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Stetige Zufallsgrößen

Ein Theatersaal öffnet 30 Minuten vor Beginn einer ausverkauften


Vorstellung. Der Besucherstrom durch die Eingangstüren lässt sich modellhaft
durch die Funktion b,
𝑡2
𝑏 𝑡 = 9𝑡 ∙ 𝑒 − 100

(t in Minuten nach Saalöffnung, b in Besucher pro Minute), beschreiben.


Berechne die Gesamtzahl der Besucher.

Rechnung: ‫׬‬0 𝑏 𝑡 𝑑𝑡 = 450

450
Berechne die Besucherzahl zwischen der 8. und der 13. Minute.
13
Rechnung: ‫׬‬8 𝑏 𝑡 𝑑𝑡 ≈ 154
Berechne welcher Anteil der Sitze wird zwischen der 8. und der 13. Minute
belegt sind.

13
‫׬‬8 𝑏 𝑡 𝑑𝑡 154
Rechnung: ∞ ≈
‫׬‬0 𝑏 𝑡 𝑑𝑡 450

13 13 13
Zwischen der 8. und 13. Minuten
𝑏(𝑡) sind ca. 34% der Sitze belegt.
න 𝑏 𝑡 𝑑𝑡 : 450 = න 𝑑𝑡 = න 𝑓 𝑡 𝑑𝑡 ≈ 34 %
450
8 8 8

Wir definieren uns jetzt eine neue Funktion f(t) mit


b(t) : 450 .
So erhalten wir bei der Berechnung des Intergrals stets den Anteil.
Nach der Vorführung werden aus Marketinggründen zufällig ausge-
wählte Besucher unter anderem über die Wartezeit im Theatersaal
vor der Vorführung befragt.

Frage: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit des Ereignisses E:


„Ein zufällig ausgewählter Besucher hat den Theatersaal
zwischen der 8. und der 13. Minute betreten“?

13
Antwort: P E = ‫׬‬8 𝑓 𝑡 𝑑𝑡 ≈ 32 %
Diskrete Verteilungen
Diskrete Zufallsgrößen sind Zufallsgrößen, deren Werte endlich oder abzählbar
unendlich sind und durchnummeriert werden können. Ihre
Wahrscheinlichkeiten kann man in Tabellen oder anschaulich mit Histogrammen
darstellen.
Die Zufallsgröße X besitzt den Erwartungswert

μ = E X = x1 ∙ P X = x1 + x2 ∙ P X = x2 +. . . +xn ∙ P X = xn =
σni=1 xi ⋅ P X = xi ,

für die Varianz V(X) und die Standardabweichung σ gelten


n
2
V X = ෍ xi − μ ⋅ P X = xi
i=1
Und σ = V X = σni=1 xi − μ 2 ⋅ P X = xi .
Beispiel 1
Einmaliges Werfen eines Würfels; die Zufallsgröße X gibt die Augenzahl an.
Da es sich hier um ein Laplace-Experiment handelt, sind die
Wahrscheinlichkeiten der Werte der Zufallsgröße gleich. Deswegen sprechen
wir von einer Gleichverteilung.
Die Wahrscheinlichkeitsverteilung von X:

xi 1 2 3 4 5 6

1 1 1 1 1 1
P(X = xi )
6 6 6 6 6 6
Kenngrößen
1 1 1
μ = E X = 1 ∙ + 2 ∙ +. . . +6 ∙ = 3,5
6 6 6

n
2
1 2
1 2
σ= 1 − 3,5 ∙ +. . . + 6 − 3,5 ∙ = ෍ xi − μ ⋅ P X = xi
6 6
i=1

n
1 2
35
= ⋅ ෍ i − 3,5 = ≈ 1,7
6 12
i=1
Beispiel 2 Zweimaliges Werfen eines Würfels
Die Zufallsgröße X gibt die Summe der beiden Augenzahlen beim
zweimaligen Werfen eines Würfels an. Hier handelt es sich nicht mehr um
eine Gleichverteilung.
Die Wahrscheinlichkeitsverteilung von X:

1 1 1
xi 2 3 4 5 6 7 8 9
0 1 2
1 2 3 4 5 6 5 4 3 2 1
P(X = xi )
36 36 36 36 36 36 36 36 36 36 36

Beispiel: xi = 𝟒:
E = {(1;3); (2;2); (3:1)}
1 1 1 1 1 1 1 1
P(X = 4) = ∙ + ∙ + ∙ = 3 ∙ =
6 6 6 6 6 6 36 12
Kenngrößen
1 2 1
μ=E X =2∙ + 3 ∙ +. . . +12 ∙ =7
36 36 36

2
1 2
1 70
σ= 2−7 ∙ +. . . + 12 − 7 ∙ =
36 36 12
Beispiel 3
Binomialverteilung mit Trefferwahrscheinlichkeit p und Länge n; die
Zufallsgröße X gibt die Anzahl der Treffer an, z.B. n = 80, p = 0,4.

Kenngrößen
μ = E(X) = n ⋅ p = 80 ⋅ 0,4 = 32
σ = n ⋅ p ⋅ (1 − p) ≈ 4,38
Stetige Verteilungen
Im Gegensatz zu einer diskreten Verteilung, bei der man die Werte der
Zufallsgrößen abzählen kann, kennzeichnet sich eine stetig verteilte
Zufallsgröße dadurch aus, dass deren Werte alle Zahlen eines reellen Intervalls
annehmen kann. Alle Zahlen eines Intervalls kann man nicht zählen - egal wie
klein das Intervall auch ist. Es sei denn es besteht aus einer oder keiner Zahl.

Die tägliche
Regenmenge in
München
Eine Funktion f, aus der man Wahrscheinlichkeiten durch Integration erhält
bezeichnet man als Wahrscheinlichkeitsdichte.

Definition
Eine integrierbare Funktion f heißt Wahrscheinlichkeitsdichte (Dichtefunktion)
über einem Intervall I,
Die Funktion F mit
z.B. I = [a; b] oder I = (a; b), wenn gilt:
F(x) = P(X ≤ x) =
x
(1) f(x) ≥ 0 für alle x aus I, ‫׬‬−∞ f(t)dt
b +∞
(2) ‫׬‬a f(x)dx = 1 (falls I = IR:‫׬‬−∞ f(x)dx = 1). heißt Verteilungsfunktion
der Zufallsgröße X.

Bemerkung: Ist eine Dichtefunktion konstant, so nennt man die zugehörige


Zufallsgröße gleichverteilt.
Eine Zufallsgröße X, die Werte aus dem Intervall I annimmt, heißt stetig verteilt
mit der Wahrscheinlichkeitsdichte f, wenn für alle r1 , r2 aus I gilt
r2
P(r1 ≤ X ≤ r2 ) = ‫׬‬r f(x)dx.
1

Anmerkungen:
✓ Durch (1) ist gewährleistet, dass die Wahrscheinlichkeiten von Teilintervallen
nicht negativ sind.
✓ Die Wahrscheinlichkeit des gesamten Intervalls beträgt 1 = 100%.
✓ Man nennt f auch Dichtefunktion.
✓ Die Funktionswerte f(x) sind keine Wahrscheinlichkeiten. Denn die
Wahrscheinlichkeit, dass die Zufallsgröße X genau den Wert k annimmt,
k
berechnet sich durch P(X = k) = ‫׬‬k f(x)dx = 0, d.h. die
Einzelwahrscheinlichkeiten sind exakt null.
Erwartungswert und Standardabweichung einer stetigen Zufallsgröße X:
In Anlehnung an die Definition des Erwartungswerts im diskreten Fall
n

μ = E(X) = ෍ xi ⋅ P X = xi
i=1
legt man den Erwartungswert von X im stetigen Fall fest durch:

b
μ = E(X) = ‫׬‬a x ⋅ f(x) dx.

Entsprechend gilt für die Standardabweichung von X:


b 2
σ= ‫׬‬a x−μ ⋅ f(x) dx.
Nun versuchen wir Beispiele für stetige Zufallsgrößen zu finden. Beachte:
Für die Dichtefunktion müssen die Eigenschaften (s.o.) gelten. Die Funktionswerte
𝐟(𝐱) sind keine
Wahrscheinlichkeiten

Beispiel 1: Gleichverteilung

Die Zufallsgröße X beschreibt eine


Zufallszahl X im Intervall I =
[0; 1].
Die Wahrscheinlichkeitsdichte ist
durch f mit
f(x) = 1 für 0 ≤ x ≤ 1 gegeben.
Für die Wahrscheinlichkeit des
Teilintervalls [0,2; 0,6] gilt dann:

P 0,2 ≤ X ≤ 0,6

0,6
= න 1dx = 0,6 − 0,2 = 0,4
0,2
Darstellung der kumulierten
Wahrscheinlichkeitsverteilung:
z
P(X ≤ z) = න f(x)dx
0

Beispiel:
0,1 1
1 2 1
0,1 න x ⋅ 1dx = 𝑥 = 0,5
P(X ≤ 0,1) = න 1 dx = 𝑥 0 = 0,1 0 2 0
0

Kenngrößen:
1 1 2
μ = E(X) = ‫׬‬0 x ⋅ 1dx = 0,5; σ= ‫׬‬0 x − 0,5 ⋅ 1 dx ≈ 0,289
f(x)
Beispiel 2: Summe zweier Zufallszahlen
Die Zufallsgröße X gibt die Summe aus zwei Zufallszahlen zwischen 0
und 1 an, d.h. 𝑥 ∈ [0; 2].
Die Zufallsgröße X beschreibt die Summe zweier Zufallszahlen x1; x2
jeweils aus [0; 1]. Zunächst überlegen wir uns, wie die
Dichtefunktion aussehen muss. Dazu müssen wir wissen, welche
Zahlenbereiche wahrscheinlicher sind als andere. Die Zahl x = 0
erhalten wir nur durch die Kombination x1 = x2 = 0. Ähnlich ist es bei
x = 2. Für alle anderen Zahlen gibt es aber unendlich viele
Variationen. Ob aber manche Zahlenbereiche (z. B. 0,95 ≤ X ≤ 1,05)
wahrscheinlicher sind als andere vergleichbare Zahlenbereiche,
müssen wir uns überlegen. Hierfür betrachten wir die Diagramme
rechts. Oben sind die Möglichkeiten für X = 0,3; X = 1 und X = 1;7
dargestellt. Die Wahrscheinlichkeit ist jeweils jedoch Null, so dass
wir Zahlenbereiche betrachten müssen. Diese sind unten dargestellt.
Hier entsprechen die Wahrscheinlichkeiten den Flächen, da das
Quadrat die Fläche 1 bzw. 100% hat.
Man erkennt, dass die Wahrscheinlichkeiten zunächst linear
wachsen, dann wieder linear fallen - in Bezug auf „gleich breite“
Zahlenbereiche.
Aus der Abbildung rechts ergibt sich für die
Wahrscheinlichkeitsdichte f:
x ,0 ≤ x ≤ 1
f(x) = ቊ
2 − x ,1 < x ≤ 2

Begründung
Die Zufallsgröße X kann Werte zwischen 0 und 2 annehmen.
Dabei gilt f(0) = f(2) = 0.
Im Bereich von 0 bis 1 nimmt die Dichte f proportional zu, im
Bereich von 1 bis 2 entsprechend ab.
Somit ist f eine Dreiecksfunktion. Der Funktionswert f(1) = 1
2 1
ergibt sich aus der Bedingung ‫׬‬0 f(x)dx = ⋅ 2 ⋅ f(1) = 1.
2
1
ADreieck = ∙ 2 ∙ f 1
Für die Wahrscheinlichkeit des Teilintervalls [0,4; 1,3] gilt: 2
Gesamtwahrsch.: 1
1,3
1
P(0,4 ≤ X ≤ 1,3) = න f(x)dx = 0,675 1 = ∙ 2 ∙ f(1) ⟺ f(1) = 1
2
0,4
Darstellung der kumulierten Wahrscheinlichkeitsverteilung

0,5b2 ,0 ≤ b ≤ 1
P(0 ≤ X ≤ b) = ൝
−0,5(2 − b)2 + 1 ,1 < b ≤ 2

Kenngrößen:
2

μ = E X = න x ∙ f(x)dx = 1
0
2
1
σ= න(x − 1)2 ∙ f x dx = ≈ 0,41
6
0

Produktintegration
Stetige Zufallsgrößen – Was bisher geschah…

Ein Würfel erzeugt eine Zufallszahl

▪ 𝑆 = 1,2,3,4,5,6
Anzahl der günstigen Ergebnisse
▪ Wahrscheinlichkeit nach Laplace: Anzahl aller Ergebnisse
1
▪ A: Es wird eine 6 gewürfelt → 𝑃(𝐴) = 6
3 1
▪ B: Es wird eine gerade Zahl gewürfelt → 𝑃 𝐴 = 6 = 2

Ein Zufallsgenerator erzeugt eine Zufallszahl zwischen 0 und 1

▪ 𝑆 = 0 ≤ 𝑥 ≤ 1 𝑥 ∈ ℝ}
▪ A: Es erscheint die Zahl 0,5287 → 𝑃(𝐴) =?
▪ B: Es erscheint eine Zahl zwischen 0,2 und 0,35 → 𝑃(𝐵) =?
Stetige Zufallsgrößen

Ein Zufallsgenerator erzeugt eine Zufallszahl zwischen 0 und 10

▪ 𝑆 = 0 ≤ 𝑥 ≤ 10 𝑥 ∈ ℝ}
▪ A: Es erscheint die Zahl 5,287 → 𝑃(𝐴) =?
▪ B: Es erscheint eine Zahl zwischen 1,4 und 3,6 → 𝑃(𝐵) =?
Damit die
Mathematische Formulierung: Gesamtwahrscheinlichkeit
0,1 für 0 ≤ x ≤ 10 1 wird.
Man betrachtet die Funktion f mit f x = ቐ
0 sonst

…und legt für die gesuchte Wahrscheinlichkeit fest:


3,6
3,6
P B = න 0,1 dx = 0,1x 1,4 = 0,36 − 0,14 = 0,22
1,4

…insbesondere gilt:
5,287 10

P A = න 0,1 dx = 0 und න 0,1 dx = 1


5,287 0
Stetige Zufallsgrößen

Zufallsvariablen, die in einem Intervall nur endlich viele Zahlen


annehmen, heißen diskret.
Lässt man aber für eine Zufallsvariable alle reellen Zahlen in einem
Intervall zu, so spricht man von stetigen Zufallsgrößen.

Sind bei einer Zufallsvariablen alle Zahlen gleich wahrscheinlich, so spricht


man von einer gleichverteilten Zufallsgröße.

Beispiele:
Meistens führen Messungen zu stetigen Zufallsgrößen, z.B. Körpergrößen (Mensch
oder Tier) , Gewicht einer Kirsche, Länge einer Schraube
Stetige Zufallsgrößen – noch ein Beispiel

▪ Wie lautet die passende Dichtefunktion?

▪ Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass man zwischen 5


und 10 Minuten auf einen Bus warten muss?

10
10
1 1 1 1 1
P 5 ≤ X ≤ 10 = න dx = x = − = = 25%
20 20 5 2 4 4
5
Stetige Zufallsgrößen – und noch ein Beispiel

a) Weise nach, dass es sich bei der Funktion f um eine Dichtefunktion handelt!
4 1 1 4
(1) f(x) ≥ 0 für alle x aus I, (2) ‫׬‬0 −8x + 0,5 dx = − 16 x 2 + 0,5x = −1 + 2 = 1
0

b) Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein zufällig entnommenes Bier eine
Temperatur zwischen 1°C und 2°C hat?
2
2
1 1 1 1 3 7 5
P 1 ≤ X ≤ 2 = න − x + 0,5 dx = − x 2 + 0,5x = − +1 − − + 0,5 = − = = 31,25%
8 16 1 4 16 4 16 16
1
Stetige Zufallsgrößen
Eine Zufallsgröße X ist stetig, wenn ihre Werte alle reellen Zahlen eines Intervalls I annehmen
können.
X ist stetig verteilt mit der Dichtefunktion f, wenn für a, b ∈ I mit 𝑎 ≤ b gilt:
𝑏

𝑃 𝑎 ≤ 𝑋 ≤ 𝑏 = න 𝑓 𝑥 𝑑𝑥.
𝑎
Als Wahrscheinlichkeitsdichte über einem Intervall I = [c; d] muss die Funktion f folgende
Eigenschaften erfüllen:

(1) f(x) ≥ 0 für alle x aus I,

d +∞
(2) ‫׬‬c f(x)dx = 1 (falls I = IR:‫׬‬−∞ f(x)dx = 1).
Für eine stetig verteilte Zufallsgröße X gilt für den Erwartungswert μ und die
Standardabweichung σ:
b b 2
μ = E(X) = ‫׬‬a x ⋅ f(x) dx. σ= ‫׬‬a x−μ ⋅ f(x) dx.
Es gibt einige spezielle stetige Verteilungen.

Wir in der Schule betrachten die


Normalverteilung
genauer, als Beispiel für eine stetige
Verteilung.
Stetige Zufallsgrößen – Beispiel im Buch und erste Übungen
Stetige Zufallsgrößen – Training
Stetige Zufallsgrößen – Training
Stetige Zufallsgrößen – Training
Stetige Zufallsgrößen – Training – Lösungen

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