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Inhalt

Resümee und Ausblick 6


„Wir haben noch viel vor!“ – Die Gründungsinstitutionen HZDR
und TU BAF über ihre nachhaltige Zusammenarbeit

Mit der Kreislaufwirtschaft in eine saubere Zukunft 7


Beitrag von Bundesministerin für Bildung und Forschung Anja Karliczek

Das HIF in Zahlen 12

Kompetenzfeld Re-Mining 15
Bergbauhalden – eine weltweite Herausforderung mit Potenzial

Geometallurgie 19
Warum Ingenieurwissenschaftler*innen und Geowissenschaftler*innen
miteinander reden sollten

Nachhaltige Erkundungsmethoden 23
Spektrum der Erkundung

Aufbereitung komplexer Erze 27


Komplex zusammengesetzte Rohstoffe benötigen ganzheitliche Lösungen

Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft 31


Innovationsplattform für die Kreislaufwirtschaft der Zukunft

Forschungscampus für Ressourcentechnologie und Nachhaltigkeit 37


Die Zukunft kann kommen

Wissenschaftliche Sichtbarkeit 42

„Das HIF ist ein gefragter Partner“ 44


Interview mit dem Direktor des HIF Dr. Jens Gutzmer (PhD ZA)

Rohstoffsicherung ist Zukunftssicherung 45


Beitrag von Sachsens Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow

Impressum 50
6 Resümee und Ausblick

„Wir haben noch viel vor!“ Mit der Kreislaufwirtschaft in


eine saubere Zukunft
Professor Sebastian M. Schmidt (Wissenschaftlicher Am Anfang der Wertschöpfung unserer starken Industrie stehen
Vorstand Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf) Rohstoffe. Ohne Rohstoffe keine Produktion. Und sie sind auch
und Professor Klaus-Dieter Barbknecht (Rektor für alle weiteren Glieder der Wertschöpfungskette unverzichtbar.
TU Bergakademie Freiberg) über die nachhaltige
Das zeigt sich bei den klimafreundlichen Technologien: Ohne
Zusammenarbeit der Gründungsinstitutionen des HIF
Rohstoffe könnten wir keine Batterien, Windräder oder Foto-­
voltaik-Anlagen bauen. Ohne Rohstoffe gäbe es keine Magnete,
die VORNAME
wir für Elektromotoren
NAME und Generatoren benötigen. Ohne
Kupfer, Aluminium,
Funktion Eisen und Seltene Erden geht es nicht.
vorhandene Stärken der TU BAF komplementär ergänzt. Sie müssen verfügbar sein und bleiben, auch wenn die Schlüs-
Dieser seither konsequent verfolgte Ansatz kommt nicht nur seltechnologien für den Klimaschutz die Nachfrage weltweit
durch eine Vielzahl erfolgreicher Forschungskooperationen
in drittmittelfinanzierten Verbundforschungsprojekten zum antreiben.
Ausdruck, sondern auch in gemeinsamen strategischen
Erfolgen. Für die Helmholtz-Gemeinschaft war die Gründung Als Innovationsland Deutschland wollen wir „Klimaschutz
ebenfalls ein Gewinn, da sie sich mit dem Themenspektrum
des HIF ein neues Gebiet erschlossen hat, das hervorragend
made in Germany“ zu unserem neuen Markenzeichen machen.
zum Auftrag der Wissenschaftsorganisation passt, durch Deshalb sieht unsere Rohstoffstrategie neben Importen auch
Forschung die Zukunft zu sichern.
den intelligenten und sparsamen Einsatz von Rohstoffen vor.
Erfolge durch gemeinsame Forschung Ein gut durchdachtes Design der Produkte, Recycling, Ressour-
und Zusammenarbeit ceneffizienz und Substitution machen das möglich. Je weniger
Von Beginn an hat das Institut mit seinen Mitarbeitenden Rohstoffe gefördert werden müssen, desto weniger Abfall ent-
den Auftrag, Lösungen für einen nachhaltigen Umgang mit
Prof. Dr. Sebastian M. Schmidt: mineralischen und metallhaltigen Ressourcen zu entwickeln,
steht und desto weniger Treibhausgase stoßen wir aus.
Wissenschaftlicher Vorstand kontinuierlich und in hoher Qualität umgesetzt. So wurden
des Helmholtz-Zentrums
über 100 EU- und bundgeförderte Forschungsprojekte ini­ Aus diesen Gründen haben wir unsere Forschung zur Ressour-
Dresden-Rossendorf
©HZDR/André Wirsig tiiert und mit regionalen, nationalen und internationalen ceneffizienz gestärkt: 2011 ging das Helmholtz-­Institut Freiberg
Partnern erfolgreich umgesetzt. Beispielsweise das AFK-Pro-
jekt, an dem das Institut für Mechanische Verfahrenstechnik für Ressourcentechnologie an den Start. Schnell hat es sich
und Aufbereitungstechnik der TU BAF beteiligt war. In diesem zu einem international anerkannten und stark nachgefragten
Mit der Gründung des Helmholtz-Instituts Freiberg für Projekt wurden mithilfe moderner analytischer Methoden
Ressourcentechnologie (HIF) haben das Helmholtz-Zentrum polymetallische Komplexerze aus sächsischen Lagerstätten Partner in der nachhaltigen Kreislaufwirtschaft für metallische
Dresden-Rossendorf (HZDR) und die TU Bergakademie mit dem Ziel untersucht, die darin enthaltenen mineralischen Rohstoffe und die damit verbundenen Industrien entwickelt.
Freiberg (TU BAF) ihre Zusammenarbeit nicht nur gefes- Rohstoffe auf wirtschaftliche, energie­effiziente und umwelt-
tigt, sondern auch institutionell manifestiert. Die gemein- verträgliche Weise aufzubereiten. Für die dazu erforderliche Seine Arbeit flankieren unsere aktuellen Fördermaßnahmen zur
same Etablierung eines außeruniversitären Instituts zur Großprobennahme im Besucherbergwerk Zinnkammern in Kreislaufwirtschaft unter dem Dach unseres Forschungsschwer-
Entwicklung von Ressourcentechnologien im Jahr 2011 am Pöhla war sogar die Beteiligung des HZDR an einer Aufsu-
Standort Freiberg war ein wichtiger Meilenstein für unsere chungslizenz im Freistaat Sachsen notwendig. Dies wurde punkts Nachhaltige Entwicklung (FONA).
Institutionen, angetrieben durch das Ziel, mit gemeinsamer durch enge Abstimmung mit dem Sächsischen Oberberg-
Forschung und Innovation einen wichtigen Beitrag zum Auf- amt ermöglicht. Die Erfahrung mit dem AFK-Projekt zeigt, Das Deutsche Ressourceneffizienzprogramm (ProgRess) hilft
bau einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft zu leisten. Dabei dass die Untersuchung heimischer als auch überregionaler
darüber hinaus, unsere natürlichen Ressourcen zu schützen.
wurde besonderes Augenmerk darauf gelegt, dass das HIF Rohstoffpotenziale und die Entwicklung innovativer Aufbe-
Resümee und Ausblick 9

Als Bundesregierung unterstützen wir die Unternehmen bei der


sicheren und verantwortungsvollen Rohstoffversorgung. So
stärken wir ihre Wettbewerbsfähigkeit. So können wir aber auch
den Einsatz von Primärrohstoffen möglichst niedrig halten. Je
besser wir dabei sind, desto nachhaltiger wird die Produktion.
Auch dies wiederum stärkt unsere Wirtschaft. reitungsstrategien sowie -technologien nur gelingen kann, Damit wird das Institut der Nachwuchsförderung am Stand-
wenn die beteiligten Akteure gut zusammenarbeiten. Dies gilt ort Freiberg gerecht.
Trotzdem zählen wir zu den weltweit größten Rohstoffkonsumen- auch für das Recycling beispielsweise von Hochtechnologie-
ten. Deshalb setzen wir noch stärker auf die Kreislaufwirtschaft. metallen. Das HIF profitiert dabei in ganz besonderem Maße Die erfolgreiche Einrichtung des EIT Raw Materials durch
von den Ressourcenkom- das HIF/HZDR im Jahr 2015
Dank ihr gelingt es uns, die Rohstoffe so behutsam wie möglich petenzen der TU BAF als war ohne Zweifel das wich-
zu gewinnen, sie effizient zu nutzen und länger im Wirtschafts- auch von der grundlagen- tigste Instrument, um die
starken und strukturellen Die strategischen Erfolge belegen Arbeiten des HIF bei relevan-
kreislauf zu halten. So können Unternehmen in Deutschland Forschungskompetenz des
HZDR.
eindrücklich die Synergien, welche ten Partnern aus Industrie
und Wissenschaft innerhalb
unabhängiger werden von Importen aus dem Ausland – gerade
durch die institutionell definierte der EU wirksam zu vernet-
bei Metallen und Mineralien. Zur Fachkräftesiche-
rung leistet das HIF eben-
Zusammenarbeit zwischen TU BAF zen. Mit der Etablierung des
EIT RawMaterials – Regional
Wir haben eine doppelte Verantwortung: für eine sichere falls einen entscheidenden und HZDR in Freiberg realisiert Center Freiberg im Jahr 2016
Beitrag. Mit seiner Beteili- haben die TU BAF und das
Rohstoffversorgung unserer Industrie und für den Klimaschutz gung an EIT-zertifizierten
worden sind. HZDR die regionale Vernet-
zum Wohle der zukünftigen Generationen. Mit der Kreislaufwirt- Masterstudiengängen an zung im Rohstoffbereich auf
der TU BAF sowie der Be- eine neue Stufe gehoben;
schaft werden wir dieser Verantwortung gerecht. Forschungs- treuung von aktuell fast 40 Doktorand*innen ist es ein wich- gleichzeitig wird dadurch die akademische Ausbildung im
einrichtungen wie das HIF schaffen die wissenschaftlichen und tiger Partner für Studierende aus der ganzen Welt. Das HIF Rohstoffbereich gefördert.
ist aber auch über die Lehre eng mit der TU BAF verbunden,
technologischen Grundlagen hierfür. Ich gratuliere dem HIF so geben aktuell vier Wissenschaftler ihr Know-how an Stu- Nur ein Jahr später haben HIF und TU BAF gemeinsam
herzlich zum zehnten Geburtstag und erhoffe mir für die Zukunft dierende weiter. Zudem ist das HIF seit einigen Jahren als das regionale Innovationscluster recomine initiiert, das sich
Ausbildungsbetrieb für Chemielaborant*innen zugelassen. mit der Entwicklung marktfähiger Technologien entlang der
noch viele wegweisende Impulse für die Kreislaufwirtschaft. Schnittstelle von Umwelttechnologie, Ressourcentechnolo-
gie und Digitalisierung befasst. Das recomine-Bündnis hat
inzwischen mehr als 60 Partner, die meisten davon klein- und
mittelständische Unternehmen im Freistaat Sachsen und in
der Tschechischen Republik.

Anja Karliczek Der jüngste Erfolg in der strategischen Kooperation


zwischen TU BAF und HIF ist die Teilnahme an der „Open
Mitglied des Deutschen Innovation Challenge“, die vom globalen Rohstoffkonzern
Bundestages BHP veranstaltet wird. Mit einem modularen Konzept für
die Aufbereitung von Rückständen aus dem Kupferberg-
Bundesministerin für bau hat sich das Freiberger Team in einem internationalen
Bildung und Forschung Innovationswettbewerb unter 153 Bewerber*innen durch-
gesetzt. Aktuell (Stand: Juli 2021) arbeiten die Partner aus
©Laurence Chaperon
Freiberg unter Leitung der recomine-Koordinatoren an der
praktischen Umsetzung der vorgeschlagenen Konzepte in
diesem Wettbewerb.

Die strategischen Erfolge belegen eindrücklich die Syn-


ergien, die durch die institutionell definierte Zusammenarbeit
zwischen TU BAF und HZDR in Freiberg realisiert worden sind.
Prof. Dr. Klaus-Dieter
Wie in der Gründungsphase von Professor Jürgen Mlynek,
Barbknecht: Rektor der
TU Bergakademie Freiberg dem vormaligen Präsidenten der Helmholtz-Gemeinschaft,
©Detlev Müller/TU BAF gefordert, ist eins plus eins deutlich größer als zwei geworden.
10 Resümee und Ausblick Resümee und Ausblick 11

Vision und Mission –


Gemeinsam haben wir noch viel vor
Die Weiterentwicklung Mit dem Metallurgie- der TU BAF erarbeitet und beinhaltet detaillierte Aussagen All dies zeigt: Das HIF hat eine wichtige Lücke in der
des HIF zum Forschungs- Technikum wird in diesem Jahr zur Lösung wichtiger gesellschaftsrelevanter Fragestellungen außeruniversitären Forschungslandschaft in Deutschland
campus für Ressourcen- die erste größere Infrastruk- hinsichtlich der Umsetzung einer nachhaltigen Kreislaufwirt- geschlossen und sich als einer der Wegbereiter für eine nach-
technologie und Nach- Gemeinsam gewinnen und fördern tur auf dem zu entwickelnden schaft nicht nur in Deutschland. haltige Kreislaufwirtschaft für mineralische und metallhaltige
haltigkeit ist nicht nur HIF-Campusgelände fertigge- Rohstoffe etabliert. Dies ist ein Erfolg der strategischen Part-
die logische Konsequenz
unsere beiden Einrichtungen am stellt. In die Planungen für die Es gilt aber auch, gemeinsam Forschung in die Anwen- nerschaft von HZDR und TU BAF. Gemeinsam gewinnen und
der erfolgreichen For- Standort Freiberg Spitzentalente wissenschaftlich-technische dung zu bringen. Dafür wird das HIF einen Inkubator im fördern unsere beiden Einrichtungen am Standort Freiberg
schung, sondern gleich- Ausstattung waren Wissen- Rahmen seiner Campuserweiterung einrichten. Um eine Spitzentalente aus der globalen Wissenschaftslandschaft,
zeitig eine infrastruktu-
aus der globalen Wissenschafts- schaftler*innen der TU BAF direktere Verknüpfung zu Ausgründungsaktivitäten an der denn Forschung sichert Zukunft!
relle Notwendigkeit. Das landschaft, denn Forschung sichert von Anfang an eng eingebun- TU BAF und zu den dort bestehenden Angeboten der Aus-
Wachstum des Instituts den. Eine gemeinsame Nut- gründungsunterstützung und -betreuung zu schaffen, soll
in Bezug auf die Zahl der
Zukunft! zung der hydro-, biohydro- die Zusammenarbeit mit Dresden Concept und dem Grün-
Mitarbeitenden sowie Pro- und pyrometallurgischen dernetzwerk der TU BAF SAXEED weiter ausgebaut werden.
jekteinwerbungen macht Anlagen ergibt sich logisch Dies schafft zusätzliche Synergien und bietet Potenziale für
eine Vergrößerung und die rasche Entwicklung des Campus aus den anstehenden wissenschaftlichen Fragestellungen, regionale Wertschöpfung und wirtschaftliche Entwicklung.
dringend notwendig. Damit eröffnen sich auch für die For- der örtlichen Nähe und den gemeinsam initiierten Projekten.
schenden der TU BAF neue Labore und Anlagen, da die be- Mit der FlexiPlant ist eine zweite wichtige Infrastruktur in
währte gemeinsame Infrastrukturnutzung fortgeführt wird. Planung. Das Konzept wurde vom HIF unter Einbeziehung

TU BERGAKADEMIE FREIBERG HELMHOLTZ-ZENTRUM


(TU BAF) DRESDEN-ROSSENDORF (HZDR)
Innovation, Industrie 4.0, das Internet der Dinge oder Das HZDR forscht auf den Gebieten Energie, Gesundheit
E-Mobilität – alle modernen Entwicklungen bedingen Res- und Materie. Folgende Fragestellungen stehen hierbei
sourcen, Energie und Materialien und einen nachhaltigen im Fokus:
Umgang damit. Deshalb beschäftigt sich die TU BAF in
exzellenter Forschung und Lehre mit den Grundlagen und • W
 ie nutzt man Energie und Ressourcen effizient,
den Prozessen rund um Rohstoffe, Energie und Material. sicher und nachhaltig?

1765 gegründet, um Transformationsprozesse und Zu- • W


 ie können Krebserkrankungen besser visualisiert,
kunftstechnologien voranzutreiben und mit neuem Wis- charakterisiert und wirksam behandelt werden?
sen für Aufschwung im Land zu sorgen, hat die TU BAF ©Crispin-Iven Mokry/TU BAF ©HZDR/Jürgen-M. Schulter
auch heute diesen Anspruch: Sie bildet Wirtschafts-, • W
 ie verhalten sich Materie und Materialien unter dem
Natur- und Ingenieurwissenschaftler*innen mit Weit- Einfluss hoher Felder und in kleinsten Dimensionen?
blick und Gewissen aus, die die Zukunft selbst in die Es ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, hat sechs
Hand nehmen und positiv gestalten. 4.000 Studierende in  as HZDR entwickelt und betreibt große Infrastruktu-
D Standorte (Dresden, Freiberg, Görlitz, Grenoble, Leipzig,
73 Studiengängen studieren heute wissenschaftlich ren, die auch von externen Messgästen genutzt werden: Schenefeld bei Hamburg) und beschäftigt knapp 1.400
fundiert und praxisorientiert in Freiberg. Ionenstrahlzentrum, Hochfeld-Magnetlabor Dresden und Mitarbeitende – davon etwa 500 Wissenschaftler*innen
ELBE-Zentrum für Hochleistungs-Strahlenquellen. inklusive 170 Doktorand*innen.
12 Campuskonzept 2021 Das HIF in Zahlen 13

Das HIF in Zahlen Team Wissenschaftliches Personal

Unter einem Dach beschäftigen


sich die Forscher*innen inter-
153 44 36
disziplinär mit Ressourcenfragen Unsere Wissenschaft­ Doktorand*innen
von der Erkundung über die Beschäftigten unterstützende
Aufbereitung und die Metallurgie sind unsere Mitarbeitende

36
wichtigste
22
bis hin zum Recycling.
Stand: Juli 2021
Ressource.

Studierende Wissenschaftliche
Anteil Frauen Studentische Hilfskräfte, Master- und
Mitarbeitende
und Männer Diplomstudierende sowie Praktikant*innen

am HIF
Das HIF kann ein nahezu ausge-

Interdisziplinarität
wogenes Verhältnis von Frauen
und Männern unter den Beschäf-
tigten vorweisen.
44 % 56 %
Unser Schlüssel zum Erfolg ist,
dass wir fachübergreifend denken und forschen.

3
Ausgründungen
Salam
Hello
Bonjour

Damit Ideen in der Wirtschaft zum Einsatz kommen,


werden Forscher*innen zu Unternehmer*innen. Hola Verfahrens­-
Chemie
technik

Biologie Mathematik
Biconex

TheiaX 35
Nationalitäten
Geo­wissen­-
schaften
Informatik

Metallurgie Physik

Maschinen-
bau
Erzlabor Die Vielfalt fördert
unser Wir-Gefühl.
Kompetenzfeld Re-Mining 15

Gründung des Instituts Bergbauhalden – eine


 28. MÄRZ 2011
weltweite Herausforderung
 29. AUGUST 2011
D arauf folgt die symbolische
Der Kooperationsvertrag
für eine gemeinsame
Forschungseinrichtung
mit Potenzial
Schlüsselübergabe mit der zwischen HZDR und
damaligen Bundesforschungs- TU BAF wird im Beisein von
ministerin, Dr. h.c. Annette Professorin Sabine von

B
Schavan, an das neu gegründete Schorlemer (ehem. Sächsi­
HIF in Freiberg als Teil des sche Wissenschaftsministe­
HZDR. Gründungsdirektor ist rin) geschlossen. ©HZDR ei der Aufbereitung mineralischer Rohstoffe aus pri- Eine realistische Bewertung des
mären (geogenen) Lagerstätten werden Erzminera-
Dr. Jens Gutzmer (PhD ZA).
©HZDR/Lutz Weidler le von wertstoffarmen Mineralen getrennt. Letztere
Ressourcenpotenzials
gelangen dann als feinkörniger Abraum auf Bergbauhalden. Schon seit seiner Gründung untersucht das HIF das The-
Durch die weiterhin weltweit ansteigende Rohstoffproduktion ma „Rückgewinnung strategischer Metalle und Minerale
 S TANDORT und den vermehrten Abbau wertstoffarmer Lagerstätten aus sächsischen Bergbaualtlasten“ genauer. In einem der
 Für die Dauer der Sanierung des geplanten fallen entsprechend große ersten Forschungsprojekte
Hauptstandortes finden die HIF-Mitarbei­ Mengen an Abraum an. erstellten das noch junge In-
ter*innen ihr Domizil auf dem Gelände der Ein großer Teil der entste- stitut und seine Partner ab
SAXONIA Standortentwicklungs- und -ver­
waltungsgesellschaft. ©HZDR
henden Halden verursacht Durch die weiterhin weltweit anstei- 2012 ein Haldenkataster mit
jedoch langfristige Prob-
leme. Sie können instabil
gende Rohstoffproduktion und den Daten zu 20 Bergbauhalden
im Freistaat Sachsen mit den
werden und Haldendämme vermehrten Abbau wertstoff­armer höchsten Ressourcenpoten-
brechen, mit katastropha- zialen. Der Grundstein zur
len Folgen für die Umwelt.
Lagerstätten fallen entsprechend Erforschung unterschiedli-
Doch selbst wenn die Hal- große Mengen an Abraum an. cher Technologien rund um
den stabil sind, können mit das Thema Re-Mining war
Schwermetallen beladene, somit gelegt. Dazu gehören:
saure Sickerwässer austre- der Einsatz von Drohnen, die
ten und die Umwelt langfristig belasten. in der Fernerkundung für die präzise und schnelle Vermes-
sung der Oberflächengeometrie von Haldenkörpern genutzt
Neben den offensichtlichen Gefahren schlummert in vielen
Bergbauhalden auch ein großes Potenzial. In der Vergangen-
heit ließen Aufbereitungsprozesse es nicht zu, alle Wertmi-
nerale abzutrennen, mit modernen Technologien kann dies
in vielen Fällen deutlich besser gelingen. Weiterhin können
Halden auch Begleitrohstoffe wie Indium oder Lithium ent-
 VORRÜBERGEHEND halten, die beim ursprünglichen Abbau noch gar nicht von
In den ersten Monaten nutzen die wirtschaftlichem Interesse waren; solche Rohstoffe können
Forscher*innen die Labore ihrer im Haldenmaterial noch immer in hohen Konzentrationen
Gründungsinstitutionen HZDR und auftreten.
TU Bergakademie Freiberg.
©HZDR/Frank Bierstedt

Die Spülhalde I in Ehren­­


friedersdorf ist ein
STARTSCHUSS Ent­wicklungsstandort
des recomine-Netzwerks,
Alte Bergbauhalden als mögliche auf dem in Zukunft
Rohstoffquelle? Das HIF will Technologien unter realen
es genauer wissen und startet Bedingungen zu markt-
erste Forschungsaktivitäten zum fähigen Lösungen weiter-
Thema Re-Mining. entwickelt werden sollen.
©HZDR/HIF
©HZDR/Mario Köhler
16 Kompetenzfeld Re-Mining Kompetenzfeld Re-Mining 17

BHP TAILINGS CHALLENGE – PROOF-OF-CONCEPT-PHASE ERREICHT


Unter Leitung des HIF konnte sich ein Konsortium aus unter die Top 10 gelangen. Mit dem vorgeschlagenen
dem recomine-Bündnis erfolgreich bei der BHP Tailings modularen Konzept bestreiten die Wissenschaftler*innen
Challenge behaupten. Bei dem Wettbewerb sucht BHP, mit Kolleg*innen aus der Industrie nun die Proof-of-
einer der größten Bergbaukonzerne der Welt, nach nach- Concept-Phase. Sollte diese erfolgreich abgeschlossen
haltigen Lösungen zur Verringerung der Haldenmateriali- werden, könnte die entwickelte Technologie an mehreren
en einer Kupfermine in Südamerika. Das recomine-Team Standorten von BHP eingesetzt werden.
konnte von weltweit 153 Teams in der Bewerbungsphase

sowie Industrie 4.0. Innovative Lösungsansätze werden Für die Rohstoffgewinnung aus Bergbauhalden eignet sich
an aktuell vier regionalen Entwicklungsstandorten unter besonders die sogenannte Biolaugung. Dabei mobilisieren
realen Bedingungen erarbeitet, um anschließend zu Dienst- Mikroorganismen Metalle aus Erzmineralien durch ihre Stoff-
leistungen und Konzepten für den globalen Bergbausektor wechselprozesse oder -produkte. Industriell werden diese
weiterentwickelt zu werden. Das HIF setzt sich außerdem für Verfahren im Moment vor allem zur Gewinnung von Kupfer
wissenschaftliche Kooperationen und Technologietransfer eingesetzt. Die Anwendung auf komplex zusammengesetz-
im Dreiländereck Deutschland, Polen und Tschechien ein. te und rohstoffarme Quellen wie den Halden ist dagegen
neu. Hier betreibt das HIF sowohl Grundlagenforschung als
auch die Entwicklung von innovativen Biolaugungsverfahren.
Neue Technologiefelder für die Gemeinsam mit regionalen und internationalen Partnern
Aufbereitung von Halden konzipierte das Institut in den vergangenen Jahren eine
teilmobile Biolaugungsanlage im Pilotmaßstab. Drei funk-
Das HIF treibt gezielt Weiterentwicklungen in verschiedenen tionelle Module, die sich in Überseecontainern befinden,
Technologiefeldern zur Aufbereitung von Haldenmateria- mobilisieren und trennen Schadstoffe und Wertstoffe aus
lien voran. Eine besondere Rolle spielt dabei vor allem die dem Haldenmaterial. Mithilfe von recomine soll diese Anlage
Biotechnologie – eine Disziplin, die als umweltfreundliche nun erstmals an einem Entwicklungsstandort aufgestellt,
Um Metalle zu gewinnen, werden oder die moderne mineralogische Charakterisierung lien präzise mit Drohnen aus der Luft oder per Sonde direkt Technologiealternative immer öfter zum Einsatz kommt. getestet und letztendlich zu einem marktfähigen Produkt QR-Code zur Website des
greifen die Forscher*innen von Haldenmaterial mittels automatisierter Rasterelektro- im Bohrloch erfassen können. Dabei spielt auch die Zusam- Sie ist klassischen Verfahren in mehreren Punkten über- weiterentwickelt werden. recomine-Bündnisses:
auf Mikroorganismen zu-
rück. Damit Letztere wach- nenmikroskopie. Durch die geschickte Kombination von menarbeit mit zwei erfolgreichen Ausgründungen des HIF legen: Einerseits verzichtet sie weitgehend auf schädliche
sen und arbeiten können, mineralogischen und chemischen Daten mit Partikelinforma- eine wichtige Rolle. So bietet TheiaX drohnen- oder bohr- Chemikalien, andererseits bietet sie die Möglichkeit, Metalle In weiterführenden Projekten sollen nicht nur Metalle wie
müssen sie jedoch optimale tionen wurde es möglich, das Verhalten des Haldenmaterials kernbasierte Verfahren zur Charakterisierung von Halden gezielter zu binden. Vor allem aber gelingt es, das Potenzial Kupfer aus dem Haldenmaterial gewonnen, sondern auch die
Bedingungen vorfinden.
Eine solche Wohlfühloase bei der Aufbereitung abzuschätzen. Auf diese Weise konnten an, während Erzlabor Advanced Solutions Verfahren zur von Rohstoffquellen mit geringen Metallgehalten auszu- verbleibenden mineralischen Reststoffe der Haldenbestand-
bieten Bioreaktoren. Sie räumliche Modelle erstellt werden, die nicht nur den Wert- Charakterisierung von feinkörnigen Haldenmaterialien liefert. schöpfen, bei denen konventionelle Aufbereitungsverfahren teile beispielsweise für die Herstellung von Zement nutz-
regeln die Sauerstoffzufuhr, stoffinhalt, sondern das Rohstoffpotenzial der untersuchten an ihre Grenzen stoßen. bar gemacht werden. Auf diese Weise könnten historische
die Temperatur oder den
Halden sichtbar machen. Dadurch können Aussagen darüber Bergbauhalden möglicherweise ganzheitlich verwertet und
pH-Wert und gewährleisten
so die Nährstoffversorgung getroffen werden, wie viel eines in einem Haldenvolumen
Forschung mit erfahrenen Partnern die betroffene Landschaft vollständig rekultiviert werden.
der Mikroorganismen.
©HZDR/Frank Bierstedt
enthaltenen Rohstoffs tatsächlich gewonnen werden kann unter realen Bedingungen
und welche Schadstoffe da-
bei anfallen. Die Arbeit an regionalen Halden, wie der Tiefenbachhalde
in Altenberg, half den HIF-Forscher*innen schon frühzei-
Kombiniert man die (a) Konzentra-
Das erlangte Wissen bringen tig, die Rohstoffgewinnung mit Konzepten zur nachhaltigen tion des Zinnminerals Kassiterit,
Eine besondere Rolle spielt die Forscher*innen aktuell Sanierung zu kombinieren. Aus diesem Grund hat das HIF die (b) Liberierung (Freilegung)
in verschiedenen internatio- verschiedene Themenschwerpunkte des Re-Mining stra- der Kassiteritpartikel und die (c)
dabei vor allem die Biotechno- nalen Forschungsprojekten tegisch ausgebaut. Heute leitet das Institut ein vom BMBF
allgemeine Korngrößenverteilung,
ergibt sich durch Wichtung und
logie – eine Disziplin, die als ein. Gemeinsam mit Partner- gefördertes regionales Netzwerk, das sich als eine Art Tech- Kombination der Materialpara-
einrichtungen aus der In- nologieplattform auf die Erforschung und Vermarktung ganz- meter ein (d) Ressourcenpoten-
umweltfreundliche Technologie- dustrie arbeitet das HIF an heitlicher Strategien für die Sanierung und Nutzung von
zialmodell der Tiefenbachhalde
in Altenberg. Rot bedeutet, das
alternative immer öfter zum der Weiterentwicklung von Bergbauhalden spezialisiert hat: das recomine-Bündnis. Material lässt sich sehr gut
Technologien, die mineralo- Die Allianz aus über 60 regionalen Akteuren der Industrie, aufbereiten und mehr als 50%
Einsatz kommt. gische und geochemische der Forschung und gesellschaftlicher Institutionen agiert an
des enthaltenen Kassiterits durch
einen Flotationsprozess ab­
Daten von Haldenmateria- der Schnittstelle von Umwelt- und Ressourcentechnologie trennen. ©HZDR/HIF
Geometallurgie 19

Erstes eigenes ­Labor Warum Ingenieurwissenschaftler­*-


­­­innen und Geowissenschaftler*­
I NSTITUTSWACHSTUM
Ab 2012 füllt sich das Gebäude in der
innen miteinander reden sollten
Halsbrücker Straße mit Büromöbeln,
neuen Mitarbeiter*innen und dem ersten
eigenen Labor für Rohstoffanalytik.
©HZDR/Detlev Müller

W ie kann man die Rohstoff- und Energieeffizienz


bei Gewinnung und Verarbeitung minerali-
scher Rohstoffe deutlich steigern, gleichzeitig
Auswirkungen auf die Umwelt
reduzieren und das technische
dieser Forschung ist das genaue Verständnis der Zusammen-
setzung und Mikrostruktur der verwendeten Rohstoffe sowie
von deren Auswirkungen auf die Ressourceneffizienz, den
energetischen Aufwand und
somit die Wirkungsweise der
Risiko eines kapitalintensiven eingesetzten Aufbereitungs-
 H OCHSENSITIV Projekts in der Rohstoffindust- Damit führt das HIF in der Geo- technologien und metallurgi-
rie minimieren? Oder anders ge-
Für die zerstörungsfreie
Analyse der chemischen fragt: Wie kann man die globale
metallurgie relevante Kenntnisse schen Prozessrouten. Damit
führt das HIF in der Geome-
Zusammensetzung kleiner Rohstoffindustrie – als Teil der über Rohstoffe und assoziierte tallurgie relevante Kenntnisse
Mengen fester Materialien Kreislaufwirtschaft – nachhal-
nutzt das HIF eine soge­
tiger und effizienter gestalten?
Technologien disziplin­­über­grei- über Rohstoffe und assoziier-
te Technologien disziplinüber-
nannte Elektronenstrahl-
Mikrosonde. Diesen essenziellen Fragen ge- fend zusammen. greifend zusammen. Die For-
©HZDR/Detlev Müller hen HIF-Wissenschaftler*innen schenden können dadurch
aus den Geowissenschaften, genaue Vorhersagen zur wirt-
der Verfahrenstechnik, aber ­schaftlichen Gewinnung von
auch der Mathematik gemeinsam nach, wenn sie von dem Metallen aus komplexen Rohstoffquellen, aber auch zur
Forschungsgebiet der Geometallurgie sprechen. Grundlage Effizienz innovativer Technologien treffen.
AUTOMATISIERTE MINERALOGIE
Mit dem ersten Rasterelektronenmikroskop (REM)
können Gesteinsproben bis zu 1.000.000-fach Die Welt ist 3-D. Die Daten
vergrößert werden. Die spezielle Software MLA-Suite der Rohstoffcharakterisie-
erfasst die mineralogische Zusammensetzung und rung sind es bisher nicht.
Die Möglichkeit, 3-D anstel-
die Mikrostruktur schnell und automatisch.
le der üblichen 2-D-Daten
©HZDR/Detlev Müller
zu nutzen, wäre ein großer
Durchbruch für eine effizi-
ente Rohstoffgewinnung.
Daran arbeitet das HIF.
©HZDR/Detlev Müller

MIKROKOSMOS QR-Code zum


MINERALE 2D3DScopy-Projektvideo:
Rundliche Aggregate eines Kupfer­
arsenats auf einem Fluoritwürfel. Die
REM-Abbildung zeigt: Will man Erze
effizient aufbereiten, muss man ihre
Struktur genau kennen. Das Wissen
zu analytischen Methoden nutzt das
HIF und wird zum Vorreiter im Be­
reich Geometallurgie. @HZDR/HIF
20 Geometallurgie Geometallurgie 21

Führend in der Der Blick aufs Ganze


Rohstoffcharakterisierung Eine Lagerstätte wird nur punktuell beprobt. Die Beprobung
Die sogenannte Aufbereitbarkeit eines Rohstoffs wird ent- basiert zumeist auf verfügbaren Bohrkernen, die für die
scheidend von seiner mineralogischen Zusammensetzung Erkundung eines Rohstoffkörpers notwendig sind. Um zu
und dem Mikrogefüge bestimmt. So sind beispielsweise visualisieren, wie und mit welchen Eigenschaften die Erze
grobkörnige Erze, die aus nur wenigen einfach zusammen- insgesamt in der Lagerstätte verteilt sind, werden spezielle
gesetzten Mineralen bestehen, in der Regel leicht zu ver- Methoden aus den Bereichen Statistik und maschinelles
arbeiten. Erze mit einer komplexen Struktur – also vielen Lernen eingesetzt. Sie kombinieren die Resultate der de-
unterschiedlichen Mineralen, die sehr fein verteilt im Gestein
taillierten, aber doch nur punktuellen Rohstoffanalyse mit
vorliegen – stellen dagegen weiteren Informationen, um ein
eine große Herausforderung dichtes Datennetz von einfach
für die Aufbereitung dar. zu messenden Erzeigenschaf-
In nur 10 Jahren hat das HIF ten zu ermitteln. Solche Infor-
In nur 10 Jahren hat das HIF
eine beeindruckende Palette
eine beeindruckende Palette an mationen sind unter anderem
hyperspektrale Bilddaten und
an Methoden und Expertise Methoden und Expertise für chemische Analysen für die
Um Aufbereitungsprozesse
ganz gezielt energie-
für die Rohstoffcharakteri- verfügbaren Bohrkerne sowie
sierung aufgebaut. Raster-
die Rohstoffcharakterisierung auch Trainingsdatensätze. So
und rohstoffeffizient zu
gestalten, entwickelt das

elektronenmikroskopie und aufgebaut. entsteht ein geometallurgisches


HIF partikelbasierte
Vorhersagemodelle.
Röntgencomputertomografie Blockmodell, das alle aufberei- ©HZDR/Detlev Müller
sowie die Mikro-Röntgenfluo­ tungsrelevanten Parameter für
res­zenzspektroskopie erfas- die Erzblöcke – auch Abbauein-
sen die mineralogische Zusammensetzung und Mikrostruktur heiten genannt – aufschlüsselt und präzisiert. Dadurch wird
in 2-D und 3-D. Die Elektronenstrahlmikrosonde oder laser- ermittelt, welche Erze für eine wirtschaftliche Aufbereitung Digitale Rohstoffverarbeitung Partikel aus Rohstoffanalyse-Datensätzen identifiziert und
induzierte Massenspektrometrie bestimmen die chemische infrage kommen. Wie der geometallurgische Ansatz funktio- durch den Aufbereitungsprozess verfolgt. Ziel ist es, nicht
Zusammensetzung einzelner Minerale. Ein besonderer Fokus niert, zeigt beispielsweise das AMREP-Projekt (finanziert Zerkleinerungs- und Trennprozesse sind energieintensiv; nur das Partikelverhalten in einer einzigen Aufbereitungs­
liegt auf der Weiterentwicklung der Rohstoffcharakterisie- im CLIENT Programm des BMBF). Hier haben das HIF und einige erfordern zudem einen hohen Einsatz an Prozess- maschine, sondern in einer ganzen Kette von Trennprozessen
rung, um auch kleinste Gehalte wichtiger Hightechmetalle seine Partner die Thaba-Mine in Südafrika untersucht und chemikalien. Deshalb werden die Daten aus dem geometal- zu simulieren – also den Grundstein für eine effizientere, dem
wie Gallium, Germanium oder Indium zu detektieren. Das die potenzielle Aufbereitbarkeit von platinhaltigen Erzen in lurgischen Lagerstättenmodell auch dafür benutzt, um das Erzblock genau angepasste Aufbereitung zu legen.
Projekt 2D3DScopy (gefördert durch das EIT Raw Materials) einem bisher einzigartigen 3-D-Modell visualisiert. Verhalten der Erze in einem Aufbereitungsprozess zu simu-
entwickelt beispielsweise den Prototypen eines analytischen lieren und zu optimieren. In einem Prozessmodell werden Sind Lagerstätten- und Prozessmodelle entwickelt, werden
Sensors für die Röntgencomputertomoprafie, der eine drei- aber nicht nur Betriebsparameter wie Energieverbrauch und mithilfe von Entscheidungstheorien und -techniken aus der
dimensionale chemische Charakterisierung verschiedenster Chemikalieneinsatz berechnet, sondern auch, wie viele der Mathematik verschiedene Szenarien errechnet, die das
Materialien erlaubt. Derzeit ist dies eines von zwei Geräten metallhaltigen Minerale tatsächlich aus dem Erz gewonnen ingenieurgeologische, ökonomische, ökologische oder kom-
seiner Art weltweit. werden können. Dabei haben sich die Forscher*innen des binierte Optimum aufzeigen. Das insgesamt beste Szenario
HIF gemeinsam mit Partnern besonders auf die Entwicklung wird nun beständig mit Daten aus Aufbereitungsexperimen-
partikelbasierter Vorhersagemodelle fokussiert, sowohl für ten gefüttert und verbessert, um mathematische Unsicher-
die Zerkleinerung als auch für Trennprozesse wie Magnet- heiten der Modelle kontinuierlich zu verringern.
3-D-Modell einer scheidung oder Flotation. Hierbei werden unterschiedliche
Chromitit-Schicht aus
dem Bushveld-Komplex
(Thaba-Mine), Südafrika:
Blau gekennzeichnete
Bereiche besitzen ein  DER DURCHBRUCH IN DER RESSOURCENEFFIZIENZ
ungünstiges, gelb gekenn-
zeichnete Bereiche ein
günstiges Aufbereitungs­ Oft wird in der Wissenschaft eine Innovation erst dann Wertschöpfungskette, die für sie wichtigen Informatio-
verhalten für Platin. vorangetrieben, wenn sie visuell verständlich ist. Deshalb nen zu extrahieren.
©HZDR
hat das HIF, nach der Entwicklung modernster partikel-
basierter Trennmodelle, eine aktive Plattform aufgesetzt,
die das Verständnis darüber erleichtert, wie sich Millio-
nen von Partikeln in Abhängigkeit von ihren jeweiligen
physikalischen Eigenschaften im Prozess verhalten.

Der Vorteil dieser Plattform: Sie ermöglicht den Nut- QR-Code zur
zer*innen aus verschiedenen Bereichen der Rohstoff- Shiny-Applikation:
Nachhaltige Erkundungsmethoden 23

Das HIF wächst Spektrum der Erkundung


 E INZUG IN
HISTORISCHE
 19. NOVEMBER 2013 MAUERN
Das nur wenige Jahre alte Institut

Ein symbolischer Akt im Beisein zahl­
soll bald seinen endgültigen Standort
reicher Vertreter*innen aus Wissen­
erhalten. Passend: Das Gebäude
schaft, Wirtschaft und Verwaltung
befindet sich auf dem Campus
markiert den Beginn der Innensanie­

W
des ehemaligen Forschungsinstituts
rung am künftigen Institutsstandort.
für Aufbereitung (Akademie der
©HZDR/Detlev Müller
Wissenschaften der DDR, enn das HIF-Erkundungsteam das Gelände be-
Chemnitzer Straße 40). ©UVR-FIA tritt, dann erinnert nicht viel an das Klischee
des Geolog*innenberufs. Man stelle sich vor:
DAS TEAM eine Gruppe von Frauen und Männern unterschiedlichster
Von 0 auf 50: Etwa so viele Mitarbei­ Herkunft mit reflektierender Schutzkleidung, Tablets und
ter*innen umfasst das Institut nach Walkie-Talkies. Hightech-Spezialist*innen, die Drohnen mit
knapp 2 Jahren. Spitzenwissenschaft­ Sensoren fliegen lassen und automatisierte Kameras steu-
ler*innen aus der ganzen Welt zieht es ern. Sicherlich keine typischen Geolog*innen – doch mit
nach Freiberg, um Rohstoffforschung
ihren technologischen Innovationen revolutionieren diese
zu betreiben. @HZDR/HIF
Forschenden des HIF die Rohstofferkundung. 

Seit der Gründung verfolgt das Institut unter anderem die Vor diesem Hintergrund begann das HIF mit der Entwicklung Ein ausgebildeter Pilot
Mission neue Rohstofflagerstätten in Deutschland, Europa einer technologischen Strategie. Einer ihrer wichtigsten steuert die Drohne über
das zu untersuchende
und weltweit zu erkunden. Wie aber sollte es einer kleinen Eckpfeiler ist die hyperspektrale Bildgebung. Wie Wasser- Gelände, sodass optimale
Gruppe sächsischer Forschender gelingen, ein Fachgebiet tropfen das Licht in alle sichtbaren Farben, den Regenbo- Messungen des Untergrun-
 N ETZWERKARBEIT zu revolutionieren, in dem zahlreiche Industrien und Hoch- gen, aufspalten, messen die Sensoren einfallendes Licht des durchgeführt werden
können. ©HZDR/HIF
Noch jung, aber bereits erfolgreich: schulen schon lange tätig sind? Das Kernteam beschloss, mit einer sehr hohen spektralen Auflösung. Und weil jedes
Unter Federführung des HIF und mit sich auf zentrale Herausforderungen zu konzentrieren, die Material unterschiedlich mit dem Licht interagiert, kann man
Unterstützung des HZDR entsteht das sich sowohl auf die Effizienz der Rohstofferkundung als auch das reflektierte Signal wie einen Fingerabdruck nutzen – in
größte Rohstoffnetzwerks Europas – – noch wichtiger – auf unsere Zivilgesellschaft auswirken diesem Fall, um bestimmte Minerale zu identifizieren. Bisher
das EIT RawMaterials; kurze Zeit später
würden. So ist doch der schlechte Ruf der Bergbauindustrie wurden hyperspektrale Sensoren in Flugzeugen und Satel-
wird komplementär das deutsche Roh­
stoffnetzwerk GERRI unter Koordination in ökologischer und gesellschaftlicher Hinsicht ein deut- liten verwendet, das HIF setzt sie nun jedoch auf Drohnen
des HIF gegründet. liches Zeichen für den Bedarf an Technologien, welche nur und im Feld ein und kombiniert die erfassten Daten in einer
geringe Auswirkungen auf Natur und Gesellschaft haben. integrierten 3-D-Umgebung. Die Technik hat jedoch einen
Am HIF entstand so die Idee für die Entwicklung einer All- Nachteil: Sie betrachtet nur die Oberfläche. Um diesen
in-one-Lösung: nichtinvasive und gleichzeitig hocheffiziente Mangel zu beheben, wird am HIF hyperspektrale Bildgebung
Erkundungstechnologien, die die Akzeptanz der Rohstoffer- mit geophysikalischen Methoden kombiniert, mit denen
kundung erhöhen und die Umweltauswirkungen reduzieren. der Untergrund erkundet werden kann. Nach den gleichen
Prinzipien der Nichtinvasivität misst das Team Anomalien in
Wie funktioniert das? Die Idee ist, Lagerstätten mit bildge- geophysikalischen Signalen wie dem Erdmagnetfeld, um auf
benden Technologien zu kartieren. So erkennen die Wissen- das Vorhandensein potenzieller Vererzungen zu schließen.
schaftler*innen die Erze nicht direkt, sondern identifizieren Ultimatives Ziel ist es, für die Rohstofferkundung interes-
HOCH HINAUS ihren charakteristischen Einfluss auf verschiedene Parame- sante Ziele in der Erdkruste zu lokalisieren. Dort können
Auch die Forschung nimmt Fahrt auf: Mit der ter, welche berührungslos aus der Ferne erfasst werden kön- Geolog*innen dann durch gezielte Bohrungen genau die
TU Bergakademie Freiberg und der Bundesanstalt nen. Natürlich sollen diese Technologien Geolog*innen nicht Proben entnehmen, die sie brauchen.
für Geowissenschaften und Rohstoffe startet ersetzen. Aber mit ihrer Hilfe können die Spezialist*innen vor
das Institut die erste Explorationskampagne im Ort ihre Arbeitsabläufe optimieren und ihren ökologischen Um die relevanten Informationen unmittelbarer und besser
Erzgebirge seit Einstellung des heimischen Berg­
Fußabdruck minimieren. zur Verfügung stellen zu können, entwickelt das HIF maschi-
baus – der Start einer erfolgreichen Entwicklung
nachhaltiger und moderner Erkundungsmethoden nelle Lernverfahren, mit denen Daten schnell und einfach
am HIF. ©HZDR/Detlev Müller ausgewertet und visualisiert werden können. Nur so gelingt
24 Nachhaltige Erkundungsmethoden Nachhaltige Erkundungsmethoden 25

Die Forscher*innen können


direkt im Gelände die
aufgenommenen Bilder
der Hyperspektralkameras
betrachten und auswerten.
©HZDR/HIF

Das HIF konnte durch die Leitung des großen europäischen dieser gerecht zu werden, gründeten Mitarbeiter*innen und
Projektes INFACT (Teil des Horizont 2020 Programms) die Absolvent*innen des HIF das Start-up TheiaX.
Relevanz dieses Ansatzes demonstrieren. Zusammen mit
16 europäischen Partnern aus Industrie, Forschung und Was kommt als Nächstes? Das HIF konnte Teile seines Know-
Nichtregierungsorganisationen (NGOs) wurden Referenz- hows bereits transferieren. Es ist nun möglich, die zeitliche
standorte entwickelt, an denen Erkundungstechnologien Entwicklung eines Bergwerks, seiner Halden und der ver-
hinsichtlich sowohl ihrer technischen Effizienz als auch der bundenen Umweltauswirkungen zu überwachen. Die ver-
gesellschaftlichen Akzeptanz bewertet werden können. In wendeten Techniken helfen so, den Bergbau zu verbessern
diesem Forschungsprojekt konnte das HIF NGOs, politische und nützliche Informationen für geometallurgische Vorher-
Entscheidungsträger*innen und Industriepartner zusam- sagen bereitzustellen. Die Automatisierung eines Bergwerks
menbringen, um über die Zukunft der Rohstofferkundung in erfordert intelligente Sensoren, wie sie das HIF entwickelt.
Europa zu diskutieren. Denn nur, wenn alle an der Entschei- Das Bergwerk der Zukunft wird so weniger gravierende Aus-
dungsfindung beteiligt sind, können nachhaltige Lösungen wirkungen auf die Umwelt haben und sicherer sein. Das HIF
gefunden werden. Dass der Bedarf an diesen Technologien trägt zu diesen Verbesserungen maßgeblich bei.
vorhanden ist, zeigt die große industrielle Nachfrage. Um

es dem Team vor Ort, im oft unwirtlichen Gelände, ihre Die Mitarbeiter*innen des HIF testen ihre Technologien in
Aktivitäten zu optimieren. So gehören mittlerweile Spezia- vielen Regionen der Welt und besuchen vor allem Gebiete,
list*innen für künstliche Intelligenz, Augmented Reality (er- in denen die für die Energiewende und das Erreichen der
weiterte, computergestützte Realität) und Automatisierung Ziele des Pariser Klimaabkommens notwendigen Rohstoffe
zum Team. Idealerweise können die Nutzenden dadurch eine zu finden sind. Lithium, Seltene Erden, Kupfer und Nickel sind Noch im Gelände können
dreidimensionale Darstellung der Oberfläche und des Unter- nur einige dieser sogenannten Hochtechnologierohstoffe, die mittels der gesammelten
Daten der Hyperspektral-
grunds in Echtzeit nachbilden. Diese „digitalen Zwillinge“ mit der entwickelten Technologie inzwischen in den unter- kameras Modelle des unter-
der Erdkruste projizieren den Bergbausektor direkt in das schiedlichsten klimatischen und geografischen Umgebungen suchten Geländes erstellt
digitale Zeitalter auf dem Weg zur Industrie 4.0. identifiziert werden können. werden. Die verschiedenen
Farben geben Auskunft
über unterschiedliche
Mineralgehalte.
@HZDR/HIF

KANN ES EINEN NACHHALTIGEN BERGBAU GEBEN?


Der Abbau von mineralischen Rohstoffen ist für den Stewart moderierte eine Debatte über den Bergbau
Ausbau umweltfreundlicher Technologien wie Solar- und seine Rolle in der Gesellschaft.
paneele, Windkraftanlagen und Elektroautos von ent- Unter folgendem Link ist die Aufzeichnung der
scheidender Bedeutung. Edelmetalle treiben unsere englischsprachigen Veranstaltung abrufbar:
Handys und Laptops an. Wie passt das zur nachhaltigen,
grünen Zukunft? Stehen die benötigten Mengen natür-
licher mineralischer Rohstoffe überhaupt zur Verfügung?
Ein internationales Expertengremium hat dazu disku-
tiert. Die Veranstaltung „Can mining make the world
a greener place?“ wurde vom Natural History Museum
und dem EU-finanzierten INFACT-Projekt veranstaltet.
Der BBC-Wissenschaftsmoderator Professor Iain
Aufbereitung komplexer Erze 27

Der Umzug Komplex zusammengesetzte


17. JUNI 2016
Rohstoffe benötigen
Endlich fertig – Sachsens Staatsministerin für
Wissenschaft und Kunst, Dr. Eva-Maria Stange
(Mitte), und viele Weitere weihen den modernen
ganzheitliche Lösungen
Forschungsstandort ein. ©HZDR/Detlev Müller

 C HEMNITZER
STRASSE 40
Auf einer Fläche von knapp
G anz ohne den Bergbau geht es nicht. Gerade die
Energiewende lässt die Nachfrage nach Kupfer
und Co. in die Höhe schnellen, die trotz intensi-
ver Bemühungen nicht allein durch das Recycling gedeckt
werden kann. Doch der Bergbau steht vor großen Heraus-
Experimente im ganz großen Stil
Um das Potenzial von Komplexerzen auszuschöpfen, gleich-
zeitig aber den ökologischen Fußabdruck des Bergbaus zu
verringern, verfolgt das HIF gleich mehrere technologische
Ansätze. Diese bekamen insbesondere durch das Projekt
3.000 Quadratmetern haben forderungen. Waren die Erzkörper etwa zu Beginn des letzten „Aufbereitung feinkörniger Komplexerze“ (AFK) ihren ers-
die HIF-Wissenschaftler*­ Jahrhunderts oft noch so grobkörnig und reichhaltig, dass ten großen Schub. So flossen Ergebnisse der modernen
innen nun exzellente Voraus­ man die Wertminerale händisch anreichern konnte, bestehen Rohstoffcharakterisierung in mathematische Modelle ein,
setzungen, um auf höchstem sie heute aus einer Vielzahl unterschiedlichster Minerale, die es erlauben, eine Vielzahl unterschiedlicher Verfahrens-
Niveau zu forschen. die im Mikrometermaßstab fein miteinander verwachsen abläufe zu simulieren und die optimale Kombination von
©HZDR/Frank Schinski
sind – und deswegen nicht mehr so einfach aufzubereiten Trennschritten zu bestimmen. Wesentlich dabei ist, dass
sind. Solche Erze – hier Komplexerze genannt – könnten für die einzelnen Prozesse nicht isoliert voneinander, sondern
GEBURTSTAGSFEIER die Renaissance des heimischen Bergbaus in Zukunft eine immer als gesamte Prozesskette betrachtet wurden. Dies
Kaum eingezogen, feiern die jetzt wichtige Rolle spielen. Denn das Erzgebirge verfügt immer ist deshalb wegweisend, weil die traditionelle Aufbereitung
schon 100 Mitarbeiter*innen den noch über gut zugängliche Komplexerz-Lagerstätten, die ihre Prozesse bisher wesentlich auf Erfahrungen und zeit-
5. Geburtstag des Instituts. einen wichtigen Beitrag für eine sichere Versorgung vor raubende Experimente gestützt hat. Über 100 Tonnen Komplex-
@HZDR/HIF erz aus der Lagerstätte
allem mit Zinn und Indium leisten könnten. Tellerhäuser im Erzgebirge
Gemeinsam mit Forscher*innen aus ganz Europa gelang werden in einem Pilot-
Die Metallgewinnung aus Komplexerzen ist deshalb so es dem AFK-Team auf diese Weise, eine rund 140 Tonnen projekt mittels moderner
Analysemethoden und
schwierig, weil die Wertminerale nur durch starke Zerklei- schwere Erzprobe eines sogenannten Skarns, reich an Zinn, Computermodelle aufberei-
nerung von wertlosen Mineralen – sogenannten Gangarten – Zink und Indium, aus dem Schwarzenberg-Distrikt im Pilot- tet. ©HZDR/Detlev Müller
getrennt werden können. Dabei gilt: Je feiner die Minerale
verteilt sind, umso feiner muss das Erz aufgemahlen werden.
Auf der Mikrometerebene angekommen, dominieren noch
unzureichend verstandene physikalische Kräfte zwischen
den einzelnen Mineralpartikeln, die herkömmliche Trennver-
fahren oft in ihre Schranken weisen. Die mineralogische Viel-
falt in komplexen Erzen führt außerdem dazu, dass nicht nur
eine, sondern eine ganze Palette an Partikeleigenschaften
wie Dichte, Magnetisierbarkeit oder auch Form und Ober-
PILOTPROJEKT flächeneigenschaften den Trennprozess steuern.
 it den Möglichkeiten am
M
neuen Standort möchte das
HIF vor allem die Forschung
zur Aufbereitung heimischer
Erze vorantreiben. Dies ist
der Auftakt zum bisher auf-
wendigsten Forschungsprojekt
auf diesem Gebiet: AFK.
©Knitterfisch (Links, Mitte),
Detlev Müller (Rechts)
28 Aufbereitung komplexer Erze Aufbereitung komplexer Erze 29

Erzpartikel während der Flotation? Wie verändern sich deren wiedereingesetzt werden können. In den nächsten Jahren
Oberflächen durch den Einsatz von Chemikalien? Welche wird das HIF diese Methode nicht nur für die Aufbereitung
Wechselwirkungen treten an den Grenzflächen zu anderen von Erzen, sondern auch verstärkt für das Recycling komplex
Teilchen auf? Die Antworten gestatten Rückschlüsse darauf, zusammengesetzter End-of-life-Produkte einsetzen.
unter welchen Bedingungen sich Wertminerale aus Erzge-
stein am besten in Form eines Mineralkonzentrats abtrennen
lassen. Das Spektrum der Resultate reicht vom Erkenntnis-
gewinn und der Optimierung von Prozesschemikalien über
die erfolgreiche Simulation turbulenter Prozesse in der Flo- DAS PROJEKT „AFK“
tationszelle bis hin zu Flotationsversuchen im Pilotmaßstab. AUFBEREITUNG FEINKÖRNIGER HEIMISCHER
KOMPLEXERZE
Innovation von der Natur inspiriert Von Mai 2015 bis Dezember 2018 wurde das Pro-
Weil sie die Eigenschaften von Partikeloberflächen modi- jekt „AFK“ vom Bundesministerium für Bildung und
fizieren und damit unterschiedliche Partikel voneinander Forschung mit fast zwei Millionen Euro unterstützt.
trennen können, werden auch Mikroorganismen oder Bio- Es ist Teil des Förderschwerpunktes „r4 – Innovative
moleküle in der Flotation eingesetzt. Dieses Verfahren, mit Technologien für Ressourceneffizienz-Forschung zur
dem das HIF in den vergangenen Jahren einen ganz neuen Bereitstellung wirtschaftsstrategischer Rohstoffe“
Forschungsweg eingeschlagen hat, wird als Bioflotation im Rahmenprogramm „Forschung für Nachhaltige
bezeichnet. Dafür nutzt man die Fähigkeit der kleinen bio- Entwicklung“ (FONA).
logischen Helfer, sich an Oberflächen anzuheften und mit
ihnen zu interagieren. Hier erforscht das Institut den Einsatz
von mikrobiellen Metaboliten, also Substanzen, die als Pro-
dukte des Stoffwechsels der Mikroorganismen entstehen,
und Naturstoffen als Flotationsreagenzien. Diese werden
biotechnologisch hergestellt, charakterisiert und gemein-
sam mit den Spezialist*innen der Flotation getestet. Vorteil QR-Link zum
der Methode ist, dass sie nicht nur den Einsatz chemischer AFK Projektvideo:
Reagenzien vermindern, sondern auch zurückgewonnen und

Um die Trennprozesse
auf der Mikroebene zu
maßstab energie- und rohstoffeffizient aufzubereiten. Die Auch auf die Mikroebene kommt es an
Lagerstätten im Westerzgebirge sind für die Erforschung
verstehen, experimentieren
HIF-Forscher*innen mit neuer Aufbereitungsstrategien besonders vorteilhaft. Sie Ein bewährtes Verfahren, um Minerale aus feingemahlenem
Flotationszellen sowohl sind gut erkundet und besitzen signifikante Gehalte an wirt- Erz zu gewinnen, ist die Flotation. Sie nutzt Oberflächen-
im Labor- als auch im Pilot- schaftsstrategischen Metallen. Ein Großteil der experimen- eigenschaften von Partikeln, um unterschiedliche Minerale
maßstab.
©HZDR/Frank Schinski tellen Arbeiten fand im Technikum der UVR-FIA GmbH statt, voneinander zu trennen. Das Prinzip ist einfach: Leitet man
das ebenfalls am HIF-Standort angesiedelt ist. Gasblasen in ein Gemisch aus Flüssigkeit und Erzpartikeln,
dann haften Blasen an solchen Mineralkörnern, die eine
Neben der Wahl der optimalen Aufbereitungsprozesskette wasserabweisende Oberfläche besitzen. Diese steigen durch
wird am HIF auch das Potenzial einer effizienten Vorsortie- die angehängten Luftblasen nach oben und bilden eine
rung erforscht. Der Einsatz künstlicher Intelligenz ermöglicht Schaumschicht, die abgeschöpft werden kann. So können
dabei die gezielte Auswahl geeigneter Sensoren und deren Minerale mit unterschiedlichen Oberflächeneigenschaften
Einstellung zur optimalen Nutzung von Sortieranlagen, um effizient voneinander getrennt werden.
Abraum und Erz schon vor der Mahlung effizient zu trennen.
Somit wird der energieintensiven Aufbereitung weniger Ma- Die derzeit übliche Flotationstechnologie ist bisher in ihren
terial zugeführt und es entsteht weniger Haldenmaterial. technischen Möglichkeiten begrenzt. Partikel mit einem
Durchmesser kleiner als 20 Mikrometer können nicht effi-
zient getrennt werden. Deshalb spezialisieren sich HIF-For-
scher*innen – gemeinsam mit dem Institut für Fluiddynamik
am HZDR und vielen internationalen Partnern – auf die Wei-
terentwicklung des Verfahrens von der Grundlagenforschung
bis zum Pilotmaßstab. In aktuellen Projekten wie FineFuture Die Biotechnologie eröffnet
(einem vom HZDR koordinierten Forschungprojekt im Ho- ganz neue Möglichkeiten –
so auch für die Weiter-
rizont 2020 Programm der EU) werden dafür verschiedene entwicklung klassischer
Fragestellungen untersucht: Wie verhalten sich einzelne Trennverfahren. ©HZDR
Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft 31

Das HIF expandiert Innovationsplattform


 17. OKTOBER
für die Kreislaufwirtschaft
 M ETALLURGIE-
TECHNIKUM
2018
Mit dem ersten Spatenstich
feiert das HIF den Baustart
der Zukunft
 Der Freistaat Sachsen finanziert den seines neuen Technikums.
Neubau mit insgesamt 10,2 Millionen Damit baut das Institut seine
Euro. Unterschiedliche metallurgische Forschungsinfrastruktur
Prozesse sollen praxisnah miteinander insbesondere zum Recycling

D
kombiniert und vernetzt werden. strategischer Wertstoffe aus.
©Baubüro Freiberg ©HZDR/Detlev Müller
er Aufbau einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft Der Aufbau einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft liefert
ist integraler Bestandteil des Europäischen „Green eine mögliche Antwort auf eine der drängendsten Fragen
KELLERAUSBAU Deal“. Darin wird die Versorgung mit minerali- unserer modernen Gesellschaft: Wie kann es gelingen, nach-
Auch im Hauptgebäude wird schen und metallischen Rohstoffen als strategisches Ele- haltig mit unserer natürlichen Ressourcenbasis umzuge-
fleißig weitergebaut und der ment der wirtschaftlichen Entwicklung der EU anerkannt. hen? Ressourceneinsatz, Emissionen und Energieverbrauch
Kellertrakt vollständig aus­ Diese aktuellen politischen Entwicklungen und die globale werden minimiert, indem Rohstoffkreisläufe intelligent und
gebaut. Es entstehen zusätz­ geopolitische Situation mit sich stetig verstärkendem Roh- nachhaltig geschlossen werden. Dieses eigentlich so ein-
liche Räumlichkeiten, unter
stoffverbrauch und -konflikten, dem Klimawandel und der fach klingende Prinzip der Kreislaufwirtschaft (häufig auch
anderem ein Labor für den
Bohrkernscanner und eine Energiewende verdeutlichen die große gesellschaftliche Circular Economy genannt), ist hochkomplex und erfordert
Förderband-Versuchsanlage Relevanz der Forschung am HIF, die in den nächsten zehn unter anderem innovative Technologien.
für die Echtzeit-Charakterisie­ Jahren weiter an Bedeutung gewinnen wird.
rung von Rohstoffen.
©HZDR/Detlev Müller

ERSTE FORTSCHRITTE
FORSCHUNGS- Nach dem ersten Spaten­
stich geht es zügig voran.
ANLAGE Nach etwas mehr als einem
 Ein Vakuuminduktionsofen, Jahr spiegelt sich bereits
der metallische Schrotte der blaue Himmel in der
und Legierungen induktiv neuen, etwa 400 Quadrat­
aufschmilzt, ist die erste meter großen Glasfassade
Forschungsanlage im neu der Halle. @HZDR/HIF
errichteten Technikum.
@HZDR/HIF

Illustration des Forschungs­


MODELLIERUNG portfolios des HIF
(dunkelblau) im Kontext
Mit den Themen Nachhaltigkeit der Kreislaufwirtschaft
und Kreislaufwirtschaft speziali­ mineralischer und
siert sich das HIF zunehmend auf metallischer Rohstoffe.
die Erforschung des gesamten Ein besonderes Augenmerk
liegt auf dem Zusammen-
Rohstoffkreislaufs. Mit der Simu­
spiel zwischen dem sich
lation und Optimierung solcher wandelnden Energiesystem
Kreisläufe setzt das HIF neue und den Materialströmen
Impulse bei der systemischen der Kreislaufwirtschaft.
Bewertung. ©HZDR/Detlev Müller ©HZDR/HIF
32 Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft 33

Das HIF beteiligt sich


an fünf Projekten im

Denn die für eine nachhaltige BMBF-Forschungscluster


greenBatt. Die Mission

Circular Economy benötigten des Clusters besteht in der


Entwicklung innovativer

Rohstoffe werden auch in Technologien und Werk-


zeuge für einen energie-

Zukunft sowohl aus primären und materialeffizienten


Batterielebenszyklus und

Im Fokus der Forschung am als auch sekundären Quellen weise steigt der Verbrauch von
geschlossene Stoff- und
Materialkreisläufe.
HIF steht deshalb die Ab- Metallen wie Kupfer drastisch
bildung der gesamten Wert-
stammen. durch den Einsatz in erneuerba-
Unter anderem beschäf-
tigt sich das HIF mit dem
Recycling von Anoden-
schöpfungskette minerali- ren Energiesystemen wie Wind- graphit (mikroskopische
scher Rohstoffe und Metalle. kraftanlagen oder Fotovoltaik. Aufnahme).
Denn die für eine nachhaltige Circular Economy benötigten Die neuen Energiequellen sind jedoch notwendig, um den ©HZDR/HIF

Rohstoffe werden auch in Zukunft sowohl aus primären Einsatz nicht wiederherstellbarer, fossiler Energierohstoffe
(geogenen; in der Erde entstanden) als auch sekundären wie Kohle, Erdöl und Erdgas zu verringern. Die Verfügbarkeit QR-Code zum
(anthropogenen; durch den Menschen modifizierten) Quellen nachhaltig gewonnener, mineralischer Rohstoffe ist daher greenBatt Cluster:
stammen. Das HIF verfolgt dabei den Ansatz, beide Quellen eine Voraussetzung, um gesellschaftliche Herausforderun-
als komplementär und gleichwertig zu betrachten sowie die gen wie die Energiewende zu meistern. Das Abschätzen
Themen Rohstoffe und Energie immer zusammen zu denken. von Versorgungspotenzialen und -risiken ist wiederum eine
50 µm
Möglichkeit, um zukünftige Kreisläufe und Technologien an
die Rohstoffverfügbarkeit anzupassen.
Die Endlichkeit der Rohstoffe
Mineralische Rohstoffe und insbesondere Metalle sind eine Von besonderer Bedeutung sind hier solche Rohstoffe, die
unverzichtbare Basis für die technologische und industrielle nur als Beiprodukte gewonnen werden können. Eine de-
Entwicklung. Laut einem Bericht der UN wird eine mögliche taillierte Betrachtung der geotechnologischen Verfügbar-
Verdopplung des Ressourcenverbrauchs zwischen 2015 und keit wurde in einer 2016 am HIF abgeschlossenen Studie2
2050 prognostiziert. Wohlhabende Staaten nutzen dabei für die Hightechmetalle Indium, Gallium und Germanium
zehnmal mehr Ressourcen als ärmere Staaten.1 Beispiels- durchgeführt. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass die

prinzipielle Verfügbarkeit von Germanium und Gallium weit Technologische Entwicklungen für die
1 www.resourcepanel.org/reports/assessing-global-resource-use
über den aktuell gewonnenen Mengen liegt. Anders sieht
2 www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0301420716303269
die Situation für Indium aus, für das bei weiter rasch anstei-
Circular Economy am HIF
gendem Bedarf nach Elektronikprodukten schon bald ein Unter der Prämisse der Nachhaltigkeit müssen Energie- und
signifikantes Versorgungsrisiko entstehen könnte. Aktuell Ressourceneffizienz immer gemeinsam betrachtet werden.
werden in verschiedenen Kooperationen die Verfügbarkeiten Dafür braucht es Kompetenzen entlang der gesamten Wert-
Der Bedarf an Industrie- weiterer Hochtechnologie-Rohstoffe betrachtet. So auch im stoffschöpfungskette und transdisziplinäre Zusammenarbeit.
rohstoffen, um Wind- und Projekt BatMix, Teil des BMBF-Kompetenzclusters Recycling Gemeinsam mit seinen Partnern forscht das HIF an der
Solaranlagen, Energie-
speicher und Stromnetze und Grüne Battery (greenBatt), in dem statistisch belastbare Weiterentwicklung von etablierten Recyclingverfahren und
auszubauen, steigt. Für Szenarien für die Verfügbarkeit der kritischen Batterieroh- beschäftigt sich mit der Simulation, Bewertung und Opti-
verschiedene Energie­ stoffe Lithium, Kobalt, Nickel, Mangan und Graphit bis zum mierung der Prozesse, zum Beispiel für das Recycling von
technologien ist hier der
Bedarf pro produzierter Jahr 2050 modelliert werden. Eingeschlossen sind dabei die Kühlschränken oder Smartphones oder für die gesamte
Energieeinheit abgebildet. für die Produktion der Metalle anfallenden CO₂-Emissionen Wertschöpfungskette von Seltenen Erden. Dabei werden
©HZDR/Gudrun Wegener und der Energieverbrauch. Zudem wird berechnet, wie viel auch völlig neuartige technologische Verfahren bewertet,
Europäischer
Foto­ Solarkraft- Druckwasser- des jeweiligen Rohstoffs überhaupt bei einer funktionieren- wie beispielsweise der Einsatz von Aluminiumschrott als
Wasser Wind voltaik werk Kohle Gas reaktor den Circular Economy aus sekundären Quellen gewonnen Reduktionsmittel bei der Herstellung von Silizium.
152,9 66,7 244 108,3 8,57 3,90 8,98 werden kann und wie viel aus primären Rohstoffen durch
0,5 21,7 37,8 60,83 3 2,77 0,83 Bergbau darüber hinaus bereitgestellt werden muss. Die Erkenntnisse aus diesen Aktivitäten lassen sich auch
0,01 5 77,8 10 0,29 0,12 0,26 in sogenannte Design-for-Recycling-Konzepte übersetzen.
0,14 19,2 100 19,58 0,51 1,24 2,59
Denn um die Komplexität der Materialströme im Recycling-
0,002 8,3 153,3 100 0 0 0,001
prozess zu minimieren, muss bereits beim Produktdesign
100 Jahre 20 Jahre 30 Jahre 30 Jahre 25 Jahre 30 Jahre 60 Jahre angesetzt werden. Das bedeutet beispielsweise, dass Teile
eines Produktes besser gesteckt als verklebt werden sollten.
Beton Eisen Aluminium (x10) Kupfer (x100) Glas (x10) Angaben in t/MW*Jahr | Laufzeit Gerade Leichtbauwerkstoffe sind eine große Herausforde-
rung beim Recycling, weil sie bis heute nicht recycelbar sind.
Am Beispiel von Kühl- und Gefriergeräten wird aktuell in
34 Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft 35

Der Highspeed-Images-
Demonstrator dient der
Erfassung, Identifizierung
und Sortierung komplex
zusammengesetzter
Recyclingstoffströme.
@HZDR/Detlev Müller

zu minimieren. recomine hat die Vision, regional in Sachsen die Erstellung von geometallurgischen und systemischen
gewachsene Kompetenzen im Bereich der Umwelttechnolo- Modellen – ob für die effiziente Exploration, den Abbau und
gien weiterzuentwickeln, hin zu einer Erschließung disperser die Aufbereitung komplexer Erzkörper, die Entscheidung
Rohstoffquellen. Typische Altlasten wie die Erprobungs- und über den besten Recyclingprozess eines Schrottes oder die
Demonstrationsstandorte im Erzgebirge sind beispielhaft optimale Ausgestaltung einer nachhaltigen Circular Econo-
für Altlasten weltweit. my. Dafür entwickelt das HIF mit seinen Partnern vor Ort in
Freiberg eine digitalisierte Aufbereitungsinfrastruktur, die im
Pilotmaßstab betrieben werden soll, um Simulation, Bewer-
Vom Pilotmaßstab in die Anwendung tung und Optimierung von mechanischen Aufbereitungstech-
Die Computerchips schrumpfen, die Hightech-Schrottberge nologien voranzubringen. Mit der Errichtung der sogenannten
wachsen, die fortschreitende Digitalisierung macht ein bes- FlexiPlant – einer einzigartigen Forschungsinfrastruktur für
seres Recycling daher umso notwendiger. Eine konsequente die flexible Aufbereitung komplexer Rohstoffströme – sollen
Digitalisierung ist aber gleichzeitig auch der Schlüssel für ein in Zukunft die multidisziplinären Kompetenzen des HIF ver-
besseres Verständnis von Recycling und Kreislaufwirtschaft. eint werden. Großversuche sollen zeigen, wie Wertstoffe
Schon jetzt fußt die sensorbasierte Rohstoffcharakterisie- aus unterschiedlichsten Rohstoffquellen und mit flexibel
rung auf der Erhebung umfangreicher Datensätze. Diese verschaltbaren Methoden intelligent und effizient aufbereitet
Daten müssen erfasst, geeignet korrigiert und überlagert, werden können. In dem neu errichteten Metallurgie-Tech-
dann miteinander verschmolzen und interpretiert werden. nikum wird metallurgische Prozesstechnik pilotiert und dann
Mit künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen gelingt mit den adaptiven Aufbereitungstechnologien verknüpft. So
es, den Weg der Rohstoffe systemisch zu durchleuchten, wird die Mission Circular Economy am HIF gelebt, um den
Verluste sichtbar zu machen sowie Rohstoffproduktion und effizienten Umgang mit mineralischen und metallhaltigen Roh-
Recyclingraten gezielt zu verbessern. Ähnliches gilt auch für stoffen sowie Energie tatsächlich Realität werden zu lassen.

einem Verbundforschungsprojekt ein kreislauffähiges Pro- weise aus Elektro- und Elektronikaltgeräten sowie Schrotten
duktdesign simuliert, das sowohl energie- als auch ressour- ermöglichen. Um die durch die Messungen anfallenden
ceneffizient ist. Dazu werden verschiedene Szenarien mit Datenmengen zu strukturieren, zu analysieren und auszu-
dem Fokus auf repair und reuse sowie möglichst geschlos- werten, profitieren die Ansätze des HIF von der Anwendung
sene Recyclingpfade entwickelt. Die Zusammenführung der künstlicher Intelligenz und des maschinellen Lernens. Am
Ressourceneffizienzanalyse HIF wurde ein erster Prototyp
mit dem technologieorientier- entwickelt und aufgebaut, der
ten Design-for-Recycling-Mo- diese Technologien vereint. Der
dell soll künftig die Vorhersa- Die steigende Variabilität und Highspeed Images Demonstra-
ge eines für eine vollständige tor ermöglicht nun eine deut-
Kreislaufführung geeigneten
stoffliche Komplexität der lich verbesserte Identifizierung
Produktdesigns erlauben. Recyclingstoffströme macht komplex zusammengesetzter

Die steigende Variabilität und


eine rasche Weiterentwicklung Recyclingstoffströme.
stoffliche Komplexität der der Rohstoffcharakterisierung Zu einer funktionierenden Kreis-
Recyclingstoffströme macht laufwirtschaft gehört auch, alte
eine rasche Weiterentwick-
unabdingbar. Bergbauhalden in wichtige Roh-
lung der Rohstoffcharakteri- stofflieferanten umzuwandeln.
sierung unabdingbar. Dafür Mit dem Rückbau von Halden
werden Technologien in Kombination mit digitalen Plattfor- wird nicht nur die Umwelt entfrachtet und somit eine Renatu-
Im neu errichteten Metal-
men entwickelt. Dabei werden insbesondere bildgebende rierung ermöglicht, die Sanierung bedeutet auch, verbliebene lurgie-Technikum können
Verfahren für die Charakterisierung von Recycling-Stoff- Rohstoffe zu gewinnen und damit gleichzeitig die Sanierung innovative Technologien im
strömen genutzt. So können moderne Multisensorsysteme zu finanzieren. Am HIF wurde dafür das recomine-Bündnis Pilotmaßstab getestet und
assoziierte Simulationsmo-
mittels künstlicher Intelligenz Vorhersagen treffen, die eine gegründet, das Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft mit delle überprüft werden.
effizientere Rückgewinnung komplexer Rohstoffe beispiels- dem gemeinsamen Ziel zusammenbringt, Bergbaualtlasten ©HZDR/Detlev Müller
Forschungscampus für Ressourcentechnologie und Nachhaltigkeit 37

Der zukünftige Die Zukunft kann kommen


Forschungscampus

D
BLICK IN
DIE ZUKUNFT ie Entwicklung des HIF ist schon jetzt eine Erfolgs-
 Um zukünftigen Herausforderun­ geschichte, denn wer hätte vor 10 Jahren gedacht,
gen gerecht zu werden, bedarf es dass die Idee, ein Institut für Ressourcentechno-
eines gezielten Ausbaus des Ge­ logie zu gründen, so schnell Früchte tragen wird. Eine we-
samtstandortes zum Forschungs­
sentliche Rolle spielt dabei, dass es ein Helmholtz-Institut
campus für Ressourcentechno­
logie und Nachhaltigkeit.
geworden ist, denn Helmholtz-Institute geben strategischen
©Baubüro Freiberg Partnerschaften zwischen den Zentren der Helmholtz-Ge-
meinschaft und Universitäten eine besondere Intensität. In
diesem Fall ist es die dauerhaft enge Zusammenarbeit auf
dem Gebiet der Ressourcentechnologie zwischen dem HZDR
und der TU Bergakademie Freiberg. Schon der Namensgeber
der Helmholtz-Gemeinschaft, Hermann von Helmholtz, ver-
trat eine Naturwissenschaft, die Brücken schlägt zwischen Vom Labor- in den Pilotmaßstab Das Technikum besteht
aus einer 12 Meter hohen
Medizin, Physik und Chemie. Seine bahnbrechenden For- Versuchshalle und einem
schungsarbeiten und Entwicklungen verknüpften Theorie,
Ein erster Meilenstein auf dem Weg zum Campus ist mit der 15 Meter hohen Kopfbau
Experiment und praktische Anwendung. Diesen bewährten
Inbetriebnahme des Metallurgie-Technikums bereits erreicht. mit diversen Funktions-
räumen.
Ansatz möchte das HIF mit seinem Campus für Ressourcen-
In der neuen Versuchshalle werden künftig Forschungs- In der Versuchshalle werden
CAMPUSKONZEPT technologie und Nachhaltigkeit fortschreiben und ein natio-
ergebnisse zur pyro- bzw. hydrometallurgischen Rückge- auf 950 Quadratmetern
nal sowie international ausgerichtetes Kompetenzzentrum
winnung wirtschaftsstrategischer Metalle für den (Wieder-) Anlagen und Geräte für
Sanierung und Neubau erfolgen
die gesamte Bandbreite
in mehreren Schritten – neben zur Erforschung, Entwicklung und Bewertung innovativer
Einsatz in modernen Schlüsseltechnologien aus dem Labor metallurgischer Forschung
neuen Laborflächen und einem Ressourcentechnologien im Kontext einer nachhaltigen
in den Pilotmaßstab überführt und so für den Transfer in die aufgebaut – von der
umfänglich sanierten Tech­ Kreislaufwirtschaft etablieren. Industrie vorbereitet. Es werden innovative Verfahren mit- Pyrometallurgie (wärme-
nikum für die Aufbereitung geführte Prozesse) bis zur
einander kombiniert und di- Hydrometallurgie (wasser-
(FlexiPlant) werden die Büro­
kapazitäten deutlich erweitert. Mit dem Forschungscampus gital vernetzt. Damit schafft gebundene Prozesse).
wird es möglich, Innovatio- das Technikum exzellente Weitere 110 Quadratmeter
Zukünftig sollen hier 300
Personen beschäftigt sein. nen für den nachhaltigen Mit dem Forschungscampus wird Voraussetzungen, um neue
sind als Lagerfläche vorge-
sehen. Die Forscher*innen
©Baubüro Freiberg Umgang mit komplex zusam- Technologien und Prozesse
mengesetzten Rohstoffen
es möglich, Innovationen für den zu erproben, zu optimieren
können mit Material-
strömen zwischen einem

bzw. Stoffströmen voranzu- nachhaltigen Umgang mit komplex und zu automatisieren. und 500 Kilogramm
experimentieren – das
treiben, aus dem labor- und
kleintechnischen Maßstab
zusammengesetzten Rohstoffen Simulationsmodelle, die zur
entspricht etwa der Lücke
zwischen Labor- und

in den Pilotmaßstab zu über- bzw. Stoffströmen voranzutreiben.


Industriemaßstab.
quantitativen Bewertung des ©HZDR/Detlev Müller
führen und zeitnah in die in- Materialeinsatzes und zum
dustrielle Praxis zu bringen. Energieverbrauch von Pro-
Somit steigt die Attraktivität zessen entwickelt wurden,
des Standorts Freiberg nicht nur als Forschungspartner, son- können praxisnah überprüft werden. Dadurch lassen sich
dern auch hinsichtlich der Zusammenarbeit mit sächsischen, die industrielle Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit innova-
nationalen und internationalen Partnern aus Wissenschaft tiver Technologiekonzepte, zum Beispiel durch den Einsatz
und Wirtschaft. alternativer Rohstoffquellen, oder die Nachhaltigkeit bei der
38 Forschungscampus für Ressourcentechnologie und Nachhaltigkeit Forschungscampus für Ressourcentechnologie und Nachhaltigkeit 39

Transdisziplinarität des HIF sichtbar. Als Forschungsinsti- Disziplinen der Natur- und Ingenieurwissenschaften sowie
tut, das sich der Nachhaltigkeit verschrieben hat und einen der Automatisierung, Digitalisierung und Informatik.
beträchtlichen Teil seiner Drittmittel aus dem BMBF-Pro-
gramm „Forschung für Nachhaltigkeit“ erhält, muss auch
das Arbeitsumfeld möglichst nachhaltig gestaltet sein. Die Effizienz
Grundprinzipien der Nachhaltigkeit werden sich nicht nur + Stromverbrauch
in den Forschungsthemen widerspiegeln, sondern explizit + Wasserverbrauch
auch das äußere Erscheinungsbild des Campus bestimmen, + Wärmebedarf
indem bei Bau und Betrieb der geplanten Forschungsinfra-
strukturen ebenso auf Nachhaltigkeit geachtet wird. Das HIF Nachhaltiges + Langlebiges Design
folgt damit dem Grundsatz „Weiternutzung vor Verwertung Bauen + Recyclingmaterialien
Der Blick in die zukünftige und Beseitigung“.
Versuchshalle FlexiPlant
+ Regionale, natürliche,
zeigt die verschiedenen schadstoffarme Baustoffe
Ebenen, auf denen alle Die Nachhaltigkeit spiegelt sich auch im Bereich der Mobilität
Arten von Recyclingstoff- wider. So soll für den Campus ein Gleisanschluss für den Innenraum­
strömen in der jeweils bes- + Lichtkonzept
An- und Abtransport von Rohstoffen aller Art reaktiviert qualität
ten Weise energieeffizient,
ressourcenschonend und werden. Für die Mitarbeitenden wird es Dienstfahrräder + Lärmreduzierung
werterhaltend aufbereitet und Ladestationen für E-Autos und E-Bikes geben. Auch + Baumaterialien
werden können.
©Baubüro Freiberg die gemeinsame Nutzung von Laboren und Anlagen mit
der TU BAF am Standort unterstreicht den Nachhaltigkeits- Mobilität
aspekt. Und schließlich sollen die Forschungsergebnisse in + E-Mobilität
die Anwendung gebracht werden. Damit der Technologie­ + Öffentlicher Nahverkehr
transfer gelingt, ist die Integration eines Inkubators zur + Fahrräder
effizienten Einbindung von Start-ups und innovativen In-
Bei der Campusentwicklung
dustriepartnern am Standort auch räumlich geplant. So Außen- wird großer Wert auf Nach-
Gestaltung neuer Produkte bereits in frühen Entwicklungs- neuartiger flexibler, adaptiver, automatisierter sowie digitali- entsteht in Freiberg ein attraktiver Forschungsstandort für gestaltung + Grünflächen haltigkeit gelegt. Das HIF
phasen abschätzen. sierter Aufbereitungsprozesse. Durch eine vollautomatisierte national und international führende Expert*innen und Nach- + Wegesystem folgt damit dem Grundsatz
„Weiternutzung vor Ver-
Erfassung und (Vor-)Sortierung der Wertstoffströme be- wuchswissenschaftler*innen aus den verschiedenen, der + Aufenthaltsbereiche wertung und Beseitigung“.
Das Herz des Campus wird in einer weiteren Versuchshal- reits vor der eigentlichen Aufbereitung sollen technologisch Ressourcentechnologie und Kreislaufwirtschaft zugehörigen ©HZDR/HIF
le schlagen: der sogenannten FlexiPlant. Der sanierungs- bedingte Verluste weitestgehend vermieden werden. Eine
würdige Bau und Vorläufer dieser weltweit einzigartigen genaue, sensorgestützte Rohstoffcharakterisierung soll dann
Infrastruktur wurde schon Mitte der 1950er Jahre errichtet eine optimal angepasste Weiterverarbeitung eines jeden
– er gehörte zum ehemaligen Forschungsinstitut für Auf- Stoffstroms ermöglichen.
bereitung (Akademie der Wissenschaften der DDR) und FOLGENDE SCHLÜSSEL­SYSTEME ENTHÄLT DAS F
­ LEXIPLANT-KONZEPT:
wird heute durch eine Privatfirma (UVR-FIA GmbH) betrie- Die Infrastruktur wird eine einzigartige Kollaborationsplatt-
ben. Die Halle wurde als dreischiffige, schwere Stahlkons- form zum Nutzen regionaler, nationaler und internationaler • v oll automatisierte Aufbereitungsmaschinen für die • E in Rechenzentrum – als Gehirn der Pilotanlage – das
truktion mit Bekranung des Mittelschiffes errichtet, die Partner im Bereich der Kreislaufwirtschaft bilden, da sie verschiedenen physikalischen und physiko-chemi- alle anfallenden Daten erfasst sowie laufende Pro-
für variable Versuchsdurchführungen geeignet ist. Nach das ideale Testfeld für innovative Technologien, neuartige schen Trennungsschritte der Rohstoffaufbereitung zesse basierend auf lernenden Systemen vorhersagt,
der geplanten Sanierung und Modernisierung soll diese Maschinen und Sensorsysteme sowie für die Entwicklung anpasst und auswertet.
einmalige Forschungsinfrastruktur auf rund 1.700 Quadrat- von geeigneten Steuerungsalgorithmen und systemischen • e in voll automatisiertes Routingsystem für den rei-
metern Grundfläche zukünftig ein Demonstrator im Pilot- Modellierungen bietet. bungslosen Transport von Rohstoffen und Aufberei- • W
 eitere Gebäude für die Ressourcenanalytik mit
maßstab für ein agiles Rohstoffaufbereitungssystem der tungsprodukten physiko-chemischen Laboren und für die Biotech-
nächsten Generation sein, welches das Konzept Industrie 4.0 nologie komplettieren die Forschungsinfrastruktur
an die Bedürfnisse der rohstoffverarbeitenden Industrie
Nachhaltigkeit • h ochauflösende, bildgebende Sensorsysteme, auf dem Campus.
anpasst. Die FlexiPlant hat das Ziel, alle Arten von Rohstoff- Die wissenschaftliche Exzellenz des Institutes sowie das die Informationen auf Partikelebene generieren
strömen in der jeweils besten Weise energieeffizient, res- Thema Nachhaltigkeit sollen auch in der (landschafts-)archi-
sourcenschonend und werterhaltend aufzubereiten. Dies tektonischen Umsetzung am Campus sichtbar werden. So • Hochregalsysteme für die Lagerung von Rohstoffen
geschieht insbesondere durch die intelligente Kopplung werden Umweltbewusstsein, Modernität, Offenheit und
40 41

Luftaufnahme des Campus


in der Chemnitzer Straße 40
(Stand: Juli 2021).
©HZDR/HIF
42 43

Wissenschaftliche
Patente bis 2020

151 Publikationen bis 2020

500
Sichtbarkeit 18
Ein wichtiges
Projekte insgesamt >
Wissenschaftliche
In den vergangenen 10 Jahren hat das Instrument für Publikationen
HIF eine Vielzahl an Kooperationen erfolgreichen
Technologietransfer
mit Partnern aus Wissenschaft und
Wirtschaft über die Grenzen Europas 85
Nationale
32
Europäische
24
Industrie­aufträge
10
Regionale
hinaus aufgebaut. Das Ergebnis kann Projekt­förderungen
z.B. gefördert durch
Projekt­
förderungen
Projekt­
förderungen
sich sehen lassen. die Deutsche Forschungs-
gemeinschaft, das Bundes-
z.B. durch das
EIT RawMaterials sowie
durch die Sächsische
AufbauBank und das
ministerium für Bildung und die Programme Horizont Land Sachsen
Forschung und die 2020 und Horizont Europa
Helmholtz-Gemeinschaft

Ausgewählte Ausgewählte
Forschungspartner weltweit Russland
Forschungs­partner in Europa Finnland
Aalto University
Siberian Federal University GTK
Schweden Metso: Outotec
Luleå University of Technology University of Oulu
Nouryon Surface Chemistry
Polen
Institute of Non-Ferrous Metals
Belgien KGHM Polska Miedz
Umicore
Ghent University Tschechische Republik
KU Leuven TESCAN
VITO Central European Institute of
Technology

Frankreich Palacký University Olomouc


USA BRGM
US Geological Survey Eramet Group
China University of Bordeaux
Kanada Chinese University of Lorraine
Brock University University of University of Paris
Mining and
Queens University Indien Technology University of Strasbourg
McGill University Indian University of Toulouse
Telops Institute of
Technology

Namibia
Geological Bulgarien
Chile Survey of Portugal Sofia University
Namibia
Universidad Brasilien Südafrika Australien University of Lisbon
Católica del University of CIMERA CSIRO Österreich
Norte São Paulo University of Johannesburg Edith Cowan Spanien Italien Wolfram Bergbau und
University of the Witwatersrand University Atalaya Mining Aarhus Geophysics Hütten AG

MINTEK
Stellenbosch University
44 Interview mit dem Direktor des HIF Dr. Jens Gutzmer (PhD ZA)

„Das HIF ist ein Rohstoffsicherung ist


Zukunftssicherung
gefragter Partner“
Die Erkundungs- und Bergbautätigkeit hat in Sachsen eine lange
Tradition. Bis ins 11. Jahrhundert reicht die sächsische Kom-
Das Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie
petenz zu Ressourcen- und Technologieforschung zurück. Und
gibt es nun bereits seit 10 Jahren. Und der Direktor des
noch heute ist Sachsen ein rohstoffreiches Land. Sachsen
Institutes, Dr. Jens Gutzmer (PhD ZA), ist von Anfang an
verfügt über ein beachtliches Potenzial an heimischen Primär-
dabei. Im Interview berichtet er von den Erfolgen „made in
rohstoffen, die in den verschiedensten Wirtschaftsbereichen
Freiberg“ sowie den großen Herausforderungen, die im
zum Einsatz kommen. Eine immer wichtiger werdende und
Bereich der Entwicklung von Ressourcentechnologien
nicht mehr wegzudenkende Rohstoffquelle sind die aus Abfällen
zukünftig auf die Mitarbeiter*innen des Institutes warten.
gewonnenen Sekundärrohstoffe. Primär- und Sekundärrohstoffe
aus heimischen Quellen können also nicht nur dazu beitragen,
die Abhängigkeiten von internationalen Rohstoffmärkten zu ver-
ringern. Die Nutzung dieser Quellen ist auch ein wichtiger Bau-
stein für die regionale Wertschöpfung und sichert Arbeitsplätze.

Die Gründung des Helmholtz-Instituts Freiberg für Ressourcen-


technologie durch das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf
Eine Dekade ist gerade in der Forschung keine allzu ter*innen ein gefragter Partner der nationalen, europäischen
lange Zeitspanne. Haben Sie es 2011 für möglich ge- sowie globalen Rohstoffindustrie, aber natürlich auch der wissen- und die TU Bergakademie Freiberg war eine große Bereicherung
halten, dass das HIF nach 10 Jahren „durch Forschung schaftlichen Gemeinschaft. Wir haben unsere Rolle als Wegbe-
für die Forschungs- und Innovationslandschaft im Freistaat
die Zukunft sichern“ kann, so wie es der Leitspruch der reiter einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft für mineralische und
Helmholtz-Gemeinschaft betont? metallische Rohstoffe klar definiert und nehmen in den von uns Sachsen und darüber hinaus in ganz Deutschland. Denn grund-
besetzten Kompetenzfeldern weltweit führende Positionen ein.
lagen- und anwendungsorientierte Forschung zu Ressourcen-
JENS GUTZMER Rückblickend auf das Gründungsjahr muss
ich gestehen, dass sich wohl niemand aus dem kleinen Team, Unsere wichtigste Errungenschaft ist aber sicherlich, dass unser und Kreislauftechnologien sowie die Überführung der Ergebnisse
welches im Jahr 2011 mit dem Aufbau des HIF betraut wurde, Institut mit seinem Forschungsportfolio in den vergangenen Jah-
in die Praxis gewinnen für unsere Zukunft immer größere Bedeu-
der immensen Herausforderung, aber auch Chancen bewusst ren zu einem Magneten für nationale und internationale Talente
war, die mit den Themen Rohstoffsicherheit und Nachhaltigkeit geworden ist. Unsere Mitarbeiter*innen repräsentieren sechs tung. Nun schon seit 10 Jahren fungiert das Helmholtz-Institut
einhergehen. Nur gut, denke ich manchmal. So sind wir den Kontinente und über 30 Nationalitäten. Aus meiner Sicht ist dies
in Freiberg als Wegbereiter einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft
Aufbau des Institutes zielgerichtet, engagiert und mit Freude die höchste Anerkennung, die das Institut in seinen ersten 10
angegangen. Dabei hatten und haben wir sehr hohe und teils Jahren erreichen konnte. für mineralische und metallhaltige Rohstoffe. Das Team der
konträre Erwartungen zu erfüllen – Erwartungen der Fördermittel-
Wissenschaftler*innen aus Freiberg und Dresden-Rossendorf
geber von Bund und Land, Erwartungen der Helmholtz-Gemein- Was sehen Sie als die bedeutendsten Erfolge des HIF?
schaft und des HZDR sowie der Forschungspartner*innen und entwickelt dringend gebrauchte innovative Technologien und
Kolleg*innen in Freiberg oder Dresden. Am schwersten wogen JENS GUTZMER Die positiv beschiedene Beantragung und
Lösungen für den effizienten Umgang mit diesen knappen
aber sicher die Erwartungen, die wir an uns selbst gestellt haben. der Aufbau des EIT RawMaterials in den Jahren 2014 und 2015
Es war unser erklärtes Ziel, in möglichst kurzer Zeit ein global kann sicherlich als der wichtigste Erfolg des HIF in seiner jungen Ressourcen. Es leistet damit entscheidende Beiträge für die
anerkanntes und auf dem Gebiet der Ressourcentechnologien Geschichte betrachtet werden – eine Errungenschaft, die das HIF
Sicherung strategischer Rohstoffe für die heimische Wirtschaft;
wettbewerbsfähiges Helmholtz-Institut aufzubauen. schon frühzeitig sehr prominent in der europäischen Forschungs-
landschaft platziert hat. Mit einem Volumen von 2 Milliarden und – nicht zu vergessen – auch für die Ausbildung des wissen-
Nun nach 10 Jahren können wir mit Stolz sagen, dass uns das Euro ist das EIT RawMaterials weiterhin das größte Drittmittel-
schaftlichen Nachwuchses und einer neuen Generation
gelungen ist. Das HIF ist mit seinen mittlerweile 150 Mitarbei- projekt, welches von Akteur*innen in den neuen Bundesländern
hochqualifizierter Ingenieur*innen. Das Institut hat sich darüber
Interview mit dem Direktor des HIF Dr. Jens Gutzmer (PhD ZA) 47

hinaus erfolgreich auf den Weg gemacht, auch auf europäischer


Ebene eine führende Position einzunehmen. Der wohl heraus-
ragendste Beleg dafür ist die „Knowledge and Innovation
Community EIT RawMaterials“ der Europäischen Union, an
deren erfolgreicher Antragsstellung und Implementierung das
HIF federführend mitgewirkt hat und an der das HZDR wie
die TU Bergakademie Freiberg auch weiter als Hauptpartner
beteiligt sind.

Gemäß seiner Gründungsmission spielt das Freiberger Institut


eine tragende Rolle bei der Umsetzung der Rohstoffstrategie
des Bundes und der des Freistaates Sachsen. Mit der im Jahr
2012 verabschiedeten „Rohstoffstrategie Sachsen“ wurden Der Direktor des Helm-
holtz-Instituts Freiberg
die Ziele der deutschen Rohstoffstrategie für den Freistaat an- für Ressourcentechno-
logie, Dr. Jens Gutzmer
gepasst. Dabei erfolgte ganz bewusst eine Konzentration (PhD ZA), und Dr. Simone
Raatz, verantwortlich
auf primär gewonnene bergbaubezogene Rohstoffe und auf für die Strategie und die
Interessengruppen des
sekundäre Rohstoffe, da Sachsen dafür großes Potenzial bietet. Instituts
©HZDR/HIF

Mit der gezielten Nutzung und Weiterentwicklung des sächsi-


schen Know-hows auf dem Gebiet der Rohstofferkundung,
-forschung, -gewinnung und der Kreislaufwirtschaft 4.0 im beantragt und koordiniert worden ist. Für ein Team, welches zu Entwicklung, die wir vor 10 Jahren begonnen haben, ist trotz
traditionell engen Verbund mit den zahlreichen Akteur*innen aus jener Zeit kaum drei Jahre Zeit hatte, sich zu etablieren, ist das vielversprechender Zwischenergebnisse immer noch nicht ab-
ein bemerkenswerter Erfolg. geschlossen. Ein weiteres „Projekt“, an dem wir fortan sehr
Bildung und Forschung, der Bergverwaltung sowie sächsischen, fokussiert arbeiten müssen, ist die angestrebte Entwicklung des
aber auch internationalen Unternehmen der Branche wollen Auf der wissenschaftlichen Ebene möchte ich den Erfolg des Forschungscampus für Ressourcentechnologie und Nachhaltig-
AFK-Pilotexperiments hervorheben. Hier konnten wir mit unseren keit. Hier ist ein zeitnaher Erfolg von essenzieller Bedeutung für
wir Sachsen als nachhaltigen Rohstoffstandort weiter stärken. Partnern im Jahr 2018 eindrucksvoll dokumentieren, dass die die weitere, erfolgreiche Entwicklung unseres Instituts.
Wir wollen vor allem aber auch, dass die hier entwickelten von uns verfolgten Ansätze zur flexiblen und agilen Aufbereitung
komplexer Rohstoffe tatsächlich zu unerwarteten Durchbrüchen Um Deutschland unabhängiger von internationalen
innovativen Technologien direkt vor unserer Haustür zum Ein- führen können – Durchbrüche, die direkte Wirkung auf die Indus- Rohstoffmärkten zu machen, setzt sich das HIF be-
satz kommen und somit einen wichtigen Baustein zur regionalen trie haben. In diesem speziellen Fall konnten wir nachweisen, sonders dafür ein, heimische Potenziale zu erschließen.
dass die an Zinn, Zink und Indium reichen Skarne (vererzte Ge- Wo sehen Sie dafür die geeignetsten Ansatzpunkte?
Wertschöpfung und Arbeitsplatzsicherung bilden. steine) des Schwarzenberg-Distrikts im Erzgebirge – entgegen
früherer Erwartung – durchaus wirtschaftlich aufbereitbar sind. JENS GUTZMER Das Erzgebirge hat seinen Namen ja nicht
umsonst bekommen – auch im globalen Vergleich ist das geo-
Scheitern gehört zum Erfolg. Gerade in der Wissen- gene Rohstoffpotenzial in unserer heimischen Region weiterhin
schaft führen Fehlversuche oft zu echtem Erkenntnis- enorm. Die Vielfalt der vorhandenen Lagerstätten- und Rohstoff-
fortschritt. Können Sie dafür auch ein Beispiel aus der typen – und der zumindest lokal sehr hohe Kenntnisstand der
HIF-Forschung nennen? Geologie des Untergrunds – machen das Erzgebirge zu einem
idealen Labor für die Entwicklung und Erprobung innovativer
JENS GUTZMER Wirklich gescheitert sind wir bisher in keiner Technologien. Weiterhin hat die historische Rohstoffgewinnung
Sebastian Gemkow
unserer Unternehmungen. Aber es gibt Initiativen, die in ihrer und -verarbeitung eine Vielzahl sekundärer Rohstoffpotenziale
Sächsischer Staatsminister Umsetzung viel länger dauern, als wir es erwartet hätten oder hinterlassen – dazu zählen insbesondere Abraum, Spülsand- und
für Wissenschaft es wünschenswert gewesen wäre. So beispielsweise die von uns Schlackehalden. Auch diese bieten hervorragendes, lokales For-
gemeinsam mit den Kolleg*innen aus dem Ionenstrahlzentrum schungs- und Entwicklungspotenzial. Diese inhärenten, lokalen
©SMWK/Fotograf: Martin Förster des HZDR angestrebte Entwicklung eines einzigartigen Analyse- Potenziale haben wir schon sehr früh zum Anlass genommen,
geräts, welches wir Super-SIMS nennen. Diese gemeinsame uns mit heimischen Rohstoffen zu beschäftigen. Hier sehen wir
48 Interview mit dem Direktor des HIF Dr. Jens Gutzmer (PhD ZA) Interview mit dem Direktor des HIF Dr. Jens Gutzmer (PhD ZA) 49

Wegbereiter einer nachhaltigen


Kreislaufwirtschaft für Minerale
und Metalle
hervorragende Anknüpfungspunkte für Kooperationen mit lokalen aufbauen und Angebote für Schüler*innen auf unserem Campus In vielen elektronischen Gegenständen unseres
Partnern, sowohl mit unseren Kolleg*innen der TU Bergakademie etablieren. Hierbei werden wir durch das HZDR-Schülerlabor Alltags verbergen sich zahlreiche Rohstoffe.
Freiberg, als auch mit der heimischen Rohstoffindustrie. DeltaX und die HZDR-Innovation tatkräftig unterstützt. Wie sich diese Ressourcen am Lebensende der
Geräte zurückgewinnen lassen, um sie erneut
Im Erzgebirge gibt es einen einmaligen Wissenspool Wie kann es gelingen, ressourcenschonende Techno- einzusetzen, erforschen die Wissenschaftler*in-
zum Thema Rohstoffe. Wie kann man das noch besser logien in die industrielle Anwendung zu bringen? nen am HIF.
nutzen?
JENS GUTZMER In den letzten Jahren haben wir eine Viel- ©HZDR/Juniks
JENS GUTZMER Die vielleicht wichtigste Entwicklung der letz- zahl innovativer Technologiekonzepte entwickelt. Die Übertra-
ten 5 Jahre zur regionalen Vernetzung ist der Aufbau des durch gung dieser Konzepte in die Industrie kann aber nur gelingen,
das HIF koordinierten recomine-Netzwerks. Hier befassen sich wenn deren Wirksamkeit nicht nur im Labor-, sondern auch im
Partner aus Wirtschaft und Wissenschaft mit technologischen Pilotmaßstab nachgewiesen wird. Für die Prozessmetallurgie
Entwicklungen an der Schnittstelle zwischen Rohstoffgewin- und die Biohydrometallurgie wird dies im neu errichteten Me-
nung und Umweltschutz. Die ganzheitliche Betrachtung der tallurgie-Technikum ermöglicht. Für Technologien im Bereich
Rohstoff- und Umweltproblematik hat nach nur kurzer Zeit zu der mechanischen Aufbereitung von Rohstoffen haben wir das
einem gemeinsamen Verständnis der wichtigsten regionalen FlexiPlant-Konzept entwickelt. Diese Forschungsinfrastruktur ist
Kooperationspartner geführt. Dies zeigt unter anderem auch aktuell auf der nationalen Roadmap der Helmholtz-Gemeinschaft
die erfolgreiche gemeinsame Beteiligung an der „Global Tailings vertreten und wir hoffen sehr auf eine zeitnahe Realisierung
Challenge“, einem internationalen Innovationswettbewerb, der dieses ambitionierten Infrastrukturprojekts. FlexiPlant und das
von BHP, einem der weltgrößten Rohstoffkonzerne, ausgerichtet Metallurgie-Technikum werden gemeinsam das Herzstück des
wird. Durch diese effiziente Vernetzung und vertrauensvolle Zu- von uns angedachten Campus für Ressourcentechnologie und
sammenarbeit innovationsstarker Partner aus Wissenschaft und Nachhaltigkeit bilden. Auf diese Weise wird das HIF – als Institut
Wirtschaft hoffen wir auch in Zukunft, kreative Potenziale in der des HZDR und als Teil der Helmholtz-Gemeinschaft – einzig-
Region bündeln zu können. artige Rahmenbedingungen zur transdisziplinären Forschung
mit globalen Partnern bieten – und damit einen signifikanten
Welche Bedeutung hat der Wissens- und Technolo- und messbaren Beitrag zum Erreichen einer nachhaltigen Kreis-
gietransfer für das HIF, um die Anschlussfähigkeit laufwirtschaft für mineralische Rohstoffe und Metalle nicht nur
zwischen Wissenschaft und Wirtschaft in beide Rich- für Sachsen und Deutschland, sondern auch weltweit liefern.
tungen zu gewährleisten?

JENS GUTZMER Die Forschungsergebnisse des HIF sind in


verschiedenen Evaluationen durch hochrangige Gremien immer
wieder als exzellent bewertet worden. Diese Ergebnisse können
aber nur wirken, wenn sie in Innovationen übersetzt werden und
ihren Eingang in die industrielle und gesellschaftliche Realität fin-
den. Dazu sind sowohl Wissens- als auch Technologietransfer von
essenzieller Bedeutung. Beides betreiben wir seit vielen Jahren
aktiv. Im Bereich des Wissenstransfers tragen wir regelmäßig zu
Fortbildungsveranstaltungen für Lehrende im Freistaat Sachsen
bei, beteiligen uns an Tagen des offenen Labors und an den
Nächten der Wissenschaft in Freiberg und Dresden. Wir haben
einen Preis für Ressourceneffizienz ausgelobt, der regelmäßig im
Rahmen des Landeswettbewerbs von „Jugend forscht“ vergeben
wird. Beim Technologietransfer sind wir ebenfalls erfolgreich.
Das HIF kann mittlerweile auf drei ausgegründete Start-ups
blicken, die sich erfolgreich am Markt platziert haben. Diese
Entwicklungen wollen wir im Rahmen der Campusentwicklung
weiter forcieren. So möchten wir einen Inkubator für junge, in-
novationsstarke Firmen im Bereich der Ressourcentechnologien
50 51

Impressum

Herausgeber: Gestaltung:
Prof. Dr. Sebastian M. Schmidt und Dr. Diana Stiller, die superpixel
Vorstand des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf www.diesuperpixel.de
(HZDR)
Druck
Registergericht: Gutenberg Verlag und Druckerei GmbH
Amtsgericht Dresden www.gvdleipzig.de

Registernummer: Auflage:
VR 1693 500 Stück gedruckt auf Nautilus SuperWhite
aus 100% Altpapier
Erscheinungsdatum: EU Ecolabel und FSC Recycled 100% GFA-COC-001203
September 2021
Kontakt / Bestellung
ISBN: 978-3-941405-21-9 Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf
Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie
Redaktion:
Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie Öffentlichkeitsarbeit
Dr. Jens Gutzmer (Direktor) Anne-Kristin Jentzsch
Anne-Kristin Jentzsch (Pressereferentin) Telefon: 0351 260 4429
Tina Pereira (Projektmanagerin) contacthif@hzdr.de

Bildnachweis:
S. 3 Illustration des Forschungsportfolios des HIF
(dunkelblau) im Kontext der Kreislaufwirtschaft
mineralischer und metallischer Rohstoffe.
Ein besonderes Augenmerk liegt auf dem Zusammenspiel
zwischen dem sich wandelnden Energiesystem und den
Materialströmen der Kreislaufwirtschaft.
© HZDR/HIF

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