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Die 12 häufigsten
Konfliktfälle
in der Schule
In diesen Fällen müssen Sie ein krankes Kind vom Unterricht ausschliessen .... 14
vorgehen .......................................................................................................... 16
Impressum ....................................................................................................... 30
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„IN MEINEN MULTIVAN PASSEN 7“ – WENN
SIE SCHÜLER IM PKW MITNEHMEN WOLLEN
Mit einer Gruppe von Schülern von A nach B zu gelangen gestaltet sich im öffentlichen
Personennahverkehr (ÖPNV) oftmals schwierig. Entweder gibt es keine guten
Verbindungen, Tickets sind zu teuer, oder Bus und Bahn fallen aus. Was liegt also näher,
sich mit mehreren Privat-Pkws zusammenzutun, um die Schüler zum Ziel zu bringen?
Allerdings gibt es hier einige rechtliche Aspekte, die Sie beachten sollten. Mehr dazu
erfahren Sie in diesem Beitrag.
Die 7. Klasse der Duisburger Gesamtschule plant einen Ausflug in den Archäologischen
Park in Xanten und das dortige Römer-Museum. Mit der Regionalbahn wollen 25 Schüler
und 2 Lehrkräfte nach Xanten fahren. Am Bahnhof angekommen, werden Lehrkräfte und
Schüler von einer Durchsage überrascht. Wegen eines Unfalls ist die gesamte Bahnstrecke
voraussichtlich bis in die späten Abendstunden gesperrt. Per WhatsApp verbreitet sich die
Nachricht schnell zu den Eltern, und nach 10 Minuten stehen mehrere Pkws parat, um die
Schüler nach Xanten zu bringen. Klassenleiterin Kerstin Schneider kann mit ihrem
Multivan allein 7 Plätze anbieten. Schnell sind auch die übrigen Schüler verteilt, und es
kann losgehen.
In manchen Bundesländern ist die Mitnahme von Schülern in Privat-Pkws per Erlass sogar
gesetzlich verboten. Dies betrifft immer die Mitnahme von Schülern in Pkws der
Lehrkräfte. Die Mitnahme von Schülern in Eltern-Pkws kann ein Schulerlass nicht regeln
oder untersagen. Allerdings ist die Schule während der regulären Unterrichtszeit
gegenüber den Schülern fürsorgeverpflichtet. Die Lehrkraft entscheidet also im konkreten
Einzelfall, ob Eltern mit Privat-Pkws wie im Praxisbeispiel den Transport übernehmen
dürfen. Versichert sind die Schüler im Zusammenhang mit schulischen Veranstaltungen
über die Gesetzliche Unfallversicherung (GUV), in Pkws zudem über die Kfz-
Haftpflichtversicherung.
Für Fälle wie im Praxisbeispiel oder aber auch generell ist es sinnvoll, dass Sie für Ihre
Schule die Voraussetzungen für den Transport von Schülern in Privat-Pkws festlegen.
Klären Sie daher mit Ihren Lehrkräften, wie Sie die Mitnahme in Privat-Pkws künftig
handhaben möchten. Die wichtigsten Fragen und Antworten in diesem Zusammenhang
finden Sie hier.
Die Antwort: Das kommt darauf an. Nicht jedes Bundesland gestattet die Mitnahme von
Schülern im privaten Lehrer-Pkw. Prüfen Sie deshalb die Erlasslage für Ihr Bundesland
ganz genau. Manche Bundesländer gestatten in Einzelfällen den Transport von Schülern
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in Lehrer-Pkws für Schulfahrten in Ausnahmesituationen. In fast allen Schulfahrten-
Erlassen findet sich die Vorgabe, dass diese in der Regel mit öffentlichen Verkehrsmitteln
oder Bussen von Verkehrsunternehmen durchzuführen sind.
Die Antwort: Das können Sie als Schulleitung nicht entscheiden. Grundsätzlich ist der
Einsatz von Privatfahrzeugen seitens der Eltern nach den jeweiligen Schulfahrten-Erlassen
nicht vorgesehen. Dies können und dürfen diese Erlasse auch nicht regeln, da der
Gesetzgeber hierzu keine Regelungskompetenz hat. Aus diesem Grund darf die Benutzung
von privaten Autos der Eltern nicht organisatorische Voraussetzung für die Durchführung
der Fahrt sein.
Die Antwort: Hiergegen kann die Schule sich nicht stellen. Wenn sich alle Eltern einer
Klasse dafür entscheiden, dass die Schüler in privateigenen Fahrzeugen transportiert
werden, muss die Schule das akzeptieren. Sie kann den Eltern dieses nicht verwehren.
Allerdings ist dies als private Entscheidung der Eltern zu qualifizieren. Sie treffen diese
Entscheidung in Ausübung ihres Rechts als Erziehungsberechtigte. Sie wählen die Art des
Transportmittels dann eigenverantwortlich.
MUSTER: Einverständniserklärung
Ich bin damit einverstanden, dass aus Anlass einer Schulfahrt meine Tochter / mein Sohn auch
im Privat-Pkw einer Lehrkraft oder eines Elternteils mitfahren kann, wenn die Durchführung
oder die Fortsetzung der Schulfahrt mit dem gewählten Transportmittel nicht oder nicht mehr
möglich ist und die Schulfahrt nicht von der verantwortlichen Lehrkraft abgesagt wird.
Die Antwort: Dann können Ausnahmen möglich sein. Grundsätzlich ist die Mitnahme von
Schülern durch die Lehrkraft nicht vorgesehen. In einer Notsituation wie im Praxisbeispiel
kann jedoch eine Mitnahme von Schülern ausnahmsweise zulässig sein. Wenn also der
Multivan mit 7 Sitzplätzen zum Einsatz kommen soll, dann kann dies in dieser Situation in
Ordnung sein, da die Sperrung der Bahnstrecke bis in die Abendstunden andauert.
Die Antwort: Eigentlich nicht. Hierzu müsste schon das Einverständnis der Eltern der
mitgenommenen Schüler vorliegen. Auch wenn sich Eltern großzügig und schnell bereit
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erklären zu helfen, kann es durchaus sein, dass andere Eltern hiermit nicht einverstanden
sind. Sie könnten sich allerdings für solche Notfälle eine Einverständniserklärung geben
lassen.
Die Antwort: Die Schüler sind in Privat-Pkws über die GUV und die Kfz-
Haftpflichtversicherung abgesichert. Die gesetzliche Schülerunfallversicherung umfasst
für Schulfahrten, ungeachtet des genutzten Transportmittels, Heilbehandlungs- und
Folgekosten bei Personenschäden. Nicht umfasst von der GUV sind
Schmerzensgeldforderungen. Es gibt einen Direktanspruch gegen die Kfz-Haftpflicht-
versicherung nach dem Versicherungsvertragsgesetz. Hierüber können alle Schäden
geltend gemacht werden, auch Schmerzensgeld. Die Regulierung des materiellen und des
immateriellen Schadens (Schmerzensgeld) übernimmt dann die Kfz-
Haftpflichtversicherung des Pkw, in dem die Schüler transportiert wurden.
Schulfahrten sind am besten über den ÖPNV darzustellen. Wenn Notsituationen wie im
Praxisbeispiel eintreten, können andere Lösungen auch möglich sein. Unfallschäden sind
durch die GUV und die Kfz-Haftpflichtversicherung gedeckt. Ein Muster für eine
Einverständniserklärung im Notfall finden Sie oben in dieser Rubrik.
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Greifen Sie soweit möglich für Exkursionen auf den ÖPNV zurück.
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BLAUMACHEN IST KEIN KAVALIERSDELIKT
Im Bistro chillen statt Matheunterricht oder tagelang unentschuldigt nicht in der Schule
erscheinen, all das ist Ihnen als Schulleiter hinlänglich bekannt. Oftmals bleiben
freundliche Aufforderungen oder Appelle an Eltern und Schüler ungehört. Welche
Konsequenzen drohen, wenn die Schulpflicht verletzt wird, erfahren Sie in diesem Beitrag.
David besucht die 8. Klasse der Gesamtschule in Köln-Chorweiler. Seit einer Woche ist er
nicht in der Schule erschienen. WhatsApp-Nachrichten seiner Klassenkameraden
beantwortet er ebenso wenig wie Anrufe oder E-Mails. Auch die Kontaktaufnahme mit
den Eltern durch Klassenlehrerin Sonja Schmitz gestaltet sich schwierig. Davids Eltern
rufen trotz Nachrichten auf der Mailbox nicht zurück. Auch E-Mails und Briefe bleiben
unbeantwortet. Erst ein unangekündigter Besuch von Sonja Schmitz gemeinsam mit
Schulsozialarbeiter Thomas Fröhlich ermöglicht ein Gespräch mit den Eltern.
In Deutschland gilt die allgemeine Schulpflicht. Danach muss jeder Schüler maximal 10
Pflichtschuljahre absolvieren. Minderjährige Schüler müssen von Eltern für den Fall der
Erkrankung schriftlich entschuldigt werden. Wer regelmäßig unentschuldigt fehlt und
damit nicht am Unterricht teilnimmt, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Die Einhaltung der
Schulpflicht ist Aufgabe der Eltern. Nur bei volljährigen Schülern ist es die Pflicht der
Schüler selbst.
Wenn Sie wie im Praxisbeispiel einen Schulschwänzer wie David haben, gehen Sie
entsprechend nachfolgender Schritt-für-Schritt-Anleitung vor.
Schüler, die gegebenenfalls morgens zwar das Elternhaus verlassen, aber nicht in die
Schule gehen, werden ihren Eltern auch nichts sagen. Ohne Ihre Information können die
Eltern von der Schulpflichtverletzung gar nichts wissen. Informieren Sie die Eltern deshalb
über Häufigkeit und Dauer von unentschuldigtem Fehlen.
Die Information über das unentschuldigte Fehlen allein genügt in der Regel nicht. Sie
müssen einen Zusammenhang herstellen zwischen dem unentschuldigten Fehlen und der
gesetzlichen Schulpflicht. Wird diese verletzt, drohen Konsequenzen für Eltern und
Schüler wie z. B. ein Bußgeld. Machen Sie also den Eltern klar, dass eine
Schulpflichtverletzung kein Kavaliersdelikt ist.
3. Schritt: Klären Sie die Eltern deutlich über Konsequenzen von Bußgeld bis
Sorgerechtsentzug auf
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Ordnungsbehördliches Bußgeld ist noch die weniger einschneidende Sanktion bei einer
Schulpflichtverletzung. Dieses kann im Einzelfall zwar empfindlich ausfallen und bis zu
1.500€ betragen. Weitaus schlimmer trifft jedoch die Eltern ein Entzug des Sorgerechts.
So ist dies in einem Fall in Frankfurt am Main entschieden worden. Wenn Sie das
Jugendamt informieren, kann dieses ein Verfahren beim zuständigen Familiengericht
einleiten.
Für Bußgelder und auch für die Zwangsvorführung in der Schule sind die Ordnungs-
behörden zuständig. Wenn durch die Schulpflichtverletzung eine Kindeswohlgefährdung
droht, können die Jugendämter auch mit Eilmaßnahmen reagieren.
Machen Sie den Eltern eindringlich klar, dass mit einer Schulpflichtverletzung nicht zu
spaßen ist. Informieren Sie sie umfassend. Nehmen Sie hierzu den abgedruckten
Musterbrief zur Hand.
MUSTER: Schulpflichtverletzung
Sehr geehrte Frau Münzer, sehr geehrter Herr Münzer,
Ihr Sohn David ist bereits seit mehr als einer Woche nicht mehr in der Schule erschienen. Er
hat damit eine hohe Anzahl von Fehlstunden aufgebaut. Eine Entschuldigung ist Ihrerseits
nicht vorgelegt worden. Unser Schulsozialarbeiter, Thomas Fröhlich, hat Anhaltspunkte dafür,
dass sich David immer wieder an Orten aufhält, die in Köln als Drogenumschlagplätze bekannt
sind. Hierüber haben wir nicht nur das Jugendamt, sondern auch die örtliche Polizei bereits
informiert.
Als Eltern verletzen Sie die Schulpflicht, wenn Ihr Sohn den Unterricht unentschuldigt
versäumt. Diese gesetzlich vorgeschriebene Pflicht ist von allen Eltern einzuhalten. Das
bedeutet, dass Eltern verpflichtet sind, dafür zu sorgen, dass ihr Kind die Schule regelmäßig
besucht. Ihnen drohen ansonsten empfindliche Bußgelder bis zu 1.500 €. Auch Ihr Sohn kann
von der Ordnungsbehörde ein eigenes Bußgeld erhalten.
Wenn Sie als Eltern nicht mitwirken, dass die Schulpflicht eingehalten wird, kann das
zuständige Jugendamt wegen der Gefahr einer Kindeswohlgefährdung auch Sofortmaßnahmen
ergreifen. Das Jugendamt hat die Möglichkeit, David in Obhut zu nehmen und ihm die
Rückkehr zu Ihnen in den Haushalt zu untersagen. Überdies kann das Jugendamt ein
Sorgerechtsverfahren beim zuständigen Familiengericht Köln einleiten. Dieses kann bis zum
Entzug der elterlichen Sorgeführen.
Ich appelliere deshalb dringend an Sie, sich darum zu kümmern, dass Ihr Sohn wieder in die
Schule geht und regelmäßig den Unterricht besucht. Weitergehende Sanktionen wie zuvor
beschrieben sind ansonsten nicht auszuschließen.
Gern können Sie mit der Klassenlehrerin und unserem Schulsozialarbeiter ein gemeinsames
Gespräch hier in der Schule führen.
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SCHÜLER VERSCHWINDEN WÄHREND DES
SCHULBETRIEBS
Gerade wenn die großen Ferien vor der Tür stehen und die Zeugnisnoten nach den
Konferenzen lange feststehen, fällt es Ihnen und Ihren Kollegen oft schwer, nicht nur sich
selbst, sondern vor allem Ihre Schüler zu motivieren. Manchmal nehmen sich Ihre Schüler
dann eigenmächtig eine „Auszeit“. Sie verschwinden vom Schulgelände, gehen in die Eisdiele
oder ins Schwimmbad. Die rechtlichen Konsequenzen sind vielfältig.
Max, Paul und Leon stellen Ihre Räder am 19. Juli nicht wie gewohnt in den Fahrradständern
auf dem Pausenhof, sondern ins Gebüsch am Rande des Schulgeländes ab. In der großen
Pause schleichen sie sich unbemerkt zu ihren Fahrrädern und radeln zum Schwimmbad. Dort
chillen sie den Rest des Tages und versäumen 4 Unterrichtsstunden. Zufällig ist Frauke
Baumann mit der 6a an diesem Tag dort. Sie kennt die 3 aus dem Englischunterricht und
berichtet Schulleiter Achim Hoberg davon.
Für Schüler gilt die allgemeine Schulpflicht. Daraus folgt, dass Schüler eine Verpflichtung zur
Teilnahme am Unterricht haben. Dies gilt für die Dauer des jeweiligen Stundenplans des
Schülers. Lehrkräfte haben in dieser Zeit die Verpflichtung zur Aufsicht. Dies gilt sowohl für die
Unterrichts- als auch für die Pausenzeiten. Wer verschwindet und im Schwimmbad chillt wie
im Praxisbeispiel, fehlt unentschuldigt und muss mit Sanktionen wie Geldbußen und Strafen
rechnen. Zugleich besteht in dieser Zeit kein gesetzlicher Unfallversicherungsschutz.
Machen Sie rechtzeitig vor dem Ende des 2. Schulhalbjahres Ihre Schüler darauf aufmerksam,
dass sie bis zum Schluss, also bis zum letzten Schultag, verpflichtet sind, in die Schule zu
kommen. Weisen Sie auch Eltern darauf hin, dass bei unbefugtem Verlassen des
Schulgeländes Konsequenzen drohen und ein Versicherungsschutz nicht besteht. Orientieren
Sie sich an den nachfolgenden Grundsätzen.
Grundsätzlich ist die Schule zur Aufsicht während des Schulbetriebs auf dem Schulgelände
verpflichtet. Lehrkräfte müssen dafür sorgen, dass Schüler beaufsichtigt sind und sich auch
jederzeit ohne Blickkontakt beaufsichtigt fühlen. Die Aufsicht ist jedoch auf das Schulgelände
begrenzt. Entfernen sich also Schüler vom Schulgelände, endet dort die Aufsichtspflicht.
Schüler dürfen das Schulgelände nicht unerlaubt verlassen. Dies gilt, solange die Schüler
nicht volljährig sind. So haben Sie als Schulleitung die Möglichkeit, im Einzelfall
Ausnahmen zuzulassen. Dies könnte z. B. der kurze Weg zum Schreibwarenladen sein, um
sich dort Papier und Stifte zu besorgen. Ihre Lehrkräfte müssen aber bei solchen
Ausnahmen darauf achten, dass die Schüler in der Lage sind, aufgrund ihres Alters und
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ihrer Reife mit dieser Ausnahme verantwortlich umzugehen. Wer sich, wie im
Praxisbeispiel die 3 Jungs, heimlich beispielsweise durch den Hinterausgang der Schule
vom Schulgelände stiehlt, der verstößt gegen dieses Verbot. Damit fehlen die Schüler
unentschuldigt. Die Eltern der 3 Jungs müssen deshalb mit Sanktionen rechnen.
Für den Fall, dass in der großen Pause Ihre aufsichtführenden Lehrkräfte die
Aufsichtspflicht grob fahrlässig verletzt oder das heimliche Entfernen der Jungs billigend
in Kauf genommen haben (= Vorsatz), kann die Schule eine Haftung treffen. In Betracht
kommt eine persönliche Haftung der aufsichtführenden Lehrkraft ebenso wie eine
Haftung wegen Organisationsverschuldens durch die Schulleitung, wenn diese die
Aufsichtsperson fehlerhaft ausgesucht hat.
Die Unfallversicherung für Schüler gilt ausdrücklich nicht für Fälle des unbefugten
Verlassens des Schulgeländes. Würde also den 3 Jungs mit ihren Fahrrädern auf dem Weg
zum Schwimmbad etwas passieren, können sie den Unfallversicherungsschutz der Schule
nicht in Anspruch nehmen. Die Eltern müssten allein für solche Unfallschäden und deren
Folgen aufkommen.
Neben der Ordnungswidrigkeit als rechtlicher Ahndung können und sollten Sie ggf. auch
Erziehungs- und Ordnungsmaß-nahmen gegenüber den Schülern ergreifen. Je nach
Häufigkeit und Schwere dieses Verhaltens können Sie mit einem schriftlichen Verweis
oder mit einer zeitweiligen Suspendierung vom Unterricht reagieren.
Die Regelungen sind klar und streng, auch wenn sich manche Schüler gerade in den letzten
Tagen vor den Sommerferien nicht daranhalten. Dies sollte Sie aber nicht davon abhalten,
trotz bevorstehender Ferien das Fehlverhalten der Schüler zu sanktionieren.
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AUFSICHT IN KLASSENRAUM UND
SCHWIMMBAD — EINE SCHWIERIGE
DIENSTPFLICHT, BEI DER STETS DIE
HAFTUNG LAUERT
An die Aufsichtspflicht der Lehrkräfte werden zu Recht hohe Ansprüche gestellt. Denn
jeder weiß, was passieren kann, wenn die Beaufsichtigung gerade von jungen Schülern
unaufmerksam oder nur lückenhaft durchgeführt oder überhaupt nicht geleistet wird. Die
Folgen sind nicht selten Verletzungen und Unfälle, z. T. mit Todesfolge. Wer will das als
Lehrkraft verantworten und mit dieser Schuld leben?
Wegen hohen Krankenstands im Kollegium ordnet die Schulleiterin Frau Malkow an, dass
Lehrkräfte ausnahmsweise in 2 Klassen gleichzeitig Vertretungsunterricht durchführen
müssen, sofern sich die Klassenräume auf demselben Flur befinden. Der Konrektor setzt
die älteste Lehrerin für den Doppelunterricht in den Klassen 5 und 6 ein, deren Räume
einander gegenüberliegen. Die Lehrkraft erleidet einen Hörsturz infolge der
Überbeanspruchung und der Lautstärke in beiden Klassen.
In den meisten Bundesländern legen die Lehrerkonferenzen die Grundsätze für die
Aufsichtsführung fest; die Schulleitung trägt rechtlich die Letztverantwortung für den
Einsatz der Lehrkräfte zu Aufsichtszwecken. Frau Malkow nimmt hier billigend in Kauf,
dass keine der beiden Klassen kontinuierlich beaufsichtigt wird. Die Schulleiterin müsste
wissen, dass diese Anordnung gerade in jungen Klassen wegen der noch eingeschränkten
Einsichtsfähigkeit der Schüler nicht geboten ist. Durch die Aktion verletzt der Konrektor
die Grundsätze von Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit und erhöht in der Folge den
Kranken- den Krankenstand.
WICHTIGER HINWEIS
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Wasser kämpften. Obwohl niemand zu Schaden kam, erhielten die Verursacher einen
schriftlichen Verweis, gegen den die Eltern Widerspruch einlegten.
Bei der Beaufsichtigung von Schülern in kindlichem Alter muss mit mangelnder
Einsichtsfähigkeit und impulsivem Verhalten gerechnet werden. Die Aufsicht ist nicht auf
das Aufsichtspersonal der Schwimmhalle übertragbar; die Verantwortung bleibt bei den
Lehrkräften. Diese können nicht automatisch davon ausgehen, dass unbeaufsichtigte
Schüler ihren Anweisungen stets Folge leisten. Hier liegt eine Aufsichtspflichtverletzung
durch die Lehrerinnen vor. Der Verweis ist in der Sache dennoch berechtigt, denn die
Verursacher haben der Anweisung des Lehrpersonals zuwidergehandelt und Mitschüler
gefährdet.
WICHTIGER HINWEIS
Eine Lehrerin muss die Kinder direkt an der Umkleide abholen, während eine
weitere sich von Beginn an in der Schwimmhalle einfindet.
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INFEKTIONSKRANKHEITEN AN IHRER SCHULE
– VORBEUGUNG STATT SCHLIESSUNG
Ab Mitte März 2020 waren bundesweit alle Schulen wochenlang wegen des Coronavirus
geschlossen. In dieser Zeit hat kaum jemand an die Gefahren anderer
Infektionskrankheiten wie Masern etc. gedacht. Seit dem 01. März 2020 gilt die
Impfpflicht gegen Masern für alle Schulen. Was aber, wenn den-noch eine
Masernerkrankung an Ihrer Schule auftaucht?
Am 15. Juni 2020 sitzt Leon mit glasigen Augen und rotem Kopf in der Klasse 4a.
Klassenlehrerin Katrin Wienand ist sofort alarmiert. Sie befürchtet, dass sich Leon mit
Corona infiziert hat, und meldet ihren Verdacht bei Schulleiter Jens Hartung. Leons Mutter
bringt den Jungen sofort in ein Corona-Zentrum. Dort stellt man fest, dass sich Leon mit
Masern infiziert hat. Schulleiter Jens Hartung muss einräumen, dass er angesichts des
Chaos wegen Corona im März 2020 noch nicht alle Impfnachweise der Schüler kontrolliert
hatte. Der Nachweis von Leon fehlt. Leons Mutter muss dem Gesundheitsamt mitteilen,
dass sie Leon trotz bestehender Impfpflicht nicht hat impfen lassen.
Als Schulleiter sind Sie verpflichtet, die Ausbreitung von Infektionskrankheiten an Ihrer
Schule als sogenannter Gemeinschaftseinrichtung zu verhindern. Aus diesem Grund
müssen Sie Eltern auch unabhängig von Corona nach wie vor über Maßnahmen zur
Infektionsverhütung und Abwehr von Infektionskrankheiten informieren (§34
Infektionsschutzgesetz [IFSG]). Da Schulen als Gemeinschaftseinrichtungen besonders
anfällig für die Ausbreitung von Infektionskrankheiten sind, gelten die besonderen
Vorschriften nach dem Infektionsschutzgesetz für „normale“ Infektionskrankheiten fort.
Besteht der Verdacht, dass ein Schüler an einer ansteckenden Krankheit erkrankt ist, wie
im Praxisbeispiel Leon an Masern, tragen Sie als Schulleiter die Verantwortung, dass sich
die Infektion an Ihrer Schule nicht ausbreitet. Trotz Impfpflicht kann nach wie vor die
große Gefahr bestehen, dass sowohl Schüler als auch Lehrkräfte angesteckt werden. Mit
Masern ist auch wegen möglicher schwerer Folgeerkrankungen nicht zu spaßen. Sprechen
Sie deshalb sofort ein Schulbesuchsverbot aus.
Nach dem Infektionsschutzgesetz dürfen Kinder, die nicht geimpft wurden, die
Schule so lange nicht besuchen, wie entweder der Nachweis der Impfung oder der
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Immunität nach Erkrankung nicht erbracht ist. Leons Mutter muss diesen Nachweis
beibringen. Leon darf erst völlig gesundet wieder in die Schule kommen, wenn er also
andere nicht mehr anstecken kann.
Informieren Sie die Eltern eingehend darüber, in welchen Fällen das Verbot des
Schulbesuchs greift. Dies ist neben der Covid-19-Erkrankung nach wie vor der Fall, wenn
Kinder an sogenannten „Kinderkrankheiten“ leiden:
Keuchhusten
Masern
Mumps
Scharlach
Windpocken
Hirnhautentzündung
Meningokokken-Infektion
Krätze
Borkenflechte
Hepatitis A
bakterielle Ruhr
Weisen Sie die Eltern darauf hin, dass ein Impfschutz nicht nur ihrem eigenen Kind,
sondern auch der Allgemeinheit in der Schule dient und dass Sie als Schulleitung keine
Ausnahme zulassen dürfen.
Hat sich die Maserninfektion aus dem Praxisbeispiel trotz Impfpflicht bereits verbreitet
und ist nicht auszuschließen, dass sie weitere Kreise zieht, haben Sie es als Schulleiter in
der Regel nicht mehr in der Hand, ob die Schule geschlossen wird oder nicht. Dies
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übernimmt wie bei Beginn der Corona-Pandemie im März 2020 das Gesundheitsamt.
Rechnen Sie damit, dass nach den Erfahrungen von Corona das Gesundheitsamt nicht
zögern wird, Ihre Schule zu schließen. Bitten Sie Ihre Lehrkräfte, für ihre Schüler Aufgaben
für zu Hause vorzubereiten, und informieren Sie die Eltern.
MUSTER: Infektionsschutz
Liebe Eltern,
nachdem wir gerade wieder fast zur Normalität im Schulbetrieb zurückgekehrt sind,
muss ich Sie darüber informieren, dass ein akuter Masernfall an unserer Schule
aufgetreten ist. Ich habe vom zuständigen Gesundheitsamt bereits die mündliche
Information bekommen, dass die Schule ab dem 15. Juni 2020 erneut für mindestens
2 Wochen schließen muss.
Wie Sie alle wissen, gilt seit dem 01. März 2020 eine gesetzliche Impfpflicht gegen
Masern für Schüler und Lehrkräfte. Bitte überprüfen Sie deshalb noch einmal den
Impfschutz Ihrer Kinder und auch Ihren eigenen durch Impfung oder Immunität nach
einer Masernerkrankung.
Sollten Sie den Nachweis noch nicht erbracht haben, bitte ich Sie, dies dringend
nachzuholen. Gerne können Sie uns hierzu den Impfnachweis als Scan zumailen an:
infektionsschutz@grundschule-rodenkirchen.de Über die Wiederaufnahme des
Schulbetriebs werde ich Sie rechtzeitig informieren.
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IN DIESEN FÄLLEN MÜSSEN SIE EIN KRANKES
KIND VOM UNTERRICHT AUSSCHLIESSEN
Die berühmte Sommergrippe macht regelmäßig auch vor den Toren Ihrer Schule nicht halt.
Ansteckungen wie zu besten Erkältungszeiten im November oder Dezember sind die Folge.
Insbesondere dann, wenn beide Eltern vollzeitig berufstätig sind, schicken diese ihre Kinder trotz
Anzeichen einer Sommergrippe in den Unterricht. Die Mitschüler und Ihre Lehrkräfte haben das
Nachsehen. In welchen Fällen Sie ein Kind nach Hause schicken dürfen oder sogar müssen, erfahren
Sie in diesem Beitrag.
Am 2. September 2019 findet Klassenlehrerin Ute Schmidt ihren Schüler Julian aus der 4a auffällig
ruhig. Obwohl noch sommerliche Temperaturen herrschen, scheint Julian zu frösteln. Außerdem
hat er glasige Augen und rote Wangen. Alles deutet darauf hin, dass Julian erkrankt ist. Aus diesem
Grund ruft das Schulsekretariat bei Julians Mutter an. Dort läuft nur die Mailbox. Auch nach einer
Stunde kein Rückruf von Julians Mutter, während sich der Zustand ihres Sohnes zunehmend
verschlechtert. Schließlich greift Schulleiterin Anke Weber zum Hörer und hinterlässt eine
eindringliche Nachricht auf der Mailbox von Julians Mutter. Sie droht damit, Julian unverzüglich in
die Kinderambulanz zu schicken, wenn sich aus dem Elternhaus niemand kümmert.
Haben Sie oder Ihre Lehrkräfte den Verdacht, dass ein Schüler akut erkrankt ist, müssen Sie sofort
reagieren. Sie haben als Schulleitung nämlich eine Fürsorgepflicht sowohl für den betroffenen
erkrankten Schüler als auch für die Mitschüler der Klasse und die gesamte Schulgemeinschaft. Das
Infektionsschutzgesetz (vgl. § 34 IFSG) verpflichtet Sie, die Ausbreitung von Infektionskrankheiten
zu verhindern. Da Sie in einer Situation wie im Praxisbeispiel nicht einschätzen können, woran der
Schüler erkrankt ist, haben Sie die Möglichkeit, den Schulbesuch zumindest zeitweilig für den
betroffenen Schüler zu verbieten. Sie sind verpflichtet, der Ausbreitung von Infektionen
vorzubeugen.
Ist ein Kind akut erkrankt, sollten Sie dieses unverzüglich vom Unterricht ausschließen und nach
Hause schicken. Orientieren Sie sich an nachfolgender Schritt-für-Schritt-Anleitung.
Wenn Sie den Verdacht haben, dass ein Kind akut erkrankt ist, sollten Sie sich unverzüglich
mit den Eltern in Verbindung setzen und diese bitten, das Kind abzuholen. Rufen Sie dabei
alle Ihnen verfügbaren Telefonnummern einschließlich etwaiger Notfallrufnummern
durch. Erhalten Sie keine Reaktion und kümmert sich niemand darum, den betroffenen
Schüler abzuholen, müssen Sie im Zweifel das Kind in eine Kinderambulanz schicken.
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bitten, mit dem Kind unverzüglich zum Arzt zu gehen. Sie müssen als Schulleiter
sichergehen, dass Sie das Kind zu Recht nach Hause geschickt und vom Unterricht
ausgeschlossen haben. Zugleich benötigen Sie die Information der Eltern für eine etwaige
Meldung an das zuständige Gesundheitsamt. Es könnte sich bei der Krankheit um eine
meldepflichtige Krankheit im Sinne des § 34 Abs. 6 IfSG handeln.
Nicht immer ist die Elternmitwirkung so, wie Sie sich das als Schulleitung wünschen. Wenn
Sie oder Ihre Kollegen aus Ihrer langjährigen Erfahrung im Schuldienst den konkreten
Verdacht haben, dass es sich um mehr als nur um eine Erkältung oder Sommergrippe
handelt, sollten Sie vorbeugend das Gesundheitsamt informieren. Die weitere
Handhabung kann dann das Gesundheitsamt bestimmen. Dieses kann mit den Eltern
Kontakt aufnehmen und um den Nachweis bitten, um welche Art der Erkrankung es sich
handelt. Als Schulleitung sind Sie dann aus dem Schneider. Das Gesundheitsamt ist befugt,
z. B. in der betroffenen Familie weitere Untersuchungen anzuordnen und gegebenenfalls
auch das familiäre Umfeld zu untersuchen.
Wenn die Eltern Ihnen jedoch durch eine ärztliche Bescheinigung belegen, dass von ihrem
Kind keine Ansteckungsgefahr mehr ausgeht, können Sie einen weiteren Schulbesuch des
Kindes nicht verweigern. Schließlich gilt die generelle Schulpflicht.
MEIN FAZIT: Handeln Sie konsequent und schicken Sie kranke Schüler nach Hause
Hinter jeder Sommergrippe oder harmlosen Erkältung kann sich auch eine
Infektionskrankheit verbergen, die sich sehr schnell ausbreiten kann. Zögern Sie deshalb
nicht, das erkrankte Kind nach Hause zu schicken und auch das Gesundheitsamt zu
informieren.
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DIENSTAUFSICHTSBESCHWERDE – WENN
ELTERN GEGEN SCHULLEITUNG UND
LEHRKRÄFTE VORGEHEN
Die Notenvergabe auf den Halbjahreszeugnissen ist häufig ein Gradmesser dafür, wie es um
das Verhältnis zwischen Lehrkräften und Eltern bestellt ist. Ehrgeizige Eltern, die Noten
unterhalb des „Befriedigend“ nicht akzeptieren wollen, legen sehr schnell Widerspruch ein.
Hat das keinen Erfolg, nehmen Eltern als Nächstes Lehrkräfte und Schulleitungen ins Visier.
Schnell macht die Drohung mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde die Runde. Wie Sie sich für
solche Fälle wappnen, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Mit der 4– in Englisch auf dem Halbjahreszeugnis von Anne Müller hat sich Schulleiter Michael
Voss bereits ein Widerspruchsverfahren eingehandelt. Das Ziel, mit dem Widerspruch die
Notenanhebung für den Qualifikationsvermerk zu bekommen, haben die Eltern nicht erreicht.
Die Zeugniskonferenz hat den Widerspruch zurückgewiesen. Eine Woche später erfährt der
Schulleiter, dass gegen ihn Dienstaufsichtsbeschwerde eingereicht wurde. Begründung: Er sei
im Fach Englisch als Lehrkraft ungeeignet und habe als Schulleiter erhebliche
Führungsdefizite.
Im öffentlichen Dienst gibt es die Möglichkeit, gegen Bedienstete, also Beamte oder
angestellte Lehrkräfte, Beschwerden vorzubringen. Rechtsgrundlage sind die
Landesverfassungen und das Grundgesetz (GG). Die Dienstaufsichtsbeschwerde ist nicht an
Fristen gebunden. Dies folgt aus dem Petitionsrecht (vgl. Artikel 17 GG). Gegenstand einer
solchen Dienstaufsichtsbeschwerde kann nur das dienstliche Verhalten eines im öffentlichen
Dienst Beschäftigten sein oder die Amtsführung eines Beamten.
DAS IST ZU TUN: Machen Sie sich mit den wichtigsten Grundsätzen vertraut
Wenn Eltern gegen Lehrkräfte Ihres Kollegiums oder gegen Sie selbst als Schulleitung eine
Dienstaufsichtsbeschwerde einreichen, bewirkt das zunächst erst mal nichts. Es wird zwar
hierzu ein Vorgang angelegt, es führt aber nicht zu unmittelbaren Konsequenzen für den von
der Beschwerde Betroffenen. Sie müssen deshalb keine Lehrkraft aus dem Schuldienst
nehmen. Der Schulbetrieb kann wie gewohnt weiterlaufen.
Eltern, die gegen Sie als Schulleitung eine Dienstaufsichtsbeschwerde einreichen wollen,
müssen Ihnen dies nicht zuvor mitteilen oder ankündigen. Dies kann dazu führen, dass Ihre
vorgesetzte Dienststelle davon weiß, Sie selbst aber noch gar nicht davon gehört haben. Die
Dienstaufsichtsbeschwerde kann deshalb für Sie durchaus einen Überraschungseffekt haben.
Die vorgesetzte Dienststelle, bei der die Dienstaufsichtsbeschwerde eingeht, ist nur
verpflichtet, diese zu bearbeiten, wenn der Absender erkennbar ist. Anonyme Denunziationen
und Verunglimpfungen sind deshalb tabu. Diese wird die vorgesetzte Behörde entsprechend
auch nicht einmal entgegennehmen. Wenn sie jedoch bereits zugestellt wurden, wird sie diese
nicht bearbeiten.
Sind Sie selbst betroffen, müssen Sie die Möglichkeit haben, sich zu den geäußerten
Vorwürfen zu äußern. Dies entspricht dem Verfassungsgrundsatz des rechtlichen Gehörs.
Deshalb darf niemals eine Entscheidung in der Sache ergehen, ohne dass Sie hierzu zuvor
angehört worden sind. Dasselbe gilt auch für Betroffene Ihres Lehrerkollegiums. Als
Schulleitung werden Sie in der Regel um eine Stellungnahme gebeten, wenn ein Kollege
betroffen ist.
Beschwerden mit Aussagen wie „Herr Voss muss weg“ reichen nicht aus, damit sich die
Aufsichtsbehörde inhaltlich mit der Beschwerde befasst. Es muss eine sachliche Begründung
vorgetragen werden, aus der hervorgeht, dass nicht persönliche Motive, Beleidigungen oder
Enttäuschungen für die Beschwerde eine Rolle spielen, weil der Sohn oder die Tochter nicht
die gewünschte Note erhalten hat. Allein sachliche Argumente, die die Beanstandung des
dienstlichen Verhaltens oder der Amtsführung eines Beamten rechtfertigen, dürfen gehört
werden.
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KÖNNEN ZEUGNISNOTEN WEGEN
UNTERRICHTSAUSFALLS ANGEFOCHTEN
WERDEN?
In manchen Bundesländern gehen Sie schon mit Riesenschritten auf die Sommerferien zu
und damit auch auf die Erteilung der Zeugnisse. Versetzungs- oder Abschlusszeugnisse
werden von Eltern besonders kritisch betrachtet, weil sie über den Fortgang der
schulischen Laufbahn der Schüler entscheiden. Mit der Anfechtung einer Zeugnisnote
müssen Sie deshalb immer rechnen. Wie sieht es aus, wenn in einem Fach z. B.
krankheitsbedingt sehr viel Unterricht ausgefallen ist? Die wichtigsten Tipps finden Sie in
diesem Beitrag.
Muss ein Gymnasiast wegen einer nicht ausreichenden Note in Mathematik die
Erprobungsstufe verlassen, haben die Eltern die Möglichkeit, die Note anzufechten. Dies
erfolgt zunächst über ein Widerspruchsverfahren, daran schließt sich ein Klageverfahren
an. Erfolgreich ist eine solche Anfechtung nur dann, wenn die Note fehlerhaft zustande
gekommen ist. Wie Sie dies vermeiden, entnehmen Sie nachfolgenden Tipps.
DAS IST ZU TUN: Verringern Sie die Gefahr von fehlerhaft zustande kommenden Noten
Gibt es zu wenige Leistungsnachweise von Schülern, weil zu viel Unterricht ausgefallen ist
und keine Kompensation möglich war, haben Ihre Lehrkräfte auch die Möglichkeit, im
Rahmen der Zeugniskonferenz vorzuschlagen, sich an der Halbjahresnote zu orientieren.
Ohnehin sind Ihre Lehrkräfte gehalten, die Leistungen im gesamten Schuljahr zu berück-
sichtigen. Der Rückgriff auf die Note im Halbjahreszeugnis kann deshalb hilfreich sein.
Wenn der Unterrichtsausfall im einzelnen Fach sich derart massiv darstellt, dass
überhaupt keine Bewertung möglich ist, sollten Sie Farbe bekennen: Auf dem Zeugnis
müssten Sie dann das Kürzel „n.e.“, welches für „nicht erteilt“ steht, verwenden. Damit
machen Sie sich unangreifbar. Einen nicht erteilten Unterricht kann man nicht benoten.
Eine solche Note ist deshalb nicht anfechtbar.
Wegen eines nicht erteilten Unterrichts kann jedoch auch keine Versetzung
gefährdet sein, ebenso wenig ist bei nicht erteiltem Unterricht die Erprobungsstufe im
Gymnasium zu verlassen. Sind Sie dennoch überzeugt, dass ein Schüler die
Erprobungsstufe verlassen sollte, müssen Sie die Eltern hiervon überzeugen. Als Schule
dürfen Sie zwar den Vermerk „nicht erteilt“ bei einem Fach auf dem Zeugnis machen,
wenn zu viel Unterricht ausgefallen ist. Die Entscheidung darüber, ob ein Schüler die
Schule nach der Erprobungsstufe verlassen muss, können Sie als Schule aber erst dann
treffen, wenn der Schüler die zulässige Verweildauer von 3 Jahren in der Erprobungsstufe
überschritten hat. Dann dürfen Sie als Schule auch gegen den Elternwillen entscheiden
(vgl. § 10, 12 SchulG NRW).
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KÖNNEN SCHULNOTEN GERICHTLICH
ÜBERPRÜFT WERDEN?
Je weiter das Schulhalbjahr fortschreitet und je näher die Versetzungszeugnisse der
jeweiligen Jahrgangsstufen oder gar die Abschlusszeugnisse rücken, umso genauer
schauen Schüler und auch Eltern auf die Noten. Leistungsbeurteilungen stehen seit jeher
in der Kritik. In den letzten Jahren hat sich der Trend verstärkt, gegen Schulnoten durchaus
auch den Rechtsweg zu beschreiten. Was Sie zur gerichtlichen Überprüfbarkeit von
Schulnoten wissen sollten, erfahren Sie in diesem Beitrag.
BEISPIEL AUS DEM SCHULALLTAG: Tom hat schon wieder eine 5 in Mathe bekommen
In der Woche vor den Osterferien bekommt die 9a der Aachener Gesamtschule die
Mathearbeit zurück. Tom ist entsetzt. Nachdem er die 1. Mathearbeit im 2. Schulhalbjahr
verhauen hatte, hoffte er ganz besonders auf eine 3 in Mathe. Umso größer ist seine
Enttäuschung, als er erneut das „mangelhaft“ unter der Klausur sieht. Da Tom auch im
Unterricht nicht besonders aktiv mitarbeitet, befürchtet seine Mutter, dass auf dem
Zeugnis in Mathe die Note „mangelhaft“ erscheint. Im Gespräch mit Mathelehrer Michael
Baumann meint Toms Mutter, dass mit einer 3 in der letzten Klausur und 2 weiteren Tests
mit den Noten 3 oder besser dann auf dem Zeugnis noch eine 3– erscheinen könne.
Gemittelt wäre die Note dann eine 3,8 und würde somit noch ein „befriedigend“
rechtfertigen. Notfalls lasse sie dies gerichtlich überprüfen.
Schulnoten, also Noten von Klausuren, aber auch Zeugnisnoten sind Leistungs-
beurteilungen. Sie stellen das Ergebnis der Feststellungen von schriftlichen und
mündlichen Leistungen der Schüler dar. In die Note fließen nicht nur die schriftlichen
Ergebnisse ein, sondern auch zusätzlich mündliche und praktische Beiträge des Schülers.
Zeugnisnoten werden von Lehrkräften pädagogisch festgesetzt und verantwortet. Nur das
Zustandekommen der Note kann gerichtlich überprüft werden.
Ob die Note einer Klausur oder eine Zeugnisnote: Jede Schulnote ist eine ganz individuelle
Beurteilung der Leistungen eines einzelnen Schülers. In jedem Einzelfall ist deshalb die
Lehrkraft gehalten, die konkrete Leistung des Schülers zu beurteilen und zu bewerten.
Dabei sind die vorgegebenen pädagogischen Bewertungskriterien und Maßstäbe
anzuwenden.
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2. Fakt: Noten sind das Ergebnis der freien pädagogischen Würdigung
Die pädagogische Hauptleistung der Lehrkraft bei der Vergabe von Noten ist es
einzuschätzen, wo ein Schüler tatsächlich steht. Dazu ist eine Gesamtbetrachtung des
Einzelfalls vorzunehmen: Entsprechen die gezeigten Leistungen den Anforderungen der
Lehrpläne und wie sind die Ergebnisse im Verhältnis zu den Ergebnissen der Mitschüler zu
beurteilen? Insbesondere kommt es aber auch darauf an, die individuellen Fähigkeiten
des Schülers einzubeziehen. Dieser Abwägungsprozess erfolgt in freier pädagogischer
Würdigung im Rahmen der sogenannten pädagogischen Freiheit.
Notengebung wäre einfach, wenn schlicht die Notenergebnisse durch die Anzahl der
vorliegenden Leistungsnachweise dividiert werden könnten. Bei Eltern und Schülern gibt
es nach wie vor viele, die meinen, dass die Note in einem Fach nur berechnet wird. Mit
einem solchen Irrtum sollten Sie unbedingt aufräumen und Eltern und Schüler
gleichermaßen informieren. Nutzen Sie hierzu den oben abgebildeten Musterbrief.
Die Ausübung der pädagogischen Freiheit und damit der individuellen Notenvergabe liegt
im Ermessen der einzelnen Lehrkraft. Ein Gericht prüft die pädagogischen Erwägungen
inhaltlich nicht. Es prüft einzig und allein, ob eine Lehrkraft das ihr gegebene Ermessen
überhaupt angewandt hat und wenn ja, ob dieses richtig angewendet wurde. Dabei
beurteilt das Gericht nicht, ob die sonstige Mitarbeit eines Schülers höher bewertet wurde
als seine schriftlichen Leistungsnachweise. Ein Gericht überprüft ausschließlich, ob die
Lehrkraft im Rahmen des Ermessens eine Abwägung vorgenommen hat, die sie dann zu
dem Ergebnis der Leistungsbeurteilung geführt hat. Kurzum: Ein Gericht prüft, ob eine
Note willkürlich zustande gekommen ist und die Lehrkraft die erforderliche Abwägung
vorgenommen hat.
Eine Zeugnisnote darf beispielsweise durchaus vom arithmetischen Mittel der schriftlich
vorliegenden Leistungsnachweise abweichen. Dies gilt immer dann, wenn sich bei einem
Schüler individuell zum Schuljahresende eine negative Tendenz der Lernentwicklung
abzeichnet. Dies wurde schon einmal vom Verwaltungsgericht Braunschweig
entschieden. Das Gericht stellte darauf ab, dass bei der Notenvergabe eine
Gesamtbewertung vorzunehmen ist. So dürfen z. B. bestehende Lücken in
fachbezogenem Grundwissen bei einem Schüler negativ berücksichtigt werden, weil die
Lücken die zukünftige Lernentwicklung in den kommenden Schuljahren erheblich
beeinträchtigen können. Deswegen hat das Gericht festgestellt, dass die Lehrkraft mit
einer nachvollziehbaren Begründung auch vom rechnerisch ermittelten Leistungsbild
abweichen darf (vgl. Verwaltungsgericht Braunschweig, Beschluss vom 10.08.2010,
Aktenzeichen 6 B 149/10).
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MUSTER: Notenvergabe
Liebe Eltern, liebe Schüler,
Schulnoten sind Leistungsbeurteilungen, in die alle relevanten Aspekte einfließen.
Dies sind insbesondere:
schriftliche Noten in Klausuren
schriftliche Noten in Hausaufgabenüberprüfungen
Beteiligung am Unterricht
Ergebnis sonstiger Mitarbeit durch Projekte oder Präsentationen
Leistungsentwicklungen zum Ende eines Schuljahrs
Aus all diesen Kriterien wird in individueller Abwägung und Bewertung der einzelnen
Teilbereiche die Note gebildet. Dabei ist Maßstab das schulinterne
Bewertungskonzept. Im Ergebnis ist die Lehrkraft frei, einen Teilaspekt höher oder
niedriger einzustufen. Dies ist Ergebnis der pädagogischen Freiheit der Lehrkräfte.
Lehrkräfte haben damit ein Ermessen, welchen Aspekt sie wie bewerten.
Ein Gericht wird eine Note nicht nach ihrem arithmetischen Mittel beurteilen.
Vielmehr legt ein Gericht den Maßstab der sogenannten Ermessensüberprüfung an.
Danach prüft ein Gericht nur, ob das Ermessen, was den Lehrkräften im Rahmen der
pädagogischen Freiheit zusteht, überhaupt ausgeübt wurde und wenn ja, ob dieses
fehlerhaft ausgeübt wurde.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Weber
Schulleiter
MEIN FAZIT zur Überprüfbarkeit von Schulnoten
Schulnoten dürfen nur individuell ermittelt werden. Ein rechnerischer Durchschnitt ist
nicht maßgebend für die tatsächlich erteilte Note. Ein Abweichen im positiven oder
negativen Sinn von dem arithmetischen Mittel ist zulässig.
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WIDERSPRUCH GEGEN NOTEN AUF
HALBJAHRESZEUGNIS – DAS IST ZU TUN
Am 31. Januar 2020 endet das 1. Halbjahr. Längst haben Sie und Ihre Kollegen in den
Zeugniskonferenzen beraten, wie die Noten Ihrer Schüler auf dem Halbjahreszeugnis
aussehen werden. Für manche Schüler eine Zitterpartie – aber auch manchmal für Sie,
wenn Ihnen Widersprüche gegen Zeugnisnoten ins Haus flattern. Was Sie tun müssen,
wenn sich Eltern gegen Noten auf den Halbjahreszeugnissen wenden, erfahren Sie in
diesem Beitrag.
Anne Müller besucht die 10a der Realschule in Dortmund. Ihre Eltern möchten gern, dass
Anne doch noch ihr Abitur macht und später studiert. Dafür braucht Anne den
Qualifikationsvermerk für die gymnasiale Oberstufe. Entscheidend sind hierfür die Noten
in den Fächern Deutsch, Mathematik und Englisch. Auf dem Halbjahreszeugnis hat Anne
eine 4 in Englisch. Es findet sich zudem folgender Vermerk auf dem Zeugnis: „Die Note im
Fach Englisch ist nur schwach ausreichend.“ Annes Eltern sehen den
Qualifikationsvermerk zum Besuch der gymnasialen Oberstufe gefährdet. Sie schreiben
deshalb an Schulleiter Michael Voss und widersprechen der Zeugnisnote im Fach Englisch.
Der Brief wird der Schule am 5. Februar 2020 zugestellt.
Nicht nur Noten auf Versetzungs- oder Abschlusszeugnissen sind rechtsförmlich als
Verwaltungsakte zu qualifizieren. Auch Noten auf Halbjahreszeugnissen sind dann als
Verwaltungsakte mit dem Widerspruch oder der Anfechtungsklage anfechtbar (vgl. § 35
Verwaltungsverfahrensgesetz [VwVfG]), wenn sie über die weitere Schullaufbahn des
Schülers mitentscheiden. Dies ist z. B. bei den Zentralen Abschlussprüfungen (ZAP) an
Realschulen der Fall. Die Halbjahresnote wird als Vornote mitgewertet.
DAS IST ZU TUN: Bereiten Sie sich auf Widersprüche gut vor
Informieren Sie Ihre Lehrkräfte über die Wirkung eines Widerspruchsverfahrens. Die
wichtigsten Fragen und Antworten finden Sie hier.
Die Antwort: Ja. Der Widerspruch muss nicht immer als solcher die Überschrift
„Widerspruch“ tragen. Sie sind deshalb als Schulleitung verpflichtet, das Anliegen der
Eltern auszulegen. Wenn sich aus dem Gesamtzusammenhang des Schreibens ergibt, dass
eine spezielle Note angefochten werden soll, müssen Sie das Schreiben als Widerspruch
gegen diese Zeugnisnote behandeln. Sie können sich nicht darauf berufen, dass aus der
Bezeichnung des Schriftstücks nicht auf Anhieb erkennbar war, dass es sich um einen
förmlichen Widerspruch handelt.
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„Gibt es auch die Möglichkeit, gegen einzelne Klausurnoten vorzugehen?“
Die Antwort: Ja, aber nur mit formlosen Rechtsbehelfen. Einzelne Noten wie z. B. die einer
Klausur, die keine unmittelbare Rechtsfolge nach sich ziehen, können nicht förmlich mit
dem Widerspruch oder auf dem Klageweg überprüft werden. Hier gibt es nur die
Möglichkeit der Beschwerde oder einer Fachaufsichtsbeschwerde bei der nächsthöheren
Behörde. Dies gilt dann auch für Noten auf Halbjahreszeugnissen, wenn diese keine
weitere Bedeutung haben. Im Praxisbeispiel liegt dies jedoch anders: Hier ist die Note im
Fach Englisch auf dem Halbjahreszeugnis ein Teil der Leistungsbewertung für die Zentrale
Abschlussprüfung. Sie hat auch Auswirkungen darauf, ob der Qualifikationsvermerk erteilt
werden kann. In einem solchen Fall kann auch die einzelne Note auf dem
Halbjahreszeugnis rechtsförmlich überprüft werden.
„Was muss ich tun, wenn ich als Schule einen Widerspruch bekomme?“
Die Antwort: Die Schule muss zunächst eine sogenannte Abhilfeprüfung vornehmen. Das
bedeutet, die Schule prüft, ob Gründe vorliegen, die für eine Abänderung der
angegriffenen Zeugnisnote sprechen. Kommen Sie als Schule zu dem Ergebnis, dass die
Entscheidung zu Unrecht getroffen wurde, im Praxisbeispiel also zu Unrecht die Note
„ausreichend“ erteilt wurde, müssen Sie die Note ändern. Dies nennt man Abhilfe. Ist also
die Abhilfeprüfung positiv, hat auch der Widerspruch gegen die Zeugnisnote Erfolg.
„Was muss ich prüfen, wenn die Note geändert werden soll?“
Die Antwort: Da es sich bei der Note um eine Leistungsbewertung gehandelt hat, werden
folgende Kriterien überprüft:
„Was würde ein Gericht überprüfen, wenn ich dem Widerspruch nicht stattgebe?“
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„Kehrt mit dem Widerspruch zumindest erst einmal Ruhe ein für mich?“
Die Antwort: Vermutlich nein. Der Widerspruchsführer, also der Schüler selbst oder die
Eltern, haben die Möglichkeit, parallel vorläufigen Rechtsschutz bei Gericht zu
beantragen. Der Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt hat zwar prinzipiell
aufschiebende Wirkung. Aufschiebende Wirkung bedeutet, dass der Widerspruchsführer
bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens so zu behandeln ist, als wäre die
angefochtene Entscheidung nicht ergangen. Allerdings wird der Schüler durch den
Widerspruch in seiner ursprünglichen Rechtsstellung nicht verbessert. Wer wie im
Praxisbeispiel die Qualifikation nicht bekommen hat, kann nicht die Berechtigung in
Anspruch nehmen, sich an einem Gymnasium für die Oberstufe anzumelden. Deshalb
werden anwaltlich beratene Eltern und Schüler vorläufigen Rechtsschutz beim
zuständigen Verwaltungsgericht beantragen. Es liegen dann 2 parallele Verfahren vor: ein
Widerspruchsverfahren und ein vorläufiges Rechtsschutzverfahren.
Sind Noten auf Halbjahreszeugnissen wackelig und zugleich entscheidend für die weitere
Schullaufbahn, müssen Sie und Ihre Kollegen besonders sorgfältig bei der Vergabe der
Noten sein. Am besten sind klare und eindeutige Noten als Noten mit einer
Zeugnisbemerkung wie im Praxisbeispiel.
© Lukassek – stock.adobe.com
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WIE OFT DÜRFEN ELTERN UPDATES ZUM
NOTENSTAND EINFORDERN?
Der Informationsaustausch zwischen Ihren Lehrkräften und den Eltern ist substanzieller
Bestandteil der täglichen Arbeit Ihrer Pädagogen. Nicht immer kommen die
Informationen schnell und sicher bei den Eltern an. Umgekehrt gibt es besonders
ehrgeizige Eltern, die einen wöchentlichen Rapport über den Leistungsstand ihrer Kinder
wünschen. Wie gehen Sie damit um? Die wichtigsten Fakten finden Sie hier.
Lukas besucht die Klasse 9a der Realschule in Köln-Rodenkirchen. Eine aktive Mitarbeit
am Unterricht und regelmäßige Hausaufgaben sind nicht sein Ding. Viel lieber beschäftigt
er sich mit seinem Handy im Unterricht und am Nachmittag mit seiner Playstation.
Gegenüber seiner Mutter erklärt er täglich: „Alles gut in der Schule.“ Und: „Die
Hausaufgaben waren pillepalle. Die hab ich schon in der Schule erledigt.“ Als
Klassenlehrerin Sabine Göbel Lukas’ Mutter am 10.09.2019 am frühen Abend anruft und
ihr die Situation mit Lukas schildert, ist diese völlig entgeistert. Sie zeigt sich verärgert
darüber, dass Sabine Göbel nicht schon früher auf Lukas’ Defizite aufmerksam gemacht
hat, und verlangt, dass sie ab jetzt jede Woche einen Bericht über Lukas’ Mitarbeit im
Unterricht und über seine Hausaufgaben bekommt.
Lehrkräfte sind verpflichtet, Eltern über die Lernentwicklung und Leistung von Schülern in
angemessenem Umfang zu informieren und zu beraten (vgl. § 72 Abs. 3 Hessisches
Schulgesetz). In den meisten Fällen erfolgt der Informationsaustausch nach den
schulgesetzlichen Regelungen an Elternsprechtagen (vgl. § 44 Schulgesetz NRW).
Elternsprechstunden sollen allen Eltern die Möglichkeit geben, wichtige Themen ohne
Zeitdruck und in privater Atmosphäre zu besprechen (vgl. § 7 Abs. 3 GSchO RLP). Die Eltern
können zudem nach Absprache mit den Lehrkräften an einzelnen Unterrichtsstunden und
an Schulveranstaltungen teilnehmen, die ihre Kinder besuchen.
DAS IST ZU TUN: Besprechen Sie mit Ihrem Kollegium die Informationsrechte der Eltern
Machen Sie Ihren Kollegen die wichtigsten Fakten zum Informationsaustausch mit Eltern
noch einmal klar. Hierfür können Sie sich am nachfolgenden Faktencheck orientieren.
Eltern haben generell ein Informationsrecht über die schulischen Leistungen ihrer Kinder.
Dies erfolgt regelmäßig durch die Vorlage von Klassenarbeiten, die die Eltern
unterzeichnen müssen. Ebenso müssen Zeugnisse von den Eltern unterzeichnet werden.
Kommen Klassenarbeiten oder Zeugnisse nicht unterzeichnet zurück, müssen Ihre
Kollegen nachhaken.
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2. FAKT: Individuelle Auskunft ist zulässig
Wenn Eltern konkret nachfragen, sind Ihre Kollegen und auch Sie als Schulleitung
verpflichtet, detailliert Auskunft zum Stand der Leistungen und zu den erreichten Noten
zu geben.
Selbstverständlich ist es immer eine Frage des individuellen Anlasses, wie oft Lehrkräfte
und Eltern Informationen miteinander austauschen. Maßstab ist hier die Zumutbarkeit
der jeweiligen Informationsfrequenz.
Stellt sich die aktuelle Entwicklungs- und Lernsituation eines Schülers als besonders
schwierig dar, müssen die Eltern hierüber informiert werden, damit sie erzieherisch
eingreifen.
Achten Sie darauf, dass Sie ein gesundes Maß an Informationsaustausch finden. Die
Anspruchshaltung von Eltern darf nicht der Maßstab für das Informationsrecht der Eltern
sein.
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CYBERMOBBING - SCHREITEN SIE EIN!
Twitter, WhatsApp, Facebook & Co. machen es möglich: Private Fotos werden schnell
weitergeleitet, geteilt oder gelikt. Für sogenannte Digital Natives wie Ihre Schüler völlig
normal und auch im Schulalltag selbstverständlich. Was als harmlose, spaßige
Kommunikation beginnt, kann oftmals böse enden, nämlich dann, wenn freizügige private
Fotos die Runde machen.
Isabel besucht die 9. Klasse einer Gesamtschule. Bei einem Badeausflug hat ihr Freund
Chris Fotos von ihr geschossen. Eines davon schickt Chris ungefragt in seine WhatsApp-
Gruppe „Coole Jungs“ mit dem Kommentar: „Ist die nicht geil?“ Schnell macht das Foto
auch in Isabels Klasse die Runde. Anzügliche Posts und eindeutige Aufforderungen von
Jungs aus der Schule folgen auf dem Fuß. Als Isabel tagelang Bauchschmerzen vortäuscht,
um nicht in die Schule gehen zu müssen, wird ihre Mutter misstrauisch. Schließlich findet
sie auf Isabels Handy das besagte Foto sowie die entsprechenden Nachrichten und
Kommentare. Sofort wendet sie sich an Schulleiterin Ursula Tauber.
Die ungefragte Verteilung oder Weiterleitung freizügiger Fotos ist verboten. Dies verstößt
gegen das Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten (vgl. Art. 2 GG). Es stellt einen Verstoß
nicht nur gegen das Recht am eigenen Bild nach dem Kunsturhebergesetz (KunstUrhG)
dar, sondern ist zudem strafbar, z. B. als Verletzung der Intimsphäre durch Bildaufnahmen
gemäß § 201b Strafgesetzbuch (StGB), ggf. auch als Beleidigung gemäß § 185 StGB oder
üble Nachrede je nach Kommentar gemäß § 186 StGB.
DAS IST ZU TUN: Klären Sie Ihre Schüler auf Cybermobbing-Attacken sind nicht zu
unterschätzen. Sie sollten deshalb Ihre Schüler über Gefahren und Risiken auf-klären.
Fälle von Cybermobbing müssen Sie mit Ordnungsmaß-nahmen sanktionieren.
Orientieren Sie sich an nachfolgender Schritt-für-Schritt- Anleitung.
Beim Verdacht von Cybermobbing wie im Praxisbeispiel kommt es auf eine gründliche
Erfassung des Sachverhalts an. Bitten Sie deshalb die betroffene Schülerin sowie die Eltern
um ihre Mithilfe.
Ohne Beweise können Sie das Verhalten kaum sanktionieren. Aus diesem Grund ist es
wichtig, dass Beweise gesichert werden, insbesondere die Fotos, aber auch die daraufhin
ergangenen Kommentare und Posts wie im Praxisbeispiel.
Machen Sie dem Täter klar, dass Cybermobbing-Attacken, die im schulischen Umfeld
geschehen und deren Opfer Schüler sind, keine Privatsache sind. Sie sind damit auch eine
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Angelegenheit der Schule, denn als Schulleiter müssen Sie für einen ordnungsgemäßen
Schulbetrieb sorgen. Dazu gehört auch der Schutz aller Schülerinnen und Schüler.
Da alle Ihre Schüler digital unterwegs sind, sollten Sie in jedem Fall umfassend über die
Gefahren von Cybermobbing, Sexting und sonstigen Spielarten unzulässiger digitaler
Kommunikation aufklären. Nehmen Sie ein Verbot von Cybermobbing in Ihre
Schulordnung au
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IMPRESSUM
Die 12 häufigsten Konfliktfälle in der Schule
Verantwortlich für den Inhalt § 55 Abs. 2 RStV: Kathrin Righi, Adresse siehe oben
Telefon: 02 28 / 9 55 01 30
Telefax (Kundendienst): 02 28 / 3 69 64 80
Telefax (Redaktion): 02 28 / 35 93 58
Internet: www.schulleiter.de
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