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nachrichten g 3336 23.3.2006 22. jahrg./issn 0945-3946 1,30 ¤
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CDUler unterstützt
Berlusconi Kaffekränzchen für Kriegs-
Düsseldorf/Rom. Der Düsseldorfer
CDU-Stadtrat Maurizio Giangreco tritt
verbrecher gesprengt
für Berlusconis Partei „Forza Italia“ an.
Der in Palermo geborene Italiener, der
für eine internationale Stahl-Holding
tätig ist, wirbt um die Stimmen von 2
Millionen Italienern, die im Ausland le-
ben und nun erstmals per Briefwahl an
den Parlaments- und Senatswahlen am
9./10. April in Italien teilnehmen kön-
nen. Giangreco gehört seit 17 Jahren
der CDU an und ist nicht Mitglied der
Berlusconi-Partei. Sollte der CDU-
Mann gewählt werden, will er zwischen
Düsseldorfer Stadtrat und dem römi-
schen Parlament pendeln. Dem neuen
Wahlbündnis Berlusconis gehört auch
die neofaschistische „Alternativa So-
ciale“ um die Mussolini-Enkelin Ales-
sandra Mussolini an. Auch mit der neo-
faschistischen Partei „Movimento So-
ciale - Fiamma Tricolore“ hat es bereits
erste Gespräche gegeben. Deren Sekre-
tär, Luca Romagnoli, hatte erst kürzlich
den Holocaust geleugnet.
Der italienische Bestsellerautor Um- Antifaschisten hatten gründlich So fragte Antje Kosemund vom Lan-
berto Eco sieht Italien vor dem Ab- recherchiert: Seit zehn Jahren desvorstand der VVN den Vertreter der
grund der Diktatur. Das Schiff könnte treffen sich die Kriegsverbrecher Handelskammer, wie das Treffen der
untergehen, warnt der Buchautor seine der Waffen-SS in der Pachtgaststätte Handwerkskammer zehn Jahre verbor-
Landsleute. Beim Urnengang gehe es „Remter“ im Gebäude der Hamburger gen bleiben konnte, ohne dass dem Päch-
darum, die Demokratie und die Institu- Handelskammer. Bei Kaffee und Kuchen ter oder dem bedienenden Personal et-
tionen zu retten. hma ■ versammelten sich bis zu einhundert äl- was aufgefallen sei. Die HIAG sei nicht
teren Kriegsveteranen und ihre Frauen als Organisation aufgetreten sondern
General a.D. im Interview ein Mal im Monat, um – wie auf einem habe sich eingeschlichen. Wie lange die-
heimlichen Mitschnitt dokumentiert – se dubiosen Treffen zurückreichen kön-
Zülpich. Brigadegeneral a.D. Andreas gegen die „Herrschaft des Weltjuden- ne, er deshalb nicht sagen, so Haas. „Bis
Broicher, zuletzt General für die Ausbil- tums“ zu geifern, die eigene Jugend, den zum 4. Februar 1975“ konterte Felix
dung im deutschen Heer, hat der „Deut- Krieg und die Waffen-SS zu verherrli- Krebs, Sprecher des antifaschistischen
schen Nationalzeitung“ des DVU-Chefs chen. Doch damit ist nun Schluss! Aktionskreises. Hier habe sich die HIAG
Gerhard Frey ein Interview gegeben. Am 16. März blockierten etwa 100 nachweislich zum ersten Mal im Haus
Broicher ist Verfasser des Buches „Ger- Gegendemonstranten den Eingang zur der Handwerkskammer getroffen.
hard von Scharnhorst. Soldat – Refor- Handelskammer, wo die Jahreshauptver- Weniger in einem direkt organisatori-
mer – Wegbereiter“, das im Aachener sammlung der Hamburger Gruppe der schen –, wohl aber inhaltlichen Zusam-
„Helios-Verlag“ von Karl-Heinz Pröhu- „Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit menhang steht die Initiative für eine
ber erschienen ist. Im vergangenen Jahr der Soldaten der ehemaligen Waffen-SS“ strafrechtliche Verfolgung von NS-Ver-
war Broicher Mitunterzeichner des Auf- (HIAG) stattfinden sollte. Gegenüber der brechen. Unter dieser Forderung rufen
rufs „Gegen das Vergessen“ des um die reichlich anwesenden Presse ließ der Hamburger AntifaschistInnen zu abge-
„Junge Freiheit“ angesiedelten „Institut aufgeschreckte Handwerkskammer-Vor- stimmten Aktionen gegen die noch le-
für Staatspolitik“. hma ■ standssprecher Peter Haas denn auch benden Kriegsverbrecher des Massakers
nicht lange auf sich warten. Eine halbe von Sant’Anna di Stazzema in der ersten
Stunde nach Beginn der Blockade trat Maiwoche rufen auf. Darunter:
Aus dem Inhalt: Haas vor die Demonstranten und kündig- ◗ Hamburg und Schleswig-Holstein:
te an, dass die Altnazis „sofort“ aus dem Gerhard Sommer
Mannheim: Eine Region wehrt sich!
Nazidemo für 8.4. geplant . . . . . . . 5
Gebäude gewiesen werden, dessen Nut- ◗ Berlin-Brandenburg: Karl Gropler
Frankreich: Militante Neofaschisten zung sie sich unter falschen Namen er- ◗ Nordrhein-Westfalen: Horst Richter,
als Streikbrecher . . . . . . . . . . . . . . .8 schlichen hätten. Doch der Imagescha- Alfred Schöneberg, Ludwig Heinrich
den für die Standesorganisation bleibt. Sonntag Fortsetzung Seite 3
: meldungen, aktionen
des Naziregimes mit „Heldenkundge-
bungen“ relativiert und die Opfer des Fa-
schismus verleumdet werden.
Rechtsextremisten wollen mitleidslos verprügelt. Die Opfer muss- Dr. Hans Coppi
„Slow Food“ unterwandern ten ins Krankenhaus eingeliefert werden. Vorsitzender der Berliner VVN-BdA
Nur 6 Tage später wurden zwei linke Ju- Presseerklärung vom 13. März 2006 ■
Auf zwielichtigen Zuwachs muss sich gendliche von 3 Neonazis vor einer Suh-
wohl die Bewegung „Slow Food“ ein- ler Kneipe zusammengeschlagen. Ca. 25
stellen, die die Kultur des Essens und PassantInnen und BesucherInnen der
Trinkens pflegen und lebendig halten Gaststätte schauten regungslos zu. Schon
will. Zur Mitgliedschaft in der „interna- über den gesamten Abend versammelten
tionalen Vereinigung bewusster Genießer bis zu 20 Neonazis in der Kneipe und be-
und mündiger Konsumenten“ (so die Ei- schimpften politisch-links anmutende
gendarstellung) hat jetzt nämlich auch Menschen.
die rechtsextremistische „Nationaldemo- Durch das aggressive Auftreten der
kratische Partei Deutschlands“ (NPD Neonazis entwickelt sich in Suhl schon
aufgerufen. In einem entsprechenden seit geraumer Zeit ein Klima der Angst
Aufruf, der vom Verfassungsschutz unter für alle Menschen, die nicht in das kran-
anderem wegen antisemitischer Aktivitä- ke Weltbild der Neonazis passen. Diese
ten beobachteten Partei, wird gewürdigt, Entwicklung gilt es zu stoppen.
„Slow Food“ setze sich für den Erhalt www.agst.antifa.net
gewachsener kulinarischer Bräuche ein agst@systemli.org
und lege Wert darauf, Genuss nicht mit Antifaschistische Gruppe Südthüringen ■
Luxus zu verwechseln.
Allerdings ist auch der NPD klar, dass Gespenstischer Aufmarsch
ihre Mitglieder nicht mit offenen Armen
bei „Slow Food“ empfangen würden: in Halbe
„Die Verantwortlichen von Slow Food Berlin. Als die Veranstalter erstmals für
würden sich selbst wohl nicht als rechts den 11. März 2006 die Demonstration in
bezeichnen. Dennoch ist es für jeden na- Halbe anmeldeten, hatten sie offensicht-
tional und konservativ Denkenden nahe- lich in den Tausendjährigen Kalender der
Courage gegen Rechts!
liegend, sich ihnen anzuschließen.“ Nazis geschaut. 1939 verfügte Hitler, am Die „Kameradschaft Gütersloh“ hat am
Thomas Klaus ■ 16. März, dem Tag der Wiedereinfüh- 25.3. ab 12 Uhr eine Demonstration in
rung der allgemeinen Wehrpflicht im Gütersloh angemeldet. Unterstützt wird
Erneut brutaler Naziüber- Jahre 1935, den Heldengedenktag zu be- sie dabei vom „Aktionsbüro West-
gehen. Wenn der 16. März nicht auf den deutschland“ und anderen Nazi-Gruppie-
griff in Suhl Sonntag fiel, sollte er am Sonntag zuvor rungen.
In Suhl kam es in der Vergangenheit im- stattfinden. Für den verbrecherischen Seit über 25 Jahren hat es in Gütersloh
mer wieder zu brutalen rechtsextremis- Krieg bedurfte es wieder toter Helden. keinen Nazi-Aufmarsch mehr gegeben.
tisch-motivierten Übergriffen und Pöbe- Der sinnlose Kriegstod wurde zum Hel- Das Bündnis „Courage gegen Rechts“
leien auf politisch-linke Jugendliche. So dentod umgedeutet. möchte dafür sorgen, dass es auch in Zu-
auch am vergangenen Wochenende. In Der gespenstige Demonstrationszug kunft so bleibt. Der menschenverachten-
der Nacht vom 3. zum 4. März gegen 24 am 11. März in Halbe stand in Kontinui- den Ideologie der Faschisten setzen wir
Uhr griffen etwa 7 Neonazis zwei Punks tät zu den kriegsverherrlichenden Insze- unser solidarisches Miteinander und fan-
am Suhler Kaufhof an und schlugen die- nierungen der braunen Welteroberer und tasievollen Widerstand entgegen. Keinen
se zusammen. Die Täter traten und ihrer millionenfachen Verbrechen. Statt Fußbreit den Faschisten! Kein Naziauf-
schlugen alle gleichzeitig auf ihre am die Veranstaltung in Halbe als „national- marsch in Gütersloh und anderswo!
Boden liegenden Opfer ein. Von den an sozialistische Heldenverehrung“ und da- Treffpunkt: 9.00 Uhr am Hauptbahnhof
den Haltestellen stehenden Menschen mit als eindeutiges Propagandadelikt zu Weitere Informationen unter:
griff niemand ein. Selbst der SNG (Suh- verbieten, sorgten die Zuständigen dafür, www.courage-gegen-rechts.de.vu ■
ler Nahverkehrsgesellschaft) Busfahrer dass die Nazis in Halbe die Trommeln
setzte seine Fahrt fort, als einer der An- schlagen, marschieren und den „Helden- Gedenkinstallation wieder
gegriffenen hilfesuchend an seine Fah- gedenktag“ in Kontinuität zu ihren natio-
rertür schlug. nalsozialistischen Vorbildern begehen „an Ort und Stelle“
Lediglich zwei Jugendliche, die das Ge- konnten. Köln. Die Gedenkinstallation „Die
schehen aus einiger Entfernung mitbeka- Die Polizei schirmte die Veranstaltung Schwelle“, die von der Kölner Initiative
men, konnten helfen, als die Angreifer der Nazis weiträumig ab. Gegendemons- „Die Bahn erinnern“ im Rahmen des Ge-
bereits geflüchtet waren. Die Opfer er- tranten standen mit ihrem Protest nicht denktages zur Befreiung von Auschwitz
statteten Anzeige. Laut ZeugInnenaussa- nur weit weg von dem gespenstigen Auf- vor dem Hauptbahnhof am 28.1.2006
gen wurden auch „Tatverdächtige“ auf- zug. Sie mussten zuvor entwürdigende enthüllt und den BürgerInnen der Stadt
gegriffen. Inwieweit diese strafrechtlich Kontrollen über sich ergehen lassen, und Köln übergeben wurde, wurde Rosen-
belangt werden, wird sich zeigen. ihre Personalien wurden festgehalten. montag (27.2.) von ihrem Platz vor dem
In der unmittelbaren Vergangenheit Die Berliner Vereinigung der Verfolg- Kölner Hbf. entfernt. Erst nach einem
kam es in Suhl oftmals zu brutalen Über- ten des Naziregimes- Bund der Antifa- längeren Moment der Unklarheit erfuh-
griffen auf Punks, Alternative und ver- schisten protestiert gegen die Kriminali- ren die InitiatorInnen, dass „Die Schwel-
meintliche Linke. In der Nacht zum 23. sierung antifaschistischen und zivilge- le“ in das Gepäckcenter des Kölner
Dezember wurden vor der Gaststätte sellschaftlichen Engagements und erwar- Hauptbahnhofes verbracht worden ist. In
„Ziegenberger Bierstübchen“ im Suhler tet, dass Propagandaveranstaltungen der einem Gespräch am 3.3. mit dem Bahn-
Stadtteil Nord zwei alternative Jugendli- Neonazis verboten werden, auf denen die management wurde ihnen versichert,
che von über 6 RechtsextremistInnen Geschichte verfälscht, die Verbrechen dass der Grund der Entfernung an die-
Gesetzentwurf
der Abgeordneten
Josef Philip Winkler,
Volker Beck (Köln),
Wolfgang Wieland,
Claudia Roth (Augs-
burg) und der Frak-
tion BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN
Rezension: 15. Oktober 1941 die von den gänge zugeschnitten, dass der „Zyklus von fünf Stadien“
Detaillierte Autoren ausführlich beschrie- Prozess der Deportationen studiert : „(1) Die Entstehung
Dokumentation über bene zweite Deportationspha- greifbar wird. Greifbar wird, einer Bewegung; (2) ihre Ver-
die „Juden- se mit einem Transport von wie die als Juden oder Zigeu- ankerung im politischen Sys-
deportationen“ 1005 Menschen von Wien ner rassisch verfolgten Men- tem; (3) ihr Griff nach der
nach Litzmannstadt (Lodz) schen aus den jeweiligen Macht; ( 4) die Machtaus-
Mehr als sechzig Jahre begann. Allei ne bis zum 3. Städten herausgerissen und übung und schließlich, (5)
nach Ende des Zwei- November folgten weitere abtransportiert wurden. Deut- die längerfristige Entwick-
ten Weltkriegs er- Transporte mit ungefähr lich wird, dass dieser Vorgang lung, wobei für faschistische
scheint nun ein „ansatzweise 19.000 Personen aus mehre- von der Bevölkerung nicht Regimes hier die Alternative
vollständiges Verzeichnis“ ren Städten des Deutschen unbemerkt bleiben konnte. In Radikalisierung oder Nieder-
der „Judentransporte“ aus Reiches zum gleichen Ziel. der Regel waren es nicht die gang lautete.
dem Deutschen Reich, dem Die Transporte von mehreren Güterwaggons, die bei den Obwohl jedes Stadium
Gebiet des damaligen zehn tausend Personen in die Deportationen aus den besetz- eine Voraussetzung für das
Deutschlands einschließlich Ghettos von Minsk, Kowno ten Gebieten eingesetzt wur- nächste ist, muss keine fa-
des bereits angeschlossenen und Riga folgten bis zum den, sondern normale Perso- schistische Bewegung sie alle
Österreichs sowie Böhmen Februar 1942. Ab Mai 1942 nenzüge – manchmal auch durchlaufen oder sich gar nur
und Mähren. Aufgelistet wer- begannen die Transporte in nur ein Waggon, der z.B. von in eine Richtung entwickeln“
den 648 Transporte, in denen die Vernichtungslager, erst in Berlin Anhalterbahnhof bis (S.41).
268.000 Menschen mit der Zügen mit relativ geringer nach Theresienstadt fuhr und Der Erste Weltkrieg war
Reichsbahn in die Lager und Personenzahl nach Ausch- an einen regulären Zug ange- die „entscheidenste direkte
Ghettos im Osten gefahren witz, dann in steigender Per- hängt wurde. Vorbedingung für den Fa-
wurden. 470 dieser Transpor- sonenzahl auch in die anderen Im Deutschen Technikmu- schismus“ (S. 48) . Nach
te werden kommentiert: Wie Vernichtungslager. seum Berlin ist dazu eine Kriegsende und seinen sozia-
viele Menschen waren es? Das Buch verdeutlicht, kleine Ausstellung im Lok- len und politischen Verwer-
Woher kamen sie? Wo waren dass sich die Methoden der schuppen II zu sehen, wo ein fungen stürzte „eine Bevölke-
die Sammellager? Welcher Deportationen dynamisch von Güterwaggon daran erinnert, rung, die gelernt hatte, öffent-
Vorwand wurde den Depor- Monat zu Monat änderten, bis dass es die Reichsbahn war, liche Lösungen der ökonomi-
tierten genannt? Außerdem sie das Stadium der durchor- die Millionen in den Tod schen Probleme zu erwarte-
das Durchschnitts alter, der ganisierten Massentransporte transportierte. ten, ins Ungewisse (S. 50).
Bahnhof, die Strecke, der erreichten. Die Autoren konn- Thomas Blum ■ Bereits die faschistischen
Zug. Was widerfuhr den De- ten auf weitgehend vollstän- übernommen aus „monitor“, „Urprogramme“, die die Kri-
portierten bei der Ankunft? dige Namenslisten zurück- rundbrief des apabiz, Nr. 24 senlage reflektierten und erst
Wie viele Personen haben den greifen, die vom Bundesar- die Praxis zeigten, dass der
Holocaust über lebt? chiv dieses Jahr veröffentlicht Gottwald, Alfred; Schulle, „Antikapitalismus der Fa-
Das Buch arbeitet in einer werden sollen. Sie sichteten Diana: „Die ,Judendeporta- schisten höchst selektiv war“
ausführlichen Einleitung über die zur Verfügung stehenden tionen‘ aus dem Deutschen (S.86). Um an die Macht zu
frühe Deportationen im NS Quellen aus der Literatur, aus Reich 1941-1945“. Wiesba- kommen, trafen Mussolini
Staat heraus, wie sich das Lokalstudien, aus Bahnunter- den 2005, 509 S., 15 Euro und Hitler „pragmatische Ent-
System schrittweise entwi- lagen und sammelten, was scheidungen“ (S. 87) – gegen
ckelte. Angefangen von den aus GESTAPO-Akten noch Paxton: „Anatomie die faschistischen „Puristen“.
massenhaften Ausweisungen zur Verfügung steht. So legten Entgegen allen Mythenbil-
polnischer Juden aus dem sie Wert auf die faksimilierte des Faschismus“ dungen kamen Mussolini und
„Großdeutschen Reich“ in Wiedergabe möglichst sämtli- (Jetzt auf Deutsch!) Hitler nicht via Coup d’Etat,
den Wochen vor der Reichs- cher „Deportationsrichtlini- sondern durch Zusammenar-
pogromnacht 1938, als die lo- en“ der GESTAPO sowie da- Paxtons Buch über- beit mit (Teilen von ) konser-
gistischen Erfahrungen ge- rauf, Beispiele für die Vor- rascht durch seine vativen Eliten an die Macht
sammelt wurden, die sich be- gänge der Deportation mit der prozesshafte Metho- (S. 142 ff.). Es kam zu einem
reits bei der Einweisung von Eisen- bahn in historischen de. Statt eine – im Hegel- „Herrschaftskompromiss“ (S.
26.000 bis 30.000 männlichen Aufnahmen abzubilden. An- schen und Marxschen Sinne – 149). Paxton durchaus diffe-
deutschen Juden in die Kon- hand der vielen Fotos, Stadt- „abstrakte“ Formel für den renziert: „Das Nazi-Regime
zentrationslager nach der Po- pläne, Landkarten und Doku- Faschismus zu geben, wird zu und die Wirtschaft hatten
gromnacht auswirkten. Be- mente wird der grausige Pro- Beginn an dessen konkret - konvergierende, aber keine
richtet wird, wie die erste zess anschaulich. Zitiert wer- historische Funktion erinnert: identische Interessen“ (S.
Phase der Deportationen mit den Briefwechsel und Verord- Schaffen einer „Diktatur ge- 145).
Beginn des Krieges am 1. nungen der NS-Bürokratie, gen die Linke unter der be- Die Machtergreifung von
September 1939 gestartet die Praxis der Deportationen geisterten Zustimmung der Mussolini und Hitler war in
wurde, als die Möglichkeiten wird in Beziehung gesetzt zu Bevölkerung“ (S.11). keiner Weise „unvermeidlich“
zu Flucht und Migration er- den politischen Beschlüssen Ein weiterer methodischer S. 151). Die Politik liberaler
heblich eingeschränkt waren. des Regimes. Baustein ist für Paxton wich- und konservativer Eliten bzw.
Die in dieser Phase gemach- Hervorzuheben ist, dass tig: „Ich konzentriere mich das Versagen der ArbeiterIn-
ten Erfahrungen wurden per- diese detaillierte Dokumenta- im Gegensatz zur üblichen nenbewegung machte sie
fektioniert, bevor im Oktober tion sich weder im Konkreten Praxis stärker auf die Hand- möglich. Paxton bewusst pro-
1941 ein allgemeines Aus- verstrickt noch im Allgemei- lungen der Faschisten als auf vokant: „Die genauere Be-
wanderungsverbot für Juden nen verliert. Die Informatio- ihre Worte“ (S. 9). trachtung, wie faschistische
aus dem deutschen Machtbe- nen sind so knapp und präzise Genesis und Entwicklung Führer Regierungschefs wur-
reich verhängt wurde und am auf die dokumentierten Vor- des Faschismus werden als