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Einführung in die Deutsche Philologie WS 15/16

Sprachwissenschaft
Teildisziplinen
Wichtigsten Teildisziplinen der Sprachwissenschaft – Komplexe Bezüge zueinander
Große Einteilung: deskriptiv und diachron (Sprachgeschichte)
1. Semiotik
Sprache ist System sprachlicher Zeichen, Semiotik befasst sich mit den „sprachlichen Zeichen“ –
verbal und nonverbal
Semiotisches Dreieck: Begriff (Denken)
Gegenstand (Realität)
Benennung (Sprache) durch abstraktes Vorstellen des Gegenstandes

2. Phonetik
Wissenschaft von den Phonemen (Lauten), Transmission und Rezeption von Sprachschal unter
Berücksichtigung des Kontextes, Unterschiede in IPA – Transkription, Artikulation bei jeder
einzelnen Aussprache unterschiedlich
 Artikulatorische Phonetik
Teildisziplin – Artikulation, Luftstrom – Ausströmen entsteht Laut
Kehlkopf: stimmlos – stimmhaft (z.B. p – b)
Ansatzrohr: Mund-, Rachen- Nasenraum, Konsonanten – Vokale
Spektogramm: misst Frequenzbereiche chronologisch, Formanten: meistes Energieniveau
 Forensische Phonetik
Spracherkennung
Oszillogramm: misst Lautstärke, Höhe

3. Phonologie
Phonologie – kleinste bedeutungsentscheidende Einheit einer Sprache, Funktion einzelner Laute
Phonem: alle „Varianten“ eines Lautes, der in einer Sprache „zusammengehört“ ohne die Bedeutung
zu ändern
Bsp.: Wasser = Vasser - /v/-Phonem aber wet =/= vet /w/- und /v/-Phonem im Englischen

4. Morphologie
Morphem: kleinste nicht mehr in kleinere Teile mit Bedeutung aufspaltbare Einheit
3 Arten:
 Wurzel: pro Wort mind. 1 Wurzelmorphem, z.B. Haus, Tür, rot
 Flexionsaffixe: nur in Kombination mit Wurzelmorphem, grammatische Elemente,
„ausdrucksseitige“ Veränderung anhand gram. Kategorien, z.B. –en, -s, -st,…
 Derivationsaffixe: nur in Verbindung mit Wurzelmorphem, „gebundenes
Wortbildungselement“, z.B. –chen, -bar, un-, zer-,…
Subdisziplinen der Morphologie:
 Wortbildung: Wurzel + Wurzel (Haustür) oder Wurzel + Derivation (Häuschen)
 Flexionsmorphologie: Flexion – Grammatik

5. Syntax
„Grammatik oberhalb der Wortebene“, Konstruktion von Sätzen als Kombination von Wörtern,
Regeln dieser Konstruktion und ihre Struktur
 Zusammenhand Syntax und Flexionsmorphologie:
Perfekt-Bildung: Perfekthilfsverb (sein, haben) + Partizip II -> syntaktisch
Präteritum: synthetische Verbalform: am Verb verändert -> Flexionsmorphologie

6. Textlinguistik
Was ist ein guter, grammatikalisch richtiger, strukturierter, leserfreundlicher etc. Text?
Teildisziplinen: Textgrammatik, -semantik, -pragmatik
Sprachliche Äußerung: Phoneme und Morpheme; Kommunikation: andere Ebene!
 Textgrammatik: gram. Perspektive
 Textkohäsion: formal-syntaktischer Zusammenhang (z.B. Vor- und Zurückweisendes)
 Textkoheränz: inhaltlich logischer Aufbau (wichtig für Textsemantik)

7. Semantik
„Inhalt, Bedeutung“ sprachlicher Einheiten
Wortsemantik: Inhalt von Wörtern in Gegenwart und Vergangenheit -> sprachgeschichtlicher Wandel,
Bedeutungsvarianten (z.B. Flügel,…)

8. Pragmatik
Art der Sprachbetrachtung – Kontext und Sprecher werden miteinbezogen
grie. pragma – Sache, Ding, tun, handeln
Gebrauch spraclicher Zeichen/Mitel in versch. Kontexten/Situationen

9. Variationslinguistik
Koexistenz verschiedener sprachlicher Varianten (lautliche, morphologische, syntaktische,
lexikalische)
Varietäten: Subsysteme einer Sprache / Klassifikationen:
 Funktional: z.B. Fachsprache
 Soziolektal: z.B. Gruppensprache
 Areal: z.B. Dialekte, Regiolekte, Regionalakzente

Germanistische Sprachwissenschaft
Germanistische Sprachwissenschaft: deutsche Sprache, historisch und gegenwartssprachlich, und ihre
Varietäten
Früher: „wie Slawistik“, alle germanischen Sprachen, heute: Germanistik, Niederlandistik,…

1. Germanisch
Etwa 1000 v. Chr. Bis 500 n. Chr. (umstritten)
Quellenlage: schwach (z.B. vgl. Latein):
 Einzelwortnennung in lat. Texten
 Lehnwörter in Nachbarsprachen
 Runeninschriften (z.B. Helm von Negau“ – Namensinschrift, umstritten)
Erste Lautverschiebung: Konsonanten zu Reibelauten (z.B. p zu f), nur germanische Sprachen
innerhalb der indoeuropäischen (z.B. Englisch, Deutsch(Westgermanisch), Gotisch(Ostgermanisch),
Niederländisch, Schwedisch,…)

2. Althochdeutsch
Etwa ab 6. Jh. n. Chr. (umstritten)
Zweite bzw. Althochdeutsche Lautverschiebung: Konsonanten, Ergebnisse bis heute spürbar
Hildebrandslied: ältestes germanischen Heldenlied (830, Ende 8Jh. Urtext)
Umschlagseiten lat.-theolog. Handschrift
Sagenkreis Attila, Odoaker, Theoderich
Bairisch/Oberdeutsch
„Alt-“ erste, älteste Epoche der deutschen Sprachgeschichte
„-hoch-“ räumlich
„-deutsch“ von germ. Volk, Stamm, erst ab etwa 1100 als „Sprache“

3. Dialektologie und Regionalsprachenforschung


Zweite Lautverschiebung im deutschsprachigen Raum unterschiedlich stark durchgeführt – vorallem
in Dialekten erkennbar
Oberdeutsch: zweite Lautverschiebung am stärksten
Niederdeutsch: zweite Lautverschiebung nicht durchgeführt
Isoglossen: „Dialektgrenzen“, nach „Kennwörtern“ (z.B. ich-ik, maken-machen)
Benrather Linie = maken/machen Linie – niederdeutsch/hochdeutsch Abgrenzung
Hochdeutsch: dialektgeographischer Sprachraum (Mittel- und Oberdeutsch)
Standartsprache (Hochsprache): umgangssprachliches „Hochdeutsch“
Dialekt: kleinstregional und standartfernst
Regionalsprachenforschung: regionale Sprachvariationen zwischen Standardsprache und
Basisdialekt
Standardsprache – Regionalsprachen – Basisdialekte
Standartsprache: areal nicht sehr ausgeprägt, wenige Variäteten
Regionalsprachenforschung-Beispiele:
Atlas zur deutschen Alltagssprache
Deutsch heute
Deutsch als Fremdsprache
 Lernen von Deutsch als Nicht-Erstsprache in einer amtlich nicht-deutschsprachigen Region
 Etwa 90 Millionen DaE-Sprecher
 Ersten drei Lebensjahre wichtig für Erstsprachenerwerb!
 Nicht Muttersprache! - Erstsprache
 Deutsch innerhalb Europas verbreitetste Erstsprache (18%)
 14% DaF in Europa (wie Französisch)
 Osteuropäischer Raum, Nebenstaaten und West-Afrika: hohe DaF-Lernerzahlen
 Höchste Zahlen(absolut): Polen, Russland, Frankreich
 In Asien stark sinkend
 Afrika: deutlich ansteigend
Didaktik:
Dreieck: Lehrperson, Lernender, Lerngegenstand
Lehrperson:
Kompetenzen – großer Forschungsbereich: z.B. Deutschkenntnisse (nicht nur DaE), Wissen zur
Sprache/Grammatik, didaktische Fähigkeiten, fremdsprachendidaktische Kompetenzen
(Leseförderung, Hörverstehen und Sprechen fördern,…)
Weiters: Motive, Einstellungen der Lehrpersonen
LernerIn:
 Alter: Wer lernt besser? Erwachsene: Wortschatz und Grammatik besser, Kinder Phonetik und
auf längere Sicht besser
 Geschlecht: kein Geschlecht deutlich besser
 Persönlichkeit: extrovertiert/introvertiert – kein genaues Ergebnis
 Motivationen
 Erstsprache: typologisch distante Erstsprachen machen DaF-Lernen schwieriger
 Lernstile/-strategien/-autonomie: Lerntype, Kompetenzen im Sprachenlernen
Lerngegenstand:
Was soll gelernt werden?
 Sprache (Varietäten: Österreich/Deutsch Deutsch, Jugendsprache, Arbeitssprache,..)
 Kultur: Landeskundlich, Denkmuster, zentrale Begriffe der Kultur (-> Horizonte erweitern)
 Literatur (in den letzten 10 Jahren stark zurückgegangen)
 Sprachlernbewusstheit: Nachdenken über eigene Lernprozesse, Möglichkeit (autonom) neue
Sprachen zu lernen
 Sprachbewusstheit: Nachdenken über Sprache, Möglichkeit durch Kenntnis einer „anderen“
Sprache
Unterrichtsgegenstände:
Verfahren des Lehrens – zwischen Lehrperson und LernerIn, Methoden des Lehrens
Lehr- und Lernmaterialien:
Zwischen Lerngegenstand und Lehrperson, Aufbereiten
Zielgruppenorientierung:
 Erstsprache: Sprach- und Kulturvergleich mit der Erstsprache
 Anwendungsbereich: z.B. berufliche Gruppe
Zwei Arten von „Testung“ der Lehrwerke:
 Kriteriengeleitete Lehrwerksanalyse: verbreiteter, Beurteilung durch Forscher, nach
Forschungsliteratur
 Empirische Rezeptionsforschung: Lehrende und Lernende werden direkt befragt, getestet
Digitale Medien:
80er: PC ersetzt Lehrkraft, Sprachlernsoftware
90er: Material auch in zielsprachfernen Ländern verfügbar, authentisches Material (deutsche
Websites) verfügbar
Dritte Phase: Kommunikationsfunktion, „Lerngruppen“ im Internet
Lehrprozesse:
Jede Generation neue Methoden -> Methodenlehre
 Spätes 19.Jh.: Grammatik-Übersetzungsmethode
 50er, 60er: audiolinguale Methode, Nachsprechen, Sprachlabor, oral ausgelegt, ohne explizites
Grammatikwissen
 Phase der Orientierungslosigkeit -> alternative Methoden (Yoga, Hypnose, emotional) ->
Hippie – Phase, Ganzheit des Lerners
 70er: Kommunikationsmethode, „sagen, was ich möchte“, nicht fehlerfrei wird in Kauf
genommen, wichtig ist die Möglichkeit Sätze selbst zu bilden
 80er: Interkultureller Ansatz: Kulturwissen wird vermittelt (heute transkulturell, weil nicht
zwei gegenüberstehende Kulturen, sondern viele Überschneidungen)
 Aktuell: Handlungsorientierter Ansatz, Lerner lernt selbst und Weiterbildung des
Kommunikativen Ansatzes
Wichtig: keine Methode perfekt, „Vermischung“
Leseförderung:
1. Vor dem Lesen:
Vorwissen und Wortschatz zu Thema aktivieren, Leseziel und Motivation „Was tun wir mit
dem Text? Warum lesen wir ihn?“
2. Während dem Lesen:
Lesestrategien trainieren, zum Bsp. Unbekannte Wörter aus dem Kontext erkennen,
Verständnis überwachen!
3. Nach dem Lesen:
Textinformation für Handlungsziel verwenden, mit der Information etwas tun!, am Text:
Wortschatzfeld, gramm. Strukturen üben
Sozialformen:
 Klassenunterricht: meist 75-80% der Zeit, lehrerzentriert, 3 Arten:
 Frontalunterricht
 Plenum: aufgelockerter, Lehrer stellt Frage, ruft auf, Schüler antwortet, Lehrer
„richtig/falsch“, wieder von vorne, sehr weit verbreitet,
teilweise die Möglichkeit, dass Lerner miteinander kommunizieren, schwierig
herzustellen,
 Kreisgespräch: z.B. Morgenkreis, Rederecht wird von Lernenden selber
weitergegeben
 Gruppenarbeit: meist 3-5 Lernende, anspruchsvoll anzuleiten, birgt Konfliktpotenzial, 15%
 Partnerarbeit: Hälfte der Lernenden können gleichzeitig sprechen, sehr wünschenswert
 Einzelarbeit: meist HÜ,
Lernprozesse:
Strategien sich Wissen einzuprägen, sehr individuell
Möglichkeit jemandem, der zum ersten mal eine neue Sprache lernt zu helfen, durch zeigen von
Strategien
Lernstile:
Präferenzen sich Neues einzuprägen, z.B. visuell, haptisch, auditiv
Globale oder analytische Sicht auf Sprache, extrovertiert und introvertiert = oft schwierig im
Unterricht zu vereinen, Achtung: Tendenz der Lehrperson nicht für alle Lernenden perfekt!
Deutsch als Zweitsprache:
Deutschlernen als Nicht-Erstsprache in einem amtlich deutschsprachigen Gebiet
Entwicklung: einerseits aus Germanistik/DaF, andererseits aus
Bildungswissenschaften/Bildungsgerechtigkeit
Erwachsenenbildung: Sprach- und Alphabetisierungskurse, Integrationsvereinbarung: mehr
Landeskunde, Jus (z.B. Bleiberecht), politische Regelungen, …
Nicht nur Kurse für DaZ wichtig, auch „alltägliches“ Erleben,
Sprachenerwerb:
Vor dem 3. Lebensjahr: Erstsprache (mono- oder bilingual)
Zwischen 3 und 6: früher Zweitsprachenerwerb
6 bis 12: Zweitsprachenerwerb von Kindern
Nach Pubertät: Zweitsprachenerwerb von Jugendlichen und Erwachsenen
Disziplinen, auf die DaZ zurückgreift: Psychologie, Pädagogik, Soziologie, Linguistik (für Test z.B.)
Schulbezogener Kontext:
Sprachförderung: integrativ im Regelunterricht eingebettet (z.B. Fachwortschatz bezogene Übungen,
oft schwer umzusetzen), additiv außerhalb des Regelunterrichts (regelunterrichtsfern oder
„fachsensibel“, Unterstützung für Schüler, die sich mit Deutsch schwer tun
Sprachbildung: Angebote zum Aufbau der Bildungssprache Deutsch
Sprachliche Bildung: sprachliche Bildung im Rahmen des Unterrichts (keine Förderung) ->
Bildungssprache, nicht nur für DaZler,
Bildungssprache Merkmale: abstrakte und komplexe Inhalte, Präzision, raumzeitliche Distanz,
konzeptionelle Schriftlichkeit
Durchgängige Sprachbildung: Ansatz: fachliche Leistung ist von Sprachkompetenz abhängig,
Sprachförderung in allen Fächern, fachsprachliche spezifisch und bildungssprachliche Mittel
fächerübergreifende, auch außerschulische Möglichkeiten mit einbinden, Sprachstandsdiagnose –
richtiger Beginn,
Ältere deutsche Literatur
Germanistische Mediävistik

Gegenstände des Faches:


Mediävistik: Mittelalterkunde, deutsche Sprache und Literatur des Mittelalters, Beginn: um
750/Eintritt in die Schriftlichkeit stetig zunehmend

 Frühmittelalter
750-1050, Althoch/niederdeutsch (Altsächsisch), Politik: Karolinger – Ottonen, Kulturzentren:
Klöster
 Hochmittelalter
1050–1250, Mittelhochdeutsch, Politik: Salier – Staufer, Kulturzentren: Höfe
 Spätmittelalter/Frühe Neuzeit
1250 -1650, 1450 Buchdruck, Spätmittelhochdeutsch/Frühneuhochdeutsch,
Wahlkönigtum/Habsburger, Kulturzentren: Städte

Gründerväter:

 Friedrich Heinrich von der Hagen (†1856): erster Professor der Germanistik (1810, Berlin)
 Jacob (†1863) und Wilhelm(†1859) Grimm: Märchenbücher, erstes „Deutsches Wörterbuch“,
„Deutsche Mythologie“, „Deutsche Sagen“, „Deutsche Reichaltersthümer“,
Jacob: „Deutsche Grammatik“ / Wilhelm: „Die deutsche Heldensage“
 Karl Lachmann (†1851): Begründer historisch-kritischen Editionsmethode für Germanistik,
Textausgaben:
o 1826: Nibelungenlied
o 1827: Hartmann von Aue: Iwein
o 1827: Walther von der Vogelweide
o 1833: Wolfram von Eschenbach
o 1838: Hartmann von Aue: Gregorius

Sprache:
„Neu-“: chronologische Einteilung, im Mittelalter
„-hoch-“: dialektale/räumliche Einordnung, zweite/hochdeutsche Lautverschiebung durchgemacht
„-deutsch“: Sprache, Mittelalter: noch keine politische Einteilung, jetzt mehrere Nationen
Sprachstadien des Deutschen:

 Althochdeutsch 750-1050
o Volle Nebensilbenvokale werden schwachtonig (e), taga zu tage
 Mittelhochdeutsch 1050-1350
 Frühneuhochdeutsch 1350-1650 (Mittelstufe, Übergang zwischen Mhd und Nhd, regional
unterschiedlich)
 Neuhochdeutsch ab 1650
Mittelhochdeutsch zu Neuhochdeutsch:
Kurzvokale werden zu Langvokalen: táge zu Tāge
Monophtonge zu Diphtongen: wīhe zu Weihe
Diphtonge zu Monophtonge: muot zu Mūt

Literatur:
Alterität: Kultur und Literatur des Mittelalters als fremd zu akzeptieren, nicht mehr jedes Detail
verstehbar, Fremdheit als Grundsatz des Verständnisses
Autonomie der Kunst: im Mittelalter noch nicht vorhanden, Kunst um der Kunst willen, Literatur nur
zu einem bestimmten Anlass
Autor-Werk-Paradigma: Texte sind offen, variabel, kein „Original“ und kein Autor
Literaturbegriff: kein Buchmarkt, keinen Literaturbegriff im modernen Sinn, „Texte vor dem Zeitalter
der Literatur“
Manuskriptkultur: Handschriften, teuer, einmalig

Kultur:
Textkultur sehr exklusiv, Bücher für kleine Leserschaft
Frühmittelalter: Klöster als Textproduzenten, von Geistlichen für Geistliche, Ausnahmen:
Hildebrandslied: mündliche, weltliche Literaturtradition, von Mönch geschrieben
Hochmittelalter: ab 12.Jh., Fürstenhöfe werden wichtiger, Adelskultur: „Ritter“kultur, Minnesang
Spätmittelalter/Frühe Neuzeit: Bedeutung der Höfe nimmt ab, Städte werden zu neuen Kulturzentren,
immer mehr Handschriften vorhanden, Buchdruck: Exklusivität geht verloren, anonyme Leserschaft

Medien:
Große Differenz zu heutigen, Handschriften einmalig, teuer, nur für wenige

Wichtige Handschriften:
Hildebrandslied:
Kassel – Universitätsbibliothek, auf erster und letzter Seite einer geistlichen Schrift, etwa 840,
Abschrift
Codex Manesse (Große Heidelberger Liederhandschrift):
Heidelberg – Universitätsbibliothek, umfangreichste Sammlung mittelhochdeutsche Lyrik, ca. 1300 –
1340, Manesse: Adeliger, Angestellte schrieben es, nach Autoren gegliedert
Handschrift C des Nibelungenliedes:
Karlsruhe – Badische Landesbibliothek, Mitte 13.Jh., auch Nibelungenklage (Fortsetzung), eine von
etwa 35 erhaltenen Fragmenten

Mittelhochdeutsche Heldenepik:
Völkerwanderung (Einfall der Hunnen 375 bis Einfall der Langobarden 568) als historischer
Hintergrund, „Heldenzeitalter“ oder heroic Age genannt, zentrale Ereignisse in Sagen verpackt, b
12.Jh. verschriftlicht, spielt an realen Orten (ist history, nicht story),
Regeln schriftloser Kulturen:

 Selektion: Auswahl weniger Stoffe


 Reduktion: Beschränkung auf wichtige Zusammenhänge
 Kombination: Verknüpfung (auch zeitlich) nicht zusammenhängender Stoffe
 Privatisierung: Historie als Familiengeschichte
 Strukturelle Amnesie

Nibelungenlied:
Mehr als 35 Handschriften überliefert, Text nicht einheitlich, Grundlagenfrage schwer
Handschriftenvergleich: A,B,C / erste Strophe
B: Strophe 1 fehlt komplett -> ursprünglich überhaupt da?
AC: weichen teilweise voneinander ab
Formaler Aufbau: vier Langzeilen mit Mittelzäsur

Stufen der Textkritik:


recensio: Sichtung der Überlieferungen
examinatio: Beurteilungen, was sieht man als original an, Leithandschrift
emendatio: rekonstruieren
Konjektur: plausible Verbesserung einer gestörten Stelle
Crux (†): Kennzeichnung einer nicht lösbaren Stelle
Historisch-kritische Edition: Text der dem Original nah kommt
Diplomatische Wiedergabe/Transkription: strikt nach Handschrift
Interpretation: Gemeinschaft von Vortragendem und Zuhörern durch Plural: Teilung der alten mären
Historische Grundlagen:
Siegfried: unsicher, mehrere Möglichkeiten, Drachentod als Sieg gegen Römer,..
Untergang der Burgunde

Die Artusepik:

 Artus und sein idealer Hof/Ritter der Tafelrunde im Zentrum der Erzählungen, wichtigste
Heldenepik
 Vorlagen im Altfranz. (Chrettien de Troyes), ab ca. 1180 in Deutsch
 Artus: hat gelebt um 500, sehr wage Angaben,
 ab 12. Jh.: größere Geschichtsschreibung: Geoffrey von Monmouth (nicht historisch),
‚Historia Regum Brittaniae‘ -> erste Erzählungen über Artus
 Volkssprachenübersetzungen: „Roman de Brut“ von Wace um 1150, Germanisch
1180 „Erec“ Hartmann von Aue: erste deutsches Artusepos
(freie Bearbeitung)

Unterschiede zu Heldenepik:

 historisch nicht belegte Protagonisten


 Metrik: paargereimte vierhebige Kurzverse, abwechselnde Kadenzen
 Struktur: Handlungsverdoppelung und Szenensymmetrien, Chronologie aufgebrochen
 Ort und Zeit weniger historisch gebunden

„Iwein“ – Hartmann von Aue um 1200

 Allgemeine Lebensweisheiten, genauer durch Artus, kein Spitzenahn!, Artus nicht gestorben
(zumindest sein Name/Ehre), „Verhaltensvorlage“, erklärt nicht Welt – sondern bildet
vorbildhafte Welt
 Autorvorstellung: wie in armer Heinrich, gelehrt, Ritter (nicht zusammenpassend), zuerst
Ritter dann Gelehrter, Ich-Instanz wird dadurch verändert

Autorschaft: autorgebundenes Wiedererzählen auf Grundlage schriftlicher Vorlagen


Funktion von Literatur: prodesse: Vorbildhaltung
Delectare: Stunde kürzen, Zeitvertreib
Preis Gottes: Betonung der Gültigkeit von Normen
Fiktion und Literarisierung: „Zweckgebundenheit“, Texte über Texte, Wirklichkeitsrelevanz nicht
zwingend relevant, bekannte Geschichten neu erzählt – Relevanz der Form

Minnesang:
 Def.: früheste deutsche Liebeslyrik (ab Mitte 12.Jh.), keine Erlebnislyrik sondern Rollenlyrik,
Ritual oder Zeremonie eines Sängers von einem Adelshof(Mäzen)
 Minneparadox: in hoher Minne: keine konkrete Liebeserfüllung, höfische Herrin nicht
erreichbar/darf nicht erreicht werden
 Trianguläre Konstellation: Hof, Dame (Teil des Hofes, meist Frau des Herrschers), Sänger
o Sänger-Dame: fingierte Werbung/Lobpreis
o Sänger-Hof: erfreut Hof, Bezahlung, hebt Mitglied des Hofes hervor,
Ansehenssteigerung des Hofes
o Hof-Dame: Steigerung des Ansehens der Dame und ihres Gatten (er hat beste Frau)

Typen der Minne: Niedere Minne: sexuelles Begehren, Frau keine Herrin
Hohe Minne: Herrscherin, keine erfüllte Liebe

Formen des Sangs: Frauenlieder: fingierte Rede einer Herrin (=frouwe)


Botenlieder: Liebeswerbung und Frauenpreis als Rede von Boten
Wechsel: Monologe frouwe und Sänger über Minne (kein Dialog)
Tagelied: fese Szenerie: erwachen nach illegitimer Liebesnacht, Mann muss
weg, Bote warnt das Pärchen, Klagen über Abschied, epische Form

Überlieferung: Haupthandschriften
Lange nach Entstehung der Lieder entstanden, kein biographisches Wissen mehr, variieren stark
voneinander (Autoren, Verse,…)
A: kleine Heidelberger Liedhandschrift, Ende 13.Jh, Elsass
B: Weingartner (oder Stuttgarter) Liederhandschrift, um 1300, Bodenseeraum
C: Große Heidelberger Liederhandschrift (Codex Manesse), um 1300, Zürich

Reimar der Alte:


Erste Hälfte 13.Jh., nur durch Nennung von anderen Dichtern bekannt, Totenklage auf Leopold (u.U.
sein Herr/Hof), zahlreiche Lieder erhalten, einer der Hauptvertreter der hohen Minne

Beispiel: aus Codex Manesse (C)


Form: Kanzonenstrophe: Aufgesang (2Stollen), Abgesang
Interpretation:

 „Ich“ im typischen Minnesang, Autor sicher, „Ich“ aber auch als Vortragender, alles in allem
erfundene Figur
 1.St.: Ausgangslage; 2.St.: Problem; Abg.: Lösung des Problems
 Paradox als Dienst-Lohn-Verhältnisse
 Freude an Dauerfrustration, Gesang ist der Dienst
 Parallelüberlieferung in E: 50 Jahre später, direkte Anrede an Frau, (Auf und Abgesang
sinnlich gleich), Abgesang: schweigen – performative Widerspruch, nicht mehr nur hoher
Minnesang, hoher Minnesang/Dienst nicht mehr derart plausibel

Abrogans: frühestes deutsches Wärterbuch,nach erstem Eintrag benannt, mehrere Überlieferungen,


eine um 800 entstanden: heute St.Gallen – ältestes deutsches Werk
Hildebrandslied: einzig schriftliche Überlieferung der mündlichen Heldenepik, Anfang 9.Jh.
aufgeschrieben, stabgereimter Langverse, Kampf zwischen Vater und Sohn
Heliand: ca. 6000 stabreimende Langverse, altsächsisches Epos, Leben Jesu, um Sachsen zu
christianisieren
Otfrid von Weißenburg: erste, sich namentlich nennende Autor in deutscher
Sprache. 9.Jh., Evangelienbuch, erster deutscher Endreim für ein Buch

Notker der Deutsche: Lehrer in St. Gallen (ca. 1000), übersetzte Aristoteles/grie. Klassiker, Psalter
mit Latein-deutscher Bemerkung
Paffe Konrad: Regensburger Kleriker, um 1170: mittelhochdeutsche Rolandslied (Altfranz. Vorlage),
Inhalt: Spanienfeldzug von Karl dem Großen
Hartmann von Aue: Ministeriale, starb im ersten Viertel des 13. Jahrhunderts starb, Artusepen: Erec
und Iwein (altfranzösische Vorlagen), weiters: Der arme Heinrich, Gregorius, Minneliedern,
allegorisches Minne-Streitgespräch, Klagebüchlein, Anfang der ‚klassischen‘ höfischen Literatur.
Wolfram von Eschenbach: um 1220 gestorben, Parzival, Willehalm, Titurel (fragmentarisch), neun
Minnelieder.
Gottfried von Straßburg: zeitgleich mit Wolfram, Tristan (nicht vollendet, Altfranz. Vorlage)
Nibelungenlied: um 1200 in Passau, strophische Form, Inhalt: Tod Siegfrieds und Untergang der
Burgunden, historischer Hintergrund: Völkerwanderungszeit, an höfischer Literatur angepasst.
Walther von der Vogelweide: berühmteste deutsche Minnesänger, stirbt erste Hälfte des 13.
Jahrhunderts, biographisches Wissen nur aus seinen eigenen Liedern, Codex MAnesse: Abb. Auf
Stein sitzend
Neidhard von Reuental: oft nachgeahmt, ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, bäuerliches Personal
und derber Darstellungsstil im Minnesang (‚dörperliche Dichtung‘)
Oswald von Wolkenstein: (ca. 1377-1445) Adeliger aus Südtirol,
für Kaiser Sigismund I. tätig, autobiographisch geprägt (ereignisreiches Leben)

Hans Sachs (1494-1576 in Nürnberg), Meisterlieder, Spruchdichtung, Prosadialogen,


Fastnachtspielen, reichstädtische bürgerliche Kultur des 16. Jahrhunderts(Literatur jenseits der
Adelshöfe)

Lexika
Deutsche Werke und Autoren des Mittelalters:
Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon. 2. Aufl. hg. von K. Ruh u. a.
Berlin – New York 1978-2008 (14 Bände)

Einführung:
Hilkert Weddige, Einführung in die germanistische Mediävistik. 7. Aufl., München 2008.
Thomas Bein, Germanistische Mediävistik. Eine Einführung, 2. Aufl., Berlin 2005.
Gert Hübner, Ältere deutsche Literatur. Eine Einführung, Tübingen – Basel 2006.
Dorothea Klein, Mittelalter. Lehrbuch Germanistik, Stuttgart 2006.
Meinolf Schumacher, Einführung in die deutsche Literatur des Mittelalters, Darmstadt
2010.

Zu den VO:
Jan-Dirk Müller, Das Nibelungenlied, 3. Aufl. Berlin 2009.
Volker Mertens, Der deutsche Artusroman, Stuttgart 1998.
Gaby Herchert, Einführung in den Minnesang, Darmstadt 2010.

Allgemein zur Kultur- und Literaturgeschichte des Mittelalters:


Joachim Bumke / Thomas Cramer / Dieter Kartschoke (Hgg.), Geschichte der deutschen
Literatur im Mittelalter. Bd. 1: Dieter Kartschoke, Geschichte der deutschen Literatur im
frühen Mittelalter. Bd. 2: Joachim Bumke, Geschichte der deutschen Literatur im hohen
Mittelalter. Bd. 3: Thomas Cramer, Geschichte der deutschen Literatur im späten Mittelalter,
München 1990.

Joachim Heinzle (Hg.), Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zum
Beginn der Neuzeit. In Einzelbänden von verschiedenen Autoren.
Max Wehrli, Geschichte der deutschen Literatur im Mittelalter. Von den Anfängen bis
zum Ende des 16. Jahrhunderts. 3., bibliographisch erneuerte Auflage, Stuttgart 1997.
Horst Brunner, Geschichte der deutschen Literatur im Mittelalter, Stuttgart 2010.
Joachim Bumke, Höfische Kultur. Literatur und Gesellschaft im hohen Mittelalter,10.
Aufl. (in einem Band), München 2002.

Lexikon des Mittelalters. Hg. von R. Anty u.a., München – Zürich 1977–1998.
Gert Melville / Martial Staub (Hgg.), Enzyklopädie des Mittelalters, 2Bde., Darmstadt
2008.
Neuere deutsche Literatur
a) Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch / Hans Jakob Christoffel von
Grimmelshausen
 Beginn: Krieg, Junge flieht nach Brand in Wald, trifft Einsiedler
 Autobiographisch, 1669, 5 Bücher + Ergänzung 1669
 Titelblatt: Titel, „Inhalt“, Autor (Anagramm), Vignette,
Verleger(Pseudonym)/Erscheinungsjahr

Szene
Benennung: Junge, Mutter und Vater haben keine Eigennamen, „sprachliche Diskriminierung“
Beten – Betten, etc.
Anrufung: Vater unser, labiler Zustand des Deutschen im 17. Jh.,
Bub: keine elterliche Genealogie (Gegensatz Sohn)
„Einsid. – Simpl.“ Kann als „Einsiedler einfach“ oder „Simplicissimus sieht ein“ gelesen werden
Übersetzungsversuche:
Direkt nach Erstausgabe „normalisierte“ Form
21. Jh.: Reinhard Kaiser „normalisierte“ an heutiges Deutsch angepasste Variante
 Grimmelshausen- Betonung abwechselnd (betont – unbetont) „Fehler“ absichtlich etwa bei
Vater und Mutter
 „Vater und/oder Mutter“, Singular/Plural bei rufen, Grim.: Elternpaar nicht zwingend
gemeinsam
 Vater oder Mutter gehabt. Bei Grim: vorzeitig, also war er früher schon allein; Kaiser: immer
schon allein, „habe nie“ – nicht richtig!

b) Begriff: Lesen
Lesen = Alphabetisierung
Weltweit: 781 Millionen Analphabeten (2/3 Frauen)
Funktionaler Analphabetismus: einzelne Worte, kurze Sätze lesbar, aber keine Texte
Analphabetisierung = bewusst in Kauf genommene nicht-Alphabetisierung!
Leseprozess: Erkennen von Buchstaben/Wörtern
Erfassung von Wortbedeutung
Herstellung von Bezügen zwischen Wortfolgen
Erkennen von satzübergreifenden Sinneinheiten
kontinuierliches Verständnis der Gesamtbedeutung
Säulen des Lesens: Information, Prozessualität, Erkenntnis
 Philologischer Punkt: Sprache selbst hat Bedeutungspotenzial

c) Maria Stuart / Friedrich Schiller


Werke um 1800
 Friedrich Schlegel, Lucinde (1799)
 Novalis, Die Christenheit oder Europa (1799)
 Friedrich Hölderlein, Gedichte (1799)
 Friedrich Schiller, Maria Stuart (1800)
 Ludwig Thieck, Leben und Tod der heiligen Genoveva (1800)
 Novalis, Hymnen an die Nacht)
 Jean Paul, Titan (1800)
 Friedrich Schiller, Die Jungfrau von Orleans (1801)
 Cemens Brentano, Godwi oder Das steinerne Bild der Mutter
 Dorothea Veit (Schlegel), Florentin (1801)
 Friedrich Hölderlein, Späte Lyrik (verstreut gedruckt) (1801)
 1800, spielt im 16. Jh.,
 Maria Stuart geflohene schottische Königin in Gefangenschaft am englischen Hof,
 Königin Elisabet ist nicht Frau/ Maria Frau aber nicht Königin
 Schiller verjüngt beide, aus dramaturgischen Gründen
 Unglaubliche Redegewalt, scheint von Tragik abzulenken -> zeigt sie aber im Sozialen
 15. Auftritt wird von Schiller als „letzter Auftritt“ bezeichnet -> Wendung gegen Adel
Maria hat ein Komplott gegen Elisabeth geplant um selbst Königin zu werden (Auszug):
Rhetorisch ausgefeilte Reden -> „movere“ Bewegen durch Worte
Marias Rede nicht „standesgemäß“: bettelt nicht, stellt eigene Redeart vor, zeigt Beziehung auf, gibt
alternative Lösungsvorschläge, Todesurteil erst bei „Bastard“

d) Begriff: Sprechakt
Sprechen ist immer Handeln, nicht das Gegenteil dessen!
Performative Verben: sagen, sprechen, tadeln, bitten,… Sprechhandlungen!
How to do things with words (John Langshaw Austins, 1962):
 Unglaubliche Anzahl an „Verben, die ‚sagen‘ bedeuten“
 Viele haben eine individuelle Situation (befehlen, trösten, beleidigen,…)
 Wichtig für Differenzierung verschiedenen Sprechens
 Implizite Äußerungen: keine genaue Situation, durch hinzufügen dieser Verben –
explizit/präzise
 Nur möglich, wenn: „ideale“ Sprechsituation (keine Lügen, etc.), genügende Sprachkenntnis

e) Der Gehülfe / Robert Walser


Erzähler ist nicht immer gleich der Autor!
Jelinek: „er nicht als er“, „Genie“ des Dichters/Autors gehört allen
Geschichte nicht immer chronologisch (Nachträge etc.)
Kindlers Literatur Lexikon!
Schauplatz: kleines Dorf, Name Pseudonym für Ort in dem Walser gelebt hat, Villa zum Abendstern
Titelillustrationen: „Kaufköder“ immer mehr Name „Walser“
Inhalt: Marti, Gehilfe in Villa, sieht Untergang und Makel der Familie – Silvi (Tochter,
Vernachlässigung/Misshandlung)
Silvi: oft „Sivi“ gerufen ( l -> Liquider Buchstabe fällt weg)
 „simulierte Oralität“ – stumme Schrift eröffnet akustischen Raum, bei genauerer Betrachtung
 Passage durchzogen von „Jammer“, sprachliche Grenze von Gewalt und Verletzung
 Jammer als zentrraler Punkt der Tragödie im Abendland
 Bürgertum seit Lessing 18 Jh. Tragödienfähig
 Tragödie reinigt von „tragischem“
 Jammer bei Walser transformiert sich nicht/keine Reinigung -> weggesperrt
 Märchenton für Kind: Hutzel- und Hudelkind, ver-..,
Gedankenmonologe mit erlebter Sprache: Personen (z.B. Mutter) im Text „hörbar“, sie sprechen
indirekt im Erzähler, hört Autorität heraus, Befehle werden indirekt gegeben (Pauline gehorcht einer
Weisung), Bedeutungsschichten des Wortes werden beachtet,
„wenn man sie so betrachtet“: bezogen auf das Kind, eigentlich es, dann allerdings auch „Meinung“
als Sinn, eindeutiger Sinn „wenn man das Kind ansieht“,
„Verordnung der Mama“: „Mamá verordnet, Máma ist ein Ruf des Kindes im Text, im Text
„Nichthören“ des Rufes hörbar (Nachbarn hören es sogar)

f) Begriff: Polyphonie
Direktes Wort: auf Gegenstand gerichtet, setzt sich nur mit diesem Gegenstand auseinander
Lebendiges Wort: zwischen Wort – Gegenstand – Sprecher liegt das Sein anderer Wörter für diesen
Gegenstand
Von Michail M. Bachtin: aus Russland, russisch/deutsch erzogen, angebliches Studium in Odessa,
später aus pol. Gründen festgenommen – Kasachstan, spät zurückgeholt,
Odessa: Hafenstadt, außergewöhnliche sprachliche Situation: viele Sprachen, nicht
monolingual, Sprachketten werden gebildet, „Polyphonie“, Wort steht immer im Zusammenhang mit
„fremden Wort“, „Redevielfalt“ nicht Vielfalt an Sprachen – sondern zeigt sich in jeder Äußerung,
Bachtin stellt sich immer wieder gegen „Austreibungen der Redevielfalt“, weil jede Sprache voll toter,
zukünftigen etc. Sprachen ist
Beispiel: Bauer spricht „eine“ Sprache, die sich aufteilt in Alltags-, Amts- und Gottessprache aufteilt,
jede Sprache eigene Welt, Möglichkeit eine Welt mit anderen Augen zu sehen -> aufklärerischer
Ansatz
Universelle Sprache ist ein Konstrukt, dass der Redevielfalt gegenüber steht, jede Aussage ist
„Redevielfalt“ wenn dialogisiert/auf Kontext eingegangen wird
Zentripetale: Monolinguismus, Zentrifugal: Redevielfalt

g) Ein alter Tibetteppich / Else Lasker-Schüler


1910 expressionistisches Wochenblatt Der Sturm, im selben Monat Die Fackel, viele Nachdrucke
Lasker-Schüler: unzählige Namenswandlungen, viele biblisch, nicht Pseudonyme sondern Identitäten
Formale Aufbau: betont – unbetont Wechsel, Reim, mehrere eigene Wendungen (buntgeknüpft etc.)
Interpretation: kaum über das hinaus was der Text direkt aussagt
 Dialogizität: Text sagt nicht nur etwas aus, sondern spricht auch selbst (liebesgedicht
z.B.)
(Teppiche im Orient sind ein Abbild von Gärten)

h) Poetik
Sachwörterbücher:
 Reallexikon der Deutschen Literaturgeschichte. Merker, Stammler. 1958 – 88
 Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Weimar, Fricke, Müller. 1997 – 2003
 Fischer Literatur Lexikon. Ricklefs. 1996
 Sachwörterbuch zur deutschen Literatur. Meid. 1999
 Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. Ansätze – Personen – Grundbegriffe. Nünning.
2013
Poetik „Kunst/Lehre des Dichtens“, Aristoteles: Medium, dass die Grenzen der Realität durchbricht
und Unvollendetes vollendet, Poetik Begriff sehr wechselhaft, viele Definitionen von Dichtern,
deshalb:
Poetik ist die Frage danach wie Modellierung der Sprache mit der Welt, mit der sie spricht,
kommuniziert, Selbstreflexion der Literatur,
Etymologische Herkunft: „weben“, „flechten“ – Gewebe eines Textes,

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