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MEMO

Prof. Dr.-Ing. HOLGER WATTER


www.holgerwatter.wordpress.com

Wasserqualität zur Wasserstofferzeugung


Basiswissen zur qualitativen und quantitativen Aufbereitungstechnologie

1. Einführung/Zielstellung 2

2. Projektstatus 2

3. Eigenschaften von natürlichem Wasser 4


3.1 Gelöste Gase 4
Betriebliche Aspekte 5
3.2 Erdalkalien - Härtebildner 5
Betriebliche Aspekte 5
3.3 Leitfähigkeit 6
3.4 pH-Wert 6
Betriebliche Aspekte 7
3.5 Pufferkapazität 8
Betriebliche Aspekte 9
3.6 Besonderheiten von Seewasser 9
4. Wasseraufbereitung 10
4.1 Verdampferprinzip 10
Energiebilanz 11
4.2 Umkehrosmose 11
Osmose 11
Umkehrosmose (Reverse-Osmose) 12
Energiebilanz 13
4.3 Ionenaustauscher 14
5. Eigenschaften von technischem Wasser 15

6. Zusammenfassung/Bewertung 15

7. Verweise 16

1
1. Einführung/Zielstellung
Auf Basis der internationalen, nationalen und regionalen Entwicklungen von
Wasserstoffstrategien plant der Kreis Schleswig-Flensburg eine eigene regionale
Wasserstoffstrategie [1]. Durch die HOCHSCHULE FLENSBURG erfolgt die
wissenschaftliche Begleitung [2]. Auf Basis der bisherigen Arbeiten konnten bereits erste
Energie- und Massenstromabschätzungen vorgelegt werden [3,4,5,6]. Nachfolgend wird
1. ein erstes Zwischenfazit vorgelegt sowie
2. das Grundlagenwissen zu den Eigenschaften von natürlichem und technischem
Wasser bereitgestellt,
3. die wesentlichen Funktionsmechanismen zur Wasseraufbereitung dargestellt sowie
4. Handlungsempfehlungen abgeleitet.

2. Projektstatus
1. Der Kreistag des Kreises SL-FL hat am 30. Sept. 2020 beschlossen, auf Grundlage der
Bundes- und Landesstrategie als drittgrößter Windstromproduzent in Schleswig-Holstein
mit 1 GW Nennleistung eine eigene Strategie zu entwickeln.
2. Die Abteilung „Regionalentwicklung“ der Kreisverwaltung ist – zusammen mit der Regional-
und Entwicklungsgesellschaft des Kreises – mit der Planung und Umsetzung beauftragt.
3. Die HOCHSCHULE FLENSBURG begleitet mit studentischen Projekt- und
Abschlussarbeiten diesen Prozess. Dazu wurde auf Grundlage
● der bisherigen Erfahrungen an der HOCHSCHULE FLENSBURG und
● den formalen Randbedingungen der Bundes- und Landesstrategie
● eine Methoden- und Vorgehensplanung vorgelegt sowie
● eine regionale Bestandsaufnahme durchgeführt.
4. Anhand bestehender Windparks, die teilweise in nächster Zeit die Förderung aus dem
Erneuerbaren-Energie-Gesetz (EEG) verlassen, wurde eine Potenzialabschätzung
durchgeführt. Dabei ist festzustellen, dass – wegen der Windverteilung – im Jahresmittel
ca. 25% der Nennleistung für eine Wasserstofferzeugung zur Verfügung stehen kann. Im
Winter mehr, im Sommer etwas weniger. Die Windverteilung ist hier „die größte Störgröße“,
die durch technische Maßnahmen nicht verändert werden kann.
5. Verbindet man diese Aussage mit den Leistungsmerkmalen der Elektrolyse muss
festgestellt werden,
● pro Kilogramm Wasserstoff werden ca. 55 kWh Energie und mind. 9 Kilogramm
aufbereitetes Wasser benötigt.
● Es sind also erhebliche Energie- und Wassermengen bereitzustellen.
● Der Elektrolyseur wird dabei sehr ungünstigen, starken Schwankungen ausgesetzt
– mal unterfordert – mal überfordert.
6. Das bedeutet am Beispiel einer Windkraftanlage mit 1-MW-Nennleistung:
● Die durchschnittliche Leistung beträgt im Jahresmittel 250 Kilowatt,
● mit 55 kWh/kg Wasserstoff wären also ca. 4 bis 5 kg Wasserstoff pro Stunde oder
● 110 kg Wasserstoff pro Tag im Jahresmittel produzierbar,
● dazu sind 40 kg/h oder fast eine Tonne aufbereitetes (!) Wasser pro Tag
bereitzustellen UND
● die Investitions-, Betriebs- und Logistikkosten zu betrachten.
7. Im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung sind verschiedene Produktions- und
Anwendungsfelder zu untersuchen. Die Bearbeitung erfolgt projektbegleitend durch
studentische Projekt- und Abschlussarbeiten. Die weiteren geplanten Schritte orientieren

2
sich an der empfohlenen Vorgehensweise zum Innovationsmanagement. Zu
berücksichtigen sind dabei die wichtige „Treiber“ für technologische Entwicklungen.
8. Nachfolgend werden die technischen Anforderungen an die Wasserqualität beschrieben
und für die Wasserstofferzeugung aus Windkraft aufbereitet.

Abb. 1:​ Gemittelte Ertragsprognose einer Onshore-Windkraftanlagen [4].

Abb. 2:​ Energie- und Massenbilanz der Elektrolyse [4].

3
3. Eigenschaften von natürlichem Wasser
Durch den natürlichen Wasserkreislauf nimmt das Wasser gelöste Stoffe und gelöste Gase auf, die
die Wassereigenschaften bestimmen [7,8,9,10]. Nachfolgend werden die wesentlichen Parameter
für die Nutzung von technischem Wasser beschrieben.

Abb. 3:​ Natürlicher Wasserkreislauf [7].

3.1 Gelöste Gase


Diese Gase haben das Bestreben, sich in Flüssigkeiten zu lösen. Bereits bei Luftdruck (1000 hPa)
gehen die Luftgase in Lösung. Es ist zwischen ungelöster Luft (Luftblasen) und gelöster Luft (nicht
sichbar, da in Lösung) zu unterscheiden. Praktische Beispiele sind das Kohlendioxid CO​2 in der
Selterflasche oder beim Wasserkochen: Bereits bei ca. 50...60°C entstehen am Boden die ersten
Bläschen - dies kann kein Wasserdampf sein, weil Wasser bei ca. 100°C verdampft. Mit
zunehmender Temperatur fällt die gelöste Luft als ungelöste Luft (Bläschen) aus. Luft besteht im
wesentlichen aus
● Sauerstoff O​2 21,0 Vol.-%,
● Stickstoff N​2 78,1 Vol.-% und
● Kohlendioxid CO​2 0,03 Vol. %..

Die Löslichkeit der verschiedenen Gase in Wasser ist unterschiedlich​1​. Den höchsten
Lösungskoeffizient hat Stickstoff, gefolgt von Sauerstoff und Kohlendioxid. Bei 15°C sind es ca.
2500 mg CO​2​, 11 mg O​2 und 18 mg N​2 pro Ltr. Wasser. Mit zunehmender Temperatur nimmt das
Lösungsvermögen ab und ist im Siedezustand des Wassers null (“voll entgastet Wasser”,
“thermische Entgasung”).
Mit zunehmendem Druck steigt das Lösungsvermögen der Gase (z.B. beim Pumpen). Bei
Verdoppelung des Druckes nimmt das Lösungsvermögen linear zu. D.h. es können doppelt soviel
Gase gelöst werden, wie beim Ausgangsdruck. Bei Druckentlastung tritt das gelöste Gas als
ungelöste Blasen aus (​“Scheinkavitation”)​ .

1
BUNSEN-Koeffizient, vgl. ​https://de.wikipedia.org/wiki/Bunsenscher_Absorptionskoeffizient
​ ttps://de.wikipedia.org/wiki/Ostwald-Koeffizient​;
OSTWALD-Koeffizient, vgl. h
HENRY-Gesetz, vgl. h​ ttps://de.wikipedia.org/wiki/Henry-Gesetz
4
Betriebliche Aspekte
● Gelöste und ungelöste Gase führen zu Kavitations- und Erosionsschäden,
● Sauerstoff auch zu Korrosionsschäden,
● Kohlendioxid stört das “Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht” und verändert den pH-Wert: Mit
zunehmendem CO​2 sinkt der pH-Wert wegen der entstehenden Kohlensäure H​2​CO​3 in der
dissoziierten wässrigen Lösung - das Wasser wird ​“sauer”​. Dies führt zu
(Kohlen-)Säureangriff.

3.2 Erdalkalien - Härtebildner


Aus dem Erdreich werden die sogenannten Erdalkalien aufgenommen (Ca, Mg, … aus der zweiten
Gruppe im Periodensystem der Elemente). Die ​Carbonathärte bezeichnet den Anteil der Calcium-
und Magnesium-Ionen, für den eine gleich große Stoffmengenkonzentration an Hydrogencarbonat
vorliegt. Sie wird auch als temporäre Härte bezeichnet. Hydrogencarbonate (HCO​3​-​) sind Salze der
Kohlensäure. In natürlichen Wassers liegt in der Regel ein Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht vor.

Betriebliche Aspekte
Wird dieses Gleichgewicht gestört kann es zu “Kalkablagerungen” kommen (wie bei der
Kaffeemaschine oder der Waschmaschine) oder zu “aggresivem, saurem Wasser” kommen
(Kohelnsäureüberschuss). Beispielsweise führt eine Temperaturerhöhung dazu, dass das gelöste
Kohlendioxid CO​2 zunehmend ausgetrieben wird bzw. entgast. Das lösliche
Kalziumhydrogencarbonat Ca(HCO​3​)​2 wandelt sich in das unlösliche Kalziumcarbonat CaCO​3
(„Kesselstein“) umgewandelt:

Ist das Wasser nicht im Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht und unterschreitet das


Löslichkeitsprodukt, wird Kalziumcarbonat aus kalkhaltigen Stoffen gelöst. Das Wasser wirkt
kalkaggressiv. Bei der Überschreitung des Löslichkeitsprodukts scheidet das Wasser
Kalziumcarbonat zum Beispiel auf Rohrwänden ab, was zu Querschnittsverengungen führen kann.

Die ​Wasserhärte dient als Bezeichnung für den Gehalt an Erdalkalimetallen im Wasser. Man
unterscheidet je nach Härtegrad zwischen weichem Wasser (Härte bis 1,5 mmol/Ltr) und hartem
Wasser (bis 5,3 mmol/Ltr). Als Härtesalze werden die in Wasser gelösten Kalzium- und
Magnesiumsalze bezeichnet. Dabei werden unterschieden zwischen Karbonathärte (KH, auch
temporäre Härte) und Nichtkarbonathärte (NKH, auch permanente Härte):
Die in Wasser gelösten Stoffe der ​Karbonathärte zerfallen bei der Erwärmung und bilden in
Wasser unlösliche Stoffe:

Ca(HCO3​ )​ 2​ ⇒ CaCO3​ + H​2​O + CO2​


Karbonathärte ⇒ Temperatur “Wasserstein” Wasser Gas

Aus Kohlendioxid und Wasser kann sich Kohlensäure bilden. Diese wirkt in Anwesenheit von
Sauerstoff korrosiv auf metallische Werkstoffe.

5
Bei der Verdampfung von Wasser steigt die Konzentration der Salze der ​Nichtkarbonathärte​.
Wird die Löslichkeit erreicht, dann kommt es zur Ausfällung der Salze der Nichtkarbonathärte. Es
entsteht u.a. ​Gipskesselstein​:

CaSO4​ ​ gelöst ⇒ Verdampfung/Aufkonzentration ⇒ CaSO4​ ​ unlöslich


Gipskesselstein

Abb. 4:​ Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht [7].

3.3 Leitfähigkeit
Die ​elektrische Leitfähigkeit (Konduktivität) κ (µS/cm) eines Wassers gibt Auskunft über
gelöste Ionenverbindungen wie Salze von Natrium, Kalium, Schwermetallen, Härtesalze und
gelöste Säuren oder Basen. Reines, destilliertes Wasser hat die Leitfähigkeit null! Er ist damit ein
Parameter für die Wassergüte! 1µS/cm entspricht ungefähr 0,5 mg Salze/l.

3.4 pH-Wert
Wasser liegt i.a. in dissozierter Form vor, das heißt es zerfällt teilweise in H​+​-Ionen und OH​-​-Ionen:

2 H 2 O ⇔ H 3 O− + OH −

Mit zunehmender Temperatur nimmt dieser Zerfall zu. Der ​pH-Wert definiert als ​negativer
dekadischer Logarithmus die Wasserstoffaktivität,​ also die H​+​-Ionen-Aktivität [H + ] :

pH =− log 10 [H + ] =− lg[H + ]

und die ​Hydroxid-Ionenaktivität [OH − ]

pOH =− log 10 [OH − ] =− lg[OH − ]

6
Mit der Gleichgewichtskonstante der Dissoziationsgleichung wird

[H + ]·[OH − ]
KW = [H 2 O]2
≈ 1, 008 · 10−14 mol/l
Für
KW < 1 Die Gleichgewichtskonstante ist sehr klein, wenn es praktisch vollständig auf der
Seite der Ausgangsstoffe liegt.
KW = 1 Das Gleichgewicht liegt je zur Hälfte auf der Seite der Ausgangs- und
Endprodukte,
KW > 1 Die Gleichgewichtskonstante ist sehr groß, wenn das Gleichgewicht praktisch auf
der Seite der Endprodukte liegt.

Das Gleichgewicht liegt hier also sehr deutlich auf der Seite des nicht-dissozierten Wassers im
Nenner. Nur ein kleiner Teil liegt in dissozierter Form vor. In logarithmierter Form bedeutet dies mit
dem negativen dekadischen Logarithmus

− log 10 K W =− lg K W =− lg[H + ] − lg[OH − ] + lg[H 2 O]

pK W = pH + pOH ≈ 14

Abb. 5:​ Gleichgewichtskonstante für Hin- und Rückreaktionen [7].

Betriebliche Aspekte
Der ​pH-Wert ​gibt nur die Konzentration und Aktivität freier Wasserstoffionen in einer wässrigen
Lösung an. Steigt die Temperatur, so steigt der Zerfall bzw. die Dissoziation - der negative
Exponent wird kleiner, somit sinkt der pH-Wert.

Der pH-Wert ist auf 25°C bezogen und wird bei pH-Werten von 0 bis 7 abnehmend sauer im
Bereich 7 bis 14 zunehmend alkalisch bzw. basisch. Der pH-Wert ist also auf die
“Betriebstemperatur des Prozesses” abzustimmen.

7
Abb. 6:​ pH-Wert-Änderung von Wasser in Abhängigkeit von der Temperatur [7].

3.5 Pufferkapazität
Säurekapazität ​(acid capacity): Der Messwert der Säurekapazität ist ein Maß für Pufferkapazität
des Wassers gegenüber Säuren und damit verantwortlich für die pH-Wert-Stabilität. Die
Säurekapazität des Wassers gibt an, wie viel Säure - in der Praxis 0,1 mol/l Salzsäure - durch eine
definierte Wassermenge bis zum Einstellen von pH-Wert 4,3 verbraucht wird. Maßgeblich wird die
Säurekapazität durch die im Wasser gelösten Hydrogenkarbonate von Calcium, Magnesium und
Natrium bestimmt. Die Bestimmung der Säurekapazität nach DIN 38409-7 erfolgt durch Zugabe
von Salzsäure, bis der pH-Wert der Wasserprobe auf 4,3 (K​S​ 4,3) eingestellt wird.

Abb. 7:​ Pufferkapazität [7].

8
Betriebliche Aspekte
Der ​K​S​8,2-Wert (alte Benennung: p-Wert (Phenolphthalein-Wert) erfasst alle alkalisch
reagierenden Bestandteile des Wassers (Hydroxide z.B. NaOH).

Der ​K​S​4,3-Wert (alte Benennung : m-Wert) erfasst neben allen alkalische reagierenden
Bestandteilen zusätzlich Hydrogencarbonate (z.B. NaHCO​3​) und Hydrogenphosphate.

Eine Probe von 50 ml Wasser wird in einem geeigneten Becherglas mit einigen Tropfen
Indikatorlösung Phenolphthalein versetzt. Eine Rotfärbung zeigt die Anwesenheit von alkalischen
Stoffen an. Unter Umrühren wird bis zum Farbumschlag von rot nach farblos Salzsäure mit einer
Konzentration von 0,05 mol/L zugetropft. Die Anzahl ml Säure bis zum Farbumschlag ist der
K​S​8,2-Wert. Dieser Vorgang wird auch Titration genannt.
Danach werden in die gleiche Probe einige Tropfen Total-Indikatorlösung zugegeben. Unter
Umrühren wird soviel Salzsäure zugetropft bis ein Farbumschlag von blaugrün nach rot erfolgt. Der
gesamte Verbrauch an Salzsäure in ml ist der K​S​4,3-Wert.

Sind im Wasser Hydroxide, Carbonate und Hydrogencarbonate enthalten, lassen sich die
einzelnen Anteile aus diesen Parametern berechnen:

1 mol/m³ = 1 mmol/ltr = 1 mval/ltr = 2,8 °dH Carbonathärte

3.6 Besonderheiten von Seewasser


Die Elektrolyse von Meerwasser könnte Wasserstoff als Energieträger der Zukunft hilfreich sein,
denn Trinkwasser ist weltweit ein kostbares Gut. Soll z.B. die Wasserstofferzeugung wegen der
größeren Sonneneinstrahlung in Äquatornähe (z.B. Wüstengebiete) solar erfolgen, sei auf den
Wasserbedarf in Abb. 2 verwiesen [4]. Hier könnte Seewasser im Küstenbereich eine Option
darstellen.
Seewasser hat durchschnittlich einen Gesamtsalzgehalt von 3,5 %. Wird eine Tonne Seewasser
verdampft, so bleiben etwa 35 kg Gesamtsalze zurück. Die elektrische Leitfähigkeit beträgt etwa
50 mS/cm (50.000 µS/cm). Durchschnittliche chemische Zusammensetzung der Seewassersalze
liegt bei
● Natriumchlorid (NaCl 78 %),
● Kaliumchlorid (KCl 2 %),
● Magnesiumchlorid (MgCl​2​ 9 %),
● Magnesiumsulfat (MgSO​4​ 6,5 %) und
● Kalziumsulfat (CaSO​4​ 4 %).

Das ​Elektrolyseverfahren wird zur ​Ballastwasserbehandlung verwendet, weil dabei toxische


Reaktionsprodukte zur Desinfektion entstehen (Ozon, Chlor und Chlorderivate z.B. HCl)​2​. Die
elektrolytische Behandlung wird daher auch zur ​Trinkwasseraufbereitung und Desinfektion
verwendet.
Für die Aufbereitung von Seewasser zu Trink- oder Brauchwasser kann das Verdampferprinzip
oder die Umkehrosmose in Frage kommen. Teilweise wird mit beschichteten Elektroden
experimentiert.

2
​https://de.wikipedia.org/wiki/Ballastwasser
9
Trink- und Brauchwasser aus dem regionalen Wasserwerk: In natürlichen Wässern sind im
Vergleich zu Seewasser nur geringe Mengen Salze gelöst. Die Gesamtsalzgehalte können je nach
regionalem Einzugsgebiet bis zu 1500 ppm betragen, die elektrischen Leitfähigkeiten können bis
zu 2500 µS/cm sein. Für die Aufbereitung können Ionenaustauscher in Frage kommen.

Die Verfahren werden nachfolgend mit ihren Stärken und Schwächen vorgestellt.

4. Wasseraufbereitung
Aus dem Kraftwerks- und Schiffsbetrieb sind verschiedene Methoden zur verfahrenstechnischen
Aufbereitung von technischem Wasser bekannt. Die Erfahrungen aus diesem Bereich werden hier
kurz zusammengefasst:

4.1 Verdampferprinzip
Liegt Wärme in ausreichenden Mengen (z.B. durch Solarenergie-, Erd-
oder Abwärme) zur Verfügung, kann die Eigenschaft des Wassers bei
niedrigen Drücken auch bei niedrigeren Temperaturen zu verdampfen,
ausgenutzt werden. Abb. 8 und die nebenstehende Tabelle 1 zeigt die
Dampfdrucktabelle. Wasserverdampft auch bei 21°C und 25 mbar, wie man
z.B. morgens und abends an der Nebelbildung erkennen kann. 45°C und
0,1 bar (also 900 mbar Unterdruck) oder 60°C und 0,2 bar (also 800 mbar
Unterdruck) könnten sinnvolle Arbeitsbereiche sein. Der Arbeitsbereich wird
durch die verfügbare Wärme und die Seewassertemperatur bestimmt.

Abb. 8:​ Dampfdruckkurve [8, 11]. ​Tab. 1: ​Dampfdrucktabelle Wasser

Abb. 9:​ Verdampferprinzip [8,11].

10
Die ​Seewasserverdampfung ist einfach und effektiv, sofern Wärme zur Verfügung steht. Als
Rohwasser wird dem Verdampfer Seewasser zugeführt und bei einem absoluten Druck von etwa
0,05 bar (95 % Vakuum) verdampft (dazugehörige Siedetemperatur ca. 40 °C). Als technische
Varianten kommen
● Tauchrohrverdampfer,
● Sprühfilmverdampfer und
● Entspannungsverdampfer zur Anwendung.

Um eine Aufkonzentration und damit Salzablagerungen zu vermeiden, wird ein


Destillat-Seewasser-Verhältnis von 1:3 angestrebt. Der nachfolgenden Energiebilanz ist zu
entnehmen, dass ​pro Kilogramm Destillat ca. 0,8 … 1 kWh Wärmeenergie​ benötigt wird.

Das Destillat ist härtefrei und enthält im normalen Betrieb weniger als 10 ppm Gesamtsalze und ist
damit für den Kesselbetrieb und als technisches Wasser sehr gut geeignet. Leifähigkeit des
Seewassers ca. 50mS/cm, Leitfähigkeit des Destillats unter 10 µS/cm.

Energiebilanz

4.2 Umkehrosmose

Osmose
Die Osmose ist ein grundlegendes Prinzip in der Biologie für die Funktionsweise von
Zellmembranen. Sie ist die Diffusion von Molekülen einer Lösung niedriger Konzentration durch
eine semipermeable Membran (Diaphragma) in eine Lösung höherer Konzentration (allgemeine
Verdünnungsbestrebung der konzentrierten Lösung). Die Diffusion erfolgt freiwillig, ohne dass das
System äußeren Zwang ausgesetzt ist. Durch die Hineindiffundierung der Lösungsmoleküle baut
sich bei geschlossenem System in der konzentrierten Lösung ein hydrostatischer Druck
(osmotischer Druck) auf.

11
Abb. 10:​ Wirkprinzip der Osmose - Definition “osmotischer Druck” [8,11].

Umkehrosmose (Reverse-Osmose)
... ist zwangsweise Umkehr der Osmose (auch Reversosmose, Negativosmose, Hyperfiltration):
Trennverfahren aus der Verfahrenstechnik, bei dem durch Anlegen eines äußeren Druckes, der
größer als der osmotische Druck ist, z.B. Wasser aus der Flüssigkeit durch die Membran in
Richtung der nicht-konzentrierten Lösung gepresst wird (Betriebsdruck 10 bis 100 bar, begrenzt
durch die Belastbarkeit der Membran). Sie wird im industriellen Maßstab zur Reinigung z.B. von
Deponieabwassern genutzt. Die Umkehrosmose (Hyperfiltration) ermöglicht im Gegensatz zur
Ultrafiltration (mittels Membran mit sehr feinen Poren) die Abtrennung von niedermolekularen
Stoffen und anorganischen Salzen. Als Membranmaterial werden spezielle synthetisierte
Polymere eingesetzt (z.B. Polyamide, Polysulfane, Celluloseacetate), die i.a. zu Modulen
zusammengesetzt sind (Materialeigenschaften: kaum alternd, Einsatz im pH-Bereich 3...11).

Abb. 11:​ Wirkprinzip der Umkehrosmose [8,11].

Bei der technischen Ausführung wird über einen Vorfilter ( = Kieselfilter + Kerzenfilter) mittels einer
Hochdruckpumpe (= Kolbenhochdruckpume) bei etwas 40 ... 60 bar nur ein kleiner Teil des
Seewassers (ca. 20...30 %) durch die Membran gepresst. Das hindurchdiffuntierte Wasser wird
Permeat genannt. Dieses Wasser ist salzarm, extrem sauber und keimfrei, enthält aber auch die
für eine gute Trinkwasserqualität erforderlichen Restmineralien. Das sehr weiche Wasser enthält
weiterhin freies CO​2​, das im Entsäuerungsfilter durch Kalk gebunden werden kann. Problematisch
ist die Korrosion in Leitungen (Kunststoffrohre sind hier von Vorteil).

12
Abb. 12:​ Funktionsaufbau der Umkehrosmose [8,11].

Bei der ​Umkehrosmoseanlagen (RO = Reverse-Osmose–Anlage) werden gelöste Stoffe (auch


alle Ionenverbindungen) wie in einem Filter bis zu 99 % zurückgehalten. Wird Seewasser als
Rohwasser eingesetzt (Salzgehalt etwa 35 000 ppm) so entsteht hinter der Osmoseanlage ein
Permeat mit einem Salzgehalt von < 1.000 ppm NaCl und einer el. Leitfähigkeit von < 1.000
µS/cm. Die nachfolgende Energiebilanz zeigt, dass die Umkehrosmose deutlich energieeffizienter
ist. Es muss aber technische Arbeit statt “nur” (Ab-)Wärme bereitgestellt werden.

Energiebilanz

13
4.3 Ionenaustauscher
Im Kraftwerksbereich wird der Natrium-Ionenaustauscher zur Enthärtung von hartem Wasser
eingesetzt. Wie der Name andeutet, werden “die bösen härtebildenden Ionen” durch
“unbedenkliche Ionen” ausgetauscht. Das Rohwasser enthält gelöste Salze einschließlich
Härtesalze. Die el. Leitfähigkeit ändert sich somit nicht und bleibt z.B. bei 500 µS/cm:

Abb. 13:​ Wirkprinzip Ionenaustauscher [8,11].

Nach der Enthärtung ist das Wasser härtefrei, die elektrische Leitfähigkeit ist jedoch weiterhin
unverändert, da die Ionen nur ausgetauscht wurden. Die Abbildung zeigt eine Enthärtung über
einen sauren Ionenaustauscher in der Natrium-Form. Solche Reaktionen werden oft als
Natriumaustauscher, Basenaustauscher, Neutralaustauscher oder Enthärtungsfilter bezeichnet.

Abb. 14:​ Beispiel Natrium-Ionenaustauscher [8,11].

14
5. Eigenschaften von technischem Wasser
Die nachfolgende Tabelle zeigt Erfahrungswerte aus dem technischen Schiffsbetrieb nach KEHM
[8], bei dem aus Seewasser Trink- und Brauchwasser für den Betrieb erzeugt werden.

Tab. 1:​ Wasserqualität Destillat, Permeat, Ionenaustauscher nach KEHM [8]:

Enthärtungseinrichtungen sind unerlässlich. Bei der Erzeugung von Trinkwasser über


Umkehrosmose (RO = Revers-Osmose) oder Verdampfer aus Seewasser entsteht ein ​schwach
saures, schlecht gepuffertes Wasser. ​Dieses Wasser befindet sich nicht im so genannten
Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht und wirkt korrosionsbegünstigend gegenüber den
Rohrleitungswerkstoffen.

6. Zusammenfassung/Bewertung
In den vorhergehenden Arbeiten wurde der Wasserbedarf für die Wasserstofferzeugung
mittels Elektrolyse aufbereitet und dargestellt [1 … 5]. Die Technologie stellt auch eine
wichtige Basis für synthetische Kraftstoffe dar [6]. Hier wurden die Anforderungen und
kennzeichnende Parameter zur Wasseraufbereitung sowie das notwendige Basiswissen für
weitere Arbeiten zur Entwicklung einer Wasserstoffstrategie für den Kreis SL-FL
aufgearbeitet, sodass Fragestellungen zur zentralen oder dezentralen
Wasserstofferzeugung fachgerecht bewertet und beurteilt werden können.

15
7. Verweise
1. Entwicklung einer Wasserstoffstrategie für den Kreis Schleswig-Flensburg, vgl.
https://holgerwatter.wordpress.com/2020/10/27/regionalentwicklung-gemeinsam-gestalten/
2. TAGESSPIEGEL: Future Energies Science Match, 01.12.2020, vgl.
https://holgerwatter.wordpress.com/blog/
3. Watter, Holger: Regenerative Energiesysteme – Grundlagen, Systemtechnik und Analysen
ausgeführter Beispiele nachhaltiger Energiesysteme (5. Auflage), vgl.
https://holgerwatter.wordpress.com/2019/01/09/5-auflage-regenerative-energiesysteme/
4. Diskussionsbeitrag – Faktencheck „Wasserstoff aus Windkraft“, vgl.
https://holgerwatter.wordpress.com/2019/09/12/wasserstoff-aus-wind/
5. Faktencheck „Diskussionsqualität in der Energiewende“,
https://holgerwatter.wordpress.com/2019/10/15/diskussionsqualitaet-in-der-energiewende/
6. Basiswissen synthetische Kraftstoffe, vgl.
https://holgerwatter.wordpress.com/2020/03/04/basiswissen-synthetische-kraftstoffe/
7. virtueller Lernraum “Betriebsstoffe”, vgl.
https://holgerwatter.wordpress.com/2017/01/18/virtueller-lernraum-betriebsstoffe/
8. Handbuch Schiffsbetriebstechnik, vgl.
https://holgerwatter.wordpress.com/2017/10/02/handbuch-schiffsbetriebstechnik/
9. Hancke, Klaus: Wasseraufbereitung - Chemie und chemische Verfahrenstechnik (4.
Auflage), Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, 1998.
10. UNITOR: Water Treatment Handbook - A Practical Application Manual, 1st Edition,
UNITOR, Oslo (Norway), 09/1997, vgl. auch
https://vdocuments.mx/58044373-water-treatment-handbook-unitor.html
11. virtueller Lernraum “Anlagentechnik”, vgl.
https://holgerwatter.wordpress.com/2017/01/17/virtueller-lernraum-arbeitsmaschinen-anlag
entechnik-fuer-schiffstechnik/

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