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4 EC-Motoren ......................................................................................................................... 2
4.1 Einleitung ...................................................................................................................... 2
4.1.1 Anwendungen ......................................................................................................... 2
4.1.2 Begriffsbestimmung ............................................................................................... 2
4.1.3 Historie ................................................................................................................... 3
4.1.4 Leistungsbereiche und Abgrenzungen ................................................................... 4
4.2 Aufbau ........................................................................................................................... 4
4.3 Funktion ........................................................................................................................ 6
4.3.1 Induktion ................................................................................................................ 6
4.3.2 Induzierte Spannung ............................................................................................... 7
4.3.3 Kommutierung ....................................................................................................... 8
4.3.4 Drehmoment und Leistung ................................................................................... 10
4.3.5 Modellierung der Maschine.................................................................................. 11
4.4 Systemgestaltung und Ansteuerung ............................................................................ 13
4.4.1 Aufbau .................................................................................................................. 13
4.4.2 Schaltsequenz Blockkommutierung ..................................................................... 13
4.4.3 Spannungssteuerung durch Pulsweitenmodulation .............................................. 14
4.4.4 Sinuskommutierung ............................................................................................. 16
4.4.5 Sensorlose Kommutierung ................................................................................... 16
4.5 Betriebsarten ............................................................................................................... 17
4.6 Synchronmaschinen .................................................................................................... 17
4.6.1 Drehstromspeisung ............................................................................................... 17
4.6.2 Vektorregelung mit Raumzeiger .......................................................................... 18
4.6.3 Betriebsverhalten und Parameter.......................................................................... 21
4.7 Literaturverzeichnis und Quellen ................................................................................ 22
März 2017
Alberto Colotti
alberto.colotti@zhaw.ch
ZHAW / SoE 4 EC-Motoren
Grundlagen der Antriebstechnik 4.1 Einleitung
4 EC-Motoren
4.1 Einleitung
4.1.1 Anwendungen
EC-Motoren bezeichnen kleine Motoren, welche meist mit Kleinspannung betrieben werden
und einen Ersatz oder eine Alternative zu DC-Motoren darstellen. Ein zweiter Einsatzbereich
betrifft den Ersatz von asynchronen Spaltpolmotoren, bei denen eine bürstenlose Anordnung
notwendig ist, und dank dem Einsatz von Permanentmagneten eine wesentlich kompaktere
Bauform erreicht wird.
4.1.2 Begriffsbestimmung
Redet man in der Antriebstechnik von Wechsel- oder von Gleichstrommotoren, so ist im Prin-
zip die Art der Speisung des Motors gemeint. An den Klemmen eines Gleichstrommotors wird
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ZHAW / SoE 4 EC-Motoren
Grundlagen der Antriebstechnik 4.1 Einleitung
eine Gleichspannung, an den Klemmen eines Wechselstrommotors eine Wechselspannung an-
gelegt. Dies gilt nicht für den BLDC (Brushless-DC, „Bürstenloser Gleichstrommotor“). Die
Bezeichnung hat sich eingebürgert und meint aber nicht die Speisung des Motors sondern die
des Antriebssystems. Da zwischen der präzisen Bedeutung von Begriffen und deren Anwen-
dung nicht immer eine völlige Übereinstimmung herrscht, seien an den Anfang die folgenden
Begriffe aus der Welt der elektrischen Motoren vorgestellt.
Kommutierung: Heisst in der Mathematik und im allgemeinen Sprachgebrauch vertau-
schen. In der Antriebstechnik und der Leistungselektronik bezeichnet der Begriff die Än-
derung der Stromrichtung oder die Änderung des stromführenden Pfades. Ohne eine Kom-
mutierung kann keine elektrische Maschine eine Bewegung erzeugen.
Kommutator: Stromwender der Gleichstrommaschine, die Bürsten und die Lamellen wel-
che den Strom je nach Lage in verschiedene Stromzweige leiten.
Elektronische Kommutierung: Kommutierung mit elektronischen Schaltelementen.
Gleichstrommotoren: Bürstenbehaftete Motoren, mit Gleichstrom gespeist.
Kommutatormotoren: Bürstenbehaftete Motoren, mit AC oder DC gespeist.
Universalmotoren: Bürstenbehaftete Motoren, für 1-phasen AC Betrieb vorgesehen
Drehstrommotoren: Bürstenlose Motoren, mit AC (Drehstrom) gespeist, aus dem Netz
oder über eine leistungselektronische Schaltung
Elektronisch kommutierte Motoren (EC-Motoren): Speisung aus einer Elektronik(Umrich-
ter, Steller, Regler, Verstärker, …), an den Klemmen erscheint ein Wechselspannung, nor-
malerweise kein reiner Sinus, eher trapezförmiger Stromverlauf
BLDC Motoren: wie EC-Motoren, Begriff ist irreführend aber gebräuchlich, für sich ge-
nommen ist der Motor kein DC Motor, im System hat er von aussen gesehen die gleichen
Eigenschaften
Schrittmotoren (Stepper-Motors): EC-Motoren, bei denen aber die Phasen sequentiell ein-
geschaltet werden und mit jedem Stromimpuls eine Schrittweite bewegt wird.
Synchronmotoren: Bürstenlose Motoren mit gleichem Aufbau wie die EC Motoren aber
normalerweise mit einer Drehfeldbestromung (Sinusspeisung)
4.1.3 Historie
Die Historie der bürstenlosen Motoren begann in den 60’er Jahren in den USA. Die Raumfahrt
hatte Bedürfnisse nach drehzahlveränderlichen Antrieben, welche ohne Bürsten auskommen
mussten. Da Luft bei reduziertem Druck schlechter isoliert (Paschen-Kurve) mussten Motoren
eingesetzt werden, welche keine blanken Oberflächen der Leiter aufweisen. Etliche Patenten
und Entwicklungen in diesem Bereich gehen deshalb auf die NASA zurück.
In den 80’er Jahren wurden die BL Technologien auch für andere Märkte interessant. Die Elekt-
ronik war billiger geworden und die ersten Seltenen-Erden Magnete machten die Realisierung
der Erregung mit Magneten viel einfacher und günstiger. Man setzte die BL-Technologie erst-
mals auch in industriellen Anwendungen mit hohen Anforderungen an die Regelgenauigkeiten
ein. Hier spricht man nicht von BLDC oder EC-Motoren sondern von PM-Synchronmotoren
oder von Drehfeld-SM.
Ein weiterer Entwicklungsschritt setzte in den späten 90’er Jahren ein und dauerte bis ins 21.
Jahrhundert. Die Magnete wurden durch den Eintritt von China als Produktionsland um Fakto-
ren billiger. Ein regelrechter Hype in Richtung PM-Maschinen setzte ein.
PM-Maschinen als EC-Motoren oder als Synchronmotoren sind nicht mehr wegzudenken. Die
Preise sind zwar wieder angestiegen scheinen aber nun einen stabilen Stand erreicht zu haben.
Die jüngste Entwicklung mit einem starken Trend zu sensorlosen Regelungsverfahren bringt
eine neue Unruhe in die Begriffswelt der EC-Motoren. EC-Motoren waren immer mit schalten-
den Hallsensoren ausgerüstet und wurden daher mit einem trapezförmigen Strom gespeist, die
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Grundlagen der Antriebstechnik 4.2 Aufbau
Kommutierung erfolgte zu diskreten Zeitpunkten abhängig von den Zuständen der Sensoren.
Mit sensorlosen Regelalgorithmen und der Möglichkeit, kontinuierlich die Position des Rotors
zu identifizieren kommt dieses Paradigma ins Wanken. In einfachen Anwendungen werden
auch Sensorlos nur Schaltflanken ermittelt und der Strom bleibt trapezförmig. Es ist aber mög-
lich auch eine sinusförmige Speisung zu realisieren. Das Gerät wird nicht teurer und die Grenze
zu den Synchronmotoren verschwindet.
4.2 Aufbau
EC- Motoren sind Synchronmotoren, der Rotor dreht sich mit der gleichen Geschwindigkeit
wie das vom Stator erzeugte Magnetfeld. Es gibt keinen Schlupf wie bei der Asynchronma-
schine. Zur Erzeugung des Statordrehfeldes wird eine Wicklung mit mehreren Phasen benötigt.
Die weitaus gebräuchlichste Form ist die Wicklung mit drei Phasen, wie sie auch im Dreh-
stromnetz und bei Drehstrommotoren verwendet wird.
Mit der Anordnung der Wicklungen im Stator wird bestimmt, wie viele Pole des Magnetfeldes
erzeugt werden. Es kann mit jeder Strangzahl jede Anzahl der Pole gebildet werden. Die Wick-
lungen werden entweder konzentriert um einen Zahn oder als verteilte Wicklungen im Stator
eingelegt (Abbildung 4-4). Bei sogenannten Luftspaltwicklungen sind die Drähte der Wicklun-
gen Ausserhalb des Eisenpaketes angeordnet.
4-4
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Grundlagen der Antriebstechnik 4.2 Aufbau
Der Rotor muss die gleiche Anzahl Magnetpole wie der Stator aufweisen. Sie werden durch
das Anbringen von Dauermagneten an einem ferromagnetischen Körper realisiert. Die Magnete
sind aus Seltenen-Erden (meist NdFeB, selten SmCo) oder aus Ferriten realisiert. Die Seltenen-
Erden Magnete („rare earth magnets“) haben eine etwa dreimal höhere Energiedichte und wer-
den daher bevorzugt eingesetzt. Da Ferrite aber wesentlich günstiger sind (Faktor 6..10) kom-
men sie bei Massenwaren (z.B. Spielzeuge) oft zum Einsatz.
Charakteristisch für die Beschreibung eines Permanentmagneten und für die Berechnung eines
Magnetkreises mit Permanentmagneten ist seine Magnetisierungskennlinie. Typisch für einen
hartmagnetischen Werkstoff ist, dass er auch bei Belastung mit einer magnetischen Feldstärke
einen Fluss entgegen der Richtung der Feldstärke aufrechterhalten kann. Der Magnet besitzt
eine innere magnetische Quellstärke, die sogenannte Polarisation, welche eine magnetisches
Feld in seiner Umgebung aufbauen kann. In der Abbildung 4-6 sind die Magnetisierungkennli-
nie und die Polarisationskennlinie dargestellt. Die Eigenschaften von Permanentmagneten sind
Temperaturabhängig. Dies ist ein wichtiger Aspekt im Einsatz bei elektrischen Maschinen. Bei
einer etwa üblichen Erwärmung von ca. 100 K verliert ein NdFeB Magnet ca. 12% seiner
Remanenzinduktion. Dieser Temperaturkoeffizient muss für eine genaue Berechnung eines Be-
triebspunktes berücksichtigt werden:
Br Br , 20 1 Br (4-1)
Br: Temperaturkoeffizient der Remanenzinduktion
Br,20: Remanenzinduktion bei Raumtemperatur von 20 °C
Erwärmung des Magneten gegenüber 20 °C
4-5
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Grundlagen der Antriebstechnik 4.3 Funktion
J B B(H)
m 0×
H
magnetische B =m r
Polarisation J
J(H) Abbildung 4-6 Magneti-
Br sierungskennlinie B(H)
eines hartmagnetischen
Werkstoffes. Ebenfalls
HCJ HCB eingezeichnet ist die so-
H
genannte Polarisations-
kennlinie J(H).
Die Eigenschaften der wichtigsten Magnetmaterialien sind in der Tabelle 4-2 aufgelistet.
4.3 Funktion
4.3.1 Induktion
Das Prinzip jedes bürstenlosen Motors, bei dem die Kommutierung des Stromes extern durch-
führt wird, basiert auf der Induktion einer Spannung, wenn ein Magnetfeld in einer Spule be-
wegt wird. Das Induktionsgesetz beschreibt den Zusammenhang zwischen einem Fluss und der
entstehenden Spannung:
d
u (4-2)
dt
Dabei ist der umfasste magnetische Fluss der betrachteten Leiteranordnung. Mit der häufig
verwendeten und für die Dimensionierung von magnetischen Kreisen entscheidenden Fluss-
dichte oder Induktion B (Einheit Tesla: 1T=1Vs/m2) gilt für den Fluss das Integral
B × dA (4-3)
A
In Spulen mit N Windungen wird der verkettete magnetische Fluss definiert, der für die In-
duktionswirkung verantwortlich ist. Es gilt:
d d
ui N (4-4)
dt dt
Die Darstellungen in der Abbildung 4-7 zeigen die beteiligten Grössen für den Induktionsvor-
gang in elektrischen Maschinen.
4-6
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Grundlagen der Antriebstechnik 4.3 Funktion
4-7
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Grundlagen der Antriebstechnik 4.3 Funktion
4.3.3 Kommutierung
Die Maschine produziert dann am meisten Drehmoment, wenn der Strom genau dem Pol ge-
genüber eine gleichbleibende Richtung aufweist. Wird der Strom auf diese Weise von aussen
eingeprägt, so entsteht im Prinzip das gleiche Bild wie bei der Gleichstrommaschine, wo der
Kommutator für diesen Zustand verantwortlich ist. Betrachtet man die Lage der Spannungen in
der Abbildung 4-8 so entspricht die Forderung für die Stromlage der Bedingung, dass der
Strom und die Strangspannungen in Phase sein müssen. Aus den Grundlagen der Wechsel-
stromlehre ist bekannt, dass die Leistung einer Wechselspannung
P U × I × cos (4-7)
ist und bei =0 maximal wird. Die Betrachtung der Kraftwirkung und die Leistungsberechnung
ergeben also die gleiche Bedingung für die Lage des einzuprägenden Stromes. Die Folge der
Phasen und der genaue Zeitpunkt, wann der Strom eingeschaltet werden muss, werden durch
die Detektion des Magnetfeldes des Rotors mit einem Magnetfeldsensor bei jeder Wicklung
bestimmt.
4-8
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Grundlagen der Antriebstechnik 4.3 Funktion
HW
W
U
Abbildung 4-9 Strangspannungen, verket-
tete Spannungen und Signale der Magnetfeld-
HU HV
V sensoren für eine Umdrehung einer in Stern ge-
schalteter, zweipoligen Maschine. Die verket-
teten Spannungen eilen den Sternpunktspan-
nungen um 30° vor. Mit der geeigneten Platzie-
rung der Sensoren wird die Lage des Rotors ab-
uUV getastet
uU
HU
60° 90° wt
HV
uV
uVW
uW
HW
uWU
4-9
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Grundlagen der Antriebstechnik 4.3 Funktion
In den meisten Steuerungen für EC-Motoren ist die Speisung der Hall-Sensoren bereits inte-
griert. Die drei Hallsensoren werden dann auf das gleiche Potential bezogen und mit Open-
Collector Ausgängen und integriertem Pull-Up Widerständen getrieben. Zu beachten ist, dass
die Speisung der Hall-Sensoren nicht galvanisch von Leistungsseite getrennt ist und daher bei
Messungen mit einem KO ein gemeinsamer Bezug oder potentialfreie Messpunkte nötig sind.
Abbildung 4-10 Induzierte Verkettete Spannungen und Strangströme. Da der Strom jeweils
zwischen zwei Anschlüssen fliesst, ist die Leistung in jedem Augenblick
gleich dem Produkt von verketteter Spannung und Strom
U Ui
Die Quelle modelliert die induzierte Spannung. In ihr wird eine Leistung umgesetzt wobei sie
sowohl Leistung aufnehmen (Motorbetrieb) wie auch Leistung abgeben (Generatorbetrieb)
kann. Der Leistungsfluss kehrt mit der Richtung des Stromes oder der Richtung der Spannung
um. Das Ersatzschaltbild kann sowohl für trapezförmige wie auch für sinusförmige Spannun-
gen angewendet werden.
Der ohm’sche Widerstand als Phase-Phase- resp. „line to line“-Grösse. Die Induktivität be-
steht aus den Streu- und der verketteten Induktivität zweier Phasen.
In den Datenblättern der Hersteller finden sich die Angaben, die für die Modellierung des Mo-
tors und für die Berechnung der möglichen Betriebszustände benötigt werden. Ein Auszug aus
einem Datenblatt ist in der Abbildung 4-12 dargestellt. Neben den elektrischen Grössen sind
die mechanischen und thermischen Eigenschaften für die konkrete Planung von grosser Bedeu-
tung. Zu beachten ist, dass meist in den Katalogen Zahlenwertgleichungen angegeben werden,
d.h. die Grössen sind mit den in den Katalogen verwendeten Einheiten anzugeben.
Typischerweise ist die elektrische Zeitkonstante:
A LR (4-11)
wesentlich kleiner als die mechanischen Zeitkonstanten. Im dargestellten Datenblattauszug re-
sultiert z.B. das Verhältnis 40ms/4.3ms. Die Impedanz aus der Motorinduktivität beträgt bei der
Nenndrehzahl
6000 rpm
X A 2fL 2 240 μH 150 m R 5.9 (4-12)
60
Auch hier zeigt sich, dass für die Stromberechnung die Induktivität vernachlässigt werden kann.
Unter diesen Voraussetzungen genügt es für die meisten Berechnungen nur die mechanischen
Grössen in den dynamischen Berechnungen zu berücksichtigen. Die in den Datenblättern an-
gegebene mechanische Zeitkonstante gibt die Zeit an, die bei einer angelegten Spannung benö-
tigt wird, bis 63% der Enddrehzahl erreicht wird. Wird der Motor mit einer Steuerung angetrie-
ben, welche einen bestimmten, begrenzten Strom einprägt, so folgt die Dynamik aus den be-
kannten mechanischen Zusammenhängen und den Parametern der Maschine:
60 60 M 60 kT I
n (4-13)
2 2 J 2 J
Oder als angenäherte Grössengleichung mit den Werten aus dem Datenblatt:
n k I
10 T (4-14)
t J
4-11
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Grundlagen der Antriebstechnik 4.3 Funktion
Die mechanische Zeitkonstante beschreibt das dynamische Verhalten der Maschine. Sie ist de-
finiert als die Zeit, die benötigt würde, um mit der konstanten Anfangsbeschleunigung die
Nenndrehzahl zu erreichen.
M kT I U kT n 60 U kT (4-16)
J J R J 2 R J
Die Endgeschwindigkeit im unbelasteten Zustand ergibt sich aus der Spannungs- oder der
Stromkonstanten. Sie wird nach der mechanischen Zeitkonstante mech erreicht.
U U × 60
n0 n × mech (4-17)
kU 2 × k T
Damit gilt
n U × 60 2 × RJ RJ
mech 0 (4-18)
n 0 2 × kT U × kT kT 2
n
I n0
R
n()=n0(1-e-1)
U Ui
t
mech
Abbildung 4-13 Zur Definition der mechanischen Zeitkonstante mit einer konstanten Speise-
spannung der Maschine
4-12
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Grundlagen der Antriebstechnik 4.4 Systemgestaltung und Ansteuerung
4.4 Systemgestaltung und Ansteuerung
4.4.1 Aufbau
Die elektronische Kommutierung erfolgt durch die Drehstrombrückenschaltung. Jeder Mo-
toreingang wird durch Schaltelemente an das positive oder das negative Quellenpotential ver-
bunden. Im Kleinspannungsbereich der EC-Motoren werden üblicherweise MOSFET als
Schaltelemente eingesetzt. Da die Last induktiv ist muss zur Verhinderung von Schaltüberspan-
nungen oder zur Bereitstellung eines Freilaufpfades ein negativer Stromfluss ermöglicht wer-
den. Bei vielen Bauelementen ist die antiparallele Diode bereits auf dem Bauteil integriert.
Abbildung 4-15 Strompfade für die Schaltsequenz einer Periode (zu vervollständigen).
In allen Sequenzen wird durch die Drehstrombrücke jeweils die ganze Zwischenkreisspannung
an die Klemmen der Maschine gelegt. Im Fall einer Sternschaltung als verkettete Spannung
über zwei Stränge. Die im Kapitel 4.3.4 zur Berechnung der Leistung verwendete Spannung ist
daher die Speisespannung der Steuerung. Nochmals ist nachvollziehbar, woher die Bezeich-
nung BLDC stammt. Wird nämlich die Speisespannung Ud erhöht, bedeutet dies gleichzeitig
eine Erhöhung der Spannung an der Maschine, was der Ankerspannung des Gleichstrommotors
entspricht.
4-14
ZHAW / SoE 4 EC-Motoren
Grundlagen der Antriebstechnik 4.4 Systemgestaltung und Ansteuerung
In der Abbildung 4-16 ist sichtbar, dass wegen der Induktivität der Maschine der Strom nicht
sofort auf den nächsten Zweig kommutiert werden kann. Es entstehen Spannungsspitzen an den
Klemmen. Die Ströme zeigen einigermassen den erwarteten blockförmigen Verlauf mit der
Lückung während 60°. Bei der Spannung ist die klare Blockform nur während dem Intervall
mit iU-iV sichtbar. Dazwischen ist immer eine der beiden Phasen U oder V nicht gespeist und
deswegen erscheint am Ausgang eine Überlagerung der induzierten Spannung aus der nicht
bestromten Phase und der halben angelegten Spannung aus der anderen Phase.
Bei der detaillierten Untersuchung der Stromübergänge während der Modulation innerhalb ei-
nes Blockes wird sichtbar, dass für die korrekte Funktion ein Freilaufpfad möglich sein muss.
Dieser wird teilweise durch die antiparallelen Dioden in der Brückenschaltung ermöglicht.
4-15
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Grundlagen der Antriebstechnik 4.4 Systemgestaltung und Ansteuerung
Abbildung 4-17 Freilaufpfade für die Modulation. Oben eingeschalteter Zustand mit uAB > 0
und iW=0. Links: Freilauffall mit unipolarer Modulation, uAB = 0, der Schalter
S1+ wird moduliert. Rechts: bipolare Modulation, uAB < 0, S1+ und S2- werden
umgeschaltet. (zu vervollständigen)
4.4.4 Sinuskommutierung
Mit der Blockkommutierung entsteht in der Maschine ein Stromrippel (siehe Abbildung 4-16),
der auch zu Schwankungen im Drehmoment führt. Dies wird bei langsamen Drehzahlen noch
ausgeprägter. Deswegen wird bei höheren Ansprüchen an die Bewegung eine Sinuskommutie-
rung angewendet. In der Abbildung 4-18 sind die beiden Formen gegenübergestellt.
4-16
ZHAW / SoE 4 EC-Motoren
Grundlagen der Antriebstechnik 4.5 Betriebsarten
keine Sensoren, keine Kabel und keine Auswertung benötigt werden. Problematisch ist der
Startvorgang, da die induzierte Spannung im Stillstand noch Null ist.
4.5 Betriebsarten
Folgende Regelungsarten sind üblich mit EC-Motoren:
Spannungssteuerung: Die Speisespannung wird vorgegeben, es resultiert eine lastabhängige
Drehzahl, entspricht einer DC Maschine an einer konstanten Quelle.
IxR Kompensation: Bei steigender Belastung erhöht die Steuerung die angelegte Spannung
proportional zum fliessenden Strom. Dadurch kann die Drehzahlschwankung stark redu-
ziert werden. Es ist kein zusätzlicher Geber für die Kompensation notwendig.
Drehzahlregelung mit Inkrementalgebern: Die Spannung wird aufgrund der gemessenen
Drehzahl geregelt. Die Güte der Regelung hängt von der Auflösung des Gebers ab. Die
Hall-Sensoren können als Inkrementalgeber mit einer Auflösung von 6 Inkrementen je Pol-
paar der Maschine genutzt werden.
Im 1-Q Betrieb wird der Antrieb nur im motorischen Bereich betrieben. Ventilatoren sind typi-
sche Beispiele für diese Anwendung. Der Verstärker kann die Leistung nur in eine Richtung
führen. Ein einfacher Tiefsetzsteller als Speisung genügt.
Im 4-Q Betrieb kommt der generatorische Zustand hinzu. Die Leistungsumkehr bedingt nun
eine Brückenschaltung in der Speisung. Für hochdynamische Anwendungen mit schnellen Start
und Stopp Vorgängen bei denen auch gebremst wird, muss dieser Betrieb möglich sein.
4.6 Synchronmaschinen
4.6.1 Drehstromspeisung
Das typische Blockkommutieren der EC-Motoren erlaubt eine einfache Steuerung. Sie wird bei
grösseren Maschinen oder, wie im Kapitel 4.4.4 schon erwähnt, bei höheren Anforderungen
nicht angewendet. In diesen Fällen wird die Maschine mit Drehstrom gespeist, der sinusförmig
moduliert wird. Dadurch wird der Leistungsfaktor des Systems erhöht, alle Komponenten wer-
den gleichmässiger belastet und die Momentenpulsation wird reduziert. Die Vereinfachungen
der blockförmigen Kommutierung fallen mit grösser werdenden Motoren und Leistungen im-
mer weniger ins Gewicht.
Bei Drehstromspeisung verändert sich die Berechnung. Es gilt nun die klassische Drehstrom-
theorie. Bei Sternschaltung ist
4-17
ZHAW / SoE 4 EC-Motoren
Grundlagen der Antriebstechnik 4.6 Synchronmaschinen
i iW iS
iV
iU iU=i
i
uU u
uW
iW
Abbildung 4-20 Übergang vom Drehstromsystem auf ein äquivalentes System mit zwei
rechtwinklig angeordneten Spulen. Sogenannte Clark-Transformation.
Wird der Stator mit einem symmetrischen Drehstrom gespeist, so resultiert ein Zeiger, der bei
einer zweipoligen Maschine pro Periode einmal um 360° rotiert.
4-18
ZHAW / SoE 4 EC-Motoren
Grundlagen der Antriebstechnik 4.6 Synchronmaschinen
Abbildung 4-21: Bildung des Raumzeiger während einer elektrischen Periode für verschiedene
Augenblickswerte. Der resultierende Zeiger dreht um 360° und bildet ein
Drehfeld.
Da die Maschineneigenschaften von der Lage des Statorfeldes und des Rotors zueinander ab-
hängen, wird nun der Raumzeiger auf die Achse des Rotors projiziert. Wenn der Rotor dreht ist
dessen Lage zeitabhängig und damit entsteht auch ein rotierendes Koordinatensystem. Dieses
wird dq-System genannt und ist rotorfest angeordnet. In der Abbildung 4-22 ist der Übergang
dargestellt.
Abbildung 4-22 Darstellung des Stromraumzeigers IS in der α- und der dq-Ebene. Soge-
nannte Park-Transformation
Durch diese mathematische Operation ist ein Modell entstanden, bei dem zwei Ströme (id und
iq) das Verhalten der Maschine steuern. Unter der Voraussetzung eines magnetisch symmetri-
schen Rotors (Induktivität in q- und d-Achse gleich gross) gilt:
Der Strom iq liegt stets genau dem Pol des Magnetfeldes gegenüber. So sind Strom und Feld
genau rechtwinklig angeordnet. Es entsteht eine Lorenzkraft. Das Moment der Synchron-
maschine ist proportional zum q-Strom. Der q-Strom ist der momentenbildende Strom.
Der Strom id liegt genau rechtwinklig dazu. Er erzeugt keine Kraft. Hingegen erzeugt er ein
Feld, welches genau in der Richtung des Feldes des Rotors liegt. Damit kann dieser Strom
das Magnetfeld beeinflussen und die induziert Spannung verändern. Die id-Komponente ist
4-19
ZHAW / SoE 4 EC-Motoren
Grundlagen der Antriebstechnik 4.6 Synchronmaschinen
die sogenannte Feldbildende Komponente und kann zur Feldschwächung eingesetzt wer-
den.
Die Wirkung der beiden Ströme ist entkoppelt. Dies entspricht dem Verhalten der fremder-
regten Gleichstrommaschine mit einem momentenbildenden Ankerstrom und einem feld-
bildenden Erregerstrom.
Aufgrund des Ersatzschaltbildes kann für die Maschine das Zeigerdiagramm erstellt werden, in
dem die geschilderten Verhältnisse aufgrund der Zeiger und ihrer Lage zueinander grafisch
sichtbar werden.
Der Fall Ld=Lq ist ein Spezialfall. Wenn dies nicht zutrifft, so hat der Rotor eine magnetische
Asymmetrie. Auf den Rotor wird nicht nur eine Lorenzkraft ausgeübt, sondern es entsteht
auch eine Kraftwirkung durch das Bestreben des Rotors, sich im Magnetfeld auszurichten.
Sogenannte IPM-Maschinen, wie sie in der Traktion von Hybridautomobilen eingesetzt wer-
den, bauen auf diesem Prinzip auf.
Abbildung 4-24: Vergleich Magnetanordnungen vom PSM und Ausführung als IPM der
Firma WEG (© WEG Motores, BR)
4-20
ZHAW / SoE 4 EC-Motoren
Grundlagen der Antriebstechnik 4.6 Synchronmaschinen
4.6.3 Betriebsverhalten und Parameter
Die Drehzahl-Drehmomentkennlinie ist die Grundlage der Auslegung einer Maschine für einen
drehzahlvariablen Betrieb. In der Abbildung 4-25 sind die charakteristische Verläufe der SM
gezeigt.
M Ankerstellbereich Feldstellbereich
Entmagnetisierungsgrenze M(n) U(n), P(n)
Mmax Umrichterstromgrenze
iq(n) iS id2 iq2
Überlast-
barkeit
M0 id(n)
MN
n n
nN neck nmax neck nmax
Die Betriebsgrenzen einer Synchronmaschine sind in der Abbildung 4-25 links charakterisiert.
Es sind:
Dauerbelastung: Das Stillstandsmoment M0 ist das thermisch zulässige Moment im Still-
stand. Im Stillstand treten nur Kupferverluste auf. Bei steigender Drehzahl nehmen die Um-
magnetisierungs-, die Wirbelstrom-, die Zusatz- und die Reibungsverluste zu. Falls die
Kühlung nicht verbessert wird, reduziert sich die zulässige Dauerbelastung. Im Falle einer
selbstventilierten Maschine mit auf der Welle montiertem Lüfterrad nehmen gleichzeitig
zwar die Lüfterverluste zu, die verbesserte Kühlung kann aber in speziellen Fällen die er-
höhten Gesamtverluste abführen, so dass weiterhin die geforderte Dauerleistung erreicht
wird. Das Nennmoment Mn (vielfach eine willkürliche Festlegung) ist daher kleiner als das
Stillstandsmoment M0.
Entmagnetisierungsgrenze: Es gibt eine Stromgrenze, bei der die Magnete irreversibel
geschwächt werden. Da diese Temperaturabhängig ist, sollte sie für die maximal zulässige
Temperatur angegeben werden, wobei speziell im Umrichterbetrieb auch die Zusatzverluste
aufgrund berücksichtigt werden müssen.
Umrichterstromgrenze: Der Stromgrenzwert des Umrichters sollte unterhalb der für den
Motor kritischen Grenze angelegt sein.
Überlastbarkeit: Kurzzeitig kann der Motor bis an die Umrichterstromgrenze betrieben
werden. Die zulässige Dauer dieser Überbeanspruchung hängt von der Zykluszeit und der
thermischen Zeitkonstante des Motors ab.
Maximale Betriebsdrehzahl: Die Drehzahl ist maschinenseitig durch die maximale Um-
fangsgeschwindigkeit des Rotors, die kritischen Drehzahlen bezüglich Biegeschwingungen
und die zulässigen Lagerbeanspruchungen begrenzt.
Spannungsgrenze: Ab der Eckdrehzahl nEck kann das maximale Moment nicht mehr er-
reicht werden. Für eine weitere Drehzahlerhöhung muss der Strom reduziert werden. Dieser
Grenzwert kann durch die Wicklungsauslegung beeinflusst werden (weniger Windungen
ergeben weniger Spannung, weniger Fluss und mehr Strom für das gleiche Drehmoment).
4-21
ZHAW / SoE 4 EC-Motoren
Grundlagen der Antriebstechnik 4.7 Literaturverzeichnis und Quellen
in diesem Bereich die Maschine in der Feldschwächung betrieben werden, wo trotz steigender
Drehzahl die Spannung konstant bleibt. Dadurch wird erreicht, dass auf der Umrichterseite
keine unnötig hohe Leistung installiert werden muss. Die Maschine wird so ausgelegt, dass bei
der Eckdrehzahl die maximale Spannung erreicht wird. Ein weiterer Spannungsanstieg, wird
durch Schwächung des Feldes verhindert. Dabei reduziert sich das maximal mögliche Drehmo-
ment mit 1/n. Der „eingesparte“ iq-Strom kann für die Feldschwächung verwendet werden, in-
dem ein "Entmagnetisierungsstrom" auf der -d-Achse eingeprägt wird (siehe Abbildung 4-25
links). Dieser schwächt das von den Permanentmagneten aufgebaute Magnetfeld und reduziert
so die induzierte Spannung UP.
Ähnlich wie bei den EC-Motoren finden sich in den Datenblätter der Synchronmaschinen die
Motorenkonstanten als Parameter für die Betriebsdaten:
M kT iq
(4-22)
U i kU × n
Aufgrund verschiedener Skalierungsmöglichkeiten ist genau zu beachten, wie die Parameter
definiert sind. Üblich, aber nicht immer, sind kT als Verhältnis von Drehmoment zum Effektiv-
wert des Stromes in der Zuleitung und kU als Verhältnis von induzierter Spannung an den Klem-
men, also Phase-Phase bei der üblichen Sternschaltung, zu Drehzahl in der Einheit U/min.
4-22