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Institut für Betriebswirtschaftslehre

Managerial Accounting

Kapitel 2: Systeme und Daten des Rechnungswesens (insb. der Kostenrechnung)


Prof. Dr. Dieter Pfaff
Gliederung

1. Grundlagen der Kostenrechnung

2. Kostenauflösung & Kostenfunktion

3. Kostenrechnung

2
1. Grundlagen der Kostenrechnung: Motivation*

Weshalb Kostenrechnung?
• Hilfestellung bei (Auswahl):
– Erfolgsmessung, Wirtschaftlichkeitskontrolle (z.B. was verdiene ich? Wo verdiene ich es? Womit verdiene
ich es? Möglichst schnell bei negativer Entwicklung gegensteuern) prendere contromisure il più rapidamente possibile
– Produktentscheidungen (z.B. was kosten welche alternativen Entwicklungen?)
– Bewertung von Vorräten an Halb- und Fertigfabrikaten (nötig für Bilanzerstellung)
– Preisbeurteilung und Preissetzung (insbesondere bei Auftragskalkulation)
– Engpassauslastung, Make-or-buy-Entscheidungen (Wie setze ich meine Ressourcen ein ?)
– Interne Leistungsverrechnung
– Investitionsentscheidungen (z.B. Schätzung der zukünftigen Auszahlungen)
–…

• Jedes Management sollte im Sinne einer optimalen Entscheidungsfindung einen möglichst guten
Einblick in die Kosten- und Erlösstruktur seines Unternehmens haben!

Stufe 1: Erlös- und Kostenartenrechnung: Welche?


Stufe 2: Erlös- und Kostenstellenrechnung: Wo?
Stufe 3: Erlös- und Kostenträgerrechnung: Wofür?

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1. Grundlagen der Kostenrechnung: Einordnung

Teilbereiche des Rechnungswesens


0 Finanzbuchhaltung Schnittstelle zur
Lückenlose, zahlenmäßige Erfassung aller Geschäftsvorfälle eines Zeitabschnitts;
Strömungsgrössen: Erträge, Aufwendungen externen Rechnungslegung

1 Kostenartenrechnung (Welche?)
Erfassung und Gliederung der Kosten

2
Kostenstellenrechnung (Wo?)
Zurechnung der Gemeinkosten auf die Funktionsbereiche Kostenrechnung i.e.S.

3 Kostenträgerrechnung (Wofür?)
Ermittlung der Kosten (und des Erfolgs) einer Kostenträgereinheit, i.d.R. einer
Produkteinheit

4 Erlösrechnung
Ermittlung der Erlöse einer Kostenträgereinheit

5 Ergebnisrechnung
Ermittlung der Kosten und des Erfolgs des Unternehmens als Ganzes und/oder seiner
Profit Center

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1. Grundlagen der Kostenrechnung: Kosten & Aufwendungen

Kosten und Erlöse werden ohne Bezug zu einer Bestandsgrösse aus den Aufwendungen und
Erträgen abgeleitet.

Aufwendungen
(Definition: bewerteter Güterverzehr)
Neutraler Aufwand
Kostengleicher Aufwand,
(betriebs-,
auch ordentlicher oder
periodenfremd,
Zweckaufwand
außergewöhnlich)
non operativi, non periodici, straordinari
Aufwandsgleiche Kosten, Kalkulatorische Kosten
auch Grundkosten (Zusatz-, Anderskosten)

Kosten
(Definition: bewerteter, betriebszweckbezogener
Güterverzehr)

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2. Kostenauflösung & Kostenfunktion

2.1 Trennung in Einzel- & Gemeinkosten

2.2 Trennung in fixe & variable Kosten

2.3 Lineare Kostenfunktion

2.4 Beispiel: Getränkestand

Bitte vor der Vorlesung folgende Videos anschauen:


• https://www.youtube.com/watch?v=KFiY1jFGK1I

• https://www.youtube.com/watch?v=hMewH_lSE6Q

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2. Kostenauflösung und Kostenfunktion
2.1 Trennung in Einzel- & Gemeinkosten

• Kriterium: Zurechenbarkeit zu einer Bezugsgrösse

• Einzelkosten: direkt einer Bezugsgrösse zurechenbar


(z.B. für den Bau eines Schranks verwendetes Holz)

• Gemeinkosten: nicht bei einer Bezugsgrösse gesondert erfasst


– Echte Gemeinkosten
können beim besten Willen nicht direkt zugerechnet werden:
• z.B. Abschreibungen einer Maschine auf das einzelne auf der Maschine gefertigte Stück

– Unechte Gemeinkosten
könnten theoretisch direkt zugerechnet werden; aus Wirtschaftlichkeitsgründen unterbleibt dies
jedoch
• z.B. für den Bau eines Schranks verwendete Schrauben/Nägel

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2. Kostenauflösung & Kostenfunktion
2.2 Trennung in fixe & variable Kosten

• Kostenauflösung bzw. Kostenspaltung sind synonym verwendete Begriffe


• Beschäftigung ist dabei der Output der Kostenstelle bzw. der betrachteten Organisationseinheit
• „Variable“ Kosten werden auch als „proportionale“ Kosten bezeichnet
− Man versteht darunter Kosten, die Änderungen der Beschäftigung entsprechend gleichgerichtet folgen
• „Fixe“ Kosten (eh-da Kosten)
− Bleiben von solchen Beschäftigungsänderungen unbeeinflusst bleiben

K
KGES (B) = kVAR · B + KF

KVAR

KF
B
BP
KF = fixe Kosten der Periode
KVAR = variable Kosten der Periode
kVAR = variable Kosten je Beschäftigungseinheit
B = Beschäftigung (z.B. Produktionsmenge) der Periode

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2. Kostenauflösung & Kostenfunktion
2.2 Trennung in fixe & variable Kosten: mögliche Unterscheidungen

Überwiegend Teilfixe/ Überwiegend


Fixe teilvariable variable Variable
fixe
Lineare und degressive Freiwillige Hilfslöhne Energiekosten Fertigungsmaterial
Abschreibungen Sozialkosten
Hilfsstoffe
Gehälter u. zugehörige Vermögensteuer Tantiemen Betriebsstoffe
gesetzl. Sozialkosten Sondereinzelkosten
der Fertigung und
Grundsteuer Reisekosten Instandhaltungs- des Vertriebs
Kosten
Versicherungsprämien Rechtsschutzkosten Verpackungskosten
Beiträge Werbekosten Postkosten Gewährleistungs-
Kosten
Raummieten Reinigungskosten Ausschuss
Stücklizenzen
Maschinenmieten Beleuchtungskosten
Bürokosten Heizungskosten
Unternehmerlohn
Zinsen
Entwicklungs- u.
Versuchskosten

Fixe Variable

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2. Kostenauflösung & Kostenfunktion
2.2 Trennung in fixe & variable Kosten: Beispiel

Für die Herstellung von 10'000 Einheiten eines Bauteils sind für die Fertigungsstelle 4711 für den Monat August
folgende Kostenarten geplant:
Kostenart Planwert (CHF) Verhalten Fixkosten (CHF) Variable Kosten (CHF)
Materialeinzelkosten 10'000 Variabel in bezug in der einzeln Leistungeinheiten 10'000
Materialgemeinkosten 2'000 Fix 2'000
Einzelkostenlöhne 40'000 Variabel 40'000
Gehälter salari 2'000 Fix 2'000
Abschreibungen 30'000 Fix 30'000
Kalkulatorische Zinsen 4'000 Fix 4'000
Raumkosten 2'000 Fix 2'000
Stromkosten 1'000 20% fix, 80% variabel 200 800
Lagerkosten 500 Fix 500
Summe 92'500 41'700 50'800

Damit ergibt sich als variabler Stückkostensatz pro Bauteil KVAR = 50'800 CHF /10'000 Stück = 5.08 CHF/Stück.
Die Kostenfunktion der Fertigungsstelle lautet bezüglich der Beschäftigung B (Outputmenge)
K = KF + kVAR · B = 41'700 CHF + 5.08 CHF/Stück · B.

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2. Kostenauflösung & Kostenfunktion
2.3 Lineare Kostenfunktionen

Lineare Kostenfunktionen dienen häufig als Ausgangspunkt. Überlegung:


• Lineare Kostenfunktionen implizieren konstante Grenzkosten in Höhe des variablen Stückkostensatzes.
− Vereinfachung der Kostenrechnung, da sich für einen beliebigen Beschäftigungsgrad die
Periodengesamtkosten als Summe der Fixkosten sowie der Beschäftigung multipliziert mit dem konstanten
variablen Stückkostensatz ergeben.
− Im relevanten Bereich der Beschäftigungsänderung (z.B. zwischen 80 % und 120 % der Normalbeschäftigung)
häufig plausible Annahme.

K
Tatsächlicher nichtlinearer KGES (B) = KF + kVAR · B
Kostenverlauf
Approximation durch lineare
Kostenfunktion

B
BMIN BP BMAX

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2. Kostenauflösung & Kostenfunktion
2.4 Beispiel: Getränkestand
Verenderlichkeit
Kostenart Gemeinkosten Fixkosten
bzw. Einzelkosten bzw. variable Kosten
Verkaufsgehalt Gemeinkosten für Dosen, Eis und Snacks, fix bezüglich verkaufter Anzahl Dosen,
Einzelkosten je nach Veranstaltung Eis und Snacks; variabel mit der
Stundenzahl
Standgebühr Gemeinkosten für Dosen, Eis und Snacks, fix bezüglich verkaufter Anzahl Dosen,
Einzelkosten je nach Veranstaltung Eis und Snacks; variabel mit der Zahl
der Veranstaltungen
Kammerbeiträge Gemeinkosten für Dosen, Eis und Snacks teils fix pro Jahr, teils variabel mit dem
und Gemeinkosten für alle Veranstaltungen Gewerbeertrag
Transportkosten echte bzw. unechte Gemeinkosten für Dosen, teilweise variabel mit der Zahl
Eis und Snacks und alle Veranstaltungen gefahrener Kilometer, teils sprungfix
(Wartung)
Energie echte bzw. unechte Gemeinkosten für Dosen, teilweise variabel mit den
Eis, Einzelkosten der zu kühlenden Produkte Lagerbeständen von Dosen und Eis, teils
fix pro Jahr (Grundgebühr)
Buchhaltung Gemeinkosten für Dosen, Eis und Snacks fix in Bezug auf die Absatzmengen
und alle Veranstaltungen

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Verständnisfragen Teil 1

• Wozu wird die Kostenrechnung im Unternehmen gebraucht?

• Was ist der Unterschied zwischen Aufwendungen und Kosten? Wann bedeuten Aufwendungen
auch gleichzeitig Kosten? (Lösung im OLAT)

• Worin unterscheiden sich Einzel- und Gemeinkosten sowie fixe und variable Kosten?

• Welche möglichen Kostenverläufe gibt es? Fallen Ihnen konkrete Kosten als sinnvolle Beispiele
ein?

• Wie könnte die Kostenfunktion des „Sternen Grill“ am Bellevue aussehen? Welche Kosten könnten
welche Kostenverläufe bewirken?
(Lösung im OLAT)

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Übungsaufgaben Teil 1

Für besonders Interessierte:

• Kann eine fehlende Kostenrechnung zur Insolvenz führen? Lesen Sie dazu die Studie „Ursachen von
Insolvenzen. Gründe für Unternehmensinsolvenzen aus der Sicht von Insolvenzverwaltern.“ (im OLAT)

• Erklären Sie anhand des gegebenen Zeitungsausschnitts, warum der Wasserpreis steigt, je mehr Wasser
gespart wird. (Ausschnitt und Lösung im OLAT)

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3. Kostenrechnung

3.1 Erlös- & Kostenartenrechnung

3.2 Erlös- & Kostenstellenrechnung

3.3 Erlös- & Kostenträgerrechnung

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3. Kostenrechnung

Zentrale Stufen im engeren Sinne:

Erlös- und Kostenartenrechnung:


Stufe 1
Welche Erlöse und Kosten sind angefallen?

Erlös- und Kostenstellenrechnung:


Stufe 2
Wo sind Erlöse und Kosten angefallen?

Erlös- und Kostenträgerrechnung:


Stufe 3
Wofür sind Erlöse und Kosten angefallen?

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3. Kostenrechnung

Stufe 1: Kostenartenrechnung Welche?


Erfassung der Kosten differenziert nach der Art
ver- oder gebrauchter Produktionsfaktoren
Kosten- Kostenträgergemeinkosten
träger-
einzel- Stufe 2: Kostenstellenrechnung
kosten Vorkostenstellen
V1 Vn

Quelle: Weber/Weißberger (2021), S. 287.


E3 … Em
Wo?
E1 E2
Endkostenstellen
Kostenstellenbezogene Erfassung von Kostenträgergemeinkosten
und sukzessive, mehrstufige Verrechnung auf Endkostenstellen

Stufe 3: Kostenträgerrechnung
Produkt 1 … Produkt p
Einzelkosten Einzelkosten
+ anteilige Gemeinkosten + anteilige Gemeinkosten
= Selbstkosten = Selbstkosten
Wofür?

Nettoerlöse Nettoerlöse
- Selbstkosten - Selbstkosten
= Nettoerfolg = Nettoerfolg 17
Warum braucht man eine Kostenartenrechnung?*
Übung «CarCH GmbH»

Fallstudie CarCH GmbH

Problemstellung

• Die CarCH GmbH wurde per 03.01.2023 in Zürich gegründet.


• Während 350 Tagen im Jahr sind zwei tägliche Hin- und Rückfahrten auf der Strecke Zürich – München
geplant.
• Dazu wurde ein neuer Bus angeschafft.
• Neben dem Unternehmensgründer, der auch selbst fährt, sind noch vier weitere Chauffeure angestellt.
Daneben kümmert sich ein weiterer Mitarbeiter um Verwaltungsangelegenheiten.
• Für die Planung wird von einem mittleren Fahrkartenpreis von CHF 28 bei einer mittleren Auslastung des
Busses von 70 % (bei 78 verfügbaren Plätzen) ausgegangen.

Kann das Geschäftsmodell der CarCH GmbH funktionieren?


Erstellen Sie eine (Plan-)Gewinnrechnung.
Treffen Sie möglichst plausible Annahmen!

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3. Kostenrechnung

3.1 Erlös- & Kostenartenrechnung 1

2
3.1.1 Begriff der Kostenartenrechnung
3
3.1.2 Ermittlung von Faktorkosten

3.1.2.1 Materialkosten

3.1.2.2 Personalkosten

3.1.2.3 Anlagenkosten

3.1.2.4 Sonstige Kosten

3.1.3 Erfassung von Erlösen

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Lindt & Sprüngli – Geschäftsbericht 2019*

relative hoche variable kosten und relativ stabile tra i due anni 33,4 respektiev 33,9

20
3.1 Erlös- & Kostenartenrechnung
3.1.1 Begriff der Kostenartenrechnung: Grundstruktur

Kostenarten bilden den gesamten (kostenrechnungsrelevanten, d.h. betriebszweckbezogenen)


Verzehr von Ressourcen (Inputs) einer Betrachtungsperiode nach unterschiedlichen Arten von
Produktionsfaktoren unterteilt ab.
Produktionsfaktoren

realwirtschaftlich bewertet

Werkstoffe
Materialkosten
(Roh-, Hilfs-, Betriebsstoffe)

Betriebsmittel
(Anlagen, Gebäude, Anlagenkosten
Patente, usw.) Produktion
(Faktorkombination)
Objektbezogene Sonstige Kosten
menschliche Arbeit
(Ausführungshandlungen)
Personalkosten
Dispositiver Faktor
(Führungshandlungen)
Kostenartenrechnung
21
3.1 Erlös- & Kostenartenrechnung
3.1.2 Ermittlung von Faktorkosten

Messung des Ressourcen-


verzehrs (Verbrauch) Bewertung

Faktorkosten = Menge • Preis

Materialkosten Verbrauch Preis/Einheit

Zum Thema „Videos zur Berechnung Materialverbrauch“ gibt es


unzählige Angebote: Entscheiden Sie selbst!

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3.1 Erlös- & Kostenartenrechnung
3.1.2 Ermittlung von Faktorkosten
3.1.2.1 Materialkosten

Materialkosten

Kostenträgereinzelkosten Kostenträgergemeinkosten
Kosten für kostenträger- Kosten für nur kostenstellen-
bezogen erfassbares Material bezogen erfassbares Material

Rohstoffkosten Hilfsstoffkosten Betriebsstoffkosten „Gemeinkostenmate-


rial“-kosten i.e.S.
• Kosten für bedeut- • Kosten für wenig • Kosten, die beim
sames, direkt in die bedeutsames, direkt in „Betrieb“ der Anlage • Kosten für nur indirekt
Kostenträger die Kostenträger anfallen zur Erstellung der Kos-
eingehendes Material eingehendes Material tenträger benötigtes
• Bsp.: Öle, Fette
Material
• Bsp.: Rohöl in der • Bsp.: Blechschrauben
• Erfassung in
Kunststofffertigung in der Fahrzeugindus- • Bsp.: Instandhaltungs-
Kostenstellen
trie material

Quelle: In Anlehnung an Weber/Weißenberger (2021), S. 316.

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3.1 Erlös- & Kostenartenrechnung
3.1.2 Ermittlung von Faktorkosten
3.1.2.1 Materialkosten: Erfassung von Materialverbräuchen (1/2)

• Inventurmethode
– Verbrauch = Anfangsbestand + Zugänge − Endbestand
– bei angestrebter Zeitnähe sehr aufwendiges Verfahren
– trennt nicht zwischen ordentlichem und ausserordentlichem Verbrauch
– zumeist nur in Kombination mit anderen Verfahren eingesetzt

• Skontration
– Vorgehen: direkte Erfassung des Materialverbrauchs (z.B. mit Hilfe von Materialentnahmescheinen)
– lässt einen Teil des ausserordentlichen Verbrauchs (z.B. Schwund) nicht erkennen
– Anwendung: häufig durchgeführt bei der Erfassung des Rohstoffverbrauchs

Quelle: Weber/Weißenberger (2021), S. 318.


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3.1 Erlös- & Kostenartenrechnung
3.1.2 Ermittlung von Faktorkosten
3.1.2.1 Materialkosten: Erfassung von Materialverbräuchen (2/2)
• Rückrechnung
– Verbrauch = Standardverbrauch pro LE (z.B. laut Stückliste) x Zahl erstellter LE
– sehr einfach zu handhaben
– erfasst keine Abweichungen des Ist-Verbrauchs
– setzt die Bestimmung von Standardverbräuchen für jede Leistungsart voraus
– Alternative zur Skontration zur Einsparung von Erfassungskosten

Quelle: Weber/Weißenberger (2021), S. 318.


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3.1 Erlös- & Kostenartenrechnung
3.1.2 Ermittlung von Faktorkosten
3.1.2.1 Materialkosten: Erfassung von Materialverbräuchen – Übung (1/3)

Berechnen Sie für folgende Zahlenangaben den mengenmässigen Materialverbrauch der Abrechnungsperiode
unabhängig voneinander nach der Inventur-, Skontrations- sowie der Rückrechnungsmethode und diskutieren Sie
die Ergebnisse!
Anfangsbestand des Materials 202 kg
Zugang lt. Beleg am 01.02. 100 kg
Abgang lt. Beleg am 10.02. 150 kg
Abgang lt. Beleg am 14.02. 150 kg
Zugang lt. Beleg am 20.02. 500 kg
Abgang lt. Beleg am 21.02. 180 kg
Zugang lt. Beleg am 28.02. 400 kg
Endbestand lt. Inventur 690 kg
In der Abrechnungsperiode abgelieferte Stückzahlen: Produkt A 110 Stück
Produkt B 480 Stück
Gemäss den Stücklisten sind in jedem Stück von Produkt A 2 kg und in jedem Stück von Produkt B 0.5 kg Material
enthalten. Diese Zahlen beinhalten bereits den unvermeidbaren Materialabfall.

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3.1 Erlös- & Kostenartenrechnung
3.1.2 Ermittlung von Faktorkosten
3.1.2.1 Materialkosten: Erfassung von Materialverbräuchen – Übung (2/3)

a) Inventurmethode
Verbrauch = Anfangsbestand + Zugänge − Endbestand = 202 + 1000 − 690 = 512 kg
 keine Trennung zwischen ordentlichem Verbrauch und ausserordentlichem Abgang (Schwund,Diebstahl)
möglich

b) Skontration (Fortschreibungsmethode)
Verbrauch = Σ Abgänge lt. Beleg = 150 + 150 + 180 = 480 kg
 ausserordentlicher Verbrauch nicht erkennbar
 Kombination mit a):
Verbrauch lt. Inventurmethode − Verbrauch lt. Skontration
= ausserordentlicher Verbrauch (Schwund, Diebstahl)
= 512 − 480 = 32 kg

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3.1 Erlös- & Kostenartenrechnung*
3.1.2 Ermittlung von Faktorkosten
3.1.2.1 Materialkosten: Erfassung von Materialverbräuchen – Übung (3/3)

c) Rückrechnung
Verbrauch = Standardverbrauch (Stücklisten) je LE · Anzahl erstellter LE
= 110 Stück · 2 kg/Stück + 480 Stück · 0.5 kg/Stück = 460 kg
 Ist-Verbrauch nicht erkennbar
 Kombination mit c):
Verbrauch lt. Skontration − Verbrauch lt. Rückrechnung = Ist / Sollverbrauch
= Mehrverbrauch = 480 − 460 = 20 kg

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3.1 Erlös- & Kostenartenrechnung
3.1.2 Ermittlung von Faktorkosten
3.1.2.1 Materialkosten: Bewertung des Materialverbrauchs

Auftragsmaterial Vorratsmaterial

wiederzubeschaffen- nicht wiederzube-


des Material schaffendes Material

Anschaffungspreis- Bewertung mit festen Bewertung mit Bewertung mit


orientierte Bewertung Verrechnungspreisen Opportunitätskosten Opportunitätserlösen

Historische Wieder-
Anschaffungspreise beschaffungspreise

Bewertung mit
Durchschnittspreisen

Videos zur Durchschnittsbewertung


Bewertung mit dem Bewertung mit gibt es unzählige: Wählen Sie
gewogenen gleitenden
arithmetischen Durchschnitts- selbst.
Mittel historischer preisen
Anschaffungspreise
29
3.1 Erlös- & Kostenartenrechnung
3.1.2 Ermittlung von Faktorkosten
3.1.2.1 Materialkosten: Bewertung von Materialkosten – Übung (1/3)

Ihrem Unternehmen wird Anfang März das Angebot unterbreitet, einen Zusatzauftrag aufzulegen. Für
diesen Auftrag würden 1‘500 Displays benötigt. Ein Blick in die Vorratsbestandsliste zeigt Ihnen, dass
noch genau 7‘000 Displays auf Lager sind. Bitte bewerten Sie diese aus den nachfolgenden Angaben
zu durchschnittlichen Anschaffungskosten!

01.01. Anfangsbestand 2‘000 Stück à 25.00 CHF


10.01. Abgang 1‘000 Stück
15.01. Zugang 5‘000 Stück à 26.00 CHF
10.02. Abgang 4‘000 Stück
02.03. Zugang 5‘000 Stück à 27.00 CHF

Wie kann der Verbrauch von 1‘500 Displays für den Zusatzauftrag bewertet werden?

30
3.1 Erlös- & Kostenartenrechnung
3.1.2 Ermittlung von Faktorkosten
3.1.2.1 Materialkosten: Bewertung von Materialkosten – Übung (2/3)

(1) Bewertung nach der einfachen Durchschnittsmethode (bezogen auf die Anschaffungskosten)

Menge Stückpreis Gesamtbewertung Menge Stückpreis Gesamtbewertung


Datum Datum
in Stück in CHF in CHF in Stück in CHF in CHF
01.01. 2'000 25.00 50'000.00 10.01. 1'000 26.25 26'250.00
15.01. 5'000 26.00 130'000.00 10.02. 4'000 26.25 105'000.00
02.03. 5'000 27.00 135'000.00 02.03. 7'000 26.25 183'750.00
12'000 26.25 315'000.00 12'000 26.25 315'000.00

Die benötigten Displays wären Anfang März (nach dem letzten Zugang vom 02.03.) mit 26.25 CHF pro Stück
zu bewerten.

31
3.1 Erlös- & Kostenartenrechnung*
3.1.2 Ermittlung von Faktorkosten
3.1.2.1 Materialkosten: Bewertung von Materialkosten – Übung (3/3)

(2) Bewertung nach der Methode gleitender Durchschnitte (bezogen auf die Anschaffungskosten)

Menge Stückpreis Gesamtbewertung


Datum
in Stück in CHF in CHF
01.01. 2'000 25.00 50'000.00 Anfangsbestand
10.01. 1'000 25.00 25'000.00 Abgänge
10.01. 1'000 25.00 25'000.00 Bestand
15.01. 5'000 26.00 130'000.00 Zugänge
15.01. 6'000 25.83 155'000.00 Bestand
10.02. 4'000 25.83 103'333.33 Abgänge
10.02. 2'000 25.83 51'666.67 Bestand
02.03. 5'000 27.00 135'000.00 Zugänge
02.03. 7'000 26.67 186'666.67 Endbestand

Die benötigten Displays wären Anfang März (nach dem letzten Zugang vom 02.03.) mit 26.67 CHF pro
Stück zu bewerten.

32
3.1 Erlös- & Kostenartenrechnung
3.1.2 Ermittlung von Faktorkosten

Messung des Ressourcen-


verzehrs (Verbrauch) Bewertung

Faktorkosten = Menge • Preis

Materialkosten Verbrauch Preis/Einheit

Personalkosten pauschal über Lohnzahlungen

33
3.1 Erlös- & Kostenartenrechnung
3.1.2 Ermittlung von Faktorkosten
3.1.2.2 Personalkosten: Arten

Personalkosten
(i.d.R. in Kostenstellen erfasst)

Lohnkosten Lohnnebenkosten costi non salariari

• Insbesondere zur Leistungserstellung und -verwertung, Gesetzliche Lohnnebenkosten Freiwillige Lohnnebenkosten


aber auch Lohnkosten in allen Overheadbereichen
• Alters- und Hinterlassen- • Krankentaggeld-Versicherung (KTG)
enversicherung (AHV)
• bestimmte Gratifikationen (z.B. zu
• Invalidenversicherung (IV) Weihnachten, Geschäftsjahresende,
Anzahl Dienstjahre)
• Arbeitslosenversicherung (ALV)
• Weitere, z.B. Zuschüsse zum
• Unfallversicherung (UVG)
Kantinenessen, kostenlose
• Pensionskassenbeiträge medizinische Versorgung
• Familienzulage

Quelle: In Anlehnung an Weber/Weißenberger (2021), S. 321.

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3.1 Erlös- & Kostenartenrechnung
3.1.2 Ermittlung von Faktorkosten

Messung des Ressourcen-


verzehrs (Verbrauch) Bewertung

Faktorkosten = Menge • Preis

Materialkosten Verbrauch Preis/Einheit

Personalkosten pauschal über Lohnzahlungen

Anlagenkosten pauschal z.B. über Abschreibungen und Zinsen

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3.1 Erlös- & Kostenartenrechnung
3.1.2 Ermittlung von Faktorkosten
3.1.2.3 Anlagenkosten

Anlagenkosten costi di impianto

Strukturierung Erfassung Bewertung

Abschreibung, Kalkulatorische Kostenstellen- Die leistungs- Zinsen: Abschreibungen:


Miete, Leasing Zinsen für das bezogene abhängige
Gebundenes • häufig linear
durch die Erfassung auf Abschreibung
Kapital
Anlagen Basis der bezieht Anlagen- • geometrisch-
x
gebundene Anlagenbuch- nutzungsdaten degressiv
Kapitalkosten-
Kapital haltung ein; ansonsten
satz • leistungsabhängig
zeitabhängig a dipendenza per esempio un bus quanti
chilometri ha fatto

36
3.1 Erlös- & Kostenartenrechnung
3.1.2 Ermittlung von Faktorkosten

Messung des Ressourcen-


verzehrs (Verbrauch) Bewertung

Faktorkosten = Menge • Preis

Materialkosten Verbrauch Preis/Einheit

Personalkosten pauschal über Lohnzahlungen

Anlagenkosten pauschal z.B. über Abschreibungen und Zinsen

Sonstige Kosten direkt über Finanzbelege aus der Finanzbuchhaltung


notmalerweise sind dienstleistung kosten

37
3.1 Erlös- & Kostenartenrechnung
3.1.2 Ermittlung von Faktorkosten
3.1.2.4 Sonstige Kosten (insbesondere Dienstleistungskosten)

• Begriff Dienstleistungskosten
– Kosten, die für die Nutzung von Dienstleistungen anderer Unternehmen entstehen
– Auch als Fremdleistungskosten bezeichnet
 Beispiele
• Transporte (Speditionen, Bahn)
• Wartung, Instandsetzung
• Brief- und Paketsendungen
• Werbung, Beratung
• Versicherungsprämien
• Telekommunikations-, EDV-Dienstleistungen usw.

• Ermittlung
– Anhand von Belegen (Finanzbuchhaltung)

38
3.1 Erlös- & Kostenartenrechnung Bruttoerlöse 1Mio
-Rabatt -500'000
3.1.3 Erfassung von Erlösen -Skonti (Kundenkskonti)

• Erlösrealisation (wie im finanziellen Rechnungswesen)


– Rechnungsstellung als typischer Realisationszeitpunkt (noch bestehendes Risiko: Zahlungsausfall und
Gewährleistung sowie Produkthaftung)

• Erlösschmälerung, insbes.
– Rabatte: Erfassung bei Rechnungsstellung; direktes Absetzen vom Basispreis; kein Eingang in das
Rechnungswesen Sconti: acquisisci in fase di fatturazione; detrazione diretta dal prezzo base; nessun ingresso in questo contabilità
– Kundenskonti: Skonti bei Abzug durch den Kunden als Umsatzminderung erfassen, sofern es sich um übliche
Zahlungsziele handelt

Risiko: kunden zahlen nicht->debitorenfallen

Quelle: Weber/Weißenberger (2021), S. 333. 39


Erlösrealisation am Beispiel der
International Financial Reporting Standards (IFRS) Was mache ich wenn ich Verbundprodukte habe?

IFRS 15 gilt für alle Kundenverträge

Rechte und Pflichten aus


Leasing
Finanzinstrumenten

Versicherungsverträge Finanzgarantien

Kunde = jemand, mit dem das Unternehmen einen


Vertrag zum Bezug von Gütern oder
Dienstleistungen gegen Entgelt geschlossen hat, die
Ausfluss der gewöhnlichen Aktivitäten des
Unternehmens sind
accordo
Vertrag = Vereinbarung zwischen zwei oder mehr Parteien, die
durchsetzbare Rechte und Pflichten begründet

Quelle: Oliver Köster, Deloitte AG, Zürich, Präsentationsunterlagen veb.ch, Nov. 2016
40
Die 5 Stufen zum Erfolg nach IFRS 15

Allokation Umsatzrealisierung
Leistungsver-
Kundenvertrag Transaktionspreis Transaktionspreis bei Erfüllung der
pflichtungen
identifizieren bestimmen zu Leistungsver- Leistungsver-
abgrenzen
pflichtungen pflichtungen
die Angebo in die Portal
iphone und monatsvertrag

Umsatzrealisierungsmodel basiert auf


Kontrollübergang («Control»)

Indikatoren zur Bestimmung des Zeitpunkts des Kontrollübergangs:


• Unbedingte Zahlungsverpflichtung
• Rechtliches Eigentum
• Physische Verfügungsmacht
• Übergang von Chancen und Risiken
• Abnahme des Kunden

41
Übung zur Umsatzrealisation: Transaktionspreis aufteilen

Google Suche nach


iPhone x swisscom
ergab am 9.3.2018
dieses Angebot:
Vertrag der man in Angebote hätte

Frage: Welchen Umsatz bucht Swisscom in welchem Zeitpunkt, wenn ein Kunde genau
dieses Angebot (mit Handy zu 449.-) annimmt? Der Einzelveräusserungspreis des Abos
(inOne mobile XL; also ohne neues Mobiltelefon) betrug am 9.3. 180 CHF/Monat.

Frage: wann realisiere ich umsatz?


42
Kundenvertrag eines Telekom Providers

Handy zu CHF 449 (Wert CHF 1199)

Flatrate für Gesprächsminuten, Daten und Nachrichten


(Wert CHF 180 pro Monat)

Monatlicher Vertragspreis CHF 200 (Wert: CHF 180 x 24 = CHF 4320)

2 Jahresvertrag, nicht kündbar

Zahlungen: CHF 200 x 24 = CHF 4800


CHF 449 für Handy
Summe: CHF 5249
Quelle: In Anlehnung an Oliver Köster, Deloitte AG, Zürich, Präsentationsunterlagen veb.ch, Nov. 2016
43
Leistungsverpflichtungen und Transaktionspreis?

Abozahlungen plus Handy CHF 5249


Telefon (Wert) CHF 1199 (= Einzelveräusserungspreis)
Gesprächsmin. etc. (Wert) CHF 4320 (= Einzelveräusserungspreis)

Summe der
Einzelveräusserungspreise CHF 5519

Was sind die Leistungsverpflichtungen des Providers?


• Handy
• Abo: Gesprächsminuten, Daten, Nachrichten

Was ist der Transaktionspreis?


• CHF 5249

44
Aufteilung des Transaktionspreises («Gemeinerlöse») und Erlöserfassung

Aufteilung Transaktionspreis relativ zu Einzelveräusserungswerten:


Telefon: CHF 1199 / CHF 5519 x CHF 5249 = CHF 1140
Vertrag: CHF 4320 / CHF 5519 x CHF 5249 = CHF 4109

relative Einzelveräusserungspreise Transaktionspreis

Erlöserfassung: Folgen:
Tag 1: CHF 1140 für Handy • ≠ Cash Flows
A • Vertragsmarge sinkt
Danach: CHF 171.21 monatlich • Vorgezogener
(= CHF 4109 / 24 Monate) Veräusserungserlös

45
Verständnisfragen und Übungsaufgaben Teil 2

• Was sind die zentralen Stufen der Kostenrechnung? Wozu dienen die einzelnen Stufen?
• Welche wesentlichen Kostenarten gibt es?
• Wie werden Materialverbräuche nach der Inventurmethode erfasst?
• Wie werden Materialverbräuche durch Skontration und Rückrechnung erfasst?
• Wie werden Materialkosten nach der Durchschnittsmethode und der Methode fortlaufender
Durchschnitte bewertet?
• Wodurch können Erlösschmälerungen entstehen?

• Übung: Kostenartenrechnung am Beispiel von Materialkosten (Excel)

46
3. Kostenrechnung

Zentrale Stufen im engeren Sinne:

Erlös- und Kostenartenrechnung:


Stufe 1
Welche Erlöse und Kosten sind angefallen?

Erlös- und Kostenstellenrechnung:


Stufe 2
Wo sind Erlöse und Kosten angefallen?

Erlös- und Kostenträgerrechnung:


Stufe 3
Wofür sind Erlöse und Kosten angefallen?

47
3. Kostenrechnung: Schema Wertefluss

Stufe 1: Kostenartenrechnung
Erfassung der Kosten differenziert nach der Art
ver- oder gebrauchter Produktionsfaktoren
Kosten- Kostenträgergemeinkosten
träger-
einzel- Stufe 2: Kostenstellenrechnung
kosten Vorkostenstellen
V1 Vn

Quelle: Weber/Weißberger (2021), S. 287.


E1 E2 E3 … Em
Endkostenstellen
Kostenstellenbezogene Erfassung von Kostenträgergemeinkosten und sukzessive,
mehrstufige Verrechnung auf Endkostenstellen

Stufe 3: Kostenträgerrechnung
Produkt 1 … Produkt p
Einzelkosten Einzelkosten
+ anteilige Gemeinkosten + anteilige Gemeinkosten
= Selbstkosten = Selbstkosten

Nettoerlöse Nettoerlöse
- Selbstkosten - Selbstkosten
= Nettoerfolg = Nettoerfolg 48
Übersicht Wertefluss Kostenrechnung nach REKOLE kostenrechnung standart für die Spitele
(Revision der Kostenrechnung und der Leistungserfassung)

Kostenarten Kostenstellen Kostenträger


Die Strukturen sind mächtig
und komplex. direkt auf kostenträgen gerechnet
Honorar- Stationäre
aufwand Versorgung
Dienstleistende
Die grössten Sachaufwand Kostenstellen Ambulante
Herausforderungen sind:
medikamenten
Versorgung
Leistungs-
• Betriebswirtschaftlich Personal- erbringende Drittgeschäft
sinnvolle Verrechnung von aufwand Kostenstellen
Gemeinkosten
Kapitalkosten Forschung Forschung
• Leistungserfassung für und Lehre und Lehre
Zurechnung auf Öffentliche
Kalk. Kosten, Öffentliche
Kostenträger Erlöse 66/68 und Aufträge (GWL) Aufträge (GWL)
• Pflege Strukturen und Überlieger
Nebenbetriebe Nebenbetriebe
Abrechnungsregeln kitta
3. Kostenrechnung

3.2 Erlös- & Kostenstellenrechnung


oder: Wie verrechne ich interne Leistungen?

3.2.1 Kostenstellen: Begriff und Abgrenzung

3.2.2 Bedeutsame Kostenstellentypen

3.2.3 Schritte der Kostenstellenrechnung

3.2.4 Fallbeispiel

3.2.5 Betriebsabrechnungsbogen (BAB)

3.2.6 Ein- und gegenseitige Leistungsverflechtung

Zur Einführung ein Video: https://www.youtube.com/watch?v=ceDZvHMn2Zk

50
3.2 Erlös- & Kostenstellenrechnung
3.2.1 Kostenstellen: Begriff und Abgrenzung

Beispiele: Beurteilung:
Räumliche • Halle (oft bei Lagerbereichen) Meist nur ergänzend sinnvoll
Abgrenzung
• Produktionsstätte (sehr geeignetes Zusatz-
• Filialbetrieben oft Zusatzkriterium kriterium)
Kostenstelle (bzw.
Leistungsstelle) = Funktionale Typische Funktionen: In der Praxis sehr häufig an-
Organisations- Abgrenzung • Gebäude zutreffen; im Fertigungsbereich
einheit im Unternehmen, • Stromerzeugung vielfach stark differenziert
für den die von ihr • Werkschutz („Kostenplätze“ als Untereinheit
verursachten Kosten • Instandhaltung von Kostenstellen)
speziell erfasst • Material/Beschaffung
i.d.R. auch • Produktion (ggf. differenziert
geplant und nach Fertigungsstufen
kontrolliert werden • Vertrieb
(„Orte der Kosten- • Verwaltung
entstehung“) Verantwortungs- Kostenstellenhierarchie analog Sinnvoll für Zwecke der Wirtschaftlich-
mäßige Abgrenzung zur Aufbauorganisation keitskontrolle in Kostenstellen, da Aus-
führungs- und Kostenverantwortung
bei einer Person liegen; ggf. aber
Hauptkriterium: Verantwortung problematisch, wenn der Verantwor-
i.d.R. kombiniert mit den anderen tungsbereich unterschiedliche Formen
Abgrenzungskriterien der Kostenverursachung umfasst

Quelle: In Anlehnung an Hungenberg, H./Kaufmann, L. (2001).

51
3.2 Erlös- und Kostenstellenrechnung
3.2.2 Bedeutsame Kostenstellentypen (1/2)

Kostenstellen

Vorkostenstellen Endkostenstellen

Hilfskostenstellen Hauptkostenstellen Nebenkostenstellen

52
3.2 Erlös- & Kostenstellenrechnung
3.2.2 Bedeutsame Kostenstellentypen (2/2)

• Endkostenstellen geben ihre Leistungen (z.B. Produkte, Aufträge) direkt an die Kostenträger ab
– z.B. Dreherei, Montage, Endkontrolle in einer Maschinenfabrik, aber auch Verwaltung und Vertrieb
• Hauptkostenstellen bearbeiten die eigentlichen Produkte und Aufträge
• Nebenkostenstellen bearbeiten Nebenprodukte, die aber auch Kostenträger darstellen können
– z.B. Abfälle oder minderwertige Kuppelprodukte
• Vor- oder Hilfskostenstellen sind nur indirekt an der Leistungserstellung beteiligt. Deren Kosten
fliessen über die Endkostenstellen (und vorher eventuell auch über andere Vorkostenstellen) zu
den jeweiligen Kostenträgern
– (z.B. Energiezentrale, Arbeitsvorbereitung, Gebäudeunterhalt, Kantine; Reparaturwerkstatt)

53
3.2 Erlös- & Kostenstellenrechnung
3.2.2 Bedeutsame Kostenstellentypen − Umsetzung in SAP

• Mit SAP lassen sich auch komplexe Kostenstellenstrukturen abbilden


• Zu Beginn werden Kostenstellengruppen (z.B. Vor- und Endostenstellen) angelegt, die dann die
einzelnen Kostenstellen enthalten
• Zu jeder Kostenstellengruppe und Kostenstelle lassen sich detaillierte Informationen im System
erfassen, z.B. verantwortliche Personen

Legende: BK = Buchungskreis; weitere siehe Spalte «Bezeichnung» im Bild; PROD03 und VWVT03 enthalten Hauptkostenstellen.

54
3.2 Erlös- & Kostenstellenrechnung
3.2.3 Schritte der Kostenstellenrechnung
Kostensortiert und geteilt
* Materialeinzel- und Personaleinzelkosten gehen direkt in die Produkte/Leistungen!
Material-
gemeinkosten*
Vorkostenstelle 1 Vorkostenstelle 2 Vorkostenstelle 3
Personal- (z.B. Werkschutz) (z.B. Instandhaltung) (z.B. Gebäude)
gemeinkosten*

1 2
Anlagenkosten verteilen von kosten
hier fangen wir and zu zurechnen

Fremdleistungs-
kosten Endkostenstelle 1 Endkostenstelle 2 Endkostenstelle 3 Endkostenstelle 4
(z.B. Beschaffung) (z.B. Fertigung) (z.B. Vertrieb) (z.B. Verwaltung)
Sonstige Kosten

Schritt 1 - Primärkostenverrechnung: Kosten vor Verechnung

Zuordnung von Faktorverbräuchen zu organisatorischen Einheiten innerhalb der Leistungserstellung


(Primärkostenverrechnung)
Schritt 2 - Sekundärkostenverrechnung: veiter verechnete kosten

Abbildung des innerbetrieblichen Leistungsgeflechts nach dem Verursachungsprinzip, d.h. nach


Leistungsabgabe (i.d.R. von Vorkostenstellen) und -inanspruchnahme (i.d.R. durch Endkostenstellen)

55
3.2 Erlös- & Kostenstellenrechnung
3.2.4 Fallbeispiel (1/7)

Ausgangssituation:
Lea, Ellen und Lisa haben zu Beginn ihres Bachelorstudiums einen kleinen Copy Shop in der Nähe der Universität
gegründet. Nach anfänglichen Schwierigkeiten läuft das Geschäft gut. Neben Räumlichkeiten sind auch neue
Geschäfte gefolgt:
• Lea managt – zusammen mit Schaffer, einem als Hilfskraft angestellten Studenten des 1. Semesters – den im
Volumen ausgeweiteten Kopierbereich selbständig.

Anfallende Erlöse Anfallende Kosten


Kopiererlöse 30‘000 CHF Personalkosten 13‘500 CHF
(120‘000 Kopien) Lea und Hilfskraft
Abschreibung Kopierer 1‘250 CHF
Toner- und Papierkosten 3‘600 CHF
Abschreibungen 250 CHF
Büroausstattung
Mieten 2‘760 CHF
Wartungskosten Kopierer 1‘050 CHF
Telefon 300 CHF
Strom und Heizung 4‘200 CHF
56
3.2 Erlös- & Kostenstellenrechnung
3.2.4 Fallbeispiel (2/7)

• Ellen hat sich auf den Handel mit Kopiergeräten verlegt; zusammen mit Lisa residiert sie hierzu in einem
zusätzlich angemieteten Zimmer. Lisa kümmert sich um die Organisation/Rechnungslegung und denkt an
zukünftige Geschäftsfelder.

Anfallende Erlöse Anfallende Kosten


Erlöse Ellen: Für beide gemeinsam:
Handelsware 125‘000 CHF Abschreibung 200 CHF
Kopierer Büroausstattung
Mieten 2‘400 CHF
Erlöse Lisa: Telefon 650 CHF
Keine Strom/Heizung 1‘200 CHF

Kosten Lisa:
Personalaufwand 9‘000 CHF

Kosten Ellen:
Personalaufwand 9‘000 CHF
Bezogene Kopiergeräte 85‘000 CHF 57
3.2 Erlös- & Kostenstellenrechnung
3.2.4 Fallbeispiel (3/7)

Fragestellung: Ermittlung von Profit Center-Erfolgen


Ellen möchte leistungsorientiert entlohnt werden und behauptet, dass der Erfolg der gemeinsamen
Gesellschaft nur auf ihre Handelsspannen bei den verkauften Kopiergeräten zurückzuführen sei.
• Was verdienen die einzelnen Sparten tatsächlich?
• Welche Probleme sehen Sie bei der Beantwortung dieser Frage?
• Wie würden Sie Kostenstellen und Profit Center bilden und gliedern?

Berechnen Sie die Ergebnisse der beiden Sparten Kopiergeschäft und Kopiergerätehandel auf
mindestens zweierlei Art und Weise.
• Welche halten Sie für sinnvoll?

58
3.2 Erlös- & Kostenstellenrechnung
3.2.4 Fallbeispiel (4/7)

Organigramm:
Verwaltung Lisa

Anfallende Kosten:
 Personalkosten
 anteilige Telefon-, Miet- und
sonstige Bürokosten

Kopiergeschäft Lea Kopiererhandel Ellen

Anfallende Kosten: Anfallende Kosten:


 Personalkosten Lea und Hilfskraft  Personalkosten Ellen
 Kopierkosten  anteilige Telefon-, Miet- und
 Papier- und Tonerkosten sonstige Bürokosten
 Telefon-, Miet- und sonstige  Kosten der Handelsware Kopierer
Kosten des Kopierladens
Anfallende Erlöse:
Anfallende Erlöse:  Erlöse der Handelsware Kopierer
 Kopiererlöse

59
3.2 Erlös- & Kostenstellenrechnung
3.2.4 Fallbeispiel (5/7)

Berechnung der Profit Center-Ergebnisse (Spartenerfolge)


1. Schritt: Bildung von Kostenstellen und Umlage der Bürokosten
Kopiergeschäft Kopierhandel Verwaltung Büro Summe
Umsatzerlöse 30'000.00 125'000.00 155'000.00
Toner- und Papierkosten 3'600.00 3'600.00
bezogene Kopiergeräte 85'000.00 85'000.00
Personalaufwand 13'500.00 9'000.00 9'000.00 31'500.00
Abschreibungen
1'250.00 1'250.00
Kopierer
Abschreibungen
250.00 200.00 450.00
Büroausstattung
Mieten 2'760.00 2'400.00 5'160.00
Wartungskosten
1'050.00 1'050.00
Kopierer
Telefon 300.00 650.00 950.00
Strom/Heizung 4'200.00 1'200.00 5'400.00
Vorläufiger Spartenerfolg 3'090.00 31'000.00 -9'000.00 -4'450.00 20'640.00
Verrechung Bürokosten -2'225.00 -2'225.00 <----------|
Spartenerfolg 3'090.00 28'775.00 -11'225.00 20'640.00

60
3.2 Erlös- & Kostenstellenrechnung
3.2.4 Fallbeispiel (6/7)

2. Schritt: Umlage der Verwaltungskosten


Variante 1: Verrechnung proportional zu den vollen Kosten vor Umlage
Kopiergeschäft Kopierhandel Verwaltung Büro Summe
Umsatzerlöse 30'000.00 125'000.00 155'000.00
Toner- und Papierkosten 3'600.00 3'600.00
bezogene Kopiergeräte 85'000.00 85'000.00
Personalaufwand 13'500.00 9'000.00 9'000.00 31'500.00
Abschreibungen Kopierer 1'250.00 1'250.00
Abschreibungen
250.00 200.00 450.00
Büroausstattung
Mieten 2'760.00 2'400.00 5'160.00
Wartungskosten Kopierer 1'050.00 1'050.00
Telefon 300.00 650.00 950.00
Strom/Heizung 4'200.00 1'200.00 5'400.00
Vorläufiger Spartenerfolg I 3'090.00 31'000.00 -9'000.00 -4'450.00 20'640.00
Verrechung Bürokosten -2'225.00 -2'225.00 <----------|
Vorläufiger Spartenerfolg II 3'090.00 28'775.00 -11'225.00 20'640.00
Volle Kosten vor Umlage 26'910.00 94'000.00
Verrechung
<----------|
Verwaltungskosten -2'498.26 -8'726.74
Spartenerfolg 591.74 20'048.26 20'640.00

61
3.2 Erlös- & Kostenstellenrechnung
3.2.4 Fallbeispiel (7/7)

Variante 2: Verrechnung durch Gleichverteilung

Kopiergeschäft Kopierhandel Verwaltung Büro Summe


Umsatzerlöse 30'000.00 125'000.00 155'000.00
Toner- und Papierkosten 3'600.00 3'600.00
bezogene Kopiergeräte 85'000.00 85'000.00
Personalaufwand 13'500.00 9'000.00 9'000.00 31'500.00
Abschreibungen Kopierer 1'250.00 1'250.00
Abschreibungen
250.00 200.00 450.00
Büroausstattung
Mieten 2'760.00 2'400.00 5'160.00
Wartungskosten Kopierer 1'050.00 1'050.00
Telefon 300.00 650.00 950.00
Strom/Heizung 4'200.00 1'200.00 5'400.00
Vorläufiger Spartenerfolg I 3'090.00 31'000.00 -9'000.00 -4'450.00 20'640.00
Verrechung Bürokosten -2'225.00 -2'225.00 <----------|
Vorläufiger Spartenerfolg II 3'090.00 28'775.00 -11'225.00 20'640.00
Verrechung
<----------|
Verwaltungskosten -5'612.50 -5'612.50
Spartenerfolg -2'522.50 23'162.50 20'640.00

Merke: Beide Arten der Verrechnung sind willkürlich. Gemeinkosten können stets nur
über „Schlüssel“, also indirekt auf die jeweiligen Bezugsobjekte zugerechnet werden.
62
3.2 Erlös- & Kostenstellenrechnung
3.2.5 Betriebsabrechnungsbogen (BAB)

Grundlage der Sekundärverrechnung ist der Betriebsabrechnungsbogen:


• Tabellarische Vorlage zur Verrechnung der primären Gemeinkosten der Vorkostenstellen auf die
Endkostenstellen
• Horizontale Ordnung aller Vor- und Endkostenstellen nach einer idealisierten Wertschöpfungskette
• Verrechnung nur von vorgelagerten auf leistungsmässig nachgelagerte Kostenstellen

Vorkostenstellen Endkostenstellen

Instandhaltung Transport Beschaffung Fertigung Verwaltung Vertrieb

Richtung der Verrechnung entlang der Wertschöpfungskette


(„Wertschöpfung ist die Transformation der physischen
Leistung eines Unternehmens in Umsatz.“)

Quelle Zitat: Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (Hrsg.) (1997): TPM. Total Profit Management. Ansätze für
eine gewinnorientierte Unternehmensgestaltung im Maschinen- und Anlagenbau, Frankfurt am Main, S. 58.

63
3.2 Erlös- & Kostenstellenrechnung
3.2.6 Ein- und gegenseitige Leistungsverflechtung

• Die Leistungsabgabe erfolgt zwar mehrstufig (z.B. Büro  Verwaltung  Sparten), sie ist
(glücklicherweise) aber einseitig. Daher ist auch die Leistungsverrechnung einfach und die
Kostenstellen können sukzessive über Schlüssel abgerechnet werden.
• Bevorzugtes Verfahren ist dann das Stufenleiterverfahren.
• Ein Verfahren zur „exakten“ Verrechnung bei gegenseitigen Leistungsverflechtungen wird später
vorgestellt.

64
3.2 Erlös- & Kostenstellenrechnung
3.2.6 Ein- und gegenseitige Leistungsverflechtung:
Stufenleiterverfahren – Übung (1/4)

Die ChemTech AG betreibt für die Produktion von Industriechemikalien auf ihrem Betriebsgelände ein Elektrizitäts-
und ein Wasserwerk als Vorkostenstellen. Die primären Kosten und die Leistungsabgabe der beiden
Vorkostenstellen sind aus der untenstehenden Tabelle zu entnehmen:

Daten Elektrizitätswerk Wasserwerk


primäre Kosten 31'000 CHF 43'470 CHF
Leistungsabgabe an:
- Elektrizitätswerk 0 kWh 0l
- Wasserwerk 23'184 kWh 0l
- Endkostenstelle A 79'016 kWh 224'800 l
- Endkostenstelle B 21'000 kWh 65'000 l

Aufgabe: Ermitteln Sie die Gesamtkosten der Endkostenstellen A und B mit Hilfe des Stufenleiterverfahrens.

65
3.2 Erlös- & Kostenstellenrechnung
3.2.6 Ein- und gegenseitige Leistungsverflechtung:
Stufenleiterverfahren – Übung (2/4)

Stufenleiterverfahren bei einseitiger Leistungsverflechtung Kostenstellen=Leistungsstelle


Kosten/Leistung

E-Werk 23‘184 kWh Wasser-Werk


31‘000 43‘470
Primäre Kosten Primäre Kosten

224‘800 l

65‘000 l
79‘016 kWh
A

21‘000 kWh
B

66
3.2 Erlös- & Kostenstellenrechnung
3.2.6 Ein- und gegenseitige Leistungsverflechtung:
Stufenleiterverfahren – Übung (3/4)

1. Schritt: Abrechnung E-Werk


23‘184 kWh + 79‘016 kWh + 21‘000 kWh = 123‘200 kWh Gesamtleistung E-Werk

31'000
an W: ⋅ 23'184 = 5‘832.64
123'200
31'000
an A: ⋅ 79'016 = 19‘882.27
123'200

31'000
an B: ⋅ 21'000 = 5‘284.09
123'200
31‘000.00

67
3.2 Erlös- & Kostenstellenrechnung
3.2.6 Ein- und gegenseitige Leistungsverflechtung:
Stufenleiterverfahren – Übung (4/4)

2. Schritt: Abrechnung W-Werk


ges. Kosten: 43‘470.00 primär
+ 5‘832.64 sekundär von E-Werk
49‘302.64

49 '303.64
an A: ⋅ 224 '800 = 38‘245.20
289 '800

49 '303.64
an B: ⋅ 65 '000 = 11‘058.44
289 '800
49‘303.64

A: 19‘882.27 + 38‘245.2 = 58‘127.47


B: 5‘284.09 + 11‘058.44 = 16‘342.53
74‘470.00
68
3.2 Erlös- & Kostenstellenrechnung
3.2.6 Ein- und gegenseitige Leistungsverflechtung

• Wir betrachten nun den Fall gegenseitiger Leistungsverflechtungen.


• Sind diese erheblich und würden zu grossen Unschärfen bei der Verrechnung zum Beispiel über ein
erweitertes Stufenleiterverfahren führen, so kann durch das Aufstellen eines linearen
Gleichungssystems eine „exakte“ Kostenverrechnung vorgenommen werden.
• Die Gleichungen werden wie folgt aufgestellt:
Kostenentlastung der Kostenstelle i =
Kostenbelastung der Kostenstelle i aufgrund der empfangenen Leistung

oder äquivalent:
Gesamtkosten der Kostenstelle i =
primäre Kosten Stelle i + sekundäre (= zugerechnete) Kosten Stelle i

wobei:
- primäre Kosten = Kosten, welche der Stelle i direkt zugeordnet wurden
- sekundäre Kosten = im Rahmen der Kostenumlagen zugerechnete Kosten

69
3.2 Erlös- & Kostenstellenrechnung
3.2.6 Ein- und gegenseitige Leistungsverflechtung:
Gleichungsverfahren – Übung (1/4)

Die ChemTech AG betreibt für die Produktion von Industriechemikalien auf ihrem Betriebsgelände ein Elektrizitäts-
und ein Wasserwerk als Vorkostenstellen. Die primären Kosten und die Leistungsabgabe der beiden
Vorkostenstellen sind aus der untenstehenden Tabelle zu entnehmen:

Daten Elektrizitätswerk Wasserwerk


primäre Kosten 31'000 CHF 43'470 CHF
Leistungsabgabe an:
- Elektrizitätswerk 0 kWh 500 l
- Wasserwerk 23'184 kWh 0l
- Endkostenstelle A 79'016 kWh 224'800 l
- Endkostenstelle B 21'000 kWh 64'500 l

Aufgabe: Nehmen Sie nun an, das Wasserwerk liefere an das Elektrizitätswerk 500 l (statt 0 l) und an die
Endkostenstelle B 64'500 l (statt 65'000 l). Berechnen Sie für diese neue Ausgangslage die
Gesamtkosten der Endkostenstellen A und B nach dem mathematischen Gleichungsverfahren.

70
3.2 Erlös- & Kostenstellenrechnung
3.2.6 Ein- und gegenseitige Leistungsverflechtung:
Gleichungsverfahren – Übung (2/4) Verbindungskosten=Kosten/Leistung

Gleichungsverfahren bei gegenseitiger Leistungsverflechtung

23‘184 kWh
E-Werk Wasser-Werk
31‘000 43‘470
Primäre Kosten Primäre Kosten
500 l

224‘800 l

64‘500 l
79‘016 kWh
A

21‘000 kWh
B

Zum Gleichungsverfahren siehe z.B. auch


https://www.youtube.com/watch?v=wxScuXozG5s
71
3.2 Erlös- & Kostenstellenrechnung
3.2.6 Ein- und gegenseitige Leistungsverflechtung:
Gleichungsverfahren – Übung (3/4)

Kostenentlastung = Kostenbelastung
E-Werk: 123‘200 qE = 31‘000 + 500 qW
W-Werk: 289‘800 qW = 43‘470 + 23‘184 qE

Auflösung des Gleichungssystems mit Hilfe des Einsetzungsverfahrens:


123‘200 qE = 31‘000 + 500 · 43'470 + 23'184 ⋅ qE
289'800 289'800
123‘200 qE = 31‘000 + 75 + 40 qE
123‘160 qE = 31‘075
qE = 0.2523
qW = 0.1702

A: 79‘016 qE + 224‘800 qW = 58‘194


B: 21‘000 qE + 64‘500 qW = 16‘276
74‘470
72
3.2 Erlös- & Kostenstellenrechnung
3.2.6 Ein- und gegenseitige Leistungsverflechtung:
Gleichungsverfahren – Übung (4/4)

Alternative Rechnung:

KE = 31'000 + · KW

23'184
KW = 43'470 + 123'200 · KE

500 23'184
KE = 31'000 + · 43'470 + · KE
289'800 123'200

KE = 31'000 + 75 + 0.0003247 · KE
0.99967 · KE = 31'075
KE = 31'085
KW = 49'319.65

1 kWh kostet = 0.2523

1 l kostet = 0.1702
73
3.2 Erlös- & Kostenstellenrechnung
3.2.6 Ein- und gegenseitige Leistungsverflechtung:
Gleichungsverfahren – Umsetzung in SAP

• Nach Durchführung der Leistungsverrechnung zeigt SAP die Ergebnisse an


• Im Beispiel wurden die Vorkostenstellen (1) entlastet und die Endkostenstellen (2) entsprechend der ebenfalls in
SAP hinterlegten Leistungsverflechtung belastet
• Die geringen auf den Vorkostenstellen verbliebenen Beträge (3) ergeben sich, weil SAP ein dem
Gleichungsverfahren ähnliches iteratives Verfahren verwendet

Primärkosten
vor Leistungs-
verrechnung

(3) (1)

(2)

74
3.2 Erlös- & Kostenstellenrechnung
3.2.6 Ein- und gegenseitige Leistungsverflechtung

• Bestehen nur geringfügige gegenseitige Leistungsverflechtungen oder wird das Gleichungs-


verfahren zu komplex, kann auch das Anbauverfahren eingesetzt werden.
• Hier wird zur Vereinfachung darauf verzichtet, Leistungen von Vorkostenstellen für andere
Vorkostenstellen durch geeignete Kostenumlagen zu berücksichtigen. Die Kosten der
Vorkostenstellen werden nur auf die Endkostenstellen verrechnet.
• Der Nachteil dieser Vereinfachung besteht darin, dass es sich dann um keine „exakte“ Lösung mehr
handelt und Rechenfehler in Kauf genommen werden müssen.

75
3.2 Erlös- & Kostenstellenrechnung
3.2.6 Ein- und gegenseitige Leistungsverflechtung:
Anbauverfahren – Übung (1/2)

Ermitteln Sie die Verrechnungssätze nach dem Anbauverfahren, wenn bei drei Vorkostenstellen (A,
B, C) die primären Gemeinkosten 15'000, 18'000 und 1'000 betragen und die Leistungsverflechtung
folgende Struktur aufweist
(LE = Leistungseinheit):

17 LE

Vorkostenstellen: A 40 LE
B 50 LE
C
750 LE
32 LE

250 LE 150 LE 400 LE

Endkostenstellen: D E
100 LE

76
3.2 Erlös- & Kostenstellenrechnung
3.2.6 Ein- und gegenseitige Leistungsverflechtung:
Anbauverfahren – Übung (2/2)

A B C D E
Primäre Kosten 15‘000 18‘000 1‘000

Sekundäre Kosten 15‘000


(Zugerechnete 18'000 18'000
Kosten) ⋅ 250 ⋅ 150
400 400

=11‘250 =6‘750

200 800
1:4

Sekundäre Kosten 26‘450 7‘550


gesamt

77
Verständnisfragen Teil 3

• Was ist eine Kostenstelle?

• Welche Möglichkeiten zur Abgrenzung von Kostenstellen gibt es?

• Was sind die wesentlichen Schritte der Kostenstellenrechnung?


Wozu dienen diese Schritte?

• Wozu braucht man einen Betriebsabrechnungsbogen?

• Wie funktioniert das Stufenleiterverfahren?

• Welchem Ansatz folgt das Gleichungsverfahren?

• Wie funktioniert das Anbauverfahren?

78
Übungsaufgaben Teil 3

• Stufenleiterverfahren mit verschiedenen Schlüsseln (Excel)

• Lineares Gleichungsverfahren (Excel)

• Anbauverfahren (Excel)

Für besonders Interessierte:


• Ordnen Sie folgenden Artikel in dieses Kapitel ein: Rosenberger, Peter (2012): SBB Cargo
International – Abbildung des Werteflusses in der Kostenrechnung, in: Rechnungswesen
& Controlling, Heft 4/2012, S. 17-19. (Artikel im OLAT)

79
Literaturhinweise

• Peters, Gerd/Pfaff, Dieter: Controlling, 4. Aufl., Zürich 2021, Kapitel 2, S. 41-46.


• Weber, Jürgen/Weißenberger, Barbara E. (2021): Einführung in das Rechnungswesen, 10. Auflage,
Stuttgart, Teil 2 (Kostenrechnung).
• Coenenberg, Adolf G./Fischer, Thomas M./Günther, Thomas (2016): Kostenrechnung und
Kostenanalyse, 9. Auflage, Stuttgart.
• Friedl, Gunther/Hofmann, Christian/Pedell, Burkhard (2022): Kostenrechnung. Eine
entscheidungsorientierte Einführung, 4. Auflage, München.
• Hungenberg, Harald/Kaufmann, Lutz (2001): Kostenmanagement, 2. Auflage, München.
• Schweitzer, Marcell/Küpper Hans-Ulrich/Friedl, Gunther/Hofmann, Christian/Pedell,
Burkhard, Systeme der Kosten- und Erlösrechnung, 11. Aufl., München 2016.
• Zimmerman, Jerold L. (2020): Accounting for Decision Making and Control,
10th edition, Boston et al.

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