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FERNSEMINAR ROHRVORTRIEB
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Thema:
Mit der Anwendung der Seminarunterlagen entzieht sich niemand der Verantwortung für
eigenes Handeln.
Regressansprüche gegen den Autor oder gegen die an der Gestaltung und Durchführung
des Seminars Mitwirkenden sind ausgeschlossen.
Festgestein als solches ist längst nichts Neues. Was unter Festgestein beim Rohrvortrieb
zu verstehen ist, beschreibt DIN 18319. Doch offensichtlich beschreibt dieses Normblatt
das Festgestein im Hinblick auf jene Eigenschaften, die dessen Abbau bestimmen. Für die
statische Berechnung von Vortriebsrohren wären noch weitere wesentliche Angaben
erforderlich.
So bleibt bisher die statische Berechnung von Vortriebsrohren im Festgestein auf der
Strecke und der Statiker blieb hilflos allein!
Und wenn schon das Wort „Festgestein“ im Vokabular des Rohrvortriebes bisher
weitgehend noch ein Fremdwort ist, so ist das vom Verfasser neu zitierte Wort
„Gemischtes Locker- Festgestein“
nicht einmal ein Fremdwort – es ist als käme es von einem anderen Stern – so mag es ein
Reizwort sein oder werde. Was gemischtes Locker- Festgestein ist, hat der Verfasser in
diesem Beitrag erläutert.
Gemischtes Locker- Festgestein ist keine neue Gesteinsformation, es ist vielmehr nur eine
Gesteinskombination, eine Kombination bekannten Gesteins.
Erfolgt der Vortrieb der Rohre in einer Tiefe und in einer Zone, in der der Übergang vom
Lockergestein zum Festgestein von statten ging, dann ist der Zustand des Gemischten
Locker- Festgesteins gegeben. Die vom Lockergestein umgebenen Rohre liegen auf
Festgestein auf. Die Auswirkung auf die statische Berechnung wird im folgenden Beitrag
dargestellt und es werden zur Lösung Rechenansätze in den Bildern 21 und 22 gegeben.
Da drängt sich die Frage auf: Wie oft kommt der Zustand des Gemischten Locker-
Festgesteines vor? Öfter als angenommen wird! Nur erkannt wurde er – wenn überhaupt –
nur äußerst selten! Nur die Folgen wurden gesehen: Längsrisse im Scheitel und –
soweit diese zugänglich ist – in der Sohle, obwohl die Rohre nach dem Arbeitsblatt
A161 korrekt berechnet wurden waren. Die Ursache dieser Risse blieb ungeklärt. Die
Risse wurden - so gut es ging saniert und vergessen. Eine kraftschlüssige Sanierung ist
jedoch unmöglich. Der die Rohre verursachende Spannungszustand bleibt bestehen, da
die Auflast bestehen bleibt. Diese Rohre sind nachhaltig geschädigt.
Ist der Zustand des gemischten Locker- Festgesteins während des Vortriebes oder nach
Abschluss desselben festgestellt, kann an den bereits eingebauten – oder den bereits
vorgefertigten Rohren – nichts mehr verbessert werden!
Es ist gut, zu wissen, dass es eine – wenn auch nur begrenzte – Möglichkeit zur
Minderung von Schäden, die durch Gemischtes Locker- Festgestein entstanden sind, gibt.
Besser ist es aber, zu wissen, dass durch eine sorgfältige Erkundung des
Baugrundes und durch eine nach dem anschließenden Bericht ausgeführte
Statische Berechnung und Bemessung der Rohre, Schäden bei Vortrieb im
Gemischten Locker- Festgestein verhütet werden können.
Über das Für und Wider des Arbeitsblattes A161 der Abwassertechnischen Vereinigung
und der Zwängungstheorie hat der Verfasser in den letzten Heften von biUmweltBau
berichtet. Damit ist der Großteil aller Rohrvortriebe, die überwiegend im Lockergestein
aufgefahren werden, angesprochen. Immer häufiger aber werden Rohre auch im
Festgestein vorgetrieben – Hochentwickelte Vortriebsmaschinen ermöglichen dies.
Die Entwicklung statischer Berechnungen von Rohren, die im Festgestein vorgetrieben
werden, ist bislang zurückgeblieben. Das Arbeitsblatt A125 sagt zwar im Abschnitt 5.5
aus, dass „Für Rohre, die im Festgestein Vorgetrieben werden, im Einzelfall unter
Berücksichtigung der Eigenschaften des Gebirges und der Vortriebstechnik
ingenieurmäßige Überlegungen anzustellen sind“.
Damit ist sicher der Statiker, der in jedem Einzelfall und unter Termindruck Angaben zur
Bemessung der Rohre machen muss, hoffnungslos überfordert. Wo findet er irgend einen
Anhalt, wo findet er Erfahrungsberichte in der Literatur??
Während dem Statiker festgeschriebene und jahrelang erprobte Regelwerke der Technik
mit ihren aus der Erfahrung entstandenen Ergänzungen zur Verfügung stehen, gibt es für
die statische Berechnung von Vortriebsrohren im Festgestein keine vergleichbaren
Hinweise und Hilfen. Die Zeit ist jetzt reif dafür, denn der Rohrvortrieb im Festgestein
geht unaufhaltsam weiter.
Bevor eine Aussage gemacht werden kann, was Inhalt einer statischen Berechnung von
Vortriebsrohren im Festgestein sein soll, ist zunächst festzustellen, welchen Einfluss das
Festgestein auf die Rohre während des Vortriebes hat bzw. nicht haben darf!
Zunächst ist zu klären, wann Festgestein im Sinne des Rohrvortriebes vorliegt. Es gibt
zwar seit dem Jahr 1996 das Normblatt DIN 18319, das Festgestein in 3 Klassen
unterteilt: Bis 5 NM/m², von 5 bis 50, von 50 bis 100 und über 100 NM/m² einachsialer
Druckfestigkeit mit Unterteilung nach dem Trennflächenabstand. Diese Klassifizierung
lässt den Schluss zu, dass der Abbau des Gesteins als das sichtbare Merkmal des
Rohrvortriebes im Vordergrund stand. Doch die Rohre unterliegen beim Rohrvortrieb im
Wenn diese 9 Kriterien erfüllt sind, können allgemein gültige Rechenansätze für die
statische Berechnung von Vortriebsrohren im Festgestein aufgestellt werden.
Davon ausgehend, dass die Rohre durch einen kreisförmigen Hohlraum vorgetrieben
werden, dessen Durchmesser zur Aufnahme eines Schmiermittels und zum Ausgleich
gekrümmter Gradienten angemessen vergrößert worden ist, werden die Rohre im
Bauzustand quer zu ihrer Achse
• ständig durch ihr Eigengewicht und
• nicht ständig durch Zwängungen belastet.
Diese Belastung erscheint auf den ersten Blick ähnlich der Belastung im Lockergestein.
Doch bestehen im Festgestein grundlegende Unterschiede.
Sowohl beim Eigengewicht als auch bei den Zwängungen gehen die Rechenansätze im
Lockergestein von Auflagerwinkeln von jeweils 2 mal 90° aus.
Im Festgestein, in das sich die Rohre nicht wie im Lockergestein in den Baugrund
eindrücken lassen,
kann nur mit Auflagerwinkeln von
2 mal 15°,
maximal 2 mal 30°
gerechnet werden! In besonders ungünstigen Fällen kann Linienlagerung nicht
ausgeschlossen werden!
Im Lockergestein bleiben vertikale Zwängungen sowohl im Scheitel als auch in der Sohle
außer Ansatz, da sie der Erdlast entgegen wirken und dadurch aufgehoben werden.
Im Festgestein drücken vertikale Zwängungen die Rohre gegen das Gestein und
belasten sich dadurch selbst. Sie erzeugen dabei in der Sohle positive Momente,
welche die innere Bewehrung bestimmen.
Die äußere Bewehrung bestimmen die negativen Momente in den Kämpfern, welche
ihren Ursprung in den vertikalen Zwängungen in der Sohle haben.
Horizontale Zwängungen bleiben unerwähnt, da sie nur eine Wende um 90° gegenüber
den vertikalen Zwängungen bedeuten würden, wodurch in den Kämpfern die gleichen
positiven Momente erzeugt werden würden, wie sie die vertikalen Zwängungen in den
Sohlen erzeugten!
Bild 17 stellt Beispiele zur Berechnung der zulässigen Vorpresskraft und der
Schnittkräfte von Vortriebsrohren im Festgestein dar.
Nicht oft, doch öfter als angenommen, schiebt sich, deshalb „mischt“ sich
Festgestein unter Lockergestein, darum
Gemisches Locker- Festgestein.
Dabei entsteht keine neue Gesteinsformation, sondern nur eine neue
Gesteinskombination.
Was ist nun Gemischtes Locker- Festgestein, wie entsteht es und wie wird es erkannt?
Lockergestein lagert auf Festgestein auf, nichts Ungewöhnliches, wie Bild 18 zeigt.
Die kritische Zone, das ist der Übergang von Lockergestein zum Festgestein, wird im Zuge
der Baugrunderkundung durch auf NN eingemessene Rammsondierungen in
ausreichender Anzahl festgestellt. Die Rammsondierdiagramme sind maßstabgetreu
in die Längenschnitte der Vortriebsmaßnahme zusammen mit den Bohrprofilen zu
übernehmen.
Während des Vortriebes wird das Auffahren des Vortriebsschildes bzw. der
Vortriebsmaschine auf Festgestein durch ein – meist unerklärliches – Aufsteigen des
Vortriebschildes bzw. der Vortriebsmaschine, erkennbar wie dies Bild 19 zeigt. Das
Festgestein ist, soweit es sich um Handabbau handelt, bei gleichzeitiger Sicherung der
Ortsbrust abzubrechen und es ist ein angepasstes Auflager für die nachfolgenden Rohre
zu schaffen – ein schwieriges Unterfangen! Bei maschinellem Vortrieb ist die
Vortriebsmaschine dem Festgestein entsprechend nachzurüsten! Für alle Rohre, die sich
bereits in der Vortriebsstrecke befinden, ist eine neue statische Berechnung zu
erstellen. Da diese Rohre nicht mehr verändert werden können, kann eine Anpassung der
zulässigen Vorpresskräfte nur durch Verbesserung der Vermessungs- und Steuertechnik
und damit eine Aufbesserung des Zwängungskennwertes erreicht werden. Um den
aufgezeigten Schwierigkeiten vorzubeugen, bieten Rammsondierungen in
genügender Anzahl in ausreichender Tiefe unter Rohrsohle (soweit möglich!) die
bestmögliche Gewähr!
Bei Vortrieb im uneingeschränktem Lockergestein wird die Auflast des die Rohre
überlagernden Gesteins von den Rohren aufgenommen und von diesen an die Sohle zur
Ist der Fall des Gemischten Locker- Festgesteines festgestellt bzw. ist er
eingetreten, dann bleibt die Auflast aus dem die Rohre überlagernden Lockergestein
unverändert erhalten.
Sie muss im Scheitel von den Rohren aufgenommen und von diesen zu deren Sohlen zur
dortigen Aufnahme durch den Baugrund abgeleitet werden. Da die Rohre nunmehr in der
Sohle jetzt uneingeschränktes Festgestein vorfinden, kann nur mit einem Auflagerwinkel
von 2 mal 15° bis maximal 2 mal 30° gerechnet werden. Dadurch entstehen im
Gemischten Locker- Festgestein im Gegensatz zum uneingeschränkten Lockergestein
Auflagerreaktionen, die wesentlich höher ausfallen müssen als bisher im
uneingeschränkten Lockergestein vorhanden bzw. zu rechnen war!!
weiter, das für alle nur denkbaren Belastungs- und Auflagerfälle die Grundlagen liefert. Um
den Lesern und Anwendern dieses Berichtes die Mühe des Aufsuchens und jeweils
erforderlichen Schnittkraftsvorwerte aus der schier unendlichen Anzahl von Ausdrucken zu
ersparen – und da wohl nicht mehr alles Leser und Anwender dieses Berichtes im Besitze
des genannten äußerst wertvollen Handbuches sein können – hat der Verfasser die für
gemischtes Locker- Festgestein jeweils relevanten Werte ausgewählt und in Bild 20
dargestellt.
Es bleibt dem Ermessen des Planers, des Baugrundgutachters und des Statikers
vorbehalten, ob als Auflagerwinkel 2 mal 15° oder 2 mal 30° gewählt wird. Dabei ist davon
auszugehen, dass bei Vorhandensein von hartem bis sehr hartem Gestein ein
Auflagerwinkel von 2 mal 15° nicht überschnitten werden darf.
Liegt jedoch ein mäßig hartes bis stark angewittertes oder gebräches Gestein vor, dann
kann ein Auflagerwinkel von 2 mal 30° angenommen werden.
Unter Gemischtes Locker- Festgestein fallen auch Böden, die auf Grund ihrer
Kornzusammensetzung noch unter Lockergestein einzustufen wären, jedoch auf Grund
ihrer sehr hohen Lagerungsdichte – erkennbar an sehr hohen Schlagzahlen bei der
Rammsondierung mit der schweren Ramme – bereits als Festgestein einzustufen sind.
Hier muss mindestens mit einem Auflagerwinkel von 2 mal 30° gerechnet werden, falls
nicht auf Grund extrem hoher Schlagzahlen bei der Rammsondierung mit einem
Auflagerwinkel von 2mal 15° zu rechnen ist.
Während die Bemessungsschnittkräfte für die Kämpfer beim Übergang vom Lockergestein
zu Gemischtem Locker- Festgestein nur wenig erhöht werden, werden diese in den
Sohlen bei Festgestein deutlich, bei Gemischtem Locker- Festgestein drastisch
erhöht!
Die Vielzahl der hier angesprochenen Bilder, die wegen ihres Umfanges den Platz in
biUmweltBau überfordern würde, wurde in das Internet eingestellt, wo es unter
www.maxscherle.com
unentgeltlich ausgedruckt werden kann.
Der Autor würde es nicht wagen, die Lösung eines so schwierigen, bislang – vielleicht
weltweit – ungelösten Problems mit seinen eigenen Gedanken zu veröffentlichen, wenn
die dargestellten Rechengänge nicht bereits mehrfach erfolgreich getestet worden
wären.
Anlage
zu
Bilder 16 bis 23