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Einführung in theoretische Ansätze zur

familienbezogenen Pflege
Einführung in theoretische Ansätze zur
familienbezogenen Pflege
Professionelle Pflege benötigt theoretische Grundlagen, welche die Basis für
die Umsetzung in die Pflegepraxis bilden. Man unterscheidet je nach
Praxisnähe und Reichweite die Begriffe Theorie, Modell und Konzept.

Pflegetheorien
Pflegetheorien dienen als theoretische Grundlage und bestehen aus
definierten und miteinander logisch verknüpften Aussagen aus dem Bereich
der Pflege (z.B. Selbstpflege-Defizit-Theorie nach Orem). Sie schaffen ein
gemeinsames Grundverständnis der Eigenschaften und Aufgaben von
professioneller Pflege. Da Pflegetheorien relativ abstrakt sind, werden auch
sie auch als Grand Theories oder konzeptuelle Modelle bezeichnet
Einführung in theoretische Ansätze zur
familienbezogenen Pflege

Pflegemodelle
Modelle werden aus Pflegetheorien abgeleitet und tragen zum
besseren Verständnis der Wirklichkeit bei. Sie werden daher auch als
Theorien mittlerer Reichweite bezeichnet. Ein Beispiel ist das
Pflegemodell nach Roper, Logan und Tierney (RLT-Modell).
Pflegemodelle machen Aussagen über den Menschen, seine Umwelt,
Gesundheit, Krankheit und Pflege. Sie beschreiben das jeweilige
Pflegeverständnis, definieren Aufgaben und Ziele der Pflege und
geben eine Struktur für die Pflegeplanung vor. Sie bilden die Basis für
einrichtungsspezifische Pflegekonzepte.
Einführung in theoretische Ansätze zur
familienbezogenen Pflege
Pflegekonzepte
Konzepte dagegen gelten als kleinste Bausteine einer Theorie oder eines
Modells. Sie beinhalten Handlungsempfehlungen oder -anleitungen, die sich
aus einer Pflegetheorie ableiten lassen und dienen durch die praktische
Anwendung der Überprüfung von Pflegetheorien. Man unterscheidet
• empirische Konzepte: beschreiben direkt beobachtbare und messbare
Phänomene
• abstrakte Konzepte: beschreiben Phänomene, die nicht direkt messbar
sind
In Pflegekonzepten werden u. a. Teilziele und Maßnahmen formuliert, mit
denen eine hohe Pflegequalität erreicht werden soll. Das Pflegekonzept ist
für die Mitarbeiter einer Einrichtung handlungsleitend und verbindlich.
Die Theorie des Selbstpflegedefizits von Dorothea
Orem
Dorothea Elizabeth Orem (* 15. Juli 1914, † 22. Juni 2007)
war eine US-amerikanische Krankenschwester
Pflegetheoretikerin und Unternehmerin
absolvierte 1930 ihr Examen an der Krankenpflegeschule
des Providence Hospital in Washington
anschließend berufsbegleitendes Studium der
Pflegepädagogik
1939 Bachelor of Science in Krankenpflege
1945 Master of Science of Education
1970 gründete sie eine Beratungsfirma zu Pflege und
https://www.pinterest.de/pin/164803667584498668
Ausbildung
1971 veröffentlichte Orem ihre Theorie der Selbstpflege
Theorie des Selbstpflegedefizits
Selbstpflegekompetenz
• Fähigkeit eines Menschen, seine Selbstpflegeerfordernisse zu erfüllen. Zur
Selbstpflegekompetenz gehören alle bewussten Handlungen der Selbstpflege sowie das
Wissen darüber, wie Selbstpflegeerfordernisse in einer konkreten Situation erfüllt
werden können.
Dependenzpflegekompetenz
• Komplexe, erworbene Fähigkeit von Menschen, Selbstpflegeerfordernisse von anderen
Menschen zu erkennen und zu erfüllen, z.B. bei Familienmitgliedern oder Freunden.
Selbstpflegeeinschränkungen
• Beschränktes Wissen, eingeschränkte Urteils- und Entscheidungsfähigkeit oder
Einschränkungen bei der Durchführung zielgerichteter Handlungsabläufe können die
Selbstpflegekompetenz begrenzen und zu einem Selbstpflegedefizit führen.
Selbstpflegedefizit
• Dieses liegt vor, wenn der situative Selbstpflegebedarf die Selbstpflegekompetenz
übersteigt, und Wissen und Fähigkeiten einer Person zur Deckung des situativen
Selbstpflegebedarfs teilweise (ein oder mehrere Aspekte der Selbstpflege sind betroffen)
oder vollständig (alle Aspekte der Selbstpflege sind betroffen) nicht ausreichen.
Pflegekompetenz nach Orem

• Die Fähigkeiten, die Menschen durch eine spezialisierte Aus- und


Weiterbildung entwickeln, um bewusst mit pflegebedürftigen
Menschen zu interagieren und gemeinsam mit ihnen die Pflege
durchzuführen, bezeichnet Orem als Pflegekompetenz. Die
Pflegekompetenz wird in 3 Varianten von Pflegesystemen umgesetzt.
Theorie der Selbstpflege
Grundlegende Bedingungsfaktoren
• Alter
• Geschlecht
• Entwicklungsstand
• Gesundheitszustand
• soziokulturelle Orientierung
• Faktoren des Gesundheitspflegesystems
• familiäre Systemfaktoren
• Lebensstrukturen und regelmäßige Aktivitäten
• Umweltfaktoren
• Verfügbarkeit und Angemessenheit von Ressourcen
Die Theorie des Selbstpflegedefizits von Dorothea Orem
Der pflegetheoretische Ansatz besteht aus 3 Teiltheorien:

1.Theorie der Selbstpflege


2.Theorie des Selbstpflegedefizits
3.Theorie des Pflegesystems

Alle 3 Theorien stehen miteinander in Verbindung und ermöglichen durch ihre


Komplexität eine umfassende und differenzierte Beschreibung pflegerischer Aufgaben
und Handlungsweisen.
Die Theorie des systemischen Gleichgewichts
Marie-Luise Friedemann

Die Theorie des systemischen Gleichgewichts wurde von der in Zürich


geborenen Pflegetheoretikerin Marie-Luise Friedemann entwickelt und 1996 in
deutscher Sprache veröffentlicht. Der Kern der Theorie beinhaltet eine "Familien-
und umweltbezogene Pflege".
Friedemann sieht die Familie als den Ursprung und Mittelpunkt unserer
Lebenserfahrungen, Lebensweise, kulturellen Erfahrungen und emotionalen
Begegnungen.
In dieser Theorie wird ein klienten-/patientenzentrierter Ansatz verfolgt, der sich
auf Stärken statt auf (Pflege-)Probleme konzentriert. Die Patienten (Familie)
bestimmen ihre eigenen Ziele und verwenden jene Strategien, die mit ihrem
Familiensystemprozess übereinstimmen.
Die Theorie des systemischen Gleichgewichts
Marie-Luise Friedemann
Die Pflege ist eine Dienstleistung auf allen Systemebenen (Individuum,
Interaktionssysteme, Familien, Organisationen, Gemeinden und
Bevölkerung). Die Pflege beim Individuum schließt die Familie und
vernetzten Systeme der Umwelt mit ein.
Zentrale Konzepte der Theorie
Umwelt, Mensch, Gesundheit, Pflege, Familie und Familiengesundheit
Damit wird ausgedrückt, dass sich die Strukturen und Prozesse der
Familie als übergeordnetes System wesentlich von denen des zu ihr
gehörenden einzelnen Menschen als Subsystem unterscheiden. Zudem
werden Gesundheit und Pflege sowohl aus der Perspektive des
Individuums als auch aus der Perspektive der Familie betrachtet.
Die Theorie des systemischen Gleichgewichts
Marie-Luise Friedemann

Diagramm des individuellen Systems und zugleich des Familiensystems nach der Theorie des systemischen Gleichgewichts.(Abb. nach:
Friedemann M.-L., Köhlen C. Familien- und umweltbezogene Pflege. 4. Aufl. Göttingen: Hogrefe; 2018)
Gesundheit

Gesundheit ist das Ergebnis der Kongruenz des menschlichen Systems


in Rhythmus und Muster sowohl nach innen (in Bezug auf die
Subsysteme) als auch außen (in Bezug auf die Umwelt). Gesundheit
erscheint als ein Gefühl von Wohlbefinden, wirkt als positive Kraft
Störungen des Systems entgegen und hat eine angstreduzierende
Funktion.
Systeminkongruenz kann Gesundheit beeinträchtigen; bei den
betroffenen Menschen ist das Symptom Angst beobachtbar. Störungen
im organischen System können eine körperliche Krankheit auslösen.
Familie
Unter Familie versteht Friedemann ein System mit Subsystemen, die
bestimmte Aufgaben lösen (z.B. Eltern die Kindererziehung) und innerhalb
des Systems definierte Rollen übernehmen.
Nicht immer gehören zu Familien ausschließlich miteinander verwandte
Personen; auch gute Freunde oder andere wichtige Bezugspersonen können
eine Familie bilden.
Die Ziel- und Prozessdimensionen des Familiensystems sind vergleichbar mit
denen des menschlichen Systems: Traditionen, Gewohnheiten und Werte
ermöglichen Stabilität und schützen das System vor der Angst, es könnte
zerfallen. Grundlegende Werte und Lebensauffassungen werden von den
Mitgliedern des Familiensystems anerkannt und an nachfolgende
Generationen weitergegeben, wodurch ein Gefühl der Zusammengehörigkeit
und Sicherheit entsteht.
Familien unterscheiden sich u.a. in Bezug auf die Gewichtung der
Prozessdimensionen. Kongruenz im Familiensystem verlangt eine
ausgewogene Gewichtung der Ziel- und Prozessdimensionen und lässt sich
am Wohlbefinden der einzelnen Familienmitglieder messen.
Familiengesundheit

Es gelten 3 Kriterien als Ausdruck von Familiengesundheit:

• wenn sie in allen 4 Prozessdimensionen handelt,


• wenn Kongruenz innerhalb der Familie und zwischen der Familie und
der Umwelt besteht und
• wenn die Familienmitglieder wenig Angst empfinden und mit der
Familie im Allgemeinen zufrieden sind.

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