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Rassismus

Report
2018
Einzelfall-Bericht über
rassistische Übergriffe und
Strukturen in Österreich
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Verteidigerin der Menschenrechte. Grundlage ist
dabei die Geltung der Menschenrechte für alle
Bewohnerinnen und Bewohner – unabhängig
von Staatsbürgerschaft und Aufenthaltsstatus.“
„Wien – Stadt der Menschenrechte“
Deklaration, beschlossen im Wiener Gemeinderat am 19. Dezember 2014

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Inhalt
10 Editorial

11 Lebensbereiche 2018 – Definitionen und Bezeichnungen

12 Datenanalyse 2018

14 Diskriminierung im Umgang mit der Polizei

14 ZARA und die Polizei – Beziehungsstatus: Es ist kompliziert


17 Die Überprüfbarkeit polizeilichen Verhaltens
20 … man weiß genau, dass man nichts Falsches gemacht hat.
23 Die Durchsetzbarkeit von Beschwerden gegen polizeiliches Handeln in der Praxis
25 Know Your Rights für Betroffene und Zeug*innen von Amtshandlungen

30 Diskriminierung im Bildungswesen

30 Zivilcourage von Anfang an


31 Peer Education – Menschenrechte lernen auf Augenhöhe
32 Diskriminierung im Bildungswesen verhindert Chancengleichheit und fördert
ein 2-Klassen-Bildungssystem

35 ZARAs transnationale Arbeit


Impressum Mit freundlicher Unterstützung von:

Medieninhaber und Herausgeber: ZARA – Zivilcourage & 35 Zusammenhalt und Effektivität durch Netzwerken und Austausch
Anti-Rassismus-Arbeit
37 Mehr Bewusstsein und Verknüpfung durch Vergleich und Wissenstransfer
Chefredaktion: Philippe Schennach & Anna-Laura Schrei-
lechner
Redaktion: Karin Bischof, Lukas Gottschamel, Caroline 38 Rassistische Vorfälle
Kerschbaumer, Dunia Khalil, Felicitas Rachinger, Dieter
Schindlauer, Bianca Schönberger, Anna Schreilechner, 38 Öffentlicher Raum
ZARA-Beratungsstelle für Betroffene und
Emily Zens
Zeug*innen von Rassismus gefördert durch: 40 Rassistische Beschmierungen
Gastbeiträge: Joel Omorowa, Daniela Kirnbauer, Rotimi
Reichel & Sonia Zaafrani 43 Internet
Lektorat: Ferhat Özbay 47 Politik und Medien (offline)
Anzeigenverkauf und Medienkooperationen: Hannah 50 Polizei
Dobler, Ferhat Özbay, Philippe Schennach 55 Sonstige Behörden
Illustration und Grafik: Ulrich Frey & Fabian Lang, 58 Arbeitswelt
DERGESTALT, Agentur für Mediengestaltung
61 Güter und Dienstleistungen
Fotos: ZARA – Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit,
Johannes Zinner, Daniela Kirnbauer
61 Wohnen und Nachbarschaft
Druck: Gugler GmbH, Melk/Donau
64 Lokale, Geschäfte und andere Dienstleistungen
66 Gegen Anti-Rassismus-Arbeit

Höchster Standard für Ökoeffektivität.


Cradle to CradleTM zertifizierte 67 Beispiele für Zivilcourage
Druckprodukte innovated by gugler*.

69 Glossar
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung
der* Autorin* des* Autors* und nicht zwingend die des
Medieninhabers wieder. 84 20 Jahre, 20 Forderungen

8 9
Editorial Lebensbereiche
Werte Leser*innen, Unterstützer*innen, Freund*innen,
lassen Sie mit uns ein herausforderndes an unsere Beratungsstellen zu wenden, um
2018 – Definitionen
und Bezeichnungen
und bewegtes Jahr im steten Bemühen gegen konkrete Schritte dagegen zu setzen und dem
rassistische Diskriminierung Revue passieren: Recht auch zum Durchbruch zu verhelfen. Da
Zunächst gebührt ganz vielen Menschen ein sind wir auch weiterhin stark gefordert, nicht
von Herzen kommendes Dankeschön: Den vie- nur die bestehenden Rechtssysteme zu nutzen
len, die unsere Arbeit (auch) 2018 unterstützt und ihre Wirksamkeit zu verstärken, sondern
haben, durch Mitgliedschaft, Spenden, ehren- auch unsere eigene Glaubwürdigkeit und nied- Unter Öffentlicher Raum sind alle Vorfälle ge- Gütern und Dienstleistungen, wie beispiels-
amtliches Engagement, durch Geld, Ideen und rigschwellige Verfügbarkeit weiter zu erhöhen, sammelt, die sich an öffentlichen und der All- weise in Lokalen, Geschäften und bei anderen
Tatkraft. Dank auch dem ZARA-Team, das damit mehr Menschen, die direkt von Rassis- gemeinheit zugänglichen Orten zugetragen Dienstleistungsunternehmen.
sich den Herausforderungen und der gewalti- mus betroffen sind, oder solchen wahrnehmen, haben, wie beispielsweise auf der Straße, auf
gen Arbeitsfülle mit Unerschrockenheit und den Weg zu uns auch auf sich nehmen, weil sie öffentlichen Plätzen, Verkehrsflächen, Parks Rassismus als Reaktion auf Anti-Rassismus-Ar-
Durchhaltevermögen gewidmet hat. darauf vertrauen, dass das nützt und den Auf- sowie in öffentlichen Verkehrsmitteln. Rassis- beit bezeichnet Äußerungen, die sich gegen
ZARA steht 2019 im zwanzigsten Jahr wand wert ist. tische Beschmierungen sind Teil des Kapitels ZARA und andere Anti-Rassismus-Organisa-
seiner Existenz, und Anti-Rassismus-Arbeit Für diese Ausgabe des Rassismus Re- ‚Öffentlicher Raum‘, weil die an ZARA ge- tionen offline richten.
hat in dieser Zeit leider weder an Aktualität ports haben wir einen inhaltlichen Schwer- meldeten Fälle rassistischer Beschmierungen
noch an schierer Notwendigkeit eingebüßt. Po- punkt auf vorurteilsbehaftetes Handeln der Großteils den öffentlichen Raum betreffen. ZARA Grundhaltungen
sitiv ist, dass immer mehr Menschen zu ZARA Polizei gelegt. Das haben wir vor allem in
finden und es auf sich nehmen, ihre Beobach- dem Wissen darüber getan, dass, gerade in Internet listet alle Fälle auf, die im Internet Die Interessen jener Person, die sich an die Be-
tungen von oder Erlebnisse mit Rassismus im diesem so zentralen Bereich der Sicherheits- stattgefunden haben. Es schließt Online-Me- ratungsstelle wendet, stehen für ZARA an ers-
Alltag mitzuteilen und sich dadurch aktiv da- verwaltung, einerseits bei Unrechtserfahrung dien, Webseiten, Online-Foren, Social Media ter Stelle: Ihren Darstellungen wird Vertrauen
gegen stellen. besonders große Verunsicherung und Fremd- und Video Plattformen sowie Blogs mit ein. und Verständnis entgegengebracht und ihre
Sie halten nun wieder unsere wichtigs- heitsgefühle entstehen und andererseits ein so Aussagen werden ernst genommen. Allerdings
te jährliche Publikation in Händen, in der wir großer Apparat aber auch über viele Möglich- Politik und Medien schließt alle an ZARA ge- werden sie auch nicht unkritisch übernom-
durch konkrete Beispiele von Vorfällen, die uns keiten verfügt, die Situation nachhaltig zu ver- meldeten rassistischen Vorfälle ein, die ent- men. Im Rahmen weiterer Schritte bemüht sich
gemeldet wurden, zeigen, wie rassistische Er- bessern und in eine andere Richtung zu lenken. weder von Politiker *innen selbst oder von Par- ZARA um die Sicht der „Gegenpartei“ oder ei-
lebnisse in den verschiedensten Lebenswelten Hier wollen wir unterstützen und Vorschläge teien und ihren Organen oder von klassischen ner dritten Seite. Dadurch können Berater*in-
aussehen, wie sehr alle Bereiche des Lebens da- machen. Man könnte auch sagen: Wir werden Medien (Print, Radio und Fernsehen) offline nen nicht garantieren, dass alle Informationen,
von nach wie vor durchdrungen sind. Sie lesen, hier lästig bleiben. Weil es so wichtig ist und generiert wurden. die ihnen – von verschiedenen Seiten – zuge-
wie Ausgrenzung, Hass und Gewalt von einem weil alle derzeit verfügbaren wissenschaftli- tragen werden, der „Wahrheit“ entsprechen.
Geist der Über- und Unterordnung getragen chen Untersuchungen ganz klar einen großen Polizei umfasst alle Meldungen, die in irgend-
sind, die auf nichts als Ignoranz, tradierten Ste- Veränderungsbedarf nachweisen, der sich mit einer Form mit der Sicherheitsverwaltung und Mit der Veröffentlichung von rassistischen
reotypen und Blindheit gegenüber Privilegien unseren Erfahrungen deckt. Dabei versuchen den Organen der öffentlichen Sicherheit in Einzelfalldarstellungen handelt ZARA in-
gründen und wie das dem Zusammenhalt in wir die Thematik aus verschiedenen Blickwin- Verbindung stehen. mitten des antirassistischen Dilemmas, wo es
unserer Gesellschaft schadet. keln zu beleuchten und uns nicht selbst blind manchmal notwendig scheint, Rassismen zu
Dies ist an sich also keine schöne, an- zu zeigen für die vielen wahrlich gewaltigen Unter Sonstige Behörden sind alle Vorfälle ge- reproduzieren, um Rassismus zu bekämpfen.
genehme Dokumentation, aber sie ist eine Herausforderungen, die die tägliche Arbeit der sammelt, die sich in Ämtern, Schulen und an-
wichtige, weil sie aufzeigt, dass Handlungsbe- Polizei mit sich bringen. deren kommunalen Einrichtungen (ausgenom- Im Sinne des sensiblen Umgangs mit Spra-
darf besteht, wenn wir uns zukunftsfähig ent- Werte Leser*innen, wir wünschen uns, men Polizei) zugetragen haben. che verwendet ZARA das sogenannte Gen-
wickeln wollen. Sie veranschaulicht, dass es die dass diese Publikation Sie anspricht – in dem Sin- der-Sternchen (z.B. Berater*innen) und das
Barrieren in unseren Köpfen und Herzen sind, ne, dass sie Ihnen tatsächlich etwas sagt über ras- Arbeitswelt beinhaltet Vorkommnisse, die im rassistische Wort N**** wird nur angedeutet.
die uns auseinander halten, Spannungen erzeu- sistische Vorfälle in Österreich und Sie aber nicht weitesten Sinne mit Arbeit und Beschäfti-
gen und Nachteile für alle bringen. vorrangig schockiert und traurig macht, sondern gungsverhältnissen zu tun haben, also Arbeits- → ZARA Forderungen (→ 20 Jahre, 20 Forde-
Wir weisen hier aber auch darauf hin, Ihre Überzeugung stärkt, dass Rassismus ein markt, -suche, -bedingungen, -klima, Stellen- rungen, S. 84)
Caroline dass wir in einem demokratischen Rechtsstaat Problem ist, das unsere fortgesetzte Aufmerk- ausschreibungen usw. → Vertiefende Informationen (→ Rassistische
Kerschbaumer leben, in dem – eingebettet in ein internatio- samkeit verdient und gegen das ein gemeinsames Vorfälle, S. 38)
Leiterin der Beratung
nales und transnationales Rechtsschutzsystem Vorgehen sinnvoll und wirksam ist. Nehmen Sie Güter und Dienstleistungen (inklusive Woh-
Dieter Schindlauer – viele Formen des so genannten „Alltagsras- unsere Angebote in Anspruch und nutzen Sie nen) bezeichnet Vorfälle im Zusammenhang
ZARA Geschäftsführer sismus“ verboten sind und es Sinn macht, sich ZARA für Ihren persönlichen Beitrag dafür!   mit dem Zugang zu und der Versorgung mit

10 11
Datenanalyse 2018 INTERNET
Das Bewusstsein, rassistischen Hass an ZARA zu melden, ist auf Facebook auffällig hoch.
Rund 60% aller Meldungen von Rassismus im Internet kamen von Facebook User *innen.
2018 hat ZARA 1920 rassistische Vorfälle bearbeitet.
3 von 5 Meldungen von Rassismus betrafen das Internet.
Facebook 672 gemeldete Fälle
Web- und 165
Internet 1.164 gemeldete Fälle Zeitungsforen
Andere (E-Mail, 134
Messenger, etc.)
Öffentlicher Raum 312
Youtube 82

Güter und Twitter 79


151
Dienstleistungen
Webblogs 20
Politik und
89 12
Medien (offline) Instagram

0% 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 %
Polizei 82

Sonstige Behörden 70
In fast 2 von 3 Fällen wird rassistischer „Hass ist ansteckend, das lässt sich speziell auf Facebook
Arbeitswelt 33 Hass online in Form eines Kommentars beobachten. Zwar ist das Ausgangsposting oft noch ver-
verbreitet. gleichsweise harmlos - aber in der Debatte darunter wird
Gegen Anti-Rassis- Hassposter *innen verbreiten Rassismus fast dop- es dann richtig schlimm. In mancher Diskussion hagelt es
19
mus-Arbeit (offline) pelt so häufig als Reaktion in Kommentaren wie in regelrecht rassistische Kommen-
ursprünglichen Beiträgen. tare - und die Gefahr besteht,
0% 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 6 unzuordenbar dass Nutzer* innen solchen
Rassismus als neue Normalität
412 ursprüngliche empfinden.“
746 Kommentare
Beiträge
Ingrid Brodnig
Autorin “Hass im Netz”
ZEUG*INNEN 14 % melden 0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %
rassistische Belästigung
8 von 10 rassistischen Vorfällen wurden
2018 von Zeug*innen an ZARA gemeldet. „Mangelnde Erfolgsaussicht, Angst vor sekundärer
Viele Menschen in Österreich nehmen Rassismus Viktimisierung durch die Polizei und nicht unerheblicher
wahr, übernehmen Verantwortung und werden POLIZEI Aufwand an Kosten, Zeit und Nerven stellen massive
gegen Rassismus aktiv. Hürden auf dem Weg zur formalen Beschwerde gegen
In nur 8 von 82 rassistischen Vorfällen rassistisches Polizeiverhalten dar.
durch die Polizei konnten formale Das verhindert, dass ehrliches
Beschwerden eingebracht werden. Feedback über Fehlverhalten im
86% melden nicht – 63 mal konzentrierte sich die ZARA-Leistung System Polizei ankommt.“
vor allem, weil auf Entlastungsgespräch, intensive Beratung und
1.528 392
Zeug*innen direkt Betroffene „es ständig passiert“ Dokumentation. Caroline Kerschbaumer
„das Melden nichts ändert“ Leiterin der ZARA Beratung
„es zu bürokratisch und
zeitaufwändig ist“
11 × Sonstige
Es braucht zivilcouragierte Zeug*innen, die Rassismus melden, Interventionen
damit endlich mehr als nur die Spitze des Eisbergs sichtbar wird.
Eine Studie der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA, EU-MIDIS
63 × Entlastungsgespräch, Beratung und Dokumentation
II, 2018) zeigt auf, dass nur 14 % direkt Betroffener Rassismus melden.

Quelle: FRA-European Union Agency for Fundamental Rights, 2018: “Second European Union Minorities
8 × Formale
and Discrimination Survey. Being Black in the EU”]
Beschwerden

0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %
12
Thema Diskriminierung im Umgang mit der Polizei

ZARA und die Polizei


Beziehungsstatus: können – etwa durch disziplinarrechtliches
Vorgehen – wobei den Beamt*innen alle Recht-
wusst, die die Aufgabenerfüllung der Polizei
mit sich bringt, als auch der Tatsache, dass vie-

Es ist kompliziert
fertigungsgründe, die das Dienstrecht kennt, le Polizeibeamt*innen ihrem Beruf mit vollem
zur Verfügung stehen. Die Behörde kann also professionellem Einsatz und aufrichtigem Be-
gegenüber Beschwerdeführer *innen voll ihrer mühen um Nichtdiskriminierung nachgehen.
Verantwortung nachkommen, ohne zwingend Auch im Ausbildungsbereich hat sich in dieser
Maßnahmen gegen die beteiligten Beamt*in- Hinsicht in den letzten Jahrzehnten bei der Po-
nen setzen zu müssen. lizei einiges getan.
Versuch einer Antwort auf immer wieder gestellte Fragen zu dieser besonderen Beziehung ZARA richtet seine Beschwerden da- Umso mehr halten wir es für wichtig
her immer gegen „die Polizei“ und nicht gegen und förderlich, unermüdlich dorthin zu zeigen,
„die Polizistin X oder den Polizisten Y“. Was wo Dinge nicht funktionieren, wo Verbesse-
also nach außen oft wie eine Pauschalbeurtei- rung nicht nur moralisch, sondern auch recht-
Frage 1 füllt ganz fundamentale Funktionen, die unge- lung a la „die Polizei hat das und das getan“ aus- lich geboten ist. Mit unseren Beschwerden,
Warum muss ZARA immer die Poli- heuer wichtig sind. Gerade deshalb unterliegt sieht, entspricht der Logik unserer Verfassung, unserer Dokumentation und unseren Koope-
zei kritisieren? Könnt ihr die nicht in polizeiliches Handeln ja auch ganz besonders die das Handeln aller Polizist*innen rechtlich rationsangeboten zeigen wir, dass wir unsere
Ruhe ihre Arbeit machen lassen? strengen Regeln bezüglich seiner Unparteilich- der Behörde Polizei zurechnet. Erwartungen an diese Behörde nicht herunter-
keit und Unvoreingenommenheit (→ Die Über- schrauben oder aufgeben und sie als bloßes
Tatsächlich hält sich das Kapitel über als ras- prüfbarkeit polizeilichen Verhaltens, S. 17). Frage 2 Feindbild betrachten, sondern dass wir aktiv
sistisch empfundenes und bewertetes Verhal- Von niemandem sonst verlangt das Gesetz, „Al- Ist ZARA nicht der Polizei gegenüber zu Lerneffekten und Verbesserung im Sinne
ten von Polizist*innen schon seit Anbeginn, les zu unterlassen, das geeignet ist, den Eindruck von voreingenommen? Ihr macht sie ja des gesetzlichen Auftrages beitragen wollen.
vor fast 20 Jahren, als Fixbestandteil in unse- Voreingenommenheit zu erwecken (...)“, wie es die immer nur schlecht! Gleichzeitig ist es uns ein vorrangiges Anlie-
rem Rassismus Report. ZARA dokumentiert sogenannte Richtlinienverordnung für polizei- gen, den Menschen zu ihrem Recht zu verhel-
dabei Vorfälle, die von verbalen Entgleisungen liches Handeln tut. Das ist ein starker gesetz- Jede Organisation, die vor allem Anlaufstelle fen, denen durch Verfehlungen Unrecht getan
bis zu ungerechtfertigter Gewaltausübung rei- licher Auftrag. Einer, der bei Millionen von für Beschwerden ist, muss sich der Gefahr der wurde. Beides bedingt einander.
chen und einen Kernbereich beinhalten, der Amtshandlungen jährlich – und das oft unter Betriebsblindheit und der „professionellen De- Die Menschen, die sich mit Beschwer-
auf Voreingenommenheit gegenüber den Be- sehr schwierigen Umständen und Ausnahme- formation“ der eigenen Perspektive bewusst den über die Polizei an uns wenden, tun dies
troffenen hindeutet. ZARA sucht sich diese zuständen - besonders schwer auch tatsächlich sein. Das hat ZARA unter anderem mit der in aller Regel nicht etwa aus einem prinzipiel-
Fälle nicht selbst aus, sondern behandelt das, immer einzuhalten ist. Um es klar zu sagen: Polizei gemeinsam. Unbearbeitet und unre- len Polizeihass heraus, sondern aus Enttäu-
was an die Beratungsstellen herangetragen es ist ein österreichisches Gesetz, das diesen flektiert müssten vor allem die Mitarbeiter *in- schung darüber, was sie erleben mussten – aus
wird. Wie wir der Statistik der gemeldeten Maßstab anlegt und keine Erfindung oder uto- nen der ZARA-Beratungsstellen mit der Zeit dem Empfinden, dass das besser geht und auch
Fälle entnehmen können, ist es leider nur recht pisches Hirngespinst von ZARA. eine immer verschrobenere Haltung gegenüber rechtlich anders geboten ist. Sie sind oft beson-
selten zielführend oder gewünscht, dass tat- Das gleiche Gesetz ist sich aber auch der Polizei entwickeln, weil sie eben immer ders schockiert, weil sie vorurteilsbehaftetes
sächlich rechtliche Schritte bei solchen Vor- darüber im Klaren, dass Polizeibeamt*innen nur Negativerfahrungen anderer ausgesetzt Handeln gerade von der Polizei nicht erwartet
fällen eingeleitet werden und noch seltener Menschen sind und als solche individuell gar sind. Irgendwann würden sie in jedem*je- haben. Eine vernünftige und respektvolle Be-
führen diese zu einem Erfolg im Sinne der Be- nicht durchgehend fehlerlos agieren können. der Polizist*in von vornherein eine rassis- schwerdebehandlung durch die Polizei wäre
schwerdeführer *innen. Regelmäßig kritisie- Deshalb richten sich alle Beschwerdemaßneh- tisch indoktrinierte Person sehen. Dieses Bild hier ein probates Mittel um das Vertrauen in
ren wir die Polizei dafür, wie sie mit derartigen men grundsätzlich gegen die Behörde Poli- wäre so falsch und unbrauchbar wie es jede diese Institution wiederherzustellen.
Vorfällen umgeht. zei (vertreten durch die jeweiligen Landes- Pauschalierung ist.
Unsere Kritik ist dabei aber keinesfalls polizeidirektionen) und nicht in erster Linie Um die Perspektive immer wieder zu- Frage 3
unreflektiertes „Polizeibashing“, wie es uns gegen die einschreitenden Beamt*innen. Das recht zu rücken, versucht ZARA regelmäßig Was hat ZARA gegen Ethnic Profi-
häufig vorgeworfen wird, oder ein anarchis- ist auch richtig so. Damit will die gesetzliche Kontakt sowohl zur Polizei als Behörde wie ling? Soll die Polizei etwa wegschau-
tisches Gebell, das sich reflexhaft gegen Uni- Lage nämlich erreichen, dass einerseits Be- auch zu einzelnen Beamt*innen zu halten und en, wenn Ausländer*innen Verbre-
formierte richtet. Unsere Kritik ist Ausdruck schwerdeführer *innen ein uneingeschränktes sich auch zu manchen Vorfällen oder Problem- chen begehen?
unserer – zugegeben hohen – Erwartungen und überprüfbares Recht auf gesetzeskonfor- lagen auszutauschen. Intern bauen wir immer
an eine rechtstaatliche Institution, die das zi- me Behandlung durch die Behörde haben und wieder Reflexionsschleifen ein und machen ZARA wendet sich gegen Aktionen, die Men-
vile Gewaltmonopol verwaltet. Die Polizei ist andererseits individuelle Fehler von Beamt*in- dies auch in Supervisionen zum Thema. ZARA schen aufgrund von Bildern, die auf rassistischen
nicht einfach irgendeine Behörde, sondern er- nen intern grundsätzlich abgehandelt werden ist sich sowohl der vielen Schwierigkeiten be- Stereotypen basieren, schlechter behandeln als

14 15
Thema Diskriminierung im Umgang mit der Polizei

Die
Überprüfbarkeit
polizeilichen
andere. So etwas passiert ständig, weil diese gar nicht mehr möglich machen. Hier muss die
rassistischen Stereotype in unserer Gesell- Polizei als Institution auf einer systematischen
schaft systematisch vorhanden sind und im Ebene eingreifen, will sie ihrem gesetzlichen

Verhaltens
Prinzip von allen gekannt werden. Alle Men- Auftrag voll nachkommen.
schen in einem bestimmten sozialen und räum- Ethnic Profiling bedeutet ja die ge-
lichen Umfeld kennen alle solchen stereotypen dankliche Verknüpfung von bestimmten Straf-
Zuschreibungen, die sich etwa an nationale, tatbeständen mit ethnischer Zugehörigkeit und
ethnische oder auch religiöse Zuordnungen eine damit einhergehende Aufmerksamkeit auf
ketten. Das heißt aber nicht, dass sie sie alle durch ethnische Zuschreibung zu Gruppen ge-
glauben oder danach handeln. Polizist*innen machte Menschen im polizeilichen Handeln.
sind daher auch immer wieder verleitet, stereo- Das macht aber keinen Sinn, weil dadurch
type Zuschreibungen zu machen. Das einzige, künstlich Dinge zusammengedacht werden, Gleich vorweg: Polizeiliches Verhalten unterliegt in Österreich sehr
das dagegen hilft, dass solche Verknüpfungen die in keiner realen Relation zueinanderstehen. strengen Kriterien und kann umfassend überprüft werden. Hier wird
im Kopf dann zu diskriminierenden Hand- Es ist dadurch nicht nur diskriminierend, son-
lungen führen, ist nicht die immer wieder dern auch ineffizient und erfolglos. Etwas an- beleuchtet, wie die Überprüfungsmöglichkeiten aussehen und was da-
propagierte Vorurteilsfreiheit, sondern trai- deres ist der Umgang damit, dass es tatsächlich, raus für den Blick auf und den Umgang mit Beschwerden gewonnen
niertes und waches Vorurteilsbewusstsein: insbesondere im Bereich der organisierten und werden kann.
also ein Mechanismus im Kopf, der es mög- grenzüberschreitenden Kriminalität, Täter*in-
lich macht, durch die verzerrenden Filter aus nengruppen gibt, die sich stark aus Personen
Mag. Hans Dieter Stereotypen, früheren Erfahrungen und tra- aus einem bestimmten Herkunftsland zusam-
Schindlauer ist der dierten Vorurteilen auf die Wirklichkeit zu mensetzen oder die strukturell mit einem be- Allgemeines zur Kontrolle verwal- das Gesetz über den Schutz der persönlichen
Geschäftsführer von
ZARA. Er ist Jurist und schauen. Das ist tatsächlich eine Kunst, die stimmten Land verknüpft sind. Hier bedeutet tungsbehördlichen Verhaltens Freiheit und Art 5 EMRK (bei Festnahmen,
hat als international erlernt und geübt werden muss. Es zahlt sich das Verbot des Ethnic Profiling nicht, dass die etc.) die Gesetze, die die polizeilichen Befug-
tätiger Menschen- aber aus, weil der frische Blick auf Tatsachen Polizei sich gegenüber diesen Tatsachen ab- Verwaltungshandeln kann in sehr verschiede- nisse und Gewaltanwendung regeln (z.B. das
rechtsexperte in einer
Vielzahl von Projekten nun einmal – besonders für die Polizeiarbeit sichtlich blind stellen soll oder diese Erkennt- nen Formen auftreten (Verordnungen, Beschei- Sicherheitspolizeigesetz).
zu Nichtdiskriminierung – sinnvoller ist als ein verblendetes Vertrauen nisse nicht in ihre taktischen Überlegungen de, Akte unmittelbarer (verwaltungs)behördli- Die Maßnahmenbeschwerde bietet ei-
leitend gearbeitet. Er auf tradierte Gerüchte und verführerisch ein- miteinbeziehen dürfte. Die Grenze ist aber cher Befehls- und Zwangsgewalt (AuvBZ) und ner Person somit eine Beschwerdemöglichkeit,
verfügt über lang-
jährige und vielfältige fache Denkschablonen. dort, wo alleine auf die (vermeintliche) ethni- „schlicht-hoheitliches“ Handeln). Unter AuvBZ wenn sie davon ausgeht, durch einen AuvBZ in
Erfahrung als Aktivist, Ethnic Profiling ist ein viel zu harm- sche oder nationale Zugehörigkeit abgestellt versteht man Handlungen, die entweder ei- ihren Rechten verletzt worden zu sein. Es geht
Akademiker, Trainer los wirkender technischer Begriff für das was wird, um einen Tatverdacht zu rechtfertigen. nen Befehl darstellen, der bei Nichtbefolgung um die essenzielle Sicherung der Gesetzmäßig-
und als Berater von
verschiedenen Orga- sich wirklich zuträgt, wenn das Vorurteilsbe- Das wäre auch kein Profiling, sondern bloß zwangsweise durchgesetzt werden darf (z.B. keit der Verwaltung und den rechtsstaatlichen
nisationen. Er ist seit wusstsein fehlt oder verschüttet ist. Wenn ein*e ermittlerische Faulheit, die in Diskriminie- Aufforderung zur Identitätsfeststellung), oder Kerngrundsatz, dass die Verwaltung nur im
der Gründung 2004 Polizist*in in einer Strafverhandlung vor Ge- rung resultiert. eine Gewaltausübung gegenüber einer betrof- Rahmen der Gesetze tätig werden darf. Bei Poli-
Präsident des Klagsver-
bandes zur Durchset- richt aussagt, dass „der Verdacht naheliegt, dass Die Frage, ob die Polizei unserer Mei- fenen Person (z.B. gewaltsames Eindringen in zeihandlungen geht es oft zusätzlich um die Si-
zung der Rechte von es hier um Drogengeschäfte gehen könnte, wenn nung nach etwa wegschauen solle, wenn Aus- eine Wohnung). cherung der Menschenrechte der Bürger*innen
Diskriminierungsopfern ein Weißer mit einem Dunkelhäutigen in Wien zu- länder *innen etwas Verbotenes anstellen, ist Bei der “Bekämpfung” eines AuvBZ er- vor unzulässigen Eingriffen der Staatsgewalt.
und war bereits 1999
Gründungsobmann von sammen unterwegs ist“ (→ 24 Rassistische eher ein klassischer Fall von Täter *innen-Op- hebt eine Person vor einem Verwaltungsgericht
ZARA. Aussage eines Polizisten während Verhandlung, fer-Umkehrung, wenn sie als Reaktion auf eine Beschwerde (Maßnahmenbeschwerde). Polizeiliches Verhalten wird beson-
S. 51), dann hat das nichts mit Fahndungs- Rassismusvorwürfe kommt. Klar ist: Nein, soll Das Gericht entscheidet, ob das Verhalten der ders streng geprüft
taktiken oder forensischer Wahrscheinlichkeit sie nicht. Auch besondere Schonung oder De- Polizei legal oder illegal war.
zu tun, sondern ist schlicht eine deutliche War- vianztoleranz aufgrund der (vermeintlichen) Rechtswidrigkeit setzt voraus, dass Das “Prüfungsnetz” bei Handlungen der (Si-
nung, dass hier rassistische Verknüpfungen Herkunft oder ethnischen Zuschreibung ist die betroffene Person in ihren Rechten verletzt cherheits-)Polizei ist wesentlich engmaschiger,
die Wahrnehmung auf eine Weise trüben, die eine Form der rassistischen Diskriminierung, worden ist. Als verletzte Rechte kommen typi- also genauer, weitreichender und dichter als bei
ein polizeiliches Handeln im Sinne der recht-
lichen Vorgaben der Unvoreingenommenheit

die wir klar ablehnen.  scherweise in Frage: der Schutz vor Folter und
erniedrigender Behandlung in Art 3 EMRK,
sonstigen Verwaltungsakten.

16 17
Thema Diskriminierung im Umgang mit der Polizei

Verdichtungsstufe 1 im Sicherheitspolizeigesetz etabliert, so ist da- sie Polizeieinsätze darstellen können – immer öffnen. Bei der Richtlinienbeschwerde muss
Deckungsgleichheit zwischen öffent- rin auch der Auftrag an die vollziehenden Or- erfüllbar sind. Dennoch muss es eine wichtige die Behörde und der *die konkrete Polizist*in
lichem und subjektivem Recht gane zu sehen, besonders sorgsam mit den Be- Zielsetzung der Organisation Polizei sein, dar- sich nicht notwendigerweise gegen den Vor-
fugnissen umzugehen. auf hinzuarbeiten, dass auch die strengen An- wurf einer schuldhaften oder gar vorsätzlichen
Für den Bereich der Sicherheitspolizei ordnet forderungen der RLV erfüllt werden. § 5 RLV Verfehlung wehren. Gerade in nicht-inten-
§ 87 Sicherheitspolizeigesetz (SPG) an, dass Verdichtungsstufe 3 kann somit primär als Zielbestimmung für die tionalen Fällen ermöglicht der wertschätzende
jeder Mensch, der von sicherheitspolizeilichen Es existiert ein zusätzliches Kontroll- Organisation Polizei betrachtet werden. Blick auf das Erleben der “beamtshandelten
Maßnahmen betroffen ist, diese umfassend instrument durch die Richtlinienbe- Im Erkennen dieser Dynamik liegt Person” ein Aussteigen aus Verteidigungs- und
auf ihre Rechtmäßigkeit prüfen lassen kann. schwerde eine große Chance für den Umgang mit Richt- Rechtfertigungslogiken und ebnet den Weg für
Prüfungsgegenstand ist, ob die Amtshandlung linienbeschwerden: Werden sie als Instrumen- eine tatsächlich konstruktive Auseinanderset-
so gesetzt werden durfte, ob alle formellen Re- Die oben genannten Aspekte zeigen für sich be- te für die Organisationsentwicklung gesehen, zung über die Intention und Wirkung polizei-
geln eingehalten wurden und ob das polizei- reits gut den Auftrag an besonders sorgfältige kann daraus viel gewonnen und konstruktiv lichen Verhaltens.
liche Handeln den dafür geltenden Vorgaben Polizeiarbeit. Diese Vorgabe wird durch § 89 damit gearbeitet werden. Wird mit ehrlichem Für ein derartiges Gespräch bietet
entsprochen hat. Jede betroffene Person kann SPG noch wesentlich erweitert, indem ein zu- Interesse erkundet, was an einer Amtshand- das Verfahren der RLB mit dem Klaglosstel-
somit individuell prüfen lassen, ob sämtliche sätzliches Rechtsschutzinstrument geschaffen lung den Eindruck rassistischen Verhaltens lungsgespräch eine (derzeit leider nur selten
Regeln eingehalten wurden, die das Gesetz für wird: Die Richtlinienbeschwerde, mit der Ver- verursacht hat, kann damit auf systematischer genutzte) hervorragende Option. Wenn dieses
das polizeiliche Einschreiten vorsieht. letzungen der Richtlinienverordnung (RLV) Ebene gearbeitet werden, indem Einsatzvor- Gespräch die Gelegenheit bietet, dass der *die
geltend gemacht werden können. gaben und -schulungen erstellt oder angepasst Polizist*in und der *die Beschwerdeführer *in in
Verdichtungsstufe 2 Die RLV stellt Verhaltensanweisungen werden. einem geschützten Rahmen mit gegenseitigem
Auch “schlicht-hoheitliche” Hand- für Organe des öffentlichen Sicherheitsdiens- Wird verstanden, dass bereits die Eig- Interesse aneinander die je eigenen Eindrücke
lungen sind überprüfbar tes (Polizist*innen gehören oft dazu) bei ihrem nung des Diskriminierungseindrucks das ent- zur Amtshandlung austauschen, birgt dieses
Einschreiten auf. In diesem “Verhaltenskodex” scheidende Kriterium ist, kann dies Türen für Verfahren viel Potential, Verständnis zu schaf-
Normalerweise kann schlicht-hoheitliches finden sich ausgesprochen anspruchsvolle Vor- einen ehrlichen Umgang mit der Beschwerde fen und Vertrauen aufzubauen.
Verwaltungshandeln nicht von den Verwal- gaben. Gemäß § 5 RLV haben sie nämlich
tungsgerichten überprüft werden. Schlicht-ho-
heitliches Verwaltungshandeln ist dann gege- „[...] bei der Erfüllung ihrer Aufgaben alles Fazit
ben, wenn ihm kein Zwangs- und Befehlsgehalt zu unterlassen, das geeignet ist, den Ein-
innewohnt (z.B. reine Erkundigungen). Für die druck von Voreingenommenheit zu erwe- Maßnahmen- und Richtlinienbeschwerden als Instrumente der Orga-
Sicherheitsverwaltung ist dieser Grundsatz cken oder als Diskriminierung auf Grund nisationsentwicklung zu sehen, kann sehr konstruktiv sein. Die Polizei
durchbrochen, um eine umfassendere Über- des Geschlechtes, der Rasse oder Hautfarbe,
prüfung des Verhaltens staatlicher Organe der nationalen oder ethnischen Herkunft, gewinnt wertvolle Einblicke wie ihr Verhalten ankommt und kann durch
zu ermöglichen. Das ist eine wesentliche und des religiösen Bekenntnisses, der politischen ehrlichen Umgang mit den Beschwerden aktiv dazu beitragen, das Ver-
wichtige Ausdehnung des Rechtsschutzes: Erst Auffassung oder der sexuellen Orientie- trauen in die Polizei zu stärken. Die “beamtshandelten Personen” ge-
seit Einführung des § 88 Abs 2 SPG im Jahr rung empfunden zu werden.“
2013 kann “schlichtes Polizeihandeln” über- winnen gleichzeitig die Möglichkeit, tatsächlich gehört zu werden, die
prüft werden. Dadurch wurde auch jegliches Sie haben alles zu unterlassen, das geeignet ist, Sicht von Polizist*innen zu erfahren und ihr Vertrauen in die Exekutive
Verhalten, das unter der Schwelle von AuvBZ als Diskriminierung empfunden zu werden! wiederzuerlangen oder zu verstärken. 
liegt, auf seine Rechtmäßigkeit überprüfbar. Die RLV ist verletzt, wenn das Verhalten ob-
Aus dieser Rechtschutzkonzeption jektiv geeignet ist, als Diskriminierung emp-
kann Entscheidendes abgeleitet werden: Die funden zu werden, eine dahingehende Inten-
Einräumung umfangreicher Überprüfungs- tion des*der Polizisten*Polizistin ist überhaupt
möglichkeiten ist nicht bloß als Befugnis von nicht notwendig und auch muss eine tatsächli-
Individuen zu bewerten, sondern zeigt zudem che Diskriminierung nicht stattfinden. Dieses
deutlich, dass die Rechtsordnung der gesetzes- Verständnis wendet auch die Rechtsprechung Mag. Lukas Gottschamel hat Rechtswissenschaften in
konformen Polizeiarbeit besonders hohen Stel- an (z.B. VwGH, 29.6.2000, 96/01/1233). Wien studiert und danach an der Universität Wien und in
Projekten für die Parlamentsdirektion gearbeitet. Er arbei-
lenwert einräumt. Die Verwaltung muss immer Bei seriöser Betrachtung kann nicht tet in den ZARA-Beratungsstellen und leitet den Fachbe-
im Rahmen der Gesetze agieren, wird aber ein erwartet werden, dass diese hohe Anforde- reich Rechtliches. Er informiert als versierter Jurist Betrof-
derart umfassendes Rechtsschutzsystem wie rung von Menschen in Stresssituationen - wie fene und Zeug*innen über ihre Handlungsmöglichkeiten.

18 19
Thema Diskriminierung im Umgang mit der Polizei

JO: Es ist hier schon mal gut, wenn du dich Rotimi Reichel:

… man weiß genau,


nicht über Ausländer aufregst. Es ist selten, „Als Weißer fühlt man sich vielleicht von
dass sich Leute, die nicht betroffen sind, über der Polizei beschützt. Ich habe mich noch
Rassismus und Racial Profiling aufregen. nie in meinem Leben, nicht einmal eine
Man will das Thema irgendwie neutralisie- Sekunde lang, von der Polizei beschützt ge-

dass man nichts


ren und es wird, meiner Meinung nach, zu oft fühlt. Ich habe seit ich mich erinnern kann
runtergespielt. Man bekommt Aussagen zu immer schon Angst vor der Polizei gehabt.“
hören wie: „Ja, ist jetzt nicht so schlimm“ oder
„Lass die reden“. Das ist ein großes Problem, DK: Wie denkt ihr könnte man die momentane

Falsches gemacht hat.


weil diejenigen meinen, sie seien selbst nicht Situation verbessern?
rassistisch und damit soll’s passen. Es gehört
aber viel mehr dazu. Wenn man es akzep- JO: Man könnte mehr Bewusstseinsbildung
tiert, ist es vielleicht nicht genauso schlimm, in der Schule und in der Gesellschaft machen
aber es trägt nicht dazu bei, dass die Situation und den Leuten die andere (Betroffenen-)Seite
besser wird. näherbringen bzw. zeigen. Man bekommt halt
Dunia Khalil und Emily Zens im Gespräch mit Rotimi Reichel (T-Ser) und Joel Omorowa auch das Gefühl, dass viele oft nur diskutieren,
(Sidney) über Ethnic Profiling, Rassismus und die Zukunft. DK: Ich habe heute mit einer Freundin über um ihre eigene Meinung durchzubringen und
die mittelbare Betroffenheit gesprochen. Viele nicht um sich gegenseitig zu verstehen. Es ist
denken, man muss selbst unmittelbar betrof- außerdem wichtig zu erklären, dass man nicht
Dunia Khalil: Im letzten Jahr haben uns viele Be- RR: Man sieht ständig wie Schwarze kontrol- fen sein, damit rassistische Vorfälle, etwas bei verallgemeinern sollte bzw. darf.
troffene und Zeug*innen rassistische Vorfälle liert werden. Ich glaub kaum, dass die meisten einem auslösen.
mit der Polizei gemeldet. Welche Erfahrungen von denen etwas verbrochen haben. So wie es RR: Man muss irgendwie alle Leute erreichen
habt ihr mit Ethnic Profiling bisher gemacht? eben bei uns war – die Cops haben uns nicht RR: Ja das ist glaub ich das, was viele Leute können, also auch die, die anders denken und
kontrolliert in der Hoffnung, etwas bei uns zu nicht checken. So wie Leute, die einen in der nicht nur die eigenen Communities, in denen
Joel Omorowa: Im Alltag passiert es sehr oft, finden. Sie wollten unsere Hosentaschen nicht Schule N**** geschimpft haben. Wenn ich mich bereits vieles klar ist. Das müsste am besten
dass Leute einen nur aufgrund seines Aus- mal durchsuchen. Viele werden kontrolliert, drüber aufregte, meinten sie dann „Du bist ja über das System gehen. Ich glaube die meisten
sehens anders behandeln oder anders über haben nichts dabei und fragen dann nach, was nur halb Schwarz“. Die Hälfte meiner Familie Leute könnte man in der Schule erreichen. In
einen denken. Auch mit Polizisten ist das oft das eigentliche Problem ist, dann entsteht eine ist Schwarz, glauben die wirklich, dass mich Österreich muss ja jeder in die Schule gehen.
so. Wenn Kontrollen stattfinden, picken Poli- Diskussion und es heißt, die Leute sind aggres- das jetzt nicht aufregt? Erst vor einigen Tagen,
zisten fast immer genau mich raus oder Leute, siv, schreien oder fuchteln herum, etc.– genau hat mich jemand auf der Straße gefragt, wo ich JO: Bildung und Medien. Ich glaube das sind die
die einfach nicht aussehen wie „typische Öster- das haben sie auch bei uns geschrieben. Ich ken- wohne. Ich habe viel drüber nachgedacht und Bereiche, die etwas bewirken können. Von man-
reicher“. Der letzte Vorfall im [Johann-Strauß-] ne das, seit ich denken kann. Es wirkt fast so, als realisiert, wie verletzend solche Erfahrungen chen Medien wird oft ein falsches Bild vermit-
Park ist für mich aber ein Tiefpunkt gewesen. ob Polizisten das beigebracht bekommen. sein können. Und ich bin dann noch nett zu telt. Was sie bei uns alles geschrieben haben! Uns
solchen Leuten. Man wird auch immer als Re- wurden Sachen vorgeworfen, die wir mit unse-
Rotimi Reichel: Ist auf jeden Fall schon oft pas- DK: Was denkt ihr löst Ethnic Profiling bei Be- präsentant für alle Schwarzen gesehen. ren Videos leicht hätten widerlegen können.
siert. Meistens nicht so skurril wie letztens im troffenen, die damit regelmäßig konfrontiert
Park. Ich soll ja sagen was ich für Erfahrungen sind, aus? JO: Ja voll, eigentlich will man gar nicht nett zu RR: Wenn ein Österreicher ein Verbrechen be-
damit gemacht habe: Beschissene Erfahrungen. solchen Menschen sein, aber man hat irgend- geht, wird auch nicht näher auf die Nationalität
JO: Ich glaube viele beginnen, sich selbst zu wie das Bedürfnis zu zeigen, dass man nicht eingegangen. Selbst wenn jemand österreichi-
DK: Haben sich weitere Betroffene nach dem hinterfragen und darüber nachzudenken, ob so ist, wie die es sich wahrscheinlich erwarten scher Staatsbürger ist und Wurzeln in einem
Vorfall im Josef-Strauß-Park, der medial ja sie vielleicht tatsächlich in dieses Täterprofil würden. Man will sich irgendwie von seiner anderen Land hat, werden in den Medien die
sehr präsent war, bei euch gemeldet? fallen. Man denkt: „Vielleicht habe ich doch besten Seite zeigen, aber man denkt sich auch Wurzeln erwähnt. Dann ist man also kein Ös-
was Falsches gemacht“, aber man weiß ganz so „wer bist du jetzt, dass ich dir das bewei- terreicher?! Bessere Schulungen an Schulen und
JO: Ja, wir haben tausende von Nachrichten genau, dass man nichts getan hat. Mir haben sen muss?“. Und dann bringt dieses nett und für Medien und objektive Berichterstattung
bekommen, in denen sehr viele von ihren Er- sogar Kinder geschrieben und erzählt, dass gut sein eh nichts! Man kann es eigentlich nur würden definitiv zu einem positiveren Bild bei-
fahrungen erzählt haben. Es waren sogar eini- sie auch schon aufgrund ihrer Hautfarbe kon- falsch machen. tragen. Ich glaube aber auch, dass die Betroffe-
ge Polizisten dabei, die uns erzählt haben, dass trolliert wurden – einer war erst 14 Jahre alt. nen in erster Linie etwas machen müssen. Hät-
sie in ihrer Arbeit immer wieder aufgrund ihres Man bekommt irgendwann das Gefühl, dass RR: Die meisten Leute machen sich nicht genug ten wir das im Park zum Beispiel zugelassen und
Migrationshintergrunds diskriminiert werden. Polizisten einen genau in dieses Bild packen Gedanken. Jeden Tag werden Schwarze kont- wären einfach gegangen, hätten die Polizisten
Auch in unserem Freundeskreis ist es nicht an- wollen. rolliert und die Leute tendieren dazu, zu den- sich gedacht, dass das ein Tag wie jeder andere
ders. Ich merke, dass sich manche Betroffene ken: „Naja, irgendeinen Grund wird es schon ist und sie hätten dasselbe am nächsten Tag wie-
schon daran gewöhnt haben, aufgrund ihres RR: Vielen Leuten in Österreich ist das tat- geben“. Sie vertrauen eben mehr auf die Staats- der gemacht. Wenn jeder Betroffene zeigt, wie
Aussehens anders behandelt bzw. diskriminiert sächliche Ausmaß von Rassismus und Racial gewalt als auf ihre Mitmenschen. Solche Leute und warum manche Amtshandlungen ablau-
zu werden. Sie finden solche Situationen mit Po- Profiling gar nicht bewusst. sollten beginnen, selbst mehr zu hinterfragen. fen, sodass es öffentlicher und bekannter wird,
lizisten normal. Das ist schon sehr traurig. werden die sich beim nächsten Mal zweimal

20 21
Thema Diskriminierung im Umgang mit der Polizei

Die Durchsetzbarkeit
überlegen, ob sie jemanden im Park einfach so DK: Wie fühlt ihr euch jetzt grad in Österreich?
aufgrund seines Aussehens kontrollieren. Wie
unser Motto schon sagt: „NichtMitUns“. RR: Ich fühl mich ehrlich gesagt nicht gut. Also
ich will nicht jammern oder so, aber es belastet

von Beschwerden
DK: Der Vize-Bürgermeister hat die 11 Poli- einen halt. Auch die Aussichtslosigkeit.
zist*innen, die an der Amtshandlung beteiligt
waren, mit dem „Goldenen Wienerherz“ ausge- JO: Ich sehe immer einen Teil von mir in Wien,
zeichnet. Wie interpretiert ihr die Verleihung? egal ob ich jetzt viel reise oder nicht. Bei mir

gegen polizeiliches
ist es halt nicht so, dass ich die Hoffnung schon
JO: Ich denke, einerseits sollen die Polizisten aufgegeben habe, sondern dass ich das Bedürf-
dazu animiert werden, genauso weiter zu ma- nis habe hier irgendwas Positives zu bewirken.
chen und diese Strategien weiterhin zu verfol- Ich merke, dass wir mit „NichtMitUns“ Leuten

Handeln in der Praxis


gen, andererseits soll den Betroffenen gezeigt Kraft und Motivation geben und das gibt wie-
werden, dass auf sie geschissen wird. derum uns Kraft und Motivation. Im Endef-
fekt ist es wie ein großer Energieaustausch. Ich
RR: Man ermutigt die, die etwas Falsches ge- weiß, dass das, was wir machen, noch nicht das
macht haben, jene, die andere diskriminiert Ziel ist, aber in die richtige Richtung geht.
haben und man schüchtert die ein, die diskri-
miniert wurden. Es hat gezeigt, dass der Staat RR: Seh ich auch so. Was mich hier hält sind
voll und ganz hinter solchen Aktionen steht. einfach die Kinder. Ich bin selbst ohne Vorbil-
Ich bin ehrlich gesagt froh drüber, weil es das der aufgewachsen. Im Jahr 2018 wurden der ZARA Beratungsstel- nen wenig aussichtsreich, ein positives Ergeb-
wahre Gesicht von Österreich zeigt. Die öster- le 82 Polizeifälle gemeldet. Bei diesen Vorfällen nis durch rechtliche Schritte zu erzielen. Die
reichische Regierung wurde von Österreichern JO: Uns haben als Kind ein paar Sachen gefehlt haben Betroffene also ein bestimmtes Vorge- im November 2018 veröffentlichte und vom
gewählt. Er wurde im Wiener Rathaus verlie- und ich glaube unsere Aufgabe oder Vision ist hen von Polizeibeamt*innen als rassistisch er- Justizministerium in Auftrag gegebene „Stu-
hen, was auch erst mal möglich sein muss. Viele es, diese Lücken zu füllen. lebt. In nur wenigen Fällen konnten von ZARA die über den Umgang mit Misshandlungsvor-
haben argumentiert mit „Ja nicht alle Polizisten Mitarbeiter*innen formale Beschwerden gegen würfen gegen Exekutivbeamte“1 des Austrian 1 https://www.justiz.

sind so“. Aber die Aktion hat allen gezeigt, dass Joel Omorowa: das als rassistisch erlebte polizeiliche Handeln Center for Law Enforcement Sciences (ALES) gv.at/web2013/file/2c
94848a66ede491016
die Polizei als Institution kollektiv so ist, weil „Wir wollen für die Kinder das sein, was eingebracht werden: acht Richtlinienbeschwer- untersuchte sämtliche Fälle von polizeilichen 71c374e097e39.de.0/
sie den Preis ja auch entgegengenommen ha- wir in unserer Kindheit gebraucht hätten.“ den und zwei Maßnahmenbeschwerden. Misshandlungsvorwürfen, die im Zeitraum ales%20studie%20
ben. Damit haben sie ihre Karten offengelegt. zwischen 2012 und 2015 in die Zuständig- endfassung%20nov18.
pdf (abgerufen am
RR: Ich bin auch froh, dass wir für die Kids da Die Ergebnisse der Maßnahmenbeschwerden keitsbereiche der Staatsanwaltschaften Wien 27.1.2019)
DK: Glaubt ihr, dass sich die Situation ver- sein können. Und das werde ich immer weiter- sind Anfang 2019 noch offen, bei den Richtli- und Salzburg fielen. Überwiegend wurde den
bessern kann, wenn man mit der Polizei mehr machen, egal ob ich hier wohne oder woanders. nienbeschwerden konnte in nur einem Fall ein Polizist*innen vorgeworfen, die Betroffenen
interagieren würde. In Amerika gibt’s ja diese Ich werde immer hierherkommen, um das Sys- für den Klienten zufriedenstellendes Ergebnis geschlagen zu haben. Bei mehr als der Hälfte
Diskussionsrunden zwischen der Polizei und tem zu bekämpfen. in Form eines erfolgreichen Klaglosstellungs- der Beschwerdeführer *innen wurden körper-
den Gemeinden. gespräches erreicht werden. Beim Großteil der liche Verletzungen durch ärztliche Gutachten
JO: Es gibt viele Punkte, die mich aufregen an Polizeifälle konzentrierte sich die Tätigkeit der verifiziert. Über 40 Vorfälle betreffen (verifi-
RR: Wenn sich die Polizei zu sowas überhaupt Wien, vor allem, dass die Leute noch so zurück ZARA Berater*innen darauf, den Betroffenen zierte sowie nicht verifizierte) schwere Verlet-
bereit erklären würde, würde es sicher was im Denken sind, aber insgesamt muss ich sa- zuzuhören, ihre Erfahrungen ernst zu neh- zungen, die größere Anzahl bezieht sich jedoch
bringen. Ich glaub Austausch bringt immer gen, ich liebe diese Stadt und keine Ahnung, men, ihnen das Gefühl zu geben, hier richtig auf leichtere Verletzungen. Im Gegensatz dazu
was. Aber die sind nicht bereit für Austausch.
Wir sind bereit für Austausch aber die Polizei
i bin a Wiener.   zu sein, dem Erlebten Glauben zu schenken
und die Vorfälle zu dokumentieren. Ein solches
wurden die meisten der beschuldigten Exeku-
tivbeamt*innen nicht verletzt. Laut Beschwer-
nicht, das ist das Problem. Vorgehen ist wichtig für viele Betroffene, um deführer *innen gingen in fast 100 Fällen die
das Geschehene besser verarbeiten zu können. körperlichen Übergriffe mit Beschimpfungen
Häufig wollen betroffene Menschen die Vorfäl- und rassistischen Bezeichnungen einher.
Dunia Khalil studiert Rechts- Joel Omorowas Künstlername ist Rotimi Reichels Künstlername ist Emily Zens unterstützt aktuell le nur dokumentiert wissen, aber keine recht- Von den insgesamt 1518 geprüften
wissenschaften an der Universität Sidneyvisions. Er macht seit zwei T-Ser. Er ist ein österreichischer die Öffentlichkeits- sowie Projekt- lichen Schritte einleiten. Die Gründe dafür Vorfällen stellte die Staatsanwaltschaft in nur
Wien und ist seit einigen Jahren Jahren Musik und hat im Jahr Hip-Hop/Rap Artist und macht arbeit von ZARA. Sie studiert
Teil des ZARA-Beratungsteams. 2017 ebenfalls an der Gründung seit seinem 11. Lebensjahr Musik. Publizistik und Kommunikations- liegen meist im mangelnden Glauben an Erfolg, sieben Fällen Strafanträge an das Gericht; in
Sie hat sich im letzten Jahr unter des Musiklabels „Akashic Re- Sein Stil erstreckt sich vom an- wissenschaften an der Universität in der Angst, sich „mit der Polizei anzulegen“ allen weiteren Fällen wurden die Ermittlun-
anderem auf Vorfälle mit der cordz“ mitgewirkt, deren Mitglie- spruchsvollen Flow auf schnellen Wien. In ihren Nebenfächern oder auch am Kostenrisiko von mehreren hun- gen gegen die Beamt *innen eingestellt oder es
Polizei spezialisiert und eine Se- der sich auch mit Grafikdesign, Trapbeats bis hin zu gesellschafts- Geschichte und Gender Studies
minararbeit zum Thema „Ethnic Fotographie, Videoproduktion kritischen Texten. Im Jahr 2017 spezialisiert sie sich auf neuzeit- dert Euros, das mit manchen rechtlichen Vor- wurde von der Einleitung eines Ermittlungs-
Profiling“ geschrieben. Derzeit und Mode beschäftigen. Er hat wurde das Musiklabel „Akashic liche Geschichte, Rassismus-Ur- gehensweisen verbunden ist. verfahrens abgesehen. Die Begründungen
betreut sie eine Reihe von Fällen, mittlerweile fünf Tracks ver- Recordz“ von ihm mitgegründet. sprünge sowie genderspezifische Tatsächlich erscheint es bei Miss- dafür sind in erster Linie die fehlende Nach-
die im Zusammenhang mit der öffentlicht, wobei „Lingard“ und Seine erfolgreichste Single er- Kontexte.
Polizei gemeldet wurden. „lit“ seine erfolgreichsten sind. reichte über 1,5 Millionen Aufrufe. handlungsvorwürfen gegen Polizeibeamt*in- weisbarkeit eines strafbaren Verhaltens, die

22 23
KNOW
Tipp: Achte darauf, während der Amtshandlung ruhig zu
bleiben und lass Dich nicht provozieren.

YOUR
Thema Diskriminierung im Umgang mit der Polizei
Tipp: Komm nach der Amtshandlung zu ZARA. Wir bera-
ten kostenlos und bieten Unterstützung bei der Bekämp-

RIGHTS
fung von rechtswidrigen Amtshandlungen.

Umgang mit der Polizei

DU BIST NICHT ALLEIN! ALS BETROFFENE*R


EINER AMTSHANDLUNG
Wenn du Fragen hast oder Unterstützung
Nicht-Erfüllung des Tatbestandes der Körper- Vergleich mit den anderen elf Staaten den mit brauchst, wende dich an:
verletzung und teilweise wurde die Verwen- Abstand niedrigsten Wert von Vertrauen in die Deine Rechte bei Identitätsfeststellungen
dung von Körperkraft als verhältnismäßige Polizei: So beträgt der durchschnittliche „level (Sicherheitspolizeigesetz):
Zwangsanwendung als gerechtfertigt angese- of trust“ auf einer Skala von null bis zehn ins- § 30. (1) Bei der Ausübung von Befugnissen im Rahmen der
hen. Auch bei den sieben Fällen, in denen wei- gesamt 6,3 – während Österreich mit einem Sicherheitsverwaltung ist der Betroffene
ter ermittelt wurde, kam es laut Medienberich- Wert von 3,6 eindeutig das Schlusslicht bildet. →→ auf sein Verlangen von Anlaß und Zweck des Einschreitens
ten zu keiner Verurteilung. Die Interviewten wurden außerdem zu informieren
Bei keiner einzigen Beschwerde – darüber befragt, ob sich die Polizei während →→ auf sein Verlangen von den Dienstnummern der einschrei-
von über 1500 – wurde also eine Straftat der der Amtshandlung ihnen gegenüber respekt- tenden Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes in
Beamt*innen festgestellt. Im Gegenzug hat die voll verhalten hat. International gesehen er- +43 (1) 929 13 99 Kenntnis zu setzen
Staatsanwaltschaft gegen ca 150 Beschwerde- lebten immerhin 60% die Beamt*innen als Schönbrunner Straße 119/13 →→ berechtigt, eine Person seines Vertrauens beizuziehen
führer *innen wegen Verleumdung ermittelt. respektvoll. In Österreich ist diese Zahl nicht Eingang: Am Hundsturm 7 →→ berechtigt, für die Amtshandlung bedeutsame Tatsachen
Ebenfalls im November 2018 publi- einmal halb so hoch – lediglich 29% erlebten A-1050 Wien vorzubringen und deren Feststellung zu verlangen.
zierte die Grundrechteagentur der EU (FRA) die Exekutivbeamt*innen bei der Anhaltung zara.or.at (2) Dies gilt nicht, solange dadurch die Erfüllung der Aufgabe
die Studie „Being Black in the EU“. Dafür als respektvoll. gefährdet wäre. Die Rechte von Zeugen, Beteiligten und Partei-
wurden knapp 6.000 Personen afrikanischer Aus den oben erwähnten Daten geht en im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens bleiben unberührt.
2  Die Mehrheit Herkunft aus 12 EU Staaten (Dänemark, somit eindeutig hervor, dass wir in Österreich
der Befragten sind Deutschland, Finnland, Frankreich, Irland, ein Problem haben: Eine sehr große Anzahl von
Migrant*innen erster
Generation – geboren Italien, Luxembourg, Malta, Österreich, Portu- Betroffenen erlebt das Vorgehen der Polizei als
in 59 unterschiedlichen gal, Schweden und das Vereinigte Königreich) 2 rassistisch motiviert und deren Vorgehenswei-
afrikanischen Ländern befragt. Die Ergebnisse der Studie zeigen eine se als respektlos. Entsprechend niedrig ist das
sowie viele weitere
Personen, die bereits äußerst eindrückliche negative „Spitzenposi- Vertrauen in die Institution Polizei. Gleich- könnten.

tion“ Österreichs u.a. in Bezug auf rassistisch zeitig zeigen die Ergebnisse der ALES-Studie,
diese kurz als Zeug*in die Amtshandlung mitbeobachten
in der EU geboren verletzung) kann es verwendet werden. Tipp: Du kannst auch selbst Passant*innen fragen, ob
wurden und zumindest empfundenes Vorgehen von Polizeibeamt*in- dass Beschwerden gegen polizeiliches Verhal- rensweg (zB. Maßnahmenbeschwerde, Anzeige wegen Körper-
einen Elternteil haben,
der*die in in einem nen sowie mangelndes Vertrauen in die Polizei ten selten zu einem positiven Ergebnis für die sind. Zur Durchsetzung der Rechte im vorgesehenen Verfah-
wenn der*die einschreitende*n Polizist*innen erkennbar
wegschicken, wenn sie die Amtshandlung nicht stört.
afrikanischen Land ge- im internationalen Vergleich: Betroffenen führen. In 100% der Fälle sind die Tipp: Von einer Veröffentlichung rät ZARA jedenfalls ab,
sein, aber auch ein* Passant*in. Die Polizei darf die Person nicht
boren wurde. So wurde in den untersuchten Staaten Behörden zu dem Ergebnis gekommen, dass
der Amtshandlung heranzuziehen. Das kann ein*e Freund*in
Du hast zudem das Recht, eine „Vertrauensperson“ während
in den letzten 5 Jahren vor der Studie durch- das Verhalten der Polizei korrekt war. Das ist den Polizist*innen nicht die Kamera ins Gesicht.
schnittlich jede*r vierte Befragte (24%) von der erstaunlich und schwer vorstellbar. Jedenfalls Tipp: Am besten ist, Du machst das unauffällig und hältst „Vertrauensperson“
Mag.a Caroline Kersch- Polizei angehalten, wovon 10% die letzte An- tragen diese Zahlen dazu bei, dass Betroffene Dich beschweren möchtest.
baumer, E.MA leitet die
diese nicht stört.
haltung als Ethnic Profiling erlebten. Für die oft keinen Glauben an die objektive Überprüf- Ort der Amtshandlung, denn das ist später wichtig, falls Du
ZARA Beratungsstellen
deo-Aufnahme während der Amtshandlung zu machen, solange
und ist langjährige letzten 12 Monate beträgt die durchschnitt- barkeit polizeilichen Verhaltens haben. Es ist nicht verboten mit dem Handy eine Audio- oder Vi- zu fragen. Notiere diese und merke dir den Zeitpunkt und den

liche Zahl 11%, wovon aber nur 5% die letzte Die bei ZARA gemeldeten 82 Vor-
Du hast das Recht, Polizeibeamt*innen nach der Dienstnummer
ZARA Trainerin. Sie hat Audio- oder Video-Aufnahmen
Rechtswissenschaften Anhaltung als rassistisch motiviert erfahren fälle stellen lediglich die Spitze des Eisberges Dienstnummer
studiert und ist Ab-
solventin des European haben. In beiden Zeitperioden liegt Österreich dar. Die Dunkelziffer ist weit höher, da die schwerde machen (innerhalb von 6 Wochen).

mit großem Abstand vorne: In den letzten fünf Mehrzahl der Fälle laut FRA Studie gar nicht
aufgrund von Ethnic Profiling, kannst Du dagegen eine Be- und Zweck der Amtshandlung“.
Master for Human Frag den*die amtshandelnde*n Polizist*in nach dem „Anlass
Rights and Democrati-
Wenn Du also den Eindruck hast, die Kontrolle passiert rein
Jahren wurden zwei Drittel aller Befragten an- erst gemeldet werden. Diese Fakten verlan- Du hast also das Recht zu erfahren, warum Du kontrolliert wirst.
sation. Seitdem arbeitet
gehalten, wobei über ein Drittel (37%) der An- gen dringend nach Veränderung bei der Poli-
unterstützen Dich bei einer Beschwerde.
sie in unterschiedlichen nen nicht so verhalten, kannst Du Dich an uns wenden und wir „Anlass und Zweck der Amtshandlung“
Bereichen zum Thema gehaltenen die Anhaltung als Ethnic Profiling zei. Möglicherweise kann eine solche Verän- der höflichen Anrede „Sie“ verpflichtet. Sollten sich Polizist*in-
Menschenrechte. erlebte. Auch in den letzten 12 Monaten wurde derung vorangetrieben werden, indem man diskriminierungsfreien Amtshandlungen und der Verwendung innerhalb einer Stunde, erreichen kannst.
jede*r Zweite angehalten, wovon wieder fast einen Blick auf Staaten wie Finnland, Irland nicht unterschiedlich behandeln. So sind Polizeibeamt*innen zu oder es an einem Ort verwahren, den Du schnell, maximal ca.

ein Drittel (31%) dies als Ethnic Profiling erleb- oder Malta wirft. Ähnliche Probleme existie-
politischen Auffassung oder der sexuellen Orientierung auch dann musst Du grundsätzlich ein Reisedokument mit Dir führen,
oder ethnischen Herkunft, des religiösen Bekenntnisses, der Wenn Du eine nicht-österreichische Staatsbürgerschaft hast,
te – das ist also etwa sechsmal so hoch wie der ren auch dort, aber offensichtlich ist der Um- schen aufgrund des Geschlechts, der Hautfarbe, der nationalen
durchschnittliche Wert. gang vor Ort ein besserer. Der von der FRA
viele strafbare Handlungen ereignen.
druck von Voreingenommenheit erwecken. Sie dürfen Men-
oder Du Dich an einem Ort befindest, an dem sich besonders
Entsprechend der hohen Zahlen der gemessene „level of trust“ in die finnländische
Polizist*innen dürfen während Amtshandlungen nicht den Ein-
umfassen zum Beispiel, dass die Polizei eine Straftat vermutet,
aufgrund von Ethnic Profiling erlebten An- Polizei etwa beträgt 8.2 (von 10 möglichen für Polizist*innen, halten. stellen, wenn es dafür konkrete Gründe gibt. Solche Gründe
haltungen hat Österreich im internationalen Punkten) – auch das ist also möglich. 
sogenannte Richtlinienverordnung, eine Art „Verhaltenskodex“ ist die Polizei ermächtigt, die Identität einer Person festzu-
Polizist*innen müssen sich während einer Amtshandlung an die In Österreich gibt es keine allgemeine Ausweispflicht. Allerdings
„Verhaltenskodex“ für Polizist*innen Ausweispflicht
24
3 Falten
Vertrauensperson Video-Aufnahmen
Filmen einer Polizeikontrolle bzw. Amtshandlung im öffentli-
Tipp: Frage die kontrollierte Person, ob Du seine*ihre
chen Raum ist nicht verboten, solange die Amtshandlung nicht
Vertrauensperson sein darfst. Wenn er*sie „Ja“ sagt, hast
gestört wird! Du kannst ohne Probleme ein paar Meter entfernt
du die Möglichkeit, anwesend zu sein und Polizist*innen dürfen
stehen und mit Deinem Handy eine Aufnahme machen. Biete
Dich nicht wegschicken. Du darfst Dich zwar nicht einmischen,
danach der betroffenen Person an, ihr das Video als Beweismit-
bist aber allenfalls Zeug*in und kannst dokumentieren und be-
tel zu überlassen. Solche Beweise sind ganz wichtig, um prüfen
obachten, ob etwas nicht korrekt abläuft.
zu lassen, ob die Polizei rechtmäßig gehandelt hat. Filmen ist
eine wichtige Form von Zivilcourage.
Die kontrollierte Person fühlt sich dadurch unterstützt und
weniger ausgeliefert. Falls Du Dich nicht in die Amtshandlung
Achtung:
einmischen willst, kannst Du diese auch von weitem beobachten
und anschließend die betroffene Person ansprechen. Videos von rechtswidrigen Amtshandlungen sind ein enorm
wichtiges Beweismittel bei einem Gerichtsverfahren. Wir raten
Zeug*in Dir aber dringend von einer Veröffentlichung einer solchen Auf-
nahme ab, z.B. auf den sozialen Medien!
Wenn Du möchtest, kannst Du der*dem Kontrollierten Deine
Kontaktdaten geben und Dich als Zeug*in anbieten, falls die be- Wenn die Polizei Dich am Filmen hindert, kannst Du von einem
troffene Person rechtliche Schritte ergreifen möchte. Landesverwaltungsgericht überprüfen lassen, ob sie das durfte.
Informiere Dich dazu bei ZARA!
Zeug*innen sind enorm wichtig, wenn es um die Beweisbarkeit
einer Situation und die Rechtsdurchsetzung vor einem Gericht
geht. Auflerdem wäre es wichtig den*die Betroffene*n auf ZARA
aufmerksam zu machen.
Tipp: Bleib im Kontakt mit der Polizei immer ruhig und
lass Dich nicht provozieren. Wenn Du Dich ärgerst und
das zum Ausdruck bringst, kann das als aggressives Verhalten
gegenüber der Polizei bewertet werden, was bestraft werden
kann.
Tipp: Melde solche Vorfälle an ZARA! Wir können Dich
rechtlich beraten oder die Dokumentation des Falles
übernehmen.
2 Falten
Betroffene unterstützen kannst!
Hier findest Du Tipps, wie Du Dich zivilcouragiert verhalten und zara.or.at
halten sollst? A-1050 Wien
unternehmen, weißt aber nicht, wie Du Dich richtig ver- Eingang: Am Hundsturm 7
→→ Du möchtest nicht einfach weitergehen, sondern etwas Schönbrunner Straße 119/13
obdachlos ist, kontrolliert? +43 (1) 929 13 99
Aussehens, ihrer Hautfarbe, oder vielleicht nur weil sie
→→ Du hast das Gefühl, eine Person wird nur aufgrund ihres
aggressiv, oder unnötig gewalttätig sind?
mäßig erscheint, weil die Polizeibeamt*innen unhöflich,
→→ Du beobachtest eine Polizeikontrolle, die Dir nicht recht-
AMTSHANDLUNG
brauchst, wende dich an:
ALS ZEUG*IN EINER Wenn du Fragen hast oder Unterstützung
Umgang mit der Polizei
RIGHTS
YOUR ZEIG' ZIVILCOURAGE!
KNOW SCHAU NICHT WEG!
1 Heraustrennen
1 Heraustrennen

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kostenlose Beratungstermine vereinbaren
sowie Rassismus und Hass im Netz melden
– auf Wunsch auch anonym!

zara.or.at

2 Falten

Ehrenamtlich Rassismus (Online)


mitmischen melden Spenden
Werden Sie ein*e ZARAista Rassistische Diskriminierung Spenden Sie online – damit
und nutzen Sie die zahlre- bedeutet, dass eine Person Betroffene von Rassismus
ichen Möglichkeiten, um mit oder eine bestimmte Gruppe und Hass im Netz mit dem
uns gemeinsam aktiv zu von Personen aufgrund ihrer Unrecht und der Demütigung
werden. Werden Sie Teil einer Hautfarbe, Sprache, Ausseh- nicht alleine gelassen
tatkräftigen Community! ens, Religion, Staatsbürger- werden!
schaft oder Herkunft in
irgendeiner Form ben-
achteiligt, herabgesetzt oder
angegriffen wird.

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3 Falten
Thema Diskriminierung im Bildungswesen

Zivilcourage von Anfang an Peer Education – Menschen-


„Ihr gehört zu den Menschen mit Zivilcourage und habt mit eu-
rem Engagement bewiesen, dass ihr den Mut habt, hinzusehen,
und Hass im Netz werden Medien- und Hand-
lungskompetenzen vermittelt. Ziel ist zudem
rechte lernen auf Augenhöhe
den Mut habt, anderen zu helfen; dass Vielfalt von euch erkannt eine Sensibilisierung für Hass und Hetze im
und als Bereicherung anerkannt wird. PEER könnte auch eine Internet und deren mitunter gravierende Aus- Ein Bericht der Berufsschule für Verwaltungsberufe zur „MutbürgerInnen“-ausbildung
Abkürzung für Personen mit echtem Rückgrat bedeuten.“ wirkungen auf Täter*innen, Betroffene und
stille Mitleser *innen.
Mit diesen Worten gratulierte Berufsschuldirektorin Daniela Kirn- Nicht immer finden Workshops mit
bauer im Oktober 2017 dem zehnten Peer Jahrgang an der Berufsschu- Kindern und Jugendlichen im Klassenzimmer Zusammen mit ZARA Training arbeiten wir Rückgrat beweisen, Zivilcourage zei-
le für Verwaltungsberufe in Wien zum Abschluss des Peer Education statt. Für das Projekt „Lernkurve Stadion“ seit über 10 Jahren erfolgreich für eine Berufs- gen. Bei Zivilcourage denken wir so oft an gro-
Projekts „Mut zur Vielfalt! – Antidiskriminierung in der Berufsschule“. mit dem Österreichischen Fußballbund sind schule ohne Vorurteile. Das Team von ZARA ße Taten in gefährlichen Situationen. Es sind
Ihre Rede fasst sehr treffend zusammen, welche Themen unsere wir für die Workshops zu Gast im Ernst-Hap- Training ist für uns mit dem Peer Education aber nicht die großen Held*innenentaten, die
Schulprojekte behandeln - zwei Peer Training Projekte an drei Berufs- pel-Stadion auf der Tribüne mit Blick auf den Projekt „Mut zur Vielfalt! – Antidiskriminie- es in einer demokratischen Gesellschaft vor-
schulen sowie das Projekt „ZARA macht Schule“ in vier Wiener Bezir- grünen Rasen - ein Highlight nicht nur für die rung in der Berufsschule“ fixer Bestandteil wiegend braucht, sondern schon das Einstehen
ken. Wir geben positive Impulse für ein respektvolles Zusammenleben jungen Fußballfans unter den Teilnehmen- unseres schuldemokratischen Zusammenwir- für die eigenen Werte und Mitmenschen, das
im (Schul-)Alltag und vermitteln den Kindern und Jugendlichen neue den, sondern auch für unsere Trainer *innen. kens geworden. Ziel des Projekts ist es, unseren ist Zivilcourage für unser Team. Unsere Peers
Handlungs- und Kommunikationskompetenzen. Dabei setzen wir auf In den Workshops setzen sich die Kinder und Schüler *innen zu ermöglichen, sich interaktiv wirken nicht nur an unserer Berufsschule wie
drei inhaltliche Schwerpunkte: Jugendlichen mit den Themen Zivilcourage, mit den Themen Vorurteile, Diskriminierung, Vitamine. Sie sind für den Organismus Be-
Rassismus, Vorurteile, Fremd-/Anderssein und Zivilcourage und Rassismus auseinanderzu- rufsschule, Dienststelle und Familie lebens-
Das ist zum einen die Sensibilisierung der Kin- Diskriminierung auseinander. Gemeinsam setzen. In allen ersten Klassen werden diese wichtig. Immer wieder bekommen wir an der
der und Jugendlichen für diskriminierende werden Handlungskompetenzen in diskrimi- Trainings durchgeführt. Interessierte Jugend- Berufsschule Besuch von Ausbildner *innen,
Situationen durch eine altersgerechte Heran- nierenden Situationen erworben und Strate- liche werden im nächsten Schritt zu Peer-Trai- Erziehungsberechtigten, Delegierten etc. und
führung an die Themen Identität, Vorurteile, gien im Umgang mit Vielfalt erarbeitet. ner *innen ausgebildet, die dann wiederum an alle schwärmen von der angenehmen Atmo-
Diskriminierung und Chancengleichheit. Die Selbstverständlich bieten wir auch unserer Schule selbst Anti-Diskriminierungs- sphäre, dem guten Benehmen unserer Schü-
Schüler *innen setzen sich mit Themen wie Workshop und Fortbildungen für Erwachsene trainings unter dem Motto „Mut zur Vielfalt“ in ler *innen und dem guten Schulklima. Unsere
„Welche Vorurteile habe ich selbst und wie gehe an - zum einen für ein interessiertes Publikum anderen Klassen durchführen. Die Schüler *in- PEER-Vitamine leisten also ganze Arbeit und
ich damit um?“ „Was ist meine Identität und im Rahmen der Wiener Volkshochschule und nen übernehmen erfahrungsgemäß nicht nur wirken ansteckend.
Dr.in Bianca Schön- mein Umgang mit Gruppenzugehörigkeit?“ der Amnesty Academy, zum anderen intern die Peer-Aufgaben, sondern engagieren sich Im Herbst 2018 wurde das PEER Edu-
berger hat in Tübingen und „Welche Relevanz haben Unterschiede?“ in Betrieben, Hochschulen, Vereinen und Be- im Schulleben und zeigen deutlich demokrati- cation Projekt von der Bildungsdirektion für
und Oxford Geschichte
und Politikwissen- auseinander. So werden Selbst- und Fremd- hörden. Neben den bereits oben beschriebenen sche Handlungskompetenz. Dadurch tragen sie Wien prämiert. Unser Projekt zeigt wunder-
schaften studiert und wahrnehmung hinterfragt, Zuschreibungen Schwerpunkten „Sensibilisierung“, „Zivilcou- wesentlich als Teil der Schulpartnerschaft zur bar, dass Vielfalt MITEINANDER funktionie-
anschließend viele
Jahre für internationale
erkannt und Grenzen und Gefühle benannt.
Der zweite Schwerpunkt liegt auf der Zivilcou-
rage“ und „Digitale Zivilcourage“ veranstalten
wir „Argumentationstrainings“ und das Trai-
Klassen- und Schulkultur und insofern natür-
lich auch zu unserer Schulentwicklung bei.
ren kann. 
und entwicklungspoli-
tische Organisationen rage. Die Workshops geben den jungen Teil- ning „Meine Rechte kennen“. Bei Letzterem Achtung und Wertschätzung für ein- Daniela Kirnbauer,
gearbeitet, u.a für nehmer *innen einen geschützten Rahmen, um handelt es sich um einen Wissenstransfer rund ander – das ist der Anspruch und das Selbst- Dipl.Päd, ist Direktorin
das Entwicklunghilfe- der Berufsschule für
programm der UNO. unterschiedliche Strategien auszuprobieren, um das Gleichbehandlungsgesetz und andere verständnis an unserer Berufsschule. In den Verwaltungsberufe
Zudem erwarb sie als wie sie als Zeug*innen in Gewaltsituationen relevante Texte. Nach einer kurzen Vorstellung ZARA-Workshops spielen diese Werte für die in der Embelgasse
selbständige Beraterin handeln können, ohne sich selbst in Gefahr zu der Arbeit der ZARA-Beratungsstelle werden Auseinandersetzung mit Vorurteilen eine we- im fünften Wiener
umfangreiche Erfahrun- Gemeindebezirk. Die
gen in EU-Projekten. bringen. Sie loten eigene Grenzen und Mög- Begriffe und Konzepte zum Thema Rassismus sentliche Rolle. ZARA arbeitet mit offenen diplomierte Didakti-
Seit Februar 2014 ist lichkeiten aus und entwickeln wirkungsvolle be- und erarbeitet. Die rechtlichen Möglichkei- Lernsettings, die nicht auf eindeutige Ergeb- kerin lehrt an der PH
sie Geschäftsführerin Antworten und kreative Gegenstrategien im ten zur Bekämpfung von Rassismus und rassis- nisse und Erkenntnisse ausgerichtet sind, aber Wien, wo sie auch ihre
der neugegründeten Ausbildung absolvierte.
GmbH ZARA Training. Umgang mit diskriminierenden und rassisti- tischen Diskriminierungen werden dargelegt; viel Raum für Diskussion und die sich in der
schen Situationen und Äußerungen. Mit dem dabei wird Recht als Werkzeug vermittelt, um Gruppe entfaltende Dynamik bieten. Die Schü-
dritten Workshopschwerpunkt Digitale Zivil- als Betroffene*r oder Zeug*innen von Rassis- ler *innen sind mit einem Feuereifer bei der Sa-
courage machen wir Kinder und Jugendliche mus adäquat reagieren zu können. che und erzählen durchwegs begeistert von den
stark gegen Hass und Hetze im Netz – ein The- Haben Sie Interesse an weiteren Infor- interessanten Ausbildungstagen. Oft kann ich
ma, das zunehmend in den Fokus der Schulen mationen zu Terminen und Trainingsinhalten? die angehenden Peers bis in mein Büro lachen
rückt. Neben einem Wissenstransfer rund um Dann freuen wir uns auf Ihre Kontaktaufnah- hören und somit werden auch gleich meine
die Themenbereiche Digitale Medien, Fake News me via www.zara-training.at!   Batterien in der Direktion wieder aufgeladen.

30 31
Thema Diskriminierung im Bildungswesen

Diskriminierung im Bildungs- Religion nicht sichtbar, was im Umkehrschluss


bedeutet, dass das Unsichtbarmachen von Re-
Um dem Ziel eines diskriminierungs-
freien Bildungswesens näherzukommen, hat

wesen verhindert Chancen-


ligion NICHT vor Diskriminierung schützt, die IDB 2016 einen 10-Punkte-Plan entwickelt,
sondern im Gegenteil, diskriminierende Lehr- der 2018 um einen 11. Punkt erweitert wurde.
personen in ihrer Haltung noch bestärkt.

gleichheit und fördert ein


2-Klassen-Bildungssystem
11-Punkte-Plan zur Etablierung eines diskriminierungsfreien Bildungswesens4 4  Der Plan wurde
von IDB-Mitgliedern
selbstständig
1  Datenerhebung: Durchführung von Studien zum Thema Diskriminierungserfahrungen von entworfen. Er hat
Schüler *innen an öffentlichen Schulen in Österreich. Ebenso Evaluierung, wie viele Leh- keinen Anspruch
rer *innen und wie viele Direktor *innen einen Migrationshintergrund haben und/oder Mit- auf Vollständigkeit
und dient dazu, die
Die IDB setzt sich für Bildungsgerechtigkeit und menschen- und kinderrechtskonforme glieder religiöser Gemeinschaften sowie Personen ohne Bekenntnis sind. aus unserer Sicht
Bildung ein wichtigsten Eckpunkte
2  Schaffung von unabhängigen Melde- bzw. Beschwerdestellen für von Diskriminierung be- hervorzuheben;
gekürzt.
troffene Schüler *innen.

3  Einführung von Anti-Diskriminierungs-Beauftragten an jeder Schule. Diese sollten die ers-


1 https://www. Seit 2016 dokumentieren die ehrenamtlich Jahresberichten „Diskriminierung im österrei- ten Ansprechpersonen sein.
uni-mannheim.de/ tätigen Mitglieder der Initiative für ein dis- chischen Bildungswesen 2016 und 2017“2 gratis
newsroom/presse/
pressemitteilun kriminierungsfreies Bildungswesen (IDB) Dis- zum Download auf der IDB-Homepage. 4  Einbindung von Themenblöcken zu interkultureller Kompetenz in Workshops ab der Volks-
gen/2018/juli/ kriminierungserfahrungen, die sich im gesam- Diskriminierungserfahrungen können schule.
max-versus-murat- ten Bildungsbereich in Österreich abspielen. dann besonders verheerende Auswirkungen
schlechtere-noten-
im-diktat-fuer- Erfasst werden alle 7 Diskriminierungsgrün- nach sich ziehen, wenn die Betroffenen Kinder 5  Diversifizierung des Lehrpersonals: gezielte Aufnahme von Lehrer*innen mit Migrations-
grundschulkinder- de der EU. Alle, die betroffen sind, gleich ob und Jugendliche, also Schüler*innen, und die hintergrund und/oder Mitglieder religiöser Minderheiten in Österreich sowie Personen ohne
mit-tuerkischem- Schüler *innen oder Lehrer*innen, können sich Täter*innen Erwachsene, also Lehrer*innen, Bekenntnis. Eventuell Einführung einer eigenen Quote, ähnlich der Frauenquote.
hintergrund/
an die IDB wenden und Ihre Erfahrungen an- sind. In dieser Konstellation kommt es durch
2 http:// onymisiert über ein Dokumentationsformular das Machtgefälle und das bestehende Abhängig- 6  Diversifizierung der Direktor*innen: gezielte Ernennung von Lehrer*innen mit Migrations-
diskriminierungsfrei.at/ auf der Homepage www.diskriminierungsfrei. keitsverhältnis oft zur Entwicklung von gesund- hintergrund und/oder Mitglieder religiöser Minderheiten in Österreich sowie Personen ohne
jahresberichte
at, über die „IDB-Report it!“-App oder per Mail heitlichen Problemen physischer und psychi- Bekenntnis zu Direktor *innen.
3 https://derstandard. an dokumentation@diskriminierungsfrei.at scher Natur. 25% der Kinder und Jugendlichen,
at/2000087382595/ melden. Ziel ist die lückenlose Umsetzung der die in psychiatrischer Behandlung stehen, geben 7  Einführung von standardisierten Schüler*innenbefragungen zur Evaluierung des Lehrer*in-
Kinder-und-
Jugendpsychiatrie-hat- Europäischen Menschenrechtskonvention und „schulische Probleme“ als Ursache an3 . Zusätz- nenverhaltens als Qualitätssicherungsmaßnahme nach dem Vorbild der Universitäten.
immer-noch-zu-wenig- der EU-Kinderrechtskonvention im gesamten lich leidet auch der Schulerfolg darunter, im
Betreuungsplaetze Bildungsbereich in Österreich. schlimmsten Fall kommt es zum Schulabbruch. 8  Verpflichtende Aus- und Fortbildungen zum Thema DaF/DaZ (Deutsch als Fremd- und Zweit-
Diskriminierung im Bildungswesen Sieht man sich die gemeldeten Diskriminie- sprache), interkulturelle Kompetenz und Diskriminierungssensibilität für Kindergartenpäda-
hat viele Erscheinungsformen. Es kann sich um rungsfälle im Detail an, so ergibt die statistische gog*innen und Lehrpersonal.
eindeutig rassistische Äußerungen einer Lehr- Auswertung aus dem Jahr 2017 folgendes Bild:
person handeln, um eine nicht gerechtfertigte 2017 wurden der IDB 173 Fälle von 9  Bei Fragen und Unklarheiten zum Islam oder bei Verdacht auf Radikalisierung von musli-
Einstufung als außerordentliche*r Schüler*in Diskriminierung im Bildungswesen gemel- mischen Schüler *innen verpflichtende Einbindung muslimischer Theolog*innen. Im Idealfall
bzw. eine nicht gerechtfertigte Zuteilung zu so- det, das ist ein Anstieg um 268 % im Vergleich sind die schulinternen islamischen Religionslehrer *innen beratend heranzuziehen.
genannten „Deutschförderklassen“, um schlech- zum Vorjahr. Schüler *innen waren mit 81% am
tere Benotung bei gleicher Leistung aufgrund häufigsten betroffen, gefolgt von Lehrer*innen 10  Aufnahme der Artikels 28, 29 und 30 der UN-Kinderrechtskonvention in das Bundesverfas-
eines ausländisch klingenden Namens (siehe (9%), Student*innen und sogar Kindergarten- sungsgesetz über die Rechte von Kindern. Darüber hinaus sollen das Schulunterrichtsgesetz
Studie der Universität Mannheim1), um Demü- kinder. Hinsichtlich der Gründe für Diskrimi- nach Vorbild des Bremer Landesschulgesetzes reformiert werden, das „‚in Fällen der Verletzung
tigung, Erniedrigung und Beschämung vor der nierung war auch 2017 wieder Islamophobie der Würde von Mädchen, Frauen, Homosexuellen und der von kulturellen, ethnischen und religiösen
ganzen Klasse durch ein kinderrechtswidriges mit 50% an erster Stelle, gefolgt von Diskrimi- Gruppen‘ (§ 47 Abs. 3)“ Ordnungsmaßnahmen mit entsprechender pädagogischer Begleitung
Handeln einer Lehrperson, ebenso sexistische nierung aufgrund der ethnischen Zugehörig- vorsieht.
sowie rassistische Bemerkungen und Belästi- keit (39%), einer Behinderung (6%), Sexismus,
gungen, die Lehrer*innen durch ihre Kolleg*in- Antisemitismus und Homophobie. 11  Coaching, Beratung und Supervision für Lehrer*innen innerhalb der Arbeitszeit bei auftre-
nen erfahren müssen u.v.m. Konkrete Fallbei- In 58% der Fälle von Diskriminierung tenden Konflikten im Schulumfeld (interkulturell, interreligiös etc.) zur Konfliktbewältigung
spiele in anonymisierter Form finden Sie in den aufgrund der religiösen Zugehörigkeit war die und Förderung der Beziehungskompetenz.

32 33
Thema ZARAs transnationale Arbeit

Zusammenhalt und Effekti-


vität durch Netzwerken und
Austausch
5
 http://www. In Deutschland hat die Antidiskriminierungs- Dienstrechtliche bzw. arbeitsrechtli-
antidiskriminierungs- stelle des Bundes einen eigenen Praxisleitfaden che Konsequenzen sind aus Sicht der IDB auch
stelle.de/SharedDocs/
Downloads/DE/publi- mit dem Titel „Diskriminierung an Schulen in Österreich erforderlich, zumal in der über-
kationen/Leitfaeden/ erkennen und vermeiden“ veröffentlicht.5 In wiegenden Mehrheit der Fälle die Diskriminie-
Leitfaden_Diskriminie- Berlin wurde eine eigene Antidiskriminie- rung von Lehrpersonen ausgeht.
rung_an_Schulen_er-
kennen_u_vermeiden. rungsbeauftragte als Teil des Bildungsverwal- Es ist an der Zeit, endlich rechtlich
pdf?__blob=publicati- tungssenats installiert. Sie übernimmt nicht und institutionell gegen Diskriminierung im
onFile&v=2 nur die Dokumentation, sondern leitet auch Bildungswesen vorzugehen, denn „Diskrimi-
6 https://www. entsprechende Konsequenzen ein. „So wurde bei nierung durch ein staatliches Organ sowie die Wei- Beziehungen, Partner *innenschaften und V-START – Victim Support Through
morgenpost.de/berlin/ verbeamteten Lehrern vier Mal eine Missbilligung gerung, gegen Diskriminierung vorzugehen, sind Netzwerke, sind für ZARA wesentlich, ja le- Awareness-Raising and neTworking
article215806201/
Die-meisten-Diskri- oder ein Verweis ausgesprochen, zwei Mal Geldbu- schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen und benswichtig. Als Organisation, definieren wir
minierungen-in-Schu- ßen erhoben und drei Mal in den Ruhestand ver- ein Missstand.“, so die Volksanwaltschaft in ei- uns über unsere Aktivitäten und Leistungen: Schwerpunkt: Unterstützung für von hate crime
len-sind-rassistisch. setzt.“6 ner Aussendung. Die IDB schließt sich diesem Wir verhelfen durch Beratung Personen zu ih- Betroffene verbessern
html
Statement voll und ganz an.   rem Recht, wir machen mit Öffentlichkeitsar-
beit auf Rassismus aufmerksam und versuchen Im Rahmen des EU-Projekts V-START – Victim
dadurch die Situation zu verbessern. Auch als Support Through Awareness-Raising and neTwor-
Team von engagierten Einzelpersonen, die ihre king hatte ZARA die Möglichkeit, nicht nur
Expertise und Erfahrungen einsetzen, um Ras- transnationale Partnerschaften zu stärken,
sismus sowie Hass und Hetze im Internet aktiv sondern auch das Netzwerken auf nationaler
und effektiv entgegenzutreten, brauchen wir Ebene intensiv voranzutreiben.
regelmäßigen Austausch und Unterstützung V-START zielt darauf ab, Unterstüt-
Die Initiative für ein diskriminierungsfreies Bil- ZVR 421303680 durch Partner*innen. zungsmaßnahmen für von hate crime Betroffene
dungswesen (IDB) ist ein unabhängiger, gemein- ZARA ist davon überzeugt, dass wirk- zu verbessern, sogenanntem ‚underreporting’ Anna Schreilechner, BA
nütziger, ehrenamtlich tätiger Verein, der seit office@diskriminierungsfrei.at same Anti-Rassismus-Arbeit nur durch das entgegenzuwirken und vorurteilsmotivierten hat Afrikawissenschaf-
ten an der Universität
2016 Diskriminierungserfahrungen im gesamten dokumentation@diskriminierungsfrei.at Zusammenstehen unterschiedlichster Ak- Straftaten präventiv entgegenzutreten. Die- Wien studiert und
Bildungsbereich dokumentiert. Es werden alle www.diskriminierungsfrei.at teur *innen möglich ist, weswegen das Stärken se Ziele werden mit Maßnahmen in Richtung befindet sich momen-
7 Diskriminierungsgründe der EU erfasst. Ziel IDB – Report it! App von Netzwerken und Beziehungen einen der der deutlicheren Sichtbarkeit des Phänomens tan im Masterstudium
Politikwissenschaft.
ist die lückenlose Umsetzung der europäischen Facebook: @diskriminierungsfrei.at wichtigsten Schwerpunkte der ZARA-Projekt- in Angriff genommen – wie z.B. durch einen Neben ihrer Tätigkeit
Menschen- und Kinderrechtskonvention im Instagram: @diskriminierungsfrei.at arbeit darstellt. Überblicksbericht, der die Perspektiven lokaler in der Öffentlichkeits-
Bildungsbereich. Betroffene, gleich ob Schü- Um die Bekanntheit von ZARA bei so Expert*innen präsentiert, Broschüren für po- arbeit ist sie bei ZARA
für die Koordination
ler *innen oder Lehrer *innen, sowie Zeug*innen Spendenkonto vielen Personen wie nur möglich sicherzustel- tentiell von hate crime Betroffene in mehreren transnationaler Koope-
und Vertrauenspersonen, können sich an die IBAN: AT18 2011 1837 4803 2500 len, benötigt ZARA enge Partner *innen, die Sprachen, ein Handbuch für Praktiker *innen, rationen zuständig und
IDB wenden und Diskriminierungserfahrungen BIC: GIBAATWWXXX wiederum ihren Communities, Klient*innen, Radioauftritte und nicht zuletzt Trainings für befasst sich aktuell im
Rahmen der EU-Pro-
über ein eigenes Formular auf www.diskriminie- Mitgliedern, Teilnehmer*innen und Kolleg*in- zivilgesellschaftliche Akteur*innen sowie Poli- jekte V-START – Victim
rungsfrei.at, über die „IDB – Report it!“ – App nen und Partner *innen von ZARAs Arbeit und zeibeamt*innen und/oder Jurist*innen. Support Through
oder per E-Mail an dokumentation@diskrimi- Schwerpunkten erzählen. Klient*innen von Das Herzstück des Projekts liegt je- Awareness Raising and
neTworking und sCAN
nierungsfrei.at anonymisiert dokumentieren. ZARA benötigen oft noch mehr als die Unter- doch im eben hervorgehobenen Netzwerken – Specialised Cyber
stützung durch unsere Beratungsstellen. Sie – Kooperieren mit transnationalen Partner*in- Activists Network tief-
benötigen in manchen Fällen psychosoziale nen, nationalen zivilgesellschaftlichen Part- gehend mit den Phäno-
menen hate crime und
oder therapeutische Begleitung oder möch- ner *innen und Kolleg*innen sowie mit anderen hate speech.
ten Prozessbegleitung beanspruchen, weil sie themennahen Akteur *innen, wie z.B. der Poli-
strafrechtlich relevant viktimisiert wurden. zei. Der Austausch mit zivilgesellschaftlichen
Dr. med. univ. Sonia Zaafrani ist die Gründerin und Folglich benötigt ZARA vielschichtige Part- Kolleg*innen und Partner *innen war mehr als
Obfrau der IDB – Initiative für ein diskriminierungsfreies ner *innen mit unterschiedlichen Expertisen, nur fruchtbar, er führte sogar zur Gründung
Bildungswesen. Sie arbeitet hauptberuflich als Ärztin für
Allgemeinmedizin und engagierte sich ehrenamtlich jahre- an die z.B. Klient*innen weitergeleitet werden eines dauerhaft etablierten Netzwerks, um ge-
lang im interreligiösen Dialog und in der Betreuung von können, oder die wiederum mit ihrer spezifi- meinsam das Phänomen hate crime im Fokus zu
geflüchteten Kindern, Jugendlichen und ihren Familien. schen Expertise parat stehen. wahren:

34 35
Thema ZARAs transnationale Arbeit

Mehr Bewusstsein und Ver-


knüpfung durch Vergleich
Aus fünf lokalen Netzwerktreffen ent-
stand ein gemeinsames Memorandum of Un-
der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe richtet.
Im Verständnis des Netzwerkes rich-
und Wissenstransfer
derstanding als gemeinsame Absichtserklärung, ten sich sogenannte hate crimes (Hassverbre-
im Kampf gegen hate crime. Damit erfolgte die chen, Vorurteilsdelikte) dementsprechend sCAN – Specialised Cyber Activists sprechen, die sie im Zuge der Unterzeichnung Die deutsche Version
Gründung des Netzwerks www.hatecrimekon- „gegen eine Kirche oder Religionsgesell- Network des „Code of Conduct on countering illegal ‚Hate Speech – Was
tun!’ finden Sie hier:
tern.at, um hate crime sichtbar zu machen, sowie schaft oder eine andere nach den vorhandenen oder hate speech online“ gegeben haben, einhalten. https://www.facingfact-
effektiv & präventiv entgegenzutreten. fehlenden Kriterien der Rasse, der Hautfarbe, der Schwerpunkt: Online hate speech erforschen Zudem nutzen die sCAN Partner*innen diese sonline.eu/enrol/index.
Die eine und damit unumstrittene Sprache, der Religion oder Weltanschauung, der und somit effektiver entgegentreten Phasen, um weitere Erkenntnisse aus den Mo- php?id=24

Definition von hate crime gibt es nach wie vor Staatsangehörigkeit, der Abstammung oder nationa- nitoringaktivitäten, die von der Europäischen
nicht. Das konnte das Netzwerk aber nicht len oder ethnischen Herkunft, des Geschlechts, einer Zehn Organisationen aus neun europäischen Kommission nicht ausgewertet werden kön-
lange aufhalten. körperlichen oder geistigen Behinderung, des Alters Ländern – LICRA (Frankreich), CEJI – A Je- nen, zusammenzutragen und gemeinsam zu
Das Netzwerk bezieht sich auf die pra- oder der sexuellen Ausrichtung definierte Gruppe wish Initiative for An Inclusive Europe (Bel- veröffentlichen.
xisorientierte hate crime Definition, die vom von Personen oder gegen ein Mitglied einer solchen gien), Human Rights House Zagreb (Kroatien), Der Großteil des Projekts liegt noch
OSZE-Büro für Demokratische Institutionen Gruppe ausdrücklich wegen der Zugehörigkeit zu Romea (Tschechien), Respect Zone (Frank- vor uns, wichtige Schritte wurden jedoch
und Menschenrechte (BDIMR/ODIHR) for- dieser Gruppe.“ reich), jugendschutz.net (Deutschland), Latvian schon eingeleitet und spannende Vergleiche
muliert wurde. Sie besagt: Das Netzwerk erkennt den Ausdruck Centre for Human Rights (Lettland), Spletno und Erkenntnisse werden noch erwartet. Ba-
„Hate crimes sind kriminelle Handlun- von (online) Hass und Hetze, insofern es sich Oko (Slowenien), CESIE (Italien) und ZARA sierend auf Initiativen aller Organisationen
gen mit einem Vorurteilsmotiv gegen bestimmte nach österreichischer Gesetzeslage um eine – Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit, be- werden neue Aktivitäten erarbeitet und inno-
Personengruppen.“ Straftat handelt, als Teil des Phänomens hate raten durch das International Network Against vativ aufbereitet. Unter anderem das Projekt
Das Netzwerk betrachtet weitergehen- crime an. Online Hass und Hetze werden zudem Cyber Hate (INACH), - haben sich zusammen- – Facing Facts Online! – von CEJI – A Jewish
de Formulierungen der von ODIHR geprägten als potenzieller Auslöser für hate crime erachtet. geschlossen, um durch Austausch und Transfer Initiative for An Inclusive Europe – hat seine
Definition kritisch und einigt sich darauf, der Hate crime erinnert uns an vergangene von Information, Know-How und Erfahrung, vorhergehende Expertise bzgl. Online Kur-
österreichischen Gesetzgebung entsprechend, Katastrophen unserer Geschichte und birgt die online hate speech zusammen auf den Grund sen zu den Themen hate crime und hate speech
hate crime als Straftat mit Vorurteilsmotiv zu Verantwortung, die uns zukommt, niemals zu zu gehen, um dem Phänomen großflächig ent- mit allen Konsortiumspartner *innen geteilt,
erkennen, die sich gegen eine der in § 283 StGB vergessen sowie immer hinzusehen, wenn Hass gegenzutreten, und gemeinsam erarbeitete Er- was ermöglicht hat, innerhalb von 3 Monaten
Abs. 1 Z 1 genannten Gruppen von Personen – und Diskriminierung sich in Menschen einnis- kenntnisse transparent der Öffentlichkeit zur einen englischen Online Kurs zum Thema hate
zugeschrieben oder tatsächlich – oder Mitglie- ten. Dazu ist es wesentlich, stets ein Auge auf Verfügung stellen zu können. speech und Counternarratives durch nationa-
der einer solchen Gruppe ausdrücklich wegen bedrohliche Trends und Tendenzen zu haben.   Bei dem EU-Projekt sCAN geht es
um Erkenntnisgewinn, Austausch, Wissens-
le Erkenntnisse und Trends zu erweitern und
diese zusätzlich auf Deutsch und Französisch
transfer und Innovation. All dies nicht nur
auf inhaltlicher, sondern auch

zu veröffentlichen. 

Die Projekte V-START auf technologischer Ebene, um


und sCAN werden Hasssprache im Internet leichter
gefördert durch die
Europäische Union erkennen, darauf reagieren und
aus dem Programm dem Phänomen wirksam ent-
der GD Justiz (2014- gegentreten zu können.
2020) sowie durch das
Bundesministerium für Alle zehn sCAN Part-
Arbeit, Soziales und ner *innen – verankert im uni-
Konsumentenschutz. versitären sowie zivilgesell-
schaftlichen Bereich – nahmen
und nehmen in der Projektphase
an vier Monitoringphasen der
Europäischen Kommission teil,
um gemeinsam mit vielen weite-
ren Organisationen das Verhal-
ten von großen IT Unternehmen
im Blick zu behalten und sicher
zu gehen, dass diese ihre Ver-

36 37
Rassistische Vorfälle
Haltestelle steigt er gemeinsam mit seiner Familie
5 PKW-Wunschkennzeichen

Öffentlicher
aus. Sein Sohn, der den Vorfall miterlebt hat, fragt mit NS-Code
ihn, was ein „Scheiß Ausländer“ sei. P. meldet den
Vorfall an ZARA und bittet um Unterstützung. T. wendet sich an ZARA, nachdem er ein Wunsch-
Er möchte gerne ein klärendes Gespräch mit dem kennzeichen bei einem Auto gesehen hat, das den

Raum
Mann führen. Er kennt die Identität des Mannes bekannten nationalsozialistischen Code „18“ ent-
nicht, hat aber auf dessen Kleidung ein Firmenlogo hält. Die Zahlenkombination steht für die Initia-
entdeckt und vermutet, dass der Mann dort arbei- len Adolf Hitlers (AH). T. ist verwundert, diesen
tet. ZARA wendet sich daraufhin mit einer Be- Code in einem Wunschkennzeichen zu sehen, da
schreibung des Mannes an die Firma. Diese zeigt er dachte, dass derartige Zahlenkombinationen bei
sich zwar kooperativ, kann aber nicht weiterhelfen, Wunschkennzeichen nicht mehr erlaubt sind. Ein
16,3 % da immer sehr viele Mitarbeiter *innen beschäf- ZARA-Mitarbeiter klärt darüber auf, dass ein Er-
tigt werden und diese die Kleidung auch behalten lass des BMVIT (Bundesministerium für Verkehr,
dürfen, wenn sie nicht mehr dort tätig sind. P. ent- Innovation und Technologie) ausdrücklich be-
scheidet daraufhin, mit der Sache abzuschließen stimmte Codes nennt, die in einem Wunschkenn-
und keine weiteren Schritte einzuleiten. zeichen nicht enthalten sein dürfen. Davon erfasst
ist auch „18“. Bereits vergebene Wunschkennzei-

4 Rassistische Postkarten
in Wohnhaus
chen dürfen weiterverwendet werden, werden aber
nicht mehr verlängert. Da ein Kennzeichen maxi-
mal 15 Jahre Gültigkeit hat, sollte ab 2030 kein der-
Dieses Kapitel umfasst eine Auswahl aus den 312 an ZARA gemeldeten Fällen im Lebensbereich – Öffent- Bereits im Jahr 2017 entdeckt E. eine Postkarte mit artiges Kennzeichen mehr unterwegs sein.
licher Raum. Unter Öffentlicher Raum sind alle Vorfälle gesammelt, die sich an öffentlichen und der Allge- rassistischen und menschenverachtenden Inhalten
meinheit zugänglichen Orten zugetragen haben, wie beispielsweise auf der Straße, auf öffentlichen Plätzen,
Verkehrsflächen, Parks sowie in öffentlichen Verkehrsmitteln. Rassistische Beschmierungen sind Teil des
Kapitels ‚Öffentlicher Raum‘, weil die an ZARA gemeldeten Fälle rassistischer Beschmierungen Großteils
in seiner Post. Aufgrund mangelhafter Adressan-
gabe war diese nicht zuordenbar und wurden da-
her neben den Briefkästen im Wohnhaus von E.
6 Rassistische Beleidigung
wegen Kopftuch

den öffentlichen Raum betreffen. abgelegt. Im Jänner 2018 entdeckt er eine weitere N. trägt aus religiösen Gründen Kopftuch. Im
Postkarte mit folgendem Text: „Wieso kommen wir Herbst arbeitet sie als Dialogerin für eine NGO auf
dazu, das wir die die dreckigen N****-Flüchtlinge den Straßen. An ihrem ersten Arbeitstag kommt

1 Körperlicher Übergriff
gegen ein Kind 2 Rassistisches Plakat bei
Asylwerber*innenheim
bei uns aufnehmen sollen? Wir wollen die Schma-
rotzer aus Afrika niemals aufnehmen. Nein-Dan-
ke!“. E. wendet sich an ZARA und bittet um Doku-
eine Frau auf sie zu und fängt an, sie grundlos zu
beschimpfen. Sie verwendet dafür u.a. die Worte
„kriminelle Islam-Hure“ und sagt zu N., sie solle
Im Frühjahr geht R. mit ihren zwei Söhnen nach U. leitet eine Einrichtung, in der Asylwerber*innen mentation. Im Februar wendet sich K. an ZARA, nach Hause gehen. Danach geht die Frau einfach
draußen, um in der Nähe ihrer Wohnung auf einer untergebracht sind. Im Sommer kommt es zu einem der ebenfalls eine rassistische Postkarte in seinem weiter. N. erzählt daraufhin einer Bekannten von
Wiese zu spielen. Eine ältere Frau kommt mit ihren Vorfall, der sowohl sie als auch die Bewohner *innen Wohnhaus gefunden hat. Genau wie E. lebt auch der Situation, die ihr rät, den Vorfall an ZARA zu
beiden Hunden vorbei und beginnt, die Kinder ras- sehr schockiert: Am Haupteingang des Gebäudes K. in Wien, allerdings befinden sich ihre Wohnun- melden. Sie wendet sich an ZARA und berichtet
sistisch zu beschimpfen. Dann tritt sie R.s 6-jähri- wird von einer unbekannten Person ein Plakat an- gen in unterschiedlichen Bezirken. Der Text lautet: von dem Vorfall. Eine ZARA-Beraterin informiert
gem Sohn auf den Fuß. Der Junge muss daraufhin gebracht. Da sich das Plakat mittig am Eingang be- „Warum müssen wir die Trotteln aus Afrika bei uns über die Möglichkeit einer Anzeige wegen rassis-
in die Notaufnahme. Die Verletzung ihres Sohnes findet und sehr groß ist, ist es für alle gut sichtbar. Asyl gewähren? Wir wollen die schwarze Rasse bei tischer Beleidigung. Da N. die Identität der Frau
empört R. sehr. Aus diesem Grund beschließt sie, Darauf ist deutlich zu lesen: „Scheiß Ausländer, ab uns nicht aufnehmen? Ein dummes N****VOLK nicht bekannt ist, beschließt sie, keine weiteren
sich an ZARA zu wenden. Eine ZARA-Beraterin ins KZ“. U. möchte sich selber um weitere Schritte will keiner in Europa bei sich aufnehmen!!! Sozial- Schritte einzuleiten.
informiert sie über die Möglichkeit einer Anzei- kümmern, wendet sich aber an ZARA, weil sie den schmarotzer Nein-Danke!“. Die beiden Postkarten
ge wegen rassistischer Beleidigung (→ Glossar, S. Vorfall dokumentiert wissen möchte. ähneln sich nicht nur inhaltlich, sondern auch vom
69) sowie wegen Körperverletzung und fragt Schriftbild her. K. bittet ZARA um Dokumentation.
nach, ob R. die Identität der Frau bekannt ist. R. er-
zählt, dass sie die Frau kennt, weil sie in ihrer Nach-
barschaft wohnt. Bereits vor diesem Vorfall war es
3 Rassistische Beschimpfung
in der U-Bahn
DIE EIGENEN RECHTE KENNEN
mehrmals zu Beschimpfungen gekommen, auch Im März steigt P. in eine U-Bahn ein, in der sich
gegenüber anderen Kindern. Beim jetzigen Vorfall bereits seine Frau sowie seine zwei kleinen Kinder Beleidigungen im öffentlichen Raum (→ Glos- Freiheitsstrafe von bis zu drei Monaten oder
wurde erstmals ein Kind verletzt. R. erklärt, bei der befinden. Als er bei einem Mann vorbeigeht, be- sar, S. 69) sind gemäß § 115 Strafgesetzbuch mit einer Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen
Polizei bereits Anzeige gegen die Frau erstattet zu rührt er diesen versehentlich. Auf diese Berührung (StGB) öffentliche (d.h. vor mindestens drei bestraft werden.
haben. ZARA bietet an, R. zu begleiten, wenn sie zu reagiert der Mann sehr aggressiv. Es kommt zu Personen, Opfer und Täter *innen nicht mit- Grundsätzlich gilt eine solche Beleidi-
einer Einvernahme geladen wird. R. bedankt sich einer Diskussion. Obwohl P. versucht, die Situation gerechnet) Beschimpfungen, Verspottungen, gung als „Privatanklagedelikt“ (→ Glossar, S.
und ist mit der Beratung und Aufnahme des Vor- zu beruhigen, beschimpft ihn der Mann mit den Misshandlungen am Körper oder die Bedro- 69). Das bedeutet, dass die Beleidigung von
falles in die Falldokumentation zufrieden. Worten „Scheiß Ausländer“. P. ist von der Eskala- hung mit einer körperlichen Misshandlung der Staatsanwaltschaft nicht selbständig zur
tion der Situation sehr erschüttert. Bei der nächsten einer anderen Person. Sie können zu einer Anzeige gebracht wird, sondern dass der*die

38 39
Täter *in nur auf Verlangen des Opfers verfolgt ist, dass die Staatsanwaltschaft mit der Er- DIE EIGENEN RECHTE KENNEN
wird. Der Nachteil einer solchen Privatankla- laubnis des*der Beleidigten von Amts wegen
ge ist, dass der *die Privatankläger *in für den zu verfolgen und ein Strafverfahren gegen Wie sind solche Beschmierungen EGVG (Einführungsgesetz zu den
Fall, dass der *die Täter*in freigesprochen wird, den*die Täter *in einzuleiten hat. In einem sol- rechtlich zu bewerten? Verwaltungsverfahrensgesetzen)
die Kosten des Strafverfahrens übernehmen chen Verfahren tragen die Betroffenen dann
muss. Hat eine Beleidigung jedoch rassistische kein Prozesskostenrisiko. Eine rassistische Beschmierung kann zusätz- Artikel III
Motive, etwa mit Bezug auf die Hautfarbe, eth- lich zur Sachbeschädigung (siehe unten) auch
nische Herkunft oder, wie im Fall von N., die Was kann N. tun? gegen das Verbotsgesetz (VerbotsG, (→ Glos- (1) Wer …
Religion der beleidigten Person, dann wird die sar, S. 69)), gegen Art III Abs 1 Z 4 EGVG
Beleidigung zu einem sogenannten „Ermäch- N. hat die Möglichkeit, eine Anzeige bei der („Einführungsgesetz zu den Verwaltungsver- 4. nationalsozialistisches Gedankengut im Sin-
tigungsdelikt“ (§ 117 Abs 3 StGB) (→ Glossar, Polizei zu erstatten oder eine Sachverhaltsdar- fahrensgesetzen“, (→ Glossar, S. 69)) oder ne des Verbotsgesetzes, StGBl. Nr. 13/1945, in
S. 69). Eine solche Beleidigung ist dann er- stellung an die Staatsanwaltschaft zu schicken. als „Verhetzung“ (→ Glossar, S. 69) gegen § der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes
füllt, wenn sie auf eine solche Weise erfolgt, ZARA kann bei diesem Schritt unterstützen 283 StGB verstoßen. Zum Tatbestand der Ver- BGBl. Nr. 25/1947, verbreitet,
dass die Menschenwürde des*der Betroffenen und im Verfahren beratend begleiten. Sollte die hetzung siehe ausführlicher im Abschnitt „Die
verletzt wird. Dabei muss sich die Beleidigung Staatsanwaltschaft zu dem Schluss kommen, eigenen Rechte kennen“ im Kapitel „Internet“ begeht, in den Fällen der Z 3 oder 4 dann, wenn
gegen jemanden richten, der einer bestimm- dass die Beleidigung die Kriterien des § 117 Abs (→ Internet, S. 43). die Tat nicht nach anderen Verwaltungsstrafbe-
ten Gruppe – definiert nach Kriterien wie der 3 StGB nicht erfüllt, kann N. theoretisch versu- stimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist,
Hautfarbe, Sprache, Religion, etc. – angehört chen, als Privatanklägerin gegen den Beleidiger Verbotsgesetz eine Verwaltungsübertretung und ist von der
(siehe die Ausführung zum Tatbestand der Ver- vorzugehen. Problematisch bei Übergriffen im Bezirksverwaltungsbehörde, in den Fällen der
hetzung im Kapitel „Internet“ (→ Internet, S. öffentlichen Raum ist der Umstand, dass die § 3g. Wer sich (...) im nationalsozialistischen Z 2 und 4 für das Gebiet einer Gemeinde, für
43)). Auch bezeichnete Gruppen wie „Aus- Täter *innen, wie im Fall von N., oft unbekannt Sinn betätigt, wird, sofern die Tat nicht nach das die Landespolizeidirektion zugleich Sicher-
länder *innen“, „Migrant*innen“, „Flüchtlinge“ sind und nicht leicht ausgeforscht werden kön- einer anderen Bestimmung strenger strafbar heitsbehörde erster Instanz ist, von der Landes-
und „Asylwerber *innen“ fallen in den Anwen- nen. Eine Anzeige gegen unbekannte Täter *in- ist, mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn polizeidirektion… mit einer Geldstrafe von bis
dungsbereich dieser Norm. nen an die Staatsanwaltschaft dient dann aber Jahren, bei besonderer Gefährlichkeit des Täters zu 2 180 Euro zu bestrafen. Im Fall der Z 4 ist
Das Spezielle an einem Ermächti- noch dazu, dass solche Vorfälle bekannt wer- oder der Betätigung bis zu 20 Jahren bestraft. der Versuch strafbar (…).
gungsdelikt wie der rassistischen Beleidigung den und in offiziellen Statistiken aufscheinen.
§ 3h. Nach § 3g wird auch bestraft, wer in einem Sollte beim Anbringen nationalsozialistischer
Druckwerk, im Rundfunk oder in einem ande- Symbole der im Verbotsgesetz verlangte er-
ren Medium oder wer sonst öffentlich auf eine weiterte Vorsatz (zur Wiederbetätigung) feh-

Rassistische Beschmierungen Weise, daß es vielen Menschen zugänglich wird,


den nationalsozialistischen Völkermord oder
andere nationalsozialistische Verbrechen gegen
len und daher keine gerichtliche Verurteilung
erfolgen, können die Täter*innen immer noch
nach Art III Abs 1 Z 4 EGVG bestraft werden.

7
Anti-muslimische Beschmierungen
terreichischen Theaters. Er wendet sich an ZARA
und bittet um Dokumentation des Vorfalls. Dazu
übersendet er auch ein Foto der Beschmierung.
die Menschlichkeit leugnet, gröblich verharm-
lost, gutheißt oder zu rechtfertigen sucht.
Für die Verbreitung nationalsozialistischen
Gedankenguts im Sinne des Verbotsgesetzes
ist eine Verwaltungsstrafe bis zu 2.180 Euro
S. entdeckt bei einem Spaziergang durch Wien die ZARA meldet die Beschmierung an das Theater, Das Anbringen von Hakenkreuzen, SS-Runen, vorgesehen.
Worte „Moslems raus“, die auf eine Hausmauer ge- wo man sich umgehend um die Entfernung des nationalsozialistischen Parolen oder Ähnli- § 125 Strafgesetzbuch (StGB) regelt das
schmiert wurden. Sie wendet sich an ZARA und be- Plakates kümmert. chem kann unter diese Strafbestimmung fal- Delikt der Sachbeschädigung. Demnach macht
richtet von dem Vorfall. ZARA ist diese Beschmie- len, sollten die Beschmierer*innen auch den sich strafbar, wer eine fremde Sache zerstört,
rung bereits bekannt: Bereits im Jahr 2017 wurde
eine Beschmierung mit diesem Wortlaut gemeldet
(siehe RR2017). Im Jahr 2018 wurde insgesamt über
9 NS-Beschmierung in
Jugendherberge
Vorsatz haben, sich damit im nationalsozialis-
tischen Sinne zu betätigen oder etwa NS-Ver-
brechen gutzuheißen.
beschädigt, verunstaltet oder unbrauchbar
macht. Bei Beschmierungen wird es sich meist
um eine Verunstaltung, d.h. eine nicht un-
30 Mal eine derartige Beschmierung gemeldet. Alle H. übernachtet in einer Jugendherberge in Ober- Weiters hat der Oberste Gerichtshof erhebliche Veränderung im äußeren Erschei-
Fälle beinhalteten dieselben Worte und ähnelten österreich und entdeckt auf einer Mauer mehrere (OGH) mehrmals entschieden, dass Ausrufe nungsbild einer Sache handeln. Diese muss so
sich in Farbe und Schriftform. ZARA leitet die Be- nationalsozialistische Beschmierungen. Neben Ha- wie „Heil Hitler“ oder „Sieg Heil“ sowie das Zei- intensiv sein, dass sie nur mit einem gewissen
schmierungen an das Stadtservice Wien (→ Glossar, kenkreuzen ist etwa auch „Sieg Heil“ zu lesen. H. chen für den so genannten Hitlergruß charak- Aufwand entfernt werden kann. Wenn diese
S. 69) weiter und erfährt im Großteil der Fälle hat in der Jugendherberge keine Möglichkeit, die teristische Symbole des Nationalsozialismus „Geringfügigkeitsgrenze“ nicht überschritten
kurze Zeit später, dass die Beschmierung entfernt Angelegenheit mit dem dortigen Personal zu be- sind. Somit kann der demonstrative Gebrauch wird, wie z.B. bei kleinflächigem Bemalen ei-
wurde. sprechen, möchte nun aber einen Brief an die Be- dieser Parolen und Gesten in der Öffentlich- ner Glaswand mit einem wasserlöslichen Stift,
treiber *innen der Herberge schreiben. Er wendet keit, mit dem Vorsatz auf nationalsozialistische liegt keine Sachbeschädigung vor.

8
Beschmierung auf Plakat
sich an ZARA und bittet um rechtliche Informa-
tionen. Ein ZARA-Mitarbeiter klärt ausführlich
über rechtliche Bestimmungen auf. Bei Redakti-
Betätigung verbunden, unter das Verbotsgesetz
fallen und strafbar sein (siehe u.a. die Entschei-
dungen vom 13.09.2000 des OGH mit den Ge-
Bei einfacher Sachbeschädigung liegt
der Strafrahmen bei einer Freiheitsstrafe bis
zu sechs Monaten bzw. einer Geldstrafe von
R. entdeckt die Beschmierung „Österreich, Mör- onsschluss ist nicht bekannt, ob H. die die Betrei- schäftszahlen 13 OS 45/00 oder 13 OS 47/00). bis zu 360 Tagessätzen. Wenn der Schaden
der, Zigeuner, Romänte“ auf einem Plakat eines ös- ber *innen der Herberge bereits kontaktiert hat.

40 41
Rassistische Vorfälle
den Betrag von 5.000 Euro überschreitet oder Beschmierungen im öffentlichen Raum auf

Internet
durch die Beschmierung z.B. eine Kirche, ein jeden Fall entfernen, bei Beschmierungen auf
Grab oder ein denkmalgeschütztes Objekt Privateigentum werden die Eigentümer *innen
verunstaltet wird, beträgt der Strafrahmen kontaktiert und um Entfernung ersucht. Das
der Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahre. Eine Stadtservice Wien ist mittels eines Kontakt-
Geldstrafe von bis zu 360 Tagessätzen kann formulars auf der Webseite www.wien.gv.at/
alternativ verhängt werden. Übersteigt der kontakte/stadtservice/kontakt gut erreichbar.
Schaden 300.000 Euro, droht eine Freiheits- Personen, die rassistische Beschmierungen be- 60,6 %
strafe von 6 Monaten bis zu 5 Jahren. merken, können sich natürlich auch selbst di-
rekt an die jeweiligen Einrichtungen wenden.
Was kann man gegen rassistische ZARA ersucht in diesem Fall trotzdem um
Beschmierungen unternehmen? Meldung der Beschmierung an unsere Bera-
tungsstelle, da Beschmierungen, so wie andere
Bei Beschmierungen handelt es sich rassistische Vorfälle auch, zur Dokumentation
als Sachbeschädigungen um Offizialdelikte gesammelt werden. Erfolgt die Rückmeldung,
(→ Glossar, S. 69), d.h. Polizist *innen müs- dass die Beschmierung entfernt wurde, wird
sen sie, wenn sie diese selbst wahrnehmen, dies ebenfalls dokumentiert.
zur Anzeige bringen. Da dies selten geschieht, Möchte jemand eigenmächtig eine Be-
kann man Beschmierungen bei der Polizei schmierung entfernen bzw. verdecken, so ist
selbst anzeigen oder auch mittels Sachver- Vorsicht geboten. Unbedenklich ist das Über-
haltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft malen eines diskriminierenden Schriftzuges Dieses Kapitel umfasst eine Auswahl aus den 1.164 an ZARA gemeldeten Fällen im Lebensbereich – Internet.
übermitteln. Selbst wenn die Täter *innen oft- bzw. derartiger Symbole mit etwas leicht Ent- Internet listet alle Fälle auf, die im Internet stattgefunden haben. Es schließt Online-Medien, Webseiten, On-
mals unbekannt sind und meist nicht abseh- fernbarem, wie etwa mit Kreide, oder auch das line-Foren, Social Media und Video Plattformen sowie Blogs mit ein.
bar ist, ob oder wann sie ausgeforscht werden, Überkleben mit einem gut ablösbaren Sticker.
dient eine solche Anzeige zumindest zur sta- Wenn aber eine bestehende Beschmie-
tistischen Erfassung.
S., H. und R. können rassistische Be-
schmierungen bei ZARA melden. Sie soll-
rung übermalt wird und dadurch ein zusätz-
licher Schaden entsteht, weil z.B. die Entfern-
barkeit der ursprünglichen Beschmierung
10 Hasspostings zu Wiener
Neujahrsbaby 11 Rassistischer Kommentar
zu Werbeplakat

ten Inhalt und Ort möglichst genau angeben aus Kreide durch nicht wasserlöslichen Lack Zu Beginn des Jahres sorgt eine Welle von Hass ge- G. wird gemeinsam mit seinem Schwarzen Lebens-
(Adresse des Gebäudes, Wagennummer des erschwert wird, begeht auch „der*die Über- gen das erste im Jahr 2018 in Wien geborene Baby gefährten O. und einem Baby auf einem Plakat der
öffentlichen Verkehrsmittels und Linie, etc.) maler *in“ eine Sachbeschädigung. Bei der für Aufregung. Die Eltern des Wiener Neujahrs- ÖBB abgebildet. Ein Posting eines FPÖ-Politikers
und wenn möglich ein Foto der Beschmierung Übermalung z.B. einer den Tatbestand der babys sind türkischer Herkunft, die Mutter trägt sorgt daraufhin für Aufsehen. Auf Facebook kom-
mitschicken. ZARA bemüht sich, die Ent- Verhetzung erfüllenden Beschmierung könnte Kopftuch. Medienberichte über das Neujahrsbaby mentiert er das Plakat folgendermaßen: „Meine
fernung der Beschmierung zu erwirken. Auf zwar argumentiert werden, dass der rechtmä- ziehen zahlreiche herabwürdigende Beiträge und ÖBB Vorteilscard werde ich nun definitiv nicht
jeden Fall werden Inhalt, Ort und Art der Be- ßige Zustand durch die Unkenntlichmachung Kommentare nach sich. Allein bei ZARA werden verlängern statt dessen mit der Westbahn fah-
schmierung dokumentiert. Je nachdem, wo die der verbotenen Parole/des verbotenen Zei- mehr als 60 solcher Hassbeiträge gemeldet. Eini- ren. Das ist doch nicht normal! 2 vermeintliche
Beschmierungen angebracht wurden, treten chens wiederhergestellt wurde und in diesem ge dieser herabwürdigenden Beiträge lauten etwa: Schwuchteln m Baby und davon noch ein N****.
Mitarbeiter*innen von ZARA in Kontakt mit Fall ein Rechtfertigungsgrund vorliegt. Ob „Nächster Terrorist ist geboren“, „Das sowas sich Mir grausts …“ In den Kommentaren wird auch
öffentlichen Einrichtungen oder privaten, zu- sich das Gericht dieser Ansicht anschließen überhaupt noch vermehren darf… bin für Zwangs- der genaue dienstliche Einsatzort von G. genannt.
ständigen Ansprechstellen (z.B. mit dem Stadt- würde, ist jedoch sehr fraglich. Eigentümer*in- abtreibung von solchen minderwertigen Kreatu- G. und O. beschließen, den Vorfall an ZARA zu
service Wien (→ Glossar, S. 69), den Wiener nen von Objekten können aber in die Über- ren“, „Das sind die potentiellen Mörder unserer melden. ZARA unterstützt dabei, den Vorfall bei
Linien, den Hausverwaltungen) und ersuchen malung einer rassistischen Parole einwilligen. Enkel…“, „Dreckiges pack“ oder „Die Teufel ver- der Staatsanwaltschaft zur Anzeige zu bringen. Im
um Entfernung. Die meisten kontaktierten Jede Person kann die Beschädigung einer in mehren sich und breiten sich aus wie die Pest“. November erfährt ZARA aus den Medien, dass der
Einrichtungen leiten das Ersuchen, falls sie ihrem Eigentum befindlichen Sache durch an- ZARA überprüft die Beiträge auf ihre strafrecht- FPÖ-Politiker vor Gericht eingewilligt hat, an dem
nicht zuständig sein sollten, an die zuständige dere von vornherein gestatten, sofern der In- liche Relevanz. Strafrechtswidrige Postings meldet Projekt „Dialog statt Hass“ des Vereins Neustart (→
Stelle weiter und informieren ZARA darüber. halt der Bemalung nicht (z.B. als Verhetzung) ZARA an die NS-Meldestelle (→ Glossar, S. 69). Glossar, S. 69) teilzunehmen. Außerdem bringt
So lässt beispielsweise das Stadtservice Wien strafbar ist. Außerdem beantragt ZARA die Löschung der Bei- ZARA im Auftrag von G. und O. wegen einer Be-
träge auf Facebook. Im September 2018 berichten lästigung im Sinne des Gleichbehandlungsgesetzes
mehrere Medien, dass eine Frau wegen Verhetzung (→ Glossar, S. 69) einen Antrag an die Gleichbe-
(→ Glossar, S. 69) verurteilt worden war, nach- handlungskommission ein.
dem sie in diesem Zusammenhang Beiträge wie
etwa „Menschlicher Müll, wertlose Minusmen-
schen" gepostet hatte.

42 43
12 Hetze und Verstöße gegen
Verbotsgesetz in geschlossener
Facebook-Gruppe
Schild bewaffnet dargestellt. B. ist von dieser Dar-
stellungsweise entsetzt und wendet sich an ZARA.
Diese Darstellung wurde ZARA bereits zuvor von
Gemäß § 283 StGB ist wegen
Verhetzung strafbar:
(4) Wer, wenn er nicht als an einer Handlung
nach den Abs. 1 bis 3 Beteiligter (§ 12) mit stren-
gerer Strafe bedroht ist, schriftliches Material,
einer anderen Melderin gemeldet. Bei der ersten § 283. (1) Wer öffentlich auf eine Weise, dass es Bilder oder andere Darstellungen von Ideen
In einer geschlossenen Facebook-Gruppe wird Meldung konnte keine Entfernung der Darstel- vielen Menschen zugänglich wird, oder Theorien, die Hass oder Gewalt gegen eine
eine große Anzahl an herabwürdigenden Beiträ- lung erreicht werden. Aufgrund der neuerlichen in Abs. 1 Z 1 bezeichnete Gruppe oder gegen ein
gen gepostet. Unter anderem werden Hakenkreuze Meldung versucht eine ZARA-Mitarbeiterin, eine 1. zu Gewalt gegen eine Kirche oder Religionsge- Mitglied einer solchen Gruppe wegen dessen
und andere gegen das Verbotsgesetz (→ Glossar, S. Entfernung zu erreichen. Sie schreibt daher ein sellschaft oder eine andere nach den vorhandenen Zugehörigkeit zu dieser Gruppe befürworten,
69) verstoßende Beiträge gepostet. Beispielhaft Interventionsschreiben an das Unternehmen. Ob- oder fehlenden Kriterien der Rasse, der Hautfar- fördern oder dazu aufstacheln, in einem Druck-
werden etwa auch diese Beiträge gepostet: „Fin- wohl ZARA keine Antwort auf dieses Schreiben be, der Sprache, der Religion oder Weltanschau- werk, im Rundfunk oder sonst auf eine Weise,
de den Schwarzen im Bild – Du siehst ihn nicht? erhält, wird die Figur kurze Zeit später von der ung, der Staatsangehörigkeit, der Abstammung wodurch diese einer breiten Öffentlichkeit zu-
Ist auch klar, er ist genau so ein Mensch wie du Website entfernt. oder nationalen oder ethnischen Herkunft, des gänglich werden, in gutheißender oder rechtfer-
und ich. War nur Spaß, er ist natürlich im Knast.“ Geschlechts, einer körperlichen oder geistigen Be- tigender Weise verbreitet oder anderweitig öf-
oder „Islam die gefährlichste Seuche die es gibt“.
Y. ist Mitglied in dieser Gruppe, um die Aktivi-
täten der Gruppe zu beobachten und meldet mehr
14
Verhetzender Beitrag
hinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrich-
tung definierte Gruppe von Personen oder gegen
ein Mitglied einer solchen Gruppe ausdrücklich
fentlich verfügbar macht, ist mit Freiheitsstrafe
bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720
Tagessätzen zu bestrafen.
als 50 solcher herabwürdigenden Beiträge, die in Zu einem Video über flüchtende Menschen schreibt wegen der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe auf- Der geschützte Personenkreis umfasst
dieser Gruppe gepostet wurden, an ZARA. Die ein User: „Ihr ratten geht nachhause und lässt unsere fordert, oder zu Hass gegen sie aufstachelt, oder Gruppen und in Abs 1 Z 1 auch einzelne Mit-
ZARA Berater *innen dokumentieren diese Pos- Frauen in Ruhe ihr Affen". W., der den Kommentar glieder solcher Gruppen, die nach bestimmten
tings und prüfen deren strafrechtliche Relevanz. zufällig liest, meldet ihn an ZARA. Eine ZARA-Be- 2. in der Absicht, die Menschenwürde anderer vorhandenen oder fehlenden Kriterien defi-
Strafrechtswidrige Beiträge bringt ZARA bei der raterin prüft die strafrechtliche Relevanz des Bei- zu verletzen, eine der in Z 1 bezeichneten Grup- niert werden. Bezogen auf rassistische Vorfälle
Staatsanwaltschaft zur Anzeige und beantragt die trages und zeigt ihn schließlich wegen Verdachts pen in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, kommen dabei Gruppen in Betracht, die nach
Entfernung der Postings auf Facebook. auf Verhetzung bei der NS-Meldestelle an. Zusätz- diese Gruppe in der öffentlichen Meinung ver- (vorhandener oder fehlender) „Rasse“, Haut-
lich beantragt ZARA eine Löschung auf Facebook. ächtlich zu machen oder herabzusetzen, oder farbe, Sprache, Religion, Staatsangehörigkeit,

13 Rassistische Darstellung
auf Website
Kurz darauf erhält ZARA die Nachricht von Face-
book, dass der Beitrag nicht gelöscht wird. Darauf-
hin beschließt ZARA, den Trusted-Flagger-Status
3. Verbrechen im Sinne der §§ 321 bis 321f, die
von einem inländischen oder einem internatio-
Abstammung und nationaler oder ethnischer
Herkunft definiert werden. Durch die Neu-
formulierung wird klargestellt, dass auch Het-
Anfang des Jahres entdeckt B. eine rassistische (→ Glossar, S. 69) zu nutzen, um eine Entfernung nalen Gericht rechtskräftig festgestellt wurden, ze gegen „Ausländer *innen“, „Migrant*innen“,
Darstellung auf der Website eines IT-Unterneh- des Beitrages zu erwirken. Als Trusted-Flagger bei billigt, leugnet, gröblich verharmlost oder recht- „Flüchtlinge“ und „Asylwerber *innen“ vom
mens. Auf der Startseite ist eine gezeichnete Fi- Facebook werden Meldungen von ZARA als beson- fertigt, wobei die Handlung gegen eine der in Z Anwendungsbereich erfasst ist.
gur mit schwarzer Hautfarbe zu sehen, die in ders vertrauenswürdig eingestuft. Dadurch werden 1 bezeichneten Gruppen oder gegen ein Mitglied Gemäß Abs 1 ist es verboten, gegen
keinem erkennbaren Zusammenhang mit den auf illegale Hasspostings, welche von ZARA gemeldet einer solchen Gruppe ausdrücklich wegen der eine solche Gruppe oder ein Gruppenmitglied
der Website angebotenen Dienstleistungen steht. werden, intensiver geprüft und gegebenenfalls ent- Zugehörigkeit zu dieser Gruppe gerichtet ist zu Gewalt aufzufordern oder zu Hass aufzu-
Die Person hat sehr dicke Lippen, ist nur spärlich fernt. Nach der Trusted-Flagger-Meldung wird der und in einer Weise begangen wird, die geeignet stacheln; gemäß Abs 2 macht sich strafbar, wer
mit einem Bastrock bekleidet und mit Speer und Beitrag von Facebook gelöscht. ist, zu Gewalt oder Hass gegen solch eine Grup- in der Absicht, die Menschenwürde anderer zu
pe oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe verletzen, eine dieser Gruppen in einer Weise
aufzustacheln, beschimpft, die geeignet ist, diese Gruppe in
DIE EIGENEN RECHTE KENNEN der öffentlichen Meinung verächtlich zu ma-
ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu chen oder herabzusetzen.
Grundsätzlich ist österreichisches Meinungsfreiheit ausnahmslos erlaubt sind, bestrafen. Solche Handlungen sind dann straf-
Strafrecht anzuwenden, wenn der*die Täter*in irrt. Das österreichische Recht sieht – in Über- bar, wenn sie „öffentlich auf eine Weise, dass
im Inland handelt, der Erfolg (also das Ergebnis einstimmung mit diversen internationalen (2) Wer die Tat nach Abs. 1 in einem Druckwerk, es vielen Menschen zugänglich wird“ began-
der Tat) im Inland eintritt oder der Erfolg im rechtlichen Regelungen zum Schutz der Men- im Rundfunk oder sonst auf eine Weise begeht, gen werden. Nach Rechtsprechung und Lehre
Inland hätte eintreten sollen (laut §§ 62 iVm 67 schenrechte – Ausnahmen vom Grundsatz der wodurch die in Abs. 1 bezeichneten Handlungen ist „Öffentlichkeit“ ab ca. zehn Personen, „viele
StGB). Dies gilt grundsätzlich auch für im In- Meinungsfreiheit vor, und zwar dort, wo es einer breiten Öffentlichkeit zugänglich wer- Menschen“ ab ca. 30 Personen gegeben.
ternet begangene Straftaten. Befinden sich der nicht mehr um „Meinung“, sondern um Verhet- den, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu Abs 1 Z 3 setzt internationale Vor-
Server der betreffenden Webseite oder der*die zung (§ 283 des Strafgesetzbuches – StGB) (→ bestrafen. gaben zur strafrechtlichen Bekämpfung be-
Täter *in im Ausland, verkompliziert dies aller- Glossar, S. 69) oder um Verstöße gegen das stimmter Formen und Ausdrucksweisen von
dings die Situation und kann die Strafverfol- Verbotsgesetz geht. (3) Wer durch eine Tat nach Abs. 1 oder 2 be- Rassismus und Fremdenfeindlichkeit um.
gung erschweren. Gemäß der bisherigen Rechtsprechung wirkt, dass andere Personen gegen eine in Abs. 1 Die höhere Strafandrohung in Abs 2
Die Äußerungen des Users im oben zum Delikt der Verhetzung wird „Hetze“ als Z 1 bezeichnete Gruppe oder gegen ein Mitglied kommt dann zur Anwendung, wenn die ver-
angeführten Fall verstoßen gegen österrei- „eine in einem Appell an Gefühle und Leiden- einer solchen Gruppe wegen dessen Zugehörig- hetzenden Aussagen einer „breiten Öffent-
chisches Strafrecht. Wer annimmt, dass ver- schaften bestehende tendenziöse Aufreizung keit zu dieser Gruppe Gewalt ausüben, ist mit lichkeit“ zugänglich werden. Das ist bei einem
hetzende und die Menschenwürde anderer zum Hass und zur Verachtung“ definiert (vgl. Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Personenkreis ab ca. 150 Personen gegeben und
verletzende Kommentare als Ausübung der OGH 28.01.1998, 15 Os 203/98). Jahren zu bestrafen. betrifft damit unter anderem Hasspropaganda

44 45
Rassistische Vorfälle
und Hetze im Internet, in Zeitschriften oder nationalsozialistische Taten unter Strafe stellt,

Politik und
auch im Rahmen gut besuchter öffentlicher und ist diesem gegenüber subsidiär, das heißt
Veranstaltungen. nachrangig, anwendbar. Zum Verbotsgesetz
Bewirkt eine solche verhetzende siehe ausführlicher im Abschnitt „Die eigenen
Handlung die Gewaltausübung gegen eine Rechte kennen“ im Kapitel „Beschmierungen“

Medien
Gruppe oder ein Mitglied einer solchen Grup- (→ Rassistische Beschmierungen, S. 40).
pe, ist dies nach Abs 3 strafbar. Abs 4 schließ-
lich verbietet die Verbreitung von Hass- und Was können Personen, die verhetzende
Hetzpropaganda „in gutheißender oder recht- Inhalte im Internet finden, tun?

(offline)
fertigender Weise“, sofern diese dadurch einer
breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht Wenn sie sich mit einem solchen Vor-
wird. Damit wird klar geregelt, dass nicht nur fall an ZARA wenden, kann ZARA für sie – wie
das selbständige Verfassen, sondern auch das oben geschildert – die Meldung an die Polizei
Weiterverbreiten von verhetzenden Inhalten übernehmen. Um die Entfernung verhetzender
z.B. im Internet verboten ist. Reine Bericht- Kommentare im Internet herbeizuführen, kon-
erstattung mit kritischer Intention ist von der taktiert ZARA üblicherweise auch die Betrei- 4,6 %
Regelung nicht erfasst. ber *innen der betreffenden Seiten und weist
Problematisch ist die verkürzte Ver- auf die gegebenenfalls bestehenden und der-
jährungsfrist, die im Mediengesetz festgelegt artige Inhalte ausschließenden AGBs (→ Glos-
ist. Diese gilt, wenn Delikte über ein Medium sar, S. 69) und/ oder auf die strafrechtliche
begangen werden. Ein Medium ist nach § 1 Relevanz der Einträge hin. Die Betreiber *innen
Abs 1 Z 1 Mediengesetz „jedes Mittel zur Ver- sind nach Hinweis auf einen gegen Strafrecht
breitung von Mitteilungen oder Darbietungen verstoßenden Forumsbeitrag zu dessen Lö- Dieses Kapitel umfasst eine Auswahl aus den 89 an ZARA gemeldeten Fällen im Lebensbereich – Politik und
mit gedanklichem Inhalt in Wort, Schrift, Ton schung verpflichtet. Bleiben die verhetzenden Medien. Politik und Medien schließt alle an ZARA gemeldeten rassistischen Vorfälle ein, die entweder von
oder Bild an einen größeren Personenkreis im oder den Tatbestand der Wiederbetätigung er- Politiker*innen selbst oder von Parteien und ihren Organen oder von klassischen Medien (Print, Radio und
Wege der Massenherstellung oder der Mas- füllenden Texte wissentlich weiterhin abruf- Fernsehen) offline generiert wurden.
senverbreitung“. Das umfasst etwa Zeitungen, bar, können auch die Betreiber *innen der Seite
Fernsehsendungen oder – wie im obigen Fall strafrechtlich belangt werden.
– auch Beiträge in sozialen Medien. Nach § Wer verhetzende Inhalte wahrnimmt,
32 Mediengesetz beginnt die Verjährung für
Medieninhaltsdelikte (darunter fallen etwa
verhetzende Beiträge in sozialen Medien) (→
kann sich auch an die NS-Meldestelle (→ Glos-
sar, S. 69) wenden und diese dort anzeigen.
Diese ist beim Bundesamt für Verfassungs-
15 Aussendung gegen Muslim*innen
in Gemeindebau
stellt ihr einige Fragen, etwa wie es ihr in der Schu-
le gefalle. Dabei wird sie gefilmt und fotografiert.
L. wird nicht um Einverständnis gefragt und auch
Glossar, S. 69)zu dem Zeitpunkt, zu dem schutz und Terrorismusbekämpfung (→ Glos- Im November 2018 sorgt eine Aussendung der nicht über das Interview informiert. Später erzählt
mit der Verbreitung im Inland begonnen sar, S. 69) angesiedelt und nimmt unter der FPÖ Döbling für mediale Aufregung. In der Aus- die Tochter L. davon, woraufhin diese den entspre-
wird. Ab diesem Zeitpunkt beträgt die Ver- Mailadresse ns-meldestelle@bvt.gv.at Meldun- sendung fordert die FPÖ Döbling: „Keine weiteren chenden Artikel im Internet entdeckt. Ihre Tochter
jährungsfrist ein Jahr. Konkret bedeutet das, gen über Webseiten und Beiträge mit neona- muslimischen Migranten in Döblings Gemeinde- ist in dem Artikel groß abgebildet. Der Text ver-
dass verhetzende Beiträge, etwa auf Facebook zistischen, rassistischen und antisemitischen bauten“. Eine der explizit genannten Gemeinde- mittelt, dass Kinder von Migrant*innen leistungs-
oder anderen sozialen Medien, bereits ein Jahr Inhalten entgegen. bauten ist der Karl-Marx-Hof. In dessen Innenhof schwach und unmotiviert wären. In den Kom-
nachdem sie erstmals gepostet wurden, nicht Hilfreich ist es, dabei einen Screenshot hängt eine Gedenktafel, die an die 1938/39 erfolgte mentaren finden sich viele Hasspostings gegen die
mehr strafrechtlich verfolgt werden können. bzw. einen Link zu dem entsprechenden Bei- Vertreibung von Juden und Jüdinnen aus ebendie- Tochter, die auch auf ihre Hautfarbe Bezug nehmen.
Verhetzungen, die keine Medieninhaltsdelik- trag zu übermitteln. Ebenso von Bedeutung ist sem Gemeindebau erinnert. Der Verein SOS-Mit- Zusätzlich zum Artikel wird auch ein Video des
te darstellen, also nicht durch den Inhalt eines eine genaue Angabe von Datum und Uhrzeit, mensch übermittelt eine Sachverhaltsdarstellung Interviews veröffentlicht. L. ist entsetzt, dass ihre
Mediums begangen wurden, verjähren hin- zu der der Beitrag gepostet wurde. Auch bei an die Staatsanwaltschaft wegen Verdachts auf Ver- Tochter ohne ihr Einverständnis interviewt wurde
gegen erst nach 5 Jahren. einer Meldung an ZARA freuen wir uns über hetzung (→ Glossar, S. 69). ZARA dokumentiert und der Beitrag in weiterer Folge ohne ihre Kennt-
Die Verhetzung steht in Konkurrenz Bekanntgabe dieser Informationen. den Vorfall anhand der Medienberichterstattung. nis veröffentlicht wird. Vor allem verärgert sie die
zum Verbotsgesetz (→ Glossar, S. 69), das Darstellung ihrer Tochter als „leistungsschwach“

16
Herabwertender Videobeitrag
sowie die rassistischen Kommentare. ZARA wen-
det sich mit einem Interventionsschreiben an die
Tageszeitung und fordert zur Entfernung des Bei-
L. kommt aus der Slowakei, ihr Mann aus Nige- trages auf, was auch umgehend passiert. L. freut
ria. Ihre 11-jährige Tochter geht nach der Schule sich über die schnelle Reaktion und bedankt sich
einkaufen und wird von einer Journalistin einer bei ZARA für die Unterstützung.
österreichischen Tageszeitung angesprochen. Sie

46 47
17 Rassistische Aussage eines
Gemeinderatsmitglieds 19 Antisemitisches Liederheft
einer Burschenschaft
DIE EIGENEN RECHTE KENNEN

Einseitige, rassistische Berichterstattung in Schutz vor Pauschalverunglimpfungen und


D. ist in seiner Heimatgemeinde im Gemeinderat Zu Beginn des Jahres sorgt ein Liederheft der Bur- Medien ist rechtlich kaum greifbar. Zeitungen Diskriminierung
vertreten. Bei einer Gemeinderatsversammlung, in schenschaft Germania für Aufregung. Es enthält dürfen selbst entscheiden, welche Meldungen
der unter anderem die Vergabe von Wohnungen be- NS-verherrlichende und antisemitische Textstel- und (erlaubten) Meinungen sie publizieren. So- 7.1. Pauschalverdächtigungen und Pauschalver-
sprochen wird, äußert sich ein anderes Gemeinde- len, so findet sich darin beispielhaft folgende Stro- lange durch diese Berichterstattung nicht in unglimpfungen von Personen und Personengrup-
ratsmitglied abwertend gegenüber Einwohner *in- phe: „Da trat in ihre Mitte der Jude Ben Gurion: die Rechte von Einzelpersonen eingegriffen pen sind unter allen Umständen zu vermeiden.
nen türkischer Herkunft. Da das Gebäude ohnehin „Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die wird, etwa durch üble Nachrede (→ Glossar,
nur von „de Tirka“ bewohnt sei, befürwortet er die siebte Million“. Der FPÖ-Spitzenkandidat in Nie- S. 69) oder die Verletzung der Unschulds- 7.2. Jede Diskriminierung wegen des Alters,
Vergabe der Wohnungen an einen „Einheimischen“. derösterreich, Udo Landbauer, ist stellvertretender vermutung, oder nicht gegen das Verbotsge- einer Behinderung, des Geschlechts sowie aus
D. ist über diese Aussage sehr empört. Nachdem Vorsitzender dieser Burschenschaft. Er verneint, setz (→ Rassistische Beschmierungen, S. 40), ethnischen, nationalen, religiösen, sexuellen,
eine Woche nach dieser Äußerung noch keine Ent- von den Textstellen gewusst zu haben, tritt aber (→ Glossar, S. 69) oder anderweitig gegen weltanschaulichen oder sonstigen Gründen ist
schuldigung erfolgt, wendet er sich an ZARA. Er dennoch vorerst von allen Ämtern zurück und Strafrecht (z.B. Verhetzung (→ Internet, S. unzulässig.
möchte wissen, wie er im Gemeinderat mit dieser stellt seine Mitgliedschaft bei der FPÖ ruhend. Die 43)) verstoßen wird, sind rechtliche Schritte
Situation umgehen soll, und entschließt sich, den Staatsanwaltschaft leitet Ermittlungen nach dem nicht möglich. (…)
Vorfall nochmal anzusprechen. Außerdem ist es D. Verbotsgesetz (→ Glossar, S. 69) ein, diese wer- Seit der Neugründung des Österreichi-
wichtig, den Vorfall dokumentiert zu wissen. den im August allerdings eingestellt. Kurz darauf schen Presserats (→ Glossar, S. 69) im Jahr Alle Entscheidungen des Presserates sind auf
kehrt Landbauer als Klubobmann der FPÖ Nieder- 2009 besteht allerdings wieder die Möglichkeit, seiner Webseite (www.presserat.at) einsehbar.

18 Rassistisches FPÖ-Video
zu E-Card mit Foto
österreich in die Politik zurück. Aufgrund der Mel-
dung einer Zeugin dokumentiert ZARA den Vor-
fall anhand der Medienberichterstattung.
dort ein Verfahren wegen eines möglichen Ver-
stoßes gegen die medienethischen Grundsätze
des Ehrenkodex für die österreichische Presse
Einige davon werden auch über eigene Presse-
aussendungen der Öffentlichkeit zur Kenntnis
gebracht.
Im November 2018 wird ZARA von unterschied- anzuregen. Der Presserat entscheidet über Be- Alle Privatpersonen haben immer die
lichen Personen ein Video gemeldet, das von der
FPÖ auf dem YouTube-Channel „FPÖ-TV“ sowie
auf Facebook veröffentlicht wurde. Im Video wird
20 Fehlerhafte Darstellung
in Tageszeitung
richte in Printmedien und auf Webseiten, die
diesen Medien zuzurechnen sind. Der Ehren-
kodex beinhaltet (laut Eigendefinition) Regeln
Möglichkeit, selbst bei dem*der Medieninhaber*in
gegen rassistische Berichterstattung zu protestie-
ren und klar darauf hinzuweisen, dass solche Tex-
die neue E-Card mit Foto beworben, die Sozial- In einer österreichischen Tageszeitung erscheint für die tägliche Arbeit von Journalist*innen, te von der Leser*innenschaft abgelehnt werden.
missbrauch vorbeugen soll. Konkret kommen im ein Bericht, demzufolge zwei Asylwerber einen welche die Wahrung der journalistischen Be- Erfolgt eine Meldung bei ZARA, können die Be-
Video die Zeichentrickfiguren Ali und Mustafa Flüchtlingsbetreuer verprügelt hätten und dieser rufsethik sicherstellen sollen. Zum Schutz vor rater*innen diesen Schritt für die meldenden Per-
vor, wobei Ali die E-Card von Mustafa benutzt, um sogar ins Krankenhaus musste. Kurze Zeit später diskriminierender und rassistischer Bericht- sonen übernehmen oder dabei unterstützen.
zum Zahnarzt zu gehen. Beide werden im Video wird der Vorfall in einer Presseaussendung der erstattung führt der Kodex unter Punkt 7 an:
stereotypisch dargestellt: Sie tragen einen langen Polizei gänzlich anders dargestellt. Es sei zu einer
Bart und einen roten Fez. Die Ordinationsassisten- Prügelei zwischen zwei Linzern gekommen. Einer
tin hingegen ist ganz anders dargestellt. FPÖ-Ge- der beiden war zwar mit zwei Asylwerbern unter-
neralsekretär Christian Hafenecker distanziert wegs, diese hatten sich aus der Prügelei allerdings
sich zwar später von dem Video, meint jedoch, es herausgehalten. Der Artikel der Tageszeitung wird
sei „Fakt“, dass primär „Zuwanderer und Ausländer daraufhin gelöscht. ZARA dokumentiert den Vor-
unser Sozialsystem missbrauchen“. Diese Aussage fall anhand der Medienberichterstattung und mel-
verdeutlicht, dass die Figuren im Video stellver- det den Bericht an den Presserat (→ Glossar, S.
tretend für die genannten Gruppen stehen sollen. 69), um einen Verstoß gegen den Ehrenkodex
ZARA meldet das Video daher wegen Verdachts auf für die österreichische Presse überprüfen zu lassen.
Verhetzung (→ Glossar, S. 69) an die NS-Melde- Dieser entscheidet, kein Verfahren einzuleiten. Es
stelle (→ Glossar, S. 69). Bereits einen Tag nach sei nicht sicher, welche Information zum Zeitpunkt
dem Online-Stellen des Videos verschwindet das des Erscheinens des Artikels in der Tageszeitung
Video aus den sozialen Medien. von der Polizei nach außen kommuniziert wurde.
Außerdem sei der Artikel ohnehin gelöscht worden.

48 49
Rassistische Vorfälle
von O. fragt nach, ob sie angehört werden kann. Ihr schäfte gehen könnte, wenn ein Weißer mit einem

Polizei
Arm wurde verletzt, sie bittet darum, ein Foto von Dunkelhäutigen in Wien zusammen unterwegs
der Verletzung zu machen. Das wird mit der Aussa- ist.“ P. ist empört, eine derartige Aussage von einem
ge: „Ist euch in Tschetschenien nie sowas passiert?“ Polizisten während einer Verhandlung zu hören.
abgetan. In weiterer Folge erhält O. eine Anzeige Er meldet den Vorfall an ZARA und bittet um Do-
wegen Körperverletzung. Sein Onkel wendet sich kumentation. Außerdem erstattet er eine Diszipli-
daraufhin an ZARA. Eine ZARA-Beraterin unter- naranzeige gegen den Polizisten beim BMI. ZARA
4,3 % stützt beim Verfassen einer Richtlinienbeschwer- versucht mehrmals, Auskunft über den weiteren
de (→ Glossar, S. 69). Zusätzlich entscheiden O. Verlauf der Disziplinarbeschwerde zu erhalten. Zu
und sein Onkel, sich anwaltliche Unterstützung zu Redaktionsschluss sind diese Bemühungen noch
holen. Mitte Dezember kommt es als Folge der Be- ohne Erfolg.
schwerde zu einem Klaglosstellungsgespräch (→
Glossar, S. 69), bei dem der Vorfall und die Be-
schwerde gemeinsam mit den amtshandelnden Po-
lizisten und dem Betroffenen besprochen wird. O.
25 Unbegründete
Personenkontrolle im Park

empfindet zwar das Gespräch positiv, in dem auch An einem Sommertag beschließen F. und M. eine
einiges geklärt werden kann und sich die Polizisten geschäftliche Besprechung mit vier weiteren Be-
für den Vorfall entschuldigen. Trotzdem bleibt O. kannten aufgrund des schönen Wetters vom Büro
das herabwürdigende Verhalten des Polizisten bei in den Park zu verlegen. Sie nutzen dafür die Sitz-
dem Vorfall unangenehm in Erinnerung. Ob O. möglichkeiten, die im Park zur Verfügung stehen.
Dieses Kapitel umfasst eine Auswahl aus den 82 an ZARA gemeldeten Fällen im Bereich – Polizei. Polizei um- mithilfe seines Rechtsanwaltes weitere rechtliche Sowohl F. als auch M. haben schwarze Hautfarbe.
fasst alle Meldungen, die in irgendeiner Form mit der Sicherheitsverwaltung und den Organen der öffentlichen Schritte eingeleitet hat, ist ZARA nicht bekannt. Während der Besprechung kommen zwei Poli-
Sicherheit in Verbindung stehen. zist*innen auf die Gruppe zu und fragen nach den

23 Warnung vor Bettlerinnen, die


„osteuropäisch aussehen“
Ausweisen. Die meisten aus der Gruppe zeigen ih-
ren Ausweis her, F. und M. haben keinen dabei. Sie

21 Rassistische Beleidigung
durch einen Polizisten
Kurz vor der Haustür wird er plötzlich von einem
Unbekannten attackiert. Der Unbekannte versucht,
ihn von hinten zu erwürgen. Seine Geschwister
A. stößt im Internet auf einen Artikel, in dem be-
richtet wird, dass die Landespolizeidirektion
sind sofort bereit, ihre Daten mündlich bekannt zu
geben und fragen auch nach, warum sie sich aus-
weisen müssen. Ihnen wird daraufhin gesagt, sie
G. ist minderjährig und afghanischer Herkunft. laufen ins Wohnhaus und holen ihre Tante. Diese Vorarlberg in einer Presseaussendung vor „ost- sähen verdächtig aus, da sie diese Sitzmöglichkei-
Im Sommer besucht G. das Wiener Donauinsel- versucht, den Unbekannten von O. wegzuzerren. europäisch aussehenden“ Frauen warnt, die sich ten im Park nutzen. Ein beteiligter Beamter meint,
fest. Plötzlich wird er grundlos von der Polizei Auch der Onkel der Geschwister, der ebenfalls als Bettlerinnen ausgeben würden, um dann Wert- sie säßen in diesem Pavillon, der blickdicht sei
kontrolliert. Er wird an den Händen gepackt und hinzukommt, versucht, den Unbekannten wegzu- sachen zu stehlen. A. empfindet diese Formulie- und dies sei an sich schon verdächtig. Tatsächlich
einige Meter weitergezerrt. Dabei wird auch sei- zerren. Zwei Frauen, die zufällig vorbeigehen, ver- rung als rassistisch. Aus diesem Grund wendet er ist der Pavillon aber seitlich vollkommen geöffnet
ne Jacke beschädigt. Ein Polizist filmt alles mit. G. suchen daraufhin, den Onkel von dem Unbekann- sich an ZARA. Ein ZARA-Mitarbeiter schickt ein und nur aus bestimmten Blickwinkeln nicht ein-
möchte seinen Ausweis herzeigen, worauf ein Poli- ten wegzuzerren. Kurz darauf kommt die Polizei. Schreiben an die LPD Vorarlberg als auch an das sehbar. Die Polizist*innen bleiben nach Aufnahme
zist meint, das mache er schon selbst. Ein Polizist Die erste Frage, die von einem Polizeibeamten ge- Online-Magazin, in dem der Artikel erschienen der Daten weiterhin neben der Gruppe stehen. Auf
sagt: „Du gschissener Afghane hast hier nichts zu stellt wird, ist, woher O. und sein Onkel kommen. ist. Er macht auf die Gefahr solcher Formulie- Nachfrage erklären sie, die Amtshandlung sei be-
suchen! Pack deine Sachen und geh heim. Die Do- Darauf antwortet O., dass sie aus Tschetschenien rungen aufmerksam, dass dadurch bei Menschen endet. Trotzdem gehen die Beamt*innen nicht weg.
nauinsel ist für dich verboten.“ G. meint daraufhin, kommen. Ein Polizeibeamter antwortet darauf mit der Eindruck entstehe, „Osteuropäer *innen“ seien Ein Polizist stellt sich direkt hinter die Gruppe
dass er hierbleiben würde. Daraufhin sagt der Poli- den Worten: „Alle Tschetschenen sind deppert. Ihr kriminell. Das Magazin antwortet nicht auf das und liest mit, was sie auf dem Laptop eintippen.
zist: „Schleich dich gschissener Afghane, wir wollen seid jetzt ruhig und die anderen erzählen, was pas- Schreiben. Die LPD Vorarlberg informiert, dass Schließlich entscheidet die Gruppe, den Park zu
dich nicht hier“. Er erzählt seiner Mutter von dem siert ist.“ Anwesend sind ungefähr 9 Polizist*innen. derartige Formulierungen normalerweise nicht in verlassen. Die Beamt*innen gehen ihnen dabei hin-
Vorfall, die sich an ZARA wendet. ZARA bietet ein Diese nehmen nur die Aussagen der anderen An- Presseaussendungen enthalten sind und intern auf terher. Da dieses Verhalten für die Gruppe nicht
persönliches Beratungsgespräch an. Bevor dieses wesenden auf und weder O. noch andere Familien- eine sensible Wortwahl bei Pressesendungen ge- verständlich ist, beschließen sie, sich das nicht ge-
zustande kommt, entscheiden G. und seine Mutter mitglieder werden angehört. O. meint daraufhin, achtet werde. In diesem Fall sei die Formulierung fallen zu lassen. Aus diesem Grund gehen sie zu-
jedoch, sich von einem Rechtsanwalt unterstützen er würde auch gerne erzählen, wie aus seiner Sicht aber trotzdem hineingerutscht. ZARA informiert rück in den Park, wohin ihnen die Beamt*innen
zu lassen. Über den weiteren Verlauf des Falles ist alles abgelaufen ist, da er derjenige ist, der den ers- A. über diesen Ausgang, der damit zufrieden ist. wieder folgen. Sie beschließen, die Beamt*innen
ZARA nichts bekannt. ten Angriff erlitten hat und Verletzungen davonge- einfach zu ignorieren. Einige Minuten später ent-

22 Herabwürdigender Umgang wegen


tschetschenischer Herkunft
tragen hat. Daraufhin stupst ein Polizist O. so stark
mit dem Finger, dass O. nach hinten rutscht. Sei-
tens der Polizei fallen Aussagen wie „Du bist ruhig“,
24 Rassistische Aussage eines
Polizisten während Verhandlung
fernen sich die Beamt*innen tatsächlich. Zu diesem
Zeitpunkt waren bereits 50 Minuten seit dem erst-
maligen Eintreffen der Beamt*innen vergangen.
„Ich würde mich freuen, wenn ihr im Flugzeug sitzt P. ist Rechtsanwalt in Wien. Während einer Straf- F. ist über diesen langen Zeitraum empört. Aus
O. ist 14 Jahre alt und Schüler. Gemeinsam mit und ich euch wegwinke“, „Das sind Tschetschenen, verhandlung hört er im Rahmen einer Zeugenein- diesem Grund ruft er: „Schämt euch“. Kurze Zeit
seinen Geschwistern, die 12 und 7 Jahre alt sind, die erzählen nur Lügen“. O. darf schließlich nicht vernahme eine Aussage eines Polizisten, wonach später treffen mehrere Einsatzfahrzeuge ein. Die
macht er sich Ende September auf den Heimweg. erzählen, was sich zugetragen hat. Auch die Tante „der Verdacht naheliegt, dass es hier um Drogenge- beiden Beamten sowie eine Verstärkung von etwa

50 51
10 Polizist*innen gehen auf die Gruppe zu. Alle lässt er ihn schließlich los. Sowohl M. als auch F. Z 6: wenn nach den Umständen anzunehmen Was können M. und F. tun?
Anwesenden sind sehr schockiert, dass eine derart bitten die Polizeibeamt*innen mehrmals darum, ist, der Betroffene habe im Zuge einer noch an-
große Anzahl an Polizist*innen auf sie zukommt. sie normal zu behandeln. Sie würden ja versuchen, dauernden Reisebewegung die Binnengrenze Maßnahmenbeschwerde (→ Glossar, S. 69):
Trotzdem bemühen sie sich, ruhig zu bleiben. Ein sich auszuweisen. F. versucht auch, seine Mutter zu überschritten oder werde sie überschreiten;
Polizeibeamter sagt zu ihnen, dass sie die Anlage erreichen, damit sie ihm seinen Ausweis vorbei- Wenn die kontrollierte Person nach dem Grund
stören würden. Die Gruppe wird aufgefordert, den bringt. Schlussendlich dürfen alle Beteiligten ge- Z 7: wenn der Betroffene entlang eines vom für die Identitätsfeststellung fragt, ist ihr dieser
Park zu verlassen. F. meint, das können sie gerne hen, erhalten aber eine Parksperre von zwölf Stun- internationalen Durchzugsverkehr benützten zu nennen. Ohne rechtlich zulässige Grundlage
machen und fragt nach, warum sie dies tun müssen. den. Trotz mehrmaliger Nachfrage werden ihnen Verkehrsweges unter Umständen angetroffen für eine Personenkontrolle und wenn diese nur
Der Polizist antwortet, F. wisse nicht, wie er sich die Dienstnummern der Beamt*innen nicht mit- wird, die für grenzüberschreitend begangene ge- aufgrund von ethnic/racist profiling (→ Glos-
verhalten solle. Als F. nachfragt, wie das gemeint geteilt. M. und F. filmen immer wieder kurze Aus- richtlich strafbare Handlungen typisch sind; sar, S. 69) erfolgte, können Betroffene eine
ist, bewegt sich der Polizist auf ihn zu und packt schnitte der Amtshandlung. Sie posten diese auch sogenannte Maßnahmenbeschwerde einbrin-
ihn am Nacken. F. fragt, wieso er ihn anfasse und in den sozialen Medien, was zu einer großen me- Auf Grundlage dieser Bestimmungen werden gen und dabei von ZARA unterstützt werden.
sagt, dass er ihn bitte nicht angreifen solle. Er er- dialen Aufmerksamkeit für den Fall führt. Kurze z.B. in Zügen regelmäßig sowohl verdachts- Hier ist eine Frist von sechs Wochen zum Ein-
klärt sich mehrmals bereit, den Park zu verlassen Zeit später erhält F. eine Strafverfügung. Ihm wird bezogen als auch stichprobenartig Personen- bringen der Beschwerde einzuhalten, zustän-
und versteht nicht, wozu es dazu Handgreiflich- vorgeworfen, sich der Wegweisung durch aggressi- kontrollen durchgeführt. Allein aufgrund der dig ist das jeweilige Landesverwaltungsgericht
keiten bzw. Anwendung von Körperkraft brauche. ves Entgegenstemmen mit dem gesamten Körper- Hautfarbe bzw. der ethnischen Zugehörigkeit (→ Glossar, S. 69).
Er bittet nochmals, nicht angegriffen zu werden, da gewicht widersetzt zu haben. ZARA unterstützt die als zu kontrollierende Person „ausgewählt“ zu Mit einer Maßnahmenbeschwerde kann
er ja sowieso hinausgehen würde. Der Polizist lässt Betroffenen beim Einbringen einer Richtlinienbe- werden, ist jedoch auch durch diese Regelungen nicht nur Beschwerde wegen eines Verstoßes
ihn aber nicht los und begleitet ihn zum Ausgangs- schwerde (→ Glossar, S. 69) und einer Maßnah- eindeutig nicht gedeckt und stellt unzulässiges gegen die Vorschriften des Sicherheitspolizei-
tor des Parks hinaus. Dabei hält er F. die ganze Zeit menbeschwerde (→ Glossar, S. 69). Zusätzlich ethnic profiling (→ Glossar, S. 69) dar. gesetzes, sondern auch gegen eine Verletzung
am Nacken. Er flüstert ihm dabei „Halt die Goschn, übermittelt ZARA eine Beschwerde an das Büro Schließlich ist eine Identitätsfeststel- verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte
halt die Goschn“ zu. Der Polizist sagt außerdem zu für Bürgerinformationen (→ Glossar, S. 69), wel- lung in gewissen Fällen auch nach dem Frem- (z.B. Verbot der Folter und der unmenschlichen
ihm „Du steigst ins Auto“. che eine interne Überprüfung des Vorfalls zum Ziel denpolizeigesetz (FPG) zulässig: Nicht-öster- oder erniedrigenden Behandlung gemäß Art 3
Auch M. wird aus dem Park begleitet, dabei hat. Außerdem wird ein Einspruch gegen die Straf- reichische Staatsbürger *innen (das Gesetz der Europäischen Menschenrechtskonvention
hält ein Polizeibeamter ihn an der Jacke fest. Erst verfügung eingebracht. Zu Redaktionsschluss ist nennt sie „Fremde“) müssen in Österreich (EMRK, (→ Glossar, S. 69)), Recht auf Ach-
nach mehrmaliger Bitte, ihn nicht festzuhalten, über den Ausgang des Verfahrens nichts bekannt. grundsätzlich ein Reisedokument zum Nach- tung des Privat- und Familienlebens gemäß
weis ihres rechtmäßigen Aufenthaltes bei sich Art 8 EMRK, Bundesverfassungsgesetz über
führen oder an einem Ort verwahren, von den Schutz der persönlichen Freiheit) oder
dem sie es ohne unverhältnismäßige Verzö- anderer einfachgesetzlicher Rechte, die Poli-
DIE EIGENEN RECHTE KENNEN gerung (innerhalb einer Stunde) holen kön- zeibeamt*innen bei Amtshandlungen wahren
nen. Eine Identitätsfeststellung von „fremden“ müssen, eingebracht werden.
Zur allgemeinen Zulässigkeit von Außerdem ist geregelt (gemäß § 35 Personen ist zulässig, wenn etwa der Verdacht In Verfahren wegen Maßnahmenbe-
Identitätsfeststellungen SPG in Abs 1 Z 2 lit a), dass „die Organe des öf- besteht, dass sie sich rechtswidrig im Bundes- schwerden (→ Glossar, S. 69) entscheiden
fentlichen Sicherheitsdienstes zur Feststellung der gebiet aufhalten. unabhängige Richter *innen, ob das Einschrei-
In Österreich gibt es keine allgemeine „Aus- Identität eines Menschen ermächtigt sind, wenn ten der Polizist*innen rechtswidrig war. Die
weispflicht“. Polizeiliche Identitätsfeststel- der dringende Verdacht besteht, dass sich an seinem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Sicherheits- Beschwerde richtet sich gegen die jeweilige
lungen benötigen immer eine konkrete recht- Aufenthaltsort mit beträchtlicher Strafe bedrohte polizeigesetz) Dienstaufsichtsstelle, die einzelnen Beamt*in-
liche Grundlage. § 35 Sicherheitspolizeigesetz Handlungen ereignen.“ Diese Bestimmung wird nen sind bloß Auskunftspersonen, die von der
(SPG) und § 118 Strafprozessordnung (StPO) seitens der Exekutive immer wieder herange- § 29 SPG normiert den so genannten Ver- Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts
regeln verschiedenste Fälle, in denen Organe zogen, um an diversen, oft stark frequentierten hältnismäßigkeitsgrundsatz. Demnach sind nicht unmittelbar betroffen sind. Im Anschluß
der Sicherheitsbehörden zur Feststellung der Orten – z.B. Haltestellen, öffentlichen Plätzen, unter anderem von mehreren zielführenden an ein Verfahren vor dem Landesverwaltungs-
Identität einer Person ermächtigt sind und Fußgängerzonen – auch verdachtsunabhän- Befugnissen jene anzuwenden, die voraus- gericht sind dienstrechtliche Konsequenzen
setzen die Grenzen für die Zulässigkeit dieser gig Ausweiskontrollen durchzuführen. Diese sichtlich den*die Betroffene*n am wenigsten für die Beamt*innen möglich. Betroffene ha-
Identitätsfeststellungen: sehr weit gefasste Auslegung, mit der die Zu- beeinträchtigen, und es ist auf die Schonung ben auf ein solches polizeiinternes Disziplinar-
Wenn beispielsweise aufgrund be- lässigkeit von Identitätsfeststellungen von der Rechte und schutzwürdigen Interessen verfahren jedoch keinen Einfluss und erfahren
stimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass eine Personen oft ohne das Vorliegen eines konkre- des*der Betroffenen Bedacht zu nehmen. Der nicht von solchen Schritten. Ein Zuspruch von
Person im Zusammenhang mit einer Straftat ten Verdachts argumentiert wird, ist als äu- angestrebte Erfolg muss in einem vertretbaren Schadenersatz für den*die Beschwerdefüh-
steht oder über eine solche Auskunft ertei- ßerst problematisch anzusehen und rechtlich Verhältnis zu den zu erwartenden Schäden und rer *in oder andere Entschädigungen sind in
len kann, ist sie verpflichtet, an einer Identi- durchaus umstritten. Gefährdungen stehen. diesem Verfahren ebenfalls nicht vorgesehen.
tätsfeststellung mitzuwirken. Somit können Weitere rechtliche Grundlagen für Gibt das Gericht den Beschwerdefüh-
sowohl mutmaßliche Täter *innen als auch Identitätskontrollen für den Bereich des Reise- renden Recht und stellt die Rechtswidrigkeit
Zeug*innen einer strafbaren Handlung zur verkehrs (Bahnhöfe, Züge, Autobahn, Flugha- der Amtshandlung fest, haben diese bloß An-
Mitwirkung an der Feststellung ihrer Identität fen, etc.) sind § 35 Abs 1 Z 6 und Z 7 SPG: spruch auf einen Pauschalkostenersatz für die
gezwungen werden. Verfahrenskosten. Wird die Beschwerde als

52 53
Rassistische Vorfälle
unbegründet abgewiesen, kann die belangte langen ihre Dienstnummer bekannt zu geben.

Sonstige
Behörde ebenfalls einen Pauschalbetrag für Diese sollte, wenn möglich, auf einer Karte
ihren Verfahrensaufwand zugesprochen be- übergeben werden.
kommen. Dieser muss dann vom*von der Be- Verhalten sich Beamt*innen während
schwerdeführer *in bezahlt werden. einer Amtshandlung nicht diesen Vorgaben ent-

Behörden
Durch diese Kostenregelung besteht sprechend, haben Betroffene die Möglichkeit,
für Beschwerdeführer *innen daher ein nicht aufgrund dieser Verstöße eine Beschwerde ge-
unerhebliches Kostenrisiko für den Fall, dass mäß § 89 SPG einzubringen („Richtlinien-Be-
im Verfahren kein rechtswidriges Vorgehen schwerde“). ZARA kann dabei unterstützen
der Beamt*innen festgestellt wird. Auch we- und im Verfahren begleiten. Die Frist für das
gen dieser finanziellen Hürde wird in vielen Einbringen dieser „Richtlinienbeschwerde“ be-
an sich begründeten Beschwerdefällen von den trägt sechs Wochen. Sie kann entweder bei der 3,6 %
Betroffenen kein Verfahren vor den Landes- zuständigen Dienstaufsichtsbehörde oder beim
verwaltungsgerichten beantragt. In manchen Landesverwaltungsgericht (→ Glossar, S. 69)
dieser Fälle kann ZARA das Kostenrisiko für eingebracht werden.
die Maßnahmenbeschwerde übernehmen. Die zuständige Dienstaufsichtsbehörde
hat die Vorwürfe zu prüfen (u.a. durch Akten-
Richtlinien-Beschwerde (→ Glossar, S. 69): einsicht, Befragungen der Beamt*innen). Dann
hat sie dem*der Beschwerdeführer *in schrift-
Die sogenannte Richtlinienverordnung für das lich mitzuteilen, ob eine Verletzung der RLV
Einschreiten (RLV) (→ Glossar, S. 69) be- vorliegt. Die LPD hat aber auch die Möglich- Dieses Kapitel umfasst eine Auswahl aus den 70 an ZARA gemeldeten Fällen im Lebensbereich – Sonstige Be-
inhaltet eine Art „Verhaltenskodex“ für Exe- keit, eine Aussprache zwischen Vertreter*in- hörden. Unter Sonstige Behörden sind alle Vorfälle gesammelt, die sich in Ämtern, Schulen und anderen kom-
kutivorgane, mit dem gewisse Berufspflichten nen der Dienststelle und/oder den betroffenen munalen Einrichtungen (ausgenommen Polizei) zugetragen haben.
festgelegt werden: Beamt*innen und dem*der Beschwerdefüh-
Unter anderem besagt § 5 RLV („Ach- rer *in zu ermöglichen. Ist die betroffene Per-
tung der Menschenwürde“), dass Polizeibe- son mit dem Verlauf und dem Ergebnis dieses
amt*innen alles zu unterlassen haben, das geeig-
net ist, den Eindruck von Voreingenommenheit
zu erwecken oder als Diskriminierung auf-
sogenannten „Klaglosstellungsgespräches“ (→
Glossar, S. 69) zufrieden, dann ist das Richt-
linienbeschwerdeverfahren beendet. Ist die
26 Pauschalisierende und
herabwürdigende Aussagen
in Deutschkurs
Eltern von dieser Nachricht. G. macht die Klassen-
lehrerin darauf aufmerksam und meint, dass das
vielleicht ein konkretes Beispiel wäre, da in der
grund des Geschlechts, der „Rasse“ oder Haut- betroffene Person mit dem Gesprächsausgang Klasse gerade „Hass im Netz“ thematisiert wird. Die
farbe, der nationalen oder ethnischen Herkunft, nicht zufrieden, muss die Dienstaufsichtsbe- C. besucht einen Deutschkurs des AMS. Dabei Lehrerin antwortet daraufhin: „Wir reden ja über
des religiösen Bekenntnisses, der politischen hörde ihr die oben beschriebene schriftliche muss sie sich einige herabwürdigende Aussagen der alles, sogar über Conchita Wurst, in dem Fall muss
Auffassung oder der sexuellen Orientierung Erklärung zustellen. Kursleiterin anhören. So sagt diese etwa, dass Frau- sich Ihr Sohn eine harte Haut wachsen lassen, aber
empfunden werden kann. Beamt*innen haben Wenn in dieser Mitteilung das Vorlie- en, die Polygamie zulassen, Huren wären. Männer, so dunkel ist er ja eh nicht.“ G. ist über diese Ant-
alle Personen, bei denen dies den gesellschaft- gen einer Richtlinienverletzung verneint wird die in Polygamie leben, bezeichnet sie als Hunde. wort sehr entsetzt. Sie informiert die Direktorin der
lichen Konventionen entspricht, oder, die dies oder diese Mitteilung binnen drei Monaten Außerdem sagt sie: „Österreichische Männer ge- Schule über den Vorfall, die den Fall intern bespricht
verlangen, mit „Sie“ anzusprechen. nach Einbringung der Beschwerde bei der Po- hen nie fremd, muslimische schon“. C. ist entsetzt, und G. darüber informiert, bereits Konsequenzen
Gemäß § 6 der RLV sind den von der lizei nicht gemacht wird, können Beschwerde- derartige Äußerungen in einem Deutschkurs zu gesetzt zu haben. Welche Konsequenzen gemeint
Amtshandlung Betroffenen auf Nachfrage ihre führende eine Prüfung der Beschwerde durch hören. Sie erzählt ihrem Freund N. davon, der sich sind, ist nicht bekannt. G. informiert auch den Lan-
Rechte mitzuteilen und der Zweck des Ein- das zuständige Landesverwaltungsgericht an ZARA wendet. Eine ZARA-Beraterin bespricht desschulrat über den Vorfall. Zusätzlich wendet sie
schreitens bekannt zu geben; es sei denn, dieser verlangen. Das Landesverwaltungsgericht hat Handlungsmöglichkeiten und schlägt vor, die sich an ZARA und bittet um Dokumentation. Sie
wäre offensichtlich oder dies würde die Auf- dann in einem eigenen Verfahren festzustellen, Kursleiterin oder direkt das AMS zu kontaktieren. möchte derzeit keine weiteren Schritte setzen, da
gabenerfüllung gefährden. Opfer von Strafta- ob Richtlinien verletzt wurden. Da C. negative Konsequenzen fürchtet, sollte sie sie mit diesem Ereignis abschließen möchte.
ten sowie Menschen, die aus physischen oder Das Verfahren bei Gericht läuft ähn- Schritte gegen die Kursleiterin einleiten, beschließt
psychischen Gründen nicht in der Lage sind,
die Umstände der Amtshandlung zu erkennen
lich ab wie bei einer Maßnahmenbeschwer-
de. Hinsichtlich der Konsequenzen für die
sie, die Sache ruhen zu lassen.
28
Herabwürdigung in Schulstunde
oder sich diesen entsprechend zu verhalten,
sind mit besonderer Rücksicht zu behandeln.
§ 8 der RLV sieht vor, dass Personen,
Beamt*innen gelten die obigen Ausführungen
zur Maßnahmenbeschwerde. Auch der Ersatz
der Verfahrenskosten ist demensprechend ge-
27 Volksschüler soll sich „harte
Haut wachsen lassen“ M. ist Betreuerin in einer Einrichtung für unbe-
gleitete minderjährige Flüchtlinge und junge ge-
die das Recht auf Information oder Beiziehung regelt. Genauso wie bei der Maßnahmenbe- Der Sohn von G. geht in die 4. Klasse Volksschule. flüchtete Erwachsene und wendet sich an ZARA,
einer Vertrauensperson oder eines Rechts- schwerde besteht bei solchen Verfahren daher G.s Vater ist in Nepal geboren, G. selbst ist in Öster- nachdem S., die in dieser Einrichtung lebt, ihr von
beistandes haben, über ihre diesbezüglichen ein nicht unerhebliches Kostenrisiko, das Be- reich geboren. In der Whats-App-Gruppe der Klas- folgendem Vorfall berichtet: S. besucht eine NMS,
Rechte informiert werden müssen. Nach § 9 troffene oftmals davon abhält, eine gerichtliche se taucht die Nachricht: „Dummes Hindi-Weib. Geh um dort den Hauptschulabschluss nachzuholen. Zu
der RLV haben Beamt*innen von einer Amts- Prüfung ihres Vorbringens zu beantragen. aus der Gruppe“ auf. Mit der Beschimpfung war Beginn des Jahres kommt es in einer Geschichte-
handlung betroffenen Personen auf deren Ver- vermutlich G. gemeint. Der Schüler erzählt seinen stunde zu einer Auseinandersetzung zwischen S.

54 55
und ihrem Lehrer. Dieser fordert S. auf, sich nach ser NMS fortsetzen. Ihre Betreuerin M. versucht, handelnden Person zu beschweren und das Ge- Vor- und Nachteile (Kostenrisiko, Verbindlich-
vorne zu setzen, was sie allerdings nicht möchte. mit der Schule in Kontakt zu treten. Sie telefoniert spräch zu suchen. Bei derartigen Gesprächen keit,…). So besteht etwa bei einem GBK-Verfah-
Daraufhin sagt der Lehrer: „Das ist mein Land, mit dem Lehrer und auch mit dem stellvertreten- kann ZARA unterstützend wirken, indem Be- ren kein Kostenrisiko, dafür sind die Entschei-
hier ist nicht Somalia, geh in dein Land zurück!“, den Direktor. Sie wird daraufhin zu einem klären- gleitungen angeboten werden. dungen auch nicht zwangsweise durchsetzbar.
und wirft den Tisch von S. um. Er sagt, sie solle den Gespräch eingeladen, an dem auch S. teilneh- Daneben kann auch rechtlich vorge- Bei einem Verfahren vor der GBK kann ZARA
das Klassenzimmer verlassen. S. bleibt dennoch im men möchte. M. ist wichtig, den Vorfall zu klären, gangen werden. Es gibt im Pflichtschulbereich die Vertretung übernehmen und bei der For-
Raum, woraufhin der Lehrer immer wieder sagt, er weil er für S. sehr belastend ist. Gleichzeitig be- keine veröffentlichten Gerichtsentscheidun- mulierung der Schriftsätze unterstützen. Über
würde sie und ihre Sachen aus dem Fenster schmei- fürchtet sie aber, dass der Schulabschluss von S. er- gen, ob Diskriminierungen von Schüler *innen sämtliche relevante Aspekte klärt ZARA in Be-
ßen. Später sagt er zu einer anderen Schülerin, schwert werden könnte, was sie keinesfalls möchte. durch Lehrer *innen nach dem GlBG oder den ratungen im Detail auf, damit die Betroffenen
dass sie die Sachen von S. vor die Türe stellen soll, Sie wendet sich an ZARA und bittet um Unterstüt- Anti-Diskriminierungsrechten der Länder entscheiden können, ob und falls ja, welchen
was diese auch macht. Dann legt er ihren Test auf zung. ZARA berät in Hinblick auf das bevorste- zu überprüfen sind. Nach Ansicht von ZARA Weg sie gehen möchten.
einen anderen Tisch und sagt, sie solle ihn machen. hende Gespräch und erklärt auch die Möglichkeit, sprechen die überwiegenden Gründe für die Nach einem GBK-Verfahren (und auch
S. ist sehr empört über das Verhalten des Lehrers an den Stadtschulrat heranzutreten. Das Gespräch Anwendbarkeit des GlBG, sodass danach zu schon währenddessen) besteht die Möglichkeit,
und absolviert den Test nicht. Der Lehrer sagt sehr verläuft nicht zufriedenstellend. Eine halbe Stunde entscheiden ist. Im konkreten Fall ist von einer auch noch eine Entscheidung vor Gericht her-
laut: „Du musst sprechen lernen, du kannst nicht vor dem vereinbarten Termin erhält M. einen An- Belästigung (§ 35 GlBG, (→ Glossar, S. 69)) beizuführen. Für ein Urteil muss man innerhalb
Deutsch“. Er sagt allen anderen Schüler *innen, dass ruf von der Schule, dass der Lehrer Unterricht hat auszugehen. Bei einer Verletzung des Belästi- von drei Jahren nachdem die Handlung gesetzt
sie ihren Test erst bekommen, wenn S. den Raum und M. früher kommen solle, da andernfalls kein gungsverbotes ist ein Schadenersatz von min- wurde, die Klage bei Gericht eingebracht haben.
verlässt, sie möchte aber nicht gehen. Die anderen Gespräch stattfinden kann. M. ist es allerdings so destens € 1.000 gesetzlich vorgesehen. Eine gerichtliche Klärung, welches
Schüler *innen fordern S. daraufhin auf zu gehen. kurzfristig nicht möglich, früher zu kommen. In Zur Überprüfung des Verhaltens auf Gesetz den Diskriminierungsschutz zwischen
Der Lehrer behauptet auch, S. wäre eine dumme der Schule behauptet der Geschichtslehrer dann, es einen Verstoß des GlBG kann entweder vor Schüler *innen und Lehrer *innen sicherstellt,
Schülerin und hätte alles zu tun, was er sagt, weil wäre nie ein Termin vereinbart gewesen. M. spricht ein Gericht und/oder zur Gleichbehandlungs- wäre für die Rechtssicherheit von großer
er der Lehrer sei. S. antwortet daraufhin, dass sie nur mit der Klassenvorständin. Diese ist zwar sehr kommission (→ Glossar, S. 69) gezogen wer- Bedeutung.
nicht hinausgehen würde, wenn ein Lehrer ohne um ein konstruktives Gespräch bemüht, ohne Be- den. Jedes Verfahren hat seine spezifischen
Respekt mit ihr rede. Der Lehrer droht abermals, reitschaft des Lehrers ist dieses allerdings nicht
dass er sie aus dem Fenster schmeißen würde. Dann möglich. M. beschließt, mit der Bezirksschulins-
schreibt er auf ihren Test ein „Nicht genügend“. S. pektorin in Kontakt zu treten. ZARA bietet Unter-
ist von dem Vorfall sehr mitgenommen. Unter kei- stützung an. In der Folge meldet sich M. allerdings
nen Umständen möchte sie den Schulbesuch in die- nicht mehr. WAS WURDE AUS…? FALL 42 AUS DEM Das Land Oberösterreich wird schließlich auf-
RASSIMUS REPORT 2017 grund der ungleichen Zugangsvoraussetzungen
zur Wohnbeihilfe für Drittstaatsangehörige dazu
DIE EIGENEN RECHTE KENNEN 2017 dokumentiert ZARA den folgenden Fall auf verurteilt, T. € 1.000 Schadenersatz und nachträg-
Grundlage einer Presseaussendung des Klagsver- lich € 1.500 Wohnbeihilfe zu zahlen. Die zuge-
Der Bildungsbereich stellt im Rahmen des Gleich- macht werden kann. Man muss in diesen Fällen bandes zur Durchsetzung der Rechte von Diskrimi- sprochenen Beträge werden innerhalb der rechtlich
behandlungsrechts einen juristisch und psycho- gegen den Bund vorgehen, weil das sogenannte nierungsopfern (→ Glossar, S. 69): dafür vorgesehen Fristen vom Land Oberösterreich
logisch besonders komplexen Lebensbereich dar. Amtshaftungsrecht (→ Glossar, S. 69) greift. nicht beglichen. Aus diesem Grund unterstützt der
Das liegt einerseits daran, dass er teilweise vom In Amtshaftungsfällen ist stets das jeweils zu- Der Klagsverband hat T., die türkische Staatsbürge- Klagsverband Frau T. in der Folge bei einem Exe-
Bund und teilweise von den Ländern gesetzlich ständige Landesgericht die erste Instanz. rin und Alleinerzieherin ist, bei einem Gerichtsver- kutionsverfahren (→ Glossar, S. 69). Auf diesem
geregelt wird. Andererseits ist gerade das Set- Bereits die Tatsache, dass nach den fahren auf Grundlage des oberösterreichischen An- Weg erhält T. die ihr zuerkannten Beträge.
ting im Schulbereich eines, das ein rechtliches Gleichbehandlungsgesetzen nur Schadenersatz tidiskriminierungsgesetzes unterstützt. Grundlage
Vorgehen gegen Lehrer*innen schwierig macht. verlangt werden kann, zeigt, dass über diesen dieses Verfahrens ist der Umstand, dass die Voraus- Was passiert 2018?
Unabhängig davon, welches Gesetz den Schutz Weg die oft gewünschte Verhaltensänderung setzungen für die Bewilligung von Wohnbeihilfe für
sicherstellt, gibt es auch im Bildungsbereich nur sehr indirekt herbeigeführt werden kann. Drittstaatsangehörige weitaus strenger sind als bei Trotz der Entscheidung wird T.s neuerlicher An-
Schutz vor rassistischer Diskriminierung und Neben den Gleichbehandlungsgesetzen österreichischen Staatsbürger*innen und EU- und trag auf Gewährung der Wohnbeihilfe abermals
Belästigung durch das pädagogische Personal. können auch andere Normen einschlägig sein. EWR-Bürger*innen. So wird als Zusatzvorausset- abgewiesen. Noch 2017 reicht sie mithilfe des
Kommt es zu einer rassistischen Dis- So kommen bei Fehlverhalten auch disziplinar- zung zur Erlangung der Wohnbeihilfe ausschließ- Klagsverbandes eine weitere Klage ein. Im De-
kriminierung durch eine*n Pädagogin*Päda- rechtliche Konsequenzen in Betracht, die von lich bei Drittstaatsangehörigen verlangt, 36 Monate zember 2018 gewinnt sie erneut in zweiter Instanz
gogen gegenüber einem*einer Schüler*in, stellt Verweisen über Geldstrafen bis zu Entlassungen Einkünfte in einem Zeitraum von fünf Jahren nach- gegen das Land Oberösterreich. Mit Anfang 2018
dies einen Verstoß gegen das GlBG (→ Glossar, reichen können. Im Extremfall kann auch gegen zuweisen. T. fühlte sich als türkische Staatsbürgerin wird das oberösterreichische Wohnbauförderungs-
S. 69)oder die entsprechenden Landesgesetze strafrechtliche Bestimmungen verstoßen wer- und Alleinerzieherin von dieser Regelung benachtei- gesetz (WFG) novelliert. Für Drittstaatsangehörige
(z.B. Wiener Antidiskriminierungsrecht) dar. den, zB bei Beleidigungen (→ Glossar, S. 69). ligt, da ihre Erwerbszeiten durch ihre Karenz unter- bringt die Novellierung weitere Erschwerungen
Wie in anderen Diskriminierungsfällen brochen waren und somit nicht anerkannt wurden. beim Zugang zur Wohnbeihilfe mit sich. So wer-
auch, führt eine Diskriminierung durch eine*n Was kann S. tun? Da das oberösterreichische Antidiskriminierungs- den nun etwa Deutschkenntnisse gefordert. Für das
Lehrer*in zu einem Schadenersatzanspruch. gesetz Diskriminierungen aufgrund der ethnischen Jahr 2018 beantragt T. ein weiteres Mal Wohnbei-
Wichtig ist, dass dieser Schadenersatzanspruch Zunächst besteht immer die Möglichkeit, sich Zugehörigkeit im Bereich „Soziales“ klar verbietet, hilfe und erhält eine weitere Absage.
nicht gegen den*die Lehrer*in selbst geltend ge- wahrheitsgemäß bei dem*der Vorgesetzen der war eine Klage auf dieser Grundlage möglich.

56 57
Rassistische Vorfälle

31 Bewerberin wegen Unternehmen zu verfassen, um eine Stellungnah-

Arbeitswelt
Kopftuch abgelehnt me und Entschuldigung zu erwirken. Auf dieses
Schreiben antwortet ein Rechtsanwalt, der vom
L. trägt aus religiösen Gründen Kopftuch. Anfang Unternehmen beauftragt wurde. Es wird jegliche
Jänner hat sie ein Bewerbungsgespräch als Human Verantwortung nach dem Gleichbehandlungs-
Resources Managerin mit S., dem Geschäftsführer gesetz negiert, eine Entschuldigung oder sonstige
des Unternehmens. Gleich zu Beginn des Gesprä- Stellungnahme zum Ablauf des Bewerbungsge-
1,7 % ches wird L. gefragt, wo sie geboren sei und ob sie spräches gibt es nicht. Daraufhin verfasst ZARA ein
die österreichische Staatsbürgerschaft besitze. Da- weiteres Schreiben mit einer ausführlichen rechtli-
nach fragt S., ob sie bereit wäre, ihr Kopftuch in chen Begründung. Als Reaktion wird die Einbrin-
der Arbeit abzulegen. L. verneint dies, weil es für gung einer Feststellungsklage (Feststellung, dass
sie aufgrund ihrer Religion nicht in Frage kommt. keine Diskriminierung vorgelegen sei) angekün-
Daraufhin wird das Gespräch beendet. L. ist scho- digt, sollte ein Antrag bei der Gleichbehandlungs-
ckiert über die schnelle Beendigung des Gesprächs. kommission (→ Glossar, S. 69) gestellt werden.
Als S. das bemerkt, erklärt er, dass es im Büro ei- L. entscheidet sich, mit Unterstützung von ZARA
nen Dresscode gäbe, dem das Kopftuch nicht ent- einen Antrag bei der Gleichbehandlungskommis-
sprechen würde. L. ist klar, dass die Absage nur an sion einzubringen. Gleichzeitig vermittelt ZARA
ihrem Kopftuch liegt, weil ihr keine inhaltlichen weiterhin zwischen L. und dem Unternehmen, um
Fragen gestellt wurden und das Gespräch sofort be- einen Vergleich zu erzielen. Schlussendlich stimmt
endet wurde. Deshalb wendet sich L. an ZARA und S. zu, eine Schadenersatzzahlung in Höhe von 500,-
Dieses Kapitel umfasst eine Auswahl aus den 33 an ZARA gemeldeten Fällen im Lebensbereich – Arbeitswelt. berichtet von dem Vorfall. Eine ZARA-Mitarbeite- zu leisten. Der Antrag bei der Gleichbehandlungs-
Arbeitswelt beinhaltet Vorkommnisse, die im weitesten Sinne mit Arbeit und Beschäftigungsverhältnissen zu rin klärt darüber auf, dass ein derartiges Verhalten kommission wird zurückgezogen. L. bedankt sich
tun haben, also Arbeitsmarkt, -suche, -bedingungen, -klima, Stellenausschreibungen usw. gegen das Gleichbehandlungsgesetz (→ Glossar, S. bei ZARA für die Unterstützung.
69) verstößt. Sie bietet an, ein Schreiben an das

29 Österreichische
Staatsbürgerschaft bei
Stellenausschreibung gefordert
30
„Keine Muslime erwünscht“
DIE EIGENEN RECHTE KENNEN
K. ist serbischer Herkunft und studiert in Wien
F. stößt im Internet auf eine Stellenausschreibung Bauingenieurwesen. Kurz vor seinem Studienab- Das Gleichbehandlungsgesetz (GlBG (→ Glos- So können etwa gewisse technisch notwen-
einer österreichischen Gemeinde. Gesucht wird schluss bewirbt er sich bei einem Bauunternehmer. sar, S. 69)) schützt Personen vor Diskrimi- dige Hygiene- oder Sicherheitsvorschriften
ein*e Jugendbetreuer *in. Dabei fällt F. auf, dass Beim Bewerbungsgespräch hat er ein gutes Ge- nierungen aufgrund der ethnischen Zugehö- in Einzelfällen rechtfertigen, dass ein Kopf-
„Österreichische Staatsbürgerschaft oder EU An- fühl, er kann alle Fragen gut beantworten. Es wird rigkeit, der Religion oder Weltanschauung, der tuch nicht getragen werden kann. Auch ein
gehörigkeit“ als Anforderung genannt wird. Da F. auch der Lohn besprochen und K. wird bereits auf- sexuellen Orientierung oder des Alters in der Dresscode in einem Unternehmen muss dem
nicht klar ist, warum diese Einschränkung erfolgt, gefordert, seine Bankdaten zu übermitteln. Am Arbeitswelt. Der Begriff „Arbeitswelt“ umfasst Kriterium einer „entscheidenden beruflichen
wendet sie sich an ZARA. ZARA informiert darü- Ende fragt der Bauunternehmer, welcher Religion unter anderem Bewerbungen, Beförderungen, Voraussetzung“ standhalten.
ber, dass eine derartige Stellenausschreibung gegen K. angehöre. Als K. sagt, er sei Muslim, meint der das Entgelt sowie die Beendigung von Arbeits-
das österreichische Antidiskriminierungsrecht Bauunternehmer: „Meine Kund*innen haben mir verhältnissen. All diese Bereiche sind daher Was kann L. tun?
verstößt und kontaktiert die Gemeinde. Diese re- verboten, Muslime zu nehmen, daher kann ich dich vom Diskriminierungsschutz erfasst.
agiert prompt, entschuldigt sich für den Fehler und nicht nehmen.“ K. ist über diese Absage entsetzt, Auch das Tragen religiöser Kleidungs- Nachdem L. offensichtlich aufgrund des Tra-
entfernt die Anforderung aus der Stellenausschrei- vor allem, weil das Gespräch bis zu diesem Zeit- stücke am Arbeitsplatz ist im Schutz des GlBG gens ihres Kopftuches vom weiteren Bewer-
bung. Eine ZARA-Beraterin bemerkt, dass diese punkt sehr gut läuft. Aus diesem Grund wendet er inkludiert. Eine Muslimin, die aufgrund ihrer bungsprozess ausgeschlossen wurde, kann sie
Anforderung auch bei anderen von der Gemeinde sich an ZARA. Ein ZARA-Mitarbeiter klärt darü- Religion Kopftuch trägt, darf daher weder im eine Verletzung des Gleichbehandlungsgeset-
ausgeschriebenen Stellen angegeben ist. Die Ge- ber auf, dass dieses Verhalten gegen das Gleichbe- Zuge des Bewerbungsprozesses vom Bewer- zes geltend machen. L. muss dafür die Diskri-
meinde ändert nach einer weiteren ZARA-Inter- handlungsgesetz (→ Glossar, S. 69) verstößt. Er bungsprozess ausgeschlossen werden noch auf minierung lediglich glaubhaft machen. Es ob-
vention auch diese Stellenausschreibungen sofort unterstützt K. beim Verfassen eines Interventions- sonstige Weise am Arbeitsplatz benachteiligt liegt in der Folge dem potentiellen Arbeitgeber
ab. Einige Wochen später sind auf der Website der schreibens an den Bauunternehmer. K. wünscht werden. Die häufig erwähnte Behauptung von S. zu beweisen, dass ein anderes Motiv für sein
Gemeinde nur noch diskriminierungsfreie Stellen- sich ein klärendes Gespräch mit dem Bauunterneh- Arbeitgeber *innen-Seite, dass Kund*innen kei- Vorgehen ausschlaggebend war.
ausschreibungen zu lesen. mer, da ihn die Diskriminierung verletzt hat. Dazu ne kopftuchtragende Mitarbeiterin wünschen L. kann sich an die Gleichbehand-
ist der Bauunternehmer allerdings nicht bereit. K. würden, kann diese Regelungen nicht aushe- lungskommission (GBK (→ Glossar, S. 69))
ist von dieser Absage sehr bestürzt. Er bedankt sich beln. Eine Ausnahme stellen lediglich solche wenden, um eine Feststellung der Diskrimi-
bei ZARA für die Unterstützung und beschließt, Tätigkeiten dar, bei denen das Tragen eines nierung bei der Begründung des Arbeitsver-
den Fall mit Hilfe eines Anwaltes vor Gericht zu Kopftuches während der Arbeitsausübung hältnisses zu beantragen. ZARA kann L. bei
bringen. Zu Redaktionsschluss ist über den weite- einer wesentlichen und entscheidenden beruf- diesem Verfahren unterstützen und sie vor der
ren Verlauf des Falles nichts bekannt. lichen Voraussetzung entgegenstehen würde. GBK vertreten. Das Verfahren ist kostenlos.

58 59
Rassistische Vorfälle
Die zweite Möglichkeit, die L. offen- In einzelnen Diskriminierungsfällen ist eine

Güter
steht, ist die Einbringung einer zivilrechtlichen Übernahme des Falles durch den Klagsverband
Klage bei Gericht. L. hat Anspruch auf Scha- (→ Glossar, S. 69) möglich. Dieser über-
denersatz durch ihren potentiellen Arbeitge- nimmt dann die Vertretung vor Gericht sowie
ber. Die Höhe des Schadenersatzes hängt davon das Kostenrisiko.

und Dienst-
ab, ob L. die Stelle bei diskriminierungsfreier Wenn L. dies wünscht, versucht ZARA
Auswahl bekommen hätte oder ob die Stelle als ersten Schritt, eine außergerichtliche Eini-
ohnehin ein*e andere*r, besser qualifizierte*r gung mit S. zu erzielen. Mit einem Interven-
Bewerber *in erhalten hätte. Im Gegensatz zur tionsschreiben macht ZARA den Unternehmer

leistungen
Entscheidung der Gleichbehandlungskommis- S. darauf aufmerksam, dass eine Verletzung
sion, die nur Empfehlungen aussprechen kann, des Gleichbehandlungsgesetzes vorliegt und
ist ein Gerichtsurteil rechtlich verbindlich – fordert diesen – je nach L.s Wunsch – zu einer
der zugesprochene Schadenersatz muss also Zahlung eines Schadenersatzes oder einer Ent-
gezahlt werden.. Wenn dies nicht geschieht, schuldigung auf. S. hat dann die Möglichkeit,
kann die Zahlung rechtlich erzwungen wer- ein aufwendiges Verfahren zu vermeiden, und
den. In diesem Verfahren trägt L. allerdings den Vorfall außergerichtlich zu lösen. 7,9 %
ein nicht unerhebliches Prozesskostenrisiko.

Dieses Kapitel umfasst eine Auswahl aus den 151 an ZARA gemeldeten Fällen im Lebensbereich – Güter und
WAS WURDE AUS…? FALL 48 AUS DEM ihr Schreiben geführt hat. Da das Gleichbehand- Dienstleistungen. Güter und Dienstleistungen (inklusive Wohnen) bezeichnet Vorfälle im Zusammenhang mit
RR 2017 lungsgesetz auch Belästigungen aufgrund der eth- dem Zugang zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, wie beispielsweise in Lokalen, Geschäf-
nischen Zugehörigkeit durch Dritte im Rahmen ten und bei anderen Dienstleistungsunternehmen.
C. besucht im Juni 2017 eine Bäckerei in Wien. eines Arbeitsverhältnisses verbietet, beschließt die
Dabei fällt ihr eine Stellenausschreibung auf, bei ZARA-Beraterin mit Unterstützung der Gleich-
der „akzentfreie deutsche Aussprache“ gefordert
wird. Sie meldet den Vorfall an ZARA. Eine ZA-
RA-Beraterin verfasst in der Folge eine Aufforde-
behandlungsanwaltschaft ein Gleichbehandlungs-
kommissionsverfahren einzuleiten. Wohnen und Nachbarschaft
rung zur Stellungnahme an die Bäckerei, in der sie Was passiert 2018?
über die geltende rechtliche Lage aufklärt und da-
rum ersucht, die Ausschreibung gesetzeskonform
und damit diskriminierungsfrei zu gestalten. Als
Im Jänner 2018 bejaht die Gleichbehandlungs-
kommission das Vorliegen einer Belästigung auf-
32 Einhaltung einer „mittel-
europäischen Grundordnung“
ge die Wohnung nur an Menschen vergeben wird,
die bereits viele Jahre in Österreich wohnen. ZARA
klärt Z. über das Gebot des diskriminierungsfrei-
Reaktion darauf erhält die ZARA-Beraterin eine grund der ethnischen Zugehörigkeit und schlägt H. bemerkt in ihrem Wohnhaus einen Aushang der en Inserierens von Wohnraum in § 36 GlBG auf
Antwort von Seiten des Prokuristen der Bäckerei, die Zahlung eines angemessenen Schadenersatzes Hausverwaltung. Darin wird auf Verunreinigun- und schlägt vor, das Immobilienunternehmen, auf
in der sowohl ihre Kompetenz, ihre Tätigkeit bei vor. Die ZARA-Beraterin fordert den Prokuristen gen im Haus hingewiesen und die „Einhaltung ei- dessen Website das Wohnungsinserat zu sehen ist,
ZARA auszuüben, als auch ihre Deutschkenntnis- des Unternehmens über die E-Mail-Adresse der ner mitteleuropäischen Grundordnung“ gefordert. zur Abänderung des Inserates aufzufordern. Z. hält
se auf herabwürdigende Weise kritisiert werden. Bäckerei auf, den Schadenersatz zu leisten. Auch H. ist nicht sicher, ob es sich hier um einen rassis- das für eine gute Idee. ZARA verfasst daraufhin ein
So wird behauptet, dass es ihr nicht möglich wäre, vorhergehende Kommunikation war stets über die- tischen Vorfall handelt und was sie dagegen tun Interventionsschreiben an das Immobilienunter-
derart zu formulieren, dass „eine flüssige Lesewei- sen Kanal erfolgt. Als Reaktion darauf erhält sie ein kann. Aus diesem Grund wendet sie sich an ZARA. nehmen. Dieses reagiert prompt, entschuldigt sich
se gesichert“ sei und der Beraterin wird geraten, Antwortschreiben des Rechtsanwalts des Prokuris- Ein ZARA-Mitarbeiter teilt ihr seine Einschätzung und ändert das Wohnungsinserat ab. Z. bedankt
„an den eigenen Deutschkenntnissen zu arbeiten“. ten, der ihr einen offensichtlich ungerechtfertigten mit, dass er diese Aussage durchaus als rassistisch sich bei ZARA für die Unterstützung und ist über
Die betreffende Beraterin hat einen Namen, der Verstoß gegen die DSGVO (Datenschutz-Grund- betrachtet, da sie impliziert, dass bei allem, was die schnelle Reaktion erfreut.
vermuten lässt, dass ihre ethnische Zugehörigkeit verordnung) vorwirft. Sie solle eine Schadener- „nicht-mitteleuropäisch“ ist, derartige Verunreini-
„nicht-österreichisch“ ist. Da die Aufforderung zur
Stellungnahme sowohl grammatikalisch als auch
stilistisch korrekt verfasst wurde und auch keiner-
satzzahlung leisten. Nur dann wäre der Prokurist
bereit, die Sache als abgeschlossen zu sehen. Die
ZARA-Mitarbeiterin wird ab diesem Zeitpunkt
gungen üblich sind. Er bietet an, die Hausverwal-
tung zu kontaktieren, damit der Aushang entfernt
wird. H. möchte die Hausverwaltung persönlich
34 Rassistische Aussagen
von Nachbar

lei Rechtschreibfehler enthält, liegt die Vermutung ihrerseits bereits von einem Rechtsanwalt vertre- auf den Vorfall aufmerksam machen. Bereits am T. ist in Österreich, ihr Freund P. ist in Afghanistan
nahe, dass allein ihr „ausländisch klingender“ Name ten. Zu Redaktionsschluss sind weitere rechtliche nächsten Tag wird der Aushang entfernt. geboren. T. wohnt alleine in einer Wohnung. Unter
zu der belehrenden und abwertenden Reaktion auf Schritte in Planung. ihrer Wohnung wohnen zwei ältere Herren, die im-

33 Diskriminierendes
Wohnungsinserat
mer sehr freundlich zu ihr sind. Sie nehmen Pakete
für sie entgegen und laden sie auch zum Kaffeetrin-
ken ein. T. nimmt diese Angebote allerdings nie an.
Im Frühjahr ist Z. auf Wohnungssuche. Dabei stößt Da ihr Freund P. in einer eigenen Wohnung lebt,
sie im Internet auf ein Wohnungsinserat, demzufol- sie aber häufig besucht, gibt sie ihm einen Reserve-

60 61
schlüssel. Eines Tages vergisst P. seinen Schlüssel, mieter bleibt unbeantwortet. Deshalb entschließt die Töchter von S. (neun und 13 Jahre alt) auf den klärt über rechtliche Möglichkeiten wie einer An-
weshalb er bei den bei den Nachbarn klingelt und sich Z., ein Verfahren vor der Gleichbehandlungs- Vorfall aufmerksam und kommen aus der Wohnung. zeige wegen rassistischer Beleidigung nach § 115
sie bittet, ihn hineinzulassen. Kurze Zeit später kommission (→ Glossar, S. 69) einzuleiten. Im Die Nachbarin bezeichnet alle drei als „Huren“ und StGB iVm § 117 StGB (→ Glossar, S. 69) auf und
trifft T. ihren Nachbarn im Müllraum, wobei dieser Zuge dieses Verfahrens verfasst der Vermieter eine sagt, dass der Mann von S. sie sicher als Hure aus Ko- erklärt die Möglichkeit, einen Antrag auf Feststel-
zu ihr sagt: „Wissen Sie zufällig, warum der Papier- Gegenstellungnahme, die sehr aggressiv formu- lumbien geholt hätte. Sie holt auch ihre Begleitung lung einer Diskriminierung bei der Gleichbehand-
müll letzte Woche so voll war? – Ahja, Ihr Begleiter, liert ist. Er wirft Z. vor, „ein nicht normales Ge- aus der Wohnung und erzählt ihm wahrheitswidrig, lungskommission (GBK (→ Glossar, S. 69)) zu
der passt mir nicht. Er ist unhöflich. Der ist mir ein spräch“ geführt zu haben und dass er vermutlich dass S. sie habe schlagen wollen. Sie fügt noch hinzu: stellen. Außerdem bietet er an, die Hausverwaltung
Dorn im Auge. Letztens hat er angeläutet, weil er nur die Fakten umdrehe, „um für sich Vorteile zu „Verpisst euch nach Kolumbien, ihr seid hier nicht zu kontaktieren, um auf die Situation aufmerksam
nicht mehr rein kann. In IHRE Wohnung! Ahja, nur lukrieren“. Z. ist auch von diesen Unterstellungen willkommen.“ S. geht daraufhin mit ihren Kindern zu machen. Dieses Angebot nimmt S. an. Die Haus-
dass Sie es wissen: Das letzte Mal ist im Nebenge- sehr betroffen. Ende 2017 ist das Verfahren noch wieder in ihre Wohnung. Die Nachbarin sagt noch, verwaltung reagiert schnell, verwarnt die Nachba-
bäude eingebrochen worden, wir wissen ja alle wer nicht abgeschlossen. dass das Gangfenster offen sein müsse, weil S. eine rin und erinnert daran, dass ein derartiges Verhalten
das war… das sollten Sie auch!“ Dieser Aussage fügt „stinkende N****in“ sei und ihre Wohnung und das einen Kündigungsgrund darstellt. S. entscheidet sich
der Nachbar noch einige rassistische Beschimp- Was passiert 2018: ganze Haus danach stinken würden. S. ist von die- in weiterer Folge dazu, mithilfe von ZARA einen
fungen hinzu. In weiterer Folge wird P. von dem sem Vorfall sehr entsetzt. Vor allem die Beleidigung Antrag an die GBK zu stellen. Im August erklärt
Nachbarn beschuldigt, Dinge im Haus beschädigt Im September 2018 wird das Prüfungsergebnis ihrer Kinder geht ihr sehr nahe. Sie wendet sich an sich die GBK für den Fall zuständig. Zu Redaktions-
zu haben. Der Nachbar spricht T. noch mehrmals der Gleichbehandlungskommission zugestellt. ZARA und berichtet in einem persönlichen Bera- schluss ist das Verfahren noch nicht abgeschlossen.
an und sagt Sachen wie: „Ich kenne solche Mädchen Darin wird eine unmittelbare Diskriminierung tungsgespräch von dem Vorfall. Ein ZARA-Berater
wie dich, du machst einen Fehler“ und „kriminel- (→ Glossar, S. 69) aufgrund der ethnischen Zu-
le Ausländer“. Immer wieder fängt er T. und auch gehörigkeit festgestellt. Da sich von diesem Prü-
ihren Freund P. im Haus ab und beschimpft sie. fungsergebnis kein durchsetzbarer Anspruch auf DIE EIGENEN RECHTE KENNEN
Zu P. sagt er zum Beispiel: „Schalt nicht das Licht eine Schadenersatzzahlung ableiten lässt, ist zuerst
ein, das müssen wir bezahlen, bei dir zahlt das ja nicht klar, ob der Vermieter bereit ist, eine solche zu Teil III des Gleichbehandlungsgesetzes (GlBG 1. dass die Würde der betroffenen Person ver-
eh die Caritas! Illegale Drecksausländer!“ Für das leisten. Eine ZARA-Beraterin versucht, zwischen (→ Glossar, S. 69)) schützt vor Diskrimi- letzt wird und
Paar wird die Situation zunehmend belastender. T. dem Vermieter und Z. zu vermitteln. Obwohl der nierungen aufgrund der ethnischen Zuge-
wendet sich daher an ZARA und bittet um Unter- Vermieter zuerst uneinsichtig ist, leistet er schließ- hörigkeit oder des Geschlechts in sonstigen 2. ein einschüchterndes, feindseliges, entwürdi-
stützung. Sie kann zwar in drei Monaten in eine lich eine Schadenersatzzahlung in Höhe von 750,- Bereichen. Als „sonstige Bereiche“ nennt das gendes, beleidigendes oder demütigendes Umfeld
neue Wohnung ziehen, ist aber sehr verzweifelt, an Z. Dieser ist erleichtert über den positiven Aus- Gleichbehandlungsgesetz den Zugang zu für die betroffene Person geschaffen wird“
weil sie nicht weiß, wie sie in diesen drei Monaten gang des Verfahrens und bedankt sich bei ZARA und die Versorgung mit Gütern und Dienst-
mit der Situation umgehen soll. ZARA bietet an, die für die Unterstützung. leistungen. Für das Merkmal der ethnischen Erfasst sind derartige Belästigungen jedenfalls,
Hausverwaltung oder direkt die beiden Nachbarn Zugehörigkeit sind auch die Bereiche des So- wenn sie von dem*der Vermieter*in ausgehen.
zu kontaktieren. Außerdem erklärt eine ZARA-Be-
raterin rechtliche Handlungsmöglichkeiten, etwa
nach dem Gleichbehandlungsgesetz (→ Glossar, S.
35 Rassistische Beschimpfung
in Nachbarschaft
zialschutzes, der sozialen Vergünstigungen
und der Bildung erfasst (zur Bildung näher
im Abschnitt „Die eigenen Rechte kennen“ im
Im obigen Fall hat die Gleichbehandlungskom-
mission ihre Zuständigkeit und damit die An-
wendung des GlBG auch bei einer Belästigung
69). Die Klientin meldet sich in der Folge aller- S. wurde in Kolumbien geboren und lebt seit mehr Kapitel „Sonstige Behörden, öffentliche Insti- durch eine Nachbarin bejaht. Liegt eine Beläs-
dings nicht mehr. als 10 Jahren in Wien. Bereits im Jahr 2015 kommt tutionen und Dienstleister*innen“ (→ Sonstige tigung vor, sieht das GlBG Schadenersatzan-
es zu einem Zwischenfall, bei dem eine Nachbarin Behörden, S. 55)). sprüche (Ersatz des Vermögensschadens sowie
WAS WURDE AUS…? FALL 55 AUS DEM S. als „schwarzafrikanischen Affen“ bezeichnet. Auch beim Zugang zu und der Versor- Entschädigung für die erlittene persönliche Be-
RASSISMUS REPORT 2017 Kurz darauf beleidigt die Nachbarin auch die Toch- gung mit Wohnraum darf nicht aufgrund des einträchtigung) vor, wobei im Gesetz € 1.000
ter von S. Daraufhin beschließt S., die Nachbarin in Geschlechts und der ethnischen Zugehörigkeit als Mindestschadenersatz für die erlittene per-
Im Mai 2017 sucht Z. eine Wohnung für sich und Zukunft zu meiden, was eine Zeit lang gut funktio- diskriminiert werden. Bereits die Wohnungs- sönliche Beeinträchtigung vorgesehen sind.
seine Familie. Dabei stößt er auf ein Online-Inse- niert. Im Februar 2018 hört S. ein lautes Geräusch inserate müssen diskriminierungsfrei sein,
rat für eine Wohnung, die seinen Anforderungen am Gang. Sie stellt fest, dass die Nachbarin gerade wobei ein Verstoß dagegen eine Verwaltungs- Was kann S. tun?
entspricht. Er ruft den Vermieter an, teilt sein Inte- mit männlicher Begleitung nach Hause gekommen strafe nach sich zieht. Weiters kann gegen dis-
resse mit und fragt, ob er einen Termin ausmachen war und einen Roller, der vor der Wohnung von S. kriminierende Benachteiligungen bei der Ver- S. hat die Möglichkeit, ein Verfahren vor der
könne, um weitere Details zu besprechen. Der Ver- stand, umgeworfen hatte. Außerdem hatte sie das gabe und bei der Versorgung mit Wohnungen Gleichbehandlungskommission (GBK (→ Glos-
mieter fragt sofort, woher Z. komme. Z. erklärt, Fenster am Gang geöffnet. Aufgrund der Kälte im vorgegangen werden. Darüber hinaus ist man sar, S. 69)) zur Feststellung einer Diskrimi-
dass er seine Wohnung nicht an „syrische Leute“ Februar beschließt S., das Fenster zu schließen. auch vor Belästigungen z.B. in Form rassisti- nierung aufgrund der ethnischen Zugehörig-
vermieten würde – und legt ohne weiteren Kom- Die Nachbarin sagt daraufhin: „Scheiße, lass das scher Aussagen geschützt. keit einzuleiten. Dieses Verfahren ist kostenfrei,
mentar auf. Z. ruft den Vermieter nochmals an und Fenster offen“ und öffnet das Fenster wieder. Sie eine Entscheidung ist jedoch nicht zwangsweise
fragt, warum der Vermieter ihn derart unhöflich beginnt laut zu schreien, sodass auch andere Nach- Als Belästigung nach § 35 GlBG gelten: durchsetzbar. Im Verfahren vor der GBK bie-
behandelt habe. Ohne etwas darauf zu erwidern, bar *innen auf den Vorfall aufmerksam werden. Sie tet ZARA Unterstützung während des gesam-
legt der Vermieter wieder auf. Z. ist sehr betroffen, nennt S. einen „schwarzafrikanischen Affen“ und „Unerwünschte, unangebrachte oder anstößige ten Verfahrens. Neben einem Verfahren vor der
aufgrund seiner Herkunft als potenzieller Mieter sagt, dass sie die kolumbianische Familie töten Verhaltensweisen, die im Zusammenhang mit Gleichbehandlungskommission steht Betroffe-
ausgeschlossen worden zu sein, und wendet sich werde und das Leben von S. ab heute kaputt ma- einem der Gründe nach § 31 oder der sexuellen nen auch der Weg zu den Zivilgerichten offen, um
an ZARA. Ein Interventionsschreiben an den Ver- chen werde. Aufgrund der Lautstärke werden auch Sphäre stehen, und bezwecken oder bewirken, diese Entschädigungen vor Gericht einzuklagen.
In diesem Fall besteht allerdings ein Kostenrisiko.

62 63
Lokale, Geschäfte und andere DIE EIGENEN RECHTE KENNEN

Dienstleistungen Was kann H. tun? Zusätzlich oder alternativ steht Betroffenen


der Weg zum Zivilgericht offen. In einzelnen

36
Burkiniverbot im Schwimmbad
Österreich lebt. Kurz nach Mitternacht verlässt K.
gemeinsam mit ihrem Partner die Feier, ihr Freund
begleitet die beiden noch zum Taxistand. Bevor K.
H. kann gemäß Artikel III Abs 1 Z 3 EGVG (→
Glossar, S. 69) und nach Teil III (§ 30 bis §
40c) des Gleichbehandlungsgesetzes (→ Glos-
Diskriminierungsfällen ist eine Übernahme
des Falles durch den Klagsverband (→ Glossar,
S. 69) möglich. Dieser übernimmt dann die
U. erfährt, dass in einem Schwimmbad in Nieder- in das Auto steigt, umarmt sie den Freund noch. Da- sar, S. 69) gegen den Türsteher und das Lo- Vertretung vor Gericht sowie das Kostenrisiko.
österreich ein Burkiniverbot ausgesprochen wur- raufhin sagt der Taxifahrer, er wolle sie nicht mit- kal vorgehen.
de. Das wird mit einem großen Schild am Eingang nehmen und sie solle wieder aussteigen. K. versteht EGVG:
des Schwimmbades deutlich gemacht. Sie meldet nicht, warum er nach der Umarmung plötzlich so Gleichbehandlungsgesetz:
den Vorfall an ZARA. Eine ZARA Mitarbeiterin abweisend reagiert, und macht ihn auf diesen Um- Artikel III Abs 1 Z 3 EGVG ist eine Verwal-
versendet daraufhin ein Interventionsschreiben an stand aufmerksam. Darauf meint der Taxifahrer, Das Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) sieht vor, tungsstrafbestimmung, die besagt, dass alle, die
den Betreiber des Schwimmbads. Kurze Zeit später er könne sie aus „sicherheitstechnischen Gründen“ dass Personen, die beim Zugang zu Gütern und Personen aufgrund „der Rasse, der Hautfarbe,
ruft der Betreiber bei ZARA an, entschuldigt sich nicht fahren. K. fragt weiter nach, was er damit mei- Dienstleistungen aufgrund ihrer ethnischen der nationalen oder ethnischen Herkunft, des
für das Aufstellen des Schildes und berichtet, das ne und womit diese Bedenken begründet sind. Der Zugehörigkeit diskriminiert werden, sich zur religiösen Bekenntnisses oder einer Behinde-
Schild bereits entfernt zu haben. Auch intern wird Taxifahrer gibt keine eindeutigen Antworten. Bei Feststellung dieser Diskriminierung an die rung“ diskriminieren oder am Betreten von Or-
der Vorfall noch besprochen werden. U. ist erfreut, K. entsteht der Eindruck, dass es mit der Herkunft Gleichbehandlungskommission (GBK (→ Glos- ten oder bei der Inanspruchnahme von Dienst-
dass das Schild so bald wieder entfernt wurde und ihres Freundes zu tun hat. K. entscheidet schließlich, sar, S. 69)) wenden oder ihre Schadenersatz- leistungen hindern, die für den allgemeinen
bedankt sich bei ZARA für die Unterstützung. mit einem anderen Taxi nach Hause zu fahren. Sie ansprüche vor den Zivilgerichten geltend ma- öffentlichen Gebrauch bestimmt sind, eine Ver-
wendet sich an ZARA, weil sie den Vorfall dokumen- chen können. waltungsübertretung begehen und eine Strafe

37 Herabwürdigende Äußerung
von Postbotin
tiert wissen möchte. Eine ZARA-Beraterin bietet an,
mit dem Taxifahrer in Kontakt zu treten und er-
klärt auch rechtliche Möglichkeiten, etwa nach dem
Die Einlassverweigerung stand offen-
bar in Zusammenhang mit der ethnischen Zu-
gehörigkeit von H. Er hat aufgrund dieser Dis-
von bis zu 1.090 Euro erhalten können.
Für diese Anzeigen sind die Bezirks-
verwaltungsbehörden ((→ Glossar, S. 69),
D. hat schwarze Hautfarbe und betreibt eine Arzt- Gleichbehandlungsgesetz (→ Glossar, S. 69). K. kriminierung daher Anspruch auf Ersatz des in Wien: die Magistratischen Bezirksämter)
praxis. Im Sommer wird ihm ein Paket in seine Or- meldet sich in der Folge allerdings nicht mehr. tatsächlich erlittenen Vermögensschadens und zuständig. Da es sich bei dieser Verwaltungs-
dination zugestellt, das für seine Privatwohnung, auf Entschädigung für die erlittene persönliche übertretung um ein sogenanntes Offizialdelikt
die sich im selben Haus wie die Ordination befin-
det, gedacht ist. Als er die Postbotin darauf auf-
merksam macht, fragt sie: „Gehörst du hier her?“ D.
39
Einlassverweigerung in Club
Beeinträchtigung. Darüber hinaus sieht das
Gesetz vor, dass die Betroffenen das Vorliegen
des diskriminierenden Einlassverweigerungs-
(→ Glossar, S. 69) handelt, kann die Anzeige
auch von Zeug*innen des Vorfalls – und nicht
nur von Betroffenen – erstattet werden. ZARA
erwidert darauf, dass sie ihn bitte nicht duzen solle, H. lebt in Peru und ist im Februar zu Besuch in Ös- grundes lediglich glaubhaft machen müssen unterstützt gern beim Verfassen dieser Anzei-
weil sie einander nicht kennen und es üblich ist, sich terreich. Gemeinsam mit fünf Freunden aus Öster- (Beweislasterleichterung (→ Glossar, S. 69)). ge oder richtet auf Wunsch selbst eine schrift-
gegenseitig zu siezen. Die Postbotin sagt daraufhin: reich möchte er einen Linzer Club besuchen. Seine Das Lokal muss dann hingegen beweisen, dass liche Anzeige an die Behörde. Polizeibeamt*in-
„Geh zurück nach Afrika!“. D. ist sehr empört über Freunde werden problemlos eingelassen, zu ihm je- andere – zulässige – Gründe für die Einlass- nen haben einen solchen Vorfall, den sie selbst
diese Aussage. Er wendet sich daher an ZARA. Ein doch sagt der Türsteher: „Nein, du darfst hier nicht verweigerung vorgelegen haben. Da im Fall von wahrnehmen und der unter diese Verwaltungs-
ZARA-Mitarbeiter bietet an, den Arbeitgeber der hinein“. H. fragt nach, warum er nicht hineindarf, be- H. keine zulässigen Gründe (z.B. unpassende strafbestimmung fallen könnte, als mögliches
Postbotin zu kontaktieren und auf den Vorfall auf- kommt vom Türsteher aber keine Antwort. Da sich Kleidung, unangebrachtes Verhalten) für eine Offizialdelikt von sich aus aufzunehmen und
merksam zu machen, was D. für eine gute Idee hält. H. die Einlassverweigerung nicht erklären kann, geht Einlassverweigerung vorlagen, wird ihm diese an die zuständige Behörde weiterzuleiten oder,
Der Arbeitgeber der Postbotin reagiert sehr schnell er davon aus, dass es an seiner Hautfarbe liegt. H. und Glaubhaftmachung im Zuge eines GBK-Ver- wenn ihnen ein entsprechender Vorfall berich-
und bietet ein klärendes Gespräch an. Dieses seine Freunde entscheiden sich schließlich, einen an- fahrens gelingen. tet wird, eine Anzeige aufzunehmen. Dieses
kommt dann in der Ordination von D. zustande. D., deren Club zu besuchen. Am nächsten Tag wendet ZARA kann in solchen Fällen auf ver- Verwaltungsstrafverfahren ist für die anzei-
die Postbotin und auch ihr Vorgesetzter nehmen an er sich an ZARA. Obwohl er nur für kurze Zeit in schiedene Arten unterstützen: Wenn H. dies gende Person kostenlos, hat aber den Nach-
dem Gespräch teil. Obwohl die Postbotin am An- Österreich ist, möchte er gerne etwas unternehmen. wünscht, ergeht zunächst ein Interventions- teil, dass diese keine Parteistellung (→ Glossar,
fang verneint, diese Aussage getätigt zu haben, zeigt Auf ein ZARA-Interventionsschreiben kommt zuerst schreiben an das betreffende Lokal, in dem S. 69) und daher auch kein Auskunftsrecht
sie sich am Ende einsichtig und gibt auch vor ihrem keine Antwort. Da H. wieder in Peru ist, beschließt um eine Stellungnahme zum Vorfall ersucht über dessen Ausgang hat. Ebenso ist dabei kei-
Vorgesetzten zu, diese Worte gesagt zu haben. Dass er, keine weiteren Schritte, etwa nach dem GlBG wird. In manchen Fällen, je nach Reaktion der nerlei Entschädigung für die diskriminierte
sie sich daraufhin für ihre Äußerung entschuldigt (→ Glossar, S. 69) oder dem EGVG (→ Glossar, S. jeweiligen Lokalbetreiber*innen oder auch Person vorgesehen. Wenn mehrfach gegen Art
ist für D. ein wichtiges Ergebnis. 69), zu unternehmen. Einen Monat später kommt der involvierten Security-Firmen, kann es so III Abs 1 Z 3 EGVG verstoßen wird, muss die
überraschend doch noch eine umfangreiche Stel- zu einer außergerichtlichen Lösung (z.B. klä- Gewerbebehörde den Betreiber*innen die Ge-

38 Verweigerung einer Taxifahrt


aus rassistischen Gründen
lungnahme von dem Club. In diesem entschuldigt
sich der Betreiber aufrichtig für den Vorfall. Es habe
bereits umfangreiche interne Besprechungen gege-
rendes Gespräch, Entschuldigung seitens des
Lokals, etc.) kommen. ZARA kann Betroffene
aber auch bei einem Verfahren vor der Gleich-
werbeberechtigung entziehen. Fälle, in denen
dies auch tatsächlich erfolgt ist, sind ZARA je-
doch nicht bekannt.
K. ist Studentin in Wien. Im Frühjahr ist sie auf ben, um solche Vorfälle in Zukunft zu vermeiden. H. behandlungskommission unterstützen und,
der Geburtstagsfeier eines Freundes, der in Afgha- ist erfreut über die positive Rückmeldung des Clubs wenn gewünscht, die Vertretung in diesem
nistan geboren wurde und seit rund drei Jahren in und bedankt sich bei ZARA für die Unterstützung. Verfahren übernehmen.

64 65
Rassistische Vorfälle

Beispiele für
Gegen Anti-
Zivilcourage
Rassismus-
Arbeit
Dieses Kapitel umfasst eine Auswahl von Fällen, die zivilcouragiertes Handeln zeigen. Es gibt viele
Situationen, in denen Personen auf unterschiedliche Arten und Weisen ungerechte oder verletzende
Taten wahrnehmen und eingreifen. Die im nachfolgenden Kapitel vorgestellten Vorfälle sollen inspirie-
ren und aufzeigen, wie es wirkt, wenn jemand den Mut hat, sich für jemanden, dem Unrecht geschieht,
einzusetzen. Das Gute ist: Zivilcourage kann ansteckend sein und man kann sie erlernen!

1,0 %
Einsatz für Betroffene von rassisti- die Auskunft, möchte aber ohne Zustimmung
schen Beleidigungen der Betroffenen keine weiteren Schritte einlei-
ten. Schön, wenn in so einer Situation mehrere
B. fährt mit der U-Bahn und beobachtet dabei Leute hinschauen und zivilcouragiert auftreten.
einen rassistischen Vorfall. Ebenfalls in der
Dieses Kapitel umfasst eine Auswahl aus den 19 an ZARA gemeldeten Fällen im Lebensbereich – Rassismus U-Bahn befindet sich eine Frau mit zwei klei- Beschwerde wegen rassistischem
als Reaktion auf Anti-Rassismus-Arbeit (offline). Rassismus als Reaktion auf Anti-Rassismus-Arbeit bezeichnet nen Kindern (2-jähriges Mädchen und 4-jäh- Schild
Äußerungen, die sich gegen ZARA und andere Anti-Rassismus-Organisationen offline richten. riger Junge). Aufgrund der Sprache, in der sich
die drei unterhalten, vermutet B., dass sie tsche- Bei einem Spaziergang bemerkt A. ein Schild,
tschenischer Herkunft sind. Ein Mann fängt das ein Privatgrundstück markiert. Unter

40
Hasserfüllte Briefe 41
Rassistische Beschmierung
an, mit den Kindern zu sprechen, und sagt zu
dem Jungen: „Du Trottel. Wenn du nicht hier
sein willst geh halt weg.“ und „Du darfst deine
dem Schriftzug „Private Property“ findet sich
eine Zeichnung mit einer stilisierten Figur.
Die Augen dieser Figur sind durch zwei dünne
Im Frühling erhält ZARA innerhalb kurzer Zeit In einem Wiener Kino läuft eine Ausstellung, die Schwester hier nicht schlagen.“ Der Mann wird Striche dargestellt, außerdem trägt die Figur
drei hasserfüllte Briefe. Die Briefe enthalten unter sich mit Antisemitismus während des 2. Welt- dabei immer lauter. Daraufhin steht B. auf und einen als Dreieck dargestellten Hut, der an
anderem folgende Aussagen: krieges beschäftigt und Vergleiche zu heutigen geht hin, weil sie eingreifen möchte. Gleich- einen asiatischen Kegelhut erinnert. Offen-
„Ihr gehört doch wirklich ALLE entsorgt, die hier als gesellschaftlichen Tendenzen zieht. Kurz nach Er- zeitig stehen drei junge Männer auf und sagen sichtlich soll diese Zeichnung einen asiatisch
Vorstand agieren. Um unser Steuergeld wird das ge- öffnung der Ausstellung werden die Worte „Mos- ihr, sie könne zurück bleiben, weil sie jetzt zu aussehenden Menschen darstellen. Die ge-
samte Ausländerpack, im Besonderen die Muslime ge- lems raus“ auf die Fassade des Kinos direkt unter dritt hingehen. Die drei fordern den Mann auf, zeichnete Figur ist durchgestrichen. A. emp-
schützt und finanziert. Schickt alle zum Aytollah, damit ein Plakat der Ausstellung gesprüht. Die Betreiber den Jungen in Ruhe zu lassen. Daraufhin wird findet diese Darstellung als sehr rassistisch
er euch in den Arsch fickt und dann in den Himmel zu des Kinos erstatten Anzeige gegen unbekannt und der Mann noch lauter, bleibt jedoch auf die drei und schreibt eine E-Mail an den Bürgermeis-
den Jungfrauen. Geht scheissen, vielleicht kommt ein- melden den Vorfall mit der Bitte um Dokumenta- Männer fokussiert. B. möchte den Fahrer über ter der Ortschaft. Erfreulicherweise wird das
mal einer, der euch entsorgt. Heute wäre frühe als Mor- tion an ZARA. den Vorfall informieren, kommt aber aufgrund Schild bereits am nächsten Tag entfernt. A.
gen. Geht alle in Arsch.“ und „Wie gesagt geht scheissen. der vielen Menschen nicht durch. Deshalb geht meldet den Vorfall in weiterer Folge an ZARA
Werde eine Spende mit Kot vor eure Türe legen.“ sie zurück und sieht, wie der Mann dem Jun- und bittet um Dokumentation. Er freut sich,
gen eine Ohrfeige gibt. Die drei jungen Männer dass seine Intervention wirksam war und dass
fordern ihn auf, sofort auszusteigen. Daraufhin der Bürgermeister umgehend reagiert hat und
geht dieser zwar zur Tür, steigt aber nicht aus. das Schild entfernt wurde.
Erst als B. den Polizeinotruf wählt, steigt er
aus. B. geht daraufhin zu der Mutter und redet Unterstützung für einen Kollegen
mit ihr. Die Frau ist nach diesem Vorfall auf-
gelöst. Gemeinsam mit der Frau und den Kin- P. arbeitet in einem Pflegeheim. Einer ihrer
dern steigt B. aus und begleitet sie zur nächsten Mitarbeiter, den sie für sehr kompetent hält,
Polizeiinspektion. Bei der Polizei wird ihnen hat schwarze Hautfarbe. Eines Tages kommt
gesagt, man könne nichts machen. B. ist über es im Pflegeheim zu einem rassistischen Vor-
den Vorfall entsetzt und wendet sich an ZARA. fall. Eine Angehörige einer Bewohnerin sagt
Ein ZARA-Mitarbeiter klärt über die rechtli- Sachen wie „Der Schwarze darf nicht zu mei-
chen Hintergründe, etwa die rassistische Belei- ner Mutter ins Zimmer“ und behauptet, dass
digung nach §115 StGB, auf. B. bedankt sich für die Mutter das nicht wolle. P. bemerkt aber,

66 67
Glossar
dass die Beziehung zwischen der Mutter und für Drogengeschäfte bekannter Ort wäre und
dem Pfleger bisher immer gut war. Die Leitung die beiden Männer deswegen kontrolliert wur-
des Pflegeheimes sagt der Angehörigen gegen- den. Sie fragen L., ob sie eine Dienstnummer
über klar, dass der Pfleger die Mutter weiterhin brauche und ob sie ihr eine Stelle nennen sol-
pflegen wird, weil es keine medizinische In- len, bei der sie sich beschweren kann. L. ver-
dikation für einen Wechsel gibt und das nicht neint und geht daraufhin weiter. Sie meldet den In alphabetischer Reihenfolge
die Entscheidung der Angehörigen ist. Zwei Vorfall mit der Bitte um Dokumentation an
Tage lang ist alles in Ordnung, dann sagt die ZARA. ZARA bedankt sich für ihr zivilcoura- Afro Rainbow Austria (ARA)
Angehörige wieder, dass ihre Mutter nur von giertes Handeln und ihr selbstsicheres Eingrei- ARA ist die erste Organisation von und für stimmte Zeit nicht vollstreckt. Wird der *die Ver-
Österreicher*innen gepflegt werden dürfe. Sie fen gegenüber den Polizisten. LGBTQI+ Migrant*innen aus afrikanischen Län- urteilte innerhalb einer vom Gericht festgesetzten
verbietet dem Pfleger den Zutritt zum Zimmer dern in Österreich und hat es sich zum Ziel gesetzt, Probezeit nicht wieder straffällig, so wird die Stra-
ihrer Mutter. Für den Pfleger ist die Situation Einsatz bei körperlichem Übergriff eine Plattform für Sichtbarkeit, Kommunikation fe nachgesehen. Andernfalls kann das Gericht die
zunehmend belastet. Da P. ihren Mitarbeiter und Veränderung zu sein. ARA berücksichtigt aber bedingte Strafnachsicht widerrufen. Bei einer teil-
unterstützen möchte, wendet sie sich an ZARA Im Juli ist A. in Wien unterwegs und wartet auch die Probleme der LGBTQI+ Menschen, die in bedingten Strafe wird nur ein Teil der Strafe nicht
und erkundigt sich, wie sie am besten vorgehen gegen Mitternacht auf die U-Bahn. Obwohl sie unterschiedlichen afrikanischen Ländern leben, vollstreckt. Eine unbedingte Strafe wird im gesam-
kann. Ein ZARA-Mitarbeiter erklärt rechtli- mit Kopfhörern Musik hört, nimmt sie plötz- und die Wechselwirkung zwischen der Diaspora ten festgesetzten Rahmen vollstreckt, wobei es die
che Möglichkeiten nach dem EGVG (→ Glos- lich laute Schreie wahr. Sie dreht sich um und und auf dem afrikanischen Kontinent lebenden Be- Möglichkeit einer bedingten Entlassung gibt.
sar, S. 69) und nach dem GlBG (→ Glossar, sieht, wie ein Mann mit schwarzer Hautfarbe völkerung. ARA besteht derzeit aus einem Team in
S. 69). Er informiert auch über die Wichtig- über den Bahnsteig in Richtung Gleise gestoßen Österreich und einem Team in Nigeria (ARA Ou- Beleidigung
keit, dem Pfleger deutlich ihre Unterstützung wird. Dann setzt sich jemand auf ihn und würgt treach Nigeria). Die (einfache) Beleidigung ist ein gemäß § 115 Abs
zu zeigen. P. möchte die Handlungsmöglich- und schlägt ihn. A. wählt sofort den Notruf, 1 Strafgesetzbuch (StGB) strafbares Privatanklage-
keiten mit dem Pfleger durchbesprechen und ruft laut: „Hör auf!“ und geht auf die beiden zu. AGB delikt und wird folgendermaßen definiert: „Wer
wird sich bei ZARA wieder melden, sollte sie Der Täter hört auf, den Mann zu schlagen, und Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) sind eine öffentlich oder vor mehreren Leuten einen ande-
weitere Unterstützung benötigen. ZARA freut steht auf. Als A. die beiden erreicht, stehen sie Vielzahl vorformulierter Vertragsbedingungen/ ren beschimpft, verspottet, am Körper misshandelt
sich, dass der betroffene Pfleger so gut unter- sich gegenüber. Der Betroffene fragt den Mann, Nutzungsbedingungen, welche Unternehmen als oder mit einer körperlichen Misshandlung be-
stützt wird und dass Gleichbehandlung an die- der ihn geschlagen hat: „Warum hast du das ge- Grundlage ihrer Verträge (meist) mit Einzelperso- droht, ist, wenn er deswegen nicht nach einer an-
sem Arbeitsplatz ernstgenommen wird. macht?“. Darauf bekommt er keine Antwort, der nen (Verbraucher*innen) machen können. In aller deren Bestimmung mit strengerer Strafe bedroht
Täter geht daraufhin davon. Kurze Zeit später Regel ist die Zustimmung zu den AGB Vorausset- ist, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten oder mit
Unterstützung bei Amtshandlung trifft die Polizei ein, die den Täter ausfindig zung für den Vertragsabschluss. Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen zu bestrafen.“
macht. Einige Monate später kommt es zu einer Eine qualifizierte Beleidigung liegt laut
An einem kalten Tag im März ist L. in Wien Gerichtsverhandlung, in der der Täter wegen Amtshaftungsrecht §117 Abs 3 StGB dann vor, wenn sich die Beleidi-
unterwegs und bemerkt, dass zwei junge Män- Körperverletzung schuldig gesprochen wird. Wenn Mitarbeiter*innen von Behörden in Vollzie- gung gegen eine Person wegen ihrer Zugehörigkeit
ner von der Polizei aufgehalten wurden. Sie Das rassistische Motiv wird nicht berücksich- hung des Gesetzes einen Schaden zufügen, kann zu einer Kirche oder Religionsgesellschaft oder ei-
hört, dass einer der Polizisten nach Geldta- tigt. A. sagt in der Verhandlung als Zeugin aus. man Schadenersatz nicht direkt von den Mitarbei- ner anderen nach den vorhandenen oder fehlenden
schen und Ausweisen fragt. L. bleibt stehen und Später spricht sie mit dem Betroffenen und bie- ter *innen erhalten, sondern muss gegen den Staat Kriterien der Hautfarbe, der Sprache, der Religion
fragt die Polizisten, warum die beiden Männer tet ihm ihre Unterstützung an. Dieser versteht (Bund, Länder …) vorgehen. oder Weltanschauung, der Staatsangehörigkeit,
kontrolliert werden. Diese antworten, sie solle nicht, warum das rassistische Motiv nicht be- der Abstammung oder nationalen oder ethnischen
die Amtshandlung nicht stören. Die Rucksä- rücksichtigt wurde. A. schlägt daher vor, sich an Antidiskriminierungsstelle Steiermark (ADS) Herkunft, des Geschlechts, einer körperlichen oder
cke der beiden werden durchsucht, einer der ZARA zu wenden. Kurze Zeit später kommen Die ADS ist eine Initiative des Integrationsressorts geistigen Behinderung, des Alters oder der sexuel-
Männer wird aufgefordert, seinen Gürtel zu beide gemeinsam zu einer persönlichen Bera- des Landes Steiermark und der Stadt Graz, die vom len Ausrichtung definierten Gruppe richtet und
öffnen. Er muss seine Hose aufmachen und tung. ZARA erklärt, dass rassistische Motive Verein Helping Hands Graz als Trägerorganisation entweder in einer Misshandlung oder Bedrohung
wird weiter durchsucht. L. ist über diese Vor- einen Erschwerungsgrund (→ Glossar, S. 69) getragen wird. Sie ist eine Erstanlauf-, Clearing-, mit einer Misshandlung oder in einer Beschimp-
gehensweise erstaunt. Ein Polizist fragt die darstellen, jedoch häufig nicht ausreichend er- Beratungs- und Monitoringstelle. Allen sich be- fung oder Verspottung besteht, die geeignet ist, den
beiden Männer nach ihrem Einkommen und örtert und berücksichtigt werden. Dem Betrof- troffen fühlenden Menschen wird die Möglichkeit Verletzten in der öffentlichen Meinung verächtlich
schaut in die Geldtaschen der beiden, wieviel fenen ist darüber hinaus unangenehm, dass der gegeben, sich mündlich, telefonisch, schriftlich oder zu machen oder herabzusetzen. Diese ist dann ein
Geld darin ist. L. fragt auf Englisch, warum sie Täter nun Schadenersatz an ihn zahlen muss, auf elektronischem Weg an die Stelle zu wenden. Ermächtigungs- und nicht bloß ein Privatanklage-
das tun, damit auch die beiden Männer verste- da er dem Täter nur ungern seine Kontodaten Neben der Funktion als Erstanlauf-, Clearing- und delikt. Die Staatsanwaltschaft muss ein Ermächti-
hen, was sie sagt. Der Polizist sagt wieder, sie bekanntgeben möchte. ZARA bespricht mit den Beratungsstelle, ist die ADS auch für Monitoring gungsdelikt mit Zustimmung des*der Betroffenen
störe die Amtshandlung. Außerdem solle sie beiden mögliche Alternativen. A. und der Be- und wissenschaftliche Bearbeitung, Netzwerk- von Amts wegen verfolgen und das Prozesskosten-
Deutsch sprechen. Einer der beiden Männer troffene bedanken sich für die Unterstützung arbeit, Bewusstseinsbildung und Sensibilisierung risiko muss nicht vom Opfer getragen werden.
darf dann gehen. Dann ruft der Polizist beim und werden sich wieder melden, wenn weitere sowie Regionalisierung zuständig.
BFA (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) Fragen auftauchen. Besonders freut ZARA, dass Belästigung
an. Danach darf auch der zweite Mann gehen. A. den Betroffenen nach der Tathandlung noch Bedingte/teilbedingte/unbedingte Strafe Eine Belästigung stellt eine Form der Diskriminie-
L. meint daraufhin zu den Polizisten, dass es weiter unterstützt und ein Beratungsgespräch Bei einer bedingten Strafe wird die gesamte über rung nach dem Gleichbehandlungsgesetz dar, bei
auf sie wie racial profiling (→ Glossar, S. 69) bei ZARA initiiert. eine*n Verurteilte*n verhängte Strafe für eine be- welcher eine Person aufgrund eines oder mehrerer
wirke. Die Polizisten erklären, dass es hier ein

68 69
spezieller Merkmale, die sie aufweist oder die ihr zirksämter diese Aufgabe), manche BVB-Agenden größere Personenzahl wahrnehmbar ist. Zusätzlich Medien und eigenen Publikationen über die Ent-
von anderen zugeschrieben werden (etwa aufgrund werden auch von den Landespolizeidirektionen muss dieses Verhalten eine längere Zeit hindurch wicklung der rechtsextremen Szene in Österreich.
ihrer Hautfarbe, ihrer Religion, ihres Geschlechts übernommen, soweit der Sachverhalt in deren fortgesetzt werden und geeignet sein, um die Le-
oder ihrer sexuellen Orientierung), in ihrer Würde örtlichen Wirkungsbereich fällt. Die Bezirksver- bensführung der betroffenen Person unzumutbar Dokustelle Isamfeindlichkeit & antimuslimischer
verletzt wird oder werden soll und ein belastendes waltungsbehörden sind generell zur Ahndung zu beeinträchtigen. Rassismus
(z. B. einschüchterndes, feindseliges oder demüti- von Verwaltungsübertretungen in erster Instanz Die Dokustelle (www.dokustelle.at) dokumentiert
gendes) Umfeld geschaffen wird oder werden soll. zuständig. Diversion und Tatausgleich Fälle von Islamfeindlichkeit und antimuslimi-
Unter Diversion versteht man ein zu Strafen alter- schem Rassismus und berät und unterstützt betrof-
Bescheidbeschwerde Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismus- natives Reaktionssystem der Staatsanwaltschaft fene Personen. Zusätzlich liegt ein Schwerpunkt
Dabei handelt es sich um ein Rechtsmittel gegen bekämpfung (BVT) und der Strafgerichte im Rahmen des Strafrechts. auf Aufklärungsarbeit und Empowering, der durch
Bescheide einer Verwaltungsbehörde. Dieses ist in Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Ter- Wenn ein Strafverfahren mittels Diversion been- Workshops und Seminare erfüllt wird. Die Doku-
der Regel bei der Verwaltungsbehörde einzubrin- rorismusbekämpfung ist eine im Bundesministe- det werden soll müssen bestimmte Bedingungen stelle wird von engagierten ehrenamtlichen Mit-
gen, die den bekämpften Bescheid erlassen hat. rium für Inneres angesiedelte Sicherheitsbehörde, erfüllt werden. Bei Vorliegen bestimmter Voraus- arbeiter*innen betrieben.
der unter anderem die Bekämpfung extremisti- setzungen, etwa einer bloß leichten bis mittel-
Beweislasterleichterung/Beweislastumkehr scher und terroristischer Phänomene obliegt. Das schweren Straftat, einer nicht schweren Schuld Drittstaatsangehörige
Bevor ein Gericht entscheiden kann, was in einem Bundesamt und die ihm unterstehenden Landes- des*der Täters*Täterin, ist auf die Verurteilung Drittstaatsangehörige sind Angehörige von Staaten,
Fall rechtens ist, muss es feststellen, was geschehen ämter beobachten daher auch die rechtsextreme nach Durchführung eines förmlichen gerichtlichen die nicht Vertragspartei des Abkommens über den
ist (Klärung des Sachverhaltes). Welchen Sachver- Szene in Österreich und ermitteln bei Verstößen Strafverfahrens zu verzichten. Es erfolgt dann kein Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) sind. Zum
halt ein Gericht feststellt, hängt letztlich von den gegen das Verbotsgesetz durch Wiederbetätigung Schuldspruch und keine formelle Verurteilung. EWR zählen alle EU-Mitgliedstaaten sowie Island,
Beweisen und der Glaubwürdigkeit ab. Gerade im im nationalsozialistischen Sinn. Bei der vom BVT Nach Erledigung der Diversionsmaßnahmen, die Liechtenstein und Norwegen. Die Schweiz ist kein
Bereich der Arbeitsverhältnisse – und umso mehr betriebenen Meldestelle für NS-Wiederbetäti- nur mit Zustimmung der verdächtigten Person EWR-Mitglied und somit ein Drittstaat. Jedoch sind
bei Diskriminierungsfällen – herrscht oft ein un- gung können Beiträge im Internet mit neonazisti- durchgeführt werden können, wird das Strafver- Schweizer*innen durch eine Vielzahl von bilateralen
gleiches Kräfteverhältnis. Der *die Arbeitneh- schen, rassistischen und antisemitischen Inhalten fahren endgültig eingestellt und der *die Beschul- Verträgen EWR-Bürger*innen gleichgestellt.
mer *in ist oft in einer schwächeren Position, so- gemeldet werden. digte gilt weiterhin als unbescholten. Zu den Di-
wohl im Hinblick auf die wirtschaftliche Kraft als versionsmaßnahmen gehören der Tatausgleich, das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrens-
auch auf die „Nähe zum Beweis“. Diesem Umstand Büro für Bürgerinformation der Polizei Gewähren einer Probezeit (in der Regel mit der Er- gesetzen 2008 (EGVG)
wird im Bereich des Arbeitsrechts ebenso Rech- Das Büro für Bürgerinformation ist eine Einrich- füllung bestimmter Pflichten verknüpft), die Ver- Das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsver-
nung getragen, wie im Rahmen der Gleichbehand- tung der Polizei, bei der man sich formlos über richtung gemeinnütziger Leistungen oder die Be- fahrensgesetzen beinhaltet in seinem Artikel III
lungsgesetzgebung. Europäischen Vorgaben ent- Amtshandlungen beschweren oder Anregungen zahlung eines Geldbetrages. Der Tatausgleich wird einen Verwaltungsstraftatbestand, mit dem unter
sprechend sollte hier eine deutliche Verschiebung einbringen kann. Dies ist jedoch kein formelles vom Verein Neustart durchgeführt, wo Sozialarbei- anderem rassistische Diskriminierungen, z. B.
der Beweislast hin zu den Beklagten stattfinden, Verfahren. Eine Beschwerde hat keine zwingenden ter *innen einen Ausgleich zwischen Opfer und Tä- beim Zugang zu Lokalen oder Geschäften, ver-
die sich bei glaubhaft vorgebrachten Vorwürfen rechtlichen Auswirkungen. Meist erhält man aller- ter *in mittels Mediation ermöglichen sollen. Dies boten werden. Derartige Handlungen werden mit
freibeweisen müssten. In Österreich ist diese Vor- dings eine relativ detaillierte Antwort. können auch eine Schadenswiedergutmachung Verwaltungsstrafen bis zu 1.090 Euro belangt und
gabe nicht in letzter Konsequenz umgesetzt, was und eine schriftliche Regelung für den zukünftigen können bei der Bezirkshauptmannschaft bzw. beim
eine etwas komplizierte und nicht sehr praktikable cyber hate Umgang zwischen den beiden beinhalten. Das Op- Magistrat angezeigt werden.
Konstruktion mit sich bringt. So ist von den Aus- Der Begriff cyber hate bezeichnet die Verbreitung fer muss dem Tatausgleich ebenfalls ausdrücklich
sagen des*der Beschwerdeführers*in/Klägers*in von beleidigenden, diskriminierenden, verhetzen- zustimmen. Für den Bereich der Jugendgerichts- Ermächtigungsdelikt
auszugehen, wenn er*sie glaubhaft einen Fall von den und bedrohenden Inhalten im Internet. Zu die- barkeit gelten im Detail andere Regelungen. Im Gegensatz zum Privatanklagedelikt muss die
Diskriminierung vorbringt. Von den Ausführun- sem Zweck werden neben E-Mails und Websites in Staatsanwaltschaft ein Ermächtigungsdelikt mit
gen des*der Beklagten ist nur dann auszugehen, letzter Zeit vermehrt soziale Medien missbraucht. Dokumentationsarchiv des österreichischen Wider- Zustimmung des*der Betroffenen von Amts wegen
wenn er*sie beweist, „dass es bei Abwägung aller standes (DÖW) verfolgen. Wird die Zustimmung verweigert, darf
Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes Cyber-Mobbing – Fortgesetzte Belästigung im Wege Das Dokumentationsarchiv des österreichischen die Staatsanwaltschaft keine weiteren Schritte zur
vom*von der Beklagten glaubhaft gemachtes Motiv einer Telekommunikation Widerstandes (www.doew.at) ist eine Stiftung, Verfolgung setzen. Das Prozesskostenrisiko muss,
für die unterschiedliche Behandlung ausschlagge- Mit der Strafrechtsnovelle 2016 ist auch ein neu- die von der Republik Österreich, der Stadt Wien anders als beim Privatanklagedelikt, nicht vom
bend war“. Eine Glaubhaftmachung ist einfacher zu es Gesetz gegen die „Fortgesetzte Belästigung im und dem Verein Dokumentationsarchiv getragen Opfer getragen werden.
erreichen als ein Beweis. Wege einer Telekommunikation oder eines Com- wird. Es ist eine wissenschaftliche Institution, die
putersystems“ – oder „Cyber-Mobbing“ eingeführt sich unter anderem mit den Themen Widerstand Erschwerungsgrund
Bezirksverwaltungsbehörde (BVB) worden. Demnach ist strafbar, wenn mithilfe einer während der NS-Zeit, NS-Verbrechen, Holocaust, Bei der Bemessung der Strafhöhe in Strafver-
Die Bezirksverwaltungsbehörden sind grundsätz- Telekommunikation oder eines Computersystems Restitution und Rechtsextremismus nach 1945 aus- fahren haben Richter *innen auf sogenannte Mil-
lich die Bezirkshauptmannschaften oder das Ma- eine Person an der Ehre verletzt wird oder Tatsa- einandersetzt. Die Mitarbeiter*innen des DÖW derungs- und Erschwerungsgründe Rücksicht zu
gistrat (in Städten mit eigenem Statut – in Wien chen oder Bildaufnahmen des höchstpersönlichen sammeln aktuelle Fälle rechtsextremer Übergriffe, nehmen. Darunter fällt beispielsweise auch ein
übernehmen die einzelnen Magistratischen Be- Lebensbereichs gezeigt werden und dies für eine werten diese aus und informieren in verschiedenen rassistisches Motiv bei der Begehung einer Straf-

70 71
tat. Liegt ein solches Motiv vor, muss die Strafe neue, d. h. nicht aktenkundige Tatsachen beruft. Gleichbehandlungskommission (GBK) den. Seit 1. Jänner 2016 ist Cyber-Mobbing ein
höher ausfallen, als wenn ein solches Motiv nicht Wird der Antrag abgewiesen, hat das Opfer einen Die Gleichbehandlungskommission setzt sich aus eigener Tatbestand und kann mit einer Gefängnis-
vorliegt (§ 33 Abs 1 Z 5 StGB). Pauschalkostenbeitrag von 90 Euro zu bezahlen. drei Senaten zusammen, die aus ehrenamtlich tä- strafe bis zu einem Jahr geahndet werden. Voraus-
tigen Repräsentant *innen von Ministerien und setzung ist die fortgesetzte Verletzung des höchst-
Ethnic Profiling Forum gegen Antisemitismus Sozialpartnerorganisationen bestehen. Die Senate persönlichen Lebensbereichs oder die Verletzung
Unter Ethnic Profiling (häufig auch Racial Profi- Das Forum gegen Antisemitismus (www.fga-wien. der GBK haben sich in ihrem jeweiligen Zustän- der Ehre im Internet. Auch andere strafrechtliche
ling) versteht man die besondere Bedachtnahme at), dient als Anlaufstelle für Personen, die antise- digkeitsbereich mit allen Fragen zu befassen, die Tatbestände wie Verhetzung, Beleidigung oder üble
auf Hautfarbe, Sprache, vermutete oder tatsächli- mitische Vorfälle melden möchten. Das FGA un- Diskriminierungen betreffen. Sie sind insbeson- Nachrede können online stattfinden.
che ethnische Zugehörigkeit, Religion oder Staats- terstützt Betroffene durch persönlichen Kontakt, dere dafür zuständig, Gutachten über allgemeine
bürgerschaft durch Polizeibeamt*innen bei der setzt mit ihnen gemeinsam weitere Schritte und Fragestellungen zum Diskriminierungskontext zu hate speech
Entscheidung, ob oder in welcher Weise eine Amts- bietet gegebenenfalls juristische Erstberatung. verfassen sowie in Einzelfällen auf Antrag des*der Hate speech bezeichnet Äußerungen, die zu Hass
handlung durchzuführen ist. Darunter fällt z. B. die Das Forum betreibt zusätzlich Monitoring und Betroffenen, der Gleichbehandlungsanwaltschaft anstiften, verhetzen oder für bestimmte Einzelper-
gezielte Kontrolle von Personen dunkler Hautfarbe, Netzwerkarbeit. oder von Interessenvertretungen Entscheidungen sonen und/oder Gruppen verletzend sind. Je nach
ohne dass eine konkrete Verdachtslage vorliegt. über etwaige Verletzungen des Gleichbehand- konkretem Inhalt und der Rechtslage des jeweili-
Gefährliche Drohung lungsgebotes zu treffen. In diesen für die betrof- gen Landes können solche Äußerungen auch straf-
Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) Gemäß § 107 Strafgesetzbuch (StGB) ist eine Per- fene Person kostenfreien Verfahren haben die rechtlich relevant sein. Hate speech kann online
Die Europäische Menschenrechtskonvention son, die eine andere gefährlich bedroht, um sie in Gleichbehandlungsanwält *innen ebenso Partei- oder offline erfolgen.
(EMRK) ist eine Konvention des Europarates, in Furcht und Unruhe zu versetzen, mit einer Frei- stellung wie die Betroffenen selbst, die sich dabei
der grundlegende Menschenrechte festgeschrie- heitsstrafe von bis zu einem Jahr oder einer Geld- aber auch von Personen ihres Vertrauens, wie z. B. Klaglosstellungsgespräch
ben sind. In Österreich steht die EMRK in Verfas- strafe zu bestrafen. Vertreter *innen von Nichtregierungsorganisatio- Nach einer Richtlinienbeschwerde gegen polizeili-
sungsrang. Das bedeutet, dass die Rechte, die in der nen wie ZARA, vertreten lassen können. Ergeb- ches Verhalten kann es zu einem Klaglosstellungs-
EMRK festgelegt sind, als Verfassungsrecht gelten. Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) nis eines solchen Verfahrens vor der Kommission gespräch kommen. Das Ziel dieses Gespräches ist,
Bei der Auslegung und Anwendung von (einfachen) Seit 2005 gibt es neben der Anwaltschaft für die ist eine Entscheidung, die im Gegensatz zu einem den Vorfall gemeinsam mit Verteter*innen der
Gesetzen ist besonders darauf zu achten, dass die Gleichbehandlung von Männern und Frauen in gerichtlichen Urteil jedoch nicht zwangsweise Dienststelle und/oder den betroffenen Beamt*in-
Rechte, die in der EMRK festgeschrieben werden, der Arbeitswelt auch jeweils eigene Gleichbehand- durchgesetzt werden kann. nen und dem*der Beschwerdeführer *in zu bespre-
eingehalten werden. lungsanwaltschaften für die Gleichbehandlung chen. Ist die betroffene Person mit dem Verlauf und
unabhängig von ethnischer Zugehörigkeit, Reli- Hass im Netz dem Ergebnis dieses sogenannten „Klaglosstel-
Exekutionsverfahren gion oder Weltanschauung, vom Alter oder von der Unter Hass im Netz versteht ZARA hasserfüllte In- lungsgespräches“ zufrieden, ist das Richtlinienbe-
Stellt ein Gericht eine Rechtsverletzung fest und folgt sexuellen Orientierung in der Arbeitswelt sowie halte, die sich gegen Einzelpersonen oder Gruppen schwerdeverfahren beendet.
aus dieser Rechtsverletzung eine Verpflichtung ei- für den Bereich Diskriminierungen aufgrund der richten. Diese Inhalte beziehen sich häufig auf die
nes*r Beteiligten (etwa eine Schadenersatzzahlung), ethnischen Zugehörigkeit und des Geschlechts in ethnische Zugehörigkeit, die Hautfarbe, sexuelle Klagsverband zur Durchsetzung der Rechte von Dis-
dann kann diese Verpflichtung im Exekutionsver- sonstigen Bereichen (z. B. beim Zugang zu Gütern Orientierung, das Geschlecht, die Religion, eine kriminierungsopfern (KlaV)
fahren durch ein Gericht zwangsweise durchgesetzt und Dienstleistungen). Die GAW (www.gleichbe- Behinderung oder auf das Alter. Oft erfüllen sie Der Klagsverband (www.klagsverband.at) wurde
werden. Dies geschieht etwa durch eine Gehalts- handlungsanwaltschaft.at) ist unter anderem für einen rechtlichen Straftatbestand und sind somit 2004 als Dachverband von NGOs gegründet, die
pfändung, bei der der*die Arbeitgeber*in einen Teil die Beratung von Personen zuständig, die von Dis- illegal. ZARA arbeitet gegen legale sowie illegale bereits in der Bekämpfung von Diskriminierun-
des Gehalts an jemanden anderen auszahlt. kriminierung betroffen sind, und kann Studien zur Formen von Hass im Netz. gen und der Beratung von Betroffenen von Dis-
Diskriminierungssituation in Österreich sowohl in Zu diesem Zweck werden neben E-Mails und Web- kriminierung tätig waren. Heute gehören dem
Feststellungsklage Auftrag geben als auch selbst erstellen. Fälle, die an seiten vor allem soziale Netzwerke missbraucht. KlaV über 40 NGOs als Mitglieder an, die sich
Eine Feststellungsklage zielt darauf ab, das Beste- die GAW herangetragen werden, können über die Hass im Netz kann sich auf unterschiedli- mit Diskriminierungen in unterschiedlichen Be-
hen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses, GAW bei der Gleichbehandlungskommission ein- che Weise manifestieren: Manche Inhalte diskrimi- reichen befassen. Der Klagsverband ist haupt-
eines Rechtes oder auch auf Anerkennung der (Un-) gebracht werden. nieren pauschal ganze Bevölkerungsgruppen. Dies sächlich als beratendes Organ gegenüber den
Echtheit einer Urkunde gerichtlich festzustellen. kann etwa über das Posten hasserfüllter Botschaf- Mitglieds-NGOs tätig. Mandant *innen der Mit-
Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) ten oder dem bewussten Verbreiten von Falschin- glieds-NGOs kann der KlaV auch in Gerichts-
Fortführungsantrag Das österreichische Gleichbehandlungsgesetz formationen und Fake News, die gezielt Unwahr- verfahren nach dem Gleichbehandlungsgesetz
Das Opfer einer Straftat kann die Fortführung des soll Schutz vor Diskriminierungen aufgrund des heiten über eine bestimmte Personengruppe in die vertreten.
Ermittlungsverfahrens beantragen, wenn die Ein- Geschlechts, der ethnischen Zugehörigkeit, der Welt setzen, passieren.
stellung durch die Staatsanwaltschaft dem Gesetz sexuellen Orientierung, der Religion und Weltan- Im Fall von Cyber-Mobbing kennen sich Landesverwaltungsgerichte (LVwG)
widerspricht (z. B. die angezeigte Tat ist sehr wohl schauung sowie des Alters in der Arbeitswelt bie- Betroffene und Täter*in häufig persönlich. Ge- Die Landesverwaltungsgerichte dienen als Be-
strafbar), wenn gegen die Richtigkeit der Tatsa- ten. Außerhalb der Arbeitswelt, z. B. beim Zugang meint ist mit Cyber-Mobbing das vorsätzliche Be- schwerdeinstanzen in Verwaltungsangelegenhei-
chen, die der Beendigung zugrunde liegen, erhebli- zu Gütern und Dienstleistungen, schützt es vor lästigen, Beleidigen oder Bloßstellen im Internet ten, und zwar sowohl in Verwaltungsstrafsachen
che Bedenken bestehen (z. B. Beweismittel wurden Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts und über einen längeren Zeitraum hinweg, sodass die als auch in Administrativangelegenheiten.
falsch qualifiziert) oder wenn sich das Opfer auf der ethnischen Zugehörigkeit. Betroffenen davon erheblich beeinträchtigt wer-

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Maßnahmenbeschwerde Ausgrenzungsversuchen, verächtlichmachenden Presserat ein Verfahren initiieren, in dessen Rah- kriminalisiert, von körperlicher, psychischer und
Die Maßnahmenbeschwerde ist ein Rechtsmittel Äußerungen, Beleidigungen, falschen Anschuldi- men der Senat feststellt, ob die betreffende Ver- sexualisierter Gewalt bedroht. In Österreich ist es
gegen rechtswidriges Polizeihandeln. Sie ist bin- gungen, Drohungen bis hin zu physischer Gewalt. öffentlichung den Vorgaben des Ehrenkodex ent- seit längerer Zeit möglich, unter dem Titel „Ange-
nen sechs Wochen beim zuständigen Landesver- spricht oder nicht. hörige einer sozialen Gruppe“ Asyl aufgrund von
waltungsgericht (LVwG) einzubringen. (Siehe auch: Monitoring homo- bzw. transfeindlicher Verfolgung zu beantra-
„Die eigenen Rechte kennen“ im Kapitel „Polizei“.) Der Begriff Monitoring bezeichnet im Allgemeinen Parteistellung gen. Queer Base unterstützt die Betroffenen dabei.
die systematische Beobachtung bzw. Überwachung Mit der Parteistellung in einem Verwaltungsver- Die Queer Base befindet sich in der Türkis
Mauthausen Komitee Österreich (MKÖ) eines Vorgangs, meist mit technischen Hilfsmit- fahren sind bestimmte Parteirechte verbunden. Rosa Lila Villa und ist im Kontext Wiener LGBTIQ
Das Mauthausen Komitee Österreich (www.mkoe. teln. ZARA betreibt dies in Zusammenhang mit Das sind unter anderem das Recht auf Aktenein- Organisationen entstanden.
at) wurde 1997 vom Österreichischen Gewerk- rassistischen Inhalten, unter anderem in Hinblick sicht, auf Gehör, Verkündung oder Zustellung des
schaftsbund und von der Bischofskonferenz der auf dezidiert rechtsextreme als auch etablierte Me- Bescheids und das Erheben von Rechtsmitteln. Im Rassistische Diskriminierung
römisch-katholischen Kirche mit den Israeliti- dien und Webseiten. Verwaltungsstrafverfahren, etwa wenn auf Grund- Rassistische Diskriminierung ist, wenn Einzelper-
schen Kultusgemeinden Österreich als Partner in lage des Art. III Abs. 1 Z 3 EGVG gegen eine rassis- sonen und/oder eine Gruppe aufgrund der Hautfar-
Form des Vereins als Nachfolgeorganisation der NS-Meldestelle tische Diskriminierung vorgegangen wird, haben be, der Sprache, des Aussehens, der Religionszuge-
Österreichischen Lagergemeinschaft Mauthausen Bei der vom Bundesamt für Verfassungsschutz und Betroffene im Allgemeinen keine Parteistellung hörigkeit, der Staatsbürgerschaft oder der Herkunft
gegründet. Der Verein ist überparteilich und über- Terrorismusbekämpfung (BVT) betriebenen Mel- und erfahren nicht vom Ausgang des Verfahrens. in irgendeiner Form benachteiligt werden.
konfessionell. Er leistet Gedenkarbeit und befasst destelle für NS-Wiederbetätigung können Beiträge
sich mit der wissenschaftlichen und pädagogischen im Internet mit neonazistischen, rassistischen und Privatanklagedelikt Referat Besondere Ermittlungen
Betreuung des ehemaligen Konzentrationslagers antisemitischen Inhalten gemeldet werden. Bei einem Privatanklagedelikt erfolgt die Strafver- Dem Büro Qualitätssicherung der Landespolizei-
Mauthausen und seiner Nebenlager. Das MKÖ tritt folgung der Täter*innen nur auf Betreiben der Be- direktion (LPD) Wien ist das Referat Besondere
für die Wahrung der Menschenrechte aller ein. Da- OÖ. Netzwerk gegen Rassismus und Rechtsextre- troffenen. Die Staatsanwaltschaft wird nicht tätig. Ermittlungen zugeordnet. Dem Referat Besondere
rüber hinaus richtet es sich gegen alle Arten von Fa- mismus Der *die Betroffene muss selbst Privatanklage erhe- Ermittlungen obliegen unter anderem Vorerhebun-
schismus, Rassismus, Neonazismus, Chauvinismus 2001 wurde bei einem Treffen auf Einladung der ben und auch das Prozesskostenrisiko tragen. gen gegen Bedienstete der LPD, die im Verdacht
und Antisemitismus. Welser Initiative gegen Faschismus und des Bil- stehen, vorsätzlich gerichtlich strafbare Handlun-
dungshauses Schloss Puchberg von 26 Organisatio- Privatbeteiligung im Strafverfahren gen begangen zu haben.
Medieninhaltsdelikt nen das oberösterreichische Netzwerk gegen Ras- Die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen
Ein Medieninhaltsdelikt ist eine mit gerichtlicher sismus und Rechtsextremismus (Antifa-Netzwerk erfolgt grundsätzlich auf dem Zivilrechtsweg mit Richtlinienbeschwerde
Strafe bedrohte Handlung, die durch den Inhalt OÖ) gegründet. Das Netzwerk dient seither unter Kostenrisiko für diejenige Person, die die Klage ein- Die Richtlinienbeschwerde stellt eine Möglichkeit
eines Mediums begangen wird und aus einer an anderem dem gegenseitigen Informations- und bringt. Eine durch eine Straftat geschädigte Person dar, das Verhalten von Polizist*innen zuerst durch
einen größeren Personenkreis gerichteten Mittei- Wissensaustausch zu Beobachtungen und Wahr- kann den Ersatz eines Schadens (z. B. Schmerzen- die Dienstaufsichtsbehörde und danach allenfalls
lung oder Darbietung besteht. Darunter fallen etwa nehmungen zu Rechtsextremismus und Fremden- geld bei Körperverletzung) von dem*der Täter *in durch das zuständige Landesverwaltungsgericht
verhetzende Beiträge in sozialen Medien, Zeitun- feindlichkeit sowie der Verstärkung der Zusam- bereits im Strafverfahren begehren, ohne hier- (LVwG) überprüfen zu lassen. Maßstab für die
gen oder sonstigen Medien. menarbeit der Beteiligten. für das Kostenrisiko tragen zu müssen. Die Rich- Überprüfung sind die Vorschriften der Richtli-
ter *innen dieser Verfahren können (müssen aber nien-Verordnung. (Siehe auch: „Die eigenen Rechte
Mimikama Offizialdelikt nicht) Privatbeteiligten bei Verurteilung des*der kennen“ im Kapitel „Polizei“.)
Mimikama (www.mimikama.at) ist ein gemein- Von einem Offizialdelikt spricht man, wenn eine Angeklagten, den zuvor vom Opfer zu beziffern-
nütziger Verein, der sich u.a. mit Falschmeldungen, strafbare oder auch gegen Verwaltungsstrafrecht den Schadenersatz ganz oder teilweise zusprechen. Richtlinien-Verordnung
Abofallen, Spam, schädlichen Links und Phishing- verstoßende Handlung von der zuständigen Be- Das Opfer erspart sich dadurch im Idealfall einen Die Richtlinien-Verordnung enthält einen Kata-
mails befasst und als internationale Koordinations- hörde von Amts wegen verfolgt wird. Sobald eine kosten- und zeitintensiven Zivilprozess und erhält log an Regelungen, an die sich Exekutivbedienstete
stelle zur Bekämpfung von Internetmissbrauch und Strafverfolgungsbehörde von der Begehung eines rasch eine finanzielle Entschädigung. beim Vollzug von Amtshandlungen zu halten haben.
als zentrale Anlaufstelle für Internetuser*innen möglichen Offizialdelikts (z. B. durch eine Anzeige) So sind die Polizeibeamt*innen unter anderem zu
dient, die verdächtige Internetinhalte melden und Kenntnis erlangt, hat sie Ermittlungen einzuleiten. Queer Base – Welcome and Support for LGBTIQ diskriminierungsfreien Amtshandlungen, zur Be-
aufgeklärt haben möchten. Refugees kanntgabe der Dienstnummer und der Verwendung
Österreichischer Presserat Ist eine Organisation von Menschen mit und ohne der höflichen Anrede „Sie“ verpflichtet. (Siehe auch:
Mittelbare bzw. indirekte Diskriminierung Der Presserat (http://presserat.at) ist eine Selbst- Fluchterfahrung. Sie wurde im Jahr 2015 gegründet „Die eigenen Rechte kennen“ im Kapitel „Polizei“.)
Siehe unmittelbare/direkte Diskriminierung regulierungseinrichtung der österreichischen und setzt sich für Flüchtlinge ein, die aufgrund ih-
Printmedien, der u. a. Missstände im Pressewesen rer sexuellen Orientierung und ihrer Geschlechts- Romano Centro
Mobbing aufzeigt und diesen entgegenwirkt. Er gibt den identität fliehen mussten. Der Verein Romano Centro (www.romano-centro.
Unter Mobbing versteht man die über einen län- Ehrenkodex für die österreichische Presse heraus, Die Organisation mit Sitz in Wien dient org/) wurde 1991 als einer der ersten Roma-Verei-
geren Zeitraum hinweg dauernde Schikane eines dem sich österreichische Printmedien unterstellen als Anlaufstelle für lesbische, schwule, bisexu- ne Österreichs gegründet. Im Romano Centro sind
Menschen. Betroffene von Mobbing sind typischer- können. Medienethische Verstöße können beim elle, inter *, Trans* Gender und queere Flüchtlin- Roma*Romnija aus unterschiedlichen Gruppen ver-
weise Ziel von niederschwelligen Aggressionen, Presserat gemeldet werden. Daraufhin kann der ge. LGBTIQ werden in über 70 Ländern der Welt treten, um sich gemeinsam für die Verbesserung der

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Lebensbedingungen von Roma*Romnija und gegen Vorschriften formuliert werden, die in der Praxis Völkermorden, sowie höhere Strafdrohungen u. Mit Projekten und Maßnahmen soll das Mitein-
deren Diskriminierung einzusetzen. Schwerpunkte Personen, die bestimmte Merkmale aufweisen, a. für die Begehung im Internet hinzugekommen. ander und das Verständnis füreinander im Wiener
der Tätigkeit sind Bildung und Kultur. Das Romano gegenüber anderen in besonderer Weise benach- (Siehe auch „Die eigenen Rechte kennen“ im Kapi- Gemeindebau gestärkt und der Dialog gefördert
Centro steht allen Interessierten offen. teiligen können (z. B. Bekleidungsvorschriften, die tel „Internet“.) werden. Die Wohnpartner unterstützen zudem
Träger *innen des muslimischen Kopftuches be- Mieter *innen bei Nachbarschaftskonflikten und
Stadtservice Wien nachteiligen). Solche Vorschriften stellen nur dann WEISSER RING - Verbrechensopferhilfe versuchen, gemeinsam mit ihnen die Probleme
Das Stadtservice Wien kümmert sich um unter- keine Diskriminierung dar, wenn sie durch ein Der WEISSE RING (www.weisser-ring.at) ist eine zu erkennen und Lösungen zu finden. Das Wohn-
schiedlichste Anliegen bezogen auf die Stadt Wien. rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die private, politisch unabhängige und gemeinnützi- partner-Angebot kann kostenlos von allen Bewoh-
ZARA wendet sich an das Stadtservice, wenn es um Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und ge Organisation, die Betroffenen von bestimmten ner *innen städtischer Wohnhausanlagen in An-
die Entfernung rassistischer Beschmierungen geht. erforderlich sind. Verbrechen unentgeltliche Unterstützung anbie- spruch genommen werden.
tet. Diese besteht unter anderem in der rechtlichen
Stelle zur Bekämpfung von Diskriminierungen der Verbotsgesetz Unterstützung in Gerichtsverfahren (insbesondere Zivilcourage
Stadt Wien Das Verbotsgesetz verbietet verschiedene Hand- der Privatbeteiligtenvertretung im Strafverfahren Zivilcourage beginnt mit Wahrnehmung und Ver-
Diese Antidiskriminierungsstelle der Stadt Wien lungen im Zusammenhang mit dem Nationalsozi- gegen den*die Täter*in) und der psychosozialen Be- antwortungsgefühl und mündet in zivilcouragier-
berät Betroffene von Diskriminierungen nach alismus. Unter anderem ist nationalsozialistische treuung von betroffenen Personen. tem Handeln. Dies bedeutet den Mut zu haben,
dem Wiener Antidiskriminierungsgesetz und in- Wiederbetätigung strafbar. Darüber hinaus ver- sich für jemanden, dem Unrecht geschieht einzu-
itiiert auf deren Antrag ein Schlichtungsverfah- bietet es, den nationalsozialistischen Völkermord Wiener Antidiskriminierungsgesetz setzen. Wichtig ist dabei stets, das eigene Wohl-
ren. Wird im Rahmen des Schlichtungsverfahrens oder andere nationalsozialistische Verbrechen Das Wiener Antidiskriminierungsgesetz verbie- befinden sowie den Wunsch der Betroffenen im
keine gütliche Einigung erzielt, können Betroffe- gegen die Menschlichkeit zu leugnen, gröblich tet die Diskriminierung durch Beamt *innen so- Auge zu behalten.
ne Ansprüche vor Gericht geltend machen, wofür zu verharmlosen, gutzuheißen oder rechtfertigen wie Vertragsbediensteten der Stadt Wien wegen
eine Bestätigung über die Inanspruchnahme eines zu suchen. der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion, der Zivilrecht
Schlichtungsverfahrens Voraussetzung ist. Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters, Ein wichtiges Rechtsgebiet, das neben dem Ver-
Verein NEUSTART der sexuellen Orientierung, der Geschlechts- waltungsrecht (z. B. EGVG) und dem Strafrecht
Trusted Flagger Der Verein NEUSTART arbeitet seit 1957 im Be- identität und des Geschlechts, insbesondere (z. B. Verhetzung) steht, ist das Zivilrecht (z. B.
Einige Betreiber *innen sozialer Netzwerke ver- reich der justiznahen Sozialarbeit, der Straffälli- auch wegen Schwanger- und Elternschaft. Vom Schadenersatz). Das Zivilrecht bietet oft Schutz,
geben an vertrauenswürdige Einrichtungen einen genhilfe (Bewährungshilfe, Haftentlassenenhil- Geltungsbereich des Gesetzes sind bestimmte wenn strafrechtliche Tatbestände noch nicht erfüllt
sogenannten „trusted flagger“-Status. Meldun- fe), Opferhilfe und Prävention. Seit Jänner 2018 Bereiche der Hoheits- und Privatwirtschaftsver- sind. Es kann leicht vorkommen, dass eine Aussa-
gen bezüglich problematischer und rechtswid- führt NEUSTART den Modellversuch „Dialog waltung (z. B. Soziales, Gesundheit, Bildung) des ge zivilrechtlich als Ehrenkränkung sanktionier-
riger Inhalte auf den Seiten des sozialen Netz- statt Hass“ durch. Beschuldigte wegen des Verhet- Landes und der Gemeinde Wien erfasst, sofern bar ist, obwohl sie strafrechtlich unproblematisch
werkes durch trusted flagger werden prioritär zungsparagrafen müssen nicht sofort vor Gericht, diese Angelegenheiten in die Regelungskompe- ist. Unterlassungsklagen können auch hilfreiche
behandelt und gründlicher untersucht. Dies führt sondern können in erster Linie diversionell zum tenz des Landes fallen. Werkzeuge darstellen. Im Zivilrecht muss man die
u. a. zu schnelleren Reaktionen sowie höheren sozial konstruktiven Programm „Dialog statt Hass“ eigenen Rechte im Streitfall vor Zivilgerichten ein-
Löscherfolgen. zugewiesen werden. Wohnpartner klagen. Dabei trägt man ein Kostenrisiko, falls man
Die Wohnpartner (www.wohnpartner-wien.at) nicht gewinnt. Zusätzlich ist es meist sinnvoll, sich
Üble Nachrede Verhetzung sind eine Service-Einrichtung der Stadt Wien. anwaltlich vertreten zu lassen.
Üble Nachrede ist ein gemäß § 111 Strafgesetzbuch Der Straftatbestand der Verhetzung (§ 283 StGB)
(StGB) strafbares Delikt, welches ehrverletzende wurde durch die Strafrechtsnovelle 2015 neu for-
unwahre Behauptungen unter gewissen Umstän- muliert, um internationalen Verpflichtungen zu
den unter Strafe stellt. Es handelt sich dabei in aller entsprechen und bestehende Defizite, auch beim
Regel um ein Privatanklagedelikt. Das bedeutet, Schutz aktuell von Hetze betroffener Personen,
dass es nur auf Verlangen des*der Verletzten über auszugleichen. Strafbare Hetze richtet sich gegen
eine Privatanklage verfolgt wird. bestimmte Personengruppen oder ein Mitglied
einer solchen Gruppe und stachelt zu Hass auf
Unmittelbare bzw. indirekte Diskriminierung oder fordert zu Gewalt auf. Bezogen auf rassisti-
Eine unmittelbare bzw. direkte Diskriminierung sche Vorfälle kommen dabei Personen und Perso-
liegt gemäß Gleichbehandlungsgesetz vor, wenn nengruppen als Opfer in Betracht, die u. a. nach
eine Person aufgrund eines bestimmten Merkmals (vorhandener oder fehlender) „Rasse“, Hautfarbe,
(z. B. aufgrund ihrer ethnischen Herkunft) in einer Sprache, Religion, Staatsangehörigkeit, Abstam-
vergleichbaren Situation eine weniger günstige mung und nationaler oder ethnischer Herkunft
Behandlung als eine andere Person erfährt. Eine zusammengefasst werden. Durch die Novelle sind
mittelbare bzw. indirekte Diskriminierung liegt auch neue Tatbestände, wie z. B. das Verbreiten
hingegen vor, wenn dem Anschein nach neutrale hetzerischen Materials oder die Leugnung von

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Schönbrunner Straße 119/13 Tel.: +43 (0) 1 929 13 99


Artikel 1: Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Eingang: Am Hundsturm 7 E-Mail: office@zara.or.at
[Allgemeine Erklärung der Menschenrechte] 1050 Wien Web: zara.or.at

Europa der Frauen. Europa den Frauen.

Weitere Informationen
auf frauen.spoe.at
20 Jahre, 20 Forderungen
Wir fordern …

1 … die Erstellung und Umsetzung eines Nationalen Aktionsplans gegen Rassismus.

2 … dass Medien die tatsächliche oder vermeintliche Herkunft bzw. Staatsbürgerschaft von
Verdächtigen nicht veröffentlichen, da diese keinen relevanten Informationsgehalt haben.

3 … das Asylsystem und das Fremdenwesen nicht für rassistische Diskurse zu missbrauchen.

4 … die adäquate Aufstockung der Ressourcen bei der Staatsanwaltschaft sowie den
polizeilichen Einheiten zur Bekämpfung von Rassismus und Hass im Netz.

5 … die Ausdehnung des Schutzes durch das Gleichbehandlungsgesetz des


Bundes auf allen erfassten Diskriminierungsgründe (Levelling up).

6 … die Harmonisierung der Gleichbehandlungsgesetze der Länder und klarere Regelungen des
Anwendungsbereiches der jeweiligen Gleichbehandlungs- und Antidiskriminierungsgesetze.

7 … die Einführung eines Straftatbestandes zum Schutz der persönlichen


Würde durch Angriffe darauf ohne Öffentlichkeit.

8 … ein Verbandsklagerecht für Gleichbehandlungsanwaltschaft und den


Klagsverband in allen Verfahren nach den Gleichbehandlungsgesetzen.

9 … die Einführung einer Datenbank zur verwaltungsinternen Erfassung von Verwaltungsstrafen nach
Art III Abs 1 Z 3 EGVG, damit die Sanktion des Art 87 Abs 1 Z 3 GewO angewendet werden kann.

10 … die Parteistellung für ZARA in EGVG-Verfahren nach Art III Abs 1 Z 3


und 4 sowie in Verfahren gem. § 87 Abs.1 Z 3 Gewerbeordnung.

11 … die Parteistellung für ZARA und Klagsverband in Verwaltungsstrafverfahren


nach dem Gleichbehandlungsgesetz.

12 … die Ausdehnung der Verjährungsfrist bei Medieninhaltsdelikten auf die allgemeine


Verjährungsfrist, wenn es um Hass und Hetze geht. Die Verjährungsfrist für Hostprovider *innen
soll erst ab der Kenntnisnahme des illegalen Inhaltes zu laufen beginnen.

13 … adäquates Ermitteln und Anwenden der „besonderen Erschwerungsgründe“ in § 33


Abs. 1 Z 5 des Strafgesetzbuches in Fällen von vorurteilsmotivierten Straftaten.

14 … von der Polizei, der Verpflichtung nachzukommen, Betroffene von vorurteilsmotivierten


Straftaten an geeignete zivilgesellschaftliche Einrichtungen zu vermitteln.

15 … einen verbesserten Schutz vor sekundärer Viktimisierung von Menschen,


die sich über polizeiliches Fehlverhalten beschweren.

16 … dass Betroffenen keine Kosten für Maßnahmen- und


Richtlinienbeschwerden gegen polizeiliches Verhalten anfallen.

17 … eine verpflichtende Einladung der Betroffenen zum „Klaglosstellungsgespräch“


bei Richtlinienbeschwerden gegen die Polizei sowie die verpflichtende
Mitwirkung der am Vorfall beteiligten Beamt*innen daran.

18 … die Anbringung von Überwachungskameras in den Räumlichkeiten


sämtlicher Polizeiinspektionen Österreichs.

19 … die transparente Zuteilung von Schüler *innen zu Schulen, um


Integration zu fördern und Separation zu vermeiden.

20 … die Bereitstellung von Ansprechpersonen für Probleme mit Rassismus an jeder Schule.

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