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Ahmed, Iftekhar
Matrikelnummer: 6838852
Bibliographie ............................................................................................................................ 17
Eigenständigkeitserklärung .................................................................................................. 19
1. Doppelte Ästhetik und vermischte Empfindungen – Ein historischer
Abriss
Das Element der doppelten Ästhetik ist das typische Merkmal des ästhetischen
Wesens der Moderne. Sie bezeichnet eine Zweiteilung der Ästhetik, wobei diese
in sich selbst gebrochen wird.1 Diese Brechung führt dann zu einer ästhetischen
Zweiteilung äußerst sich essentiell darin, dass die Ästhetik in zwei Klassen
Philosophical Inquiry into the Origin of our Ideas of the Sublime and Beautiful (1757)
Versuch der Begründung eines ästhetischen Sensualismus und trennt auf diese
Weise das erste Mal das Erhabene in aller Deutlichkeit vom Schönen. Laut ihm
setzen sich das Schöne und das Erhabene zu einem oppositionellen System
zusammen. Sowohl das Erhabene als auch das Schöne sowie die von ihnen
grundsätzliche Triebe gibt, den Trieb nach Selbsterhaltung und den nach
Gesellschaft.3
1 Zelle, Carsten. 1995. Die doppelte Ästhetik der Moderne. Stuttgart: J. B. Metzler. S. 7.
2 Ebd. S. 10.
3 Strube, Werner. Einleitung. In: Burke, Edmund. 1989. Philosophische Untersuchung über den
Ursprung unserer Ideen vom Erhabenen und Schönen. Hamburg: Meiner. S. 13.
ohne, dass dadurch der Menschen einer echten, großen Gefahr ausgesetzt würde,
Das Schöne beruht auf dem Trieb nach Gesellschaft. Durch all das, was das
Bedürfnis nach Gesellschaft stillt, wird des Menschen Liebe bewegt. Wenn dieser
Trieb nicht auf die „Gesellschaft der Geschlechter“5 abzielt, sondern auf
Geselligkeit, so ist das Stillen dieses Bedürfnisses zärtliche, von Gelüsten freie
Zuneigung.6
Zur Etablierung des Ästhetischen als eigenen Bereich, der nicht von rationalen
und moralischen Urteilen berührt ist, hält Burke sich dabei an den
Gemüts. Seine Definition des Erhabenen (the sublime) ist vergleichsweise simpel:
„Alles, was auf irgendeine Weise geeignet ist, die Ideen von Schmerz und Gefahr
zu erregen, das heißt alles, was irgendwie schrecklich ist oder mit schrecklichen
Objekten in Beziehung steht oder in einer dem Schrecken ähnlichen Weise wirkt,
ist eine Quelle des Erhabenen; das heißt, es ist dasjenige, was die stärkste
Der Schrecken (terror) ist das „beherrschende Prinzip des Erhabenen“8. Es ist
jedoch nicht so, dass Schmerz und Schrecken zu jeder Zeit etwas Erhabenes an
sich hätten. Sie können „aus einer gewissen Entfernung und unter gewissen
Modifikationen […] froh machen“9. Laut Burke ist der Schrecken alles in allem
die mächtigste Empfindung, die das Gemüt überkommen kann. Sie lähmt den
Menschen und ruft, wenn sie intensiv ist, Erschauern (astonishment) hervor, also
4 Ebd.
5 Burke, Edmund. 1989. Philosophische Untersuchung über den Ursprung unserer Ideen vom
Erhabenen und Schönen. Hamburg: Meiner. S. 73.
6 Strube, Werner. Ebd.
8 Ebd. S. 92.
9 Ebd. S. 73.
einen Gemütszustand, bei dem alle Bewegungen der Seele paralysiert sind und
in dem ein gewisser Grad von Schrecken bzw. ein „gemäßigter Schrecken“
Vermischung des Schreckens mit Freude oder Lust. Ein Schrecken, dem man
unter beherrschten und gesteuerten Bedingungen ausgesetzt ist, wie bspw. ein
Schrecken, den man aus sicherer Distanz observiert oder ein Schrecken, der nur
gespielt ist, ruft laut Burke somit einen „frohen Schrecken“ (delightful horror)11
hervor.
Dieser frohe Schrecken als Auswirkung des Erhabenen bildet das zentrale
Element der Ästhetik nach Burke. Laut ihm ist der Schrecken der einzige
Grundsatz des Erhabenen. Eine solche Gefahr, die nicht als in umgehender
Auch Immanuel Kant geht in seiner Kritik der Urteilskraft (1790) tiefergehend auf
das Schöne und das Erhabene ein. Seine Auffassung davon steht in der Tradition
Laut Kant ist das Schöne „das, was ohne Begriffe, als Objekt eines allgemeinen
10 Ebd. S. 176.
11 Ebd. S. 92.
12 Irrlitz, Gerd. 2010. Kant-Handbuch: Leben und Werk. Stuttgart : Verlag J. B. Metzler. S. 560.
14 Ebd. S. 165.
von einer „negative[n] Lust“15, denn dadurch wird „das Gemüt von dem
abgestoßen wird“16. Das Erhabene ist „eine Lust […], welche nur indirecte
entspringt, nämlich so, dass sie durch das Gefühl einer augenblicklichen
bei Burke resultiert das Erhabene bei Kant nicht aus einem physiologischen
Vorgang, sondern wird von der Divergenz von Vernunft und Vorstellungskraft
Kontemplation“19 voraus, so ist das Erhabene „eine mit der Beurteilung des
und dem Dynamisch-Erhabenen. Bei Beiden ist das Erhabene das Ergebnis einer
ihrer Macht, zur unbedeutenden Kleinigkeit. Aber ihr Anblick wird nur um desto
anziehender, je furchtbarer er ist, wenn wir uns nur in Sicherheit befinden; und
15 Ebd.
16 Ebd.
17 Ebd.
anderer Art in uns entdecken lassen, welches uns Mut macht, uns mit der
ist jedoch ist dem Physischen überlegen, und so obsiegt die Vernunft über die
Naturgewalten.
Beschreibung des Erhabenen als das, „was schlechthin groß ist“22. Dieses
Großsein ist es, welches das Innerliche affiziert, und zwar dadurch, dass das
Was die Mischung entgegengesetzter Gefühle oder den Doppeleffekt des gemischten
Gefühls angeht, so bildet sich in der Tragödientheorie und Ästhetik des 18.
Tradition heraus, welche selbst zurückzuführen ist auf die Beschäftigung mit der
21 Ebd. S. 185-186.
22 Ebd. S. 169.
23 Ebd. S. 181.
24 Reibnitz, Barbara von. 1992. Ein Kommentar zu Friedrich Nietzsche „Die Geburt der Tragödie aus
S. 134.
Auch Friedrich Schiller schreibt: „Das Gefühl des Erhabenen ist ein gemischtes
Gefühl. Es ist eine Zusammensetzung von Wehsein, das sich in seinem höchsten
Grad als ein Schauer äußert, und von Frohsein, das bis zum Entzücken steigen
kann und ob es gleich nicht eigentlich Lust ist, von feinen Seelen aller Lust doch
Heinrich Heine wollte sich ebenfalls, trotz dessen, dass er die romantische
Schule kritisierte, nicht des, von der Literatur der Romantik kundgetanen,
26Schiller, Friedrich. Über das Erhabene. In: Schiller, Friedrich. 1989. Sämtliche Werke. Bd. 5. S. 796.
27Heine, Heinrich. Die romantische Schule. In: Heine, Heinrich. 1981. Sämtliche Schriften. Bd. 5. S.
362.
2. Doppelte Ästhetik und vermischte Empfindungen bei Nietzsche
Nach dem Erscheinen von Nietzsches Erstlingswerk Die Geburt der Tragödie gab
Nachhinein jedoch geriet das Werk zuerst in Vergessenheit, um dann nach zwei
jungen Künstler des Fin de Siècle, die vor allem von der Bilderwelt und
ist Nietzsche überhaupt zu einem Wiedergänger geworden, der quer durch die
Literatur geistert“28.29
noch junge Professor in Basel zu Richard Wagner steht und wie sehr er Arthur
Schopenhauer bewundert.30
einander sowohl in der Kunst gegenüber als auch in der Natur. Sie werden von
des Rausches“31 verglichen. Die Wurzel der bildenden Kunst und ebenfalls
„einer wichtigen Hälfte der Poesie“ ist der „schöne Schein der Traumwelten“32.
28 Grimminger, Rolf. Nietzsche, Freud, Hofmannsthal. Zur literarischen Psychologie im Fin de Siècle.
In: Bornscheuer, Lothar; Kaiser, Herbert; Kulenkampff, Jens (Hrgs.). 1993. Glaube, Kritik,
Phantasie. Europäische Aufklärung in Religion und Politik, Wissenschaft und Literatur. Frankfurt:
Peter Lang. S. 40.
29 Eder, Antonia. 2014. Der Pakt mit dem Mythos. Hugo von Hofmannsthals ›zerstörendes Zitieren‹
und die Welt des Traums und des schönen Scheins, durch die „das Leben
möglich und lebenswerth gemacht wird“33. Nietzsche hebt diese jedoch ebenfalls
als eine Welt hervor, die eindeutige Eingrenzungen hat. Es gibt eine Grenze
„um nicht pathologisch zu wirken“34. Die Realität wird erträglich, wenn man
diese Scheinwelt betrachtet, aber diese Scheinwelt möchte eine Welt des Scheins
bleiben und nicht etwa als Realität aufgefasst werden; zu den Merkmalen des
ist eine Ruhequelle. Recht gut entfaltet sich diese Idee in dem von Nietzsche
„Und so möchte von Apollo in einem excentrischen Sinne das gelten, was
Schopenhauer von dem im Schleier der Maja befangenen Menschen sagt. […]
„Wie auf dem tobenden Meere, das, nach allen Seiten unbegränzt, heulend
Wellenberge erhebt und senkt, auf einem Kahn ein Schiffer sitzt, dem schwachen
Fahrzeug vertrauend; so sitzt, mitten in einer Welt von Qualen, ruhig der
individuationis“.“35
dadurch mit einem Male sowohl Entsetzen als auch Faszination ausgelöst,
„innerste[] Grund[] des Menschen, ja [die] Natur“ zugrunde. Hier kommt die
Idee des „Dionysischen“ zum Ausdruck, welche von Nietzsche mit dem
33 Ebd. S. 27-28.
34 Ebd. S. 28.
35 Ebd.
36 In der Ästhetik ist das Prinzip der Individuation das apollinische Kunstprinzip und Apollo
narkotischen Getränkes, […] oder bei dem gewaltigen, die ganze Natur lustvoll
Maßhaltens stattfindet.
Nietzsche sagt, dass Apollo „nicht ohne Dionysus leben“ 38 könne. Dionysos ist
nicht unmittelbar als so vollkommen gegensätzliche Triebe an, als dass sie sich
bekämpfen würden.39
Nietzsche sagt weiter, dass alle, die Kunst betreiben, „Nachahmer“ einer der
beiden Natur- Triebe sind. Es gibt zwei Arten von Künstlern, den „apollinischen
Die beiden „Kunsttriebe der Natur“ finden sich zuerst einmal in den
wieder. Nach Nietzsche erfolgt erst in der Tragödie eine ,,Versöhnung" der
beiden Kunstformen.
Ästhetik des 18. Jahrhunderts zurück“. Nietzsche wirft die Frage nach dem
37 Ebd. S. 28-29.
38 Ebd. S. 40.
39 Beyer, Uwe. 1992. Christus und Dionysos: Ihre widerstreitende Bedeutung im Denken Hölderlins
von der dieser Dialektik praktisch eliminierte „Dualität des Schönen und
Schöne dem Erhabenen gegenüber, wobei das Apollinische der Schönheit und
Prinzipien der Ästhetik sind als Kunsttriebe der Natur zu denken.44 Dem
Dionysischen kommt eine Priorität zu, da Nietzsche das Dionysische mit dem
Menschen, ja der Natur emporsteigt, so thun wir einen Blick in das Wesen des
Dionysischen, das uns am nächsten noch durch die Analogie des Rausches
gebracht wird.“45
von der Welt als Vorstellung und der Welt als Wille verschrieben.46
Dieses Werk lässt jedoch ebenfalls eine bereits frühzeitig auftretende Loslösung
Tragödie eine Form, in der das Grauenvolle des Lebens dargestellt wurde. Die
44 Kuhlemeier, Florence. 2008. 'Apollinisch und Dionysisch'. Ursprung, Anwendung und Paarung der
man sich dem Verzagen hinwendet und den Willen zum Leben verneint.47
Schopenhauer schreibt: „Wenn demnach die Alten den Geist der Resignation,
das Abwenden des Willens vom Leben, an ihren tragischen Helden selbst, als
Nietzsche hat hier jedoch eine andere Position, und zwar, dass die Tragödie viel
eher der Nachweis dafür sei, dass die alten Griechen gerade nicht pessimistisch
waren. Für ihn stellt die Tragödie die größte Manifestation der Tatsache dar, dass
der Wille zum Leben bejaht wird. In der Tragödie sind nach Nietzsche Schmerz
und Lust unentwirrbar miteinander verwoben. Dabei stellt das Tragische die
Quelle all dessen dar, was künstlerisch ist, und sodann durch das unheilvolle
anheimfällt. Das dionysische Moment, also das Grausen, die Verzückung und
der Rausch, sind laut Nietzsche seitdem aus der Tragödie verschwunden. Was er
erhofft, ist das der griechische Mythos im Musikdrama von Richard Wagner
erneuert wird.49
Quietismus keine Basis. Gemäß Barbara von Reibnitz scheint Nietzsche sich
hier am „Ekstasisbegriff“ zu orientieren, wie ihn bspw. Jacob Bernays für seine
47 Ebd.
48 Schopenhauer, Arthur. 1988. Die Welt als Wille und Vorstellung. Zürich: Haffmanns. S. 506.
49 Körber, Thomas. Ebd.
Theorie der tragischen Katharsis zugrunde legte und Yorck v. Wartenburg in
weiterbildete.50
Yorck v. Wartengurg schreibt: „Wie die Ekstase aber nichts anderes ist, als ein
sich Verlieren an die Herrschaft der Mächte der Natur, so wird sie dadurch
bewirkt, dass dem Andrängen der Natur Thor und Thür geöffnet werden durch
Erregung und Steigerung der Affekte des Schmerzes und der Lust. Denn dies
sind die Wurzeln, mit welchen der Mensch der Natur anhaftend, ihre Kräfte in
sich aufnimmt. […] In der Ekstase aber sind die Affekte, welche sie
Schrecken Freude, die Lust hat etwas krampfhaft Schmerzliches. Die Ekstase ist
wodurch Beschränkung und Maß keinerlei Macht mehr haben, und das Subjekt
Natur ihre Saturnalien, in der Tragödie erstrebt sie durch Schmerz und Schrecken
Nietzsche schreibt weiter: „Unter dem Zauber des Dionysischen schließt sich
nicht nur der Bund zwischen Mensch und Mensch wieder zusammen: auch die
mit ihrem verlorenen Sohne, dem Menschen […] jetzt ist der Sklave freier Mann,
jetzt zerbrechen alle die starren feindseligen Abgrenzungen, die Not, Willkür
Kontext „als eine vermischte Empfindung.“54 Das Individuum erfährt „in einer
der Natur.
Nietzsche beschreibt die Musik des Dionysischen als „die erschütternde Gewalt
des Tones, der einheitliche Strom des Melos und die durchaus unvergleichliche
Es gibt also auf der einen Seite eine „erschütternde Gewalt“ und auf der anderen
Grausamkeit war hier ohne Kraft: nur die wundersame Mischung und
Schmerzen Lust erwecken, dass der Jubel der Brust qualvolle Töne entreißt.“
Die „Kunst allein vermag jene Ekelgedanken über das Entsetzliche oder
Absurde des Daseins in Vorstellungen umzubiegen, mit denen sich leben lässt:
diese sind das Erhabene als die künstlerische Bändigung des Entsetzlichen
und das Komische als die künstlerische Entladung vom Ekel des Absurden.“57
Burke, Edmund. 1989. Philosophische Untersuchung über den Ursprung unserer Ideen
Eder, Antonia. 2014. Der Pakt mit dem Mythos. Hugo von Hofmannsthals
Rombach.
Fin de Siècle. In: Bornscheuer, Lothar; Kaiser, Herbert; Kulenkampff, Jens (Hrgs.).
Heine, Heinrich. Die romantische Schule. In: Heine, Heinrich. 1981. Sämtliche
Irrlitz, Gerd. 2010. Kant-Handbuch: Leben und Werk. Stuttgart : Verlag J. B. Metzler.
Körber, Thomas. 2006. Nietzsche nach 1945. Zu Werk und Biographie Friedrich
und Neumann.
https://dspace.library.uu.nl/handle/1874/27285
Karlsruhe: Schmieder.
Nietzsche, Friedrich. Die Geburt der Tragödie. In: Colli, Giorgio; Montinari,
Reibnitz, Barbara von. 1992. Ein Kommentar zu Friedrich Nietzsche „Die Geburt der
Tragödie aus dem Geiste der Musik“ (Kap. 1-12). Stuttgart: Metzler.
Schiller, Friedrich. Über das Erhabene. In: Schiller, Friedrich. 1989. Sämtliche Werke.
Bd. 5. S. 792-808.
Schopenhauer, Arthur. 1988. Die Welt als Wille und Vorstellung. Zürich:
Haffmanns.
über den Ursprung unserer Ideen vom Erhabenen und Schönen. Hamburg: Meiner. S.
9-32.
von Wartenburg, Yorck. 1866. Die Katharsis des Aristoteles und der Oedipus
Zelle, Carsten. 1995. Die doppelte Ästhetik der Moderne. Stuttgart: J. B. Metzler.
Eigenständigkeitserklärung
Hiermit bestätige ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig verfasst und
keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel benutzt habe. Die Stellen der
Arbeit, die dem Wortlaut oder dem Sinn nach anderen Werken (dazu zählen
kenntlich gemacht.
Iftekhar Ahmed
Altenstadt, 24.08.2019