Sie sind auf Seite 1von 6

Schilddrüse Block 10 Leonie

Verwendet wurden: Freiss-


muth 2020, Ausarbeitung

Schilddrüsenhormone Linda Hein, Ausarbeitung


Mega (aus Zip Ordner)

Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3) sind Hormone, die von den Follikelepithelzellen der Schilddrüse
(Thyreozyten) gebildet und in Follikeln gespeichert werden. Sie sind für die normale Entwicklung im
Kleinkindalter (Körperwachstum, Reifung des Gehirns) essenziell und werden auch für die Regulation
aller Organfunktionen im Erwachsenenalter gebraucht, weil ohne sie andere Hormone nicht wirken
(„permissive Wirkung“). Die C-Zellen der Schilddrüse produzieren Calcitonin,
das an der Regulation des Calciumspiegels beteiligt ist.

Synthese von Schilddrüsenhormonen


Jod = Element
• Jod: tägliche Zufuhr = > 150 µg/d Jodid = Anion

• + -
Jodid-Transporter (Na /I -Symport; NIS):
o durch Na+-Gradienten angetrieben à Anreicherung von Jodid in Schilddrüse (auch ra-
dioaktives Jod) à Transport vom Blut in Thyreozyten
o Transporter wird kompetitiv durch Anionen blockiert
o Bei großer Jodidaufnahme kann der Transporter vorübergehend gehemmt werden
o Auch in Speichel-/Schweißdrüsen, Drüsen des Atemtrakts sowie Brustdrüsen expri-
miert
• Apikaler Ionentransporter (Cl-/I--Austauscher; Pendrin): transportiert Jodid in das Kolloid-Lu-
men
• Thyreoidale Oxidase (ThOx): Enzym an apikaler Membran, das auf zytosolischer Seite FAD+
enthält, NADPH und Calcium bindet und auf der extrazellulären Seite H2O2 liefert
• Thyreoidale Peroxidase (TPO):
o oxidiert Jodid mittels Wasserstoffperoxid à für Zelle gefährlich à wird unter Ab-
schluss (im Kolloid) durchgeführt
o katalysiert Einbau von oxidiertem Jod in Tyrosinreste auf Thyreoglobulin (TG) à Mo-
nojodtyrosin und Dijodtyrosin entstehen à aus jenen entsteht weiters T3 oder T4
• Thyreoglobulin (TG):
o wird ins Follikellumen sezerniert und dort gespeichert
o gelangt unter TSH-Stimulation durch Pinozytose aus dem Kolloid in den Thyreozyten
o wird dort proteolysiert à es entstehen pro Molekül 5 T4
o T4 wird durch 5‘-Dejodase in T3 umgewandelt

1
Schilddrüse Block 10 Leonie

1. Jodaufnahme durch NIS unter Einfluss von TSH in den Thyreozyten und weiter durch Pendrin
ins Kolloid
2. Jodisation: Bildung von H2O2 durch ThOx, Oxidierung des Jodids und Einbau in Tyrosinreste auf
Thyreoglobulin durch TPO à Entstehung Monojodtyrosin (MIT) und Dijodtyrosin (DIT)
3. Konjugation: TPO koppelt MIT und DIT à 2x DIT = T4; DIT + MIT = T3

Regulation der Hormonfunktion


Die Jodaufnahme und die Sekretion von T3 und T4 wird
durch Thyroidea-stimulierendes Hormon (TSH) aus dem
Hypophysenvorderlappen gesteuert, welches wiederum
über das hypothalamische TRH (thyreotropine-releasing
hormone) stimuliert wird. T3 wirkt negativ rückkoppelnd
auf Hypophyse und Hypothalamus.

Täglich werden ca. 90 μg T4 und 10 μg T3 sezerniert.

Der TSH-Rezeptor ist ein Gs-gekoppelter Rezeptor. Sein kurzfristiger Effekt ist die Freisetzung von
Schilddrüsenhormonen, sein langfristiger Effekt ist das Wachstum der Follikelepithelzellen und zu-
nehmende Gefäßneubildung der Schilddrüse. Durch Punktmutationen Totale Resektion vor Pharmakotherapie bei au-
kann der TSH-Rezeptor ständig aktiv sein (ohne dass ein Ligand gebun- tonomem Adenom, weil sie TSH- und Jodunab-
hängig wachsen (Pharmaka greifen hier nicht
den hat) – das ist der häufigste Grund für autonome Adenome. Auch an) und weil es bei der Pharmakotherapie
Autoantikörper können den Rezeptor stimulieren (Morbus Basedow). durch eine negative Rückkopplung zur Atro-
phie des Schilddrüsenrestgewebes kommen
würde (außerdem: erhöhtes Karzinomrisiko)
• Stimulation von TRH: Leptin, Kälte, Stress
• Hemmung von TRH: Glucocorticoide, GABA, Noradrenalin, Somatostatin, Dopamin, Cortisol

Freies T3: 0,5 %

Kinetik der Schilddrüsenhormone Freies T4: 0,05 %

Im Blut an thyroxinbindendes Globulin (TBG), Transthyretin (thyroxinbindendes Präalbumin) und Al-


bumin gebunden (nur freie Hormone wirken!) à aufgrund der hohen Proteinbindung …

…ist die Bestimmung der Gesamtkonzentration nicht sehr relevant, weil sie sehr variabel sein kann
(durch Östrogen gesteigert, durch Glucocorticoide und Androgene gesenkt) à durch Rückkopplungs-
mechanismen bleibt freie Hormonkonzentration aber konstant

…ist die HWZ sehr lang (T4 4-8 d, T3 0,5-2 d) à bei Hypothyreose ist HWZ ca. doppelt so lang, bei
Hyperthyreose auf die Hälfte reduziert.

2
Schilddrüse Block 10 Leonie

Metabolismus

T4 wird durch 5‘-Dejodierung durch 5‘-Dejodasen zu T3. Ca. 75 % des zirkulierenden T3 entstehen
über diesen Weg. T4 kann auch zu reversem T3 (rT3) umgesetzt werden, dieses ist inaktiv.

Weil der freie Anteil von T3 höher als jener von T4 ist und weil T3 10x affiner zu Schilddrüsenhormon-
rezeptoren ist als T4, gilt T3 als eigentliche Wirkform.

Beide reichern sich intrazellulär an (viele Transporter, sehr lipophil).

In der Leber wird T4 an Glucuronsäure und T3 an Schwefelsäure gekoppelt und biliär ausgeschieden
(enterohepatischer Kreislauf).
HWZ von T4 = 4-8 d
HWZ von T3 = 0,5-2 d

Wirkung der Schilddrüsenhormone


Rezeptoren sind ligandenabhängige Transkriptionsfaktoren (R-alpha und R-beta); meist in Heterodi-
meren mit RXR (Retinoid-X-Rezeptor) à mehr mRNA-Transkription

T3 und T4 sind wichtig für die peri- und postnatale Entwicklung: Nervenwachstum, Myelinscheiden;
bei Mangel Kretinismus (= angeborene Hypothyreose)

Bei Erwachsenen sind sie wichtig für viele metabolische Vorgänge:

• Steuerung Grundumsatz und Wärmeproduktion (z.B. mehr Expression der Na+/K+-ATPase)


• Glucoseresorption im Darm und peripherer Glucoseumsatz gesteigert
• Lipidstoffwechsel (bei Hypothyreose LDL erhöht)

Permissive Wirkung = je weniger SD-Hormone, desto geringer ist die restliche Hormonwirkung (viele
Gene unterliegen der transkriptionellen Kontrolle durch T3 & T4)

Die Hyperthyreose steigert die Empfindlichkeit des Organismus v.a. für Adrenalin- und Noradrenalin-
wirkung à Symptome wie Tachykardie, Herzhypertrophie, Zunahme des Schlagvolumens, Abfall des
peripheren Widerstands, Tremor als Ausdruck gesteigerter adrenerger Erregbarkeit der Skelettmusku-
latur, Hitzeintoleranz, Agitiertheit (übermäßige motorische Aktivität) und Schlafstörungen

Pharmakotherapie
Jodmangel

• Jodmangel führt zu verminderter Hormonproduktion


• Folge: erhöhter TSH-Spiegel durch mangelnde Rückkopplung à TSH stimuliert Wachstum der
Schilddrüsenzellen à Follikelhypertrophie
• Jodmangel führt außerdem durch Stimulation von Wachstumsfaktoren zu Follikelhyperplasie

Substitution von Jod


• Jodmangel führt zunächst zu euthyreotem Struma (Kropf à Vergrößerung der Schilddrüse bei
normaler Funktion)
• In der SS besteht erhöhter Jodbedarf

3
Schilddrüse Block 10 Leonie

• Bei radioaktiven Unfällen: frühzeitige Gabe von 130 mg Kaliumjodid (Vorbeugung Schilddrü-
senkarzinome) à nur bis zum 40. LJ, weil ab dann Risiko von Jod-induzierter Hyperthyreose
höher als Risiko für Karzinom
• Bei Hyperthyreose (M. Basedow) hilft Jod in hoher Dosis (Feedback-Hemmung à Ausnutzung
des Wolff-Chaikoff-Effekts: jodinduzierte Hemmung der Schilddrüsenhormon-Freisetzung)
o Gefahr der Jodtoxizität à Jodismus (Schnupfen, Kopfschmerz, Gingivitis, Jodakne)

Substitution mit Schilddrüsenhormonen (T4) bei Hypothyreose


• Ist bei Hypothyreose immer indiziert, außer, wenn sie durch einen Jodmangel entstanden ist.
• Indiziert auch nach Thyreoidektomie (neg. Feedback: niedriges TSH ist gut zur Rezidivprophy-
laxe)
• Gabe von T4 (wird zu T3 umgewandelt)
• Therapeutisches Ziel: Euthyreose (Normalisierung TSH-Wert)
• oBV ca. 80 % (niedriger bei Nahrungsaufnahme)
• Muss einschleichend dosiert werden à v.a. bei koronarer Herzkrankheit
• Kinder brauchen eine höhere Initialdosis
• Interaktionen: Colestyramin bindet T4 und T3 (unterbricht enterohepatischen Kreislauf); ASS
setzt T4 aus der Plasmaproteinbindung frei (andere COX-Hemmer einsetzen); Östrogene erhö-
hen gebundenen Anteil

Thyreostatika – Hemmstoffe der TPO und des Jodidtransports


Thioharnstoffderivate (Thionamide) – Propylthiouracil (PTU), Thiamazol (Methimazol), Carbimazol

Dynamik:

• Hemmen die thyreoidale Peroxidase (TPO) kompetitiv à verminderte T3/T4-Produktion


(Neusynthese)
• Hemmung ist von Jodkonzentration abhängig (hoch à reversibel; niedrig à irreversibel)
• Verzögerter Wirkungseintritt à zirkulierendes T3/T4 und die im Kolloid gespeicherte Menge
wird nicht beeinflusst
• PTU hemmt auch 5‘-Dejodase à Hemmung der Umwandlung von T4 in T3

Kinetik: Thiamazol (und Prodrug Carbimazol) werden schnell und vollständig resorbiert, glucuronidiert
und sulfatiert und schlussendlich großteils renal eliminiert. Sind plazentagängig à teratogen; Thiama-
zol potenter als PTU. HWZ: PTU 2 h, Thiamazol länger (3-6 h à aber Akkumulation in Schilddrüse,
dadurch noch länger)

Werden zu Beginn in hoher Dosis verabreicht (niedrige Jodkonzentration ist Standard in Zentraleu-
ropa), um kompetitiven Hemmmechanismus zu erreichen

NW: Agranulozytose (zeigt sich als infektiöse Erkrankung; Grund: Myeloperoxidase in Neutrophilen
kann Thionamide umsetzen und deren Reaktionsprodukte können eine Immunantwort auslösen), re-
versible Leukopenie, Ausschläge mit Juckreiz und Urtikaria, Folgende Faktoren bestimmen die therapeutische Wir-
kung von Thioharnstoff-Thyreostatika, nachdem ein
Kropf bei zu hoher Dosis, Gelenksschmerzen, Cholestase Gleichgewichtsspiegel und damit die maximale Hem-
mung der Hormonsynthese erreicht worden ist:
KI: Thiamazol und PTU bei SS (teratogen) à kein Wechsel - Halbwertszeit von T4 (= 4-8 Tage) und von T3 (= 0.5-2)
- das vorhandene Hormonreservoir (= Thyreoglobulin)
auf PTU, auch wenn besser verträglich (weniger drastische - Umwandlung von T4 in T3 durch 5‘-Dejodase

4
Schilddrüse Block 10 Leonie

Missbildungen); bei Polyarthritis mit Fieber und Allgemeinsymptomen sollte Therapie abgebrochen
werden

Perchlorat als Hemmer des Jodidtransports

Dynamik: reichert sich in Schilddrüse an und blockiert Jodid-Aufnahme durch NIS

Kinetik: wird vollständig resorbiert, HWZ 4-6 h, renal eliminiert. Hohe, häufige Dosen notwendig.

NW: aplastische Anämie, Leukopenie, Thrombopenie, Struma; Übelkeit durch Magenschleimhautrei-


zung, wenn nicht verdünnt

Indikationen

Grundsätzlich Thionamide vor anderen Substanzen, Perchlorat ist wegen aplastischer Anämie unbe-
liebter geworden.

• Präoperative Behandlung bei Hyperthyreosen jeder Art


• Behandlung des Morbus Basedow (v.a. junge Frauen)
• Jod-induzierte Thyreotoxikose
• Thyreotoxische Krise (heute selten) – eher Glucocorticoide und Beta-Blocker

Pharmaka, die mit der Schilddrüsenfunktion interferieren


• Glucocorticoide
o Hemmen TSH-Sekretion durch Hemmung der TRH-Sekretio à Hemmen Bildung von
T3 und T4
o Senken TBG-Produktion (Thyroxin-bindendes Globulin)
• Amiodaron (= Anti-Arrhythmikum) und Röntgen-Kontrastmittel à Lösen als Jodquelle eine Hy-
perthyreose aus
o Metabolit Desethylamiodaron inhibiert T3-Rezeptor à Hypothyreose
• Interferone, IL-2, Immunmodulatoren
• Lithium à Hemmt Kolloidresorption à Hypothyreose
• Rezeptor-Tyrosinkinase-Hemmer (z.B. Imatinib/Nilotinib VEGF-Rezeptor-Inhibitoren ...) à Hy-
pothyreose
• Propanolol (b-Blocker) à Hemmt Dejodasen (Einsatz bei Hyperthyreosen)

Klinische Aspekte
• TSH: wichtigster Parameter, erfasst aber seltene Hypophysen-Unterfunktion (sekundäre Hy-
pothyreose) nicht
• Periphere SDH: nur freies T3 und T4 ist biologisch aktiv à deren Konzentration ist daher für
eine Beurteilung zu erfassen
• Schilddrüsen-Antikörper: können Verdachtsdiagnose einer Autoimmunthyreoiditis (M. Base-
dow) bestätigen
• Calcitonin: Tumormarker für medulläres Schilddrüsenkarzinom
• Thyreoglobulin: Marker bei Karzinomnachsorge (steigt bei Rezidiv)

5
Schilddrüse Block 10 Leonie

Hyperthyreose: Morbus Basedow/Autonomes Adenom


• Gewichtsverlust, Schwitzen, Tachykardie, Nervosität, Diarrhoe, allgemeine Schwäche, erhöh-
ter Appetit
• Hyperthyreose beim M. Basedow (Autoimmunerkrankung):
• Autoantikörper binden und stimulieren TSH-Rezeptor à zu hohe Hormonkonzentra-
tion à Hyperthyreose
o Ausnutzung des Wolff-Chaikoff-Effekts; daher Gabe von hoher Jod-Dosis („Plum-
mern“)
o Ansonsten auch Therapie mit Thiamazol à hemmt T3/T4-Bildung
o Folge: Einstellung einer Hypothyreose
o cave: Jodtoxizität à chronische Gabe kann zu Jodismus führen
o Blutbildkontrollen: anfangs alle 3-4 Wochen, dann alle 2-3 Monate
• Autonomes Karzinom: eher bei älteren Menschen
• Therapie:
o Symptomatisch mit beta-Blockern
o Thyreostatika
o Operation (Schilddrüsenentfernung)
o Radiojodtherapie

Hypothyreose: Kretinismus/Iodmangel/Hashimoto-Thyreoiditis
• Gewichtszunahme, Müdigkeit, Kälteempfindlichkeit, Konzentrationsschwäche, Obstipation,
Ödeme
• Hashimoto-Thyreoditis:
o häufigste Ursache einer Hypothyreose; Autoimmunerkrankung!
o es zeigt sich eine Hypertrophie der Schilddrüse (Struma)
• Kretinismus
o = angeborene Hypothyreose mit irreversiblem Hirnschaden und mentaler Retadie-
rung
o Entsteht bei Jodmangel während Schwangerschaft
o Zwergwuchs, Intelligenzdefekte, motorische Koordinationsstörungen, Schwerhörig-
keit
• Therapie: Vollsubstitution mit Levothyroxin (T4); ca. 100-150 µg/d

Das könnte Ihnen auch gefallen