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Laute und Lauteninstrumente im heutigen Spanien

Ein Werkstattbesuch bei Knud Sindt in Granada

Lautenmusik in Spanien ? Moment mal, haben die Spanier nicht die von den Arabern nach Europa
eingeführte Laute (arabisch „al oud, das Holz“) mit der Vertreibung der Moslems aus deren letzten
Festung in Granada im Januar 1492 quasi „verbannt“ und stattdessen ausschließlich Musik für Vihuela
komponiert bzw. gespielt?

Dieser Frage nachzugehen auf der Suche nach historischen Belegen, soll aber nicht Gegenstand dieses
Beitrags sein und Musikwissenschaftlern überlassen bleiben. Vielmehr stellt sich die Frage, wie es denn
im 21. Jahrhundert um die Lauteninstrumente in Spanien bestellt ist. Um dieser Frage genauer
nachzugehen, bot sich ein Besuch bei dem erfahrenen Lautenbauer Knud Sindt an, der seit vielen Jahren
ganz im Süden Spaniens in der unmittelbaren Umgebung von Granada lebt und entsprechend Erfahrung
mit dem Thema hat:

Der gebürtige Hamburger kam nach Abitur und Zivildienst und einem ersten Schnupperkurs beim
Hamburger Gitarrenbauer Michael Wichmann zunächst in Gubbio in Umbrien bei einem Geigen- und
Gitarrenbauer unter. Weitere Schritte seiner Ausbildung zum Lautenbauer liefen über die berühmte
Geigenbauschule in Cremona, wo Sindt sich auf das Fach Lautenbau spezialisierte. Bald ergab sich ein
Auftrag zum Bau der ersten Laute von einem deutschen Kunden, vermittelt über den umbrischen
Lehrmeister. Zu der Zeit verfeinerte sich auch in Italien das Verständnis eines historisch authentischen
Lautenbaus uns so schloss Knud Sind seine umfangreiche Ausbildung mit dem Diplom der Mailänder
Schule für die Restauration historischer Instrumente unter Tiziano Rizzi ab.

Der lange Aufenthalt im „Lautenland“ Italien gab das nötige fachliche Rüstzeug, schien aber keine
wirklich neuen Herausforderungen langfristig zu bieten. Und so wechselte Sindt, auch anregt durch
einen Gitarrenbaukurs in Córdoba bei Jose Romanillo (?), seinen beruflichen und Lebensmittelpunkt
schließlich nach Südspanien - ausgerechnet dort, wo vielleicht indirekt der Laute in Spanien der
musikalische „Garaus“ im 15,/16. Jahrhundert gemacht wurde ( was sicher nicht ganz stimmt so...).

Aber wie sieht es nun im heutigen Spanien aus ? In der Diskussion über das Thema stellt der
Lautenbauer die interessante Hypothese auf, dass die jungen Lauteninteressierten und Lautenisten in
Spanien ganz offen für das Instrument sind, bietet es doch Gelegenheit, sich in die in Spanien
nachwievor beliebte Musik der Renaissance einzulesen, einer Zeit, in der Dank der Vereinigung
mehrerer Königreiche (z.B. Kastilien und Aragon mit der Heirat von Isabella von Kastilien und Ferdinand
Ii von Aragon) Spaniens „goldenes Zeitalter“ anbrach. Und so manches Ricercar eines Francesco da
Milano geht vielleicht leichter „von der Hand“ als eine Lautenintavolierung einer Josquin-Messe eines
Valderrabano für die spanische Vihuela. Natürlich gehören die Werke der sieben Komponisten für
Vihuela zweifellos zu den qualitativ herausragenden Stücken für ein Zupfinstrument - Werke, die sicher
zum Kulturerbe der Menschheit zu rechnen sind. Aber eben auch nicht gerade einfach.

Laut Sindt gibt es inzwischen eine Reihe hervorragender Lautenlehrer an spanischen Konservatorien, z.B.
in Sevilla, Madrid, Salamanca, Girona. Die Musikstudenten sind überwiegend junge, weltoffene Spanier.
Natürlich betont der Lautenbauer, dass der Fokus der Lautenausbildung in Spanien auch auf dem
Erlernen des Basso Continuo-Spiels liegt. So fertigt Sindt häufig hochwertige Theorben an. Natürlich
spielt nachwievor die Barockgitarre ebenfalls als Continuoinstrument eine große Rolle im klassischen
„Gitarrenland“ Spanien. Auch Arciliuti werden nachgefragt.

Lautenbauer Knud Sindt im Rahmen eines Dialogs über die Lauteninstrumente im heutigen Spanien ( mit
Theorbe in der Werkstatt in Monachil)

Fazit der kleinen Gegenwartsanalyse bzgl. der Situation der Lauteninstrumente im heutigen Spanien ist,
dass Lauten und Theorben gefragt sind - letztere als bevorzugtes B.c. Instrument. Aber auch
Interessenten aus den lateinamerikanischen Ländern wie Chile, México bestellen bei Knud Sindt.
Natürlich betont der Lautenbauer, dass die Vihuela ebenfalls eine große Rolle spielt.
Zum Ende der Diskussion weist Sindt daraufhin, dass die Musik des Mittelalters in Spanien schon vor der
„Wiederentdeckung“ der Renaissancemusik in den letzten Jahren eine bedeutende Rolle bis zum
heutigen Tag gespielt hat.

Die Diskussion mit Knud Sindt führte im März 2018 Carsten Timpe in der Werkstatt in Monachil
(Granada)

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