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^ L T V v r e R
o e R
G e G e N W X R i"
ISBN 978-960-88698-8-2
Postadresse:
Iera Moni Timiou Prodromou
Korakies
GR-73100 Chania, Kreta
a te s e M R ucH
^ L T T V A r r e R ^M P H !LO C H !O S
VON
P v rrM o s
( 1889- 1970)
^/^a?er^mpMoc/i;o.s' vo?;
9
Kapitel 1
^ L jrv x re R
^M P H !LO C H !O S V O N PAJTMOS
er selige Altvater Amphilochios Makris war ein echter Jiinger
Jiingers der Liebe und wurdiger Fortsetzer des Werks des
Heiiigen und Gotttragenden Christodoulos des Wundertăters. Er lebte
ein untadeliges Leben, frei von jedem sittlichem Makei, und ieuchtete
kraft seiner strahienden Tugenden wie ein Stern erster Grosse am
geistigen Firmament der Heiiigen K irche.. Dieses Leben spielte sich
zur Hauptsache ab auf der heiiigen Insei Patmos, Mutter der sieben
Kirchen Asiens - Ephesos, Smyma, Pergamon, Thyatira, Sardes,
Philadelphia und Laodikăa- - dem Ort, wo das letzte Kapitel des Neuen
Testaments offenbart und geschrieben wurde und der iiber die
Jahrtausende hinweg ein aktiver Herd des Christentums blieb, vom 11.
Jahrhundert an neu belebt durch das Kdoster des HI. Johannes des
Thcologcn-, wăhrend der dustcrcn Zeit des Turkenjochs durch die
Kirchliche Schule von Patmos**, aus der mehrere Kollyvaden und andere
Wegbereiter der Befrciung des Gottesvolks aus geistiger und politischer
Knechtschaft hervorgingen.
In seinem Portrăt des Altvaters, von dem er selbst, als westlicher
Konvertit zur Orthodoxie und Monch des Klosters des FM. Johannes des
' Metropolit Ignatios Trianti von Berati, Avlona und Kanina, in seiner Biographie des
Altvaters (siehe Bibliographie am Kapitelende).
'S ieh eO ftb 1,11-3,22.
^ Gegrundet um 1088 vom hl. Christodoulos (Fest 16. Mărz).
" Gegrundet um 1713 vom hl. Makarios (Kalogeras) (Fest 17. Januar). 1-lier studierten
u.a. Neophytos von Kavsokalyvia, spăter Leiter der „Athoniada" und einer der fuh-
renden Kollyvaden, sowie der hl. Hieromartyrer Gregor V., Patriarch von Konstan-
tinopel (Fest 10. April) usw.
10
KaHistos Ware, 77?s /nner Kingo'om („Das Innere Reich"), Voi. 1 of the Coli. Works,
St. Vladimir's Press, Crestwood N.Y. 2000, Kapitel „The Spiritual Guide in Ortho-
dox Christianity" („Der geistige Fiihrer im Orthodoxen Christentum"), S. 149-150.
!)
I. - Leben
7. G^ĂMrf
A ltvater Amphilochios wurde am 13. Februar 1889 auf Patmos
Y \.g e b o re n , als erstes Kind zutiefst gottesfuchtiger Eltem. Sein Vater,
Emmanuel Makris, stammte von der Insei Lipsos (dstlich von Patmos),
seine Mutter, Irini, von Patmos. Fiinf Kinder wurden dem Paar
insgesamt geboren, zwei Sohne und drei Tochter, von denen zwei
Monchinnen werden sollten (die dritte starb schon bald nach der
Geburt). Um die Familie durchzubringen, wanderte der Vater zeitweilig
nach Amerika aus, und da er Christus in seinem Herzen mit sich trug,
nahm er keinen Schaden davon. Sein Leben war so gottgefallig, dass
ihm, da er sich keinen bezahlten Helfer leisten konnte, bei der Emte-
arbeit ein Engel half.
Der Erstgeborene der Familie erhielt bei der Heiligen Taufe den
Namen Athanasios. Taufpate war der vormalige Metropolit von Pelu-
sion (Patriarchat von Alexandria), Amphilochios Kappos, geburtig aus
Patmos und Verwandter der Mutter, der seinen Lebensabend in einer
der vielen Einsiedeleien seiner Fleimatinsel verbrachte, zusammen mit
seinem leiblichen Bruder, dem Priestermonch und Beichtvater Nikodi-
mos. Unter der Anleitung dieser beiden ehrwiirdigen Greise machte der
kleine Athanasios seine ersten Schritte auf dem Weg zu Gott.
Nach Abschluss der Grundschulen begann er sein Studium an der
Kirchlichen Schule von Patmos, das er aber schon nach einem Jahr ab-
brechen musste, weil die Schule anfangs 1906 von den Turken
geschlossen und nach Samos verlegt wurde. Da trat er, nunmehr 17
Jahre alt, als Novize in das altehrwurdige Kloster des HI. Johannes des
Theologen ein, dem eigentlichen Eigentumer und Regenten der heiligen
Insei, gemăss der Chrysobulle des byzantinischen Kaisers Alexios I.
Komnenos aus dem 11. Jahrhundert.
' HI. Basiiios der Grosse, 'Opot xaio. îtÂMiog. E ltE Bao. Mey. rou. 8A'. Dt. Die
Monch^regeiM, Die lăngeren Regeln, 2. Eos-Verlag, St. Ottilien 1981. Ubers. d.
Zitats v. Hrsg.
^ Einsiedelei an der Nordostkuste von Patmos, anfangs des 19. Jh. erbaut vom
peloponnesischen Asketen Apollo, mit einem Kirchlein zu Ehren Aller Heiligen.
Die Einsiedeieien von Patmos gehoren praktisch alle zum Kioster des HI. Johannes.
7. 7ehen 13
Kollyvaden, die nach ihrer Vertreibung vom Athos in der 2. Hălfte des
18. Jahrhunderts auf den Inseln der Âgais, von Chios bis Patmos und
von Skiathos bis Ikaria eine Reihe von Klostem gegriindet oder wieder
aufgebaut hatten, in denen die hesychastische Tradition des inneren
Gebets gepflegt wurde.' Altvater Makarios, geboren auf Samos, wurde
Monch im Kioster der Verkundigung auf Ikaria, dann Abt des Klosters
Megâlis Panagias von Samos und kam schliesslich ins Kioster des HI.
Johannes des Theologen nach Patmos. Er wirkte 30 Jahre lang ais
Beichtvater im Kathisma des Apollo, wo ihn unzăhlige Glăubige von
uberallher aufsuchten, und ubte daneben das Handwerk des Buchbin-
ders aus. Von diesem Altvater, den er regelmăssig besuchte, wurde
Amphilochios in die hoheren Stufen des Lebens im Heiligen Geist
eingeweiht.
' Die Bewegung der benannt nach den TioJ/yren, d.h. dem gekochten
Weizen der Gedăchtnisfeiern tur die Entschlafenen, begann um 1754 ais Widerstand
gegen die Verlegung dieser Gedăchtnisfeiern vom Samstag, Tag der Entschlafenen,
auf den Sonntag, Tag der Auferstehung, die antanglich in der Skite der HI. Anna ein-
gefuhrt wurde. Die Sache weitete sich aus zu einer Konfrontation zwischen der
Tradition der Heiligen Văter und der Tendenz zur Verweltlichung, einer Auswirkung
des westlichen Rationalismus in gewissen orthodoxen Kreisen.
t4 von Faimos
Nicht lange nach seiner Tonsur zum Monch des Grossen Gewands, im
Mai 1913, beschloss der Âltestensrat des Klosters, ihn fur die Weihe
zum Hierodiakon vorzuschlagen. Nach langem Kampf mit sich selbst -
denn er ftihlte sich der hohen Wtirde und Verantwortung des Klcrikers
vollig unwtirdig - fugte er sich widerwillig, doch auf der Fahrt nach
Kos, dem Sitz des Metropoliten, der fur die Weihen zustăndig war,
iiberwăltigte ihn abermals der Schrecken, und in Kalymnos verliess er
das Schiff, indem er zu dem ihn begleitenden Bruder, der ebenfalls
geweiht werden solite, sagte: „Mein Bruder, ich bin einer solche Wtirde
unwtirdig. Lieber ziehe ich bettelnd von Ort zu Ort mit reinem
Gewissen, als dass ich die Wtirde des Diakons unwtirdig empfange. Du
reise weiter in Frieden. Was mich angeht, ich gehe ins Heilige Land."
Uber Rhodos gelangte er nach Alexandria, wo er von Verwandten
aufgenommen wurde, die der dortigen Patmer-Kolonie angehorten.
Diese versorgten ihn mit dem Notigen fur die Weiterreise ins Fîeilige
Land. In seinem Reisetagebuch, das erhalten blieb, schreibt er uber
seine Ankunft in Jerusalem, Jew Gri, wo Jte .s'ome.s' R om i
„Ich bin ausserstand, die Freude zu beschreiben, die ich
empfand, als ich die Stadt des Grossen Konigs sah. Wăhrend ich von
der Station zur Stadt Davids wanderte, sagte ich fortwăhrend: F/vMe
r/icA, Z/'o/i AoiV/ge, Muiter d/er A/rc/ie/i, Go//os...
Er verehrte das Allheilige Grab und den furchtgcbictenden Golgotha,
zog weiter nach Bethlehem und besuchte dann, als echter Asket, die
Einsiedeleien und Kloster beim Jordan und schliesslich das Kloster des
Heiligen Sabas in der Kedron-Schlucht, all dies selbstverstăndlich zu
Fuss. Dort traf er Monche, die sich in Fortsetzung der jahrtausendealten
Tradition der Lavrioten' Palăstinas jedes Jahr in die tiefe Wtiste
zurtickzuziehen pflegten.
D.h. der Monchsvăter der Lavren. „Lavra" bezeichnet ursprungiich ein Wtisten-
kloster, in welchem Asketen unter Leitung eines erleuchteten Altvaters ein auf das
Gebet zentriertes Leben fiihrten.
15
4.
' Die Bibliothek des Klosters des HI. Johannes von Patmos wurde schon zur Zeit des
hl. Chriştodoulos angelegt und umfasst heute rund 1100 alte Handschriften, darunter
300 Pergamente, sowie rund 15 000 handgeschriebene und ebensoviele gedruckte
Bucher.
16 /f^:/7/n7oc/;/'o.S' w/; Putn;os'
' 1912 hatten die Itaiicner im Rahmen ihres Kriegs mit der Tiirkei den Dodekanes
besetzt. Damals forderte das Volk dieser Inseln den Anschluss an das griechische
Mutterland, was aber von den Italienem abgelehnt wurde. Der von den Grossmăchten
ausgehandelte Vertrag von Lausanne von 1923/24 sprach den Dodekanes endgiiltig
Italien zu. Nach Mussolinis Machtergreifung im Jahr 1922 nahm die italienische
Besetzung immer mehr den Charakter einer faschistischen Diktatur an, die die
Ausmerzung des griechischen Charakters der Inseln anstrebte und schiiesslich sogar
den Unterricht der griechischen Sprache in den Schulen verbot. Dieser Zustand
endete erst mit dem Zusammenbruch des Faschismus im 2. Weltkrieg.
' Mt 10,23.
17
Leben gcfuhrt, sodass jener Ort auch zu einer geistigen Oase wurde,
dank den Gebeten von Vater Amphilochios und dem Segen Gottes.
„Unter Trănen bete ich zum Herrn", schreibt er an Kalliopi bezuglich
jener geistigen Pflănzlinge, „dass Er von oben den himmiischen Tau
herabsenden moge, damit sie nicht eingehen in der aligemeinen D une
der Menschheit von heute. Und als Sein Knecht werde ich mich im Geist
keinen Augenblick abwenden vom Wachen uber die Blumen Christi,
damit sie nicht etwa Schaden erleiden durch irgendwelche Insekten und
besonders durch Raupen - womit ich schiechte Gesellschafit meine -
und untaugiich werden, sodass es mir unmoglich wird, sie einzusam-
meln zu einem harmonischen Strauss und sie Christus darzubringen."
Als nach 1920 der Fluchtlingsstrom aus dem benachbarten Klein-
asien einsetzt - infolge der Vertreibung der Griechen aus ihrer jahrtau-
sendealten Heimat durch die Turken, mit der Duldung, dann der akti-
ven Zustimmung der westlichen Grossmăchte im Vertrag von
Lausanne' entsteht auf Iniţiative von Vater Amphilochios eine
Schwestemschaft, die sich der Fluchtlinge annimmt. 1922 schreibt er
angesichts des namenlosen Elends dieser Menschen:
„Ich bin zutiefst erschuttert. Ich bin wie ausser mir. Ich kann weder
essen, noch schlafen und denke unaufhorlich an das Martyrium unserer
christlichen Brfider. Ich bin voller Zom. Nicht gegen die unzivilisierten
Turken, sondem gegen die pseudo-kultivierten gottlosen Europăer."
Mit allen seinen Krăften gibt er sich dem Hilfswerk hin fur diese
gerAg.s'te/? Je r CArEt/ g bemuht sich um die unzăhligen Wai-
senkinder, die dieser Stunn der Unmenschlichkeit hervorgebracht hat,
denn er weiss, dass er damit Christus selbst dient. Er scheut keine Muhe,
keine Drangsal, keine Verfolgung, sondem drăngt unaufhaitbar vor-
wăns, getrieben, wie er selbst sagt, von der „nănischen Liebe fur meine
Kinder" und mit dem Vorbild des gekreuzigten Herm auf dem Golgotha
vor Augen. „Nichts anderes steht mir im Sinn als Christus und meine
geistige Familie." Diese geistige Familie, das ist die mittlerweile liber
den ganzen Dodekanes verstreute - vorlăufig noch laizistische -
Schwestemschaft und die von ihr betreuten Kinder. Er reist von Insei
zu Insei, trostet, ermutigt, berichtigt, inspiriert durch sein Wort und
durch sein Beispiel, all dies im unablăssigen Gebet zu Ihm, Der allein
UeJe/'Aen g/'N / sodass das Werk allmăhlich Gestalt annimmt.
Nachdem er dem Kloster des HI. Johannes des Theologen sechs Jahre
lang als Priester gedient hatte, wurde er vom Âltestenrat desselben zum
Vorsteher des Klosters der HI. Hohle der Offenbarung emannt, das
etwas weiter unten am selben Berghang rund um die Hohle angelegt ist,
in welcher der hl. Apostel und Evangelist Johannes die Ofîenbarung
empfing. Er bemuhte sich um dessen Instandstellung und plîanztc auch
hier viele Băume, hauptsăchlich Zypressen und Fichten. Da letztere auf
dem fast baumlosen Patmos bis dahin unbekannt waren, nannte das
Volk sie „Amphilochios-Băume". Er hatte auch eine innere Beziehung
zu seinen Băumen, ebenso wie zu den Tieren, vor aliem den Vogeln,
die tăglich bei ihm ihr Futter holten.
in jenen Jahren war das Kloster der Heiiigen Hohie nicht nur ein Pilger-
ort, sondem wurde fur Unzăhiige zum Hafen des Heils. Endios stromten
Glăubige aus dem ganzen Dodekanes zu ihm, um Rat und geistige
Weisungen zu empfangen und Frieden zu findcn fur ihre Seeien.
Th. Kapellâ, O ayd)vag rwv yuvo.rKo'jv oro 1935 xoa o 11eipoitoA pog („Der
Kampf der Frauen von 1935 und der Krieg der Steine"), Kalymnos.
22 /l/?w?ef'v4M;p/M7dc/H'o.s' von <Paf?Mo.s
Als man ihn auftordeAe, der Inthronisierung des neuen Abts beizu-
wohnen und ihm den Abtsstab zu ubergeben, lehnte er auch dieses ab,
mit dem furchtlosen Hinweis, dass er das den Kanones der Heiiigen
Kirche gănzlich zuwiderlaufende Vorgehen der Behotden in keiner
Weise sanktionieren werde.
Hier zeigte sich in Wahrheit, dass der in aiien anderen Dingen so
demiitige und sanfte Altvater von unbeugsamer Harţe war, wenn es um
die unantastbaren Gesetze der Heiiigen Kirche Christi ging, denn er
furchtete niemanden ausser Gott.
Wăhrend in der Kirche die Zeremonie der erzwungenen Einsetzung
des staatstreuen Abts begann, befahi Altvater Amphiiochios, die
Giocken des Kiosters im Trauer-Klang zu iăuten. Der Monch, der es
tat, wurde schon nach drei Schlăgen von der Poiizei gehindert, doch
diese drei Glockenschlăge reichten aus, um das draussen versammelte
und bange Voik in Kenntnis zu setzen tiber das, was drinnen vorging.
Zunăchst woiite man den Altvater auf den Monte Cassino in Italien
verbannen, doch auf Furbitte des Metropoliten von Rhodos wurde als
Exilsort schliesslich Athen bestimmt. Dort war er zunăchst Gast der
Bruderschaft Zrnf) und wirkte dann in deren Auftrag als Beichtvater in
Ioannina und Thessaloniki. Im Verlauf des Jahres 1938 ging er nach
Kreta und wurde von der Synode der Kirche von Kreta zum
Beichtvater fur die ganze Insei emannt.
Nachdem im September 1938 bereits Âbtissin Eustochia aus dem
Exil zuruckgerufen worden war, kehrte im Fruhjahr 1939 auch der
Altvater nach Patmos zurtick und ubemahm dort vortibergehend die
Betreuung des Heiligtums der Rettenden Gottesmutter. A uf Rhodos
begegnete er abermals dem italienischen Gouvemeur De Vecchi, der
sich, beeindruckt von der asketischen Gestalt des Altvaters, fur sein
fruheres Verhalten entschuldigte.
Als die italienische Besetzung mit der Niederlage Italiens im 2.
Weltkrieg 1942 endlich ihren Abschluss fand, wurde auch das Kloster
des HI. Johannes erlost aus seiner Knechtschaft und erhielt einen neuen
Abt, nachdem Altvater Amphiiochios es abgelehnt hatte, wieder in
sein Amt einzutreten. Im gleichen Jahr betraute ihn der Âltestenrat
stattdessen wie schon friiher mit der Leitung des Kiosters der Heiiigen
Hohle.
25
Auch zum Westen hatte er viele Kontaktc, vor aliem durch neu zur
Orthodoxie Zuruckgekehrte und durch seine geistigen Kinder, die an
westlichen Hochschulen studierten. Die orthodoxe Hierapostolie im
Westen lag ihm sehr am Elerzen, und er bemiihte sich um die Forderung
derselben im Geist der wahren Tradition der Kirche, welche schon da-
mals von gewissen Kreisen verfalscht zu werden begann. So wamte er
1960 in einem Brief an einen Theologie-Studenten in Paris vor der
„Falie der neo-orthodoxen Franzosen, die sich nicht auf die Grundlage
der Orthodoxen Kirche stiltzcn".' Von seinen geistigen Sohnen und
Mitarbeitem verlangte er, dass sie neben dem theologischen Wissen
auch eine breite Erfahrung des liturgischen Lebens der Kirche erwarben
und durch Aufenthalte in geeigneten Klostern - wie z.B. Longovarda
auf Păros, dem Kloster von Altvater Philotheos Zervăkos - alle Aspekte
des orthodoxen Monchslebens aus der Praxis kennenlernten.
Sein hierapostolisches Wirken erstreckte sich auch auf den afrikani-
schen Kontinent und auf Asien. Aus allen diesen Gebieten empfing er
zahlreiche Besucher auf Patmos und stărkte sie mit seinen geistigen
Weisungen und seinem Gebet fur ihr Wirken in ihren Heimatlăndem.
Ebenda, S. 211.
/ LcAcn 29
Licht in sich haben, damit sie sie herausfuhren konnen aus der
Finstemis und aus dem Nebei. Das Licht werdet ihr empfangen in der
Schuie von Chaiki, die Inspiration zur Hierapostoiie von der Lăuterung
eurer Seeie und eures Herzens und die Kraft dazu von den Heiiigen
Vătern unserer Kirche. So werdet ihr, wohiausgertistet mit der Fackei
der Theotogie und dem Hirtenstab der Hierapostei, nach Verlassen der
Schuie fahig sein, die veriorenen Schafe wiederzufinden und sie
zuruckzufuhren in ihr Gehege, die Orthodoxe Kirche."'
Der Empfanger dieses Briefs war der Student Dimitrios Archontonis,
der heutige Okumenische Patriarch Bartholomăos.
75.
In den letzten Jahren seines Lebens empfand Aitvater Amphiiochios
vermehrt das Bedurfnis, sich in die Einsamkeit zuriickzuziehen, um
sich im Gebet und innerer Betrachtung auf seinen Hingang vorzuberei-
ten. Er verbrachte viei Zeit in der Einsiedeiei von Kouvâri, „um mich
zu prtifen", wie er schreibt, „ob ich bereit bin fur den Auszug dorthin,
wo jeder Sterbiiche unausweichiich zu erscheinen haben wird", das
heisst vor dem Thron Gottes.
Am 16. Mărz 1970, dem Tag, an weichem das Kdoster des Hi.
Johannes das Fest seines Grunders, des hi. Christodoulos, feiert,
erkrankte Aitvater Amphiiochios an einer Grippe, die sich zur
Bronchopneumonie entwickeite. Damais besuchte ihn zum ietzten Mai
Aitvater Phiiotheos von Langovarda, sein geistiger Bruder (beide
waren geistige Sohne des hi. Nektarios) und Vater (beide hatten sich
gegenseitig ais Beichtvater). „Unsere Freude iiber das Wiedersehen war
unbeschreibtich", schrieb Aitvater Phiiotheos spăter, „und fur beide von
grosstem geistigem Nutzen... Ich betete zu Gott, damit ich zusammen
mit dem heiiigen Gerontas und Beichtvater Amphiiochios sterben
mochte. Doch der Herr nahm ihn aiiein und empfing ihn ais einen, der
r/e/? hhg hat, damit er ausruhe von
seinen Muhen und Werken und im Himmel den unverwelkiichen Kranz
empfange. Mich Sfinder aber iiess er zuriick, damit ich mich bekehre,
weii ich auf Erden kein gutes Werk voiibracht und mit der Umkehr
noch gar nicht angefangen hatte..."^
Ebenda, S. 522-23.
7/. Le/n'e 3!
eliebte, ich sinne nach daruber, wie heiiig und wunderbar unsere
\J h im m iis c h e Heimat ist, wo es nichts gibt von dem, was wir hier
sehen. Dort ist die Wahrheit, hier die Liige, dort das Leben, hier der
Tod. Dort die Liebe, hier Neid. Dort weder Kriege, noch Parteien, noch
die geringste Unruhe. Dort ist Christus Konig. Dort die Stadt der
Heiiigen, das Heer der Engel... AHes dort ist heiiig, und jede Bewegung
Ausdruck geistiger Freude, in welcher nichts Falsches ist. Dort ist das
Gluck. Wie notig ist es, dass der Geist und das Herz sich zuruckwenden
zu jenen ersten Tagen unseres Febens, da unsere Eltem und unser Pate
uns in die Biirgerliste der Kirche Christi eingeschrieben haben, damit
wir die Rechte und auch die Pfhchten jener Gemeinschaft erlangen...
Dort sind wir Miterben Christi, damit wir mit Ihm herrschen in
Ewigkeit. Das Testament wurde unterzeichnet auf dem Hugel des
Goigotha mit Seinem eigenen kostbaren Biut. Trotz alledem missachten
wir das Bekenntnis der Taufe, missachten wir den himmlischen Ruf,
weigem uns, uns zu iosen vom Irdischen, das wir doch ohnehin eines
Tages anderen uberlassen werden. Zu Recht beweinte der heilige
Ephrem der Syrer diese Verfassung der Christen seiner Zeit. Ich bete
zum Herm, damit Er uns die Augen offne, sodass in Bălde die
Sehnsucht nach der gottlichen Heimat in uns erwachen mochte, bevor
der Tod kommt und wir uns femab finden von jener geistigen Freude
und Seligkeit.
Die Zitate sind entnommen dem Buch von Metropoiit Ignatios Trianti, op. cit. (siehe
Bibliographie am Ende des Kapitels).
32
damit er das sein kann, muss er entweder in der Quelle odei* in einem
Gefass mit Wasser sein. Ist er fem davon, trocknet er aus. Und naht
er sich dem Feuer der Versuchungen, trocknet er nicht nur aus,
sondern verbrennt auch. Deshaib ninun dich in Acht vor dem Feuer und
bleib nicht fem von der geistigen Quelle, der orthodoxen christiichen
Lehre.
Geistige Waffen
A chte auf das Thema des Glaubens und der Reinheit, denn diese
vA ^sind die Zunder der geistigen Atombomben. Sind sie schwăchlich,
werden sie nicht ztinden... sie werden vielmehr Unheil bringen iiber
jene, die sie zu gebrauchen versuchen... Deshaib erleme bei dem weisen
und heiligen Bischof die rechte Handhabung diesel* Waffen, des
Glaubens und der Reinheit. Fug ihnen die Wachsamkeit und das Gebet
hinzu, damit deine theologischen Kenntnisse sich auf diese festen
Grundlagen sttitzen mochten.
Wahre Theologie
Ţ eider haben wir die Theologie verzerrt, wir leben sie nicht
J —/innerlich, und deshaib ist sie zu einer toten Wissenschaft geworden,
77. ZeAre 33
' Nikephoros der Monch, P/n'/oG/ie, Bd 4. Mit jenem Leben ist das Monchsleben
gemeint, das von den Hi. Vătern jenem der Engei gieichgesteilt wird.
34 von PaUna?
A ber, warum falie ich so oft in die Sunde des Richtens? iragte einer
Y ^ d e r Monche der alten Zeit seinen Altvater. Und jener antwortete
ihm :
- Weil du dich selbst nicht erkannt hast, mein Kind.
Reumut
Ţ Ţ astet nicht beim Lesen des Psalters und beim Singen der Hymnen,
-TlLals ob jemand hinter euch her wăre. Diese Art betmbt mich sehr.
Lest und singt langsamer, damit euer Herz teilnimmt an dem, was ihr
sagt. îch mochte sogar, dass ihr weint, wenn ihr singt, doch... Mochte
ich es noch erleben, dass ihr weinen lernt. Die alten Monche hatten in
den Gottesdiensten stets Taschentiicher bei sich...
Das Gebet
Ţ ^ \a s Gebet ist der Rettungsring unserer Seele und unseres Leibs.
J -V Selbst wenn du mit einem kleinen Schifflein unterwegs bist auf
dem Ozean - solange du das Gebet sagst, reisest du ohne Furcht.
A H 7^nn ihr das Gebet pflegt, werden euch die St urme der Versuchung
VV nicht beruhren. Es bringt sie zum Erliegen, sodass jene nichts zu
tun vermag.
Ţ I ' s gibt keine andere Art der Reinigung und Lăuterung, die dem inne-
J —/ren Gebet gleichkăme.
Ţ Ţber das Gebet kann ich dir nicht viei schreiben, denn es faiit mir
L J schwer, dir das hohe Thema des Gebets in Worten darzulegen. Das
nur sage ich dir: Christus vernimmt das Gebet des Herzens, deshalb
achte darauf, dass das 'Hcrr Jesus Christus...' niemals aufhort in deinem
Geist. Was du auch empfinden magst in deinem Herzen, achte nicht
darauf. A uf das Gebet nur achte.
ehorsam ohne die innere Arbeit des Gebets hat keinen Wert. Denn
v J aucli die Kommunisten gehorchen ihrer Ideoiogie, doch was ist
das?
Ţ )fle g t das Gebet. Es wird euch ins Paradies fuhren. Ihr werdet die
-L Gnade Gottes augenscheinlich sehen und die Freude des Flimmels
erlangen. Wenn ihr das innere Gebet pflegt, werdet ihr zu Kindem des
Konigs, die im Palast wohnen. Dann reicht ein Wink, und euer Herz
hupft in heiliger Freude. Durch das Gebet wird der Mensch wie ein
Kind. Das Gebet bringt ihn zuruck zur Einfachheit und Arglosigkeit,
die Adam im Paradies hatte vor dem Fall. Er hort auf, den Unterschied
zum anderen Geschlecht zu empfinden. Vorwărts Kinder, ergebt euch
dem Gebet. Dieses hat das Paradies mit Heiligen gefullt.
Das Monchtum
" \ Ţ u r das Saiz Christi, das heisst Menschen, die sich zur Gănze
i i hingegeben haben an Ihn, wird imstande sein, der im Zerfall
befindlichen Gesellschaft die Gesundheit wiederzugeben und den Nebei
des Materiatismus und der Stinde aufzulosen.
Ţ ^\rau ssen wutet der Sturm und ărgert sich, dass wir ihn ausgesperrt
J-V haben, auch das Meer beklagt sich, dass jener winterliche Wind es
so heftig peitscht, und der Regen, herangetrieben von den schwarzen
Wolken, versucht ihn zu besănftigen, ihn zu besiegen, damit nicht nur
das gepeinigte Meer den Frieden wiederfînde, sondern auch die Erde
mit ihren Băumen, ihren Tieren und mit den Menschen selbst, von
denen einige in hellerleuchteten Salons singen und tanzen, wăhrend
andere weinend vor den Sărgen ihrer Geliebten stehen und Trănen des
Kummers und des Schmerzes vergiessen.
Nur ein ganz kleiner Teii kniet unter den Kuppeln der Kirchen und
verherrlicht den Gott unserer Văter, ohne gross zu achten auf jenes
Toben der Natur, denn er sucht sich stets aufmerksam vor dem
Angesicht des Konigs Christus zu halten, unbekummert um jedwelchen
Sturm, sei er innerlich oder ăusserlich.
Dies ist das kleine Erbteil Christi, das nicht nur aus Mănnem besteht,
sondern auch aus Frauen und aus Jungen, auf der ganzen Erde. Es ist
die unter den Waffen stehende Phalanx des Nazorăers, der alles wie
nichts gilt und die /Nn /o/gt, wo/?/'/? E r nncA geN .'
ross ist das Unheil, wenn der Mensch glaubt, dass er Herr werden
v J w i r d tiber die Erde, die ihn beherbergt als Gast, obwohl er mit
seinen eigenen Augen sehen kann, dass unter seinen Fiissen die
unzăhlige Menge der Menschen liegt, die auf die Auferstehung der
Toten wartcn. Nur der wahre Christ iebt hienieden ais Wanderer und
wendet seinen Geist zu seinei* heiiigen Heimat hin, die im Himmel ist.
Mit Liebe sehnt sich sein Herz nach dem Ort, wo keine Trauer ist, kein
Seufzen, sondern Freude und todloses Feben und Gemeinschaft mit
den Heiiigen und Gerechten.
X ngstige dich nicht. Alles wird dem Gebet gemăss geschehen. Âng-
Z y s tig e dich nicht. Dies nur - glaube, dass das, was wir Menschen
nicht zu tun vermogen, Gott tun wird. Das halte dir vor Augen und
denk daran zu jeder Zeit.
Ţ asst uns zuerst uns selbst kultivieren. Die Welt will Menschen
J-^/sehen, die Gottes Gesetz erfullen. Solche sind selten geworden in
unserer Zeit.
39
L / i e b t den Einen, und selbst die wilden Tiere werden euch lieben.
Eenn die Flamme der Gottesliebe lodert, wird alles Bose, das sich
V V dem Menschen năhem will, sogleich verbrannt.
/C h ris tu s ist Derseîbe, heute wie gestern. Wir aber halten unsere
\^ /A u g e n geschlossen und sehen nur Finstemis. Indem wir so
dahintaumeln, fallen die einen in den Schmutz, die anderen stiirzen zu
Tod.
gegen Gott war Luzifer' mit seinen Gesellen. Nun steht auch der
Mensch, den Gott nach Seinem Bi)d erschaffen hat, auf dessen Seite.
Deshalb hat Gott den Menschen mit Torheit geschlagen, sodass er, wie
die heutige Lage der Dinge zeigt, mit seinen eigenen Hănden die Erde
zerstort durch seine destmktiven Erfîndungen. So wird die abtrunnige
Seele des Menschen, die sich abgewandt hat von ihrem Schopfer, ihren
Lohn aus ihrer eigenen Hand empfangen und ihrem Verbundeten
Luzifer auf immer in die Finsternis foigen.
Wir aber woilen unsere Seele stets nahe bei ihrem Schopfer halten.
So wird nichts uns erschrecken, selbst wenn die Erde verbrennt und
vemichtet wird von den Ertindcrn des 20. Jahrhunderts.
' Griech. Emocpopoţ, worti. „Herbringer des Morgenlichts", d.h. Morgenstem, davon
abgeleitet das lateinische „Luzifer".
^ Das griech. WoU Anox6Xur)a(; bedeutet wortlich „Enthiiilung, Offenbarung".
//. LeAre 41
An die Mutter
A H dies bedenkend, verachte die Dinge dieser Weit und gib acht nur
YA^auf die Erziehung deiner Kinder, denn hierin liegt deine heitige
Pflicht. Sooft du Zeit hast, lies die Heiiigen Schriften und nahe dich
Gott im Gebet.
Ţ " \a s einzige, was ich von dir wi!i ist, dass du die Liebe zu Christus
J -V tie f einpftanzest in die Herzen deiner Kinder.
Ţ Ţ ab grosse Acht auf deine Kinder, denn von ihnen hăngt deine
JTlLRettung ab.
- 'Iy v aito n A. T p tav it, M tiiportoX lion Begordon, AEXtovog x a t Kavtvrig, "O
fipovrc^ r^ H d ^ to n , A/.t^tAd%to^ Maxpt)^, Bto^ - 'YdoP?)xat - Mapruptat.
("D er A ltvater von Patmos, A m philochios M akris, Leben, Weisungen,
Zeugnisse"), hrsg. vom HI. Kloster der Verkundigung, Patmos )997.
-N tx tiia p â nanX on AQXtp-ctvăption, "O fepovra$; A^nptAoxto^ Maxpttg'
(„Altvater Amphildchios M akris"), hrsg. Ekd. Heptalophos, Athen 2. Auflage
1984.
- O fep o v rd g uacr („Unser Gerontas"), hrsg. vom HI. Kloster Panagias Eleousis,
Rotso-Kalymnos, 1986. Engl. Ubers. 0 :/r Geronta, F;i AmpA//dcA;'os Ma&A,
hrsg. vom selben Kloster.
^L T V ^T O R G PH RO M
VON
K ^ V T O U N X K !^
(1912-1998)
44
^4/fva^er von
45
Kapitel 2
^ L lV X tG R
GPHReH V O N K x T O U N ^ K t X
Ţ ^ \e r selige Altvater", schreibt Abt Ephrem vom HI. Kdoster
^^J-V V atopedi, „war ein Gottesmann, ein 'gewaltsamer' Monch, der
die Definition des hl. Johannes vom Sinai bestătigte, wonach der
Monch 'stăndigc Gewalt ist gegen die N atur'2 Er diirstctc unersăttlich
nach der gottlichen Gnade, bewahrte seinen anfanglichen Eifer bis ans
Ende seines Lebens und besass die Tătigkeit und den geistigen Zustand
des Gebets. Er hatte auch die Gnadengabe der Trănen, und dies in
einem unglaublichen Mass. Er weinte aus ganzer Seele wăhrend der
Liturgie und die ganze Nacht hindurch in seinem Gebet fur seine
leidenden Bruder und fur die Rettung der ganzen Welt. Seine
Erscheinung allein schon verriet seinen hohen inneren geistigen Stand -
du glaubtest in das Antiitz des gottsehenden Moses zu blicken. Wenn
du vor ihm standest, wurdest du gleichsam durchsichtig, und mit den
helisichtigen Augen seiner Seele nahm er dein 'geistiges Rontgenbild'
auf. Betrachtete er einen Laien, erkannte er sogleich, ob er ein gutes
geistiges Leben fuhrte oder nicht, und war es ein Monch, ob er in
rechtem Gehorsam lebte. Kraft der Genauigkeit seines Gewissens und
der ăussersten Hingabe an die Askese des Gehorsams und des Gebets
erreichte er, unter Mitwirkung der gottlichen Gnade, die Hohen eines
heiligen agioritischen Vaters der Gcgenwart.'"
I. - Leben
/. MH(/
2. Xn/H
Uberzeugt, dass Gott ihm mit all diesen Hindernissen den Weg wies
zum Fleiligen Berg, und bestărkt hierin durch einen Traum seiner
Mutter, in welchem ihr ein ehrwiirdiger Greis die Richtigkeit seines
Entschlusses bestătigte, kam Evangelos im September 1933 auf den
Athos. Er ging geradewegs nach Katounăkia, der Eremitensiedlung in
den Felsen des siidwestlichen Zipfels der Athos-Elalbinsei, und wurde
7. Ze&e?! 47
„Das was ich suchte, fand ich in Altvater Joseph. Deshalb sagte er zu
mir, ais ich ihm begegnete: 'Ich suchte dich, und du suchtest m ich / Der
Altvater gab mir die Gebetsschnur/ Er gab mir das Gebet. Glaubst du,
du wirst in die Himmel hinaufsteigen aus eigener Kraft? Wenn du es
tust, so heisst das, dass du der Tăuschung erlegen bist. Geh zu einem
Menschen, damit er dich lehrt, welches die Schlingen des Teufels sind,
damit er dich den Weg lehrt, auf dem du in den Himmel hinaufsteigst.
Auch Altvater Joseph selbst war belehrt worden. Von Gero-Kallinikos
und von Gero-Daniel."^
Damals lebte Altvater Joseph in der Skite des HI. Basilios oberhalb
von Katounakia, in etwa 600 m Hohe (1923-1938). Papa-Ephrem
besuchte ihn dort erstmals mit seinem Geronta Nikiphoros, der fur
Altvater Joseph besondere Verehrung empfand. Deshalb hinderte er ihn
in der Folge auch nicht, ihn oft zu besuchen und sich von ihm einweihen
zu lassen in die Uberlieferung der Heiligen Vater.
Bei dieser ersten Begegnung stellte Altvater Joseph Gero-Nikiphoros
eine Frage, die Vater Ephrem bewegte und verwunderte. Er fragte
nămlich nicht, wie es iiblich war, ob der junge Monch sein Handwerk
recht mache und ob er seinen anderen Aufgaben in der Einsiedelei
gewachsen sei. Er fragte ihn: „Papa Nikiphoros, ist Ephrem gehorsam?"
Spăter sagte Altvater Ephrem hierzu: „Das beruhrte mich. Ich fuhlte,
dass dieser Altvater Leben und Gnade in sich hatte..
4. A A
' Das „geistige Gesetz": Gottes Vorsehung, um dem Menschen zu hclfen, von seinem
gefaHenen Zustand zuruckzulinden zu seiner wahren Natur als Gottessohn. Es
schreibt oft gegensătzliche Tugenden und Praktiken vor, um die Leidenschaften und
andere sundige Neigungen zu bekămpfen (z.B. Fasten zur Bekămptung der Esslust
usw.) und ist weit eher ais therapeutisches Mittei zu sehen denn ais Siihne (Giossar
der engi. Ausgabe des Buches Tepoviog Itoopcp BaiOJtebtvou, op. cit. Siehe
Bibiiographie am Schiuss des voriiegenden Kapitels).
- Feoovioq Imofttp Barojtat&tvou, op. cit., S. 49.
Fcpovra^ E'tppaty Agion Oros 2000, S. 119.
/. Leâen 5!
Als im Jahr 1924 der neue Kalcnder eingefuhrt wurde, blieb der
Heilige Berg aus Grtinden der Tradition dem alten Kalcnder treu, doch
ohne die Kommunion abzubrechen mit dem Okumenischen Patriarchat
und dadurch mit allen Oifskirchen. Einige athonitische Monche aber
erklărten sich (in Anlehnung an die Studiten wăhrend der Zeit des
Ikonoklasmus) als „Zeloten" und brachen die Kommunion mit dem
Patriarchat und ebenso mit dem iibrigen Teii des Heiligen Berges ab.
Katounakia war eine der Hochburgen der Zeloten, und auch die Văter
der Einsiedelei des HI. Ephrem des Syrers gehorten dazu, Altvater
Ephrem inbegrilfen.
Als er Joseph dem Hesychasten begegnete, schlossen sie sich beide,
bewegt von ihrem geistigen Eifer, der harten Linie der Matthăer
(benannt nach dem kretischen Monch Matthăos) an. Doch spăter er-
kannte Altvater Joseph, dass durch den Fanatismus dieser extremen
Linie der Zeloten der Widersacher Einfluss gewonnen hatte liber ihn
Ebenda, S. 59.
7. ZeâeH 53
Nach dem Hingang von Altvater Joseph im August 1959 ging Papâ-
Ephrem durch eine besonders schwierige Zeit. 1963, im Anschluss an
die Entschlafung seiner Mutter, die noch kurz vorher unter dem Namen
Maria das Grosse Monchsgewand empfangen hatte, kam sein Vater,
Kyr Ioannis, im Alter von liber 80 Jahren auf den Heiligen Berg und
wurde Monch in der Einsiedelei, unter dem Namen Hiob. Dies fuhrte
zu Spannungen mit Gero-Nikiphoros, die erst aufhorten, als Gero-Hiob
1971 in Frieden entschlief. In jenen schweren Jahren, geplagt von
Krankheit und von der Last der drei Greise, fur die er zu sorgen hatte,
empfing Papâ-Ephrem oftmals Trost von Altvater Joseph, der ihm im
Traum erschien und ihn ermutigte: „Mein geliebtes Kind, gedulde dich,
denn hier oben wirst du dein Entgelt und deinen Lohn findcn."
1968 zog auch Gero-Prokopios nach kurzer Krankheit aus ins andere
Leben, und Papâ-Ephrem blieb allein zuriick mit Gero-Nikiphoros, der
an zunehmendem Gedăchtnisschwund litt, sodass er ihn betreuen
musste wie ein Kind. Er tat dies mit der Hingabe eines treuen Jtingers
bis zum Hinschied des Altvaters im Jahr 1973. Kurz vor seinem Tod
rief ihn Gero-Nikiphoros zu sich und gab ihm, nach all den Jahren der
Plage, seinen Segen: „Moge Gott dich segnen, mdge Gott dich segnen,
54 ^/tvoter EAprew von ^atonnoVo
moge Gott dich in die Mitte des Paradieses stellen. Du bist nicht ein
Mensch, sondern ein Engel!"
& n/s
9.
sein Beichtvater war, oder Joseph, dem geistigen Vater von Vatopedi,
sowie Ephrem, dem heutigen Abt von Vatopedi. Auch die Âbte
Emiiianos von Simonos Petra, Gabriel von Dionysiou ( t 1983),
Athanasios von der Grossen Lavra und Georgios von Grigoriou standen
ihm sehr nahe. Allen schenkte er sein ganzes Herz, unterwies sie,
wachte dabei aber mit grosser Sorgfalt uber seine Seele. Er war in
Frieden mit allen, selbst mit den Zeloten, iiber die er nicht richtete. Was
ihm am Herzen lag, war die Einheit und Liebe unter allen Athoniten
und den Orthodoxen tiberhaupt. Deshalb lehnte er alles ab, was zu
Spaltungen fuhren konnte unter ihnen.
Als es auf dem Athos zu Unstimmigkeiten kam wegen dem Besuch
von Patriarch Dimitrios im Vatikan, wurde Altvater Ephrem vom
Proton, dem Vorsitzenden
der F/uVuAu', ge&agt, was
er zu tun rate. Der Altvater
antwortete: „Geronta, die
Trennung, das Schisma
kommt leicht zustande,
doch die Wiedervereinigung
ist schwer. Was mich
angeht, ich verfolge diese
Dinge nicht, ich achte auf
mein Gebetsschnurchen, um
die Wahrheit zu sagen. Was
die Kirchen tun, die
AGAo EV, das wird mir von
anderen zugetragen, ich
selbst suche es nicht zu
erfahren. Ich sage: Geronta,
hast du gesehen, was die
Russen taten? Sie haben die
Mysterien den Katholiken
Die EEvater EpArew v. VaioMKaD'a pWEtef gegeben und die Katholiken
Lp/a'e??! v. P/n'/oiAeoM anE Jo^epA v. den Russen. Was hat die
HxiopeEi pecAis)- Kirche getan? hat sie sie
etwa hinausgeworfen? Nein. Geduld. Gewiss, hier haben die Russen,
vergebt mir, einen Fehler gemacht. Doch die Kirche lenkt auf andere*
72. A7;c/ir;(/
„Was wir in seinem Leben sahen, war die Verwirklichung der wahren
Metanie', das heisst der eigentlichen Essenz und des Ziels der Uberlie-
ferung unserer heiligen Văter. Der Sieg der Metanie in der Person des
Altvaters entkrăftet alle Zweifel und Bedenken, die die Schlummemden
vorschieben zu ihrer Rechtfertigung. Denn er zeigt, dass das Verspre-
chen des Herm, „Siehe, Ich bin bei euch" (Mt 28,20) nicht nur „in
jenen Tagen" galt, sondem auch jetzt gilt, auch heute, und dass Er mithin
absolut „treu ist in allen Seinen Worten" und „jedem, der bittet", die
gottliche Gnade und den Segen schenkt, das heisst jedem, der Ihm
folgen und Ihm nachleben will."^
' Gr. geidvoLU, wortlich „Sinneswandel". Es bedeutet die Abkehr von Sunde und
Lcidenschaften und die Hinwendung zu Gott.
' reoovrog t(uor)<p Buion;aL&vod, op. cit., S. 16.
59
II. - Lehren
Gehorsam
Ţ h r wisst ja, dass unser Gerontas, Altvater Joseph, ein Hesychast
Ahochsten Ranges war, ein Mann des inneren Gebets. Doch als Erstes
hat er uns nicht die De-sycAm und das innere Gebet uberliefert, sondern
den Gehorsam und das Gemeinschaftslcbcn!
AH ihr die Schriften der heihgen Văter studiert, werdet ihr sehen,
W dass viele der Văter mit Leichtigkeit und ohne Ptage
heilig wurden, ohne grosse Opfer und asketische Kămpfe. Was taten
sie? sie wăhiten den Weg des Gehorsams.
Gehorsam ist die Praxis der Demut, und De/mit/gen xcAer/rt Gott
^eme GnerJe (s. Jak 4,6/Spr 3,34).
Eillst du das Gebet erlangen? wilist du, dass von deinen Augen
W Trănen stromen, wenn du das 7/err Je.SM.s- CA/i'.stM.s\.. sagst? willst
du das Leben der Engel leben? Dann wisse nichts ausser „AV/AgAo??
(Segne!)" und „Moge es gesegnet sein!"
60
Ţ ^ \e r grosse Kampf des Menschen besteht darin, sich nicht auf sein
J -^ e ig e n e s Uileil zu verlassen. Wenn dein Altvater abwesend ist, frag
deinen Bruder, und tu alles, was er dir sagt. Es ist nicht einfach, sich
selbst in solcher Weise niederzuwerfen. Doch anders geht es nicht.
Willst du dem Gesetz des Monchs folgen, musst du diesen Weg
beschreiten.
Beide taten recht. Was der zweite tat, gilt nicht als Ungehorsam. Hătte
der erste so gehandelt, wăre es Ungehorsam gewesen, denn er war noch
Anfănger. Am Anfang musst du durch das Nadelohr gehen, durch den
Gehorsam ohne Unterscheidung.
A chtet auf dieses: Christus betet zuerst zum Vater, erst dann
Y Y schrcitct Er fort zum Wirken von Wundem.
Der Altvater
isst ihr, was ein Ahvater ist? Der Teufel allein weiss es wirklich.
T ^ \e Segen deines Aitvaters ist măchtiger als alles in der Welt. Hast
du den Segen deines Aitvaters erhalten? Dann hast du nichts zu
furchten, nirgendwo.
//. Z,e/;re 63
A uch ich habe aus der Erfahrung geiernt. Ich pflanzte viele Băume
Y Y i n unserer Einsiedelei, doch nur jene gediehen, die ich mit dem
Segen des Geronta pflanzte. Die anderen, die nicht mit seinem Segen
gepflanzt wurden, gingen a) le ein.
T l tin f Jahre lang bekiiegte mich der Teufel, damit ich meinen
Altvater, G ero-Nikiphoros, verlasse. Ich tat keinen Schritt.
Schliesslich horte der Krieg von alleine auf.
Der Jiinger
Das Kreuz
1 ^ \ c Kreuz fehlt nie. Warum? Weil so wie unser Anfuhrer aufs Kreuz
J -V gestiegen ist, auch wir hinaufsteigen mtissen. A uf der einen Seite
ist es stiss und leicht, auf der anderen aber bitter und schwer. Das hăngt
von unserer Neigung ab. Wenn du das Kreuz Christi mit Liebe trăgst,
ist es leicht wie eine Feder, doch wenn du es anders siehst, ist es schwer
und unertrăglich.
"TA ies hat die Erfahrung auch mich gelehrt: „Moge der Wille Gottes
J-V geschehen." „Von Gott wurde es gefugt." So findest du Frieden.
Doch wenn du sagst: „Warum dieses, warum jcncs?" wirst du niemals
64 ^4/Aater EAprew; von AWoMnnAM
Frieden fin den. Es war nicht Gottes Witle, dass ich am Sonntag abreise,
sondem am Montag. Nicht am Dienstag, sondem am Mittwoch. So hat
Er es gefugt. Wenn du die Dinge anders nimmst, von deinem eigenen
Urteii her, tăuschst du dich und wirst keinen Lohn empfangen. Keinen
Lohn!
Ţ 7reude trostet, doch sie bringt uns nicht năher zu Gott. Sie tăuscht
-T dich, und du vergisst, dich zu befleissigen, dein Kreuz zu tragen.
Ich selbst habe oft Schaden erlitten durch die Freude. Drangsale,
Versuchungen, Betrubnisse - ah dies lăutert dich, und du fuhlst Gott
nahe bei dir. Das Kreuz macht dich demutig, es bringt dir die
Auferstehung. Siehst du nicht, was geschrieben steht? N'eAe, En/vA tA;.s
FrcMz A? a /F EE/f.'
Selbstrechtfertigung
IV " orrigiere dich selbst. Warte nicht auf die anderen. Steil dich unter
J \ ^ s i e , damit alle auf dich treten. Dann bist du in Ordnung. Sonst
aber...
appne dich mit Geduid, denn dies ist der Weg des Kreuzes.
Aus dem Gebet D;'e dM/eryteAMng CArAff das wir jeden Sonntag nach
dem Evangelium des Orthros sagen.
65
Das Gebet
/E/iie/n Zn/en, Aer /An //Aer ./esM.s-GeAe/ Ae/rng/ A<?//e, r/e/ er.)
^ Ton den 24 Stunden des Tags behăite dir eine halbe Stunde vor, um
V das Gebetlein zu sagen. Wann iminer es dir moglich ist. Der Abend
aber ist die beste Zeit. Sag es ohne Gebetsschnur, bittend,
flehend, mit Trănen. „Herr Jesus Christus, erbarme Dich meiner."
Pflege dies, und du wirst sehen, welche Frucht es bringt. Aus der
halben Stunde wird eine ganze werden. Halt fest an jener Zeit. Ob das
Telephon lăutet, ob du etwas zu erledigen hast, ob du schlăfiig bist oder
ob ein lăstemder Gedanke dich angreiit. Gib nicht nach. Stell das
Telephon ab. Beende deine Arbeit vor dem Gebet. Halt dich an diese
halbe Stunde, und du wirst sehen. Du hast einen kleinen Baum
gepflanzt, und morgen oder iibermorgen wird er Frucht tragen. Der
heilige Johannes Chrysostomos und der heilige Basilios begannen
beide auf diese Weise, und sie wurden zu grossen Feuchten fur die
ganze Welt. Der hl. Symeon der Neue Theologe hatte seine ersten
Erfahrungen des Ungeschaffencn Fichts, als er noch in der Welt lebte.
Wieviele Weltliche erscheinen ăusserlich als solche, sind aber inwendig
Monche!
Ţ ^ \ie Gnade ist eine einzige, doch entsprechend dem Mass eines jeden
J-V m anifestiert sie sich, wirkt sie und wird sie gesehen. Ja, sie wird
gesehen! Ach, wie hiipft es in dir, wenn du diese gottliche Gnade siehst,
sie emptindest! /cA .sagte, ;Ar .sc/7/ Gotter NtAre r/as- 7/ocA.ster a/P -
(Ps. 81,6).
o kommt die Gnade: Wăhrend ich schlief, sah ich vor mir einen
kJsechsflugligen Cherub oder vielăugigen Seraph, ich weiss es nicht.
Ich fiel nieder vor ihm und ktisste ihn. Als ich es spăter dem Altvater
(Joseph dem Hesychasten) berichtete, sagte er: „Nicht ein Cherub oder
Seraph vom Himmel her, mein Kind. Die Gnade ist es, die auf diese
Weise kommt."
Ţ c h hatte mich oft gewundert, warum die Heiligen Văter ihre Hănde
J^erhoben, wenn sie beteten. Ich konnte es nicht begreifen. Doch als
die Reihe an mich kam, begriff ich e s .... P ater wenn diese Gnade
kommt, kann man sich nicht zuruckhalten. Man kann es nicht. Wenn
die Gnade uberstromt, bist auch du ausser dir. Wenn sie sich dann
zuriickzieht, erschauerst du. Wo war ich? wo war ich?
Ţ I ' ines Tages las ich Mandeln zusammen in unserer Umgebung. Ein
J —/Flugzeug flog vorbei. Da wir zwischen Felswănden sind, in der
Schlucht, widerhallte das Brummen des Flugzeugs, und es entstand wie
eine Melodie, wie ein Chorgesang. Im Nu wurde meine Seele entrtickt,
plotzlich wurde sie hinweggehoben, sie entflog, um ihrem himmlischen
Brăutigam zu begegnen, wie der Apostel sagt: lUr werJea e/itrAcA/
we/v/e/; a a/' Ro/Ae^, zur Pegegaaag ru? r/e/u /7errr A? J e r Au/i, ur<r/ s*o
we/Pe/? wir iwrwerriar /rit <:ie/r R g rrr zMA'a/r/re/? .sc/7/ (1 Thess 4,17). In
solchen Augenblicken verstehen wir aus der Erfahrung, was der
Apostel meint. Wenn du es nicht erlebt hast, verstehst du es teilweise,
doch zur Ganze verstehst du es nicht. Man versteht es, wenn man
diesen Weg geht. Und ich sage, siehe, deshalb hat der Apostel gesagt,
wir werJen cz/triicAt wer&*/?. Diese Dinge rufst nicht du herbei, sie
kommen von alleine. Eines ist, sie zu planen, sie zu studieren, dartiber
zu schreiben, und ein anderes, wenn sie von alleine kommen.
68 d itv a/er AAprem von AaioMnaAia
Ţ ch sah in einem Traum, wie ich in mein Dorf ging, dort wo ich
Ageboren wurde. Ich ging nicht zu meinem Eltemhaus, sondern zur
Kirche. Ich trat in die Kirche ein und ging ins Allerheiligste. Dort sah
ich das Taufbecken, in welchem ich getauff worden war, in welchem
die Gnade zu mir kam. Ich kniete nieder und umarmte es, ich kusste es,
kiisste es und kusste es, unter vielen Trănen.
Q ag mir, Vater, was ist jenes Licht, das du in deiner Brust trăgst?
** Es ist das Grosse Schema, Geronta.
- Was ist es?
- Das Engelsgewand.
Es versteht sich, dass der Altvater hier von der orthodoxen Taufe spricht.
69
- Ich sehe das Engelsgewand. Ich rede von etwas anderem. Das
Engelsgewand ist rot, doch das Licht dort innen, das ich sehe, ist
weiss.
Was ist es?
- Ich weiss nicht, Geronta. Was ist das fur ein Licht?
- Du hast es und kennst es nicht? Ich will dir sagen, was es ist. Dieses
Licht kommt von der Heiligen Taufe. Es ist die Gnade, die du in der
Heiligen Taufe empfangen hast.
Ţ I ' s ist wahrhaft traurig, dass wir den grossen Schatz, den wir in der
J —/Heiligen Taufe empfangen haben und den wir, wie der Apostel sagt,
m Ge/d's-.scn (2 Kor 4,7) tragen, das heisst die Annahme als
Sohne, nicht kennen. Aus diesem Grund fa)ten wir leicht in Trăgheit, in
Gleichgultigkeit, in Missachtung, mit einem Wort - wir sturzen leicht.
Selig ist jener, der die Gnade empfing und starb mit ihr. Seliger aber ist
jener, der lebte und sie zum Wachsen brachte, sie zunehmen liess und
dann entschlief.
Ţ Ţ u rc h das innere Gebet erlangt der Mensch nach und nach die erste
J -V Gnade der Taufe zuruck.
Prlestertum
Gotteslob
' Die Priesterstola, der eigentlichste Teii des Priestergewands, ohne den keine liturgi-
sche Handlung voilzogen werden kann.
^ D.h. wăhrend der Pro.sTomkA'o, der Vorbereitung der Gaben fur die Gottliche Liturgie.
///. Gemele MMJ Nyw:MeM 71
Liebe! Liebe Gottes! deren Friede und deren Liebe kein Ende ist.
Liebe! gottliche Liebe! die Du aus Liebe zum Menschen die
unsichtbare und diese sichtbare Welt erschaffen hast; alle Dinge in ihr
verkunden, alle zeigen, alle besingen, alle verherrlichen, alle Iobpreisen
Tag und Nacht, uberall und allezeit Deine unsichtbare, doch aller-
siisseste und seligmachende Gegenwart,
die Unendlichkeit Deiner Weisheit,
die Unendlichkeit Deiner Liebe,
die Unendlichkeit Deiner Barmherzigkeit,
mit ihrer Stille, mit ihrem Schweigen, mit ihrer Schonheit, mit ihrem
Duft, mit ihrer heimlichen Doxoiogie.
O stisseste, allduftende, geheime und wortlose Verherrlichung Gottes
durch Seine Geschopfe!
72 4 /tv ater EAprem von
O mein Gott! mein Gott! Offne die Augen meiner Seele, damit auch
ich jene Erhabenheit Deiner Natur erblicke. Offne die Ohren meiner
Seele, damit auch ich diese Psalmodie, diese Deine Melodie vernehme.
O Liebe! gbttliche Liebe! die Du uns aus Liebe zum Menschen alle
Deine Mysterien umsonst geschenkt hast;
umsonst die Gnade der Taufe,
umsonst das Chrisma,
umsonst Deinen heiligen Leib und Dein heiliges Blut,
umsonst auch dieses Dein Paradies.
O Liebe! gbttliche Liebe! die Du aus Liebe zum Menschen den
Himmel verliessest und herabkamst und den Dornenkranz trugst und
Dich ans Kreuz hăngen liesst.
O Liebe! gbttliche Liebe! die Du aus Liebe darauf wartest, dass wir
zu Dir kommen, und statt dass wir kamen, Selbst zu uns gekommen
bist, in uns gekommen bist und jedem von uns auf verschiedene Weisen
erscheinst. Und Dich sehen lăsst, Dich beruhren und opfem lăsst, Dich
essen und trinken lăsst.
O Liebe! gbttliche Liebe! lass mich Dir nahen und ein wenig von Dir
kosten, von dieser Deiner Liebe, die immerzu brennt in mir und mir
keine Ruhe lăsst, dass ich meinen Durst ein wenig losche.
„Und es ward in meinem Herzen das Gedenken Gottes zu einem
tlammenden Leuer, und es drang mir bis ins Mark."
O Durst! Durst! mein susser Durst! wann werde ich ihn loschen?
Soviel ich auch trinke, soviel auch wăchst mein Durst nach Dir, so sehr
dtirste ich und kann nicht sattwerden an Dir, nicht loschen meinen
Durst, sondem brenne immerzu noch mehr von Durst.
O Liebe! gbttliche Liebe! je mehr ich mich auch muhe, Dich zu
kosten und mich zu săttigen an Dir, desto mehr sehe ich, dass ich
hungere nach Dir, und je năher ich Dir komme, desto mehr sehe ich,
dass ich fem bin von Dir.
„Die Mich essen, werden noch hungem, und die Mich trinken, wer-
den noch dursten" (Sir 24,21).
O Liebe! gbttliche Liebe! die Du aus Liebe zu uns Menschen riefst
und immerdar rufst:
„Ich bin das Licht der Welt. Als Licht bin Ich in die Welt gekommen"
(Joh 8,12/12,46).
73
Ţl^s spricht der erhabene und allehrwurdige Mund: „Es wird keine
J —/Verlassenheit geben fur euch, Freundc."' „Himmei und Erde werden
vergehen, doch Meine Worte werden nicht vergehen!" (Mt 24,35).
Amen.
VON
6 uRO^<
(1920-1991)
76
Kapitel 3
^L T V ^T S R
J^K O V O S VON G uR O X
' Kfitos Ioannidis, fep o v n x o rou 20ou Anâvoc, Athen 2002\ S. 47.
^ Ebenda, S. 44.
78 Z/tvater Jdkovoy von EuMa
I. - Leben
7. /a EyAF^n
' Die systematische Vemichtung des seit fast 3000 Jahren in Kleinasien ansăssigen
Griechentums - Trăger des tausendjăhrigen christlichen Reichs von Byzanz und
seiner geistigen Kultur - durch die nationalistische Bewegung der Jungtiirken hatte
um 1914 begonnen und erreichte im September 1922, nach dem Zusammenbruch
des griechischen Widerstands infolge Preisgabe durch die westlichen Alliierten,
mit der Zerstorung Smyrnas und dem Massaker von 130 000 Griechen und
Armeniern ihren Hohepunkt. Den turkischen Aktionen „ethnischer Săuberung"
fielen, mit stillschweigender Duldung der Grossmăchte, bis 1923 insgesamt fast
zwei Millionen Griechen und ebenso viele Armenier sowie Angehorige anderer
Minderheiten zum Opfer. Die uberlebenden Griechen (1,5 Mio) wurden schliesslich
kraft des Vertrags von Lausanne von 1923 nach Hellas zwangsausgesiedelt, das mit
seiner eigenen Armut den riesigen Fluchtlingsstrom kaum verkraften konnte. Nur
die Griechen Konstantinopels durften bleiben, doch das Pogrom vom September
1955 trieb auch sie grosstenteils ins Exil. Liber die Ereignisse in Smyma, die wie die
anderen aus wirtschahspolitischen Interessen mit Schweigen verhiillt worden sind,
siehe M.H. Dobkin, .S'/uywM 7922 - 7%e Dextruchon o/*a City, New York 1998, und
-Swţyrna 7922 - Mn^7 armenAcăen
C. TTaAcăen'au, Chronos-Verlag, Zurich 2005.
7. Ee&e/: 79
2. A/s /w
Als sie im Hafen von Pirăus ankamen, geschah etwas, das den
kleinen Knaben so tief prăgte, dass er es nie wieder vergessen solite: er
horte, wie jemand Gott lăsterte. Da sagte die Grossmutter zu ihm:
„Wozu sind wir hierhergekommen? Es ist fur uns besser, zuriick-
zukehren und uns umbringen zu lassen von den Tiirken, als solche
Woi*te zu horen."' In Kleinasien, pflegte er spăter zu sagen, war eine
solche Stinde undenkbar.
Von Pirăus brachte man die kleinasiatischen Fluchtlinge an
verschiedene Orte Griechenlands. Die Familie Tsalikis kam zunăchst in
ein Fluchtlingslager im Gebiet von Agios Georgios Amfissas (Phokida).
Sie lebten zwei Jahre lang in einem Lagerschuppen, der durch
Vorhănge unterteilt war in verschiedene Abteile fur die Familien.
Schon damals zeigte sich Jăkovos' grosse Liebe zu den Dingen Gottes.
Sein liebstes „Spielzeug" war eine Răucherschale, die er sich aus einer
gebogenen Tonscherbe zugerichtet hatte. Damit pflegte er mit Hingabe
das eigene „Haus" zu weihrăuchern, hob dann den Vorhang und
răucherte auch das der Nachbam, indem er „Alleluja, Alleluja" sang.
Jeden Abend ging er mit seiner Grossmutter in das nahe Kirchlein und
half ihr beim Anzunden der Ollămpchen, wăhrend sie ihm aus den
Leben der Heiligen erzăhlte. So wuchs er heran in Frommigkeit, unter
der Leitung seiner Grossmutter, vor aliem aber seiner Mutter, mit der
er zeitlebens eng verbunden blieb, nicht bloss durch das naturliche
Bând, sondern mehr noch durch ein geistiges. Er sagte spăter von ihr,
dass sie eine vollkommene monchische Gesinnung hatte. Sie lehrte ihn
von zartester Jugend an, zu fasten und viele Metanien zu machen.
Vom Vater blieben sie in diesen ersten Jahren ohne jede Nachricht,
und auch jener wusste nicht, ob seine Frâu und Kinder noch am Leben
waren. Doch durch Gottes Fugung kam auch er schliesslich in dasselbe
Dorf, ohne zu wissen, dass die Seinen hier waren. Er arbeitete auf einer
Baustelle - er war nămlich Bauhandwerker von Beruf und eines
Tages ging die Grossmutter an dem Ort vorbei und erkannte ihn an
seiner Stimme. Gross war, wie man sich vorstellen kann, die Freude
des unerwarteten Wiedersehens und vor aliem die Dankbarkeit gegen
den barmherzigen Gott.
' E vag Aytog fepovm g, O 77. /dxaj/log, hrsg. v. Kloster des HI.
David, Limni Evvias 1996, S. 9.
80 von EEM a
In der Folge siedelte die Familie nach Euboa iiber, in das Dorf
Farâkla im Norden der Insei, wo man ihnen Land zuteilte und wo der
Vater ein Haus băute fur die Familie. Hier lebte Jâkovos bis zu seinem
Eintritt ins Kloster.
Die Berufung zu einem gottgeweihten Leben prăgte sich immer
deutlicher aus. Mit 6 Jahren wusste Jâkovos bereits die ganze Liturgie
auswendig, das heisst al Ies, was der Priester und die Kantoren in
sonntăglichen Liturgie lesen und singen. „Sein reiner Geist war wie ein
Schwamm, der mit Leichtigkeit alles aufnahm, was mit der Kirche zu
tun hatte." Er mied die lărmigen Spiele seiner Altersgenossen und zog
sich mit Vorliebe in das umliegende Gebirge zuruck, um sich dem
Gebet hinzugeben. Wie er selbst erzăhlte, fand er Hohlen oder grub
sich selbst welche, breitete Zweige aus auf dem Boden und legte ein
altes Sttick Teppich daruber. „Dann kniete ich nieder und betete
stundenlang, wobei ich mir vorstellte, ich sei ein Asket." Er ass nie
Sussigkeiten oder Fettgebackenes, und die Gabe, mit sehr wenig
Nahrung auszukommen, kennzeichnete ihn bis ans Ende seiner Tage.
Das Leben der Familie war, den kleinasiatischen Gepflogenheiten
gemăss, geprăgt durch Frommigkeit, Askese und Werke der Năchsten-
liebe. Die Mutter besass die gottliche Tugend der Barmherzigkeit
gegen die Armen in solchem Mass, dass sie oft selbst das weggab, was
fur ihre eigenen Kinder notig war an Kleidung und Nahrung, und diese
nahmen es als etwas Normales hin, zum Wohl anderer auf Dinge zu
verzichten. Sie hatten fur ihre Eltem eine natiirliche Achtung, und
bevor sie am Sonntag, nach strengem Fasten, die Gottliche Kommunion
empfingen, pflegten sie ihnen und den Grosseltern die Hand zu ktissen.
„Die Gnade Gottes war in solcher Fulle in uns", sagte er spăter, „dass
wir trotz mangelnder Kleidung nie froren und glucklich waren; immer
war Frieden bei uns zuhause."'
Einen Arzt gab es nicht im Dorf, und die einzige Zuflucht der
Menschen war Gott mit Seinen Heiligen. Der heilige Charâlampos,
dessen wundertătige Ikone die Familie als kostbarstes Erbe von
Generationen her aus Kleinasien mitgebracht hatte, heilte den Knaben
von einer gefahrlichen Brustfellentzundung, und die Gottesmutter von
Ebenda, S. 12.
/. bebe/? 81
' Beruhmte wundertătige Ikone sehr hohen Alters, die dem hi. Evangelisten Lukas
zugeschrieben und, ebenfalls aus Kleinasien gekommen, seit ca. 1200 im Kloster
Xeniă bei Voios verehrt wird.
i Op. cit., S. 13.
82 AR0W.S vow FnĂoa
4. Ffw:ga?:g AfMffgr
Sein Wunsch war, ins Heilige Land zu pilgem und sich als Eremit in
die Wuste zumckzuziehen. Doch zuerst wollte er das KJoster des HI.
David besuchen, um den Segen des Heiligen fur dieses Unterfangen zu
erbittenJ Dieses KJoster, nicht allzu weit entfemt von seinem Dorf
Farăkla, war ihm wohlbekannt, denn von KJndheit an hatte er es oft
besucht. Doch als er diesmal, am 15. Juli 1952, nach mehrstundigem
Fussmarsch das in der Bergwildnis oberhalb von Limni gelegene
KJoster erreichte, erlebte er eine grosse Uberraschung.
Der ganze Ort war plotzlich wie verwandelt. „Ich sah das Kloster
voller Pracht und Schonheit, ein stattlicher Bau aus einer anderen
Epoche. Auch die Umgebung war zu einer wunderbaren, reizenden
Stătte geworden, mit einer Vielzahl von Hăuschen, die wie kleine
Palăste aussahen, harmonisch eingebettet in die baumbestandene
Landschaft, sodass das Ganze wie eine bewundemswerte kleine Stadt
w irkte... Vor der KJosterpforte erwartete mich ein ehrwfirdiger Greis
mit einem langen weissen Bart. Es war der Heilige selbst. fch grusste
ihn und fragte ihn:
- Geronta, was ist das fur ein schoner Ort? was sind das fur schone
Hăuschen? woher kommen sie? ich habe sie noch nie gesehen?
- Das hier, mein KJnd, ist die Stadt der Asketen. Jeder von ihnen hat
sein Hăuschen, antwortete mir der Heilige.
Gefesselt von dem paradiesischen Anblick, sagte ich zu ihm:
- Geronta, ist es moglich, dass fhr auch mir ein solches Hăuschen gebt?
Ich wunsche es mir sehr.
Der hl. David (16. Jh., Fest 1.11.) ist mit dem hl. Johannes dem Russen (f 1730, Fest
27.5.), dessen Reliquien sich in Prokopi betinden, der bedeutendste Heilige Euboas.
84 yldm ter JăAwo,s von FMâo'a
- Mein Kind, wenn du hierbliebest, wiirden wir dir eins geben, doch du
bist ja gekommen, um anzubeten und dann zu verreisen, entgeguete er
mir.
Da sagte ich spontan zu ihm:
- Geronta, ich bleibe hier.
Sobaid ich dieses Versprechen gegeben
hatte, schien mir, ais ofîne sich die Mauer
des Klosters, der Gerontas ging hinein
und die Mauer schloss sich wieder. So
entschwand er meinen Augen. Zusammen
mit dem Heiligen verschwand augen-
bbcklich auch alles andere. An der Stelle
der Stadt der A sketen sah ich die
Gegend, wie sie war - eine Wiidnis mit
dichtem Gestrupp. Das Klostcr erschien
wieder, wie ich es kannte, ein halbver-
fallener Bau mit einigen Zellen, die dem
Zusammenbruch nahe waren, mit den
teilweise eingesturzten Dăchern und der
kleinen, vernachiăssigten Kirche, die
eher wie ein Landkirchiein aussah als wie das Katholikon eines
Klosters. Nach alledem machte ich eine Metanie und gab dem Heiligen
mein Versprechen, dass ich ihm dienen werde von ganzem Hcrzcn."'
Damals lebten im Kloster des HI. David zwei, drei greise Monche
nach dem idiorhythmischen System. Jeder hatte seine Zelle, seine
Ktiche und sein eigenes Programm. Abt war der selige Archimandrit
Nikodimos, der im D orf Limni unten wohnte, wo man ihn als Priester
eingesetzt hatte. Er kam jedoch in regelmăssigen Abstănden ins Kloster
und regelte, was notig war. Er war, wie der Altvater spăter schilderte,
ein Mann von hoher Tugend und grosser Barmherzigkeit. Ihm leistete
der Novize Jâkovos vorbehaltlosen Gehorsam und ergab sich unter
seiner Leitung mit grossem Eifer dem asketischen Kampf.
Ebenda, S. 47.
86
7. r/as A/u.st(?rs
Als der Hasser ades Guten sah, wie unaufhaitsam der Athlet Christi
vorwărts eiite auf dem Weg zu seinem gottlichen Ziel, ănderte er die
Taktik, und statt ihn zu bekămpfen durch andere Menschen und durch
Dinge, griff er ihn offen an, zusammen mit seiner Dămonenschar.
Eines Tages, erzăhite der Aitvater spăter, iegte er sich nach
anstrengenden Bauarbeiten in den Zeiien in einer derselben kurz hin,
um etwas auszuruhen. Es war um die Mittagszeit. Pidtzlich ging die
Tur auf, und eine Schar von rund 20 Dămonen in verschiedener Gestait
sturmten herein. Sie sttirzten sich auf ihn, schiugen ihn, rissen ihn an
den Haaren und am Bart und richteten ihn so ubel zu, dass er uberal!
biutete. Drei der Dămonen hielten seine Finger fest, sodass er untahig
war, das Kreuzeszeichen zu machen. Als er sie endlich Ireibekam und
sich bekreuzigte, sprang die ganze Horde zum Fenster hinaus und
verschwand.'
Solche Prtifungen stărkten ihn jedoch vielmehr in seinem tiefen
Glauben und spomten ihn an in seinem Kampf. Er erlangte schliesslich
grosse Macht tiber die Dămonen, die aus den Besessenen flohen, wenn
er ihnen auch nur mit seinem Stock drohte.
Ebenda, S. 42-43.
88 vow Fnăoa
wartete mit Ehrfurcht, bis der Heilige hinausgegangen war aus der
Hohle. Danach verbrachte ich die ganze Nacht im Gebet zum Herm.
Bevor die Dămmerung anbrach, verliess
ich die Hohie, und jener kleine Steni
kam wiedemm herab und erheilte mei-
nen Weg, bis ich im Kioster ankam ..
Auch in vieien anderen Fălien
erschien ihm der Heilige und stand ihm
auf wunderbare Weise bei, entweder
allein oder zusammen mit der Gottes-
mutter oder anderen Heiligen. Als einmal
die Reserven an Olivenol des Klosters
zur Neige gingen und dieses nicht mehr
in der Lage war, seine iiblichen Ver-
teilungen an die umliegenden Kirchen
und die Armen vorzunehmen, betete
Vater Jăkovos innig zur Gottesmutter
und zum heiligen David und ebenso
zum Propheten Elias. Als er nach dem Gebet ins Lager
hinabging und das letzte Fass ansah, indem noch Ol war, bemerkte er
dass der Deckel sich bewegte und Ol uberfloss. Er dachte, eine Maus
sei wohl hineingefallen, und machte sich grosse Sorgen, denn nun war
selbst das tibriggebliebene Ol unbrauchbar, sowohl tur die Kirche als
auch fur die Tafel. Doch als er den Deckel hob, sah er, dass keine Maus
da war, sondem dass das Ol auf wunderbare Weise von selbst aus dem
Fass stromte, sodass man auch die anderen Făsser wieder fullen
konnte. „Dieses Wunder", sagte er, „geschah deshalb, weil wir mit dem
Ol alle Kirchen und Fandkirchlein ringsum versorgten und es damber
hinaus als Almosen an die Armen verteilten."
Altvater Jăkovos' Barmherzigkeit, die er von seinei* Mutter geerbt
hatte, wurde beinahe so sprichwortlich wie jene des hl. Johannes des
Barmherzigen. Nun solite sich die Prophezeiung der hl. Paraskevi
erfullen, wonach viei Gold durch seine Hănde gehen aber ihn nicht
beriihren werde. In der Tat blieb von all den Spenden, die ihm spăter
als Klosterabt zutlossen, nicht das geringste in seiner Hand, sondem
alles floss sogleich weiter an jene, die ihrer bedurften. Wenn jemand
sich scheute, etwas anzunehmen, pflegte er zu sagen: „Ich gebe funf,
Ebenda, S. 43.
89
Gott gibt mir funtzig zurtick." Er sah in der Praxis, dass Gott
tatsăchlich umso mehr gibt, je mehr einer die empfangenen Gaben
weitergibt an andere.
Die Quelle seinei* Kraft war die Heilige Kirche - das heisst Christus
selbst. Ihi* liturgisches Leben', ihre Mysterien waren sein tăgliches Brot.
Ei* zeichnete sich aus durch eine unvertalschte kirchliche Gesinnung in
der Tradition der Heiligen Văter. „In der Kirche", sagte er fast jeden
Tag, „finden wir die Gesundheit, den Trost, die Hoffnung und das Heil
unserer Seele."
„Wenn diesel* Altvăter die Gottliche Liturgie zelebrierte, war er in
Wahrheit wie ein Engel auf Erden, und du hattest das Gefuhl, dass
dieser Mensch nicht ein Mensch war, sondem ein himmlisches Wesen,
das herabgekommen war, um diese Gottliche Liturgie zu zelebrieren...
Er zelebrierte mit grosster Aufmerksamkeit. Ein Wort nach dem ande-
ren kam aus seinem Mund, feierlich, aus der Urtiefe seines Wesens.
Anders gesagt, es war otfenkundig, dass er das Mysterium der
Gottlichen Eucharistie wahrhaftig lebte, das M ysterium der
Hinopferung des Leibes und des Blutes Christi. Es blieb dir kein
Zweifel, dass zu jener Stunde Christus selbst, mit den Engeln und den
Heiligen, die ganze Kirche gegenwărtig war. Und wie er selbst uns
sagte, sah er Christus oftmals in der Gottlichen Liturgie. Sehr oft auch
zelebrierte er die Liturgie zusammen mit den Engeln, die den Heiligen
Altar umstanden. So viele von ihnen waren da, sagte er uns einmal in
seiner Einfachheit, dass er, als er sich anschickte, die Kostbaren Gaben
von der Prothesis zu nehmen tur den Grossen Einzug, zu ihnen sagen
musste: „Macht Platz, damit ich durchgehen kann."^
„Die Menschen, mein Kind, sind blind", sagte er ein andermal, „sie
sehen nicht, was wăhrend der Gottlichen Liturgie in der Kirche
' Das liturgische Leben bedeutet die Gesamtheit der Gottesanbetung der Kirche.
^ Metropoiit Athanasios von Lemessos (Zypem) in: KXettou Iwavvt&ri, fepovirxo
rou20ouA ubvo^, S. 157-158, Athen 2002b
7. Ze&e?: 91
geschieht. Einmal, als ich zelebrierte, konnte ich den Grossen Einzug
nicht vollziehen wegen dem, was ich sah. Der Kantor wiederholte
immer wieder: vru* Jeu Kom'g u//ez* ew/i/uugeu, und plotzlich
sprirte ich, wie mich jemand an der Schulter beriihrte und mich zur
Prothesis hin schob. Ich glaubte, es sei der K antor.. doch als ich mich
umwandte, sah ich einen riesigen Flugel, den der Erzengel iiber meine
Schulter gelegt hatte und mich fiihrte, darnit ich den Grossen Einzug
beginne. Was geschieht nicht alles wăhrend der Gottlichen Liturgie im
Allerheiligsten! Manchmal kann ich es nicht ertragen und setze mich
auf den Stuhl, weshalb einige Mitliturgen glauben, ich habe Probleme
mit meiner Gesundheit. Sie wissen nicht, was ich sehe und hore.
Welches Flugelrauschen, mein Kind, von den Engeln her!'"
Âhnliche Erfahrungen hatte er auch beirn Kommemorieren der
Namen der Glăubigen wăhrend der Proskomidie. „Wenn ich die Gaben
vorbereite", sagte er, „sehe ich die Seelen, die an mir voriiberziehen
und mich bitten, ihrer zu gedenken. Selbst wenn ich sie vergessen
wollte, wăre es mir nicht mdglich."^
Ebenso wunderbar wie sein Leben war auch die Entschlafung von
Altvater Jâkovos. Er war im voraus unterrichtet iiber den Zeitpunkt
seines Hingangs, und deshalb bat er einen Hierodiakon vom Hl. Berg
Athos, der damals bei ihm beichtete, bis zum Nachmittag des
betreffenden Tages zu bleiben, um ihn „einzukleiden", wie er sagte.
An jenem letzten Tag seines irdischen Daseins, dem 21. November
1991, war er besonders frohlich. Am Morgen sang er mit bei der
Festliturgie zum Einzug der Gottesmutter in den Tempel und am
Nachmittag empfing er verschiedene Leute zur Beichte. Mitten im
letzten Beichtgesprăch vemahm er eine Stimme, die ihn rief, und er er-
' Auch andere heihge Akvăter unserer Zeit litten jahrelang an einer Vielzahl schwe-
rer Kiankheiten, wie Vater Paissios und Vater Pophyrios (s. Hap. 7 und 9). Nach
aliem, was man hierliber weiss, waren diese Krankheiten ein sichtbarer Aspekt des
besonderen Kreuzes, das diese Diener Christi zum Wohl der heutigen Menschheit
auf sich nahmen.
94 ^ /rra te rJ a A o iw von EaAoa
'Evaţj Aytog Tepovrag, op. cit., S. 144. Die nachfolgenden Zitate sind zur
Hauptsache demselben Buch entnommen.
77. TLeAre 95
ein einziges Gebet, meine Kinder, geht verioren. Auch mich hat
J \ ^ d a s Gebet so viele Jahre iang getragen.
A lles stiitzt das Gebet. Seien wir nicht ăngstlich, furchten wir uns
Y V nicht. Wenn Gott mit uns ist, vermag niemand etwas gegen uns.
'"Vogert nicht, schămt euch nicht. Was ihr auch getan habt - der
A ^B eichtvater hat vom Gebieter Christus Selbst, tiber die Apostel, die
Volhnacht empfangen, durch sein Epitrachilion auch die grosste Siinde
zu vergeben. Was der Beichtvater vergibt, vergibt gleichzeitig auch
Gott im Himmel, und was er nicht vergibt, bleibt unvergeben.
AY Tenn ich bei denen, die beichten, keine Reue sehe, kann ich das
V V Gebet der Vergebung nicht lesen. Es ist mir nicht erlaubt, weil die
Reue fehlt.
96 ddvaYerJeAcw.s' vo?; EnAoa
A /Tein Vater, ich ieide mit dem Menschen, der beichtet. Ich
IV J^cm pilndc seinen Schmerz zusammen mit ihm. Ich empfinde den
Schmerz und weine tiber den Beichtenden. Ich bat den hi. David
darum, dass ich nach jeder Beichte ades vergesse, was nicht notig ist,
und mich nur an das erinnere, wofur ich beten muss. Denn ich bete Iur
jene, die zur Beichte gekommen sind. Ich sorge mich um sie und warte
auf sie, bis sie wiederkommen.
A Ţie sod einer zum Priester geweiht werden, bei dem Hindemisse
i 1 hiefur vorhanden sind. Ich sah einen Priester, der das
Făhigkeitszeugnis eines Beichtvaters erhielt, ohne eine vodstăndige
Beichte abgelegt zu haben, und nach vier Jahren bekannte er mir die
Sunde, die ein Hindemis war fur die Priesterweihe. Sein Gesicht war
diister vor Kummer, er hatte keine Spur von Freude mehr in sich. Sein
Zustand betrubte mich zutiefst.
Ţ J s ist nicht gut, dass eure Kinder mit irgendweichen anderen um-
J —/herziehen. Sie soiien bei ihren Eitern bieiben, mag man ihnen auch
vorwerfen, sie seien asozial.
Sie soiien auch nichts annehmen von Leuten, die sie nicht kennen.
' Die Proskomidie ist die Vorbereitung der Hi. Gaben fur die Gottiiche Liturgie. Die
Partikei fiii* die Lebenden und die Entschlafenen werden einem besonderen, aus der
Prosphore herausgeschnittenen Stiick entnommen.
98 ^itv a te r Jdkovo^ von EnAon
Den Ditern, Jie /'An //*ngten, wn.s .sie inn .soiien, wenn ri/'e Kin/Aer nicAi
geAorcAen, n/?iworieie er/
Ţ ) etet mit Gottvertrauen und ermahnt sie, soviel ihr konnt, in Liebe,
J D a u f die gute Art. Denn, vergebt mir, mit Strenge erreicht man
nichts. Das Kind wird dir bioss sagen: Ich stehe auf und gehe, und es
geht... und heute ist die Welt Sodom und Gomorrha oder noch schlimmer.
Fnsten
ŢJ'astet, meine Kinder, hort nicht auf jene, die sagen, Fasten sei nichts,
. F es sei bioss eine Erfindung der Monche. Es ist nicht eine ErEndung
der Monche, meine Kinder, vergebt mir, es ist ein Gebot Gottes. Das
erste Gebot Gottes war Fasten, und auch unser Christus fastete.
Ţ J in m a l kam einer zu mir und sagte: „Der und der hat mir gesagt, es
J —/gebe kein Fasten, und nirgendwo in der Schrift stehe etwas von
Fasten." Ich antwortete ihm, er solie dem Betreffenden sagen, er
mochte die Bibel ofEien und nachsehen, wo vom Fasten geschrieben
steht: ...nnr mii Feien nnri mii Fo.sien... steht im Evangelium unseres
Christus', und vieles anderes mehr. Mit Beten und Fasten werden
Dămonen und Krankheiten und alle Leidenschaften vertrieben. Der
heilige Vorlăufer, was ass er in der Wuste? Was ass der heilige David
hier? Mit einem Stucklein Antidoron verbrachte er die ganze Woche in
seiner Einsiedelei. „Durch Fasten, Wachen und Gebet hast himmlische
Charismen du erlangt'A Deshalb heiligte ihn Gott, sodass er seit 450
Jahren hier an dieser heiligen Stătte lebt - als hochst wundertătiger und
lebendiger Heiliger.
Diirren
wnrJe Je r 4(ivoier von einem seiner geAiigen .So'Ane, einem
Drie.sier im .snWiicAen GriecAenionri, er.sncA.i, er mocAie tien Ai. D aviJ
nm /iegen Aiiien /Ar .sein GeAiei, weii e.s* Jo ri .şeii eineinAoiA JoAren
nicAi meAr geregnei Aoiie, .so<:(o.s'.s gro.s.se Aoi AernscAie Aei Afe/rseA,
D er nnJ P/innzen. D er Aiivoier oniworieie iAm/
A / f ein Vater, ihr habt euren Bischof dort, und ihr Priester seid Văter
IV J^d er Rirche. Sagt den Leuten, sie soiien fasten. Was sie in der
Vergangenheit taten, soiien sie auch heute tun. Die Christen soiien
beten, ihre Siinden bereuen und beichten, sie soiien die heiiigen Ikonen
und die heiiigen Reiiquien nehmen und eine Prozession machen. Und
wegen unserem Giauben, wegen unserem Gebet wird Gott uns geben,
um was immer wir Ihn bitten. Dies taten wir in Kleinasien, in unserer
Heimat, wie uns unsere Mutter sagte. Dasseibe tun wir auch hier in den
Dorfem. Sobaid die heiiigen Reiiquien herauskommen aus dem Kiostcr,
erscheint ein Woiklein iiber dem D orf jener Christen, die um Regen
bitten, und danach iăsst Gott regnen innerhalb der Grenzen jenes
Dorfes. Er iăsst regnen und gibt Seinen Segen. Seibst wenn Er nicht
regnen iăsst, gibt Er uns Seinen Tau und Seinen Segen. Wir haben den
Regen notig, doch auch die Sorge fur unsere Seeie haben wir notig.
Diirren und aile anderen Katastrophen riihren von den Siinden der
Menschen her. Dafur iăsst uns beten, dass wir Christus und Seiner
Kirche nahe sind.
D er
Ţ c h ging und setzte mich ans Bett von Altvater Jâkovos, und dieser,
-Lsobald er mich erblickte, sagte zu mir:
- ich kenne dich nicht. Zum ersten Mal sehe ich dich. Doch ich sehe,
dass hinter dir dein Engei steht.
Was er sagte, bewegte mich zutiefst... Er fugte hinzu:
- Aiie Menschen haben einen Engei. Doch den deinigen sehe ich. Hab
acht, damit du ihn nicht wegtreibst von dir.
Noch heute, wenn ich daran denke, ergreift mich der Schrecken, wie
damais. Der Aitvater schloss:
- Jener Engei wurde dir am Tag deiner Taufe gegeben. Vom Tag deiner
Taufe an begleitet er dich, und er darf nicht von deiner Seite weichen.
Er ist es, der am Schluss deine Seeie in seine Hănde nehmen und sie
am Tag des Gerichts fuhren wird. Wenn dann die Dămonen kommen
und sagen: 'Er hat dieses getan, er hat jenes getan, er hat diese Sunde
)00 yt/Ovae/' Jo/covoy von EaAd'a
begangen und jene', wird dein Engel antworten: fia, er hat es getan,
doch auch dieses Gute hat er getan und jenes.' Er ist der Anwait, der
dich verteidigen wird. Hab acht deshalb, dass du ihn nicht von dir
entfemst. Ich habe gesehen, dass er bei dir ist.'
Ţ Ţ Fir werden nicht geheiiigt durch den Ort, an dem wir ieben, sondem
V V durch die Art, in der wir ieben. Wir mogen uns auf dem Heiiigen
Berg befinden, in unseren Gedanken aber in der Weit sein. Oder wir
konnen uns in der Weit befinden, doch geistig auf dem Heiiigen Berg
sein. Ein wahrer Monch ist liberali auf dem Heiiigen Berg.
Ţ I ' s gibt auch heute in der Weit christiiche Ehepaare, die ieben wie
J —/Monche und sogar besser ais wir Monche hier, mit Fasten, Gebet,
Koboskini, Metanien, mit Gehorsam und Liebe gegeneinander.
A /T ein Kind, Ungehorsam und aiies, was der Monch ohne Segen tut,
1VJL bedeutet Tod. Wenn wir etwas ohne Segen tun, sind wir Gott
nicht wohigefaiiig, sondem wir betruben Ihn. Deshalb, was immer du
tun wiiist, hoi dir den Segen dazu. Und wenn es dir nicht mogiich ist,
ihn am seiben Tag zu empfangen, dann warte bis zum năchsten. Wenn
es auch am năchsten nicht mogiich ist, dann warte bis zum ubemăch-
sten. Es ist besser, dass sich die Sache verzogert, ais dass du sie ohne
Segen tust.
Era/HHg^H
enn der Aitvater befragt wurde daruber, wie man sich den
Prtitungen des Lebens stelien soii, pflegte er mit den Worten des
hl. Jakobus des Herrenbruders zu antworten:
EracAtet e.s' aA /aaier EaeaEe, a/eiae EraEa/; waaa iAa ia a:aacAea/ei
Eaii/aagea geratet, ia! iU'.s'.sea Earaa/, Ea.s*.s' <E'e Egwa'Araag eare^
GiaaAea.s* GeriaEi wirAt... (Jak 1,2-3).
Das
d/.s' /t/V MA'oJ/'/Ho.s' .sio/f?, /?*ogte s/cA dArote?' JoAovos, wie es woA/ .sei/?er
5*ee/e ergeAe. Da so/? e/; /o'cAt ?'??? 7?*o:?/??, so/?<r/e/7? ;'/?? ikr?cAz?;.s7o/?<;/, /o/ge??Ae
H'.s?'oo.'
A /T ein Gerontas stand da, barhăuptig, den K opf gesenkt, die Hănde
i \ k L gekreuzt mit grosser Ehrfurcht und Andacht. ihm gegentiber sass
auf einem hohen Thron der Grosse Hohepriester. Der Thron schwebte
ein Meter uber dem Boden. Sein Antiitz ieuchtete, es war goldfarben,
wie reines Kerzenwachs, ich kann es nicht beschreiben, mein Kind.
A uf Seinen Knien iag ein aufgeschiagenes Buch, und darin war das
Leben meines Geronta aufgezeichnet. Der Grosse Hohepriester steilte
Fragen, und der Gerontas antwortete... ich sah, mein Kind, dass unser
ganzes Leben aufgezeichnet ist, Werke, Worte, Gedanken, ades. Fur
ades werden wir Rechenschaft ablegen mussen.
102 /I d r a fe r Jd/;oro.s' von EM^dn
(1898-1959)
i04
105
K apitel4
^ L T V X T G R Jo86P H OGR H e S Y C H X S T
' Nicht zu verwechseln mit Altvater Ephrem von Katounakia (s. Kapitei 2)
^ Archimandrit Ephrem, Abt des HI. Klosters Vatopedi, in seinem Vorwort zur
Biographie des Altvaters aus der Feder von Geronta Joseph von Vatopedi (s.
Bibliographie am Ende des Kapitels).
^ Jean-Claude Larchet, in seiner Einfuhrung zur franzosischen Ausgabe der Biogra
phie von Aitvater Joseph (s. Bibliographie).
107
I. - Leben
7. MAAl/
A ltvater Joseph wurde 1898 auf der Kykladen-Insel Păros geboren,
Z v i m D orf Lefkes, und erhielt bei der Taufe den Namen Frankiskos.
Seine Eltern waren einfache und arme Leute, und die Kinder mussten
von kiein an mitarbeiten, um der Familie das Uberleben zu sichern. Der
Vater starb Iruhzeitig, und so gesellte sich zur Armut die Verwaisung.
Seine zutiefst gottesfurchtige Mutter, „wahrlich ein Israelit ohne Fehl",
wie er sie spăter zu charakterisieren pflegte, nahm ihn stets mit in die
einsamen Landkirchlein, von denen es auf der Insei unzăhlige gibt, um
die Ollămpchen zu richten und zu beten oder an der Gottlichen Liturgie
teilzunehmen. Sie wusste nămlich, dass das Kind fur Gott bestimmt war,
denn gleich nach seiner Geburt war ihr ein Engel erschienen und hatte ihr
zu verstehen gegeben, dass es nicht ihr gehorte, sondem dem Hen*n.
Als Frankiskos herangewachsen war, ging er als Gelegenheits-
arbeiter nach Pirăus. Nachdem er seinen Militărdienst in der Flotte
absolviert hatte, eroffhete er mit wenigen Erspamissen in Athen einen
Kleinladen, wurde Markthăndler und erwarb sich in kurzer Zeit eine
recht gute Situation. Tatkrăftig und voller Gute, war er jedem Unrecht
und Betrug abhold und achtete in seinen Geschăften stets auf
Sauberkeit. Er hatte einen starken Charakter und Heldenmut, eine
hochherzige und kămpferische Natur. „Ich nahm es mit Tausenden
a u f', sagte er einmal, „ich hatte das Herz eines Lowen, doch die Liebe
Christi machte mich zum Lamm.'"
2. F&n (7u%
7. Brief
108 xGvater Jo-sep/; vo/;
ihm die Ehre erweise. Er erwachte sogleich, und alles, was er in jenem
Traum gesehen und vemommen hatte, prăgte sich ihm so tief ein, dass
er nichts anderes mehr denken konnte. „Mein ganzer Zustand", erzăhlte
er spăter, „der innere wie der ăussere, ănderte sich totai. Nichts
Irdisches kiimmerte mich mehr, doch ich wusste nicht, was das
Gesehene bedeutete, noch was ich tun solite." Da wurde ihm von
Bekannten ein Buch geliehen, welches die Leben gros-
ser Heiligen enhălt, deren Feste in der Sommerzeit gefeiert werden.
Wie er es las, entbrannte in ihm ein solcher gottlicher Eifer, dass er es
nicht lănger ertrug, im Lărm der Welt zu verweilen. Er verliess die
Stadt und durchstreifte deren einsame Umgebung, vor aliem das nahe
Pentelikon-Gebirge. Dort lebte er einige Zeit wie ein Asket, in Fasten,
Wachen und Gebet, so wie es ihm mit seinen bescheidenen
Kenntnissen moglich war. Schliesslich begegnete er in Athen einem
athonitischen Monch, dem er das Versprechen abnahm, ihn bei seiner
Riickkehr auf den Heiligen Berg mitzunehmen. Dann ging er hin und
verteilte al Ies, was er hatte, als Almosen an die Armen sowie an seine
ebenfalls armen Angehorigen. Im gleichen Jahr 1921 verliess er,
zusammen mit jenem Monch, die Welt und ging auf den Athos.
' Sein Leben ist erschienen in dem 10 Hefte umfassenden Werk von Archimandrit
Chembim, IbyxQOveg AyLOQein,xeg MoQtpeţ, hrsg. vom HI. Kloster Paraklitou,
Oropos Attikis, 11. Aufl. 2002.
Engl. Ubers. St. Herman Press, Platina Ca. 1992.
^ Siehe ebenda, Heft 3 der griechischen Originalausgabe.
t09
ohne sein Vorhaben aufzugeben, zog dieser von Hohie und Hohte und
geiangte schliesslich nach Vigla, der asketischsten Gegend des Athos,
hoch iiber dem weiten Meer, wo er eine Zeitlang in der Hohie des
heiligen Athanasios des Athoniten, des Griinders der Grossen Lavra,
verbrachte, in der Năhe der rumănischen Skite Prodromou. Spăter
geselite er sich als Gast sozusagen, ais „Kaviotis" in der athonitischen
Sprache (Bezeichnung tur jemanden, der keinen reguiăren Status hat
ais Novize oder Monch), zu einem Greis, der in der Gegend in einer
Hritte wohnte. Doch dieser iegte ihm soiche Hindernisse in den Weg fur
sein ungestfimes und brennendes Veriangen nach der wahren EFasycAm,
dass er ihn eines Tages verliess und sich in eine Schiucht zunickzog, an
einen Ort, an dem er hăufig zu beten pfiegte.
Dort setzte er sich hin und weinte viele Stunden iang in seinem
fruchtlosen Bemuhen, ohne Ablenkung zu beten, und seinem
Unvermogen, einen geeigneten Fuhrer zu finden, der ihn in diese Kunst
einweihen konnte. Und alidieweil bat er Gott aus ganzem Herzen und
mit Schmerzen, ihn nicht zu veriassen.
„Ich ging dorthin am titihen Morgen und biieb, weinend und betend,
bis zum Nachmittag. Als ich endlich ganz erschopft war, begann ich
zum Gipfel des Athos hinzublicken, denn man konnte ihn sehen von
dort, wo ich war in der Schiucht, und insbesondere zum Kirchlein
unserer Herrin der Gottesmutter, das mir besonders lieb war. Wăhrend
ich dorthin blicke in meiner tiefen Betrubnis und Ratlosigkeit, sehe ich
plotzlich einen hellen Lichtstrahl ausgehen von dem Kirchlein und sich
ausbreiten tiber mich, und ich wurde ganz Licht und Wohlgeruch, mehr
noch, er war nicht nur um mich, sondem auch in mir, und da begann in
meinem Herzen das Gebet mit grosser Siisse von selbst sich zu sagen.
Dies bewirkte in mir eine soiche Verwandlung, dass ich nicht wusste,
ob ich noch lebte und auf der Erde war. Meine Sinne funktionierten
nicht mehr, noch auch vermochte mein Denken sich zu bewegen. Ich
sah bloss, mit Verwunderung und Entruckung, jenes blendend weisse
Licht, das in mir war - oder vielmehr, in dem ich war - und jene Srisse,
mit welcher das Gebet in meinem Herzen gesagt wurde. Mein Herz
sagte das Gebet von selbst, ohne Anstrengung, ohne Mtihe, und dies in
einem so harmonischen Rhythmus, dass ich mich wunderte, ob ich
allein war oder ob ich aus zwei Selbsten bestand.
110 d/tvuter von
Wie lange dieser Zustand andauerte, kann ich nicht sagen... Von da
an wich jene Gnade, das Gebet zu sagen, nicht mehr aus meinem
înnem. Zwar biieb sie nicht mit jener ubermăssigen Intensităt, doch die
Energie der Gnade biieb, und mit Gottes Huld sagt sich das Gebet ohne
Miihe und Anstrengung in mir. In der Foige bestand meine ganze
Anstrengung und Bemuhung darin, die geeignete Umgebung zu finden,
wo ich das Gebet ohne Unterbrechung sagen konnte. Von jenem Greis
ging ich weg und zog allein umher, dort wo keine Menschen waren und
wo keine Gesprăche mich abhielten vom Gebet. Besonders liebte ich
das Kirchlein unserer Herrin auf dem Athos oben, von wo mir so
Grosses geschehen war, und fast den ganzen Sommer liber biieb ich
dort. Ich fabrizierte kieine Handbesen aus Ruten vom Wald und brachte
sie in die Lavra, und sie gaben mir Trockenbrot dafur. So kam ich durch
und widmete mich aiiein dem Gebet."'
A UBc/* A/*se///ns
Doil oben auf dem Athos iemte er den um 12 Jahre ălteren Monch
Arsenios^ kennen, der fortan sein unzertrennlicher Gelahrte in der
Askese sein soiite. Dieser stammte aus dem Pont (Kleinasien), war aber
schon in seiner Kindheit mit seinei* Familie nach Sudrussland, genauer
gesagt in den Kaukasus ausgewandert, um der stăndigen Bedrăngung
durch die Tiirken zu entraten. Um 1910 pilgerte er ins Heilige Fand,
und wurde dort mit Altvater Hieronymos von Âgina bekannt, der
damals als Priester im Dienst des Patriarchats von Jerusalem tătig war2
Um 1918 wurde er im Kloster des 40-Tage-Bergs (bei Jericho) zum
Monch geschoren, und bald darauf begab er sich auf den Heiligen Berg,
wo er in das damals noch idiorhythmische Kloster Stavronikita eintrat
und das Grosse Gewand empfing. Doch auch er sehnte sich nach dem
' Aus dem Ersten Leben, verfasst von Altvater Joseph von Vatopedi im Jahr 1962 und
2005 erstmals veroffentlicht unter dem Titel Ortag X aptrog F/ureiptrg, Tfpovro^
o Ruuyatmig, Bioypcnpta - Avexdorr^ BjrturoAeg xat
TToui^ara (s. Bibliographie am Kapiteiende), S. 34-36.
^ Sein Leben, aus der Feder von Monch Joseph Dionysiătis, ist 2004 in Thessaloniki
erschienen unter dem Titel O Brpmv Apuevto^ o ^jn?A atm r^ (s. Bibliographie am
Ende dieses Kapitels).
^ Siehe n e ip o ţ Mjtotciig, Tepovrag* Aptuvu^og o Ruuyo;ur?)$' -nig* At/ivag*, Athen
2001 .
7. 111
hesychastischen Leben und zog sich zuriick auf die Hohen des Athos.
Durch gottliche Fiigung begegneten sich die beiden Liebhaber der
Stille um 1922 wăhrend der Agrypnie zum Fest der Transfiguration, die
alljăhriich in der Nacht vom 5. auf den 6. August in dem derselben
geweihten Kirchlein zuoberst auf dem Athos-Gipfel gefeiert wird. Sie
wurden sich einig, zusammen weiterzufahren in ihren Kămpfen, und
obwohl Frankiskos soviel jiinger und noch nicht Monch war, erkannte
Vater Arsenios seine aussergewohnlichen Făhigkeiten und sagte zu
ihm: „Von nun bist du das Auge und ich das Ohr."
Um 1923 zogen die drei Văter von Katounakia in die hoher gelegene
stille Skite des HI. Basilios, wo sie sich unter viei Mtihe - Baumaterial
gab es kaum in jener Gegend, und alles musste auf dem Rucken von
weither herbeigetragen werden - eine Hiitte bauten. Gero-Ephrem
uberlebte den Umzug nicht lange. Nachdem er seinen beiden Jungern
seinen Segen gegeben hatte, entschlief er in Frieden zum Herrn. Von da
an ergaben sich Joseph und Arsenios noch strengerer Askese. Sie
wohnten nur im Winter in der Htitte und verbrachten den Sommer im
Freien, auf den Hohen des Athos oder in anderen entlegenen Gegenden.
Dabei bewahrten sie strenges Schweigen untereinander und emăhrten
sich nur von etwas Trockenbrot, das man ihnen in den Kldstern gab und
das sie am Abend zu sich nahmen. Einmal gab man ihnen ein Sack mit
Trockenbrot, das voller Wurmer war. Um die Segensgabe nicht zu
entweihen, indem sie das verdorbene Brot fortwarfen, und ausserdem
als zusătzliche Askese, emăhrten sie sich viele Wochen lang davon,
indem sie einfach die Essenszeit in die Nacht hinein verschoben, sodass
sie die Wurmer nicht sahen. Spăter fanden sie eine Pfanne und kochten
hin und wieder etwas Wildgemuse, das sie am Ort einsammelten. So
lebten sie in gănziicher Freiheit von irdischem Sorgen, um ganz zu Gott
hingewandt zu sein.
Nach acht Jahren solcher Kămpfe gaben sie dieses Wanderieben auf
und biieben das ganze Jahr hindurch in ihrer Hiitte in Agios Basiiios.
Damals ging Joseph durch eine Phase schwerer Anfechtungen, und da
begegnete er schiiesslich dem Meister, dem von alier Tăuschung freien
Fuhrer, den er seit iangem unter vieien Gebeten an Gott und vielen
Trănen gesucht hatte - Papâ-Daniei dem Hesychasten (ca. 1830-1930),
der in gănziicher Zuruckgezogenheit in der noch hoher gelegenen
Einsiedelei des HI. Petros des Athoniten in Kerasiâ lebte.' Dieser
Anachoret, den grossen Wustenvătern der Vergangenheit vergleichbar,
pflegte im Gebet zu verharren vom Sonnenuntergang bis Mitternacht
und dann sehr langsam, drei bis vier Stunden lang, die Gottliche
Liturgie zu zelebrieren, und dies stets unter vielen Trănen. Er lehrte
Joseph, wie man gegen die Versuchungen kămpft und ubermittelte ihm
seine Lebensregel, die er und spăter seine Jtinger als kostbares Erbe
bewahren sollten.
Eine Besonderheit von Altvater Joseph war, dass er sehr grossen
Wert legte auf die Einhaltung des Tagesprogramms und unter keinen
Umstăndcn davon abwich. Er pflegte den heiligen Ephrem den Syrer zu
zitieren: „Jene, die keine Ordnung haben, fallen wie die Blătter." Der
Hauptpunkt jenes Tagesprogramms war, dass um die Mittagszeit die
Vorbereitung fur die Nachtwache begann, sodass kein Besucher mehr
empfangen wurden, wer er auch sei und aus welchem Grund er auch
kam. Nachdem sie sich am Vormittag betend dem Handwerk - dem
Schnitzen von Holzkreuzen - hingegeben hatten, wurde die Tur am
Mittag rigoros geschlossen, und es wurde nicht mehr gesprochen. Jeder
sagte in seiner Zelle mit der Gebetsschnur den Vesper-Gottesdienst,
dann fanden sie sich zusammen zum gemeinsamen Mahl, dem einzigen
des Tages, dem kărglichen. Die Nachtwache selbst begann, nach
einigen Stunden der Ruhe, bei Sonnenuntergang und dauerte bis in den
fruhen Morgen. Viermal in der Woche wurde nach Mitternacht die
Gottliche Liturgie zelebriert, wăhrend der Zeit in Agios Basiiios vom
damals noch jungen Monchspriester Ephrem von Katounakia (s.
Kapitel 2), einem der engen Jtinger von Altvater Joseph. An den Tagen
ohne Liturgie pflegte der Altvater nach Mitternacht diejenigen zu emp
fangen, die ihn zu sprechen wtinschten.
beim Gehen. Doch er liess sich nicht verdriessen und setzte seine
strenge Askese und sein Programm fort wie bisher.
Im Sommer 1947 gesellten sich mehrere Novizen zu den Altvătem,
einer davon war Joseph, spăter Biograpli von Altvater Joseph und
Gerontas des Athos-Klostcrs Vatopedi. Er schreibt: „Der Reichtum der
freiwilligen Armut, der den inneren Menschen mit der Empfindung der
Gegenwart Gottes erâillt, lăsst die Bedtirfnisse auf ein absolutes
Minimum absinken. Der Geist, der in der Seligkeit der Losung von
aliem schwimmt, Eieht soweit wie moglich die Sorge um das Viele,
und deshalb fanden wir, als wir 1947 herkamen, praktisch nichtsA Erst
nach langem Drăngen hatten die Altvater eingewilligt, Novizen
anzunehmen.
A/rcA/eA: de^ 7//. thr/d7</er^ M der ^Ade der A7. 77/. dnna
„Er wollte, dass wir a)te unsere geistigen und korpertichen Krăfte in
den Dienst unseres asketischen Kampfes stellen. Er pflegte zu sagen:
' Was wir nicht Gott geben in unseren Kămpfen, wird der andere (d.h.
Satan) sich nehmen. Unser Herr gebietet uns, Ihn zu tieben mit unserer
ganzen Seele und unserem ganzen Herzen.'"
Trotz der Hărten, des Fehlens von ah dem, was das Leben des Men-
schen erteichtert und woran sich der modeme Mensch so sehr gewohnt
hat, rnochte keiner von ihnen diesen Hafen des Heits verlassen. Einer
davon schreibt: „Nie werde ich jene Tage vergessen. Sie waren wirklich
die schonsten meines Lebens. Wie gross ist meine Sehnsucht, jene
strahtenden und stillen Tage von neuem zu erleben! Indem wir in so
kiarer, reiner Weise lebten, sprangen unsere jugendlichen, arglosen
Seelen vor Freude, umhegt von jener grossen und wahrhaft văterlichen
LJmsicht und Liebe. Die Wachsamkeit des Altvaters, die Frtichte der
Dasyc/n'a und das Gefuhl der Sicherheit, das wir empfanden, gaben uns
die innere Gewissheit und Bestătigung, dass wir gefahrlos und mit
Zuversicht voranschreiten konnten. Denn eines ist, zu kămpfen und
sich zu muhen mit gutem Vorsatz und dem Wissen, das aus Buchem
stammt, etwas anderes aber, in der Năhe, neben einem Experten und
Lehrer zu leben, der gewissermassen jede deiner Bewegungen lenkt."
Was sie besonders beeindruckte, war die aussergewohnliche Făhig-
keit des Altvaters, die Heiligen Schriften auszulegen und die person-
liche Problematik eines jeden Fragestellers auf so wunderbare Weise zu
klăren und zu entwirren, dass es jenem ins Herz drang und alle
Dunkelheit daraus vertrieb, kraft der Gnade, die in ihm war. "Dann
riefen wir innerlich von Freude erfullt: Den /?<Mer wir ge/nnJen, vo/7
Ten? Mo.se .sprieAt hn Ge.se^z nnJ ^ie E/*opA eten(Joh 1,45)'
„Wir pflegten die ganze Nacht im Gebet zu wachen. Dies war unser
Typikon. Er verlangte, dass wir gegen Schlaf und fleischliche Gedan-
ken kămpften, unser 'Blut vcrgosscn' dabei. Er selbst wachte in der
Dunkelheit seiner winzigen Zelle, mit seinem unzertrennlichen Gefahr-
ten, dem inneren Gebet. Obwohl er in seiner Zelle in Klausur war,
wusste er genau, was draussen vorging und was wir taten. Mit einem
blossen Blick vermochte er unsere Gedanken zu lesen..."
Nicht nur seinen eigenen Jungem war er geistiger Fuhrer und Vater,
sondern gegen Ende seines irdischen Daseins auch manchen Asketen
' Obwohl der Altvater keinerlei hohere Schulbildung hatte, sprach er vorzuglich in
ĂiaAarevoM^a, der gehobenen griechischen Sprache seiner Zeit. Dies belegen auch
seine Schriften („H Aexdtptnvog ZotXjtty^", Briefe, Gedichte, s. Bibliographie am
Kapitelschluss).
^ Altvater Ephrem von Philotheou in seinem Vorwort zu den Briefen von Altvater
Joseph (s. Bibliogr.).
Ebenda.
7. Ze&ew 119
70. /w AEt/r*;:
1951 zogen die Văter abermals um, und zwar in die Neue Skite
(Nea Skiti) nahe beim Meer, wo die klimatischen Verhăltnisse
ertrăglicher waren fur die Jungmonche. Um Altvater Joseph und seinen
M itasketen, A ltvater Arsenios, hatte sich m ittlerweile eine
Gemeinschaft von sieben engen Jungern versammelt, die fur die
weitere Entwicklung der Athos-Kloster von entscheidender Bedeutung
werden solite. Die meisten von ihnen wurden entweder Âbte dieser
Kloster oder bildeten Jfinger heran, die Âbte wurden und in ihren
Gemeinschaften eine tiefgreifende geistige Emeuerung herbeifuhrten.
Doch wăhrend sich mit diesem neuerlichen Umzug die Verhăltnisse
besserten fur die Jungen, verschlechterten sie sich fur den Altvater. Mit
seiner Gesundheit ging es rasch bergab. Sein ganzes Leben lang als
Monch war er krank gewesen, doch nun wurde sein Zustand fast uner-
trăglich. Wenn ihn seine Jfinger besorgt zur Schonung seiner selbst zu
bewegen suchten, pflegte er zu sagen: „Kinder, offnet nicht den Weg
fur die Krankheit des Sorgens!" Und als ihn einer von ihnen fragte,
warum er denn selbst jetzt noch so streng faste, wo er doch vollig
Ebenda.
t20
erschopft sei, antwortete er: „Jetzt, mein Kind, faste ich, damit unser
gutei* Gott euch Jungen Seine Gnade schenke."
Er konnte sich kaum noch bewegen und litt sehr unter Atemnot. Er
hatte kaum noch Biut, und wenn es geschah, dass er sich schnitt, floss
Wasser aus der Wunde. Die geringste Anstrengung ermiidete ihn sehr.
Doch bei alledem empfand er in sich soiche Freude und Seiigkeit, dass
er keine Worte fand, es auszudriicken. Er sagte, "etwas wie das
Paradies" sei in ihm. A uf seinen Auszug aus dieser Welt wartete er mit
freudiger Ungeduld und bereitete sich darauf vor wie auf ein Fest.
7. 121
Altvater Joseph hinterliess der heutigen Welt nicht nur das Beispiel
seines heldenhaften geistigen Kampfes, sondem auch eine Anzahl
Schriften, vor aliem seine 7Me/b, gerichtet an seine geistigen Sohne
und Tochter - Monche, Monchinnen, Kleriker und Laien - ausserhalb
des Athos, die zu einem neuen Standardwerk der orthodoxen Literatur
geworden sind.
Altvater Ephrem von Philotheou, in seinem Vorwort zum Buch Fepoviog Imopcp,
122 T/tvaterdo^ep/i vou TTevrcAas't
II. - Lehren'
„Durch seine Kămpfc und Prufungen erlangte der selige Altvater Joseph in
unseren Tagen die Erfahrung der heiligen Asketen Christi aller Zeiten. Deshaib
enthalten seine Lehren nichts Neues, sondem bestătigen jene der heiligen Văter
vor ihm. Sie zeigen den heutigen Gottsuchem, dass der von den Heiligen der
alten Zeit vorgezeichnete Weg seine ganze Giiltigkeit bewahrt."^
' Die hier folgenden Texte sind den Briefen des Altvaters entnommen. Siehe Biblio-
graphie am Schluss des Kapitels.
^ 15. Aug., S. 722. Hrsg. K.l. HI. Johannes d. Vorl., Chania 2006.
//. L<?/?/*(? )23
7, aw
Gott ist der Anfang und das Ende. Seine Gnade ist es, die alles wirkt.
Sie ist die treibende Kraft. Die Liebe wirkt durch das Haiten der Gebote.
Wenn du aufstehst in der Nacht und betest, wenn du den Kranken siehst
und ieidest mit ihm, die Witwe und die Waisen, die Betagten, und
Erbarmen hast mit ihnen, dann liebt dich Gott. Und dann iiebst auch du
Ihn. Er ist es, der zuerst liebt und Seine Gnade ausgiesst. Und wir
geben Ihm zurtick, was wir von Ihm empfangen haben, Deme von
7?n'e/*2, an
Gottlicher Koder
e in e n y M n g m d n c A , d e r ^ o e A e n d fe A W H jp / A a A n A e tre to w A o t , R n 'e / *3 )
T ^ \ie gottliche Gnade, mein Kind, ist wie ein Koder, der in die Seeie
J-^/kom m t und den Menschen ohne Gewait zu den hohen und
hoheren Dingen zieht. Sie weiss uns vernunftbegabte Fische zu fangen
und sie aus dem Meer dieser Welt zu ziehen. Doch was geschieht dann?
Nachdem Gott den Anwărter auf das Monchsleben aus der Welt
genommen und ihn in die Wildnis gebracht hat, zeigt Er ihm nicht
sogleich seine Leidenschaften und Versuchungen. Er tut es erst, wenn
er Monch wird und Christus ihn bindet mit der Gottesfurcht. Nun
beginnt die Prufung, der Kampf und das Ringen.
Demut
Fne/"3, an
ute Taten, Almosen und alle anderen ăusseriichen guten Dinge ver-
mogen den Dunkel des Herzens nicht zu mildem. Geistige Arbeit,
der Schmerz der Reue, Zerknirschung und Demut, diese sind es, die
den rebellischen Geist unterwerfen.
Nur mit grosster Gedutd seitens der Aitvăter und mit der Nachsicht und
der Liebe der Briider konnen halsstarrige Jtinger zu sich kommen.
Doch siehe: Oftmals sind auch sie so nlitzlich wie eine rechte Hand.
Und fast immer falit es jenen, die irgendeine Gnadengabe mehr haben
als die anderen, besonders schwer, sich zu erniedrigen. Sie halten sich
fur etwas und die anderen fur nichts.
Viei harţe Arbeit und Geduld ist mithin notig, bis das alte Fundament
des Hochmuts ausgegraben und die Demut sowie der Gehorsam Christi
als neues Fundament gelegt ist. Doch wenn der Herr ihre Anstrengung
und ihre gute Absicht sieht, lăsst Er zu, dass eine Prufung tiber sie
komrnt, die ihrer Leidenschaft entgegenwirkt, und in Seiner Barmher-
zigkeit rettet Er auch sie, denn Er will, <^//c gereffef we/r/c/r
Schon wăre es, wenn alle einen guten Charakter, Demut und Gehorsam
hătten. Doch wenn es vorkommt, dass einer von Natur aus hărter ist als
Eisen, soli er nicht verzweifeln. Er muss kămpfen, doch mit der Gnade
Gottes wird er siegen. Gott ist nicht ungerecht, sodass Er mehr
verlangen wurde, als Er gegeben hat. Gemăss den Gaben, die Er gab,
verlangt Er Gegenleistung.
Sprich nicht mussig liber die Demut, sondem werde wie Unrat, auf den
die Menschen treten, wenn du willst, dass Christus dich besucht.
Talente
zweite muss bclchrt werden uber das Gute, damit er es tut. Der dritte
aber, selbst wenn er hort, selbst wenn er lemt, verbirgt die Gabe in der
Erde. Er tut nichts.
Setbsterkenntnis
T ^ \esh alb geht a)lem anderen das „erkenne dich selbst" voran. Das
.L /h e is s t, du solist dich erkennen, so wie du in Wirklichkeit bist, nicht
so wie du meinst, dass du seist. Mit dieser Erkenntnis wirst du zum
weisesten der Menschen. Mit dieser Erkenntnis erlangst du Demut und
empfangst Gnade vom Herrn.
Wer hat den Teufel besiegt? Jener, der seine eigenen Schwăchen,
Leidenschaften und Măngel erkannt hat. Wer sich furchtet vor der
Selbsterkenntnis, bleibt dem wahren Wissen fem, und er liebt nichts
anderes, als Fehler in den anderen zu sehen und sie zu verurteilen. Er
sieht in den anderen keine Gaben, sondem nur Măngel. Und in sich
selbst sieht er keine Măngel, sondem nur Gaben. Dies ist wahrlich die
Krankheit, die uns Menschen des Achten Âons' plagt - dass wir die
Gaben der anderen nicht anerkennen. Dem einzelnen Menschen fehlt
vieles, doch die vielen zusammen haben alles. Was der eine hat, fehlt
dem anderen. Wenn wir das anerkennen, werden wir sehr dcmutig.
Dann ehren und verherrlichen wir Gott, Der die Menschen auf
mancherlei Weisen geschmuckt und Ungleichheit gezeigt hat in allen
Seinen Geschopfen. Nicht so wie die Gottlosen meinen, die alles
gleichschalten und Gottes Schopfung auf den Kopf stellen mochten. A?
jfbAAeit Aot Gott o/A?.s'
Deshalb, mein Kind, jetzt, da du noch am Anfang stehst, sieht zu, dass
du dich selbst erkennst, sodass du die Demut zur festen Grundlage
nimmst. Sieh zu, dass du Gehorsam lemst und das Gebet erwirbst. Das
FForr Jos'M.s' CAfAtuv, gr&n'oio D/'c/t wetner werde dir zum Atem. Lass
deinen Geist nicht untătig, damit du nicht Schlechtes lemst. Gestatte dir
nicht, auf die Fehler der anderen zu blicken, denn so wirst du, ohne
' Nach den Heiligen Vătem ist das Achte Aon das Zeitalter, das dem Erscheinen des
Antichrist unmittelbar vorangeht.
i Siehe Ps 103,24.
7/. 7 <?/:/*<? 127
dass du es merkst, zum Mitstreiter des Bosen und kommst nicht voran
in der Tugend. Werde nicht aus Unwissenheit zum Verbiindeten des
Feindes deiner Seeie!
Wir kămpfen nicht mit einem Menschen, den du auf viele Arten
umbringen kannst, sondem mit den Măchten und Fursten der Finstemis.
Und diese werden nicht besiegt mit Lutschbonbons und Kuchen,
sondem mit Stromen von Trănen, mit Seelenschmerz bis zum Tod, mit
tiefster Demut und grosser Gedutd. B)ut muss fiiessen vor Ubcrmudung
im Gebet. Du musst zusammenbrechen vor Erschopfung wochenlang,
ais wărst du emstlich krank. Und du darfst nicht aufgeben, bis die
Dămonen geschlagen sind und weichen. Dann wirst du die Freiheit von
Leidenschaften eriangen.
B/le/ddl
Ţ ^ \e m Menschen am năchsten ist Gott. Keiner ist ihm năher als Gott.
- L / I n /A/?! /e /e r wir :m</ Ren ege/: wi/* ;/r.s/ In Seinen Armen sind wir
allezeit. Deshalb konnen wir mit jedem Atemzug zu Ihm rufen mit
einem inneren Ruf: „Mein Gott, wo bist Du! Eile mir zu helfen, steh
mir bei, behtite mich! O mein Jesus, erbarme Dich!"
Rn'e/ 7^1
Du rufst zu Ihm: „Wo bist du, mein Gott?" Und Er antwortet: „Hier bei
dir bin Ich, mein Kind! Bei dir bin Ich allezeit." Sowoh) innen als auch
aussen, oben und unten, wo immer du dich hinwendest, rufen alle
Dinge: „Gott!" //? /Am /e /e r wir u/Mi Aewugen wir Wir atmen Gott,
wir essen Gott, von Gott sind wir umhullt. Alle Dinge besingen und
segnen Gott. Die ganze Schopfung verkundet mit lauter Stimme Seinen
Lobpreis. Alte beseelten und unbeseelten Geschopfe sprechen auf
wunderbare Weise und verherrlichen den Schopfer. d/ie/* d/em /o /e Jun
//e r r n f
Lies das Alte Testament mit Ehrturcht, und du wirst gottlichen Nektar
des Glaubens und der Liebe daraus gewinnen. In diesem sprach Gott
unmittelbar zu den Menschen, und die Engel lenkten sie.
A A Fillst du das innere Gebet erlangen, dann tu dir Gewalt an, damit
V V du ohne Unterlass das Gebet mit dem Munde sagst. Am Anfang
sag es rasch, damit der Geist' nicht Zeit findet, ablenkende Gedanken
zu forrnen. Achte allein auf die Worte AVer/' ./as'M.s' CArAmy,
D?*c% /m'cA. Wenn man das Gebet tiber eine iange Zeit hinweg mit
dem Munde sagt, gewohnt sich der Geist daran und beginnt es
schliessiich selbst zu sagen. Da wird es fur dich so sfiss, als hăttest du
Honig in deinem Mund, und du willst es immerfort sagen. Wenn du
aufhorst damit, fuhlst du dich sehr betriibt.
Das Gebet soh innerlich gesagt werden. Doch da der Geist am Anfang
nicht daran gewohnt ist, vergisst er, das Gebet zu sagen. Deshalb sagst
du es zuweiien mit dem Mund, zuweilen mit dem Geist. Dies tue, bis
der Geist davon gesăttigt ist und die Gnade zu wirken beginnt inwendig.
Was die Zeit des Gebets angeht: Da du in der Welt lebst und fur
mancheriei zu sorgen hast, bete, wann immer du Zeit fîndest dafur.
Doch tu dir stets Gewalt an, sei nicht nachlăssig.
Gott schenkt seine Gnade je nach der Absicht eines jeden. Wenn einer
das Gebet ohne Reumut sagt, wird entweder das Gebet aufhoren oder
der Betende wird in Tăuschung fallen.
Es geht nicht bloss darum, das Gebet zu sagen, sondem auch darum,
dass du dich vorsiehst. Dass du wachst tiber die Gedanken, sie lenkst
Griech. voâg
130
mit grossem Geschick. Sonst werden sie es sein, die dich ienken, und
am Schiuss wirst du zum Gespott der Dămonen. Ich habe nie eine
Seeie gesehen, die Fortschritte machte im Gebet ohne aufrichtiges
Bekenntnis der verborgenen Gedanken.
Beichte
A'Y Fillst du, mein Kind, den K opf der Schlange zertreten? Bekenne in
W der Beichte aufrichtig deine Gedanken. In der Bosheit der
Gedanken steckt die Kralt des Teufels. Hăltst du sie zuriick? Er
versteckt sich, Bringst du sie ans Licht? Er verschwindet. Und dann
Ireut sich Christus, das Gebet kommt voran, und das Licht der Gnade
heilt und befriedet deinen Geist und dein Herz.
(14tMBn'e/"67)
Die Beichte ist eines der sieben Mysterien unserer Kirche. Ohne
Beichte zăhlt die Reue nicht, und ohne Reue kann keiner gerettet
werden.
Wenn ein Mensch beichtet, wird seine Seeie gereinigt, sodass sie fun-
kelt wie ein Diamant.
Ţehmen wir ein Beispiel: Am Meeresufer ist eine Quelle, die reines
1 i Wasser spendet. Plotzlich entstehen hohe Wellen, und das Meer
triibt mit seinem Wasser unsere kleine Quelle. Nun sieh zu, wie du, so
klug du auch sein magst, das Wasser der Quelle scheidest vom
Meerwasser. Dasselbe geschieht mit dem Geist.
Achte sorglaltig auf das Folgende: Die Dămonen sind Geister. Deshalb
sind sie verwandt mit unserem Geist' und ihm ăhnlich. Der Geist als
Wenn einer dem Trug zum Opfer gefallen ist, besteht die Mdglichkeit,
dass er befreit wird, indem er einem in diesen Dingen Erfahrenen
gehorcht, sodass der Bose die Kontrolle verliert liber ihn. Deshalb răt
und tiberzeugt der Teufel denselben, keinem anderen mehr zu glauben,
keinem anderen je zu gehorchen, sondem von nun an nur seinen
eigenen Gedanken zu folgen und nur auf sein eigenes Urteil zu ver-
trauen. In dieser demutslosen Gesinnung nistet der gewaltige Egoismus,
der luziferische Hochmut der Hăretiker und aller Verblendeten, die
nicht zur Wahrheit zuriickkehren wollen. Moge unser Christus, Der das
wahre Licht ist, einen jeden, der zu Ihm kommen will, erleuchten und
seine Schritte lenken.
Weittiche Gesinnung
Wehe uns, wir sind in der Verbannung und wollen es nicht wahrhaben.
Wir wollen nicht sehen, aus welcher Hohe wir gesturzt sind. Mit
unserem eigenen bosen Willen verstopfen wir unsere Ohren und
verschliessen unsere Augen, machen uns freiwillig blind, damit wir die
Wahrheit nicht sehen mussen. Wehe uns, denn wir halten die Finstemis
hier fur Licht. Um eines vergănglichen Genusses willen, den uns diese
Welt darreicht, meiden wir das Licht von oben, als wăre es Finstemis.
Wir meiden es wegen der kleinen Entbehrung, die der Leib zu ertragen
hat, und verlieren den Frieden von oben. Wehe unserem Elend! Denn
Mt 5,42.
//. Zg/?re 133
Gott rutt uns, Seine Kinder zu werden, doch wir werden Sohne der
Finstem is. Deshalb - selig derjenige, der diese Verbiendung
durchschaut und sich der tltichtigen Genusse enthălt um der kunftigcn
Seiigkeit willen.
(14::y 661
ott ist liberali, und Sein Auge beobachtet jedes Ding, doch Er
v J s i e h t hinweg iiber unsere Siinden, weil Er auf unsere Umkehr
wartet. Wenn wir uns verfehlen, sei es geringfugig oder schwer, so
sieht Er es, weil Er gegenwărtig ist, doch wir sehen Ihn nicht, weil wir
kleine Kinder sind, was die Erkenntnis betrifft. Und wenn Er uns
bestraft, damit wir uns zu Ihm hin wenden, meinen wir, wir litten
ungerechterweise. Doch wenn wir uns emiedrigen, offnen sich die
Augen unserer Seeie und wir erkennen, dass alles, was der Herr tut,
sehr gut ist.
(14 671
Du sagst: 'Alle sind glficklich. Warum sind wir allein traurig?' Dies
zeigt, dass euer Leben Gott wohlgefallig ist. Denn nur dann sendet der
Elerr Betmbnisse, wenn ein Mensch dem gottlichen Willen folgt.
Betriibnisse sind Gnade und ein Geschenk vom Herm. Deshalb bekennt
ihr ungewollt, dass ihr auserwăhlte Kinder Gottes seid. Denn wen Je r
A err /A/v, zMcAAgf Ar <^McA, MnJ Ar ,s'C'/AJgt /EJcr ,S'o/n?, Jen Ar
Deshalb fasst Mut oder vielmehr, freut euch, denn der Herr
liebt euch sehr. Seid nicht mehr traurig.
(14;: ewe gelsAge 7ocA?e;; A'g ew groMe^ t/::g/:'lcA ge&*oA*;; Aa^e ^4w 661
Ich bitte dich instăndig, hor auf meine nichtswfirdige Stimme und wirf
den Kummer von deiner Seeie. Denn ubennăssiger Kummer bringt
andere Ubel hervor. Keiner kennt die Ratschliisse Gottes, niemand
weiss, wie Er wirkt, um uns zu retten. Doch auf welche Weise auch die
Heb 12,6.
134 ./o.s'cpA von //gsycAa.sf
Es kann sein, dass wir ein wenig Hochmut hatten, und durch die
Betrubnis erwerben wir grosse Demut. Vielleicht wiit der Herr uns
prtifen, ob wir Ihm treu bieiben auch nach dem ungiucklichen Ereignis.
Er wili die Geduid sehen, die wir haben, und unsere Liebe zu ihm.
Der Mensch siindigt von Kindheit an: mit seinem Wort, mit dem Biick,
mit dem Denken, durch Einwiiiigung, durch Handein. Doch durch
einen einzigen ptotzlichen Schreck, ein Ungiuck. einen grossen
Schaden, wird ihm all das vergeben und er wird, vom Gias, das er bis
dahin war, zum Diamanten.
Nebst aii diesem kommen die Kummemisse auch durch den Hass des
Teufeis. Wenn er sieht, dass wir gerettet werden woiien, steiit er sich
uns ais Ehndemis und Stein des Anstosses in den Weg, um unsere gute
Absicht zu hintertreiben, uns zur Verzweifiung zu treiben, uns in
Unglauben und Mutiosigkeit zu stiirzen und uns krank zu machen vor
Kummer und Schmerz, sodass wir dahinwelken wie Blumen, die der
Nordwind schtittelt.
Aus aiien diesen Grtinden, die wir angefuhrt haben, empfangen wir
grossen Lohn, wenn wir gedutdig sind.
Verzweifiung
Rn'e/"331
Ţeder Gedanke, der Verzweifiung und schweres Leid bringt, ist vom
J Teufei. Es ist der Dampf der Leidenschaften, und du musst ihn
sogieich vertreiben mit der Hoffnung auf Gott, mit Beichte und mit den
Fiirbitten der Âlteren.
7/. ZeAre 135
Die Gottesmutter
nsere Panagia ist die Mutter des Erbarmens, Quelle der Gutheit.
Ihre Gnade kommt ailem zuvor. Sobaid du deinen Mund ofFnest,
um sie zu rufen, eilt sie schon herbei, wie eine wahre Mutter. Deshaib
zogere nicht, sie jeden Augenbiick zu rufen, und du wirst in ihr eine
uneigenniitzige Heiferin und Ârztin finden in aiien deinen Betrubnissen.
Rufe allezeit zur Gottesmutter, iies die FreM^engrA^e', und sie wird
dich behiiten. Sie wird dich bewahren von aiiem Bosen.
Fn'e/*36)
ebt euren eigenen Willen auf, denn er ist Tod fur die Seele des
v J Menschen. Jeder von euch decke die Fehier des anderen zu, damit
Christus Seinerseits die eurigen zudecke. Denn wenn ihr von eurem
Bruder Recht fordert, findet ihr euch sogleich ais Gegner Gottes, Der
euch Siinder ertrăgt. Jetzt, da Er euch geweckt hat durch Seine Gnade,
wollt ihr euren schwachen Bruder nicht ertragen. Wo also ist eure
Gerechtigkeit? Und was wird geschehen, wenn Christus Seine Gnade
wegnimmt von euch und die zehntausend Taiente fordert, die ihr
schuldet? /m.s7 MM&mAAarer <?M?n'cA/ ew/i/imge/?
Aa.st? UnJ e^g/angen, wa.v AriUtet <?M JicA yeJen 7hg, aA
Sag zu dir selbst: „Wenn du fest stehst, meine Seele, so nur deshaib,
weil die Gnade dich trăgt. Und wenn der Bruder stiirzt, so deshaib, weil
die Gnade nicht da ist." Deshaib, danke Gott und eigne dir nicht
fremdes Gut an, als wăre es deins. Sonst wird Gott Seine Gnade
wegnehmen und sie jenem geben, sodass du nun stiirzt, indes dein
Năchster aufsteht. Da wirst du deinen Fehier einsehen, doch zu spat.
Wenn jemand von euch nach Gerechtigkeit strebt, so wisse er, dass sie
hierin besteht: die Last deines Bruders zu tragen bis zu deinem ietzten
Atemzug und deinem geistigen Vater vollkommenen Gehorsam zu
leisten. Denn nur mit der Liebe wird der Schwache aufgebaut.
Wie nun wurde der Mensch erschafîen? Gott nahm Erde, das niedrigste
aller Materialien, damit er stets demutig sei. Es gibt nichts demutigeres
als die Erde. Er entwarf das kleine irdene Hăuschen, und indem Er ihm
Seinen Atem einblies, schuf Er die Seele des M enschen... Wie in vier
Wănde aus Lehm mithin setzte Er die gdttliche Einblasung, setzte Er
Seinen gottlichen Atem.
O himmlische Erhabenheit! O wie gross ist die Herrlichkeit und Ehre
des Menschen! Er ist niedriger Lehm, doch er ist auch gottlicher Atem!
Der Augenblick wird kommen, da er sich verăndem wird. Erc/g /v'.s/
MnJ ZM/* EA/g u-h*.s7 z;;/'MgAkg/u'g7t' Das Wort unseres Schopfers wird
sich erfullen. Doch die gottliche Einblasung, der gottliche Atem, was
wird daraus? So wie die Erde zur Erde zuruckkehrt, so wird auch die
Seele, die die Einblasung Gottes ist, zuruckkehren zu Gott. Ja, doch wie?
Als sie ausging von Gott, war sie der wohlduftende Atem Gottes, doch
jetzt, ist sie es noch? Nein, sie ist es nicht. Was also wird geschehen?
Reinigung tut not, Trănen, Trauer, Schmerz, denn du hast deinen so
guten und wohltătigen Gottvater betrilbt, Ihn, Der dich, den Lehm, so
sehr verherrlicht hat, dir Seinen gottlichen Atem geschenkt hat. Die
Werke der UmkehE werden dich, mit Seiner Gnade, rein machen.
Weine daher und trauere, damit Er dich wieder zuruckbringe in den
ersten Zustand.
Und wenn du weinst mit hcftigcm Seelenschmerz, weil du dich gegen
Gott versundigt hast und Ihn betriibtest, wird dich nach den Trănen
Trost und Wohlwollen bedecken. Dann wird sich die Tur oftnen zum
Gebet.
Ich habe einen Menschen gesehen, der weinte und seine Trănen
zuruckhalten wollte, weil jemand vorbeiging, und er vermochte es
nicht. Denn sie stromten mit grosser Heftigkeit, so als hătte ihn jemand
todlich verwundet.
Wenn das Gebet mit Schmerz gesagt wird, bringt es die Trauer hervor.
Die Trauer bringt die Trănen hervor. Die Trănen wiederum bringen ein
reineres Gebet hervor. Denn die Trănen, wie wohlduftendes Myron,
entfemen den Schmutz, und so wird Gottes Atem rein, der wie eine
Taube eingeschlossen ist in den vier Wănden, gleichsam wie in den
vier Elementen... Und da, sobald die Wănde sich auflosen und zusam-
menbrechen, entfliegt die Taube sogleich zum Vater, aus Dem sie
gekommen war.
^4 ^r;'e/*d3)
Wir sagten, dass wir Gottes Atem sind. Da wir Vcrwandtschaft haben
mit Gott und da Gott uberall gegenwărtig ist, sind wir Gott abezeit
nahe. Wir sind Seine Kinder. Und da wir die Wurde sehen, die Er uns
geschenkt hat, die Wurde nămhch, Sein Atem zu sein, mussen wir sorg-
faltig darauf achten, Ihn nicht zu betruben. 7cA erbh'cAte Jen /Ve/vvv, E r
At ZM Warner EecAten, rA/wA icA ntcAt wo/Ae.'
Da wir unseren GeisF, unser Herz und unseren Leib befieckt haben
durch Worte, Taten und Gedanken, haben wir nun keinen Freimut vor
Gott. Wir haben kein AocAzAA'cAas' G ew anJk Deshalb mussen wir uns
reinigen - mit Beichte, mit Trănen, mit Seeienschmerz und aliem voran
mit dem Gebet, das den Menschen lăutert und voUkommen machtd Das
Gewand, von dem wir horen in der Grossen Woche, „Ich sehe Dein
Brautgemach wohlgeschmuckt, o Du mein Retter, doch ich habe kein
Gewand, sodass ich eintreten kdnntc", ist die Gnade Gottes, die durch
das schmerzensreiche reine Gebet erlangt wird.
Zuerst betet der Mensch mit der Einfachheit, die er am Anfang hat,
unter Vergiessen vieler Trănen. AII das kommt von der Gnade Gottes,
die als Gnade der Lăuterung bezeichnet wird und die den Menschen
kăngt wie mit einer Fischangel und ihn zur Umkehr fuhrt. Denn es ist
unser Gott, Der gut ist in aliem und gegen alle, Der uns findet. Er sieht
uns. Er lădt uns ein. Er zuerst gibt Sich uns zu erkennen. Danach, wenn
Er uns mit dem Myron Seines gottlichen Erbarmens salbt, erkennen
auch wir Ihn. Deshalb ist der Sinneswandel, die reumutige Trauer, das
Weinen und alles, was dem Bereuenden geschieht, der gottlichen
Gnade zu verdanken.
Es gibt kein gutes Ding, das nicht von Gott kommt, ebenso wie es kein
schlechtes Ding gibt, das nicht vom Teufel kommt. Deshalb lass in dir
niemals den Gedanken aufkommen, dass du etwas Gutes getan hast
ohne Gott. Denn sobald du solches denkst, zieht sich die Gnade
sogleich zuruck, und du wirst ratios sein, damit du deine Schwăche
kennenlemst, damit du das erkenne <A'cA .s*e/A.s't iemst.
Damit einer die Schwăche seinei* Natur erkennt, muss er vieien und
grosse Versuchungen begegnen. Und durch die vieien Priifungen wird
er gedemiitigt und erlangt die wahre Demut. Doch das braucht Zeit.
Demut besteht nicht in blossen Worten, indem wir sagen, „ich bin ein
Stinder" usw. Demut ist die Wahrheit. Dass einer erkennt, dass er nichts
ist. Nichts ist das, was war, bevor Gott die Schoptung schuf, das heisst:
nichts. Dieses Nichts also ist das, was wir sind. Deine Wurzel, dein
Dasein beginnt aus dem Nichts, und deine Mutter ist der Lehm, doch
dein Schopfer ist Gott. HAs* Aa-sA nfa, Ja m'cAt aia/i/aagea AaAasA?...
Gott erkennen heisst Gott schauen, denn es ist die geistige Erkenntnis,
die Gott kennt, nicht die natiirliche Erkenntnis. Natiirliche Erkenntnis
ist das Unterscheiden zwischen Gut und Bose, und alle Menschen
haben sie, doch die geistige Erkenntnis kommt von der geistigen
Arbeit, zusammen mit dem „erkenne dich selbst". AH dies geschieht
uns aus der Gnade Gottes, mittels des Gebets. Die Gnade Gottes wird
im Geiste geschaut und vom Geist sptirbar erfahren^ einzig und aliem
zur Stunde des Gebets.
Eahrlich, mein Kind, hătte ich selbst alle Zungen der Menschen
W seit Adam als Helfer, scheint es mir doch unmoglich, die gottiiche
Liebe in wiirdiger Weise zu lobpreisen. Und was sage ich „in wiirdiger
Weise"! Eine sterbliche Zunge ist gănzlich ausserstande, auch nur im
Viele tugendreiche Menschen der heutigen Zeit, die ein gutes Leben
fuhren und Gott wohlgefăllig sind mit ihren Werken und Worten und
ihrem Năchsten Gutes tun, glauben, dass sie durch das kleine Werk der
B annherzigkeit und des M itgefuhls, das sie fur den Năchsten
empfinden, die Liebe erreicht haben (und werden betrachtet als solche,
die sie erreicht haben). Doch die Wahrheit ist anders. Gewiss halten sie
das Gebot der Năchstenliebe, das uns der Herr gegeben hat, als Er
sagte: e/nmM/e/i' Und wer dies tut, verdient Lob als Erfuller der
gottlichen Gebote. Doch dies ist nicht eine Wirkung der gottlichen
Liebe. Es ist der Weg zur Quelle, doch nicht die Quelle seibst. Es sind
Stufen zum Palast des Konigs, doch nicht die Tur. Es ist ein konigliches
Gewand, doch nicht der Konig seibst. Es ist Gottes Gebot, doch nicht
Gott seibst.
Deshalb, wer liber die Liebe sprechen will, muss das Mysterium der
Liebe in lebendiger Erfahrung bewusst gekostet haben, und dann, wenn
es die Quelle der Liebe, der susse Jesus, erlaubt, kann er von der Frucht,
die er empfangen hat, weitergeben an den Năchsten, und dieser wird
mit Sicherheit grossen Nutzen empfangen davon. Es besteht nămlich
sonst grosse Gefahr, dass wir Falsches reden und in Unwissenheit
denken und uns einbilden, zu kennen, was wir nicht kennen.
So wisse denn mit Genauigkeit, mein Kind: ein Ding ist das Erfullen
des Gebots der Liebe durch Werke der Năchstenliebe, und ein anderes
ist das Wirken der gottlichen Liebe. Das erste ist allen Menschen mog-
lich, wenn sie es wollen und sich Gewalt antun, doch das zweite ist es
nicht. Die gottliche Liebe erwăchst nicht aus Werken, noch auch hăngt
sie ab von unserem Wollen - ob, wie und wann wir wollen. Sondern sie
hăngt ab von der Quelle der Liebe, unserem geliebtesten Jesus, Der sie
uns schenkt, wenn Er es will, wie Er will und wann Er will.
Joh 13,34.
7/. LeAre 141
Wenn wir in Einfachheit wandeln, die Gebote halten und geduldig und
beharriich die gdttliche Liebe suchen unter Schmerz und Trănen, indem
wir Jethros Schafe wie Moses mit Sorgfalt hliten' - das heisst die guten
und geistigen Bewegungen und Betrachtungen des Geistes bewahren
wăhrend der Hitze des Tages und wăhrend der Kălte der Nacht unaus-
gesetzter Kămpfe und Versuchungen, indem wir uns Gewalt antun und
uns seibst in Demut niedertreten werden wir der Gottesschau
gewtirdigt werden und den Dombusch erblicken, der vom gottlichen
Feuer der Liebe brennt und doch nicht verbrennt. Und da wir uns
năhem durch das innere Gebet, vemehmen wir die gdttliche Stimme,
die im M ysterion des mystischen Wissens spricht: Lolre Je/'ue
&y//&de/7 von Je/non F u ^ o n /d a s heisst, leg ab jeden Eigenwiilen und
jede Sorge des gegenwărtigen Âons und jede kindische Gesinnung und
unterordne dich dem Heiligen Geist und Seinem Heiligen Willen, Jonn
<W/* Ort, un Je/n &/ ,s'tc/!.st, /'.st Z/e/V/gP
Und nachdem er sich geiost hat von aiiem, wird ihm der Schutz des
Volkes anvertraut, und er lăsst liber den Pharaoh Plagen kommen - das
heisst, er empfangt die Unterscheidung und die Herrschaft kraft der
gottlichen Gnadengaben und den Sieg liber die Dămonen. Danach
empfangt er die gottlichen Gesetze, nicht wie Moses die auf Steintafeln
geschriebenen, die verderben und zerbrechen, sondem die durch gott
liche Einmeisselungen des Heiligen Geistes in unseren Herzen wirken-
den. Und nicht nur zehn Gebote, sondem soviele, wie unser Geist zu
fassen vermag, gemăss der Erkenntnis und der Natur. Danach tritt er
ein in das, was /unfer Jezn fbU/ung //'cgtd
Und wie die gdttliche Wolke herabkommt als Feuersăule der Liebe,
wird auch er ganz Feuer, und da er es nicht ertrăgt, ruft die gdttliche
Energie der Liebe zur Quelle der Liebe vermittcis menschlicher Lippen:
1%/* vurn/dcAte /mcA zu tre/zne// von Defner .s/'/'.s.sc// L/'cbc, o Jc.su.s
Und als das leise Lliftchen stărker zu wehen begann - ob tw Le/'b oJer
uu.s'.scr/m/b, Gott u'e/'.s.s a s / ob in der Hlitte oder in den Luften, Gott
weiss es - , sah jener, der es sah, nur dieses: dass er ganz Feuer
geworden war mit dem Feuer, sodass er, Trănen der Liebe vergiessend,
in Verwunderung und Erstaunen rief: „Hat! an, o siisse Liebe, die
Strome Deiner Gnade, denn der Zusammenhalt meiner Glieder ist
zerftossen!" Und wăhrend er dies spricht und der Wind des gottlichen
Geistes weht mit Seinem wundersamen und unaussprechiichen Duft,
stehen alie seine Sinne stiil, keiner kdrperlichen Regung mehr fahig.
Und gefangen ganz und gar, in Schweigen versunken, vermag er nur
noch den Reichtum der Herrlichkeit Gottes zu bewundern, bis die
Woike vorribergegangen ist.
Und er verharrt wie einer, der den Verstand verloren hat,
ausser sich, wie trunken von W ein...
Die Fiille alles Guten und die Vollendung aller Dinge ist Gott, Er, Der
gut ist, barmhcrzig, ailerbarmend, durch Den alles geworden ist aus
dem Nichtsein und ohne Den auch nicht ein einziges Ding geworden
ist. Ihm deshalb gebtihrt alle Herrlichkeit, Liebe, Ehre, Anbetung,
Verehrung, zusammen mit Seinem geliebten Sohn, unserem
allersirssesten Retter, Jesus Christus, und Seinem Allheiligen und
Guten und Lebenspendenden Geist, jetzt und immerdar und in die
endlosen Ewen der nimmer endenden Ewen. Amen.
143
A jjr v x r r e R J u s n N
VON
C e u j e
(1894-1979)
(Popow'c) von Ce/f/'e
[47
Kapitel 5
^ L T V ^ T O R J U S T !N V O N C e H J O
Ţ I 'in Mann trat auf, von Gott gesandt, sein Name war Justin."'
yMit diesen Worten charakterisierte ein athonitischer Gerontas
den Altvater von Celije, den Aitvater Serbiens, diesen „Mund der
Orthodoxie" und Kirchenvater unserer Tage.
Von Natur aus Phiiosoph, war er es im wahrsten Sinne. Seine
Philosophie war nicht menschiicher Art. A uf Grund seines Lebens der
Hingebung an Christus und Seine Kirche, der Askese und des Gebets,
des Ringens um die heiligen Tugenden des Evangeiiums, hatte ihn die
gottliche Gnade zur „wahren Philosophie des Heiligen Geistes" gefuhrt.
Er war Theologe und anerkanntermassen einer der grossten unserer
Zeit, doch kein Scholastiker, kein Raţionalist. Vielmehr suchte er „die
zeitgenossische orthodoxe Theologie zu befreien von den fremden
Einflussen der Scholastik und des Rationalismus des Westens und sie
zuruckzufuhren zu den reinen Quellen der echten patristischen
Theologie."^ Diese Quellen sind die Heilige Schrift und die lebendige
Gotteserfahrung der Heiligen Văter. „Eine der grossen Botschaften von
Vater Justin in unseren Tagen ist dies - Dogma und Erfahrung sind
nicht zwei voneinander geschiedene Dinge, sondem ein- und dasselbe,
denn das Dogma druckt die geistige Erfahrung aus, und die geistige
Erfahrung artikuliert sich als Dogma der Kirche.
Er war Liturge, aus ganzer Seele und reinen Herzens hingegeben an
das Geschehen der Gdttlichen Liturgie.
Er war Pădagoge, einer, fur den Erziehung und Bildung noch ihren
eigentlichen Sinn bewahrten, nămlich Hinfuhrung zu sein zum wahren
Leben, zum Leben in Christus, durch die heiligen Tugenden des
Evangeliums.
Er war auch Dichter, und seine Schriff „Das Reh des veriorenen
Paradicscs'" gehort zu den schonsten Werken der serbischen Literatur.
Selbst in der Theoiogie bediente er sich nicht einer trockenen,
seelenlosen Sprache. Seine dreibăndige Dogmatik, die er bezeichnen-
derweise betitelte mit „Orthodoxe Philosophie der Wahrheit", gehort
zusammen mit seinen anderen Werken zum inspiriertcn poetischen
Schrifttum der Orthodoxen Kirche.
„Vater Justin war und bleibt eine aussergewohnliche Pcrsonlichkcit",
sagte Metropolit Amfilochije von Montenegro, einer seiner geistigen
Sohne, „und dieser aussergewohnliche Charakter zeigt sich in seinem
ganzen Leben und seinem ganzen Werk... Wo immer er lebte und wirkte,
begannen stagnierende Siimpfe sich zu ruhrcn. Seine unerschutterliche
Haltung und seine feurige Natur wiihlten das Meer des grauen Alltags
auf..."^
„Er ubersttomte von Leben und Bcwcgung", sagt ein anderer seiner
geistigen Sohne, Bischof Irinej Bulovic von Backa. Er schildert seine
erste Begegnung, als junger Student, mit dem Altvater, den er bisher
nur aus dessen Schriften kannte, foigendermassen: „Der Altvater war
noch beeindmckender als in seinen Schriften zutage trat. Wenn er die
Gottliche Liturgie zelebrierte, wenn er von Christus sprach oder riber
irgendein Thema unseres Glaubens, wurde er zur Gănze ergriffen, in
seinem ganzen Wesen. Er war ein geistiger Vulkan! Dabei war das
Feurige seiner Rede stets verbunden mit tiefster Demut und Liebe.
Diese Verbindung mag seltsam und unglaubhaft erscheinen, doch in
der Person von Altvater Justin war sie Wirklichkeit."^
Er war innig vertraut mit der Problematik und dem Denken des
Westens, die er eingehend studiert hatte. „Wie keiner von uns - Bischof
Nikolaj, sein Lehrer, ausgenommen - erkannte er, dass die ganze
europăische Kultur in eine furchtbare Sackgasse fuhrt, weil sie aus
diesem Universum, aus dem menschlichen Herzen und Geist, aus der
Kultur und der Ccscllschaft der Menschen ihren einzigen Herrn und
Retter veilreibt, den Gottlichen Logos... Er spiirte die schreckiiche
Gefahr, die iiber der ganzen europăischen Zivilisation schwebt infoige
dieser Verwerfung des Gottmenschen, und betonte unabiăssig, vom
Anfang seines Wirkens bis zu seinem Ende, die zentrale Bedeutung der
Person Christi fur die Geschichte, fur den M enschen, in der
Vergangenheit, in der Gegenwart und in der Zukunft... Wenn Vater
Justin iiber diese Dinge sprach, hatte er ganz Europa vor seinen Augen,
die ganze zeitgenossische Welt."'
Was er ihr sagt, ist von so grundlegender Bedeutung in unserer Zeit
totalei* Desorientierung und wachsender Umnachtung des menschlichen
Geistes liberali in der Welt, dass er fur die gottesfurchtigen Christen in
Wahrheit ein Bote Gottes ist. Denn „er sprach nicht als Einzelperson,
sondem als Mund der Kirche'V
„Zu allen Zeiten", sagt Metropolit Amfilochije, „hatten wir solche
leuchtende Gestalten, die die Kirche und die Seelen stărkten, und so
haben wir sie auch heute. Zum Gliick, denn unsere Epoche hat sich wie
kaum eine andere zuvor entfemt von der Erfahrung Gottes und dieselbe
ersetzt durch die Erfahrung der Welt. Deshalb haben wir mehr denn je
solche Personen notig, die Gott erfahren, damit sie uns fuhren konnen...
Wenn heute viele junge Menschen in Serbien zuriickkehren zur Kirche,
so ist das dem Wirken von Vater Justin Popovic zu verdanken."^
î. - Leben
7. MHt/ JMg^H(/
vom Atem der ewigen Wahrheit des Damaszeners: A*/? /u'u r/uv
D eiuer uuuuyspuecA/ic/teu TTeuu/icA^eA...".
Die andere Quelie geistiger Biidung des jungen Biagoje war die
Heilige Schrift. Vom Alter von 14 Jahren an las er tăglich drei Kapitel
des Neuen Testaments, und diese Regel bewahrte er bis ans Ende
seines Lebens.
2. /a 7/9ti5-/9/47 -
Z?e*gcguu/t,g ;n% r/c/u /:/. A/Au/u/ vou Zid# uur/ DcArA/
Mit elf Jahren trat er 1905 in die Kirchliche Schule des HI. Sava in
Belgrad ein, wo er als Lehrer den hl. Nikolaj (Velimirovic) hatte, den
nachmaligen Bischof von Zică und Ochrid, damals noch Priester-
m onch.' Diese grosse G estalt der
Kirche Serbiens und der Orthodoxie
uberhaupt, der,, serbische Chrysosto-
mos", wie man ihn nennt, wurde der
geistige Vater des jungen Biagoje und
offhete ihm neue Horizonte des Lebens
in Christus. So begann zwischen diesen
beiden Dienem des Herm eine enge
geistige Verbindung, die ihr ganzes
Leben wăhren und selbst den Tod tiber-
dauem solite. Beide fanden die Ant-
worten auf die brennenden Probleme
unserer Zeit in der Heiligen Schrift, bei
den Hl. Vătem der Kirche und im Leben
der Heiligen, der „gelebten Bibel",
dem „fleischgewordenen Dogma". Der
hl. Nikolaj forderte in Biagoje den
Wunsch, Monch zu werden, und als A/. A%oiu/ voH Zz'cu Mu7 OcAWJ
dieser 1914 sein neunjăhriges Studium
an der Schule des Hl. Sava abschloss, hatte er nur einen einzigen
Wunsch: u//e 7uge .seiuas* Ze6gu.s' iu? Auu.se Je.s Aeruu zu wo/tueu, u/u
<7ie ,Se/ig/fe?7 <7ex /Ye?vu zu .scAuueu uuri eiuzuireieu iu <$*eiu Aeiiigtu???
(Ps 26,4).
Nachdem er schon ab 1985 loka! verehrt wurde, hat ihn die Kirche von Serbien im
Jahr 2003 offizielt kanonisiert. Fest am 5. Mărz.
152 w?: Ce/l/'e
' Im Oktober 1915 waren die Mittelmăchte (Osterreicher, Deutsche und Bulgaren) in
Serbien eingefallen und hatten Belgrad erobert. Im November 1915 gewannen sie
die Schlacht in Kossovo und im Dezember eroberten sie Montenegro. Dies gab den
Anlass zum serbischen Ruckzug in das neutrale Ftirstentum Albanien, das dann im
Januar 1916 ebenfalls besetzt wurde.
7. Le&ew t53
Heiligen wie Seraphim von Sarow, Sergij von Radonesh, Johannes von
Kionstadt u.a., fur die er zeitiebens tiefe Verehrung empfand, ebenso
wie fur die spăteren Neumartyrer, insbesondere den hi. Patriarchen
Tychon, der zur Zeit von Vr. Justins Russiand-Aufenthait noch Bischof
von farosiawl war.
Die vorrevohitionăren W inen in Russland veraniassten Vr. Justin
schon im Juni t9 t6 , nach England zuriickzukehren. Sein geistiger
Vater, der hl. Nikoiaj, ienkte ihn nach Oxford, wo er, nach der notigen
sprachiichen Vorbereitung, bis Mai 1919 studierte. Ein Stipendium der
britischen Regierung lehnte er ab, um seine Freiheit zu bewahren, und
finanzierte seine Studien durch Arbeit in einer Fabrik in Birmingham.
Seine Abschlussarbeit widmete er der „Philosophie und Religion von
F.M. Dostojewski". Sie wurde jedoch von den englischen Professoren
abgelehnt, weil er sich weigerte, die von diesen geforderten Abstriche
an seiner Kritik des westlichen Humanismus und des Anthropozentris-
mus des abendlăndischen Christentums vorzunehmen. Diese Kritik
richtete sich nicht gegen Gelehrtheit und Wissenschaff als solche,
sondern gegen die verhăngnisvolle Verkfirzung ihrer Perspektiven
durch den (auf die vorchristliche Philosophie zuruckgehenden)
westlichen Rationalismus, der den Menschen und seine begrenzte
Vemunft als Mass aller Dinge nimmt und ihm damit selbst zur Falie
wird, indem er ihn - durch all die mannigfachen Âusserungen einer auf
diesen Prămissen basierenden Kultur - gleichsam wie in einen Kăfig
einspent in sich selbst, in diese vordergrtindige Welt allein, in dieses
irdische Dasein allein, sodass er geistig erstickt. Dem aliem stellte Vr.
Justin die orthodoxe Sicht des Menschen als goR/z/e/McAt/cAe-s' Rb.se/?
gegentiber, von Gott als solches gewollt und erschaffen zur
U nsterblichkeit hin, das seinen Sinn, seine Wurde und seine
Bestimmung allein im Gottmenschen Christus hat und finden kann -
nicht durch Denken, Spekulieren und Schlussfolgem, sondem durch
ein Feben gemăss dem Evangelium, die Erfahrung Gottes in der
Askese und ohne Ihn zwangslăutig ein Nichtwesen ist und bleiben
muss.
Vr. Justin fand sich mit der Zumckweisung seiner Dissertation ab
und verliess England im Friihjahr 1919, ohne den Doktortitel erhalten
zu haben. Sein Leben lang solite er dieser Elaltung der wahren Jtinger
Christi treu bleiben - eher personlichen Nachteil und Schaden
hinnehmen als Verrat begehen an der Wahrheit der Kirche Christi, zum
billigen Lohn des Beifalls der Welt.
154 A/ivatgr./M,s/;'H vow C e /p e
5. (7e/'.si/ge 77A//////e
Alle jene Jahre waren Rir den Monch Justin eine Zeit intensiver
geistiger Kămpfe. Mit seinem ganzen Wesen, unter Schmerzen, strebte
er hin zu Gott. Damals schrieb er in sein Tagebuch: „Was bedarf ich der
Augen, in dieser siindigen Welt, wenn sie nicht weinen? Die Seele, was
bedarf ich ihrer, wenn sie nicht Christus gehort? Ohne Ihn ist sie
verdammt zur Hoile. Was ist die Hoile? Der Oi*t, wo der Herr Jesus
Christus nicht ist." Und in einem Brief: „Meine Augen gehoren nicht
mir, sondem Christus, deshaib mussen sie dem Herm dienen! Meine
Ohren, mein Leib, mein Bewusstsein, meine Seele, meine Gedanken,
mein Ftihlen, alle gehoren nicht mir, sondem dem Herm allein. Deshaib
mussen sie dem Herm dienen! Ohne Tod gibt es keine Auferstehung."'
Er fastete streng, durchwachte seine Năchte im Gebet und machte
Tausende von Metanien. Durch diese harten Kămpfe wurde er einer der
grossen Asketen seiner Zeit, den heiligen Vătem der Vergangenheit
ebenburtig, die sich mit ihrem ganzen Sein dem Gottmenschen Christus
hingaben.
lieben. Die Liebe zu Christus, die reine, unverfălschte, das war es, was
uns mit unserem Lehrer verband, und fur vide von uns wurde er zum
wahren Vater im Geiste."' Durch sein Vorbild und das ununterbrochene
Gebet lehrte er sie die oilhodoxe Lebensweise, das Leben der Askese
und der heiligen Tugenden.
Bereits 1920, wăhrend eines
Besuchs in der Heimat, war Vater
Justin zum Hierodiakon geweiht
worden. Im August 1922 weihte ihn
Patriarch Dimitrije zum Priester.
Schon als Diakon hatte er sein
Leben ganz auf die Liturgie ausge-
richtet. Noch in Griechenland uber-
setzte er die Gottliche Liturgie des
hl. Johannes Chrysostomos aus dem
Griechischen ins Serbische, in einer
wunderbaren poetischen Sprache,
und druckte sie 1922 in Karlovats.
Bis ans Ende seines Lebens zele-
brierte er die Liturgie unermlidlich
und mit tiefster Ergriffenheit. „Er
weinte oft wăhrend der ganzen
Dauer der Liturgie", sagt Metropolit
Amfilochije, „doch das bemerkten
nur jene, die im A llerheiligsten
waren, denn er sprach ruhig und langsam und schluckte seine Trănen
hinunter. Jene Trănen der Ergriffenheit waren eines der bedeutsamsten
Merkmale des Altvaters."^
Wann und wo immer er zelebrierte, predigte er auch. Seine Homilien
bewegten die Seelen der Glăubigen zutiefst, und deshalb wurde er an
viele Orte gerufen, als Liturge und Prediger und auch als Redner. Er
zelebrierte und sprach praktisch im ganzen Land. Als geistiger Vater
fuhrte er zahlreiche Seelen auf dem P /hJ. Sehr bald
versammelten sich viele Menschen um ihn, nicht nur seine Schuler
vom Seminar, sondem auch Glăubige aus allen Schichten des Volkes,
darunter sehr viele Junge. Mit besonderer Liebe stand er auch den
frommen bei, den Mitgliedern jener Gebetsbewegung, die
nach dem 1. Weltkrieg in Serbien entstanden war und spăter vom hi.
Nikoiaj unter die Fittiche genommen wurde, sodass sie sich zu einer
positiven Kraft geistiger Erneuerung entwickelte.
In jenen Jahren trat er auch in engen Kontakt mit mehreren russi-
schen Hierarchen, die vor den Bolschewiken nach Serbien gefiohen
waren, insbesondere mit dem Metropoiiten Antonij (Khrapovitski) von
Kiew' und Erzbischof Anastasij von Kishinjew.
' Er solite der erste Hierarch der Russischen Kirche im Ausland werden.
^ 77;e Siehe Bibliographie am Kapitelende.
^ Originaltitel: CrAi^e. Siehe Bibliographie am Kapitelende.
" Siehe Bibliographe am Kapitelende.
158 JM-sEn wn Ce/pe
eines Schulleiters aus Belgrad, der an der Schule eine der orthodoxen
Tradition vollig zuwiderlaufende Linie einfuhrte, brachte neue
Konftikte.
&Z , G n / r c r s i t r i t f7935-79459
Wie ein biblischer Prophet und Hirte der Kirche verfolgte er das
Schicksal seines Volkes mit grosser Autmerksamkeit, ohne sich in die
politischen Wirren zu mischen, doch indem er unerschrocken sein
Urteil abgab. So bekămpfte er, zusammen mit dem hi. Nikoiaj, das
Konkordat, das der Vatikan dem bedrăngten Jugoslawien aufzwingen
woiite und das den romischen Kathoiizismus zur Staatsreligion des
Konigsreichs gemacht hătte.
Kurz vor Kriegsausbruch hatte er eine Vision des gekreuzigten
Christus, die ihm die bevorstehenden Leiden seines Voikes ankundigte,
die Besetzung des Landes durch die Nazis und den Genozid an den
Serben Kroaticns'. Ais diese schmerziichen Ereignisse eintraten, wirkte
er mit am Protest der Kirche Serbiens. Nach der Schiiessung der
Theoiogischen Fakultăt in Belgrad durch die Nazis zog er sich in ein
Kioster zuriick, wo er den grossten Teii der Besatzungszeit im Gebet
und Fasten tur die Weit sowie im Schrittstudium verbrachte.
' Zur Zeit des 2. Weltkriegs wurden in Kroatien im Zug systematischer Vemichtungs-
aktionen seitens der katholischen Ustashis und der Nazis rund 700 000 orthodoxe
Serben getotet. 250 000 weitere wurden deportiert und 240 000 zum Kathoiizismus
zwangsbekehrt.
' Apg 5,29.
i. 16 !
7 A D er tw : Gc/ţye (794^-7979)
' Bischof Nikoiaj war nach seiner Befreiung aus Dachau in die USA gegangen und
setzte sein Werk in der serbischen Diaspora in der Neuen Welt fort.
162 Jn.s'fM w n Ce/l/e
aus Serbien als auch aus dem Ausland nach Celije stromten, um den
heiligen Bekenner und Asketen zu konsultieren und ihn predigen zu
horen. Auch das einfache Volk der Umgebung kam mit grossem Eifer
zur Liturgie, die der Altvater tăglich zelebrierte.
7. 7e7en 163
Als sich in den 1960er Jahren auch unter gewissen Orthodoxen der
Zeitgeist des Relativismus und der Nivellierung in Glaubensfragen
breitzumachen begann und einige im Namen einer falsch verstandenen
oder auch bloss zum Vorwand genommenen christlichen Liebe soweit
gingen, die Heilige Apostolische Tradition der Orthodoxie und ihre
Glaubenswahrheit selbst zu relativieren, erhob Altvater Justin die
Stimme des Gewissens der Kirche und appellierte an die Verantwort-
lichen, um sie zur Besonnenheit und Aufrichtigkeit zu ermahnen.
Im Bewusstsein der 71'g/e und der Cdnge Mnd Rrede des
Mysteriums der Kirche empfand er mit grossem Schmerz die vielge-
staltige Apostasie unserer Epoche und verurteilte mit seiner gewohnten
Furchtlosigkeit und Offenheit den Okumenismus protestantischer Her-
kunlt - die PnnMrasde, wie er ihn nannte, weil er alle anderen vorher-
gehenden Hăresien rckapitutiert der auf einer der Orthodoxie vollig
fremden Ekklesiologie beruht. Die Kirche Christi, betonte er, ist wie
Christus selbst ewig unteilbar und ungeteilt. Im Laufe der Zeiten sind
manche abgefallen von ihr, wie die Reben im Gleichnis des Herrn (Joh
15, 1-8), und der einzige Weg zur Wiedervereinigung mit ihr ist
aufrichtiger Sinneswandel, /Wcdmo/d, die Ruckkehr zur Wahrheit des
Gottmenschen, denn <7A udrd eMcAyheduacAen (Joh 8,32).'
Beseelt von einer unverbmchlichen Liebe zum ewigen Wesen des
Menschen, liess er nicht ab, mit eindringlichen Worten klarzumachen,
dass der Mensch seine gottgewollte Bestimmung, die Losung von sei
ner durch die Sunde bewirkten Verhaftung im Endlichen und die
Verwirklichung seiner Unvergănglichkeit, seiner Gottebenbildlichkeit,
niemals erlangen kann durch menschliche Ideologien, wie klug auch
immer, sondem allein durch die ewige gottliche Wahrheit selbst, den
Gottmenschen Jesus Christus - vom Menschen empfangen, erfahren,
erlitten und erkannt im Heiligen Geist in Seiner Kirche, die keine
menschliche Organisation ist, sondem ein lebendiger gottmenschlicher
Organismus, Christus Selbst, „die Seele seiner Seele, das Herz seines
Herzens".
Deshalb ist das zentrale Problem des modemen Menschen westlicher
Prăgung seine „Entkirchtichung", bewirkt durch den Verlust des Sinns
' O rtodox CAMrcA and EcMwenMm, Kapitel TAe CĂaracterMdc^ o/*tAe CAarcA,
S. 47 tf. Lazarica Press, Birmingham 2000.
164 4 /tv a te r WH C e /ye
fur das Mysterium der Rirchc - das eigentliche Mysterium des christ-
lichen Glaubens als Folgc seiner Selbsttiberhebung, die ihn zwingt,
einen „Christus" oder Ersatzgott nach seinem eigenen menschlichen
Mass ausserhalb Seiner Kirche zu suchen, mit dem Ergebnis, dass er
sich letztlich seibst zum „Gott" macht und schamios seine eigene
Unfehlbarkeit crkiărt.
Der einzige Ausweg aus dieser fatalen Sackgasse ist die Umkehr, die
Rtickkehr zum einzigen Erioser, zum Gottmenschen Jesus Christus,
„dem immerdar Leben Spendenden und Wunder Wirkenden, dem ein
zigen Freund der Menschen in allen Welten."'
Dieser Aufruf zur Rtickkehr zur Wahrheit Christi ist der Grundton
des gesamten Wirkens und schriftstelierischen Werks von Aitvater
Justin. In Celije voilendete er seine dreibăndige Dogmatik mit dem
dritten Bând, welcher der Ekkiesiologie gewidmet ist, das heisst der
orthodoxen Lehre von der Kirche. Hier entstanden zwischen 1954 und
1962 auch die 12 Bande der t7er Ffet/tgenk die er aus
verschiedenen Quellen zusammentrug und ins Serbische tibersetzte.
Femer schrieb oder tibersetzte er eine Reihe von Gebetsbtichem und
iiturgischen Texten. Insgesamt fullt sein vielseitiges Werk mehr als 40
Bande, von denen seibst heute noch nicht alle verdlîentlicht und die
wenigsten tibersetzt sind. Eines der
charakteristischen Merkmale dieses
Werks ist seine wunderbare, vom
Heiligen Geist durchwehte Sprache,
die sich nicht im Abstrakten verliert,
sondem zur Seele und zum Herzen
des lebendigen M enschen spricht.
In der Tat, obwohl Aitvater Justin
ein hochgebildeter Theologe und
Dogmatiker war, hatte er nichts von
einem trockenen Theoretiker, sondem
zeichnete sich aus durch ausgespro-
chene menschliche W ărme und
Herzlichkeit. Er liebte die Kinder und die Blumen, von denen er viele
pflanzte, und oftmals sagte er: „Die Kinder und die Blumen, sie sind es,
die uns vor Gott rechtfertigen werden."^* Er liebte alle Menschen als
Menschen und betete fur alle. Er weinte viei ilber sein Volk, vor aliem
aber iiber die Kinder, die aufwachsen ohne Gott.
72.
Am 25. Mărz 1979 (nach dem Alten Kalender), dem Fest der Ver-
kiindigung, an dem er 85 Jahre fi uher geboren worden war, entschlief
der heilige Aitvater nach kurzer Krankheit in Frieden zu seinem all-
geliebten fterrn. Die Nachricht von seinem Hingang verbreitete sich
mit Windeseile nicht nur im ganzen Land, sondem auch in den Zentren
der Orthodoxie uberall auf der Welt, wo spontan Bittgottesdienste
abgehalten wurden fur ihn. Zu seinem Begrăbnis neben der Kloster-
kirche von Celije am 28. Mărz fanden sich Unzăhlige ein, darunter
viele Hierarchen aus Serbien und dem Ausland.
„Keiner in der Geschichte seines Volkes", sagte Priestermonch
Amfilochije (der heutige Metropolit von Montenegro) in seiner
Grabrede, „hat so innig wie er das wunderbare Antlitz des mensch-
gewordenen Logos Gottes zelebriert und gegenwărtig gem acht... Jedes
seiner Worte, jeder seiner Gedanken begann in Ihm und endete in Hun."
Seither ist sein Grab Pilgerort tur Orthodoxe aus aller Welt, und
wunderbare Ereignisse sind beobachtet worden an der Stătte, die einen
himmlischen Duft verbreitet.'
1991 wurden die Reliquien des hl. Nikolaj aus den USA nach Celije zuruckgebracht
und neben Aitvater Justins Grab beigesetzt, womit der Ort zur doppelten Pilgerstătte
geworden ist.
166 ^4/tvater von Ce/ţ/e
Orthodoxie ist Orthodoxie auf Grund des Gottmenschen und von nichts
anderem. Ein anderer Name fur Orthodoxie ist deshaib:
Gottmenschentum. Nichts in ihr existiert kraft des Menschen, aus dem
Menschen, sondern alles kommt vom Gottmenschen und existiert kraft
des Gottmenschen.
Daseins zu erkennen. Ohne Ihn wird der Mensch zum Phantom, zur
Vogelscheuche, zu einer Absurdităt. Ohne Ihn findest du bloss den
Bodensatz eines Menschen, Bruchstucke eines Menschen, das Wrack
eines Menschen. Echtes M enschsein ist moglich nur in der
Gottmenschiichkeit. Eine andere Art von Menschsein gibt es nicht
unter dem HimmeL
Nur in Ihm, dem allerbarmenden Herrn Jesus, findet der von irdischen
Tragodien gequălte Mensch den Gott, Der dem Leiden wahrhaft Sinn
geben kann, den Troster, Der ihn wahrhaft trosten kann in jedwelchem
Ungluck und Leid, den Beschutzer, Der ihn wahrhaft beschutzen kann
vor aliem Bosen, den Retter, Der ihn wahrhaft retten kann aus Sfinde
und Tod, den Lehrer, Der ihn w ahrhaft ewige W ahrheit und
Gerechtigkeit lehren kann.
Wăhrend das Fundament der Orthodoxie der Gottmensch ist, ist das
Fundament jeder Heterodoxie der Mensch, genauer gesagt Fragmente
des Menschen - seine Vernunft, sein Wille, seine Sinne, seine Psyche,
sein Leib, sein Sachwissen.
168
Der ganze Mensch ist der Heterodoxie unbekannt. Sie zerteilt ihn in
Atome, Partikel. So wie „Kunst um der Kunst wilien" eine Absurdităt
ist, so ist es auch „der Mensch um des Menschen wilien". Dieser Weg
fuhrt zum erbănnlichsten Pandămonium, in welchem der Mensch der
oberste Gotze ist - und es gibt nirgends einen Gotzen, der erbărmlicher
wăre ais er.
Die erste Wahrheit der Orthodoxic ist, dass der Mensch nicht um seiner
selbst willen existiert, sondem um Gottes wilien, genauer gesagt, um
des Gottmenschen wilien. Im Gottmenschen allein ist Begreifen des
M enschseins moglich. In Ihm allein ist Rechtfertigung des
menschlichen Daseins moglich. Alle Mysterien von Himmel und Erde
sind enthalten in dieser Wahrheit, alle Werte aller Welten, die der
Mensch betrachten kann, alle Freuden aller Vollkommenheiten, die der
Mensch erlangen kann.
In der Orthodoxie ist der Gottmensch alles, sowohl mittelbar als auch
unmittelbar, und so west der Mensch in Ihm. Doch in der Heterodoxie
gibt es nur den Menschen.
In ihrem eigentlichen Wesen ist die Orthodoxie nichts anderes als die
Person des Gottmenschen Christus Selbst, ausgedehnt uber alle Zeiten,
ausgedehnt als die Kirche. Die Orthodoxie hat ihr eigenes Siegel und
Zeichen, durch das sie sich kennzeichnet. Es ist die strahlende Person
des Gottmenschen Jesus.
Alles was diese Person nicht hat, ist nicht orthodox. Alles was die
Gerechtigkeit, Wahrheit, Liebe und Ewigkeit des Gottmenschen nicht
hat, ist nicht orthodox. Jeder Versuch, das Evangelium des Gottmen
schen in dieser Welt zu verwirklichen durch die Methoden dieser Welt,
durch die Methoden der Reiche dieser Welt, ist nicht orthodox, sondem
bedeutet Verfall an die die dritte Versuchung des Teufels (s. Mt 4,8).
Der Gottmensch ist die Achse aller Welten, von der Welt des Atorns bis
zur Welt der Cherubim. Jedes Geschopf, das abbricht von dieser Achse,
sttirzt in Schrecken, in Qual, in Todesangst. Luzifer brach ab - und
wurde Satan. Engel brachen ab - und wurden Dămonen. Der Mensch
brach weitgehend ab - und wurde unmenschlich (ein Nicht-Mensch).
Kein Mensch, wer immer er sei, noch auch die Menschheit als ganze
vermochte und vermochte dies je zu tun. Des Menschen Kampf gegen
Tod, Siinde und den Teufel fiihrt stets zur Niederlage, es sei denn, er
wird vom Gottmenschen gefuhrt. Nur durch den Gottmenschen
Christus vermag der Mensch Tod, Siinde und den Teufel zu besiegen.
Deshalb ist die Bestimmung des Menschen: sich selbst zu fiillen mit
dem Gottmenschen in Dessen Leib, der Orthodoxen Kirche;
transfiguriert zu werden in Ihm durch Grosstaten christlicher Askese
kraft der Gnade: măchtig zu werden zu aliem Guten, sodass er,
wăhrend er leibhaftig durch diesen traurigen irdischen Ameisenhaufen
wandert, in seiner Seele oben lebt, wo Christus zur Rechten Gottes
sitzt, und sein Leben durch das Gebet unablăssig ausspannt zwischen
Erde und Himmel, wie einen Regenbogen, der den Gipfel der Himmel
verbindet mit dem Abgrund der Erde.
Orthodoxie ist das, was sie ist, durch den Gottmenschen. Und indem
wir Orthodoxen den Gottmenschen bekennen, bekennen wir indirekt
das Christus-Biid im M enschen, den gottiichen Ursprung des
Menschen, die gottliche Bestimmung des Menschen und damit auch
den gdtthchen Wert und die Heiligkeit der menschlichen Person.
Der Kampf fur den Gottmenschen ist tatsăchiich der Kampf fur den
Menschen. Nicht die Humanisten, sondern das orthodoxe Volk mit
seinem Glauben und Leben im Gottmenschen trăgt den Kampf aus fur
den wahren Menschen, den Menschen nach dem Biide Gottes, nach
dem Biid Christi.'
Der Mensch
7enn der Mensch aus seinem Erdenleib erwacht und die geistigen
W Realităten wahrnimmt, erkennt er, dass die materiellen Realităten
nur insofem real sind, als sein Geist sie als solche begreift, und damit
kommt er sogleich zum paradoxalen Schluss, dass die Menschen, als
besondere Kategorie von Lebewesen, die Realităten der materiellen
Welt durch den Geist erkennen, der selbst keine der Eigenschaften der
materiellen Welt besitzt und weder materiell objektiviert noch als
hyper-subjektive Realităt bewiesen noch fur die Sinne greifbar werden
kann...
' Erstmals publiziert 1937 in der Zeitschrih G/a^ („Stimme des Hirten"), Nr. 1,
Kragujevats. Engl. Ubers. 77;e GoJ-Atan, FoMrJaA'oH o/" r/?e 77MrA o/*
(s. Bibliographie).
7/. LeAre t71
Durch sein Denken ist der Mensch verbunden nicht nur mit der Welt
der sichtbaren, materiellen Realităten, sondem auch mit der Welt der
geistigen Realităten. Der Mensch orientiert sich in der Welt der
sichtbaren Realităten und Geschehnisse durch sein Denken, und durch
dieses misst und bewertet er alles, wăhrend es selbst unsichtbar ist.
Noch naturlicher und logischer ist, dass er sich auch in der Welt der
geistigen Realităten und Werte durch dasselbe orientiert. In der
Erkenntnislehre konnen selbst die extremsten unter den Sensualisten
dies nicht leugnen, und wir mussen es anerkennen: der menschliche
Geist ist eine Werkstatt der Wunder, wo die Sinneseindrucke auf
unbegreifliche Art in Gedanken umgewandelt werden.
Der emsthafte Beobachter der Welt, von welcher Seite auch immer er
sich ihren m ateriellen und geistigen Realităten năhert, sprirt
notw endigerw eise in allen Phănomenen die Gegenwart des
unendlichen Mysteriums. Dies ist der Tribut, den jeder Denker
zwangslăufig dem rătselhaften Mysterium dieser Welt zahlen muss.
Unzweifelhaft hăngt die rechte Orientierung in dieser rătselhaften Welt
vom Geist ab, kraft dessen sich der Mensch orientiert, genauer gesagt
von der Natur des G eistes...
Es liegt auf der Hand, dass die Sehnsucht nach dem Unendiichen dem
Menschen nicht von seiner materiellen Natur auferlegt worden sein
kann, denn letztere ist selbst vergănglich und begrenzt und hat diese
Sehnsucht nicht in sich. Ebenso offensichtlich ist, dass auch der
menschliche Leib nicht die Quelle dieser Sehnsucht ist, denn auch er
ist vergănglich. Deshalb bleibt als einzige logische Antwort: die
Sehnsucht des M enschen nach dem Unendiichen, nach der
Unsterblichkeit, griindet im Wesen selbst des menschlichen Geistes.
Der nach dem Bilde Gottes erschaffene Mensch ist zur Gănze in dieser
Sehnsucht enthalten. Die Gottebenbildlichkeit des Menschen ist es, die
sich sehnt nach den unendiichen Wahrheiten Gottes in allen Welten.
Das dem Geist des Menschen innewohnende Gottesbild drăngt den
Menschen, sich auszustrecken nach allen Grenzenlosigkeiten Gottes
und sich zu sehnen danach.
Es ist fur die nach dem Bild Gottes gestaltete, die gottgestaltige Seele
nur natiirlich, sich zu sehnen nach Gott, ihrem Urbild... Die ganze
Erfahrung des Menschengeschlechts zeugt von dieser măchtigen und
mystischen Sehnsucht des m enschlichen Geistes nach dem
Unendiichen, nach dem ewigen Leben, entweder in dieser Welt oder in
der anderen... Wenn wir den Menschen auf seine gmndlegenden
Komponenten hin untersuchen, finden wir in jedem Fall diese
Sehnsucht nach der Unsterblichkeit als das Fundament, auf dem der
Mensch griindet und von dem er ontologisch abhăngt.
Indem Gott den Menschen nach Seinem Bilde schuf, goss Er seinem
ganzen Wesen die Sehnsucht ein nach der gottlichen Unbegrenztheit
des Lebens, nach der gottlichen Unbegrenztheit des Wissens, nach der
gottlichen Unbegrenztheit der Vbllkommenheit. Aus eben diesem
Grund kann die grenzenlose Sehnsucht, der grenzenlose Durst des
//. LeAre 173
menschlichen Wesens durch nichts anders zur Gănze gestillt werden als
durch Gott allein.
Doch stattdessen loste der Mensch seinen Geist von aliem Gottlichen,
das in ihm ist, und schritt ohne Gott voran zu den Mysterien dieser
Welt, das heisst er schritt voran ohne seinen natiirlichen Fuhrer. Des-
halb kam er in dieser Welt an unuberbruckbare Abgrtinde, an furchter-
regende Absturze und Schlunde.
Der Humanismus [d.h. die Denk- und Existenzweise des von Gott
getrennten, in seiner blossen menschlichen Natur eingeschlossenen
Menschen] ist das grundlegende Ubel, das Ur-Ubel des Menschen. Im
Namen der menschlichen Autonomie hat der Mensch Gott in eine uber-
menschliche transzendente Sphăre verbannt und ist allein geblieben,
allein mit sich selbst und in sich selbst.
174
Der Gottmensch ist nicht etwas, das der Natur und den Bedurfnissen
des Menschen kremd wăre. Er ist im Gegenteil das Notwendigste von
aliem. So notwendig, dass Er Seibst, der allwahre Gott und Herr, Sich
als das einzig VohveuJ/ge offenbart hat (s. Lk 10,42).
Der Gottmensch Christus ist die Wahrheit - nicht als Bcgriff, nicht als
Lehre, noch auch als eine bestimmte Energie, sondem als vollkommene
und ewig lebende gottmenschliche Hypostase. Als gottmenschliche
Person nur ist Er das Kriterium der Wahrheit. Aus diesem Grund sagte
Er von Sich nicht nur /cA 6 A d/'c sondem auch /c/? /v'w r/er
UEg (Joh 14,6), das heisst, Er Seibst ist der Weg zur Wahrheit, das
Kriterium der Wahrheit, die Essenz der Wahrheit. Das Kriterium der
Wahrheit ist die Wahrheit seibst...
' Aus: O W/Wm ox/o/ogz/'e / A?7/e?7o/og//'e („Der hochste Wert und das
letzte Kriterium der Orthodoxie"), Antrittsvoriesung des Altvaters als Ordinarius fur
Dogmatik an der Universităt Belgrad, 1935. Erstmals gedruckt in der Universităts-
zeitschrift „Bogoslovlje", 1935/1. Spăter in griech. Ubers. im Sammelband Avdprn-
jrog xut dedvdpwjrog, Athen , 7. Aufl. 2001, S. 102-110 (siehe Bibliographie).
176 ZktvaterJM^tw von CeA/'e
(Joh 14,6). Vor Christus konnten die Menschen nur mutmassen tiber
die Wahrheit, denn sie besassen sie nicht. Mit Christus, dem
fleischgewordenen gottlichen Logos, kommt die ewige gottliche
Wahrheit in ihrer ganzen Fiille in die Welt. Deshalb sagt das
Evangelium: Die EhA/AAt JMrcA Je.sM.s' CA/'AtM.s' (Joh 1,17).
Was ist das Leben? das echte, das wahre Leben? und welches ist das
Kriterium des Lebens? Die Person des Gottmenschen Christus.
Wiederum die Person und nicht Seine Lehre, abgeschnitten von Seiner
wunderwirkenden und lebenspendenden Person. Kein einziger unter
den Menschen hat je gewagt zu sagen, „ich bin das Leben", denn alle
sind sterblich. Doch der Gottmensch hat gesagt: 7cA Am Jas' LeAew (Joh
14,6), und dies zu Recht, denn durch Seine Auferstehung hat Er den
Tod besiegt und durch Seine Auffahrt und Sein Sitzen zur Rechten des
Vaters hat Er sich als ewig lebendig erwiesen. Deshalb ist der
Gottmensch Selbst das Leben und das Kriterium des Lebens...
Die Person des Gottmenschen Christus ist der hochste Wert und der
grosste Schatz der Kirche. Alle anderen Werte empfangt die Orthodoxe
Kirche wie Sonnenstrahlen von der einzigen Sonne, Christus.'
Ebenda, S. 114-116.
77. LeAre 177
Der Gottmensch ist du.s' /AuyA de.s' Ae/'A.s* der WrcAe (Kol 1,18, Eph
1,22 und 5,23), das einzige Haupt. Als solcher ist Er auch der Z?e77er
des* Ae/A.s' der WrcAe (Eph 5,23), der einzige Retter. Durch Ihn, den
einzigen, alleinigen und ungeteilten Gottmenschen, ist die Kirche
allezeit einzig, alleinig und ungeteilt. Denn Er Selbst als Gottmensch
bewahrt den ganzen Leib der Kirche in einer ungeteilten Einheit der
Gnade, der Wahrheit und des Lebens. Durch Ihn wăchst der Leib der
Kirche und empfangt alle Dimensionen des gottlichen Lebens, wdcA^t
er in gottlicher Weise hin zn/n /bdnm.s'.s' der gottmenschlichen AYd/e
CArişti, denn ndas' Ist dnrcA /An und nn/ /An Ain er.scAu)/en (Eph 4,15-
16 und 13, Kol 1,16)...
Aus allen diesen Grunden hat die Kirche, durch ihre Apostel, ihre
Martyrer, ihre Bekenner, ihre heiligen Văter und ihre Glăubigen,
unerschlitterlich die Gottm enschlichkeit des Herrn Jesu, Seine
wunderbare und unersetzliche gottmenschliche Person bekannt und
mehr als alles andere verteidigt. Wăhrend sich die Kirche mit Erbarmen
iiber die Slinder beugt, hat sie stets unbeugsam und unerbittlich all jene
verurteilt und von sich gestossen, die auf diese oder jene Weise die
Gottmenschlichkeit Christi leugneten, verwarfen oder verzerrten. Sie
ist immerdar bereit, mit Freuden zu jedwelchen apokalyptischen
Martern zu schreiten, wenn es darum geht, die gottmenschliche Person
Christi zu verteidigen und zu bewahren.'
Ebenda, S. 116-118.
178 vow Ce/i/'e
Wenn der Mensch dies erreicht, hat er die gottmenschliche Einheit des
Lebens erlangt und die lebendige und unsterbliche Gewissheit, dass er
/?;'??MAefgegangen fst vom 7o<? h?.s* Fe6en (Joh 5,24, 3,36, 11,25-26).
Dann erfahrt er fortwăhrend mit seinem ganzen Wesen, dass die Kirche
als gottmenschlicher Organismus der Gottmensch Selbst ist, ausgedehnt
liber alle Zeiten. Christus in Seiner gottmenschlichen Person ist
unwiederholbar, doch als gottmensch]iche Kraft und gottmenschhches
Leben wiederholt Er sich fortwăhrend in j edem Christen, der organisches
Glied Seines gottmenschlichen Leibes, der Kirche, ist.
Indem der Apostel die Kirche bezeichnet als Fei6 CAriW (Eph 1,23,
Ko] 1,24), verbindet er ihr Sein mit dem Mysterium der Inkarnation des
gottlichen Logos und zeigt, dass das lebendige und unverriickbare
Fundament der geschichtlichen Wirklichkeit der Kirche eben darin
hegt, dass UbA F/eAcA wMfJe (Joh 1,14). Ausserdem zeigt er
damit, dass die Kirche, als Leib Christi, unmittelbar und fortwăhrend
abhăngt vom fleischgewordenen gottlichen Logos Selbst, in aliem, was
sie zu dem macht, was sie ist. Von îhm empfangt sie die unermessliche
FtiHe der gottmenschlichen Charismen und Krăfte, denn F r o//
&rs* /Ar/'ge m/t (s. Eph 1,23, Kol 2,9).'
AFc/FicAg.s
Nur z:^u/7!/weu wii a//e/7 EEei/ige/? kann nach dem Apostel Paulus (Eph
3,18) das wunderbare Mysterium der Person Christi erfahren werden,
anders gesagt: kann einer den wahren und rechten Glauben an den
Gottmenschen Christus erlangen. Nur indem einer zM,sYU7?/ng/7 /77/f r/Z/e/?
/Vgi/ige;? in der katholischen Einheit des Glaubens lebt, kann einer
wirklich Christ sein, ein authentischer Junger des Hemr. Das Leben in
der Kirche ist in der Tat ailezeit kathoiisch, vollzieht sich stets in
Gemeinschaft 7 7 7 r///g77 EM/ige??. Deshalb cmpfindet ein echtes
Mitglied der Kirche stets aufs Deutlichste, dass es eines Giaubens ist
mit den Aposteln, den Martyrem und den Heiligen aller Zeiten. Es
spiirt, dass diese ewig leben und dass sie alle durchdrungen sind von
ein und derselben gottmenschlichen Kraft und Energie, von ein und
demselben gottmenschlichen Leben, von ein und derselben gott
menschlichen Wahrheit.
Ausserhalb der Kirche kann es keine Katholizităt geben, denn nur das
echte und wahre Leben innerhalb der Kirche bewirkt im Menschen das
Empfinden der Katholizităt des Glaubens, der Wahrheit und des
Lebens, gibt ihm jenes Leben 777/1 <VA/? EEe/Z/gen, mit allen
Gliedern der Kirche aller Zeiten. „Es ist unmoglich, die katholische
Bildung des Geistes anders zu erlangen als durch die Einverleibung in
die Kirche und das Leben in ih r..
In der Kirche ist die Vergangenheit stets auch Gegenwart. Die Gegen-
wart innerhalb der Kirche ist Gegenwart durch die stets lebendige
Vergangenheit, denn der Gottmensch Christus, Der AtgeVer?!
7 / 7 7 J Ag7gg M7iJ in <E/e Eiveu (Hebr 13,8), lebt fortwăhrend in Seinem
gottmenschlichen Leib durch dieselbe Wahrheit, dieselbe Heiligkeit,
dieselbe Gutheit, dasselbe Leben, und macht die ganze Vergangenheit
zur Gegenwart. Deshalb sind fur das lebendige orthodoxe Empfinden
und Bewusstsein alle Glieder der Kirche, von den heiligen Aposteln bis
zu den gestem Entschlafenen, als immerdar in Christus Lebende auch
heute gegenwărtig. Fur j eden wahrhaft orthodoxen Menschen sind alle
heiligen Apostel und Martyrer und die heiligen Văter immerdar
Zeitgenossen. Fur den echten Orthodoxen sind sie sogar noch realer
(lebendiger) als viele seiner Zeitgenossen dem Fleische nach.
Dc/ wcst/R/m
Ebenda, S. 120-125.
]82 ^4/A nter von C e/i/'e
T l 's gibt nichts Neues unter der Sonne - ausser der Person des
J —/Gottmenschen Christus7 Sie ist das einzige Neue, das ewig Neue.
Sie ist es, die die Neuheit des Neuen Testaments ausmacht und die
neutestamentliche Wahrheit ewig neu sein lăsst. Weil die Person des
Gottmenschen in ihrer Vollkommenheit ewig neu und jung ist, kann
sie weder ausgetauscht noch ersetzt werden. Sie bleibt Sich Selbst
immerdar gleich und treu. Deshalb ist das Evangelium uberall und *
immer dasselbe - sowohl fur die Menschen auf Erden als auch fur die
Engef im Himmef...
So entstand die Kirche. Denn der Gottmensch /s7 die Kirche. Die zweite
Person der Allheiiigen Dreiheit, die Person des gottiichen Logos, ist
Mensch geworden, ist Gottmensch geworden und wohnt in unserer
irdischen Welt und in allen Weiten ais die K irche...
Mit dem Gottmenschen Christus als ihrem Haupt ist die Kirche das
voiikommenste und kostbarste Wesen in allen Weiten. Alles, was dem
Gottmenschen gehort, gehort ihr - alle Seine gottlichen Krăfte, durch
welche Er auferweckt, transfiguriert, vergottlicht, gehoren ihr zu eigen
in Ewigkeit. Das Wunderbarste und Bedeutsamste ist, dass die Person
des gottlichen Logos Selbst, in Seiner grenzenlosen Liebe tur das
Menschengeschlecht, zur ewigen Hypostase der Kirche geworden ist...
1%/ne DAa/aaaAEat
' Aus: Pravos'/avHa CrAva eAaweaAa/M, Thessaloniki 1974. Griech. Ubers. (von Am-
filohije Radovic und Atanasije Jevtic) R Opbobo^o^ ExxAnu/a xat o
Otxou^rvar^dg, S. 17-21. Engl. OrAoJov C/naR: a/A L'cMwewAw, Lazarica
Press, Biiînmgham 2000, S. 3-5. Franz. in der Zeitschrihha Dan/ere A/ R?abo/*, Nr.
30, S. 63-72.
186 WM C e /ye
Kirche an. AH das bildet die Kirche, den gottmenschlichen Leib, Dessen
Haupt Christus ist. Das Haupt ist das Haupt des Leibes, und der Leib
ist der Leib des Hauptes, untrennbar voneinander, voiistăndig das eine
durch das andere, <YF Fi/Y/e Dessen D er <F/e.s- in a//en er/YY/t (Eph î ,23).
Jeder Christ, der durch die Heilige Taufe Giied der Kirche wird, wird
untrennbarer Teii der FYYF De^yen, D er <r///e.s- in ^//en er/YY/t, und
zugieich seibst erfuilt mit der gm;zer FY/F Go/tas* (Eph 3,19). Damit
eriangt er die ganze Fiiiie seines Menschseins, seiner menschiichen
Person. Diese Fiiiie eriangt jeder Christ durch die heiiigen Mysterien
und die heiiigen Tugenden, im Mass seines Giaubens und seines
Lebens in der Gnade innerhaib der Kirche.
Dies giit fur aiie Christen aller Zeiten, fur aiie, die erfuilt werden von
<Yer FY/F De.s\s*er D er a/Fs* m a/F n er/YZ/t, und „in allen" heisst: in uns
Menschen, in den Engein, in den Stemen, den Vogeln, den Pflanzen,
den Mineraiien, kurz - alles in alien Geschopfen Gottes. Deshalb sind
wir Menschen gottlich verwandt mit alien Geschopfen Gottes und mit
Seiner ganzen Schopfung, denn wo die Gottlichkeit des Gottmenschen
ist, dort ist auch Seine Menschlichkeit und dort sind auch alle Glăubi-
gen aller Zeiten, Engel wie Menschen. So werden wir Menschen in der
Kirche erfuilt mit der gaazea FY/F <fer GoiFraY (Kol 2,9).
Die Kirche ist die Firile der gottlichen Wahrheit, der gottlichen
Gerechtigkeit, der gottlichen Liebe, des gottlichen Lebens und der
gottlichen Ewigkeit, die Fiiiie aller gottlichen und auch aller mensch
iichen Vollkommenheit, denn der Herr Jesus Christus ist Gottmensch,
das heisst eine zweifache Firile - des Gottlichen und des Menschiichen.
7/. TLeAre 187
Die Kirche ist nicht bloss Sinn und Bestimmung aller Wesen und alles
Geschaffenen, von den Engeln bis zu den Atomen, sondem sie ist
ihr einziger und allumfassender Sinn, ihre einzige und altumfassende
Bestimmung. In ihr hat Gott uns in Wahrheit gayegaeZ /a/7 aZZea
gaZ.s'O'goa 6egaa/?gga (Eph 1,3). In ihr hat Er uns alle Mittel gegeben,
die notig sind, um AeZZZg zu svera'ga a/:<7 oAae TarZeZ vor Gott (Eph
1,4)...
In ihr hat Er uns das ewige MpstertuTu .Se/'aos' IH7Zga.s' offenbart (Eph
1,9). In ihr hat Er die Zeit mit der Ewigkeit vereint (s. Eph 1,10). In der
Kirche hat Er uns und durch uns alien Wesen, aliem Geschaffenen die
Moglichkeit gegeben, in Christus zu sein und Christus zu werden, im
Geist zu sein und Geist zu werden, in der Dreiheit zu sein und Dreiheit
zu werden (s. Eph 1,13-18).
AH dessen wegen ist die Kirche das grosste und heiligste Mysterium
Gottes in alien Welten. Verglichen mit Gottes anderen Mysterien ist sie
das Mysterium der Mysterien.
Er ist das Leben des Lebens, das Sein alien Seins, & a a rZarcZ? 7Zm aa<7
aa/VZza Zn'a warrZe aZZe.s* gr^cAa^ea (Kol 1,16). Er ist das Ziel von aliem,
188 ^t/va /e /'JH S t/H vo?? Cet//'e
was ist. Die ganze Schopfung wurde erschaffcn als Kirche und bildet
die Kirche, und E r /'st &/,v EE///pt <r/as Ee/7/.s r/er A/'/*c//e (Koi i,18).
Dies ist die All-Einheit der Schopfung und ihre allumfassende
Endbestimmung im gottiichen Logos. Die Siinde hat einen Teii der
Schopfung von dieser All-Einheit im Logos abgetrennt und sie in
Sinnlosigkeit ausserhalb des Logos gesttirzt, in Tod, Holle und Leiden.
Aus diesem Grund kommt Gott der Logos herab in unsere irdische
Welt, wird Mensch und vollzieht als Gottmensch die Erlosung der Welt
von der Siinde. Der Zweck Seines gottmenschlichen Heilswerks ist,
alles zu reinigen von der Siinde, alles zuriickzufiihren in den gottiichen
Logos, alles zu heiligen, alles Seinem gottmenschlichen Leib, der Kirche,
einzuverleiben und damit aliem die All-Einheit und die allumfassende
Endbestimmung im gottiichen Logos wiederzugeben.
A A /^as sind <2/'e Gr/Ee// (7//'/st/ (Eph 4,7)? Alles, was der Herr
W Christus als der Gottmensch in die Welt gebracht und fur die Welt
bereitet hat. Er brachte <2z'e Ez'/'Ee <2er Gott/zcz't als Gabe, damit die
Menschen daran teilhaben und erfîillt werden mochten von J e r E/'/Ee
Gottes (Eph 3,19, 4,8-10, Kol 2,10). Femerhin hat Er den Heiligen
Geist gegeben als Gabe an die Menschen, damit durch Seine gnaden-
schenkende Kraft, die Ftille der Gottheit in ilmen Wohnung nehmen kann.
AH diese Gnade uwWe y'eJew von :o?s gewo/?ri in? Mo.s.s <2c/' Go6e
CArAii (Eph 4,7). Doch von uns hăngt ab, von unserem Glauben,
unserer Liebe, unserer Demut und den anderen asketischen Tugenden,
in welchem Mass wir diese Gabe nutzen, uns zu eigen machen und
durch sie und in ihr leben werden.
Seine grosste Gabe ist das ewige Leben. Deshalb verkundet der
Apostel: Die Go6e Goiie.s Ai ewige Cei?en JnrcA C/?ri.si:/.s' ./e.s*n.s'
nn^eren /Ven/*n (Rom 6,23)2
* T \a m it die Kirche den ewigen Plan des Dreieinigen Gottes fur das
J-vM enschengeschlecht erfullen kann, hat ihr der Herr Christus
f o s t e i , PropAeten, DvongeiAten, Dirten o/??/ EeArer gegeben (Eph
4,11). Er „gab" sie der Kirche und gab ihnen alle notigen gottiichen und
gottmenschlichen Krăfte, durch welche sie wurden, was sie sind.
Ein Apostel ist insofern Apostel, als er lebt, denkt und wirkt kraft der
gottmenschlichen Gnadengabe der Apostolizităt, die er von Christus
empfangen hat. Ein Prophet ist Prophet, weil er lebt, denkt und wirkt
kraft der gottmenschlichen Gnadengabe der Prophetie, die er vom
Herm Jesus empfangen hat. Desgleichen sind der Evangelist, der Hirte
und der Lehrer das, was sie sind, weil sie ieben, denken und wirken
kraft der gottmenschiichen Gnadengaben des Evangeiisierens, der
Fuhrung und der Lehre, die sie vom Herm Jesus Christus empfangen
haben (1 Kor 12,28 u. 4,5,6,11, Eph 2,20).
Was ist ein Apostel? Ein Diakon (heiliger Diener) der Kirche. Und
Apostolizităt? Diakonie (heiliger Dienst) far die Kirche. Dies ist so
gg?7M'vs' J e r AAe?Ao?^??M7?g G'o??as' ("xctrd r?}v otxovoptov rod GeoA)
(Kol 1,25).' Solcherart ist die gottliche Heilsordnung (?) o(xovo^tq)
zur Rettung der Welt. Denn Rettung ist Diakonie fur die Kirche, und
der Kirche dienen heisst der Kirche gehorchen. Der gănzlich aus der
Liebe kommende Gehorsam gegen Christus ist das hochste Gesetz des
gottmenschiichen Lebens in der Kirche.
Warum gab der Herr diese heiligen Diakone? F u r &?.s* OC/A Dm-
dtt/At??? Aet'Aas- CArAt? A'ic otxoAop?)v rod otpuoro^
ro d X ptorod)^ (Eph 4,12). In was besteht dieses „Werk der
Diakonie"? Im Aufbau des Leibes Christi, das heisst der Kirche. Als
Ftihrer und Lenker in diesem heiligen Werk hat Gott Mănner von aus-
sergewohnlicher Heiligkeit berufen.
Und die Christen, was miissen sie tun? Alle sind gerufen, sich selbst zu
heiligen durch die heiligen Krăfte der Gnade, die ihnen geschenkt
werden durch die heiligen Mysterien und Tugenden?
Fie wird der Aufbau des Leibes Christi vollzogen? Durch den Zu-
W wachs der Glieder der Kirche. Jeder Christ wird dem Leib Christi
eingepfropft durch die HI. Taufe, womit er AaiAa^ (Eph 3,6) wird
mit ihr. So nimmt der Leib Christi zu, er wăchst, wird aufgebaut.
Es gibt noch eine andere Art des Aufbaus des Leibes Christi. Dies ist
das geistige Wachstum, die geistige Vervollkommnung, der Aufbau der
Glieder der Kirche, detjenigen, die ama-y Aat'Aay sind mit ihr. Am
Aufbau des Leibes Christi wirkt jedes Glied mit, wenn es sich muht in
Wir selbst wachsen geistig durch die Kirche, und die Kirche ihrerseits
wăchst durch unser W achstum... AHe wachsen wir himmelwărts durch
die Kirche, und jeder von uns wăchst durch ahe und ahe durch je d en ...
Welches ist der Zweck des Aufbaus der Kirche? Dass wir ahe
hingelangen :
Einheit des Glaubens und der Erkenntnis Christi kann nur eriangt
werden zM^amman mit rt/fen /Yei/igtm (Eph 3,18), nur durch konziliares
(katholisches') Leben m/'t a/ier? /Wi/ige??, unter der hochsten Fuhrung
der heiligen Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten, Văter und Lehrer
der Kirche.
Ein FFm z
l ^ \ e r Leib der Kirche ist einer, und er hat em Aerz und eme .S'ee/e
J-V (s.A pg 4,32). Wir treten ein in dieses eine Herz, das konziliare
(katholische) Herz der Kirche, und in diese eine Seele, die konziliare
(katholische) Seele der Kirche, und werden eins mit ihnen kraft der
Energie der Gnade des Heiligen Geistes, indem wir unseren Sinn (gr.
nous) in Demut beugen vor dem heiligen konziliaren Sinn der Kirche
' Hier ist daran zu erinnem, dass „katholisch" im orthodoxen Sinn nichts zu tun hat
mit dem romischen Katholizismus, sondem gemăss dem griechischen Wort xaQ'okov
bedeutet: 1. „in sich vollstăndig, ohne dass irgendetwas fehlt", 2. „allen gemeinsam".
In den slawischen Sprachen benutzt die Kirche fur „Katholizităt" das Wort
„Sobomost", das auch mit „Konziliarităt" wiedergegeben wird und sich speziell auf
die 2. Bedeutung bezieht.
)92 vo/! Ce/ye
und unseren Geist vor dem Heiligen Geist der Kirche. So erlangen wir
das unerschutterliche EmpEnden und Bewusstsein, dass wir vom selben
einen Glauben an den Herrn Christus sind zusammen mit aiien heiligen
Aposteln, Propheten, Vătem und Lehrem, vom selben Glauben an den
Herrn und derselben Erkenntnis des Herrn.'
Eas ist ein vollkommener Mensch und wer ist der vollkommene
W Mensch? Bis zum Kommen Christi des Gottmenschen auf Erden
wussten die Menschen weder, was ein vollkommener Mensch ist, noch
wer der vollkommene Mensch ist. Der menschliche Geist war unfahig,
sich einen vollkommenen Menschen vorzustellen, weder als Konzept
noch als Ideal und noch viei weniger als Wirklichkeit. Daher so viei
fruchtloses Suchen selbst der besten Denker des Menschengeschlechts.
Was die Wahrheit angeht - sie ist zur Gănze in Ihm, so sehr, dass
ausser Ihm keine Wahrheit ist, denn Er Selbst ist die Wahrheit. Was die
Gerechtigkeit angeht - auch sie ist zur Gănze in Ihm, so sehr, dass es
ausser Ihm keine G erechtigkeit gibt, denn Er Selbst ist die
Gerechtigkeit. Das Hochstmass alles Guten und Erhabenen, alles
Gottliche und Vollkommene ist Wirklichkeit in Ihm. Es gibt kein
Gutes, das ein Mensch wiinschen konnte, das nicht zu Enden wăre in
Ihm.
Und hinwiederum: keine Sunde, die sich ein Feind Christi auszudenken
vermochte, ist zu finden in Ihm. Er ist zur Gănze ohne Siinde und
erfullt von jeder Vollkommenheit - der vollkommene Mensch, der
ideale Mensch. Ist es nicht so, dann findet einen anderen, der Ihm
gleichkăme. Ein solcher Mensch ist nicht zu finden, denn es gibt ihn
nicht in der Geschichte der M enschheit...
FV r/.s* vo//g Mr/.s.s* &/* F^'/Ze CAr/st/ erreichen - was heisst das? Was
J L v ist es, das die ganze Grosse, die F////e Christi biidet? Mit was ist
Er gefullt? Mit den gottiichen Voiikommenheiten und Krăften. Denn m
7A/// woA//t J/e FA7/<? J e r CrVtAe/7 in /e/AAo/ter Ife/se (Kol 2,9),
das heisst innerhaib des menschiichen Leibes.
Damit zeigt der Erioser, dass der menschiiche Leib imstande ist, die
ganze Ftiiie der Gottheit zu enthaiten und dass dies in Wirklichkeit das
Ziel des menschiichen Daseins ist.
D<vs* ro//<? A7^.s'.s* afgr Fh7/e CAr/st/ erreichen bedeutet mithin, dass wir
hinanwachsen zu allen Seinen gottiichen Voiikommenheiten und
Energien, sie alle aufnehmen in uns, dass wir geistig und der Gnade
nach einswerden mit ihnen, dass wir uns selbst einfugen in sie, das
heisst in ihnen leben.
Mit anderen Worten, es bedeutet, dass wir Christus, die in Ihm wesen-
de Fiille der Gottheit, als unser eigenes Leben leben, als unsere eigene
Seele, unsere eigene Ewigkeit, unseren eigenen hochsten Wert und
Sinn, als unser eigenes letztes Ziel. Dass wir Ihn erfahren als den
einzigen wahren Gott und den einzigen wahren Menschen, als
vollkommenen Gott und vollkommenen Menschen, in Dem alles
Menschiiche die letzte mogliche Hohe menschlicher Vollkommenheit
erreicht hat. Dass wir Ihn erfahren als die vollkommene gottliche
Wahrheit, die vollkommene gottliche Gerechtigkeit, die vollkommene
gottliche Liebe und die vollkommene gottliche Weisheit, als das
vollkommene gottliche Leben, das ewige Leben. Mit einem Wort, dass
wir Ihn erfahren als den Gottmenschen, den letzten Sinn aller von Gott
erschaffenen Welten (s. Kol 1,16-17, Hebr 2,10).
D%.s AThvs* J e r AYA/e CA/isY/ erreichen heisst nichts anderes als ein
wahres Glied der Kirche werden, denn die Kirche /ist die Fulle Christi.
Durch die Kirche und in der Kirche aliem konnen die Menschen das
Ziel, den Sinn und die letzte Bestimmung des Menschen in allen
Welten erreichen.'
AH gehoren nicht uns selbst. Wir gehoren allen, die in der Kirche
VV sind, und zuallerst der Seele der Kirche, dem Heiligen Geist. Das
Empfinden dessen ist das hauptsăchlichste und fortwăhrende
evangelische Empfinden jedes wahren Glieds der Kirche.
Die Liebe der heiligen Konziliarităt vereint die Glieder der Kirche auf
eine gottmenschliche Weise, sodass alle zusammen und jeder person-
lich das konziliare Leben der Kirche lebt.
R haJe/t ia 7/?n^ lebt in Ihm - dies ist das Gebot der Gebote. Passt Ihn
nicht euch selbst an, sondem passt euch selbst Ihm an. Gestaltet Ihn
nicht um nach eurem Bilde, sondem gestaltet euch selbst um nach
Seinem Bilde.
Der wahre Herr Jesus aber, in der ganzen Fiille Seiner evangelischen
und gottmenschlichen Geschichtlichkeit und Wirklichkeit, lebt zur
Gănze in Seinem gottmenschlichen Leib, der Orthodoxen Katholischen
Kirche, wie zur Zeit der Apostei, so auch heute und in die Ewen.
Alles in ihr ist durch die Gnade organisch verbunden in dem einzigen
gottmenschlichen Leib unter seinem einen und einzigen Haupt - dem
Gottmenschen, dem Herm Christus. Alle ihre Glieder, obwohl als
Personen immerdar ganz und unverletzbar, sind durch ein und dieselbe
Gnade des Heiiigen Geistes vermittels der heiiigen Mysterien und der
heiiigen Tugenden zu einer organischen Einheit vereint und bilden
einen einzigen Leib und bekennen einen einzigen Glauben (s. Eph 4,4-
5), der sie an den Herm Christus und aneinander bindet.
Wie die heiiigen Apostel bekennen auch die heiiigen Văter und Lehrer
der Kirche, mit der Weisheit der Cherubitn und der Feurigkeit der
Seraphim, die Einheit und Einzigkeit der Orthodoxen Kirche. Daraus
ist der feurige Eifer zu verstehen, welchen die heiiigen Văter der Kirche
in allen Făllen von Spaltung und Apostasie zeigten, ihre Unbeug-
samkeit gegenuber Flăresien und Schismen. In dieser Hinsicht sind die
heiiigen Okumenischen Konzile und die heiiigen lokalen Konzile von
grosster Wichtigkeit. Gemăss ihrem von Christus gegebenen Geist und
Verstăndnis ist die Kirche nicht nur eins und ungeteilt, sondem sie ist
auch die Kirche. Denn so wie der Herr Christus nicht mehrere
Leiber haben kann, kann Er auch nicht mehrere Kirchen haben. Ihrer
gottmenschlichen Natur gemăss ist die Kirche ungeteilt und einzig,
geradeso wie Christus, der Gottmensch, ungeteilt und einzig ist.
Eine Teilung, eine Spaltung der Kirche ist deshalb ontologisch und
unmoglich. Eine Spaltung innerhalb der Kirche hat es nie gegeben und
kann es nicht geben, wogegen es Abfall von der Kirche gegeben hat
und weiterhin geben wird, nach der Art jener sterilen Reben, die durr
geworden sind und abfallen vom ewig lebendigen gottmenschlichen
Weinstock - dem Herm Christus (Joh 15,1-6).
A lle Heiligkeit der Kirche liegt in ihrer Natur. ... Sie ist heilig als der
zV gottm enschliche Leib Christi, dessen ewiges Haupt der Herr
Christus Selbst ist und dessen todlose Seele der Heilige Geist ist.
Deshalb ist alles in ihr heilig - ihre Lehre, ihr Segen, ihre Mysterien,
ihre Tugenden, alle gottmenschlichen Mittel des Heils und der
Heiligung. Die Kirche ist tatsăchlich die gottmenschliche Werkstatt der
Heiligung der Menschen und, durch diese, alles Geschaffenen.
198 ,/M.s'^'M von CeJl/'e
Die geschichtliche Realităt zeigt jedoch, dass die Kirche ubervoll ist
von Sundern. Wird durch ihre Gegenwart in der Kirche deren
Heiligkeit verringert, verletzt oder zerstort? Nicht im geringsten! Denn
die Heiligkeit ihres Hauptes, des Herm Christus, und ihrer Seele, des
Heiligen Geistes, ist unwandelbar und unverlierbar, und in Ihnen sind
auch ihre gottliche Lehre, ihre Mysterien und ihre Tugenden unwandel
bar und unverlierbar heilig.
Die Kirche umarmt auch die Stinder, belehrt sie und erzieht sie, um sie
zur Umkehr zu bringen, zur Reue zu erwecken und ihnen zur geistigen
Genesung, Wiedergeburt und Transfiguration zu verhelfen. Deshalb
sind sie kein Hindemis fur die Heiligkeit der Kirche. Nur jene Stinder,
die beharren im Bosen und in gottfeindlichem Hass sich weigern,
umzukehren, werden von der Kirche ausgeschlossen, entweder durch
den sichtbaren Akt der gottmenschlichen Autorităt der Kirche oder
durch den unsichtbaren Akt des Gottesurteils, um so das Heil der
anderen Glieder und die Heiligkeit der Kirche zu schiitzen. ScAq/??
Amweg <3M.s* CMrer MtRg (1 Kor 5,13).
AAc/m
* T \ie Natur selbst der Kirche ist katholisch, denn der gottmenschliche
J-V O rganism us der Kirche, der Leib Christi, enthălt alles: die gesam-
te Schopfung Gottes und insbesondere die Heilsordnung Gottes tur die
Welt und den Menschen. Der Gottmensch, der Herr Christus, hat durch
Sich Selbst und in Sich Selbst Gott und den Menschen auf die vollkom-
menste und vollstăndigste Weise vereint. Durch den Menschen hat Er
auch alle Welten und alles Geschaffene mit Gott vereint. Das Geschick
der Schopfung ist grundlegend an jenes des Menschen gebunden (s.
Rom 8,19-24). In ihrem gottmenschlichen Organismus umfasst die
Kirche alles wa.s* wMrJe, wrM iw /A'wwe/ At wa.s' azv/"
C rJe/7, <r/a.s* Ja.s' 06 T/mone or/er
o Jer AVd'cAte oJer (Kol 1,16). 4//as' Aat ;'/?!
7/. ZeAre 199
^ o ^ fo /E E a f r/er Efre/:e
Ţ J i n Christ ist Christ insofem, als er durch die Heilige Taufe ein
J —/lebendiger, organischer Teii des gottmenschlichen Leibs der
Kirche, eines Leibes mit ihr geworden ist, umgeben und erfullt von
Gott auf allen Seiten, innen und aussen, ko-inkamiert mit Ihm, mit
Seiner gottlichen Fiille. Durch die Taufe sind die Christen berufen zu
einem neuen Leben in und durch den inkamierten Gott, unseren Elerrn
Jesus Christus, in und durch die Kirche, denn sie ist Sein Leib, <E'e
TEV/e De.s.se/r, D er a//e,s' m a//en er/h'/E (Eph 1,23).
Die Berufung des Christen ist, in sich selbst Gottes ewigen gottlichen Plan
fur die Menschheit zur Wirklichkeit zu machen (Eph 1,1-10). Dies ge-
schieht durch das Leben in und durch Christus, in der Kirche und durch sie2
* T \ie Philosophie des Teufels liegt zur Gănze hierin: Gott und Seine
J -V Gegenwart in der Weit zu leugnen, Seine Menschwerdung, Seine
Inkamation in der Weit zu bestreiten... und zu verkunden, dass im Men-
schen nichts Gottliches, Unsterbiiches ist, sondern dass alies im ihm
der Tierwelt angehoil und dass es deshaib natrirlich ist fur ihn, zu leben
wie die Tiere, seine einzigen rechtmăssigen Vorfahrcn und natiiriichen
Brii der. Dies ist die Philosophie des Antichristen, der danach strebt,
Christus um jeden Preis zu verdrăngen und sich Seinen Piatz in der
Weit und im Menschen anzueignen. Vorlăufer, Bekenner und Jiinger des
Antichristen hat es in der Menschheitsgeschichte unzăhlige gegeben.
Die ganze rettende gottliche Weisheit, die der Christ empfangt, besteht
darin, seinen freien Wilien von sich aus dem gottlichen Wilien des
77. ZU;re 201
Der Herr Christus bemisst das Geschenk Seiner Gnade an jeden von
uns gemăss seinem Bemtihen (1 Kor 3,8), gemăss seinem Eifer im
Glauben, in der Liebe, im Gebet, im Fasten, im Wachen, zum Erlangen
von Sanftmut, Zerknirschung, Demut und Langmut sowie aller anderen
heiligen Tugenden...
Q o lebt jeder von uns in allen und fur alle, denn alle sind wir em Leib.
l ) Deshaib freut sich jeder tiber die Gaben, die seine Briider empfan-
gen, besonders dann, wenn sie grosser sind als seine eigenen/
Fernerhin ist die Sendung der Kirche, jedem ihrer Mitglieder zum
Bewusstsein zu bringen, dass der Normalzustand der menschhchen
Person die Unsterbiichkeit und Ewigkeit ist und nicht die Endlichkeit
und Sterblichkeit, dass der Mensch ein Wanderer ist auf dem Weg
durch Zeitlichkeit und Sterblichkeit hindurch zur Unsterbiichkeit und
Ewigkeit.
' Aus: wAţ/'a CrAve („Die innere Sendung unserer Kirche"), erst-
mals veroffentlicht in Hriscanski Zivot 1923. Griech. Ubers. von Atanasije Jevtic in:
Avdpwjrog xat op. cit., S. 54-55 (&anz. und engl. Ubers. s. Biblio-
graphie am Kapitelende).
//. Le/u'e 203
' Das griechische Wort AcxTian, dt. Askese, bedeutet im engsten Sinn: Austibung,
etwas praktizieren, in die Tat umsetzen. Im weiteren Sinn bedeutet es: Ubung, sich
in etwas uben, ertiichtigen. Im geistigen, monchischen Sinn schliesslich bedeutet es
Bnthaltung von allen stindigen Regungen des Geistes und des Fleisches.
204 ^ /tv o te r von Cg/^/'e
Die Cfg^g Christi ist stets eine allumfassende Liebe. Diese Liebe wird
durch das Gebet erlangt, denn sie ist eine Gabe Christi. Und das
orthodoxe Herz betet mit Hingabe: Herr der Liebe, gib mir Deine
Liebe, fur alle und fur alles!
Ebenda, S. 55-56.
7/. 205
Ebenda, S. 57-6 F
206 ww Cg/f/'e
Nun wissen wir, durch das Leben der Heiiigen, Wer Gott ist und Was
Gott ist. Auch das wissen wir nun - wer der Mensch ist, was der
Ebenda, S. 61.
7/. LeA/v 207
Dies ist die Frohe Botschaft, die allwahre Frohe Botschaft - nicht meine,
sondem jene der Heiiigen Gottes - , dass der Mensch ein grosses
Mysterium ist, ein heiliges Mysterium Gottes. So gross und so heilig,
dass Gott Selbst Mensch geworden ist, um uns die ganze Tiefe des
Mysteriums des Menschen darzulegen. Die Wahrheit des Evangeliums,
die Allwahrheit ist, dass Gott Mensch wurde, um den Menschen zum
Gott der Gnade nach zu machen.'
Durch die Heiiigen Gottes wird die Erde zum Paradies... Da wo sie
sind, da ist auch Gott der Herr zur Ganze, in ihnen, mit ihnen, in ihrer
Mitte. Da ist auch die ganze ewige Wahrheit Gottes und die ganze
ewige Gerechtigkeit Gottes und die ganze ewige Liebe Gottes und das
ganze ewige Leben Gottes.
' Epilog zu den 12-băndigenLeAeu JerTMA'gen, verfasst 1962. Griech. Fassung von
A. Jevtic in AvOptonoţ xca Oedvepojtog, op. cit., S. 95.
208 /t/frater Ar??;';; ww Cg/ţ/'e
Das wahre Leben des Menschen beginnt mit dem Glauben an Christus,
einem Glauben, der dem Herm seine ganze Seele, sein ganzes Herz,
sein ganzes Denken, seine ganze Kraft ubergibt, und Er heiligt,
transEguriert und vergottlicht all das nach und nach.
Die Heiligen sind jene Menschen, die auf Erden die heiligen, ewigen
und gottlichen Wahrheiten leben. Deshalb sind die Je r Ne/E'gen
in Wirklichkeit eine „praktische Dogmatik", denn alle heiligen und
ewigen Wahrheiten der Dogmen wurden von den Heiligen gelebt, in
ihrer ganzen schopferischen und lebenspendenden Kraft. Dies zeigt
aufs Offenkundigste, dass die Dogmen nicht blosse ontologische
Wahrheiten an sich oder um ihrer selbst willen sind, sondern dass jedes
Dogma Quelle ewigen, heiligen geistigen Lebens ist...'
Orthodoxie ist der rechte Glauben der Heiligen... Sie sind unsere Fuhrer,
unsere Lehrer der Orthodoxie. Sie sind die Posaunen des Heiligen
Geistes, die Eingeweihten der Heiligen Dreiheit, die Augen ChristD
Der Mensch, der aufrichtig nach dem Sinn und dem Licht des Lebens
sucht, findet stets eine unaussprechliche geistige Freude und
Beflugelung, Ansporn und weite Horizonte in der heiligen und mysti-
schen Orthodoxen Kirchef
Indem wir die Feste und die Heiligen im Gebet feiern, erfahren wir in
Wahrheit ihre Gnade und ihre heiligen Tugenden, im Mass unseres
Glaubens, denn die Heiligen sind nichts anderes als die Person-
gewordenen, die fleischgewordenen heiligen Tugenden des Evange-
liums und unsterblichen Dogmen unseres Glaubens.
Alles wird gottmenschlich und hat Gott als letztes Ziel. Das Denken
wird zum Denken liber Gott, zum Gottgedenken und zum Gebet, denn
dies ist der gottliche und ewige Sinn des Denkens...^
ArAen/tt/ns
' Aus: 7%e CLarcA'-s Divine Itbrs'Aip, o:.* 77;e O rtodox Cdarc/?, op. cit., S. 79-82.
^ Ebenda, S. 83.
^ Aus: La Gnoseologie & A Lsaac ie („Die Erkenntnislehre des hl. Isaak des
Syrers") in: Les tbies do /a Connaissauce de Diea, Lausanne 1998, S. 149-150.
//. ZeAre 2 !)
Okumenismus
/^*\kum enism us ist eine koliektive Bezeichnung fur das Pseudo-
V-V Christentum der Pseudo-Kirchen Westeuropas. Sein Herz ist der
europăische Humanismus, an dessen Spitze der Papismus steht. Dieses
ganze Pseudo-Christentum, alie diese Pseudo-Kirchen, sind nichts als
eine Hăresie nach der anderen. Ihr kollektiver Name, vom Evangelium
her gesehen, ist „Panhăresie". Warum? Im Laufe der Geschichte
leugneten oder verzerrten verschiedene Hăresien bestimmte Aspekte
des Gottmenschen, des Herrn Christus, doch diese europăischen
Hăresien schaffen den Gottmenschen zur Ganze beiseite und stellen
den europăischen Menschen an Seinen Platz. Es gibt in der Tat keinen
grundlegenden Unterschied zwischen Papismus, Protestantismus, Oku
menismus und den anderen Hăresien, deren Name „Lcgion" ist.
Das Orthodoxe Dogma, das heisst das universelle Dogma liber die
Kirche, ist verworfen und ersetzt worden durch das hăretische lateini-
sche Dogma des universellen Primats und spăter der Unfchibarkeit des
Papstes, das heisst des Menschen. Diese Hăresie brachte weitere Hăre
sien hervor und fahrt fort, solche hervorzubringen: das Filioque, die
Abschafîung der Epiklese, die Einfuhrung der geschaffenen Gnade, des
ungesăuerten Brots, des Fegefeuers, der Anhăufung uberzăhliger
Werke, mechanistischer Lehren liber die Erlosung, daraus abgeleitet
mechanistische Lehren liber das Leben, Papo-Zentrismus, Inquisition,
Ablassbriefe, die Ermordung von Stindem wegen ihrer Stinden, Jesui-
tentum, Scholastik, Kasuistik, Monarchismus, Sozialhumanismus,
Sozialindividualismus usw.
Der derzeitige „Diaiog der Liebe", der in Form eines hohlen Sentimen-
taiismus gefuhrt wird, ist in Wirklichkeit eine treulose Leugnung der
rettenden FFet'h'gMftg r/as' /Fc?7?'gc?? GeAtcv ?t/?<7 <r/as* G/t?t?he??,s' a/! J?e
fK?A?^/?e?7 (2 Thess 2,13), das heisst der aiiein rettenden C?ehe
fK?/??*Ae?7 (2 Thess, 2,10). Die Essenz der Liebe ist die Wahrheit.
Wahrheit ist das Herz jeder gottmenschlichen Tugend, die Liebe
eingeschlossen... Wir leben in Christus, indem wir J?e fK?/??*/?e?7 ???
C?ehe AY/gc/r...
Lassen wir uns nicht tăuschen: es gibt auch einen „Dialog der Luge",
wenn die Unterhăndler einander bewusst oder unbewusst belugen. Ein
solcher Dialog ist kennzeichnend fur den fhfer J e r Frige, den Teufel,
denn er ?v/ eh? Zt?g?rer :????/ her K/ter Je?* Thge (Joh 8,44). Er ist auch
kennzeichnend Fur alle seine willigen oder unfieiwilligen Mitarbeiter,
wenn sie ihr Gutes mit bosen Mitteln erreichen, ihre „Wahrheit" mit
Hilfe von Lfigen finden wollen. Es kann keinen „Dialog der Liebe"
geben ohne Dialog der W ahrheit...
Gemăss der Orthodoxen Lehre uber die Kirche und die Mysterien ist
das einzige und allumfassende Mysterium die Kirche Selbst, der Leib
Christi des Gottmenschen, und als solcher ist sie die einzige Quelle und
und der einzige Gehalt aller gotthchen M ysterien...
' An anderer Stelle legt der Attvater dar, dass schon der Begriff „Interkommumon"
vom Gesichtspunkt der orthodoxen Ekklesiologie vollig widersinnig ist.
77. Z,e/:re 213
' Aus: Pravo^/avna CAva e^M7MenMam, op.cit., griech. Ubers. op.cit. S. 224-230,
engl. op. cit., S. 153-58.
^ Ebenda, griech. S. 256-257, engl. S. 177.
214 /1/tvomr jM.sf;'/! von Co/;'/'e
Sie ist ein Buch, das mit dem Leben gelesen werden muss - indem wir
es in die Tat umsetzen. Zuerst miissen wir es ieben, erst dann konnen
wir es verstehen.
Hier gelten die Worte des Eriosers: iTb/m emer ILV/e/t Gottes* A//?
mi//, er erAenngn, o6 <7A.s'e LeAre vo/t Gott AT... (Joh 7,17) Tu es,
damit du es verstehen kannst. Dies ist die Grundregel orthodoxer
Bibel-Exegese.
Zuerst liest man die Bibel gewohnlich schnell, doch dann immer lang-
samer, bis einer dahingelangt, dass er nicht einmal mehr Wort fur Wort
liest, weil er in jedem Wort ewige Wahrheit entdeckt, unaussprechli-
ches Mysterium.
Lest j eden Tag mindestens ein Kapitel des Alten und eines des Neuen
Testaments, doch gleichzeitig setzt eine Tugend des einen und des
anderen in die Tat um. Ubt euch darin, bis es euch zur Gewohnheit wird.
In der Bibel hat Gott absolut alles gesagt, was den Menschen gesagt
werden m usste... Was die Welt ist, woher sie kommt, wohin sie geht,
wie sie enden wird; was der Mensch ist, woher er kommt, wohin er
geht, woraus er besteht, welches seine Bestimmung ist... was die Tiere
und die Pflanzen sind... was das Gute ist... was das Bose ist... der ganze
Weg des Menschen vom Guten zum Bosen... von der Empfangnis bis
zur Auferstehung von den Toten... Die Biographie jedes Menschen
ohne Ausnahme ist in der Bibel enthalten.
' Darunter ist die gesamte Heilige Schrift zu verstehen: Altes nnd Neues Testament,
die eines ohne das andere nicht zu verstehen sind, weder das Alte ohne das Neue,
noch das Neue ohne das Alte. Fur das Orthodoxe Bibelverstăndnis gehoren beide
Testamente untrennbar zusammen, denn das Alte ist die Vorbereitung des Neuen,
und das Neue ist die Erfullung des Alten.
215
In der Bibel hat Gott alle Fragen beantwortet. Es gibt keine Frage, die
die menschliche Seele plagt, die in der Bibel nicht ihre Antwort findet,
direkt oder indirekt. Wenn ihr die Antwort nicht findet, so bedeutet das,
dass ihr entweder eine sinnlose Frage gestellt habt oder nicht wusstet,
wie die Bibel zu lesen ist.
In der Bibel werdet ihr die Arznei finden fur alle eure Laster und
Schwăchen und Nahrung fur alle eure Tugenden und Stărken.
Es ist wichtig zu wissen, wnrM/M wir die Bibel lesen sollen. Ebenso
wichtig ist zu wissen, wie wir die Bibel lesen sollen. Die besten Fuhrer
hierbei sind die Heiligen Văter, allen voran der hl. Johannes
Chrysostomos', der sozusagen ein funftes Evangelium geschrieben hat.
HnAcreAnng
So wie Er es einst tat, so spricht der Herr auch heute Seine Worte zu
dir, zu mir, zu jedem von uns. Doch wir mussen innehalten und uns in
sie vertiefen und sie annehmen - mit dem Glauben des Hauptmanns
von Kaphemaum. Dann wird uns ein Wunder geschehen, und unsere
Seelen werden geheilt werden, so wie der Knecht des Hauptmanns
geheilt wurde (s. Mt 8,5 ff).
Solches tut Er auch heute, denn der Herr Jesus At Derive/Ae geVern Mnr/
m AwigAgA (Hebr 13,8).
Deshalb sagt Er: /A'/n/Me/ rmA A/vA werJew ve^geAen, JocA Meme
HbrA werJeM /?AA/ vergeAew (Mt 24,35).
Wenn ein Mensch sie annimmt, wird er bestăndiger ais Himmel und
Erde, denn in ihnen ist eine Kraft, die den Menschen unsterbiich und
ewig m acht... IfhAr/AA, waAr/icA, 7cA e^cA, wer Ubr/e
AeuY;A/7, wAr/ Jen 7o<7 ^cAoMe^ (Joh 8,51).
Aus jedem Wort Christi kommt eine Kraft, die uns reinwăscht von
Stinde. Deshaib sagte der Herr beim Mystischen Abendmahl zu Seinen
Jtingem: /Ar ,s'<W/ Aere/A Jas' Ifb/Ve.s' wegen, ^,s* 7cA zt/ e:;cA
gasyrocAe?? A<?Ae (Joh 15,3).
Christus der Herr und Seine Apostel bezeichnen das, was in der Bibel
geschrieben steht, als Woi*t Gottes.' Wer es nicht als solches liest und
annimmt, bleibt gefangen in den stummen, stammelnden Worten der
Menschen, in Leerheit und Eitelkeit.
Gross ist das Mysterium des Worts - so gross, dass die zweite Person
der Allheiligen Dreiheit, Christus der Herr, „das Wort" genannt wird,
„der Logos" der Bibel.
Der gottliche Logos hat Gottes Plan fur die Welt und Gottes Liebe fur
die Welt offenbart. Gott das Wort hat zu den Menschen liber Gott
gesprochen mit Hilfe von Worten, soweit wie menschliche Worte den
unfassbaren Gott zu fassen vermogen.
Alle Worte Gottes, die Gott zu den Menschen gesprochen hat, kommen
vom Ewigen Wort - dem Logos Gottes, Der das Wort des Lebens ist
und ewiges Leben schenktd
' Siehe Joh 17,14; Apg 6,2; 13,46; 16,32; 19,20; 2 Kor 2,17: Kol 1,5; 2 Thess 3,1).
^ Publiziert in: O Aytog NeKrdptoţj o Oaa/mzoL'pydg, Nr. 1, Thessaloniki 1980.
77. Zg/n'g 217
A. Biographisches:
TZaMpAyng/Ign <7gr RiograpAz'g von Z/tvater Jnyn'n yz'nJ f7z'g ZgAgny&gycArgz'Azzngen in
ygrdMCĂgr 6^racAe any Jgn 7<g(7gr ygingf vz'gr engyign 5*c7Migr; <7er RAcAo/g Zianayi/'g
Jeviic von TZgrzegovina (in: J. Popovic, 77a Rogocovecazzs'Aom Pnin, [„Auf dem Weg
des Gottmenschen", S. 5-96, Belgrad 1980], Znţ/i/o7i/e Rariovic von Monignggro,
7ring/ Rzziovic von RacAa an<7 Zrignzi/'e Rarioyaviigvic von Priznen, Jig in vgyycAigffg-
nen Zgiis'cAri/îgn oc7en a 7 korspann zn RncAern Jgy ^//vaier-y grycAigngn yinJ. 7ing
ZMyaznzngnyig/iHng Jigygr Gzzei/gn gniAaii <7z'g gnigcZAcAg Zns'gaAg.'
- Ercroxojtov A8av. HePiLig, Btop rott Otrtou Tîarpog lo w n v o u 77ojro/3trg,
Ekd. Nekt. Panagopoulos, Athen 2. Aufl. 2007.
Ferner:
- A. navayojioOXov, 77. Io n o r t v o t' /7dm)(itrp, B to^xatT foA treta, Patras 1995.
- R Z eiicu Im avviăp, fe p o v n x d ro u 20on Atmvo^, Ekd. Nekt. Panagopoulos,
Athen 3. Aufl. 2002 (gniAali GaspracAe mii Jen 77igrarcAgn Znr/iioAi/'g
7?ar7ovz'c a n J Iring/ Ba/ovic).
- St. Vladim ir's Theological Quarterly, Nr. 1-2, Voi. 13, New York 1969.
- Le Messager Orthodoxe Nr 88, Paris 1981.
- Sobornost, Oxford 1980
- Der Schmale Pfad, Nr. 6, Dezember, Appelern 2003.
Innere Mission der Kirche (şerb. Originaltitel: UaMavesa/'a /a A;'/:: /:u.se CrZve,
1923), iiber den Hochsten Wert und das Letzte Kriterium der Orthodoxie (şerb.
O riginaltitel: O 3'::.s'Aa; A7v:vo,s7avae av:'o/og:'/e Ar:7e/*;'o/og:'/e, 1935),
Betrachtungen iiber das romische Unfehlbarkeitsdogma (1967), iiber den Neo-
Arianismus Europas (1925), iiber die Heiligen (1954, 1962), iiber die orthodoxe
Bildung (şerb. Originaltitel Le/eA za ZZeAioa;, „Trauer um Christus", 1937),
Ekklesiologische Kapitel (Ausziige aus dem noch unveroffcntlichtcn Kommcn-
tar des Altvaters zu den Briefen des Apostels Paulus, verfasst 1954-1957) usw.
Aus dem Serbischen ins Griechische iibersetzt von Bischof Atanasije Jevtic.
- A'Aorawe ei / 7Vo/H/::e-ZJ:'e:: (Ed. L'Agc d'Hom m e, Lausanne 1989). Integrale
Lfbersetzung des obigen Buches, ergănzt durch eine Lebensbeschreibung und
Wiirdigung des Werks.
- 0/iAoAov FaAZ a/?<Z Z:/e in CA/'i.sZ („Orthodoxer Glaube und Leben in Christus"),
hrsg. Institute for Byzantine and Modem Greek Studies, Belmont Mass., 1994,
3. Aufl. 2005. Sammlung von Abhandlungen, die mit einigen Unterschieden
dem Bând A v dpw rog x m entspricht. Die Unterschiede sind:
Einschluss der Abhandlung iiber den hi. Isaak den Syrer sowie von zwei
Abhandlungen iiber den Okumenismus, da fur Weglassung von vier kleineren
Abhandlungen. Ubersetzung nicht immer zuverlăssig. Enthălt eine umfangreiche,
aber nicht vollstăndige Liste der Werke des Altvaters (Originaltitel nur in engl.
Ubers. wiedergegeben).
- ZAavo.sZavna C/7rva : e/rHn:en/',san: („Die orthodoxe Kirche und der Okumenis
mus"), publ. Thessaloniki 1974 in einer serbischen und einer griechischen
Ausgabe. Griech. ZZ Op9d<5o^og ExxAtyoZa x a t o Otxou^evtopdg, iibers. von
Amfilohije Radovic und Atanasije Jevtic, neu hrsg. vom Kloster der Erzengel
von Celije im Verlag „Lydia", Thessaloniki 2006. Engl. Ubers. 7%e OnAo&Jx
CAarcA aa<7 PcMareaAa:, hrsg. von Lazarica Press, Birmingham 2000. Das Buch
besteht aus 2 Teilen: 1. 77:e G/VAo<7ov 7eucAA:g oa tAe CAarc A („Die Orthodoxe
Lehre iiber die Kirche") und 2. Fcaa:eaAa: („Okumenismus").
- 77:e GoJ-AZaa, 77ze FoaaJaA oa o/' /Ae TraiA o/' GriAorioxy („Der Gottmensch,
Das Fundament der Wahrheit der Orthodoxie"), Einzelartikel, im serbischen
Original erstmals publiziert in der Zeitschrift „Pastirski Glas", Kragujevac 1937.
In mehreren englischen Ubersetzungen im U m lauf im Internet (serbische
Webseiten).
- Pravo.sZavaa F:7o.so/:/'a ZsZ/'ae („Orthodoxe Philosophie der W ahrheit").
Dogmatik der Orthodoxen Kirche in 3 Bd., Belgrad 1932,1935,1978. Franz.
Ubers. PA:7o.s'opA:'e G/'/Aoriove Je /a Tenie, 4 Bde, hrsg. Ed. L'Age dT lom m e,
Lausanne 1992-1997.
- Z:7i/a 5veh'A („Leben der Heiligen"), 12 Bande, publ. B elgrad 1972-1977.
219
^ L r r v x r e R K L e o r x
VON
S tH ^ S T R t^
(1912-1998)
220
XYeopa
221
Kapitel 6
tW l^ C R K LG O PX
V O N S tH X S T R !^
A 7 om Mutterschoss an von Gott erwăhlt, um Hirte zu werden von
V vieien und schliesslich zum geistigen Vater und Lehrer des ganzen
rumâni schen Volks, begann dieser apostolische Mann seinen Weg als
Schafhirt in den Bergen der Moidau. Hier in der StiMe, im Angesicht
der Schonheit von Gottes Schopfung, im emsigen Studium der HI.
Schritt und der Heiiigen Vater und im inneren Gebet, wurde er durch
Gottes Lenkung vorbereitet auf die Ertullung des hohen Auftrags.
Spăter, wenn hochgesteilte Personlichkeiten, Professoren, Theologen,
Wtirdentrăger usw. sich tiber sein profundes Wissen in so vieien
Bereichen wunderten und ihn tragten, was und wo er denn studiert habe,
pflegte er lăchelnd zu antworten: „Seht ihr diesen Stock dort hinter der
Tur? Mit ihm habe ich die Schafe gefuhrt. Seht ihr diese Hirtentasche
am Nagel? In ihr trug ich die Bucher mit, die ich vom Kloster Neamts
borgte und die ich las, wăhrend ich die Schafe hiitete. Dies ist meine
Wissenschaft. Was meine Universităten angeht, so heissen sie: Bei-
den-Holzscheiten, Am -Kreuzesfuss, Beim-Kleinen-Busch, Beim-
Grossen-Busch, Kuppe-von-Dubau, Buchenhain, Bach Solomazdras,
Kuckucksfuss, Klamm von Coroi, Waldlichtung-des-Joseph, Lichtung-
des-Sergi, Lichtung-des-Glutofens und all die anderen Orte, die ich
zehn Jahre lang durchwanderte mit den Schafen des Kdosters.'"
Er war ein grosser Asket, ein Mann des Gebets, vor aliem aber ein
grosser Bekenner Christi, unseres einzigen Eriosers, zur Zeit der
kommunistischen Verfoigung und Verteidiger des Orthodoxen
Giaubens gegen die Hăresien, die, vom Westen hergetragen, das
orthodoxe Volk Rumăniens bis heute bedrăngen. Als hervorragender
Kenner der Heiligen Schrift, der Theologie der Heiiigen Văter und der
hi. Kationcs der Kirche verfasste er im Auftrag verschiedener rumăni-
scher Bistiimer Anleitungen fur Beichtvăter, Katechesen fur die
Glăubigen, Wideriegungen von Irrlehten usw. A uf Veriangen der
Heiiigen Synode der Kirche von Rumănien schrieb er auch eine
Dariegung uber die irrtumer der schismatischen Aitkaiendarier, um
ietztere in die Kirche zuruckzufuhren. Er ist femerhin Autor vieier
Homeiien zu den Festen der Kirche und zu aiien Sonntagen des
Kirchenjahrs sowie einer Reihe asketischer und philokalischer
Schriffen - ein Gesamtwerk von uber 20 Bănden, das bisher nur in
rumănischer Sprache zugănglich ist, mit Ausnahme von drei Bănden,
die in griechischer Ubersetzung erschienen sind.
Im Wissen, dass ohne rechten Giauben und ohne rechtes Leben die
gottiiche Gnade unerlangbar und ein Fortschritt auf dem geistigen Pfad
unmogiich ist, war er kompromisslos in Giaubensfiagen sowie in der
Forderung nach Einhaitung der Ordnung der Heiiigen Kirche und der
Gebote des Evangeliums, besonders seitens des Klerus und der Monche,
die dem Gottesvolk Vorbild sein sollen. Zugieich aber war er voiier
Liebe und Zărtiichkeit tur die einfachen Giăubigen, die Leidenden und
die Kinder, und oftmals sagte er zum versammeiten Voik: „Ach, konnte
ich euch doch aile in meine Hirtentasche stecken und ins Paradies
tragen!"
„Vieles ist zu sagen tiber unseren Vater Kieopa", sagte einer seiner
Junger, „doch das Wichtigste ist dies - dass er Gott in seinem Herzen
trug. Er lebte in Gott und Gott in ihm."
223
I. - Leben
' Siehe u.a. hl. Bessarion und andere rumănische Martyrer im .SynaxYMWf? am 21.10.
^ OpiMCH*: Bundschuhe, d.h. Schuhwerk aus Leder und Stoffstucken, die um die Waden
gewickelt und mit Lederriemen zusammengehalten wurden, das traditionelle
Schuhwerk der rumănischen Landleute.
224
2. AAAe -
Jeden Sommer pflegte Alexandm Ilie seine 150 Schafe auf den Hugeln
und Waldlichtungen in der Umgebung der Skite Cozancea zu sommem,
5 km von seinem D orf entfernt, und als seine drei erstgeborenen Sohne
alt genug waren, iibergab er die Herde in ihre Obhut.
In der Năhe der Skite lebte zu jener Zeit (um 1925) in einer
Einsiedlerzelle der nachmals beruhmte Hesychast Paissie Olaru (1897-
1990), und die drei Junglinge begannen, ihn regelmăssig zu besuchen.
Er weihte sie ein in das Jesus-Gebet, hielt sie an zum Schweigen und
beriet sie in allen Schwierigkeiten, die auftauchten in ihrem Leben in
der Einsamkeit. Dazu gehorte insbesondere die Belăstigung durch die
Dămonen, die den reinen Lebenswandel der drei Junglinge nicht
ertragen konnten. A uf Rat des Altvaters gewohnten sie sich daran,
stăndig das Gebet zu sagen, viele Metanien zu machen und nicht zu
achten auf die Provokationen des Widersachers. Sie nahmen auch teii
an den Gottesdiensten und an der Gottlichen Liturgie der nahege-
legenen Skite, halfen den Monchen bei der Gartenarbeit und sangen
mit im Chor.
Wenn sie abends fertig waren mit dem Melken der Schafe in der
Hurd, setzten sie sich ums Feuer und lasen abwechselnd den Psalter.
Dann sangen sie den Akathistos an die Gottesmutter und vertrieben so
die Măchte der Finsternis.
225
7. /a r/tE (7929)
Der erste der drei Briider, der sich aufmachte, um Monch zu werden,
w ar Gheorghe. N unm ehr 20 Jahre alt, wurde er 1927 in die
Gemeinschaft der Skite Sihăstria' aufgenommen, wo man ihn spăter
unter dem Namen Gerasim zum Monch schor.
1929 folgten ihm seine beiden Brtider Basilie und Konstantin. Abt
von Sihăstria war damals Altvater loanichie Moroi, der zehn Jahre lang
auf dem Athos gelebt hatte und in Sihăstria das athonitische Typikon
einfuhrte. Er war ein grosser Asket - er zelebrierte tăglich die Gottliche
Liturgie und nahm unter der Woche nur die HI. Kommunion und das
Antidoron zu sich - und ein begnadeter Starez, der vom Herm reiche
Gnadengaben empfangen hatte. Er zog viele Postulanten an, sodass die
Skite unter ihm eine grosse Blute erlebte.
' Diese Skite, westlich von Tărgu-Neamts in den Auslăufem der Ostkarpaten geiegen,
war im 17. Jh. von einem heiligen Hesychasten namens Athanasie gegrundet worden,
als Dependenz des Kdosters Neamts. In der Bergwildnis oberhaib von Sihăstria lebte
im tnihen 18. Jh. die hl. Theodora von Sihla (Fest 7.8.).
226 XYeopa von
Die Eltern begleiteten ihre Sohne bis an den Rând des Dorfes, und
im Augenbiick des Abschieds, nachdem sie die Gebete des Fahrtsegens
gesprochen hatten, brachen sie in Trănen aus. Da stimmte Basilie, der
ăltere der beiden Bruder, das des Akathistos an den Erloser
an: „Herr, unser allmăchtiger Beschiitzer, Besieger Du des Hades, Der
Du uns erlost hast vom ewigen Tod, Dir bringen wir unseren Lobpreis
dar, wir Deine Knechte und Deiner Hănde W erk..." Dann kussten sie
die Hand ihres Vaters und ihrer Mutter und machten sich auf den Weg,
der ins Reich der Himmel fuhrt.
Als sich Basilie und Konstantin nach mehilăgigem Fussmarsch an
der Pforte der Skite Sihăstria meldeten und ihren Wunsch ausdruckten,
in die Gemeinschaft aufgenommen zu werden, wurden sie der iiblichen
Prozedur unterworfen, mit welcher man hier die Eignung und
Entschlossenheit der Postulanten auf die Probe stellte. Man gab jedem
von ihnen einen Stock und wies sie an, damit auf einen Baumstrunk zu
schlagen, der bei der Pforte stand, und mit jedem Schlag das Jesus-
Gebet zu sagen. Nachdem sie das den ganzen Tag getan hatten, holte
man sie gegen Abend ins Găstehaus, damit sie ein wenig ausruhten.
Um Mittemacht wurden sie geweckt, um in der Kirche mit den
Monchen am Gottesdienst teilzunehmen. Am Morgen fingen sie von
vome an, den Baumstrunk zu schlagen und zu beten. So ging es weiter
drei Tage lang, ohne dass man sie zum Essen rief.
Am Abend des dritten Tages wurden sie zum Abt gebracht. Der
Altvater fragte sie:
- Nun, Bruder, hat der Baum etwas
gesagt?
- Er sagte nichts, Eure Heiligkeit.
- Mochte es auch mit euch so sein.
Danach nahm der A ltvater ihre
Beichten ab, gab ihnen vom Wasser der
Theophanie zu trinken und liess sie ins
Găstehaus zuruckfuhren, wo man ihnen
zu Essen brachte. Am năchsten Tag
empfingen sie die Heilige Kommunion.
So wurden die beiden gesegneten
Bruder als Novizen angenommen in
Sihăstria und mit der Diakonie in der
H Schăferei im Gebirge betraut.
Konstantin war 17 Jahre alt, als er in
H die Skite eintrat.
7. Zehen 227
Heilige Land zog und seine Tage als Eremit im Felsenkloster Chozeba
(bei Jericho) beschioss.'
Gemăss dem Typikon der Skite legte der junge Novize Konstantin
jede Woche seine Beichte ab beim Abt. Seine Gebetsregel, in der
Schăferei, bestand im Lesen der Morgengebete und des Akathistos an
die Gottesmutter in der Fruhe, der Gebete vor der Nachtruhe und des
Bitt- und Trostkanons an die Gottesmutter am Abend sowie, den ganzen
Tag liber, im ununterbrochenen Beten des F/err ,/e.sM.s' C A r ...
5.
Er entschlief 1960. Seine Reliquie blieb gănzlich unversehrt und wird im Kloster
Chozeba verehrt. Fest 5.8.
229
der Schădel des hl. Pavel des Hesychasten. Diesel* lebte im 17. Jh. und
war der geistige Vater der hl. Theodora von Sihla gewesen. Am Ende
seines Lebens hatte er sich in diese Wildnis zuriickgezogen und war
hier entschlafen, ohne dass jemand zugegen war, der seinen Leib
begraben konnte. Er erschien dem Hierodiakon Christofor in einem
Gesicht und enthullte ihm, wo seine Reliquien waren, damit er sie
bestatte. Dieser fand sie und tat wie geheissen. Doch den Schădel, der
einen wunderbaren Duft verbreitete, behielt er und trug ihn von da an
stets mit sich. Nach diesem Besuch in der Schăferei begab sich der
Asket mit seinem kostbaren Schatz in die Skite Sihăstria, wo die
Reliquie wăhrend einer feierlichen Nachtwache von allen Monchen
verehrt wurde. Danach legte er sie wieder in seinen Sack und kehrte in
die Wildnis zurrick. Niemand hat ihn je wiedergesehen, und auch seine
Hutte vermochte niemand wiederzuEnden.
Am 30. Mai 1941 ting eine der Mdnchszellen durch einen Funken
Feuer. Es herrschte Durre und ein heisser Wind blies - innerhalb einer
knappen Stunde brannte die ganze aus Holz erbaute Skite nieder,
einschliesslich der Holzkirche zu Ehren der Gottesahnen Joachim und
Anna. Nur die Steinkirche blieb stehen, doch ohne ihr holzemes Dach.
Mit knapper Not vermochte man die liturgischen Gefasse, das
ArtopAorhw, das Evangelium und einige Ikonen zu retten. Durch ein
Wunder entgingen auch die heiligen Reliquien den Flammen.
Der hochbetagte Abt Ioanichie, der damit das Werk von dreissig
Jahren in Asche liegen sah, machte drei grosse Metanien vor der
unbedachten Kirche und sprach die Worte des gerechten Ehob: D er
77e?T Aat gegehen, <7er 77e/T /mi ge/!o/7?/?7e/?, ge/ohi Je r <r/e.s-
77e7T7t d/He/r (Hiob 1,21) Dann sagte er: „Unserer Siinden wegen ist es
geschehen, und damit neue Grunder erscheinen." Er sprach den
Monchen Mut zu und forderte sie auf, sich unverbruchlich an die Regei
zu halten und allen Widrigkeiten zum Trotz den tăglichen liturgischen
Zyklus fortzusetzen. „Wenn ihr dies tut, ein reines Leben fuhrt und die
Liebe unter euch wahrt, so wisst, dass die Gottesmutter diese heilige
Wohnstatt aus der Asche wieder aufrichten w ird... Gott hat mehr
Gefallen an einem Kloster, das vereinsamt ist aber rein, als an einem
Kloster mit vielen Monchen, die in Zwietracht leben!"
7. Ze&en 231
seine eigene Person anging, und diesen Zug bewahrte er bis an sein
Lebensende. Wenn er von seinen inneren Erfahrungen sprach, dann
immer so, als sprăche er von jemand anderem.
Als die Vater zur Schăferei hinaufzogen, um ihm seine Wahl
bekanntzumachen, fanden sie ihn mit der Schafschur beschăftigt. Als er
den Grund ihres Kommens vemahm, antwortete er:
232 .VmpgrÂdeopa w/? VAa^Ma
„Ich bin zu jung, ich kann nicht Starez der Skite sein, sucht euch
einen anderen, denn ich verstehe nichts von Seelenfrihrung und bin ein
sundiger Mensch."
Da die Văter darauf beharrten und ihn aufforderten, die Wahi aus
Gehorsam anzunehmen, erbat er sich eine Bedenkzeit von einem Monat,
und nachdem er den Rat von Aitvater Paissie Otaru eingeholt hatte,
ubernahm er die administrative Leitung der Skite.
Er erwies sich als hochst dynamischer und umsichtiger Verwalter.
Bereits im Oktober desseiben Jahres wurde dank der materiellen Hiife
des Klosters Neamts und der Glăubigen der Umgebung mit der Neu-
bedachung der Steinkirche und dem Neubau von zwei Zelientrakten
begonnen. Nach vorubergehender Einsteiiung der Arbeiten infolge der
Geschehnisse des 2. Weltkrieges - die Frontlinie veriief ganz in der
Năhe, verschob sich aber spăter auf die Westseite der Karpatcn - soilte
der Wiederaufbau 1945 mit der Einweihung eines neuen Tafelsaals
grosstenteils vollendet werden, 1946 ergănzt durch die Weihe der
neuen Holzkirche (Winterkirche).
Am 5. September 1944 entschlief Aitvater Ioanichie in Frieden, und
im Januar 1945 empfing Vater Kdeopa von Bischof Galaction, Abt von
Neamts, die Priesterweihe.
Kurz darauf wurde er offi-
ziell als Abt von Sihăstria
eingesetzt.
Von da an stiessen viele
neue Briider zur Gemein-
schaft, und Sihăstria erlebte
eine aussergewohnliche gei-
stige und m aterielle Ent-
faltung. Die Seele dieser
Entwicklung war Abt Kdeopa,
dessen aussergewohnliche
Qualităten als Priester, Abt
und geistiger Vater immer
deutlicher hervortraten. Er
erwies sich als hervorragen-
der Prediger und Redner,
und allen wurde klar, dass er
von Gott begnadet worden
war zur Erbauung des ortho-
Ădeopa a/^ doxen Volks.
7. Le&en 233
o / * o p . cit., S. 96.
234 T/fvater Ăf/eopa von
Nach sechs Monaten in der Wildnis kehrte er ins Kloster zuruck und
nahm seine Tătigkeit als Abt wieder auf. Doch im Sommer 1949 traf
Ebenda, S. 107.
236 K /e o p a vo/;
' Protosinghei: In der Kirche von Rumănien Ehrentitel eines Priestermonchs, von
niedrigerem Rang ais Archimandrit.
- Ps. 136
7. 237
77. /VfH(? -
Z u^/t^r 7?McAzMg (7952-7954)
Anfangs 1956 wurde Altvater Kleopa von seinen Pflichten als Abt
von Slatina befreit und mit zwei Jungem nach Timişoara und Arad
(Westrumănien) entsandt, um auch dort das Monchsleben zu erneuem.
Im Kloster Gai bei Arad fuhrtc er das Typikon von Sihăstria ein,
doch als die Glocke des Klosters diesem Typikon gemăss zum ersten
Mal um Mittemacht lăutete, um die Monche zum Gottesdienst zu
rufen, alarmierten die Bewohner der Umgebung die Feuerwehr, im
Glauben, Feuer sei ausgebrochen im Kloster, denn von Gottesdiensten
zu dieser Stunde hatten sie noch nie etwas gehort. Der Altvater nutzte
die Gelegenheit, um alle in die Kirche zu rufen, und hielt eine
seelenbewegende Predigt, in welcher er ausrief: „Moge das Feuer, das
hier im Kloster von Gai entfacht worden ist, nicht erloschen bis ans
Ende der Welt!"
Und in der Tat, Liberal! wo Altvater Kleopa hinging, verbreitete sich
wie ein Buschfeuer ein neuer Eifer fur das Leben in Christus. Nachdem
er mehrere andere Kloster Westrumăniens besucht hatte, kehrte er in
die Moldau zuruck und liess sich fur einige Monate im Kloster Putna
nieder, um dessen Monche im geistigen Leben zu unterweisen. Dort
liess er Archimandrit Dositei Morariu zuruck, der bald darauf Abt von
Putna werden solite.
Beichte der Âbte, einen fur die Beichte der monchischen Beichtvăter,
einen fur die Beichte der Gemeindepriester, einen fur die allgemeine
Beichte der Monche, femer einen Bând mit dem Titel „Uber Traume
und Visionen"' sowie „Die Wunder Gottes in Seiner Schopfung"h
In Sihăstria tibte unterdessen der greise Altvater Paissie Olaru die
geistige Leitung aus, wăhrend die Abtschaft von Caiiopie Apetri ver-
sehen wurde, einem Jtinger von Altvater Kleopa. Es kamen auch neue
Anwărter auf das Monchsleben, denn keine Macht der Erde vermag
den R uf Gottes zu hindem, und diese tarnte man mit Arbeiterkleidem,
sodass sie nicht auffîelen. Alle, die nach Sihăstria kamen, fragten sich,
wo Altvater Kleopa wohl sein konnte - sein Aufenthaltsort ănderte sich
oft und war nur den wenigsten bekannt - und vermissten seine văterliche
Gegenwart und trostenden Worte. Am ungeduldigsten aber erwartete
ihn seine Mutter, die bald 90-jăhrige Monchin Agathe vom Kloster Alt-
Agapia, die tagtăglich an der Klosterpforte stand und jeden Besucher
fragte: „Vergib mir, hast du vielleicht meinen Kleopa gesehen?"^
' Vr. Barsanufie solite einer der engsten Junger von Altvater Kleopa bleiben. Nach
dem Hinschied des greisen Paissie Olaru war er sein Beichtvater bis zu seinem eige-
nen Auszug im Jahr 1997.
^ q/AoML, op. cit., S. 135, und 7%e OrtAo&w Nr. 162 (1992).
244 ^ /fv a te r A 7eo/M vo?? & 7io^t/'M
wenn ihr auch nur wenig geben konnt und bedauert, nicht mehr zu
haben - euer Almosen gelangt vor Gott so schnell wie der Blitz Warum?
weii hier zwei grosse Tugenden zusammentreffen: Barmherzigkeit und
Dcmut."
Oftmals empfing der Altvater mehr als hundert Besucher an einem
Tag. Er beantwortete alle Fragen, von den einfachsten bis zu den
kompliziertesten, und seine Antwort war stets dem Verstăndnis dessen
angepasst, der sie stellte. Deshalb gingen die einfachen Menschen
ebenso erbaut von dannen wie die hochgebildeten. Er fuhile viele
Abtrunnige zum Glauben zutiick und formte Tausende von Seelen zum
Leben in Christus und fur Christus heran - Monche wie Laien, Priester
und Hierarchen. Er war Beichtvater nicht nur der Monche von Sihăstria
und mancher anderer Kdoster sowie vieier Giăubiger, sondem auch
mehrerer Bischofe und zweier Patriarchen. Jedem sagte er stets offen,
mit wenigen Worten, was fur sein Eieil notwendig war. Wegen dieser
Direktheit war er von allen geschătzt.
1974 untemahm Altvater Kleopa zusammen mit Vr. Joel, mehreren
Jungem und einer Gruppe von mmănischen Glăubigen eine Pilgerfahrt
ins Heilige Land sowie auf den Berg Sinai, und 1977 begab er sich mit
vier anderen Vătem auf den Heiligen Berg Athos. Er besuchte praktisch
alle Grosskloster und natrirlich die rumănischen Skiten und Kellien. Er
7. 245
75. 77mgo/!g
In den letzten 20 Jahren seines Lebens gab sich Altvater Kleopa immer
intensiver dem Gebet hin - vierzehn bis funfzehn Stunden am Tag. Es
gab auch Tage, an denen er mit niemandem sprach, nicht einmal mit
seinem Zellendiener. Er hatte geheime Plătze, wohin er sich zum Gebet
zurtickzuziehen pflegte, sodass niemand ihn storen konnte.
Als er 70 Jahre alt wurde, begann seine bisher eiseme Gesundheit
nachzulassen. Er musste mehrmals operiert werden, einmal wegen
doppeltem Leistenbruch, dann wegen Nierensteinen, dann wegen einer
Kieferinfektion und schliesslich wegen einem Blasentumor. Nach dieser
letzten Operation in Iaşy brachte man ihn in die Intensivstation, wo er
drei Tage und Năchte ununterbrochen schlief und - ununterbrochen
sprach! Jene, die bei ihm waren, zeichneten auf, was er sagte: es waren
Predigten, die er in den letzten 30 Jahren gehalten hatte! Wăhrend
dieses Spitalaufenthalts brachten ihm die Leute soviele Nahrungsmittel,
dass davon das ganze Krankenhaus ernăhrt werden konnte! Seine
Gegenwart beruhrte alle Menschen um ihn. Die Ârzte von Iaşy fuhrten
zu allen, die ihm Fragen steiiten, und verbreitete Freude und Ruhe um
sich. Am 1. Dezember 1998 las er ungewohnlicherweise die Morgen-
gebete am Abend vorher, und auf die verwunderte Frage seines
Zellendieners antwortete er: „Ich lese sie jetzt, denn am Morgen gehe
ich zu meinen Brudern." Und in der Tat, am anderen Morgen, dem 2.
Dezember 1998, ubergab er in aller Friihe seine Seele friedlich in die
Hănde des Hen*n. Er hatte das Alter von 86 Jahren erreicht.
Drei Tage lang wurde der Psalter uber ihm gelesen, wăhrend
Tausende von Glăubigen aus dem ganzen Land herstromten, um
Abschied zu nehmen von ihrem Vater in Christus. Acht Hierarchen
zelebrierten den Gottesdienst fur die Verstorbenen, und am Schluss
wurde der kostbare Leib zu Grab getragen, wăhrend die Hirten der
Umgebung auf ihren traditionellen langen Hirten-Blashomem den
letzten Tribut zollten an ihren Bruder, der zum Hirten des ganzen
Volkes geworden war. Man bestattete ihn an der Seite seines Altvaters
Paissie Olaru, der ihm um sieben Jahre vorausgegangen war.
!
248 TAvater E/eopa von V A ^ tria
II. - Lehren
EAt/ge ZeA vor .so/nont ZE'ngong .sprocA Z /Eofer EEopo vor Je r ver-
.so/r/re/ton Gon?o/'n.soAo/i Aer AAdrcAe von 5?Ao.strio .sein „ Aeizias
IfbrE'. DoAei .sogie er un ier onAerent.'
A / f eine geliebten Văter und Brtider, wisst, dass die Kirche unsere
IV H geistige Mutter ist. Sie hat uns in der Taufe geboren on.s hG,s.ser
nnA GeAt (Joh 3,5). Ihr habt gehort, wie der Apostei Paulus sagt: /Ar
AoA/ Aen GeAt Aer .SoAn.seAo/i ent^/ongen (Rom 8,15) im Taufbecken,
und E r reAete nns AnrcA Aos EoA Aer HA'eAergeAnrt nnA Aer
ErneMernng Ae.s A/eiA'gen GeAte.s (Tit 3,5). Von da an sind wir aiie
Sohne Gottes der Gnade nach, da wir getauft wurden im Namen der
Aliheiligen Dreiheit. Deshaib bitte ich euch aus meinem ganzen
Herzen - iiebt die Kirche, eure Mutter. Die Kirche sei euch teuer, und
soviel ihr konnt, geht zu ihren heiligen Gottesdiensten Tag und Nacht.
Die Âlteren, die hinfallig sind im Leibe, konnen weniger lang bieiben.
Die Jtingeren konnen lănger bieiben, denn das liturgische Leben der
Kirche bereichert den Sinn eines jeden, und die Gnade des Heiligen
Geistes kommt tiber den, der mit Ehrfurcht teilnimmt daran.'
A H 7^oHt ihr sie als Beschutzerin haben, dann lest am Morgen den
VV Akathistos-Hymnos, mit brennendem Ollămpchen, und am
Abend den Bitt- und Trostkanon ebenso. So werdet ihr Hilfe fin den
wăhrend eures Lebens, zur Stunde des Todes und am Tag des Gerichts.
Wisst ihr, was die Gottesmutter vermag vor dem Thron der Aliheiligen
Dreiheit? Wăre es nicht ihretwegen, ich glaube, diese Welt wăre lăngst
verloren?
A A farjem an d in Unruhe iiber die heutige Zeit und fragte: „Was wird
VV geschehen, Vater?", pftegte er zu antworten: „Die Jahre und
Zeiten sind in Gottes Hand. AHes, was Er wiii, wird Er tun!" Und wenn
jem and sagte: „Das Wetter ist schcusslich!" entgegnete er: „AHes, was
der Herr gibt, ist gut.'"
arum muss das Ende der Welt kommen und die Emeuerung der
Schopfung? wurde der Aitvater gefragt. Er antwortete: „Die
Heiligen Văter sagen, dass das Weitende und das Kommende Gericht
aus vier Griinden geschehen muss: 1. Damit die Gerechtigkeit Gottes
offenbar wird. 2. Damit die Ungerechtigkeit der Menschen im
Angesicht der Gebote Gottes biossgelegt wird. 3. Damit die Siinde und
Ungerechtigkeit dieser Weit bestraft wird, und 4. damit die guten
Werke der Gerechten beiohnt werden.
Ţ " \ i e Zahi 666 (Offb 13,18) ist eine symbolische und apokalyptische
J-V Z ah l, die der hl. Andreas von Casarea^ folgendermassen
interpretiert: Die erste Zahi symbolisiert die unverniinftige Begierde,
d.h. die ungeztigelte Verbreitung der Lasterhaftigkeit und aller
fleischlichen Leidenschaften in der letzten Zeit. Die zweite Zahi
symbolisiert andere schlimme Leidenschaften wie der ungebăndigte
Zom, der in den letzten Zeiten in der Welt vorherrschen w ird... Die
dritte Zahi symbolisiert weitere apokalyptische Leidenschaften wie die
unvemunftige Phantasie, die die Menschheit in den letzten Zeiten
tăuschen w ird... Vor dem Ende der Welt werden die Menschen keine
geistige Empfindsamkeit mehr haben in ihren Herzen. Sie werden
keinen Eifer mehr haben fur die Kirche, fin* das Gebet, das Lesen
heilsamer Bticher, fur das Fasten, fur gute Werke. Da ihr Herz leer sein
wird von aliem, was heilig und gottgefallig ist, werden sie nur in den
Empfindungen der materiellen Welt leben, in egoistischen Phantasien,
mit dem Ziel, anderen zu gefallen, das Lob der Welt zu gewinnen. Wie
' S. 199.
- Erzbischof von Casarea in Kappadokien, der im 6./7. Jh. einen Kommentar zum
Buch der Offcnbarung schrieb.
250
der Prophet tsaiah sagt: De/* 7o<7 tm t e/// 7;//v7? ////,se/*e f/w/uz? (d.h. der
Sinne). Jene, die sich entfemen vom wahren Glauben an Christus,
werden auf der Ştim und auf den Hănden, d.h. in ihrem Geist, ihrem
Wiiten, ihrem Denken und ihrem Tun, das Zeichen der drei identischen
Zahien empfangen, d.h. die Leidenschaften, die diese Zahien
symbohsieren. Die drei Bereiche ihi er Seeie werden vom Satan gcfangcn
sein - der Geist, der Wille und das Herz. Deshalb werden diese
Menschen das Zeichen des Sieges und der Erlosung, das Kostbare
Kreuz, abiehnen und es nicht machen wollen mit ihrer Hand und ihrem
Herzen. Die treuen Christen aber, die das Kostbare Kreuz ehren,
werden verfolgt und gehasst werden von ailen Volkem wegen dem
Namen Christi. Doch we/* z;/tz.s7zu/*/*t b/'.s' u/rs* E/zJe, w/'/*J gerettet tve/*r/<?/z.
N Ţ ic h t die WatTen werden die ganze Erde zur Einode werden iassen,
1 i sondem die Siinde.
Dr/s /f/*<?//zusz^A7:u//
'Ţ 'u t nichts ohne euch mit dem Kreuzeszeichen zu bekreuzigen! Wenn
J . ihr aufbrecht zu einer Reise, wenn ihr eure Arbeit beginnt, wenn ihr
zum Studium geht, wenn ihr aliem seid und wenn ihr mit anderen
zusammen seid, besiegelt euch mit dem Eleiligen Kreuz auf eurer Ştim,
eurem Leib, eurer Brust, eurem Herzen, euren Lippen, euren Augen,
euren Ohren. Euer ganzes Wesen sei besiegelt mit dem Zeichen von
Christi Sieg liber die H olle... Dann werdet ihr euch nicht rnehr turch-
ten vor Bezaubemng und bosen Geistem oder Magie, denn kraft der
M acht des Kreuzes zerfliesst all das wie Wachs im Feuer,
zerstiebt wie Staub im Wind.
Zwe/
Tillst du den geraden Weg gehen vor Gott, dann hast du zwei
W Schutzwălle notig. Nicht solche aus Stein, Ziegel oder Erde,
l ^ \ a s Worl „Tod" war das erste, mit dem Gott dem Menschen drohte,
J-V a ls dieser im Paradies war, und es ist die stărkste Waffe gegen die
Sunde. Der Grosse Basilios sagt, dass der beste Rat jener des
Todesgedenkens ist, und der heilige Damaskinos sagt: „O Tod, Tod,
richtiger ist, dich Leben zu ncnncn!" Und er hatte absolut recht. Denn
selbst der weise Salomo, hatte er des Todes gedacht, wăre nicht in
Ausschweifung gefallen mit den Frauen und hatte die Weisheit nicht
verloren, die Gott ihm geschenkt hatte.^
Der Altvater sagte zu einigen jungen Monchen: „Meine Kinder, ihr seid
hoch wie Tannen, doch wie diese konnte ihr gefallt werden vom Sturm,
denn ihr treibt eure Wurzeln nicht hinab in die Heiligen Schriften, noch
auch in die Zg&gn der Heiligen Văter, die fur uns wie das Wort des
Evangeliums sind."
Ţ I ' in Bruder fragte ihn: „Vater, wenn wir eingesperrt werden unseres
J —/Glaubens wegen und man unseren Sinn verăndert durch Hypnose,
sind wir dann schuldig?" Der Altvater antwortete: „Es ist unmoglich,
einen Menschen zu verăndem, wenn er in seinem Herzen das Jesus-
Gebet hat. Doch dazu muss er schon vorher ein Leben des Gebets
fuhren. Wenn du sagst: /Ygrr Jg.sM.s' C/uisZM.s*... erzittert die ganze Holle,
doch nur dann, wenn du es aus dem Herzen sagst.
' S. 200.
^ TTveu^artxoiZtdAoyot, S. 158.
S. 201.
252 A 7eopa vo/;
Ţ *^as Gebet ist die Nahrung und das Leben der Seele. Geradeso wie
J-V d e r Leib stirbt ohne Speise und Trank, so auch stirbt die Seele
ohne Gebet.
*TAer Altvater wurde gefiagt: Wie konnen die Menschen heute das
J-V G ebot des Apostels Paulus erfullen, Fetet o/me Er
antwortete: „Jeder kann ohne Unterlass beten, wenn er im Geist und im
Herzen stăndig vor Gott steht. Mit den Hănden arbeitet er, wăhrend er
seinen Geist und sein Herz zu Gott erhoben halt... Der Geist und das
Herz seien allezeit ungetrennt von Gott, wo immer wir uns befinden."
A H 7^nn wir mit dem Geist hinabtauchen in unser Herz, mussen wir
VV drei Turen schliessen: die sichtbare Tur unserer Zelle, um Stomng
seitens der Menschen zu vermeiden; die Tur unserer Lippen, damit wir
mit niemandem reden, und die Tur unseres Herzens, um den Widersacher
auszusperren, wobei wir als Tiirhuter unseren Geist einsetzen. Wenn
der Mensch mit dem Herzen betet, west er in der Liebe Gottes und
begehrt nichts anderes, als immer darin zu bleiben, so wie Petrus bei
der Transfiguration wunschte, immerdar mit Christus auf dem Berg
Thabor zu sein.
'"V ur Zeit des Gebets muss der Geist blind, taub und stumm sein, das
^ j heisst, er soli nichts sehen, nichts horen und nichts denken ausser
Jesus Christus aliem. Dies ist das Jesus-Gebet, das auch monologisches
Gebet („Ein-Wort-Gebet") usw. genannt wird und bei dem das Denken
ausschliesslich auf den Namen Jesu fixiert ist. Wenn der Geist vom
Heiligen Geist entruckt wird, verkurzt er das Gebet, um nicht herunter-
gezogen zu werden durch den Widersacher wegen der Vielzahl der Worte.
A us dem reinen Gebet wird die wahre Liebe geboren, nicht umge-
Z l^ k e h rt. Der hl. Isaak sagt, dass wir in dem Mass, wie wir mit dem
Herzen beten, die wahre Liebe erlangen. Und der hl. Maximos der
//. Z,e/??v 253
Bekenner sagt: „AHe guten Werke helfen dem Menschen, die Gottesliebe
zu erlangen, doch keines so sehr wie das Gebet." Der Grosse Basiiios
sagt, dass die Liebe zu Gott geboren wird aus der geistigen Betrachtung
der Schopfung, der Harmonie und Pracht der Geschopfe Gottes.'
Ţ I ' iner der heiiigen Văter sagt: „So wie das Wasser das Feuer Ioscht,
J —/so ioscht das Vergessen das Gebet." Heute vermdgen wir nicht
mehr zu beten wie die heiiigen Văter vor uns, weil wir Gott vergessen
haben und vergessen. Das Vergessen ist Voriăufer der Entfernung von
Gott. Zudem beten wir heute nicht mehr mit der gleichen Ehrfurcht wie
die Aiten, weii sich in allen von uns der Giaube verringert hat. Wer
utiverruckt an Gott giaubt, furchtet Gott, iiebt Ihn und betet unablăssig
zu Ihm, weil er nicht leben kann ohne Gott, fem vom Himmiischen
Vater. ich giaube, dass in allen Kategorien von Glăubigen die
Schwăche unseres Glaubens an Gott die grosste Ursache der Schwăche
unseres Gebets ist. Deshalb auch lassen sich viele Orthodoxe von den
Hăretikem irrefuhren, denn statt ianger Stunden des Gebets bringen
ihnen jene anreizende Lieder und Botschaften und ergotzen damit jene,
die iau sind im Glauben.
Ţ Ţ nsere Glăubigen beten nicht viei heutzutage und haben keine Geduld
L J im Gebet, weil sie sich oft zur Gănze absorbieren lassen von der
Sorge um die Dinge dieses Lebens, von den Geniissen, von der
Trunkenheit, von der Habsucht, von der Hoffart dieser Welt, des
Versuchers. Doch wenn wir wollen, dass Gott sich unser erbarmt, uns
unsere Siinden vergibt und uns beschutzt vor jeder Versuchung und
Gefahr, mussen wir uns selbst Tag und Nacht anhalten zum heiiigen
Gebet, vor aliem zum Lesen des Psalters, dem grosse geistige Kraft
innewohnt, der Gottesdienste des Tages aus dem Stundenbuch, des
Akathistos-Hymnos an die Gottesmutter, des Bitt- und Trostkanons, und
an den Festtagen mussen wir, wie der Hirsch zu den Wasserquellen, in die
Kirche eilen, um teilzunehmen an der Gottlichen Liturgie. Und wenn der
Teufel uns bekămpft mit Vergesslichkeit, mit Unglauben, mit Trăgheit,
Schlaf und Alltagssorgen, wollen wir dem entgegenwirken, indem wir, so
viei wir konnen, beten mit dem Mund, gemăss der Gebetsregel, die uns
unser geistiger Vater gegeben hat. Und mit der Zeit werden wir mit Hiife
des Herm von der Quantităt zu Qualităt ubergehen, vom mtindlichen
Gebet, bei dem man ieicht abwandert in Gcdatikcn, zum inneren Gebet
und zum Herzensgebet, und dann, wenn wir die Freude des Heiligen
Geistes kosten, werden wir begreifen, welch grosses Gut der Herr ist.'
(7/At r*.s
T I ' in Christ sagte zum Altvater: „Ich glaube nicht, dass es den Teufei
J —ygibt!" Nachdem ihn dieser ausreichend belehrt hatte hieruber aus
der Heiiigen Schrift, sagte er zu ihm: „Wenn du immer noch nicht
glaubst, dass es den Teufei gibt, dann geh in die Wildnis, wage zu
fasten und zu beten, und er wird dir keine Ruhe lassen."
(Wr/u/r/
Ebenda, S. 145-146.
//. LeAre 255
V/c/tt Ae/az/tsteAe/!
" T \ e r Altvater pflegte seine Jilnger zu mahnen: „Mein Kind, steh nicht
J-V untătig herum, vergeude nicht deine Zeit. Nimm ein Buch in deine
Tasche, wohin du auch gehst, mit den Schafen, mit den Ktihen oder
wohin immer man dich schickt, und lies das Wort Gottes."
( 1 ehr oft zitierte der Altvater die Worte des Erlosers: ihe/te, we/u? a//e
A7e/tscAen Gutes sagen euc/? (Lk 6,26), und fugte dann hinzu:
„Und wenn ihr Lob grosser ist als unsere Taten!" Er tat, was er konnte,
um dem Lob der Menschen zu entraten, und wenn er sah, dass jemand
ihm hohe Achtung zollte, setzte er sich seibst herab, indem er sich als
sterilen Feigenbaum bezeichnete und anderes mehr.
An r//e /Gw;AeH
Ţ T ier Dinge sind es, durch die wir den Frieden des Herzens eriangen
V konnen: 1. Immer das Schiichte suchen. 2. Danken fur alles, seibst
das Unbedeutendste. 3. Immer darum beten, dass in unserem Leben der
Wille Gottes geschehen moge. 4. Alles dem Willen Gottes uberlassen.
Ţ ^ \ie heiligen Văter sagen - und unter ihnen auch Antonios der
J-V G rosse dass die Konigin der Tugenden die Unterscheidung ist.
Viele stiirzten sich in die Flut der Leidenschaften, um andere vom Tod
zu retten, und ertranken seibst dabei. Nirgendwo in der Heiligen Schrift
habe ich gelesen, dass einer in seiner Seele sterben soli, um andere zu
retten. Alle Tugenden mussen mit Mass und Unterscheidung getibt
werden. Mit anderen Worten, wir mussen dem koniglichen Weg der
Mitte folgen, entsprechend der Gnadengabe, den naturlichen
Făhigkeiten, dem Eifer und dem Wesen eines Jeden, damit wir nicht
von einem Extrem ins andere fallen, denn in den Extremen haust der
Teufel, wie die heiligen Văter sagen.'
Wo s/nr/ ^
G/tr7s?/lc/?<w
Ţ ^ e r A ltvater ermahnte
J-V alle christlichen Fami-
lien, ob sie auf dem Land
lebten oder in der Stadt,
Kinder zur Welt zu bringen.
Gemăss den heiligen
Kanones der Kirche verbot
er streng die Abtreibung
und jede andere Art von
Ermordung ungeborener
Kinder, die er als eine der
schwersten Slinden der
Christen bezeichnete. Den
Jungen empfahl er, in
Keuschheit zu leben bis zur
kirchlichen Eheschliessung.
Wenn am Sonntag nicht die
ganze Familie zur Kirche
gehen kann, gebot er, soli
wenigstens ein Familien-
mitglied entsandt werden, gleichsam als „Apostel der Familie", wăhrend
sich die anderen zu Hause der geistigen Lektiire oder dem Gebet
hingeben. Sie sollen warten mit der Mahlzeit, bis jener zurtickkehrt von
der Kirche und das Antidoron mitbringt fur alle.'
D/e //ores/e/7
Ţ A ie Christen, die sich endgultig getrennt haben von der Kirche,
-L vstellen sich den orthodoxen und apostolischen Dogmen unseres
Glaubens entgegen und haben eine irrige Glaubenslehre geschaffen.
Das sind jene, die Hăretiker genannt werden. Hăresien hat es seit
Anfang der Verkundigung des Evangeliums gegeben und wird es geben
bis ans Ende der Zeiten. In ihnen zeigt sich der Unglaube der Menschen
und zugleich ein măchtiges apokalyptisches Zeichen. Es gibt immer
Menschen, die die Kirche verlassen und in Hăresie fallen, und dies aus
folgenden Gninden: 1. Aus Unwissenheit, d.h. auf Grund mangelnder
Kenntnis des Wortes Gottes, der Heiiigen Uberlieferung und der Lehre
der Heiiigen Văter. 2. Wegen der Tăuschung durch den Teufel, Je r
u/7?Aerge/?t w/e em ĂrM//e77Jer Lowe MnJ we/7 er rer.scA/n?ge
(1 Petr 5,8), und dem es gelingt, viele Christen inezuleiten durch
Leidenschaften, Selbstzufriedenheit, Unglauben usw. 3. Aus Hochmut,
welcher die meisten der Hăresien und Schismen in der Geschichte der
Christenheit hervorgebracht hat. 4. Aus dem Hang zu fleischlichen
Genussen usw.
Tîveu^anxoizttdAoyot, S. 166-168.
//. LeA re 259
A u f die Frage, wie die Orthodoxe Kirche, ihre Hirten und ihre
Y Y Glăubigen dem Proselytismus der Hăretiker besser entgegenwirken
konnen, antwortete der Altvater: „Um die Verderbung des wahren und
apostolischen Glaubens durch die Hăretiker zu verhindem, miissen
sowohl die Hirten, d. h. die Hierarchen, Priester und Monche, als auch
unsere orthodoxen Christen auf drei Weisen vorgehen: Erstens miissen
sie ofter und mit grosser Ehrfurcht und Sorgfalt die Heilige Schrift und
die Glaubenslehren unserer Orthodoxen Kirche lesen. Zweitens
miissen alle, sowohl die Hirten als auch die Glăubigen, die Dogmen
unserer Orthodoxen Kirche studieren, um danach ihrerseits die
Mitglieder der Kirchgemeinden zu lehren. Drittens mussen sich unsere
Hirten und Glăubigen darum bemiihen, gemăss den Geboten des
Evangeliums Christi zu leben, damit sie fur alle zum Vorbild werden
durch ihre Werke. Unser Erloser Jesus Christus verlangt von uns zuerst,
dass wir nach Seinen Geboten leben, und danach, dass wir dariiber
auch zu den anderen sprechen, denn Er sagt: HEr ay aAer AArt,
wi/U g/*o.y.y ge^a/v^i werJeu im 7?aicA J e r ZVimmei (Mt 5,19). Dasselbe
lehrt auch der Apostel Paulus seinen Jiinger Titus: /n uiiem zeige ciicA
a A kbrAiiri gMier IK/Ae (Tit 2,7). Und der hl. Isaak der Syrer sagt: „Du
selbst schweige, damit deine Werke sprechen" (Darlegung 23).
Zum DAumcuA/uuy
auch der rettenden Gnade crmangetn, ist eine Hoffnung auf Vereinigung
praktisch unmoglich...
7*on den Gliedem der Orthodoxen Kirche, die dieselbe vertreten, ist
V zu verlangen, dass sie sehr vorsichtig sind, damit wir nichts
preisgeben von unserer Uberlieferung, von den Lehren der Heiligen
Văter und aliem voran von den Dogmen der Orthodoxen Kirche, die
von so vielen Heiligen zum Preis so grosser Opfer behutet und
bekrăftigt worden sind. Denn wenn die Heiligen Văter, die sich bei der
Einberufung der Sieben Okumenischen Konzile und der lokalen Konzile
in den ersten christlichen Jahrhunderten versammelten, nicht mit hoch-
ster Sorgfalt fur die Bewahrung der Dogmen und Lehren des rechten
Glaubens gekămpft hătten, găbe es heute wahrscheinlich keine recht-
glăubigen Christen mehr. Deshalb mussen wir sehr darauf achten, dass
jene Opfer der Heiligen nicht zunichte gemacht werden. Andemfalls
werden wir unsere Seelen verlieren und die Glăubigen der Orthodoxen
Kirche spalten...
Ebenda, S. 180-184.
7/. LeAre 261
Dos /tf/'/c/m
Ebenda, S. 188-189.
262 P/edya von V/da.s-ni'a
(1924-1994)
264
265
Kapitel 7
Q agt uns ein Wort, Geronta", baten ihn eines Tages einige seiner
3 3 k)geistigen Kinder. „Was soli ich sagen?" „Was euer Herz sagt."
Da antwortete der Altvater: „Was mein Herz sagt ist dies - dass ich ein
Messer nehme, mein Herz in Stuckiein schneide und an die Menschen
verteiie und dann sterbe."'
Dies war in der Tat das Leben von Altvater Paissios auf dieser Erde.
Bis zur gănzlichen Erschopfung aller seiner Krăfte gab er sich, in der
Nachfolge Christi, den Menschen hin, denen, die litten in der Seele
oder am Leib, damit sie das Leben hătten, das er sich selbst entzog. Er
war einer von denen, die um der Liebe Gottes willen sich selbst zur
Gănze abgeschrieben haben, nicht mehr fur sich selbst leben, sondern
aliem tur Gott und Seine Geschopfe. Seine allumfassende Liebe trieb
ihn, ein Mensch zu sein fur die anderen. Er war, wie die Junger des
Herm, „bettelarm, doch reich an Segnungen, die er mit seinem Gebet
vom Himmel auf die Erde herabbrachte; schwach und krank, doch all-
măchtig und gluhend durch die Gnade Gottes, sodass selbst die
Naturgesetze hintallig wurden vor ihm; ein in der Einsamkeit lebender
Monch, doch sehr nahe den Noten der Menschen; ein Asket, der streng
war mit sich selbst, doch mildtătig bis zur Selbstaufopferung fur die
Schwachen, die Kranken und jene, die Unrecht erlitten."^
„Er hatte das Mass des Menschlichen, der menschlichen Natur
uberschritten. Doch er wirkte durchaus menschlich, durchaus verstănd-
' FEQOvTog rtatoio)] AymQetiou, Aoyot A', Mr Hovo xat Aydyr?? ytd rov
ouyxpovo AvdpMjro, hrsg. vom HI. Kloster des Evangclisten Johannes des
Theologen, Souroti, Thessatoniki, 10. Aufl. 2006, S. 23.
^ deQogovdxou Ioadx, Tepovro^ J7amiou rod Aytopetrou, Ag. Oros 2004,
S. 23.
266
lich, durchaus naturlich. Dabei blieb dir stets bewusst, dass er etwas
anderes war. Er flosste dir eine heiiige Ehrfurcht ein, zugleich aber
auch Einfachheit und Spontaneităt. Du konntest mit ihm reden wie mit
deinem Vater, wie mit deiner eigenen Mutter. Er war auch witzig, er
hatte einen wuuderbaren Humor."' Mit diesem sagte er den Menschen
Wahrheiten liber sie selbst auf eine Weise, die sie annehmen konnten,
als Medizin zur Heilung. Er wurde um Rat und Hilfe ersucht von
M enschen jeder Herkunft, von jugendlichen Rebeiien und
Verzweifeiten, von einfachen Leuten des Volks bis zu Wissenschaftem
von Weltruf, von Monchen, Priestem und Hierarchen,
Sein hauptsăchiichstes Werk war das Gebet. Er betete fur die ganze
Weit, fur jede Art von Menschen, in jedwelchem Zustand, und da er
sich selbst ganz hingab an Gott, wurden seine Gebet erhort, sodass
Wunder geschahen in grosser Zahl, nicht nur zu seinen Lebzeiten,
sondern auch nach seiner seligen Entschlafung.
Da er das Kommende sah, war er auch ein unablăssiger Warner - vor
der vielgestaltigen Apostasie unserer Zeit, den Modemismen, mit
denen sich der heutige Mensch das Leben leicht zu machen und den
unerlăsslichen geistigen Kampf zu umgehen sucht, im Unwissen
daruber, dass, wie der A ltvater oftmals sagte, „alle diese
Erleichterungen letztlich umschlagen in Erschwemngen", weil sich der
Mensch damit den Weg verbaut zum wahren Leben. Denjenigen, die
glauben, die Kirche Christi „emeuem" zu mfissen, hielt er entgegen:
„Wir haben nicht das Recht, unserer Schwăchen wegen ein Christentum
zu machen nach unserem Mass."^
' Monch Nikodimos Bilălis in: Kk. iMavvi&T), fepovnxd rou20oa AnOvoţ, S. 281.
^ Aoyot A', S. 360.
267
I. - Leben
7. G^AMrf Mt
w/tt/ H%(/; G ^cA ^a/a/tt/
Nach eineinhalb Jahren auf Kerkyra zog die Familie Eznepidis nach
Igoumenitsa und schliesslich nach Konitsa (Epiros). Hier wuchs der
kleine Arsenios auf und besuchte die Grundschule, die er mit Auszeich-
nung abschloss. Von klein auf war er beseelt vom Wunsch, Monch zu
werden. Er fand wenig Geschmack an den Spielen der Gleichaltrigen,
wurde aber von allen geschătzt wegen seiner guten Art und Dienst-
fertigkeit. Sobald er fliessend lesen konnte, begann er tăglich das
Evangelium und die Heiligenleben zu studieren. Was er las, versuchte
er auch in seinem eigenen Leben zu tun. Oftmals stand er des Nachts
auf, um zu beten oder den Psalter zu lesen, obwohl ihn sein ălterer
Bmder zu hindem suchte. Er fastete viei und pflegte in den Wald zu
gehen, wo er sich, mit einem selbstgefertigten Holzkreuz in der Hand,
dem Gebet hingab. Als er 15 Jahre alt war, erschien ihm Christus in
einer Lichtvision, um ihn zu trosten nach dem Versuch eines Atheisten,
ihn abzubringen von Gott durch die irrigen Lehren des Darwinismus.'
Der Herr sagte zu ihm: /cA Am &v,s* ZcAen. IFbr <2/7
/WAA u'Av/ /cAe/t, rnrcA we/u? Ai (Joh 11,25).
Nach Abschluss der Grundschule wollte Arsenios nicht aufs
Gymnasium, denn sein Wunsch war, wie der Herr Zimmermann zu
werden. Er lernte das Handwerk bei einem Meister und eroffnete dann
eine eigene Werkstatt, wo er auch Ikonostasen herstellte. Er war ein
geschickter Holzschnitzer, wovon seine spăteren Miniatur-Schnitz-
arbeiten auf dem Heiligen Berg zeugen. Auch in diesem Beruf bewies
er seinen Edelmut. Wenn ihm beispielsweise jemand einen Sârg
beştelite, lieferte er diesen kostenlos, um auf diese Weise den Schmerz
der Familie zu teilen und zu lindern. Was er einnahm, gab grosstenteils
als Almosen weg.
Seine freie Zeit verbrachte er in einem kleinen Landkirchlein, das
der hl. Barbara geweiht war und wo er mit gleichgesinnten Freunden
tăglich den Vesper-Gottesdienst und das Apodipno zu feiem pflegte.
Mit diesen zusammen besuchte er auch Kloster und Altvăter der weiteren
Umgebung. Mehrere dieser Freunde sollten wie er selbst Athos-
Monche werden, darunter Pavlos Zisakis, spăter Abt der Grossen
Lavra, und Kyrillos Manthos, Vorsteher des Kellions Bourazeri.
d. aA (7945-7949)
Im Jahr 1945, als er das Alter von 21 Jahren erreichte, zog man ihn zum
Militărdienst ein und teilte ihn den Ubermittlungstruppen zu, sodass er,
durch Gottes Gnade, bewahrt wurde vor dem Waffendienst. Er diente
als Funker seiner Einheit und zeichnete sich aus durch seinen selbstlo-
sen Einsatz. Damals herrschte in Griechenland Burgerkrieg, und der
' Das heisst die Lehre iiber die angebiich „nattirliche Entstehung der Arten" und mithin
die Seibstentstehung des Universums. Im Licht der neueren wissenschaftiichen
Forschungen uber die DNS (Gen-Code) u.a. wird diese Lehre selbst von Wissen-
schaftem zunehmend angefochten (s. hierzu z.B. Der ^c/nwa/e D/A4 Nr. 28,
Dezember 2006).
270 Aitvater P a ^ io ^ der
Ais Arsenios i 949 aus der Armee entiassen wurde, ging er auf den
Fieiiigen Berg. Er besuchte viele Skiten, Kalyven und Keliien, denn er
sehnte sich nach dem hesychastischen Leben und suchte einen Aitvater,
der ihn auf diesem Weg ftihren konnte. Er fand zwar einen, bei dem er
gem geblieben wăre - Papâ-Kyrillos von der zum Kloster Koutlou-
moussiou gehorenden Skite des Hi. Panteleimon\ nachmais Abt jenes
Klosters. Doch da es hierbei Schwierigkeiten gab, kehrte er einstweiien
nach Konitsa zuriick, dem R uf seines aitemden Vaters folgend, der ihn
um Hiife gebeten hatte. So nahm er fur eine Zeit seine Tătigkeit als
Zimmermann wieder auf, um der Familie zu helfen.
1950 kehrte Arsenios auf den Heiligen Berg zurtick, und da ihm
Papă-Kyrillos geraten hatte, sich zuerst im Leben zu
uben, trat er ins Kloster Esphigmenou ein, das damais noch nicht von
den Zeloten besetzt war. Es hatte eine gute Ordnung und Văter, die dem
asketischen Kampf zugetan waren. Arsenios gab sich beflissen dem
Gehorsam und den Muhen des Gemeinschaftslebens hin. Er diente im
Tafelsaal und in der Brotbăckerei, was sehr ermudend war, denn der
Teig wurde in grossen Trogen von Hand geknetet. Spăter schickte man
ihn in die Kioster-Schreinerei, und auf eigene Bitte teilte man ihm
uberdies dem Găsteempfang zu. Er war auch verantwortlich fur zwei
Kirchlein ausserhaib des Klosters, wo er tăglich die OHampen richtete
und andere Arbeiten versah. Wenn er fertig war mit allen seinen Diako-
nien, ging er nicht etwa in seine ZeHe, um auszuruhen, sondem half
anderen, die schwach waren, damit sie eher fertig wtirden und ausruhen
konnten.
Nie verliess er sich auf sein eigenes Urteil, sondem befragte dem ti
ng in aliem seinen Beichtvater, nachdem er zu Gott gebetet hatte, Er
mochte diesen erieuchten, damit er ihn dem gottlichen Willen gemăss
lenke. Er las viei, vor aliem die Heiligenleben, das GerontAon' und
Abba Isaak den Syrer, von dem er sich nie trennte. Soofit er konnte,
besuchte er auch die geisttragenden Greise der Umgebung, um ihren
Segen zu empfangen und ihren Ratschlăgen und Erzăhlungen zuzu-
horen, die er mit seinem reinen Herzen aufnahm, ohne sie in Zweifel
zu ziehen, weshalb er grossen Nutzen gewann daraus/
In jener Zeit cmpfing er auch erste Besuche der gottlichen Gnade,
die ihn mit tiefster Seligkeit erfullten. Doch auch erste Kămpfe mit den
Dămonen hatte er dort auszutragen.
Uber seine Zeit in Esphigmenou sagte er spăter: „Dort war ein Vater,
der mir sehr half. Er sprach uberhaupt nicht. Er empfand das Bedurfhis,
mit Christus zu sprechen, und deshalb brachte er es nicht tibers Herz,
mit den Menschen zu reden. Doch es genugte, ihn auch nur anzu-
sehen... Obwohl die Monche nicht reden, wenn sie sich in einem
' Sammîung der Ausspruche der Wustenvăter Âgyptens des 4. und 5. Jh. Dt. tters'Mu-
geu der Puter, Pauhnus Trier, 5. Aufl. 2002.
^ Uber diese Greise berichtet der Aitvater in seinem Buch ^rAondAcAe kdter, op. cit.
(s. Bibbographie).
272 7 /tvater Je r 7 g;'or;7
Ebenda, S. H5.
274 ^4/twder der ^4g/ord
Bpistimi nieder, die auf einer Terrasse in der Feiswand ostlich des
Sinai-Kdosters iiegt, eine Wegstunde von diesem entfemt, und aus einem
Kirchlein sowie einer winzigen Zeiie besteht. Hier fand er endlich, was
er sich so iange gewiinscht hatte. rsV Jos Ja r
von J e r
Tagsuber sagte er das Gebet, wăhrend er mit den Hănden seine
Handarbeit, die Holzschnitzerei, verrichtete. Nachts betete er mit der
Gebetsschnur, unter unzăhligen Metanien. Aiie seine Krăfte konzen-
trierte er auf die Askese, ohne jede Ablenkung. Wasser fand er in
einiger Entfemung, wo es aus dem Feisen tropfte - gerade genug fur
seinen eigenen Tagesbedarf
und jenen der Vogel der
Wiiste, die sich hier einzu-
finden pflegten und ihm
Geseilschaft leisteten. Als
Nahrung dienten ihm dtinne
Teigfladen, die er in der
Sonne zu „Brot" trocknete.
Seine Kuchenausrustung
bestand aus einer Konser-
vendose und einem Loffel,
um Tee zu kochen. Damit
wărmte er sich in den eisi-
gen Wustennăchten.
Jeden Samstag oder
jeden zweiten pflegte er ins
Kloster hinabzusteigen, um
am Sonntag an der
Gottlichen Liturgie teilzu-
nehmen und die FU. Myste-
rien zu empfangen, womit
er sich stărkte fur den
K am pf gegen den
Widersacher, der ihn in jener Wusteneinsamkeit heftiger angriff ais je
zuvor. Er nahm auch an gemeinsamen Arbeiten teii und half den Vătem
mit seinem Schreiner-Handwerk. Seine Schnitzarbeiten gab er dem
Kloster, das sie verkaufte, und was er dafur bekam, verteilte er an die
Beduinen. Einige der Văter liessen sich von ihm geistig beraten und
' ParaAd'dAi (7?McA der <S Tone), Stufengesănge des 5. Tons, f Antiphon.
275
Ex 19,18.
276 4 /trate?- Pa&s/o.$ der ^gtor/t
Dort Hess er sich in der Kalyva der HI. Erzengel nieder, die zu der
halb verlassenen Skite des Klosters Iviron gehorte. Sie hatte wie die
anderen Htitten ihr eigenes Kirchlcin fur die tăglichen Gottesdienste,
und am Sonntag versammeiten sich afle Văter zur Goftiichen Liturgie
im der Hauptkirche der Skite. Baid geseilten sich andere
Văter zu ihm, darunter die Priestennonche Basiiios und Grigorios, die
spăter das Kioster Stavronikita wiederbeteben soilten mit Vater Basiiios
als Abt. Um mehr Ruhe zu haben tur das Gebet, băute sich Vater
Paissios in der Năhe einen winzigen Verschlag aus Brettern, in den er
sich oft zuruckzog. Eine Zeitlang versah er auch das Amt des /AWo.s',
d.h. Vorstehers, der Skite von Iviron.
Damals hatte Vater Paissios als Beichtvater den russischen
Priestermonch Papâ-Tychon', den er schon seit seiner Zeit in Esphig-
menou kannte und der in der zum Kioster Stavronikita gehorenden
Kalyva des Kostbaren Kreuzes (Timiou Stavrou) lebte. Dort schor ihn
der Starez am 11. Januar 1966 zum Monch des Grossen Gewands.
Im gleichen Jahr erkrankte Vater Paissios abermals auf den Lungen,
und nach anfanglicher Fehldiagnose auf Tuberkulose und nutzloser
Penicillin-Therapie wurde er Ende 1966, im Alter von 42 Jahren, in
Thessaloniki wegen einem Bronchiengeschwtir operiert, wobei man ihm
die ganze linke Lunge und ein Stuck der rechten entfemte. Fur diese
schwere Operation war viei Blut notig. Dieses spendeten mehrere frorn-
me junge Frauen, die von der Notlage des Vaters gehort hatten. So ent-
stand der erste Kontakt mit jenen, die spăter die Schwesternschaft des
Klosters des HI. Evangelisten Johannes des Theologen bilden soilten.
In der Tat versuchten diese Jungen seit langem, ein Kioster zu
griinden, was ihnen aber bisher nicht gelungen war. Als der Vater genas,
fand er tur diese Gmndung einen geeigneten Ort in Souroti suddstlich
von Thessaloniki und unterstutzte das Grundungswerk in allen seinen
Phasen. Er gab der Schwesternschaft auch die notwendigen geistigen
Richtlinien und blieb bis ans Ende seines Lebens der geistige Vater des
Klosters von Souroti. Spăter betreute er auch das Kioster des Eli.
Johannes des Vorlăufers in Metamorphosis (Chalkidike) und das nahe-
gelegene Kioster des HI. Arsenios von Kappadokien.
' Sein Leben, verfasst von Altvater Paissios, ist enthalten in ^t/?o?;/tAcAe Taier,
op.cit.
7. 7e6ew 277
Nach seiner Entlassung aus dem Spital kehrte Vater Paissios in die
Skite von Iviron zuriick und nahm seinen asketischen Kampf wieder
auf. Doch sein Gesundheitszustand erforderte unbedingt einen
Klimawechsel, denn die Umgebung der Skite war sehr feucht. Zudem
empfand er den Wunsch nach grosserer Stille. So siedelte er im Juli
1967 nach Katounakia iiber, in die Felsensiedlung der Eremiten im
sudwestlichen Zipfel der Athos-Halbinsel.
Dort ubemahm er die von der Grossen Lavra abhăngige Kalyva des
HI. Hypatios, bei den sogenannten Wallachischen Kellien, oberhalb der
Danieliden, der Ikonenmaler. Es war eine bescheidene Hritte, ohne
eigenes Kirchlein, doch sehr still. Nicht weit davon befand sich die
Blechhutte, wo Gero-Ephrem der Elende' gelebt hatte. Dorthin zog sich
Vater Paissios oft zuriick, um zu beten, denn der Ort war geheiligt
durch die Kămpfe jenes Altvaters.
In Katounakia gewăhrte ihm der Herr eine grosse Gnade. Eines
Nachts, erzăhlte er spăter, wăhrend er das Gebet sagte, begann ihn eine
himmlische Freude zu erfassen. Gleichzeitig erstrahlte seine dunkle,
nur von einer Kerze erhellte Zelle langsam von einem wunderschonen
weissblăulichen Licht. Das Licht war sehr hell. Er spiirte, wie seine
Augen gestărkt wurden, damit sie diesen Glanz ertragen konnten. Er
blieb viele Stunden in dem Licht und verlor jedes Gefuhl ftir die
irdischen Dinge, er war in einer anderen, einer geistigen Welt, die sehr
verschieden ist von jener hier, der fleischlichen. Als das Licht
schliesslich abzunehmen begann, kam er langsam wieder in seinen
vorherigen Zustand. Nach einer Weile trat der Vater aus seiner Zelle,
und da schien ihm, es sei Nacht, Vollmondnacht. Deshalb ging er zu
seinem Nachbam und sagte zu ihm: „Was geht vor, Bruder? der
Tagesanbruch scheint sich heute zu verzogem. Wieviel Uhr ist es
denn?" Der andere antwortete tiberrascht: „Vater Paissios, was hast du
gesagt? Ich habe dich nicht verstanden." Es war zehn Uhr morgens,
und der „Vollmond" war in Wirklichkeit die Sonne! So hell war das
Ungeschaffene Licht gewesen, dass im Vergleich dazu die Sonne
dunkel schien!
Â77f/:M7HC! Pa7?ago:7<7a
mutter umfasst. Dies solite sein letzter Wohnort auf dem Athos sein. Es
solite auch zur meistbesuchten Stătte des Heiligen Berges werden, so
sehr, dass der Fussweg dahin vollig ausgetreten wurde, und dies auf
zwei Spuren! Der selige Vater wurde zum richtiggehenden „geistigen
Magnctcn", der den Schmerz der Leidenden auf sich zog.
281
Mit der Zeit jedoch erschopften sich seine korperlichen Krăfte, und
er begann, an verschiedenen Krankheiten zu ieiden, deren schwerste
ein Dannieiden war, das sich zusehends verschiimmerte, umso mehr,
als er ărzliche Unter-
suchungen und Behand-
iung ablehnte. Er iitt
immer mehr an
Biutungen, und der star-
ke Biutveriust fuhrte
dazu, dass er hăufig
ohnmăchtig wurde. In
den ietzten Jahren
geschah es oft, dass er
mitten im Gottesdienst
zusammenbrach. Doch
kaum war er wieder zu
sich gekommen, stand
er auf und fuhr weiter
mit den Lesungen. Die
Văter, die Zeugen dieses Martyriums wurden, baten ihn, sich doch hin-
zulegen und sich zu schonen, doch fur den Kămpfer Christi konnte von
Selbstschonung keine Rede sein. Den Empfang von Besuchem aller-
dings musste er notgedrungen einschrănken. Er hăngte ein Plakat an
die Tur, mit dem er die Besucher auffbrderte, auf einen Zettel zu schrei-
ben, was sie ihm sagen woiiten, und diesen in den danebenstehenden
Kasten zu werfen. Dem ftigte er hinzu: „Ich werde euch mehr helfen
mit dem Gebet als mit viei Gerede. So werde ich Zeit haben, einer gros-
seren Zahi von Leidenden zu heifen. An diesen Ort bin ich ja gekom
men, um zu beten, und nicht um den Meister zu spielen."
1993 hatte sich sein Zustand so sehr verschlechtert, dass er aile halbe
Stunden Biutungen hatte. Jede Einnahme von Speisen bereitete ihm
Schwierigkeiten. Damals brachte ihm einer der Văter vom Kloster
Vitamin- und Eisentabletten und suchte ihn zu bewegen, diese
einzunehmen, damit er zu Krăften kăme. Mit seinem ublichen Humor
lehnte er ab und sagte: „So wie es mit mir steht, reicht Eisen nicht mehr
aus, da ist schon Stahl notwendig."
Am 5. November 1993 verliess er den Heiligen Berg zum Ietzten
Mal, um sich ins Kloster des HI. Evangelisten Johannes des Theologen
283
in Souroti zu begeben und dort wie jedes Jahr am 10. November an der
Agrypnie zu Ehren des HI. Arsenios von Kappadokien tcitzunehmcn.'
Dort eriitt er eine akute Verschtimmerung seines Zustands, sodass er
unverziiglich ins Spiţa) eingeliefert werden musste. Die Ârzte steilten
fest, dass er an Darmkrebs )itt, mit Metastasen in Leber und Lunge.
Nach mehrwochiger Strahlentherapie wurde er anfangs Februar 1994
in Thessaloniki operiert. Zur Erhotung brachte man ihn zuruck ins
Kloster Souroti, und im April 1994 wurde er ein zweites Mal operiert.
Seine Ietzten Monate, gekennzeichnet von grossen Schmerzen, die er
jedoch mit Danksagung, Frohmut und seinem ublichen Humor ertrug,
verbrachte er im Kloster Souroti.
Viele kamen, um ihn zu besuchen und seinen Rat zu empfangen.
Oftmals wurde er gefragt: „Geronta, warum bittet ihr Gott nicht, euch
zu heilen, da wir euch doch so notig haben?" Er antwortete: „Wie das?
dtirfen wir denn Gottes spotten? Habe ich selbst Ihn doch gebeten, mir
diese Krankheit zu gcben..." Einem anderen, der ihn um ein letztes
Wort bat, sagte er: „Mochten wir geistigen Edelmut haben, denn damit
erlangen wir Verwandtschaft mit Christus."
Ende Juni horte er auf, Besucher zu empfangen und nachdem er allen
Schwestern seinen Ietzten Segen erteilt hatte, tibergab er am 12. Juli
1994 gegen Mittag seine geheiligte Seele dem Herrn. Er war 70 Jahre
alt. Sein Leib wurde seinem Wunsch gemăss in aller Stille im Kloster
bestattet, wo sein Grab seither eine vielbesuchte Pilgerstătte ist. So
ftigte es das Erbarmen Gottes, damit alle ungehindert Zutritt haben zu
jenem Ort und seinen Segen empfangen konnen, was auf dem Heiligen
Berg nicht moglich gewesen wăre. Auch nach seinem Hingang fahrt
der Altvater fort, die Gebete der Glăubigen vor Gott zu tragen, und
tăglich mehren sich die Wunder, die der Herr durch ihn wirkt.
Seine Reliquien befinden sich in Souroti, wo ihm eine der Kirchen des KJosters
geweiht ist. Altvater Paissios selbst hatte sie 1958 in Kerkyra erhoben und spăter ins
Kloster Souroti gebracht.
284
II. - Lehren'
D/r*
Ţ A ie Menschen sind ratlos und die meisten sehr verwirrt. Sie haben
JL 7die Orientierung verloren... In allen Lăndern siehst du Sturme,
grosse Wogen! Die arme Welt - moge Gott Sich ihrer erbarmen! -
brodelt wie der Schnellkocher. Was tun die Grossen? Sie kochen und
kochen, ades werfen sie in den Schnellkocher, und nun pfeift er.
Binnen kurzem wird das Ventil platzen! Kurzii eh sagte ich zu einem,
der eine hohe Stedung hat: „Warum achtet ihr nicht auf gewisse Dinge?
was wird geschehen?" Er antwortete mir: „Vater, zuerst war das Ubel
wie ein wenig Schnee. Nun ist es zur Lawine geworden. Nur ein
Wunder kann uns helfen."
A /f it der Art und Weise, wie einige den Zustand zu bessern suchen,
IV JLm achen sie die Lawine nur noch grosser. Statt bestimmte
Massnahmen zu ergreifen im Bildungswesen usw., verschlimmern sie
die Dinge.
' Die Lehren von Altvater Paissios sind in vieien Bănden erschienen, vorab in den
bisher 3 Bănden der „Logoi" („Reden"), Fragen und Antworten tiber eine Vieizahl
von Themen, hrsg. vom Kiostcr Souroti, sowie in verschiedenen Sammlungen ande-
rer Herausgeber (siehe Bibtiographie am Ende des Kapitels).
//. Z,e/?/*e 285
Ţ A ie Weit ieidet, sie hat sich verirrt, und ieider sind aiie Menschen
J-V gezw ungen, in der Hoite dieser Weit zu ieben... Die Menschen
suchen, woran sie sich lehnen, sich festhaiten konnen. Und wenn sie
nicht den Giauben haben, an den sie sich lehnen konnen, wenn sie nicht
auf Gott vertrauen, sodass sie sich zur Gănze ihm iiberiassen, werden
sie schwer gepiagt sein. Eine grosse Sache, das Gottvertrauen!
Ţ n dem Zustand, in dem sich die Menschen heute befinden, tun sie,
-L was ihnen der Gedanke sagt. Die einen nehmen Tabietten, die
anderen Rauschgift... Hin und wieder tun sich drei, vier zusammen
und machen eine neue Reiigion. Doch vergleichsweise geschieht
wenig, an Verbrechen, Unfaiien und dergleichen. Gott hiift... Gott hat
uns nicht verlassen. Die heutige Weit halt der Gute Gott mit Seinen
beiden Hănden. Friiher hieit Er sie nur mit einer Hand. Heutzutage,
inmitten aii der unzăhiigen Gefahren, in denen der Mensch iebt, behiitet
ihn Gott wie die Mutter ihr kieines Kind, wenn es eben gehen lemt.
Christus, die Gottesmutter, die Heiiigen heifen uns sehr heutzutage,
doch wir begreifen es nicht...
286
Ţ Ţ Tie seht* hasst der Teufel die menschliche Gattung und will sie zum
W Verschwinden bringen! Und wir vergessen, mit wem wir ringen.
Wenn ihr wtisstet, wievieie Male der Teufei die Erde mit seinem
Schwanz umschiungen hat, um sie zu vemichten! Doch Gott iăsst ihn
nicht gewăhren. Er hintertreibt seine Plane. Das Bose, das das
Bocklein' zu tun vorhat, macht Gott nutzbar, um viei Gutes zu wirken.
Der Teufel pfliigt jetzt, doch letztlich wird es ChrisEts sein, Der sat.
ott Iăsst zu, dass nun eine starke Erschutterung geschehen wird. Es
v J k o m m e n schwierige Jahre... Nehmen wir das emst, leben wir auf
geistige Weise. Die Umstănde zwingen uns und werden uns zwingen,
geistige Arbeit zu leisten. Doch es ist gut, dass wir dies mit Freude und
freiwillig tun, nicht aus Drangsal, notgedrungen. Viele Heilige hătten
sich gewunscht, in unserer Zeit zu leben, um zu kăm pfen... Freuen wir
uns, dass uns heute diese Gelegenheit gegeben wird. Der Lohn ist sehr
gross...
Ţ I ' inen Trost empEnde ich bei alledem: Es ist ein Gewittersturm (der
J —/ vorubergehen wird), und der Kampf ist von Wert, denn nun haben
wir als Gegner nicht Ali-Pasha oder Hitler oder Mussolini, sondem den
Teufel selbst. Deshalb werden wir himmlischen Lohn empfangen.
Moge Gott als Guter Gott das Bose zum Guten wenden. AmcnJ
' Dieses Wort gibt den griech. Ausdruck layxa/.dxL. wieder, mit dem der Altvater den
Teufei oft bezeichnete.
^ Aus: Tepovrog fiato to u Aytoupetro'u, Aoyot A', S. 25-40.
287
T ^ \a s Schlimme ist, dass heute, da die Stinde zur Mode geworden ist,
i^ 7 d ie Menschen einen, der nicht dem Strom der Epoche foigt, der
nicht stindigt und ein wenig fromm ist, als rtickstăndig, als zuruckge-
blieben bezeichnen. Sie halten es tur eine Heraustorderung, wenn einer
nicht stindigt, und die Stinde halten sie tur Fortschritt. Dies ist das
Schlimmste von aliem. Wenn die heutigen Menschen, die in der Stinde
leben, dies zumindest anerkennten, wtirde sich Gott ihrer erbarmen.
Doch sie rechtfertigen, was nicht zu rechtfertigen ist, und lobpreisen
die Stinde. Dies ist die grosste Blasphemie gegen den Heiligen Geist -
dass sie die Stinde als Fortschritt betrachten und den Sauberen als
rtickstăndig bezeichnen. Deshalb haben jene, die in der Welt kămpfen
und ein sauberes Leben tîihren, grossen Lohn, grossen Wert.
Das Canassaa
Las die Menschen auch tun, selbst wenn sie gefuhllos sind, sie
W tînden keine Ruhe. Sie mogen rechtfertigen, was nicht zu
rechtfertigen ist, doch innerlich sind sie gequălt, geăngstigt. Deshalb
suchen sie Zerstreuung, eilen in die Disco, betrinken sich, sehen
stundenlang fem. Anders gesagt, sie bummeln umher, um zu vergessen,
denn sie empfinden die innere Anklage. Selbst wenn sie schlafen -
glaubst du, sie ruhen? Es gibt, siehst du, das Gewissen.
T ^ \ie erste Heilige Schrift, die Gott den Ersterschaffenen gab, ist das
J -V Gewissen, und wir empfangen sie in Photokopie von unseren
Eltem. So sehr einer sein Gewissen auch niedertreten mag, er wird
doch innerlich angeklagt von ihm. Deshalb sagt das Sprichwort: „Der
Holzwurm zernagt ihn." Ja, es gibt keine glucklichere Sache als ein
sauberes Gewissen. Es gibt dem Menschen Fltigel, und er fliegt.
7enn die Menschen nicht ihren Sinn ăndern, wenn sie nicht
VV umkehren zu Gott, veriieren sie das ewige Leben. Dem
Menschen muss gehoifen werden, den tieferen Sinn des Lebens zu
flihien, wieder zu sich zu kommen, damit er den gottiichen Trost
empfmden kann. Das Ziel ist, dass der Mensch geistig aufsteigt, nicht
bioss, dass er nicht sundigt.'
hristus hat dem Teufei die Macht genommen, Boses zu tun. Nur
dann, wenn der Mensch seibst ihm Rechte einrăumt tiber sich, kann
er Boses tun. Wenn einer nicht teiinimmt an den Mysterien der Kirche,
răurnt er dem Versucher Rechte ein und empfangt dămonische Einflusse.
A /f an fragte den Altvater: „Geronta, wie anders noch răurnt man ihm
i V J , Rechte ein?" Er antwortete: „Mit Logik\ Widerrede, Zwăngen,
Eigenwiilen, Ungehorsam, Frechheit. Diese sind Eigenschaften des
Teufeis. In dem Masse, wie ein Mensch diese hat, empfangt er einen
Einfiuss von aussen. Doch wenn er seine Seele lăutert von diesen,
nimmt der Heiiige Geist Wohnung in ihm und schenkt ihm Seine
Gnade.
eue und Beichte heben die Rechte des Teufels au f... Uber einen,
-LV der Glauben hat, zur Kirche geht, beichtet und kommuniziert, hat
der Teufei keineriei Macht, keinerlei Kraft. Er kann nur ein wenig
klăffen, wie ein Hund ohne Zăhne. Doch uber einen, der nicht giaubt
und ihm Rechte einrăumt, hat er grosse Macht. Er kann ihn zerreissen.'
Ţ ^ \e r grosste Feind der Seele, grosser noch als der Teufei, ist der welt-
J-V liche Geist, denn er verfuhrt uns auf sfisse Weise und macht uns
schiiessiich bitter in Ewigkeit... Die Menschen haben die „Welt" (das
N ichtige) eingeiassen in ihr Inneres und Christus aus sich
vertrieben.
T ^ e r weitiiche Geist dringt nach und nach ein, wie der Igei in das
J-V N est des Hasen: Am Anfang bat der Igei den Hasen, seinen K opf
ein wenig hereinstrecken zu durfcn, weii es regnete. Danach steckte er
ein Bein hinein, dann das andere und schiiessiich war er ganz drin und
drăngte mit seinen Stachein den Hasen hinaus. So fangt auch uns die
weitiiche Gesinnung mit kieinen Zugestăndnissen, bis sie nach und
nach alie Macht gewinnt uber uns.
e Heiiigen Văter machten die Wuste zur geistigen Stadt, und wir
1 -^ h e u te machen sie zur weitlichen Stadt.
Ţ ^ \ie klugen Fische lassen sich nicht fangen. Sie sehen den Koder,
J-^b eg reifen , was er ist, und entfemen sich. Die anderen sehen ihn
und sturzen sich darauf und tak! schon sind sie gefangen. So hat auch
die Welt ihre Koder und fangt die Menschen.
Ebenda, S. 51-54.
290 fa,s,s7'o.s' <r/<?r Ag;'o/';7
Ţ " \ie weltliche Gesinnung ist eine Krankheit. So wie man sich vor
J-V leiblichen Krankheiten schtitzt, soli man sich auch schiitzen vor der
weitiichen Gesinnung, wo immer man sie findet. Entfernen wir uns vom
Geist der weitiichen Entwicklung, damit wir uns geistig entwickeln
konnen, geistig gesunden und uns auf engelhafte Weise fieuen.'
E/sgrng AA^rz^n
E/H/HcAgr /gA^M
ott will, dass die Seele einfach ist, ohne viele Gedanken und
v J Wissen. Dass sie wie ein kleines Kind ist, das alles von seinen
Eltem erwartet. Deshalb hat der Herr gesagt: 1%/?// /Ar ///cAt werJet w/e
J/'e Ăi/7/Agg Ad7///t /Ar ///'cAt e/rgcAe// /'//.s* Re/'cA /fer A/Au/z/e/ (Mt 18,3).
FAvcA r/c.s
/)/<?
ott ist gut, und da Er gut ist, sieht Er vor und sorgt fur alle Seine
Geschopfe. Im iibrigen sorgen ja selbst die Menschen - und auch
die vemunftlosen Tiere - von Natur aus fur ihre Kinder. Wer nicht sorgt
fur sie, gilt als schlecht. Da Gott zudem allweise ist, sorgt Er fur die
ganze Schopfung auf die allerbeste Weise. Wenn wir auf die Werke der
gottlichen Vorsehung achten, konnen wir uns nur verwundern liber die
Gute Gottes und miissen Ihn verherrlichen. Wir mussen alle Werke der
gottlichen Vorsehung annehmen, ohne sie zu untersuchen, seibst wenn
sie uns zuweilen ungerecht und unverstăndlich erscheint.
l ^ \ e r Altvater", bezeugt ein Monch, der ihn oft um Rat bat, „mahn-
^ ^ J ^ t e uns immer, gute Gedanken zu haben. Er sagte uns aber auch,
dass unser Ziel sich nicht hierin erschopft, das heisst, im Haben von
guten Gedanken, denn auch von diesen muss sich unsere Seele ietztiich
reinigen, sodass sie von aliem entblosst und nur noch mit der gottlichen
Gnade bekleidet ist, die wir bei der Heiligen Taufe als Geschenk emp-
fangen haben. 'Dies ist das Ziel', pflegte er uns zu sagen, 'dass sich
unser Geist' zur Gănze der gdttlichen Gnade unterordnet. Christus ver-
langt von uns nur dies - die Demut. Alles andere wirkt danach die gott-
liche Gnade.'"
gr. vouţ.
//. Lc/i/'g 293
A Itvater Paissios betonte stets, dass alles, was einer tut, nur dann
YA-W ert hat, wenn es in hochherziger Gesinnung getan wird. Er
ermahnte alte, mit Hochherzigkeit zu kămpfen und nicht aus
Eigennutz. Seibst den Giauben an Christus wolite er auf Edeimut und
Hochherzigkeit' gcgrundet sehen. Er sagte oft:
- Jener, der nach Wundern veriangt, um an Gott zu giauben und ihn zu
iieben, hat keinen Edeimut. Wenn Gott wiii, kann Er in Sekunden auf
ubematuriiche Art bewirken, dass aile Menschen giauben. Doch Er tut
es nicht, weil Er damit der Freiheit des Menschen Gewait antun wrirde.
So wrirde der Mensch an Gott giauben nicht aus hochherziger
Gesinnung, Seiner unfassbaren Gutheit wegen, sondem wegen Seiner
ubematurlichen Macht. Fur Gott aber ist von Wert und zăhlt dieses:
dass der Mensch Gott aliem deswegen liebt, weii Er gut ist.
' Mit „Edeimut" ist hier ctQxovrtă iibersetzt, mit „Hochherzigkeit" tptkoitpo - zwei
Begrifte, die Altvater Paissios sehr oft gebrauchte. Das erstere konnte auch mit
„Herzensadel" oder „Seelenadel" wiedergegeben werden, das zweite mit „Uneigen-
niitzigkeit" oder „Selbstlosigkeit", doch fehlen den beiden letzteren Begriffen einige
Aspekte von (prÂditpo, so wie der Altvater das Wort gebraucht: .ghAdituo ist die
chrwurdige Essenz der Gutheit, die uberaus dankbare Liebe, die ganz Gutheit und
Demut ist. Es ist die gelăuterte Liebe des demutigen Menschen, der in aliem, was er
tut, sich seibst vollig aus dem Spiel lăsst und dessen Herz erttillt ist von geistigem
Feingcfitil 1, von Empfrndsamkeit und Dankbarkeit gegenuber Gott und dem Bilde
Gottes, seinen Mitmenschen." (Aoyot E', S. 255)
^ S. Ps 135,1 und das GebetDie^M/ers'feAMMg CGisA das wir im sonntăg-
lichen Orthros nach der Lesung des Evangeliums sagen.
77. 7e/?re 295
dem Bosen vorzieht. Aiies weitere ist die natiirliche Folge des Guten
und kommt in seine Seele, ohne dass er es begehrt hat. Nur so trăgt das
Gute den Stempel des Edeimuts. Ailes andere basiert auf dem Typikon
des Krămergeists, „was gibst du mir, wenn ich dies tue?" oder „ich tue
dieses, gib mir jenes".
7 ieie reden iiber die Liebe (wie ich seibst), doch wir wissen nicht,
V wieviele Karate unsere Liebe hat. Woiite uns Christus prufen,
damit jeder von uns begreift, welchen Wert unsere Liebe hat, und
wiirde zu uns sagen: „Meine Kinder, das Paradies ist voii, Ich habe
keinen Platz mehr fur euch darin", so wurden einige von uns mit
Unverschămtheit entgegnen: „Und warum hast du uns das nicht schon
fruher gesagt?" Andere wurden sogieich wegeilen, um keine Minute zu
veriieren, und sich in die Zerstreuung sturzen, von Christus aber nicht
einmai mehr reden horen woiien. Doch die hochherzigen Kinder Gottes
wurden ehrerbietig sagen: „Sei ubcrhaupt nicht bekummert unser-
wegen. Es gentigt uns, dass das Paradies voii geworden ist. Das macht
uns so giuckiich, ais ob wir seibst im Paradies wăren!" Dann wiirdem
sie frohgemut foilfahren wie bisher mit ihren hochherzigen geistigen
Kămpfen, um Dessen willen, Den sie mit wahrer Liebe iieben.'
deinen Geist von aH deinem viellaltigen Wollen lost und ihn aHein zu
Gott hin lenkst. So siehst du, dass die Ubung jedwelcher Tugend dich
zum selben Ergebnis fuhrt - zur Reinigung und zur Ausmerzung deines
eigenen Willens. Erst dann kann der Mensch vorankommen und
Nutzen Enden, wenn er seinen eigenen Wiilen auf Nuli reduzieE hat.
Es ist wie das, was die Amerikaner tun, wenn sie eine Rakete in den
Weitraum schiessen. Sie zăhien i 0,9,8,7,... 1,0 und wenn sie bei Nuli
angekommen sind, erfolgt die Zrindung und die Rakete steigt. Das
gleiche geschieht mit der Seele, wenn sie anfangt, ihr vielfaches
Wollen zu verringem und sich zu reinigen. Wenn sie den Nullstand
erreicht und keinerlei Eigenwillen mehr hat, steigt sie auf!
A ^ it der Heiligen Taufe kam die Gnade Christi in unsere Seele, und
I V i dieses Geschenk ist tur alte dasselbe. Oftmals aber meinen wir,
dass Gott einern Heiligen mehr Gnadengaben gegeben habe. Das ist ein
Irrtum. Christus liebt alle Seine Kinder im selben Mass. Doch nicht alle
Seine Kinder haben das gleiche Mass an Hochherzigkeit. Wenn ein
Mensch sehr hochherzig ist und glaubt, dass die Gnade Christi seit der
Heiligen Taufe in unserer Seele wohnt, und deshalb seinen Wiilen
zuriicksetzt, damit die Gnade wirken moge, dann meinen wir, weil die
Gnade in dieser Seele wirkt, dass Gott ihr mehr Gnadengaben
geschenkt habe. Die Wahrheit aber ist, dass diese Seele grosse Liebe
hat zu Christus und Ihn dank ihrer Demiitigkeit in sich wirken lăsst.
Ţ Ţ ns fehlt nichts von dem, was die Heiligen Apostel hatten. Jene
L J hatten den Herm leibhaftig bei sich, und Er half ihnen, doch auch
wir haben Ihn von klein auf, kraft der Gnade der Heiligen Taufe, in
unserer Seele.
Dm r/cr
/?/W; /; (Wsyr/i/hM g
Gc/.st/vg M/AvoA^H
IV " urzlich kam einer zu mir, um sich den Segen zu hoten fur das
J\^ .S tu d iu m der Liturgik in Italien und die Verfassung einer
Doktorarbeit. „Du bist woht nicht recht bei Trost", sagte ich zu ihm.
„Du willst zu den Jesuiten gehen, um deine Doktorarbeit schreiben,
und kommst riberdies hierher, damit ich dir den Segen gebe dazu?"
Diese Leute wissen nicht, was ihnen geschieht! Dort lehren Uniaten,
Jesuiten, und was? Hier ist Vorsicht geboten in jeder Hinsicht. Sie
gehen und studieren in Engiand, Frankreich usw., erwischen die
europăischen Mikroben und schreiben dann eine Doktorarbeit. Sie
studieren z.B. die Griechischen Kirchenvăter in der Ubersetzung der
Fremden in deren Sprache, und da jene den Sinn nicht richtig wieder-
zugeben vermochten oder aus Hinterlist nicht richtig wiedergeben
woilten, mischten sie darunter ihre eigenen irrigen Meinungen. Und
unsere Feute wiederum, die Orthodoxen, die die fremden Sprachen
erlemen, erwischen von daher die fremden Mikroben und bringen sie
hierher, und danach lehren sie sie sogar. Fur einen, der sich vorsieht, ist
es selbstverstăndlich leicht, das Gold vom Blech zu unterscheiden.'
Ebenda, S. 296.
299
sich mit ihrem ganzen Wesen im Westen betinden, den sie weitlich
herrschen sehen. Wurden sie den Westen geistig sehen, mit dem Licht
des Ostens, mit dem Licht Christi, săhen sie den geistigen Untergang
des Westens, der nach und nach das Licht der geistigen Sonne, d.h.
Christi, verhert und der tiefen Finsternis entgegengeht. Sie versammeln
sich und haiten Seminarien ab, an denen endios diskutiert wird uber
Dinge, die nicht mehr zur Diskussion stehen und uber die seibst die
heiligen Văter in aii dieser Zeit nicht diskutierten.' Alle diese Umtriebe
gibt der Bose ein, um die Giăubigen zu verwirren und zu schockieren
und sie entweder in die Hăresie zu treiben oder zum Schisma, sodass
der Teufei Boden gew innt...
A ii das, woher kommt es? Man ieistet keine geistige Arbeit, ist aber
Y A -ertuiit vom Gedanken, man sei ein geistiger Mensch, und dabei
sagt man unvemunftige Dinge. Ein Kind mit der nattirlichen Reinheit
des Geistes und dem wenigen Wissen, das es hat, wird dir Richtiges
sagen. Einer hingegen mit grosser Biidung, dessen Sinn rauchge-
schwărzt ist von der dămonischen Einwirkung, die er empfangen hat,
sagt dir Dinge, die grosste Biasphemie sind.
Q o sind die Menschen heute. Ailes sehen sie mit der trockenen
^ Logik. Diese Logik wirkt Unhei). Heisst es nicht: D/e ErAe/mtuA
b/u/A UM/ (1 Kor 8,2)? Wenn einer nicht gottiiche Erleuchtung hat, ist
die Erkenntnis unntitz, sie bringt Unheii.
' Der Aitvater meint damit die Fragen, die iăngst von den Hi. Okumenischen und
lokalen Konzilen im Hi. Geist gekiărt und geregeit worden sind.
^ gr. guoAo, wortiich „Him".
^ gr. vouţ.
300
Ebenda, S. 208-212.
//. ZeAre 30!
nicht, und stets riet er, die zur Orthodoxie Ubertretenden vor ihrer
Taufe grundlich im Glauben zu unterweisen.'
T J ine Zeitlang strich er wie fast alle Athoniten den Namen von
J —/Patriarch Athenagoras aus seinen Diptychen, wegen der ge-
fahrlichen Offnungen desselben gcgcnuber den romischen Katholiken.
Doch er tat es mit Schmerzen: „Ich bete", sagte er, „damit Gott von
meinen Tagen wegnimmt und sie dem Patriarchen Athenagoras gibt,
damit er seine Umkehr zur Vollendung bringen kann."
sondern dass die heiligen Văter Ve nicht verstanden. Das heisst soviel
wie wenn sie selbst recht hătten und von jenen missverstanden worden
wăren." Die vorgeschiagene „Săuberung" der liturgischen Bucher von
der Charakterisierung der Hăretiker Dioskoros und Severos ais solche
bezeichnete der Aitvater als Blasphemie gegen den Heiligen Geist. Er
sagte: „Soviele heilige Văter, die die gottliche Erleuchtung hatten und
Zeitgenossen derselben waren, sollen sie nicht verstanden und sie
falsch interpretiert haben und nach all den Jahrhunderten kommen wir
Heutigen, um die Heiligen Văter zu korrigieren? Auch dem Wunder der
heiligen Euphemia tragen sie nicht Rechnung? hat auch sie den
der Hăretiker missverstanden?"
H/tAr/An&tHcr
Drr*/
Ţ ch wundere mich, wie es kommt, dass sie die hohe Berufung des
JL Monchs nicht verstehen konnen! Der Monch zieht sich zuriick aus
der Weit, nicht weil er die Menschen hasst, sondern weii er die
Menschen liebt, und auf diese Weise hilft er ihnen mehr durch sein
Gebet, in Angelegenheiten, die mit menschlichen Mittein nicht zu
iosen sind, sondem ailein durch gottiichen Eingriff.
^ o rettet Gott die Weit. Der Monch sagt niemais: „Ich wiii die Welt
k J retten", sondern er betet fur die Rettung der ganzen Weit, zusam-
men mit der seinigen. Wenn der Gute Gott sein Gebet erhort und der
Weit hiift, sagt er wiederum nicht: „Ich habe die Weit gerettet",
sondem: „Gott hat es getan."
T ^ \ie Monche sind, kurz gesagt, die Funker der Kirche, unserer
J-V M utter, und wenn sie deshaib weit weggehen von der Weit, so tun
sie das aus Liebe, denn so weichen sie den Storsendem aus und stellen
eine bessere Verbindung her zu Gott, damit sie der Weit mehr und besser
helfen konnen.
Ţ " \ie Bemfung des Monchs ist mithin nicht die Beschăftigung mit
J-V v ie i Handarbeit, um Geid zu sammein, sodass er den Armen
heifen kann, denn soiches ist eine geistige Entgieisung, kann er diesen
doch mit Tonnen und nicht mit ein paar Kilos helfen, wenn z.B. auf
Grund seines Gebets Regen falit in Zeiten der Durre.
T ^ \ie Monche gehen nicht aus der Wildnis in die Weit, um einem
J -V Armen zu heifen, noch auch um einen Kranken zu besuchen im
Spital und ihm einen Apfei oder sonst einen Trost zu bringen (dies tun
gewohnlich die Laien, von denen Gott soiches veriangt). Vielmehr
beten die Monche fur alie Kranken, damit sie ihre zweifache
Gesundheit, die geistige und die ieibliche, empfangen mochten, und
der Gute Gott erbarmt sich Seines Geschopfs... Noch auch besuchen
die Monche Gefangene, denn sie selbst sind freiwiilig Gefangene ihrer
grossen Liebe zu Christus, ihrem Wohităter und Erioser...
304
T A ie Monche sind nicht Laternen, die die Gassen der Stadt erhellen,
J-v so n d e rn Leuchtturme auf den Felsen in der Ferne, die mit ihrem
Lichtglanz den Schiffen, die auf dem Weltmeer dahinziehen, die
Richtung weisen.'
IFYMn/s
(1884-1980)
308
)
309
Kapitel 8
^L T V V T C R
PH tL O TH eO S VON P^ROS
T ^ \ie se r Gotte^' lebte sein ganzes Leben auf Erden als eine
J-V P ilg erfah rt zur Ewigkeit. Er empfand sich als „Wanderer,
Voruberziehender und Frem dling", wie au f seinem Grabstein
eingemeisselt steht, stets den Hiniibergang in die himmlische Heimat
vor Augen, so sehr, dass er seine Monchszelle zur Grabkammer machte,
oder die Grabkammer zur Zelle, wie man will.
Da er aufs Innigste die von unserem Herrn im Evangelium verkun-
dete und von allen Heiligen geschaute Wahrheit erfuhr, dass dies Leben
hienieden nichts anderes ist als eine Vorbereitung auf das Kunftige, der
Kampfplatz, auf dem sich fiir jeden Menschen entscheidet, was ewig
wăhren wird, gab er sich ganz dem gr/te/? (2 Tim 4,7) hin und rief
auch seine in Vergessenheit, Nachlăssigkeit oder Irrtum dahinlebenden
Briider und Mitmenschen dazu auf, damit sie nicht verloren gehen moch-
ten. „Als Priester des Allerhochsten und geistiger Vater empfinde ich es
als meine Pflicht, euch zu enuahnen", sagte und schrieb er oftmals. Er war
in der Tat „ein grosser Prediger der Umkehr und eine unerschutterliche
Săule der Orthodoxie", wie ihn einer seiner Mitstreiter, der unvergessliche
Altvater Gabriel, Abt des Athos-Klostcrs Dionysiou, charakterisierte.
Als Verkunder des Wortes Gottes in ganz Griechenland und geistiger
Vater Tausender von Glăubigen in der Heimat und in aller Welt, als
Verteidiger des orthodoxen Glaubens sowie der wahren evangelischen
Gesinnung innerhalb der Kirche und in allen Bereichen des offentli-
chen Lebens hinterlăsst er nicht nur den Namen, sondem das lebendi-
ge Erbe eines authentischen Hierapostels und treuen Arbeiters im
Weinberg des Herm.
I. - Leben'
7. M/M? r/^/h/e//! P^/o/70/:/MS
' Hauptquelle fur die Biographie des Altvaters ist das autobiograph. Werk O Odot-
jropog', M ia odouropia a%o ryrtyeiou xarpidog' oupavion
FrponaaA??^ („Der Wandersmann, Eine Wanderung in Gottesfurcht von der irdi-
schen Heimat zum himmlischen Jerusalem"), in poetischer Form geschrieben in der
3. Person, mit Gebeten und Belehrungen, Păros 1947, 7. Aufl. Athen 1983, wovon
der Altvater 1978 eine aktualisierte, gekurzte und in der Ich-Form geschriebene
Prosa-Fassung schrieb, mit dem einfachen Titel A r'ro/koyponyia, publ. im 1. Bând
des Gesamtwerks, O Frpmv (PrAddeog Zrp/kAog,Vcrlag Orthodoxos Kypseli,
Thessaloniki 1980.
^ Auro/3toypa<pia, loc.cit., S. 5.
7. 3![
Wie sehr miissen die Christen es iieben, es stets bei sich haben und es
iesen mit heiiiger Ehrfurcht Tag und Nacht!"
Dann und wann stărkte er sich unterwegs in einem Dorf mit der Teil-
nahme an der Gottlichen Liturgie. Da und dort gewăhrte ihm ein Dorf-
priester Unterkunft fiir die Nacht oder Hirten auf dem Feid erlaubten
ihm, sich an ihrem Feuer zu wărmen, und er ias ihnen vor aus dem hei
ligen Buch. Seine von Domen zerstochenen und von Steinen zerfetzten
Fusse schmerzten immer mehr, doch er trostete sich mit dem Gedanken
an die heiligen Martyrer, die von den Tyrannen gezwungen wurden, in
nagelgespickten Schuhen iiber weite Strecken zu laufen.
Einmal, als er, von Flunger geschwăcht und von dunklen Gedanken
geplagt, der volligen Entmutigung nahekam, erschien ihm ein himmli-
scher Jungling, reichte ihm Brot und Trauben und sagte zu ihm: „Was
furchtest du? was bangst du? Du wanderst auf Gottes Weg. Du darfst
dich nicht furchten, denn Gott ist mit dir. Mit Mut und Eifer folge dem
Pfad, den du begonnen hast, und Gott wird deine Schritte zum Guten
lenken."
Eines Abends, nach vielen Tagen und einem Fussmarsch von gut 200
km iiber Berge und Taler gelangte er, via Sparta und Tripoli, zum
Kloster des HI. Athanasios bei Filia (rund 60 km nordlich von Tripoli),
wo er erschopft zusammenbrach. Seine Fusse waren nur noch eine
3)4 H/tvaler B/H'/dtAeoy von Puroy
einzige Wunde. Durch ein Wunder aber wurden sie in jener Nacht
voilstăndig geheilt. Er blieb mehrere Tage in jenem Kloster, wo er mit
Ergriffenheit an aiien Gottesdiensten teiinahm, und setzte dann seinen
Weg fort zur Heiiigen Lavra, oberhalb von Kaiâvrita.' Von dort
geiangte er zum Heiiigen Kloster Mega Spiieon („Grosse H ohie'y.
Die Văter der Grossen Hohle ieiteten ihn weiter nach Âgion, und von
da sandte man ihn nach Patras, zu Aitvater Eusebios Matthopouios.
Dieser riet ihm, vorlăufig zu seinen Eltern zuruckzukehren und erst
dann, nach Erfuiiung seinei* miiitărischen Pflichten, seinem innigsten
Wunsch zu foigen: „Gib Căsar, was Căsar gehort, dann geh und diene
dem Himmiischen Konig."
Konstantin gehorchte und kehrte in seine Heirnat zuriick, wo er seine
Lehrtătigkeit fortsetzte und wo Gott auf sein Gebet hin seine todkranke
Mutter heilte. Nach eineinhaib Jahren ging er abermals nach Patras,
biieb dort ein Jahr unter den geistigen Fittichen von Aitvater Eusebios
und diente ais Kantor in der Kirche des Hi. Alexios.
Nach diesem Jahr wurde er, um 1905, zur Armee eingezogen und
dem 2. Kavalierieregiment zugeteiit, das in Athen stationiert war. Hier
diente er rund zweieinhaib Jahre, stieg bald auf zum Sergeanten, dann
zum Adjutanten. in seiner freien Zeit besuchte er Kirchen, namentlich
jene der Entschiafung der Gottesmutter in Monastiraki, wo damais sein
geistiger Vater Eusebios zelebrierte und predigte, sowie auch jene des
Propheten Elisăos, wo er oftmais, zusammen mit den Schriftsteilem
' Eines der beruhmtesten historischen Kloster Griechenlands, gegrundet um 961 vom
Monch Eugenios, Gefahrte des h). Athanasios d. Athoniten, der damais die Grosse
Lavra auf dem Athos erbaute. Es iiegt rund 6 km nordiich v. Kaiâvrita, unweit der
Nordktiste des Peloponnes. 1821 wurde die HI. Lavra zum Ausgangspunkt des Be-
heiungskriegs gegen die Trirken. Im 2. Weltkrieg solite diese Gegend besonders hart
leiden unter den deutschen Besetzern. 1943 brannten diese die Hl. Lavra nieder und
brachten die Monche um. In der Foige băute man das Kloster wieder auf.
' Rd 18 km nordl. der Hi. Lavra geiegen. Nach einer Erscheinung der Gottesmutter
Anf. 9. Jh. erbaut von den Hl. Symeon u. Theodoros (Fest 18.10.) in einer grossen
Hohie, daher sein Name. Gehort zu den meistbesuchten Pilgerstătten Griechenlands,
wegen der uraiten wunderwirkenden Ikone der Gottesmutter, der es seine Grtindung
verdankt. 1943 erlitt das Kioster das gleiche Schicksal wie die Hl. Lavra.
7. Zeâen 315
6. A/. /VfAmrAts -
WbMMMg AtacA Fmvts /FrAA/rtAr 79A7)
Anfangs Mai 1907 reiste Konstantin mit einem Freund, der ebenfalls
Monch werden wollte, im Schiff von Pirăus nach Thessaloniki, wo sie
die Reliquien des hl. Dimitrios verehrten und dann weiterreisen wollten
zum Heiligen Berg. Doch die turkischen Behorden verweigerten ihnen
die Erlaubnis dazu, obwohl sie die notigen Papiere hatten, und
beschuldigten die beiden, Spione zu sein. Man stellte sie unter
Bewachung, und nachdem diese Situation einige Tage gedauert hatte,
verlor Konstantin die Geduld und begab sich zum Sitz des turkischen
Pashas, um sich zu beschweren. Da er zudem beseelt war vom Wunsch,
Zeugnis abzulegen fur den Glauben, kam es zu einem Wortwechsel mit
dem Sekretăr des Pashas, worauf dieser seine Soidaten rief und den
„Rebellen" zum Weissen Turm abfuhren liess.
A uf dem Weg dahin aber kam unvermittelt der Pasha selbst daher,
schickte die Soidaten weg und ubergab Konstantin einem Mann, der
ihn auf einen bestimmten griechischen Dampfer brachte, mit der
Weisung, nach Griechenland zuruckzukehren.
' „Unter 'Griechenland' verstand man damals, d.h. 1907, den von den Tiirken be-
freiten Tei) Griechenlands. Makedonien mit Thessaloniki und dem Athos blieb unter
tiirkischer Herrschaft bis zum 1. Balkankrieg von 1912. Gemăss dem Statut von
1926 ist der Hl. Berg (der kirchlich vom Patriarchat von Konstantinopel abhăngt)
heute Teii des griechischen Staates, geniesst jedoch innere Autonomie.
3)7
Erst zwei Jahre spăter solite Konstantin erfahren, dass ihn der
Sekretăr des Pashas zum Tod verurteilt hatte und dass man ihn zum
Weissen Tunn fuhrte, um ihn dort hinzurichten. Dem Pasha aber war
zur selben Stunde der hl. Dimitrios erschienen, der Schutzpatron von
Thessaloniki, und hatte ihm befohlen, sich sogleich aufzumachen an
einen bestimmten Ort in der Stadt, um einen jungen Mann zu befreien,
der von seinem eigenen Sekretăr zu Unrecht zum Tod verurteilt worden
sei, und ihn auf einem bestimmten Dampfer nach Griechenland zuruck-
zuschicken.
„So vemahm ich, dass mein Retter und Erloser der heilige Grossmar-
tyrer Dimitrios der Myroblyt gewesen war. Die Prophezeiung des hl.
Nektarios hatte sich erfullt - wohin ich auch gehen mochte, am Ende
wurde ich doch in Longovarda landen. Daraus lernte ich eine wichtige
Lektion: Es ziemte sich fur mich, meinem geistigen Vater gănzlichen
Gehorsam zu leisten, ohne Widerrede, und nicht meinen Willen zu tun,
sondem jenen meines geistigen Vaters, nach dem Vorbild unseres Herm
Jesus Christus, D er in Jie PEA /rorî, r/c/?t r/r; M m or PE//er z r trr,
^or J e r r <7er P77/er ,SEire.s' fote/w, D er/An ge^orJf Aotte (s. Joh 6,38)."'
Der Dampfer brachte ihn nach Voios, und von dort reiste er, nach
einigen weiteren fruchtlosen Versuchen, auf den Heiligen Berg zu
gelangen, schliesslich zur Insei Păros. Bei seiner Ankunft dort besuchte
er zuallererst die unweit des Hafens gelegene ehrwurdige Kirche der
Hundert Tiiren (Motor/o/v7mm'D um den Segen und Beistand der
Allheiligen Gottesmutter zu erbitten, der das Heiligtum geweiht ist.
Dann stieg er hinauf zum Kloster der Lebenspendenden Quelle
(Zoo<7oc/?or PigA) Longovarda, wohin ihn der Hl. Nektarios gewiesen
hatte, und bat dessen Abt Hierotheos darurn, in die Bruderschaft
aufgenommen zu werden. Seiner Bitte wurde stattgegeben, und so trat
wenn Briidcr in Eintracht leben. Wie der heilige Sânger David sagt,
S'/'eAc, wo.s' Ai .scAd/m/i wo.s' oA <7o.s' Zu.s'o/7?/7;g/?Ai7c/2 72/!i<?7*
P7^'7<r/e/*/7? (Ps 133,1).
Am 29. Dezember 1907, sieben Monate nach seinem Eintritt in das
Kloster, wurde Konstantin unter dem Namen Philotheos zum Monch
geschoren, und wenige Tage spăter zum Diakon geweiht.
Als Dank fur diese zweifache Rettung pflegte der Altvater bis in
seine letzten Jahre regeimăssig zum Jahresfest des heiiigen Dimitrios
am 26. Oktober nach Thessaioniki zu pilgern.
Vor der Rtickkehr nach Păros wollte Vater Phiiotheos abermais den
heiiigen Nektarios besuchen, und als er in Athen erfuhr, dass dieser sich
inzwischen nach Âgina in das von ihm gcgrundctc Kloster zurtick-
gezogen hatte, schiffte er sich nach jener Insei ein. Es war an einem
heissen Augusttag des Jahres 1910. Als er erschopft und von der Hitze
schwindlig geworden das neuerbaute Kloster erreichte, war hoher
Mittag. Vor der Klosterpforte fand er einen weissbărtigen Greis in zer-
schlissenem Monchsrock, das Haupt vor der sengenden Sonne durch
einen fief ins Gesicht gedruckten Strohut geschiitzt, der mit dem
Aufhacken des Bodens beschăftigt war und eine Karre neben sich
hatte. Vater Phiiotheos hielt ihn tur einen Klosterarbeiter, und nachdem
er ihm den Gruss entboten hatte, fiagte er ihn:
- Ist der Bischof da?
- Er ist da.
- Schon. Geh bitte und sag ihm, dass eines seiner geistigen Kinder da
ist, ein Diakon, und ihn sehen mochte.
- Moge es gesegnet sein, antwortete der Greis demtitig, legte seine
Hacke nieder und zeigte dem Besucher einen Raum bei der
Klosterpforte, damit er dort auf den Bischof warte.
Nach funf Minuten kam der Bischof und - zu seiner grossen Uber-
raschung und Beschămung sah der junge Hierodiakon, dass der Greis,
den er fur einen Arbeiter gehalten und herumkommandiert hatte, nie-
mand anderer war als der Bischof selbst!
„O Tiefe des Reichtums grenzenloser Demni.!", schrieb der Altvater
spăter. „Ich war sprachlos und kniete nieder, bat ihn unter Trănen um
Vergebung fur meinen Hochmut und meine tiblen Manieren. Und er, in
seiner Sanftmut, seiner Arglosigkeit, in der Demut seines Herzens,
vergab m ir..."
Ich fragte ihn: „Vater, wie werde ich diesen gottverhassten Hochmut
los?"
„Mein im Herm geliebtes Kind", antwortete der hl. Nektarios, „unsere
heiiigen Vater sagen, dass jede Stinde, sei sie gross und zum Tode, sei
sie klein und verzeihlich, besiegt wird durch die ihr entgegengesetzte
7. 321
Tugend. Eifersucht wird besiegt durch die Liebe, Hochmut durch die
Demut, Geldgier durch die Besitzlosigkeit, Habsucht und Erbarmungs-
losigkeit durch das Almosengeben und die Barmherzigkeit, Nachlăssig-
keit durch Sorgfalt, Esslust und Anbetung des Bauchs durch das Fasten
und die Enthaltsamkeit, Schwatzhaftigkeit durch das Schweigen, Kritik
anderer und bose Nachrede durch die Selbstruge und das Gebet, Lustem-
heit, Unzucht, Ehebruch und die anderen Siinden des Fleisches durch
das Denken an den Tod, an das Kommende Gericht, die Vergeltung und
die Hoile. So wird genereh jede Siinde besiegt durch die Tugend, wie
der Prophet und Konig David sagt: EE/?<7e oh vo/u Rose/? M//R t//
&/.S' Gt/te. Wiilst du also, dass auch du und ich und aiie Christen befreit
werden von der Siinde des Hochmuts, der Mutter aller Siinden und
Urheberin allen Unheiis, so werden wir davon freiwerden durch die
demtitige GesinnungV
72. P/^/yh/:r^w -
77ft7/^as Z,#H% Amr/t, Â gyp^/:, Hr/;ns, TSTo/M^oA^/nopg/
' Kemat Ataturk solite sie 1935 zu einem Museum machen, was sie bis heute ist.
^ Op. und ioc.cit., S. 91.
7. Le&en 323
te, riet ihm davon ab, und so begnugte sich der Aitvater schiiesslich
damit, einen Brief an den turkischen Ftihrer zu schreiben. Nicht lange
danach erkrankte ietzterer und 1938 starb er noch jung.
Kloster ein. Heute ist es, nach mehrmaligen Erweiterungen und dem
Bau einer neuen Kirche im Jahr 1979, mit 34 Monchinnen das grosste
Kloster von Păros.
Der Altvater griindcte noch ein anderes, kleineres Kloster auf Păros
sowie insgesamt rund ein Dutzend Kirchen. Er sorgte auch fur die
Ruckfuhrung der Reliquien des hl. Athanasios von Păros (Fest 24.6.),
der in Chios entschlafen war, in seine Heimat und forderte die Ver-
ehrung anderer bedeutender Heiligen dieser kleinen, aber an geistigen
Schătzen so reichen Kykladen-Insel', insbesondere jene der hl.
Theoktisti (Fest 9.11.) und des hl. Arsenios (Fest 18.8. und 31.1.),
deren Leben er schrieb und fur die er die Fest-Gottesdienste verfasste.
' Păros zăhlt insgesamt iiber 35 kteinere und grossere Kloster, die meisten heute
allerdings nicht mehr in Betrieb, sowie Hunderte von kleinen Landkirchlein. Die
Insei ist auch die Heimat von Altvater Joseph dem Hesychasten (s. Kapitel 4).
325
' Er hatte nămlich den Befehi, fur jeden Deutschen, der getotet wurde, 50 Griechen
hinzurichten.
^ Fest 5. Mai. Ihr Name bedeutet „Frieden".
326 PMof/ieoj von Pu/os'
Nach Ende des griechischen Btirgerkriegs im Jahr 1946 und bis ins
hohe Alter fuhr Altvater Philotheos fort, nebst seiner Tătigkeit als Abt
von Longovarda und geistiger Vater der Kloster Thapsană und Christou
Dâsso', zwei bis dreimal jăhrlich, auf Einladung ortlicher Metropoliten,
ausgedehnte Rundreisen zu unternehmen durch die Kykladen,
Makedonien, Thessalien, Mittelgriechenland und Peloponnes, um zu
predigen und Beichten abzunehmen. Die Zahl seiner geistigen Kinder
in diesen Gebieten ging in die Tausende, und mit Tausenden anderer in
der ganzen Welt stand er in regelmăssigem Briefkontakt.
„Seine Rede", bezeugt Metropolit Amphilochios von Montenegro,
der als junger Theologiestudent in Athen oft zu ihm nach Păros ging,
„floss wie ein friedlicher Strom, und du fuhltest, dass seine Woile nicht
aus seinem Him kamen, sondem aus seiner Seele. Sie waren das
Distillat seines Lebens. Wenn ich ihm zuhorte, in Longovarda oder im
Bergkirchlein Aller Heiligen,
wohin er sich in Askese
zurtickzuziehen pflegte, emp-
fand ich ihn als Patriarch der
Insei. Und seither, wann im-
mer ich an ihn denke, sehe
ich ihn so - als Patriarch von
Păros.
Unzăhlige fanden durch
ihn zum wahren Leben in
Christus, neuen Mut im Le
ben und im geistigen Kampf.
Viele auch fuhrte er von Hă-
resien und Schismen zurilck
in die Kirche, und manchen
anderen verhalf er durch sein
Gebet zur Heilung von seeli-
schen und nach menschli-
chem Ermessen unheilbaren
' Der Transllguration geweihtes Ktoster aus dem 18. Jh. oberhatb des Insethauptorts
Parikia, als Grabstătte des hl. Arsenios von Păros heute ein vielbesuchter Pilgerort.
^ Kketiou iMavvtbii, fep o v n x d ron2 0 o u anuvo^, S. 137.
i. LeAe/i 327
doch das Gebot der Stunde fur die Kirche zunăchst ist, die bestehenden
Schismen und Konllikte unter den Orthodoxen selbst zu uberwinden.
Die letzten zehn Jahre seines irdischen Daseins, das heisst 1970-
1980, verbrachte Altvater Phiiotheos, nunmehr um die 90, meist in
Thapsanâ, wo er 1970 ausserhalb der Klostermauem ein Kirchlein zu
Ehren des hl. Nektarios erbaut hatte, mit einer kleinen Monchszelle
nebenan, die bereits sein Grab enthielt. Als man ihn einmal tragte,
warum er dies so geordnet habe, antwortete er:
- Mein ganzen Leben lang habe ich mich stets bemirht, niemandem zur
Last zu fallen. Jetzt, wo ich alt geworden bin, kann Gott mich
jederzeit zu sich nehmen. Deshalb habe ich mir selbst das Grab
7. Ze&eM
Ebenda, S. 570.
331
E/^Af Gott...
A 4" eine ge)iebten Kinder, Iiebt Gott, damit ihr ewige Gnade Endet.
IV J^Z ieh t nichts Seiner Liebe vor, damit ihr, wenn Er in Seiner
Herriichkeit kommt, Erquickung Endet zusammen mit ailen Heiiigen
und durch deren Fiirbitten sowie jener der AHheiligen Mutter unseres
Herrn Jesus Christus des Reichs der Himmel tur wurdig befunden
werdet. Dies ist mein ietztes Vermăchtnis an euch. Es ist der grosste
Reichtum, das grosste Erbe, das ich euch hinteriasse. Seinesgleichen
oder ein hoheres gibt es nicht.'
Aus dem Geistigen Testament, in: O Peptov PtAoAeog, op. cit., S. 693.
333
Ţ I ' s ist als săhe ich sie leibhaftig heraustreten aus Jerusaiem, und ich
i —/ frage sie:
- Jtinger und Apostei des Erlosers, wo geht ihr hin?
- Wir gehen, die Volker unter das Banner des Kreuzcs zu stellen, das
Kreuz des Gekreuzigten.
- Aber, wie werdet ihr das tun? Ffabt ihr Waffen, habt ihr ein Heer?
- Wir haben weder Ştab noch Tasche.
- Wie dann werdet ihr, so wenige, bloss zwoif an der Zahl, alie Voiker
unterordnen?
- Wir werden sie unterordnen.
- Eiabt ihr Reichtum, Goid, um ihnen zu schmeicheln und sie zu locken?
- Nein, wir haben nichts, keinen Heller.
- Eiabt ihr vieheicht Weisheit? Seid ihr Gelehrte, sodass ihr sie mit
euren weisen Worten, mit euren Lehren uberzeugen werdet?
- Nein, wir wissen nichts, wir sind ungebildet. Die meisten von uns
sind Fischer.
- Aber, wie denn werdet ihr sie unterordnen?
- Mit dem Giauben und mit der Liebe. Mit diesen beiden Waffen
werden wir die ganze Welt unterordnen?
' Aus der Schrift „Liebt einander", loc. cit., S. 239 ff.
- Homelie zum Fest des HI. Nektarios, loc. cit., S. 174.
334 ztAvater FAAoAieo^ vor
sie? Mit dem Glauben und mit der Liebe. Deshalb sagten sie, sich des
Herm rtihmend: D;A.S' At A<?/* &eg, Aer Aie ReA Ae.s;'egt Aot - u/rs'er
G/or/Ae (1 Joh 5,4).
A / f it dem Glauben und mit der Liebe besiegten die zw olf einfachen
1VJL und unbcwaffnetcn Mănner in der Tat die ganze Welt. Aber, ist es
je moglich, dass zw olf waffenlose Menschen soviele Millionen
besiegen? Unmoglich, unmoglich! Ftir Menschen ist es in der Tat
unmoglich, fur Gott aber ist es durchaus moglich, denn Aei Aen
Afens'cAen MnwogAc/! A/, At wd'g/A'A hei Gott... Die heiligen Apostel
hatten die Liebe, und wer die Liebe hat, hat Gott bei sich, wie der in
den Hohen kreisende Adler der Theologie, Johannes der Evangelist,
uns sagt: Gott At Aie D'eAe, nnA wer tn Aer LieAc we.s't, we.s*t to Gott orA
Gott A: tAm (1 Joh 4,16). Gott ist stărker und măchtiger als alle. Mit
einem einzigen Wort erschuf Er die Welt, mit einem einzigen Wink
lăsst Er die Erde erzittem und erbeben, wie der Prophet und Konig
David sagt: Ah D er OM/ Ate DrAe .s'eAoMt, M/zA.sie erztttert (Ps 103,32).
Q elig das Volk, in dem die Liebe regiert. Selig die Kirche und der
k J Staat, wo die Gott gemăsse Liebe wohnt, wo Friede und Eintracht
herrscht zwischen Regierenden und Regierten. Welcher Segen Gottes
77. 7,e/?re 335
Menschen! Menschen! Ich bitte euch, haltet ein! Warum eiit ihr so
V V schnei) dahin auf dem Pfad der Siinde? Seht ihr nicht die Gefahr?
Seht ihr nicht den Abgrund, den Absturz vor euch? Die Tiere, die ohne
Vemunft sind, wenn sie an einen Abgrund geiangen, zu einem
Felsabsturz, halten sie an. Sie lassen sich lieber toten, als dass sie sich
in den Abgrund sturzen. Und ihr Menschen, die ihr Augen habt, ich
bitte euch, mit offenen Augen stiirzt ihr euch in den Abgrund?'
Ţ*"\er Apostel Paulus sagt: Rer&7 ???ei??e Aac/?r?A???e?; .s*o wie ic/?
J-VAGc/?<3/??7?er CDis??* /??7? (1 Kor 11,1)... Werdet selbst Heilige.
Auch wenn ihr nicht das Mass erreicht, das er erreichte, zumindest lasst
uns die Siinde hassen und sie verlassen, denn die Siinde gebiert den
Tod. D er Lo/??? J e r .SYAtZe i.st J e r 7or/ (Rom 6,23). Lieben wir die
Tugend und lieben wir Gott.
ott gebietet uns nicht unmogliche Dinge. Wir sind es, die sie un-
v J moglich machen, denn wir finden Gefallen am Weg des Teufels,
am Weg der Siinde, der Falschheit, der Verleumdung, der iiblen Nach-
rede und jeder anderen Verderbtheit. Doch es ist nicht schwer, meine
' Aus der Schrift Ayuymre AXATiAcug („Liebt einander"), loc. cit., 239-247.
336
Q o macht denn heute den Anfang, indem ihr euch zuallererst reinigt
^ von jeder Befieckung der Siinde, durch Reue und durch Beichte.
Diese beiden machen den Menschen rein von jeder Siinde, sie machen
ihn vom Siinder augenbiickiich zum Gerechten. Der Schăcher war
siindig, seine Hănde trieften von Biut, doch ais er bereute und das
GeJenAe /Mcmct; //cr/i wcMM Du Ao/tt/trs't in Dcinc/!! Kd/u'g/un: sagte,
gewann er in einem einzigen Augenblick das Erbarmen Gottes,
empfing er die Vergebung und ward gerettet. Doch jenes
/Mcmct; E/err sagte er aus der Tiefe seines Herzens, er sagte es mit auf-
richtiger Reue. Er sagte es mit Seutzen und unter Trănen, und deshaib
wurde er augenbiickiich erhort. /Vc;Pe /;oc/? iv/r.st t/a /uit Mm
Pa/v/<dA,se .sch? (Lk 23, 42-43).
A ile Menschen in ailer Welt, junge und alte, Mănner und Frauen,
Y Y w o ile n giiicklich sein. Schon von klein an und mehr noch, wenn
sie herangewachsen sind, iiberiegen sie sich, wie sie reich, wie gliick-
lich werden konnen in diesem vergăngiichen Dasein. Die meisten
Menschen meinen, das Giiick sei der Reichtum. Sie giauben, dass der
Reiche wirklich giiicklich sei. Deshaib streben aiie danach, vergăng
iichen irdischen Reichtum zu eriangen. Sie miihen sich in der Arbeit,
gehen in die Fremde, plagen sich Tag und Nacht um eines verderb-
A ndere Leute meinen, Ehren und gute Stellung wiirden ihnen zum,
Z x .G lu c k verhelfen. Sie glauben, wenn jemand ein hohes Amt
erlange, gute Bildung erwerbe und Professor werde oder Minister,
General, Ronig, Patriarch, Metropolit usw., so sei dies das Gliick, der
einzige Ruhm. Doch auch sie sind im Irrtum, denn irdische Ehren und
Ruhm bringen nicht Glrick.
Dos G/AcA
Ţ assen wir uns nicht irrefiihren vom Satan und das Gliick anderswo
J-^/suchen, denn nur mit dem Halten der Gebote Gottes und dem
Erwerb der Tugenden werden wir das wahre Gliick erringen.
D i e guten Dinge werden nur mit Miihe und mit Schmerz erlangt.
Ţ Ţ altet euch allezeit das Beispiel der heiligen Apostel und des heili-
j n gen Vorlăufers vor Augen, sowie auch jenes der anderen Heiligen,
die den vergănglichen Reichtum verachteten und hingingen und in
Wiisten, Hohlen und Lochem wohnten, um den verborgenen Schatz zu
finden, die kostbare Perle, Christus. Sie zogen es vor, zu leben wie der
Vorlăufer und sich wie er zu emăhren von wilden Krăutern und trocke-
nem Brot, einzig und allein um einszuwerden mit Christus.'
Wenn alle Tugenden vorhanden sind, aber die Demut fehlt, reichen sie
nicht aus, sind nutzlos und sogar gefahrlich... Achtet sehr darauf, den
Hochmut zu hassen, den der Teufel unablăssig im Denken des
Menschen sat, indem er ihm einfliistert, er sei etwas, er tue etwas, und
ihn soweit bringt, dass er die anderen verurteilt.
' Aus der Homelie „Uber das Gltick", loc.cit., S. 187 ff.
//. LeAre 339
A H 7^^ sind in schwierigen und bosen Tagen angelangt. Der Zorn des
V V Herm ist tiber uns gekommen. Noch wird er zuriickgehalten
durch die Gebete und Furbittcn Seiner Allheiiigen Mutter und der
Heiligen im Himmel sowie der wenigen Auserwăhlten auf Erden. Doch
wir miissen uns bereithalten - unseren Sinn ăndern und umkehren zu
Ihm, damit wir wenigstens unsere Seelen retten...
ur eine einzige Ursache der Kriege tinde ich - die vielen Siinden
1 i der Menschen. Sie sind es, die die Kriege verursachen. Dies sagt
der untrtigerische Mund unseres Erlosers, Jesus Christus: IPcgen c/cn?
G/7c?7?cn7c/nc/?n?cn c/es' EnrecAt.s cr/rc?/ici c/ie EieOe c/er vie/en (s. Mt
24,12).
Ţ ^ \ie Ursache liegt bei uns selbst. Es ist erstens unsere schlechte
J-V N eigung, zweitens unsere Nachlăssigkeit und Trăgheit, drittens
unsere geringe oder tiberhaupt nicht vorhandene Liebe tur Gott und die
himmlischen Dinge und viertens die vorbehaltlose Liebe zum Mammon
sowie die Fesselung an die Materie und die niederen Dinge.
tP/cAtige Erccge
Ein ?Uc;/?n, c/cr ?'??/o/gc von Ericg.sver/eiznngen .scit 20 .VoArcn o?? n/Zen
GZicc/crn gc/d7?/??t wc?r /7ci/*c?gZcgic) ??nc/ c/c/?? c/ic Zrzie gesogi Aoiien,
cine 77ci/??ng .sci c???.sgc.sc7?Zo.s,scn, e.s .sci cZcnn cZ??rc7? ein iFnnc/c?* Goiies,
/?Y?gic .sic/? /nnge Zeii, wie er Goii /incZcn Aonne, c/cn?? er /eZ?ie, oAwo/?Z
er geic???/i wc?/; /cr?? von c/er EircAc. Einc.s 7c?gc.s bc.s??c7?ie iAn, o??/
gd'ii/ic7?e EingcA????g, Z/ivoier E/?i/dt/?eo,s in c/er /n.siii??iion /?'ir /nvc?Zic/c
in Zi/?en. 4n? Enc/e iArey Gc.sg?Y'ic/?.s /rc/gic c/er AEtnn.'
340 ^4/tvoter PMdtAeo.y von Po/'o^
Ldc/' nud
ennzeichen der wahren Reue ist das tiefe Bewusstsein der eigenen
Vcrfchlung, die Zerknirschung und Pein des Herzens dariiber,
durch die Siinde den menschenliebenden Gott und zărtlichen Vater
betrtibt und erztimt zu haben, die Seufzer, die Gebete, das Fasten, das
Wachen, die Trănen. Eine solche Reue ist echt und wahr. Eine solche
Reue ist heilsam und bringt dem beichtenden Siinder Vergebung. Sie
macht den Menschen augenblicklich vom Siinder zum Gerechten, vom
Feind zum Freund und Vertrauten Gottes.
nach jeder Plage, die tiber ihn kam. Kaum war die Plage voriiber, ver-
gass er sie und blieb unreuig wie zuvor. Solche unechte Reue zeigten
die Juden, die in den Priifungen und ungliicklichen Geschehnissen
bereuten und sich an Gott erinnerten, Ihn aber sogleich wieder vergas-
sen, wenn das Unheil vorbei war. Solche unechte Reue zeigen auch
heute die meisten Menschen, die, wenn sie in Gefahr oder Bedrăngnis
geraten, bereuen, umkehren und um Vergebung bitten, doch sobald die
Gefahr oder Bedrăngnis vorbei ist, ist es auch vorbei mit ihrer Reue.
Solche Reue bringt keinen Nutzen.
Eas fur den Leib des Menschen die Krankheit, ist fur seine Seele
VV die Siinde. Und so wie sich der leiblich kranke Mensch an den
Arzt wendet und von diesem die notige und geeignete Arznei empfangt,
so muss sich jener, der an Siinden leidet, d.h. an seelischen
Krankheiten, an den Seelenarzt wenden, den geistigen Vater, und ihm
seine Siinden, d.h. die Krankheiten seiner Seele offenbaren. Danach
empfangt er von diesem die entsprechende, notwendige und heilsame
Arznei.
A/c/A<?a
Joseph war in Âgypten, dem Ort der Stinde, und er sundigte nicht, weii
er stăndig Gottes gedachte und Ihn stets an seiner Seite hatte. Adam
dagegen war im Paradies, wo es keine Siinde gibt, doch weii er Gott
vergass, missachtete er Sein Gebot und horte auf den Teufei, und so
verior er das Paradies. So ist es denn ///EAt de/* O/d, .s'o/?de/*/? d/'e d/*/, die
den Menschen rettet, wie der gottliche Chi*ysostomos zu sagen pfiegte.
Z/;/* Air//e//de/;//Y/ge
EA ei Seinern Zweiten Kommen wird uns der Herr daraufhin prtifen,
J D ob wir Werke des Glaubens vollbracht haben, der Liebe zu Ihm
und zum Năchsten... Er wird uns nicht danach fragen, welchem
Kalender wir gefolgt sind. Die Heiiigen alle wurden nicht heiiig, weii
sie einem bestimmten Kalender folgten, sondem weii sie Gott iiebten
und den Năchsten wie sich selbst. Gewiss trifft zu, dass die Ânderung
des Kalenders Verwirrung und Spaltung geschaffcn hat in der Kirche
(und deshalb wăre sie besser unterbiieben)... Alle musscn wir aufrichtig
bereuen und den Allerhochsten Gott und Himmlischen Vater um Verge-
bung bitten und uns wieder vereinigen durch das Bând der Liebe, des
Friedens und der Einmiitigkeit...
S c h r ifte n iib e r d e n A i t v a t e r :
^ L Y V X T O R PoRPHYRtOS
VON
K A V S O K V L Y V tX
(1906-1991)
348
Pc7pAy7*;'o,y
349
Kapitel 9
^ L T V xrreR
PoRPHYR!OS V O N K ^ V S O K ^ L Y V t X
' Erzbischof Irenăos von Kreta, vomials Metropolit von Chaniă, in einer Radio-
sendung tiber den Altvater nach dessen Besuch in Chania im Jahr 1977, wiederge-
geben in: Kketiou tmavvtbri, op.cit., Seite 192 ff.
^ Metropolit Athanasios von Lemessos (Zypem), vormals Protos des HI. Bergs, loc.
cit., S. 58.
^ Altvater Moses vom Heiligen Berg, loc. cit., S. 104.
351
I. - Leben'
' Eine austuhrliche Lebensbeschreibung, in den Worten des Altvaters selbst, gibt das
Buch T/tvaier Porpâyriov Eehen Lgâre, in dt. Ubersetzung herausgegeben vom
Hl. Kloster Chrysopigi, Chania 2006.
^ Fest 15. Januar.
^ Kinderarbeit war damals in der Tat ein hăufiges Phănomen, nicht nur in Griechen-
land, sondem in ganz Europa.
352 ^ /tv o te r P o/y/ryn'o.y von Ăiavs'oka/yvM!
2. t/c//! (79M-/92.?)
Mit 12 Jahren ging er heimlich auf den Heiligen Berg. Dies fiel ihm
keineswegs leicht, denn er hing sehr an seinen Eltem. Zweimal bestieg
er das Schiff zum Athos' und kehrte nach mehreren Stationen unter
Trănen wieder um, doch beim dritten Mal entschloss er sich fest, sich
durch nichts abbringen zu lassen von seinem Vorhaben. Dabei half ihm
der Herr und fugte es, dass in Thessaloniki, wo viele Monche zustiegen,
auch jener heilige Greis an Bord kam, der sein Altvater werden solite -
Papâ-Panteleimon von der Skite Kavsokalyvia. Dieser Gottesmann
nahm ihn unter seine Fittiche und ermoglichte ihm nicht nur den Zutritt
zum Heiligen Berg, der so jungen Kindem an sich verboten ist, sondem
nahm ihn auch als Novizen auf in seine Kalyva des HI. Georg, die ganz
am Rând von Kavsokalyvia in der Wildnis liegt und wo fruhcr der
beruhmte Altvater Chatsi-Georgis^ gelebt hatte. Hier ergab sich der
Rnabe mit Begeisterung dem asketischen Kampf und dem absoluten
Gehorsam gegen seine beiden Altvater, denn mit Papă-Panteleimon *
' Damals gab es eine direkte Linie von Chalkida nach Daphni, dem Hafen des Athos.
* S. dessen Leben aus der Feder von Altvater Paissios (s. Bibhographie S. 304).
7. 7eăen 353
„Gehorsam! Was soii ich euch sagen uber ihn? Ich kannte ihn!",
sagte er spăter zu seinen geistigen Kindem. „Ich ubergab mich ihm mit
Freuden. Jener absolute Gehorsam hat mich gerettet. Seinetwegen hat
mir Gott das Charisma geschenkt. Ja, ich sage es euch abermals. Ich
brachte meinen AItvătern ăussersten Gehorsam entgegen. Nicht
erzwungenen Gehorsam, sondem Gehorsam mit Freude und Liebe. Ich
liebte sie in Wahrheit, und weil ich sie liebte, liess mich diese Liebe
auch spuren und verstehen, was sie wollten. Bevor sie es mir sagten,
wusste ich, was und wie sie es wollten, in jeder Sache. .. .Deshalb Log
meine Seele vor Freude bei ihnen. Ich dachte an niemand anderen.
Verschwunden die Eltem, verschwunden die Bekannten, verschwunden
die Freunde, verschwunden die Welt. Mein Leben war Gebet, Freude,
Gehorsam gegenuber meinen AItvătern."'
da dies in den ersten Stadien des geistigen Kampfes abtrăgiich ist ftir
die Demut und weii er aiizu eifrig war in seinem Veriangen nach har-
ter Askese, und deshalb Gefahr lief, das gesunde Mass zu ubersteigen.
Neben den Gottesdiensten im Kirchiein der Kalyva, dem Gebet, den
verschiedenen Diakonien und dem Handwerk - die beiden AItvăter
beschăftigten sich mit der Hoizschnitzerei - verbrachte er jeden Tag
viele Stunden mit jenem Studium, und spăter pftegte er zu oft sagen,
dass die liturgischen Bticher, die von unseren Heitigen stammen, die
„Universităt der Kirche" sind und dass wir grossen Nutzen gewinnen
durch unsere Beschăftigung damit. „Auf diese Weise wird der Mensch
geheiiigt, ohne dass er es gewahrt. Er erwirbt Liebe und Demut und
aites iibrige, wenn er die Worte der Heiiigen hori, im Mm&w, in der
/G 7YA////V0 . . A'
Damals wurde der junge demtitige Monch Nikitas von der gdtthchen
Gnade besucht. Er empfing das Charisma der Hehsichtigkeit und damit
vollzog sich in seiner Seeie, seinem Geist und auch in seinem Leib ein
grundiegender Wandel, die fbnva/rJ/Mng, <Ae r'OH r/er Rec/Aen <7as'
/ronurn (Ps 76,11). „Mein Leben wurde lauter Freude und
Jubel. Ich lebte in den Stemen, im Unendlichen, im Himmel... Ich
'sah' viele Dinge, doch ich sagte nichts. Das heisst, ich hatte nicht das
Recht, etwas zu sagen, ich hatte keinen inneren Auftrag hiezu. Ich sah
alles, ich bemerkte alles, ich wusste alles... Ich wurde ein anderer, ein
neuer Mensch, verschieden vom fruheren. Was immer ich sah, machte
ich zum G ebet... Alles sah ich mit der Gnade Gottes. Ich sah, doch ich
redete nicht...
Die nattirlichen Gaben, die er hatte, vervielfaltigten sich gewisser-
massen. Sein Gedăchtnis wurde so geschărft, dass es ihm genugte,
einen Text oder einen Hymnos in der Kirche ein einziges Mal gelesen
oder gesungen zu horen, um ihn nicht wieder zu vergessen. Er kannte
das ganze Neue Testament, den Psalter und mehrere andere Bticher des
Alten Testaments auswendig. Auch seine Beziehung zur Natur
wandelte sich, zu den Tieren, den Vogeln, den Pflanzen. Selbst die
Felsen offenbarten ihm ihre Geheimnisse. Alle seine Sinne offneten
sich. Er sah durch den Berg, als wăre er aus Glas. Er sah auch Dinge,
die tief unter der Erde lagen, Wasser, versunkene Kitchen, Ikonen,
Grăber usw. Vor aliem aber sah er die Seelen der Menschen, ihre
Vergangenheit, ihre Zukunft, und dies bis in kleinste Einzelheiten. Die
Grenzen von Zeit und Raum waren fur ihn aufgehoben, und alles
Geschehen erschien ihm in einem ewigen Jetzt, alle Orte in einem
einzigen Hier.
Dieses Geschenk der gottlichen Gnade hatte er, wie er selbst
bezeugte, nie gesucht, ja er hatte nicht einmal gewusst, dass es so etwas
gibt. Er suchte es auch nie zu entwickeln. Als er seinem Altvater
offenbarte, was ihm widerfuhr, sagte ihm dieser: „Miss diesen Dingen
keine Bedeutung bei und sag niemandem etwas davon, denn der Bose
lauert."' Wenn man ihn spăter uber sein Charisma belragte, pflegte er
zu antworten: „Gott schenkte mir das Charisma, damit ich gut w erde...
Gott liebt auch Sunder wie mich und wil), dass sie gut werden."
Fiir sich selbst erbat er nie etwas anderes als die Liebe Christi, und
wenn er in den spăteren Jahren seines Lebens von den Gnadengaben
Gebrauch machte tur die anderen, dann stets mit Unterscheidung und
allein deshalb, „damit die Menschen die Umarmung spiiren, mit der
Christus uns alle umarmt. Mein Anliegen ist, dass den Christen
geholfen werde", sagte er, „und dass sie gerettet werden mochten durch
ihr Eintreten in die Liebesgemeinschaft mit Christus". Dann fugte er
auf seine demiitige und einfache Art hinzu: „Vergebt mir, dass ich das
so sage. Niemals bitte ich Gott, dass Er mir etwas offenbare, denn ich
mag nichts von Ihm verlangen. Ich glaube, dass das gegen Seinen
Willen wăre, dass es unhoflich wăre und - noch schlimmer - , dass ich
Ihn damit notigen wurde.'"
Nie hătte der junge Monch Nikitas auch nur die Moglichkeit in
Betracht gezogen, den Heiligen Berg zu verlassen. Sein einziger
Wunsch war, hier in tiefster Abgeschiedenheit allein nur Gott zu leben,
bis ans Ende seiner Tage. Doch die gottliche Vorsehung wollte es
anders. 1925 erkrankte er sehr schwer an einer Brustfellentzundung
und kam dem Tode nahe. Deshalb schickten ihn seine Altvăter in sein
D orf zuriick, damit er die notige Pflege erhalte, die auf dem Heiligen
Berg nicht verfugbar war. So geschah es, dass er nach sieben Jahren auf
dem Athos in die Welt zuruckkchrtc.
Als er genas, ging er wieder nach Kavsokalyvia, doch nach einigen
Wochen wurde er abermals krank und musste emeut wegreisen. Auch
ein dritter Versuch, auf den HI. Berg zuruckzukehren, scheiterte am
Ruckfall in die Krankheit, sodass ihm die beiden Gerontes schliesslich
geboten, in der Welt zu bleiben, da Gott offenkundig andere Plane hatte
mit dem begnadeten jungen Monch.
7. Pw^sfgr^rPo/yA/MMA^fA^H 77949-7973)
I'
Zur Zeit von Griechenlands Eintritt in den 2. Weitkrieg kam Vater
Porphyrios nach Athen und wurde Priester der beim Omonia-PIatz, d.h.
mitten im Zentrum der griechischen Hauptstadt, gelegenen Rirche des
Hi. Gerasimos der Athener Polyklinik. Damit erfhllte sich sein inniger
Wunsch, den ieidenden Menschen zu dienen, der seiner tiefen Liebe zu
Christus und Seiner Herde entsprang. „Ich lebte dort 33 Jahre, als wăre
es ein einziger Tag", soilte er spăter sagen.' Jeden Tag besuchte er die
Kranken, trostete sie, nahm ihre Beichten ab und half ihnen durch sein
Gebet und seine Gnadengaben.
Viele Ârzte dort bemerkten diese aussergewohnlichen Gaben, die er
von Gott empfangen hatte. Sie empfanden grosse Achtung vor ihm,
baten um sein Gebet bei schwierigen Operationen und suchten oftmals
seinen Rat, wenn sie keine klare Diagnose zu stellen vermochten.
Als Liturge zeichnete sich Vater Porphyrios aus durch seine tiefe
Andăchtigkeit. Wenn er die Liturgie zelebrierte, so wie auch bei allen
anderen Gottesdiensten, wurden die Menschen in ihren Herzen ergriffen.
Deshalb rief man ihn oft auch in Privathăuser, um Wasserweihen und
Olweihen zu zelebrieren.
Ebenda, S. 89.
359
Er war in der Tat ein „Baum voii kostiicher Fruchte", ein „schatten-
spendender Laubbaum",' der vieie emăhrte und ihnen Schutz gewăhrte.
„ich erinnere mich", sagt eines seiner geistigen Kinder, „an den Faii
eines hochgesteiiten Mannes, der, von dusterer Verzweiflung gepackt,
eines Abends sein Auto nahm und losfuhr und bei der Zeiie des
Aitvaters parkieile. In der Frtihe fuhr er, voiiends getrostet, wieder
zurtick, ohne auch nur versucht zu haben, mit ihm zu sprechen. Der
Aitvater hatte seine Gegenwart gesptirt. Er spurte vieies und tat vieies,
das die anderen sptirten."^
„Wir werden seine Worte stets mit tiefster Bewegung im Gedăchtnis
bewahren, denn es waren Worte des Febens, die uns beseeiten... Er
wiederhoite uns oft dieseiben Dinge, um Einzeiheiten kiarzumachen,
die uns entgingen. Wir wunderten uns sogar, warum er uns diese Dinge
schon wieder sagte... Da wir engstimig waren, konnten wir die
Offenheit nicht verstehen, in die er uns rief. Mit der Enge unserer
Herzen widerstanden wir der Weite des seini gen ..
Er war erfuilt vom „tiefen Wunsch, die formiose Masse unseres
steinernen Ich zu behauen, um das Biid Christi in uns zu formen und
uns zu verwandeln. Dies geschah unter Geburtswehen seinerseits, um
uns zu stărken, sodass wir nie verzweifeln und aufgeben wurden... Er
war immerdar damit beschăftigt, Losungen zu finden fur alles.
Sackgassen gab es nicht fur ihn. Er pflegte zu sagen: 'Wenn etwas hier
nicht mogiich ist, lasst uns woanders anfangen. Wichtig ist, dass wir
anfangen, dass wir nicht mtissig bleiben.' Den meisten von uns w arf er
Trăgheit vor. Er 'schntiffelte' uns aus an unserer Art zu gehen, an unse
rer Art zu reden, an der Art, wie wir etwas anfassten und unsere Hănde
bewegten. 'Sieh ihn an, Menschenskind, er kann seine Ftisse nicht
heben und wili geistig vorwărts kommen!' ...Unsere Nachlăssigkeit
und Gleichgultigkeit bereitete ihm grossen Kummer. 'Ein Christ muss
sich fur alles interessieren. Wie kann die Welt vorankommen, wenn die
Christen gleichgiiltig sind? Wir mussen sorgfaltig sein. Der Dieb ist
sorgfaltig. Auch wir mussen 'stehlen', mussen uns vorsehen wie er,
unsere Aufmerksamkeit anspannen.
„Er nahm unsere Masse. Du fandest nie etwas (in seinen Weisungen),
das aus der Luft gegriffen war. Es war immer etwas, das dir genau
zogerte, der BemEtng ins Hirtenamt mit aiien seinen Umtrieben zu fol-
gen, sagte ihm Altvater Porphyrios:
„Hor zu, mein Kind. Wenn es die Kirche ist, die aii das von dir ver-
langt, und dein geistiger Vater seinen Segen dazu gibt und du aufiichtig
gehorchst, dann kann dieser dein Gehorsam, mit der Liebe unseres
Christus, aiie diese ăusseren Umtriebe in Gebet verwandeln, ohne dass
du es begreifst. Hinwiederum, wăhlst du setbst den stiilsten Winkel des
Heiiigen Bergs oder irgendeines Klosters, dies aber aus deinem eigenen
Witlen tust, damit du selbst etwas davon hast, sei es auch in einem
geistigen Sinn, um eines sagen wir, geistigen Komforts wiilen, ohne
den Segen der Kirche oder deines geistigen Vaters, dann wird aites im
Niedrigen bieiben und nirgendwohin fuhren, wie sehr du dich auch
bemtihen magst."'
9.
Der Altvater war nicht nur Patient, er war auch Arzt, und nicht seiten
kam es vor, dass er Ârzte, wăhrend sie ihn wegen seiner korperlichen
Leiden behandelten, von ihren seeiischen Krankheiten heilte.
Er pfiegte zu sagen: „Krankheiten bringen uns grossen Nutzen, wenn
wir sie ohne Murren hinnehmen und Gott verherriichen dafur und Sein
Erbarmen suchen... Das Vollkommene ist, dass wir uberhaupt nicht
beten fur unsere Gesundheit. Beten wir nicht, damit es uns gut geht,
sondem damit wir gut werden."^
1970 nahm der Gerontas, nunmehr 64 Jahre alt, seinen Rucktritt als
Priester der Athener Poliklinik. Einige Zeit setzte er diese Tătigkeit
noch teilweise fort, bis ein
Nachfolger gefunden war.
Doch ab 1973 kam er nur
noch seiten in die Stadt
und war meist in Kallisia.
In jenen Jahren suchte er,
einem alten Wunsche fol-
gend, nach einem geeigne-
ten Ort fur die Grundung
eines Klosters, was in
Kallisia aus verschiedenen
Griinden nicht moglich
war. Schliesslich fand er
das Gesuchte in Milesi bei
Oropos (Attika), gegen-
uber seiner Heimatinsel
Euboa.
Nachdem er sich eini-
germassen erholt hatte von
seinem Herzinfarkt, liess
er sich 1979 dort nieder,
zunăchst in einem Wohn-
Liebe und Demut fur atle, die das gottfiche Erbarmen suchten. „Und er
sah mit geistiger Freude, wie die Gnade Gottes ihre Wirkung tat in
ihnen. So war Aitvater Porphyrios ein lebendiges Beispiei (der Worte
Christi), die der Apostel der Voiker Paulus schrieb: /n <7er
AotttttEMeme Alv;// zt/r (2 Kor 12,9)."'
Schon im Jahr 1984 hatte der Altvater das verlassene Kellion des HI.
Georg in Kavsokalyvia, in dem er Monch geworden war, von der
Grossen Lavra erworben und dort mehrere Jungmonche installiert. Von
da an ging er oft auf den Heiligen Berg, und sein innigster Wunsch war,
vor seinem Hingang endgiiltig nach Kavsokalyvia zuriickzukehren, um
dort seine letzten Tage in der Einsamkeit und im Gebet zu verbringen.
Dies tat er am Vortag des Festes der HI. Dreiheit des Jahres 1991, als
er 85 Jahre alt geworden war. Nachdem er wie gewohnt seine Beichte
abgelegt hatte bei seinem hochbetagten Beichtvater in Athen, ging er
auf den Heiligen Berg, in sein Kellion in Kavsokalyvia, in der Absicht,
dasselbe nicht wieder zu verlassen. Am 17. Juni desselben Jahres sand-
te er durch einen seinei* Monche einen Abschiedsbrief an seine geisti
gen Kinder, der einmal mehr seine grosse Demut zeigte und worin er
allen ans Herz legte, „Gott zu lieben, Der Alles ist, damit Er uns wiir-
digen mochte, in Seine ungeschaffene Kirche auf Erden einzugehen")
A uf Drăngen der vielen, die untrostlich waren iiber seinen Weggang,
kehrte er zweimal fiii* kurze Zeit nach Milesi zuriick. Einige besuchten
ihn auch auf dem Heiligen Berg, doch als sich sein Zustand verschlim-
merte, empfing er Besuche nur noch ausnahmsweise.
Am ft'iihen Morgen des 2. Dezember 1991 schliesslich iibergab der
heilige Altvater im Beisein der Monche des Kellions des HI. Georg
seine Seele in die Hănde seines allgeliebten Herm. Viele SEtnden lang
hatte er zuvor jene Worte des hohepriesterlichen Gebets Christi wieder-
holt: ...&wn7 .svE e/'/i.s' .sotEn (Joh 17,11 und 22). Danach sagte er nur
noch ein einziges Wort, das am Schluss des Buchs der Offenbarung
steht: „Komm."
II. - Lehren'
C/tWS?MS /sV^)//<?s
ŢC r ist unser Freund, Er ist unser Bruder, Er ist jedwelches Gute und
J —/ Schone. Er ist Alles. Doch Er ist auch unser Freund und Er ruft es
lăut: „Ihr seid meine Freunde, Menschenskinder! begreift ihr es nicht?
Wir sind B ruder... Menschenskinder, Ich bin nicht... Ich halte nicht die
Holle in der Hand, Ich drohe euch nicht, Ich bebe euch. Ich will, dass
ihr euch mit Mir zusammen des Lebens crfrcut." Verstehst du?
hristus ist neues Leben. Wie kann ich es ausdriicken? Christus ist
V-y Alles. Er ist die Freude, Er ist das Leben, Er ist das Licht, das
wahre Licht, das bewirkt, dass der Mensch sich freut, dass er fliegt,
dass er alles sieht, alle sieht, Mitleid luhlt mit allen, alle bei sich haben
will, alle bei Christus.
hristus ist Alles. Er ist die Quelle des Lebens, das hochste Ziel aller
Sehnsilchte.
wir, wenn wir fern sind von Christus. Wir wandem umher, gehen
hierhin, dorthin, finden nichts, stehen nirgendwo still. Doch wenn wir
Christus finden, und sei es auch in einer Hohle, dann bleiben wir dort
und woiien nicht weggehen, aus Furcht, Christus zu veriieren. Lest und
ihr werdet sehen. Die Asketen, die Christus kannten, sie woliten ihre
Hohlen nicht veriassen... Sie wohten dort bleiben, wo sie Christi
Gegenwart fuhlten. Christus ist Alles. Christus ist die Quelle des
Lebens, der Freude.
l ^ \ o c h auch den Satan gibt es, die Flolle gibt es, den Tod gibt es. AII
J-V d ies gibt es, gibt es wirklich. Es ist die andere Seite, das Bose, die
Finstemis, all das gehort zur Finsternis. Der Mensch Christi muss
Christus lieben, und wenn er Christus liebt, wird er bcfrcit vom Teufel,
von der Holle, vom Tod.'
Ţ ^ \ie Freude ist Christus selbst. Sie ist eine Freude, die aus dir einen
J-v a n d e re n Menschen macht. Sie ist eine geistige Narrheit, jedoch in
Christus. Sie macht dich trunken wie der unvermischte Wein, jener
geistige Wein. Wie David sagt: Afit O/ wein FfaMpigeya/Ăt, nwf
Dew Ne/cA wacAi wie A WwAen wie .stn/Aer IFein (Ps 22,5).
Ţ I ' ines sei unser Ziel - die Liebe zu Christus, zur Kirche, zum
J —/Năchsten. Die Liebe, die Anbetung Gottes, die Sehnsucht, das
Einswerden mit Christus und mit der Kirche ist das Paradies auf Erden.
T ^ \ie Liebe zu Christus ist auch die Liebe zum Năchsten, zu allen,
J -V selbst zu den Feinden. Der Christ leidet Schmerzen fur alle. Er
will, dass alle gerettet werden, dass alle das Reich Gottes kosten. Das
ist Christentum.
T ^ \ie Kirche ist anfanglos, endlos und ewig, ebenso wie der Drei-
J-V einige Gott, ihr Grtinder, anfanglos, endlos und ewig ist. Die
Kirche ist ungeschaffen, so wie Gott ungeschaffen ist. Sie existierte vor
aller Zeit, vor den Engeln, vor der Erschaffung der Welt - vor C nm J-
/egrmg J e r HL/t, wie der Apostel Paulus sagt (Eph 1,4). Sie ist eine
gottliche Institution und in ihr tvo/?/?i Jto gooze <7or GottAe/7 (Kol
2,9). Sie ist Ausdruck der mannigfaltigen Weisheit Gottes. Sie ist das
Mysterium der Mysterien. Sie war im Nichtoffenbaren und ward offen-
bart o/?! F/rJe Jo/* Ze/'te/! (1 Petr 1,20). Die Kirche bleibt unerschtittert,
weil sie in der Liebe und in der weisen Vorsehung Gottes wurzelt.
T ^ \ie Liebe Gottes formte uns nach Seinem Bild und Seiner Âhnlich-
J-V keit. Er schloss uns mit ein in die Kirche, obwohl er um unsere
Abtrunnigkeit wusste. Er gab uns alles, um auch uns zu Gottern zu
machen durch das Ireie Geschenk der Gnade. Wir jedoch machten
schlechten Gebrauch von unserer Freiheit und verloren die ursprirng-
liche Schonheit, die ursprlingliche Gerechtigkeit, und schnitten uns ab
von der Kirche. Ausserhalb der Kirche, fem von der Heiligen Dreiheit,
verloren wir das Paradies.
T ^ \a s Haupt der Kirche ist Christus, und der Leib, das sind wir, die
J-^/M enschen, die Christen. Der Apostei Pauius sagt: E r A? Jn-y Tfaupt
Je^ Lei^e^, <7er K/rcAe (Kol ), 18). Die Kirche und Christus sind eins.
Der Leib kann nicht existieren ohne sein Haupt. Der Leib der Kirche
wird genăhrt, geheiiigt, am Leben erhaiten von Christus.
hristus hat den Leib der Kirche geeint mit dem Himmei und mit
der Erde. Mit den Engein, den Menschen und aiien Geschopfen,
mit der ganzen Schopfung Gottes, mit den Tieren und den Vogeln, mit
jedem kleinen Wiesenblumchen, mit jedem winzigen Insekt. So wurde
die Kirche zur F:i7/e Desper, D er a/Zes* m er/fA/t (Eph 1,23), das
heisst Christi. Atles in Christus und mit Christus. Dies ist das
Mysterium der Kirche.
ahre Christen sind wir dann, wenn wir uns zutiefst ats Glieder des
mystischen Leibes Christi, der Kirche, fuhlen, in einer ungebro-
chenen Beziehung der Liebe, wenn wir in Christus geeint leben, das
heisst, wenn wir die Einheit innerhalb Seiner Kirche leben mit dem
Gefuhl des Einsseins. Deshalb betet Christus zu Seinem Vater,
.sie ei/rs* .seien (s. Joh 17,11 und 22). Er sagt es wieder und wieder, und
auch die Apostei betonen es uberall. Dies ist die tiefste Tiefe, der hoch-
ste Sinn der Kirche. Hier ist das Mysterium - dass alle eins werden wie
ein einziger Mensch in Gott. Keine andere Religion kommt dem gleich.
Ţ ^ \ie Kirche ist das neue Leben in Christus. In der Kirche gibt es
J-V keinen Tod, keine Holle. Im Evangelium des Johannes heisst es:
Wenn einer A7e/'n Rbri hewnArt, w irJ er Jen 7o<7 nic/ri /ro.sie/r in
Dwig^eii (Joh 8,51). Christus schafft den Tod ab. Wer in die Kirche
eingeht, wird gerettet, wird ewig.
371
A /fit Christus wird der Tod zur Brucke, die wir in einem einzigen
IVJLAugenbiick iiberqueren werden, um weiterzuieben im Licht ohne
Untergang.
A A Tir mussen Schmerz ieiden fur die Kirche, sie iieben mit grosser
V V Hingabe. Wir durfen es nicht hinnehmen, dass man ihre Vertreter
verurteiit. Die Geistesart, die ich auf dem Heihgen Berg lernte, war
orthodox, tiefgrundig, heilig, schweigsam, abhoid aliem Streit, aller
Zănkerei und Verurteilung anderer. Denjenigen, die Kleriker anklagen,
sollen wir keinen Glauben schenken. Und săhen wir mit eigenen Augen
etwas Negatives, das durch einen Kleriker geschieht, glauben wir es
nicht und denken wir nicht daruber nach und tragen wir es nicht weiter.
A chten wir auch auf die kirchliche Ordnung. leben wir die
Z A . Mysterien der Kirche, insbesondere das Mysterium der Gottlichen
Kommunion. In diesen Endet sich die Orthodoxie.'
fst uv/Arr'
1 ^ \ i e Wahrheit ist in der Orthodoxie. Ich habe sie gelebt, und dank der
J -v G n a d e Gottes kenne ich sie... Es gibt viele Lichter, doch das
wahre Licht ist eines. Und wenn du sagst: „Du bist verblendet!",
Ebenda, S. 146A52.
372 PorpA yno.s' voH Ă ia w o & a /rvM
Ţ ^ \ie Wahrheiten Gottes, so wie Er sie uns offenbart hat von Anfang
J-V an , das ist es (woran wir glauben). Es gibt keine anderen
Wahrheiten, neue, die notwendig geworden wăren, weii die Weit und
die Wissenschaft fortgeschritten ist und die Menschen zu den Stemen
geiangt sind.
Ţ I ' s kann sein, dass im Plan Gottes eine Zeit kommt, da die Menschen
J —/ zur Besinnung kommen werden, da sie das Chaos ganz konkret vor
sich sehen und rufen werden: „Wir sttirzen ins Chaos, wir gehen verloren.
Alle zuruck, alle zutuck, kehrt um, wir haben uns vcrirrt!" sodass sie
wieder den Weg Gottes betreten und der orthodoxe Glaube sie erleuchtet.'
Ţ Ţ nsere Religion ist die Religion der Religionen, jene die aus der
L J Ofîenbarung stammt, die wirkliche, die wahre Religion.
Ţ I ' in Athonit erzăhlt: „Als wir in der Neuen Skite lebten, hatten wir
J —/ einen katholischen Monch zu Gast, der gekommen war, um mehr
zu erfahren tiber das Leben der Athos-Monche, das asketische Leben
und die athonitische Gemeinschaft im allgemeinen. Wir erzăhlten ihm
von Altvater Porphyrios, und als er spăter nach Athen reiste, besuchte
er ihn dort. Als der Altvater ihn sah, begann er, ohne dass iltm jener
etwas gesagt hătte, das Kdoster jenes Monchs in Norditaiien zu
beschreiben. Er beschrieb sogar ein benachbartes Frauenkloster. Er sah
alle Monche und Nonnen dort und beschrieb alle bis in die Einzelheiten.
Der Monch war buchstăblich sprachlos, denn zum ersten Mal begegnete
er einem solchen Menschen. Als er danach auf den Athos zurtickkehrte,
sagte er zu uns: „Hătte mir jemand uber diese Dinge erzăhlt, wtirde ich
sie nie geglaubt haben..." Jener Monch fragte Altvater Porphyrios, wie
es ihm moglich sei, all jene Dinge zu sehen, und der Altvater antwortete
ihm: „Gottes Gnade offenbart die Mysterien uns Orthodoxcn."'
Ţ I ' iner seiner geistigen Sohne fiagte den Altvater, wie er denn fur all
J —/ die Menschen bete, die ihn darum ersuchten. Er antwortete ihm:
- So mache ich es - ich sage 'Herr, Jesus, Christus, erbarme Dich
meiner.'
- 'Erbarme Dich meiner" sagt ihr? Aber jene baten euch doch, fur sie zu
beten und nicht fur euch selbst, entgegnete ich ihm verwundert.
A iie Dinge in der Schopfung beiehren uns und fuhren uns zu Gott.
v \ . A l i e Dinge um uns sind Tropfen der Liebe Gottes. Die beseeiten
ebenso wie die unbeseelten, die Pfianzen, die Tiere, die Vogel, die
Berge, das Meer, der Sonnenuntergang, der Stemenhimmei. Es sind
kleine Lieben, die uns zur grossen Liebe fuhren, zu Christus.
' Konstantinos Giannitsioti in seinem Buch Kovrd oro Cepovra Hopqwpto, Athen
1993, S. 50-31.
^ Av6?oAoyto, op.cit., S. 441.
77. Ze/me 375
er Aitvater erzăhite:
- Dort auf dem Heiiigen Berg verbrachte ich ein paradiesisches
Leben. Ich ging dorthin, ais ich noch kiein war, zwoitjăhrig nur, ich
hatte zwei Greisiein, denen ich aufs Wort gehorchte. Sie schickten
mich, Erde zu hoien, zwei Săcke voii, fur ihre G ărtiein... Und ich ging,
ich rannte, hupfte uber die Feisen, barfuss, ungekămmt, und rief mitten
in der Wiidnis: "Unbcflccktc, Makeiiose, Unversehrte, Unberuhrte.. A*
„Herr Jesus Christus, erbarme Dich meiner" und andere Verse, die ich
auswendig gelernt hatte aus der 7U/vA/;7/Vd und den Hatte
mich jemand gesehen, wiirde er gesagt haben: „Es ist um ihn gesche-
hen, das Monchiein, es ist nărrisch geworden." Und tatsăchiich, der
gottiiche Eros ist eine gottiiche Narrheit, und wenn sie den Menschen
beherrscht, verwandeit sie ihn, Seele und Leib.
l ^ \ u musst wissen - mit deiner Tonsur zum Monch wird Christus dich
J-V um arm en, dich kiissen, du wirst Sein und Er wird dein. Christus
macht deine Seeie zur Seiner Braut, fur immer. Fur die Ewigkeit.
A H fen n du Christus mir der ganzen Kraft deines Herzens liebst, wird
V V ades ieicht sein. Der Gehorsam und die Demut. Dann wirst du
a)ie Brtider iieben, muhelos und spontan, mit derseiben Liebe Christi.
Denn dann wirst nicht du es sein, der iiebt, sondern Christus Seibst,
Der dein Herz in Besitz genommen hat.'
A uch du, deshaib, sag nicht: „Dieser ist ein Griesgram, jener ist
V i^eifersuchtig, jenerjăhzom ig" usw. Sag nicht: „Mit dem kann ich
nicht auskommen, niemais." Das ist keine Art. Das ist nicht orthodox,
es ist nicht christiich. So bist du tiberhaupt nicht in der Liebe Gottes.
So trennst du dich ab von der Gnade Gottes weii du dich von deinen
Briidern abtrennst. Du soiist im Gegentei) hinwegsehen riber ihre
Schwăchen und, ohne dass du sie nachahmst, einswerden mit ihnen in
der Zusammenarbeit. Tu was sie wollen und wie sie es wolien. Sie
wollen es so? Dann tu es so. Sie wolien es anders? Dann tu es anders.
A uf diese Weise fallen die Mauem, die uns trennen von unseren
Briidern. So verbinden wir uns mit Christus.'
Ţ ^ \u sagst mir, dass dich das Gebet, die Akoluthie ermudet. Was
J-V fehlt? Der gottliche Eros fehlt.
- Wie werden wir ihn erlangen, Geronta?
- Das hăngt nicht ab von unseren Anstrengungen. Es ist ein Geschenk
Gottes. Er zuerst ist es, Der uns liebt, wenn wir Ihm gefallen, Elnsere
eigenen Anstrengungen aber und der ăussere Druck konnen in unserer
Seele das Gegenteil bewirken: das Scheitern im Geistigen.
- Und wie wird es geschehen, dass Gott uns liebt?
- Damit Gott uns liebt, ist etwas anderes notig unsrerseits. Und was ist
das? Dass wir uns demtitigen, dass wir uns beugen, dass wir lieben,
dass wir beten, dass wir Gott suchcnr
laub nicht, dass wir, wenn wir sterben, dorthin gehen werden, um
v J uns der Gluckseligkeit Gottes zu erfreuen, um sie zu spiiren. Von
hier an miissen wir sie spuren. Wenn wir nicht hier einswerden mit
Christus, gekieuzigt werden mit Ihm, werden wir auch dort nicht bei Ihm
sein. Das Paradies bedeutet nicht schone Băume, kostiiche Frtichte,
Blumen usw. Es ist die mystische Gluckseligkeit, die die Seeie in Gott
ertahrt.'
Drrs tG'c7;7Ygst(?
T ^ \a s Wichtigste fur uns alle ist, uns mit ganzem Herzen Christus
-L^hinzugeben.
Am/! 7/^7*Z77777S
as die Kinder rettet und gut macht, ist das Leben der Eltem
zuhause. Es ist notig, dass die Eltern sich der Liebe Gottes
hingeben... Die Losung der Probleme kommt mit der Heiligung der
Eltem. Werdet heilig, und ihr werdet keine Probleme haben mit euren
Kindern. Die Heiligkeit der Eltern erlost die Kinder von ihren
Problemen. Die Kinder brauchen heilige Menschen um sich, Menschen
mit viei Liebe, die sie nicht einschuchtem und sie nicht bloss belehren,
sondem ihnen das heilige Beispiel geben und beten fur sie.
Nutzen hiervon? Sie werden ais Egoisten ins Leben hinaustreten und
nicht ais Christen.
Ţnsere Reiigion wunscht nicht diese Art von Erziehung. Sie wiii im
Gegentei), dass die Kinder von kiein auf die Wahrheit iernen. Die
Wahrheit Christi betont, dass du den Menschen, wenn du ihn iobst, zum
Egoisten machst. Der Egoist ist verwirrt, er wird gefîihrt vom Teufei,
vom bosen Geist. Und nachdem er so aufgewachsen ist in der
Eigensucht, unternimmt er es ais erstes, Gott zu verleugnen und sich ais
unangepasster Egoist in der Geseilschaft breitzumachen.
r \ u soilst die Wahrheit sagen, damit der Mensch sie iernen kann.
-L ^S o n st unterstutzt du ihn in seiner Unwissenheit.
^sn Heiligen Vătern werden die Kinder iemen. Die Lehre der
V Heiligen Văter wird unsere Kinder beiehren iiber die Beichte, liber
die Leidenschaften, iiber die bosen Taten, sie werden ihnen zeigen, wie
die Heiligen ihr schiechtes Selbst besiegten. Und wir selbst werden zu
Gott beten, dass Er Sich hinabbeugen moge in sie.'
A . W o r te des A it v a t e r s :
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Evias 2005. Ubers. auch Russ., Şerb., Rumân., Arab. u. Ital. von div.
Herausgebern. Ausziige aus den Original-Tonbandaufhahmen des Aitvaters, aus
denen das Buch zusammengesteiit ist, auf CD hrsg. vom EH. Kdoster
Chrysopigi, Chania.
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Auszugen aus der Pascha-Liturgie mit Aitvater Porphyrios und einer Darlegung
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sowie rumănische und russische Ubers. beinr seiben Herausgeber.
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Kdoster d. TransEguration, Miiesi, i i. Auft. Rumân.: Hwdddd Defere Padina/
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Ratdaymyog' („Aitvater Porphyrios der geistige Vater und Erzieher"). Auch
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55-82.
383
!N H ^ L T S V e R ^ e !C H N !S
Zu diesem B u c h ............................................................................................................ 5
XapzYe/ 7
/l/Yva^grylzzz/z/zz/dc/zz'o^ vo?? Podzzo^ ("7<$<5^-7970).................................................. 7
FapzYg/ 2
FpArew vow ("7972-799<$).................................................. 43
Fap;7e/ 3
y4/fya7er JaTrovo-y vozz Fzzdo'a ("7920-7997).............................................................75
ĂYzpzYe/ 4
^/F<37er Jo-ygp/? <7ez^ 7 7 6 ^ 7 ; ^ ("7<$9&7939)....................................................... 103
ATzpzYg/ 3
/ l / F ^ g r Jzz^dz W77 Ce/z/e ("7^94-7979)................................................................ 145
FzzpzYe/ 4
/!/F < 3 ^ F/eo/M vozz 5*z7zzz^frz7z ("7972-799^1........................................................219
ATzpzYe/ 7
^Fm ^grPzzz^z'o^ Jgr^lgioziY ("7924-7994).........................................................263
FzzpzYe/ <9
/1/Ywz4gr P/zz7o0zeo^ vozz ^7^4-79<$0)......................................................307
FzzpzYe/ 9
^/Fa^gz*Pozp/;yz*z'o^ vozz FawoTra/yvzTz ("7904-7997)....................................... 347
384
D<23 Synaxar/on, D/g Ta^en <7<?r /7g///gg/; r/gr O/vAo&ne/? Af/'/'che, gestritzt auf die
6-băndige Ausgabe des HI. Klosters Simonos Petra, mit s/w und
Farbikonen sowie geographischen Karten, 2 Bande:
Bând 1 - September bis Februar, 800 Seiten, 2005.
Bând H - Mărz bis August, 856 Seiten, 2006.
D/c/nex Gg&gAZ?Mc/t /a r 0/'t/;or/oxe CA/'Atc/? (Mitternachtsgottesdienst, Orthros,
Klcinc Stunden, Vesper, Kl. Apodipno, Akathistos, Ki. Bittkanon an die
Gottesmutter, Vorbereitung auf die Gotti. Kommunion und Danksagung,
Apolytikien und Kontakien, Fastenregein gem ăss Typikon des
Patriarchats von Konstantinopel, Festkalender), 182 Seiten, 2006.
D gr 4 /ta//;A/o.s*-F/y/no.s- an <7/g A//grAg;7/g^/e Go//e.s/;n///gr, vollstăndige
Akoiuthie, mit Notenteii, 62 Seiten, 4. Auf!. 2006.
Zo&gasang a n J OTA/r/agg z a r GraA/ggang a/t.s'grg.s* Dgrrn 7g.sa.s C/a/.s/M.s
(Enkomia), 48 Seiten, 3. Auf!. 2006.
D ar A7gfne 7/;//- ;/n<7 7)'o.s7Fa/;o/: a?! /l///;g;7/gg Go//g.s'nna/g/: vo!!stăndige
Akoiuthie, mit Notentei!, Taschenformat, 48 Seiten, 4. Auflage 2006.
fbr6grg/7ung an/' r//g Go////gAg Aantnaaa'on, voitstăndige Akoiuthie, Taschen
format, 48 Seiten, 4. verbesserte Auflage 2006.