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Schweiz – Eckdaten

Basisdaten
Fläche 41‘285 km2 (Rang 132)
Bevölkerung (2022) 8.82 Mio.
Bevölkerungsdichte 215 E/km2
(2022) (Mittelland ca. 470 E/km2 )
Bevölkerungswachstum ca. 1%
Städtische Bevölkerung ca. 85%
BIP p.K. (2022) 88‘600 CHF
Höchster Punkt 4636 m.ü.M. (Dufourspitze)
Tiefster Punkt 193 m.ü.M. (Lago Maggiore)
Grenzlänge 1881 km

26 Kantone
(inkl. ehem. Halbkantone)

Gewässer
Landessprachen und Konfessionen (2021)

Landessprachen (Hauptsprachen) Religionen


Deutsch 62,0% Katholiken 35,1%
Französisch 22,8% Protestanten 23,1%
Italienisch 7,9% Muslime 5,4%
Englisch 6% Orthodoxe 2,5%
Rätoromanisch 0,5% Rest 4,9%
(GR: 17%) Konfessionslos 27,8%
Rest 19%
(Summe >100% weil mehr als eine Hauptsprache möglich)

Sprechregionen der Schweiz

Verlauf des ‚Röschtigrabens“: Rätoromanische Täler im Kt. GR:

Italienischsprachige Gebiete:
Das Rätoromanisch lebt und feiert – aber schwindet NZZ, 16.8.2019
Die vierte Landessprache ist ihrem Ursprungskanton entwachsen
Die vierte Landessprache zeigt sich derzeit so Sorgen bereiten hingegen die wirtschaftlichen
lebendig wie kaum je zuvor. 19 Tage lang zele- Perspektiven der Bergtäler. Die Abwanderung
briert die Lia Rumantscha, die Dachorganisati- geht zulasten des Rätoromanischen. Rund 40
on der romanischen Sprach- und Kulturvereine, Prozent der Romanischsprechen-
ihr 100-jähriges Bestehen. Schauplatz ist das den leben bereits ausserhalb des Bündner
Dorfzentrum von Zuoz im Engadin. Aufgeführt Kerngebiets. Genaue Zahlen lassen sich heute
wird ein Festspiel, das wegen der grossen mangels Volkszählung nicht mehr eruieren,
Nachfrage Zusatzvorstellungen ansetzen muss- doch geht man davon aus, dass weiterhin etwa
te. Ergänzend gibt es eine bunte Palette gutbe- 35’000 Romanischsprechende in Graubünden
suchter Konzerte und Veranstaltungen zu Spra- und rund 25’000 in anderen Kantonen wohnen.
che, Kultur, Bildung, Literatur. Die Stimmung Die bis ins Jahr 2000 durchgeführte Volkszäh-
ist gelöst, die Lia Rumantscha macht keines- lung fragte jeweils nach Personen mit Haupt-
wegs den Eindruck einer kranken 100-Jährigen. sprache Rätoromanisch und dokumentierte lan-
Dennoch steht die Frage im Raum: Wie lange desweit einen markanten Rückgang: von
gibt es das Rätoromanische noch? 50’000 im Jahr 1970 auf 35’000 im Jahr 2000.

Ungeliebte Schriftsprache Grosse Exilgemeinde in Zürich


«Wir feiern, dass es überhaupt noch etwas zu Die grösste rätoromanische Exilgemeinde fin-
feiern gibt», sagt Johannes Flury, der die Lia det sich in Zürich. Die Stadt führt in ihrer Sta-
Rumantscha seit 2016 präsidiert. Vor 100 Jah- tistik für 2017 rund 1330 Rätoromanen auf.
ren sei das Romanische eine Sprachbewegung Hier unterhält die rätoromanische Diaspora
der Lehrer und Pfarrer gewesen, stark verankert einen eigenen Verein, einen gemischten Chor
im bäuerlichen Leben der Gebirgstäler. Seit und seit 2016 auch eine romanischsprachige
1938 ist es vierte Landessprache, seit 1995 un- Kinderkrippe.
terstützt der Bund Massnahmen zu seiner För- Mit Blick auf den hohen Anteil der Exil-
derung in Graubünden. Rätoromanen fordert die Lia Rumantscha vom
Zu den fünf Idiomen Sursilvan, Sutsilvan, Bund die Anerkennung der ganzen Schweiz als
Surmiran, Puter und Vallader kam in den letz- Territorium für die rätoromanischen Sprache.
ten Jahrzehnten die als gemeinsames Dach ge- Johannes Flury bezeichnet den Grundsatz, nur
dachte Schrift- und Amtssprache Rumantsch Graubünden als Fördergebiet anzuerkennen, als
Grischun. In den Schulen war und blieb ihre überholt: «Wir brauchen einen neuen Ansatz
Einführung allerdings umstritten und führte zu auf Bundesebene, um alle Rätoromanen unter-
einer veritablen institutionellen Krise, die der stützen zu können.» Das Rätoromanische sei
Lia Rumantscha bis vor wenigen Jahren zusetz- dem Kanton Graubünden «zu einem beträchtli-
te. «Wir machten den Fehler, ein sprachpoliti- chen Teil entwachsen», weshalb sich eine di-
sches Anliegen über die Schule verwirklichen rekte Förderung durch den Bund aufdränge.
zu wollen», kommentiert Flury. «So etwas geht Gefordert werden zweisprachige Schulen in
meistens schief.» Nur noch wenige Gemeinden Deutsch und Rätoromanisch auch ausserhalb
nutzen heute die Schriftsprache als Schulspra- Graubündens.
che; in Surses, Albula und Lenz zielen Initiati- Bundesrat Ignazio Cassis, der die 100-Jahr-
ven derzeit auf ihre Abschaffung. Feier der Lia Rumantscha eröffnete, hat bereits
Flury empfindet das Rätoromanische dennoch für 2020 erste Angebote angekündigt: Mit Un-
als lebendiger als vor 50 Jahren. Insbesondere terstützung des Bundes sol-
die Jugend spreche ihr jeweiliges Idiom heute len rätoromanische Sprachkurse für Kinder und
mit grossem Selbstbewusstsein, junge Künstler Jugendliche in der Diaspora durchgeführt wer-
und Songwriter setzten es in ihren Texten ein. den.
So hat sich das Open Air im Val Lumnezia
jeweils Ende Juli zum Treffen
der rätoromanischen Jugend und Sprache ent-
wickelt.
In der Existenz bedroht Bewahrung von Medienangeboten
Eine neue Studie sieht die rätoromani- Nach jahrelangem Hin und Her ist zumindest
sche Sprache ohne wirksame Fördermassnah- für die Zukunft der Medien
men «existenziell bedroht». Die Gefahr sei real, in rätoromanischer Sprache gesorgt. 2017 hatte
«dass insbesondere die Romanischkenntnisse die Somedia AG von Verleger Hanspeter
weiter sinken, weniger Romanischlehrerinnen Lebrument mitgeteilt, dass sie sich aus der Fi-
und -lehrer ausgebildet werden und das Roma- nanzierung der einzigen romanischen Tageszei-
nische langsam, aber sicher ausstirbt». Um dies tung, «La Quotidiana», zurückziehe, die für die
zu verhindern, müsse nicht nur das Lobbying Sprachgemeinschaft von grundlegender Bedeu-
auf Bundesebene intensiviert werden, sondern tung ist. Bund, Kanton und Lia Rumantscha
müsse auch der Kanton Graubünden sein En- liessen daraufhin ein Konzept für deren Weiter-
gagement verstärken. führung unter Einbezug einer neu zu konzipie-
Die Studienverfasser fordern die Bündner Re- renden romanischen Nachrichtenagentur ausar-
gierung unter anderem auf, Privatschulen zum beiten. Diese heisst Fundaziun Medias Rum-
Angebot einer zweisprachigen Maturität zu antschas, nimmt Anfang 2020 den Betrieb auf
verpflichten. Zudem «muss die Finanzierung und hat soeben mit David Truttmann ihren ers-
eines einschlägigen Lehrstuhls an einer ten Chefredaktor gewählt.
Schweizer Universität gesichert sein». Derzeit Das Konzept sieht vor, dass die SRG-Tochter
besteht an der Universität Zürich eine 75- RTR (Radiotelevisiun Svizra Rumantscha) und
Prozent-Professur für rätoromanische Literatur die privaten Medienträger gemeinsam ein tägli-
und Kultur und in Freiburg eine Vollzeitprofes- ches Medienangebot für Print wie digital zur
sur im Departement für Mehrsprachigkeitsfor- Verfügung stellen. Damit ist die Zukunft der
schung und Fremdsprachendidaktik. Ein Mas- «Quotidiana» wie auch die Belieferung der
ter-Abschluss in Rätoromanisch ist allerdings anderen romanischen Zeitungen «Posta Ladi-
nur in Zürich möglich. na» und «La Pagina da Surmeir» gesichert.

Aufgabe:
1. Weshalb ist die rätoromanische Sprache existenziell bedroht? Stelle anhand des Artikels die Ursachen
zusammen.
2. Was müsste sich ändern, damit die Sprache überleben kann?

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