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Thyreotoxikose und Hyperthyreose


Der Begriff Thyreotoxikose bezieht sich auf die klassische physiologische Manifestation eines Überschusses an Schilddrüsenhormonen
und ist (wenn auch häufig synonym verwendet) nicht gleichbedeutend mit einer Hyperthyreose, die durch eine anhaltende thyreoidale
Überproduktion und Freisetzung von T3 und/oder T4 verursacht wird. Der Morbus Basedow ist die häufigste Ursache einer primären Hyper‐
thyreose, gefolgt von toxischem multinodulärem Kropf und toxischem Adenom. Eine subakute Thyreoiditis ist ein Beispiel für eine Thyreo‐
toxikose ohne Hyperthyreose, ein Hypophysenadenom, das Thyreoidea-stimulierendes Hormon (TSH) ausschüttet, eines für eine sekundä‐
re Hyperthyreose. Klinische Merkmale der Thyreotoxikose sind meist auf eine Erhöhung des Metabolismus und eine Überaktivität des sym‐
pathischen Nervensystems (d. h. eine Erhöhung des β-adrenergen „Tonus“) zurückzuführen. Eine Thyreotoxikose wird anhand einer Mes‐
sung des TSH, welches vom Hypophysenvorderlappen produziert wird und von ungebundenem T3 und T4 diagnostiziert. Je nach Ätiologie
und klinischem Erscheinungsbild kann die Therapie pharmakologisch, chirurgisch oder mit Radiojod erfolgen.

Aktualisiert: 20.02.2023

Redaktionelle Verantwortung: Stanley Oiseth, Lindsay Jones, Evelin Maza

INHALT

Überblick
Pathophysiologie
Klinik
Diagnostik
Therapie
Thyreotoxische Krise
Differenzialdiagnosen
Quellen

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Lernleitfaden
Medizin ➜

Überblick
Definition
Bei der Thyreotoxikose handelt es sich um eine Störung, die unabhängig von der Ursache durch erhöhte Serumspiegel der
Schilddrüsenhormone Thyroxin (T4) und Triiodthyronin (T3) charakterisiert ist. Werden die überschüssigen Hormone von der Schilddrüse pro‐
duziert und ausgeschüttet, spricht man von einer Hyperthyreose.

Epidemiologie
Thyreotoxikose durch Hyperthyreose:

De-novo-Hormonsynthese bei normaler oder hoher Aufnahme von radioaktivem Jod


Bei Frauen deutlich häufiger als bei Männern (5:1)
Prävalenz: bei Frauen bei 1–2 %, bei Männern wesentlich geringer (in Deutschland)
Maximum des Auftretens zwischen dem 20. und 50. Lebensjahr
Morbus Basedow:
Häufigste Ursache für Hyperthyreose (80 %) in Industrieländern
Frauen sind fünf- bis achtmal häufiger betroffen als Männer.

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Morbus Plummer (toxischer mehrknotiger Kropf; 15 % der Fälle) und toxisches Adenom (ca. 5 % der Fälle):
Prävalenz höher in Jodmangelgebieten
Häufiger bei älteren Menschen
Häufiger bei Rauchern
Hypophysenadenom (< 1 % der Fälle)
Thyreotoxikose ohne Hyperthyreose:

Seltener, im Allgemeinen transient


Keine Neusynthese von Hormonen in der Schilddrüse und daher geringe Aufnahme von radioaktivem Jod
3 Hauptkategorien:
Inflammation und Freisetzung von gespeicherten Hormonen, am häufigsten:
Initialphase oder Exazerbationen der Hashimoto-Thyreoiditis (Inzidenz: 3–6/10.000/Jahr, neunmal häufiger bei Frauen)
Subakute Thyreoiditis
Extrathyreoide Hormonquelle
Übermäßige Exposition gegenüber Jod

Ätiologie

Tabelle: Thyreotoxikose durch Hyperthyreose

Pathologie Erkrankung

Schilddrüsen-stimulierendes Hormon (TSH)-Rezeptor-Antikörper Morbus Basedow (diffuse Hyperplasie)

Inadäquate TSH-Sekretion TSH-sezernierendes Hypophysenadenom


Hypophysäre Schilddrüsenhormonresistenz

Übermäßige hCG-Sekretion Trophoblastische Gestationskrankheit (z. B. Chorionkarzi‐


nom, Traubenmole (Mola hydatidosa))
Testikuläre Keimzelltumore (z. B. Seminom)

Mutationen im TSH-Rezeptor oder Gsα-Protein (G-Protein-Alpha-Unterein‐ Solitäres hyperfunktionales Adenom


heit) führen zu einer autonomen Schilddrüsenfunktion. Multinodulärer Kropf (Morbus Plummer)
Familiäre nicht-autoimmune Hyperthyreose

Tabelle: Thyreotoxikose ohne Hyperthyreose

Ätiologie Pathologie Erkrankung

Inflammation und Liberation Autoimmune Destruktion der Schilddrüse Stumme (schmerzlose) Thyreoiditis
von gespeicherten Postpartale Thyreoiditis
Schilddrüsenhormonen Initialphase oder Exazerbationen der Hashimoto-
Thyreoiditis

Virale oder postvirale Infektion (Ätiologie Subakute Thyreoiditis de Quervain (Granulomatöse


nicht eindeutig) Thyreoiditis)

Toxische Arzneimittelwirkungen Arzneimittelinduzierte Thyreoiditis (Amiodaron, Lithium,


Interferon-α, Checkpoint-Inhibitoren)

Bakterielle oder mykotische Infektion Akute eitrige Thyreoiditis

Radiotherapie Radiogene Thyreoiditis

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Ätiologie Pathologie Erkrankung

Extrathyreoide Hormonquelle Überdosierung von Überschüssige exogene Schilddrüsenhormone


Schilddrüsenhormonen (iatrogen)

Ektopische Hyperthyreose ( Struma ovarii (funktionelles Schilddrüsengewebe bei ei‐


Schilddrüsenhormone, die außerhalb der nem ovariellen Teratom); funktionelle Metastasen eines
Schilddrüse produziert werden) Schilddrüsenkarzinoms

Aufnahme über kontaminierte Hamburger Thyreotoxikose (Verzehr von Fleisch mit


Lebensmittel Schilddrüsengewebe)

Übermäßige Exposition ge‐ Jod-Basedow-Phänomen Jodinduzierte Hyperthyreose (Jod, jodhaltige Medika‐


genüber Jod mente (z. B. Amiodaron), Röntgenkontrastmittel)

Pathophysiologie
Thyreotroper Regelkreis (Hypothalamus-Hypophysen-Schilddrüsen-Achse)
Hypothalamus setzt Thyrotropin-Releasing-Hormon (TRH) frei → Hypophyse setzt TSH frei (Prolaktinfreisetzung wird ebenfalls stimuliert) →
Schilddrüse produziert Trijodthyronin (T 3 ) und Tetrajodthyronin (T 4 )
Feedback-Mechanismen:
Wenn ↑ freies T3 und/oder T4, dann ↓TSH und TRH
Wenn ↓ freies T3 und/oder T4, dann ↑ TSH und TRH
Hormonsekretion durch die Schilddrüse:
93 % T4 und 7 % T3 ; synthetisiert an Tyrosinresten des Thyreoglobulins
T4 wird peripher im Gewebe in das wesentlich stoffwechselaktivere T3 umgewandelt.
Normale Funktion der Schilddrüsenhormone:
Erhöhter Metabolismus:
Erhöhte Transkription der membranständigen Na+/K+ -Adenosintriphosphatase (ATPase) → gesteigerter Sauerstoffverbrauch
Vermehrte Fettsäureoxidation und Wärmeproduktion
Glukoneogenese, Glykolyse, Lipolyse
Wachstum und Entwicklung:
Proteinsynthese
Regulation des Cholesterin- und Triglyceridstoffwechsel
Einfluss auf Gehirn, reproduktive- und Knochenentwicklung sowie Wachstum
Wechselwirkung mit Katecholaminen:
Schilddrüsenhormone verbessern die Reaktion auf Katecholamine (mit inotropen und chronotropen kardialen Wirkungen).
↑ Expression von Katecholaminrezeptoren
Regulation der Hormonsynthese der Hypophyse (Feedbackmechanismus)

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Schematische Darstellung der Hypothalamus-Hypophysen-Schilddrüsen-Achse und der negativen Rückkopplungsschleifen


Bild von Lecturio.

Thyreotoxikose
Personen mit hohen T3 /T4 -Spiegeln zeigen eine kompensatorische Abnahme von TSH und eine variable Aufnahme von radioaktivem Jod in
Abhängigkeit von der Quelle oder Ursache der übermäßigen T3 /T4-Spiegel.

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Bei niedrigem TSH und hoher radioaktiver Jodaufnahme:

Morbus Basedow weist eine autoimmune Pathologie auf, die durch eine Überstimulation der Schilddrüse durch Schilddrüsenrezeptor-Anti‐
körper gekennzeichnet ist.
Toxischer multinodulärer Kropf (Morbus Plummer) und toxisches Adenom (TA):
Ein Spektrum an Erkrankungen, das von einem solitären hyperfunktionellen Knoten (TA) bis zu zahlreichen Knötchen mit multifokalen
hyperfunktionellen Gebieten reicht.
Szintigrafie zeigt heiße Knötchen (hohe Jodaufnahme) und eine Suppression der Aufnahme in der restlichen Schilddrüse.
Die Suppression des physiologischen Teils der Drüse wird durch das Fehlen von TSH (negative Rückkopplung durch die überschüssi‐
gen Schilddrüsenhormone) verursacht.
Ein diffuser nicht toxischer (einfacher) Kropf verursacht eine Vergrößerung der gesamten Drüse ohne Knötchenbildung; meistens auf‐
grund eines ernährungsbedingten Jodmangels.
Choriongonadotropin-induziert: hCG hat eine ähnliche Struktur wie TSH und kann die Produktion von Schilddrüsenhormonen stimulieren.
Bei niedrigem TSH und niedriger radioaktiver Jodaufnahme:

Jod-induzierte Hyperthyreose (Jod-Basedow-Phänomen):


Hyperthyreose bei einer Person mit endemischer Jodmangelstruma oder einer anderen zugrunde liegenden Schilddrüsenerkrankung
nach Jodgabe
Die Schilddrüse wird unabhängig vom TSH-Regulationsmechanismus.
Therapie mit Amiodaron (sehr häufige Ursache): Amiodaron enthält Jod, das die Produktion von Schilddrüsenhormonen stimuliert und eine
Thyreoiditis verursachen kann.
Thyreoiditis:
Hashimoto-Thyreoiditis: Autoimmunerkrankung mit Antikörpern gegen Schilddrüsenperoxidase (TPO) und Thyreoglobulin (Tg), die in‐
itial und während Exazerbationen zu einer vorübergehenden Thyreotoxikose führen kann.
Subakute (schmerzlose) lymphatische Thyreoiditis: Autoimmunerkrankung mit Anti-TPO-Antikörpern
Granulomatöse (schmerzhafte) Thyreoiditis: höchstwahrscheinlich virale Genese
Akute Thyreoiditis (selten): durch Bakterien und Pilze
Exogene Schilddrüsenhormonzufuhr: Hohe Werte von zirkulierendem T3 /T4 führen zu einer kompensatorischen Abnahme des TSH.

Pathologie der Schilddrüse


Morbus Basedow:
Schilddrüse: diffuse Hypertrophie und Hyperplasie der follikulären Epithelzellen der Schilddrüse mit heterogenen lymphatischen
Infiltraten
Ophthalmopathie und Dermopathie: Glykosaminoglykanablagerung und heterogene lymphoide Infiltrate
Toxischer multinodulärer Kropf und TA:
Der toxische multinoduläre Kropf kann sehr groß (bis zu 2 kg) und unregelmäßig erscheinen und mit gallertartigem Kolloid, Hämorrha‐
gien, Degeneration, Fibrose, zystischen Veränderungen und Verkalkungen assoziiert sein.
Ein toxisches Adenom kann als prominenter Knoten auftreten.
Mikroskopisch: zahlreiche mit Kolloid gefüllte und von flachem, inaktivem Epithel ausgekleidete Follikel im Wechsel mit Bereichen fol‐
likulärer Hyperplasie
Hashimoto-Thyreoiditis:
Ausgedehnte Infiltration der Schilddrüse durch lymphoplasmozytäre Infiltrate mit Keimzentren
Von Hürthle-Zellen ausgekleidete atrophische Schilddrüsenfollikel (große eosinophile Epithelzellen, die die metaplastische Reaktion
auf eine chronische Verletzung durch autoimmune Prozesse widerspiegeln)
Variable Fibrose
Subakute lymphatische (schmerzlose) Thyreoiditis: lymphatische Infiltrate
Granulomatöse (De Quervain) Thyreoiditis: Granulomatöse Inflammation der Schilddrüse mit vielkernigen Makrophagen um das extrafolli‐
kuläre Kolloid

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Klinik

Die häufigsten Symptome einer Hyperthyreose: Exophthalmus ist ein


spezifisches Zeichen des Morbus Basedow.
Bild von Lecturio.

Struma
Diffus vergrößerte Schilddrüse bei Morbus Basedow; prominenter Knoten bei TA, oder unregelmäßig mit multifokalen Knoten bei M.
Plummer
Normalerweise glatte Begrenzung und keine Druckempfindlichkeit; Druckschmerz weist auf Thyreoiditis hin
An den oberen Polen der Schilddrüse kann aufgrund des erhöhten Blutflusses ein schwirrendes Geräusch auskultierbar sein.

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Multinodulärer Kropf und Symptome einer Hyperthyreose:


Dies ist eine 36-jährige Frau, die sich mit multinodulärer Struma und Symptomen einer Hyperthyreose seit fünf Jahren, mit Tachykardie und Zittern in den Extremitäten
vorstellte.
Hyperhidrosis, ein häufiges Zeichen der Hyperthyreose, war in diesem Fall nur auf der rechten Gesichtshälfte vorhanden, da der linke Truncus sympathicus, der die
Schweißdrüsen und Blutgefäße der linken Gesichtshälfte innerviert, durch eine dilatierte und gewundene linke Arteria thyroidea inferior, komprimiert wurde. Dies wird
als „Harlekin-Syndrom“ bezeichnet und ist mit mehreren Erkrankungen assoziiert. In diesem Fall war es die indirekte Folge der erhöhten Vaskularität, die mit einer ver‐
größerten und stoffwechselaktiven Schilddrüse einhergeht.
Bild : “Harlequin syndrome” von Department of Endocrine Surgery, Narayana Medical College & Superspeciality Hospital, Chinthareddypalem, Nellore, Andhra Pradesh 524002, Indien. Lizenz:
CC BY 3.0

Kardiovaskuläre Symptomatik
Veränderungen des Herz-Kreislauf-Systems werden durch einen erhöhten Bedarf verursacht, der durch Hypermetabolismus/Wärmeprodukti‐
on erzeugt wird:

Verminderter peripherer Gefäßwiderstand durch erhöhte NO-Produktion


Erhöhtes Herzzeitvolumen durch gesteigerte Herzfrequenz und Schlagvolumen
Schilddrüsenhormone wirken positiv inotrop.
Erhöhter Sympathikus und verminderter Vagustonus
Erweiterung des Pulsdrucks

Metabolische Symptomatik
Protein-, Kohlenhydrat- und Lipidmetabolismus:

Erhöhter Grundumsatz
Gesteigerter Appetit
Hitzeunverträglichkeit
In schweren Fällen kommt es zu einer Gewebeabnahme:
Muskelatrophie
Gewichtsverlust
Hypoalbuminämie
Beschleunigter Insulinumsatz aufgrund fehlender Kontrolle eines vorbestehenden Diabetes mellitus
Erhöhte Lipolyse:
Hoher Gehalt an freien Fettsäuren
Hoher Glycerinspiegel
Niedriger Cholesterinspiegel
Calcium- und Phosphatmetabolismus:

Erhöhte Ausscheidung von Calcium und Phosphat über Urin und Stuhl
Demineralisierung von Knochen
Erhöhte Gesamt- und ionisierte Serumkalziumkonzentrationen

Vegetative und neuropsychiatrische Symptomatik


Sympathisches Nervensystem und Katecholamine:

Adrenalin- und Noradrenalinspiegel sind nicht erhöht.

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Indirekte sympathomimetische Wirkung durch gesteigerte Sensibilität auf Katecholamine
Neuropsychiatrische Symptome:

Nervosität
Emotionale Labilität
Hyperkinesie
Schlaflosigkeit
Ermüdung
Psychische Störungen in schweren Fällen (manisch-depressive, schizoide und paranoide Reaktionen)

Muskuloskelettale Symptomatik:
Adynamie der proximalen Muskulatur
Muskelatrophie (thyreotoxische Myopathie)
Haut und Haare:
Warme, feuchte Haut (Gefäßdilatation)
Flushsymptomatik
Palmare Erytheme
Brüchige Haare und Nägel, vermehrter Haarausfall

Ophthalmologische Symptomatik
Retraktion der oberen und/oder unteren Augenlider
Zurückbleiben des Augenlids bei Senkung des Blicks nach unten (Graefe-Zeichen)
Verursacht durch erhöhten adrenergen Tonus

Respiratorische Symptomatik
Dyspnoe
Reduzierte Vitalkapazität durch Myopathie

Gastrointestinale Symptomatik
Insbesondere hepatische Manifestation:

Hypoproteinämie
Erhöhte ALT
Hepatomegalie und Ikterus in schweren Fällen
Leberversagen bei unbehandeltem Morbus Basedow

Reproduktive-/hormonelle Veränderungen
Verzögerte sexuelle Maturation
Amenorrhoe
Verminderte Fertilität mit hohem Abortrisiko
Verminderte Libido
Gynäkomastie

Spezielle Symptome bei Morbus Basedow


Orbitopathie und Dermopathie:

Verursacht durch erhöhten Gehalt an Hyaluronsäure und Chondroitinsulfaten als Folge der Zytokinaktivierung von Fibroblasten
Personen mit schwerer Orbitopathie weisen hohe Spiegel von Schilddrüsenrezeptor-Antikörpern (TRAbs) auf.
In der Haut kommt es zu einer Kompression dermaler Lymphgefäße und zu nicht narbigen Ödemen, insbesondere im prätibialen Bereich
(Myxödem).

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Klinische Manifestationen bei verschiedenen Formen der Thyreoiditis


Hashimoto-Thyreoiditis:
Schmerzlose Vergrößerung der Schilddrüse bei Frauen mittleren Alters
In der Regel mit unterschiedlichem Grad an Hypothyreose

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Eine vorübergehende Thyreotoxikose kann auftreten: aufgrund gestörter Schilddrüsenfollikel und Hormonausschüttung (Hashitoxiko‐
se) → erhöhte T4, T3-Spiegel und verringerte TSH und Jodaufnahme
Nach transienter Thyreotoxikose → T4 und T3 sinken und TSH steigt
Die Hashimoto-Thyreoiditis ist die Hauptursache für eine Hypothyreose in Regionen mit ausreichender Jodversorgung.
Subakute (schmerzlose) lymphatische Thyreoiditis:
Die meisten Betroffenen haben zirkulierende Anti-TPO-Antikörper oder andere Autoimmunerkrankungen in der Familienanamnese.
Ähnliche Thyreoiditis bei postpartalen Frauen* (postpartale Thyreoiditis)
Leichte, transiente Hyperthyreose und/oder schmerzlose Struma
Überwiegend spontane Remission, in bis zu ⅓ Entwicklung einer manifesten Hypothyreose mit pathologischen Merkmalen, die der
Hashimoto-Thyreoiditis ähneln
Granulomatöse Thyreoiditis (Thyreoiditis de Quervain):
Häufigste Ursache bei thyreoidaler Schmerzsymptomatik
Variable Vergrößerung der Schilddrüse
Inflammation und Hyperthyreose sind transient, klingen in der Regel innerhalb von 2–6 Wochen ab und gehen mit hohen T4 und T3,
sowie niedrigen TSH-Werten und geringer Jodaufnahme einher.
Nach Genesung Rückkehr zu euthyreoter Stoffwechsellage

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Diagnostik

Diagnostische Herangehensweise bei Personen mit Symptomen, die auf eine Thyreotoxikose hindeuten
Bild von Lecturio.

Labordiagnostik
Die Messung des TSH-Spiegels ist die beste Untersuchung für das Screening und die Evaluation von Schilddrüsenerkrankungen.

Normalbereich: 0,4–4,2 mU/L (variabel, je nach Labor)


Bei Thyreotoxikose: TSH< 0,1 mU/L und ↑T4 Werte
Bei Thyreotoxikose durch Hyperthyreose, sind die Serumspiegel von T3 > T4
Die primäre Differenzialdiagnose besteht zwischen Hyperthyreose und Thyreoiditis
Bei Thyreoiditis kommt es zu einer erhöhten Erythrozytensedimentationsrate und hohen Thyreoglobulinspiegeln.
Schilddrüsenszintigrafie (wichtigste diagnostische Modalität zur Differenzierung):
Hohe oder hochnormale Aufnahme von radioaktivem Jod bei Hyperthyreose (aktive Synthese)
Sehr geringe Aufnahme bei Thyreoiditis (keine Synthese, nur Ausschüttung von Hormonen)
Eine Thyreotoxikose mit hohem TSH ist eine seltene klinische Situation, die durch einen TSH-produzierenden Hypophysentumor verur‐
sacht werden kann.

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Zusätzliche Untersuchungen bei Thyreotoxikose assoziiert mit Autoimmunerkrankungen:

Antikörper gegen:
TPO
Thyreoglobulin
TSH-Rezeptor
Untersuchung bei Verdacht auf Morbus Basedow und Hashimoto-Thyreoiditis indiziert

Bildgebende Verfahren
Die Sonografie der Schilddrüse kann eine diffuse Vergrößerung, solitäre oder multiple Knoten und eine erhöhte Vaskularisierung zeigen.
Schilddrüsenszintigrafie: Nuklearmedizinisches Verfahren, das eine visuelle Darstellung des funktionellen Schilddrüsengewebes basierend
auf der selektiven Aufnahme von 131 I-Radionukliden erzeugt (weiteres genutztes Radiopharmakon: Tc-99m (Technetium-Pertechnetat))

Radioaktive Jodaufnahme der Schilddrüse eines Betroffenen mit transienter Thyreotoxikose:


Die szintigrafischen Befunde zeigen eine reduzierte 24-Stunden-Aufnahme und eine geringe Aufnahme in der gesamten Schilddrüse.
Bild : “Transient thyrotoxicosis as an initial presentation of rheumatoid arthritis: a case report” von Makdsi F, Brit M. Lizenz: CC BY 3.0

Therapie
Medikamentöse Therapie
Thionamide (Propylthiouracil, Thiamazol):
Hemmen die Oxidation und organische Bindung von Schilddrüsenjodid und erzeugen einen intrathyreoidalen Jodmangel, wodurch
die Hormonsekretion reduziert wird
Verringerung der Freisetzung von Prostaglandin und Zytokinen
Jodtransporthemmer (Natrium-Perchlorat)
Lithium: off-label-Einsatz bei thyreotoxischer Krise
Dexamethason: Inhibiert die Umwandlung in T3 (die aktivere Form)
Betablocker: Symptomatische und supportive Behandlung von Symptomen der Hyperthyreose

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Radiojodtherapie (nichtoperative Ablation):
131 I-Radionuklide akkumulieren in der Schilddrüse, was zu Gewebsdestruktion mit definitiver Therapie der Hyperthyreose führt
Kontraindiziert während der Schwangerschaft und bei Kindern < 5 Jahre
Risiko einer aggravierenden Orbitopathie; zeitgleich Gabe von Kortikosteroiden

Chirurgische Therapie
Eine Thyreoidektomie ist indiziert bei medikamentöser Therapieresistenz oder Kontraindikationen für einen medikamentösen Ansatz aufgrund
von Nebenwirkungen, Schwangerschaft, Alter oder bei Malignomen.

Thyreotoxische Krise
Die thyreotoxische Krise ist eine seltene, akute Komplikation der Thyreotoxikose, die einen lebensbedrohlichen Notfall mit hoher Letalitätsrate
darstellt.

Letalität:
10–20 % bei adäquater Therapie
Ohne Therapie bis zu 100 %
Ausgelöst durch:
Infektion, Trauma, chirurgische Notfälle oder geplante Operationen
Seltener durch Strahlenthyreoiditis, diabetische Ketoazidose, Schwangerschaftstoxikose
Klinik:
Fieber
Zentralnervöse Symptome:
Leicht: Erregung
Mäßig: Delir, Psychose, extreme Lethargie
Schwer: Krampfanfälle, Koma
GI-Symptome:
Mäßig: Diarrhö, Nausea, Emesis, abdominelle Schmerzen
Schwer: Ikterus
Kardiovaskuläre Symptome:
Tachykardie
Vorhofflimmern
Kongestive Herzinsuffizienz
Diagnostik: Die Serum-Schilddrüsenhormonspiegel sind während der Krise nicht höher.
Therapie:
Flüssigkeits- und Elektrolytsubstitution
Betablocker
Thyreostatika
Bei bedrohlicher thyreotoxischer Krise: Plasmapherese oder Notfall-Thyreoidektomie
Glukokortikoide
Antipyretika
Thromboseprophylaxe

Differenzialdiagnosen
Generalisierte Angst- und Panikstörungen können sich auch mit Tachykardie, Herzklopfen oder Zittern und neuropsychiatrischen Sympto‐
men wie Angst, Agitiertheit, Depression, Schlaflosigkeit und emotionaler Instabilität manifestieren und werden durch schilddrüsenspezifi‐
sche Symptome wie Struma und Lidretraktion, sowie anhand laborchemischer Untersuchungen, die normale Werte für T3,T4 und TSH auf‐
weisen, von einer Thyreotoxikose abgegrenzt.
Eine Kokainkonsumstörung kann auch mit Gewichtsverlust, psychomotorischer Erregung, Tachykardie, Bluthochdruck und Palpitationen
einhergehen und wird durch das Vorhandensein psychiatrischer Symptome wie erhöhtem Selbstwertgefühl, Halluzinationen, Psychosen,
Paranoia usw. differenziert.

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Diabetes mellitus kann ebenfalls mit Gewichtsverlust und Sehbeeinträchtigungen auftreten und lässt sich anhand des Vorliegens von Po‐
lydipsie, Polyurie und Polyphagie von einer Thyreotoxikose unterschieden.
Karzinome können mit Gewichtsverlust, Schwäche und Müdigkeit einhergehen und lassen sich durch normale Schilddrüsenhormonspiegel
(Ausnahme: Schilddrüsenkarzinom) und bildgebende Verfahren zur Lokalisierung von Raumforderungen differenzieren.
Eine kongestive Herzinsuffizienz kann mit Tachykardie, Palpitationen, unregelmäßigem Puls, Bluthochdruck, Ödemen und Dyspnoe auftre‐
ten und wird durch normale Hormonspiegel, EKG und Röntgenthorax von einer hyperthyreotischen Stoffwechsellage differenziert.
Das Schilddrüsenkarzinom präsentiert sich häufig mit Gewichtsverlust und einer Kompressions-Symptomatik durch die Raumforderung,
mit Dysphagie, Heiserkeit und Horner-Syndrom und wird durch bildgebende Verfahren diagnostiziert, die Anzeichen für einen malignen
Befund aufweisen (unregelmäßige Grenzen, Verkalkungen usw.).
Das Phäochromozytom präsentiert sich klinisch mit Hyperhidrose, Palpitationen, Tachykardie, Gewichtsverlust und Angstzuständen und
wird anhand normaler Schilddrüsenhormonspiegel und dem Vorhandensein von Metanephrinen im Plasma differenzialdiagnostisch
erkannt.

Quellen

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