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Gegen Massentourismus

Neues Tourismuskonzept: Wien soll kein Märchendorf werden


Registrierung von Reisebussen angedacht – Bürgermeister Ludwig sieht Gefahr des Overtourism nicht
gegeben

22. Oktober 2019, 16:44

Beschränkungen am Stephansplatz sind nicht angedacht, solche Maßnahmen


seien "Verzweiflungstaten". Foto: STANDARD/Corn

Neun von zehn Wienern sind davon überzeugt, dass Tourismus gut für die
Bundeshauptstadt ist. Das soll auch weiter so bleiben, sagte Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) am
Dienstag bei der Präsentation der neuen Tourismusziele für Wien, die als "Visitor Economy Strategie 2025"
vorgestellt wurden. Das Nebeneinander von Bewohnern und Gästen soll aufrechterhalten bleiben. Zwar
peile man höhere Wertschöpfungseffekte und und ein deutliches Plus bei den Nettonächtigungsumsätzen an,
wichtig ist dem Stadtoberhaupt aber auch, dass die Interessen der Bevölkerung gewahrt werden. "Wien soll
kein Märchendorf, keine Disneycity werden", so Ludwig, der damit ein Bekenntnis gegen den
Massentourismus ablegte. "Wir wollen Wachstum, aber nicht mit der Brechstange", sagte der Direktor des
Wien Tourismus, Norbert Kettner.

Geplant ist, wegzukommen von der monozentristischen Auslegung der Touristenstadt Wien. Nicht nur der
Stephansplatz samt Innerer Stadt soll interessant für Touristen sein, auch andere Hotspots will man
etablieren. Als Beispiel nannte Ludwig die Eventhalle in St. Marx – nicht nur als Anziehungspunkt für
Touristen, sondern auch für Wiener.

Regeln für Reisebusse

Die Gefahr eines Overtourism sehen Ludwig und Kettner nicht gegeben. Zugangsbeschränkungen auf dem
Stephansplatz erteilten sie eine Absage. Wenn andere Städte solche Maßnahmen ergreifen, sei das oftmals
als "Verzweiflungstat" zu sehen. Begrüßt wurden von Kettner jedoch Regeln für die Mozart-
Ticketverkäufer. Auch auf E-Scooter oder E-Oldtimer müsse man ein Auge haben: "Manchmal müssen wir
auch Spielverderber sein." Auch bei Reisebussen sind Maßnahmen geplant, sie sollen künftig registriert
werden. In welcher Form und ab wann das passieren soll, wurde allerdings nicht ausgeführt.

Wie viele Touristen kommen eigentlich nach Wien? 2018 waren es 7,5 Millionen Besucher. Jährlich werden
rund vier Milliarden Euro erwirtschaftet. 90.000 Menschen arbeiten im Tourismus.

Ambitionierte Ziele

Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke (SPÖ) führte die in Zahlen gegossenen Ziele aus. Demnach sollen die
direkten und indirekten Wertschöpfungseffekte bis 2025 von derzeit rund vier Milliarden Euro um 50
Prozent auf rund sechs Milliarden Euro steigen. Der Nettonächtigungsumsatz soll von knapp 900 Millionen
Euro um zwei Drittel auf 1,5 Milliarden Euro steigen. Kettner sprach von "ambitionierten" Zielen, an denen
man auch scheitern könne.

War in der vorigen, 2014 verabschiedeten Tourismusstrategie noch die Rede davon, dass man mehr
Direktflüge nach Wien holen wolle, um die Nächtigungszahlen zu steigern, fällt nun auf, dass die Stadt
umweltfreundliche Mobilität im Auge hat. Mit Billigfluganbietern wolle man künftig nicht mehr
zusammenarbeiten, wenngleich rund die Hälfte der Touristen mit dem Flugzeug anreise.

Mit dem Auto kommen 26 Prozent, mit dem Zug 21 Prozent. Das Verhältnis von Auto und Bahn soll sich
bis 2025 umgedreht haben. Die erneuerten Bahnhöfe sollen helfen. (rwh, 22.10.2019)

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