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30/4/24, 12:34 Hypothyreose - E-Learning mit Lecturio

Hypothyreose
Hypothyreose ist eine Erkrankung, die durch einen Mangel an Schilddrüsenhormonen gekennzeichnet ist. Jodmangel ist weltweit die häu‐
figste Ursache. In Regionen ohne Jodmangel ist die Hashimoto-Thyreoiditis (Autoimmunthyreoiditis) die häufigste Ursache für die Schild‐
drüsenunterfunktion. Die primäre Hypothyreose tritt bei Schilddrüsenerkrankungen auf, während die zentrale Hypothyreose durch Erkran‐
kungen der Hypophyse und des Hypothalamus ausgelöst wird. Die Endokrinologie der Schilddrüse ist vielfältig; ihre Hormone sind an
Stoffwechselprozessen und an der Entwicklung des Gehirns und anderer Organe beteiligt. Eine angeborene Hypothyreose kann durch
den Verlust von Schilddrüsenhormonen zu einer erheblichen geistigen Behinderung führen. Die Symptome der erworbenen Hypothyreose
spiegeln die Auswirkungen von verlangsamten Organfunktionen wider (Müdigkeit, Bradykardie, Kälteintoleranz und Belastungsdyspnoe).
Die Diagnose erfolgt durch Schilddrüsenfunktionstests. Die Laborwerte bei der Hypothyreose sind zumeist erhöhte TSH-Werte und niedri‐
ge Spiegel von freiem Thyroxin (T4). Die Behandlung erfolgt mit synthetischem T4.

Aktualisiert: 20.02.2023

Redaktionelle Verantwortung: Stanley Oiseth, Lindsay Jones, Evelin Maza

INHALT

Überblick
Pathophysiologie
Klinik
Diagnostik
Therapie
Differentialdiagnosen
Quellen

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Lernleitfaden
Medizin ➜

Überblick
Definition
Die Hypothyreose ist eine endokrine Störung, die auf einen Mangel an Schilddrüsenhormonen zurückzuführen ist.

Epidemiologie
Prävalenz: 1–2 % in Deutschland
Bei Frauen häufiger als bei Männern: ca. 5-mal häufiger
Inzidenz ↑ mit dem Alter (Altersgipfel bei 30–50 Jahren)
Angeborene Hypothyreose:
Jährliche Inzidenz: 1:3500 Geburten in Deutschland
Hohe Inzidenz bei Down-Syndrom (Trisomie 21)
Sekundäre Hypothyreose: Prävalenz 3–10 % in der Allgemeinbevölkerung

Klassifikation
Nach Beginn der Hypothyreose:

Angeboren/konnatal
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Erworben
Nach erkrankten Organen:

Primäre Hypothyreose (Beteiligung der Schilddrüse):

Niedriges Thyroxin/Tetrajodthyronin (T4)


Niedriges Trijodthyronin (T3)
Zentrale Hypothyreose:

Sekundär (Beteiligung der Hypophyse): niedriges Schilddrüsen-stimulierendes Hormon (TSH)

Tertiär (Beteiligung des Hypothalamus): niedriges Thyrotropin-Releasing-Hormon (TRH)

Ätiologie der angeborenen Hypothyreose


Primäre Hypothyreose:

Angeborene Fehlentwicklung der Schilddrüse (Agenesie, Hypoplasie oder Ektopie): ca. 85 % der Fälle
TSH-Reaktionslosigkeit:
Mutation des TSH-Rezeptor-Gens
TSH-Signaldefekt (bei Pseudohypoparathyreoidismus)
Erbliche Defekte in der Hormonsynthese oder -sekretion
Zentrale Hypothyreose:

Selten
Assoziiert mit angeborenen Syndromen
Andere seltene Ursachen (außerhalb der Hypothalamus-Hypophyse-Achse):

Schilddrüsenhormon-Transportstörung: Mutation im Transporter-Gen


Geweberesistenz gegen Schilddrüsenhormone
Vorübergehende Hypothyreose:

Beim Neugeborenen-Screening entdeckt


Vorübergehender Rückgang der Schilddrüsenfunktion über Wochen bis Monate; danach erfolgt die Erholung im natürlichen Verlauf
oder mit einer zusätzlichen Behandlung bis zu einem bestimmten Alter.
Ursachen:
Jodmangel
Hochdosis-Jod-Exposition
Drüse in situ: normalgroße Drüse in normaler Lage mit einem gewissen Grad an Dyshormonogenese
Einnahme von Schilddrüsenhormonen durch die Mutter, welche die Plazenta passieren
Mütterliche Autoimmunerkrankung der Schilddrüse (Antikörper passieren die Plazenta)
Leberhämangiome
Mutationen mit Funktionsverlust

Ätiologie der erworbenen Hypothyreose


Primäre Hypothyreose:

Hashimoto-Thyreoiditis: häufigste Ursache in Gebieten mit ausreichender Jodzufuhr


Jodmangel: weltweit häufigste Ursache
Jodüberschuss:
Hemmt die Hormonsynthese: Wolff-Chaikoff-Effekt (Erhöhte Jod-Plasmaspiegel vermindern die Jodaufnahme in die Schilddrü‐
senfollikel und die Hormonsynthese)
Hemmt Jodid-Organisation (Einbau von Jod in Thyreoglobulin zur Produktion von Schilddrüsenhormon)
Iatrogen bedingt:
Durch Behandlungen:
Schilddrüsenentfernung
Strahlentherapie
Behandlung mit Radiojod (I-131)
Substanzindiziert:
Schilddrüsenhormone: Propylthiouracil, Methimazol
Lithium: Einnahme > 2 Jahre → Zu Beginn einer Lithiumbehandlung sollte ein Hypothyreose-Screening erfolgen. Die Hypo‐
thyreose ist typischerweise zunächst nur subklinisch ausgeprägt und entwickelt sich dann zu einer manifesten Hypothy‐
reose. Die Behandlung mit Lithium kann auch zur Entwicklung einer Struma führen.
Ethionamid

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Amiodaron: beinhaltet zwei Jodatome und hemmt die Umwandlung von T4 in T3
Tyrosinkinasehemmer wie Sunitinib
Schilddrüseninfiltration:
Riedel-Thyreoiditis
Amyloidose
Hämochromatose
Sarkoidose
Sklerodermie
Postpartale Thyreoiditis
Umweltbelastung: Feuerschutzmittel
Zentrale Hypothyreose:

Hypophysenerkrankungen (sekundär) wie Adenome, Sheehan-Syndrom


Hypothalamuserkrankungen (tertiär) wie Tumore, Traumata (sehr selten)

Pathophysiologie
Hypothalamus-Hypophyse-Achse
Beteiligte Hormone:

TRH aus dem Hypothalamus


TSH aus dem Hypophysenvorderlappen
T4 und T3 aus der Schilddrüse:
T4 > T3 sezerniert
T4 wird peripher in T3 umgewandelt, überwiegend in der Leber (aber auch in anderen Geweben).
Gesamte Schilddrüsenhormone = gebundenes + freies T3 / freies T4 (FT3 / FT4)
Gebundenes T3 und T4:
An Thyroxin-bindende Globuline (TBG) gebunden (kann nicht frei in Zellen diffundieren)
99 % der Hormone werden in den Kreislauf freigesetzt.
FT3 und FT4:
Bioverfügbar
Kann an Gewebe-Schilddrüsenrezeptoren binden und ihre Wirkung entfalten
Regulierung der Endokrinologie der Schilddrüse:

Hypothalamus schüttet TRH aus → Hypophyse setzt TSH frei (Prolaktinfreisetzung wird ebenfalls stimuliert) → Schilddrüse produziert
dadurch T3 / T4:
↑ Spiegel von FT3 / FT4 → ↓ TSH und TRH

↓ Spiegel von FT3 / FT4 → ↑ TSH und TRH


Normale Funktion der Schilddrüsenhormone:

Erhöhter Stoffwechsel durch:


Erhöhung der Transkription der Zellmembran Na+/ K+– ATPase → Sauerstoffverbrauch
Verbesserung der Fettsäureoxidation und Wärmeerzeugung
Glukoneogenese, Glykolyse, Lipolyse
Förderung von Wachstum und Entwicklung durch:
Proteinsynthese
Regulierung des Cholesterin- und Triglyceridstoffwechsels
Beeinflussung des Gehirns, Fortpflanzungssystems und der Knochenentwicklung
Wechselwirkung mit Katecholaminen:
Schilddrüsenhormone verbessern das Ansprechen auf Katecholamine (verursachen inotrope und chronotrope kardiale
Wirkungen).
↑ Expression von Katecholaminrezeptoren
Regulation der Hormonsynthese der Hypophyse (Rückkopplungsschleife)

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Schematische Darstellung der Hypothalamus-Hypophyse-Schilddrüse-Achse:


Der Hypothalamus bildet TRH, das die Hypophyse zur Synthese und Sekretion von TSH anregt. Dieses wiederum stimuliert die Synthese und Sekretion von T3 und T4
in der Schilddrüse. T4 wird in der Leber und anderen Geweben in T3 umgewandelt. Ein Teil von T4 und T3 wird in der Leber mit Glucuronid und Sulfat konjugiert, über
die Galle ausgeschieden und im Darm teilweise hydrolysiert; ein Teil dieser Fraktion im Darm kann resorbiert werden. Wenn der Hypothalamus niedrige FT3 und FT4
Werte wahrnimmt, kommt es zu einem Anstieg des TRH und anschließend des TSH. Umgekehrt hemmen T3 und T4 in dieser negativen Rückkopplungsschleife die Frei‐
setzung von TSH aus dem Hypothalamus und der Hypophyse, sobald normale Werte erreicht sind.
Bild von Lecturio.

Klassifikation der Hypothyreose


Primär:

Schilddrüsenerkrankung → ↓ FT3 / FT4 aus der Schilddrüse → kompensatorisch ↑ TSH und TRH

Formen:
Subklinisch/latent: erhöhtes TSH, aber normales FT3 / FT4
Manifestiert: erhöhtes TSH, niedriges FT4 / niedriges FT3

Sekundär:

Hypophysenerkrankungen (kann kein TSH produzieren; ↓ TSH → ↓ FT3 / FT4)

Hypophysenadenome sind die häufigste Ursache einer zentralen Hypothyreose.


Kann durch Wachstum eine Kompression auf die TSH-produzierenden Zellen auswirken und/oder eine Unterbrechung des Hy‐
pothalamus-Hypophysen-Blutflusses und eine Blockierung des TRH-Signals vom Hypothalamus hervorrufen
Hypophysenadenome können auch die TSH-Produktion beeinträchtigen, wenn sie bluten oder einen Infarkt erleiden.
Weitere Raumforderungen: Zysten, Abszesse, Meningeome, metastasierende Tumoren und Kraniopharyngeome
Ausgelöst durch eine Operation oder Strahlentherapie bei Hypophysenadenomen oder anderen Raumforderungen
Infiltrative oder entzündliche Ursachen: Tuberkulose, Syphilis, Sarkoidose, Pilzinfektionen, Toxoplasmose, Histiozytose, Hämochroma‐
tose, lymphatische Hypophysitis
Schädel-Hirn-Trauma mit Verletzung des Hypophysenstiels
Apoplex, Subarachnoidalblutung
Sheehan-Syndrom (Hypophysennekrose nach der Geburt)
Checkpoint-Inhibitor-induzierte Hypophysitis oder andere arzneimittelinduzierte Ursache
Tertiär:

Hypothalamusstörungen (kann kein TRH produzieren): ↓ TRH → ↓ TSH → ↓ FT3 / FT4

Entwicklungsstörungen
Aneurysmen, Tumore (primär oder sekundär)
Auswirkungen einer Operation oder Strahlentherapie bei Hirntumoren oder anderen Erkrankungen
Ischämischer oder hämorrhagischer Schlaganfall
Schädel-Hirn-Trauma

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Klinik

Diagramm der häufigsten Symptome einer Hypothyreose


Bild: „Symptoms and signs of hypothyroidism“ (Symptome und Anzeichen einer Hypothyreose) von Mikael Häggström. Lizenz: CC0

Grundlegende Ursachen
↓ Stoffwechselrate: langsame Organfunktion und Stoffwechselprozesse
Myxödem: Ablagerung und Ansammlung von Bindegewebselementen wie Glykosaminoglykanen mit Wassereinlagerungen

Angeborene Hypothyreose
Anfangs asymptomatisch:
Wegen mütterlicher Schilddrüsenhormone
Gewicht und Länge im Normbereich, teilweise bedingt durch Myxödem
Allgemeine Symptome:
Schlechtes Wachstum und geringe Gewichtszunahme
Schlechte Ernährung
Verminderte Aktivität/übermäßiges Schlafen
Obstipation
Heiserer Schrei
Körperliche Anzeichen:
Allgemein:
Hypotonie
Blässe
Trockene Haut
Längere Gelbsucht
Kopf und Hals:
Große Fontanellen
Makroglossie
Grobe Gesichtszüge
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Kropf kann festgestellt werden.
Abdomen:
Nabelbruch
Vorstehender Bauch
Myxödem
Eine zentrale Hypothyreose kann sich mit Mikrogenitalien präsentieren.
Kretinismus:

Schwere geistige Behinderung aufgrund von Jodmangel-bedingter mütterlicher Hypothyreose

Die mütterliche Jodzufuhr, insbesondere in den ersten 12 Schwangerschaftswochen, ist für die Entwicklung des Gehirns unbedingt
erforderlich.
Myxödematöser Kretinismus:
Beschränkter Intellekt
Kleinwuchs
Hypothyreose
Neurologischer Kretinismus:
Beschränkter Intellekt
Taubstummheit
Spastiken und Gangprobleme
Keine Hypothyreose (bei erhöhter Jodaufnahme als Neugeborenes)
Eselsbrücke: die 6 Ps
Pale (Blässe)
Puffy face (Aufgedunsenes Gesicht)
Protuberant tongue (Hervorstehende Zunge)
Poor brain development (Unterentwickeltes Gehirn)
Pot-bellied (Dickbauchig)
Protruding umbilicus (Nabelbruch)

Säugling mit angeborener Hypothyreose mit typischen Anzeichen wie Hypotonie (A), myxödematösem Gesicht mit Makroglossie (B) und einem Nabelbruch (C)
Bild: „Infant with congenital hypothyroidism“ (Säugling mit angeborener Hypothyreose) von der Abteilung für Pädiatrie, Abteilung für Endokrinologie, Oregon Health & Science University, 707 SW
Gaines Street, Portland, OR, USA. Lizenz: CC BY 2.0

Erworbene Hypothyreose
Klinische Zeichen und Symptome:

Allgemein:
Müdigkeit, Schwäche-Gefühl
Gewichtszunahme bei Appetitlosigkeit
Kälteintoleranz
Kalte Gliedmaßen (Bedingt durch eine verringerte periphere Blutzirkulation.)
Langsame Bewegung
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Dermatologisch:
Trockene Haut (Durch Hautatrophie der Epidermis, sowie Hyperkeratose.)
Haarverlust
Vermindertes Schwitzen
Neurologisch und muskuloskelettal:
Konzentrationsschwierigkeiten und schlechtes Gedächtnis
Parästhesien
Verzögerte Entspannung der tiefen Sehnenreflexe
Karpaltunnelsyndrom
Kardiologisch:
Perikarderguss
Bradykardie
Geringere myokardiale Kontraktilität
Geringerer Cardiac Output
Pneumologisch:
Atemnot bei Anstrengung
Pleuraerguss
Magen-Darm-Trakt:
Verstopfung
Verminderter Geschmacksinn
Fortpflanzungsfähigkeit:
Menorrhagie (später Oligomenorrhoe oder Amenorrhoe)
Unfruchtbarkeit
Verminderte Libido
Erektile Dysfunktion
Sonstiges:
Myxödem
Periorbitales Ödem
Makroglossie
Gelenkschmerzen
Heisere Stimme
Schwerhörigkeit, beeinträchtigtes Hören
Erhöhte Triglycerid-Werte
Da auch Prolaktin ansteigen kann, können folgende Wirkungen auftreten:
Galaktorrhoe und Amenorrhoe (Frauen)
Sexuelle Dysfunktion und Unfruchtbarkeit (Männer)
Bei älteren Menschen:

Depression
Psychosen/Wahnvorstellungen/Halluzinationen
Myxödem-Koma:

Durch Stressfaktoren (z. B. Infektion, Operation, Unterkühlung) ausgelöste Verschlechterung einer nicht diagnostizierten oder unbehandel‐
ten Hypothyreose
Eine schwere Hypothyreose ist durch eine Verlangsamung der Funktion mehrerer Organe gekennzeichnet.
Stellt einen medizinischer Notfall dar:
Kann zu Schock und bis zum Tod führen
Sterblichkeitsrate bis zu 50 %
Ältere Frauen am häufigsten betroffen

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Symptome:
Verminderter mentaler Status
Hypoglykämie
Hyponatriämie
Hypotonie
Hypoventilation
Bradykardie

Ein Mann mit Myxödem aufgrund einer Hypothyreose:


Auffällig sind das ausdruckslose Gesicht, die periorbitale Schwellungen, Blässe, die peripheren Ödeme und die massive Aszites. Da es heilbar ist, sollte ein Myxödem
bei allen Patient*innen mit auffälliger Aszites in Betracht gezogen werden, außer bei Patient*innen mit terminaler Malignität. Dieser Patient zeigte unter Schilddrüsen‐
hormonersatztherapie eine Besserung der körperlichen Symptome. Wenn die Aszites nach der Behandlung fortbesteht, sollte nach anderen Ursache gesucht werden.
Bild: „57-year old bartender“ (57-jähriger Barkeeper) von Herbert L. Fred, MD und Hendrik A. van Dijk. Lizenz: CC BY 2.0

Diagnostik
Angeborene Hypothyreose
Obligatorisches Screening bei allen Neugeborenen:

Messung von TSH und/oder T4 24–48 Stunden nach der Geburt


Probe gewonnen durch Entnahme von Kapillarblut
Erhöhtes TSH → bestätigen mit venösem TSH und T4
↑ TSH, ↓ FT4: bestätigt die Diagnose
Bildgebung:

Nicht routinemäßig durchgeführt


Ultraschall oder Radiojodtest-Bildgebung sind Optionen.
Durchgeführt, wenn die Ergebnisse grenzwertig und die Indikation zur Behandlung unklar ist (z. B. wenn die Bildgebung eine Schilddrüsen-
Agenesie (Fehlen eines Organs) zeigt, wird die Behandlung eingeleitet)
Bei Verdacht auf eine vorübergehende Hypothyreose durchgeführt
Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung kann eine langfristige geistige Behinderung verhindern.

Erworbene Hypothyreose
Schilddrüsenfunktionstests:

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Erstprüfung:
Kontrolle des TSH-Spiegels
Wenn erhöht: Wiederholen und Überprüfen des FT3 / FT4
Primäre Hypothyreose:
↑ TSH
↓ FT3 / FT4
Sekundäre/tertiäre Hypothyreose:
↓ TSH
↓ FT3 / FT4
Subklinische/latente Hypothyreose:
↑ TSH
Normal FT3 / FT4
Antikörpertests:

Thyreoglobulin-Antikörper und Schilddrüsenperoxidase-Antikörper (Anti-TPO):


Stimmt mit Autoimmun-Hypothyreose überein
Bei typischen Fällen einer Hypothyreose nicht routinemäßig gemessen → außer bei einem Verdacht auf eine aktive Thyreoiditis, da
in > 90 % der Fälle eine Hypothyreose auf eine „ausgebrannte“ Hashimoto-Thyreoiditis (in nicht-jodarmen Regionen) zurückzuführen
ist
Hilfreich bei subklinischer/latenter Hypothyreose oder Kropf:
Antikörper, die auf eine immunologisch vermittelte Erkrankung hinweisen, können das Fortschreiten zu einer manifesten Hypothyreo‐
se vorhersagen.
Die regelmäßige Überwachung des TSH in diesen Fällen hilft bei der Beurteilung der Notwendigkeit einer Pharmakotherapie.
Bildgebung:

Ultraschall: selten verwendet, kann aber bei der Unterscheidung bei einer asymmetrischen Struma zwischen Hashimoto-Thyreoiditis und
Knoten-/multinodulären Struma helfen
Bildgebung des Kopfes:
CT oder MRT
Teil der Abklärung bei zentraler Hypothyreose
Beurteilen der Hypophyse, des Hypothalamus und der Umgebung
Zusätzliche Untersuchungen:

Bei Myxödem-Koma (abgesehen von TSH und T4):


Überprüfen des Cortisolspiegels (falls eine behandlungsbedürftige Nebenniereninsuffizienz vorliegt)
Überprüfen der Elektrolyte (kann zu wenig Natrium zeigen)
Anlegen eines Elektrokardiogramms (zur Bradykardie-Bestimmung)
Bei zentraler Hypothyreose: Überprüfung anderer Hypophysenhormonspiegel, insbesondere bei Verdacht auf Hypopituitarismus (Zustand,
der durch Hypophysenhormonmangel gekennzeichnet ist)

Therapie
Angeborene Hypothyreose
Schilddrüsenhormonersatztherapie:
L-Thyroxin: synthetische Form von T4, die peripher in T3 umgewandelt wird
Dosierung: Dosis von 1,6 µg/kg → Erhöhung der Dosis abhängig von Symptomen des*der Patient*in und den Werten des freien Se‐
rum-T4
Reduzierte Absorption durch Antazida, Eisen, Kalzium, sojabasierte Nahrung
Bei latenter Hypothyreose:
Schilddrüsenfunktionstests überwachen
Behandlung, wenn TSH nach 4 Wochen > 10 mU/l

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Bei zentraler Hypothyreose:
Schilddrüsenhormonersatztherapie
Behandlung anderer begleitender Hormonmängel, falls vorhanden
In Endemiegebieten, in denen Jodmangel häufig vorkommt, wird Jod-Supplementierung empfohlen; Jodsalz wird in Deutschland häufig
verwendet, ist jedoch nicht vorgeschrieben, wie in einigen anderen Ländern.
Eine normale Entwicklung des Kindes ist möglich, wenn die Substitutionstherapie noch innerhalb der Neugeborenenperiode erfolgt. Wenn
die konnatale Hypothyreose erst im Alter von 3–6 Monaten erkannt wird, ist mit einer bleibenden geistigen Schädigung zu rechnen.

Erworbene Hypothyreose
Therapieziele:
Euthyreoter Zustand
Stoffwechselstörungen korrigieren
Symptome verbessern
Strumagröße reduzieren (falls vorhanden)
Schilddrüsenhormonersatztherapie:
L-Thyroxin
Dosierung:
1,6 µg/kg Körpergewicht pro Tag bei jungen und gesunden Patient*innen
Anfangsdosis von 25 µg pro Tag bei älteren Menschen
Messen des TSH nach 6 Wochen → Anpassen der Dosis nach Bedarf
Myxödem-Koma:
Hochdosierte i.v. Schilddrüsenhormongabe (T3 und T4), mit Überwachung der Schilddrüsenfunktionstests
Glukokortikoide
Intubation
Erwärmung
Unterstützende Therapie wie z. B. Ausgleich des Elektrolythaushalts

Spezifische Behandlungen
Unterbrechen der Einnahme von Medikamenten bei arzneimittelinduzierter Hypothyreose
Chirurgische Behandlung von Hypophysen-Hypothalamus-Tumoren bei sekundärer und tertiärer Hypothyreose.
Bei latenter Hypothyreose ist keine Behandlung notwendig, sollte ein geringerer TSH-Wert als 10 mlU/L vorliegen. Der Wert sollte jedoch
alle 3 Monate überprüft werden.

Differentialdiagnosen
Euthyreoid-Sick-Syndrom (ESS): Abnorme Schilddrüsenfunktionstests im Rahmen einer nicht-thyreoiden Erkrankung bei klinisch euthyreo‐
ten Patient*innen: Häufig wird ein niedriges T3 bei normalem FT4 und TSH festgestellt. Die Umwandlung von T4 in T3 ist dabei beeinträch‐
tigt (Entfernung des Jod-Atoms normalerweise im äußeren Ring, erfolgt hier jedoch im inneren Ring). Dies erzeugt umgekehrtes T3 (rT3),
das eine inaktive Form von T3 darstellt. Eine Überwachung der Schilddrüsenfunktion bis zur Erholung wird empfohlen.
Resistenz gegen TSH oder Schilddrüsenhormone: Erhöhter TSH-Serumspiegel: Diese Störung kann mit einer oder mehreren Anomalien
der TSH-Rezeptoren einhergehen. Der*die Patient*in kann euthyreoid oder hypothyreoid sein. Die Schilddrüse ist nicht vergrößert. Die Dia‐
gnose wird im Säuglingsalter gestellt, wenn ein Kind symptomatisch ist, insbesondere wenn andere Familienmitglieder betroffen sind. Das
Auffinden einer inaktivierenden Mutation im TRH-Rezeptor bestätigt die Diagnose.
Erholung von einer nicht-thyreoiden Erkrankung: Erhöhter TSH-Spiegel im Serum, jedoch nur während der Erholungsphase: Wiederho‐
lungsmessungen von TSH und FT4 sollten 4–6 Wochen nach der Erholung durchgeführt werden. Es handelt sich selten um eine echte
Hypothyreose.
TSH-sezernierendes Hypophysenadenom: Erhöht den TSH-Serumspiegel. Jedoch eine seltene Krankheit: Vermutet wird ein TSH-sezer‐
nierendes Hypophysenadenom nur, wenn auch T4 und T3 hoch sind.
Nebenniereninsuffizienz: Vorliegen eines erhöhten TSH-Serumspiegels, welcher durch eine längere Behandlung mit exogenen Kortikoste‐
roiden verursacht wurde: Eine Nebenniereninsuffizienz sollte vermutet werden, wenn die Symptome (Lethargie, Hypotonie) nach der Be‐
handlung mit Thyroxin bestehen bleiben und/oder wenn Laborbefunde vorliegen, die typischerweise auf eine Nebenniereninsuffizienz hin‐

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deuten (Hyponatriämie, Hyperkaliämie oder Hypoglykämie). Zur Diagnose gehören die Bestimmung eines niedrigen Cortisolspiegels, die
Messung von ACTH und die Bestimmung, ob es sich um eine primäre oder sekundäre Insuffizienz handelt.

Quellen

1. Jameson J, et al. (Eds.). (2018). Harrison’s Principles of Internal Medicine, 20th ed. New York: McGraw-Hill.
2. LaFranchi S. (2020). Clinical features and detection of congenital hypothyroidism. UpToDate. https://www.uptodate.com/contents/clinical-features-and-detection-of-congeni‐
tal-hypothyroidism (Zugriff am 07.02.2021)
3. Molina P. (2013). Thyroid gland. Endocrine Physiology, 4th ed. Chapter 4. New York: McGraw-Hill.
4. Orlander P, Varghese J. (2019) Hypothyroidism. Medscape. https://emedicine.medscape.com/article/122393-overview (Zugriff am 08.01.2021)
5. Ross D. (2019). Central hypothyroidism. UpToDate. https://www.uptodate.com/contents/central-hypothyroidism (Zugriff am 07.02.2021)
6. Ross D. (2020). Disorders that cause hypothyroidism. UpToDate. https://www.uptodate.com/contents/disorders-that-cause-hypothyroidism (Zugriff am 07.02.2021)
7. Ross D. (2019). Myxedema coma. UpToDate. https://www.uptodate.com/contents/myxedema-coma (Zugriff am 07.02.2021)
8. Robert-Koch-Institut, Gebrauch von Schilddrüsentherapeutika und Schilddrüsenhormonstatus, H. Melchert, B. Görsch. (2005). Gebrauch von Schilddrüsentherapetika und
Schilddrüsenhormonstatus bei Probanden in den Nationalen Gesundheitssurveys (rki.de) (Zugriff am 25.03.2022)

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