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Der Ophthalmologe

Originalien

Ophthalmologe K. T. Boden1 · A. Rickmann1 · F. N. Fries2 · K. Xanthopoulou2 · D. Alnaggar2 ·


https://doi.org/10.1007/s00347-019-0909-z K. Januschowski1,3 · B. Seitz2 · B. Käsmann-Kellner2 · J. Schrecker4
1
Augenklinik Sulzbach, Knappschaftsklinikum Saar, Sulzbach, Deutschland
© Springer Medizin Verlag GmbH, ein Teil von 2
Springer Nature 2019 Klinik für Augenheilkunde, Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg/Saar, Deutschland
3
Klinik für Augenheilkunde, Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen, Deutschland
4
Klinik für Augenheilkunde, Rudolf-Virchow-Klinikum, Glauchau, Deutschland

Evaluierung eines VR-Simulators


zum Erlernen der direkten
Ophthalmoskopie in der
studentischen Lehre

tersuchung notwendig ist, und ggf. an den. Ein weiterführendes Training au-
einen Ophthalmologen verweisen [1]. ßerhalb der Praktikumszeiten ist dabei
Zusatzmaterial online
Den ersten Kontakt zu dieser Untersu- für Studierende nicht immer sofort um-
Die Online-Version dieses Beitrags (https:// chungstechnik bekommen Studierende setzbar.
doi.org/10.1007/s00347-019-0909-z) enthält
in der Regel im Blockpraktikum für Au- Bei allen hier genannten Aspekten
zusätzlich die Checkliste für Prüfer „OSCE:
Direkte Spiegelung Augenhintergrund“. genheilkunde. Alternative Lehrkonzepte, kann ein Simulator, der unabhängig
Beitrag und Zusatzmaterial stehen Ihnen wie z. B. ein simulatorgestütztes Training, von Dozenten und Lehrplänen genutzt
im elektronischen Volltextarchiv auf könnten dabei einen effektiveren Einsatz werden kann, eine effektive Option dar-
https://www.springermedizin.de/der- von zeitlichen und personellen Ressour- stellen.
ophthalmologe zur Verfügung. Sie finden
cen ermöglichen. Dies betrifft sowohl den Das Ziel dieser Arbeit bestand da-
das Zusatzmaterial am Beitragsende unter
„Supplementary Material“. Bereich der studentischen Lehre als auch rin, die Effektivität und die Akzeptanz
den der Weiterbildung junger Assistenz- hinsichtlich des Erlernens der direkten
ärzte unterschiedlicher Disziplinen. Ophthalmoskopie am Simulator im Ver-
Hintergrund und Fragestellung Die limitierenden Faktoren, durch die gleich zur klassischen Lehrmethode bei
das Erlernen der Fundoskopie oft nicht den Studierenden zu evaluieren.
Die Fundoskopie ist eine der fundamen- für alle Studierenden in ausreichendem
talsten Untersuchungsmethoden in der Umfang möglich ist, sind vielfältig. Im Studiendesign und Unter-
Augenheilkunde. Während die indirekte Studentenunterricht wird oftmals ein ge- suchungsmethoden
Fundoskopie hauptsächlich von Oph- genseitiges Fundoskopieren praktiziert,
thalmologen genutzt wird, findet die was a priori das Erkennen von patho- Im Rahmen des Blockpraktikums für
direkte Ophthalmoskopie im klinischen logischen Befunden weitestgehend aus- Augenheilkunde im Wintersemester
Alltag der anderen klinischen Fachdiszi- schließt. Zum anderen ist das Erzeugen 2017/18 nahmen insgesamt 34 Studie-
plinen selten Anwendung (wie z. B. Be- einer Mydriasis für ein effektives anfäng- rende des 7. Semesters an dem Projekt
urteilung einer Stauungspapille), da die liches Üben essenziell. Dies kann für teil. Pro Tag erklärten sich zwischen 5
Fähigkeit einer qualitativ ansprechenden die betroffenen Studenten aufgrund einer und 8 Studierende zur Teilnahme bereit.
Beurteilung sehr unterschiedlich ausge- möglichen Blendung und Visusminde- Es wurden jeweils 2 willkürlich rando-
bildet ist. Dies ist zumeist einer man- rung nachteilig sein während des Prakti- misierte Gruppen gebildet. Eine Gruppe
gelnden qualitativen bzw. quantitativen kums sowie darüber hinaus im Alltag erhielt die klassische Ausbildung (Grup-
Ausbildung geschuldet. Dank moderner anschließend einschränkend sein. Der pe 1), die zweite Gruppe eine Ausbildung
Techniken besteht ggf. auch ein gerin- zeitliche Rahmen, der durch zusätzliche am Simulator (Gruppe 2; Eyesi, VRma-
gerer Lernbedarf für die Verwendung Vorlesungen oder Kurse der Studieren- gic, Mannheim). Keiner der Probanden
eines direkten Ophthalmoskops, da die den vorgegeben ist, bedingt oft auch, dass hatte praktische Vorkenntnisse in der
digitale Netzhautfotografie einfacher Studierende, die sich tiefgreifender mit Ophthalmoskopie. Die Unterrichtsein-
und kostengünstiger wird [1]. Dennoch dieser Technik beschäftigen wollen, be- heit einschließlich Überprüfung der
sollten Studierenden die Fertigkeiten reits durch wartende Kommilitonen oder erworbenen Kenntnisse dauerte jeweils
entwickeln zu erkennen, wann eine Un- die folgende Lerneinheit bedrängt wer- 45 min. Es erfolgte zunächst eine Einfüh-

Der Ophthalmologe
Originalien

Ergebnisse

Probanden, Dozenten, Art der


Ausbildung
Insgesamt nahmen 34 Studierenden an
der Studie teil. Jeweils 50 % der Proban-
den erhielten entweder eine klassische
oder simulatorgestützte Ausbildung. Die
Anzahl der Probanden pro Gruppe und
Dozent zeigt . Tab. 1. Sowohl an der
OSCE-Prüfung als auch an der Bewer-
tung mittels Evaluationsbogen nahmen
100 % der Probanden teil.

Lernerfolgskontrolle
Der Lernerfolg wurde in einem Test
zur Prüfung des erworbenen theoreti-
schen und praktischen Wissens ermittelt
Abb. 1 8 Ophthalmoskopiesimulator Eyesi. (© Mit freundl. Genehmigung der Fa. VRmagic, Mann-
(OSCE-Prüfung), in dem die Fähigkei-
heim)
ten zum Herstellen des Funduseinblicks,
des Aufsuchens wesentlicher anato-
rung in die Grundlagen der Bedienung ßen (Dr. Boden – Dozent B, Dr. Schrecker mischer Strukturen (Papille, Gefäße,
des klassischen indirekten Ophthalmo- – Dozent S). Neben dem Erlernen des Makula), der Beschreibung der erkann-
skops in beiden Gruppen (ca. 5 min). technischen Umgangs mit dem direkten ten Strukturen sowie das Kommentieren
Dann erfolgte eine schrittweise Aufarbei- Ophthalmoskop wurden das systemati- des strukturierten Vorgehens bewertet
tung von normalen und pathologischen sche Erkennen und die Beurteilung von wurden. Probanden, die eine klassische
Befunden durch die Dozenten. In der anatomischen Strukturen geübt. Ausbildung erhalten hatten, erreichten
klassischen Gruppe wurde mindestens Die abschließende praktische und insgesamt im Durchschnitt 17,6 von
1 Proband für eine einseitige Mydria- theoretische Evaluierung des erzielten 23 Punkten (SD ± 2,1); im Einzelnen
sis vorbereitet, der dann den anderen Lernerfolges erfolgte als OSCE(„objective 3,6/4 Punkten (SD ± 0,8) für das Herstel-
Studierenden zum Training und dem structured clinical examination“)-Prü- len des Funduseinblicks, 3,9/5 Punkten
Erkennen von Normalbefunden zur fung in der jeweiligen erlernten Methode (SD ± 0,9) für das Auffinden wesentlicher
Verfügung stand. Pathologische Befun- (klassisch oder Simulator) mit einer ma- Strukturen, 5,5/8 Punkten (SD ± 1,4) für
de wurden in der klassischen Gruppe ximalen Gesamtpunktzahl von 23 (die die Beschreibung erkannter Struktu-
auf Bildern gezeigt und erläutert. In der Checkliste ist als zusätzliches Material ren sowie 4,6/6 Punkten (SD ± 1,2) für
simulationsgestützten Gruppe konnten online zu diesem Beitrag zu finden). In das Kommentieren des Vorgehens. Die
sowohl normale als auch pathologische beiden Gruppen erfolgte eine Beurtei- Gruppe der am Simulator ausgebilde-
Befunde am Simulator „in Mydriasis“ lung des Lernerfolgs durch die Dozenten. ten Probanden erreichten eine höhere
geübt werden. Zusätzlich führten wir eine Befragung Gesamtpunktzahl mit im Mittel 20,9
Der Ophthalmoskopiesimulator be- mittels Evaluationsbogen bezüglich des von 23 Punkten (SD ± 1,5). Die Fähig-
steht aus 4 Hauptkomponenten: dem allgemeinen Interesses bzw. der Akzeptanz keit zum Erstellen des Funduseinblicks
Ophthalmoskophandstück mit einge- hinsichtlich einer simulatorgestützten war in beiden Gruppen vergleichbar.
bautem Minibildschirm, dem Modell- Ausbildung im Studium sowie bezüglich Im Vergleich erreichte die simulatorge-
kopf (entspricht Patient), einem Display der Bewertung des aktuell vorgestellten stützte Gruppe eine signifikant höhe-
zur Anzeige von Informationen zum Simulatorsystems (Bewertungsbogen des re Punktzahl in den Einzeldisziplinen
virtuellen Patienten und zeitgleicher Geräteherstellers) durch. „Aufsuchen wesentlicher Strukturen“
Möglichkeit zur Mitbeobachtung der Als statistisches Testverfahren für (adj. p-value: 0,04, exakter Permutati-
Untersuchung sowie dem Prozessor mit die vergleichenden Gegenüberstellun- onstest) und „Beschreibung erkannter
der Simulationssoftware (. Abb. 1). gen wurde der exakte Permutationstest Strukturen“ (adj. p-value: 0,001, exakter
Die Dozenten wechselten kontinuier- genutzt mit einer Signifikanzgrenze von Permutationstest). Im Einzelnen wurden
lich zwischen den Gruppen und lehrten p < 0,05. in Gruppe 2 3,5/4 Punkten für das Her-
nach einem standardisierten Protokoll, stellen des Funduseinblicks (SD ± 0,5),
um einen durch den Ausbilder beding- 4,7/5 Punkten für das Auffinden we-
ten systematischen Fehler auszuschlie- sentlicher Strukturen (SD ± 0,5), 7,3/8

Der Ophthalmologe
Zusammenfassung · Abstract

Ophthalmologe https://doi.org/10.1007/s00347-019-0909-z
© Springer Medizin Verlag GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019

K. T. Boden · A. Rickmann · F. N. Fries · K. Xanthopoulou · D. Alnaggar · K. Januschowski · B. Seitz · B. Käsmann-Kellner · J. Schrecker


Evaluierung eines VR-Simulators zum Erlernen der direkten Ophthalmoskopie in der studentischen
Lehre
Zusammenfassung
Hintergrund. Die Anwendung der direkten klassische Ausbildung, die zweite Gruppe kontrollierte Vermittlung physiologischer und
Ophthalmoskopie in nichtophthalmologi- eine Ausbildung am Simulator. Der Lernerfolg pathologischer Befunde können als Vorteil
schen Fachbereichen scheint im klinischen wurde mit einer OSCE(„objective structured des getesteten Simulators hervorgehoben
Alltag geringer zu werden. Dies könnte clinical examination“)-Prüfung erhoben. werden.
einer mangelnden Ausbildung und somit Ergebnisse. Die simulatorgestützte Gruppe Zusammenfassung. Die simulatorgestützte
unsicheren Beurteilung geschuldet sein. zeigte eine signifikant höhere Punktzahl Ausbildung für das Erlernen der direkten
Fragestellung. Ziel dieser Arbeit bestand in einzelnen Disziplinen. Die Probanden Fundoskopie ist effektiv. Der in unserem
darin, die Effektivität und die Akzeptanz in der klassischen Gruppe erzielten einen Projekt evaluierte VR-Simulator kann die
hinsichtlich des Erlernens der direkten Lernerfolg in der OSCE mit 78 %. In der Ausbildung der Studierenden und der
Ophthalmoskopie am Simulator im Vergleich simulatorgestützten Gruppe wurde ein Assistenzärzte verbessern.
zur klassischen Lehrmethode bei den höherer Score mit 91 % erreicht mit einer
Studierenden zu evaluieren. geringeren Streuung in allen Teildisziplinen. Schlüsselwörter
Material und Methoden. Im Rahmen des Diskussion. Die patienten- und dozentenu- Direkte Ophthalmoskopie · Simula-
studentischen Blockpraktikums für Augen- nabhängige Verfügbarkeit der Lehrmittel, torgestütztes Training · Studentische
heilkunde nahmen insgesamt 34 Studierende eine Reduktion der Lichtbelastung für Patien- Lehre · VR-Simulator · Simulatorgestützte
an dem Projekt teil. Eine Gruppe erhielt die ten/Probanden sowie eine standardisierte und Ophthalmoskopie

Evaluation of a virtual reality simulator for learning direct ophthalmoscopy in student teaching
Abstract
Background. The use of direct ophthalmosco- training. The learning success was assessed by physiological and pathological findings can
py in non-ophthalmological specialties seems an objective structured clinical examination be emphasized as advantages of the tested
to be decreasing in the clinical routine. This (OSCE). simulator.
could be due to a lack of training and thus an Results. The simulator training group showed Conclusion. The simulator-based training
uncertain assessment. a significantly higher points score in individual for learning direct funduscopy is effective.
Objective. The aim of this study was to disciplines. The subjects in the classical group The virtual reality simulator evaluated in this
evaluate the effectiveness and acceptance achieved a learning success in the OSCE of project can improve the training of students
of learning direct ophthalmoscopy on 78%. In the simulator-based group a higher and residents.
a simulator in comparison to the classical score of 91% was achieved with a lower scatter
teaching method among students. in all subdisciplines. Keywords
Material and methods. Within the framework Discussion. The patient and instructor- Direct ophthalmoscopy · Simulator-supported
of the student block internship for ophthal- independent availability of the teaching training · Student teaching · VR simulator ·
mology, a total of 34 students took part in materials, a reduction of light exposure Simulator-supported ophthalmoscopy
the project. The first group received classical for patients and test subjects, as well as
training, the second group received simulator a standardized and controlled mediation of

Punkten für die Beschreibung erkann- Betreuers auf den Lernerfolg untersucht. Bewertung der Ausbildung durch
ter Strukturen (SD ± 0,7), 5,4/6 Punkten Innerhalb der Ausbildung am Simulator die Studierenden
für die Kommentierung des Vorgehens zeigten sich keine signifikanten Unter-
(SD ± 0,8) erreicht. Die oben genannten schiede zwischen den Dozenten (adj. p- Probanden, die ihre Ausbildung am Si-
Charakteristika sind in . Abb. 2 grafisch values >0,34). Bei der klassischen Ausbil- mulator erhalten hatten, gaben zu 90 %
gegenübergestellt. Zusammenfassend dung fanden sich Hinweise auf mögliche (SD ± 8) „Zufriedenheit mit der Ausbil-
hatten die Probanden in der klassischen Unterschiede zwischen den Dozenten dung“ an. Die Zufriedenheit bezüglich
Gruppe einen Lernerfolg in der OSCE in der Kategorie für „das Beschreiben einer „frei gestaltbaren Übungszeit“ wur-
mit 78 %. In der simulatorgestützten wesentlicher Strukturen“ und das „Kom- de in beiden Gruppen mit 88 % gleich
Gruppe wurde ein höherer Score mit mentieren des Vorgehens“ (adj. p-values: bewertet (klassisch: 88 %, SD ± 7 %; Si-
91 % erreicht (p = 0,72) mit einer gerin- 0,03 und 0,04, exakter Permutationstest). mulator: 88 %, SD ± 12 %). Das durch-
geren Streuung in allen Teildisziplinen. Die anderen Kategorien wiesen keine si- schnittliche „technische Interesse“ bei
Jede der bewerteten Teilkategorien gnifikanten Unterschiede zwischen den den Probanden war ebenfalls vergleich-
sowie die erzielten Gesamtpunktzahlen Betreuern auf. bar (klassisch: 74 %, SD ± 25; Simulator:
wurden weiterhin auf den Einfluss des 72 %, SD ± 14). Beide Gruppen wünsch-

Der Ophthalmologe
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Tab. 1 Anzahl der Probanden pro Gruppe und Dozent die motorischen Basisfähigkeiten erlern-
Anzahl Anzahl Anzahl ten und nachfolgend unterschiedliche
gesamt Dozent B Dozent S Befunde bzw. Patientenfälle zu un-
Gruppe 1 17 10 7 tersuchen hatten. Sie bekamen dabei
(Klassische Ausbildung) zusätzlich zum Dozenten vom System
Gruppe 2 17 6 11 ein objektives, interaktives Feedback,
(Simulatorausbildung) um so systematisch ihre Fähigkeiten zu
verbessern. Das virtuelle System kann
Augenbewegungen, Blinzeln und Reak-
ten sich einen „größeren Anteil der ten Goebels et al. bereits in einem tion auf Licht imitieren. Ebenso kann die
Ausbildung mit Simulator“ (klassisch: Artikel zum Homburger Curriculum Weite der Pupille variiert werden. Ledig-
88 %, SD ± 7; Simulator: 90 %, SD ± 8). deutlich [3]. Ebenso betonten Käsmann- lich spontane Bewegungen des Kopfes
Auch die „Präsenz des Dozenten“ (klas- Kellner et al. die Relevanz der Aus- können vom Simulator nicht vorge-
sisch: 76 %, SD ± 20; Simulator: 76 %, bildungsqualität für Studierende mit täuscht werden, was in der Evaluierung
SD ± 17) und die „Motivation durch der Notwendigkeit einer Umstrukturie- von einigen Studierenden als Verbes-
den Dozenten“ (klassisch: 82 %, SD ± 11; rung der studentischen Lehre im Fach serung vorgeschlagen wurde. Dennoch
Simulator: 88 %, SD ± 10) wurde von Augenheilkunde im Augenblock der bietet das zur Verfügung stehende Si-
den Probanden beider Gruppen ähnlich Universität Homburg [4]. Jedoch stehen mulatorsystem eine sehr realistische und
bewertet. Im Vergleich der Gruppen Dozenten u. a. vor dem Problem, für didaktisch hochwertige Möglichkeit der
(klassisch vs. Simulator) fanden sich kei- jeden Praktikumsdurchgang stets eine Lehre für Medizinstudierende [6].
ne statistisch signifikanten Unterschiede ausreichende Anzahl an demonstrati- Die Grundprinzipien der Untersu-
(adj. p-values: 1,0, exakter Permutati- onswilligen Patienten mit einschlägigen chungsmethode wurden von allen Stu-
onstest) hinsichtlich der Beantwortung Netzhautbefunden zur Verfügung stellen dierenden schnell erfasst, und auch ein
der oben genannten Fragen. zu können. Dementsprechend kann auch eigenständiges Üben (ohne Tutor) war
nicht für jeden Durchgang der gleiche nach kurzer Einweisung möglich. Die
Bewertung des Simulators durch Inhalt gewährleistet werden, und die Möglichkeit der freien Gestaltung der
die Studierenden Lernbedingungen können erheblichen Übungszeiten am Simulator sowie die
Schwankungen unterliegen. Dies unter- Darstellung auch von pathologischen
Probanden, die eine Ausbildung am Si- streichend, hielten in Auswertung von Befunden als Vorbereitung auf künftige
mulator erhalten hatten, wurden zusätz- Shuttleworth nur 22 % von 150 Befragten reale klinische Tätigkeiten wurden als
lich gebeten, das Gerät und dessen Hand- ihre ophthalmologische Ausbildung im wichtige Faktoren gesehen. Obgleich ei-
habung zu bewerten. Durchschnittlich Studium für adäquat [9]. Eine deutliche ne detaillierte Fundoskopie zumeist nur
bewerteten diese Probanden die „Nütz- Unterstützung könnten hier Simulatoren von Ophthalmologen beherrscht werden
lichkeit des Simulators, um die Hand- bieten, da an ihnen ein standardisier- muss, sind einzelne, relativ leicht zu erler-
habung eines Ophthalmoskops zu erler- tes Lehrprogramm theoretisch zu jeder nende Aspekte, wie z. B. die orientierende
nen“, mit 91 % (SD ± 9), die „Aufberei- Zeit und unabhängig vom Klinikalltag Untersuchung des Sehnervenkopfes zum
tung der medizinischen Inhalte“ mit 88 % zur Verfügung steht und nach kurzer Ausschluss einer Stauungspapille, auch
(SD ± 12) und die „Intuitivität der Benut- Einweisung auch ohne Betreuer geübt für andere Fachdisziplinen von Interesse.
zeroberfläche“ mit 84 % (SD ± 9). Insbe- werden kann. Durch eine systematisierte Hier könnte auch bereits eine alleini-
sondere wurden die Möglichkeit der Si- Abfolge beim Erlernen können Fähig- ge Ausbildung am Simulator eine gute
mulation unterschiedlicher Pathologien, keiten gezielter und schneller erworben Grundlage zur Erlangung der erforder-
die freie gestaltbare Übungszeit und die werden, und es kann ein Repertoire an lichen Basiskenntnisse und -fertigkeiten
einfache Handhabung als positiv hervor- normalen und pathologischen Befun- bieten. Ein Vorteil solcher Simulatoren
gehoben. Zwei Probanden merkten an, den vermittelt werden, wie es ansonsten ist ebenfalls, dass Studierende vor dem
dass zusätzlich eine Kopfbewegung des nur theoretisch in Lehrbüchern gesehen klinischen Start zunächst schrittweise
simulierten Patientenkopfes wünschens- wird. durch die einzelnen Untersuchungs-
wert wäre. Alle Probanden schätzten ein, Mit dem Ziel, die oben genannten schritte geführt werden können, sodass
dass ein Simulatortraining für die direkte Aspekte zur Optimierung des Studen- ihnen der Einstieg am Patienten er-
Ophthalmoskopie Standard in der medi- tenunterrichts in der Praxis unter Be- heblich erleichtert werden kann. Der
zinischen Ausbildung sein sollte. weis zu stellen, führten wir parallel zur Erstkontakt mit dem Patienten gestal-
klassischen Ausbildung im Rahmen des tet sich dadurch kompetenter, und eine
Diskussion Blockpraktikums ein simulatorgestütztes unnötig lange Belastung oder Verun-
Training der direkten Ophthalmoskopie sicherung der Patienten kann damit
Ohne Zweifel ist die Weiterbildung durch. Die Studierenden wurden dabei vermieden werden.
der Assistenzärztinnen und -ärzte in am Simulator durch ein vorgegebenes Nach unserer Einschätzung sollte
Deutschland reformwürdig. Dies mach- Programm geführt, in dem sie zunächst ein optimaler Ausbildungsablauf stets

Der Ophthalmologe
fügbarkeit der Lehrmittel, eine Reduk-
tion der Lichtbelastung für Patienten/
Probanden sowie eine standardisierte
und kontrollierte Vermittlung physiolo-
gischer und pathologischer Befunde als
Vorteil des getesteten Simulators hervor-
gehoben werden. Unserer Einschätzung
nach bietet die simulatorgestützte Aus-
bildung für das Erlernen der direkten
Fundoskopie eine gute Option, die stu-
dentische Ausbildung noch effektiver
zu gestalten. Trotz der relativ gerin-
gen Anzahl teilnehmender Studierender
konnten wir im Vergleich zur klassischen
Abb. 2 8 Charakteristika des Lernerfolges im Vergleich von Gruppe 1 „klassische Ausbildung“ (links)
Ausbildung einen signifikant besseren
zu Gruppe 2 „simulatorgestützte Ausbildung“ (rechts)
Lernerfolg in der simulatorgestützten
Gruppe erzielen bei gleichzeitiger höhe-
zunächst mit einem systematisierten kurve gezielt gefördert werden konnten, rer Zufriedenheit der Studierenden. Eine
Training am Simulator beginnen. Die- wenn sich bereits hier Schwierigkeiten Aussage zu technischen Fertigkeiten im
ses kann nach kurzer Einweisung (z. B. in bestimmten Bereichen zeigten [7]. Im klinischen Umgang mit einem direkten
durch einen bereits damit erfahrenen Umkehrschluss wäre so die Früherken- Ophthalmoskop lässt sich dadurch nicht
Kommilitonen) auch selbstständig und nung von chirurgisch besonders Begab- projizieren. Limitierend ist ebenfalls
ohne zeitliche Bindung erfolgen. Alter- tenmöglich. Oftmals erfolgtderzeitinder der Umstand, dass in der klassischen
nativ wäre ein Einführungsvideo, das die Praxis die Auswahl für eine chirurgische Gruppe einige Studierende durch eine
Gerätebedienung und die Lernstrategien Ausbildung anhand anderer Merkmale Mydriasis eingeschränkt gewesen sein
darlegt, für ein Selbststudium denk- wie eine wissenschaftliche Tätigkeit o. Ä. könnten und somit zu einem schlech-
bar. Der objektivierte Lernerfolg kann [2]. Des Weiteren konnte gezeigt wer- teren Ergebnis kamen. Ebenso ist eine
prinzipiell am Gerät vom Studierenden den, dass chirurgische Trainingssimula- Erfolgskontrolle des Funduseinblicks in
und Dozenten abgelesen werden. Sobald toren die chirurgischen Fertigkeiten von der klassischen Gruppe nur subjektiv
die Fertigkeit „des Spiegelns“ in den Auszubildenden im OP verbessern kön- möglich. Eine potenziell höhere Akzep-
Grundsätzen verstanden und das prin- nen [10]. Ting et al. diskutierten in einem tanz von neuen Medien in der Lehre
zipielle Vorgehen erlernt wurde, kann Review verschiedene Simulatoren im Be- bei den Studierenden könnte auch zu
zur Bestätigung und Festigung das Üben reich der Ophthalmologie und verwie- dem besseren Lernerfolg in der Simula-
am Probanden/Patienten nachfolgen. sen darauf, dass solche Simulatoren zwar torgruppe beigetragen haben. Dennoch
Leitritz et al. nutzten dieses Vorgehen die Lernerfahrung unterstützen, abernie- scheint eine simulatorgestützte Ausbil-
zum Erlernen der indirekten Ophthal- mals die Erfahrung am echten Patienten dung v. a. durch die hohe Akzeptanz
moskopie und teilten 37 Studierende ersetzen können [13]. Nichtsdestotrotz durch Studierende eine Option zur wei-
in 2 Gruppen (für konventionelle bzw. bieten Simulatoren den unschlagbaren teren Verbesserung der Lehre sein. Für
simulatorgestützte Ausbildung) auf und Vorteil, dass Auszubildende auch gravie- einen Großteil der Studierenden ist die
konnten, ähnlich unseren Ergebnissen, rende Fehler machen können, ohne dabei Möglichkeit einer realitätsnahen Aus-
zeigen, dass die Gruppe am Simulator einen Patienten zu gefährden [8]. Staro- bildung an einem Simulator auch ein
ophthalmoskopische Fähigkeiten effek- poli et al. konnten retrospektiv ermitteln, zusätzlicher Motivationsfaktor. Alle un-
tiver erlernte [5]. dass ein zusätzliches chirurgisches Si- sere Studienteilnehmer befanden, dass
Ebenso konnte bereits gezeigt wer- mulationstraining miteinersignifikanten ein Simulatortraining für die direkte
den, dass durch den Einsatz von Vir- Reduktion der Komplikationen bei Aus- Ophthalmoskopie Standard in der me-
tual-Reality(VR)-Simulatoren eine ver- bildungsassistenten einherging [12]. Ein dizinischen Ausbildung sein sollte. Der
besserte chirurgische Ausbildung mit ei- weiterer interessanter Aspekt ist die Nut- in unserem Projekt evaluierte VR-Simu-
nem damit verbundenen höheren Sicher- zung des Simulationstrainings für Chir- lator kann selbstverständlich auch in der
heitsfaktor für den Patienten einhergeht urgen als Aufwärmübung, um die durch- Assistenzarztweiterbildung fächerüber-
[12]. So konnten Solverson et al. zeigen, schnittliche chirurgische Leistung zu ver- greifend eingesetzt werden und damit die
dass VR-Simulatoren bei beginnenden bessern [14]. Facharztausbildung weiter bereichern.
Ophthalmochirurgen die Geschicklich-
keit trainiert [11]. Roohipoor et al. konn- Schlussfolgerung
ten demonstrieren, dass Weiterbildungs-
assistenten im 1. Jahr, die einen Katarakt- Zusammenfassend können eine pati-
simulator verwendeten, in ihrer Lern- enten- und dozentenunabhängige Ver-

Der Ophthalmologe
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ophthalmology? Survey among 150 randomly


Korrespondenzadresse selected primary care practitioners. Eye (Lond)
11(Pt 5):744–750
Dr. K. T. Boden 10. SikderS,TuwairqiK,Al-KahtaniE,MyersWG,Baner-
Augenklinik Sulzbach, Knappschaftsklinikum jee P (2014) Surgical simulators in cataract surgery
Saar training. Br J Ophthalmol 98(2):154–158. https://
An der Klinik 10, 66280 Sulzbach, Deutschland doi.org/10.1136/bjophthalmol-2013-303700
drkarlboden@gmail.com 11. Solverson DJ, Mazzoli RA, Raymond WR, Nelson
ML, Hansen EA, Torres MF, Bhandari A, Hartranft
CD (2009) Virtual reality simulation in acquiring
anddifferentiatingbasicophthalmicmicrosurgical
Einhaltung ethischer Richtlinien skills. Simul Healthc 4(2):98–103. https://doi.org/
10.1097/SIH.0b013e318195419e
12. Staropoli PC, Gregori NZ, Junk AK, Galor A,
Interessenkonflikt. K.T. Boden, A. Rickmann, Goldhardt R, Goldhagen BE, Shi W, Feuer W
F.N. Fries, K. Xanthopoulou, D. Alnaggar, K. Januschow- (2017) Surgical simulation training reduces
ski, B. Seitz, B. Käsmann-Kellner und J. Schrecker geben Intraoperative cataract surgery complications
an, dass kein Interessenkonflikt besteht. among residents. Simul Healthc. https://doi.org/
10.1097/SIH.0000000000000255
Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine 13. Ting DS, Sim SS, Yau CW, Rosman M, Aw
Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. AT, Yeo IY (2016) Ophthalmology simulation
Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort for undergraduate and postgraduate clinical
angegebenen ethischen Richtlinien. education. Int J Ophthalmol 9(6):920–924. https://
doi.org/10.18240/ijo.2016.06.22
14. Deuchler S, Wagner C, Singh P, Müller M, Al-
Dwairi R, Benjilali R, Schill M, Ackermann H, Bon
Literatur D, Kohnen T, Schoene B, Koss M, Koch F (2016)
Clinical efficacy of simulated Vitreoretinal surgery
1. Graubart EB, Waxman EL, Forster SH, Giaconi JA, topreparesurgeonsfortheupcomingintervention
Rosenberg JB, Sankar PS et al (2018) Ophthalmolo- in the operating room. PLoS ONE 11(3). https://doi.
gy objectives for medical students: revisiting what org/10.1371/journal.pone.0150690
every graduating medical student should know.
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2. Geerling G, Seitz B (2015) Der Lehre verpflichtet.
Ophthalmologe 112(6):476. https://doi.org/10.
1007/s00347-015-0029-3
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education for ophthalmologists at Saarland Uni-
versity Medical Center. Ophthalmologe 114:930.
https://doi.org/10.1007/s00347-016-0406-6
4. Käsmann-Kellner B, Seitz B (2015) Academic
teaching at the department of ophthalmology
of the University Clinic of Saarland (UKS): The
Homburg “Ophthalmo-Week”. Ophthalmologe
112:477. https://doi.org/10.1007/s00347-015-
0049-z
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reality ophthalmoscopy for the training of
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Der Ophthalmologe

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