Sie sind auf Seite 1von 5

J. Howard-Johnston, The last great war …, bespr. v. N.

Hächler 375

James Howard-Johnston, The last great war of antiquity. Oxford, Oxford Univer-
sity Press 2021. XXXII, 446 S. ISBN 978 – 0198830191, mit 9 Karten (s-w) und 32
Abbildungen (in Farbe).

In der aktuellen Forschung stößt die Geschichte des oströmisch-byzantinischen


Reiches in der 1. Hälfte des 7. Jh.s auf großes Interesse.¹¹ Mit der vorliegenden
englischen Publikation beteiligt sich auch James Howard-Johnston (H.-J.)
wirkmächtig an laufenden Diskussionen. Vor dem Hintergrund mehrjähriger Be-
schäftigung mit der Thematik wendet er sich den gewaltsamen Auseinanderset-
zungen zwischen Ostrom-Byzanz unter Herakleios (610 – 641) und dem Sasani-
denreich unter Chosrau II. (590 – 628) zu, die oft als „letzter Krieg der Antike“
gelten.¹² Die Einleitung (Introduction, 1– 7) achtet zunächst auf geographisch-
klimatische sowie strukturelle Bedingungen, welche das strategische Handeln der
beteiligten Akteure prägten.¹³ Als Quellen nutzt H.-J. literarische und dokumen-
tarische Zeugnisse. Hierbei nimmt er sowohl byzantinische als auch (punktuell)
persische Perspektiven auf das Geschehen ein. Ereigniszusammenhänge werden
in chronologischer Abfolge präsentiert, wobei der Verfasser zwischen konzisen
Darstellungen derselben und systematischen Betrachtungen zu ihren strukturel-
len Voraussetzungen abwechselt.

 Siehe dazu A. Sirotenko, Das Bild des Kaisers Herakleios in der byzantinischen Ge-
schichtsschreibung. Dissertation der LMU München ; Th. Raum, Szenen eines Überlebens-
kampfes. Akteure und Handlungsspielräume im Imperium Romanum  – . Roma Aeterna, .
Stuttgart ; N. Viermann, Herakleios, der schwitzende Kaiser. Die oströmische Monarchie in
der ausgehenden Spätantike. Millenium-Studien, . Berlin/Boston . Die Bedeutung der
spätrömisch-frühbyzantinischen Monarchie in der . Hälfte des . Jh.s auch während der Aus-
einandersetzungen mit den Sasaniden wurde zudem in der von B. Bleckmann, N.Viermann und J.
Wienand organisierten Tagung „Reading the Late Roman Monarchy“ vom .–. .  in
Heidelberg vertieft betrachtet.
 Erinnert sei an die in J. Howard-Johnston, East Rome, Sasanian Persia and the end of an-
tiquity. Historiographical and historical studies. Variorum Collected Studies Series. Abing-
ton / Burlington  versammelten Beiträge sowie an J. Howard-Johnston, Witness to a world
crisis. Historians and histories of the Middle East in the seventh century. Oxford . Hervor-
zuheben ist auch das Engagement des Autors zur Erschließung armenischer Geschichtsquellen,
was insbesondere in der zusammen mit R. W. Thomson und T. Greenwood erstellten und kom-
mentierten englischen Übersetzung des Bischof Sebeos zugeschrieben Geschichtswerks
(Պատմութիւն Սեբէոսի, Patmowt’iwn Sebeosi, basierend auf der kritischen Edition von G.
Abgaryan des Jahres ) resultierte (Translated Texts for Historians, . Liverpool ).
 Die genannten Aspekte sowie die zeitliche Fokussierung auf die Jahre  –  unterscheiden
die vorliegende Studie außerdem von der primär biographisch ausgerichteten Untersuchung von
W. Kaegi, Heraclius. Emperor of Byzantium. Oxford .

Open Access. © 2022 The Author(s), published by De Gruyter. This work is licensed under the
Creative Commons Attribution 4.0 International License.
376 Byzantinische Zeitschrift Bd. 115/1, 2022: II. Abteilung

Kap. 1 (Khusro’s war of revenge, 8 – 36) leuchtet die Vorgeschichte des Kriegs
zwischen Herakleios und Chosrau II. aus. Dabei fokussiert H.-J. zunächst auf die
brutale Machtergreifung des Phokas im Jahr 602. Dessen Usurpation und die damit
zusammenhängende Ermordung des rechtmäßigen Kaisers Maurikios nutzte
Chosrau II. als Grund, das oströmisch-byzantinische Reich anzugreifen. Detail-
reich zeichnet H.-J. die Feldzüge der Perser bis ins Jahr 607 nach (22– 36). Kap. 2
(The Heraclian revolution, 37– 71) behandelt dann zunächst Fragen zur Herkunft
der Familie des Herakleios, die vor dem Hintergrund der in diesem Fall dünnen
Quellenlage zu Recht sehr vorsichtig beantwortet wird. Ein nächster Schwerpunkt
der Darstellung liegt auf der Eroberung Ägyptens durch Herakleios’ Verbündeten
Niketas im Kampf gegen Phokas’ Feldherrn Bonosos. Schließlich wird Herakleios’
Reise nach Konstantinopel sowie die gewaltsame Beseitigung des als Tyrannen
verunglimpften Phokas thematisiert.
Wie Kap. 3 (Persian breakthrough, 72– 102) erläutert, drangen sasanidische
Streitkräfte aufgrund der inneren Schwäche von Byzanz um 610 bis nach Klein-
asien vor,wo sie heftig wüteten. Um die oft verzweifelt anmutende Situation vor Ort
zu illustrieren, greift H.-J. auf die nach dem Tod des Herakleios abgefasste ha-
giographische Lebensbeschreibung des Abtes Theodor von Sykeon zurück. Als
besonders verheerend wurde in dieser Phase der Auseinandersetzungen die 614
erfolgte Einnahme Jerusalems empfunden (87– 96). H.-J. stellt es so dar, dass die
byzantinische Zentrale unter Herakleios als Reaktion darauf gezielte Anstren-
gungen zur Verbreitung propagandistischer Nachrichten unternommen habe, um
einerseits von der katastrophalen Lage abzulenken, in der sich das Reich nach der
persischen Offensive befand, und andererseits den Kampfgeist aller Christen für
bevorstehende Auseinandersetzungen zu wecken. Dabei wurden die Taten der
Sasaniden bewusst vor dem Hintergrund religiös-endzeitlicher Befürchtungen
gedeutet. Für den weiteren Kriegsverlauf erwies sich Chosraus II. Weigerung als
entscheidend, auf ein Friedensgesuch des Senats von Konstantinopel einzugehen
(Kap. 4, Khusro’s fateful decision, 103 – 133). Siegessicher entschied sich der
Perserkönig dazu, den Krieg fortzusetzen, was zunächst in weiteren Erfolgen für
die persischen Streitkräfte resultierte. Von größter Bedeutung, was die Lebens-
mittelversorgung Konstantinopels im Besonderen als auch die ökonomisch-fis-
kalischen Ressourcen des gesamten Reiches im Allgemeinen betraf, erwies sich
die persische Okkupation Ägyptens, die 619 abgeschlossen war.
Kap. 5 (The Middle East in the 620s, 134– 190) betrachtet die Verhältnisse in
den für Byzanz verlorenen Provinzen Syrien, Palaestina und Ägypten unter sa-
sanidischer Oberherrschaft. H.-J. erkennt hier strukturelle Kontinuitäten. Offenbar
suchten die Perser die eroberten Regionen so rasch wie möglich in ihr eigenes
Herrschaftsgebiet einzugliedern, wobei bereits bestehende Herrschafts- und Ver-
waltungsstrukturen weitgehend unverändert übernommen wurden. Dies zeigt
J. Howard-Johnston, The last great war …, bespr. v. N. Hächler 377

sich beim Studium ägyptischer Papyri besonders deutlich. Darüber hinaus suchte
man ein gutes Verhältnis zu bereits etablierten Eliten vor Ort herzustellen. Dazu
passt es, dass aus archäologischer Perspektive in den okkupierten Provinzen kaum
Schäden an der städtischen Bausubstanz auszumachen sind. Von besonderem
Interesse ist an dieser Stelle das vergleichsweise selten durchgeführte Studium der
Situation des Sasanidenreichs (173 – 190). Es stellt sich heraus, dass sowohl das
Römische als auch das Persische Reich zahlreiche strukturelle Ähnlichkeiten
aufwiesen, sowohl mit Blick auf die Organisation von Infrastruktur als auch auf
die staatliche Verwaltung im Allgemeinen, was größtenteils dem jahrhunderte-
langen Austausch zwischen den beiden Herrschaftsräumen geschuldet war. H.-J.
berücksichtigt in diesem Zusammenhang außerdem das politische und ideolo-
gische Programm von Chosrau II., der sehr bewusst die frühere Größe des Per-
serreichs im Kampf gegen Ostrom-Byzanz wiederherzustellen trachtete und zu
diesem Zweck gezielt staatliche Ressourcen mobilisierte.
Kap. 6 (Opening of the battle for survival, 191– 213) achtet auf den ersten
Feldzug des Herakleios ab 622, bevor ihn militärische Krisen auf dem Balkan nach
Konstantinopel zurückzwangen. Hierbei identifiziert H.-J. Belagerungen von
Thessalonike, die in den Miracula S. Demetrii beschrieben werden, als eigentlichen
Auslöser für die Rückkehr des Kaisers, die er in zeitlicher Hinsicht entsprechend
im Jahr 622 verorten möchte.¹⁴ Im Anschluss fanden am 5. Juni 623 Friedensge-
spräche vor Konstantinopel statt, wobei der Kaiser beinahe durch den Awaren-
khagan gefangengenommen worden wäre. Nach einem mittels hoher Tributzah-
lungen und Geiselstellungen gesicherten Friedensschluss begab sich Herakleios
erneut in den Kampf gegen die Perser, wie Kap. 7 (Heraclius’ first counteroffensive,
214– 245) ausführt. An dieser Stelle bietet der Verfasser detaillierte Rekonstruk-
tionen der byzantinischen Kampagnen in Kleinasien und Armenien. Als Quellen
dienen ihm vornehmlich die Darstellungen des Theophanes, die wiederum we-
sentlich auf kaiserlichen Sendschreiben, die während der Feldzüge auf Geheiß des
Herrschers verfasst und in die Hauptstadt gesandt worden waren, sowie auf
teilweise verlorenen Inszenierungen des Panegyrikers Georg von Pisidien beru-
hen. Hinzu kommen Zeugnisse der armenischen Geschichtsschreibung. Die
Feldzüge des Kaisers werden im klaren Wissen um die geographischen Gege-
benheiten der umkämpften Gebiete nachvollzogen. Dadurch gelingt es H.-J., seiner
Leserschaft die strategischen Entscheidungen des Herrschers verständlich zu
machen.

 Vgl. dazu allerdings W. Pohl, The Avars. A steppe empire in central Europe,  – . Ithaca/
London ,  – , der die Belagerung in die Jahre / datiert.
378 Byzantinische Zeitschrift Bd. 115/1, 2022: II. Abteilung

Ähnlich geht er in Kap. 8 (Climax of the war, 246 – 292) vor, wobei der
Schwerpunkt auf Betrachtungen oströmisch-byzantinischer Defensivtaktiken
liegt, zumal sich Herakleios’ Streitkräfte zwischen 625 und 626 persischen Zu-
griffen wiederholt entziehen mussten. Das strategische Ziel der Sasaniden bestand
dabei darin, den Kaiser an einer Invasion des Perserreichs zu hindern. Durch eine
Reihe geschickter strategischer Entscheidungen, der Gewinnung von Informa-
tionen über ihre Gegner mittels Spionen und dem bewussten Einsatz von Des-
information vermochten sich die oströmisch-byzantinischen Feldheere allerdings
immer wieder vor ihren Verfolgern in Sicherheit zu bringen. Als bedeutendes
Ereignis während dieser Kriegsphase erwies sich die Belagerung Konstantinopels
626 durch ein persisch-awarisches Bündnis. Deren Scheitern festigte das Be-
wusstsein der Bewohner des byzantinischen Reiches, selbst unter göttlichem
Schutz zu stehen, destabilisierte die Awarenherrschaft im Westen und markierte
das Ende der persischen Bemühungen, Herakleios von einem Einfall in ihr Reich
abzubringen.¹⁵
Kap. 9 (Heraclius’ second counteroffensive, 293 – 320) beleuchtet Herakleios’
erfolgreiche Vorstöße ins Perserreich. Als wichtige Voraussetzung für diese An-
griffe identifiziert H.-J. die Allianzen mit dem Persergeneral Sharbarāz und mit den
Gök-Türken, deren sozio-politische Situation ausführlich thematisiert wird. Mit
deren Unterstützung siegte der Kaiser bei Niniveh und nahm Seleukeia-Ktesiphon
628 ein. Chosrau II. versuchte sich durch Flucht in Sicherheit zu bringen, wurde
durch eine Koalition persischer Adliger allerdings gefangengenommen und
schließlich getötet. Sein Sohn Kavadh II. Siroe gelangte nach ihm auf den Per-
serthron. Mit diesem schloss Herakleios Frieden, wie Kap. 10 (The difficult road to
peace, 321– 359) zu entnehmen ist. Bei seiner Rückkehr nach Konstantinopel
wurde der Kaiser von der Bevölkerung frenetisch gefeiert. Die Rückführung der
Kreuzesreliquie nach Jerusalem, die gemäß aktueller communis opinio, der sich
auch der Verfasser anschließt, am 21. März 630 geschah, markiert den Zenit des
kaiserlichen Triumphs über seine Gegner.¹⁶ In der mittelalterlichen Kunst West-
europas wurde er insbesondere für diese Tat auch im Kontext der Kreuzzüge
wiederholt erinnert, wie H.-J. aufzeigt. Obschon Herakleios’ Triumphe bei vielen
die Hoffnung auf eine langfristige Friedensphase geweckt haben dürften, machten
die überraschenden Angriffe der Muslime nach 630 derartige Erwartungen rasch

 Zur Belagerung von Konstantinopel im Jahr  siehe ausführlich M. Hurbanič, The Avar
siege of Constantinople in . History and legend. New approaches to Byzantine history and
culture. Cham .
 Vgl. dazu exemplarisch C. Zuckerman, Heraclius and the return of the Holy Cross, in C.
Zuckerman (ed.), Constructing the seventh century. Travaux et Mémoires du Centre du recherche
d’histoire et civilization de Byzance, Collège de France. Monographies, . Paris ,  – .
A. Metcalfe et al., Medieval Sardinia, bespr. v. S. Cosentino 379

zunichte. Der letzte Krieg der Antike scheint damit fast nahtlos in den ersten Krieg
des (frühen) Mittelalters im östlichen Mittelmeerraum überzugehen.
Die wichtigsten Ergebnisse der Studie werden in Kap. 11 (Conclusion, 360 –
387) griffig zusammengefasst. Das Buch wird durch ein Nachwort (389 – 393), drei
knapp gehaltene Appendices (1. Dramatis personae, 395 – 397, 2. Scene, 399 – 401,
3. Sources, 403 – 412), eine Bibliographie (413 – 434) sowie einen Index (435 – 446)
abgeschlossen. Neun Kartenabbildungen zu Beginn des Werks helfen, sich im
vorgestellten Raum zurecht zu finden. 32 farbige Fotografien vermitteln zudem
einen klaren Eindruck von den im Text beschrieben Schauplätzen, Ereignissen
und Objekten.
Abschließend ist zu konstatieren, dass H.-J.s Buch einen detaillierten und
zugleich sehr gut lesbaren Überblick über den sogenannten letzten Krieg der
Antike bietet, der die militärisch bedeutsamen Ereigniszusammenhänge unter
Berücksichtigung relevanter Quellenzeugnisse sowie vor dem Hintergrund aus-
gewählter aktueller Forschungsdiskussionen meisterhaft rekonstruiert. Allfällige
Überlieferungslücken werden durch nachvollziehbare Hypothesen überbrückt,
welche der künftigen Forschung sicherlich als Ausgangspunkt für fruchtbare
Studien dienen werden. Die vorliegende Veröffentlichung stellt damit eine
wichtige Publikation für all jene dar, die am Ende der Antike im östlichen Mit-
telmeerraum im Allgemeinen und an den letzten kriegerischen Auseinanderset-
zungen zwischen Ostrom-Byzanz und dem Perserreich unter Herakleios im Be-
sonderen interessiert sind.

Dr. Nikolas Hächler: ERC Project „The Just City“, Universität Zürich, Historisches Seminar,
Culmannstrasse 1 (CUB G01), 8006 Zürich, Schweiz; nikolas.haechler@hist.uzh.ch

Alex Metcalfe / Hervin Fernández-Acevez / Marco Muresu (eds.), The making of


medieval Sardinia. The Medieval Mediterranean. Peoples, Economies and Cul-
tures, 400 – 1500, 128. Leiden/Boston: Brill 2021.

Scholars of Mediterranean history in the early Middle Ages will be very interested
in this volume, several contributions of which originate in a round table held in
Cagliari in 2013 (see ‘Acknowledgements’). While the book deals specifically with
the history of Sardinia between the sixth and eleventh centuries – a subject not
much investigated in historiography – it offers numerous insights into the his-
tory of Byzantium, Islam, and the Western Mediterranean in the period in ques-
tion. In my review, I shall first sketch its inner structure and contents, and then

Das könnte Ihnen auch gefallen