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Theatrale Innovation im 19.

Jahrhundert
Goethe, Tieck, Büchner
Goethe und das Theater

• Kunst des Schauspielers besteht in der richtigen Sprache und


in Körperbewegung
• „Wenn mitten in einer tragischen Rede sich ein
Provinzialismus eindrängt, so wird die schönste Dichtung
verunstaltet und das Gehör des Zuschauers beleidigt. Daher
ist das Erste und Notwendigste für den sich bildenden
Schauspieler, daß er sich von allen Fehlern des Dialekts
befreie und eine vollständige reine Aussprache zu erlangen
suche. Kein Provinzialismus taugt auf die Bühne! Dort
herrsche nur die reine deutsche Mundart, wie sie durch
Geschmack, Kunst und Wissenschaft ausgebildet und
verfeinert worden.“
• Jeder Teil des Körpers steht in der Gewalt des
Spielers, „so daß er jedes Glied gemäß dem zu
erzielenden Ausdruck frei, harmonisch und mit
Grazie gebrauchen könne.“
• „Die Bühne und der Saal, die Schauspieler und
die Zuschauer machen erst ein Ganzes“
• „Das Theater ist als ein figurloses Tableau
anzusehen, worin der Schauspieler die Staffage
macht“
• Goethe nimmt vorweg, was das spätere Theater zu einer
ganzheitlichen Sinneserfahrung macht: Im Mittelpunkt des Theaters
steht das Performative, und dazu gehört das gesamte Arsenal
körperlicher Ausdrucksmittel, die Spieler und Spielleiter einsetzen,
um eine Geschichte szenisch darzustellen bzw. zu verkörpern.
Goethes Faust – ein inkommensurables
Bühnenstück
„Da kommen sie und fragen, welche Idee ich in meinem
Faust zu verkörpern gesucht. Als ob ich das selber wüßte
und aussprechen könnte. Vom Himmel durch die Welt zur
Hölle – das wäre zur Not etwas; aber das ist keine Idee,
sondern Gang der Handlung. Und ferner, daß der Teufel die
Wette verliert und daß ein [...] zum Besseren aufstrebender
Mensch zu erlösen sei: das ist zwar ein wirksamer, manches
erklärender guter Gedanke, aber es ist keine Idee. Je
inkommensurabler und für den Verstand unfaßlicher eine
poetische Produktion, desto besser!“

(Goethe an Eckermann)
• Goethes Lebens-Werk: Ansatz zum Urfaust in der Sturm-
und-Drang-Zeit, Vollendung im vorletzten Lebensjahr des
Autors
• Thematisch vereint die Tragödiendichtung zeitgenössische
Motive (z. B. nicht standesgemäße Liebesbeziehung und
uneheliche Geburt, Kindesmord, Kritik an Kirche und
weltlichen Instanzen) mit allgemeingültigen Fragen der
menschlichen Existenz (Streben nach Erkenntnis, nach des
Lebens letzter Weisheit)
• Auseinandersetzung mit dem Wesen der Kunst und des
Theaters aus der Perspektive des Theatermachers und der
Parodie (übertreibende, verzerrende oder verspottende
Nachahmung eines bereits bestehenden Werkes, Genres
oder einer Person)
Vorgeschichte der Faustfigur

• Der Faust der deutschen Volksbücher (1587)


• The Tragical History of the Life and Death of Dr.
Faustus von Marlowe (1604)
• Die Puppenspielvariante und komödiantische Posse
(mimische Schau)
• Über das 18 Jahrhundert hinaus lebt das Faustmotiv
in enger Verbindung mit jenem des Teufels und des
Hexenwesens zusammen. Stark antifeministische
Züge: Das Weib als Sitz des Übels/des Teuflischen!
• Teuflisches Zauberwesen wiederspiegelt sich parodistisch in den
Walpurgisnachtsszenen, deren authentischer Ausgangspunkt der
legendäre Blocksberg im Harz ist.
• Hexenverbrennungen und Hinrichtungen von Frauen reichen in die
reale Goethezeit (vgl. Susanna Margaretha Brandt, 1772)
Faust als alter ego Goethes

• Faust endet als Hundertjähriger, so wie Goethe selbst gern geendet


hätte
• Faustens Geschichte ist streckenweise der eigenen Geschichte
nachempfunden (Gretchen als Pendant zu Christiane Vulpius; Faust
als fiktiver Vater des Homunkulus vs. Goethe als leiblicher Vater von
August, dem Lebensunfähigen)
Das philosophische Substrat

• Entelechie: - nach Aristoteles die Eigenschaft von etwas, sein Ziel


(telos) in sich selbst zu haben und dies auch zu verwirklichen (z.B.
Schmetterling als Entelechie der Raupe). Die Entelechie des Leibes =
die Seele.
- nach Goethe ist das Ziel wichtig, nach dem jede
Lebensform strebt. Er spricht von einem Prinzip der Metamorphose
auf Grund von Tätigkeit:
„Die Überzeugung unserer Fortdauer entspringt mir aus dem Begriff
der Tätigkeit; denn wenn ich bis an mein Ende rastlos wirke, so ist die
Natur verpflichtet, mir eine andere Form des Daseins anzuweisen,
wenn die jetzige meinen Geist nicht ferner auszuhalten vermag.“
(Goethe an Eckermann)
• Monade: - nach Leibniz: „Die Monade [...] ist nichts anderes als eine
einfache Substanz, die in den zusammengesetzten enthalten ist. Einfach
ohne Teile [...] Wo nun aber keine Teile vorhanden sind, gibt es auch
keine Ausdehung, keine Gestalt und keine mögliche Teilbarkeit. Diese
Monaden sind die Atome der Natur.”

“Jede Monade bildet zusammen mit einem ihr eigentümlichen Körper


eine lebendige Substanz[...] Wenn aber die Monade Organe besitzt die
so eingerichtet sind, daß durch ihre Vermittlung in den Eindrücken, die
sie empfangen und folglich in den Perzeptionen, die diese Eindrücke
darstellen etwas deutlich und herausgehoben erscheint [...], so kann
dies bis zur Bewußtwerdung gehen d.h. bis zu einer Perzeption, die von
Gedächtnis begleitet ist. Ein solches Lebewesen heißt Tier wie seine
Monade eine Seele genannt wird [...] und wenn sich diese Seele bis zur
Vernunft erhebt so ist sie etwas Höheres und man zählt sie zu den
Geistern" (Leibniz: Die in der Vernunft begründeten Prinzipien der Natur und der Gnade,
§4)
- Goethe assoziiert die Monade mit der „Hartnäckigkeit des
Individuums, und dass der Mensch abschüttelt, was ihm
nicht gemäß ist“. Daraus resultiert für Goethe eine sich
hartnäckig bewahrende, unsterbliche Einheit.
• Die „Mütter“: Goethe entwirft das Bild von Urphänomenen,
die er von Plutarch übernommen hat.
• Göttinnen, die als „Mütter“ verehrt wurden und den
Ursprung allen Seins darstellen. Bei Goethe befinden sich die
Mütter in der (antiken) Unterwelt, wohin Faust allein hinab-,
oder wie Mephisto sagt, hinaufsteigen muss, sie stellen das
Beharrende, Unwandelbare und Beständige dar, vor dem
Faust (und Goethe) Furcht empfindet.
Das theatralische Substrat

• Omnipräsenz der Idee vom anwesenden Publikum


• Dreifache Einleitung zum eigentlichen Spiel:
1. Zueignung
2. Vorspiel auf dem Theater
3. Prolog im Himmel
Zueignung (1797)

Ihr naht euch wieder, schwankende Gestalten,


Die früh sich einst dem trüben Blick gezeigt.
Versuch ich wohl, euch diesmal festzuhalten?
Fühl ich mein Herz noch jenem Wahn geneigt?
Ihr drängt euch zu! nun gut, so mögt ihr walten,
Wie ihr aus Dunst und Nebel um mich steigt;
Mein Busen fühlt sich jugendlich erschüttert
Vom Zauberhauch, der euren Zug umwittert. [...]
Goethe: Faust. Der Tragödie erster Teil. V. 1-8
Und mich ergreift ein längst entwöhntes Sehnen
Nach jenem stillen, ernsten Geisterreich,
Es schwebet nun in unbestimmten Tönen
Mein lispelnd Lied, der Äolsharfe gleich,
Ein Schauer faßt mich, Träne folgt den Tränen,
Das strenge Herz, es fühlt sich mild und weich;
Was ich besitze, seh ich wie im Weiten
Und was verschwand, wird mir zu Wirklichkeiten.

Goethe: Faust. Der Tragödie erster Teil. V. 25-32


Vorspiel auf dem Theater (1795/96;
1798)
• Theaterdirektor: Ihr beiden, die ihr mir so oft,
In Not und Trübsal beigestanden,
Sagt, was ihr wohl in deutschen Landen
Von unsrer Unternehmung hofft?
Ich wünschte sehr, der Menge zu behagen,
Besonders weil sie lebt und leben läßt.
Die Pfosten sind, die Bretter aufgeschlagen,
Und jedermann erwartet sich ein Fest.[...]
Wie machen wir‘s, daß alles frisch und neu
Und mit Bedeutung auch gefällig sei?[...]
Dies Wunder wirkt auf so verschiedne Leute
Der Dichter nur; mein Freund, o tu es heute!
Goethe: Faust. Der Tragödie erster Teil. V. 33-58
• Dichter: O sprich mir nicht von jener bunten Menge,
Bei deren Anblick uns der Geist entflieht.
Verhülle mir das wogende Gedränge,
Das wider Willen uns zum Strudel zieht.
Nein, führe mich zur stillen Himmelsenge,
Wo nur dem Dichter reine Freude blüht;
Wo Lieb und Freundschaft unseres Herzens Segen
Mit Götterhand erschaffen und erpflegen.[...]
Was glänzt, ist für den Augenblick geboren;
Das Echte bleibt der Nachwelt unverloren.
Goethe: Faust. Der Tragödie erster Teil. V. 59-74
• Lustige Person: Wenn ich nur nichts von Nachwelt
hören sollte;
Gesetzt, daß i c h von Nachwelt reden wollte,
Wer machte dann der Mitwelt Spaß? [...]
Drum seid nur brav und zeigt Euch musterhaft,
Laßt Phantasie, mit allen ihren Chören,
Vernunft, Verstand, Empfindung, Leidenschaft,
Doch, merkt Euch wohl! Nicht ohne Narrheit hören.
Goethe: Faust. Der Tragödie erster Teil. V. 75-88
Des Theaters erster und letzter Sinn
Ihr wisst, auf unsern deutschen Bühnen
Probiert ein jeder, was er mag;
Drum schonet mir an diesem Tag
Prospekte nicht und nicht Maschinen.
Gebraucht das groß’ und kleine Himmelslicht,
Die Sterne dürfet ihr verschwenden;
An Wasser, Feuer, Felsenwänden,
An Tier und Vögeln fehlt es nicht.
So schreitet in dem engen Bretterhaus
Den ganzen Kreis der Schöpfung aus,
Und wandelt mit bedächt’ger Schnelle
Vom Himmel durch die Welt zur Hölle.

Johann Wolfgang Goethe: Faust, der Tragödie erster Teil. Vorspiel auf dem Theater.
V. 231-242.
Prolog im Himmel (um 1800)

• Die erste Wette: Der Herr und Mephisto wetten um Faust („der
kleine Gott der Welt“)
• Zugeständnis zum Prinzip der Ironie und der Parodie in der
Verkörperung Mephistos
• Der Herr: [...]
Von allen Geistern, die verneinen,
Ist mir der Schalk an wenigsten zur Last.
Des Menschen Tätigkeit kann allzuleicht erschlaffen,
Er liebt sich bald die unbedingte Ruh;
Drum geb ich gern ihm den Gesellen zu,
Der reizt und wirkt und muß als Teufel schaffen.[...]

• Mephistopheles: Von Zeit zu Zeit seh ich den Alten gern [...]
Es ist gar hübsch von einem großen Herrn,
So menschlich mit dem Teufel selbst zu sprechen.

Johann Wolfgang Goethe: Faust, der Tragödie erster Teil. Prolog im Himmel. V.
338-353.
Erstes Fazit

• Goethe durchbricht die aristotelische Form des


(geschlossenen) Dramas
• Er greift einen vorgegebenen Stoff auf und
bearbeitet ihn aus einer intertextuellen und
parodischen Perspektive
• Er führt dem Zuschauer die Mechanismen der
Performance und des Theaters vor Augen
• Er weist den Weg für das spätere Anti-
Illusionstheater
Die Romantik und das Theater

• Der Shakespeare Mythos geht weiter


• Das Bühnenstück als Genre romantischer
Universalität
• Das (Anti)Goethe Bild der Romantiker findet auch
im Dramatischen seinen Reflex durch
• eine deutliche Tendenz zum offenen Drama und
Improvisationstheater auf Grund literarischer
Vorlagen (Intertextualität)
Tieck und Der gestiefelte Kater

• Erstveröffentlichung 1797 im 2. Band der


Volksmärchen von Peter Leberecht
• Im gleichen Jahr erscheint eine weitere Ausgabe mit
vom Herausgeber scherzhaft ergänzten Titel: Der
gestiefelte Kater. Kindermärchen in drei Akten, mit
Zwischenspielen, einem Prologe und Epiloge. Aus
dem Italienischen. Erste unverbesserte Auflage.
Bergamo 1797, auf Kosten des Verfassers. In
Kommission bei Onorio Senzacolpa.
Ein Grenzfall in der Geschichte des
deutschen Lustspiels
• Eine Satire, als „Schauspiel eines Schauspiels“ (A.
W. Schlegel) konzipiert, deren Thema ausschließlich
an das Theater und Theatermachen gebunden ist
• Es geht darum, einen missglückten Theaterabend
und den halb scheiternden Versuch einer fiktiven
Theatergruppe das Märchenstück eines fiktiven
Autors vor einem fiktiven Publikum aufzuführen.
(Fiktiver) Spielraum sowohl auf der Bühne als auch
jenseits der Rampe
• Spiel mit der Illusion, mit mehreren Spielebenen und
Rollendimensionen, mit ontologischen und soziologischen
Gegebenheiten des Theaters.
• Thematisch markiert das Stück die Entfremdung von
bürgerlichem Dichter und bürgerlichem Publikum , da beide
als „Banausen“ (filistini) im Stück verlacht werden.
• Metatheater in Form von Parodie und Travestie
• Eine beinahe schon an die Postmoderne grenzende
Umkehrung von Theater und Wirklichkeit, eine zumindest
der romantischen Ironie entsprechende Relativierung der
Kategorien Fiktion und Realität!
Büchner zwischen realistischem und
absurdem Theater
• „Der dramatische Dichter ist in meinen Augen nichts als ein
Geschichtsschreiber, steht aber über letzterem dadurch, daß er uns
die Geschichte zum zweiten Mal erschafft und uns gleich
unmittelbar, statt eine trockene Erzählung zu geben, in das Leben
einer Zeit hinein versetzt, uns statt Charakteristiken Charaktere und
statt Beschreibungen Gestalten gibt.
Seine höchste Aufgabe ist, der Geschichte, wie sie
sich wirklich begeben, so nahe als möglich zu
kommen. Sein Buch darf weder sittlicher noch
unsittlicher sein, als die Geschichte selbst; aber die
Geschichte selbst ist vom lieben Herrgott nicht zu
einer Lektüre für junge Frauenzimmer geschaffen
worden, und da ist es mir auch nicht übel zu
nehmen, wenn mein Drama ebensowenig dazu
geeignet ist. Ich kann doch aus einem Danton und
den Banditen der Revolution nicht Tugendhelden
machen!“
Georg Büchner: Brief an die Familie (Straßburg, 28. Juli 1835).In: Werke
und Briefe. Diogenes, 1988: 312
• Plädoyer für eine Poetik der Nachahmung mit Verzicht auf
Beschönigung, ästhetisierender Auswahl der Bilder und der Sprache
• Uneingeschränktes Interesse für Fakten der Alltagsrealität und die
menschliche Psyche in ihrer ganzen Abgründigkeit
• Starke Schillerkritik
„Der Dichter ist kein Lehrer der Moral, er erfindet
und schafft Gestalten, er macht vergangene Zeiten
wieder aufleben, und die Leute mögen dann daraus
lernen, so gut, wie aus dem Studium der Geschichte
und der Beobachtung dessen, was im menschlichen
Leben um sie herum vorgeht. Wenn man so wollte,
dürfte man keine Geschichte studieren, weil man
sonst Unanständigkeiten sehen könnte,[...] und
müßte über einen Gott Zeter schreien, der eine
Welt erschaffen, worauf so viele Liederlichkeiten
vorfallen.
Wenn man mir übrigens sagen wollte, der Dichter
müsse die Welt nicht zeigen wie sie ist, sondern wie
sie sein solle, so antworte ich, daß ich es nicht
besser machen will, als der liebe Gott, der die Welt
gewiß gemacht hat, wie sie sein soll. Was noch die
sogenannten Idealdichter anbetrifft, so finde ich,
daß sie fast nichts als Marionetten mit
himmelblauen Nasen und affektiertem Pathos, aber
nicht Menschen von Fleisch und Blut gegeben
haben [...] Mit einem Wort, ich halte viel von
Goethe oder Shakespeare, aber sehr wenig von
Schiller.“
Georg Büchner, ebenda, 313
• Theater als Instrument politischer Aussage
• und als Instrument menschlicher Erkenntnis sowohl
im soziologischen, philosophischen und
psychoanalytischen Sinn
• Büchner konstruiert bewusst Menschen, die auf
Grund ihrer Konfrontation mit der Gesellschaft und
der Welt ihr eigenes Ich als Marionetten
„verkleiden“ [lassen] (Vgl. Leonce und Lena;
Woyzeck)
• Theatertechnisch benötigt Büchner offene Strukturen, literarische
Vorlagen, auf die er kritisch-satirisch und parodistisch zurückgreift
(comedia dell Arte und Brentanos Ponce de Leon)
• Er bringt dadurch ein Bild der menschlichen Absurdität auf die
Bühne, wie sie im 20. Jahrhundert nicht beeindruckender inszeniert
wurde.
Büchners Anti-Märchen führt Welt und
Theater ad absurdum
• Erstes Kind: Marie, sing du uns!
• Marie: Ich kann nit.
• Erstes Kind: Warum?
• Marie: Darum.
• Zweites Kind: Aber warum darum?
• Drittes Kind: Großmutter, erzähl!
• Großmutter: Kommt, ihr kleinen Krabben! – Es war einmal ein arm Kind und hatt'
kein Vater und keine Mutter, war alles tot, und war niemand mehr auf der Welt.
Alles tot, und es is hingangen und hat gesucht Tag und Nacht. Und weil auf der
Erde niemand mehr war, wollt's in Himmel gehn, und der Mond guckt es so
freundlich an; und wie es endlich zum Mond kam, war's ein Stück faul Holz. Und
da is es zur Sonn gangen, und wie es zur Sonn kam, war's ein verwelkt
Sonneblum. Und wie's zu den Sternen kam, waren's kleine goldne Mücken, die
waren angesteckt, wie der Neuntöter sie auf die Schlehen steckt. Und wie's
wieder auf die Erde wollt, war die Erde ein umgestürzter Hafen. Und es war ganz
allein. Und da hat sich's hingesetzt und geweint, und da sitzt es noch und is ganz
allein.
Fazit

• Dominanz des tradierten aristotelischen Theaterkanons in


der deutschen Dramatik des 19. Jahrhunderts auf Grund der
aus bildungspolitischen Absichten propagierten
Klassikverehrung
• Innovatorische Momente, wie die hier aufgezeigten, können
nur spät in ihrer ganzen Relevanz rezipiert und verwertet
werden
• Sie verdeutlichen jedoch das Vorhandensein einer
modernistischen Sichtweise über das Theater, die im 20.
Jahrhundert vor allem nach dem II. Weltkrieg zur Geltung
gelangt ist
• Zwei Richtungen zeichnen sich in dieser Beziehung ab: eine
politische und eine existenziell-ästhetische

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