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Raketentriebwerk
Raketentriebwerke oder auch Raketenmotoren sind Antriebe, die die Antriebskraft (Schub)
durch Ausstoßen von Stützmasse entgegen der Antriebsrichtung erzeugen. Weil sie dabei keine
Materie von außen ansaugen und beschleunigt wieder ausstoßen, funktionieren sie unabhängig
von der Umgebung, also auch im Vakuum. Sie wurden ursprünglich für den Flug von Raketen
entwickelt.

Der Arbeit des Raketentriebwerks liegt das Rückstoßprinzip


(siehe auch Rückstoßantrieb) im Rahmen des dritten
newtonschen Axioms zugrunde. Je höher die Geschwindigkeit
der ausgestoßenen Stützmasse ist, desto effizienter ist das
Triebwerk und desto größer ist die mögliche
Geschwindigkeitsänderung „Delta v“ der Rakete.
Raketentriebwerke kommen nicht nur als Antriebe von
Raketen, Trägerraketen, Raumfahrzeugen zur Anwendung,
sondern auch bei Flugzeugen und speziellen Landfahrzeugen
(z. B. Raketenautos). Weit verbreitet sind Raketentriebwerke
im militärischen Bereich, wo sie als Antrieb von ballistischen
Raketen oder reaktiven Geschossen (etwa von Raketenwerfern)
oder zum Antrieb von reaktiven Torpedos eingesetzt werden.

Es existieren verschiedene Ausführungen von


Raketentriebwerken und zahlreiche Bemühungen, die
benötigten Betriebsmittel von Raketentriebwerken zu
reduzieren (siehe Aerospike).

Theoretische Effekte, die bei einem Raketenantrieb zu


verzeichnen sind, wurden 1903 von Konstantin Ziolkowski mit
der Raketengrundgleichung dargestellt. Später kam Hermann
Oberth unabhängig davon zu den gleichen Erkenntnissen. Vulcain-II-Raketentriebwerk einer
Ariane 5

Inhaltsverzeichnis
Technik
Arten von Raketentriebwerken
Chemisches Raketentriebwerk
Feststofftriebwerk
Flüssigkeitstriebwerk
Treibstoffförderung
Haupt- oder Nebenstrom
Hybridraketentriebwerk

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Steuersysteme
Treibstoffe
Solarthermisches Raketentriebwerk
Elektrisches Raketentriebwerk
Elektrothermischer Antrieb
Elektromagnetischer Antrieb
Elektrostatischer Antrieb
Nukleares Raketentriebwerk
Kaltgastriebwerk
Wirkungsgrad des Raketenantriebs
Test
Siehe auch
Weblinks
Literatur
Einzelnachweise

Technik
Die meisten (aber nicht alle) Raketenantriebe sind
Verbrennungskraftmaschinen: Sie erhitzen durch Verbrennung
eines Brennstoffs mit Oxidationsmitteln eine Stützmasse (in
der Regel die Verbrennungsprodukte) in einer Brennkammer
bei sehr hoher Temperatur und lassen das energiereiche
Produkt in Gasform durch eine Öffnung austreten. Die bei der
Verbrennung freigesetzte thermische Energie sowie der
entstehende Druck in der Brennkammer werden beim
Austreten in kinetische Energie umgewandelt und erzeugen
somit die Schubkraft nach dem Rückstoßprinzip. Die speziell
geformte Austrittsöffnung der Brennkammer wird Düse
genannt, sie dient zur Erhöhung der Austrittsgeschwindigkeit
(resultiert in höherer Schubkraft) sowie zur Erhöhung des
Innendrucks in der Brennkammer (zugunsten des
Verbrennungsprozesses). Eine häufig verwendete Düsenart ist
die Lavaldüse. Die Düse muss gekühlt werden, was entweder
durch Beschichtungen oder durch innen liegende
Kühlleitungen, durch die der oft kryogene Brennstoff fließt, Atlas-V-Rakete beim Start
erreicht wird. Idealerweise entspannt man den Strahl bis auf
den Umgebungsdruck; im Vakuum oder aus praktischen
Gründen (Länge und Gewicht) ist das nicht möglich, die Auslegung der Düse ist daher ein
Kompromiss und Teil der Antriebsauslegung.

Eine wesentliche Kenngröße von Raketentriebwerken ist der spezifische Impuls, der die Effizienz
des Antriebs als Verhältnis zwischen Impuls und verbrauchter Treibstoffmasse beschreibt. Er hat –
in SI-Einheiten – die Einheit m/s und liegt z. B. bei einem Feststoffmotor bei 2450 m/s, einem

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Flüssigkeitstriebwerk wie etwa dem des Space Shuttle bei 4444 m/s.

Als weitere Bauteile kommen häufig Behältnisse für mitgeführte Betriebsstoffe,


Betriebsstoffpumpen und Kühlsysteme hinzu.

Eine Rakete verliert während der Betriebsdauer ihres Raketentriebwerks an Masse (es sei bemerkt,
dass bei gleich bleibendem Schub deshalb die Beschleunigung steigt). Bei einem chemischen
Raketenantrieb ist der Brennstoffverbrauch sehr hoch, deshalb fällt dieser Effekt viel stärker ins
Gewicht als bei einem nuklearen Raketentriebwerk, der das auszustoßende Gas durch eine
Kernreaktion erhitzt. Noch weniger Treibstoff verbrauchen elektrische Raketentriebwerke, zu
denen zum Beispiel der Ionenantrieb zählt.

Der Raketenantrieb ist die bisher einzige Antriebsart, die es ermöglicht, Raumfahrt zu betreiben.
Zum Beschleunigen innerhalb unseres Sonnensystems dient oftmals zusätzlich die Swing-by-
Methode zur Treibstoffersparnis. Diskutierte Alternativen zum Raketenantrieb in der Raumfahrt
sind Antriebe ohne Reaktionsmasse wie Sonnensegel, Abschussmechanismen mit einer Railgun
und weitere; es gibt zahlreiche Spekulationen über Antriebe mit Antimaterie oder Wurmlöchern.

Siehe auch: Antriebsmethoden für die Raumfahrt

Raketenantriebe werden in der militärischen Luftfahrt zur Starthilfe benutzt. In Einzelfällen


werden sie auch bei Automobilen eingesetzt, um etwa Geschwindigkeitsrekorde zu erzielen. Auch
gibt es Anwendungen im Hobbybereich, Modellbau und bei Spielzeugen: Hier werden vielfach
Druckluftraketen und Wasserraketen eingesetzt.

Arten von Raketentriebwerken


Es gibt mehrere Gruppen und viele Varianten von Raketentriebwerken:

▪ chemische Raketentriebwerke
▪ Feststoffrakete
▪ Flüssigkeitsrakete (monopropellant, bipropellant)
▪ Hybridrakete
▪ solarthermische Raketentriebwerke
▪ nukleare Raketentriebwerke (siehe auch: NERVA)
▪ elektrische Raketentriebwerke
▪ Ionentriebwerke, thermische Lichtbogentriebwerke, Resistojet usw.
▪ Kaltgas-Raketentriebwerke.

Die heute am weitesten verbreiteten Raketentriebwerke sind Modelle mit chemischen Reaktionen
zur Erzeugung der benötigten Energie. Es existiert eine Vielzahl an Modellen, die bisher nur
theoretisch vorgeschlagen wurden bzw. sich noch in der Entwicklung befinden.

Chemisches Raketentriebwerk

Ein chemisches Raketentriebwerk arbeitet (im Gegensatz zu einigen anderen Triebwerken) völlig

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unabhängig von seiner Umgebung. Es ist meist eine Verbrennungsmaschine wie das luftatmende
Strahltriebwerk, aber im Gegensatz zu diesem nicht auf den Luftsauerstoff als Oxidationsmittel
angewiesen. Alternativ kann auch eine andere (exotherme) chemische Reaktion anstatt einer
Verbrennung stattfinden, sowie bloßer Molekülzerfall (beides sehr selten). Immer werden jedoch
alle notwendigen Betriebsmittel mitgeführt, so z. B. der zur Verbrennung des Brennstoffs
notwendige Sauerstoff. Das Triebwerk kann deshalb auch im Vakuum arbeiten.

Die folgenden drei Formen von chemischen Triebwerken (auf Sauerstoff-Verbrennung basierend)
sind gebräuchlich und unterscheiden sich im Lagerungszustand der Betriebsmittel:

Feststofftriebwerk
→ Hauptartikel: Feststoffraketentriebwerk

Der Treibstofftank ist zugleich die Brennkammer. Man unterscheidet zwischen Stirnbrennern, bei
denen der zylindrische Brennstoffblock vom Ende her abbrennt (konstante, kreisförmige
Brennfläche), und Zentralbrennern, bei denen ein Brennkanal von zylindrischem, sternförmigem
oder sonst prismatischem Querschnitt durch die gesamte Länge des Treibstoffblocks verläuft und
dieser von innen her abbrennt (Brennfläche in Form eines Prismenmantels, je nach
Kanalquerschnitt ergibt sich eine Verlaufskurve des Brennflächeninhalts). Stirnbrenner entwickeln
für längere Zeit eine geringe Schubkraft, Zentralbrenner für sehr viel kürzere Zeit eine sehr hohe
Schubkraft; sogenannte Booster werden daher meist als Zentralbrenner ausgeführt.

Durch die Konsistenz des Treibstoffes lassen sich verschiedene Eigenschaften ableiten. Man
benötigt keinerlei Zuleitungen, Steuerventile oder Pumpen, denn die Reaktionsmasse befindet sich
bereits in der Brennkammer. Militärische Raketen werden fast immer als Feststoffraketen
ausgelegt. Ein weiterer Vorteil von Feststoffraketen ist die hohe erreichbare Schubkraft. Zu den
Nachteilen gehören jedoch die schlechte Regulierung der Schubkraft und der Arbeitsdauer. Die
Verbrennung kann nach der Zündung nicht mehr abgebrochen oder neu gestartet werden.

Der wichtigste Vorteil von Feststoffraketen ist jedoch der hohe Schub, die Feststoffbooster des
Space Shuttle sind mit einem Schub von maximal 14,5 Meganewton bis heute die stärksten
eingesetzten Raketentriebwerke überhaupt.[veraltet] Das größte Flüssigkeitstriebwerk, das F-1 der
Saturn V, erreichte maximal rund 6,9 Meganewton.

Flüssigkeitstriebwerk
→ Hauptartikel: Flüssigkeitsraketentriebwerk

Der Aufbau von Flüssigkeitsraketentriebwerken ermöglicht eine Schubregulierung, lange


Arbeitszeit und eine relativ günstige Wiederverwendung. Bei Flüssigkeitsraketentriebwerken
werden Brennstoff und (sofern es sich nicht um ein Monergoltriebwerk handelt) Oxidans
außerhalb des Triebwerks gelagert. Sie lassen sich mit geringem Mehraufwand auch
wiederzündbar auslegen, so dass das Triebwerk während des Fluges mehrere Brennphasen haben
kann.

Häufig handelt es sich bei den Betriebsstoffen um sehr aggressive Chemikalien oder
kaltverflüssigte Gase. Beide müssen in speziellen korrosionsfesten bzw. isolierten Tanks
aufbewahrt werden, um so ein Verdampfen der Gase oder ein Angreifen der Behälterwandung zu
vermeiden.

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Da die Treibstoffe gelagert und gefördert werden müssen, ist


eine Flüssigtreibstoffrakete in ihrem Aufbau normalerweise
deutlich komplizierter als eine Feststoffrakete. Durch die meist
hochenergetischen Treibstoffe entstehen Temperaturen von bis
zu 4000 Kelvin in der Brennkammer, was die Verwendung
hoch hitzebeständiger Materialien und eine leistungsfähige
Kühlung erfordert. Zur Kühlung kann auf Oxidans und
Treibstoff zurückgegriffen werden. Durch den hohen Druck,
unter dem sich die Gase in flüssiger Form befinden, kann man
damit aufgrund der niedrigen Temperatur verschiedene
Bauteile über Wärmeübertrager kühlen.

Treibstoffförderung

In einem Flüssigkeitsraketentriebwerk müssen der oder die


Brennstoffe gegen den dort herrschenden Druck in die
Brennkammer gefördert werden.

▪ Beim Prinzip der Druckgasförderung werden die Tanks RD-171 (Modell), das bisher
unter Druck gesetzt (meist mit Helium oder einem anderen schubstärkste Flüssigkeitstriebwerk
inerten Gas.) Dies begrenzt den Brennkammerdruck und ist
daher nur für Systeme kleiner Leistung geeignet, erhöht
aber die Zuverlässigkeit, da weniger Teile benötigt werden.
▪ Die Pumpenförderung lässt hohe Drücke und Leistungen
zu, ohne dass die gesamte Tankstruktur für den
Brennkammerdruck ausgelegt werden muss. Nachteilig ist
die höhere Komplexität dieser Anlagen. Die Pumpen
können beispielsweise mit Hilfstreibstoffen oder direkt mit
den Hauptbrennstoffen über eine Turbine betrieben
werden, wobei man folgende weitere Unterscheidung trifft:

Haupt- oder Nebenstrom

Bei Flüssigkeitsraketentriebwerken mit Pumpenförderung


kann zwischen Haupt- und Nebenstromtriebwerken
unterschieden werden: Ein RS-68-Triebwerk bei einem
Testlauf
▪ Bei Hauptstromtriebwerken werden die gesamten
Treibstoffe durch die (Haupt-)Brennkammer geführt. Die
Turbinen zur Treibstoffförderung werden hierbei entweder durch eine im Kühlsystem des
Triebwerkes erhitzte Treibstoffkomponente (Expander Cycle) oder durch ein in einer
Vorbrennkammer erzeugtes Arbeitsgas angetrieben (Staged Combustion Cycle).
▪ Bei Nebenstromtriebwerken werden die Teile der Treibstoffe, die zum Betrieb der Turbinen der
Treibstofförderung verwendet werden, nicht durch die Hauptbrennkammer geführt. Eine
Bauform des Nebenstromtriebwerkes stellt der Gasgenerator Cycle dar. Hierbei wird zum
Antrieb der Treibstoffpumpen ein Teil der Treibstoffe in einem Gasgenerator verbrannt und das
Arbeitsgas in einer zum Haupttriebwerk parallelen Düse entspannt oder im divergenten Teil der
Hauptdüse dem Hauptstrom zugeführt. Eine andere Ausprägung stellt der Topping Cycle dar.
Hier wird der Brennstoffstrom in zwei Stränge aufgeteilt. Der kleinere Strom durchfließt die

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Kühlung des Triebwerkes, treibt die Turbinen der Treibstoffpumpen an und wird im divergenten
Bereich der Hauptdüse dem Hauptstrom zugeführt.

Hybridraketentriebwerk
→ Hauptartikel: Hybridrakete

In Hybridraketentriebwerken werden sowohl feste als auch flüssige Treibstoffkomponenten


verwendet. Dem Festtreibstoff wird der Flüssigtreibstoff geregelt zugeführt, was eine verbesserte
Kontrolle über die Arbeitsgeschwindigkeit und -dauer als bei reinen Feststofftriebwerken zulässt.

Ein solches Triebwerk wird etwa im SpaceShipOne verwendet, einer privat entwickelten Rakete,
die im Jahr 2003 als erstes Privatunternehmen einen Menschen in das Weltall (auf über 100 km
Höhe) beförderte. Die Mischung aus Feststoffbrennkammer und einem einfachen Flüssiggas-
Oxidans (Distickstoffmonoxid) erwies sich als besonders ökonomisch.

Steuersysteme

Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, den Schubvektor eines Raketentriebwerks zu beeinflussen:

▪ Strahlablenkung (z. B. durch Strahlruder oder -klappen) wurde bei frühen Mustern wie der A4
eingesetzt
▪ schwenken des Schubstrahls (durch Schwenken des Triebwerks mit Brennkammer) ist die am
häufigsten eingesetzte Methode
▪ asymmetrische Verbrennung (z. B. Injektion von Sekundärtreibstoff in den Schubstrahl).

Treibstoffe
→ Hauptartikel: Raketentreibstoff

Für Raketentriebwerke gibt es eine große Palette an Treibstoffen; bei den chemischen
Treibstoffsystemen unterscheidet man allgemein entweder nach der Art des Treibstoffes in Fest-,
Flüssig- oder Hybridtreibstoffe oder aber nach Anzahl der am Verbrennungsprozess beteiligten
Reaktionsstoffe in monergol (1 Chemikalie), diergol (2 Chemikalien) oder triergol (3 Chemikalien).

Solarthermisches Raketentriebwerk

Ein solarthermischer Antrieb, Solar Orbit Transfer Vehicle, SOTV, für den Wechsel von LEO nach
GEO, ist in Entwicklung. Dabei konzentrieren zwei aufblasbare Parabolspiegel die
Sonnenstrahlung auf einen Graphitblock, durch den Wasserstoff geleitet wird, der dadurch auf
etwa 2400 Kelvin aufgeheizt wird.

Elektrisches Raketentriebwerk
→ Hauptartikel: Elektrisches Raketentriebwerk

Elektrische Antriebssysteme für die Raumfahrt verwenden elektrische Energie zur


Schuberzeugung. Da sie nur geringen Schub erzeugen, können sie nicht für Trägerraketen genutzt
werden, sondern kommen bisher nur auf Satelliten und Sonden zur Anwendung.

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Vor- und Nachteile für elektrische Antriebe sind:

▪ Sehr hoher spezifischer Impuls möglich (Austrittsgeschwindigkeit des Treibstoffs).


▪ Vergleichbar geringes Schubniveau realisierbar, ein Starten von der Erdoberfläche ist deshalb
rein elektrisch nicht möglich.
▪ Geringer Schub führt zu präzisen Lageregelungsmanövern, z. B. für Beobachtungssatelliten.
▪ Die Leistung wird durch die elektrische Energie begrenzt, die vom Raumflugkörper
bereitgestellt werden kann.
▪ Kurzzeitige Richtungsänderungen sind wegen der langen Brenndauer bei geringem Schub
schwierig.

Auf Grund der verschiedenartigen Bauweisen und Methoden zur Schuberzeugung werden die
elektrischen Antriebe weiter unterschieden. Die Einteilung erfolgt dabei nach dem
Funktionsprinzip in die a) elektrothermischen, b) elektrostatischen und c) elektromagnetischen
Antriebe. Je nach Art der elektrischen Energiegewinnung wird weiterhin zwischen
solarelektrischen und nuklearelektrischen Systemen unterschieden.

Elektrothermischer Antrieb

Der (gasförmige) Treibstoff wird mit Hilfe einer Widerstandsheizung oder eines Lichtbogens
erhitzt und anschließend mittels einer Düse beschleunigt. Durch die hohen Temperaturen kann ein
vergleichbar hoher Schub erzeugt werden, der allerdings durch den geringen Massenfluss begrenzt
wird. Als Treibstoff dienen Gase mit geringer molaren Masse, wie z. B. Wasserstoff oder
Ammoniak. Der Wirkungsgrad der elektrischen Energie zur Aufheizung ist relativ gering.

Triebwerke mit Widerstandsheizung werden als Resistojets, solche mit Lichtbogenheizung als
Arcjets bezeichnet.

Der erzielbare Schub eines elektrothermischen Antriebs ist gering bei einigen 100 mN. Die
Ausströmgeschwindigkeit liegt typischerweise im Bereich von 10.000 bis 30.000 m/s.

Siehe auch: Thermisches Lichtbogentriebwerk

Elektromagnetischer Antrieb

Der Treibstoff bzw. die Stützmasse wird wie beim elektrothermischen Antrieb mit Hilfe von
Widerstandsheizung oder durch einen Lichtbogen erhitzt. Ein elektromagnetischer Antrieb
beschleunigt jedoch das erzeugte Plasma (≈ 10.000 K) in einem magnetischen Feld (Lorentzkraft)
anstatt mit einer Düse.

Der erzielbare Schub eines elektromagnetischen Antriebes ist bisher gering und liegt im mN-
Bereich. Hierfür werden elektrische Leistungen im kW-Bereich benötigt.

Die Effektivität der Plasmatriebwerke hängt vom verwendeten Treibstoff ab. Meist werden
Treibstoffe mit geringer molarer Masse verwendet, z. B. Wasserstoff, deren Lagerung jedoch
aufwändig ist.

Siehe auch: Magnetoplasmadynamischer Antrieb

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Elektrostatischer Antrieb

Bei elektrostatischen Triebwerken erfolgt die Schuberzeugung


durch Verdampfung der Stützmasse, wenn diese nicht schon
gasförmig ist, Ionisation der Atome und Beschleunigung der
Ionen in einem elektrischen Feld. Zur Vermeidung einer
elektrischen Aufladung des Triebwerkes ist es notwendig, die
Stützmasse hinter der Beschleunigungsstrecke durch Zugabe
der bei der Ionisation entfernten Elektronen zu neutralisieren.
Die Schubkraft je Ion und damit die Effizienz nimmt mit der
Masse der beschleunigten Ionen zu, weshalb Ionentriebwerke
die Ionen relativ schwerer Elemente benutzen. Verwendet wird Testlauf eines Ionentriebwerks
heute wegen seiner Reaktionsträgheit und leichten
Förderbarkeit fast immer das schwere und teure Edelgas
Xenon.

Der Wirkungsgrad dieser Antriebe ist relativ hoch, ebenso die Ausströmgeschwindigkeit. Die
erreichbaren Schubkräfte sind jedoch sehr gering und liegen im mN-Bereich.

Siehe auch: Ionenantrieb

Nukleares Raketentriebwerk

Unter nuklearen Raumfahrtantrieben werden alle


Antriebssysteme zusammengefasst, die mit Hilfe nuklearer
Reaktionen betrieben werden. Nukleare Energie kann
grundsätzlich durch Kernspaltung oder Kernfusion erzeugt
werden. Die so erzielbaren Leistungsdichten sind um den
Faktor (Kernspaltung) beziehungsweise (Kernfusion) NERVA-Kernspaltungs-
größer als die chemischer Antriebe. An der Kernfusion wird Raketentriebwerk (NASA)
noch gearbeitet, etwa bei ITER.

Bis heute ist jedoch allein die Kernspaltung technisch realisiert


und beherrscht, und nur darauf basierende Antriebssysteme
wurden bisher entwickelt und erprobt, etwa zwischen 1954 und
1972 bei NERVA. Hier wurde in Tests ein spezifischer Impuls
von 825 s erreicht, im Unterschied etwa zu den 452 s aktueller
Flüssigtreibstoffmotoren wie dem des Space Shuttle.
Schema eines nuklearen
Zum operativen Einsatz im Sinne einer Raumfahrtmission ist Raketentriebwerks
bisher kein nukleares Antriebssystem gekommen, da sie aus
ökologischen oder politischen Gründen bisher nicht einsetzbar
erschienen.

Auch für den militärischen Einsatz geplante und entworfene nukleare Raketenantriebe kamen über
den Prototypenstatus nicht hinaus. Das für den geplanten interkontinentalen Marschflugkörper
Pluto entwickelte nukleare Ramjet-Triebwerk Tory-IIC wurde 1964 zum zweiten und letzten Mal
getestet. Das entsprechende Projekt wurde am 1. Juli 1964 beendet.

Allen nuklearen Antriebssystemen oder -konzepten ist gemein, dass die in dem nuklearen Prozess

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erzeugte Energie auf eine Stützmasse übertragen wird und diese in einer Düse entspannt wird.
Einzige Ausnahme von dieser Regel stellte das Konzept des nuklearen Pulsantriebs dar. Hierbei
sollten Atombomben außerhalb des Raumfahrzeuges gezündet und der Impuls des auf das
Raumfahrzeug treffenden Plasmas zur Beschleunigung verwendet werden, siehe Orion-Projekt.

Ab 2003 wurde bei der NASA wieder über das Projekt Prometheus nachgedacht. Ziel ist ein
Nuklearantrieb, der Sondenmissionen zu den mittleren Planeten des Sonnensystems ermöglichen
soll, etwa für das JIMO-Programm. Die mittels Kernkraft erzeugte elektrische Energie soll hier
über einen Ionenantrieb umgesetzt werden.

Im Oktober 2009 hat die russische Weltraumagentur Roskosmos angekündigt, eine bereits 1954
begonnene Entwicklung eines Gaskernreaktors (Nuclear Gas Core Reactor – NGCR) wieder
aufzunehmen. Das Triebwerk nutzt hochangereichertes Uran in einer Plasma-Gasphase bei einem
Druck von 1000 bar und Temperaturen bis 70.000 Kelvin. Als Treibstoff soll Wasserstoff
eingesetzt werden, ergänzt um Alkalimetalle wie Lithium, um den Energietransfer aus der
Strahlung zu fördern.[1] Der Projektplan soll bis 2012 entwickelt worden sein, die Entwicklung
kann 9 Jahre dauern, wobei Kosten von 17 Mrd. Rubel (580 Mio. Dollar) budgetiert sind. Das
Triebwerk soll die Voraussetzungen für eine bemannte Marsmission herstellen.[2]

Im Jahr 2021 hat die DARPA Aufträge an amerikanische


Firmen vergeben, um neue Antriebe für Raketen um
sublunaren Raum zu entwickeln. General Atomics, Blue Origin
und Lockheed Martin erhielten Forschungsgelder, um bis Ende
2022 ein Kernenergieantriebssystem für ein Raumschiff zu
entwickeln. Dann soll es eine Ausschreibung geben, die in
einem Testflug im Weltall im Jahr 2025 münden soll.[3]

Schubdüse eines Kaltgastriebwerks


Kaltgastriebwerk einer Amateurrakete
→ Hauptartikel: Kaltgastriebwerk

Beim Kaltgasantrieb wird ein unter Druck stehendes Gas, meist Stickstoff, aus einem
Druckbehälter über Düsen entspannt. Durch den niedrigen spezifischen Impuls wird dieser
Antrieb meist zur Lagestabilisierung von kleinen und kostengünstigen Satelliten eingesetzt.[4][5]

Wirkungsgrad des Raketenantriebs


Zur Bestimmung des Wirkungsgrades gehen wir davon aus,
dass eine Energie die Treibstoffmasse und die
verbleibende Fahrzeugmasse (Struktur, Nutzlast usw.)
auseinander treibt. Für die interessierende Geschwindigkeit
der Rakete nach der Antriebsphase erhält man die kinetische
Energie

Geschwindigkeitsverhältnis ve/vg
und Wirkungsgrad als Funktion des
Ferner gilt wegen Impulserhaltung folgende Relation zur
Massenverhältnisses
Geschwindigkeit des Treibstoffs:

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Eingesetzt und nach der Energie der Rakete aufgelöst erhält man

Mit Einführung des Massenverhältnisses (Anfangsmasse/Endmasse) und bezogen auf die


gesamte zur Verfügung stehende Energie erhält man

Dabei wird allerdings vorausgesetzt, dass die gesamte Energie auf einen Schlag in Geschwindigkeit
umgesetzt wird. Dies ist in der Realität nicht erreichbar, vielmehr geht ein wesentlicher Teil der
Energie zur Beschleunigung des noch unverbrannten Treibstoffes verloren. Man integriert daher
analog zum Verfahren bei der Raketengrundgleichung und erhält wieder aus der Relation zur
Gesamtenergie

Die entsprechende Funktion weist ein deutliches Maximum bei einem Massenverhältnis von knapp
5 auf, erreicht aber auch dann nur knapp 40 %.

Test
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt betreibt in Lampoldshausen das „Europäische
Zentrum für Raumfahrtantriebe“, in dem beispielsweise das Hauptstufentriebwerk Vulcain 2.1 für
die Ariane 6 getestet wird – Europas bisher stärkstes Raketentriebwerk (Stand 10/2018).

Siehe auch
▪ Liste von Raumflugkörpern mit elektrischem Antrieb
▪ Treibsatz (Modellrakete)

Weblinks
▪ Übersicht über Raketentriebwerksprüfstände der DLR (https://www.dlr.de/ra/desktopdefault.asp
x/tabid-8483/14618_read-36493)
▪ Radiofrequency Ion Thruster Heritage: EURECA (http://cs.astrium.eads.net/sp/spacecraft-prop
ulsion/showcase/eureca.html)
▪ NASA gibt „Go“ für Nuklear-Projekt Prometheus (https://www.raumfahrer.net/news/raumfahrt/1
4062003103543.shtml)
▪ Nukleare Raketenantriebe bei FAS (http://www.fas.org/nuke/space)
▪ DLR: Advanced Rocket Engines (https://www.sto.nato.int/publications/STO%20Educational%2

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0Notes/RTO-EN-AVT-150/EN-AVT-150-06.pdf)
▪ Tool für die thermodynamische Berechnung der Leistungsdaten von Raketentriebwerken (htt
p://software.lpre.de/)

Literatur
▪ George P. Sutton, Oscar Biblarz: Rocket Propulsion Elements. 9. Auflage. John Wiley & Sons,
Hoboken 2017, ISBN 978-1-118-75388-0.

Einzelnachweise
1. Koroteev, Son: Development Nuclear Gas Core Reactor in Russia (https://web.archive.org/web
/20070930203345/http://pdf.aiaa.org/preview/CDReadyMASM07_1064/PV2007_35.pdf)
(Memento vom 30. September 2007 im Internet Archive) (PDF; 91 kB), 45th AIAA Aerospace
Sciences Meeting, Januar 2007
2. dailytech.com: Russia is Developing Nuclear Fission Spaceship to Reach the Red Planet (http
s://web.archive.org/web/20170820162117/http://www.dailytech.com/Russia+is+Developing+Nu
clear+Fission+Spaceship+to+Reach+the+Red+Planet/article16662.htm) (Memento vom 20.
August 2017 im Internet Archive), 29. Oktober 2009
3. https://www.heise.de/news/USA-Blue-Origin-soll-Raumschiff-mit-Kernenergieantrieb-
entwickeln-6015236.html
4. Spacecraft Propulsion - Chemical (https://web.archive.org/web/20151004075951/http://www.sv.
vt.edu/classes/ESM4714/Student_Proj/class03/stillwater/prj/background/sp_chemical.htm)
(Memento vom 4. Oktober 2015 im Internet Archive)
5. TU Delft: Cold gas systems (https://web.archive.org/web/20061108221552/http://www.lr.tudelft.
nl/live/pagina.jsp?id=4225b582-ab1b-4aff-b34f-424e7665e841&lang=en) (Memento vom 8.
November 2006 im Internet Archive)

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