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Sprachwissenschaft
Teildisziplinen
Wichtigsten Teildisziplinen der Sprachwissenschaft – Komplexe Bezüge zueinander
Große Einteilung: deskriptiv und diachron (Sprachgeschichte)
1. Semiotik
Sprache ist System sprachlicher Zeichen, Semiotik befasst sich mit den „sprachlichen Zeichen“ –
verbal und nonverbal
Semiotisches Dreieck: Begriff (Denken)
Gegenstand (Realität)
Benennung (Sprache) durch abstraktes Vorstellen des Gegenstandes
2. Phonetik
Wissenschaft von den Phonemen (Lauten), Transmission und Rezeption von Sprachschal unter
Berücksichtigung des Kontextes, Unterschiede in IPA – Transkription, Artikulation bei jeder
einzelnen Aussprache unterschiedlich
Artikulatorische Phonetik
Teildisziplin – Artikulation, Luftstrom – Ausströmen entsteht Laut
Kehlkopf: stimmlos – stimmhaft (z.B. p – b)
Ansatzrohr: Mund-, Rachen- Nasenraum, Konsonanten – Vokale
Spektogramm: misst Frequenzbereiche chronologisch, Formanten: meistes Energieniveau
Forensische Phonetik
Spracherkennung
Oszillogramm: misst Lautstärke, Höhe
3. Phonologie
Phonologie – kleinste bedeutungsentscheidende Einheit einer Sprache, Funktion einzelner Laute
Phonem: alle „Varianten“ eines Lautes, der in einer Sprache „zusammengehört“ ohne die Bedeutung
zu ändern
Bsp.: Wasser = Vasser - /v/-Phonem aber wet =/= vet /w/- und /v/-Phonem im Englischen
4. Morphologie
Morphem: kleinste nicht mehr in kleinere Teile mit Bedeutung aufspaltbare Einheit
3 Arten:
Wurzel: pro Wort mind. 1 Wurzelmorphem, z.B. Haus, Tür, rot
Flexionsaffixe: nur in Kombination mit Wurzelmorphem, grammatische Elemente,
„ausdrucksseitige“ Veränderung anhand gram. Kategorien, z.B. –en, -s, -st,…
Derivationsaffixe: nur in Verbindung mit Wurzelmorphem, „gebundenes
Wortbildungselement“, z.B. –chen, -bar, un-, zer-,…
Subdisziplinen der Morphologie:
Wortbildung: Wurzel + Wurzel (Haustür) oder Wurzel + Derivation (Häuschen)
Flexionsmorphologie: Flexion – Grammatik
5. Syntax
„Grammatik oberhalb der Wortebene“, Konstruktion von Sätzen als Kombination von Wörtern,
Regeln dieser Konstruktion und ihre Struktur
Zusammenhand Syntax und Flexionsmorphologie:
Perfekt-Bildung: Perfekthilfsverb (sein, haben) + Partizip II -> syntaktisch
Präteritum: synthetische Verbalform: am Verb verändert -> Flexionsmorphologie
6. Textlinguistik
Was ist ein guter, grammatikalisch richtiger, strukturierter, leserfreundlicher etc. Text?
Teildisziplinen: Textgrammatik, -semantik, -pragmatik
Sprachliche Äußerung: Phoneme und Morpheme; Kommunikation: andere Ebene!
Textgrammatik: gram. Perspektive
Textkohäsion: formal-syntaktischer Zusammenhang (z.B. Vor- und Zurückweisendes)
Textkoheränz: inhaltlich logischer Aufbau (wichtig für Textsemantik)
7. Semantik
„Inhalt, Bedeutung“ sprachlicher Einheiten
Wortsemantik: Inhalt von Wörtern in Gegenwart und Vergangenheit -> sprachgeschichtlicher Wandel,
Bedeutungsvarianten (z.B. Flügel,…)
8. Pragmatik
Art der Sprachbetrachtung – Kontext und Sprecher werden miteinbezogen
grie. pragma – Sache, Ding, tun, handeln
Gebrauch spraclicher Zeichen/Mitel in versch. Kontexten/Situationen
9. Variationslinguistik
Koexistenz verschiedener sprachlicher Varianten (lautliche, morphologische, syntaktische,
lexikalische)
Varietäten: Subsysteme einer Sprache / Klassifikationen:
Funktional: z.B. Fachsprache
Soziolektal: z.B. Gruppensprache
Areal: z.B. Dialekte, Regiolekte, Regionalakzente
Germanistische Sprachwissenschaft
Germanistische Sprachwissenschaft: deutsche Sprache, historisch und gegenwartssprachlich, und ihre
Varietäten
Früher: „wie Slawistik“, alle germanischen Sprachen, heute: Germanistik, Niederlandistik,…
1. Germanisch
Etwa 1000 v. Chr. Bis 500 n. Chr. (umstritten)
Quellenlage: schwach (z.B. vgl. Latein):
Einzelwortnennung in lat. Texten
Lehnwörter in Nachbarsprachen
Runeninschriften (z.B. Helm von Negau“ – Namensinschrift, umstritten)
Erste Lautverschiebung: Konsonanten zu Reibelauten (z.B. p zu f), nur germanische Sprachen
innerhalb der indoeuropäischen (z.B. Englisch, Deutsch(Westgermanisch), Gotisch(Ostgermanisch),
Niederländisch, Schwedisch,…)
2. Althochdeutsch
Etwa ab 6. Jh. n. Chr. (umstritten)
Zweite bzw. Althochdeutsche Lautverschiebung: Konsonanten, Ergebnisse bis heute spürbar
Hildebrandslied: ältestes germanischen Heldenlied (830, Ende 8Jh. Urtext)
Umschlagseiten lat.-theolog. Handschrift
Sagenkreis Attila, Odoaker, Theoderich
Bairisch/Oberdeutsch
„Alt-“ erste, älteste Epoche der deutschen Sprachgeschichte
„-hoch-“ räumlich
„-deutsch“ von germ. Volk, Stamm, erst ab etwa 1100 als „Sprache“
Frühmittelalter
750-1050, Althoch/niederdeutsch (Altsächsisch), Politik: Karolinger – Ottonen, Kulturzentren:
Klöster
Hochmittelalter
1050–1250, Mittelhochdeutsch, Politik: Salier – Staufer, Kulturzentren: Höfe
Spätmittelalter/Frühe Neuzeit
1250 -1650, 1450 Buchdruck, Spätmittelhochdeutsch/Frühneuhochdeutsch,
Wahlkönigtum/Habsburger, Kulturzentren: Städte
Gründerväter:
Friedrich Heinrich von der Hagen (†1856): erster Professor der Germanistik (1810, Berlin)
Jacob (†1863) und Wilhelm(†1859) Grimm: Märchenbücher, erstes „Deutsches Wörterbuch“,
„Deutsche Mythologie“, „Deutsche Sagen“, „Deutsche Reichaltersthümer“,
Jacob: „Deutsche Grammatik“ / Wilhelm: „Die deutsche Heldensage“
Karl Lachmann (†1851): Begründer historisch-kritischen Editionsmethode für Germanistik,
Textausgaben:
o 1826: Nibelungenlied
o 1827: Hartmann von Aue: Iwein
o 1827: Walther von der Vogelweide
o 1833: Wolfram von Eschenbach
o 1838: Hartmann von Aue: Gregorius
Sprache:
„Neu-“: chronologische Einteilung, im Mittelalter
„-hoch-“: dialektale/räumliche Einordnung, zweite/hochdeutsche Lautverschiebung durchgemacht
„-deutsch“: Sprache, Mittelalter: noch keine politische Einteilung, jetzt mehrere Nationen
Sprachstadien des Deutschen:
Althochdeutsch 750-1050
o Volle Nebensilbenvokale werden schwachtonig (e), taga zu tage
Mittelhochdeutsch 1050-1350
Frühneuhochdeutsch 1350-1650 (Mittelstufe, Übergang zwischen Mhd und Nhd, regional
unterschiedlich)
Neuhochdeutsch ab 1650
Mittelhochdeutsch zu Neuhochdeutsch:
Kurzvokale werden zu Langvokalen: táge zu Tāge
Monophtonge zu Diphtongen: wīhe zu Weihe
Diphtonge zu Monophtonge: muot zu Mūt
Literatur:
Alterität: Kultur und Literatur des Mittelalters als fremd zu akzeptieren, nicht mehr jedes Detail
verstehbar, Fremdheit als Grundsatz des Verständnisses
Autonomie der Kunst: im Mittelalter noch nicht vorhanden, Kunst um der Kunst willen, Literatur nur
zu einem bestimmten Anlass
Autor-Werk-Paradigma: Texte sind offen, variabel, kein „Original“ und kein Autor
Literaturbegriff: kein Buchmarkt, keinen Literaturbegriff im modernen Sinn, „Texte vor dem Zeitalter
der Literatur“
Manuskriptkultur: Handschriften, teuer, einmalig
Kultur:
Textkultur sehr exklusiv, Bücher für kleine Leserschaft
Frühmittelalter: Klöster als Textproduzenten, von Geistlichen für Geistliche, Ausnahmen:
Hildebrandslied: mündliche, weltliche Literaturtradition, von Mönch geschrieben
Hochmittelalter: ab 12.Jh., Fürstenhöfe werden wichtiger, Adelskultur: „Ritter“kultur, Minnesang
Spätmittelalter/Frühe Neuzeit: Bedeutung der Höfe nimmt ab, Städte werden zu neuen Kulturzentren,
immer mehr Handschriften vorhanden, Buchdruck: Exklusivität geht verloren, anonyme Leserschaft
Medien:
Große Differenz zu heutigen, Handschriften einmalig, teuer, nur für wenige
Wichtige Handschriften:
Hildebrandslied:
Kassel – Universitätsbibliothek, auf erster und letzter Seite einer geistlichen Schrift, etwa 840,
Abschrift
Codex Manesse (Große Heidelberger Liederhandschrift):
Heidelberg – Universitätsbibliothek, umfangreichste Sammlung mittelhochdeutsche Lyrik, ca. 1300 –
1340, Manesse: Adeliger, Angestellte schrieben es, nach Autoren gegliedert
Handschrift C des Nibelungenliedes:
Karlsruhe – Badische Landesbibliothek, Mitte 13.Jh., auch Nibelungenklage (Fortsetzung), eine von
etwa 35 erhaltenen Fragmenten
Mittelhochdeutsche Heldenepik:
Völkerwanderung (Einfall der Hunnen 375 bis Einfall der Langobarden 568) als historischer
Hintergrund, „Heldenzeitalter“ oder heroic Age genannt, zentrale Ereignisse in Sagen verpackt, b
12.Jh. verschriftlicht, spielt an realen Orten (ist history, nicht story),
Regeln schriftloser Kulturen:
Nibelungenlied:
Mehr als 35 Handschriften überliefert, Text nicht einheitlich, Grundlagenfrage schwer
Handschriftenvergleich: A,B,C / erste Strophe
B: Strophe 1 fehlt komplett -> ursprünglich überhaupt da?
AC: weichen teilweise voneinander ab
Formaler Aufbau: vier Langzeilen mit Mittelzäsur
Die Artusepik:
Artus und sein idealer Hof/Ritter der Tafelrunde im Zentrum der Erzählungen, wichtigste
Heldenepik
Vorlagen im Altfranz. (Chrettien de Troyes), ab ca. 1180 in Deutsch
Artus: hat gelebt um 500, sehr wage Angaben,
ab 12. Jh.: größere Geschichtsschreibung: Geoffrey von Monmouth (nicht historisch),
‚Historia Regum Brittaniae‘ -> erste Erzählungen über Artus
Volkssprachenübersetzungen: „Roman de Brut“ von Wace um 1150, Germanisch
1180 „Erec“ Hartmann von Aue: erste deutsches Artusepos
(freie Bearbeitung)
Unterschiede zu Heldenepik:
Allgemeine Lebensweisheiten, genauer durch Artus, kein Spitzenahn!, Artus nicht gestorben
(zumindest sein Name/Ehre), „Verhaltensvorlage“, erklärt nicht Welt – sondern bildet
vorbildhafte Welt
Autorvorstellung: wie in armer Heinrich, gelehrt, Ritter (nicht zusammenpassend), zuerst
Ritter dann Gelehrter, Ich-Instanz wird dadurch verändert
Minnesang:
Def.: früheste deutsche Liebeslyrik (ab Mitte 12.Jh.), keine Erlebnislyrik sondern Rollenlyrik,
Ritual oder Zeremonie eines Sängers von einem Adelshof(Mäzen)
Minneparadox: in hoher Minne: keine konkrete Liebeserfüllung, höfische Herrin nicht
erreichbar/darf nicht erreicht werden
Trianguläre Konstellation: Hof, Dame (Teil des Hofes, meist Frau des Herrschers), Sänger
o Sänger-Dame: fingierte Werbung/Lobpreis
o Sänger-Hof: erfreut Hof, Bezahlung, hebt Mitglied des Hofes hervor,
Ansehenssteigerung des Hofes
o Hof-Dame: Steigerung des Ansehens der Dame und ihres Gatten (er hat beste Frau)
Typen der Minne: Niedere Minne: sexuelles Begehren, Frau keine Herrin
Hohe Minne: Herrscherin, keine erfüllte Liebe
Überlieferung: Haupthandschriften
Lange nach Entstehung der Lieder entstanden, kein biographisches Wissen mehr, variieren stark
voneinander (Autoren, Verse,…)
A: kleine Heidelberger Liedhandschrift, Ende 13.Jh, Elsass
B: Weingartner (oder Stuttgarter) Liederhandschrift, um 1300, Bodenseeraum
C: Große Heidelberger Liederhandschrift (Codex Manesse), um 1300, Zürich
„Ich“ im typischen Minnesang, Autor sicher, „Ich“ aber auch als Vortragender, alles in allem
erfundene Figur
1.St.: Ausgangslage; 2.St.: Problem; Abg.: Lösung des Problems
Paradox als Dienst-Lohn-Verhältnisse
Freude an Dauerfrustration, Gesang ist der Dienst
Parallelüberlieferung in E: 50 Jahre später, direkte Anrede an Frau, (Auf und Abgesang
sinnlich gleich), Abgesang: schweigen – performative Widerspruch, nicht mehr nur hoher
Minnesang, hoher Minnesang/Dienst nicht mehr derart plausibel
Notker der Deutsche: Lehrer in St. Gallen (ca. 1000), übersetzte Aristoteles/grie. Klassiker, Psalter
mit Latein-deutscher Bemerkung
Paffe Konrad: Regensburger Kleriker, um 1170: mittelhochdeutsche Rolandslied (Altfranz. Vorlage),
Inhalt: Spanienfeldzug von Karl dem Großen
Hartmann von Aue: Ministeriale, starb im ersten Viertel des 13. Jahrhunderts starb, Artusepen: Erec
und Iwein (altfranzösische Vorlagen), weiters: Der arme Heinrich, Gregorius, Minneliedern,
allegorisches Minne-Streitgespräch, Klagebüchlein, Anfang der ‚klassischen‘ höfischen Literatur.
Wolfram von Eschenbach: um 1220 gestorben, Parzival, Willehalm, Titurel (fragmentarisch), neun
Minnelieder.
Gottfried von Straßburg: zeitgleich mit Wolfram, Tristan (nicht vollendet, Altfranz. Vorlage)
Nibelungenlied: um 1200 in Passau, strophische Form, Inhalt: Tod Siegfrieds und Untergang der
Burgunden, historischer Hintergrund: Völkerwanderungszeit, an höfischer Literatur angepasst.
Walther von der Vogelweide: berühmteste deutsche Minnesänger, stirbt erste Hälfte des 13.
Jahrhunderts, biographisches Wissen nur aus seinen eigenen Liedern, Codex MAnesse: Abb. Auf
Stein sitzend
Neidhard von Reuental: oft nachgeahmt, ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, bäuerliches Personal
und derber Darstellungsstil im Minnesang (‚dörperliche Dichtung‘)
Oswald von Wolkenstein: (ca. 1377-1445) Adeliger aus Südtirol,
für Kaiser Sigismund I. tätig, autobiographisch geprägt (ereignisreiches Leben)
Lexika
Deutsche Werke und Autoren des Mittelalters:
Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon. 2. Aufl. hg. von K. Ruh u. a.
Berlin – New York 1978-2008 (14 Bände)
Einführung:
Hilkert Weddige, Einführung in die germanistische Mediävistik. 7. Aufl., München 2008.
Thomas Bein, Germanistische Mediävistik. Eine Einführung, 2. Aufl., Berlin 2005.
Gert Hübner, Ältere deutsche Literatur. Eine Einführung, Tübingen – Basel 2006.
Dorothea Klein, Mittelalter. Lehrbuch Germanistik, Stuttgart 2006.
Meinolf Schumacher, Einführung in die deutsche Literatur des Mittelalters, Darmstadt
2010.
Zu den VO:
Jan-Dirk Müller, Das Nibelungenlied, 3. Aufl. Berlin 2009.
Volker Mertens, Der deutsche Artusroman, Stuttgart 1998.
Gaby Herchert, Einführung in den Minnesang, Darmstadt 2010.
Joachim Heinzle (Hg.), Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zum
Beginn der Neuzeit. In Einzelbänden von verschiedenen Autoren.
Max Wehrli, Geschichte der deutschen Literatur im Mittelalter. Von den Anfängen bis
zum Ende des 16. Jahrhunderts. 3., bibliographisch erneuerte Auflage, Stuttgart 1997.
Horst Brunner, Geschichte der deutschen Literatur im Mittelalter, Stuttgart 2010.
Joachim Bumke, Höfische Kultur. Literatur und Gesellschaft im hohen Mittelalter,10.
Aufl. (in einem Band), München 2002.
Lexikon des Mittelalters. Hg. von R. Anty u.a., München – Zürich 1977–1998.
Gert Melville / Martial Staub (Hgg.), Enzyklopädie des Mittelalters, 2Bde., Darmstadt
2008.
Neuere deutsche Literatur
a) Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch / Hans Jakob Christoffel von
Grimmelshausen
Beginn: Krieg, Junge flieht nach Brand in Wald, trifft Einsiedler
Autobiographisch, 1669, 5 Bücher + Ergänzung 1669
Titelblatt: Titel, „Inhalt“, Autor (Anagramm), Vignette,
Verleger(Pseudonym)/Erscheinungsjahr
Szene
Benennung: Junge, Mutter und Vater haben keine Eigennamen, „sprachliche Diskriminierung“
Beten – Betten, etc.
Anrufung: Vater unser, labiler Zustand des Deutschen im 17. Jh.,
Bub: keine elterliche Genealogie (Gegensatz Sohn)
„Einsid. – Simpl.“ Kann als „Einsiedler einfach“ oder „Simplicissimus sieht ein“ gelesen werden
Übersetzungsversuche:
Direkt nach Erstausgabe „normalisierte“ Form
21. Jh.: Reinhard Kaiser „normalisierte“ an heutiges Deutsch angepasste Variante
Grimmelshausen- Betonung abwechselnd (betont – unbetont) „Fehler“ absichtlich etwa bei
Vater und Mutter
„Vater und/oder Mutter“, Singular/Plural bei rufen, Grim.: Elternpaar nicht zwingend
gemeinsam
Vater oder Mutter gehabt. Bei Grim: vorzeitig, also war er früher schon allein; Kaiser: immer
schon allein, „habe nie“ – nicht richtig!
b) Begriff: Lesen
Lesen = Alphabetisierung
Weltweit: 781 Millionen Analphabeten (2/3 Frauen)
Funktionaler Analphabetismus: einzelne Worte, kurze Sätze lesbar, aber keine Texte
Analphabetisierung = bewusst in Kauf genommene nicht-Alphabetisierung!
Leseprozess: Erkennen von Buchstaben/Wörtern
Erfassung von Wortbedeutung
Herstellung von Bezügen zwischen Wortfolgen
Erkennen von satzübergreifenden Sinneinheiten
kontinuierliches Verständnis der Gesamtbedeutung
Säulen des Lesens: Information, Prozessualität, Erkenntnis
Philologischer Punkt: Sprache selbst hat Bedeutungspotenzial
d) Begriff: Sprechakt
Sprechen ist immer Handeln, nicht das Gegenteil dessen!
Performative Verben: sagen, sprechen, tadeln, bitten,… Sprechhandlungen!
How to do things with words (John Langshaw Austins, 1962):
Unglaubliche Anzahl an „Verben, die ‚sagen‘ bedeuten“
Viele haben eine individuelle Situation (befehlen, trösten, beleidigen,…)
Wichtig für Differenzierung verschiedenen Sprechens
Implizite Äußerungen: keine genaue Situation, durch hinzufügen dieser Verben –
explizit/präzise
Nur möglich, wenn: „ideale“ Sprechsituation (keine Lügen, etc.), genügende Sprachkenntnis
f) Begriff: Polyphonie
Direktes Wort: auf Gegenstand gerichtet, setzt sich nur mit diesem Gegenstand auseinander
Lebendiges Wort: zwischen Wort – Gegenstand – Sprecher liegt das Sein anderer Wörter für diesen
Gegenstand
Von Michail M. Bachtin: aus Russland, russisch/deutsch erzogen, angebliches Studium in Odessa,
später aus pol. Gründen festgenommen – Kasachstan, spät zurückgeholt,
Odessa: Hafenstadt, außergewöhnliche sprachliche Situation: viele Sprachen, nicht
monolingual, Sprachketten werden gebildet, „Polyphonie“, Wort steht immer im Zusammenhang mit
„fremden Wort“, „Redevielfalt“ nicht Vielfalt an Sprachen – sondern zeigt sich in jeder Äußerung,
Bachtin stellt sich immer wieder gegen „Austreibungen der Redevielfalt“, weil jede Sprache voll toter,
zukünftigen etc. Sprachen ist
Beispiel: Bauer spricht „eine“ Sprache, die sich aufteilt in Alltags-, Amts- und Gottessprache aufteilt,
jede Sprache eigene Welt, Möglichkeit eine Welt mit anderen Augen zu sehen -> aufklärerischer
Ansatz
Universelle Sprache ist ein Konstrukt, dass der Redevielfalt gegenüber steht, jede Aussage ist
„Redevielfalt“ wenn dialogisiert/auf Kontext eingegangen wird
Zentripetale: Monolinguismus, Zentrifugal: Redevielfalt
h) Poetik
Sachwörterbücher:
Reallexikon der Deutschen Literaturgeschichte. Merker, Stammler. 1958 – 88
Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Weimar, Fricke, Müller. 1997 – 2003
Fischer Literatur Lexikon. Ricklefs. 1996
Sachwörterbuch zur deutschen Literatur. Meid. 1999
Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. Ansätze – Personen – Grundbegriffe. Nünning.
2013
Poetik „Kunst/Lehre des Dichtens“, Aristoteles: Medium, dass die Grenzen der Realität durchbricht
und Unvollendetes vollendet, Poetik Begriff sehr wechselhaft, viele Definitionen von Dichtern,
deshalb:
Poetik ist die Frage danach wie Modellierung der Sprache mit der Welt, mit der sie spricht,
kommuniziert, Selbstreflexion der Literatur,
Etymologische Herkunft: „weben“, „flechten“ – Gewebe eines Textes,