le mouvement legendaire Lerinien). Paris 1907. 9 35. —
M. Besson. La question du martyre de St. Maurice et de ses compagnons:
Revue Charlemagne 2 (1912) 129 189. — —
Was die Predigten angeht, so
stehen bei ^ligne 50. 833 —
866: 10 homiliae ad monachos. eine hom. de sancta
Blandina Lugdunensi. eine hom. de sanctis martyribus Epiphodio et Alexandre
und das von Claudianus Mamertus zitierte Homilienbruchstück. Es folgen noch
—
865 868 eine exhortatio ad monachos und 1207 1212 eine sententia ad —
monachos nebst einer admonitio ad virgines. Nicht wenige, vielleicht die meisten
dieser Homilien sind auch unter dem Namen des Cäsarius von Arles lim (i. Jahr-
hundert) überliefert. Siehe Arnold. Cäsarius von Arelate, Leipzig 1894. 4;>(i ff.
451 f. —
Unterschoben ist auch der kleine Brief des Eucherius ,a(l Pliilonem
presbyterum", Migne 50. 1213 f. Aus einem echten Briefe des Eucherius an
Honoratus von Arles hat Hilarius von Arles. Sermo de yita S. Honorati 4. 22
(Migne 50, 12(51), ein hübsches Dictinn aufljewahrt. ITber Eucherius im all- —
gemeinen handeln A. Mellier. De vita et scriptis S. Eucherii Lugdunensis epi-
scopi (Thesis), Lugduni 1878. 8^. A. Gouilloud. St. Eucher. Lerins et l'eglise
de Lyon au 5^' siecle. Lyon 1881. 8".
Paris. 1884. 508 ff. durch Wotke, S. Eucherii Lugd. opp.. pars 1. Vindob.
;
1894. 198 f. Dieser Rusticus ist von manchen älteren Forschern mit einem in
den Briefen des Bischofs A})ollhiaris Sidonius (Epp. 2. 11; 8, 11) auftretenden
Rusticus von Bordeaux identifiziert worden, von Pitia und Wotke mit Bischof
Husticus von Narbonne [4'2~ 4(51 \ —
Hat es sich l)ei dem Ikiefe wirklich um
«Instructioiunn ad Saloiiiuni libri duo" gehandelt, so kann Rusticus von NarboTUie
nicht der N'erfasser sein, weil er bereits am 9. Oktober 427 Bischof geworden
S 77. (lalliiT iler ersten Hälfte des f). .lalirh. 4. Hilarius und Valeriaiui.s. f)7|
ist (^Duchesne. Fastes (ipiscopaux de laiicienne Gaule 1. '2. Aufl.. l'aiis 1*.)()7.
;-)08), die Instructiones aber, wie gesagt, nicht vor 42<S ans Licht getreten sind.
von Arles (Sermo de vita S. Honorati: Migne, PP. Lat. 50, 1249 bis
1272). Sie mochte sich größeren Ansehens erfreuen. Sie ist etwa 430
bei der Rückkehr des Todestags des hl. Honoratus vorgetragen worden
und zeichnet sich aus durch eine sehr wohltuende, weil natürliche und
aufrichtige, aus den innigen Beziehungen zwischen dem Redner" und
seinem Helden fließende Wärme der Darstellung. Es ist aber auch eine
„Vita S.Hilarii Arelatensis" auf uns gekommen (Migne 50, 1219 1246). —
welche gleichfalls einen persönlichen Schüler, wahrscheinlich den Bischof
Honoratus von Marseille, gegen Ende des 5. Jahrhunderts, zum Ver-
fasser hat, an LTmfang wie an innerem AVert hinter der ..Vita S. Ho-
norati" zurückstehend, aber doch reich an dankenswerten Aufschlüssen.
Auch auf die Schriften des Hilarius geht sie etwas näher ein (c. 11, 14).
Außer der ..Vita S. Honorati" werden folgende namhaft gemacht:
„homiliae in totius anni festivitatibus expeditae, s^'mboli expositio
'
Aug.. Ep. 225. 9.
- L. Duchesne. Fastes episcopaux de Tancienue Gaule 1'-. Paris UtU7. 112 11!^:
vgl. 256.
•^
Gennad.. De vir. ill. GH.
fj^v» Die lateinische Literatur des fünften .lalirhiinderts.
Die Überreste der Schriften des Hilarius wurden gesammelt von P. Quesnel
in seiner Ausgabe der Werke Leos d. Gr.. Paris 1675, 1, 729 776: von —
J. Salinas, SS. Vincentii Lirin. et Hilarii Arelat. opera. ßomae 1731. S''; von
den Brüdern Ballerini in iln-er Ausgabe der Werke Leos d. Gr.. Venedig 1753
bis 1757, 2. 305 —
392. —
Der Brief an Eucherius von Lyon i^Migne 5(J. 1271 f.)
auch bei Pitra, Analecta Sacra 2. Paris. 18<S4. 50S bei Wotke. S. Eucherii
;
Lugd. opp.. pars 1. Vindob. 1894. 197 f. Einen abhanden gekommenen Brief
des Hilarius an Eucherius aus früherer Zeit erwähnt Eucherius De laude heremi
3, ed. Wotke 178. Die vier Verse über die brennende Quelle auch in der An-
thologia Latina, rec. AI. Riese, 2. Aufl., Lipsiae 1906, nr. 487. Über den Sermo
de mii-aculo S. Genesii vgl. Arnold. Cäsarius von Arelate. Leipzig 1894. 68 ff.
Über die Gedichte ,In Genesin ad Leonem papam** und ,De martyrio Macca-
baeorum" siehe Bd. 3 dieses Werkes. Freiburg i. Br. 1912. 389 f. 466 f. Der
.Tractatus in septem epistolas canonicas" ist erst in dem Spicilegium Casinense
3, 1 (Monte Cassino 1897). 205 —
260, veröffentlicht worden, und zwar nach
einer Handschrift des 9. Jahrhunderts. In dieser Handschrift wird jedoch der
Verfasser nur Hilarius genannt, und erst die Herausgeber (Proleg. xxiii ff.)
haben densell)en mit Hilarius von Arles identifizieren zu dürfen geglaubt. Gen-
nadius und der Verfasser der ,Vita S. Hüarii" aber wissen nichts von einer
Erklärung der katholischen Briefe.
Der erwähnte Bischof H o n o r a t u s von ^I a r s e 1 e gegen Ende des
i 1 .
5. wird von dem Fortsetzer des Gennadius (De vir. ill. 99).
Jahrhunderts,
unsrem einzigen Zeugen, als ein seeleneifriger Hirte und gewandter Prediger
geschildert, welcher auch schriftstellerisch tätig war: -in homiliarum nit)dum
ad utilitatem legentium multa componit". und wiederum: .sanctorum patrum
vitas ad aedifieationem posterorum coaptat ipse legendas. praecipue nutritoris
sui Hilarii Arelatensis ecclesiae episcopi" (ich zitiere nach Kichardson in den
Texten und Untersuchungen usw. 14, 1 [1896] 97). Auf Grund der letzteren
Bemerkung wird die Vita S. Hilarii Arelatensis. welche handschriftlich teils
anonym, teils unter dem Namen eines sonst nicht bekannten Reverentius über-
liefert ist, meist Honoratus zugeeignet. Im übrigen sind die Sclli-iften des
Honoratus sämtlich zu Grunde gegangen. Ausgaben der Vita bei Quosnel
a. a. 0.. bei J. Salinas. SS. Prosperi Aquitani et Honorati Massiliensis opera.
—
Romae 1732. 237 311. bei den Ballerini a. a. O. Vgl. über dieselbe die Hist.
lit. de la France 2. Paris 1735. (i44 —
(549 sowie die Note der Ballerini. ab-
gednukl bei Migne 50. 1219 ff.
angehört. Doch beruht unser ganzes Wissen um sein Leben und Wirken
nur auf gelegenth'clien Angaben in Synodalakten und in der Brief-
sanmilung Leos. Er hinterließ '2{) Homilien (Migne 52, 691 756) und —
eine .Epistola ad monachos de virtutibus et ordine doctrinae apostolicae"
(52, 755 — 758). Wie der Brief, so sind auch die Homilien, die sich durch
wiederholte gegenseitige Bezugnahme zusammengehörig erweisen, als
vorwiegend aszetisch Stellen bekunden semi-
gerichtet. Einzelne
pelagianische Anschauungen, insbesondere der Satz „ Xostrum est igitur :
bonum velle, Christi vero perficere" (hom. 11, 4). Die Sprache ist sehr
rein, der Ausdruck sehr abgewogen, das ganze Äußere sehr anziehend.
„Valerian hat seine Homilien mit allen Kunstmitteln der gallischen
Rhetorenschulen ausgestattet"-. Hin und wieder macht er auch wert-
volle Mitteilungen zur südgallischen Zeitgeschichte.
Die erste der zwanzig Homilien. ,De bono disciphnae*". ist zuerst unter
dem Namen des hl. Augustinus gedruckt worden (und steht daher auch bei
—
Migne 40, 1219 1222). Sämtliche Homilien in Verbindung mit dem Briefe
wurden zuerst durch J. Sirmond herausgegeben. Paris 1612, S*'. Der Text
bei Migne a. a. 0. stammt aus (TaUandi. Bibl. vet. Patrum 10. Venet. 1774.
123—158. Vgl. Hist. Ut. de la France 2. Paris 1735. 328—332. N. Schack!
De Valeriano saeculi ([uinti homileta christiano. Havniae 1814. 8*^. W. Zeck
in Wetzer und Weites Kirchenlexikon 12. 2. Aufl.. Freiburg i. Br. 1901. 558
bis 560. C. Fr. Arnold in der Realenzykl. f. prot. Theol. u. Kirche 20. 3. Aufl..
1908. 418—420.
Bischof Lupus von Troyes, 427 —
479. ein Schwager des Hilarius von
Arles, hat in Gemeinschaft mit Bisehof Euphronius von Autun in einem noch
erhaltenen Schreiben litvngische und kirchenrechtliche Fragen des Bischofs Ta-
lasius von Angers beantwortet. Migne 58. 66 68. —
Vgl. Hist. lit. de la France
2. 486 —
494. Der Brief, in welchem Lupus seinen Freund ApoUinaris Sidonius
zu der Wahl zum Bischof von Clermont-FeiTand beglückwünscht (Migne 58.
()3— 65), ist eine Fälschung des Oratorianers Hieronymus Vignier (gest. lü^iD-
Siehe J. Havet, Les decouvertes de Jeröme Vignier: Bibhotheque de l'Ecole
des ("hartes 46 (1885) 252 —
254. Eine kleine Vita S. Lupi. über deren Alter
und Vertrauenswürdigkeit die Ansichten weit auseinandergehen, ward von neuem
rezensiert durch Br. Krusch in den ]Monum. (ierm. hist. Script, rer. Mero\'ing.
3. Hannov. 189(i. 117—124. und wiederum ebd. 7. Hannov. 1920. 284—302.
Vgl. Krusch in dem Neuen Archiv der Gesellsch. f. ältere deutsche Geschichts-
kunde 24 (1898) 559-570.
'
Vgl. Leo M.. Ep. Gti.
gebai'. Er wuüte dann aber seine Frau nicht bloß zur Annaliine des
christlielien (Jlaubens, sondern auch zu dem Entschkiü vollkoiiunener
Enthaltsamkeit zu bewegen und flüchtete nun, etwa um 424. ähnlich
wie p]ucherius von Lyon, mit Frau und Kind in die gottgeweihtH
Einsamkeit auf Lerinum. ein Schritt, welcher den heftigen Unwillen
seiner Schwiegereltern erregte, obgleich diese inzwischen auch zum
Christentum übergetreten waren. In einem noch vorliegenden Briefe
machen Salvianus, Palladia und Auspiciola gemeinschaftlich einen rüh-
renden Versuch, die Schwiegereltern, welche allen Verkehr mit ihnen
abgebrochen hatten wieder zu versöhnen, Honoratus, der Stifter ' .
spricht, fällt jedes Vorrecht des Christen vor dem Nichtchristen dahin.
Nun ist aber, wie leicht zu zeigen, fast die ganze christliche Gesell-
schaft nur <'in Pfuhl von Lastern (quid est aliud paene OTunis coetus
Christianorum quam sentina vitiorum? 3. i). 44). Gerade das Unglück
'
.Sah-., Ep. 4. - Hil. Arelat., Serino de vita S. Honorati 4. II'.
•'
Eucli.. Instruct. ad ISalon.. IIb. 1. praef. "*
Geiinad.. De vir. ill. (17.
S 77. ( iailior der ersten Hälfte des 5. .laluli. T). Salviaiuis v^n Marseille. 575
' Vgl. 8. 1, 1: ,C'ertiis sum fa.stidiosam pliirimi.s stili liiiius prolixitatem fore."
- Vgl. Hämmerle. Studien zu Salvian Landshut 1893, 14 ff.
1.
Über andere Erklännigsversuche. Gennadius habe nur einen Teil des Werkes
'
in Händen gehabt, die handschriftliche Buchabteilung sei erst späteren Datums, siehe
Sternberg in den Theol. Studien und Kritiken 8-2 .1909. 41 ff.
57(5 Die lateinische Litfiatur des füiilten .lalirlimiderts.
Noch eine zweite, kleinere Schrift Salvians hat sich auf unsre
Tage gerettet, nach dem Selbstzeugnis des Verfassers und der hand-
schriftlichen Überlieferung „Ad ecclesiam" betitelt, bei Gennadius
..Adversum avaritiam" genannt. Sie stammt aus den Jahren 435 439 —
und wird in dem Weike „De gubernatione Dei" (4, 1, 1) bereits zitiert.
In das Gewand eines Sendschreibens an die ganze katholische Kirche
gekleidet, will diese eigenartige Schrift bessernde Hand an die Schäden
der Zeit legen, und zwar an das Grundübel derselben, aus welchem
die andern Krankheiten erst entspringen. Dieses Grundübel ist die
avaritia, nicht die Habsucht oder Geldgier im allgemeinen, sondern
jener Geiz im besondern, welcher sein Geld Gott, d. h. der Kirche und
damit den Armen, vorenthält. Es sei Pflicht des Christen und nament-
lich des Religiösen und des Klerikers, der Kirche Almosen und Schen-
kungen zuzuweisen und beim Tode die Kirche zur Erbin des Vermögens
einzusetzen, nicht zur Bereicherung der Kirche selbst, sondern zum
Besten der auf die Kirche angewiesenen Notleidenden. In neuerer Zeit
haben diese Forderungen oft Erstaunen mitunter auch Entrüstung ,
episcopum librum unum" nennt, aber irrtümlich mit dem Werke „De
gubernatione Dei". statt mit der Schrift «Ad ecclesiam" in Verbindung
bringt -.
Gennadius
si)riclit von einer Sammlung von Briefen Salvians,
wenn anders, was zweifelhaft erscheint, die Worte „Epistolarum librum
unum" als echt gelten dürfen. Uns sind nur neun und zumeist kurze
und wenig belangreiche Briefe überliefert. Der umfänglichste und auch
interessanteste ist das schon erwähnte Schreiben an die Schwieger-
eltern Salvians (Ep. 4).
'
Salv., Ep. 9.
-
Statt ,pio eoriini piaeniio satisfactionis". wie es in Hichardsons (Jennadiu.s-
Aiisijalie lieil.it. lese icli mit dei- Aiistialie Hernmillis .pro eonini proemio prooemio")
satisfactioMis''. Virl. C/apla. • leniiadiiis als Litteiarliistoriker. Minister i. \V. ISJtH.
141) f.
,
S 7(. (iailier der ersten Hallte des 5. Jalnliunderts. 5. Salvianus von Marseille. 577
Mehrere sonstige Schriften Salvians kennen wir nur noch aus der
Aufzählung der Titel bei Gennadius: „De virginitatis bono ad Mar-
ccllum presbyterum libros tres", „Expositionis extremae partis libri
Kcclesiastes ad Claudium episcopum Viennensem librum unum" —
Bischof Claudius von Vienne tritt 441 und 442 auf Synoden auf ^ —
„De principio Genesis usque ad conditionem hominis composuit versu
(juasi Hexaemeron librum unum" —
Salvianus hat sich also auch in
gebundener Rede versucht —
„Homilias episcopis factas multas, Sacra-
,
mentorum vero <|uantas nee recordor". Diese beiden letzten Titel haben
veischiedene Deutungen erfahren. Unter „Homiliae episcopis factae**
werden indessen jedenfalls „für Bischöfe gefertigte Homilien" zu ver-
stehen sein, und mit diesen Homilien könnte auch ein Ehrentitel, den
(iennadius zu Eingang seines Artikels Salvianus beilegt, „magister
episcoporum", zusammenhängen, insofern der, der Bischöfen ihre Pre-
digten aufsetzt, auch wohl Lehrmeister von Bischöfen genannt werden
darf^. Näher aber dürfte es liegen, diesen Titel auf den Umstand
zurückzuführen, des.sen Gennadius an früherer Stelle gedachte, daß
nämlich die zwei Söhne des Eucherius von Lyon, deren Lehrmeister Sal-
vianus auf Lerinum war. beide Bischöfe geworden sind-^ Die Schluß-
worte „Sacramentorum vero quantas nee recordor" können so w'ie sie
lauten nur auf eine andere Gruppe von Homilien bezogen werden.
Aber die Übersetzung „Homilien über Sakramente" unterliegt schweren
Bedenken, und die besser begründete Übersetzung „Homilien über Meß-
gebete" will auch nicht befriedigen. Dürfte man „quantas" abändern
in „quanta", so ließe sich an eine Sammlung von Meßgebeten denken,
ähnlich dem „Sacramentorum egregium et non parvum volumen".
welches Gennadius einem Zeitgenossen und Amtsbruder Salvians. dem
Presbyter Musäus von Marseille, zuschreibt^.
über die älteren Ausgaben der Schriften Salvians belichtet Schoenemann.
Bibl. hist.-lit. Patr. lat. 2. 825 ff. üie wichtigste derselben ist die Ausgabe
von St. Baluze. Paris lOöo. 10G9. 1.684: abgedruckt bei Migne. PP. Lat. 53.
Neuere Ausgaben lieferten C. Hahn in den Monuni. Germ, liist. Auct. antiquiss.
1. 1. Berol. 1877. und Fr. Pauly im Corpus Script, eccles. lat. 8. Vindob. 1888.
A'gl. die Abhandlungen Halms und Paulys über die handschriftliche Überliefe-
rung der Schriften Salvians in den Sitzungsberichten der Kgl. bayer. Akad. der
Wissensch. zu München. Philos.-phüol. u. hist. Kl.. 1876. 1. 390 412, bzw. in —
den Sitzungsberichten der Kais. Akad. der Wissensch. zu Wien, Philos.-hist. Kl..
Bd. 98 (^1881) 3 —
41. Ein Brief Salvians an Eucherius von Lyon. Ep. 8 (ed. Pauly
216), ward neuerdings herausgegeben durch Pitra. Analecta Sacra 2. Paris. 1884.
5()7. sowie durch Wotke. S. Eucherii Lugd. opp.. pars 1. Yindob. 1894. 197. —
Deutsche Lbersetzungen des Werkes ,1)6 gubernatione Dei" besorgten P. Gaffer.
Aachen 1858, 8"; A. Helf. Kempten 1877 (Bibliothek der Kirchenväter). Über —
Duchesne. Fastes episcopaux de lancienne Gaule 1;. Paris 1907, 205.
'
'
So erklärt, wenn ich ihn anders recht verstehe, auch Valran, Quare Salvianus
presbyter Massiliensis magister episcoporum a Gennadio dictus sit, Lutetiae 1899. 3.
"''
(Jennad. a. a. 0. 6.3. * Ebd. 79.
imd 82 (1909)
Ki-itiken 29—78 163—205. A. Kaufmann. Ein Verteidiger der
göttlichen Vorsehung im 5. Jahrhundert: Pastor Bonus 31 (1918) 60 66. —
Die mehrgenannten Söhne des Eucherius von Lyon, Salonius und V e-
ranus. sind, wie gesagt, beide Bischöfe geworden. Salonius Bischof von Genf,
Veranus Bischof von Vence in dem heutigen Departement Alpes Maritimes.
Da Salonius schon in Salvians Ep. 9 (ed. Pauly 217) und ebenso in Salvians
Werk De gubern. Dei, praef. (Pauly 1), als Bischof bezeichnet vnrd. so ist er.
wenn nicht fi-üher. spätestens 439 zu dieser Würde erhoben worden. Die Er-
hebung seines Bruders ist vermutlich später, jedenfalls aber vor 450 erfolgt.
Im Jahre 450 hat Bischof Ceretius von Grenoble im Verein mit den Bischöfen
Salonius und Veranus ein noch erhaltenes Schreiben an Leo d. (rr. gerichtet,
die sog. Epistola dogmatica des letzteren betreffend (Leo M.. Ep. 68: Migne,
—
PP. Lat. 54. 887 890). Salonius ist Verfasser einer Expositio mystica in
Parabolas Salomonis et in Ecclesiasten. welche zuerst 1532 zu Hagenau separat,
später in den Bibliothecae Patrum, zuletzt bei Migne a. a. 0. 53, 967 1012. —
gedruckt ward. Sie verläuft von Anfang bis zu Ende in Form emer Unter-
haltung zwischen Salonius und Veranus, indem letzterer fi-agt und ersterer
antwortet, ohne daß es jemals zu irgend einer Meinungsverschiedenheit käme.
Es werden aber auch nur einzelne Wörter und Wendungen herausgegriffen und
allegorisch oder typisch gedeutet. Unter dem Titel. ,Quaestiones et ad easdem
responsioncs in duos Salomonis libros. Proverbia et Ecclesiasten" steht das
Werk in etwas abgekürzter Gestalt auch bei Migne 172, 311 348. unter den —
Schriften des Klausners Honorius Augustodunensis im 12. Jahrhundert, der
.
aber nicht etwa als Verfasser in Betracht kommt, sondern laut den Schluß-
worten (nos humiliter descripsimus) nur Abschreiber gewesen ist. Vgl. Histoire
lit. de la France 2. Paris 1735, 433 437. —
M. Besson. Un eveque exegete
de Geneve au milieu du 5«^ siecle. St. Salone Anzeiger f. schweizerische Gesch.
:
^
Euch., histruct. ad Salon., IIb. 1. praef.
- Gennad.. De vir. ill. (j4: ,.apud monasteriuin Lirinensis insulae presbvter".
^ ,Ante triennium ferme"', c. 29, al. 42. Leider gibt es zwei Kapitehibt eilungen
des erhaltenen Textes, von denen die eine (43 cc.) aus dem 16. Jahrhundert stammt
und weit verbreitet ist, die andere (33 cc), bessere, 1684 durch St. Baluze ein-
geführt wurde.
37*
5J^() Die latciiiisc-lii' Litoratiir des fiinrtcii .Taliilnuidcits.
'
Auf (lif liiirkc'iilijiftigkoit uml Krgäiiziiiii;.slir(lürltiu;kcit ilifSiT ( ilaiilu-iisregcl
eiiiziiirclioii. ist liier der Ort. Wenn alter A. Elirliard die Jiegel des Vincentius
niclit
, einfach laiscli'' nennt Mist. .lalirl). IS (1S;)7| Sti(V. s(. hat er dieselbe allem Anschein
nach einrach lalsd: vcr.-taiiden. Vgl. H. K.uJi in der 'nu'ol. guartalsclir. 81 (1899)
S 77. (iiilli( r der eisten Hälfte des 5. .laliiliundert.s. 6. Viiicentius von Leiinuni. 581
Vgl. dazu Aug., De dono persev. 23, 64: ,Falluntur i|ui putant esse a nobis,
*
Ut07. 48 ff.
'
Koch a. a. 0. 39 Siehe dagegen Weyman im Hist. .Jahrbuch. 29 1908) 582 ff.
ff'.
5S'-> Dil' lateinische Ijitciatur des fünften .lalirliiMuieits.
Uas Comnionitoiiuin hat fast unzählig viele Ausgaben eilel>t. Eine der
besten ist die von 8t. Baluze besorgte Ausgabe (im Anhang seiner Edition
des Salvianus von Marseille). Paris IHBo. 1()()9, 1684: abgedruckt bei Migne.
—
PP. Lat. 50. 637 6S(i. Eine mit überreichen Noten ausgestattete Separat-
ausgabe lieferte E. Kliipfel. Wien 1809. 8". Neuere Ausgaben von A. Jülicher.
Freiburg i. Br. 1S95 (in Krügers Sammlung ausgewählter kirchen- u. dogmen-
geschichtl. Quellenschriften 10); von G. Rauschen. Bonn 1906 (in seinem Flori-
legium Patristicum ö): von R. S. Moxon. Cambridge 191ö. Rauschen und Moxon
sind auf die Handschriften zurückgegangen. Eine von Abt Ninian Winzet—
1568 ver()ffentlichtt' schottische Üljersetzung des Commonitoriums ward von
neuem herausgegeben durch J. K. Hewison. Edinburgh 1890 Scottish Text ;
ubique. quod semper, quod ab omnibus''. Etüde sur la regle de foi de St. Vin-
cent de Lerins (These\ Tours 1903. 8*^. J. Lortz. Der .Kanon*" des Vincentius
von Lerin: Der Kathohk 1913. 2, 245 255. —
Mit wunderlichen Argumenten—
ist Poirel für die Sätze eingetreten, daß Vincentius von Lerinum eine und
dieselbe Person sei mit dem Augustmusschüler Marius Mercator (§ 75. 2). und
dalj das verloren gegangene zweite Commonitoriinn des Vincentius sich aus
Schriften des Marius Mercator wiederherstellen lasse. R. M. J. Poirel. De utro-
que Commonitorio Lirinensi (Thesis). Nancaei 1895. 8". Ders.. Vincentii Pere-
grini seu alio nomine Marii Mercatoris Lirinensis Commonitoria duo. Nancaei
1898. 8^'. Eine kritische Würdigung dieser Sätze bei H. Koch. Vincentius von
Leriinim und Marius :\Iercator "Theol. Quartalschrift Sl (1899) 396—434.
:
1. Faust US von
Reji. —
Mit besonderer Ausführlichkeit ver-
weilt Gennadius Faustus von Reji. dem heutigen Riez in
bei Bischof
der Provence ^ Nicht Gallier, sondern Brite von Geburt und walir-
scheinlich zu Anfang des 5. Jahrhunderts geboren, trat Faustus schon
früh in das Honoratuskloster auf Lerinum ein. um 433. als der dortige
Abt Maximus den bischöflichen Stuhl von Reji bestieg, zum Abt des
Klosters erkoren zu werden. Erzbischof Hilarius von Arles brachte dem
Abte die größte Hochschätzung entgegen-. Mit Bischof Theodor von
Frt'jus. zu dessen Sprengel Lerinum gehrute. geriet Faustus in Streitig-
keiten über die rechtlichen Beziehungen zwischen Bischof luid Kloster.
'
Gennad., De vir. ill. Hit. Dieses Kapitel gehört zu den' jüniisten Hestaml-
teilen des ^ennadianischen Katalogs.
-'
Vita S. Hilarii .\relat. e. 9^ 12: Miane r>0. 1230.
i^ 7H. (iallifi (Iti zwiitcii Hälfte des T). Jahrhunderts. 1. Faustiis von Reji. 583
in der Würde des Abtes, auch als Bischof von Reji gefolgt, und seit
dieser Zeit hat er an allen kirchlichen Angelegenheiten Galliens tätigen
Anteil genommen. Vom Glänze persönlicher Heiligkeit umflossen und
im Rufe eines Mannes der Wissenschaft stehend, ward er von Geist-
lichen und Laien, von Mönchen und Bischöfen um Rat und Lehre an-
gegangen. „Viva voce egregius doctor et creditur et probatur",
schreibt Gennadius. Faustus zählte auch zu den Bischöfen, welche
vom Kaiser beauftragt wurden, mit dem in das narbonnensische Gallien
eindringenden Westgotenkönig Eurich zu verhandeln. Als aber Eurich
um 477 von der Provinz Besitz ergriff, mußte auch Fau.stus in die Ver-
bannung gehen, und wahrscheinlich hat er erst nach dem 485 erfolgten
Tode Eurichs heimkehren können. Jedenfalls hat er ein hohes Alter
erreicht. Das Datum seines Todes ist unbekannt.
J. Stilting. De
S. Fausto ep. Regiensi: Acta SS. Sept. 7. Antverp. 1760,
tiöl — 714. Krusch. De Fausto ep. Reiensi: Monum. Germ. bist. Auct.
Br.
antiquiss. 8. Berol. 1887. Praef. liv lxi. —
A. Engelbrecht. De vita et scriptis
Fausti ep. Reiensis: Corpus Script, eccles. lat. 21, Yindob. 1891, Proleg. v bis
XXXIII. A. Koch, Der hl. Faustus, Bischof von Riez. eine dogmengeschichtl.
Monographie. Stuttgart 1895, 8*^.
Soviel ersichtlich, hat Faustus erst als Bischof zur Feder gegriffen
oder wenigstens größere Schriften erst in seiner späteren Lebensperiode
veröffentlicht. Seine Schreibweise ist auf Effekt berechnet und trägt
die Spuren jenes „gallischen Kothurns", von welchem schon Hieronymus
sprach -. Eine besondere Freude findet Faustus daran, sich selbst aus-
zuschreil)en, indem er gewisse Wörter, Phrasen und Sentenzen stets
von neuem wiederholt '^ Mag indessen die Überladenheit des Ausdrucks
die Klarheit des Gedankens nicht selten gefährden oder beeinträchtigen,
Kraft und Leben ist dem Stile des Faustus nicht abzusprechen. In-
lialtlich stehen seine größeren Schriften im Dienste dogmatischer Po-
lemik. A rianern und Macedonianern gegenüber hat er die kirchliche
Tiinitätslehre verteidigt, im Kampfe mit einem extremen Prädesti-
natiani.smus ist er als Anwalt des in Südgallien verbreiteten Semi-
pelagianismus aufgetreten, auf unbekannte Veranlassung hin hat er
die These von einer Körperlichkeit aller geschaffenen Wesen verfochten.
Die Nachwelt sollte Faustus und seine Hinterlassenschaft schon bald
aus den Augen verlieren. Gegen seine Bestreitung der ünkörperlichkeit
'
Vgl. V. Hefele, Konziliengeschichte 2- 583 f.
'
Vgl. Engel brecht im Corpus Script, eccles. lat. 21. Vindob. 1891, Proleg. xxxii f.
5S4 ^^^' liitt'ini.sclic Literatur des fünften .liiliiliunderts.
Beitrag zur spätlateinisehen Literaturgeschichte, Wien l'S89. 8"; vgl. auch seine
Kritischen Untersuchungen über wirkliche und angebliche Schriften des Faustus
Reiensis: Zeitschr. f. die östei-reichischen Gymnasien 41 (189()) 289 801. Als —
Epüegomena folgten Engelbrechts Patristische Analecten, Wien 1892, 8". —
Migne. PP. Lat. 58, gab unter des Faustus Namen eine Schrift ,De gratia"
(783— 83(5). 19 Briefe (835—870: ein Brief „ad Lucidum presbyterum" Migne
53, 681—683) und 8 Predigten (869—890). —
S. Bäumer, Über drei verloren
geglaubte Schriften des Faustus von Riez: Der Kathohk 1887, 2. 38() 40(). —
W. Bergmann, Studien zu einer kritischen Sichtung der südgallischen Predigt-
Uteratur des 5. und 6. Jahrhunderts. Tl. 1 Der handschriftlich bezeugte Nach-
:
laß des Faustus von Reji (Studien zur Gesch. der Theol. u. der Kirche 1. 4).
Leipzig 1898. Ausgaben und Bearbeitungen einzelner Schriften werden im
Verlauf noch genaimt werden.
'
\. Dob.schiitz. Das Dccictiiin Oelasiiiniiin de lilnis iccipii'iidis d unn recipiendis.
Leipzii; l!tl2. ;")(;.
—
2H 4(). Bergmann a. a. 0. 3ö 55. — —
Der römische Diakon i^aschasius. gest.
518 oder 514. ist hauptsächlich aus einer Ei'zählung Gregors d. Gr. (Dial. 4. 40:
Migne 77, 89() f.) bekannt, (ilregor gedenkt auch, und zwar in schmeichel-
haftester Weise der erwähnten Schrift ,De Spiritu sancto". Erhalten hat sich
von der Hand des Paschasius ein 513 geschriebener Brief an Abt Eugippius,
den Verfasser der „Vita S. Severini", bei Migne 62, 89 f.; zuletzt bei P. Knöll
im (!orpus Script, eccles. lat. 9, 2, Vindob. 1880, 68 70. Vgl. über Pfischasius —
liardenhewer in Wetzer und Weites Kirchenlexikon 9. 2. Aufl., Freiburg i. Br.
1895. 1.551 f.
Der Traktat ,De ratione fidei" auch in Engelbrechts Faustus- Ausgabe 451
bis 459. — 0. 394
Bäumer 398.
a. a. —
F. Cabrol. Le „liber testimoniorum"
de St. Augustin et deux.traites inedits de Faust de Riez: Revue des questions
historiques 47 (1890) 232 —
243. Engelbrecht, Kritische Untersuchungen usw.
289 ff. Bergmann a. a. 0. 91 —
107, B. Rehling. De Fausti Reiensis epistula
tertia (Diss. inaug.), Monast. Guestf. 1898. 26 36. —
Erhalten blieb das von Gennadius an zweiter Stelle genannte
c)
'
Diese drei antiarianischen Schriften treffen übrigens an manchen Stellen
wörtlich zusammen siehe Engelbrechts Faustus- Ausgabe 453 und müssen deshalb
ff.
entweder die eine von der andern oder alle von einer gemeinsamen Vorlage ab-
hängig sein.
5^(5 Die lateinische Literatur des fünften .lalirliunderts.
bestimmung zur Verdannnnis usw. Diese Lehren waren auf den Synoden
zu Arles, um 473, und zu Lyon, um 474, verworfen, und Faustus war
von den versammelten Vätern mit einer wissenschaftlichen Widerlegung
derselben beauftragt worden. Seine Schrift ist dem Erzbischof Leontius
von Arles gewidmet und wird um 475 verfaßt sein. In dem Vorwort
erklärt er den königlichen Weg der Mitte innehalten und weder nach
rechts noch nach links abbiegen zu wollen. Dementsprechend bekämpft
er den Pelagianismus nicht weniger lebhaft wie den Prädestinatianismus,
um sich im wesentlichen zu dem Semipelagianisnnis des Johannes Cas-
sianus zu bekennen, die Notwendigkeit der vorangehenden Crnade im
Sinne Augustins mit Nachdruck zu bestreiten und die Annahme einer
„gratia specialis" und „personalis" im Sinne der augustinischen Prä-
destination mit einer gewissen Entrüstung abzuweisen. Eben diesen
Standpunkt hat Faustus auch anderwärts eingenommen. In einem
Mahnschreiben an den Presbyter Lucidus, welches der Schrift „De
gratia" voraufgegangen ist, spricht er zwar von einer „gratia prae-
cedens"'. meint aber nur die äußere Gnade der Offenbarung. Bischof
Fulgentius von Ruspe, der „andere Augustinus", trat Faustus mit einem
Werke von sieben Büchern entgegen ^. Die sog. skythischen Mönche
verlangten 519 die Verurteilung der Schriften des Faustus. weil die-
selben dem Pelagianismus das Wort redeten.
Rom. Pontiff.. ed. Thiel. 1. 138 f. Vi^l. Hist. lit. de la France 2. 511—514.
'
Faust., Ep. 1 : ed. Kn^elltreoht IGH.
'
Fulg. Hu-sp.. Kp. IT). 19 Migne Uf). 442 : vgl. Lp. It;. 2S Migue (if). 4;')!
S 7^i. (ialliur iler zweiten Hälfte des '>. Jahrhundei-ts. 1. Faustiis von Reji. 587
—
Chartes 46 [18M5] 2öO 252 dürfte im Unrecht sein, wenn er auch diesen
1
Die neueste Rezension der Briefe des Faustus und des Ruricius findet sich in
Engelbreclits (xesamtausgabe der .Schriften des Faustus 159 vgl. Proleg. ff'. ;
XXI ff". Lxxiv Zu den Briefen des Faustus vgl. auch 'Ben2;niann a. a. O.
ff'.
29 ff. 55 ff.
'
Apoir. Sid.. ICp. ;t. H, i) : ed. I jn-tjoliaiiii LVi: vgl. dum. KJ. v. 1:^4 ff.: .d. L. iMi'.
:
S 7«. flallicr ik-i- zweiten Hälfte des fi. .lahrliinideit«. 2. Rmiciiis von Limoges. 5J^9
In der jüngsten Ausgabe, von Engellirecht. im Corpus .Script, eccles. lat. 21.
'
Vindob. 1S91. 851 tf.. zäliit das zweite Buch (m Briefe. Aber Nr. 03 stimmt nörtlidi
überein mit Nr. \'2.
590 i^i'' lateinische Literatur des lüiitteii .lalirliumlerts.
Auf die chronologische Reihenfolge ist bei der Anordnung keine Rück-
sicht genommen worden. Ein Teil der Briefe ist vor, der andere nach
der Erhebung des Verfassers zum Bischof
Kirchen- oder geschrieben.
dogmengeschichtliches Interesse können
noch die weder die einen
andern beanspruchen. Es sind zumeist Höflichkeitsschreiben an be-
freundete Bischöfe mit einem Wort des Gruies oder des Dankes, des
Dankes auch für Versorgung der Küche und des Kellers. In Tagen
der Krankheit ist der Briefsteller nicht selten durch leibliche Werke
der Barmherzigkeit erfreut worden. Andere, tröstende oder mahnende
Briefe durchweht ein Hauch ernster Frömmigkeit und W^eltflucht. Ein
besonders langer Brief an das Ehepaar Namatius und Ceraunia aus
Anlaß des Todes einer Tochter (Ep. 2. 4) wirkt wohltuend durch die
Wärme der Teilnahme. Ein späterer Brief zeichnet der inzwischen
verwitweten Ceraunia die Mittel und Wege christlicher Vollkommenheit
(Ep. 2, 15). Auch Empfehlungsschreiben sind ziemlich reichlich ver-
treten. Abgesehen von den Fällen, wo die eigene Empfindung durch-
bricht und einen unbefangeneren Ton anschlägt, trägt die ganze Korre-
spondenz eine nicht bloß gewählte, sondern gesuchte und gekünstelte
Form zur Schau. Ein Brief an Bischof Sedatus von Ximes (Ep. 2. 19)
ist metrisch, in Hendekasyllaben, verfaßt. Ruricius scheint sich die
Briefe und Gedichte feines älteren Freundes Apollinaris Sidonius zum
Vorbild genommen zu haben. Die Gepflogenheit, sich selbst aus-
zuschreiben, teilt er mit Faustus von Reji. Er hat aber auch fremde
Schriften ziemlich rücksichtslos ausgebeutet \
in jener Handschrift zu St. Gallen
Vor den Ruricius-Briefen stehen
die Briefe des Faustus,wie vorhin bemerkt, zur Hälfte an
w^elche,
Ruricius gerichtet sind, und außerdem noch 8 Briefe von verschiedenen
andern Händen an Ruricius, darunter 3 Briefe von Bischof Sedatus
von Nimes.
Ruricius entstammte einem sehr vornehmen Geschlecht und hei-
ratete die Tochter eines reichen Patrizierhauses namens Iberia. Sidonius
dichtete das Hochzeitslied -. Um 477, nach violleicht zehnjähriger Ehe.
entschlossen sich die Gatten unter dem Einfluß des Bischofs von Reji
zu einem gottgeweihten Leben in freiwilliger Enthaltsamkeit. Von
etwa 485 bis zu seinem Tode, nach 507, hat dann Ruricius den Hirten-
stab der Kirche von Limoges geführt, ohne daß es bei der Dürftigkeit
der Quellen möglich wäre, einen näheren Einblick in seine bischöfliche
Wirksamkeit zu gewinnen. An den Synoden zu Agde 506 und zu Tou-
louse 507 konnte er wegen Krankheit nicht teilnehmen. Zum Nach-
folger auf dem Hischofsstuhl sollte er einen uleichnamiuen Enkel.
'
Vgl. die genannte Ans^alH' Eiiii;ellireelits IMoleii. i.xxii 1'.
- Apoll. Sitl., CaiiiU'ii 11: Kj)itlialiimimn Hinicin et ilieriae dictum: ed. Luet-
johann '227-230.
"
§ 7^. CJallier der zweiten Hälfte des 5. Jalirhundeits. 3. Clandianu.s Mamertus. 591
daß der Bruder am Altar betete und er den Chor der Sänger leitete^.
Um die Feier des Gottesdienstes hat er sich aber auch noch in anderer
Weise verdient gemacht. Sidonius gedenkt eines Lektionars, in welchem
Claudianus die Schriftlesungen für die jährlichen Festtage bestimmte ^.
'
Venant. Fort., Carm. 4, 5 ; ed. Leo 82 f.
''
Von einem früheren Herausgeber seines Hauptwerks.
C. Barthius, C'ygneae
(Zwickau) 1655, ist er ,Ch\udianus Ecdicius Mamertus" genannt worden. Der Name
Ecdicius ermangelt aller urkundlichen Beglaubigung. Vgl. Engelbrecht. Untersuchungen
über die Sprache des Claudianus Mamertus 534 f.
=*
Apoll. Sid.. Ep. 4, 11, 6, v. 18 ff. ied. Luetjohann 63 ^Antistes fuit ordine
:
venirent.
lateinische Literatur des riiiilteii .laiulimiderts.
592 1^'*^'
'
Apoll. Sid.. Ep. 4. 3. 8. .
_
-
Vgl. Claud. Mam.. De
N ed. Engellnecht It'w t.
statu an. 3. ^Neiiipe dixisti: :
.Si e.\ hoc concreto aere diabolus corpus traxit. ergo alienuni corpus ad tonnenti»
portahif, t am quam egomet istud um quam uspiamve dixerim." Weiteres
l.ei Rchling. De Faust! Roiensis epistula tertia. Monast. Cuestf. ISIt.S, 4-J I.
'
Das die K;>rjierlichkeitsfrage betretfende .Stück des Briefes steht in allen
Claiidiannshandschriften. und e.s sind ihrer nicht wenige, als besondere anonyme
Schritt vor den Büchern ,Dc statu animae". Doch hat erst ein Unbekannter gegen
Ende des 7. .lalirluinderts. nicht Claudianus .selbst dem Fragment tliese Studie gegeben,
und noch weniger hat. wie gewöhnlich angenommen wird. Claudianus den ganzen
Briet des Fanstus seinem Werke voraufgeschickt. \s\. Rehling a. a. O. 5 tt.
§ 78. Gallier der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts. 3. Claudianus Mamertus. 593
'
Eine gewissenhafte Inhaltsanalyse der drei Bücher gab neuerdings Zimmer-
mann im Divus Thomas 1 (1914) 333 ff.
" Vgl. über ihn Hist. lit. de la France 2, Paris 1735, 498 ff.
züglich der Autoren, welche von den Jüngern der Rhetorik studiert
und memoriert zu werden verdienen. Dieser Brief dürfte vor der
Abfassung des Werkes ^De statu animae" geschrieben sein. Ein zweiter
Brief Claudians, an Apollinari.s Sidonius gerichtet und in und mit der
Korre.spondenz des letzteren überliefert, ist jüngeren Datums. Er redet
Sidonius bereits als Bischof oder „papa" an, enthält indessen nur eine
Klage über die Schweigsamkeit des Freundes. Von sonstigen Briefen
Claudians ist nichts bekannt. Ln Jahre 473 oder 474 hat er nach der
gewöhnlichen Ansicht sein Leben beschlossen \
Die Bücher ,De statu animae" .';ind erstmalig zum Druck befördert worden
durch P. Mosellanus, Basel 1520. Die Ausgabe des Jesuiten A. Schottus, Köln
1618. bildet die Grundlage des Textes bei A. Gallandi. Bibl. vet. Patr. 10,
Venet. 1774. 417 —
460. welch letzterer bei Migne öo abgedruckt ward. Die
jüngste Ausgabe besorgte, auf Grund von zwölf Handscliriften aus dem 9. bis
13. Jahrhundert. A. Engelbrecht im Corpus script. eccles. lat. 11. Yindob. 1885.
Über dieses Hauptwerk Claudians handeln A. C. Germain. De Mamerti Claudiani
scriptis et philosophia dissertatio, Montispelii 1840. 8^. M. Schulze. Die Schrift
des Claudianus Mamertus. Presb}'ters zu Vienne: De statu animae. im Auszuge, mit
kritischen Untersuchungen. Dresden 1883, 8". A. Engelbrecht. Untersuchungen
über die Sprache des Claudianus Mamertus Sitzungsberichte der Kais. Akad.
:
der Wissensch.. PhUos.diist. Kl.. 110. Wien 1885, 423—542. H. Eönsch. Zur
Kritik und Erkkärung des Claudianus Mamertus: Zeitsclu-. f. wissensch. Theol.
—
30 (1887) 480 487. R. de la Broise. Mamerti Claudiani vita eiusque doctrina
de anima hominis (Thesis). Paris 1890. 8". Fr. Zimmermann. Des Claudianus
Mamertus Schrift De statu animae libri tres: Divus Thomas 1 (1914) 238 ff.
333 ff. 470 ff.
Zu der Xotiz über Claudianus bei Gennad., De vir. ill. 83, in welcher
ursprünghch nur von dem Werke ,De statu animae' die Rede war. ist in cod.
Vatic. Regin. lat. 2077 saec. VI M^I liinzugefügt worden: .Scripsit et alia non-
nuUa. inter quae et hymnum de passione Domini cuius principium est "Fange :
—
von Nola (Carm. 22; ed. Hartel 186 193). In lacobum magistrum equitum.
von Claudius Claudianus (Carm. min. 50: ed. Birt 340) und noch fünf andere,
drei lateinische und zwei griechische Stücke christlichen Inhalts, welche gleich-
falls unter dem Namen des Claudius Claudianus undaufen und oben S. 124 f.
einzeln besprochen worden sind. Engelbrecht hat keines dieser Gedichte in
seine Ausgabe aufgenommen.
Zu dem verloren gegangenen Lektionar Claudians vgl. (i. Morin. La lettre-
preface du ^Conies**. ad Constantium. se rapportcrait au Lectionnaire de Claudien
Mamert? Revue Benedictine 30 (1913) 228—231. Nach Sprache und Stil, glaubt
Morin. krinne das Widniungsschreiben vor dem unter den Schriften des hl. Hiero-
nymus stehenden ,Liber comitis sive lectionarium per circulum anni" (Migne
30. 501 sehr wohl ursprünglich die Vorrede des Lektionars Claudians ge-
ff.)
bildet haben.
'
Siehe den Wortlaut in der Ausgabe Richardsons 97.
- Bd. l^ S. 5ff.
38*
596 I^i'' lateinische Literatur des fünften .laliiliunderts.
'
Der Text
bei Turner in Tiie .li.urn. of Theol. Stud. 7 IMOG^ s- ">4 tleckt W
i^u:h mit dem Texte l)ei Migne r)S. 1000 (c. 88\
fast völlig
- Bei Turner a. a. 0. 93 {c. 20). Vgl. die Korrektur bei Turner in The .lourn.
of Tlieul. 8tud. 8 (11107) li:i ~ Wenn Nirschl ajehrbneh der Patrologie und Patristik 3.
Mainz 1885. 2J)4 tf. behauptete, (iennadius lehre die .zuvorkonimejide (inade im katho-
lischen Sinne", so entnahm er seine Beweisstellen fast sämtlich den unechten Ein-
schieliscln dir Schrift, c. "22 äl. Vgl. Arnold, Cäsarius von Arel;iti'. Leipzig 18H4,
;").•{:) f.
tj 7«. (Jiillicr der zweiten Hälfte des ;">. Jahrli. 4. (Jennadius von Marseille. 597
Die wichtigste unter den älteren Ausgaben der Schrift De eccles. dogm,,
von G. Elmenhorst. Hamburg 1614 in 4". abgedruckt bei Migne a. a. 0., ist
auch abgedruckt worden bei Fr. Oehler. Corpus haereseologicum 1, Berol. 1856,
835—400. Bei Migne steht die Schrift aber aucli unter den Werken Augustins
42, 1211 —
1222, sowie unter den Werken Isidors von Sevüla 88, 1227 1244. —
Den urs))iungli(hen Text edierte C. H. Turner. The Liber ecciesiasticorum
dogmatum attributed to Gennadius: The Journal of Theol. Studies 7 (1906)
7S— 99. Dazu Supplementa ebd. 8 (1907) 103—114. Gegen Turners Zweifel
:
besteht nämlich aus 18 oder 19 Homilien (in der Mehrzahl der Hand-
schriften sind die Homilien 16 und 17 in eine Homilie zusammen-
gezogen), v/enngleich die Homilienform „nur ein ganz äußerlich über-
geworfenes Kleid ist"\ insofern außer den jedesmaligen Einleitungs-
und Schlußsätzen kaum etwas im Texte an Homilien gemahnt. Der
Sache nach aber sind diese Homilien im wesentlichen ein Exzerpt,
und überdies ein nachlässiges und ungeschicktes, von Wiederholungen
winnnelndes Exzerpt, aus dem Apokalypsekommentar des Donatisten
Tyconius; vielleicht ist auch der Kommentar des alten Viktorinus von
Pettau benutzt worden. Morin bezeichnete gelegentlich Cäsarius von
Arles, den unermüdlichen Bischof und Prediger, gest. 543, als den
Eigentümer der Homilien ^. Viel eher indessen als Cäsarius muß Gen-
nadius in Betracht gezogen werden, weil die Sammlung in einer Hand-
schrift des 12. oder 13. Jahrhunderts überschrieben ist: ..Incipit trac-
tatus Gennadii presbiteri Massilie de mille annis et de apocalypsi
beati lohannis"''. Man beachte, daß diese Überschrift mit der Titel-
Man beachte aber auch, daß Gennadius in der Schrift -De viris illii-
stribus" fast auffallend lange bei dem Apocalypsekommentar des Ty-
conius verweilt, gibt und
eine „vorzügliche Charakteristik" desselben
insbesondere Erklärung des tausendjährigen Reiches der
auf seine
Heiligen hinweist, durch welche alle chiliastischen Träumereien aus-
geschaltet wurden'.
Der Text der -Expositio'' bei Migne a. a. 0. ist sehr unzuverliLssig. Souter
und Vogels haben für ihre Untersuchungen über den zu Grunde liegenden
Apokalypsetext auf die Handschriften zurückgreifen müssen, welche ziendich
zahh-eicli zu sein scheinen. A. Souter. Tvconius" Text of the Apocalypse. a par-
tial restoration The Journal of Theol. Studies 14 (1913) 338—358. H. J. Vogels.
:
inter caetera dixit", sodaß man glauben sollte, es handle sich um einen
Ausschnitt aus einer umfassenderen Darlegung des Glaubens, etwa
aus der (unter b genannten) „Detinitio ecclesiasticorum dogmatum".
Dem ist indessen nicht so. Wenngleich sich das Bekenntnis mit den
zwei ersten Kapiteln der ,.Definitio" sachlich nahe berührt, so ist es
doch ein selbständiges und abgeschlossenes Ganzes in zwei Teilen,
einem trinitarischen und einem christologischen. Es kann also wohl
identisch sein mit jenem Schreiben an Papst Gelasius. dessen Ver-
anlassung freilich völlig dunkel bleibt. Aus unzureichenden Gründen
ist es von Caspar i Gennadius streitig gemacht und einem fränkischen
'
fiennad.. De vir. ill. IS. W. liousset. Die ( »rtfiiltaniiig .Jdliaimis. tiöttingeu
'
190r,, 58 A. n. .
- Der Irrtum, daü Oeniiadiiis Hisclmf gewe.seii. kommt auch son.st vor. Vgl.
Caspari. Kirchenhi.stori.sclie Anecdota L Christiania 1883, 301 .\. '2.
S 78. (iallitT tliT zweiten Hälfte des f). .laliiliundtTts. 5. .lulianus Pomerius. 599
nientiert ((lennad.. De vir. ill. <SOj. Diese Arbeit ist zu Grunde gegangen. Irr-
tiinilich glaul)te man sie früher in dem unter dem Namen Rufins von Aquileja
gedruckten ,C'omnientarius in 7ö Davidis psalmos" (Migne 21. G41 900) wieder- —
erkennen zu dürfen (vgl. Bd. o dieses Werkes, S. 558). Der letztere Kommentar
ist viel jüngeren Datums, nicht ein Werk Alkuins, wie H. Brewer glaubte (Zeit-
:;() [19i;)J 45<S f.). sondern, wie A. Wilmart (Revue Bened. 31 [1914—1919]
—
258 276) nachwies, erst um IKK) von Abt Lietbert von 8t. Rufus bei Avignon
verfa&t. bzw. aus Augu.stins Enarrationes in psalmos exzerpiert.
5. Julianu.s Pomerius. —
Laut dem Fortsetzer des Schrift-
stellerkatalogs stammte Julianus Pomerius aus Mau-
des Gennadius *
retanien, siedelte aber von dort nach Gallien über und ward hier zum
Priester geweiht. Einer andern Quelle - ist zu entnehmen, daß er sich
zu Arles niederließ und mit nicht geringem Erfolg als Lehrer der
Grammatik tätig war. Auch Erzbischof Äonius von Arles wußte ihn
zu schätzen, und Cäsarius, der Nachfolger des Äonius, war sein Schüler.
Bischof Kuricius von Limoges gab sich alle Mühe, Pomerius zu be-
wegen, nach Limoges zu kommen 'l Der damalige Diakon und spätere
Bischof J]nnodius von Pavia bot seine ganze Beredsamkeit auf, um
ihn nach Italien zu ziehen '. Er ist jedoch in Arles verblieben, und dort
wird er wohl auch die Priesterweihe empfangen haben. In der Aufschrift
der zwei noch erhaltenen Briefe des Bischofs Ruricius wird Pomerius
als „abbas' bezeichnet, woraus man zu folgern pflegt, daß er in oder
bei Arles ein während Arnold die Meinung
Kloster geleitet habe,
vertritt, daß er früher Heimat Abt eines Klosters
in seiner afrikanischen
gewesen A\'ahrscheinlich hat er indessen zu Arles einem Verein von
'.
'
Siehe die Ausgabe Ricliardsons Uij. Pseudo-Gennadius und ebenso alle andern
• iuwilhrsniännersagen einfach , Pomerius". Nur Isidor von Sevilla De vir. ill. ^i^)
haft sein. Zugleich erhellt aus diesen Angaben, daß die Aufschrift „De
vita contemplativa" nur auf das erste Buch zutriift. Xach dem Pro-
log ist das Werk auf Ersuchen eines Bischofs Julianus verfaßt und
hat die Aufgabe, zehn Fragen zu beantworten, welche sich sämtlich
um das Leben und Wirken des Klerikers drehen. Das erste Buch nun
ist dem Nachweis gewidmet, daß der Kleriker sich des beschau-
lichen Lebens befleißigen müsse. Obwohl in seiner vollkommenen Ent-
faltung das selige Vorrecht eines besseren Jenseits, könne und solle das
beschauliche Leben doch schon im Diesseits seinen Anfang nehmen.
Die Pflege desselben aber habe zur Voraussetzung, daß der Kleriker
sich seiner Pflichten gegen Gott und seine Gemeinde bewußt bleibe.
Das zweite Buch regelt und ordnet das tätige Lebendes Klerikers.
Mit Milde und mit Ernst zugleich müsse derselbe seines seelsorger-
lichen Amtes walten, bescheiden und zurückhaltend sein in seinen
Ansprüchen an die Gemeinde, auf weltliche Freuden und Genüsse gern
verzichten. Das dritte Buch hält dem Kleriker einen Sittenspiegel
vor, warnt vor Lastern, insbesondere vor Hoffart und Xeid. und
empfiehlt die Tugenden, namentlich die Furcht und die Liebe sowie
die vier Kardinaltugenden oder „virtutes principales " Das Ganze ist .
'
lul. Pom. a. a. 0. 1. 3, praef. — Pseudo-Gennadius nennt, ylciclitalls zum Sclilusse
seines Verzeichnisses, eine Schrift „De vitiis et virtutibus" uniJ hat damit wohl auch
unsere drei Bücher, nicht bloß das letzte derselben gemeint. Über die Unzulässig-
keit der Überweisung der drei Bücher an Prosper vgl. etwa Valentin, St. Prosper
d'.\(iuitaine. Toulouse 1900, Göl (jöfi. —
- V«l. Arnold a. a. O. V21.
S 79. Italiker. 1. Aporilus. ßQj
§ 79. Italiker.
Literarhistoriker seiner gedacht hat und sein eigenes Werk nur Mut-
maßungen gestattet. In zwölf Büchern erbringt dasselbe den einläß-
lichen Nachweis, daß das Hohelied „totum spiritale, totum dignum
Deo totumque animae salutare" ^ Das Lied besinge nämlich den Liebes-
bund zwischen Christus und seiner Kirche und verkünde in geheimnis-
voller Sprache die gesclüchtliche Entfaltung und Auswirkung dieses
Liebesverhältnisses von der Schöpfung an bis zur Endzeit -. Manche
gewidmet.
•
Witte -JS tf.: viil. 77 If.
S 71». Italiker. 2. Arnoliius der Jüngere. ß03
Leontius von Arles und Rusticus von Narbonne dachte. Allein diese
Identifizierung ist hinfällig, weil nach Ausweis der Handschriften nicht
„Leontio", sondern „Laurentio'' zu lesen ist-. Alle örtlichen Beziehungen
des Psalmenkommentars wie der übrigen Schriften deuten vielmehr
nach Rom große Hochschätzung des -apostolischen Stuhles
hin: die
Petri", die Vertrautheit mit römischen Voikommnissen und Überliefe-
rungen, die Bezugnahme auf die römische Liturgie und den römischen
Heiligenkalender -^ Der Name Arnobius aber, welcher nur für Afrika
bezeugt ist, gewisse Eigentümlichkeiten der Sprache sowie die Bibel-
zitate legen die Vermutung afrikanischer Herkunft nahe. Daß Arnobius
dem Mönchsstande angehörte, darf als sicher gelten. In dem Psalmen-
kommentare (zu Ps 140) rechnet er sich zu denen, welche ..sancti et
nonni" geheißen zu werden pflegten^, und in dem Streitgespräche mit
dem Monophysiten Serapion (1, 2) erklärt er: .Sum plane servus Christi." '"
'
Migne, PP. Lat. 53. 327.
- Morin. Etudes, textes, decouvertes 1, 341. ="
FM. 1, 344 tf.
tümlich wurde das Werk Vigilius von Thapsus oder Faustus von Reji
beigelegt oder doch Arnobius, welch letzterer handschriftlich als Ver-
fasser bezeugt ist, abgesprochen. Morin und Kayser dürften dar-
getan haben, daß der „('onflictus'' und der Psalmenkommentar einer
und derselben Feder entflossen sind. Mag Augustinus in dem Kom-
mentar stillschweigend bekämpft, in dem „Conflictus" als maßgebende
Autorität gefeiert werden ', es ist doch wesentlich derselbe semi-
pelagianische Standpunkt, welcher hier wie dort vertreten wird -. Stil
und Sprachschatz aber zeigen durchaus die gleiche Färbung.
Die früher besprochene Streitschrift „Praedestinatus" (>; 74, 3, f),
welche Morin dem Verfasser des „Conflictus"* zueignen will, ist Ar-
nobius, wie es scheint, bekannt gewesen, aber nicht von ihm verfaßt
worden, wie denn auch ihre handschriftliche Überlieferung den Namen
Arnobius nicht kennt. Eher darf ein erst durch Morin ans Licht ge-
zogener ..Liber ad Gregoriam in palatio constitutam" Arnobius zu-
geschrieben werden. Die Manuskripte freilich bezeichnen denselben
als Werk des hl. Chrysostomus, unter dessen Namen er bereits Isidor
von Sevilla vorgelegen hat Doch ist an der Originahtät des lateinischen
•'.
Textes nicht zu zweifeln und die Verwandtschaft der Schrift mit dem
Psalmenkommentar und dem „Conflictus" nicht zu verkennen. Gregoria
ist eine Dame der römischen Aristokratie, welche in Zwistigkeiten mit
ihrem Gemahl geraten war und um seelsorglichen Rat gebeten hatte.
Der Verfasser empfiehlt ihr vor allem, unter Hinweis auf heilige Frauen
der Vorzeit, Geduld und Langmut, entwirft dann eme lebhafte Schil-
derung des Kampfes zwischen Tugend und Laster in jeder Menschen-
brust und schließt mit eingehenden Anweisungen zu einem gottgefälligen
Lebenswandel.
Die „Commentarii in psahnos" sind zuerst durch D. Erasmus. Basel 1522.
und von neuem durch R. de la Barre, Paris 1580. herausgegeben worden.
Vgl. zu denselben B. Grundl in der Theol. Quartalschrift 79 (1897) 547 553. —
H. V. Schubert Der sog. Praedestinatus (Texte und Untersuchungen usw.
,
(1921) 154 —
160. Die Erstausgabe der Expositiunculae in evangelium be-
sorgte G. Cognatus (Cousin). Basel 1543. Den vollständigen Wortlaut ver-
mittelte erst G. Morin in den Anecdota Maredsolana 3. 3, Mareds. 1903, 129
bis 151; vgl. Morin in der Revue Bened. 20 (1903) 64—76. Hatte Grundl
a. a. 0. 555—568) diese Schoben in vorkonstantinische Zeit verweisen wollen.
'
Confl. 2 30 sagt Serapion
, jedes Wort des Tadels gegenüber der Lelire
,
Augustins sei ein BeAveis häretischer Denkweise, worauf Arnü))ius antwortet: „Meo
sensu locutus es, nam ea quae eins nunc profero. ac si sacratissinia apostoloruni
scripta sie credo, et teneo et defendo."
- Kayser a. a. 0. 62 formuliert den Unterschied dahin: ,Der Conflictus schweigt
von der Prädestination und loht Angnstin. der Kommentar schweigt über Augustin
und verwirft die Prädestination."
•'
Isid. Hisp.. De vir. ill. P».
nOd Dio latcinischo Literatur dos fiinfton .Tahrliundcrts.
Werkes, 8. 812 —
iJen Conflictus edierte Fr. P'euaidentius im Anliang seiner
flf'.
Ausgabe des großen Werkes des hl. Irenäus, Köln 159(5. Die Übersetzung
des erwähnten Osterfestbriefs Cyrills von Alexandrien fehlt in dieser Edition
und demgemäls auch in dem Abdruck
Migne 58. 289 ff. Sie ist aber wieder-
l)ei
holt separat aus Handschriften des (lonflictus herausgegeben worden und steht
—
auch bei Migne. PP. Gr. 77. 789 8(X): vgl. oben bei Cyrillus S. 62. Die er-
wähnte Weihnachtspredigt Augustins, Migne 58, 316 318. ist in der Mauriner- —
—
Ausgabe Augustins. Migne 39, 1655 1657. wohl mit Unrecht unter die ,ser-
mones dubii" gestellt worden. Vgl. zu dem Conflictus Grundl a. a. ü. 529 568. —
Scharnagl. Zur Textesgestaltung des Arnobianischen Conflictus: Wiener Studien
38 (1916) 382— 884rvgl. 42 (1921) 75 152 Der Liber ad Gregoriam —
—
ff'. ff".
zuerst bei Morin. Etudes, textes, decouvertes 1. 383 489; vgl. 825 840. — —
Über Arnobius im allgemeinen siehe Morin ebd. 309 824 340 382. H. Kaj'ser. — —
Die Schriften des sog. Arnobius junior, dogmengeschichtlich und hterarisch
untersucht. Gütersloh 1912, 8^'.
554 f.; Mon. Germ. hist. Script, rer. Langoh. et Ital.. Hannov. 1878. 310. Der Teil des
Werkes, zu welchem die Biographie des hl. Petrus gehört, scheint 830 831 verfal.U —
worden zu sein. A. TeSti-Rasponi, Note marginali al .Liber Pontificalis' di Agnello
Ravennate: Atti e Memorie della R. Deputazione di Storia patria per le provincie di
Romagiia. Ser. 3, vol. 27 (1909) 88 ff.
Petr. Chrys., Sermo 165
-'
Migne 52, 633.
;
^ Laut E. Stein (Beiträge zur Geschichte von Ravenna) in dt-r Klin U! llUi»
52 ist das Bistum Ravenna nach 425 und vor 440 zur Metropolo «erhoben worden.
Petrus aber hat laut Stein a. a. 0. ,nach Juli 432" den Bischofsstuld l)estiegen. Es
würde also zwoifelliai't bleiben, ob Petrus von Anfang an Erzbiscliof gewesen oder
es erst .später geworden ist.
§ 7!». Italiker. 3. Petrus Chr^sologus. ß07
die Bestätigung der Wahl einzuholen. Papst Sixtus aber habe die
Bestätigung verweigert und vielmehr den die Gesandtschaft begleitenden
Diakon Petius zum Bischof ordiniert, weil er in diesem den Mann
wiedererkannte, den der Apostelfürst Petrus ihm im Traume vorgestellt
und zum Bischof zu weihen befohlen hatte. Auf die Kunde von dem
Traumgesicht hin habe die Gesandtschaft freudig in die Entscheidung
des Papstes eingewilligt. Die hohe Weitschätzung, deren Erzbischof
Petrus sich weit über die Grenzen seines Sprengeis hinaus erfreut hat,
wird durch die Tatsache beleuchtet, daß Eutyches im Kampfe mit
seinen Gegnern zu Konstantinopel den Ravennaten um Hilfe anrief. Das
Antwortschreiben des letzteren, welches noch vorliegt, ein Denkmal echt
kirchlicher Gesinnung, stammt sehr wahrscheinlicli aus dem Jahre 449.
Um 450 dürfte Petrus zu Forum Corneli sein Leben beschlossen habend
Was den Brief an Eutyches angeht (Migne 52, 24 f.) -, so ist
demselben zu entnehmen, daß Eutyches in einem abhanden gekommenen
Soiireiben an Petrus über seine Verurteilung durch die konstantinopoli-
tanische Synode des Jahres 448 Beschwerde geführt hat. Petrus be-
klagt lebhaft den Ausbruch neuer Streitigkeiten über feststehende
Glaubenswahrheiten, glaubt seinerseits nicht als Richter auftreten zu
dürfen, bevor er auch die „altera pars" gehört hat, und ermahnt
schließlich zur Unterwerfung unter das Urteil des „beatissimus papa
Romanae civitatis" „quoniam beatus Petrus, qui in propria sede et
:
* loh. Trith., De Script, eccl. 159. bei Fabricius, Bibl. ecclesiastica, Hamburgi
1708, pars 3, 47. Über eine Erwähnung mehrerer Briefe aus dem Beginn des 14. Jahr-
hunderts siehe Looshorn in der Zeitschr. f. kath. Theol. 3 (.1879) 257 f.
()(JÖ Die lateinische Literatur des fünften Jahrhunderts.
weit verbreitet und 17(j Nummern zählt (Migne 52, 183 660).
ist —
Daß auch unechte Stücke aufgenommen wurden, ist freilich nicht mehr
zu bezweifeln; anderseits ist die Annahme vertreten worden, daß auch
außerhalb dieser Sammlung unter falschen Namen noch einzelne Pre-
digten des hl. Petrus überliefert sind. Eine reinliche Scheidung zwischen
Echtem und Unechtem, die zumeist auf Prüfung des Stiles und der
Sprache angewiesen ist, läßt sich bei dem vielfach verwahrlo.sten Zu-
stand des Textes vorläufig nicht durchführen.
Die als echt in Betracht kommenden Predigten sind im großen
und ganzen exegetische Homilien über die voraufgegangenen Schrift-
lesungen. Nachdem sie den Literalsinn dargelegt, pflegen sie einem
höheren Sinne nachzuforschen, „quia historica relatio ad altiorem semper
est intelligentiam sublimanda" (sermo 36). Hand in Hand mit der
Erklärung des Textes geht die Anwendung auf das religiös-sittliche
Leben des Gläubigen. In der volkstümlichen Aufrollung und Ein-,
schärfung der christlichen Sittenlehre liegt die Stärke des Redners ^
Dogmatische Predigten mit der Aufgabe, Glaubenswahrheiten zu ent-
wickeln und aus der Heiligen Schrift zu begründen, bilden Ausnahmen.
Sie betreffen vornehmlich das Geheimnis der Menschwerdung des Gottes-
sohnes und wenden sich gegen Arianer, Nestorianer, Eutychianer. Die
—
sermones 56 62 sind der Erläuterung des apostolischen Symbolums
gewidmet, die sermones 67 —
72 verbreiten sich über das Gebet des
Herrn: die einen wie die andern wurden bei der Feier der Aufnahme
der Katechumenen in die Kirchengemeinschaft vorgetragen. In der
Adventszeit sind mehrere Predigten über die Ankündigung der Geburt
des Vorläufers (sermo 86 —
92) und eine Predigt über die Ankündigung
der Geburt des Herrn (sermo 140) gehalten worden. Je eine Fest-
predigt entfällt auf die hll. Apollinaris (sermo 128), Cyprian (sermo 129),
Felicitas (sermo 134), Laurentius (sermo 135). Die meisten Predigten
sind sehr kurz, einige auch offenbar nur in verstümmelter
übrigens
Form erhalten. Der Redner spricht selbst von der ..consueta sermonis
nostri brevitas" (sermo 36), von der „sermonis brevitas amica" (ser-
mo 132)-. Nicht selten hat sein Ausdruck etwas Kraftvolles und
Sentenzenhaftes (vgl. sermo 155: „Qui iocari voluerit cum diabolo,
non poterit gaudere cum Chri.sto"). Man sollte auch erwarten, daß
er leicht und allgemein verständlich bleuet, weil er es ist, der das \ie\
zitierte Wort geprägt hat: „Populis populariter est loquendum" (sermo 43).
Doch hält die Praxis mit der Theorie nicht gleichen Schritt. Petrus
ist wolilvertraut mit den Mitteln und AVegen antiker Rhetorik und
mißt (l(-iis('ll)rii hohe Bedeutung bei. .An der .Antithese findet er solches
'
Vgl. Höhni.T, l'ctrus C'hrvsologus, Padorl.oin lUUl (55.
- Vgl. a Ulli s. \-2'2: „FA dict'iiti et audionti semper generat lassitudo fastidium."
S 7!». Italiker. 8. Petrus Chrysologus. 609
der Mitte des 5. Jahrhunderts, des hl. Maximus von Turin. Die Haupt-
ausgabe, von Bruni aus dem Jahre 1784 (Migne 57). enthält 118 ho-
miliae, 110 sermones und 6 tractatus und anhangsweise, als unecht
oder zweifelhaft, noch 31 sermones, 3 homiliae und 2 lange epistolae.
Die Unterscheidung zwischen homiliae, sermones und tractatus ist in-
dessen willküilich und hinfällig. Hat doch Bruni selbst zugestanden,
„homiliam et sermonem idem significare et esse tractatum de rebus
sacris ad popukun" S wie er denn auch die homiliae wie die sermones
ihrem Inhalt nach in dieselben drei Gruppen abgeteilt hat: „de tem-
pore", „de sanctis" und „de diversis". Die erste Gruppe handelt über
bestimmte Zeiten des Kirchenjahrs und Feste des Herrn, die zweite
besteht aus Gedächtnisreden auf Märtyrer und Bekenner, die dritte
beschäftigt sich mit Schrifttexten oder mit Forderungen der christ-
lichen Sittenlehre.
Doch muß der Inhalt noch etwas genauer angegeben werden.
Von den „homiliae de tempore" sind 10 „de nativitate Domini" ((! — 15),
39^
(312 ß'«-' latoinisciie Litt'ratur des rüiiftcii JaliiliiiiKlcrts.
(Migne 57, 502 ff.), auch unter den Predigten des Chrysologus. Xr. .50 (^ligne
52, 339 ff.), ist mindestens zweifelhafter Echtheit, vgl. (t. Moi'in in der Revue
Bened. 15 (189.S) 402. Sermo 2. de duobus in lecto uno (^ligne 57. 533 ff.),
ist vielmehr ein Kapitel aus Augustins C^uaestiones evangeliorum 2.' 44 (Migne
35. 1357 f.). Sermo 56. in natali S. Agnetis (Migne 57. ()43 ff.), unterliegt
stiüstischen Bedenken. Sermo 72. de natali S. Laurentii (Migne 57, 679 ff.),
ist Leos d. Gr. Sermo S5 (Migne 54, 435 f.). Tractatus 4. contra paganos.
und tractatus 5, contia ludaeos (Migne 57. 7S1 ff.\ und ebenso die exposi-
'
Oonuad.. I^cvir. ill. 4(t. Vi^l.C'zapla. ( ioniiadiiisalsLittcrarliistorikor. Planster i.W
1898, 5)0 ff.
'
Max., Serni. 81 : Migue 07, GJtö.
S HO. Dif Piip.stp des f». .lalirli. 1. Sflircil)en ilcr Päp.sti- Ms auf Leo d. Gr. ß\^
tiones de capitulis evangclionini , Migne 'ü , >i(J7 if. ) entnahm iJruni einer Samm-
lung von Fredigten des Arianers Maxiniinus in cod. Veron. 51 (49) saec. VI:
.siehe B. Capelle, L'n homUiaire de leveque arien Maximin Revue Bened. 34 :
(1922) 81 108.— —
Sernio 7 unter den unechten sermone.s bei Bruni. „de die
I)()minicae ascensionis** (Migne 57. S.')8 ff.) deckt sich mit der unter den .
digten usw.. Christiania 1S9(). 406. Die zwei unechten .epistolae ad amicum
aegrotum'" (Migne 57. 921 ff.) stehen auch unter den unechten Hieronymus-
Briefen (Migne 30. 61 ff.). Vgl. Bd. 3. 8. 648. Eine kritische Ausgabe —
mehrerer Predigten, auch einiger bis dahin unbekannten Predigten, nach dem
üenannten cod. Veron. 51 ('49) saec. VI. heferten A. Spasinolo und C. H. Tiu-ner
in dem Jouru. of Theol. 8tudies 16 (1915^ 161 ff 314 ff f7 (1916) 225 ff 321 ff.; :
20 (1919) S9ff-. Zu der Redigt , contra ludaeos^ (20 [1919] 293—310 Migne =
57, 793—806) vgl. noch J. H. Baxter ebd. 21 (1920) 175—177. Aber alle
diese Predigten gehören der Feststellung Capelies a. a. 0. zufolge dem Arianer
Maximinus an.
Art, SO Ep. '2. an Bischof Victricius von Ronen, aus dem Jahre 404,
Ep. an Bischof p]xsuperius von Toulouse, aus dem Jahre 405 usw.
6,
Innocentius I. wird den größten Päpsten des Altertums zugezählt. Er
zeigt sich allenthalben auf das tiefste durchdrungen von dem Bewußt-
sein um die Aufgabe und die Verantwortlichkeit des Inhabers des
Stuhles Petri.
Weniger gesegnet war das auch nur sehr kurze Pontifikat
freilich
des Papstes Zosim US. 417 — 418,
aus welchem verhältnismäßig viele,
etwa 1(3. Biiefe überliefert sind (Migne 20. (339 704). —
Zosimus hatte
sich durch die unbestimmten und ausw^eichenden Glaubensbekenntnisse
des Pelagius und Cälestius eine Zeit lang täuschen lassen, bis er im
Frühjahr 41 S auf Drängen des afrikanischen Episkopats in einer be-
rühmt gewordenen _Epistola tractoria". soviel als Rundschreiben, das
Anathem über die beiden Häretiker aussprach. Merkwürdigerweise
liegen indessen von diesem Schreiben nur noch unbedeutende Bruch-
stücke vor (Migiie 20. 693 ff.). In eine schwierige Lage gegenüber den
afrikanischen Bischöfen geriet Zosimus dadurch, daß er die Appellation
des von seinem Bischof abgesetzten Presbyters Apiarius von Sicca
annahm und die Rehabilitierung des Appellanten forderte, was die
Afrikaner als einen Eingriff in ihre Rechte empfanden. Den Haupt-
gegenstand der Briefe des Papstes bilden jedoch die Privilegien der
Kirche von Arles. Schon unterm 22. März 417. Ep. 1, bestellte Zosimus
den Erzbischof Patroclus von Arles gewissermaßen zum Primas von
Gallien, eme Maßnalmie, die zu langwierigen Streitigkeiten Anlaß gab
und, wie der Ausgang lehrte, besser unterblieben wäre.
—
Papst Bonifatius I. (418 422), von welchem wir nur emige
—
neun Briefe besitzen (Migiie 20, 749 792), mußte die peinlichen Aus-
einandersetzungen mit den Bischöfen Afrikas über den Presbyter Apiarius
wiederaufnehmen. Mit Augustinus stand er in freundschaftlicher Koi're-
spondenz. und auf seine Anregung hin verfaßte Augustinus die vier
Bücher „Contra duas epistolas Pelagianorum ad Bonifacium Romanae
ecclesiae episcopum". Mancherlei Mühe bereiteten dem Papst die Ver-
suche des Patriarchen von Konstantinopel, Ostillyrien unter seine Juris-
diktion zu bringen und dem Einfluß Roms zu entziehen. Der Bekämpfung
dieser Versuche dienen namentlich mehrere Briefe an Erzbischof Rufus
von Thessalonich. den päpsthchen Vikar für lUyrien.
—
Erst unter Papst Cälestinus I. (422 432) hat die Angelegenheit
des Presbyters Apiarius ihre Erledigung gefunden, und zwar dadurch.
daß Apiarius „alle ihm zur Last gelegten Schandtaten eingestand"
So das den Biiefen Cälestins (Migne öO. 417 5()()) als Ep. 2 ein-
gereihte Schreiben einer Synode zu Karthago vom Jahre 424 oder 42ö.
Unter den Briefen des Papstes selbst ist E]). 21 bemerkenswert, ein
Mahnschreiben an die Bischöfe Galliens vom IT). Mai 431. welches
Wachsamkeit gegenül)er der semipelagianischen Bewegung empfiehlt
S 80. Die Päpste des 5. .lahrh. 1. Schreiben der Päpste bis auf Leo d. Gr. (315
und dem Eifer Prospers von Aquitanien und seines Freundes Hilarius
alles Lob spendet, die Verunglimpfungen des Namens Augustins aber
mit Entrüstung zurückweist. Ein Anhang zu diesem Schreiben, „Praeter-
itorum Sedis Apostolicae episcoporum auctoritates de gratia Dei" über-
schrieben, ist anerkanntermaßen unecht. Die überwiegende Mehrzahl
der Briefe Cälestins, deren übrigens insgesamt nur einige 16 sind, ist
der großen neuen Frage gewidmet, vor welche Nestorius die Kirche
stellte. Nachdem zuerst Nestorius selbst dem Papst seine Lehre vor-
getragen und empfohlen, bald darauf aber auch Cyrillus von Alexandrien
eingehenden Bericht erstattet hatte, entschied eine Synode zu Rom im
Augu.st 430, daß die Anschauung Cyrills gutzuheißen und die Sätze
des Nestorius zu verwerfen seien. Das Antwortschreiben des Papstes
an Nestorius vom 11. August 430, Ep. 13, ward von den Vätern des
Konzils zu Ephesus mit dem Zuruf begrüßt: „Das i.st ein gerechtes
Gericht, Dank dem neuen Paulus Cälestinus" \ und in dem Urteil des
Konzils über Nestorius vom 22. Juni 431 wurde auf „das Schreiben
unseres heiligsten Vaters und Mitbischofs Cälestinus, des Bischofs der
Kirche zu Rom", ausdrücklich Bezug genommen^. Nach dem Konzil
ist Cälestinus eifrig bemüht gewesen, Ruhe und Eintracht in der leiden-
Mansi 4, 1288. Zwar steht dieser Zuruf hier hinter dem Schreiben des Papstes
•
_
an das Konzil vom 8. Mai 431, Ep. 18. Nichtsdestoweniger dürfte derselbe vielmehr
auf jenes Antwortschreiben an Nestorius 'Mansi 4, 1025 103(j —
vgl. 1177} zu be- ;
ziehen sein.
2 Mansi 4, 1212. ^ Vgl. Gennad., De vir. ill. 54.
(jl(j Die lateinische Literatur des lüiifteii .lalirliuinlerts.
episcopaux de lancienne Gaule 1. 2. Aufl.. Paris 1907. 101 f.: eine Übersetzung
bei Wenzlowsky 3, 260 f. Drei Briefe des Papstes Zosimus. Ep. 2 3 12,
auch in der CoUectio Avellana, bei Guenther a. a. 0. 99 —
108 115 117. Eine —
—
Reihe von Briefen. Ep. 1 4 7 10 11, die Piivilegien der Kirche von Arles
betreffend, findet sich auch in der sog. CoUectio Arelatensis. aus der zweiten
Hälfte des (). Jahrhunderts, mid ist von neuem rezensiert worden in W. Gund-
lachs Ausgabe dieser CoUectio, Monum. Germ, liist. Epist. 3. Berol. 1892.
5— 13. — Bonifatius I. Ein Schreiben des römischen Klerus an Kaiser
Honorius, Ep. 1 unter den Briefen des Papstes Bonifatius. Migne ^0. 750 ft"..
und ebenso ein Schreiben des Kaisers Honorius an den Papst. Ep. 8. Migne
20, 767 ff., .steht auch in der CoUectio AveUana, bei Guenther a. a. 0. 63 (55 —
83 f. Ein kurzes Schreiben des Papstes an die von Papst Zosimus nach Afrika
gesandten Legaten, Migne 20, 791 f., ward von neuem herausgegeben durch
R. V. Nostitz-ßieneck im Hist. Jahrbuch 19 (1898) 350 f. Wie schon zwei
Briefe des Papstes Innocentius L, so sind nicht weniger als fünf Briefe des
Papstes Bonifatius I. durch die sog. CoUectio Thessalonicensis ülterliefert. eine
Sannnlung von Urkunden, welche sich auf die (Gründung und Einrichtung des
päpstlichen Vikariats zu Thessalonich beziehen. Es sei deshalb notiert, dalj
die Hypothese Friedrichs (1891), diese Urkunden seien Fälschungen und das
päpstliche Vikariat zu Thessalonich üJierhaupt nur eine Lüge, von Duchesne
1111(1 jiiideni alsbald mit entscheidenden (irüiiden zurückgewiesen worden ist.
Die iiiteratur verzeiclmet (i. Pfeilscliifter. Die Balkanfrage 'in der Kirchen-
geschichte. Freibiirg i. Br. 1913. 61 f. —Cälestinus I. Die „Praeteritoruni
Sedis Apostolicae episc(>])()ruin auctoritates de gratia Dei". Migne 50. 531 537. —
'
—
auch Migne 51, 205 212. sind dem bclireil)eii CiUestins an die gallischen Bischöfe.
Ep. 21, erst von späterer Hand, aber nachweislich noch im ä. Jahrhundert bei-
gefügt worden. Unter den fi-üheren Päpsten sind Innocentius I. und Zosimus
verstanden; doch werden auch anderweitige Zeugnisse beigebracht. Xach einer
oft geäußerten Vei-mutung wäre diese Testimonien-8ammlurig eine Arbeit Pro-
spers von Aquitanien. der unter Leo d. Gr. in der päpstlichen Kanzlei tätig
war; so auch Valentin, St. Prosper d'Aquitaine, Toulouse 1900, 788 74.5: —
nach andern Kritikern wäre sie von Leo selbst zur Zeit, da er noch Archi-
diakon war, gefertigt worden so auch v. Schubert. Der sog. Praedestinatus
;
(Texte nnd Untersuchungen usw. 24. 4), Leipzig 190o. 121—127. Die nach
dem Orient gerichteten Briefe Cälestins sind zumeist auch in griecliischer Ü])er-
setzung erhalten. Drei Briefe vom 15. März 432. Ep. 22. post damnationem
Nestorii ad sanctani s^aiodum Ephesinam, Ep. 2o. ad Theodosium iuniorem
Augustum post synodum. und Ep. 25. ad clerura et plebem Constantinopoli con-
stitutam post synodum, bislang nur im lateinischen Original bekannt, sind grie-
chisch herausgegeben worden durch E. Schwartz. Neue Aktenstücke zum epho-
sinischen Konzil von 431 (Abhandlungen der Bayer. Akad. der Wissensch.V
—
München 1920. 41 52. Aus derselben Handschrift hat Schwartz ebd. 59 aber
auch einen bisher völlig unbekannten Brief Cälestins an Bischof Flavianus von
Philippi griechisch ans Licht ziehen können. —
Sixtus HL Ein bis dahin
ganz unbekannter Brief Sixtus' III. an Bischof Flavianus von Pliilippi findet
sich griechisch bei Schwartz a. a. 0. 59 f. Mit Unrecht ist, wie früher schon.
S. 479, bemerkt wurde, das unter den Werken Augustins stehende „Hypomne-
sticon contra Pelagianos et Caelestianos" Sixtus HL zugeeignet worden.
2. Leo d. Gr. —
Keiner .seiner Vorgänger hat so machtvoll und
entscheidend in den Gang der Zeitgeschichte emgegriffen wie Papst
Leo d. Gr. Auf einer politischen Mission in Gallien weilend, war er
zum Nachfolger nach Rom zurückgekehrt,
Sixtus" IIL gewählt und,
am 29. September 440 konsekriert worden. Über Kirche und Staat
lagerten düstere Wolken. Das Römerreich ward von den Barbaren
niedergetreten, und mit ihm sank zugleich das stärkste äußere Boll-
werk der Einheit der Kirche in Trümmer im Orient erhob eine neue
;
'
Leo M., Ep. 28.
(JlJ^ Die lateinische Literatur des fiiniten Jahrhunderts.
Eine alte Vita Leos gibt es auffaUenderweise nicht. Über die Notiz eines
griechischen Menologimns aus dem 11. oder 12. Jahrhundert vgl. Ch. van de
Verst. La Vie grecque de St. Leon le Grand Analecta Bolland. 29 (1910)
:
—
400 408. Aus neuerer Zeit sind zu nennen Tillemont. Memoires pour servir
a l'histoire eccles. 15. Paris 1711, 414—829: vgl. 889—934. W. A. Arendt,
Leo d. Gr. und seine Zeit. Mainz 1835, 8*^. Ed. Perthel, Papst Leos I. Leben
und Lehren, ein Beitrag zur Kirchen- und Dogmengeschichte. Jena 1843. 8'*.
C. Bertani, Vita di S. Leone Magno, pontefice massinio, Monza 1880 1881, —
o voll.. 12*^. H. Grisar. Gescliichte Roms und der Päpste im Mittelalter 1.
Freiburg i. Br. 1901, 308—323. A. Regnier, St. Leon le Grand (5^ siecle)
[Les Saints]. Paris 1910. 12 o. W. Kifsling, Das Verhältnis zwischen Sacer-
dotium und Imperium nach den Anschauungen der Päpste von Leo d. Gr. bis
Gelasius L. Paderborn 1921, 8«.
a) Von Leo allein sind bedeutend mehr Briefe auf uns gekommen
als von allen früheren Päpsten zusammen. Mit den eingefügten fremden
Stücken umfaßt die Sammlung (Migne 54, 581 —
1218) 173 Nunnnern.
Auf den Papst selbst treffen 143 Nmnmern, und sie verteilen sich auf
die Jahre 442 —
460. Die ältesten dieser Briefe beschäftigen sich vor-
wiegend mit verschiedenen Häretikern, den Pelagianern, den Manichäern,
insbesondere jenen Manichäern, welche auf der Flucht vor den Van-
dalen von Afrika nach Rom gekommen waren, und 'den Priszillianisten
in Spanien. Andere handeln von der Berechnung des Datums des
Osterfestes, namentlich für das Jahr 444 und dann wieder für das
Jahr 455. für welche sich eine Divergenz der römischen und der alex-
aiulrinischen Bereclmungsweise ergab. Schon früh setzen auch Briefe
nach lllyrien ein, welche die dortigen Hoheitsrechte des Papstes, und
Briefe nach Gallien, welche die Ansprüche des Erzbischofs von Arles
zum Gegenstande haben. Gleichzeitig ergehen Mahnungen und War-
nungen wegen kirchlicher Mil.iständ«^ an die Bischöfe von Mauretanien
und an lunnclio liisilK'Ue Italiens und Siziliens. Seit 448 tritt der
'
wie fast allgemein angenommen wird, Bischof von Kos.
Dali .Tulianus nicht,
der Insel im Süden des Agäischen Meeres, sondern Bischof von Kios. der Stadt in
Bithynia Pontica, nahe bei Nicäa, gewesen ist, dürfte Wille (Bischof Jnlian von KioSj
Kempten 1910, 4 ff.) bewiesen halien.
'^
Mansi (i, 972.
Diese Sammlung von Väterzeugnissen, welche bei Migne a. a. 0. fehlt, lateinisch
•''
der Papst ein Versprechen ein, welches er dem Kaisei- in Ep. 15ß ge-
geben hatte. Ep. 150 vom 1. Dezember 457 (Migne 54, 1127 1132) —
war die Antwort, und zwar die erste in Konstantinopel eingetroffene
Antwort, auf das Rundschreiben, durch welches der Kaiser von sämt-
lichen Biscliöfen des Keiches ein Gutachten über die Glaubensbeschlnsse
von Chalcedon und über die Angelegenheit des Timotheus Älurus ein-
gefordert hatte.
Nach einer Notiz bei.Gennadius hielt man in Gallien Prosper von
Aquitanien für den Verfasser oder Redaktor der antimonophysitischen
Briefe Leos. Gegen diese Meinung, der sich übrigens Gennadius selbst
nicht an.schheßt S haben die Brüder Ball er in i mit Recht Veiwahrimg
eingelegt. Dafs die antimonophysitischen Briefe aus dei- Feder des
Papstes hervorgegangen sind, beweist der Stil: evidenter ostendit .,
Stylus, qui aliis Leonis operibus similis, a stylo operum Prosperi aper-
tissime discrepat." - In späteren Zeiten haben die Beamten der päpst-
lichen Kanzlei sich den Stil der Briefe Leos zum Muster genommen
und insbesondere den schönen und würdevollen Fall der Sprache am
Schluß der Sätze, den sog. „cursus Leoninus", nachzuahmen gesucht •.
Die Reinheit der Sprache Leos hat von jeher die Bewunderung der
Philologen herausgefordert'*.
Gesamtausgaben der Briefe und der Predigton Leos lieferten der Ora-
torianer P. Quesnel, Paris 161 ö. 2 Bde.. 4'*; der Kai-melit P. Th. Cacciari.
—
Rom 1751 1755. 3 Bde., 2*^'; und die Brüder Petrus und Hieronpnus Ballerini.
—
Venedig 1753 1757, 3 Bde., 2^. Die Ausgabe Quesnels ist 17()0 zu Lyon in
2 Bden., 2^, von neuem erschienen und auch später noch einige ]\lale gedruckt
worden. Das Vorzüglichste leisteten anerkanntermafsen die Brüder BaUerini.
deren Ausgabe bei Migne. PP. Lat. 54 56. abgedruckt ward, — über die Ge-
schichte der Ausgaben orientiert eingehend Schoenemann. Bibl. hist.dit. Patr.
lat. 2, 886—1012; abgedruckt bei Migne 54. 64—114. Einen Zuwachs hat
der Bestand an 8clu-iften Leos seit den Tagen der BaUerini niclit erfahren. —
Die Briefe winden ins Deutsche übersetzt von Wenzlowsky. Die Briefe der
—
Päpste 4 5, Kempten 1878 (Bibl. der Kirchenväter): die Predigten von M. M.
Wilden, Kempten 1876 (Bibl. der Kirchenväter). Eine itaUenische ("bersetzung
der Briefe und dei- Predigten von Fr. Liverani in den Opere di Liverani 5.
Orvieto 1859. Eine englische Übersetzung der Briefe und der Predigten von
Ch. ]j. Feltoe in A select library of Xicene and Post-Nicene Fathers. Ser. 2.
vol. 12, New York 1895. —
Zur Lehranschauung Ph. Kuhn, Die Christologie
Leos 1. d. Gr. in s^'^stematischer Darstellunii;. eine dos^menm'si-liichtliche Studie.
Würzburg 1894, 8".
'
Gennad., De vir. ill. 84; vgl. 70.
- Die BaUerini bei Migne 54, 7531".
'
(jlrisar, (losch. Roms 1. 318. Vgl. Stecgor. Die Klaiist'ltecliiiik Leos d. (ir. in
seinen Sermonen. Haßfurt 1908, 4 tf.
So sprifht aiicli Steeger (a. a. (). 5 wiodt-r von der „eigenartigen Stellung,
'
die unser Autor liinsiilitlich der Reinheit seiner Spraehe. Iiin.sielitlich .seiner rhetorisrhen
Durchl>ildung. mit einem Worte .meiner in dieser S])ätzeit geradezu liewunderungs-
würdigen Diktion einnimmt.''
§ 80. Die I'üpste des T). .lalirlmiiderts. '2. Leo d. di: (321
Als die vornehmsto Handschrift der Briefe Leos gilt jetzt cod. Monacensis
lat. 14 540 saec. YUI mit 71 Briefen. Siehe über ihn 1?. v. Nostitz-Rieneck
im Hist. Jahrbuch 18 (1897) 117—1:^)8. Vgl. auch ('. H. Turner. The coUection
of the Dogmatic Letters of 8t. Leo: Miscellanea Ceriani. ^lilano 1910, (587 739. —
Die nach dem Orient gegangenen Briefe sind zumeist auch in griechischer Über-
setzung überliefert. —
Ep. 15. an Bischof Turribius von Astorga über die .
Verwerfüchkeit der Lehre der J^riszillianisten. ist sehr mit Unrecht von Künstle
für eine Fälschung erklärt worden; siehe darüber Bd. o dieses Werkes. S. 415 f.
— Über die zu Ep. 28, der Epistola dogmatica, später nachgetragenen Väter-
zeugnisse siehe L. Saltet in der Revue d'histoire eccles. ß (1905) 290 294: —
„Le recueil patristique de St. Leon" über die entsprechende Sammlung am
;
de 458.'' —
Über die mit Ep. 34 einsetzenden zwanzig Briefe Leos an Julianus
von Kios handelt A. Wille. Bi.schof Julian von Kios. der Nunzius Leos d. Gr.
in Konstautiuopel (Inaug.-Diss.). Kempten 1910. 8'\ —
Die in der Collectio
Arelateusis enthaltenen Briefe, Ep. 40 — —
42 65 67, sind von neuem heraus-
gegeben Avorden durch Gundlach in den Monum. Germ, liist. Epist. 3. Berol.
1892. 15 —
22. —
Die auf die Datierung des Osterfestes bezüglichen Briefe,
Ep. 88 121 122 127 131 137 142. sind von neuem herausgegeben worden
durch Br. Krusch. Studien zur christlich-mittelalterlichen Chronologie, der vier-
undaclitzigjährige Osterz_yklus und seine Quellen, Leipzig 1880. 251 265. — —
Die durch die Collectio Avellana überlieferten Briefe, Ep. 169 173, sind von —
neuem herausgegeben worden durch Guenther im Corpus Script, eccles. lat. 35 a
(1895) 117 —
124. —
Die Zahl der an Leo gerichteten Briefe ist durch eine Ent-
deckung Amellis um zwei wertvolle Nummern vermehrt worden, die erstnuiüg
1882 gedruckten Appellationsschreiben, mit denen Plavian von Konstantinopel
und Eusebius von Doryläum dem Urteil der Räubersynode vom Jahre 449 gegen-
über die Entscheidung des Apostolischen Stuliles anriefen. Vgl. oben i; 56. 3.
'
Vgl. Pschmadt, Leo d. Gr. als Frediger, Eiberfeld 1912. 49 if.
(^22 r^i*^ lateinische Literatur des fünften .laliiliiinderts.
§ 80. Die Päpste des 5. Jahrb. 3. Schreiben der Päpste bis auf Gelasius I.
ß23
In Betreff des Werkes ,De vocatione omiiium gentium" und der „Epistola
ad sacram virginem Demetriadem" siehe § 75, 5. Auch das bei Faustus von
Reji, § 78, 1, b, erwähnte ,Breviarium fidei adversus Arianos'* (Migne 13,
—
653 672) darf nicht Leo zugeeignet werden vgl. die Ballerini bei Migne 55, ;
Cambridge 1896, 25 27, stimmt überein mit dem Texte bei Migne 55, 41 43.
—
Eine Ausgabe der Briefe der auf Lee d. Gr. folgenden Päpste lieferte,
unter Benützung der Vorarbeiten P. Coustants. A. Tldel. E])istolae Ronianoruni
l'ontificuni genuinae et quae ad eos scriptae sunt a 8. Hilaro usque ad l'ela-
gimn IL, tom. 1 a S. Hilaro usque ad 8.-Horniisdani. ann. 4(il r)2o. Bruns-
: —
bergae 186.S. 8^'. ^Fehr ist nicht erschienen. Eine deutsche Übersetzung "der
Briefe der l'äpste Hilarus. Simplicius uiul Felix III. liei Weuzlowsky a. a. O.
(). Keni]>ten 1S79.
1
1 i 1 ;i II Ep. 2 —8
Tliiel, der Briefwechsel zwischen dem Archidiakon
r s.
(Juenther, Corpus .script. eccles. lat. 85 a (1S9.")) 124 155 (Ep. 5B 69). Vgl. — —
auch Guenther den Sitzungsberichten der Kais. Akad. der Wissensch.. Philos.-
in
hist. Kl.. lo4. Wien 1896. 127 —
lo4: ,Zur Chronologie der Simpliciusbriefe.'"
— Felix m. Eine Neuausgabe ist nicht zu nennen.
4. Gelasius
I. —
Was Felix III. Zeno vorhielt, hat Gelasius I.
(492 — Zenos Nachfolger Anastasius gegenüber vertreten. Gelasius
49(5)
zeigt sich womöglich noch mehr als Felix von der Idee der geistlichen
Gewaltfülle des hl. Petrus und seines Erben beherrscht. Er schreibt
an Kaiser Anastasius: ..Pietas tua evidenter advertit, nunquam quolibet
penitus humano consilio elevare se quemquam posse illius privilegio
vel confessioni, quem Christi vox praetulit universis, quem ecclesia
veneranda confessa semper est et habet devota primatem" (Ep. 12, 3,
Thiel). Kurz vorher hatte er über das Verhältnis zwischen kirchlicher
und staatlicher Gewalt die berühmten Worte gesprochen: „Duo quippe
sunt, Imperator auguste, quibus principaliter mundus hie regitur auc- :
er mit seltener Klugheit und Langmut, dem Genuß zog er Fasten vor,
den Stolz überwand er durch Demut, und in Barmherzigkeit und Frei-
gebigkeit tat er sich so sehr hervor, daß er. nachdem er unzählige
Arme bereichert, selbst in Armut starb.'' ^ Über die Schriften des
Papstes, welche Dionysius nur streift, geben Pseudo-Gennadius und
das Papstbuch genaueren Aufschluß.
1880, A. Roux. Le pape Gelase I. (492 496). etude sur sa vie et ses
8*^. —
ecrits, Paris 1880. 8*^. C. Trezzini. La legislazione canonica di papa S. Gelasio I..
Locarno 1911. 8^'. E. Michaud, Le pape St. Gelase et le monophysisrae eucha-
ristique: Revue internat. de theol. 7 (LS99) 308 —
309. Ders.. La papaute ro-
maine d'apres le pape Gelase (492—496): ebd. 16 (1908) 38—58. Rohr. Ge-
lasius I. und der Primat: Theol. Quartalschr. 84 (1902) 110—123. Ed. WölffHn.
Der Papst Gelasius als Latinist Archiv f. lat. Lexikogr. u. Gramm. 12 (1902)
:
1— 10. Wl. Grzelak. Die dogmatische Lehre des Papstes Gelasius L. ein Bei-
trag zur Dogmengeschichte (Inaug.-Diss.). Poznan (Posen) 1920. 8'^.
'
Dion. Exig., Ep. ad Julianum, bei Migiie 67, 231 f.; in berichtigter Textform
bei Thiel. Epist. Rom. Pontif. 1. 286 f.
'
Viil. schon V,i\. 1 - (h"eses Wei'kes. S. 44 i.
§ 80. Dil' Päpste des '). .lalirliiinderts. 4. Gelasins 1. (;27
Der Brief des Papstes an Erzbiscliof Aeonius von Arles. Ep. 19 Tliiel.
steht auch in der Collectio Arelatensis bei (TiuuUach a. a. 0. 82 f. Mehrere
Briefe (und mehrere Abhandlungen, vgl. unter b) stehen in der Collectio Avel-
lana bei <nienther a. a. 0. 218 4S7. —
Eine neue Ausgabe und Bearbeitung
der zuletzt genainiten Dekretale verdanken wir E. v. Dobscliiitz. Das .Decretum
<relasianum de libris recipiendis et non recipiendis** in kritischem Text heraus-
gegeben und untersucht i^Texte und Untersuchungen usw. 38, 4). Leipzig 1912.
i'ber die fi-üheren Ausgaben siehe v. Dobschütz 202 ff. über die Geschichte ;
der Kritik 334 Zur Kritik der Aufstellungen des neuen Herausgebers vgl.
ff.
namentlich J. Chapman in der Revue Bened. 30 (1913) 187 207 315 333: — —
und R. Massigli in der Revue d'hist. et de litt, relig. X. S. 4 (1913) 155—170.
Siehe auch H. H. Howorth, The Decretal of Damasus: The Journ. of Theol.
Studies 14 (1913) 321—337. H. Bastgen. Das Bilderkapitular Karls d. Gr.
(libri Carolini) und das sog. Decretum Gelasianum Neues Archiv der Gesell-
:
'
Ps.-(i<-nn;i(l.. Dv vir. ill. iU. Liber F.mtif.. ed. Ducliesne L Paris LSSt}. 2m
§ Sl. Ein Ire und ein Spanier. 1. Patricias. (529
u. dem Zisterz.-Orden 22 (1901) 131 ff. 381 if. 577 ff. P. de Puniet. Les trois
homelies catechetiques du Sacramentaire Gelasien poui* la tradition des evangiles.
du Symbole et de l'oraison dominicale: Eevue d'histoire ecdes. ö (1904) 505 ff.
755 ff. 6 (1905) 15 ff. 304 ff.
:
—
Eine bisher fast ganz unbeachtet gebliebene
,Deprecatio quam papa Gelasius pro universali ecclesia constituit canendam
esse", eine Reihe von Fürbitten am Karfieitag. ward von neuem herausgegeben
und erläutert durch W. Meyer in den Nachrichten von der Kgl. Gesellsch. der
Wissensch. zu (iüttingen Phüos.-ldst. Kl.. 1912. 87
. —
108. AV eitere Beiträge
zur Erläuterung bei W. Bousset. Zur sog. Deprecatio Gelasii: ebd. 1916. 135
bis 162.
1. Patricius. —
Über die Lebensdaten des Apostels der Iren
werden Stunde noch sehr widersprechende Anschauungen vor-
bis zur
getragen. Xach Bury ist Patricius oder, wie er ursprünglich hieß,
Sucat 389 in West-Britannien oder in Glamorganshire geboren worden
und 461 gestorben: nach Healy hat er schon 373 in der Nähe des
heutigen Dumbarton am Clyde in Schottland das Licht der Welt er-
blickt und erst 493 seine irdische Lauftahn beschlossen. Burys Be-
rechnungen dürften entschieden den Vorzug- verdienen. Patricius selbst
{]';]{) Die lateinisclie Literatur des fünften .Talirliunderts.
'
H. Zimmer, weicher Patricius den Titel eines Apostels der Iren streitig machen
und überhaupt seiner geschichtlichen Bedeutung sozusagen völlig entkleiden
ihn
wollte Realenzykl. f. prot. Theol. u. Kirche^ 10 (1901 "207 ff fand .einen überlegenen
. ,
(legner in Bury. The Life of St. Patrick, London 1905. 384 ff.
* Nach dem Text hei ^^^lite in den Proceedings of the R. Irisli Academv. Sect. ( .
•20. 238.
§ 81. Kill Ire iiinl ein Spanier. 1. l'atricius. ()31
Über die älteren Editionen der dem hl. Patricius beigelegten Schriften
siehe Schoenemann. Bibl. hist.-Ht. Patrum lat. 2, 849 ff. Bei ÄHgne, PP. Lat.
53, 801 —
840 finden sich aufier der „Confessio" und der .Epistola ad Coroticum*"
noch folgende Texte: ,8ynodus 8. Patricii, Canones alii 8. Patricio ascripti.
Synodus episcoporum Patricii. Auxilii. Issernini, Canones aUi 8. Patricio at-
tributi. Proverbia aliqua 8. Charta 8. Patricii, 8. Patricii ejnsc. de
Patricii.
tribus lial)itacuUs liber, alphabeticus in laudem 8. Patricii tum viventjs
Hymnus
Secundino epi.sc. ascriptus.*" —
Bei Stokes. The Tripartite Life of Patrick 2.
—
269 489 finden sich nachstehende Schriften: , Documents fi-om the Book of
Armagh. The Conf'ession of St. Patrick, St. Patrick's Letter to the Christian
Subjects of Coroticus, Preface to the Faed Fiada. Secundinus" Hymn. Preface
(^32 Die' lateiiiisclie Literatur des fünften .lalirhunderts.
lisch bei Stokes. The Tripartite Life of Patrick, 1. 48—53. vgl. 2. 381: auch
irisch und englisch im Thesaurus Palaeohibernicus. edited by Stokes and Strachan,
2, Cambridge 1903. 354—358. Vgl. Bury a. a. 0. 246. —
Die Patricius unter-
schobene Schrift De tribus habitaculis (Migne 53. 831 838). auch unter den—
unechten Werken Augustins (Migne 40 , —
991 998 De triplici habitaculoX
:
nica medii aevi 51. Leipzig 1908. 340—346. Vgl. Bury a. a. 0. 117 f. 24ti f.
2. Hydatius. ^
Der spanische Bischof Hydatius oder Idacius
hat Fortsetzung der Chronik des hl. Hieronymus geschrieben.
eine
Gegen Ende des 4. Jahrhunderts zu Lemica in Galläcien. jetzt .Tinzo
de Lima in Portugal, geboren, nahm er als kleiner Kjiabe (infantulus
et pupillus) 406 oder 407 an einer Pilgerfahrt nach Jerusalem teil,
woselbst er aucli Hieionynuis sah. Im Jahre 416 ist er in den Klerus
eingetreten und 427 Bischof geworden, wahrscheinlirli von Aquae Flaviae,
§ 81. Kin Ire und ein Spanier. 'J. Hydatius. 033
'
Alle diese Daten sind aus seinem Werke zu erheben. Vgl. Mommsen in den
^fon. Germ. bist. Auct. anticßiiss. 11 ,1894, 3 f.
(j34 Di^' lateinische Literatur des fünften .Talirlnmderts.
'
Apoll. Sid.. C'anu. IJ; ed. Luotjohanii l';;() f.
§ 82. Dichter. 1. .^everus 8aiictii.s Endelecliiu.'s. (Jl-Jö
weil er durch eine Rinderpest in zwei Tagen seine ganze Herde ver-
loren hat. Agon, ein teilnehmender Freund, möchte wi.ssen, woher es
wohl komme, daß die Seuche den einen trifft und den andern ver-
schont. Tityrus. der gerade eine durchaus gesunde Herde vorbeitreiht.
erklärt, seine Tiere seien dadurch gerettet worden, daß er das Kreuz-
zeichen auf ihrer Stirne anbrachte, das Zeichen des Christus, der in
den großen Städten verehrt werde und der der einzige Sohn der ewigen
Gottheit sei. Die Erklärung macht Eindruck. Bucolus und Agon lassen
sich von Tityrus zur Kirche führen.
Das Gedicht verfolgt also eine apologetische Tendenz. Die Dar-
stellung ist fließend, das Gewand streng kunstgerecht. Die 33 Strophen
bestehen aus je drei sog. Asclepiadei minores und einem Glyconeus.-
ein Versmaß, welches auch Horaz angewendet hat. Die Namen Agon
und Tityrus sind Vergils Eklogen entnommen. Der Xame Bucolus bot
sich in einem Erzeugnis bukolischer Poesie von selbst an.
Die Persönlichkeit des Verfassers ist nicht mit Sicherheit zu be-
stimmen. In der Handschrift, aus welcher die editio princeps floß,
ward das Gedicht eingeführt als „Carmen Severi Sancti id est En-
deleichi rhetoris" \ Das .,id est" ist auffallend. Die nächstliegende
Deutung geht dahin, daß Severus Sanctus früher Endeleichius oder
vielmehr Endelechius Rhetor geheißen und unter diesem Xamen eine
gewisse Berühmtheit erlangt, später aber, etwa beim Übertritt zum
Christentum, den Namen Severus Sanctus angenonunen hat-. In der
Tat sind noch zwei Spuren eines Rhetors Endelechius zu Ende des
4. Jahrhunderts nachzuweisen. Erstens ist laut den Subskriptionen
einer Apulejus-Handschrift ein „orator Endelechius" un Jahre 395 zu
Rom tätig gewesen und zweitens war der Christ Endelecliius, welcher
'.
im Laufe des Jahres 394 Paulinus von Nola zur Abfassung eines Pane-
gyrikus auf Kaiser Theodosius veranlaßt hat. sehr wahrscheinlich gleich-
falls Rhetor ^. Wenn damit der gesuchte Rhetor gefunden ist, so würde
.
Die erste Ausgabe des Gedichts besorgte P. Pithoeus. Paris 1586. Üljer
die benützte Handschrift vgl. L. Traube im Rhein. Musemn f. Philol. 48 (1893)
284. Bei Migne. PP. Lat. 19, 797—800 ist das Gedicht nach Gallandi. Bibl.
vet. Patr. 8. 2((7 f. abgedruckt. Neuere Sonderausgaben von F. Piper, (löttingen
'
Pithoeus, Veterum aliiiuot Galliae theologorum scripta. Paris. 1586. 4". fol. 144'
-
Vgl. Bernays. Gesainmelte Abhandlungen '2, Berlin 1880. 83 f.
J.
^
Teuffei. Gesch. der Rom. Literatur 3« (1913^ 109.
»
Vgl. Bd. 3 dieses Werkes. S. 579.
()3ß Die lateinische Literatur des fünften Jahrhunderts.
1835: von J. A. Giles. London 1838. Beiträge zur Textkritik bei E. Baehrens
im Ithein. Museum f. Philol. 31 (1876) 2B4 f. Die von Baehrens angekündigte
Ausgabe ist jedoch nicht erschienen. Dagegen findet sich das Gedicht in der
Anthologia latina, edd. Bueclieler et Riese. 1. 2, 2. Aufl.. Lipsiae 1906. 334
bis 339.
2. Paul in US. —
Unter der Aufschrift „S. Paulini Epigramma"
sind 110 Hexameter welche in satirischer Weise die Sitten
überliefert,
der Zeit schildern, und zwar in Form eines Gesprächs zwischen dem
jüngeren Kleriker Salmon und dem älteren Mönche The.sbon. Bei einem
Besuche des Mönches, in dem er allem Anschein nach seinen früheren
Lehrer und Erzieher verehrt, berichtet Salmon über die traurigen Zu-
stände in seinem nunmehrigen Wirkungskreis. Schwer heimgesucht
durch die Faust der Sarmaten, Vandalen und Alanen, wird das Land
noch ärger verwüstet durch einen inneren Feind, die Sittenlosigkeit
und Habsucht, der nichts mehr heilig ist als der Erwerb, nichts mehr
ehrenvoll als der Gewinn. Alles, wirft Thesbon ein, sei ünmer noch
dem Frauengeschlecht ein besserer Geist herrsche.
erträglich, solange in
Die Frauen, muß indessen Salmon entgegnen, putzen und schmmken
sich, wollen immer das große Wort führen, haben an Vergil und Ovid,
an Horaz und Marull viel mehr Gefallen als an Paulus und Salomo.
Jedenfalls aber, meint Thesbon, werde es doch auch noch erfreuliche
Ausnahmen geben, bei den Frauen wie bei den Männern. Das kann
Salmon nicht bestreiten : diese Ausnahmen, diese Frommen seien der
einzige Trost seines Lebens. Als nun auch Thesbon erzählen soll, vne
es ihm ergangen, seit Sahiion ihn verlassen, ruft die späte Stunde zur
gemeinsamen Andacht, und die Fortsetzung des Gesprächs wird auf
den morgigen Tag verschoben.
Damit bricht der Text ab. Ohne Zweifel ist er nur ein Torso.
Es fehlt auch jedwede Einleitung, und an mehreren Stellen weist der
Mangel an Zusammenhang auf Lücken hin. Die an Vergil gebildete
Sprache ist durchsichtig und zugleich lebendig. Der Versbau ist korrekt.
Verschiedene Anzeichen führen, wie der neueste Herausgeber. Schenkl,
nachwies, zu dem Schluß, daß das Gedicht etwa zu Anfang des .Jahres 408
verfaßt ist. Die Wirkungsstätte Salmons lag am Flusse Tecum im
Narbonnensischen Gallien, dem heutigen Tech in den Pyrenees Orien-
tales. Der Dichter, in der Handschrift, wie gesagt, Paulinus genannt,
ist nicht mehr zu identifizieren. Schenkl denkt an Bischof Paulinus
—
von Biterrae, heute Beziers, etwa 400 419, von welchem die Chronik
des Hydatius zum Jahre 419 berichten kann: .In Gallicana regione
in civitate Biterris nuilta signa effecta terrifica Paulini episcopi eiusdem
civitatis epistola enarrat ubique directa." '
Dieses Rundschreiben ist
verlorengegangen.
'
Hydat.. Chron.. eil. Mitnimsen 20.
:
'
Gennad., De vir. ill. (iO.
-
Übrigens haben bei Gennadius a. a. 0. zwei Handschriften des 7. -Jahrhunderts
statt , Victorinus" vielmehr „Victorius" vgl. Wissowa in den (iöttiiig. Gel. Anz. 1885».
296\ Avährend anderseits in der Pariser Handschrift der .Alethia" der Verfassername
nicht ständig „Victor" so Corpus Script, eccles. lat. 16, 359 363 384\ sondern auch
^Victorius" (so ebd. 405 436) lautet.
:
Die seltsame Ansieht .Sehenkls Cerpiis seript. eecles. lat. 1<>. H47 (iennadius
'
.
hahe seine Mitteihingen ausschließlich dem Werke des Tihetors entnt)mnien und über-
dies lediglich die gegenwärtige Gestalt des Werkes gekannt, ist durch t'zapla Gen-
nadius als Litterarhistoriker, Münster W. ISJtH. l-J-itf.) widerlegt worden.
i.
'^
Apoll. Sid.. Ep. T). -iL
S (S2. Dichter. 3. Claudius iMarius Victor. (;39
'
Siehe darüber Maurer. De oxemplis (ßmo Claudius Marius Victur iu Alcthia
socutus Sit. Marpurgi 189G, 17 ff. 47 ff.
2 Vgl. Bourgoin, De Claudio Mario Victore. Paris. 1883, 28 ff.
040 D'*^ lateinische Literatur des fünften Jalubunderts.
tore christiano quinti saeculi (Thesis) Paris. 1883. 8". , St. <ianil)er. Un
rheteur chretien au 5'' siecle. Claudius Marius Victor (These). Marseille 1884.
8". H. Maurer. De exeniplis quae Claudius Marius Victor in Alethia secutus
sit (Diss. inaug.), Marpurgi Catt. 1896. 8". F. F. Riggio. Claudio Mario Vittore.
Nicosia 1912, 8". 0. Ferrari, Un poeta cristiano del 5. secolo. Claudio Mario
Vittore, Pavia 1912, 8*\ Lo stesso. Intorno alle fonti del poema di Claudio
Mario Vittore: Didaskaleion 1 (1912) 57—74.
'
Vita S. Orientii ;3 : .\cta SS. Mail 1. .Vntverj). ItlSU. (il.
- Vita 1.
§ H-2. Dichter. 4. Orientius. ß41
dann noch auf die Vergänglichkeit alles Irdischen und die Unerbittlich-
keit des Todes hingewiesen, führt er in grausigen Farben die Qualen
der Sünder in der Hölle vor und stellt ihnen die Seligkeit der Ge-
rechten, vorab der Märtyrer sowie der heiligen Priester und Mönche,
gegenüber, welche „leuchten werden wie die Strahlen der flammenden
Sonne, die glänzenden Glieder in schneeweiße Gew^änder gehüllt"»
(2, 323 f.). Das Gedicht quillt aus warmem, väterlichem Herzen. Es
ist das geistliche Vermächtnis eines für seine Gemeinde lebenden, nun-
•
Sigeb. Gembl., De vir. ill. U ; Migne. PP. Lat. 160. 555.
Bardenhewer, Gesch. der altkirchl. Literatur. IV. 41
(142 I^'*' lateinisclio Litoiatur di-s fTnifteii .lalirliiindL'i'ts.
Erklärung fort und stimmt ein Loblied auf Christus an. Die drei letzten
Stücke haben jedenfalls ursprünglich ein fortlaufendes Ganzes gebildet.
Aber gegen die Abfassung durch Orientius scheinen Form und Inhalt
Einspruch zu erheben.
Die Handschrift fährt noch weiter: „Incipiunt Orationes Orientii
numero 24". Es folgen aber nur zwei Gebete, von welchen das zweite
als oratio 24 bezeichnet wird. Beide sind in jambische Trimeter ge-
kleidet, und je fünf Verse sind zu einer Stiophe zusammengefaßt: die
zwei letzten Verse kehren als Refrain in jeder Strophe wieder. Ob
diese Gebete den Namen des hl. Orientius mit Recht tragen, erscheint
sehr zweifelhaft.
Die Bollandisten haben in den Acta 8^5. Mali 1. Antverp. 1680. 60 64. —
zwei kurze Vitae 8. Orientii. die erste etwa aus dem 7. Jahrhundert, vorgelegt
und in dem Catalogus codicum hagiogi"aphicorum latinorum Bibl. Xat. Paris. 1.
Bruxellis 1889. 149 —
165, noch eine dritte längere Vita nachgetragen. In
neuester Zeit hat namentlich L. Bellanger. Le poeme d'Orientius. Paris 1903.
83 ff. 128 ff., sich mit dem Leben des Heiligen befafst und die betreffenden
Kapitel seines Wei-kes, etwas vervollständigt, auch gesondert erschemen lassen
unter dem Titel Recherches sur St. Orens, eveque dAuch, Auch 1903. 8''. —
Die ersten Ausgaben des Commonitorium von M. Delrio, Antwerpen 1600 ,
(Salamanca 1604), und A. Rivinus, Leipzig 1651. enthielten, wie die zu Grunde
liegende, inzwischen abhanden gekommene Handschrift, nur das erste der zwei
Bücher. Eine Ausgabe beider Bücher nach dem vorhin genannten cod. Ash-
burnhamensis saec. X lieferte erstmals E. Martene. Rouen 1700 (Paris 1717).
—
Der Text bei Mignc 61. 977 1000, stammt aus Gallandi. Bibi. vet. Patr. 10.
—
185 196. Die neuesten und besten Ausgaben besorgten R. ElUs im Corpus
Script, eccles. lat. 16, Vindob. 1888, 191 —
261, und Bellanger, Le poeme
d'Orientius. Paris 1903. Bellanger gibt auch eine einläfdiche Würdigung des
Oedichts nach Form und Inhalt sowie eine französische Übersetzung. EUis
a. a. 0. 243 —
253 hat auch die kleinen Gedichte und Gebete (Migne 61. 1000
bis 1006) von neuem rezensiert. Bellanger a. a. 0. 337 339 hat die beiden —
jambischen Ge])ete, die er für echt hält, idjei-setzt. Vgl. noch L. C. Purser. —
M. Bellanger's Orientius Hermathena no. 30 (1904) 36 69. L. Guerard. Les
: —
derniers travaux sur 8t. Orens. Auch 1904, 8^. F. R. M. Hitchcock. Notes on
the Commointorium of Orientius: The Classical Review 28 (1914) 41 f.
Durch von den Verwüstungen, welche die Barbaren in (iallien
die Nachricht
Rom weilende vornehme GalUer Rutilius
angerichtet hatten, sah sich der zu
Claudius Namatianus im Jahre 416 veranlafst. in seine Heimat zurück-
zukehren. Später hat er diese Reise von Rom nach Gallien zum Gegenstand
eines zwei Bücher umfassenden, aber nur lückenhaft ül)erlieferten (Tcdfchts ge-
macht. Es ist gewissermafsen ein nachträglich aus der Heimat an die Ewige
Stadt gerichteter Abschiedsgrufs. RutiHus galt allgemein als Heide, bis C. Sclienkl
(Rhein. Museum f Philol. (>6 [1911] 393 —
41(i) einen Versuch luiternahm. ihn
als Christen zu erweisen. Doch hat dieser Versuch sehr wenig Anklang ge-
funden. Innerlich hat Rutilius dem Christentum jedenfalls völlig fremd, ja ab-
lehnend gegenid)ergestanden. Näheres bei ^I. Schanz, (Jesch. der Rom. Lit.
4. 2. Müucli.Mi 192(1. :-.Sff. : vgl. ()46.
liclikeit der Fünfzahl iUt Hiklier des .Pascliale oainieir ist schon (lunli dio Puiif-
7.alil der Bücher des sogleich zu erwähnenden „Paschale opus^ gewährleistet. .lungeren
Datums ist eine Zusammenziehung der fünf Bücher des , Pascliale carmen" in drei
Bücher, wenngleich sie l)ereits Isidor von Sevilla a. a. 0. bekannt gewesen ist und
auch in unsren Handschriften zahlreiche Spuren hinterlassen hat, vgl. die handschrift-
liclicii Inhaltsverzeichni.sse de.s Werkes in Huemers Ausgabe 147 11".
'
Vgl. Mayr, Studien zu dem , Paschale carmen" des christlichen Dichtei-s Se-
dulius. Augsburg lÜKi. 5- '].'5
: .Aufbau des .Paschale carmen" inv allgemeinen".
-'
Vgl. dazu Mavr a. ;i. O. r)4 ff.
nee primam similem visa es nee habere sequentem: sola sine exemplo
placuisti femina Christo", haben in das ..Missale Romanum" x\ufnahme
gefunden ''.
Über diese Unterschrift siehe Hiiemer, De Sedulii poetae vita et scriptis 31 ff.
vgl. Huemers Ausgabe Proleg. vii. Über Asterius vgl. Hartmann bei Pauly-Wissowa,
Realenzykl. der klass. Altertumswissenschaft 2, 2 (1896j 178G.
- Namentlich bei Paulinus von Pella led. Schenkl 315). Paulinus von Perigueux
(ed. Petschenig 171\ Dracontius (^Sedul.. ed. Huemer 3G3 365 3G9 f.\
^ Ep. 2) ad Maced.. ed. Huemer 172: ,Dederimus hiuc aliquam forsitan ob-
trectatoribus viam, dicentque nonnulli fidem translationis esse corruptam. quia certa
videlicet sunt in oratione quae non habentur in carmine."
* Siehe die Ausgabe der Dekretale von E. v. Dobschütz, Leipzig 1912. 47 u. 281 f.
'
\'.iil. V. ')
— 8: ,Uniiis ob meritum cuncti periere minores:
salvantur cuncti unius ob meritum.
Sola fuit niulier. patuit quae ianua Itto
et qua vita rodit. sola fuit mulicr.
''
y. 17: .Kiiixa est puorijoi'a" erinnert an l'aseliale earnien '_'. <!>:
anstaltete Fr. Juretus, Paris 158Ö. Eine neue Ausgabe der riedichte veröffent-
lichte J. Looshurn. München 1879 (von dem Paschale opus wird 89 92 das —
Widmungsschreiben an Macedonius mitgeteilt). Das fünfte Buch des Paschale
opus ward gesondert herausgegeben von E. Ludwig Heilbronn a. X. 1880.,
Eine Honderausgabe der beiden Hymnen bei Blume und Dreves, Analecta
—
hymnica medii aevi 50, Leipzig 1907. 58 ßO. Die erwähnte (^i^esamtausgabe
Huemers enthält au&er den Werken des Sedulius in einer Appendix noch fol-
gende »Stücke: 1. Turcii Ruft Asterii Carmen, vier Distichen, mit welchen
Asterius seine neue Ausgabe des Paschale carmen einem hochge.stellten Geist-
lichen überreichte (auch in der Anthologia latina. edd. Buecheler et Riese. 1.
2, 2. Aufl., Lipsiae 1906. 48); 2. Versus BeUesarii scholastici. zwei akro- und
zugleich telestichische Lobgedichte von je 16 Versen auf ,SeduUus antistes"
(auch in der Anthol. lat. a. a. 0. 49 f.) 3. den von dem ersten Herausgeber
;
'
Vgl. die Praef. : „eucharisticon ipsi Deo oinisciiluin sali ephemeridis meae
relatione contexerem."'
048 ^^^' iateinisclie Litwatiir des fiiiittrii .lahiliumlort.s.
Gottes war, wenn ich die zeitlichen Freuden, die dem Menschen-
geschlecht verstattet sind, in meinen früheren Jahren nicht entbehrt
habe, und daß in meinem späteren Leben wiederum Gottes Vorsehung
mir zum Heile diente, wenn sie mich mit unablässigen Widerwärtig-
keiten heimsuchte und prüfte und mich so deutlich erkennen ließ, daß
ich weder eines gegenwärtigen Glückes mich rückhaltlos freuen dürfe,
weil ich wußte, daß ich es wieder verlieren könne, noch auch ein
Unglück mir allzusehr zu Herzen nehmen solle, weil ich erfahren, daß
Gottes Barmherzigkeit wieder Hilfe bringen könne."
Dann wendet er sich zur Schilderung seines wechselvollen Lebens-
laufes. Im Jahre 376 zu Pella in Macedonien als Sohn des Vicarius
von Macedonien, Hesperius, geboren, kam Paulinus schon in seinem
dritten Lebensjahre nach Bordeaux in das Haus seines Großvaters, des
Dichters Ausonius, der damals, 379, gerade Konsul war. Er erhielt
eine treffliche Erziehung, fand jedoch für seine Neigung zu frommer
Abgeschiedenheit bei den Eltern kein Verständnis. Eine Krankheit
zwang ihn, seine Studien zu unterbreclien, und dem Rat der Ärzte
folgend, gab er sich nunmehr dem Vergnügen, der Jagd und dem Ball-
spiel hin, hielt sich indessen auch nicht frei von Ausschweifungen.
20 Jahre alt, heiratete er auf den Wunsch der Eltern die Tochter
einer alten und angesehenen Familie, wußt(' auf ihren verwahrlosten
Liegenschaften wieder Ordnung zu schaffen und verlebte fortan als
reicher Gutsherr glückliche Tage. In seinem 30. Jahre aber biachen
die Barbaren in das Land ein. Tod
entiiß ihm den geliebten Vater.
der
P^rbstreitigkeiteu entzweiten ihm den Bruder. Einige .lahre später
waid er duith die Goten seiner Güter IxMaubt und nnißte-nach Vasatä.
'
Anders Misfli. (u-scli. «Ii-r Autohintirapliit" 1. 4;')! A. 1.
i5 82. Dichter. (!. I'aulinu.s von l'ella. ()49
Siehe Petschenigs Ausgabe des Epos im Corpus Script, eccles. lat. lO, Viiulol).
'
1888, 13 19. Gregor von Tours, Pe virtutibus S. Martini 1. 2 (ed. Krusch ä8G und
spätere Autoren verwechseln Paulinus von Petricordia mit Paulinus von Xola.
* Man stützte diese Vermutung auf die Worte l'aulins in einem Schroilien an
Perpetuus von Tours bei Petschenig a. a. 0. 161: „per Domnissimum meum diacouum.
sicut praecepisti, emisi" (so Huber, Die poetische Bearbeitung der .Vita S. Martini"
des Sulpicius Severus durch Paulinus von Perigueux, Kempten 1901. 10; Krüger
bei Schanz, Gesch. der röm. Lit. 4, 2, 377). Auf einen Bischof aber würde hier nur
dann hingedeutet .sein, wenn es hieße: „per diaconum meum Domnissimum". Auch
ist von einem Bischof Paulinus von Perigueux im .Jahrhundert nichts bekannt.
;">.
'
Das ergibt sich aus dem scliuu zitierten Antwortschreiben des Paulinus an
Perpetuus bei Petschenig 160 f.
^ Über das Datum siehe Tillemont. Memoires pour servir ;i Ihist. eccles. 16.
Paris 1712. 404 773.
(j52 I^''" liiti'iiiisclic Literatur des riinftcn .laliiluiiHlerts.
Ülier das Datum des Todes vgl. Allard. St. Sidoine Apollinaire. Paris 1910, "204.
'
Von der Trauer der (iemeinde erzählt (heiior von Tours, Hist. Franc. 2, '28; ed.
Arndt 85. Der F(U-tsetzer des Gennadius (Dv vir. ill. ü'2: beschliet^t seine Notiz ülier
Sidonius mit den Worten: ..Verum in christiaiio vigore pollens etiani inter barharae
t'erocitatis duritieui. (|ii;u' co tempore Oalios oppresserat, <-atholicus pater et doctor
habetur insi^jnis."
§ H2. Diclitfr. cS. Apollinaris Sidonius. f)53
'
Ep. 9, l'i, 1: ..Ab exordio religiosae professionis luiic principaliter exercitio
leiiuiitiavi". Vgl. das Gedicht in dorn Briefe !). Iß. V. 55 f. : .C'lerici ne quid maculet
rigorem fama poetae''.
- E].. 4. 1 7. 3.
.
Ein paar andere Arbeiten, deren die Briefe gedenken, sind ab-
lianden gekommen. Nach einer allerdings dunklen Andeutung hat
Sidonius eine lateinische Übersetzung des Apollonius-Romans des Flavius
Philostratus, welche von anderer Hand hergestellt und von wieder
anderer Hand verbessert worden war, einer neuen Durchsicht unter-
zogen ^. Sonst ist von dieser Übersetzung nichts bekannt. Was unter
den „contestatiunculae" zu verstehen sei, welche Sidonius diktierte und
dem Bischof Megethius übersandte^, ist zweifelhaft. Früher hat man
gern an „Meßpräfationen" gedacht, in neuerer Zeit meist an „Predigten" \
Die letztere Deutung darf darauf verweisen, daß Sidonius dem Erz-
bischof Perpetuus von Tours eine „contio" übersandte, eine Rede,
welche er laut dem Begleitschreiben auch diktiert und in der Kirche
zu Biturigae (Bourges) vorgetragen hatte". Gleichwohl aber scheint
der Gebrauch des Wortes „contestatio" die Übersetzung „Meßpräfa-
tionen" oder allgemeiner „Meßgebete" zu verlangen ', und es will auch
Ijeachtet sein, daß Gregor von Tours berichtet, er habe „aus den von
Sidonius verfaßten ,missae' ein Buch zusammengestellt" oder eine '^
'
Ep. 9, 11. 9. - Sielu' das (icdiclit in doiii Hvivlv ü. Ifi. V. Gl If.
•'
Ej). 8, 3. 1. Vgl. .Monmiscn in Luctjohanns Ausgalie des Sidonius. Hcrlin
18H7. 4-iü.
*
Ep. 7, .'.{. 1: ,.contestatiunculas quas ipse dictavi".
•''
Für Mefspräfationen entschied sich auch Tillemont, Mcnioircs IG. l'aris 1712
•J77: für Predigten Mommscn bei Luetjohann a. a. 0. Praef. xlix.
" Ep. 7.
1 fr. Vgl. über diese Rede Allard a. a. 0. 137 ff.
1».
'
Vgl. Du
Cange, Gloss. med. et inf. latinitatis, s. v. contestatio.
Greg. Tur., Hist. Franc. 2. 22
**
„in praefatione libri. quem de missis ab eo
:
conipositis coniunximus\ Über .missa" bei Gregor vgl. Kru.>*cb in iler .Ausgabe
Gregors von Arndt inid Kruscli, llannnvor 18S4 188r>, 903. —
4} S-J. Dichter. 9. Dichter aus dem Freiiiulesi<reise des .Sidunius. (j^,")
Chr. Luetjohann, Munum. (lenn. liist. Auct. antiquiss. S. Berol. 1S.S7. Nach
Luetjohanns vorzeitigem Tode (^i. April l'SS4) haben Fr. Leo und 'J'h. Mommsen
die Bearl)eitung des Textes zu Ende geführt. Zur Kritik dieser Ausgabe vgl.
A. Engelbrecht in der Zeitschrift f. die (isterreich. Gymnasien 41 il.S9()j 4X1
l)is 497 —
677 099. Über eine von Luetjohann nicht benützte Handschrift
handelt M. C. Burke. De Ai>ollinaris Sidonii eodice nondum tractato Kemensi
I)ibl. civ. 42o (Diss. inaug.). Monachii 1911. 8". Eine willkommene kleinere
Ausgabe besorgte P. Mohr, l^eipzig 1.S95 (Bibl. Teubneriana). Bei Migne.
PP. Lat. 58, ist J. Sirmonds Ausgabe. Paris 1614 und wiederum 1652. ab-
gediuckt. Die erste Ausgabe hatte E. Vinetus, Lyon 1552, geliefert. Über —
Sprache und Stil handeln M. Mueller. De ApoUinaris Sidonii latinitate (Diss.
inaug.). Halis Sax. 1888, 8^. E. Grupe. Zur Sprache des ApoUinaris Sidonius
(Progr.). Zabei-n 1892, 4^; vgl. Grupe in Luetjohanns Ausgabe 448 484: —
, Index verborum et locutionum A. Engelbrecht. Beiträge zum lateinischen
**
.
438 ff.: Schanz. Gesch. der röm. Lit. 4. 2. München 1920. 43 ff.
dem Verhisser der ^Aletliia" (Abs. ''l\ oder mit dem Aquitaiiier Victoriu.s. dem
Verfasser der Ostertafel (oben 8. 541). ist in keinerWei.se nahegelegt. Vgl. Hist.
lit. de la France 2, Paris 1735. 427.
Werk gelegt, des letzteren hat er nach dem Tode des Biscliofs
auf Drängen
J^atiens an die Öffentlichkeit treten lassen.
seine Arbeit Ohne viel Rhetorik,
aber lebendig und anschaulich geschrieben und aus guten Quellen geschöpft,
auf chronologische Datierung freilich oft verzichtend, ist diese „Vita" für die
Kirchengeschichte (ialliens und Britanniens im 5. Jahrhundert von nicht geringer
Bedeutung. Zuerst in den Acta SS. lul. 7, Antverp. 1731, 20(.) 220. gedruckt, —
hat sie einen kritischen Herausgeber gefunden an W. Levison in den Mon.
Germ. bist. Script, rer. Meroving. 7. Hannov. 1920, 225 283. Vgl. Levison. —
Bischof Germanus von Auxerre und die Quellen zu seiner Geschichte: Neues
Archiv der Gesellsch. f. ältere deutsche Geschichtskunde 29 (1904) 9ö 175. —
f) Ein Brief des Sidonius an Bischof Auspicius von Toni. Ep. 7, 10, er-
weist sich als ein bloljes Empfehlungsschreiben für den Überbringer. Von
Poesien des Auspicius ist bei Sidonius überhaupt nicht die Rede. Ein Brief
des letzteren an Arbogastes. kaiserlichen Comes zu Trier. Ep. 4. 17. aber mag
in ursächlichem Zusammenhang stehen mit der durch eine Handschrift des
9. Jahrhunderts ül)erlieferten poetischen .,Epi.stula Auspici episcopi ecclesiae
Tullensis ad Arbogastem comitem Treverorum". Arbogastes hatte um Erklärung
gewisser geistlicher Schriften (paginae spivitales) gebeten. Sidonius. dem solche
Aufgaben weniger entsprachen, verwies ihn an die Bischöfe Lupus von Troyes
und Auspicius von TouJ. „incliti Galliarum patres et protomystae'*. Der ge-
nannte Brief des Auspicius ist ein liebenswürdiges Mahnschreiben. An eine
persönliche Begegnung, welche erst vor kurzem zu Toul stattgefunden hatte,
anknüpfend, lobt und preist der Bischof zuvörderst die adelige Gesinnung des
Arbogastes, welcher sich als den würdigen Sprossen erlauchter Ahnen bekunde ^.
als Christ aber die heidnischen Vorfahren an Hoheit noch weit überrage. Dann
Avarnt er vor der „radix malorum omniuni". der Habgier, welcher so viele
„primates saeculi" verfallen seien, und bittet Arbogastes. sobald er nur ein
Tröpflein dieses Giftes in seinem Innern verspüre, dasselbe mit dem Öle der
Wohltätigkeit auszuwischen, weil der Gerechte sich nicht nur nicht an fremdem
Gut vergreife, sondern auch von dem eigenen Gute, austeile „Sic ab alienis :
Franken Arbogastes, welcher 394 bei Aquileja an der Seite des Usurpators Eugenius
gegen Theodosius d. Gr. kämpfte und nach verlorener Schlacht sich selbst den Tod gab.
Vgl. Duchesne, P'astes episcopaux de l'ancienne (laule 2-, Paris 1910, 424 'f.
Die Bemerkung Streckers i,in seiner .sogleich zu zitijerenden Ausgabe des Briefes 617 :
,[n nulla Serie episcoporuni illius temporis Arboijastis nomen invenitur", ist falsch.
Es fragt sich nur, ob der als Bischof von Chartres bezeugte Arbogastes unser Arbo-
gastes ist.
Brief geliiirt zu den ältesten Beispielen jener rhythmischen Poesie, welche die
Gesetze der <iu;intitierenden Metrik grundsätzlich nicht beachtet.
Neue Ausgaben des Briefes (]\Iigne. PP. Lat. Gl, 1005—1008) von W. Gund-
lach in den Mon. Germ. bist. Epist. H, Berol. l<Si)2. 1)^5 187; von W. Brandes. —
Des Auspicius von Toul rbytbnüsobe Epistel an Arbogastes von Trier (Progr.).
Wolfenbüttel ItlOÖ, 4"; von W. Meyer in den Nachrichten von der Kgl. Ges.
der Wiss. zu Göttingen, Philol.-hist.' Kl., 190(i. 192—229; von K.Strecker in
den Mon. Genn. bist. Poetae lat. med. aev. 4, 2, 1, Berol. 1914. (514— 017.
Brandes und andern gegenüber behauptete Meyer a. a. 0.. Auspicius habe nur
,silbenzälilende Prosa mit einer bestimmten Selilufskadenz" schreiben wollen,
aber nicht mit BewulJtsein jambische Füße gebildet; vgl. auch Meyer in den
genannten Nachrichten 1V)08, 194 ff.; 1909, 373 ff. Gegen Meyer sielie Brandes.
Die Epistel des Auspicius und die Anfänge der lateinischen Rhythmik: Rhein.
Mus. f. Philol. 64 (1909) 57—97. P. Maas. Kurz- und Langzeile in der Auspi-
cianischen Strophe: Philologus 68 (1909) 157 160. —
Über die ausschließlich oder doch hauptsächlich aus Sidonius bekannten
Dichter Consentius, Petrus, Proculus, Severianus siehe die Hist.
lit. de la France 2, Paris 1735, an den im Register bezeichneten Stellen.
Fürstenhauses zu singen-.
Um den König zu versöhnen, schrieb Dracontius im Kerker eine
„Genugtuung", Satisfactio, welche aus 158 Distichen besteht und in
zwei Teile zerfällt. Rückhaltlos seine Schuld anerkennend, bittet er
in dem ersten Teil Gott, dessen Hand die Herzen der Könige lenkt.
Guntamund zur Milde zu stimmen; in dem etwas längeren zweiten
Teil (V. 117 ff.) wendet er sich um Hilfe flehend an den König selbst,
der schon so oft Gnade geübt und die Strafe erlassen habe, wie ja
auch der Löwe nur gegen den bewaffneten Feind vorgehe, den Wehr- ,
losen aber verschone. Wolle der König sich die Barmherzigkeit Gottes
* In
dem handschriftlichen „Explicit" hinter ciiuni seiner (iediclite wird er .vir
clarissimus et togatiis fori procoiisulis abiiae Karthairinis" geheimen". 8ielie die .\us-
gabe der ,Carmina Dracontii" von Volbner in den Mon. Oorm. hist. Auct. anti»niiss.
14, Heroi. !!»();'), 148. Den clarissimus", unsrem Titel .Kxzellenz" ver-
Titel ,vir
gleicliliar, liat Dracontius wolil auf (inuul seines Amtes, sondern auf (!rund
nicht
.seiner Herkunft als At)k(">mniling eines senatorischen (lesclileelites geführt.
- Dieses (iedielit ist verloren geganj^en. Siehe über dasselbe die Satisfactio
y. !i:ii'. lor. f. Vyl. die ,-enannte Au.suahe X'oilniers a. a. O. Traet. viii.
§ 8'i. Dichter. 10. Dracontiiis. (j59
so möge er,
sichern, der Vorschrift des Evangeliums entsprechend,
dem schwer büßenden Missetäter verzeihen.
Dieses Reuegedicht blieb ohne den gewünschten Erfolg. Dracontius
ließ demselben eine größere, drei Bücher umfassende Dichtung in Hexa-
metern folgen, welche „De laudibus Dei" überschrieben und dem Preise
der Güte, „pietas", Gottes gewidmet ist. Nachdem das er.ste Buch
(754 VV.) gezeigt, wie diese Güte sich in der Schöpfung der Welt ge-
oflfenbart habe, versucht das zweite (818 VV.) auszuführen, wie dieselbe
in der Erhaltung der Welt und namentlich in der Sendung Jesu Christi
sich bewährte und vollendete, worauf dann das dritte Buch (755 VV.)
zur Gegenliebe Gottes und zu unerschütterlichem Vertrauen ermuntert.
Durch die Fülle der angezogenen Beispiele, die unablässigen Lob-
preisungen Gottes und mannigfache Abschweifungen mitunter fast ver-
schüttet, wird der einmal eingeschlagene Gedankengang doch immer
wieder von neuem aufgenommen und folgerichtig festgehalten. Eine
Glanzpartie des ersten Buches ist die Beschreibung des Sechstage-
werks (V. 118 ff.) mit der phantasievollen Schilderung des Paradieses
und der sich anschließenden Darstellung des Sündenfalls. Im zweiten
Buch findet sich eine scharfe Zurückweisung des Arianismus (V. 98 ff.);
Arius wird „insipiens, omnis rationis egenus" genannt; die Gottheit
Christi sei durch seine und seiner Jünger Taten bewiesen. Das dritte
Buch klingt aus in ein abermaliges reumütiges Schuldbekenntnis des
Verfassers (V. 566 ff.) und eine Bitte an Gott um Vergebung, um Er-
lösung aus der Kerkerhaft und zeitliches und ewiges Wohlergehen.
Jedenfallshat auch dieses Lehr- und Bußgedicht in die Hände
Guntamunds kommen sollen, wenngleich es nicht unmittelbar an ihn
gerichtet ist. Ob es mehr Eindruck gemacht hat als die „Satisfactio",
bleibt dahingestellt. Aus einem späteren Gedichte aber ersehen wir,
daß Dracontius nach langem schmerzlichen Harren auf die Fürsprache
einflußreicher Freunde, gewissen Viktor und seiner Söhne, in
eines
Freiheit gesetzt worden Und wahrscheinlich hat er auch nocli
ist\
ein freilich abhanden gekommenes Lobgedicht auf Guntamunds Xach-
—
Nachfolger Thrasamund (496 523) verfaßt-. Im übrigen liegt über
das Leben und die Tätigkeit des Dichters nach seiner Befreiung aus
der Gefangenschaft keine Nachricht mehr vor.
Außer der „Satisfactio" und den „Landes Dei" besitzen wir noch
eine Sammlung von kleineren und größeren Gedichten des Dracontius,
welche sich ..Romulea" =
Ronuma, sc. carmina, benennt und damit
auf ihren nationalen oder profanen Charakter hinweist. In der ver-
stümmelten Gestalt, in der sie uns erhalten blieb, umfaßt diese Samm"-
luifg zehn Nummern, von Avelchen zwei (6 und 7) Hochzeitsgedichte
42^
QQQ Die lateinische Literatur des fünften .lalir Ininderts.
sind, während die übrigen, wie „Hylae fabula" (2), „De raptu Helenae"
(8), „Medea" (10), ihren Stoff der Sagenwelt entnehmen, zum Teil jedoch
bloße rhetorische Exerzitien oder Schuldeklamationen darstellen. Die
anonym ül)erlieferte, aber in Sprache, Stil und Metrik fast Vers für
Vers die Hand des Dracontius verratende „Orestis tragoedia". ein
Epos von 974 Hexametern, dürfte ursprünglich auch zu der Sammlung
der „Romulea" gehört haben. Einige kleinere mit den ,,Romulea" mehr
oder weniger verwandte Stücke sind stiittiger Abkunft. Die verbürgten
Profangedichte verlaufen fast sämtlich in Hexametern und fallen wenig-
stens der überwiegenden Mehrzahl nach in die Tage vor der Gefangen-
schaft des Dichters. Auch von ihnen gilt, was von den Poesien des
Sidonius aus seiner vorbischöfhchen Lebensperiode gesagt wurde: sie
könnten ebensowohl wie von einem Christen auch von einem über-
zeugten Heiden verfaßt sein.
"^
, Landes Dei" oder das „He.\aeineron". wie er es nannte (vgl. Isid. Hisp., De
vir. ill. 24), sei, glaubte Eugenius. älteren Datums als die ,8atisf actio", und die
letztere habe zur Erläuterung und Keohtfei-tigung des ersteren dienen sollen.
Diese unglückliche Fragmenten-Verarbeitung hat nun aber den ursprünglichen
Text der beiden Dichtungen für lange Zeit völliger Vergessenheit überantwortet.
Die ältesten Drucke, seit löOO, geben nur die Arbeit des f]ugenius wieder;
erst der spanische Jesuit Fr. Arevalo (Rom 1791) hat die Originalfassung ans
Licht gezogen. Heine Ausgabe ist bei Migne. PF. Lat. (iO, <)79 982 abgedruckt; —
die Rezension des Eugenius ist in Verbindung mit andern Gedichten und Briefen
des Eugenius nach der Ausgabe von Fr. A. de Lorenzana, Madrid 17S3. bei
Migne 87, 847-418 abgedruckt worden. Eine neue Ausgabe der zwei letzten
Bücher der ,Laudes Dei" Heferte C. E. Glaeser in zwei Programmen des Kgl.
Friedrichsgyninasiums zu Breslau. 1848 und 1847. Wichtige Beiträge zur
Handschriftenkunde und zur Texteskritik der „Landes Dei" spendete W. Meyer,
Die Berliner Centones der Laudes Dei des Dracontius Sitzungsberichte der
:
Teubneriana, Lips. 1914 (Poetae lat. minores 5). Diese kleinere Ausgabe ist
noch um ein neues Stück bereichert worden, .,Incerti Aegritudo Perdicae''.
etwas aus der Sagenwelt. In der größeren Ausgabe hat Vollmer der Original-
fassung der „Satisfactio" und der , Laudes Dei" die Fragmenten-Rezension des
Eugenius gegenübergestellt und aufserdem auch die sonstigen Gedichte und
Briefe des Eugenius neu bearbeitet. Vgl. Vollmer. Die Gedichtsammlung des
Eugenius von Toledo Neues Archiv der Gesellsch. f. ältere deutsche Geschichts-
:
—
kunde 26 (1901) 391 409. Eine auf A^ollmers Ausgabe beruhende erschöpfende
Würdigung der Fragmenten-Rezension des Eugenius bei K. Reinwald. Die Aus-
gabe des ersten Buches der „Laudes Dei" und der „Satisfactio'" des Dracontius
durch Eugenius von Toledo (Progr.). Speyer 1918, 8". Über eine verbesserungs-
bedürftige Stelle der „Landes Dei". 8. 859 ff., siehe C. Weyman im Münchener
Mus. f. Philol. des Mittelalters 8 (1917) 189 f.
Über Dracontius im allgemeinen handeln Vollmer bei Pauly-Wissowa,
Realenzykl. der klassischen Altertumswissenschaft 5. 2, Stuttgart 1905, 1635
bis 1644. E. Provana, Blossio Emilio Draconzio, sti!RJio biografico e letterario
Memorie della R. Accad. delle scienze di Torino. Ser. 2. t. 62 (1912), Scienze
morali etc. 23 —
100. Weyman, Ein römischer Dichter in Afrika zur Zeit der
Vandalenherrschaft Hist.-polit. Blätter 155 (1915) 441
: 459. —
Literatur zu —
den Profangedichten, insbesondere zu der „Orestis tragoedia", ist verzeichnet
bei Teuffei, Ge.sch. der röm. Lit. 8. Leipzig 1918. 466
''
469: Schanz. Gesch.—
der röm. Lit. 4. 2. München 1920. 58 68. —
Ii e 2' i s t e r.
Register. 665
Chr} sippus von Jerusalem 307 f. Didaskalia. Apostolische D. 263 ff. Ara-
Ghrysologus s. Petrus Chrs^sologus. bische und äthiopische D. 274 f.
Chrvsostomus 9 84 89 101 140 lfi4 f. 1G7 f. Didvmus der Blinde 228.
175 180 194 239 245 255 f. 349 356 444 Diodor von Tarsus 2 54 227 229 235 243
477 487 495 613 (J19. Dialogus de vita 408 f. 413.
S. loannis Chrysostomi 16 155 157. — Dion Chrjsostomus 117 f.
Chrysostomus-Litureie 78. Dion3'siusAreopagitas.Pseudo-DionysiusA.
Cicero 426 439 453 409 498. — Exiguus 17 208 273 529.
Claudianus s. Klaudianus. — von Gaza 294.
Claudius s. Klaudius. — von Rhinokorura 292.
Clemens s. Klemons. — Rickel 298 f.
Cönobiten und Eremiten 18. Dioskur von Alexandrien 78 f. Vgl. 215
Collectio Arelatensis 616 621 624 627. 223 f. 300.
C. Avellana 300 616 621 624 627. Doctrina Addaei 326 376 ff.
C. Britannica 626 f. C. Palatina 526 ff. Patrum de incamatione Verbi 9 41 179
Vgl. 68 201 226. C. Thessalonicensis 200 249.
616. Dogmatische Literatur der (kriechen 2 ff.
Consentius, Dichter 658. der Lateiner 423 ff.
Freund Augustins 500. Domnus II. von Antiochien 223 f. 246.
Constantin s. Konstantin. Donatismus 426 467 f.
Constantius s. Konstantius. Donatus von Karthago 469 512.
Cosmas s. Kosmas. Dorotheus von Marcianopolis 212 214.
Credo. Credogesang 294. Dositheus 250.
Cresconius 513. Vgl. 470. Drakontius 658—661. Vgl. 434.
Cyprian von Antiochien. Acta SS. Cj^priani Drei Kapitel, die 253 410.
et .Justinae 128 ff.
von Karthago 446 447 469 566. Pseudo-
K.
Cvprian 553 632.
Cyrillonas 395 398. Vgl. 400 406. Ebedjesu (Abdischo) 321. Vgl. 169 202
Cyrillus von Alexandrien 23—74. Lebens- 207 f. 221 250 262.
gang 23. Schriftstellerische Wirksam- Edessa. Acta Edessena 326. Edessenische
keit 28. Exegetische Schriften zum Alten Chronik 405.
Testament 34. Exegetische Schriften Elisäus 412.
zum Neuen Testament 40. Schriften Emeritus von Cäsarea 513. Vgl. 472.
gegen den Arianismus44. Schriften gegen Enanjesu (.\nanischo 152.
den Nestorianismus 48. Schriften gegen Endelechius 635. Vgl. 434.
verschiedene Häresien 55. Das Werk Enthusiasten s. Messalianer.
gegen Kaiser .Julian 58. Osterfestbriefe. Ephräm von Antiochien 48 55 100.
Ostertafel (51. Predigten 63. Briefe (Mi. — —
der Sjrer 342 373. Literarhistorische
Zur Lehre Cyrills 70. Vgl. 4 6 ff. 9 ff. Bedeutung 342. t^berlieferung der Schrif-
Bardenhewer. Gesch. der altkirol.l. Literatur. IV. 42**
CGß Register.
Kpiphanius von Salamis 16 154 243 463 f. Filastrius von Brescia464 520.
520. Firm US von Cäsarea 196 f. Vgl. 21 f.
—
histiiHis, Historiker 531.
Martyr 238 243 323.
— von Arles 58(> f.
Register. 669
Narses. Märtyrer. Acta S. Narsetis .']H() f. Pauliinis von Pella (547 649. Vgl. 433.
Neincsius von Emcsa 27;") -280. V^l. 7. von Perigneux 650 f. Vgl. 433.
Nostoriii.s 74-78. Vul. 2 ff. 10 f. 25 ff" .'}()2 Paulona 374 f.
;{s;» 408 r. r)2(j ff. Paulus der Apostel. Paulusakten301.
Nicepliorii-s (Iresjoras 117 t'. Dritter Korintherbrief 35(5.
— Kallistiis {»^''lOl l(;2f. 177 180 245. von Emesa 249. Vgl. 28.
-
Nonnus von Edessa 411. Vgl. 123. Peschittho 323 f. 338 357 359 390 f.
Nonnus von Panopolis 122—124. Vgl. 22. Pethion. Acta S. Pethion 387 f.
Petilianus. von Cirta 512 f. Vgl. 470 f.
O. Petrus. Abt 96 f.
— von Alexandi'ien 80.
Octateuchus Clementinus 273 ff. — der Apostel. Petrusapokalvpse 99.
Optimus. Philosoph 127. Chrysologus 606—610. Vgl. 431 f.
Orientius (;40— 642. Vgl. 433 651. — Dichter 658.
Origenes 6 12 105 154'~f. 175 f. 237 243 — Fullo 299 f. Vgl. 294.
305 f. 580. — der Iberer. Vitae S. Petri Iberi 315 ff.
Orosius. Augustinusschüler 529 533. Vgl. — — Mongus 82 f. Vgl. 218 f.
423 467. Phädon. Philosoph 147 f.
— Bischof 533. Philippus, Bardesanesschüler 325.
Osterfestbriefe 61. — Hieronvmusschüler 517.
O.stertafehi 62 f. 541. — Sidetes 135—137. Vgl. 10 15.
Ovid 639 651. — Solitarius 210.
Philo 195 235.
P.
Pacatus 422. Philostorgius 132—135. Vgl. 10 14.
Palladius von Helenopolis 148 157. Hi- — Philostratus s. Flavius Philostratus.
storia Lausiaca 148. Der Verfasser 152. Philotheus 262.
Diaioijus de vita S. loannis Chrvsostomi
— s. Septem martvres Samosateni.
155. "Vgl. 7 17 178 421. Philoxenus von Mabbuü 417 421. Vi:l.
alladius von Ratiaria 556. 320 324 373. Philoxeniana 324 418.
amphilus von Abvdns 299. Philoxenianer oder Phthartolatreu 417.
aiikratiu.ss. Azazail. Phokas Bar Sergius 297.
anodoT-us von Alexandrien 91. Photinus 199 (502.
apa von Scieucia 340 f. Photius 14 55 ;00 103 108 129 133 1(56 f.
aradi.sus. Büchertitel 148 178. 17(5 f. 180 245 29(5 f. 301 ff.
Vita sanctorum Pati-um 148. De sanctis Lateinern 432—434: bei den Syrern 320.
Patribus in monte Sina peremptis 166. l'(dvchronius 517.
Patricius. Ai)o.stel Irlands (i29— 632. I
Polvdeukes. Pseudo-P. 195.
— Bischof 127 f. ; Polykarpus. Chorbischof 324 418.
Pauliniis (;3(; f. Vgl. 433. — von Smyrna 288.
von Hiteriä 636. Polykrates"520.
von Hnrdigala 588. Pomerius s. .lulianus l'omerius.
— von Mailand 543 545. Vi?l. 427. Porphvrius von (iaza. Vita S. Porphyrii
— von Noia 159 462 588 594 (539 (549. 308"tt.
Register. <J71
472 513 525. R. zu Karthago 484 549 ff. von Edessa 353 ff.
:
—
R. zu Konstantinopel 532/33 291. R.: von Minorka 533. —
am Hofe der Sassaniden 136 f. —
Sanctus Endelechius 634 636. A'nl.
Reliquien des hl. Stephen us 532 f. 434.
Remigius von Auxerre 647. — von Synnada 200.
Reverentius 572. Sidonius s. Apollinaris Sidonius.
Rheginus von Konstantia 196. Simeon Bar Apollou 311.
Rhodon 135 243. — Bar Sabbae. Acta S. Simeonis 341 f.
SixtuslIL. l';ii)st (ilT) (ilT. Vgl. 47i» 51f». Theodosius von Jerusalem 308 315 317.
Skotiis Kiigciia s. .I(iii;iiiiies Skotus Eri- — Melitenus 195.
geiia. Theodotu.'s von Ancyra 197—200. Vgl. 4 G.
Sokrates 137—141. Vgl. 14 f. 14(; 242. — von Antiochien 249. Vgl. G 241.
Sophronins 18(5. Theodulus 2G2. Vgl. G.
SozomeniKs 141 144. Vgl. 14 f. 147 242. Theologie, kataphatische und apoi)iiatische
Sporaciu.s. C'onies 244. 295.
Statins ()ö.'5. Theopaschiten, nestorianische Bezeichnung
Stephanus Bar Sudaiii 2«! f. 414 418. der Orthodoxen 7G 202. Theopasch tischer
i
OTTO BARDENHEWER
DOKTOR DKK THEOLOGIE UND DER PHILOSOPHTE
APOSTOL. PROTONOTAR UND PROFESSOR DER THEOLOGIE
AN DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN
Bücheni Esia und Nehemia. 9. Dr. Sebastian Euringer: Die Bedeutung der Peschitto
für die Textkritik des Hohenliedes. 10. Dr. Heiniich Herkenne: Die Textülierlieferung
des Buches Sirach. 11. Dr. Valentin Weber: Der hl. Paulus vom Apostclüberein-
—
kommen Gal. 2. 1 10 bis zum Apostelkonzil ',Apg. 15. 12. Dr. Otto Bardenbewer
ist Elisalieth die Sängerin des Magnificat?
Die Texte sind durchwegs den zuverlässigsten Ausgaben entnommen. JJeigegeben ist ein
. . .
chronologisches, biblisches und alphabetisches Verzeichnis. Jeder Lehrer und Hörer der
Theologie wird besonders für dogmatische, aber auch biblische und patristische Fragen gern
nach diesem Handbuch greifen. Es bietet aber auch eine wahre Schatzkammer lür Prediger
und Kateclieten." (Studien luid Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens. Salzburg.)
„Ein prächtiges, hochwillkonnnenes Buch, das dem Studierenden bequem die wichtigsten Texte
in die Hand gibt. Die vorzügliche Auswalil ermöglicht eine allseitige Orientierung. Wer dogmen-
geschichtli(;he Studien treibt oder einen gründlichen Einblick in die Literaturgeschichte der
patristischen Zeit zu gewinnen wünscht, wird dieses Werkes nicht entraten kömien. Die zahl-
reichen Indices sind Glanzleistungen wissenschaftlicher Aki'ibie und verdienen auch für sich
. . .
allein schon die rücklialtloseste Anerkennung und Bewunderung. .'• (Akad. Piusheftc. Paderborn.)
.
„Ein kostbares Buch, das uns hier von katholischer Seite aus beschert wurde. Ein Buch
für alle diejenigen, Sehnsucht haben nach Linenschau und religiöser Vollendung.
die
Ambrosius, Augustinus, Basilius, Chrysostomus, Cyprian, Gregor von Nazianz, Hieronyinus.
Kleniens von Alexan<lrien, Origenes. Tertullian und manche andei'en namhaften (lotteszeugen
der ersten Jahrluinclcrte nach Christus finden wir liier vereint mit bezeichnenden Aussprüchen
aus ihren Werken. Wir freuen uns des schönen und wertvollen Buches, das Christen aller Be-
kemitnisse zur Erbauung wann ans Herz gelegt werden möge." (Mitteid. Z<?itung, Erfurt 1922.)