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Lusail Katara Hotel, Katar: BIM-Planung mit REVIT Structure

Projektstrategie und Verformungsuntersuchungen


Dipl.-Ing. Matthias Mika, Dipl.-Ing. Rüdiger Axt, Dr. Georg Kaczmarzyk, Bautechniker Karlheinz
Schulz: Kling Consult, 86381 Krumbach, Germany

Zusammenfassung:
Das 5- und 6-Sterne-Hotel „Lusail Katara Hotel“ im Urbanisierungsgebiet „Lusail“ in Doha im
Golfstaat Katar soll als Hochhausprojekt durch seine markante Form zum Wahrzeichen für eine
aufstrebende Nation werden. Nach Vorgaben des Bauherrn sollte die Planung des Projekts als BIM-
Planung unter Verwendung von Autodesk REVIT durchgeführt werden. Als Generalplaner für das
Gesamtprojekt hat Kling Consult im eigenen Büro sowohl für Architektur als auch für
Tragwerksplanung für dieses Projekt hausintern erstmals eine BIM-Planung für Architektur und
Statik erstellt. Über die dabei gewonnenen Erkenntnisse in Arbeitsweisen, Erfahrungen, Probleme,
....... in Zusammenhang mit dieser neuen Technik wird im nachfolgenden Artikel berichtet.

Summary:
The 5- and 6-star-hotel „Lusail Katara Hotel“ as part of an urbanization development “Lusail” in
Doha in Gulf state of Qatar shall become as a high-rise project an iconic symbol for an upcoming
nation. The design of the project should be made based on the client’s request as BIM-project using
Autodesk REVIT. Kling Consult has made in their office for the first time as lead consultant for the
overall project an in-house BIM-design for architecture and structure. The following report
summarizes all findings made in working procedures, experiences, problems, ……using this new
technology.

Abbildung 1: links - Lageplan Katar mit Hauptstadt Doha, rechts - Urbanisierungsgebiet „Lusail“

V12 - 1
1 EIN
NLEITUNG
G

1.1 Projeektgeschichhte bis Projeektauftrag


Kling Consult (KC) isst bereits seiit 10 Jahrenn in den Gollf-Staaten (hhauptsächlicch in Dubaii, Abu
Dhabi und Saudi-Arabbien) tätig. Im
I Jahr 20111 wurde Kling Consullt zu einem Architekten
n-
wettbewerbb für den Neubau
N einess 5- und 6-S
Sterne-Hoteels in Doha, Katar, einggeladen.

Die Grunddidee für denn Wettbeweerbsentwurff zur Form des


d Hotels wurde
w aus ddem Wappen
n von Katarr
abgeleitet, welches in einem sanddfarbenen Kreis
K zwei gekreuzte
g weeiße Krumm
msäbel darsttellt, hinter
denen auf blau-weißen
b n Wellenlinnien eine Daau neben ein
ner Insel miit zwei Palm
men schwim
mmt (siehe
Abbildungg 2).

Abbildung 2:
2 Wappen Katar
K Abbildung 3: Handsk
kizze Hotel in
n Anlehnung Wappen Kattar

Die Weiterrentwicklunng der aus dem


d Wappenn hergeleiteeten Grundfo
form (siehe A
Abbildung 3) endete
in Wettbew
werbsentwuurf für das Hotel,
H in dem
m sich die Krummsäbel
K l aus dem W
Wappen von
n Katar
deutlich wiiderspiegelnn.

Nachfolgennd ist der enndgültige Wettbewerbs


W sentwurf (siiehe Abbilddung 4) darggestellt.

Die Hauptkkomponenteen des Entw


wurfs und dees sich daraaus entwickeelten Projekkts bestehen
n im
Wesentlichhen aus:
• Linnker Tower (Krummsäbbel-Klinge): 5-Sternee-Hotel mitt 41 Stockw
werken
• Recchter Towerr (Krummsääbel-Klingee): 6-Sternee-Hotel mitt 42 Stockw
werken
• Berreich zwischhen Towernn (Krummsääbel-Knäufee): Veransttaltungshalle und Spa-E
Ebene

V -2
V12
Abbildung 4: Wettbewerbsentwurf Kling Consult

1.2 Allgemeine Projektdaten


Grundfläche: ca. 325 m x 146 m
Höhenentwicklung: 2 Untergeschosse, 1 Promenadengeschoss, 1 Erdgeschoss, 37 bzw. 38
Obergeschosse, 1 Sky-Restaurant am oberen Ende 6-Sterne-Tower
Gebäudeflächen: BGF: ca. 257 000 m² HNF: ca. 106 300 m²
Gebäudevolumen: BRI: ca. 1 250 000 m³
Gebäudehöhe: maximale Höhe: 217,10 m
Höhe bis Oberkante Stahlbeton: 182,21 m

1.3 Tragwerksplanerische Projektdaten


Gesamttragwerk: Stahlbetonskelettbauweise mit vorgespannten Flachdecken und
Unterzugsdecken
Teilung: 9 Einzelgebäude getrennt durch Bewegungsfugen
Sky-Restaurant: Stahlbau und Stahl-Verbundbau im Bereich der Decken
Turmspitzen: Stahlbau aus räumlichen Fachwerkträgern und Rahmensystemen

V12 - 3
Gründung: Pfähle unter Bodenplatte
Aussteifung: Stahlbetonkerne und -wandscheiben

1.4 Projektauftrag
Im Januar 2012 erhielt Kling Consult vom Bauherrn Katara Hospitality, Doha, Katar, den Auftrag,
das Projekt als BIM-Planungs-Projekt zu bearbeiten.
Der Gesamtauftrag beinhaltet sämtliche Generalplanerleistungen und verschiedene Untersuchungen
zur Erstellung eines solchen Projekts.
Architektur und Tragwerksplanung wurden im eigenen Haus bei Kling Consult abgearbeitet,
während sämtliche weiteren Leistungen wie Innenarchitektur, Haustechnik, Landschaftsarchitektur,
.... und Untersuchungen wie Baugrundgutachten, Windgutachten, .... an andere, meist internationale
Büros und Firmen vergeben wurden.

2 PROJEKTSTRATEGIE

2.1 Projektgeschichte ab Projektauftrag


Da zum Zeitpunkt des Projektauftrags noch keine BIM-Planungen im Haus Kling Consult
durchgeführt wurden, musste schnell entschieden werden, wie ein solch grosses und komplizíertes
Projekt, das sich sicherlich nicht als ein Einsteigerprojekt für BIM eignet, angegangen und
strukturiert wird.

Es wurde beschlossen, dass das Projekt ab Februar 2012 mit Autodesk REVIT für die Disziplinen
Architektur („Architecture“) und Tragwerksplanung („Structure“) im Haus selbst bearbeitet werden
soll. Andere Disziplinen, wie z. B. Haustechnik („MEP“), sollten noch nicht in die BIM-Planung
eingebunden werden.

2.2 Einführung BIM-Planung mit Autodesk REVIT bei Kling Consult


Ein ausgewähltes Team von Mitarbeitern der Architektur- und Tragwerksplanungsabteilung wurden
mit Hilfe von 2 REVIT-Ausbildern (für „Architecture“ und „Structure“) über einen Zeitraum von
ca. 6 Wochen intensiv geschult. Bei der Architektur bestand das Team im Wesentlichen aus
Architekten, während sich bei der Tragwerksplanung das Team zumeist aus Bauzeichnern und
Bautechnikern zusammensetzte. Es wurden jeweils 4-5 Stunden am Vormittag zur theoretischen
und praktischen Einarbeitung am Programm verwendet, am Nachmittag erfolgte dann die
Projektbearbeitung unter Koordinierung und Betreuung der REVIT-Ausbilder. Die REVIT-
Ausbilder waren selber auch für die Projektbearbeitung verantwortlich, so dass bereits nach 6

V12 - 4
Wochen deutliche Projektfortschritte bei der konzeptionellen Modellierung des Gesamtprojekts
erkennbar wurden.
Üblicherweise arbeiten bei BIM-Planungen die Projektbeteiligten an einem einzigen Modell (siehe
Abbildung 5).

REVIT-Gesamtmodell:
Architektur + Tragwerksplanung
Module: „Architecture“ + „Structure“

Abbildung 5: BIM-Planung mit einem gemeinsamen REVIT-Modell „Architecture“ und „Structure“

Entgegen der üblichen BIM-Planungsweise, wurden bei diesem Projekt von Kling Consult
getrennte Modelle für Architektur und Tragwerksplanung erstellt (siehe Abbildungen 6 bis 8) und
diese zur Koordinierung miteinander verlinkt.
Diese Vorgehensweise stellte sich später als richtig heraus.

Verlinkung
REVIT-Gesamtmodell: REVIT-Gesamtmodell:
Architektur Tragwerksplanung
Modul: „Architecture“ Modul: „Structure“

Verlinkung
Teilmodell 1: Teilmodell 1:
Kerne Bereich T1.0
Verlinkung
Teilmodell 2: Teilmodell 2:
Substructure Bereich T2.0

Teilmodell 3: Teilmodell ...:


Verlinkung
Superstructure 1 Bereich ....

Teilmodell 4: Teilmodell 9:

Superstructure 2 Bereich P4.0

Teilmodell 10:
Teilmodell 5:
Bereich Verbau
Fassade

Gesamtmodell 11:
Bereich ALL

Abbildung 6: BIM-Planung KC mit getrennten REVIT-Modellen und Verlinkung beim Projekt Lusail Katara
Hotel

V12 - 5
Teilmodell 5:
Fassade

Teilmodell 3: Teilmodell 4:
Superstructure 1 Superstructure 2

Teilmodell 2:
Substructure
Teilmodell 1:
Kerne

Abbildung 7: REVIT-Modelle „Architecture“ (in Ansicht) - Teilmodelle 1 bis 5

Teil 10:
Verbau
Teil 6: Teil 7: Teil 8: Teil 9:
P1.0 P2.0 P3.0 P4.0
Gebäudefuge

Teil 1: Teil 2: Teil 3: Teil 4: Teil 5:


T1.0 T2.0 T3.0 T4.0 T5.0

Gesamtmodell 11 =∑ Teil 1 bis Teil 10


Abbildung 8: REVIT-Modelle „Structure“ (im Grundriss) - Modelle 1 bis 11: Vertikalteilung

V12 - 6
2.3 Allgemeine Anwendung REVIT-Structure mit Export zu/Import von FE-Programmen

Im Bereich Tragwerksplanung wurden neben den physikalischen Modellen (für die Positions- bzw.
Schalplanung) auch die analytischen Modelle (für den Export der Statikdaten in FE-Programme)
erzeugt.

Mit einem „REVIT-Vertieferworkshop“, durchgeführt von BIMOTION im Haus Kling Consult,


wurden im Juli 2012 ganz gezielt eine Vielzahl von Fragen und Punkten geklärt, die sich im Lauf
des mehrmonatigen Einführungsprozesses von BIM aufgezeigt haben.

In den Golfstaaten erfolgt das Design in der Regel aus geschichtlichen Gründen nach
amerikanischen und britischen Normen. Deutsche Normen und auch Software werden zumeist von
den Behörden nicht akzeptiert. Es wurden daher folgende Normen für die Bearbeitung des Projekts
für folgende Bereiche festgelegt:
• Betonbau:
o Gesamtstruktur: ACI 318-11 (Building Code Requirements for Structural Concrete)
• Stahlbau:
o Turmspitzen: Eurocode 3 (Design of Steel Structures)
o Vordächer: Eurocode 3 (Design of Steel Structures)
• Stahl-Verbundbau:
o Sky-Restaurant: AISC 360-10 (Specification for Structural Steel Buildings)

Das nachfolgend dargestellte REVIT-Modell (siehe Abbildung 9) war Basis für die verschiedenen
nachfolgend beschriebenen Exporte und Importe in Statik-Rechenprogramme.

Dargestellt ist das Gesamtmodell bestehend aus den einzelnen Teilmodellen 1 bis 9 (siehe
Abbildung 6). Der Verbau (Teilmodell 10) ist zur besseren Übersichtlichkeit im Gesamtmodell
nicht enthalten.

V12 - 7
Die Blickrichtung auf das Modell ist im Grundriss über einen Pfeil dargestellt: siehe auch
Abbildung 8.

Teil 4:
T4.0 Teil 2:
T2.0

Teil 3:
T3.0
Teil 5:
T5.0

Teil 1:
T1.0

Teil 6 - 9:
P1.0 - P4.0

Abbildung 9: Physikalisches REVIT-Modell („Structure“) - Gesamttragwerk

2.4 REVIT-Structure mit Export zu/Import von FE-Programmen: Bearbeitungsphasen 1 und 2


Für die Projektbearbeitung in den nachfolgend beschriebenen drei verschiedenen Planungsphasen
wurden die folgenden Exporte vom REVIT-Modell zu verschiedenen FE-Programmen bzw.
umgekehrt durchgeführt (siehe Abbildung 10).

V12 - 8
Bearbeitungsphase 1: REVIT-Modell: REVIT-Modell:
(„BIM-Vorstatik-Modell“) „Start“ „Start“
(physikalisch, (physikalisch,
analytisch): analytisch):
Beton Stahl

Export (analytisch) SOFISTIK: ETABS: DLUBAL:


nach: Automatische Erzeugung Automatische Erzeugung Automatische
• FE-Programm Gesamtmodell mit Gesamtmodell ohne Erzeugung
• BIM-Modell Vernetzung FE-Modell Vernetzung FE-Modell Gesamtmodell

Vorstatikphase SOFISTIK: DLUBAL:


Entwurfsphase Systementwicklung, Systementwicklung,
Lastabtrag, Schnittgrössen, Lastabtrag
Bauzustände Schnittgrössen

Bearbeitungsphase 2: Zusammenführung REVIT-Modell:


(„BIM-Genehmigungs-Modell“) „Genehmigung“
(physikalisch, analytisch):
Beton + Stahl

ETABS:
Vernetzung FE-Modell
Beton

-
Erstellen prüffähiger
statischer Berechnung

Endgültiges REVIT-Modell:
„Genehmigung“
(physikalisch):
Genehmigungsplanungsphase
Beton + Stahl: Planerzeugung

Abbildung 10: Projektablaufplan BIM-Planung mit Integration FE-Berechnungen - Bearbeitungsphasen 1 und 2

V12 - 9
In Bearbeitungsphase 1 als Vorstatikphase wurden einer der Tower komplett geometrisch wie auch
lastmässig als analytisches REVIT-Modell erzeugt und dann vollständig nach SOFISTIK exportiert
(siehe Abbildung 11a). Durch die vollautomatische Vernetzung des Gesamtmodells und da keinerlei
weitere Bearbeitungen in SOFIPLUS erfolgten, konnten vom bearbeitenden Ingenieur schnell
Systemuntersuchungen, z. B. zu den nachfolgend beschriebenen Stützenstellungen, gemacht
werden.

Oberkante Beton:
ca. 182 m

Abbildung 11a: FE-Towermodell T2.0 (SOFISTIK) - Gesamttragwerk (Beton)

Die zunächst vom Architekt gewünschten Schrägstützen (siehe Abbildung 11b) wirkten in
Teilbereichen der Türme sehr stark als Zugglieder für die Stabilisierung der durch exzentrische
Deckenlage stark außermittig beanspruchten Kerne. Die Decken wurden durch dieses System in

V12 - 10
verschiedenen Lastfällen stark nach unten gezogen und erhielten damit sehr hohe negative
Einspannmomente am Anschnitt an die Kerne. Mit einer schnellen Ummodellierung in REVIT von
Schrägstützen in Vertikallstützen (siehe Abbildung 11c) einschliesslich Neuexport und
Neuberechnung konnte eine deutliche Reduzierung der Zuggliedwirkung der Stützen erreicht
werden.

Abbildung 11b: FE-Towermodell - Schrägstützen Abbildung 11c: FE-Towermodell - Vertikalstützen

In Bearbeitungsphase 2 als Genehmigungsstatikphase wurden die Tower und alle anderen


Gebäudeteile (insgesamt: 9) komplett geometrisch als analytische REVIT-Modelle erzeugt und
dann vollständig nach ETABS exportiert. Sämtliche Nachweise einschliesslich der
Erdbebennachweise wurden dann mit diesem Programmmodul durchgeführt.

Der in der ETABS-Software vorhandene FE-Vernetzungsmodul war wegen der geometrischen


Form des Towers (Schrägstützen. schräge Wände, ....) nicht einzusetzen. Die FE-Vernetzung des
Gesamtmodells musste daher in „Handarbeit“ nachträglich erzeugt werden (Arbeitsaufwand für
einen Tower: ca. 5 Arbeitstage): siehe Abbildung 12.

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Stahl
Stahl-Verbund

Beton

Abbildung 12: FE-Towermodell T4.0 (ETABS) - Gesamttragwerk (Beton und Stahl)

V12 - 12
2.5 REVIT-Structure mit Export zu/Import von FE-Programmen: Bearbeitungsphase 3
Für die nächste Projekthase zur Bestimmung von Gebäudeverformungen wurde der folgende Export
vom REVIT-Modell zu SOFISTIK durchgeführt (siehe Abbildung 13).

Bearbeitungsphase 3: Endgültiges REVIT-Modell:


(„BIM-Ausführungsplanungs-Modell“) „Genehmigung“
(physikalisch):
Beton + Stahl: Planerzeugung

Umarbeitung REVIT-Modell:
„Genehmigung“ in „Ausführung“
(physikalisch, analytisch):
Beton + Stahl

SOFISTIK:
Export (analytisch)
Automatische Erzeugung
nach:
Gesamtmodell mit Vernetzung FE-Modell:
• FE-Programm
Beton + Stahl

Ausführungsplanungsphase SOFISTIK:
Untersuchung Gebäudeverformungen
- Konstruktionslastfälle
- Kriechen und Schwinden

Abbildung 13: Projektablaufplan BIM-Planung mit Integration FE-Berechnungen - Bearbeitungsphase 3

Weitere Angaben zu den durchgeführten Untersuchungen sind in Kapitel „3 VERFORMUNGS-


UNTERSUCHUNGEN“ zusammengefasst.

V12 - 13
Nachfolgend ist in Abbildung 14 das endgültige SOFISTIK-Modell der Bearbeitungsphase 3
dargestellt.

Stahl

Stahl-Verbund

Beton

Abbildung 14: FE-Towermodell T4.0 (SOFISTIK) - Gesamttragwerk (Beton und Stahl)

V12 - 14
2.6 Modellierungsprobleme mit REVIT-Structure
Es zeigte sich, dass ein erheblicher Schulungs- und Übungsaufwand getrieben werden, um die
Software wegen der Komplexität der Modellierung mit REVIT-Structure richtig anwenden zu
können. Schwierigkeiten machten dabei auch immer wieder verschiedene Anwendungs-
sachverhalte, die zeigen, dass die Software teilweise noch nicht ausgereift ist. Im Folgenden werden
dazu 2 Beispiele erläutert:.

Beispiel 1: Modellierung von schrägen Wänden – unzureichende Programmierung

Das Modellieren von gegenüber der Vertikalen „schrägen“ Wänden ist nicht ordnungsgemäss in
REVIT implementiert. Es können grundsätzlich nur „vertikale“ Wände modelliert werden (siehe
Abbildungen 15a mit grünen „vertikalen“ Wänden und 15b mit blauer „vertikaler“ Wand).
Ersatzweise Abhilfe ist dann hier die Verwendung von Deckenelementen (siehe Abbildung 15b mit
weisser geneigter Wandfläche, später dort modelliert als „schräge Decke“).

Wand (blau) nur


„vertikal“ möglich

Schräge Wand
ersatzweise als
„schräge Decke“
modelliert

Abbildung 15a: „Vertikale“ Wände (grün) Abbildung 15b: „Vertikale“ Wand (blau), „Schräge“ Wand
(weiss)

V12 - 15
Beispiel 2: Verschieben von Wandenden – fehlerhafte Programmierung

Bei Deckenmodellierung können beliebige Deckenkanten verschoben werden, ohne dass


innenliegende Aussparungen davon berührt werden.
Entgegen dieser Philosophie werden innenliegende Aussparungen in Wänden bei Verschiebung von
Wandkanten verschoben (siehe Abbildung 16)

Aussparungen:
„richtige“ Lage

Wandende soll bis


zur nächsten
Querwand links
verschoben
werden

Aussparungen:
„falsche“ Lage

Wandende
verschoben

Abbildung 16: Verschieben von Wandende verschiebt Aussparungen

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3 VERFORMUNGSUNTERSUCHUNGEN

Aufgrund der geometrischen Form der Tower mit stark exzentrisch, über die Höhe der Tower
wechselnden Deckengeometrien ergeben sich allein aus dem Lastfall Eigengewicht schon deutliche
Horizontalverformungen der Tower.
Bei Towern dieser Grösse sind zudem zusätzlich Konstruktionslastfälle zur Berücksichtigung des
Bauablaufs und den sich daraus ergebenden Schnittgrössenänderungen zu untersuchen. Die
Untersuchung solcher Konstruktionslastfälle wurde in allen Bearbeitungsphasen immer parallel
durchgeführt, da der Schnittgrössenverlauf aus der als Eingusssystem gerechneten Struktur
teilweise stark von einer Struktur gerechnet mit Konstruktionslastfällen abwich.
Zum Zeitpunkt der Drucklegung dieses Berichts werden daher Untersuchungen durchgeführt für
• eine „Column Shortening Study “ (Stützenverkürzungs-Studie) und
• eine „Core Deflection Study“ (Kernverschiebungs-Studie),
die beide den Bauablauf und die zeit- und lastabhängigen Verformungen aus Schwinden und
Kriechen berücksichtigen sollen.
Als Ergebnis der ersten Studie sollen die Vertikalverformungen für alle Deckenstützpunkte
ermittelt werden, um durch geeignete Massnahmen wie Überhöhung der Deckenstützpunkte eine
im Endzustand möglichst horizontale Lage der Decken zu erzielen.
Die zweite Studie soll hauptsächlich die Horizontalverformungen der Kerne behandeln. Auch hier
soll dann durch geeignete Massnahmen (z. B. gezieltes „schiefes“ Bauen der Kerne) eine
möglichste genaue Lotrichtung der Kerne erreicht werden.
Diese oben beschriebenen zusätzlichen Untersuchungen, die die zeit- und lastabhängigen
Verformungen aus Schwinden und Kriechen berücksichtigen sollen, sind beim beschriebenen
Projekt nur mit SOFISTIK möglich, da die Software ETABS kein ausreichendes Softwaremodul
für solche Untersuchungen implementiert hat.
Die Konstruktionslastfälle wurden im SOFISTIK-Modul CSM (Construction Stage Manager) mit
„CANT 0“ (siehe Abbildung 17) gerechnet: damit wird simuliert, dass jedes neu gebaute
Stockwerk in Original-Koordinatenlage gemäss Ausführungsplanung auf das bereits darunter
errichtete und verformte Gebäudeteil aufgesetzt wird.

Abbildung 17: Eingabedatensatz SOFISTIK-Rechenprogramm CSM (Construction Stage Manager)

V12 - 17
Die nachfolgenden Abbildungen für den Tower T4.0 zeigen Verformungsfiguren für elastisch
gerechnete Zustände „Eingussystem“ (siehe Abbildung 18a) und „Konstruktionslastfälle“ (siehe
Abbildung 18b) aus reinem Eigengewicht (ohne Kriechen und Schwinden) in 200-facher
Überhöhung.

Horizontale Horizontale
Verformung: Verformung:
max. ca. 56 mm ca. -16 mm

Horizontale Horizontale
Verformung: Verformung:
ca. 26 mm max. ca. 30 mm

Abbildung 18a: Tower T4.0 – Eingusssystem Abbildung 18b: Tower T4.0 - Konstruktionslastfälle

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Nach Erstellung eines Szenarios für einen möglichen Bauablauf (Rohbau, Ausbau) werden dann
weitere Untersuchungen mit Berücksichtigung von Kriechen und Schwinden durchgeführt.

4 ZUSAMMENFASSUNG

4.1 Erfahrungen bei der Einführung von BIM-Planung bei Kling Consult
Die während der letzten beiden Jahre gemachten Erfahrungen bei der Bearbeitung von BIM-
Projekten lassen sich wie folgt zusammenfassen:
• Im deutschen Markt wird bisher wenig BIM-Planung durchgeführt: Anfragen zu BIM-
Planungen haben wir bisher nicht erhalten. Ebenso wurden keine weiteren kombinierten BIM-
Planungen mit Architekten aus Fremdbüros durchgeführt.
• Die gegenüber anderen 3-D-Programmen deutlich komplexere BIM-Software erfordert eine
gezielte Personalauswahl und ein vertieftes Personaltraining, um die Möglichkeiten der
Software nutzen zu können.
• Ein BIM-Manager mit speziellen Kenntnissen in der BIM-Planung, zur Einrichtung von
Projekten und zur Pflege eines hausinternen BIM-Systems ist ein „Muss“, um Projekte mit BIM
erfolgreich abwickeln zu können.
• Eine gemeinsame Bearbeitung eines Grossprojekts an einem einzelnen gemeinsamen Modell
disziplinübergreifend für Architektur, Statik, Haustechnik, ...erscheint heute bisher noch nicht
sinnvoll machbar, da
o die Rechnerkapazitäten nicht ausreichen, um lange Wartezeiten bei der Bearbeitung des
Gesamtmodells zu vermeiden und
o die Softwarenutzer voll mit den Softwaremöglichkeiten vertraut sowie darin trainiert
sein müssen und in der Anwendung dann absolute Disziplin herrschen muss.
• Bei komplizierten Projekten, wie z. B. bei dem oben beschriebenen Lusail Katara Hotel, hat sich
die Projektbearbeitung durch Splitting in 2 REVIT-Modellbereiche („Architecture“ und
„Structure“) und die Verlinkung der beiden REVIT-Modelle bewährt:
o Die Disziplinen „Architektur“ und „Tragwerksplanung“ konnten so unabhängig von der
anderen Disziplin das eigene Gebiet bearbeiten und ständig durch Verlinkung mit dem
anderen Modell kontrollieren und gegebenenfalls koordiniert fortscheiben.
o Das horizontale Splitting des Architektur-Gesamtmodells in 5 einzelne Architektur-
Modelle hat sich nicht bewährt, da diese 5 Teilmodelle immer noch zu gross waren und
die nötigen Rechenzeiten in REVIT zu verminderter Produktivität bei den
Projektbearbeitern der Architektur geführt hat.
o Das vertikale Splitting des Statik-Gesamtmodells in 10 einzelne Statik-Modelle entlang
den Gebäudefugen hat sich bewährt, da diese Modelle überschaubar waren und die

V12 - 19
Rechenzeiten in REVIT bei der Projektbearbeitung kaum spürbar waren. Zudem wurde
durch diese Teilung eine einfache Struktur für die Planerzeugung, Datenexport in FE-
Rechenprogramme und damit für die spätere Bauausführung erreicht.
• Die REVIT-Software zeigt deutliche Schwächen insbesondere bei der Modellierung von
komplizierten Projekten:
o „Rechtwinklige, gerade, vertikale, ebene, ...Projektstrukturen“ sind einfach und gut zu
modellieren.
o Bei Projekten mit
ƒ schrägen Stützen
ƒ schrägen Wänden
ƒ gedrehten Stahlträgen
ƒ schrägen Rampen
ƒ Krümmungen
ƒ ...........
ist jedoch das Handling der Software stark fehleranfällig und oftmals schwer
nachvollziehbar.
• Die Transfer-Programme von REVIT-Structure in Richtung unterschiedlicher FE-Programme
sind unterschiedlich stark entwickelt und transferieren Daten teilweise fehlerhaft oder gar nicht:
o Wünschenswert ist für die Zukunft die volle Integration von Statikmerkmalen in die
REVIT-Modelle, so dass ein ständiger Wechsel zwischen verschiedenen
Gebäudemodellen entfällt (Gebäudemodelle sind jetzt z. B. für SOFISTIK in REVIT, in
SOFIPLUS und im FE-Rechenmodell vorhanden: in Zukunft sollte SOFIPLUS komplett
entfallen).
• Der Rücktransfer von Statikdaten nach REVIT-Structure funktionierte beim beschriebenen
Projekt bei SOFISTIK nicht, bei ETABS befriedigend und bei DLUBAL gut:
o Wünschenswert ist die vollständige Integration dieses Rücktransfers in das REVIT-
Modell, um Arbeitsprozesse zu vereinfachen und zu beschleunigen.
• Die Erstellung der BIM-Modelle erfolgte durch Bautechniker und Bauzeichner. Nach Training
der Bautechniker und Bauzeichner in modellierungsspezifische Themen der Statikrechen-
modelle können die Ingenieure von zeitaufwändiger Modellierungsarbeit entlastet werden. Über
Checklisten werden vor Beginn der Modellierungsarbeit Festlegungen hinsichtlich
Modellierungsmethoden und Umfang erstellt.
• Die Erstellung von BIM-Modellen erfordert hohe Zeichengenauigkeit (Fangoptionen, ....): Es ist
bekannt, dass in der Regel Zeichnungen von Tragwerksplanern einen deutlich besseren
Genauigkeitsgrad gegenüber Zeichnungen von Architekten erreichen – jedoch musste hier

V12 - 20
hausintern die Qualität verbessert werden, um fehlerfrei und optimal nutzbare Modelle zu
erzeugen.

4.2 Aktuelle Nutzung von BIM-Planung bei Kling Consult: „Insellösung“


Seit Bearbeitung des Grossprojekts Lusail Katara Hotel wird bei Kling Consult die BIM-Planung
mit REVIT-Structure in der Tragwerksplanung als „Insellösung“ in der Regel für Betonprojekte wie
nachfolgend beschreiben genutzt. „Insellösung“ definiert dabei den Sachverhalt, dass die BIM-
Planung nur innerhalb einer Fachdisziplin (hier Tragwerksplanung) angewendet wird.
Die folgenden Arbeitsschritte sind dabei:
• Erstellen von REVIT-Structure-Modellen für Entwurfs-und Genehmigungsphase der
Tragwerksplanung:
o Physikalisches Modell
o Analytisches Modell
• Export der Statikdaten aus REVIT-Structure-Modellen nach SOFISTIK
o Nachbearbeitung mit SOFIPLUS
o Vorstatische Berechnungen mit der SOFISTIK-Programmkette
o Statische Berechnungen mit der SOFISTIK-Programmkette
• Erstellen von Entwurfs- und Genehmigungsplänen mit REVIT-Structure
• Erstellen von Ausführungsplänen mit einer anderen Software

4.3 Wünsche für zukünftige BIM-Planungen


Aus den beschriebenen Projekterfahrungen ergeben sich folgenden Wünsche im Zusammenhang
mit BIM-Planung und der anschliessenden Nutzung von SOFISTIK-Rechenprogrammen:
• Die allgemeine Modellierung von Elementen in REVIT-Structure, die ausserhalb von
„rechtwinkligen, geraden, vertikalen, ebenen, ...Projektstrukturen“ liegen, sollte verbessert
werden.
• Das Progammmodul SOFIMESH sollte erweitert werden
o auf 64-bit, um lange Waterzeiten bei der Erzeugung von grossen Rechenmodellen zu
vermeiden und
o auf höhere Rechenmodellkapazität (beim beschriebenen Grossprojekt mussten bei den
Towern die meisten Aussparungen entfernt werden, um die Softwarekapazität nicht zu
überschreiten).
• Die Standardisierung einer gemeinsamen BIM-Schnittstelle für die Datenexporte zu
Rechenprogrammen sollte vorangetrieben werden, damit die Nutzung unterschiedlicher
Software verbessert wird.

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5 BETEILIGTE

Bauherr: Katara Hospitality, Doha, Katar


Architekt: Kling Consult Planungs- und Ingenieurgesellschaft für Bauwesen mbH,
Krumbach
Tragwerksplanung: Kling Consult Planungs- und Ingenieurgesellschaft für Bauwesen mbH,
Krumbach

6 LITERATUR UND SOFTWARE

[1] Ernst & Sohn Special 2013: BIM – Building Information Modelling
[2] Autodesk REVIT (Architecture und Structure), Version 2012 bis 2014: Software für BIM
(Building Information Modelling)
[3] SOFISTIK-Programmkette, Version 2012 bis 2014: FE-Berechnung und Bemessung von 3D-
Strukturen (Flächen- und Stabelemente)
[4] SOFISTIK-FEA Extensions für Autodesk REVIT, Version 2012 und 2014: Schnittstelle für
Autodesk REVIT
[5] CSI ETABS, Version 2012 bis 2013: FE-Berechnung und Bemessung von 3D-Strukturen
(Flächen- und Stabelemente)
[6] CSIXRevit, Version 2012 und 2013: Schnittstelle für Autodesk REVIT
[7] DLUBAL RSTAB8, Version 2012 und 2013: FE-Berechnung und Bemessung von 3D-
Strukturen (Stabelemente)
[8] DLUBAL RX-Revit, Version 2010 und 2013: Schnittstelle für Autodesk REVIT

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