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Visionserwartung

Visualisierung und Präsenzerfahrung


des Göttlichen in der Spätantike

Armin E Bergmeier

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Reichert
Armin E Bergmeier
Visionserwartung
SPÄTANTIKE - ERÜI 1 ES CH RISTENTUM - BYZANZ

KUNST IM ERSTEN JAHRTAUSEND

Herausgegeben von
Beat Brenk, Johannes G. I )eckers, Arne Effenberger,
Carola Jäggi, Vasiliki Tsamakda und Norbert Zimmermann

Reihe B: Studien und Perspektiven

Band 43

REICHERT VERLAG WIESBADEN 2017


Visionserwartung
Visualisierung und Präsenzerfahrung
des Göttlichen in der Spätantike

Armin F. Bergmeier

REICHERT VERLAG WIESBADEN 2017


Gedruckt mit freundlicher Unterstützung
des Förderungsfonds Wissenschaft der VG WOR I

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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
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© 2017 Dr. Ludwig Reichert Verlag Wiesbaden


ISBN: 978-3-95490-1 17-3
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Printed in Germany
Meinen Eltern
Inhalt

Danksagungen ........................... 9

Einleitung .................. 11

I. Visionserwartung . .......................................................................................... 23
LI. Epiphanien: Vorstellungen von der Erscheinung des Göttlichen
in der griechisch-römischen Antike ................................ 26
12. Jüdische Traditionen .......... . ........................................................................................ 38
I 3. Epiphanien Gottes und der Heiligen im Christentum . . .......................................... 46

II. Visualisierungsformen.......................................... 71
II. 1. Die vermeintliche Anikomzität des frühen Christentums
und der Wunsch nach Bildern . . . . . . ........................................................... 72
11.2. Antike Bildstrategien der Divinisierung.................. . .................... 86
11.3. Die „Theophaniesierung“ der Bilder mit Hilfe von Visionen .............................. 125

III. Präsenzerfahrung .......... . ....................................................................... . 181


II1.1. Die Zeitlichkeit von Visionen ................................................................................... 181
II 1.2. Visionen und Licht ........................... 220
II 1.3 Theophanische Bilder, sakraler Raum und der Betrachter.......................................... 238

Ausblick . ................................................................................................................................. 261

Abkürzungen . . . .................... 271

Abbildungsverzeichnis ............... 273

Primärquellen ..................................................................................................................... . 275

Bibliographie ............................................................................................................................. 281

Register ......................... 305

Tafeln
Danksagungen

Die spätantike Bildsprache, die oft den Anschein des Konkreten erweckt, aber doch eigentlich
so vieldeutig ist, hat mich schon während meines ersten Semesters in Berlin begeistert. Beson-
ders die monumentalen Apsisbilder und Darstellungen des verherrlichten Christus interessier-
ten mich, denn anders als bei den Motiven auf Obergadenwänden, in den Katakomben oder
auf Sarkophagen ließ sich hier nicht so rasch ein zugrundeliegender Bibeltext identifizieren.
Ich hatte das Glück, in Berlin auf Arne Effenberger zu treffen, von dessen Unterstützung und
profunder Kenntnis der byzantinischen Kunst ich bis heute profitiere. Glücklich fügte sich
auch, dass mir Horst Bredekamp die Chance bot, meine Abschlussarbeit der Frage nach dem
Zusammenspiel von Apsismosaik und spätantikem Betrachter zu widmen. Seitdem trieb mich
die Frage um, was die in sich so heterogene Gruppe von Bildern, die oftmals in Apsiden ihren
Platz fanden, den Betrachtern sagen wollte und was sie in ihrem Inneren zusammenhält Das
vorliegenden Buch, dem meine Dissertation an der Ludwig-Maximilians-Universität München
zugrunde liegt, ist der Versuch zu erkunden, was die Menschen der Spätantike so sehr bewegte,
dass sie die prominentesten Orte ihrer Sakralbauten - und auch viele andere Bildträger - damit
schmückten.
Mein größter Dank gebührt Franz Alto Bauer, der mir während der Arbeit an der Disser-
tation alle nur wünschenswerten inhaltlichen und methodischen Anleitungen gab, mir alle
nötigen Freiheiten ließ und der mir gezeigt hat, genau hinzuschauen. Diese Arbeit hätte nicht
ohne die finanzielle, fachliche und freundschaftliche Unterstützung vieler weiterer Personen
und Institutionen entstehen können. Albrecht Berger war mit seinem Rat und seinem Witz
immer zur Stelle und ebenso die übrigen Münchner, denen ich für ihre Unterstützung, Kritik
und Freundschaft danken möchte, besonders Benjamin Anderson, Catharina Baumgartner,
Ayca Beygo, Beatrice Daskas, Markos Giannoulis, Andreas Gommels, Katharina Pahnberger,
Ilse Rolle Ditzler, Athanasia Toubali und Ekaterina Zimmermann. Mein ganz besonderer Dank
gilt Sabine Feist dafür, dass sie nie müde wurde, den Text in den unterschiedlichsten Phasen
seiner Genese zu lesen und zu kommentieren, für ihre Freundschaft und ihren Enthusiasmus
für alles Byzantinische.
Arne Effenberger bin ich für sehr vieles dankbar: Dafür, dass er mich zu dieser Arbeit ermu-
tigte, sie auf jeder Strecke des Wegs mit langen Gesprächen und wichtigen Hinweisen begleitete
und mir dazu geraten hat, manche Dinge auch einmal anders zu machen. Danken möchte
ich auch meinen Freunden in Berlin, München und New York, die während der Vorarbeiten,
beim Verfassen des Textes und in den Pausen dazwischen für mich da waren: Mirjam Brusius,
Gregor}’ Bryda, /Alexandra Enzensberger, Stefanie Gerke, Adam Harris Levine, Theda Jürjens,
Malte Hesemann, Juliane Rahn und Karsten Thiel.
Die Recherche für dieses Buch hat mich in viele Regionen des Mittelmeers geführt und
auch für ein Jahr an die Ostküste der USA. Oft hat mich erst die physische Begegnung mit den
Bauten und Bildern wichtige Aspekte ihrer Bedeutung erkennen lassen. Bianca Kühnel und
Galit Noga-Banai haben mir ermöglicht, an der Hebrew University in Jerusalem zu forschen
und die archäologischen Stätten Israels (und Jordaniens) mit eigenen Augen zu sehen. Avinoam
Shalem und Holger Klein danke ich für die herzliche Aufnahme an der Columbia University
in New York und die Gespräche und Unterstützung, die ich von ihnen erhalten habe. Dankbar
bin ich auch Gerhard Wolf und Christoph Markschies, mit denen ich ganz am Anfang meiner
Recherche für dieses Buch zum Sinai gereist bin. Es erübrigt sich zu sagen, dass der Besuch die-
10 Danksagungen

ses vielleicht wichtigsten visionären Orts des spatantiken Christentums mein Verständnis der
spätantiken Vorstellungswelt ganz entscheidend bereichert hat. Meinen Reisebegleitern Mad-
ien Blume, Christoph Heil, Antje Lange und Nathaniel Prottas bin ich dankbar für zahllose
Anregungen und für ihre Geduld. Andrew Griebeler und Alex Rodriguez Suarez danke ich
für viele Diskussionen, wertvolle Hinweise und unsere Erkundungen entlegener und weniger
entlegener Orte auf der italienischen Halbinsel und auf dem Balkan.
Für viele anregende Gespräche danke ich Hans Belting, Gudrun Bühl, Carola Jäggi, Be-
atrice Kitzinger, Robert Ousterhout, Glenn Peers, Claudia Rapp, Linda Safran, Alice-Mary
Talbot und Frank Zöllner. Bei der Suche nach Abbildungen und dem Zugang von Objekten
in Museen waren mir Viviane Cattane, Elisabet Enß, Helen Evans, Cäcilia Fluck und Gilian
Mackie behilflich.
Dieses Buch und die ihm zugrundeliegenden Reisen wären nicht ohne die großzügige fi-
nanzielle Unterstützung vieler Institutionen zustande gekommen, allen voran des Evangeli-
schen Studienwerks Villigst, der Fulbright Stiftung, Dumbarton Oaks in Washington D.C.,
der Minerva Stiftung, der Ludwig-Maximilians-Universität München, des Münchner Promoti-
onsprogramms Altertumswissenschaften und schließlich der VG Wort, die dankenswerterweise
die Kosten für den Druck übernommen hat.
Dafür, dass er meinen Blick aut die Forschungsfragen immer wieder fokussiert und mich
das Wesentliche erkennen lässt, dafür, dass er sich immer geduldig meine Ideen und Überle-
gungen anhört, und für alles andere danke ich meinem Mann Nathaniel Prottas. Den wohl
wichtigsten Anteil am Gelingen dieses Projekts hatten meine Eltern, die mich immer unter-
stützt haben, und denen dieses Buch darum gewidmet ist.

Venedig, im August 2017


Einleitung

The most familiär Images were not messages.They were presences.1

Einen großen 1 eil unserer Erkenntnisse über die Welt der Spätantike und des Frühmitrelalters
beziehen wir aus den überlieferten Schriftquellen. Doch waren Bilder das maßgebliche Medi-
um, das die vielen Umbrüche in der Spätantike begleitete, erklärte und formte. Leider ist die
visuelle Kultur, mehr noch als die Texte, nur sehr fragmentarisch auf uns gekommen. Dieser
lückenhafte Befund trägt dazu bei, dass der Erkenntniswert der Bilder unterschätzt wird. Ihr
Nutzen für die Rekonstruktion der historischen Wirklichkeit der Spätantike ist jedoch kaum
zu überschätzen. Auch in ihrem fragmentarischen Zustand dokumentiert die visuelle Kultur
ein beispielloses Interesse an göttlichen Visionen, das bislang übersehen wurde. Dieses Inter-
esse findet sich in den Texten kaum so explizit formuliert wie in den Bildern, die zudem oft
aufwendig gestaltet und gut sichtbar inszeniert waren. So war die Apsis, der Fokus spätantiker
Sakralräume, der bevorzugte O r t zur Anbringung visionärer Darstellungen. Diese finden sich
aber auch in anderen Bildmedien: in Buchilluminationen, in der Skulptur, in der Metall- und
Kleinkunst sowie auf Ikonen. Dieses Buch ist der Versuch, dieses Interesse am Visionären in
seiner Genese und seiner Auswirkung auf die visuelle und materielle Kultur des spätantiken
Mittelmeerraums (ca. 300-750 n. Chr.) zu untersuchen,
Eine regelrechte Visionserwartung prägte die spätantike Kultur. Der Wunsch nach visueller
Teilhabe am Göttlichen, der aus der Unsichtbarkeit des christlichen Gottes resultierte, schlug
sich m Bildern, Texten und der Gestaltung von Sakralräumen nieder. Theophanische Darstel-
lungen Christi - Bilder, die neben der menschlichen auch seine göttliche Erscheinung zeigen -
hatten weder in der griechisch-römischen, noch in der jüdischen Antike direkte Vorläufer.
Die christliche Bildsprache, die sich in der Regel durch auffällige Kontinuitäten mit antiken
Traditionen auszeichnet, hat hier etwas gänzlich Neues geschaffen, dessen Wesen bislang kaum
geklärt ist. Das Aufkommen von Bildern, die den göttlichen Christus darstellen, war in vor-
konstantinischer Zeit kaum vorherzusehen. Zwar gab es Bilder des historischen Jesus, aber der
göttliche Christus war zunächst nicht dhema von Bildschöpfungen. Ausgangspunkt der Unter-
suchung ist die Frage, wie die rasante Verbreitung von Bildern Gottes in nach-konstantinischer
Zeit zu erklären ist, und warum diese kaum theologischen Widerspruch hervorriefen. Denn
diese Bilder hätte es gemäß dem biblischen Repräsentationsverbot und den gleichlautenden
Forderungen der Apologeten nicht hätte geben dürfen.
Ihre Existenz verdanken diese Theophaniedarstellungen dem Umstand, dass seit dem
vierten Jahrhundert Visionen als Mittel zur Umgehung des Repräsentationsverbots und zur
Überwindung der Unsichtbarkeit des christlichen Gottes entdeckt wurden. Um das Göttliche
sichtbar zu machen und trotzdem im Einklang mit den I berlieferungen der Bibel zu stehen,
kleideten die Schöpfer christlicher Bilder diese ins Gewand ephemerer, zeitlich begrenzter und
biblisch legitimierter Visionen. Die Repräsentation einer intangiblen, sphärischen Vision ver-
mied Assoziationen mit dem paganen Statuenkult und verehrten materiellen Bildnissen. Kriti-
sche Quellen dieser Zeit beziehen sich denn auch in der Regel auf die Praxis der Bildz'eWtratzg,

1 Brown, Peter, „Images as Substitute for Writing,“ in: East and West: Modes of Communications Chrysos,
Evangelos; Wood, Ian (Hrsg.), Leiden: Brill, 1999: 15-34, Zitat S. 24.
12 Einleitung

selten stellen sie die Existenz der Bilder per se infrage. ’ Erst der aufkommende Islam und wenig
später der byzantinische Ikonoklasmus lassen den fragilen Status der Darstellungen Gottes und
ihr explosives Potential erkennen.

Theophanische Bilder haben sich in besonders hoher Konzentration in den Apsiden und auf
Stirnwänden der Kirchen erhalten. Eine der frühesten und vollständigsten Darstellungen der
Thronvision aus der Offenbarung befindet sich im Scheitel der ehemaligen Apsisstirnwand von
S. Maria Maggiore in Rom (um 432). Der von einem Regenbogen umfangene leere Thron wird
begleitet vom Tetramorph, den himmlischen Wesen. (T f. 1) Diese Ihronvision ist in anthro-
pomorpher Form auf der Emmanuel-Ikone des Sinai aus dem sechsten Jahrhundert dargestellt.
Hier thront ein weißhaariger Christus auf einem Regenbogen und wird von den vier Wesen
umgeben. (Tf. 2) Eine besonders überzeugende Visualisierung dieses Visionsberichts hat sich
im Thron von Grado (heute in Venedig) erhalten. (Tf. 3) Der dreidimensionale Bildträger ist
selbst der Thron, während die Begleiter der Vision, Tetramorph und apokalyptische Leuchter,
auf den Reliefs der Oberfläche erscheinen. Besonders eindrückliche visionäre Erscheinungen
haben sich in den Apsiden des sechsten Jahrhunderts erhalten, beispielsweise in SS. Cosma e
Damiano in Rom, Sant’Apollinare in Classe in Ravenna und Hosios David in Thessaloniki.
(Tf. 4, 5, 6) Hier erscheint der christliche Gott auf den Wolken des Himmels in einer idealen
Landschaft, als sphärisches Kreuz schwebend vor einem Ausschnitt des Himmels und in einer
Lichtmandorla oberhalb einer Landschaft. Das Mosaik in Thessaloniki orientiert sich wieder
an der Thronvision der Offenbarung, während die anderen beiden ihre Inspiration von einer
Prophetie des Jesaja, aus dem Transfigurationsbericht und allgemeinen visionären Vorstellun-
gen der Zeit nehmen.
Diese und andere Bilder mir theophanischem Inhalt werden im zweiten feil des Buchs
behandelt. Es wird Fragen nach den Formen, Ursprüngen und der Bedeutungen dieser Dar-
stellungen nachgegangen. Um die beispiellose Konzentration theophanischer Bilder und ihre
Innovationskraft zu begreifen, wird im ersten Teil des Buchs die Grundlage für das Verständnis
des Phänomens der Visionserwartung gelegt, dessen Resultat die Bilder sind. Diese einleitende
Untersuchung zeichnet anhand von Textquellen die Relevanz visionärer Vorstellungen von der
Antike bis in die Spätantike nach und lenkt den Blick auf Topoi und Motive, die ab dem vier-
ten Jahrhundert Einfluss auf die Bildproduktion haben sollten. Unter anderem werden histori-
ographische, apokalyptische und hagiographische Literatur untersucht. Immer wieder wird im
zweiten Feil des Buches auf die Erkenntnisse aus den Textquellen zurückzukommen sein. Die
voneinander getrennte Behandlung der Quellenarten soll Lesarten vorbeugen, die die Bilder
als direkte Resultate aus einzelnen Texten sehen. Beide sind jedoch unabhängige Ausdrucksfor-
men, die lediglich in paralleler Weise das Interesse an göttlichen Visionen dokumentieren. In
einem dritten Teil wird die Zeitlichkeit der Bilder untersucht und ihnen die'Untersuchung der
Gestaltung von Sakralräumen an die Seite gestellt Bilder und Räume hatten die Präsenzerfah-
rung des Göttlichen zum Ziel. Die Zeitlichkeit der Bilder wird bislang jedoch meist als Pro-
jektion zukünftiger (endzeitlicher) Ereignisse gedeutet. Es wird dargelegt werden, dass ebenso
wie das Phänomen der Visionserwartung auch die Bilder theophanischer Visionen und die
Raum Inszenierungen auf die Gegenwart und die ganz unmittelbare Zukunft gerichtet waren.

2 Kollwitz, Johannes, „Zur Frühgeschichte der Bilderverehrung,“ Römische Quartalschrift 48, 1953: 1 - 2 0 ,
bes. S. 3; Kitzinger, Ernst, „The Cult of Images in die Age Before Iconoclasm,“ DOP 8, 1954: 83-150, bes.
S. 85.
Einleitung 13

Untersuchungsrahmen ist der spätantike Mittelmeerraum vom dritten bis zum Beginn des
achten Jahrhunderts. Viele der Bilder haben sich in Sakralräumen in Italien und Griechenland
erhalten. Besonders bei den Mosaiken und Fresken in Kirchen und Kapellen stellt sich die
Frage nach ihrer Sichtbarkeit und dem Wahrnehmungskontext. Da viele spätantike Sakralbau-
ten über eine Fülle von Zugängen verfugten (bspw. Sant Apollinare in Classe und San Vitale
in Ravenna, Hagios Demetrios in Thessaloniki, die Stoudios-Kirche und die Hagia Sophia
in Konstantinopel),’ wird hier von einer generellen Zugänglichkeit dieser Räume auch au-
ßerhalb der Liturgie ausgegangen. Daher muss die Bedeutung dieser Bilder auch jenseits von
liturgischen Riten stabil gewesen sein, zumal ähnliche Darstellungen in sehr unterschiedlichen
Bildmedien überliefert sind.

53
Das Phänomen der Theophanien fand zwar gelegentlich Erwähnung in der Forschung, 4 ist
aber bislang nicht systematisch auf seine Ursprünge, Bedeutung und seinen Einfluss auf die
spätantike Kunstproduktion und Raumgestaltung untersucht worden. Es kann vermutet wer-
den, dass einer wissenschaftlichen Untersuchung theophanischer Bilder bisher die Tatsache im
Weg stand, dass diese keine einheitliche Motivgruppe bilden und daher in ikonographischen
Studien nicht im Zusammenhang behandelt worden sind. Das sie verbindende Moment ist
mehr konzeptueller als formaler Natur. Sie verbindet die Teilhabe an der Visionserwartung, an
dem Interesse der Sichtbarmachung des unsichtbaren Göttlichen. Ein weiterer Grund für das
Fehlen einer holistischen Untersuchung ist die Annahme, dass das zweite mosaische Gebot in
der Spätantike pauschal als Ablehnung sämtlicher Bilder verstanden wurde; dies ist jedoch nur
bei Tertullian nachweislich der Fall und die Bilder in Synagogen belegen, dass lediglich Gottes-
bildnisse von der Darstellung ausgenommen waren. Kaum ein Überblickswerk zu den Anfän-
gen der christlichen Kunst unterlässt es, auf das Bilderverbot hinzuweisen und auf die damit
verbundene Tatsache, dass es in dieser Religion generell keine Bilder hätte geben dürfen? Diese
idealisierte Sichtweise verschleiert allerdings die einzigartige Sonderrolle theophanischer Bilder,
die es nicht hätte geben dürfen. Dem Mythos der generellen Bilderlosigkeit des Christentums
hat bereits 1994 der Historiker Paul Corby Finney in The Invisible God eine Absage erteilt
und damit einen Perspektivwechsel bezüglich der Bedeutung des zweiten Gebots eingeleitet.6
Finneys Untersuchung endet mit dem dritten Jahrhundert und liefert so den Ausgangspunkt
für die vorliegende Erforschung der Götterbilder und des Prozesses der visuellen Annäherung
an das Göttliche.
Ein weiteres historiographisches Phänomen hat dazu geführt, dass die theophanischen
Bilder und ihre Tragweite nicht erkannt wurden. Besonders häufig wurden sie nämlich als

3 Zur Zugänglichkeit der frühen Kirchen von Konstantinopel siehe Mathews, Ihomas F., The Early Churches
of Constantinople: Architecture and Liturgy, University Park: Pennsylvania State University Press, 1971: 22,
8 7 und 94.
4 Zuletzt bspw. Ivanovici, Vladimir, Manipulating Theophany: Light and Ritual in North Adriatic Architecture
(ca. 400- ca. 800), Berlin: DeGruyter, 2016.
5 Bspw. Deichmann, Friedrich Wilhelm, Einführung in die christliche Archäologie, Darmstadt: Wissenschaft-
liche Buchgesellschaft, 1983: 109f., Engemann, Josef, Deutung und Bedeutung frühchristlicher Bildwerke,
Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1997: 7f., Deckers, Johannes G., Die frühchristliche und
byzantinische Kunst, München: Beck, 2007: 1 5f. und Brenk, Beat, The Apse, the Image, and the Icon, Wies-
baden: Reichert, 2010: 58-61.
6 Finney, Paul Corby, The Invisible God. The Earliest Christians on Art, New York: Oxford University Press,
1994.
14 Einleitung

politisch-polemische Angriffe auf den arianischen Glauben gedeutet und erschöpften sich so in
dieser Funktion. Fast der gesamte Korpus der ravennatischen Darstellungen Christi ist wieder-
holt als anti-arianisch gedeutet worden. Thomas Mathews und andere sahen in den anti-ari-
amschen Reden des Athanasius von Alexandria die Grundlage für die Inschrift des Türsturzes
7
der Al-Moallaqa Kirche in Alt-Kairo.8 Jean-Michel Spieser deutet sogar die Bilder der Traditio
Legis als Ergebnis des Arianischen Streits.9 Mariette Verhoeven hat in ihrer rezenten Untersu-
chung zu den Monumenten Ravennas bereits mit diesem weit verbreiteten Forschungsirrtum
aufgeräumt und die Deutung von Bildern der orthodoxen Glaubensgemeinschaft als anti-ari-
11
anisch als „unnötig“ bezeichnet. 10 Sie gibt jedoch keine Erklärung dafür, warum es zu dieser
die Forschung dominierenden Interpretation kam. Den Interpretationen hegt vermutlich die
Sichtweise zugrunde, dass Arianer, die Christus Gottvater subordinierten, Bilder abgelehnt hät-
ten, die ein Interesse an der Visualisierung des göttlichen Christus zeigen. Allerdings erkannten
auch die Arianer die göttliche Natur Christi an.
Es gibt also keinen Grund anzunehmen, dass die Arianer nicht auch genau dieselben Bilder
in ihren Sakralräumen benutzten. Einziger Hinweis auf ikonographische Unterschiede könnte
das Bild des leeren Throns im Baptisterium der Arianer sein. Der Ihron ist visuelles Zeichen
der unsichtbaren göttlichen Präsenz und entgegen der Ausrichtung des im Jordan getauften Je-
sus gedreht. (Abb 1) Man wollte eventuell eine allzu eindeutige Identifikation des historischen
Jesus mit dem Bildzeichen der göttlichen Präsenz verhindern. Das Mosaik des thronenden,
göttlichen Christus auf der Ostseite der Langhauswand von Sant’Apollinare Nuovo, das der
arianischen Ausstattungsphase zugerechnet wird, unterscheidet sich in nichts von einem Bild,
wie es auch die Orthodoxen benutzten. (Abb. 2) Die Darstellungen des christlichen Gottes wa-
ren nicht anti-arianisch, sondern in erster Linie visionäre Bilder des Göttlichen, an dem nach
aktuellem Kenntnisstand vermutlich auch die Arianer keinen Anstoß genommen haben. Auch
die Arianer verehrten Christus als Gott, der mit der Inkarnation seine göttliche Natur erhalten
hatte, und sie hatten ebenfalls ein Interesse an der Visualisierung des unsichtbaren Göttlichen.

Das Phänomen der Epiphanien ist in der Forschung zur antiken Geschichte und Religion gut
in Einzeluntersuchungen behandelt. Besonders Fritz Graf und Elenk Versnel befassten sich mit
antiken Epiphanievorstellungen befasst." Tanja Scheer und Jan Bremmer haben den antiken

7 Siehe bspw. Sörries, Reiner, Die Bilder der Orthodoxen im Kampf gegen den Arianismus: eine Apologie der
orthodoxen Christologie und Trinitätslehre gegenüber der arianischen Häresie, dargestellt an den ravennatischen
Mosaiken und Bildern des 6. Jahrhunderts, Frankfurt- Lang, 1983; Michael, Angelika, Das Apsismosaik von
SantApollmare in Classe. Seine Deutung im Kontext der Liturgie, Frankfurt am Main: Lang, 2005: 228f.
8 Mathews, Thomas F., The Clash of Gods. A Reinterpretation of Early Christian Art (2.“überarbeitete Auflage),
Princeton: University Press, 1999: 117. Zum Türsturz siehe hierzu unten Anm. 665 und 909.
9 Spieser, Jean-Michel, „dhe Representation of Christ in the Apses of Early Christian Churches,“ Gesta 37,
1998: 63-73, bes. S. 63
10 Verhoeven, Mariette, The Early Christian Monuments of Ravenna: Transformatione and Memory, Turnhout:
Brepols, 2011: 137.
11 Versnel, Henk S., „What dtd Ancient Man See When He Saw a God? Some Reflections on
Greco-Roman Epiphany,“ in: Effigies Dei. Essays on the History of Religions, Pias, Dirk van der (Hrsg.),
Leiden: Brill, 1987: 42-55; Graf, Fritz, „Trick orTreat? On Collective Epiphanies in Antiquity,“ Illinois
Classical Studies 29 (= Divine Epiphanies in the Ancient World), 2004: 1 1 1-130. Siehe auch die anderen
Beiträge in diesem Sonderheft zu „Divine Epiphanies in the Ancient World.“
Einleitung 15

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I Kuppelniosaik. Baptisterium der Arianer, Ravenna

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2 Kuppel mosaik, Baptisterium der Orthodoxen, Ravenna


16 Einleitung

Statuenglauben und die Frage der Präsenz der Gotter in ihren Statuen untersucht 1 Eine umfas-
sende Analyse des Themas ist jedoch erst jüngst erschienen: In Divine Epiphanies in Greek Lite-
rature and Culture hat Giorgia Perridou die literarischen und epigraphischen Quellen analysiert
und etabliert die Epiphanie als ganz wesentlichen Modus antiker griechischer Religiosität, der
sich entscheidend auf die kulturelle Produktion der Antike auswirkte. 1 Eine ähnliche Absicht
verfolgt das vorliegende Buch, das die Wirkung von Theophanievorstellungen auf die visuelle
und sakralräumliche Produktion der Spätantike aufzeigen will. Im Unterschied zur christlichen
Spätantike haben sich Epiphanievorstellungen in der antiken Kunst jedoch nur selten in der
visuellen Kultur niedergeschlagen. Stattdessen wurden vorrangig Statuen hergestellt und my-
thologisch-narrative Szenen abgebildet. Das grundlegende Werk zu den antiken epiphanischen
Bildern stammt von Verity Platt, die sich interdisziplinär mit der literarischen und materiellen
Produktion auseinandergesetzt hat. Das Kapitel „Material epiphany: encounrermg the divine in
cult Images“ widmet sich den Kultstatuen, die vor allem Ausdruck und Mittler von Epiphanie-
13
12
vorstellungen waren, sowie amkonischen Formen der Repräsentation des Göttlichen. 14
Gut erforscht sind auch die antiken jüdischen und frühen christlichen Theophanievor-
stellungen in den biblischen Texten und der Apokalyptik. Hervorzuheben ist die Studie von
Thomas Wagner, in der er die Theophaniekonzepte des Alten Testaments und die Rolle der
Käböd, der göttlichen Herrlichkeit, untersucht hat. 15 Die jüdische apokalyptische Tradition
ist beispielhaft von James Charlesworth und Wilhelm Schneemelcher aufgearbeitet worden.16
Der l bergang von antiken griechisch-römischen und jüdischen Konzepten epiphanischer und
apokalyptischer Konzepte ist unter anderem von John Collins, Marco Frenschkowski und Mar-
garet Mitchell bearbeitet worden. 1 Bernard McGinn ist der Wandlung der Offenbarungsvor-
stellungen im frühen Christentum und im Mittelalter nachgegangen, und Bettina Krönung
schließlich hat sich der phänomenologischen Seite, dem Erleben ekstatischer Visionen im spä-
tantiken Mönchtum, gewidmet, ohne jedoch auf die Ursachen für das gesteigerte Interesse am
Visionären einzugehen.18
Marco Frenschkowskis zweibändiges Werk zum Offenbarungsglauben des frühesten Chris-
tentums ist wegweisend für die Untersuchung der spätantiken Visionserwartung. Er legt darin
12 Scheer, Tanja, Die Gottheit und ihr Bild. Untersuchungen zur Funktion griechischer Kultbilder in Religion und
Politik, Beck: München, 2000; Bremmer, Jan, „The Agency of Greek and Roman Statues. From Homer to
Constantine,“ Opuscula 6, 2013: 7-21.
13 Petridou, Georgia. Divine Epiphany in Greek Literatur? and Culture, Oxford: University Press, 2015.
14 Platt, Verity, Pacing the Gods. Epiphany and Representation in Greaco-Roman Art, Literatur? and Religion,
Cambridge: University Press, 2011: 77-123.
1 5 Wagner, Thomas, Die Herrlichkeit Gottes. Bedeutung und Verwendung des Begriffs käböd im Alten Testament,
Leiden: Brill, 2012.
16 Charlesworth, James H., (Hrsg.), The Old Testament Pscudepigrapha. Apocalyptic Literatur? and Testaments,
Bd. 1, Garden City: Doubleday, 1983; Schneemelcher, Wilhelm, Neutestamentliche Apokryphen II, Aposto-
lisches, Apokalypsen und Verwandtes (6. Auflage),Tübingen; Mohr 1997
17 Collins, John J., The Apocalyptic Imagination, New York: Crossroads, 1984; Frenschkowski, Marco, Of-
fenbarung und Epiphanie. Grundlagen des spätantiken und frühchristlichen Offenbarungsglaubens, 2 vols.,
Tübingen: Mohr Siebeck, 1997; Mitchell, Margaret M., „Epiphanie Evolutions in Earliest Christianity,“
Illinois Classical Studies 29 (Divine Epiphanies in the Ancient World), 2004: 183-204.
18 McGinn, Bernard, Visions of the End. Apocalyptic Traditions in the Middle Ages, New York: Columbia Uni-
versity Press, 1979; McGinn, Bernard, „Turnitig Points in Early Christian Apocalyptic exegesis,“ in: Apo-
calyptic Thought in Early Christianity, Daly, Robert J. (Hrsg.), Grand Rapids: Holy Cross, 2009: 81-105;
Krönung, Bettina, Gottes Werk und TeufelsWirken: Traum, Vision, Imagination in der frühbyzantinischen
monastischen Literatur, Berlin: De Gruyter, 2014a.
Einleitung 17

die Voraussetzungen und Beweggründe für den gesteigerten Offenbarungsglauben in der An-
tike dar. Diesen bezeichnet er treffend mit dem Begriff des „Offenbarungshungers“ und stellt
ihn in Abhängigkeit vom Erlöschen der Orakel in der griechisch-römischen und dem Ende der
Prophetie in der jüdischen Tradition. 1 Der „Offenbarungshunger'' hat den Zweck, die Distanz
zwischen Göttlichem und Irdischem aufzuheben, eine Problematik mit der sich auch die neu-
platonischen Philosophen auseinandersetzen. Frenschkowskis Untersuchung endet zeitlich mit
der Abfassung des Neuen Testaments und schließt die materielle Kultur nicht mit ein. Das vor-
liegende Buch will daran anschließend zeigen, dass sich der literarische „Offenbarungshunger“
in der Spätantike zur Visionserwartung, also zu einem Interesse am Visuellen wandelt. Dieses
Interesse fand ein Echo in allen Bereichen kultureller Produktion und erreichte seinen wohl
effektvollsten Ausdruck in den christlichen Theophaniebildern.

Die frühen Bilder Christi standen immer wieder im Fokus der kunsthistorischen Forschung.
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat sich eine Reihe von Untersuchungen ihrer Ent-
stehung gewidmet. Im Jahr 1940 hat Friedrich Gerke eine Studie vorgelegt, die sowohl Bilder
des historischen Jesus als auch überzeitliche, theophanische Motive umfasst. Er lässt die Ent-
19
wicklung mit Bildern Christi als Philosoph beginnen (280-3 10) 20, gefolgt von den Bildern der
Wundertätigkeit (300-360) 21 und Darstellungen der Passionsgeschichte, die Gerke mit „Vic-
toria Christi überschreibt (340—370). 22 Am Ende stehen die Bilder der „Maiestas Domini1
(380—4 10).23 Johannes Kollwitz ging in seinem Eintrag zum „Christusbild“ im Reallexikon für
Antike und Christentum der Entstehungszeit und dem Wandel der einzelnen Motive nach. 24
Problematisch ist hier, dass besonders für die frühe Zeit die Belege für die Existenz einzelner
vermuteter Ikonographien fehlen und die Hypothesen lediglich auf der Existenz von literari-
schen Bildern fußen (bspw. Christus als Chorführer).25 Eine umfassende iko nographische Stu-
die der Motive in der Apsismalerei legte 1960 Christa ihm vor, und in jüngerer Zeit hat Hans
Belting die Herausbildung von Gesichtstypen wunderwirkender Christusbilder untersucht. 26
Emen zentralen Platz in der Untersuchung der Gottesbilder, besonders der hier interessie-
renden nicht-narrativen Darstellungen, nehmen die Bilder der Offenbarung ein. Als einer der
ersten hat Frederic van der Meer eine Genealogie der apokalyptischen Motive etabliert, die
er unter dem Begriff der Maiestas Domini zusammenfasste. Als Maiestas Domini wird in der
Regel ein seit dem frühen Mittelalter festgefügtes Bildschema bezeichnet, das den thronenden
Christus umgeben vom Tetramorph zeigt. Es geht auf spätantike apokalyptische Bildentwürfe
zurück, und als frühestes Beispiel wird gemeinhin eine Miniatur des Gundohinus-Evangeliars
angenommen, das in Kapitel III. 1. ausführlich behandelt wird. In jüngerer Zeit haben sich

19 Frenschkowski, 1997: 88-95.


20 Gerke, Friedrich, Christus in der spätantiken Plastik. Berlin: Kupferberg, 1 940: 5-1 1 .
21 Gerke, 1940: 12-30.
22 Gerke, 1940: 3 1 - 4 8 .
23 Gerke, 1940: 49-71- Die Bezeichnung der Bilder als Maiestas Domini ist irreführend, da mit diesem Be-
griff für gewöhnlich ein ikonographisches Schema bezeichnet wird, das in dieser festen Form nicht vor der
karolingischen Zeit greifbar ist Gerke zählt hierzu vor allem die Bilder der Traditio Legis.
24 Kollwitz, Johannes, „Das Christusbild“, /MC 3, 1957: 2—23.
2 5 Kollwitz, „Das Christusbild1 , RAC 3: 7.
2 6 Ihm, Christa, Die Programme der christlichen Apsismalerei vom vierten bis zur Mitte des achten Jahrhunderts,
Wiesbaden: Steiner, 1960; Belting, Hans, Das echte Bild- Bildfragen als Glaubensfragen, München: Beck,
2005: bes S. 4 5 - 8 5 .
18 Einleitung

Peter Klein und besonders Yves Christe um die Aufarbeitung der apokalyptischen Bilder in
Spätantike und Mittelalter und deren Deutung verdient gemacht 2

Eine wichtige Etappe auf dem Weg zur Erforschung der theophanischen Bedeutung von Got-
tesdarstellungen hat Spieser mit seinem Artikel „The Representation of Christ in the Apses of
Early Christian Churches“ geleistet. Darin wies er darauf hin, dass der bevorzugte Inhalt der
27
Dekorationen von Apsiden „Erscheinungen“ Gottes waren,28 ohne jedoch weiter auf die Be-
deutung und Herkunft dieser Erscheinungen einzugehen. Spieser erkennt in den Bildern eine
allmähliche Entwicklung hin zu Bildern der Göttlichkeit Christi.29 Hieran schloss sich Beat
Brenks Untersuchung zur Apsis als Bildort in The Apse, the Image, and the Icon an, in welcher er
in den Motiven der Apsismosaiken Vorbilder für eine visuelle Verehrung durch den Kirchenbe-
sucher erkennt.30 Während die Apsisbilder laut Spieser in einer ersten Phase die Andersartigkeit
Christi und seine Göttlichkeit betonten (z.B. Traditio-Legis-Sienevt und Apostelkommunion),
entstanden in der Folge Visionsdarstellungen, die Spieser als vom Betrachter zunehmend ent-
fernt charakterisiert (Transfigurationsdarstellungen und Bilder prophetischer Visionen).31 Die-
se Einteilung wird hier hinterfragt werden, denn gerade die Traditio Legis ist ein Paradebeispiel
für eine Theophaniedarstellung. Ferner wird mit Frenschkowski die Ansicht vertreten, dass die
visionären Bilder keineswegs eine zunehmende Distanz zum Betrachter repräsentieren, sondern
vielmehr dem Wunsch und der Erwartung entspringen, diese Distanz zu überwinden.
Sowohl Brenk als auch Spieser bauen implizit oder explizit auf Thomas Mathews’ so ein-
flussreicher wie kontroverser Arbeit zu den Bildern Christi in der Spätantike auf. In The Clash
of Gods legte Mathews eine radikal andere Lesart der Bilder Christi vor, die sich aus dem Re-
pertoire göttlicher Ikonographie, nicht aus der imperialen Ikonographie speisten.32 Er wandte
sich damit gegen die von ihm als „emperor mystique“ bezeichnete Interpretationstradition, die
die Bilder Christi als Erben der Kaiserbilder ansahen. Auch wenn diese Theorie nicht in ihrer
absoluten Formulierung zu halten ist, hat Mathews damit den entscheidenden Beitrag geleistet,
die Bilder Christi als Visualisierungen des Göttlichen zu erkennen. Dass auch die imperialen
Herrschet mir ihrer Bildpolitik das Ziel verfolgten, sich oder ihre Vorfahren gottgleich erschei-
nen zu lassen, wird in Kapitel JJ.2. behandelt und zeigt, dass die „imperialen’ Deutungen nicht
zwingend im Widerspruch zum Verständnis der Bilder Christi als Theophanien stehen müssen.
Mathews hat die Augen dafür geöffnet, wie sehr die spätantike Bildproduktion an Strategien
der Theophanisierung interessiert war, die nun im vorliegenden Buch erforscht werden.

27 Klein, Peter K., „The Apocalypse in Medieval Art,“ in: The Apocalypse in the Middle Ages, Emmerson, Ri-
chard Kenneth; McGinn, Bernard (Hrsg.), Ithaca: Cornell University Press, 1992: 159—199; Christe, Yves,
LApocalypse de Jean. Sens et developpements de ses visions synthetiques, Paris: Picard, 1996.
28 „It may, then, be no coincidence that the last third of the fourth Century witnessed the development of
images that no longer showed Christ as a mere magician holding his rod in order to perform miracles, as
sarcophagus reliefs and catacomb frescoes did earlier. This older iconography can be linked to that of Mo-
ses holding his rod, showing that it was the miracle-worker who was represented. The new images instead
emphasize his appearance.“ (Spieser, 1998: 67).
29 Spieser, 1998: 65.
30 Brenk, 20 1 0 : 7 9 ; 85f.
31 „It is no longer possible to see hirn [Christ] seated in a space that could be perceived as a continuation of
the space in which the believer is Standing.“ (Spieser, 1998: 70). Siehe hierzu auch jüngst Spieser, Jean-
Michel, L’image du Christ: Des catacombes aux lendemams de l’iconoclasme, Geneva: Droz, 2015: 376f.
32 Mathews, Thomas E , The Clash of Gods. A Reinterpretation of Early Christian Art, Princeton: University
Press, 1993.
Einleitung 19

Das Phänomen der göttlichen Visionen ist in der Spätantikeforschung nicht unbekannt, jedoch
bislang nicht in einer Monographie bearbeitet worden. Im Folgenden soll kurz die Forschungs-
geschichte der Visionsbilder umrissen werden, bevor abschließend die Rolle der Liturgie und
der Eschatologie in der Forschung dargelegt wird.
Grundlegendende Liberlegungen zu Theophanien sind bereits in den Publikationen von
Andre Grabar gemacht worden. Von Maria Giovarma Muzj ist sogar eine historiographische
Monographie zum TheophaniebegrifF in Grabars Werk erschienen.33 Grabar untersuchte im
zweiten Band seines epochalen Werks Martyrium neben den koptischen Kapellen in Bawit und
Saqqara zwei Gruppen von Fheophaniebildern: Bilder, die sich auf die loca sancta des Fleiligen
Landes beziehen und Szenen des historischen Jesus - Kindheit, Passion und Wunder. Letztere
Gruppe wird in der vorliegenden Studie nicht behandelt, da sie den historischen Jesus, nicht
die überzeitliche Theophanie des göttlichen Christus zum Thema haben. Grabars Hauptinte-
resse gilt den Wurzeln der christlichen (Theophanie-)Ikonographien. Die beiden wichtigsten
Quellen hierfür sind für ihn die antiken Kaiserbilder und die loca sancta selbst.34 Die Heiligen
Orte, so Grabar, seien die Vorbilder der einzelnen rkonographi sehen Entwürfe.35
In den vergangenen Jahrzehnten hat die Beschäftigung mit Visionen in der spätantiken
Kunst zugenommen. In der Forschung zum westlichen Mittelalter sind wichtige Werke von
37
Peter Dinzelbacher, Barbara Newman und David Ganz erschienen.36 Ganz hat mit Medien
der Offenbarung eine detaillierte Kulturgeschichte der Visionen im Mittelalter vorgelegt. Er
diskutiert darin unter anderem die mittelalterlichen Apokalypsezyklen und die veränderten
Visionsdarstellungen ab dem 13. Jahrhundert (u.a. die Bilder der Franziskuslegende). Zeirlich
stellt das vorliegende Buch die Vorgeschichte zu den von Ganz untersuchten Phänomenen dar.
Für die Erforschung des Visionären in der Spätantike sind zwei Sammelbände hervorzu heben:
Seeing the Invisible in Late Antiquity and the Early Middle Ages vereint eine Reihe namhafter
Forscher, die sich mit der Darstellbarkeit des Unsichtbaren auseinandergesetzt haben.38 Der
vor einigen Jahren erschienene Sammelband, Looking Beyond: Visions, Dreams, and Insights in
Medieval Art and History hat sich gezielt das Phänomen von Visionen zum Fhema gewählt.39
Darin führt Eric Palazzo l Verlegungen zum Verhältnis von Liturgie und Visionen aus und
vermerkt das überraschende Fehlen von Referenzen auf Liturgietexte in den Quellen. 40 Diese
33 Muzj. Maria Giovanna, Visione e presenza. Iconografia e teofania nel pensiero di Andre Grabar, Mailand:
Matriona, 1995.
34 Zur imperialen Ikonographie siehe bspw. Grabar, Andre, L’empereur dans l’art byzantin. Recherches sur l’art
officiel de l’empire d’Orient, Paris: Les helles lettres, 1936.
35 Grabar, Andre, Martyrium. Recherches sur le culte des reliques et l’art chretien antique Iconographie, Bd. 2,
Paris: College de France, 1946: bes. S. 130 und 158. Zu S. Pudenziana siehe Grabar, 1946: 165 und ähn-
lich William Loerke in Loerke, William C., „Real Prestnce in Early Christian Art,“ in: Monasticism and the
Arts, Verdon, Timothy (Hrsg.), Syracuse: Syracuse University Press, 1984: 29—51.
36 Dinzelbacher, Peter, Vision und Visionsliteratur im Mittelalter, Stuttgart: Hiersemann, 1981; Newman,
Barbara, „What Did It Mean to Say ,1 Saw'? The Clash between Theory and Practice in Medieval Visionary
Culture,“ Speculum 80, 1, 2005: 1-43.
37 Ganz, David, Medien der Offenbarung. Visionsdarstellungen im Mittelalter, Berlin: Reimer, 2008.
38 Nie, Giselle de; Morrison, Karl E ; Mostert, Marco, (Hrsg.), Seeing the Invisible in Late Antiquity and the
Early Middle Ages. (Utrecht, 11— 13 December 2003), Turnhout Brepols, 2005.
3 9 Hourihane, Colurn, (Hrsg.), Looking Beyond: Visions, Dreams and Insights in Medieval Art and History,
Princeton’ University Press, 2010.
4 0 Palazzo, Eric, „Visions and Liturgical Experience in the Early Middle Ages,“ in: Looking Beyond: Visions,
Dreams and Insights in Medieval Art and History, Hourihane, Colum (Hrsg.), Princeton: University Press,
2010: 15-29: 16.
20 Einleitung

Quellenlage ist von Marcello Angheben bestätigt worden, der nachzeichnet, dass erst im hohen
Mittelalter liturgische Momente in visionären Darstellungen nachweisbar sind.’ Die liturgi-
sche Deutung theophanischer Bilder stellt dieser Erkenntnis zum Frotz einen starken Strang
in der Forschung zur spätantiken visuellen Kultur dar. Kürzlich hat Tobias Frese den Versuch
41
43
unternommen, spätantike Apsisbilder als Illustrationen eucharistischer Riten zu deuten 42 und
Vladimir Ivanovici hat jungst einen Beitrag zur Rolle des Lichts in der Liturgie vorgelegt?
Im vorliegenden Buch wird entgegen der liturgischen Deutungen gezeigt, dass die Eucharistie
und Theophaniebilder lediglich unabhängige Repräsentationsformen der göttlichen Präsenz
sind, nicht aber Illustrationen des jeweils anderen. Die Forschung hat hier die Logik verkehrt:
Zwar verfügt die Liturgie über ein starkes theophanisches Moment, aber das Theophamsche ist
darum nicht liturgisch.
In einem weiteren Beitrag des Sammelbands Looking Beyondhat Ann Marie Yasin die spä-
tantiken Apsismosaiken untersucht und deren theophanischen Charakter betont.44 Ihr Interes-
se gilt der Einfügung historischer Persönlichkeiten der Zeit in Bildern in Form figürlicher Dar-
stellungen oder mittels einer Inschrift. Yasin erkennt einen Bruch zwischen den Bildebenen,
die die historische Gegenwart visualisieren und der paradiesisch-eschatologischen Christussze-
nen.45 Die eschatologische Deutung nicht-narrativer Bilder ist noch ungleich weiter verbreitet
als liturgische Deutungen und hat verstärkt in den vergangenen Jahrzehnten Konjunktur. Ein
wichtiges Ziel des vorliegenden Buchs ist es, diese eschatologische Deutung der spätantiken
nicht-narrativen Bilder zu widerlegen und sie stattdessen als Bilder gegenwärtiger Erscheinun-
gen zu charakterisieren. Auf diese Weise muss in den Darstellungen historischer Persönlichkei-
ten in Kombination mit einer theophanischen Szene kein Bruch gesehen, sondern kann eine
kohärente Zeitvorstellung erkannt werden. Beide Bildebenen visualisieren die Gegenwart.
Eine wichtige Monographie, die den eschatologischen Deutungsansatz zementiert hat, ist
der 1989 erschienene Band Eschatological Thought in 4th-Century Apses and Catecheses von Geir
Hellemo.46 Dieser verbindet die fruchtbare gemeinsame Erforschung von Bildern und Texten,
leitet aber aus der Tatsache, dass eschatologische Themen in Texten verhandelt wurden, ab,
dass auch die spätantiken Apsisbilder diese gezeigt hätten. Beispielsweise deutet er die Wolken,
auf denen Christus in S. Costanza erscheint, ohne innerbildliche Belege als Anspielungen auf
die Morgensonne und die eschatologische Wiederkehr Christi. 4 (Tf. 7) Schon Grabar hatte in
seiner kurzen Untersuchung zu byzantinischen Darstellungen des Himmels die Überlegung ge-
äußert, dass nur schwer unterschieden werden könne, ob es sich bei diesem Motiv um die Ge-
genwart oder aber die eschatologische Zukunft handele.48 Die spätantiken Mosaizisten hätten
41 Angheben, Marcello, „Les theophanies composites des arcs absidaux et la liturgie eucharistique,“ Cahiers de
civilisation medievale 54, 201 1: 1 13-142: 141.
42 Frese, Tobias, Aktual- und Realpräsenz. Das eucharistische Christusbild von der Spätantike bis ins Mittelalter,
Berlin: Gcbr. Mann, 2013.
43 Ivanovici, 2016. *
44 Yasin, Ann Marie, „Making Use of Paradise: Church Benefactors, Heavenly Visions, and the Late Antique
Commeniorative Imagination,“ in: Looking Beyond:Visions, Dreams and Insights in Medieval Art and His-
tory, Hourihane, Coluin (Hrsg.), Princeton: University Press, 2010: 39-57.
45 Yasin, 2010: 39 und 44.
46 Hellemo, Geir, Adventus Domini: Eschatological Thought in 4th-century Apses and Catecheses, Leiden: Brill,
1989.
47 Hellemo, 1989: 73f. und 88.
48 Grabar, Andre, „Liconographie du Ciel dans Part chretien de l’antiquite et du haut Moyen Age,“ Cahiers
archeologiques. Fin de lAntiquite et Moyen Äge 30, 1982: 5-24.
Einleitung 21

nicht die Mittel besessen, diese Unterscheidung ins Bild zu übertragen. Diese Ansicht tut den
spätantiken Bildschöpfern sicherlich Unrecht, die weite Teile der theophanischen Bildsprache
auf sehr überzeugende Weise neu schufen. Grabar bezieht sich hier auf die von Christe ange-
regte Diskussion über die Zeitlichkeit der Bilder der Apokalypse.49 Christe hat in vielen Arti-
keln und Monographien versucht, die eschatologischen Tendenzen in der Forschung zugunsten
präsentischer Interpretationen umzukehren.50 Doch erst in jüngster Zeit finden seine Thesen
zur Zeitlichkeit spätantiker und mittelalterlicher Bilder der Apokalypse in der Forschung Be-
achtung. Beispielsweise rezipiert Erik Thune Christes „apokalyptische Ecclesiologie“ in seinem
neuesten Buch zu den Apsismosaiken im frühmittelalterlichen Rom.51 Er bleibt darin zwar bei
einer endzeirlichen Deutung der Mosaiken, räumt aber präsentische Aspekte ein.52
Eschatologische Deutungen finden sich in fast allen neueren Arbeiten zu spätantiken nicht-
narrativen Bildern (narrative Darstellungen der Wunder, Passion Christi werden natürlich vor-
rangig als Verbildlichungen historischer Erzählungen gedeutet). Die extreme Häufung macht
es unmöglich, eine vollständige Liste anzufertigen.53 Shigebumi Tsuji schrieb jüngst in einem
Aufsatz zu visionären Erscheinungen Folgendes über die Stirnwandmosaiken von San Michele
in Africisco: „Since all diese figures are represented hovering on undulating clouds, it is beyond
55
doubt that this is the scene of die Second Coming of Christ.“ 54 Die Darstellungen von Wolken,
die Grabar noch zu einem abwägenden Innehalten bewegt hatte, werden als eindeutige visuelle
Zeichen der zweiten Wiederkunft gelesen. Eschatologische Deutungen werden nur selten wis-
senschaftlich begründet, sondern meist als gegeben vorausgesetzt. Dies wird auch in der neuen
Forschung zum spätantiken Ravenna deutlich. In den vergangenen Jahren ist nach vielen Jahr-
zehnten der Pause wieder eine überraschende Fülle von Büchern zur Kunst und Architektur
der Stadt an der oberen Adria publiziert worden.5'’ Hier haben sich auf engstem Raum eine
große Zahl musivischer dheophaniebiid in situ erhalten. Jutta Dresken-Weiland charakterisiert

49 Eine Zusammenstellung der verschiedenen Positionen findet sich in Petraglio, R., (Hrsg.), L’Apocalypse de
Jean. Traditions exegetiques et iconograpbiqu.es (Ille-XIIIe siecles), Genf Droz, 1979.
50 Bspw. Christe, Yves, „Apocalypse et Interpretation iconographlque: Quelques remarques liminaires sur
les images du Regne de Dieu et de l’eglise ä l’epoque paleochretienne,“ Byzantinische Zeitschrift 67, 1974:
92-100; Christe, 1996.
51 Thuno, Erik, The Apse Mosaic in Early Medieval Rome: Time, Network, and Repetition,Cambridge: Univer-
sity Press, 2015. 74-81.
52 Ihuno, 2015: 80 und 96-98.
53 Bspw. Ihm, 1960: 37 und 76-79; Dinkler, Erich, Das Apsismosaik von Sant’Apollinare in Classe, Köln:
Westdeutscher Verlag, 1964: 86; Nikolasch, Franz, „Zur Deutung der Dominus-legem—dat—Szene,“ Rö-
mische Quartalschrift 64, 1969: 35-73, bes. S. 69; Engemann, Josef, „Images parousiaques dans l’art pale-
ochretien,“ in: L’Apocalypse de Jean. Traditions exegetiques et iconographiques (Ille-XIIIe siecles), Petraglio, R.
(Hrsg.), Genf: Droz, 1979: 73-107, bes. S. 78; Herrmann, John; Hoek, Annewies van den, „Apocalyptic
Themes in the Monumental and Minor Art of Early Christtanity,“ in: Apocalyptic Thought in Early Christi-
anity, Daly, Robert J. (Hrsg.), Grand Rapids: Baker, 2009: 33-80 55; dhuno, 2015: 80; Sitz, Anna, „Great
Fear: Epigraphy and Orality in a Byzantine Apse in Cappadocia,“ Gesta 56, 1, 2017: 5-26, bes. S. 19.
54 Tsuji, Shigebumi, „The Starry Night: Art Betöre the Era of the Icon,“ Convivium 2, 1, 2015: 149-165,
ZitatS. 157.
55 Mauskopf Deliyannis, Deborah, Ravenna in Late Antiquity, Cambridge: Cambridge University Press,
2010; Verhoeven, 2011; Jäggi, Carola, Ravenna. Kunst und Kultur einer spätantiken Residenzstadt, Regens-
burg: Schnell und Steiner, 2013; Dresken-Weiland, Jutta, Die frühchristlichen Mosaiken von Ravenna. Bild
und Bedeutung, Regensburg: Schnell und Steiner, 2016, Herrin, Judith; Nelson, Jinty, Ravenna: Its Role in
Earlier Medieval Change and Exchange, London- University of London Press, 2016.
22 Einleitung

die Ausstattung des Mausoleums der Galla Placidia als „eindeutig eschatologisch“ und auch
Carola Jäggi deutet das Apsisrnosaik von Sant Apollinare in Classe in Anlehnung an Yasin als
Synthese historischer und eschatologischer Darstellungsebenen und das zentrale Kreuz als es-
chatologisches Zeichen der Wiederkunft des Weltenrichters.' Eschatologische Anspielungen
können nicht in allen Fällen völlig von der Hand gewiesen werden - die spätantike Kunst ist
in einzigartiger Weise polyvalent. Dennoch ist neben der Entdeckung der \ isionserwartung
und ihres Einflusses auf die visuelle Produktion der Spätantike wichtiges Ziel des vorliegenden
Randes, die in der Forschung bevorzugte „Eschatologisierung umzukehren

Leslie Brubaker und John Haldon haben in ihrer Untersuchung zum byzantinischen Ikono-
klasmus hervorgehoben, dass im frühen Byzanz Visionen für die Präsenzerfahrung des Gött-
lichen weitaus einflussreicher waren als Portraitikonen. Das vorliegende Buch möchte dieser
eminenten Bedeutung der theophanischen Visionen und ihrer Bilder endlich eine wissen-
schaftliche Untersuchung widmen. In einem Dreierschritt wird zunächst das Phänomen der
Visionserwartung, die Vorstellungen von der Sichtbarwerdung des Göttlichen, in Texten ana-
lysiert. In einem zweiten Schritt werden die neuen Bildformen und die visuellen Innovationen
untersucht, die eine Visualisierung des Göttlichen erlaubten. Schließlich werden die Rahmen-
bedingungen für die Präsenzerfahrung ermittelt, insbesondere die Auffassung der Zeitlichkeit
dieser Bilder und die Inszenierung der visionären Präsenz in Sakralräumen durch Licht, Bilder
und Einbauten.

56 Dresken—Weiland, 2016. 55.


57 Jäggi, Carola, „Ravenna in thc Sixth Century the Archaeology of Change,“ in: Ravenna: Its Role in Earlier
Medieval Change and Exchange, Herrin, Judith; Nelson, Jinty (Hrsg.), London: Üniversity of London
Press, 2016: 87-1 10, bes. S. 103.
58 „The sacred portrait would remain far less important than [...] visions as a means of accessing holy pre-
sence.“ (Brubaker, Leslie; Haldon, John, Byzantium in the Iconoclast Era c. 680—850. A History, Cambridge:
Umversity Press, 2011: 62.) Ähnliches formuliert Brubaker auch in Bezug auf die Mosaikausstattung von
Hagios Demetrios in Thessaloniki: „Images were not locations of saintly power. Ihe saint did not work
through his image, but through his physical appearance, usually in a dream or vision.“ (Brubaker, Leslie,
„Elites and Patronage in Early Byzantium: The Evidence From Hagios Demetrios at fhessaloniki,“ in:
Elites Old and New in the Byzantine and Early Islamic Near East, The Byzantine and Early Islamic Near East,
Haldon, John; Conrad, Lawrence (Hrsg.), Darwin: Princeton, 2004: 63-90, Zitat S. 82).
I. Visionserwartung

Die Herausbildung der Visionserwartung

Das spätantike Christentum war Teil einer Kultur, die es gewohnt war, das Göttliche in Bildern
begreiflich zu machen. Vorstellungen des Numinosen wurden so sehr von anthropomorphen
Bildern beherrscht, dass Cicero den Stoiker Quintus Lucihus Baibus im dritten Buch Über die
Natur der Götter sagen lässt: „Nichts ist schwieriger als den Verstand von der Gewohnheit zu
befreien, sich aut die Augen zu verlassen/ Eine Religion, deren Gott nicht dargestellt werden
konnte, stand in dieser Kultur unweigerlich vor einem Erklärungsproblem.

Der christliche Gott, auch wenn er unsichtbar war, musste verstanden werden. Sowohl Chris-
ten als auch Heiden wollten sich ein Bild von diesem neuen Gott machen. Deshalb nahm sich
Klemens von Alexandria (t um 215) in den Ermahnungen an die Griechen vor: „Ich will dir den
59
Logos und die Mysterien des Logos zeigen und in deinen eigenen Bildern erklären.“60 Schon
die frühen Katakombenmalereien Roms bezeugen den Wunsch der Christen, ihren Gott zu
visualisieren.61 Paul Corby Finney hat gezeigt, dass dieser Wunsch nach materiellen Ausdrucks-
formen des unsichtbaren Gottes nicht erst eine späte Kontaminierung der christlichen Kultur
war, sondern bereits seit dem zweiten Jahrhundert bestand.62
Ebenso wie in den materiellen Zeugnissen äußert sich der Wunsch, Gott zu sehen, auch in
den frühen apologetischen Schriften. Verschiedene Quellen berichten, dass ihre Autoren nach
einem Bild des christlichen Gottes gefragt wurden. Offenbar wurde eine Diskrepanz zwischen
der Erwartung der Zeitgenossen und dem christlichen Kult verspürt. Eine Passage aus Minu-
cius Felix Werk Octavius (um 200?) bezeugt dies. Der Christ Octavius halt dem Vorwurf, die
Anhänger der neuen Religion würden ihren Gott verstecken, entgegen: „Glaubst du denn, dass
wir verstecken, was wir verehren, weil wir keine Tempel und Altäre haben? Welches Bild sollte
ich Gott auch schaffen, denn, wenn du richtig nachdenkst, so ist der Mensch selbst das Bild
Gottes.“6 ' Auch Theophilos von Antiochia berichtet im zweiten Jahrhundert davon, dass er
nach einem Bild für seinen Gott gefragt wurde. Dem fragenden Autolykos erwidert Theophi-
los: „Zeig mir dich selbst und ich zeige dir meinen Gort “64

59 „Nihil est difficilius quam a consuetudine oculorum aciem mentis abducere.“ (Cicero, De natura Deorum
2.17; Plasberg (Hrsg.), Leipzig: Teubner, 1917: 66; LCL 268: 164.) Im Folgenden stammen alle Überset-
zungen vom Autor, sofern nicht anders vermerkt.
60 Asi/co ooi töv Aöyov Kal tut) Aöyou ta pvotqpta, Kara if|V of]v öiqyoüptvoi; siKÖva. (Klemens von Alexan-
dria, Protreptikos 12.1 19.1; Stählin (Hrsg.), Leipzig: Hinrichs, Bd. 1, 1905: 84).
61 Fiocchi Nicolai, Vincenzo; Bisconti, Fabrizio; Mazzoleni, Danilo, The Christian Catacombs of Rome: His-
tory, Decoration, Inscriptions, Regensburg: Schnell & Steiner, 1999: 71-146. Zu einzelnen Motiven in der
frühchristlichen Katakombenmalerei, etwa der Auferweckung des Lazarus seit der Mitte des dritten Jahr-
hunderts siehe Dresken-Weiland, Jutta, Bild, Grab und Wort. Untersuchungen zu Jenseitsvorstellungen von
Christen des 3. und 4. Jahrhunderts, Regensburg: Schnell & Steiner, 2010: 213—232.
62 Finney, 1994, bes. 286f
63 ,.1’utatis autem nos occultare quod colimus, si delubra et aras non habemus? Quod enim simulacrum Deo
fingam, quum, si recte existimes, sit Dei homo ipse simulacrum?“ (Minucius Felix, Octavius 32; PL 3: 339;
Beaujeu (Übers.), Paris: I.es belles lettres, 1964: 54.)
64 Aci/öv pot töv avOpcottöv crov Kay® aot <5e[/(» töv Oeöv pou. (Theophilos von Antiochia, Ad Autolycum
1.2.1; Otto (Hrsg.), Jena: Mauke. 1861: 4). Vergleichbares auch bei: Theophilos, Ad Autolycum 1 5.1.
24 Visionserwartung

In den folgenden Jahrhunderten wurde dieser Erklärungsmodus - das Bild Gottes sei in sei-
ner Schöpfung zu erkennen - immer wieder bemüht. Voraussetzung hierfür ist, dass sich Gott
nur in indirekten Offenbarungen manifestiert und die sichtbare Schöpfung darum als Ersatz
für die Anikonizität des „unsichtbaren Gottes“ (aöpuroc 0£Ög) dient.6' In der griechischen Vita
des Mönches Pachomios (entstanden um 365, B H G 1396) antwortete dieser einem Bruder:
„Was gibt es größeres als eine solche Vision: den unsichtbaren Gott zu sehen in einem sichtba-
65
ren Menschen, der sein Tempel ist?“66 Allerdings war Pachomios nicht nach einem Bild Gottes
gefragt, sondern gebeten worden, eine seiner Visionen zu erzählen. Während die apologetischen
Schriften vor allem den Wunsch der Zeitgenossen reflektieren, sich ein imaginäres oder reales
Bild des christlichen Gortes machen zu können, rückt seit dem vierten Jahrhundert die Frage
nach real erfahrbaren Visionen und Erscheinungen Christi in den Vordergrund. Das Interesse
an der äußeren Erscheinung des historischen Jesus nahm ab und an diese Stelle trat der Wunsch
Christi Erscheinen in Form von Theophanien zu visualisieren. Nachdem der Status Christi als
Gott im Verlauf der ersten christlichen Jahrhunderte etabliert worden war, verschob sich das
Interesse der Zeitgenossen hin zu einer stärkeren Beschäftigung mit seiner göttlichen Natur
und deren Manifestierung.67
Reflexe des Wunsches nach Fheophanien erscheinen in unterschiedlichen literarischen Gat-
tungen. Eine gewisse Paulina, über die nur bekannt ist, dass sie eine „religiosa famula Dei“68
war, hatte eine Anfrage an Augustinus gestellt, auf die noch mehrmals zuruckzukommen sein
wird. Sie wollte wissen, warum in der Schrift einerseits zu lesen ist, dass Gott nicht gesehen
werden kann, er andererseits aber von vielen Personen, besonders den Propheten, nachweislich
gesehen wurde. Augustinus (354-430) verfasste daraufhin das Buch über die Gottesschau (ep.
71
70
147), in dem er darlegt, auf welche Weise Gott gesehen werden kann.69 Auch Gregor von Nys-
sa (t um 394) thematisierte das Verlangen nach Theophanien in der von ihm verfassten Vita
Moysis. Er unterstellte dem alttestamentlichen Patriarchen den starken Wunsch, Gott unbe-
dingt sehen zu wollen ' Diese Passage reflektiert allerdings weit mehr den Ansatz des Verfassers
der Vita als den mosaischen Text. In einer direkten Frage, wie die Sichtbarkeit Gottes durch
Visionen erreicht werden könne, wandte sich ein Unbekannter in einer Wechselrede aus dem
sechsten Jahrhundert an einen syrischen Mönch: „Auf welche Weise kann ein solcher [Mönch]
sich dem geistigen Sehen widmen“ Die Antwort lautet, dass dies die Schriften gezeigt haben,
wie schon die fromme Paulina bemerkt hatte. Im Anschluss zählt der antwortende Mönch eini-

65 Vita des Pachomios, Vita Prima 22 (Halkin, Francisci (Hrsg.), Brüssel: Societe des Bollandistes (= Subsidia
Hagiographien 19), 1932: 14).
66 Opaparog yäp totohtou rt pcii ov eotiv, töv äöparov 0eöv ev öpartb avOpajircp vaeö amoö iöstv.
Vita Pachomii (Vita Prima) 48. (Halkin (Hrsg.), 1932: 30-31).
6 7 Die göttliche Natur Christi wurde unter anderem auf dem Konzil von Nikaia (325) verhandelt. Siehe
hierzu unten Anm. 466.
6 8 Augustinus, Ep. 147, 1 (CSEL 44: 274; Naab, Erich, Augustinus. Über Schau und Gegenwart des unsichtba-
ren Gottes. Texte mit Einführung und Übersetzung, Stuttgart: Frominann, 1998: 118).
6 9 CSEL 44: 274-331. Tertullian widmet sich ebenfalls der Diskrepanz zwischen der Unsichtbarkeit Gottes
und den prophetischen Berichten von Theophanien (Adversus Praxean 14; F C 34: 162-169; siehe unten).
70 Kat roitro ßoiWtai f| roXpqpa tc Kai ttaptovoa roüg öpovq tiR örtOvpiai; airpatg rö pf] Ötä KaröttTpcov
Ttvcöv Kai sptpdoEorv a/J.ä Kara apöooinov äao/.aiicsai toi) Ka/./.oi) . f] ö£ Osia ipoivf] ÖiSoioi rö airpOev, 5t’
®v ÖTtavaiverai, ev öXtyotg roic pqpaatv äperppTOV ttva ßvOöv voqpaTtov TtapaöstKvvouaa. (Gregor von
Nyssa, Vita Moysis 2.232; S C 1: 266).
71 rioicp rpoiap otpsi/aa ö totoürog 7ipoocyr.iv rfj Oecopta; (Guy, Jean-Claude, „Un entretien monastique sur la
contemplation,“ Recherches de Science Religieuse 5 , 1962: 230-241, Zitat: S. 234).
Visionserwartung 25

gc Beispiele biblischer Theophanien auf und empfiehlt, sich in diese Bilder hinein zu vertiefen,
um dann selbst Visionen zu erfahren. ' Weniger spezifisch formuliert es der Mönch Arsenios,
der bestätigt: „Wenn wir Gott suchen, erscheint uns Gott." Weiter gingen die ägyptischen
Anthropomorphiten, die den Status Christi als Bild Gottvaters auf Erden deuteten und explizit
73
72
die Überzeugung vertraten, die visio Dei sei in diesem Leben durch Beten zu erreichen.74
Der Wunsch nach göttlichen Visionen war auch Antrieb für Pilgerreisen. Ein weiteres Do-
kument aus dem sechsten Jahrhundert berichtet von Bischof Paulus und dem Presbyter Johan-
nes, die Theophanien erleben wollten. Sie gingen zu den einsamen Mönchen in die Wüste und
77
76
auf die Berge um Gott zu sehen, denn „dort wohnt Gott“.75 Die beiden Kleriker waren nicht
mehr nur daran interessiert, sich ein Bild von Gott zu machen - sie hatten vermutlich bereits
eine genaue Vorstellung von dem, was sie zu sehen hofften. Um ihre Visionserwartung zu er-
füllen, suchten sie Orte auf, an denen Theophanien als besonders wahrscheinlich galten, bei
asketischen Mönchen (besonders den Anachoreten), in Wüsten und auf Bergen.
Geradeheraus formuliert die Grabinschrift des Römers Claudius Callistus (frühes 4. Jh.)
den Wunsch Gott zu sehen Callistus hatte den „höchsten Namen“ (d.i. Gott) vor Augen; ohne
ihn allerdings zu Lebzeiten gesehen zu haben, starb er mit dem Wunsch, Gott nun nach dem
Tode zu sehen (Deum videre cupiens [...] obiit).7(' (Abb. L I ) Finney analysiert die Inschrift im
letzten Kapitel seines Buchs The Invisible God über die vorkonstantinische christliche Bildpro-
duktion. Anstatt jedoch die Inschrift als ernstgemeinten Ausdruck spätantiker Vorstellungen
zu werten, interpretiert Finney die Aussage metaphorisch als Wunsch nach der Erkenntnis
79
(„Cognition“) Gottes in dessen Schöpfung:78 „Surely he must have known, based simply on the
populär wisdom of bis day, that his chances of seeing God were approximately nil.“ Dieser
Auffassung muss widersprochen werden. Zunächst ist einzuwenden, dass der Wunsch nach
einem kognitiven Verständnis von Gott nach dem Tod wenig sinnvoll erscheint. Vielmehr ist
plausibel, dass die Inschrift spätantike Vorstellungen des Theophanischen äußert, die sehr wohl
von der Möglichkeit Gott zu sehen erfüllt waren.
Die theoretische Frage nach der Möglichkeit von Theophanien wurde von den Tfheologen
aufgegriffen und lebhaft diskutiert. Augustinus beispielsweise änderte während seiner Karriere
seine Meinung, ob der Mensch zu Lebzeiten in den Genuss der göttlichen Vision kommen

72 Zu den monastischen Praktiken der Kontemplation und Ekstase siehe Krönung, Bettina, „Ecstasy as a
Form of Visionary Experience in Early Byzantine Monastic Literature,“ in: Dreaming in Byzantium and
Beyond, Angelidi, Christine; Calofonos, George T. (Hrsg.), Farnham: Ashgate, 2014b: 35—52.
73 ’Ectv röv Oeöv uptiiatöpcv (pavqaetai qpiv. (Sprüche der Wüstenväter (systematische Sammlung) 1 1.5; SC
474: 138.)
74 Patterson, Paul A., Visions of Christ. The Anthropomorphite Controversy of399 CE, Tübingen: Mohr Siebeck,
2012: 152. Zur Technik des „reinen Betens“ siehe Patterson, 2012 40-47.
75 "ELeyev ev EaüTÖ E spyopai 15sTv röv 0söv ev toig povayoiq toi" töia ouoiv, ev rate epqpoiq Kai ev toic
öpEGtv sv aütoig yäp KataotKei o 0eög. {Das Leben des Bischofs Paulos und des Presbyters Johannes,3; Papa-
dopoulos- Kerameus, Athanasius, (Hrsg.), Analecta, Bd. 5, Sankt Petersburg: Kirvaoum, 1898: 368-383,
Zitat: S. 370).
76 „Nomen dignitatis eximium laudemq(ue) superbam | Deum videre cupiens vidit nee frunitus obiit.“ {CIL
6.31965; 7ZCV298; ICVR 3.8470) Der Eintrag im CIL schlägt folgende Lesart vor: „Callistus vidit (= ante
oculos habuit) nomen dignitatis eximium laudemque superbam, neque tarnen ea fruitus est, sed deum
videre cupiens obiit.'
77 Finney, 1994: 275-280.
78 Finney, 1994: 279.
79 Finney, 1994: 277.
26 Visionsetwartung

kann; während er es zunächst bejahte, sprach er sich am Ende seines Lebens dagegen aus. Ein
Überblick über die Aussagen, die in Kapitel 1.3. behandelt werden, kommt jedoch zu dem
Schluss, dass das Erleben einer dheophanie ein durchaus real erwartbarer Zustand war. Die
nachfolgende Untersuchung zum Status der Visionen im antiken und spätantiken Verständnis
der Kulturen des Mittelmeerraums zwingt zu einer neuen Sicht auf dieses kulturelle Phänomen
und die damit eng verknüpfte Bildproduktion.

1.1. Epiphanien: Vorstellungen von der Erscheinung des Göttlichen


in der griechisch-römischen Antike

Formen der Epiphanie

Die Visionserwartung spätantiker Christen, die verstärkt ab dem vierten Jahrhundert in den
Schriftquellen zu beobachten ist. hat Vorläufer in der griechisch-römischen Kultur. Marco
Frenschkowski spricht allgemein von „der Sehnsucht des antiken Menschen nach dem Deus
81
praesens“.80 Ton io Hölscher hat kürzlich die Weihestatuen im antiken Griechenland als präsen-
te Akteure und ihre Interaktion mit den Menschen als ein „Leben mit Bildern“ beschrieben.
Im folgenden Abschnitt sollen theophanische Vorstellungen in der griechisch-römischen Kul-
tur anhand von Quellen kurz skizziert werden Ich beschränke mich auf Momente des Erschei-
nens und Handelns antiker Gottheiten im Beisein von Sterblichen. Orakel und wundersame
Zeichen, die eine große Rolle in der antiken Gesellschaft und Politik spielten, werden an dieser
Stelle nicht einbezogen Das Erscheinen der Götter wurde von den Griechen mit dem Wort
ETtupcivsia (epiphaneia) bezeichnet.82 'EniipavEta drückte die Sichtbarwerdung der Gottheit aus.
In der Forschung zu den antiken Gottheiten und ihren Bildern wird der Begriff Epiphanie für
die göttlichen Erscheinungen beibehalten, während in der Forschung zur christlichen Kultur
der Begriff der Theophanie bevorzugt wird, der die göttliche Natur der Erscheinung bereits
beinhaltet
Anders als die Griechen hatten die Römer weder ein eigenes Wort für die Erscheinung von
Göttern auf Erden, noch verwendeten sie das griechische Lehnwort. Auch Vorstellungen von
der Unsichtbarkeit von Göttern existierten in Rom nicht. Clifford Ando formuliert: „Gods
at Rome were not invisible.“ 83 Es lässt sich vermuten, dass Götter in der römischen Kultur
möglicherweise als immerwährend sichtbar galten, während die griechische Kultur von der Un-
sichtbarkeit der Götter ausging, die sich jedoch jederzeit offenbaren konnten.84 Ein paradoxes

80 Frenschkowski, 1997: 224.


81 Hölscher, Fonio, „ßilderwelt, Lebensordnung und die Rolle des Betrachters im antiken Griechenland,“
in: Bild, Raum, Handlung: Perspektiven der Archäologie, Daily, Ortwin; Moraw, Susanne; Ziemssen, Hauke
(Hrsg.), Berlin: De Gruyter, 2012: 19-44, Zitat S. 34. Siehe hierzu auch, Schefold, Karl, Griechische Kunst
als religiöses Phänomen, \Ajemhs\irg: Rowohlt, 1959, zusammenfassend S. 135—138.
82 Pfister, Friedrich, „Epiphanie“, Paulys Realencyclopädie,Suppl. 4, 1924: 277-323. Siehe auch Lane Fox,
Robin, Pagans and Christians, New York: Knopf, 1987, bes. Kapitel 4: 102-167.
83 Ando, Clifford, „Praesentia Nununis. The Visibility of the Roman Gods,“ Asdiwal 5, 2010: 45-73, Zitat:
S. 45. Ando weist darauf hin, dass der Begriff invisibilis erst in nach-klassischer Zett im Sprachgebrauch
aufkommt (Ando, 2010: 51-54).
84 Ando, 2010: 47f.; Dubourdieu, Anne, „Voir les dieux ä Rome,“ in: Perception et construction du divin dans
läntiquite, Borgeaud, Philippe; Fabiano, Doralice (Hrsg.), Genf: Droz, 2013: 19-34, bes. S. 19.
Epiphanieti 27

..

■I
v

3 Prozession, Parthenonfries, British Museum. London

Verhältnis, wie in der christlichen Kultur, zwischen der generellen Unsichtbarkeit der Götter
und Berichten ihrer sichtbaren Erscheinung auf Erden, bestand somit nicht.85
Die materielle Kultur der Antike ist reich an Repräsentationen der Götter. Als überlebens-
große Statuen waren sie in den Städten und Tempeln für jeden sichtbar aufgestellt.86 In einigen
Fällen ist sogar die performative Erscheinung der Götter hinter sogenannten Epiphanietüren in
den Tympana der Tempel inszeniert worden. Wilfried Held hat archäologische Zeugnisse aus
Kleinasien und Syrien zusamrnengetragen, die die Existenz von Türen in Giebelfeldern und
Treppenhäusern, die auf die Dächer der Tempel führen, belegen.87 In hellenistischer Zeit sei
im Anschluss an Prozessionen die Erscheinung der Götter durch Schauspieler evoziert worden.
Die Treppenhäuser sind beispielsweise im Apollonheil igtum in Didyma belegt;88 eine Giebeltür
besaß unter anderem das Artemision in Ephesos, die sogar auf Münzen dargestellt wurde.89
Auch die skulpturale Ausstattung der Tempel durch Friese führte die göttlichen Gestalten vor
Augen, beispielsweise im berühmten Fries des Pcrgamonaltars. Der Athener Parthenonfries zeigt
auf der Ostseite eine Begegnung von Menschen und Göttern. Von links und rechts nähert sich
je eine Prozession der zentralen Epiphaneia der Götter.90 (Abb, 3) Diese sind durch ihre Größe
und durch die Tatsache, dass sie sitzend dargestellt sind, hervorgehoben. Links und rechts von
ihnen schließt sich je eine Gruppe männlicher Figuren an, die einander zugewandt sind und als
Phylenheroen, die zehn Stammesväter Attikas, gedeutet werden. 91 Es folgt je eine Prozession von
Mädchen mit Kannen, Omphalosschalen (Opferschalen) und Ihymiateria (Räuchergefäße). Es
handelt sich um eine Opferprozession zu den zentral abgebildeten Göttern. Weiterhin finden
sich Götterdarstellungen in der griechisch-römischen Kunst nicht nur im Medium der Skulptur
sondern auch in großer Fülle auf antiker Keramik. So stellt zum Beispiel eine archaische Amphore
85 „The quality of invisibility is first attributed to deity in Latin only at the end of the second Century C.E.,
and then by a Christian.“ (Ando, 2010: 48.)
86 Zur Ubiquität von Statuen in Rom siehe: Bauer, Franz Alto, Stadt, Platz und Denkmal in der Spätantike.
Untersuchungen zur Ausstattung des öffentlichen Raums in den spätantiken Städten Rom, Konstantinopel und
Ephesos, Mainz: Zabern, 1996: 310-316.
87 Held, Winfried, „Kult auf dem Dach: Eine Deutung der Tempel mit Treppenhäusern und Giebeltüren als
Zeugnis seleukidischer Sakralarchitektur,“ Istanbuler Mitteilungen 55, 2005: 119-160, bes. S. 147-150.
88 Held, 2005: 120-124.
89 Held, 2005: 139f.
90 Zum Ostfries des Parthenon siehe Brommer, Frank, Der Parthenonfries, Bd. 1, Mainz: Zabern, 1977:
254-270; Berger, Ernst; Gisler-Huwiler, Madeleine, Der Parthenon in Basel. Dokumentation zum Fries, Bd.
1, Mainz: Zabern. 1996: 147-176.
91 Brommer, 1977: 255.
28 Visionserwartung

F- a<|>

4 Amphore mit Opferszene im Beisein der Göttin Athena, Altes Museum, Berlin (F 1686)

der Berliner Antikensammlung eine Szene dar, in der eine weibliche und drei männliche Figuren
der Göttin Athena opfern, die mit Speer und Schild hinter einem Altar gezeigt ist (ca. 550-525 v.
Chr.).92 (Abb. 4) Sowohl die Götterdarstellungen auf den Reliefs als auch jene auf der Vase zeigen
die Götter in unvermittelter Form. Nichts trennt sie von der Sphäre der Lebenden, nur durch die
Bedeutungsgröße ist ihre Göttlichkeit kenntlich gemacht.
92 Staatliche Museen zu Berlin, Antikensammlung, Inv. Nr. F1686.
Epiphanien 29

5 Hydria mit der Darstellung der Vergewaltigung Kassandras, Nationalmuseum, Neapel (Inv. Nr 2422)

Antike lempel waren weniger in der Lage, die Präsenz der Götter zu garantieren und er-
lebbar zu machen, als es in späteren Jahrhunderten die Kirchen der Christen werden sollten.93
Doch auch in der Antike wurden sie gezielt aufgesucht, um den Göttern dort zu begegnen. Ti-
tus Livius berichtet von Scipio Africanus, dass er vor jedem öffentlichen und privaten Auftritt
in den Jupitertempel auf dem Kapitol ging, um mit der Statue des Gottes in ein Zwiegespräch
zu treten.94 Auf diese Weise entstand das Gerücht, Scipio sei göttlich inspiriert. Eine Passage
bei Herodot belegt ebenfalls, dass die antiken Götter in ihren Tempeln zugänglich und sichtbar
waren: Eine Amme in Sparta suchte jeden Lag das Heiligtum der Helena (tö tfjs Elevr|g ipov)
auf, um die Göttin um die Verschönerung ihres entstellten Pflegekindes zu bitten. Täglich
setzte sie das Kind vor das Abbild der Göttin Helena. Schließlich erschien ihr eines Tages beim
Hinausgehen eine Frau, Helena selbst, die dem Kind die erhoffte Schönheit verlieh.95 In der
mythologischen Erzählung von Kassandra, die bei der Eroberung Trojas in den Tempel der
Athena flieht und dort von Aias vergewaltigt wird, ist ebenfalls die Vorstellung von der Göttin
erhalten, die in ihrer Statue anwesend ist und agiert. Mit unbewegtem Ausdruck schaut die
Statue aufs Meer hinaus und erzeugt einen Sturm - zur Strafe für den kurz darauf in See ste-
chenden Aias.96 Dieser Mythos findet sich häufig auf antiken Vasen dargestellt. (Abb. 5)

9 3 Scheer, Tanja, „Heidnische Vergangenheit und christliche Gegenwart. Die Kultbilder der Götter in der
Spätantike,“ in: Epochenwandel? Kunst und Kultur zwischen Antike und Mittelalter, Bauer, Franz Alto; Zim-
mermann, Norbert (Hrsg.), Mainz: Zabetn, 2001: 36-44: 123-129.
94 Titus Livius, Historiae Romanae 26. 19.5 (LCL 367: 72).
9 5 Herodot, Historiae, 6.61 (Rosen (Hrsg.), Bd. 2, Stuttgart: Teubner, 1997: 1 10; LCL 1 19: 208).
9 6 Mangold, Meret, Kassandra in Athen. Die Eroberung Trojas auf attischen Vasenbildern, Berlin: Reimer, 2000:
34-62.
30 V isionserwa rtung

Götter konnten gezielt in Tempeln aufgesucht werden, sie erschienen aber auch häufig un-
erwartet unter den Menschen. In der Ilias wird erzählt, dass Athena im Trojanischen Krieg
plötzlich hinter Achilleus erschien, und ausschließlich er konnte diese Vision sehen. Der Stoi-
ker Baibus nennt in Ciceros De natura Deorum zwei historische Ereignisse - eines weit zurück-
liegend, das andere in der näheren Vergangenheit - bei denen die Dioskuren erschienen. Bei
Letzterem sah Publius Vatinus die Dioskuren Castor und Pollux auf der Straße von Raete nach
Rom in Gestalt zweier junger Krieger. Nichts außer den weißen Pferden, auf denen sie ritten,
verriet ihm, dass es sich um Götter handelte. Anthropomorphe Erscheinungen kennzeichneten
*
die meisten Epiphanien römischer Götter,'7 nur selten erscheinen sie als Lichtgestalt.1 1 Artemi-
dot bestätigt, die Götter würden uns in menschlicher Form erscheinen, weil wir gewohnt seien
zu glauben, dass sie menschlich aussähen. 101 Sie unterschieden sich lediglich durch ihre über-
menschlichen Kräfte, ihre Schönheit und Körpergröße. Da sie meist menschliche Gestalt an-
nahmen, konnte man nie sicher sein, im Gegenüber nicht einen Gott erblickt zu haben. 102 So
erschienen die Dioskuren Publius Vatinus als junge Krieger, und Venus konnte beispielsweise
als jagende Spartanerin verkleidet erscheinen.103 Maximos von Tyrios (2. Jh. n. Chr.) berichtet,
er habe Hektor im Wachzustand gesehen, die Dioskuren in Form zweier Sterne sowie den Gott
Asklepios. In Bezug auf Asklepios, der meist heilend in Träumen erschien, fügt Maximos hinzu,
dass die Epiphanie ausnahmsweise nicht in einem Traum geschah, sondern im Wachzustand. 104
Meist erschienen die antiken Götter jedoch in Fräumen,105 allen voran Asklepios, in dessen
Tempeln sich Kranke durch Inkubation heilen ließen.106 Im Fall des Gelingens erschien der
Gott häufig nicht nur im Schlaf, sondern er berührte und operierte die Patienten sogar selbst. 10
Epiphanien während des Schlafs oszillierten zwischen Realität und Traum.108 Die Verschmel-
zung dieser Grenze wird auch in der Spätantike bestehen bleiben; Traumereignisse waren teil-
weise mit körperlichen Erfahrungen verknüpft, die die Realität des Geträumten verbürgten. 109

97 Homer, Ilias 1, 195-198 (Faesi (Hrsg.), Berlin: Weidmann, Bd. 1, 1864 50).
98 Cicero, De natura Deorum 2.2. (Plasberg (Hrsg.), Leipzig: Teubner, 1917: 51 LCL 268: 126).
99 Versnel, 1987, bes. S. 43; Dubourdieu, 2013: 20.
100 Venus erscheint in der Aeneis als Lichtgestalt (Vergil, Aeneis 2.588-624; Vezin (Hrsg.), Münster: Aschen-
dorff, 1952: 114-117).
101 Taivovtat 5e oi 0soi sv ävOpwTtwv iöiia re Kai poptprj, etteiSt] veoptKapEV avroiig tä EiÖi] ijptv soiKsvat.
(Artetnidor, Oneirocritica 2.44; Pack (Hrsg.), Leipzig: Teubner, 1963: 178; Harris-McCoy, Daniel,
(Hrsg.), Artemidorus Oneirocritica. Text, Translation, and Commentary, Oxford: University Press, 2012:
232).
102 Versnel, 1987, S. 46; Dubourdieu 2013 20.
103 Vergil, Aeneis 1.314-409 (Vezin (Hrsg.), Munster: Aschendorff. 1967: 52—59).
104 Maximus von Tyrios, Philosophumena 9.7.155 (Koniaris (Hrsg.), Berlin: DeGruyter, 1995: 108; Engi.
Übers in: Trapp, Michael B., (Hrsg.), Maximus ofTyre The Philosophical Orations, Oxford: Clarendon,
1997: 83.) Beispiele in der Aeneis für Epiphanien außerhalb von Traumen: Vergil, Aeneis 1.3 14- -409;
2.588-591; 5,618-621.
105 Cox Miller, Patricia, Dreams in Late Antiquity Studies in the Imagination ofa Culture. Princeton: Univer-
sity Press, 1994, bes. 14-38.
106 Baumer, Lorenz E., „Oü le dieu touche. Reflexions archeologiques sur les sanctuaires d’Asclepios,“ in:
Perception et construction du divin dans l’antiquite, Borgeaud, Philippe; Fabiano, Doralice (Hrsg.), Genf:
Droz, 2013: 147-164.
107 Bspw Artemidor, Oneirocritica 5.89 (Pack (Hrsg.), 1963: 323; Harris-McCoy, (Hrsg.), 2012: 404).
108 Baumer, 2013 S. 152.
109 Bspw. Miracula Cosmae et Damiani 16. Eine Frau, die in der Vision ein mit Öl getränktes Tuch isst,
erkennt am Geschmack nach dem Aufwachen, dass der Traum keine Illusion, sondern Realität war:
Epiphanien 31

In Darstellungen der Epiphanie des Asklepios erscheint er in anthropomorpher Form und


unterscheidet sich lediglich durch seine Überlebensgroße. 110 Doch nicht nur der Tempelschlaf
erzeugte visionäre 1räume, sondern auch der gewöhnlich Schlaf. 111 Nicht immer erschienen
*
dabei jedoch die Götter selbst; oft sieht der Träumende lediglich eine zukünftige Szene. 11 Die
Papyri Graecae Magicae enthalten Rezepte, wie eine Traumvision durch bestimmte Kräuter und
Lichteffekte evoziert werden konnte; sie sollten helfen, die Erwartung einer oneirischen Vision,
einer Traumerscheinung, zu erfüllen.11
Träume waren in der Antike von zentraler Bedeutung für die Zukunftsschau. Aristoteles,
der in Bezug auf die Verlässlichkeit von Träumen vorsichtig war, muss einräumen, dass die Tat-
sache, dass „alle Menschen, oder viele, annehmen, dass Träume etwas Zeichenhaftes haben, der
Sache die Glaubwürdigkeit von etwas verleiht, das aufgrund von Erfahrung gesagt wird. Und
dass bezüglich einiger Dinge die Weissagung von Träumen existiert, ist nicht unglaublich.“ 114
Auch Cicero wird später noch auf die mangelnde Zuverlässigkeit von Träumen verweisen.115
Der Jude Philon von Alexandria (um 10 v. Chr.—um 40 n. Chr.) widmete das zweite Buch
seines Werkes Über die Träume - das erste der beiden erhaltenen Bücher - den Träumen, die
von Gott gesandt sind und die Zukunft Vorhersagen.116 Träume mussten, um Zuverlässigkeit
zu gewährleisten, richtig gedeutet werden. Zu diesem Zweck gab es seit der Antike Traumdeu-
tungsbücher, die bei der Erklärung prophetischer Träume behilflich waren. 11 Das am vollstän-
digsten erhaltene Werk zur Traumdeutung sind die von Artemidor von Daldis (Mitte 2 Jh. n.
Chr.) verfassten Oneirocritica.™
Artemidor unterteilt die für die Divination relevanten Träume in fünf Kategorien: Nicht
von Bedeutung für die Traumdeutung waren Eviurviov (lat. insomnium) und epavraapa (lat.
pf] öioTtTamaq aAVainfj rfj äZr|9ela. (Festugiere, A.- J., (Hrsg.), Sainte Thecle, Saints Cöme et Damien,
Saints Cyr et Jean (Extraits), Saint Georges, Paris: Picard, 1971: 134). Viele der Miracula des Artemios be-
richten von Schmerzen (meist an den Hoden) im Traum, die noch im darauffolgenden Wachzustand zu
spuren sind. In Mir. 44 findet der Kupferschmied einen Faden um seinen Hoden gebunden, wie er zuvor
geträumt hatte. Die Schmerzen lassen kurz nach dem Erwachen nach. (Crisafulli, Virgil S.; Nesbitt, John
W., ( H rsg.), The Miracles ofSt. Artemios: a Collection of Miracle Stories by an Aanonymous Author ofSeventh
Century Byzantium, Leiden: Brill, 1997' 222.) Siehe hierzu auch: Kazhdan, Alexander; Maguire, Henry,
„Byzantine Hagiographical Texts as Sources on Art,' DOP 45, 1991: 1-22, bes. S. 7.
110 Bspw. Relief, Museum von Piräus, Inv. Nr. 405 (Abb. in: Baumer, 2013 Abb. 1).
11 1 Platt, 201 1: 253-292; Cox Miller, 1994. passim.
1 12 Viele der von Gregor Weber zusammengetragenen kaiserlichen Träume folgen diesem Muster, etwa der
Traum Caesars, in dem er ein weinendes Heer sieht und in der Folge Karthago wieder besiedeln lässt.
(Weber, Gregor, Kaiser,Träume und Visionen in Prinzipat und Spätantike, Stuttgart: Steiner, 2000: 321).
113 Zografou, Athanassia, „Rencontrer les dieux en reve dans l’antiquite tardive. La ,programmation‘ des
reves dans les Papyri Graecae Magicae,“ in: Perception et construction du divin dans l’antiquite, Borgeaud,
Philippe; Fabiano, Doralice (Hrsg.), Genf: Droz, 2013: 21 1—233.
1 14 Aristoteles, De divinatione per somnium 462b, 12-17. (Übers, nach Eijk (Hrsg.), Bd. 14.3, Berlin: Aka-
demie Verlag, 1994: 27).
1 15 Cicero, De divinatione 2.139 (Müller (Hrsg.), Bd. 4.2 {Scripta quae mansuerunt omnid), Leipzig: Teubner,
1910: 246; LCL 154: 527).
116 Philo, De somniis 1 1 (LCL 275: 295).
1 17 Zur Geschichte der Traumdeutung in Antike und Spätantike siehe Hermes, Laura, Traum und Traumdeu-
tung in der Antike, Zürich: Artemis und Winkler, 1996; Oberhelman, Steven, Dreambooks in Byzantium.
Six Oneirocritica in Translation, with commentary and introduction, Aldershot: Ashgate, 2008: 39-59.
Siehe auch die Klassifizierung der Traumtheorien in Antike und Spätantike bei Cox Miller, 1994: 39-73.
1 18 Zur Traumdeutung in der Antike zuletzt: Annus, Arnar, (Hrsg.), Divination and Interpretation of Signs in
the Ancient World, Chicago: Oriental Institute, 2010.
32 Visionserwartung

visum)., körperliche Reize und Geistererscheinungen." ‘ Dpapa (lat. visio) und ypripariopö
(lat. oraculum), göttliche Erscheinungen in Form einer Vision oder eines Orakels bedurften kei-
ner weiteren Deutung. Lediglich der övsipoc; (lat. somnium) musste gedeutet werden und hier
wiederum nur eine bestimmte Kategorie des Traums. Einige Träume fanden nach dem Schlaf
sofortige Erfüllung (OstopiipartKOt). Die allegorischen Träume (a/ZpYopiKOp schließlich sagten
die Zukunft auf unklare Weise voraus und mussten gedeutet werden 1
Bei jeder Traumvision bestand immer auch die Möglichkeit, dass der Empfänger getäuscht
wurde. Lim einer Täuschung zu entgehen, empfiehlt Artemidor im Traum zu überprüfen, ob
die Götter ihre gewohnte Kleidung trügen, an dem gewohnten O r t erschienen und sich ange-
120
119
messen verhielten. 121 Auf diese W7eise konnte die Echtheit der Vision zertifiziert werden. Häufig
erschienen die Götter in Form ihrer Statuen. Aelius Aristides berichtet beispielsweise, dass
ihm Asklepios im Traum „in der Haltung, in der er in Statuen repräsentiert ist“, erschien. 1
Bedenken bezüglich der Authentizität von Visionen werden den Umgang der Christen mit
diesem Phänomen prägen. Heilige, die in Träumen gesehen wurden, wurden oft in Ikonen wie-
125
124
dererkannt um dadurch ihre Echtheit zu beweisen. 123 Ferner konnten Götter auch im Wach-
zustand in Erscheinung treten. Häufig waren solche Visionen an die Standbilder der Götter in
den Tempeln gekoppelt. Sowohl Tempel als auch Statue konnten die praesentia der Gottheit
vermitteln. Der Stoiker Balbus formulierte: „Die Götter manifestieren ihre Kraft häufig in
körperlicher Präsenz.“
Im Christentum ging die Bedeutung der Traumdeutung zurück, bevor sie in mittelbyzanti-
nischer Zeit eine Renaissance erfuhr.12' Dies mag dem Umstand geschuldet sein, dass die Träu-
me, welche die Christen vor allem interessierten - die göttlichen Erscheinungen in nächtlichen
Visionen - von der traditionellen Traumdeutung unberührt blieben. Eine Ausnahme bildet das
von Synesius, Bischof von Kyrene (um 370—413) verfasste Traumbuch. Doch auch dieses frühe
christliche Werk ist kein Traumbuch im Sinne Artemidors, sondern vielmehr eine Anleitung
zum Verständnis des Göttlichen und zum christlichen Verhalten. Hierin betont Synesius die
Rolle des Traums und der Vorstellungskraft (Phantasid) für die Gottesschau.126 Auch wenn im

119 Artemidor, Oneirocritica1.1 (Pack (Hrsg.), 1963: 3f.; Harris-McCoy (Hrsg.), 2012: 46—49). Siehe auch:
Kessels, A. H M., „Ancient Systems of Dream-Classification,“ Mnemosyne 22, 4, 1969: 389-425, bes.
S. 393.
120 Kessels, 1969: 392.
1 2 1 "En Kai oi Ocoi ötav pf] oiKsiav sywoi oKEupv PhStl sv töttw tqj CTtißd/./.ovti pqSE ev oyr),uau tq> TtpooijKovu
ffiatv, ö n av Xeycoai, \|/£08fj Vyrniai Kai E aitauboi. (Artemidor, Oneirocritica 4.72: Pack (Hrsg.), 1963:
293; Harris-McCoy, (Hrsg.), 2012: 362.) Siehe auch: Cox Miller, 1994: 30f.
122 [...] E'/jov fjör] tö eautoü O'xqpa ev epttsp £cm]K£v. (Aristides, Hieros Logos 4.50; Keil (Hrsg.), Berlin:
Weidmann, 1898: 438).
123 Bspw. Nilus vom Sinai, Brief an Heliodorus Silentiarius (Mango, Cyril, The Art of the Byzantine Em-
pire, 312-1453. Sources and Documents, Englewood Cliffs: Prentice—Hall, 1972: 40); Miracula Cosmae
et Damtani 13 (Festugiere (Hrsg.), 1971 126); Miracula Demetrii 15 (Lemerle, Paul, Les plus anciens
recueils des miracles de saint Demetrius et la penetration des Slaves dans les Balkans, Bd. 1, Paris: CNRS,
1979: 162 [167]); Miracula Artemii 34 (Crisafulli; Nesbitt, (Hrsg.), 1997: 180E). Siehe hierzu Kazhdan;
Maguire, 1991: 1—9.
124 „[. . .] praesentes saepe di vim suam declarant.“ (Cicero, De Natura Deorum 2.2; Plasberg (Hrsg.), Leipzig:
Teubner, 1917; 51; LCL 268: 126).
125 Oberhelman, 2008: passim.
126 „Wenn es aber ein seliges Tun ist, Gott mit Augen zu schauen, so ist es Sache einer noch erhabeneren
Schau, ihn mit Hilfe der Phantasie zu erfassen; denn sie ist der Sinn der Sinne.“ (Synesius, De insomniis
Epiphanien 33

weiteren Verlauf der Spätantike der Traum wichtigstes Medium der Gottesschau blieb, 127 trat
die Beschäftigung mit dem Traum an sich als physischem Zustand hinter die Visionen zurück,
die sich allerdings sehr wohl während des Schlafs ereignen konnten.

Statuen
Neben dem Traum waren in der Antike die Statuen der Götter ursächlich für die Erfahrung
einer V ision: Der Bericht Herodots von der Amme, die mit ihrem Pflegekind den Tempel der
Helena aufsuchte, 1 hat bereits gezeigt, dass der Statue der jeweiligen Gottheit eine herausra-
gende Rolle für die Epiphanie-Erwartung zukam. Die Amme setzte das Kind immer wieder
vor das Standbild (tö fiöog) Helenas. Dies lässt die Vermutung zu, dass die Amme in der
Statue mehr als nur eine Veranschaulichung der Göttin erkennt und ihr eine besondere Kraft
zuschreibt. Doch woher rührte diese mit der Statue verbundene Präsenzerwartung?
Die Statuen der Götter waren in der Antike mehr als bloße Abbilder. Sie wurden als signum
oder simulacra bezeichnet, 130 beides Begriffe, die das enge deiktische Verhältnis des Standbilds
zum Urbild illustrieren. Häufig wird die Abhängigkeit noch direkter formuliert, etwa bei Plini-
us, der in den Kapiteln 34-36 seiner Historia naturalis jede Statue mit dem Namen des Gottes,
den sie repräsentiert, benennt.131 Jan Bremmer spricht sich dafür aus, dass Gottheit und Statue
in der archaischen und klassischen Periode miteinander identisch waren.1 Tanja Scheer be-
nutzt den Begriff’ des ä3o<;, um das Verhältnis zwischen Statue und Gott zu beschreiben: Das
Standbild bot den Göttern einen Sitz, den sie temporär einnehmen konnten. 133 Durch Brand-
opfer konnte die Präsenz der Götter herbeigeführt werden, und der Blick auf die Statue durch
die geöffneten Tempeltüren erweckte den Eindruck einer Epiphanie. 134 So sind Statuen häufig
auf Münzen dargestellt, und so erscheint die Statue des Apollon in einer Illumination (pict. 31)
des Vergilius Vaticanus (Cod. Var. lat. 3225).1 (Abb. 6)
Die Vorstellung der Erscheinung der Götter in Gestalt ihrer Statue ist auch in der Traum-
deutung belegt. Artemidor führt in Bezug aufTräume aus, dass Götter, ganz gleich, ob sie selbst

135C; PG 66: 1289C. Übers. Wolfram, Lang, (Hrsg.), Das Traumbuch des Synesius von Kyrene,Tübingen:
Mohr Siebeck, 1926: 7).
127 Besonders Miracula-Berichte sind voll von Schilderungen von Visionen, die die Protagonisten im Schlaf
erhalten (siehe bspw. die Miracula Artemii in Crisafulli; Nesbitt (Hrsg.), 1997). Zur Verbindung aus
Traum und ekstatischer Vision siehe Krönung, 2014b und Krönung, 2014a: 49—69.
128 Siehe oben Anm. 95.
129 Zur Wunderwirkung antiker Kultstatuen siehe Icardo-Gianolio, Noelle, „L’image cultuelle manifestation
de prodiges,“ Thesaurus Cultus et Rituum Antiquorum, 2, 2004: 463-468.
130 Estienne, Sylvia, „Simulacra Deorum Versus Ornamenta Aedium, The Status of Divine Images in the
Temples of Rome,“ in: Divine Images and Human Imaginations in Ancient Greece and Rome, Mylonopou-
los, Joannis (Hrsg.), Leiden: Brill, 2010. 257- 272, bes. 258-261; Dubourdieu, 2013: 28.
131 Plinius, Historia naturalis 34-36 (Miller (Hrsg.), Bd. 3. Berlin- Hause und Speneri, 1766: 189-264).
132 Bremmer, 2013, bes. S. 8-12.
133 Scheer, 2000: 120-123.
134 Gladigow, Burkhard, „Zur Ikonographie und Pragmatik römischer Kultbilder,“ in: Iconologia Sacra, Kel-
ler, Hagen; Staubach, Nikolaus (Hrsg.), Berlin: De Gruyter, 1994: 9-24, bes. S. 19.
135 Siehe hierzu auch Bergmeier, Armin E, „Vom Kultbild zur Kirche: Veränderte Materialisierungsformen
von Heiligkeit in der Spätantike,“ in: Erzeugung und Zerstörung von Sakralität im Mittelalter (=Distant
Worlds Journal Ergänzungsband 1), Bergmeier, Armin E; Sanzo, Joseph E.; Palmerger, Katharina (Hrsg.),
Heildelberg: Propylaeum, 2016: 63-80, bes. S. 66.
34 Visionserwartung

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6 Apollontempel, Vergilius Vaticanus (Var. lat. 3225, fol. 45v)

oder in Form ihrer Statue erscheinen, dieselbe Bedeutung haben. 136 Teilweise wurden Statuen
wie lebendige Wesen behandelt und beispielsweise in Gefahrensituationen in Sicherheit ge-

136 OüSev öe StacpEpsi rf|v Osöv iäsiv oirotav Ö7t£iÄ.f|<papEV ii äyaÄpa aÜTfjg- sav te yäp oäpKivot oi Osoi
tpaivcovrai sdv rs öiq ayalpaTa e iiz.ric 7tE7totr]p£va, töv cwtov e./ougi Xöyov. (Artemidor, Oneirocritica
2,35; Pack (Hrsg.), 1963 160; Harris-McCoy (Hrsg.), 2012: 212.) Artemidor führt weiter aus, dass es
gefährlicher sei, die Götter selbst zu sehen, als sie in ihren Statuen zu betrachten. „Artemis völlig nackt
Epiphanien 35

bracht. Herodot berichtet von der Rettungsaktion der Standbilder von Aias und Telamon auf
Salamis. Die Statuen waren so wertvoll, dass sie per Schiff von Salamis geholt wurden. Die
Anwesenheit (praesentia) des Gottes in den Bildern wird darüber hinaus häufig in Inschrif-
ten auf Statuenbasen beschworen. 1,8 Ferner trug die Identifizierung der Statue mit dem Gott
zur Illusionskraft der Darstellungen bei. Der Naturalismus der Standbilder war so groß, dass
antike Quellen von Menschen berichten, die dadurch zur agalmatophilia, dem (versuchten)
1*37
138
Geschlechtsverkehr mit Statuen bewegt wurden. 139 Anne Dubourdieu formuliert, die Götter
seien durch die Statuen „ä la fois presents, visibles et sensibles parmi les hommes, mais dans le
meme temps irremediablement absents.“ 140 Verity Platt schlussfolgert ähnlich, der Statuenkult
„illustrates an active theological engagement with the many-stranded process of representing
and apprehending divine form“.141
In der Zeit der römischen Republik war zuweilen der Grad der praesentia der Götter in den
Statuen umstritten. In Ciceros Werk Über die Natur der Götter spricht sich ein Platoniker na-
mens Cotta vehement gegen eine Identifikation der Götter mit den Statuen aus. Er behauptet,
die Statuen hätten eine anthropomorphe Gestalt um die Unwissenden zu täuschen und sie
glauben zu lassen, sie kämen durch diese der göttlichen Präsenz näher.142 Die Vorstellung der
göttlichen Präsenz in Statuen sei von Dichtern, Malern und Handwerkern gefördert worden. 143
Diese Passage belegt deutlich die aktive Konstruktion von Iheophanievorstel lungen in der An-
tike. Wort und Bild nährten die Vorstellung von der Sichtbarmachung der Götter. Wie Ciceros
Diskutanten zeigen, wurden solche Vorstellungen allerdings kontrovers diskutiert und Clifford
Ando findet Unterschiede in der Wahrnehmung von Götterstatuen in Griechenland und Rom.
Er schreibt, dass diese in Griechenland als weitgehend mit dem Gott identisch wahrgenommen
wurden, während sie in Rom stärker als allegorisches Zeichen fungierten. 144 Jan Bremmer führt

zu beobachten, hat noch für niemanden förderlich.“ (’ÄpTEptv yüpvf]v iöeiv Kara navra rpörrov oüöevi
OTpipäpei.).
137 Herodot, 8.64. (Rosen (Hrsg.) Leipzig: Teubner Bd. 2, 1997: 334).
138 Bspw. Corpus Inscriptionum Latinarum 6.1, 181b; 488; 648; siehe auch Dubourdieu, 2013: 31 Zur
Präsenz der Götter im antiken Griechenland siehe auch: Scheer, 2001: 115—130.
139 Elsner, Jas, Roman Eyes.Visuality and Subjectivity in Art and Text, Princeton. University Press, 2007: 1-3,
bes. Anm. 3.
140 Dubourdieu, 2013: 32.
141 Platt, 2011: 85.
142 „[. . .] ut essent simulacra quae venerantes deos ipsos se adire crederent.“ (Cicero, De natura deorum, 1.27;
Plasberg (Hrsg.), Leipzig: Teubner, 1917: 30; LCL 268: 74).
143 „[•-•] ut essent simulacra quae venerantes deos ipsos se adire crederent? Auxerunt autem haec eadem
poetae, pictores, opifices.“ (Cicero, De natura deorum, \.277'> Plasberg (Hrsg.), Leipzig: Teubner, 1917:
30; LCL 268: 74).
144 „Cult objects were rather (Peircan) Symbols, which operated to bring to conscious awareness just such
a relationship [...] between a mental conception on the part of the viewer and the gods themselves.“
(Ando, 2010: 49.) Zur griechischen Kunst und der Indentifizierung der Götter mit ihrem Bild siehe
Schefold, 1959: 135—139. Tanja Scheer relativiert diese Sichtweise und führt neben Quellen, welche die
In-Eins-Setzung unterstreichen, gegenläufige Aussagen an: Scheer, 2001: 44—114. Das Zeichenhafte der
römischen Kunst hat Tonio Hölscher herausgearbeitet und gezeigt wie stilistische Merkmale mit einer
festen Bedeutung versehen wurden um als „allgemeines visuelles Verständigungsmittel“ zu dienen: Höl-
scher, Tonio, Römische Bildsprache als semantisches System, Heidelberg: Universitätsverlag, 1987: 19; Zitat:
75.
Zum Spannungsverhältnis zwischen der Symbolik des göttlichen Zeichens und der Identifikation des
Zeichens mit dem Gott in Rom siehe- Scheid. John, „La flamine de Jupiter, les Vestales et le general
36 Visionserwartung

aus, dass während der Kaiserzeit die Identifikation von Gott und Statue als Folge aus den Atta-
cken der Philosophen und später der Christen zurückgedrängt wurde - im Westen geschah dies
früher als im Osten, wo sich diese Vorstellung bis ins dritte nachchristliche Jahrhundert hielt,
Verdrängt wurde die Verehrung der Götterbilder, so Bremmer, besonders durch den römischen
Kaiserkult.’46 In der Antike konnten Statuen als sichtbare materialisierte Form des Göttlichen
die Visionserwartung der Menschen erfüllen und zwischen der göttlichen und menschlichen
Sphäre vermitteln. Henk Versnel geht soweit zu sagen: „Images and statues were regarded as the
vehicle of the divine parousia far more directly and concretely than we usually realize Die
den Statuen vermeintlich innewohnenden göttlichen Kräfte waren in der Spätantike noch sehr
gegenwärtig, was sich im Akt der Statuenzerstörung ausdrückte Dieser war als gegen den Gott
1*45
147
146
149
gerichtete Aggression zu verstehen.148
Trotz der allmählichen Abkehr vom Statuenglauben blieb die Bedeutung von Göttersta-
tuen als Medium der Theophanie auch in der neuplatonischen Philosophie der Spätantike
lebendig. 146 Zwar zählt Plotin (205-270 n. Chr.), der Begründer des Neoplatonismus, zu den
Verfechtern einer geistigen Annäherung an die Götter, aber bereits die nächste Generation sei-
ner Schüler - vor allem Porphyrios (um 233-um 305 n. Chr.) und dessen Schuler lamblichos
(240/245-320/225 n. Chr.) - befand sich in einer heftigen Auseinandersetzung um die rich-
tige Methode, Kontakt mit den Gottern herzustellen und Weissagungen über die Zukunft zu
152
151
erhalten, lamblichos antwortete in seinem Werk De mysteriis auf die Kritik des Porphyrios.150
Dieser hatte die Theurgie, die Kontaktaufnahme mit dem Göttlichen mittels Statuen und Ritu-
alen, in dem nur fragmentarisch erhaltenen Brief an Anebo in Frage gestellt. In der Tradition
Plotins vertrat Porphyrios eine geistige Annäherung, bei der sich der Geist bzw. die Seele so nah
wie möglich an die höhere Sphäre angleichen sollte (ävaytoyf|). Ziel war die mystische Vereini-
gung mit dem Einen mittels der geistigen Kontemplation (Oecopla).1 2

triomphant Variations romaines sur le theme de la figuration des dieux,“ in: Le corps des dieux (= Le
temps de la reflexion 7), Malamoud, Charles; Vernant, Jean-Pierre (Hrsg.), Paris: Gallimard: 213—230,
hes. S. 226f.
145 Bremmer, 2013: 14—16, bes. S. 14 Anm. 85. Siehe hierzu auch Cox Miller, Patricia, The Corporeal Imagina-
tion. Signifying the Holy in Late Ancient Christianity, Philadelphia: University of Pennsylvania, 2009: 6f.
146 Bremmer, 2013: 14.
147 Versnel, 1987: 46.
148 Mango, Cyril, ,Antique Statuary and the Byzantine Beholder,“ DOP 17, 1963: 55-75, bes. S. 59-64;
Bauer, 1996: 310—316; Hölscher, 2012: 28—33. Ein frühes Bild vom Beginn des fünften Jahrhunderts,
das die Zerstörung der antiken Tempel und ihrer Statuen illustriert, ist auf fol. 6v des Papyrus Goleniscev
erhalten. 1 lier ist Patriarch Theophilus dargestellt, der auf dem Serapis-Tempel in Alexandria steht. (Abb.
162 in Elsner, Jas, Imperial Rome and Christian Triumph. The Art of the Roman Empire AD 100—450.
Oxford University Press, 1998).
149 Hierzu zusammenfassend Struck. Peter T , Birth of the Symbol: Ancient Readers at the Limits oflheir Texts,
Princeton: University Press, 2004: 204-226.
1 50 Parthey (Hrsg.), Berlin: Nicolai, 1857, Places (Hrsg.), Paris: Beiles Lettres, 1966.
151 Zur Auseinandersetzung zwischen Porphyrios und lamblichos stehe Kapitel 4 „Debating the Oracles:
Porphyry’s Letter to Anebo and lamblichus’ De Mysteriis,“ in: Addey, Crystal, Divination and Theurgy
in Neoplatonism: Oracles of the Gods. Farnham: Ashgate, 2014 127—169. Grundlegend zur Theurgie:
Dodds, E. R., „Theurgy and Its Relationship to Neoplatonism,“ The Journal of Roman Studies 57, 1947:
55-69
1 52 Addey, 2014: 192—205. Addey wendet sich gegen eine Charakterisierung der plotinischen Kontemplati-
on als rationale Praxis einerseits und lamblichs Theurgie als irrationaler Aberglaube andererseits. Sie sieht
die Unterschiede zwischen beiden lediglich in der Verschiedenheit der Rituale.
Epiphanien 37

Die Theurgen lehnten Piotins geistigen Zugang ab, der sich darauf gründete, dass die Seele
eine immaterielle Verbindung zwischen den hierarchisch geordneten Sphären bildet. Vergleich-
bar hiermit ist die im Christentum wichtige Form der geistigen Kontemplation, die in der oben
zitierten syrischen Wechselrede exemplifiziert wird. 1’3 An die Stelle der Seele als Kontaktmedi-
um trat bei den Fheurgen wieder die Statue, die durch theurgische Animierungsuten ein Gefäß
(Tj7to5oyf|) für den jeweiligen Gott bilden sollte.134 Um den Gott zu bewegen, in der Statue zu
erscheinen, war ein Ritual notwendig: Es mussten Materialien in die Statue gelegt werden, de-
ren Essenz der des jeweiligen Gottes entsprachen: geheime Namen der Götter sowie Knochen,
154
153
157
156
Gemmen, Kräuter oder Steine. 155 Hinzu kamen liturgische Riten, welche die Ordnung der
Götter imitieren und so zu einer Vereinigung der menschlichen und göttlichen Sphäre führen
sollten. 1" Photios fasst im 215. Kapitel seiner Bibliothek die These von lamblichos nicht er-
haltenem Werk Über die Statuen (nepi üyaX.pdT(jov) so zusammen, dass dieser zeigt, dass die
Statuen sowohl göttlich als auch voll göttlicher Präsenz seien (Ostet ts ösi ai ta siötoXa Kai Osiac
psTOüoiac).1 Diese Animierungsrituale waren keine Neuschöpfung der spätantiken Neupla-
toniker, sondern gingen auf ägyptische Praktiken zurück, wie sie unter anderem in den Papyri
Graecae Magicae enthalten sind.158
Die Übereinstimmungen mit Grundzügen christlicher liturgischer Riten sind auffällig. Die
Götter erschienen häufig in Notsituationen, etwa bei der Heilung Kranker, weshalb beson-
ders oft von Epiphanien des Asklepios berichtet wird. Gleiches gilt auch für die Dioskuren
und anderer Götter, die beispielsweise während eines Kampfes erscheinen konnten. Allerdings
sollten die Christen Statuen als Medium der Vergegenwärtigung des Göttlichen endgültig ab-
lehnen. Ihre Rituale der Vergegenwärtigung des Göttlichen umfassten zwar liturgische Riten,
wie sie lamblichos empfiehlt, aber sie vertraten mehrheitlich eine geistige, bilderlose Praxis.
Diese blieb jedoch ein Ideal und an die Stelle der Statuen sollten andere Visualisierungsmedien
wie Bilder, Sakralräume und Lichtinszenierungen treten. Auch die Christen konnten sich dem
Bedürfnis nach der Visualisierung des Göttlichen nicht entziehen, dem die Theurgen in Form
der Statuen nachkamen.

153 Siehe oben Anin. 71


1 54 Maximus von Tyrios führt die Bedeutung der Statuen für die Kontaktaufnahme mit dem Göttlichen in
der zweiten Rede seiner Philosophumena (Koniaris (Hrsg.) Berlin: DeGruyter 1995: 19—29) aus. Allge-
mein zur Theurgie bei den Neuplatonikern auch Eitrem, S., „La theurgie chez les Neo-Platoniciens et
dans les Papyrus Magiques,“ Symbolae Osloenses 22, 1942: 49-79; Dodds, 1947: 63-65.
155 lamblichos, De Mysteriis 5.23.35-45 (Parthey (Hrsg.), 1857: 233f.; Places (Hrsg.), 1966: 178E). Siehe
auch Struck, 2004: 209-213 und 221; Nasemann, Beate, Theurgie und Philosophie in Jamblichs De Mys-
teriis, Stuttgart: Teubner, 1991: 165-192. Proklos nennt verschiedene Steine und Kräuter: Bremond,
Andre, „Notes et documents sur la religion neoplatonicienne,“ Recherches de Science Religieuse 23, 1933:
102-112, bes. S. 105.
156 rioia äytoreia [...] ptpeirat Öe tqv r®v Oscbvrägtv. (lamblichos, De Mysteriis 1.21.10-20 (Parthey (Hrsg.),
1857: 65.) Zitiert in Struck, 2004: 219.
157 Photios, Bibliothek 2 15 (Henry (Hrsg.), Paris: Beiles Lettres, Bd. 3, 1962: 130).
158 Dodds, 1947: 63; Steiner, Deborah, Images in Mind: Statues in Archaic and Classical Greek Literature and
Thought, Princeton: University Press, 2001: 1 19; Addey, 2014: 37 Anm 197.
38 Visionserwartung

1.2 Jüdische Traditionen

Anders als die antiken Religionen kannte das Judentum keine bildlichen Darstellungen Gottes,
andere figürliche Repräsentationen von Glaubensinhalten jedoch durchaus. Ähnlich wie im üb-
rigen Mittelmeerraum ist in der Spätantike ein deutlicher Anstieg der Nutzung von Bildern in
der jüdischen Kultur im allgemeinen und in den Synagogen im besonderen zu verzeichnen. 1'
Dies zeigt den hohen Stellenwert des Visionären als Aushandlungsmedium der Zeit und ihrer
159
Umbrüche, denn die Kunst fungierte, so Lee Levin, als „vehicle of symbolic expression.“160
Figurative Darstellungen haben sich in den Wandmalereien der Synagoge von Dura Euro-
pos (Mitte 3. Jh.) 161 (Abb. 7) sowie auf Fußböden einer Vielzahl ergrabener Synagogen im
Heiligen Land erhalten.162 Allerdings sind keinerlei bildliche Darstellungen Gottes überliefert.
Einige Bodenmosaiken (Flammat Tiberias, Beth Alpha und Sepphoris) bilden einen Tierkreis
mit einer Sö/-Gottheit im Zentrum ab. (Abb. 8) Bislang ist unklar, was die Beweggründe für
die Übernahme dieses paganen Motivs waren und welche Bedeutung die zentrale SoZ-Gestalt
hatte. Die Figur wird unterschiedlich als (symbolische) Darstellung Jahves interpretiert, aber
auch als Verbildlichung der Macht Gottes, als Helios, Elias u.a. 163 Die vielen anderen erhalte-
nen figuralen Mosaikböden von Synagogen enthalten keine vergleichbaren Darstellungen.164
Anstelle einer Gottesdarstellung wurde der wichtigste Ort einer Synagoge - der Ort des Tho-
ra-Schreins - häufig durch Bilder der Menorot, der siebenarmigen Leuchter, gekennzeichnet.
Diese erscheinen übergroß in Hammat 7 iberias (4./5. Jh.) und trennen schrankenähnlich die
Nordpartie der Synagoge von Ein Gedi (5./6. Jh.) vom übrigen Raum ab. In Dura Europos
umfingen Darstellungen der Menorah, des Tempels und der Opferung Isaaks die Ädikula für
die Thorarollen. 165

Prophetische Visionen
Neben dem Verbot materieller Bilder im zweiten der zehn Gebote, sprach der Gott Israels
ebenfalls ein Verbot immaterieller Bilder aus. Auf dem Sinai hatte Gott zu Moses gesagt: „Mein

1 59 I.evine, Lee I., „Why Did Jewish Art Flourish in Late Antiquity?," in- Jewish Art in Its Late Antique Con-
text, Leibner, Uzi; Hezser, Catherine (Hrsg.), Tübingen: Mohr Siebeck, 2016: 49-74.
160 Levine, 2016: 62.
161 Hierzu Weitzmann, Kurt; Herbert, Kessler, The Frescoes of the Dura Europos Synagogue and Christian Art,
Washington D.C : Dumbarton Oaks, 1990.
162 Untersuchung und umfassender Katalog zu den Synagogen in Palästina siehe Milson, David, Art and
Architecture ofthe Synagogue in Late Antique Palestine. In the Shadow of the Church, Leiden: Brill. 2007.
Siehe auch: Levine, Lee L, Visual Judaism in Late Antiquity. Historical Contexts of Jewish Art, New Haven:
Yale University Press, 2012: 225-242.
1 63 Eine Zusammenfassung des Forschungsstandes bei Levine, 2012: 31 7-336. Levine vertritt die Ansicht,
dass das Motiv zuerst von den lokalen Theologen und Aristokraten in Hammat Tiberias in Auftrag gege-
ben wurde (Levine, 201 2 S. 331). Siehe auch Hezser, Catherine, „For the Lord God is a Sun and a Shield
(Ps. 84: 12): Sun Syrnbolisrn in Hellenistic Jewish Literature and in Amoratc Midrashim," in: Jewish Art
in Its Late Antique Context, Hezser, Catherine; Leibner, Uzi (Hrsg.), Tübingen: Mohr Siebeck, 2016:
213-236.
164 Der Boden der Synagoge von Gaza ist zwar reich an figürlichen Darstellungen, jedoch handelt es sich um
reine Tierdarstellungen; ungewöhnlich ist das Bild des leierspielenden Königs David (heute im Museum
des Guten Samariters, Palästina), aber auch dieses biblische Motiv ist kein Bild Gottes.
165 Abb. 3 in: Weitzmann; Herbert, 1990.
Jüdische Traditionen 39

7 ’lhoraschrein, Synagoge, Dura Europos, 8 Bodenmosaik der Synagoge in Hammat Tiberias, Israel
heute im Nationalmuseum in Damaskus

Angesicht kannst du nicht sehen; denn kein Mensch wird leben, der mich sieht" (Ex. 33.20).
Diese Passage schließt Theophanien kategorisch aus. Doch während keine archäologischen Be-
lege für materielle Bilder Jahves existieren, wurde das Verbot immaterieller Bilder Gottes weni-
ger streng befolgt Immer wiederkehrend finden sich im Alten Testament Hinweise auf theo-
phanische Ereignisse.166 Gott erschien Abraham bei der Eiche Mamre in Form dreier Männer
(Gen. 1 8); Jakob sah im Traum eine Leiter, die in den Himmel führt und an deren Ende Gott
steht (Gen. 28.10-19). Zwei der wichtigsten theophanischen Ereignisse waren die Visionen
des Moses. Dieser hatte zunächst Gott im brennenden Dornbusch am Fuß des Berges Horeb
gesehen (Ex. 3.2—4). Ein zweites Mal sah er ihn auf dem nicht weit entfernten Sinai. Ebenfalls
am Horeb empfing der Prophet Elias seine Weisungen von Gott (1 . Kg. 19). Sinai und Horeb
gelten im Alten Testament als Aufenthaltsorte für Gott („Der Herr ist vom Sinai gekommen
und ist ihnen aufgeleuchtet“ Deut. 33.2). Prophetische Visionen, die sich auf einen zukünfti-
gen Zustand beziehen, stellen oft den Berg Zion als Schauplatz göttlichen Wirkens dar: Jesaja
beschrieb, dass der Herr niederfahren werde auf den Zion, um dort gegen die Feinde Israels zu

166 Zusammenfassend hierzu Savran, George W., Encountering the Divine. Theophany in Biblica! Narrative,
London: Clark, 2005: 49- 89.
40 Visionserwartung

kämpfen (Jes. 31.4). Ebenso prophezeite er die Theophanie auf Zion und die Völkerwallfahrt
zu diesem Berg (Jes. 2.2-4).
Die Theologie und die Religionswissenschaften haben sich eingehend mit der Frage des Ur-
sprungs der biblischen Theophanien und der antiken theologischen Diskussion um die Mög-
lichkeit der Sichtbarwerdung des Göttlichen auf Erden beschäftigt. 1965 veröffentlichte Jörg
Jeremias seine Dissertation zur Frage nach dem Ursprung der alttestamentlichen Theophanie-
beschreibungen. Einzelne Theophaniemotive wie Unwetterphänomene, Donner und Wolken
leitete er von den Kulturen aus der Umwelt des israelitischen Volkes ab.' 67 Ohne Parallele in
den angrenzenden Kulturen war jedoch die Vorstellung des Herabkommens des Göttlichen aus
seiner himmlischen Wohnstatt, eines Motivs also, das für jüdische und christliche Theopha-
nievorstellungen zentral war. Dessen Ursprung erkennt er in der Sinai-Erscheinung, die er als
167
Urereignis der Theophanievorstellungen deutete.168 Während sich Jeremias auf die Texte des
Alten Testaments beschränkte, ging Albrecht Scriba darüber hinaus und untersuchte erstmalig
das weitere Fortleben der Theophaniemotivik in den Schriften des Neuen Testaments und in
170
apokalyptischen Texten der frühesten Christen.169 Er stellte fest, dass die Theophanievorstel-
lungen in den frühesten christlichen Schriften eine eschatologische Ausrichtung erhielten, die
sie zuvor nicht besessen hatten. Diese endzeitliche Komponente begann mit Johannes dem
Täufer, der das Kommen Christi prophezeite (Mk 1.7a) und setzt sich beispielsweise in der
antiken christlichen Exegese der Theophaniebeschreibung von Dan. 7.13 fort. Diese Hinwen-
dung zum Zukünftigen, so Scriba, sei das Ergebnis der „nachösterlichen Problemlage' und des
Todes Jesu.' 1
Zwei prophetische Visionen, Theophanieberidhte Hesekiels und Jesajas, sollten besonders
einflussreich für die spätantike Bildfindung werden und seien daher hier ausführlich zitiert
Hesekiel sah Gott durch den kristallenen Boden des Himmels hindurch. Dort erblickte er den
himmlischen Palast und die Cherubim, vier-gesichtige Wesen mit vier Flügeln, die sich auf
Rädern forrbewegen (Hes. 1. 4-10):
Ich sah: Ein Sturmwind kam von Norden, eine große Wolke mit flackerndem Feuer, umgeben von
einem hellen Schein. Aus dem Feuer strahlte es wie glänzendes Gold. Mitten darin erschien etwas wie
vier Lebewesen. Und da« war ihre Gestalt: Sie sahen aus wie Menschen. Jedes der Lebewesen hatte
vier Gesichter und vier Flügel. Ihre Beine waren gerade und ihre Fuße wie die Füße eines Stieres; sie
glänzten wie glatte und blinkende Bronze. Unter den Flügeln an ihren vier Seiten hatten sie Men-
schenhände. Ihre Flügel berührten einander. Die Lebewesen änderten beim Gehen ihre Richtung
nicht: Jedes ging in die Richtung, in die eines seiner Gesichter wies. Und ihre Gesichter sahen so aus:
Ein Menschengesicht (blickte bei allen vier nach vorn), ein Löwengesicht bei allen vier nach rechts,
ein Stiergesichr bei allen vier nach links und ein Adlergesicht bei allen vier (nach hinten).

167 Jeremias, Jörg, Theophanie. Die Geschichte einer alttestamentlichen Gattung, Neukirchen: Neukirchner
Verlag. 1965: 151.
168 Jeremias, 1965: 152-155
169 Scriba, Albrecht, Die Geschichte des Motivkomplexes Theophanie. Seine Elemente, Einbindungin Gesche-
hensabläufe und Verwendungsweisen in altisraelitischer, frühjüdischer und frühchristlicher Literatur, Göttin-
gen: Vandenhoeck, 1995.
170 Scriba, 1995 183-202.
Jüdische Traditionen 41

Durch die Himmelsplatte hindurch sieht Hesekiel schließlich Gott (Hes 1. 26—28):
Oberhalb der Platte über ihren Köpfen war etwas, das wie Saphir aussah und einem Thron glich. Auf
dem, was einem Thron glich, saß eine Gestalt, die wie ein Mensch aussah. Oberhalb von dem, was
wie seine Hüften aussah, sah ich etwas wie glänzendes Gold in einem Feuerkranz. Unterhalb von
dem, was wie seine Hütten aussah, sah ich etwas wie Feuer und ringsum einen hellen Schein. Wie der
Anblick des Regenbogens, der sich an einem Regentag in den Wolken zeigt, so war der helle Schein
ringsum. So etwa sah die Herrlichkeit des Herrn aus. Als ich diese Erscheinung sah, Hel ich nieder
auf mein Gesicht.

Der Prophet Jesaja sieht den Thron Gottes flankiert von Seraphim, himmlischen Wesen mit
sechs Flügeln. Die singen das Trishagion (Jes. 6. 1-3):
Im Todesjahr des Königs Usija sah ich den Herrn. Er saß auf einem hohen und erhabenen Thron. Der
Saum seines Gewandes füllte den Tempel aus. Seraphim standen über ihm. Jeder hatte sechs Flügel:
Mit zwei Flügeln bedeckten sie ihr Gesicht, mit zwei bedeckten sie ihre Füße und mit zwei flogen
sie. Sie riefen einander zu: Heilig, heilig, heilig ist der Herr der Heere. Von seiner Herrlichkeit ist die
ganze Erde erfüllt.

Zentrale Elemente der Visionen dieser beiden Propheten finden Eingang in Kapitel 4 der Offen-
barung des Johannes, in dem die vier Wesen (Tetramorph) beschrieben werden, die das Dreimai-
Heilig singen. Die Thronvision wird begleitet von einem Regenbogen, den sieben Leuchtern,
dem Glasmeer, den 24 Ältesten sowie von Naturphänomenen wie Feuer, Donner und Blitz.
Solche Naturphänomene waren bereits im Alten Testament oft die Begleiter von Gotteser-
scheinungen. Häufig sind dies Unwetterphänomene (Donner, Blitz, Erdbeben) wie bei der
Theophanie auf dem Sinai. Elias’ und Hesekiels Gottesschauen werden durch heftige Winde
eingeleitet, ebenso die Vision des Sehers Daniel (Dan. 7), die zwar zu den prophetischen
Büchern gezählt wird, eigentlich jedoch ein Pseudepigraphon ist Bei Flesekiel zeigt ein Wind
von Norden die Ankunft der Theophanie an (Hes. 1.3), bei Elias treibt der Wind vor Gott her
(1 Kg. 19.1 1) und bei Daniel werden die vier Winde als Vorboten Gottes genannt (Dan. 7.2).
Bei Elias folgen dem Wind Erdbeben und Feuer und schließlich die Stimme Gottes. Ebenso
folgt im Bericht des Hesekiel auf den Wind das Feuer. Eine weitere Begleiterscheinung der
sich manifestierenden Göttlichkeit sind Wolken, welche beispielsweise die Erscheinung auf
dem Sinai verhüllten. Im 5. Buch Mose 33.26 wird beschrieben wie Gott in einem Wagen auf
den Wolken fuhr. In einigen Fällen begleiten himmlische Heerscharen die Theophanie. Bei
Hesekiel sind es die Cherubim, bei Jesaja die Seraphim, die den Thron Gottes umstehen. Nicht
selten werden die plötzlichen Erscheinungen mit Schrecken wahrgenommen. Der Prophet
Habakuk beginnt den Bericht seiner Vision mit den Worten: „Herr, ich habe deine Botschaft
171
173
vernommen und erschrak.“ 172 (Flab. 3.2) Und auch Jakob fürchtet sich als er von seiner Traum-
vision erwacht (Gen. 28.10-19).’
Anthropomorphe Bilder bestimmen den Großteil der Theophanieberichte. Moses sah auf
dem Sinai Gottes „Rücken“ (Ex. 33.23) und der Verfasser des Buches Daniel beschrieb Gott
als alten Mann mit weißem Flaar (Dan. 7.9). Daneben weisen die Texte des Alten Testaments

171 Scriba, 1995: 14-79. Siehe auch die Diskussion des Winds bei der Gottesvision des Elias (IKg. 19.11—
12) bei Gregor von Nazianz (2. Theologische Rede 19; FC 22: 132).
172 Kt'ipte eioaKijKoa rqv ctKoijv oou Kai £tpoßi]0i]v. (Septuaginta)
173 Die Erwähnung von Furcht im Kontext von Theophanien ist auch in der Hagiographie weit verbreitet
(siehe Anm. 278 und 307). Vgl. dagegen Anna Sitz’ Deutung der Furcht in einem Apsis-Fresko in Kap-
padokien als emotionalisierende Strategie im Kontext der Eucharistie (Sitz, 2017: 20f.).
42 Visionserwartnng

immer wieder eine weitere Erscheinungsform Gottes auf, die Gott als amorphe Lichterschei-
nung charakterisiert. Meist wird ein solches Ereignis mit dem Begriff Käbod bezeichnet 1 Im
Deutschen meist mir Herrlichkeit oder Glorie übersetzt, bezeichnet der Begriff ursprünglich
Gewicht oder Macht. Im weiteren Sinn bedeutete er Ehre und schließlich bezeichnet er die Er-
scheinungsform Gottes als Lichtglanz. 17 Bereits in den Schriften des Jesaja aus dem 8. und frü-
175
174
179
178
177
hen 7. Jahrhundert v. Chr.176 wird mit dem Begriff der Käbod der Glanz veranschaulicht, durch
den sich Gott manifestiert. 1 Er ist Ausdruck der Präsenz Gottes und wird häufig mit dem
Tempel, Jerusalem, beziehungsweise Zion in Verbindung gebracht. Hes, 8.4-18 beschreibt de-
tailliert, wie dem Propheten Gottes Glorie am Nordtor des Tempels begegnet. In Hes. 43.1—4
beschreibt er die Ankunft Gottes als Lichterscheinung durch das Osttorjerusalems und seinen
Einzug in den Tempel. Der Tempel gilt in der Zeit bis zu seiner Zerstörung als Sitz der Sheki-
nah, der Präsenz Gottes. Erst nach der Zerstörung durch Titus im Jahre 70 n. Chr. stellt sich die
Frage nach dem Sitz von Gottes Glorie. Diese Problematik wurde von den Autoren der Mish-
nah und des Talmuds jedoch als nicht dringlich empfunden. In der Diaspora lässt sich beob-
achten, dass - möglicherweise auch in Anlehnung an christliche Traditionen - die Funktion der
christlichen Gotteshäuser als Behältnis für die Shekinah auf die Synagogen übertragen wurde. 1
Im Unterschied zur griechisch-römischen Kultur ist festzustellen, dass die göttliche Prä-
senz und die theophanischen Ereignisse im frühen Judentum weder an Bildwerke noch an fixe
heilige Orte gebunden waren - Jakobs Vision ereignete sich an einem Stein auf dem Weg von
Be’ersheva nach Haran, Hesekiel erfuhr seine erste \ ision am Fluss Kebar. Allerdings wurden
bestimmte symbolische Orte von Jahve bevorzugt. Berge galten häufig als Sitz der Göttlichkeit.
Dies trifft im Judentum besonders auf die Berge Sinai und Zion zu. Wiederholt zeigte sich
Gott auch im Tempel in Jerusalem, der als dauerhafter Ort seiner Präsenz angenommen wurde.
Visionen konnten im Wachzustand erfahren werden, aber vielfach auch während des Schlafs,
so zum Beispiel in den Visionen Jakobs und Daniels. Auch Salomon erhielt eine Vision Got-
tes im Traum (Sal. 3.5) und Daniel deutete die visionären Träume des Königs Nebukadnezar
(Dan. 2). 180 Zwischen diesen beiden Bewusstseinszuständen sind kaum phänomenologische
Unterschiede auszumachen.181 Beide konnten Warnungen Gottes vor zukünftigen Ereignissen
enthalten oder seine Macht in der Gegenwart demonstrieren. 182 Darüber hinaus sind sie vor
allem Ausdruck der Bindung Gottes an sein Volk. Dieser sucht gezielt die Kommunikation mit
den Menschen.183 Diese häufigen Visionen können als Ersatz für das Bilderverbot verstanden
werden. Dem Wunsch nach göttlicher Nähe und Visualisierung wird durch Visionen entspro-
chen. Die bildreichen Visionen besonders der Propheten sind dazu angelegt mentale Bilder zu

174 Hierzu: Wagner, 2012.


175 Auch die Vision Hesekiels wird als Käbod bezeichnet
176 Zur Datierung siehe Wagner, 2012: 124t.
177 Wagner, 2012, S. 232-237.
178 Milson, 2007: 85.
179 Schreckenberg, Heinz; Schubert, Kurt, Jeivish Historiography and Iconography in Eady and Medieval
Christianity, Minneapolis: Fortress Press, 1992: 162.
180 Für eine vollständige Liste aller 43 Traumvisionen im Alten Testament siehe LeGoff, Jacques, „Le chris-
tianisme et les reves (Ile—Vife siecles),“ in: I sogni nel Medioei'o, Gregory, Tullio (Hrsg.), Rom- Ateneo,
1985: 171-218, bes. S. 216-218.
181 Collins, John J., The Apocalyptic Vision ofthe Book of Daniel, Missoula: Scholars Press, 1977: 83.
182 Scriba, 1995: 80-1 13.
183 Savran, 2005: 244.
Jüdische Traditionen 43

erzeugen.''' Nicht immer jedoch wird die Sichtbarmachung Gottes in einer Vision als Gnade
empfunden. Eine der Qualen, die Hiob über mehrere Nächte hinweg erfährt, sind erschrecken-
de Visionen (Hiob 7.13-14).

Apokalyptische Schriften und eschatologische Vorstellungen


Im dritten Jahrhundert v. Chr. entwickelte sich eine neue literarische Gattung - die Apokalyp-
rik. Eines ihrer zentralen Anliegen war es, Begegnungen mit der göttlichen Sphäre zu schildern.
Damit löst sie die prophetische Tradition ab, die in der Folgezeit kaum noch fassbar ist. 18' Zu
185
184
den apokalyptischen Texten werden das Buch Daniel (2. Jh. v. Chr.) 186 und die Offenbarung des
Johannes vom Ende des ersten nachchristlichen Jahrhunderts gezählt. Kennzeichen der Texte
ist die Pseudonymität ihrer Verfasser. Diese verstanden sich als Erben und Deuter der Prophe-
189
188
ten, in deren Namen sie schrieben. 187 Häufig verweisen jüdische apokalyptische Schriften auf
Kommendes (Eschatologie). Sie sind durch eine duale Vorstellung geprägt, die die Welt in
zwei Äonen teilt: eine Zeit, die bis zur Gegenwart des Schreibers reicht, und die Endzeit, die
gerade anbricht. 1 Die Schriften beziehen sich jeweils auf die ganze Welt, nicht nur auf Israel,
und sie sind von der Naherwartung des Weitendes gekennzeichnet, die auch das Weltbild der
frühen Christen prägen sollte. ' An den Geschichtsüberblick schließt sich in der Regel eine
Weissagung des Endes an. Gemeinhin wird angenommen, dass die Entstehung dieser literari-
schen Form auf die politischen Veränderungen in Palästina, das sich seit der Eroberung durch
Alexander den Großen unter hellenistischer Fremdherrschaft befand, zurückzuführen ist. 190
E)ie jüdische Apokalyptik speiste sich aus verschiedenen älteren Quellen. Mythen hatten
einen wichtigen Einfluss auf die apokalyptische Literatur. So hat beispielsweise die Henoch-Er-
zählung Wurzeln in mesopotamischen Traditionen.191 Die Motivik der Visionen Daniels geht
193
teilweise auf kanaanitische Ursprünge zurück.192 Um den Kampf des Antiochus IV. Epiphanes
gegen die Juden literarisch auszudrücken, griff der Dichter auf zu diesem Zeitpunkt jahrhun-
dertealte tigaritische Mythen zurück, die den Kampf zwischen den chaotischen Kräften des
Meeres und dem Reiter auf den Wolken schildern. 93 Eine Reihe motivischer Gemeinsamkeiten
der Gottesschauen Henochs und Daniels zeigt, dass sie über einen gemeinsamen Formenschatz
verfügen konnten, der sich auf die prophetische Tradition stützte.
Zentraler Offetibarungsmornent vieler apokalyptischer Schriften ist die Himmelsreise des
jeweiligen Sehers. Dem Seher wird im Unterschied zur prophetischen Tradition nicht mehr nur
184 Savran, 2005: 49.
185 Schneemelcher, 1997: 509; Savran, 2005: 243.
186 Collins, 1984: 70-72. Die Verfolgung der Juden unter Antiochus Epiphanes im Jahr 167 v. Chr. kann als
terminus post quem angenommen werden.
187 Schneemelcher, 1997: 504.
188 O attbv oöroq Kai ö aicbv psz./aov. (Schneemelcher, 1997: 498; Collins, John J., Seers, Sibyls and Sages in
Hellenistic—Roman Judaism, Leiden: Brill, 1997: 40).
189 Schneemelcher, 1997: 498.
190 lohn Collins interpretiert das Buch Daniel als politisch motivierten anti-hellenistischen Geschichtsent-
wurf (Collins, 1977: 191-224). Schneemelcher bezeichnet die Gattung als Konventikelliteratur, die Stär-
kung und Trost spenden sollte (Schneemelcher, 1997: 505).
191 Collins, 1997: 44—47.
192 Collins, 1997: 139-155.
193 Collins, 1997: 155. Siehe auch Ortlund, Eric Nels, Theophany and Chaoskampf: 7Zv Interpretation of
Iheophanic Imagery in the Baal Epic, Isaiah, and the Twelve, Piscataway: Gorgias, 2010: 16—21.
44 Visionserwartung

ein kurzer Blick auf Jahve gewährt, sondern ihm wird mit Hilfe von Mittlerfiguren (meist En-
geln) der Himmel offenbart. 194 Als Sonderform der jüdischen Apokalyptik entsteht in der Spä-
tantike die Merkavah- und HeÜWöZ-Literatur.195 Ihr zentrales Anliegen ist die Schilderung der
Himmelfahrt eines Auserwählten (Merkavah) und die Palastvision (Hekhalot).' " Die Himmel-
fahrt des Henoch mit der Thronvision in Kapitel 14 kann als ältestes Beispiel der Apokalyptik
im Allgemeinen (3. Jh. v. Chr.) und der Merkavah-YAteratwt im Speziellen gelten.1 Das Buch
Henoch wurde von den frühen Kirchenvätern noch als kanonisch angesehen' und beschreibt
die Himmelsreise des Sehers - einer biblischen Person aus der Zeit vor der Sintflut in Genesis
5.18-24. Der äthiopische Henochtext, / Henochm setzt sich aus verschiedenen thematischen
Büchern zusammen. Im Proömium des „Buchs der Wächter“ wird das Kernthema dieses ersten
Buchs, das große Gericht, dargelegt. Gemeinsam mit dem „Astronomischen Buch 10 ist es
das Älteste der Textsammlung. 201 Beide können bereits in das dritte vorchristliche Jahrhundert
datiert werden. In Kapitel 14 des „Buchs der Wächter findet sich die Vision des Himmels,
die uns im Hinblick auf Theophanie-Vorstellungen besonders interessieren soll. Darauf folgen
Beschreibungen der Reisen Henochs in die vier Windrichtungen (Kapitel 17-36). Weitere Bu-
cher beinhalten die Epistel Henochs sowie die Gleichnisse. Das letzte Buch enthält die Samm-
lung der Traumvisionen Henochs.
In Kapitel 14 wird geschildert, wie Henoch, getragen von den Winden, zum Palast Got-
tes emporgeführt wird. 202 Der Palast ist aus weißem Marmor, umgeben von Feuerzungen. Im
Inneren leuchten Mosaiken, dazwischen befinden sich feurige Cherubim. Im inneren Bereich
sieht Henoch einen hohen Thron aus Kristall mit Feuer darunter. Darauf sieht er die Herrlich-
keit Gottes umgeben von „zehntausend mal Zehntausenden“:
Und ich blickte auf und sah darin einen erhabenen Thron: Sein Aussehen war wie ein Reif, und
um ihn her war es wie leuchtende Sonne und Cherubstimmen. Und unterhalb des großen Thrones
kamen Ströme von flammendem Feuer hervor, dass es unmöglich war, ihn anzublicken. Und der

194 Bcyerle, Stefan, Die Gottesvorstellung in der antik-jüdischen Apokalyptik, Leiden: Brill, 2005: 29—31.
195 Gruenwald, Ithamar, Apocalyptic and Merkavah Mysticism, Leiden: Bull, 1980: vii; Boustan, Ra’anan S.,
From Martyr to Mystic. Rabbinic Martyrology and the Making oj Merkavah Mysticism, Tübingen: Mohr
Siebeck, 2005: 1.
196 Bspw. die Apokalypse des Abraham. Sie enthält eine Darstellung der Himmelsreise Abrahams und dessen
Vision Gottes, die eine Amalgamierung der Thronvisionen des Jesaja und Hesekiel darstellt (Kap. 18
zitiert in: Couturier, Guy, „La vision du conseil divin: etude d’une forme commune au prophetisme et ä
l’apocalyptique,“ Science et Esprit 36, 1, 1984: 5-43, bes. S 28).
197 Gruenwald. 1980: 36.
198 Bspw. in den Schriften Origines’ Irenäus’ und Tertulhans. Tertullian bezeichnet Henoch als Propheten
(De Idololatria15; BKV 1.7: 162). Siehe auch VanderKam, James C .; Adler, William, (Hrsg.), 77ze Jewish
Apocalyptic Heritage in Early Christianity. Minneapolis: Fortress Press, 1996: 33-101.
199 Äthiopischer Henochtext in: Flemming, Johannes, (Hrsg.), Das Buch Henoch. Äthiopischer Text mit Ein-
leitung und Commentar (= Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur, Bd. 22.1),
Leipzig: Hinrichs, 1902. Deutsche Übersetzung in. Flemming, Johannes; Radermacher, Ludwig, (Hrsg.),
Das Buch Henoch (= GCS 5), Leipzig: Hinrichs, 1901. Weiterhin zu 1 Henoch siehe: Schneemelcher,
1997: 5-90. Ein zusammenfassender Überblick landet sich ebenfalls bei: Black, Matthew, (Hrsg ), The
Book of Enoch or I Enoch, Leiden Brill, 1985: 12-23.
200 Zum Einfluss hellenistischen Denkens und besonders der Astrologie auf die Visionen Daniels siehe Col-
lins, 1977: 80-82.
201 Zur Datierung von Teilen der Henoch-Erzählung ins dritte vorchristliche Jahrhundert siehe: Collins,
1997: 42. Siehe auch die Übersicht in: VanderKam; Adler, (Hrsg.), 1996: 33.
202 Black, (Hrsg.), 1985: 33f.; Schneemelcher, 1997: 20f.
Jüdische Traditionen 45

Groß an Herrlichkeit saß darauf: Sein Gewand aber war glänzender als die Sonne und weißer denn
lauter Schnee. [...] Niemand konnte sich ihm nähern von denen, die um ihn waren zehntausend
mal Zehntausende waren um ihn. 103

Die Theophanie zeigt deutliche Anleihen hei der Vision des Hesekiel. 04 Der Feuerthron und
die „zehntausend mal Zehntausend' hingegen weisen Ähnlichkeiten mit dem Theophaniebe-
204
203
richt des Daniel auf.205
In Dan. 7 wird eine nächtliche Vision des Sehers Daniel erzählt. Auch er sieht Gott auf
einem Thron sitzend, jedoch sieht er im Unterschied zu Henoch nicht nur seine amorphe
Herrlichkeit, sondern erkennt ihn als Mann mit weißem Haar und weißer Kleidung (den sog.
Alten der Tage) umgeben von einer großen Menge Engel (Dan. 7.9-10):
Ich sah immer noch hin; da wurden Throne aufgestellt und ein Hochbetagter nahm Platz. Sein Ge-
wand war weiß wie Schnee, sein Haar wie reine Wolle. Feuerflammen waren sein Thron und dessen
Rader waren loderndes Feuer. Ein Strom von Feuer ging von ihm aus. Tausendmal Tausende dienten
ihm, zehntausendmal Zehntausende standen voi ihm.

Die Beschreibung Jahves ist eingebettet in die Apokalypse der vier Tiere, die von Daniel als
207
vier aufeinanderfolgende Weltreiche ausgelegt werden.206 Die Abfolge von vier Reichen gefolgt
von einem letzten Fünften entsprach einer in der Antike geläufigen weltgeschichtlichen Vor-
stellung. 0 Ein weiteres Element dieser Vision ist das Motiv des „Menschensohns“, den Daniel
auf den Wolken erscheinen sieht (7.13). Diese Figur wird entweder als engelhaftes Wesen 208
oder als Messias gedeutet.209 Es folgen weitere Visionen Daniels, die 70-Wochen-Apokalypse in
Kapitel 9 sowie eine ausgedehnte Vision, die sich über die Kapitel 10—12 erstreckt.
In der jüdischen Literatur werden prophetische Texte als Medium von Visionsberichten
durch apokalyptische Texte abgelöst. Dieser Prozess sollte jedoch nicht als Ausdruck der Zu-
nahme der Distanz Gottes zu den Menschen gedeutet werden.210 Zwar war Jahve in den pro-
phetischen Berichten häufig direkt unter den Menschen erschienen, wie es auch Gewohnheit
der antiken Gottheiten war, jedoch erlaubten die apokalyptischen Berichte durch der ( Iffniing
des Himmels für einzelne Personen einen ganz neuen, intimen Blick auf das Reich Gottes. Die
zuvor passive Rolle der Menschen in den Interaktionen mit Gott veränderte sich hin zu einer
aktiveren Beteiligung. Dan. 10.2-4 schildert, wie sich Daniel aktiv auf eine Vision vorbereitete,
indem er drei Wochen fastete und schließlich eine geeignete Stelle am Fluss 1 igris aufsuchte.
Das Christentum kam in diese Vorstellungswelt hinein und hat aus ihr vieles übernommen. Im

203 Henoch 14.18-20 (Übers, nach: Dillmann, August. Das Buch Henoch, Leipzig: Vogel, 1853: 8.) Engi.
Übers, bei: Charlesworth, (Hrsg ), 1983: 21: „And 1 observed and saw inside it a lofty throne - its appear-
ance was like crystal and its wheels like the shining sun; and 1 (heard?) the voice of the cherubim; and
front beneath the throne were issuing streams of flaming fire. It was difhcult to look at it. And the Great
Glory was sitting upon it — as for the gown, which was shining more brightly than the sun, it was whiter
than any snow.“
204 Savran, 2005: 242.
205 Zur gegenseitigen Abhängigkeit der Bücher Henochs und Daniels siehe. Black, (Hrsg.), 1985: 151f.
206 Zu den persischen Ursprüngen der Vorstellung der vier Königreiche siehe: Flusser, David, „The Four
Empires in the Fourth Sibyl and in the Book of Daniel,“ Israel Oriental Studies 2, 1972: 148-175.
207 Collins, 1997: 133-135. Aemilius Sura (2. Jh. n. Chr.) benennt die vier Weltreiche als Assyrien, Media,
Persien, Makedonien und schließlich Rom (Collins, 1997: 133).
208 Collins, 1984: 82.
209 Beyerle, 2005: 137-149.
210 Savran, 2005: 243.
46 Visionserwartung

Verlauf der Spätantike schwindet dann die Bedeutung der apokalyptischen Literatur. Lediglich
die Offenbarung des Johannes, die zusammen mit anderen christlichen Texten im Folgenden
untersucht wird, sollte dauerhaft eine zentrale Stellung im christlichen Denken behalten.

1.3. Epiphanien Gottes u n d der Heiligen im Christentum

Apokalyptische Texte im frühen Christentum

Die frühe christliche apokalyptische Tradition hat starke formale wie inhaltliche Wurzeln im
Judentum. 2 " Wilhelm Schneemelcher formulierte: „Das Christentum begann seinen Lauf als
eschatologische und enthusiastische Bewegung und hat seinem Glauben weitgehend in der
211
Sprache der Apokalyptik und der Prophetie Ausdruck verliehen.“ 212 Zwar verschwindet der
Geschichtsüberblick aus den christlichen Texten, jedoch bleibt ein Bewusstsein, in einer Zeit
zu leben, die dem nahen Ende unmittelbar vorausgeht. Die Geschichtsüberblicke erhalten eine
Fortsetzung in den christlichen Chroniken.213 Betrachtet man die Theophanievorstellungen,
die in diesem Kontext häufig bemüht werden, so lassen sich auch inhaltlich viele Parallelen fin-
den. In Offenbarung 1.12-14 werden zwei Motive aus dem jüdischen apokalyptischen Bericht
des Daniel miteinander verschmolzen - das Motiv des Menschensohns und des Alten der Tage.
Eine Stimme spricht zu dem Seher Johannes. Als dieser sich umwendet, erblickt er
sieben goldene Leuchter und mitten unter den Leuchtern einen, der wie ein Mensch aussah; er war
bekleidet mit einem Gewand, das bis auf die Füße reichte, und um die Brust trug er einen Gürtel aus
Gold. Sein Haupt und seine Haare waren weiß wie weiße Wolle, leuchtend weiß wie Schnee, und
seine Augen wie Feuerflammen.

Apokalyptische Erzählungen eigneten sich als Sammelbecken theophanischer Vorstellungen.


Der Glaube an das unmittelbare Ende rückte auch die damit verbundenen göttlichen Erschei-
nungen in menschliche Reichweite. In den Fexten werden häufig Zeichen erwähnt, die dem
Ende vorausgehen, so auch in einem weiteren Text des neuen Testaments, der synoptischen
Apokalypse (Mk. 13, Mt. 24, Lk. 21). Auf dem Ölberg unterwies Christus seine Junger und
offenbarte ihnen die Vorzeichen des Weitendes. 214 Die ausführlichste Erzählung der synopti-
schen Apokalypse steht bei Mt. 24. 29-31 . Dort heißt es, der Menschensohn werde Sonne und
Mond überstrahlen, sein Zeichen werde am Himmel erscheinen, Posaunen werden ertönen
und die Auserwählten von den vier Winden herbeieilen:
Sofort nach den lägen der großen Not wird sich die Sonne verfinstern und der Mond wird nicht
mehr scheinen; die Sterne werden vom Himmel fallen und die Kräfte des Himmels werden erschüt-
tert werden. Danach wird das Zeichen des Menschensohnes am Himmel erscheinen; dann werden
alle Völker der Erde jammern und klagen und sie werden den Menschensohn mit großer Macht
und Herrlichkeit auf den Wolken des Himmels kommen sehen. Er wird seine Engel unter lautem
Posaunenschall aussenden und sie werden die von ihm Auserwählten aus allen vier Windrichtungen
zusammenführen, von einem Ende des Himmels bis zum andern.

21 1 VanderKam; Adler, (Hrsg.), 1996: 2.


212 Schneemelcher, 1997: 492.
213 VanderKam; Adler, (Hrsg.), 1996: 201-238.
214 Über dem angenommenen Ort dieser Unterweisung ließ Konstantin die Eleona Kirche errichten.
Epiphanien Gottes und der Heiligen im Christentum 47

Nur als indirektes Zitat ist das sogenannte Herrenwort überliefert, eine Rede Jesu, die Pau-
lus im ersten Thessalonikerbrief (4.13-18) erwähnt. Sie enthält den ältesten apokalyptischen
Stoff des Neuen Testaments und belegt, dass die Urgemeinde bereits sehr früh die Vorstellun-
gen von der Ankunft Christi mit apokalyptischem Material ausgestaltete. 215 So wird prophezeit,
dass Posaunen das Ende ankündigen werden, ein Motiv, das auch feil der Parusieankündigung
in der synoptischen und in der Johannes-Apokalypse ist. Letztere wird ausführlich in den Kapi-
teln II.3. und III. 1. behandelt. Die Anleihen der Offenbarungsvisionen bei den Gottesschauen
des Alten Testaments sind offenkundig: Neben dem Tetramorph (Hes. 10 bzw. Apk. 4.6-9)
werden die sieben Leuchter (Apk. 1.20) bereits bei Moses’ Beschreibung des Tempels erwähnt
(Ex. 25.31-40). Das Glasmeer findet sich in der Vision am Sinai (Ex. 24. 10), in der Theopha-
nie des Hesekiel (Hes. 10.1) und in der Offenbarung (15.2), und die Gruppe der Ältesten ist
bereits Zeuge der sinaitischen Theophanie (Ex. 24.9-1 1; Apk. 4.4). In der alttestamentlichen
Erzählung gehen allerdings 70 Älteste mit Moses auf den Sinai, in der Offenbarung sind es
lediglich 24.
218
217
Noch bis ins vierte Jahrhundert entstehen christliche Texte mit apokalyptischem Inhalt.216
Zunächst standen Endzeitvorstellungen irn Mittelpunkt der Apokalypsen; als diese ausblieb,
verschob sich der Fokus seit der Mitte des zweiten Jahrhunderts hin zur Schilderung der Ereig-
nisse rund um den Antichrist. 21 Diese apokalyptischen Texte sind überwiegend eschatologisch
mit Blick auf das Weitende konzipiert, sie enthalten selten spontane Manifestationen des Gött-
lichen unter den Lebenden, geben aber wichtige Hinweise auf den Weg der Tradierung theo-
phanischer Motivik. Von göttlichen Erscheinungen berichten andere Werke, die sich auf die
Gegenwart und die Zeit der Ecclesia, der Herrschaft Christi in der Gegenwart zwischen seiner
Ankunft und der endgültigen zweiten Wiederkehr, beziehen. Zu ihnen gehören Der Hirte des
Hermas, die Himmelfahrt des Jesaja, die Petrus-Apokalypse und die Apokalypse des Paulus. Auch
die gnostische Tradition stand in enger Verbindung zur Apokalyptik und brachte eine Vielzahl
apokalyptischer Texte hervor
Der Bericht von den Visionen des Hermas entstand vermutlich in der Mitte des zweiten
Jahrhunderts in Rom. In Visionen erscheint Hermas, vermittelt durch einen Engel in Hirten-
gestalt, häufig die Personifizierung der Ecclesia. In der zweiten Vision erscheint sie als Greisin,
in der dritten als Turm aus weißen Steinen und in der vierten Vision als weißgekleidete Frau.219
Die Apokalypse spiegelt die intensive Beschäftigung mit der Gegenwart als Zeit der Ecclesia,
der Herrschaft Christi, durch theophanische Momente. Auch die Apokalypse des Paulus und die
Himmelfahrt des Jesaja (2. Jh.) sind nicht von einer eschatologischen Erwartung bestimmt.220
Der Text der Himmelfahrt schildert das Martyrium des Jesaja und seine anschließende Auffahrt
in den Himmel. Jesaja wird von einem Engel durch die verschiedenen Himmel geführt. Der

215 Scriba, 1995: 185-189; Schneemelcher, 1997: 519.


216 McGinn, Bernard, „Johns Apocalypse and the Apocalyptic Mentality,“ in: The Apocalypse in the Middle
Ages, Emmerson, Richard Kenneth; McGinn, Bernard (Hrsg.), Ithaca: Cornell University, 1992: 3-19,
bes. S. 17.
217 Schneemelcher, 1997: 508.
218 MacRae, George, „Apocalyptic Eschatology in Gnosticism,“ in: Apocalypticism in the Mediterranean
World and the Near East (2. Auflage), Hellholm, David (Hrsg.), Tübingen: Mohr Siebeck, 1989: 317—
325; Schneemelcher, 1997: 506-508.
219 Hermas, Der Hirte, „Visionen“ (SC 53: 76-145).
220 Schneemelcher, 1997: 507 und 664—675.
48 Visionserwartung

siebte Himmel ist erfüllt von wunderbarem Licht und zahllosen Engeln.' 1 Anschließend wird
beschrieben, wie Christus durch alle Himmel hinab zur Erde steigt und von Maria geboren wird.
Der Text endet mit der Himmelfahrt Christi. Die Anklage Jesajas, die von ßelchira vorgetragen
wird (3.6-10), stellt die Problematik der gegenwärtigen Gottesschau in den Mittelpunkt, die
auch Paulina in ihrem Brief an Augustinus bewegte: Wie kann jemand Gott sehen, wenn doch
221
Gott gegenüber Moses verkündet hatte, 222 „kein Mensch wird leben, der mich sieht.“ (Ex. 33.20)
Belchira klagt Jesaja vor dem König von Judäa, Hiskia, als Lügner an, denn er habe vorgegeben
Gott gesehen zu haben. Dies könne nicht sein, da er selbst ja noch lebe.2 Wie apokalyptische
Stoffe allgemein von dem Wunsch nach göttlichen Visionen zeugen, so reflektiert die gegen
Jesaja vorgetragene Anklage des Belchira, die sich auf das mosaische Verbot, Gott von Angesicht
zu Angesicht zu sehen, bezieht, die theologischen Probleme, die dieser Wunsch nach sich zog.
In den ersten Jahrhunderten zeigt sich eine hohe Wertschätzung der christlichen Auto-
ren gegenüber den Verfassern jüdischer und christlicher Apokalypsen. Das ist zum einen dar-
an ersichtlich, dass die apokalyptischen Texte vielfach rezipiert wurden, allen voran das Buch
Henoch,224 zum anderen daran, dass die christlichen Autoren von den Verfassern häufig res-
pektvoll als „Propheten“ sprachen.225 Seit dem zweiten Jahrhundert werden die Aussagen zu
227
diesen Schiiften jedoch bereits vorsichtiger.226 Dies spiegelt ihren unsicheren Status im christ-
lichen Kanon wieder. Tertullian und der späte Origenes zeigen bereits erste Zweifel an der
Autorität des Buchs Henoch; später überlässt die orthodoxe Kirche das Buch kampflos den
229
Häretikern.228 Obwohl der Einfluss der Apokalyptik in der Spätantike deutlich zurückging,
verschwand die fextgattung jedoch nie gänzlich, und besonders die Erzählstruktur der Him-
melsreise wurde immer wieder bemüht, beispielsweise in der Vita Basilios des Jüngeren (BHG
263-264). 22 Die Vita stammt aus der Mitte des zehnten Jahrhunderts und enthält eine be-
sonders ausführliche Beschreibung der Himmelsregionen. Dieser Text gehört jedoch nicht zur
Gattung der apokalyptischen Literatur, sondern vielmehr handelt es sich um einen hagiogra-
phischen Text, der von den Wundern und dem Leben des Basilius berichtet. Die Vita wird zum
Medium der Transmission apokalyptischer Vorstellungen und moralischer Weisungen Diese
neue literarische Form wurde rasch bedeutender und zu einer Plattform der Schilderung von
Begegnungen mit dem Göttlichen.

Die liagiographischen Texte

Die Zeit spektakulärer Epiphanien Christi hätte mit den Ereignissen im Anschluss an Christi
Tod beendet sein sollen. Der Evangelist Lukas, dessen Schilderung des Wirkens Christi um

221 Himmelfahrt des Jesaja 9.6 (Schneemelcher, 1997: 557).


222 Siehe oben Anm. 68.
223 Himmelfahrt des Jesaja 3.9 (Schneemelcher, 1997: 551).
224 VanderKam; Adler, (Hrsg.), 1996: 9.
225 Bspw. schreibt Klemens von Alexandria über 4 Esra: Eoüpaq 6 rtpotpijrrig Xsyet (Stromateis 3.16.100.3;
BKV 2.17: 318) und ebenso bezeichnet Tertullian Henoch als Propheten (De Idololatria 15; BKV 1.7:
162).
226 VanderKam; Adler, (Hrsg.), 1996: 9.
227 VanderKam; Adler, (Hrsg.), 1996: 23.
228 VanderKam; Adler, (Hrsg.), 1996: 25.
229 Talbot, Alice-Mary; Sullivan, Dennis E; McGrath, Stamatina, The Life of Saint Basil the Younger,Cam-
bridge: Harvard University Press, 2014
Epiphanien Gottes und der Heiligen im Christentum 49

die erste Jahrhundertwende entstand, beschließt die Reihe der Erscheinungen Christi (leeres
Grab, Emmaus, Jerusalem) mit dessen endgültiger Himmelfahrt. Der Verfasser machte auf die-
se Weise deutlich, dass die wundersamen Iheophanien auf Erden hiermit ein Ende gefunden
hatten.- Paulus fügte den Erscheinungen Christi noch in der Mitte des ersten Jahrhunderts
eine weitere Vision hinzu, die er selbst auf dem Weg nach Damaskus erlebt hatte. Er bezeich-
nete sie als die endgültig letzte sichtbare Offenbarung Christi: „Als Letztem von allen erschien
er auch mir“ (1. Kor. 15.8). Doch auch dabei sollte es nicht bleiben. Dem Apostel Johannes
wurde ein ganzes Buch göttlicher Visionen zugeschrieben; das Pseudepigraphon der Offenba-
rung des Johannes, welches die stark visuell geprägte Begegnung des Sehers Johannes mit Gott
schildert, entstand um 95. Doch auch in der Folge blieben göttliche Manifestationen unter
den Menschen nicht aus. Bis zum vierten Jahrhundert beschränkt sich die Schilderung der
theophanischen Vorstellungen auf die christlich apokalyptische Textproduktion. In den folgen-
den Jahrhunderten sollte dann die Verbreitung von Erzählungen göttlicher Visionen deutlich
zunehmen und einen prominenteren Platz in der christlichen Kultur erhalten, insbesondere in
hagiographischen Texten. Diese boten mit ihren Beschreibungen des Lebens heiliger Männer
und deren Wundertaten eine Plattform für Darstellungen der Begegnung des Menschen mit
dem Göttlichen.
Die Möglichkeit von Epiphanien Christi hatte bereits Matthäus am Schluss seines Evan-
geliums angedeutet, indem er ein Bild des Christus Emmanuel („Gott mit uns“) entwarf und
versprach, dass Christus bis ans Ende der Tage unter den Menschen weilen werde (Mt. 28.20).
Die Evangelien, die den historischen Jesus und sein menschliches Leben schildern, sind zwar
nicht reich an Iheophanien, aber die Taufe Christi (Epiphanias), der fod Christi und sogar
die Evangelien in ihrer Gesamtheit, d.h. das Leben Christi auf Erden, können als Epiphanien
230
interpretiert werden.231 Veritable Iheophanien - Manifestierungen Christi unter den Leben-
den - fanden abgesehen von der Transfiguration, den Erscheinungen im Anschluss an Christi
Tod, der Vision des Paulus und der Offenbarung jedoch nicht statt. Auch die apokalyptischen
Texte berichten selten von Iheophanien, aber sie enthalten häufig Prophezeiungen darüber,
wie die zukünftige Parusie aussehen werde. Sie nehmen Bezug auf biblische Prophetien, allen
voran die synoptische Apokalypse und das Herrenwort: Die Offenbarung des Petrus enthält eine
Nacherzählung der synoptischen Apokalypse23' und auch die Didache, die früheste bekannte
234
Kirchenordnung, schließt mit einer verkürzten Version dieses Textes.233 Es entstanden ferner
innovative Entwürfe, die sich nur lose an biblische Texte hielten. Das in der Apokalypse des Elias
zentrale Motiv der Tauben - auch Christus selbst erscheint in Taubengestalt - geht nicht auf
biblische Theophanien zurück:
Wenn der Gesalbte kommt, so kommt er wie eine Taubengestalt, indem er geht auf Wolken des
Himmels und indem das Zeichen des Kreuzes vor ihm herzieht, indem die ganze Welt es sehen wird,
wie die leuchtende Sonne von den Gegenden des Sonnenaufgangs bis zu den Gegenden des Sonnen-
untergangs. Also kommt er, indem alle seine Engel ihn umgeben.

230 Mitchell, 2004, bes. S. 195.


231 Zur problematischen Definition des Epiphanie-Begriffs im Neuen Testament siehe: Mitchell, 2004:
185f. Zur Deutung des Todes Christi als Epiphanie bei Markus siehe- Frenschkowski, 1997: 199-210.
232 Offenbarung des Petrus 1 (Äthiopischer Text in: Schneemelcher, 1997: 566E).
233 Didache 16 (Schneemelcher, 1997: 535).
234 Apokalypse des Elias 31 (Übers, in: Steindorff, Hinrich, Die Apokalypse des Elias. Eine unbekannte Apoka-
lypse und Bruchstücke der Sophonias-Apokalypse (= Texte und Untersuchungen zur Geschichte der Altchristli-
chen Literatur 19.3a), Leipzig: Hinrich, 1899: 87).
50 Visionserwartung

Der Verlust der Erwartung, innerhalb des eigenen Lebens in direkten Kontakt mir Gott zu
kommen, nämlich am Jüngsten Tag, führte in der Spätantike dazu, dass sich die Menschen
andere Projektionsflächen für ihre Visionserwartung schufen. Die direkteste Form der visuellen
Interaktion mir Gott waren eigene visionäre Erfahrungen. Blieben diese aus, so boten Berichte
von ’Eheophanien eine Alternative für die imaginierte Begegnung. Prophetische Visionsberich-
te bildeten das Zentrum für die Stiche nach dem Anblick des Göttlichen. Da allerdings diese
Theophanieberichte in ihrer Anzahl sehr begrenzt waren, entstand im Verlauf der Spätantike
eine weitere Quelle für die Beschreibung göttlicher Manifestationen, die nahezu unerschöpf-
lich war - die wundersamen Ereignisse aus dem Umfeld heiliger Männer und Frauen. Die
einsetzende Heiligenverehrung brachte eine reiche Text Produktion mit sich, deren Aufgabe es
war, die jeweilige Verehrung zu rechtfertigen und zu verbreiten.
Die Hagiographie entwickelte sich aus den frühen Märtyrerakten und Passionsberichten.
Während es sich bei der Passio Perpetuae et Felicitatis (BHL 6633 und BHG 1482) um ein
originales zeitgenössisches Dokument handelt, das kurz nach dem Tod Perpetuas lediglich
redaktionell zusammengefügt wurde, 56 nutzte die Passio SS. Sergii et Bacchi (BHG 1624),
die um 400 entstand, vermutlich ältere Akten, um daraus einen hagiographischen Bericht zu
236
235
konstruieren. 237 Die meisten Heiligenviten griffen jedoch nicht auf originale Dokumente aus
der Zeit des Martyriums zurück, sondern folgten vielmehr den Regeln der Legendenbildung.
Anders als die Miracula-Berichte, die häufig zeitnah kompiliert wurden, konnten Viten viele
Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte nach dem Ende des Lebens des jeweiligen Heiligen abgefasst
werden. Die Miracula haben daher für den Historiker den Vorteil, dass sie Ereignisse und Orte
beschreiben, die häufig nahe an der Erlebniswelt des Schreibers lagen beziehungsweise sogar
von ihm selbst bezeugt wurden. Die Texte bieten darum eine Möglichkeit, Verehrungsformen
und Lebensumstände der jeweiligen Zeit zu studieren. Für die Fragestellung, wie Theophanien
imaginiert wurden, sind beide Formen hagiographischen Schrifttums - Miracula und Viten
- gleichermaßen hilfreich, da davon auszugehen ist, dass sie geläufige Vorstellungen der Zeitge-
nossen beziehungsweise des Verfassers spiegeln.
Während Miracula-Berichte vor allem Visionen und göttliche Zeichen schildern, verfügen
Heiligenviten über einen größeren Spielraum für mögliche Narrative, für die sich allmählich
ein Kanon von Topoi herausbildete, der je nach Bedarf gewichtet werden konnte. 238 Frühe
Heiligenviten handeln oftmals von Asketen. Hier war die von Athanasios von Alexandria (um

235 Zu den sozialen Hintergründen der Heiligenverehrung siehe: Brown, Peter, „Rise and Function of the
Ffoly Man in Late Antiquity,“ Journal of Roman Studies 61 , 1971: 80-101 . Der Heiligenkult entwickelte
sich aus der Verehrung der Apostelgräber. Ein ritueller Kult, der Apostel- wie Märtyrergräber ist nicht vor
dem Ende des zweiten Jahrhunderts anzunehmen. Eine frühe Beschreibung des voll entwickelten Kults
am Tag der Fleiligen Petrus und Paulus in Rom findet sich uni 400 bei Prudentius (Peristephanon11).
Zur Entwicklung des I Jeiligenkults siehe: Delehaye, Hippolyte, „Les origines du cülte des martyrs,“ Sub-
sidia Hagiographica 20, 1933: 60-119; Baumeister, Theofried „Fltiligenverehrung,“ in: RAC 14, 1988:
95-150; Angenendr, Arnold, Heilige und Reliquien. Die Geschichte ihres Kultes vom frühen Christentum
bis zur Gegenwart (2. überarb. Auflage). München Beck, 1997: 138-148.
236 Cox Miller, 1994: 150.
237 Woods, David, „The Emperor Julian and the Passion of Sergius and Bacchus,“ Journal of Early Christian
Studies 5, 3, 1997: 335-367.
238 Zu den Topoi in der Hagiographie siehe: Pratsch, Thomas, Der hagiographische Topos.Griechische Heili-
genviten in mittelbyzantinischer Zeit, Berlin: DeGruyter, 2005. Siehe auch: Uytfanghe, Marc Van, „Heili-
genverehrung (Hagiographie)“ RAC 14, 1988* 150-183.
Epiphanien Gottes und der Heiligen int Christentum 51

295-373) verfasste Vita Antonii (BHG 140) wegweisend. ’’ In der Folge entstanden nicht
nur einzelne Heiligenviten sondern auch Textsammlungen. Diese konnten Viten verschiedener
Heiliger beinhalten wie die Religiöse Geschichte Theodorets von Kyrrhos (um 393-457), 240 die
Mönchsgeschichte Kyrills von Skythopolis (um 525-559) 241 und die Historia monachorum in
Aegypto.1 ' 1 Die Textsammlungen konnten aber auch aus einzelnen Epidsoden aus dem Leben
Heiliger bestehen, beispielsweise das Pratum spirituale (ca. 600, BHG 1441-1442) des Johan-
nes Moschos. 2 ’ Ein frühes Beispiel für die im Westen verbreiteten Bischofsviten ist die Vita
Martini des Sulpicius Severus (um 363-420, BHL 56 10).244 Sie wurde in den 570er Jahren von
Venantius Fortunatus neu geschrieben 245 und von Gregor. Bischof von Tours (573-594), später
um die Virtutes, die Wunder des Heiligen Martin nach dessen lod, ergänzt 246
Vorn Heiligen Martin von Tours berichtet Venantius Fortunatus, dass man ihn oft mit den
Engeln habe sprechen sehen. Diese Fähigkeit der Protagonisten ist ein Hauptkennzeichen
der hagiographischen Schriften; sie berichten von der Interaktion der Heiligen mit den Men-
schen ebenso wie von ihrer Interaktion mit der göttlichen Sphäre. Nicht immer begegnen die
Heiligen guten Mächten. Oft erweist sich ihre Kraft in der Auseinandersetzung mit Dämonen.
Vom Heiligen Antonius wird berichtet, dass er sich in ein Grab einschloss, in dem er dann über
Tage hinweg von Dämonen aufgesucht wurde.245 Prominent wird von Athanasios die Predigt
des Heiligen wiedergegeben, in der er vor dämonischen Mächten warnt.249 Miracula ereigneten
sich häufig an den Verehrungsstätten der Heiligen: Entweder bei den Reliquien der Heiligen
wie im Fall der Miracula des Stephanos250 oder aber am O r t des Begräbnisses wie im Fall der
Thekla. Laut der Legende verschwand die sterbende Heilige bei Seleukia in der Erde.251 Über
der verehrten Steile befand sich in der Spätantike das Bema der Kirche, wo häufig Wunder
geschahen.252

239 Athanasius von Alexandria, Vita Antonii (SC 400).


240 Theodoret von Kyrrhos, Historia religiosa (SC 234 und 257).
241 Kyrillos von Skythopolis, Historia monachorum (Schwartz (Hrsg.), Leipzig: Hinrichs, 1939).
242 Historia monachorum in Aegypto (Subsidia Hagiographien 34, Festugiere (Hrsg.), Brüssel: Bollandistes,
1961).
243 Johannes Moschos, Pratum spirituale (SC 12).
244 Sulpicius Severus, Vita Martini (SC 133).
245 Venantius Fortunatus, Vita Sancti Martini (Quesnel (Hrsg.), Bd. 4, Paris: Beiles Lettres, 1996).
246 Gregor von Tours, De virtutibus et miraculis S. Martini (Krusch, Bruno (Hrsg,), Hannover: Hahn, 1885:
584-661).
247 Coetibus angelicis uisus saepe atque locutus (Venantius Fortunatus, Vita Martini 2.Y2.2-, Quesnel (Hrsg.),
1996: 34).
248 Athanasius, Vita Antonii 8-9 (SC 400: 156-163).
249 Athanasius, Vita Antonii 39 43 (SC 400: 240-253).
250 Miracula Sancti Stephani (Meyers, Jean, (Hrsg.), Les miracles de Saint Etienne. Recherches sur le recueil
pseudo-augustinien (BHL 7860-7861), Turnhout: Brepols, 2006).
251 Zu den antiken Vorstellungen, die sich hinter dem Verschwinden einer Gottheit in der Erde verbergen,
siehe Johnson, Scott Fitzgerald. „Apostolic Geography. The Origins and Continuity of a Hagiographie
Habit,“ DOP 64, 2010: 5-25, bes. S. 1 1-13.
252 Miracula Sanctae Theclae 17 (Dagron, Gilbert, Vie et miracles de Sainte Thecle. Texte grec, traduction et
commentaire, Brüssel: Societe des Bollandistes, 1978: 334—337).
52 Visionserwartung

Die ältesten Miracula des Heiligen Demetrios von Thessaloniki stammen vom Anfang des
siebten Jahrhunderts?53 Sie werden von einem Erzbischof Johannes erzählt und eingeleitet. Die
Einleitung beschließt er mit folgenden Worten:
Horen wir nun das erste Wunder, das die meisten unter euch sicherlich bereits kennen, denn es ist in
ganz Makedonien und in Konstantinopel bekannt geworden und man hört es nun aus jedem Mund,
denn die Kinder haben es von den Eltern erzählt bekommen?

Hier Enden wir einen wichtigen Hinweis, der Aufschluss über Rezeption und Verbreitung
dieser und ähnlicher hagiographischer Stoffe gibt. Die Erzählungen wurden häufig mündlich
weitergegeben, und nicht selten lagen große Distanzen zwischen dem Ort der Wunder und ih-
ren Rezipienten: Egeria, die Pilgerin aus dern westlichen Mittelmeerraum, brachte vermutlich
eine Kopie der apokryphen Akten des Paulus und der Thekla mit zum Schrein der Heiligen, als
sie diesen in den 380er Jahren bei Seleukia aufsuchte?5 In jedem Fall kannte sie die Heiligen-
legende, die zu jener Zeit noch als apostolisch galt?56 In umgekehrter Richtung nahm sie eine
Abschrift der Briefe zwischen König Abgar und Jesus mit zurück in ihre Heimat. Diese kurze
Skizzierung der Rezeptionsformen hagiographischer Texte - in mündlicher und schriftlicher
Form - soll hier genügen. Das Beispiel Egerias belegt die Verbreitung der Texte selbst über
einen großen geographischen Raum.
Nicht nur über die mündliche oder schriftliche Weitergabe der Texte wurden die Heiligen-
legenden verbreitet, sondern auch durch Bilder. Am Schluss der Erzählung des ersten Wunders
in den Miracula des Demetrios verweist der Verfasser auf ein Bild an der Außenwand der
Kirche, das eben dieses Wunder illustrierte und den Betrachtern glaubhaft vermittelte?58 Die
Dekoration der Außenwände von Hagios Demetrios hat sich nicht erhalten, lediglich einige
der Mosaiken im Kirchenraum haben den Brand von 1917 überstanden. Ein Mosaik an der
Innenseite der Westwand zeigt Demetrios als wunderwirkenden Heiligen mit goldenen Hän-
den vor seinem Ziborium, dem Ort seiner Verehrung im Inneren der Kirche. (Abb. 9) Die
Bilder ergänzten die Berichte seiner Wundertaten und visualisierten die Präsenz des Heiligen
am Ort seiner Verehrung, an dem er selbst immer wieder erschien. So zum Beispiel im dritten
Wunderbericht, in dem Demetrios während der Pest durch die Reihen Kranker geht und sie
mit einem Kreuz kennzeichnet?60 im zehnten Bericht wird erzählt, wie er auf der Liege in
seinem Ziborium sitzend gesehen wird?61 Die wunderbaren Erscheinungen Heiliger sollen im
Folgenden jedoch zurücktreten und der Vorrang den in hagiographischen Quellen überliefer-

253 Zur Datierung der Miracula siehe: Lemerle, Paul, Les plus anciens recueils des miracles de saint Demetrius
et la penetration des Slaves dans les Balkans. Commentaire, Bd. 2, Paris: CN RS, 1981: 79. Zur Verehrungs-
geschichte des Heiligen Demetrios siehe Bauer, Franz Alto, Thessaloniki und der Heilige Demetrios. Eine
Stadt und ihr Patron, Regensburg: Schell und Steiner, 2013.
254 ÄKOUotopev roivvv [. . .] Ttpdnov touös tov Oauparoq, d Kai tone itokkovq vpcov Ttsitetouai pij ayvoeiv, oia
to 7t£pi(pavTov ev ö/.tj nj MaKtäovia Kai rrj paoiVuohap itokci ysyovevai, Kai pe%pt vuv adsoOat itapä roig
cwtavuov otopam. ttaiooiv ek ttatEptov TtapsiLptpo'rcov
Miracula Sancti Demetrii, Prolog, 9 (Lemerle, 1979: 53).
255 Egeria, Itinerarium 23.5 (FC 20: 218).
256 Johnson, 2010: 7.
257 Egeria, Itinerarium 19.19 (FC 20: 202).
258 Miracula Demetrii 1.1.24 (Lemerle, 1979: 56). Siehe auch unten zur theologischen Debatte.
259 Bauer, 2013' 172-178.
260 Miracula DemetriiX.3.42 (Lemerle, 1979).
261 Miracula Demetrii 1.10.89 (Lemerle, 1979: 115).
Epiphanien Gottes und der Heiligen int Christentum 53

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9 Der heilige Demetrios vor seinem Ziborium, Westwand, Hagios Demetrios, Thessaloniki

ten Theophanie-Erzählungen gegeben werden, die im Fokus der Untersuchung stehen. Es soll
gefragt werden, mit welchem visionären Vokabular die Ereignisse aus der relativen Gegenwart
der Verfasser geschildert werden.

Tlieophaniebeschreibungen in hagtographischen Texten

Die Passio Perpetuae, die vor dem Jahr 209 endgültig abgefasst wurde262 und damit eines der
ältesten Beispiele hagiographischer Texte ist, enthält neben der Schilderung der letzten Tage
und des Todes der Protagonisten tagebuchähnliche Aufzeichnungen der Berichte nächtlicher
Visionen Perpetuas und ihres Lehrers Saturus. In ihrer Vision sieht Perpetua eine Leiter, die sie
emporsteigt und auf diese Weise in den Himmel gelangt. Dort angekommen erblickt sie eine
Gottesfigur, von der sie berichtet, sie sei im Habitus eines Hirten erschienen, der Schafe melkt.
Er war umstanden von Heerscharen Weißgekleideter. 26-' Das Hirtenmotiv ist leicht mit der
christlichen Vorstellungswelt in Verbindung zu bringen, und die weißgekleidete Gottesfigur
begegnet bereits in der Vision des Henoch.264 Interessant ist auch das Motiv der Leiter als Ver-

262 Tertullian zitiert die Passio in seinem Werk De anima (Heffernan, Thomas J., The Passion of Perpetua and
Felicity,Oxford: University Press, 2012: 66).
263 „Et vidi spatium immensum horti et in medio scdentem hominem canum, in habitu pastoris, grandem,
oves muigentem; et circumstantes candidati milia tnulta.“ {Passio Perpetuae 4.8 (Heffernan, 2012: 107).
264 Siehe oben Anm. 203.
54 Visionserwartung

Bindung zwischen der göttlichen und der irdischen Erlebniswelt, wie sie schon Bestandteil der
Traumvision Jakobs war.'65 Das Bild der Leiter wird jedoch wenig Nachfolge in den hagiogra-
phischen Visionsberichten finden. Schon die Himmelsreise in der Vision des Saturus kommt
ohne Leiter aus, stattdessen tragen Engel Perpetua und ihn empor
Die Vision des Saturus weist viele Merkmale prophetischer und apokalyptischer TTieopha-
265
nien auf. 266 Saturus und Perpetua werden in dieser Vision von Engeln von der Erde zur hei-
ligen Stadt getragen. Dort angekommen hören sie einen Chor von Stimmen im Inneren das
Trishagion singen (12.2). Daraufhin sehen sie auf dem Thron einen alten Mann mit weißen
Haaren und jungem Gesicht sitzen (12.3), um den herum die Ältesten stehen (12.4). Schließ-
lich werden Saturus und Perpetua vor dem Thron von vier Engeln emporgehoben, damit sie
geküsst werden (12.5). Die Motivik ist bekannt Die Himmelsreise ist ein typisches Element
der Merkavah-Dichtung,26 das Trishagion ist Teil der Thronvision des Jesaja, der Alte der Tage
findet sich im Buch Daniel und die Ältesten sind Teil der Thronvision der Offenbarung. Die
Schilderung des Visionserlebnisses der beiden Märtyrer bedient sich aus einem bekannten Mo-
tivkanon, ohne dass die Sehenden vorgeben, Propheten zu sein oder Aussagen über das nahe
Ende zu machen. Kurz vor ihrem Tod wird ihnen ein Blick auf das Reich Gottes erlaubt, das
sie erwartet. Der bevorstehende Tod einer Person ist in Texten häufig ein Zeitpunkt, der mit
Visionserlebnissen verbunden ist. Bevor Perpetua ihre erste Vision empfing, hatte ihr Bruder sie
darauf hingewiesen, dass sie nun dam it rechnen könne, dass ihr eine Vision Gottes gezeigt (pst-
endatur) werde. 268 Seine Überzeugung mag daher rühren, dass gemeinhin angenommen wurde,
dass Visionen häufig in Verbindung mir Notsituationen beziehungsweise dem nahenden Tod
auftraten. 269 Die Erwartung wurde nicht enttäuscht. Perpetua und Saturus sehen Gott in den
Nächten, in denen sie den Tod im Amphitheater von Karthago erwarten.
Später entstandene Texte, die von Theophanien berichten, lehnen sich ähnlich wie in die-
sem ersten Beispiel an prophetische und apokalyptische Vorlagen an. Die bohairische Vita
des Mönchs Pachomios berichtet davon, wie dieser die Gestalt Gottes im Versammlungsraum
des Klosters sah. Die Füße der blendenden Erscheinung standen auf etwas, das aussah wie

265 Dronke widerspricht der Deutung der Motivik der Vision als christliche Gemeinplätze (Dronke, Peter,
WarnenWriters of the Middle Ages. A Critical Study ofTexts frorn Perpetua ( 1 203) to Marguerite Porete f f
1310), Cambridge: University Press, 1984: 7-9). Seine textimmanente Interpretation kann jedoch wenig
überzeugen. Amat hält dagegen, dass diese Bilder durchaus einen judeo-ch östlichen Ursprung haben
(Amat, Jacqueline, Songes et visions: LAu—delä dans la litterature latine tardive, Paris: Etudes Augustim-
ennes, 1985; 118—122.). Die Milch könnte als Symbol der Eucharistie verstanden werden wie sie bei
Clemens von Alexandria gedeutet wird (Paedagogus 1.6.39—47). Origenes diskutiert die Bedeutung der
Leiter Jakobs und der verschiedenen Himmel in Abgrenzung zu ähnlich gelagerten mithräischen Vorstel-
lungen (Contra Celsum 6.22) und verweist auf die Auslegung Philos (Desomniis 1.22). Hierzu: Quasten,
Johannes, „A Coptic Counterpart to a Vision in the Acts of Perpetua and Felicitas,“ Byzantion 15, 1941:
1-9).
266 Passio Perpetuae 11-12 (Heffernan, 2012: 1 13-115).
267 Die Vision des Dorotheos ist ein eindrückliches Beispiel christlicher Merkavah- und Hekhalot-Dichtung.
Sie schildert die Himmelsreise und die Vision des Palastes Gottes in einem Traum des Dorotheos, ei-
nes Palastwächters aus Konstantinopel, Siehe hierzu Hurst, Andre;Reverdin, Olivier; Rudhardt, Jean,
(Hrsg.), Papyrus Bodmer XXIX. Vision de Dorotheos,Genf: Fondation Bodmer, 1984; Bremmer, Jan, „An
imperial Palace Guard in Heaveu: The Date of the Vision of Dorotheos," Zeitschrift für Papyrologie und
Epigraphik 7 5 , 1988: 82-88.
268 Passio Perpetuae 4. 1 (Heffernan, 2012).
269 Gtegor der Große behauptet, dass die Fleiligen oft in der Nähe der Stunde des Todes erscheinen (Gregor,
Dialoge 4.12.5; SC 260, 52).
Epiphanien Gottes und der Heiligen im Christentum 55

Saphir. 2 Der aus Saphir gemachte Fußboden verweist eindeutig auf die Vision des Hesekiel
(Eies. 1.26). Besonders deutlich formuliert Paulinus von Nola den biblischen Ursprung einer
Vision im 49. Brief Darin gibt er den Bericht der wundersamen Errettung eines Seemanns
wieder. Diesem war Christus nach einem Sturm auf See erschienen. Den Gottessohn, der das
Schiff in den Hafen zurücksteuerte, beschrieb der Alte wie folgt:
Denn der Herr selbst saß ehrwürdig am Heck, bald mit dem eigenen schimmernden Antlitz, wie es
in der Apokalypse [1,14] beschrieben wird, und mit strahlendem Haar, bald mit dem Gesicht seines
270
Bekenners und Freundes, meines Herrn, des gemeinsamen Patrons Felix.271

Die Erscheinung wechselt ihre Gestalt. Einmal erscheint der Retter als der in der Offenbarung
beschriebene Menschensohn, ein arideres Mal als Felix, dessen von Paulinus neu errichtetes
Heiligtum eines der wichtigsten Pilgerstätten im fünften Jahrhundert war. 272 Diese Tatsache
verweist darauf, dass entsprechend der geläufigen Überzeugung die Heiligen das Medium wa-
274
ren, durch welches Gott selbst die Wunder auf Erden wirkte - sie waren Interzessoren.273 Die
Heiligen sind Platzhalter und Verbildlichungen der göttlichen Macht. Als jedoch Christus
selbst im Boot erschien - nicht vermittelt durch das Bild seines Heiligen - entsprach sein Aus-
sehen der Beschreibung des Menschensohns in Apk. 1.14. Diese Anleihe bei dem biblischen
Text wird nicht nur durch die Wort- und Motivwahl deutlich, sondern der Empfänger der
Vision beziehungsweise Paulinus, der die Vision überliefert, ist sich der Quelle dieser Vorstel-
lung selbst bewusst. Göttliche Visionen auf Erden nahmen die Gestalt biblischer Theophanie-
berichte an.
Die Pleroforiae verfasste Johannes Rufus, Bischof von Maiuma (2. I II. 5. Jh.), als Kampf-
schriften gegen das Konzil von Chalkedon. ’ Diese Sammlung wundersamer Geschichten
richtet sich gegen die Unterstützer dieses Konzils, denen in den Erzählungen häufig Schlim-
mes widerfährt. Durch göttliche Zeichen und sogar Zurechtweisungen durch Christus selbst
werden die Befürworter Chalkedons verunglimpft, während Johannes’ Nähe zu Gott und die
Rechtgläubigkeit seiner Protagonisten durch positive Visionen hervorgehoben werden. In der

270 Bohairische Vita, des Pachomios 184 (Veilleux, Armand, Pachomian Koinonia, Bd. 1, Kalamazoo: Cisterci-
an Publications, 1980: 220).
271 ,.Ipse enim dominus nunc suo vultu coruscus, ut in Apocalypsi describitur, et coma fulgidus, nunc con-
fessoris et amici sui, domini mei, communis patroni Felicis ore venerabilis in puppi sedebat.“
(Paulinus von Nola, Ep. 49.3. Text und Übers. FC 25.3: 1012/1013.)
272 Zum Heiligtum von Nola siehe Brandenburg, Hugo, (Hrsg.), Cimitile e Paolino di Nola: la tomba di S.
Felice e il centro di pellegrinaggio; trent' anni di ricerche; atti della giornata tematica dei Seminari di Archeolo-
gia Cristiana, Vatikanstadt: Pontificio Istituto di Archeologia Cristiana, 2003; Lehmann, Tomas, Paulinus
Nolanus und die Basilica Nova in Cimitile/Nola, Wiesbaden: Reichert, 2004.
273 Das Verständnis der Heiligen als Mittler drückt Paulinus von Nola beispielsweise in Carmen 23.43 aus,
als er von den Wundern des Felix spricht, „quas deus in caro Christus Felice frequentat.“ (Surmann, Bea-
te, Licht-Blick. Paulinus Nolanus, Carm. 23. Text und Übersetzung,Trier: Wissenschaftlicher Verlag, 2005:
58). Siehe auch Augustinus, De Civ. Dei 22.9 (CCSL 48: 827); Aug., De cura pro mortuis gerenda 20
(CSEL 4 1: 653—655). Eine weitere Erscheinung des Felix wird von Augustinus überliefert. Von Paulinus
hatte er erfahren, dass der Heilige Felix auch bei einem Angriff der Barabaren auf Nola erschienen war
(Aug. De cura pro mortuis 19; CSEL 41; 652).
274 Johannes Rufus, Pleroforiae (Patrologia Orientalis 8, Nau (Hrsg.), 1912: 3-208). Zu den anti-chalkedoni-
schen Tendenzen siehe: Perrone, Lorenzo, „Dissenso dottrinale e propaganda visionaria: Le Pleroforie di
Giovanni di Maiuma,“ Augustinianum (= XVII Incontro di Studiosi dell’antichtä cristiana, „Sogni,Visioni e
profezie nell’antico cristianesimo“, Rom, 5—7. Mai 1987) 29, 1989: 451-495; Steppa, Jan-Eric, John Rufus
and the World Vision ofAnti-Chalcedonian Culture, Piscataway: Gorgias, 2002: passim.
56 Visionserwartung

18. Pleroforia etwa wird berichtet, dass der Lektor einer Kirche in Jerusalem Zeuge wird, wie
Christus, umringt von vielen Heiligen, den Kirchenraum betritt. ' Christus wird zornig an-
gesichts der Tatsache, dass viele Kerzen in der Kirche nicht brennen oder schlecht platziert
sind und klagt dafür Juvenal, den (angeblich Chalkedon-freundlichen) ersten Patriarchen von
Jerusalem (451-458) an. Diese Textpassage ist ein seltenes Beispiel für eine von Gott selbst
ausgesprochene Zurechtweisung wahrend einer Vision.
Eine besonders ausführliche Schilderung einer Iheophanie ist in der Vita des Petrus Ibe-
ricus2-76 (BHO 955) enthalten. Sie endet mit dem Zusammenkommen der Teilnehmer des
Jüngsten Gerichts „wie es uns oftmals durch die heiligen Propheten und von dem Richter und
Heiland selbst zum Zeugnis vorherverkündigt worden ist. Der Bezug auf biblische Vorlagen
ist also ähnlich deutlich wie im Brief des Paulinus. Erzählt wird eine über drei Tage andauernde
ekstatische Vision des Mönchs Johannes. Er sieht die zweite Wiederkehr Christi. Posaunen
rufen die Menschen auf Erden zusammen, es wird von Naturkatastrophen berichtet (Erdbe-
ben und die Transformation der Elemente) und von Lichterscheinungen, bevor schließlich
zunächst Engel, dann Erzengel, Apostel, Propheten, Märtyrer, dann Cherubim und Seraphim
und schließlich das Zeichen Gottes - das Kreuz - erscheinen. Am Ende werden Christus und
die Glorie Gottes sichtbar und nehmen aut den bereiteten Thronen als Richter Platz. 2 Der
Text übernimmt Motive der prophetischen Theophanien (bspw. Seraphim und Cherubim).
Naturkatastrophen sind ebenfalls Begleiter der Theophanien im Alten Testament, aber auch
in der synoptischen Apokalypse (Mt. 24.4-36; Mk. 13.5-37; Lk. 21.8-36), die hier vor al-
lem Pate gestanden hat und erheblich erweitert wurde: Posaunenschall, Engelscharen und das
Erscheinen des Kreuzes sind auch in den Evangelientexten Ankündigung des Endes (bes. Mt.
24.29-31) enthalten. Die Vision des Mönchs Johannes hat damit zwar starke Wurzeln in den
endzeitlichen Prophezeiungen, sie stellt aber keine Vorhersage des Endes dar. In keiner Form

275 Johannes Rufus, Pleroforia18 (Patrologia Orientalis 8 35). Eine weitere Vision bei der Christus Petrus
dem Iberer umringt von Heiligen und Engeln erscheint siehe Pleroforia 76 (Patrologia Orientalis 8: 131).
276 Johannes Rufus, Vita Petri Iberict 42/43 (Horn, Rebecca; Phenix, Robert (Hrsg.), Leiden: Brill, 2006:
88-91; Raabe, Richard, Petrus der Iberer: Ein Charakterbild zur Kirchen und Sittengeschichte des fünfen
Jahrhunderts: Syrische Übersetzung einer um das Jahr 500 verfassten griechischen Biographie, Leipzig: Hin-
richs, 1895: 44f.).
277 Johannes Rufus, Vita Petri Iberici 43 (Übers. Raabe, 1895: 44).
278 „Einstmals hatte dieser selige Johannes eine Vision und brachte volle drei Tage in diesem Gesicht zu,
ohne mit jemandem zu reden. Er sah aber das zweite furchtbare und herrliche Kommen unseres Herrn
bei plötzlich geöffnetem Himmel und die Ruf-Hörner [1. Kor. 15.52], die Erschütterungen des Erd-
kreises, den Wechsel d.h die Veränderung der Elemente [2. Petr. 3.10.12], alles voll von Licht und
Furcht vor Zerstörung und von Erschütterung und Verwirrung, die vorangehenden Engel und die ersten
Ordnungen der himmlischen Heerscharen, die Engel, die Erzengel, die Mächte, die Herrschaften, die
Herrlichkeiten, die Ordnungen der heiligen Apostel, Propheten, Märtyrer, Gerechten, die Cherube, die
Seraphe und nach ihnen allen das anbetungswürdige Zeichen des Kreuzes des Herrn [Mt. 24.30] und
den Herrn selbst, den Erlöser und Messias, einhergetragen und kommend mit der Herrlichkeit des Vaters
und unaussprechlicher Kraft, die bereiteten Throne [Mt. 19.28; Lk. 22.30; Apk. 20,4; 11.16] und das
göttliche und furchtbare Gericht, welches von alters her viele Male durch die heiligen Propheten und von
dem Richter und Heiland selbst uns zum Zeugnis vorherverkündigt worden ist. Er sah aber nur einen
Altar auf der Erde stehen, welcher ganz dem glich, der noch jetzt bei uns aufbewahrt ist, an welchem
sie beide dienten. Und bei ihm eine Menge heiliger Mönche, die um ihn herumstanden, und jeder von
ihnen hielt einen Stab. Und siehe! plötzlich Hörner- Rufe und Aufruhr der Elemente und wie Wolken,
welche flogen und von jenem Altar die bei ihm stehenden Heiligen fortrissen unserem Herrn entgegen."
(Job. Rufus, Vita Petri Iberici 42—43; Übers. Raabe, 1895: 44E).
Epiphanien Gottes und der Heiligen i m Christentum 57

deutet der Text an, dass die Vision des Mönchs ein prophetisches Zeichen des bevorstehenden
Endes sei. Nach 30 Tagen der Erholung gehr das Klosterleben wie gewohnt weiter.
Ungleich zurückhaltender ist die Anlehnung an biblische Texte in einer der von Kyrillos
von Skythopolis in der Vita Euthymii (BHG (547—648 b) geschilderten Theophanie. Sie ist eine
von vielen Lichttheophanien in hagiographischen Texten. Diese luminösen Erscheinungen
sind so omnipräsent, dass sich Gregor von Tours in der Gloria confessorum nach einer Erklä-
rung für das Phänomen fragt. Er hatte beobachtet, dass oft ein Feuerball von den Reliquien
der Heiligen ausging und führte dies darauf zurück, dass dieses Feuer ein „mystisches Sakra-
ment enthalte. In der Erzählung Kyrills ist jedoch keine Reliquie Ursache der Erscheinung,
sondern das Göttliche manifestiert sich plötzlich während der vom Heiligen Euthymios zele-
brierten Sonntagsmesse. 2 11 Diesem Heiligen sowie dem Fleiligen Sabas widmete Kyrill jeweils
ein Buch, das ihr Leben sowie ihre Wundertaten enthält. Zur Zeit der Abfassung der Vita war
280
279
Euthymius bereits seit 80 Jahren tot.281 Sabas hingegen hatte Kyrill in seiner Jugend noch per-
sönlich kennengelernt, als dieser im Haus der Eltern Kyrills verkehrte.282 Die beiden für das
palästinensische Mönchtum besonders wichtigen Heiligen stilisiert Kyrill durch die Beschrei-
bungen ihrer Wunder zu neuen Moses-Figuren.283 Dies ist beispielsweise im Regenwunder des
Euthymius ersichtlich, der ähnlich wie Moses dafür sorgt, dass seine Anhänger mit Wasser
versorgt wurden 284
Die Vision während der Sonntagsmesse schildert Kyrill im 28. Kapitel der Vita Euthymii.
Während Euthymios die Messe zelebrierte, hielt ein gewisser Domitian den liturgischen Fächer
(zur Abwehr von Insekten während der Eucharistie) und der Sarazene Terebon stand über die
Chorschranke gebeugt. Beim Singen der Anaphora wurden Euthymios und Domitian plötz-
lich von einem Schleier gleißenden Lichts eingehüllt, der nur von dem erschreckten Terebon
und dem Eunuchen Chrysippos gesehen wurde. Die Lichterscheinung war von gleicher Dauer
wie der Gesang des Trishagion. 285 Der dadurch so verängstigte Sarazene gelobte, sich nie mehr
respektlos gegen die Chorschranke zu lehnen. Epiphanien, die sich als Lichtereignisse mani-
festieren, sind häufig in hagiographischen Texten. Das Licht kann Theophanien, Epiphanien
Heiliger und Erscheinungen von Engeln begleiten. Besonders viele Lichtepiphanien finden
sich im Werk Kyrills, das bemerkenswert reich an Visionsberichten ist. Es ist unter anderem
die Rede von einem Mönch, „der Eicht ausstrahlt und ein Haus beleuchtet“, von einer „en-
gelhaften Form in strahlend heller Erscheinung“, von „Männern in strahlendem Licht“.286 Die
Bohairische Vita des Pachomios enthält eine außergewöhnliche Lichtvision: Im Gebet sah Pa-

279 Gregor von Tours, Liber in gloria confessorum 38 (Miracula et Opera minora 1 , Krusch, (Hrsg.), Hannover:
Hahn, 1895: 321; Engi. Übers, in- Glory ofthe Confessors (van Dam, Hrsg.), Liverpool: University Press,
1988: 50). Zum Feuer als theophanisches Element siehe auch Pseudo-Dionysios, De caelestia hierarchia
15.2.
280 Kyrillos von Skythopolis, Vita Euthymii 28 (Schwartz (Hrsg.), 1939: 45).
281 Schwartz, Eduard, Kyrillos von Skythopolis, Leipzig: Hinrichs, 1939: 373.
282 Schwartz, 1939: 409.
283 Flusin, Bernard, Miracle et histoire dans l’oeuvre de Cyrille de Scythopolis, Paris: Etudes Augustiniennes,
1983: 205.
284 Kyrillos, Vita Euthymii 25 „Das Regenwunder“ (Schwartz (Hrsg.), 1939: 38f.).
285 "Ort irßp ovpavoOev KarekOov ETtavco f]7tk©0r| roß 0uoiaoTi]piou tbq rät Ö06vr)g Kai EKakinj/EV töv te
pr.yav EüOüpiov Kai rov paKapirr)v Aopstiavöv Kat ÖispEtvcv äitö äpyrjo rfjg rptoayiou So okoyiag scog
tyupTtkqptbaecoi; aurfK- (Kyrillos, Vita Euthymii 28.1 1 - 1 4 (Schwartz (Hrsg.), 1939: 45).
286 Ocoti käpirovTa Kai röv oikov tpcorKovTa . . . poptpf] rig avyyskiKr] ev EoOfjri äoTpcuiroüon . . . Ecopa yäp
avöpa Ttvä (ponoipöpov. (Schwartz (Hrsg.), 1939: 80.20; 97.26; 132.9).
58 Visionserwartung

chomios eine Theophanie. Gott erschien auf der Ostwand des Versammlungsraums.28 Diese
wurde zunächst ganz golden und darauf erkannte Pachomios ein Bild Christi mit einer Krone
287
auf dem Haupt. Vor dem Bild Christi standen die beiden Erzengel. 288 Schließlich bildete sich
ein grünlicher Lichtstrahl, der sich auf Pachomios zubewegte und ihn mit all seinen Gliedern
ergriff. Die irisch-schottische Vita des Heiligen Kolumba aus dem siebten Jahrhundert zeigt,
w'ie verbreitet die Lichttheophanien im Frühmittelalter waren. In dieser Vita findet sich eine
Geschichte, in der ein Betender den Heiligen sieht, wie er, umgeben von goldenem Licht, vom
höchsten Himmel herab die Kirche betritt.289 Die Lichterscheinung ist so intensiv, dass der
Betende sie nicht aushalten kann und die Kirche verlässt.
Die enthusiastische Übernahme von Visionen in hagiographische Schriften ist jedoch nicht
ungebrochen. Auffallend häufig wird in diesen Texten vor falschen Visionen gewarnt.290 Als Sy-
meon der Ältere beispielsweise mit seinen Anhängern die Wüste auf dem Weg zum Sinai durch-
querte, wurden sie Zeugen einer Erscheinung in menschlicher Gestalt. Sofort fragten sie sich,
ob es sich um eine wahre oder falsche Vision handele.2'11 Während kein Bild einer Theophanie
bekannt ist, das auf sich selbst verweisend die Darstellung als trügerisch identifiziert, existieren
auffällig viele Berichte von Manifestierungen, die sich als falsche, nicht von Gott gesandte
Theophanien herausstellen. Das Musterbeispiel der asketischen Heiligenviten, die Vita Antonii,
beinhaltet zwischen allerlei Erscheinungen himmlischer und teuflischer Mächte eine an den
Leser gerichtete Hilfestellung, wie man göttliche von teuflischen Erscheinungen unterscheiden
kann:292 Die Gläubigen sollen die Vision nach ihrer Herkunft befragen („Was bist du und wo-
her kommst du?“293). Handelt es sich um eine heilige Erscheinung, so werde sich ihre Furcht
in Freude verwandeln.
287 „Looking toward the east wall of rhe sanctuary. [he saw the wall] become all golden; and on ir therc was a
large icon, like a large picture [of someone] wearing a crown on [his] bead. [hat crown w-as glorious in the
extreme; all around its sides were multicolored images which resembled precious stones and which are the
fruits of the Holy Spirit: faith, goodness, fear, mercy, purity, humiüty, righteousness, patience, kindness,
genrleness, temperance, joy, hope, and perfect charity. Before the icon were two great and very augtist
archangels, motionless and contemplating the Lords inrage that had appeared in the assembly room. [. . .]
And at once the ray of fear, after the männer of the sun nsing on the entire world, and without leaving
its place, moved gradually forward toward hiin. That shining ray was very green and its sight wonderfully
terrifying. When fear totiched him, it pinched all his members, his heart, his marrow, and his whole body;
and ar once he feil to the ground and began to writhe hke a fish {Bohairische Vita Pachomii 73; Übers.
Veilleux, 1980: 95f.).
288 Diese Beschreibung scheint auffällig von der visuellen Kultur Ägyptens geprägt zu sein und imitiert die
verbreitete Motivik von Apsisdekorationen, die aus den Klöstern in Bawit und Saqqara bekannt sind.
Saal 6 in Bawit war ein solcher Versammlungsraum mit einer Nische in der Ostwand. Der in der Nische
dargestellte Christus (umgeben vom Tetramorph Hesekiels, welches das Bild als Vision kennzeichnet)
wird gerahmt von den inschriftlich bezeichneten Erzengeln. Genau dieses Bild entsteht vor dem Auge des
betenden Pachomios. Im Umkehrschluss legt dies nahe, dass die Bilder in den Nischen der Klöster von
Bawit und Saqqara als Bilder von Theophanien wahrgenommen wurden. Zu den mystischen Visionen
des Pachomios siehe: Guillaumont, Antoine, Aux origines du monachisme chretien ( = Spiritualite orientale
30), Begrolles: Bellefontaine, 1979: 140-144.
289 Cum eo [d.i. Kolumba] aurea lux de summa caeli. (Vita Columbae 3.19; Anderson, Alan Orr; Anderson,
Marjorie Ogilvie, (Hrsg.), Adomnans Life of Columba, London. Nelson, 1961: 120a.)
290 Bereits in der Antike war die Sorge vor falschen Visionen besonders in der Traumdeutung verbreitet.
Siehe bspw. oben Anm. 121.
291 Theodoret von Kyrrhos, Historia religiosa 6.7 (SC 234: 354).
292 Athanasius, Vita Antonii 43 (SC 400: 252).
2 93 Tig et, Kai itdOev; (Athanasius, Vita Antonii 43; SC 400: 252).
Epiphanien Gottes und der J ieiligen im Christentum 59

Die Vita des heiligen Martin von Jours stellt eine westliche Übernahme der Tradition as-
ketischer Viten dar, die Athanasios von Alexandria mit der Vita Antonii begonnen hatte. Der
Heilige, der sich auf eine Insel zuruckgezogen hatte, um dort ein eremitisches Leben zu führen,
empfing eines Tages eine Vision, die eine ungewöhnlich reich ausgestaltete Theophanie bein-
haltete. Diese Erscheinung leitet Sulpicius Severus mit der Bemerkung ein, dass sich kürzlich
ein Betrüger in Spanien als Elias und dann als Christus ausgegeben habe. Er nennt weitere
falsche Propheten zu jener Zeit und beginnt dann mit seinem Bericht der Vision Martins:
Dieser habe Christus gesehen, umgeben von purpurnem Licht (circumiectus luce purpured), er
habe königliche Gewänder getragen (veste regia) und eine gemmengeschmückte Krone (dia-
demate ex gemmis auroque) und habe einen heiteren Gesichtsausdruck (/zzcta facie) gehabt. 294
Die Beschreibung derselben Episode bei Venantius Fortunatus ist noch um einiges reicher an
Motiven, folgt aber der älteren Vorlage.295 Die Christusgestalt spricht nun zu Martin: „Ich bin
Christus, im Begriff auf die Erde herabzusteigen, aber wollte mich dir zuvor zeigen . 296 Die
Vision stellt also Christus in seiner Erscheinung wie bei der zukünftigen Wiederkunft, aber
bereits in der Gegenwart dar. Martin zweifelt aber an ihrer Authentizität, denn die königlichen
Gewänder und das Fehlen der Wundmale sind für ihn ein Hinweis darauf, dass es sich um den
Teufel in der Gestalt Christi handeln muss. 297 Der Teufel benutzte eine Ikonographie, wie sie
zum Feil auch spätantike Darstellungen Christi verwenden sollten. Die Frage nach Anleihen
der Christusdarstellungen in der imperialen Ikonographie wurde in der Forschung intensiv
diskutiert29 und werden in Kapitel 11.2. noch eingehend besprochen. Ein bekrönter Christus
ist jedoch in der visuellen Kultur der Spätantike nicht bekannt. Während sich der Teufel also
in der Erzählung des Sulpicius durchaus an zeitgenössischen Vorstellungen der Erscheinung
Christi orientiert, wird sein Betrug nur durch die übertriebene Motivik - noch gesteigert in der
Version des Venantius Fortunatus — offensichtlich
Vergleichbare Berichte gegenwärtiger göttlicher Erscheinungen, die sich als Täuschungen
herausstellen, finden sich in vielen hagiographischen Texten. Eine der Wundererzählungen im
Pratum spirituale des Johannes Moschos (540/550-620) und eine weitere in der Historia Lau-
siaca des Palladios von Galatien ( t um 430) berichten von ähnlichen Begebenheiten. Die 226.
Erzählung im Pratum spirituale (BHG 1448i) handelt vom leichtgläubigen Mönch Paulos,
der, nachdem er ins Kloster eingetreten war, von einem Dämon in Engelsgestalt aufgesucht
wurde.299 Dieser Dämon versprach dem Mönch göttliche Visionen am folgenden Tag. Tat-

294 Sulpicius Severus, Vita Martini 24 (SC: 133: 306—309; PL 20: 174B).
295 Venantius Fortunatus, De Vita Sancti Martini 2. 283-328 (Quesnel (Hrsg.), 1996: 41-44).
296 „Christus ego sum. Descensurus ad terram prius tne nianifestare tibi volui.“ (Sulpicius Severus, Vita
Martini 24.5; SC 133: 308).
297 Sulpicius Severus, Vita Martini 24.7 (SC 133: 308).
298 Siehe bspw. Grabar, 1936; Mathews, 1999: passim. Zu Mathews Thesen siehe die Rezensionen von Jo-
hannes Deckers zu den beiden Auflagen: Deckers, Johannes G., „Rezension zu T. F, Mathews, The Clash
of Gods. A Reimet pretation of Early Christian Art (Princeton 1993),“ Byzantinische Zeitschrift 89, 1996:
478-488 und Deckers, Johannes G., „Rezension zu T. E Mathews, The Clash of Goels. A Reinterpretati-
on of Early Christian Art. Revised and Expanded Edition (Princeton 1999),“ Byzantinische Zeitschrift
2001:736-741.
299 Griechischer Text abgedruckt in: Nissen, Theodor, „Unbekannte Erzählungen aus dem Pratum Spiritu-
ale,“ Byzantinische Zeitschrift 38, 1938: 351-376, Nr. 7. Engi. Übers, in: Wortley, John, (Hrsg.), John
Moschus. The Spiritual Meadow (Pratum Spirituale), Kalamazoo: Cistercian Publications, 1992: 203.
60 Visionserwartung

sächlich erblickte er am nächsten Tilg Heerscharen von Engeln, die ein Feuerrad umgaben. ’ ’
Im Zentrum des Feuerrades erkannte er eine Person, die er für Christus hielt. Als der Mönch
nun die Theophanie anbeten wollte, bekam er einen Stoß von einem seiner Brüder, so dass er
herumfuhr. Als er sich wieder umwandte, war die Erscheinung verschwunden und der Mönch
erkannte, dass es eine dämonische Vorspiegelung gewesen war. Wiederum tritt hier die falsche
Theophanie in Gestalt allgemein bekannter Vorstellungen auf. Christus, umgeben von einem
Lichtkranz und Engeln, ist eine geläufige Ikonographie für Theophanien und dem Mönch
offensichtlich vertraut (bspw. die Erscheinung Christi im Rabbula Codex, Ms. Plut. I, 56, fol.
1 3v, Tf. 8). Auch die Vision des Valens in der Historia Lausiaca berichtet von der visuellen An-
ordnung einer theophanischen Erscheinung, in der Christus, umgeben von tausend lampen-
tragenden Engeln, in einem feurigen Reifen erscheint. Anders als der Mönch Paul erkennt
Valens seinen Irrtum nicht und betet den Dämon an.
Visionen in hagiographischen Texten hatten mehrere Funktionen. Die häufigen Warnun-
gen vor falschen Visionen dienten vor allem dazu, die Autorität des jeweiligen Textes und
der übrigen (echten) Visionsberichte dann zu sichern. Wie im folgenden Abschnitt dargelegt
werden wird, war das Phänomen von Heiligenvisionen nicht unumstritten, sondern Zweifel
an ihrer Authentizität wurden regelmäßig angemeldet. Indem Autoren wenige Visionsberichte
herausgriffen und diese scheitern ließen, wurden die Übrigen umso glaubwürdiger. Die Vi-
sionserwartung war immer auch mit einer Angst vor der Manipulation durch dämonische
Kräfte verbunden, und erst das Erkennen und Aussondern der falschen Visionen verlieh den
vermeintlich göttlichen Visionen ihre Existenzgrundlage. Eine weitere Funktion der Visions-
berichte ist die Vermittlung einer oft explizit formulierten Moral beziehungsweise einer kon-
kreten Handlungsanweisung an den Empfänger der Vision im Text und damit auch an den
Leser. Beispielsweise in der 18. Erzählung der Pleroforiae berichtet Johannes Rufus davon, wie
Christus den Lektor einer Jerusalemer Kirche und Juvenal, den Patriarchen von Jerusalem, we-
gen des Zustands der Kirche und ihrer Beleuchcungssituation zurechtweist. ’02 Solch expliziten
moralischen Deutungen können jedoch weniger problematisch durch lokale Fleilige formuliert
werden. Einer Erscheinung des christlichen Gottes eine Aussage in den Mund zu legen, konn-
te hingegen leicht als Häresie ausgelegt werden, denn die Worte Christi sind allesamt in der
Bibel - und in einigen apokalyptischen Schriften - enthalten. Aus diesem Grund war Vorsicht
geboten bei der Neuschöpfung weiterer Weisungen Christi.
Die Schilderungen theophanischer Ereignisse in hagiographische Schriften halten sich da-
rum mit Moralaussagen zurück. Die Deutung von Bildern hingegen ist weniger explizit und
obliegt vielmehr dem Rezipienten (Tituli bilden die Ausnahme). Dass Bilder trotzdem eine
ungeheure Macht und durch die Bildsprache und aktive Bildpropaganda gewaltiges Potential
entwickeln können, ist nicht unmittelbar ersichtlich. Während sich das Unwohlsein gegenüber
göttlichen Visionen in Texten bereits früh äußerte und mit einer Scheidung in wahre und
falsche Visionen dagegen gesteuert wurde, brach es sich in Bezug auf die Bilder erst nach und

300 I luparaSiv cöq öyyeVov 5fj9sv Vtptpoipöpwv Kai rpoyöv miptvov. (Johannes Moschus, Pratum spirituale
226, Nissen, 1938: 360.1-2).
301 „In effigiem salvatoris transfiguratus nocte ad eum venit cum choro quodam mille, ut finxerat, angelorum
lampadas accensas tenentium et cum flammea rota, in qua salvatorem sedere simulaverat.“ (Palladius
von Helenopolis, Historia Lausiaca 25.5; Wellhausen, Adelheid, Die lateinische Übersetzung der Historia
Lausiaca des Palladius, Berlin: DeGruyter, 2003: 580).
302 Siehe oben Anm. 275.
Epiphanien Gottes und der Heiligen im Christentum 61

304
nach und vollends erst in der Zeit des Ikonoklasmus Bahn.303 Die Ablehnung der Bilder im
Ikonoklasmus spiegelte die Kraft der Bilder als Mittel der politischen Einflussnahme.303 Lange
Zeit schien es also ratsamer, die Erscheinungen Gottes visuell abzubilden, anstatt sie mir einer
Interpretation versehen niederzuschreiben. Die Bildproduktion scheint umgekehrt zurückhal-
tender gewesen zu sein, was die Darstellung von Wundern Heiliger betrifft - zumindest sind
derartige Beispiele kaum erhalten. In hagiographischen Texten jedoch treten sie sehr häufig auf,
wenn sie auch nicht unumstritten waren, da ihnen jegliche biblische Autorität fehlte.
Besonders Miracula sind reich an Erzählungen die von den Epiphanien Heiliger berichten.
Eindrücklich schildert der Erzähler der Wunder des Protomärtyrers Stephanos die Unmittel-
barkeit der Erscheinung des Heiligen in Uzalis: Der Heilige würde sich außer in Träumen auch
„in menschlicher Form in körperlichen Erscheinungen auf dem Forum, vor Gericht, bei Ta-
geslicht, durch Augenzeugen bei einer Versammlung des Volkes, der Angesehenen und einem
hohen Würdenträger [...]“ zeigen. 305 Die Miracula der Heiligen Thekla informieren den Leser,
dass sich die Heilige gern in einer Grotte westlich der Kirche bei Seleukia, in der sie verehrt
wird, zeigt, „da sie die Ruhe und Einsamkeit liebt.“306 Die Vita Euthymii berichtet davon, dass
der Mönch Paulus beim nächtlichen Beten in einer ekstatischen Vision zunächst den Eindruck
hat, er sei an einem „ehrfurchtgebietenden Ort (sic; tottov (poßspöv), bevor Euthymius im
Licht strahlend erscheint (OstDpto töv aytov (pcoxi änaoTpÖOTTOVTa).307 Die Epiphanien Heiliger
sind reduzierter als die Theophanien, oft sind sie jedoch ähnlich wie diese mit Lichterscheinun-
gen verbunden. Die sprachlichen Bilder zur Beschreibung dieser Ereignisse werden häufig aus
den prophetischen Visionsberichten entlehnt, eine Strategie, die bei den Bildwerken in Kapitel
II.3. noch zu beobachten sein wird.

Heiligenkult und Wundertätigkeit in der theologischen Debatte


Heiligenerscheinungen und dlieophanien nahmen einen zentralen Platz in der kulturellen Pro-
duktion der Spätantike ein. Ihre Verarbeitung in literarischen Texten war Spiegel und Objekt
der Visionserwartung der Zeitgenossen. Diese Erwartung war jedoch nicht blind und ungebro-
chen. Vielmehr wurde das Phänomen durchaus ernst genommen und hinterfragt, wie die leb-
hafte theoretische Debatte beweist, die darum entstand. Ihema dieser Diskussion sind wohl-
gemerkt nicht Eheophanien und göttliche Zeichen, deren Empfänger Heilige häufig waren,
sondern die Frage, ob Heilige nach ihrem Tod sichtbar - in Form von Visionen - Handlungen
vollbringen konnten. Die Auseinandersetzung dokumentiert die Relevanz visionärer Erschei-
nungen in der Gedankenwelt der Spätantike

3 0 3 Nicht gemeint sind hier die früh einsetzenden Diskussionen über den Umgang mit dem allgemeinen
Bilderverbot im Christentum, etwa in Eusebios’ Brief an Konstantia (zitiert in: Mango, 1972: 16E).
304 Anderson, Benjamin, „Classified Knowledge: The Epistemology of the Statuary in the Parastaseis Synto-
moi Chronikai,“ Byzantine and Modern Greek Studies 35, 1 , 20 1 1 : 1—19, bes. S. 19. Siehe auch: Brede-
kamp, Horst, Kunst als Medium sozialer Konflikte. Bilderkämpfe von der Spätantike bis zur Hussitenrevolu-
tion, Frankfurt/Main: Suhrkamp, 1975.
305 Nunc uero euidenter et oculata fiele hutnani habitus corporales apparitiones et demonstrationes in foro,
in iudiciis, in iuce diei, et conuentu populorum, ordinum, dignitatis hormnibus uigilantibus et uidenti-
bus exhibitas per ipsum amicum Dei (Miracula Sancti Stephani 2. 5. 5-8; Meyers (Hrsg.), 2006: 346).
30 6 Taoi ydp rtveg ra Tt/.eiota Kal sv towcp Starpißetv aurqv, tbo äv rjetuyiag re spcöoav Kai cpiV.pr|pov onoav.
(Miracula Sanctae Theclae 36. 24E; Dagron (Hrsg.), 1978: 388).
307 Kyrillos von Skythopolis, Vita Euthymii 50 (Schwartz (Hrsg.), 1939:73. 1 2 und 18).
62 Visionserwartung

Gregor der Große, Bischof von Rom in den Jahren 590-604, schrieb die vier Bücher seiner
Dialoge vermutlich als Antwort auf wiederholte Nachfragen göttliche Visionen und die Aktivi-
tät der Heiligen nach ihrem Tod betreffend.308 Lange Zeit hatten sie als minderwertige Werke
des großen Bischofs gegolten, obwohl sie sich an elitäre Kreise richteten und den Diskurs
am päpstlichen Hof wiedergeben.309 In der seit der Antike bewährten Form der Wechselrede
begegnet Gregor den Einwänden und Nachfragen des Diakons Petrus. Die Gespräche drehen
sich um die Wundertätigkeit der Heiligen und beginnen mit der polemischen Bemerkung des
Diakons, dass ihm kein Wunder irgendeines heiligen Mannes in ganz Italien bekannt sei. 31'1 Die
sich anschließenden vier Bücher bieten eine überwältigende Fülle an wunderbaren laten und
Visionen vieler verschiedener Heiliger, allen voran des Heiligen Benedikt. ’
Das vierte Buch der Dialoge beschäftigt sich mit der Aktivität der Heiligen nach dem Tod
und ihrer sichtbaren Erscheinung unter den Lebenden. Bezeugt werden diese Vorkommnisse
in der Regel durch Zeugen, die in Verbindung zur Gegenwart der Sprecher stehen.312 Im An-
schluss an die Erzählung vorn Mönch Merulus, der eine nächtliche Vision hatte,313 fragt der Di-
akon Petrus, ob man denn die nächtlichen Visionen ernst nehmen müsse. 1 Gregor antwortet
darauf, dass Visionen durchaus ernst zu nehmen seien und zählt sechs Ursachen für Visionen
auf:315 Visionäre Träume können von einem vollen oder einem leeren Magen erzeugt werden;
es kann sich um dämonische Illusionen handeln, teilweise in Verbindung mit den eigenen
Gedanken. Diese vier Arten sind keine göttlichen Träume. Die folgenden beiden Ursachen, die
Gregor nennt, hingegen schon. Es kann sich nämlich auch um Offenbarungen durch Visionen
in Träumen handeln, also um göttliche Eingebungen. Die sechste Möglichkeit besteht darin,
dass diese Offenbarungen zusammen mit den eigenen Gedanken auftreten. Als Beispiel hierfür
nennt Gregor die Visionen des Nebukadnezar, die Daniel mit Hilfe seines Geistes entschlüsselt.
Wieder begegnet hier die Warnung vor falschen Visionen. Die Abgrenzung von diesen unter-
stützt die Glaubwürdigkeit der göttlichen Visionen, die Gregor wiederholt betont: „Jemand,
der nicht an die Visionen glaubt, ist ein Ungläubiger“ {qui esse inuisibilis non credit, profecto
infidelis est)f (' behauptet er. Gregor von Nazianz bestätigt in Bezug auf die Visionen Jesajas
und Hesekiels, dass nächtliche Visionen für jedermann wahrnehmbar wären. Über Visionen
bei läge sagt Gregor jedoch, sie können nur von Heiligen gesehen werden
Der Historiker Mathew dal Santo untersucht die Rhetorik Gregors in einer Studie zur
Debatte um den Heiligenkult und zum Vertrauen in die Miracula der Heiligen im sechsten

308 Gregor der Große, Dialoge (SC 260 und SC 265).


309 Dal Santo, Matthew, Debating the Saints 1 Cult in the Age of Gregory the Great, Oxford: University Press,
2012: 30; Petersen, Joan, The Dialogues of Gregory the Great in their Late Antique Cultural Background,
Wetteren: Universa, 1984: xv.
310 „Non ualde in Italia aliquorum uitam uirtutibus fulsisse cognui.“ (Gregor, Dial. 1. Prolog; SC 260: 14.)
311 Gregor, Dialoge 2 (SC 265: 120-249).
312 Dal Santo, 2012: lOlf.
313 Gregor, Dial. 4.49 (SC 265: 171£).
314 „Doceri uelim si hoc quod per nocturnas uisiones ostenditur debeat obseruari.“ (Gregor. Dial. 4.50.1; SC
265: 172.)
315 Gregor, Dial. 4.50 (SC 265: 172-177).
316 Gregor, Dial. 4.1.6 (SC 265: 22).
317 [...] Kat raura eite epavraaia rtc qv qpspivq, povot; Ostopqrq toi; äyiotg, eite coOktö; fopeuSq; öytg,
eite tou qyepoviKoö rottwot; ovyyivopevq toi; peVouoiv w; Ttapoüotv, eite ti aXLo TtpotpqTEtac r.tÖoc
äitoppqTOv, oük £%oi Xsystv. (Gregor von Nazianz, 'Theologische Reden/Logoi theologikoi 2.19; FC 22: 134).
Epiphanien Gottes und der Heiligen im Christentum 63

und siebten Jahrhundert.518 Er interpretiert Gregors flammende Unterstützung und unbeding-


te Rechtfertigung der Realität von Wundern als Reaktion auf weit verbreitete Zweifel an den
Miracula. Ähnliches haben bereits zuvor Gilbert Dagron in Bezug auf die byzantinische und
Steven Justice in Bezug auf die mittelalterliche Kultur formuliert.31 1 Dagron schließt aus der
Untersuchung der Erdtapokriseis des Anastasius Sinaita und dem Buch des Eustratios von Kon-
stantinopel Über den Zustand der Seelen nach dem Tode (De statu animarum post mortem),
dass sich seit dem Ende des sechsten Jahrhunderts Zweifel an dem Heiligenkult und seiner
bildgewaltigen Propaganda bemerkbar machten. Dagron führt dies darauf zurück, dass der
Heiligenkult und seine Praktiken keinen Rückhalt in der Heiligen Schrift hatten.320 Eustratios’
Argumentation, die sich für die Aktivität der Heiligen nach dem Tod ausspricht, basiert auf
dem Vergleich der Sichtbarwerdung Heiliger mit biblischen Berichten der Erscheinung von
Personen nach deren Tod. Eustratios nennt zum Beispiel den Propheten Jeremias, der im zwei-
ten vorchristlichen Jahrhundert der jüdischen Armee erschien (2. Makkabäer 2. 1-3) 321 und
Moses und Elias, die bei der Transfiguration zu Christus sprachen.322 Auch Augustinus bestä-
tigt, dass „die Toten in Träumen oder auf andere Weise den Lebenden erscheinen“. Er räumt
jedoch ein, dass weder die Lebenden noch die Toten sich ihrer Präsenz in den Visionen der
Träumenden bewusst seien.324 Gregor schließlich führt als Beweis für die Authentizität der Mi-
racula der Heiligen die große Zahl von Augenzeugenberichten an, mit denen er die vier Bücher
seiner Dialoge füllte. Besonders oft geschehe es, so Gregor, dass „die Heiligen des Himmels in
der Nähe der Stunde des Todes erscheinen.“ Dal Santo argumentiert, dass das Eintreten für
die Miracula durch die Kirchenväter ihre Ursache in einer verbreiteten Ablehnungshaltung den
Wunderberichten gegenüber hatte.326 Zur Stützung der Ihese führt er auch hagiographische
Quellen an, die zeigen, dass diese Texte gegen den Zweifel an ihnen selbst anschreiben,32 ' etwa
wenn der Autor der Miracula der Fleiligen Kosmas und Damian betont, dass die Wunderberichte
nicht als bloße Illusion gelten dürfen und Leute, die dies glauben, töricht seien.328 .Allerdings
ist die Unwahrscheinlichkeit der Wunder ihr zentrales Charakteristikum und Alleinstellungs-
merkmal. Wenn also die Tatsache, dass die Wunderberichte angezweifelt wurden, als indirekt
bewiesen gelten kann, so ist es doch schwierig, das Ausmaß der Akzeptanz beziehungsweise der
Skepsis zu greifen.
Die Schriften des Augustinus von Hippo demonstrieren am deutlichsten, wie Zweifel und
Überzeugung alternierten. Lehnte Augustinus zunächst die Möglichkeit der Wundertätigkeit
von Heiligen ab, so änderte sich seine Auffassung, nachdem er mit den Reliquien des Heiligen

318 Dal Santo, 2012.


319 Dagron, Gilbert, „L’ombre d’un deute - L’hagiographie en question, VIe-XIe siede,“ DOP 46, 1992:
59—68; Justice, Steven, „Did the Middle Ages Believe in Iheit Miracles?,“ Representations 103, 1, 2008:
1-29.
320 Dagron, 1992: 68.
321 Eustratios, De statu animarum post mortem (CCSG 60: 409-428).
322 Eustratios, De statu animarum (CCSG 60: 553-575).
323 „Feruntur quippe mortui nonnulli uel in somniis uel in alio quicumque modo adparuisse uiuentibus.“
(Augustinus, De cura pro mortuis gerenda 12; CSEL 41: 639).
324 Augustinus, De cura pro mortuis gerenda 12 (CSEL 41 : 640).
325 Gregor, Dial. 4.12.5 (SC 260: 52; BKV 2.3: 200).
326 Dal Santo, 2012:22-148.
327 Dal Santo, 2012: 149-236.
328 "Iva öe |tf] tpavtaoiav rqv rtov ayüov Ttapäoraaiv vojügeiev ttq, öitep tcov kövu Xiav aippövcov. (Mir. Cos-
mae et Damiano 12; Festugiere (Hrsg.), 1971: 125).
64 Visionserwartung

Stephanos in Berührung gekommen war, die unweit seines Bischofsitzes in der Stadt Uzalis
verehrt wurden. Bereits zwei Jahre nach deren Ankunft in Uzalis weiß Augustinus von 70
330
Wundern zu berichten.329 Seine Haltung reflektiert die Wertschätzung, welche die Reliquien
und die ihnen zugeschriebene Wundertätigkeit erfuhren. Auch Paulinus von Nola ist überzeugt
von der wundertätigen Kraft der Heiligen. In Bezug auf das von ihm neu errichtete Pilgerzen-
trurn des Heiligen Felix in Cimitile behauptet er sogar, dass Wunder dort täglich geschähen.
Sicherlich war diese Äußerung auch durch ein gewisses Eigeninteresse des Bischofs motiviert,
aber darüber hinaus darf gefragt werden, ob die Erfahrung eines Wunders wahrscheinlicher in
außergewöhnlichen Situationen beziehungsweise außergewöhnlichen architektonischen Kon-
texten war. Sowohl das Sterben, der Besuch eines Heiligtums am Ende einer Pilgerfahrt als
auch das Aufsuchen eines Sakralraums bedeuten einen Eintritt in einen alteritären Raum und
begünstigte somit eine veränderte Wahrnehmung.

Alttestamentlu he Theophanien und die Möglichkeit Gott zu sehen


Die Apsis von San Vitale ziert eine Theophaniedarstellung des auf einem Globus thronenden
Christus in einer idealen Landschaft. (Tf. 9) Links und rechts wird die Szene von zwei alttes-
tamentlichen Iheophanien gerahmt: Moses auf dem Berg Sinai auf der Nordwand und dem
gegenüber die Szene am brennenden Dornbusch (Tf. 10 und 11). Die Nordlünette ziert eine
weitere Theophanieszene: Abraham und die drei Jünglinge an der Eiche von Mamre. Dem
gegenüber befindet sich die Darstellung des blutigen Opfers Abels und des unblutigen Opfers
Melchisedeks. Dieses Feld wird bekanntlich als Präfiguration der christlichen Eucharistie ge-
deutet, und verweist somit auf den theophanisch besonders aufgeladenen Moment der Liturgie.
Aber auch die alttestamentlichen Theophanien wurden in der Spätantike als Präfigurationen
der Erscheinung Christi begriffen. Die Apologeten und Kirchenväter gingen sogar davon aus,
dass es Christus war, der Abraham, Moses, Daniel, Flesekiel, Jesaja und den anderen Propheten
erschienen war. Im Folgenden soll die Debatte um die visionäre Erscheinung Christi in den
alttestamentlichen Prophetien nachgegangen werden. Eng damit verbunden ist die Frage nach
der generellen Möglichkeit von Theophamen für die Menschen der Spätantike. Diese war eine
realistische Erwartung, wie nicht nur die Bilder zeigen, sondern auch die theologischen Texte.
Die meisten spätantiken Theologen teilten die Meinung, dass Gott in den Visionen des
Alten Testaments tatsächlich sichtbar gewesen war. Besonders deutlich formulierte Theodoret
von Khyrrhos, dass Gott grenzen- und körperlos ist und darum den verschiedenen Sehern des
Alten Testaments in unterschiedlicher Form erscheinen konnte.331 Daran schloss sich die Frage
an, ob und in welcher Form Christus dabei eine Rolle spielte. Von den Theologen zwischen
dem zweiten und vierten Jahrhundert wurde mehrheitlich die Meinung vertreten, die Prophe-
ten hätten den Sohn Gottes ohne Einschränkungen gesehen. Christus wurde als Akteur in den

329 Augustinus, De Civ. Dei 22.8 (CCSL 48: 815—827) In der 317. Predigt weist Augustinus auf die „Wohl-
taten“ hin, für die die Reliquien des Heiligen Stephanos verantwortlich sind: „Exiguus pulvis tantum
populum congregavit: cinis latet, beneficia patent. Cogitate, charissimi, quae nobis Deus servet in regione
vivorum, qui tanta praestat de pulvere mortuorum. (Serino 317.1; PL 38- 1435.) Siehe dazu Lancel,
Serge, „Saint Augustin et le miracle,“ in: Les miracles de Saint Etienne. Recherches sur le recueil pseudo-
augustinien (BHL 7860—7861), Meyers, Jean (Hrsg.), Turnhout. Brepols, 2006: 69—77.
330 „Cernimus illa diern spectari sueta [miracula] per omnern.“ (Paulinus von Nola, Carmen 23.45; Sur-
mann, 2005: 58).
331 Theodoret von Kyrrhos, Commentaria in Danielem 7.9-10 (PG 81. 1421 B-C).
Epiphanien Gottes und der Heiligen im Christentum 65

Theophanien des Alten Testaments erkannt.” Beispielsweise postulierte Justin der Märtyrer
Jesu Präsenz in der Gestalt eines der Engel bei der Iheophanie von Mamre.333 Ambrosius iden-
tifizierte Christus mit der Stimme, die aus dem Dornbusch zu Moses sprach 4 und Eusebius
behauptete, Jesaja habe bei seiner Vision Christus gesehen. Durch diese Argumentationswei-
se traten die Apologeten und frühen Kirchenväter den Beweis an, dass Christus der rechtmä-
ßige Sohn Gottes ist
In der Folge setzte sich ein stärker spiritueller Ansatz für die Erklärung der Theophanien
durch, der die Rhetorik variierte und abschwächte. Die späteren Theologen formulierten nicht
mehr, dass Christus vollständig sichtbar in den prophetischen Theophanien erschien, sondern
vielmehr präfiguriert wurde. Dies kommt bereits in den Schriften Tertullians (um 160 - um
225) zum Ausdruck, der im 14. Kapitel seines Buches Gegen Praxeas darlegte, wie Gott, ob-
wohl unsichtbar, von den Propheten gesehen werden konnte.337 Er löst das Problem indem er
behauptet, Gottvater sei in seiner ganzen Elerrlichkeit schlicht nicht sichtbar, der Sohn sei aber
sichtbar. Durch den Sohn konnten die Propheten Gort sehen, führt Tertullian aus, allerdings
nur in soweit, als es der menschlichen Vorstellungsfähigkeit entsprach.338 Diese Ansicht, die als
Maß der Sichtbarkeit Gottes die jeweilige Fähigkeit des Einzelnen setzt, findet sich in der Folge
wiederholt im christlichen Denken, so unter anderem bei Origenes339 und in den Acta Petri.540
Elm diese einschränkende Ansicht zu belegen, zitiert Fertullian die Passage 1. Korinther 13.12,
die zentral für die Frage der Kirchenväter nach der Sichtbarkeit Ghristi war: „Jetzt schauen wir
in einen Spiegel und sehen nur rätselhafte Umrisse, dann aber schauen wir von Angesicht zu
Angesicht.“ Tertullian hält Praxeas somit entgegen, dass Gott sehr w'ohl gesehen werden könne,
allerdings nur teilweise „gemäß menschlicher Fähigkeiten“ wie „in einem Spiegel und einem
Rätsel, in Visionen und Träumen und also in imaginärer Form.“341

332 Kloos, Kari, Christ, Creation, and the Vision of God. Augustines Transformation of Early Christian Theopha-
ny Interpretation, Leiden: Brill, 2011: 2 und 13—44. Siehe hierzu auch Christman, Angela Russell, What
Did Ezekiel See? Christian Exegesis of Ezekiel’sVision of the Chariot From Irenaeus to Gregory the Great,
Turnhout; Brepols 2005, bes. S. 63—98. Siehe auch Christman, 2005: 66.
333 Justin Märtyrer, Dialogus cum Tryphone 56.1 (Bobichon (Hrsg.), Friboutg: Academic Press, 2003: 322).
Siehe hierzu: 'Thunberg, Lars, „Early Christian Interpretations of the Three Angels in Gen. 18,“ Studia
Patristica 7, 1966: 560-570; McGinn, Bernard, ,,‘Trinity Higher Than Any Being!’ Imagining the Invi-
sible Trinity,“ in: Ästhetik des Unisichtbaren. Bildtheorie und Bildgebrauch in der Vonnoderne, Ganz,
David, Leutes, Thomas (Hrsg.), Berlin: Reimer, 2004: 77-94, bes. S. 79f.; Kloos, 201 1: 18.
334 „Non Pater in rubo, non Pater in eremo, cum angelo: sed Filius Moysi locutus est. [...] Hic est ergo qui
Legem dedit.“ (Ambrosius, De fide 1.13.83; PL 16: 548).
335 Eusebtos von Caesarea, Commentaria in Isaiam,4\ (Ziegler (Hrsg.), Berlin: DeGruyter, 1975:37,9-10).
336 Kloos, 2011:45-71.
337 Tertullian, Adversus Praxean 14 (FC 34: 162—169).
338 „Visum quidem Deum secunduin hominum capacitates, non secundum plenitudinem divinitatis.“
(Tertullian, Adv. Praxean 14.2; FC 34: 162).
339 „Christus erschien jedem seinem Vermögen und seinem Heile angemessen.“ (Origenes, Contra Celsum
6.77; FC 50.4 1166).
340 „Quoniam seniorem vidimus, speciem habentetn, qualem tibi enarrare non possutnus; aliae autem: luve-
nem adolecentem; alii autem dixerunt: Puerum vidimus.“ (Tischendorf (Hrsg.), Leipzig: Mendelssohn,
1891: 69).
341 „Aut numquid Filius quidem videbatur - etsi facie, sed ipsum hoc in visione et somnio et speculo et
aenigmate, quia sermo et Spiritus nisi imaginaria forma videri non potest.“ („Oder wurde der Sohn viel-
leicht doch gesehen - und wenn von Angesicht, dann in einer Vision und einem Traum und im Spiegel
66 Visionserwartung

Irenäus von Lyon formuliert ebenfalls unumwunden: „Der Mensch wird Gott nämlich
nicht von sich aus sehen; wenn Gott es aber will, dann wird er für die Menschen sichtbar, wem,
wann und wie er will.“342 Christus bezeichnet er als den Hüter der Unsichtbarkeit Gottvaters
(invisibilitatem quidem Patris custodiens)-,sichtbar ist also nur der Sohn. Irenäus geht zwar
von der generellen Sichtbarkeit des Göttlichen aus, formuliert jedoch vorsichtig, indem er von
der Teilhabe am göttlichen Licht spricht und die Vision Gottes mit dem Leben gleichsetzt:
„Wer Gott sieht, empfängt Leben.“344 Diese Sehtheorie setzt auf ein emotionales Verständnis.
Kari Kloos nennt es die „vision of the heart“, 345 eine Sehtheorie, die das innere geistige Sehen
und das intellektuelle Verständnis bevorzugte. An anderer Stelle zitiert Irenaus Matthäus 5.8:
„Glücklich die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott sehen.“346 Diese spirituelle Reinheit
sollte in den Auslegungen des Augustinus eine große Rolle spielen.
Auch Augustinus war der Ansicht, dass Gott gesehen werden kann: „Wenn du fragst, ob
Gott gesehen werden könne, antworte ich: Er kann.“ 34 ' Augustinus setzt aber an die Stelle des
körperlichen Sehens die geistige Erkenntnis. In der Diskussion der Eheophanie in Mamre wi-
derspricht er älteren Deutungsansätzen und fordert: „Die Vorsicht gebietet, dass wir uns nicht
festlegen, wer von den drei Personen in körperlicher Form oder als körperliches Abbild den
Patriarchen oder Propheten erschien“.348 Statt vom „Sehen“ spricht er vom Verständnis (intel-
legere) der drei Männer in Mamre als Ausdruck der Trinität.349 Den 147. Brief an Paulina, die
„religiosa famula Dei“, verfasste Augustinus relativ spät, vermutlich um 413/14.350 In diesem
betont er die geistige Erfassung der Wirklichkeit und spricht vorsichtig davon, dass Gott mit
den „erleuchteten Augen des Herzens“ 351 gesehen werden kann. Während das Spärwerk Augus-
tins deutlich Distanz nimmt zu der Möglichkeit der Feil habe an der göttlichen Vision und die
Schau in den Intellekt verlegt, ist sein Frühwerk von der Hoffnung darauf, Gott in diesem Le-
ben ganz zu erkennen, durchdrungen.352 In der Beata vita formuliert er, dass das „glückliche Le-
ben“ die komplette Kenntnis von demjenigen ist, der zur Wahrheit führt. 353 Jene, die sich mit
den freien Künsten und der Philosophie auseinandersetzen, hätten, so Augustinus, am ehesten

und im Rätsel, weil das Wort und der Geist nur in Form von Einbildung gesehen werden können.“)
Tertullian, Adversus Praxean14.9 (Übers, nach FC 34: 169).
342 „Homo etenim a se non videbit Deum; ille autem volens videbitur hominibus, quibus vult et quando vult
et quemodum vult.“ (Irenäus von Lyon, Adversus Haereses 4.20.5; FC 8.4. 162).
343 Irenäus von Lyon, Adversus Haereses 4. 20.7 (FC 8.4: 164).
344 „Percipiunt ergo vitam qui vident Deum “ (Irenäus von Lyon, Adversus Haereses 4.20.5; FC 8 4; 162).
345 Kloos, 2011:45.
346 Irenäus von Lyon, Adversus Haereses 4.20.5 (FC 8.4. 160).
347 „Si enim quaeris, utrum possit deus uideri, respondeo: potcst.“ (Augustinus, Ep. 147. 37; Naab, 1998:
164).
348 „[...] rnodesta et cauta consideratio persuadet nisi ut tcmere non dicamus quaenam ex trinitate persona
cuihbet patrum uel prophetarum in aliquo corpore uel similitudine corporis appäruerit.“ (Augustinus, De
Trinitate 2.35; CCSL 50: 126).
349 Augustinus, De Trinitate 2.26 (CCSL 50- 114).
350 Naab, 1998: 14.
351 Augustinus, Ep. 147.37 (Naab, 1998: 164).
352 Zur Entwicklung der Haltung Augustinus’ gegenüber der göttlichen Vision besonders in seinem Früh-
werk siehe: Fleteren, Frederick van, .Augustine and the Possibility of the Vision of God in this Life,“
Studies in Medieval Culture 11, 1977: 9-16.
353 Illa est igitur plena satietas animorum, hoc est beata uita, pte perfecteque cognoscere, a quo inducaris
in ueritatem, qua ueritate perfruaris, per quid conectaris summo modo. (Augustinus, De beata vita 35;
CCSL 29: 84).
Epiphanien Gottes und der Heiligen im Christentum 67

die Aussicht auf die beata vita, die Schau Gottes, noch in diesem Leben. 354 Diese werden „Gott
sehen und die Quelle, aus der die Wahrheit Hießt, und den Vater der Wahrheit.“ 355 In seinen
späten Retractationes wird Augustinus diese Aussagen widerrufen?56 Die Ansicht, dass man sich
der Unsichtbarkeit Gottes durch das Studium der Zahlen und der Musik nähern könne (bes.
in De musica), widerruft er ebenfalls in den Retractationes D Die Wende im Denken Augustins
erfolgt im letzten Jahrzehnt des vierten Jahrhunderts. Die erste explizite Zurückweisung seiner
frühen Gedanken über die Vision Gottes in diesem Leben findet sich in der Expositio epistolae
ad Galatas aus dem Jahre 395. 358 In der Folge tritt für Augustinus der Glaube an die Stelle der
Anschauung. 359
Im vorletzten Kapitel von De civitate Dei widmet sich Augustinus schließlich der Got-
tesschau, die erst den Heiligen im Jenseits zuteil wird und behauptet, dass die Fleiligen Gott
weder mit ihren leiblichen Augen sehen, noch dass sie etwas Leibliches sehen werden. Nötig ist
eine „gewaltige Sehkraft“ (vis oculorum), die es ermöglicht, auch „Unkörperhaftes“ (incorpora-
lia) zu sehen? 60 Von den biblischen Theophanien redet Augustinus als Zeichen (indices)? 61 Die
Auffassung der Vision Gottes als Zeichen und Symbol wird Pseudo-Dionysios in eine knappe
Formel bringen. Auch er vertritt die Überzeugung, dass die Menschen Gott auf der Erde nicht
vollends sehen können; darum schaffen sie sich Symbole und Zeichen, um Gott im Geiste zu
imaginieren. Dies geschieht in einer Weise, die der menschlichen Vorstellungskraft entspricht:
Nun aber gebrauchen wir, soweit es uns möglich ist, für das Göttliche geeignete Symbole, erheben
uns von diesen wiederum unserer Fassungskraft angemessen zur einzigen und geeinten Wahrheit der
intelligiblen Schauung?

354 Augustinus, De ordine 2.5.15 (CCSL 29: 1 1 5).


355 „Audebit iam deum uidere atque ipsurn fontem, unde manat omne uerum, ipsumque patrem ucritatis.“
(Augustinus, De ordine 2.19.51’ CCSL 29: 135).
356 Die Aussagen in De beata vita 35 nimmt Augustinus bspw. in Retractationes 1.2 (CCSI, 57: 11) zurück.
Siehe hierzu: Fleteren, 1977: 9. Siehe auch: Studer, Basil, Zur Iheophanie—Exegese Augustins, Rom: Her-
der, 1971 : passim.
357 [ ..] „quomodo a corporahbus et spiritualibus, scd mutabilibus numeris, perueniatur ad immutabiles nu-
meros, qui iam sunt in ipsa immutabili ueutate, et sic inuisibilia Dei.“ (Augustinus, Retractationes 1.11.1;
CCSL 57: 33).
358 Fleteren. 1977: 14.
359 „Während wir im Körper zu Gott pilgern, gehen wir durch den Glauben, noch nicht durch die Anschau-
ung.“ („Quamdiu sumus in corpore peregrinari nos a Domino, et ambulare per fidern, nondum per
speciem.“) Augustinus, De consensu evangelistarum 4.10. 20 (PL 34: 1228).
360 „Vis itaque praepollentior oculorum erit illorum, non ut acrius uideant, quam quidam perhibentur ui-
dere serpentes uel aquilae (quantahbet enim acrimonia cernendi eadem quoque animalia nihil aliud
possunt uidere quam corpora), sed ut uideantet incorporalia.“ (Augustinus, De Civ. Dei 22.29; CCSL
48: 859; Übers: BKV 2.3: 512 „Also müsste eine erhöhte Kraft den Augen im Jenseits eigen sein, die sich
aber nicht äußert in einer Schärfung des Sehvermögens noch über das gewisser Arten von Schlangen und
Adlern hinaus [denn bei aller Sehschärfe vermögen auch sie nichts anderes als Körperhaftes zu sehen],
sondern in der Befähigung zum Schauen auch des Unkörperhaften.“) Siehe hierzu auch die Einteilung
des Sehens in drei Arten: körperliches, geistiges und intellektuelles Sehen im 12. Buch von Augustinus
De Genesi ad litteram 12, 15—26 (CSEL 28: 400—420).
361 Augustinus, De civitate Dei 10.15. Siehe hierzu: Kloos, 2011: 178-185.
362 Nw öS, die f]ptv äpuctöv, otKsfotg p.t>v etq va Osia OTpßöXotq xpcbpcOa, kük towdv avOn; etti rqv caAfjv Kai
f]VtojJ.EVT|V ttöv voqttov Oeapdtcov aÄqOciav äva/.öyinc ävatsivopcOa. (Pseudo-Dionysios, De Divinibus
nomibus 1.4; PG 3: 592C; Suchla, Beate, (Hrsg.), Corpus Dionysiacum. De Divinibus Nomibus, Bd. 1,
Berlin: De Gruyter, 1990: 115; Übers, nach Suchla, Beate, (Hrsg.), Pseudo—Dionysius Areopagita. Die
Namen Gottes, Stuttgart: Hiersemann, 1988: 25).
68 Visionserwartung

Diese Deutung der Theophanie des pseudepigraphischen Autors des sechsten Jahrhunderts
demonstriert eine erhebliche gedankliche Kontinuität mit den Auffassungen fertullians aus
dem frühen dritten Jahrhundert. Das entscheidende Kriterium für die Visualisierung Gottes
ist die menschliche Vorstellungsfähigkeit. Gott kann nicht in seiner Totalität geschaut werden,
aber eine Annäherung durch sichtbare Symbole kann so weit wie möglich stattfinden. Motor
der Schau ist die Imagination.
Bei der Übertragung von elitären theologischen Debatten auf die Wahrnehmung und das
Verständnis der laizistischen Gesamtgesellschaft ist Vorsicht geboten, zumal im Werk des Au-
gustinus teilweise sehr gegenläufige Ansichten vertreten werden, die kaum von der Masse der
Gesellschaft nachvollzogen wurden. Wir müssen darum von den erhaltenen Quellen abstra-
hieren. Es erscheint nach der Analyse hagiograpluscher Texte sowie der griechisch-römischen
und der apokalyptischen Schriften wahrscheinlich, dass in der alltäglichen Praxis das Ideal des
Symbolhaften der göttlichen Vision beziehungsweise der intellektuellen Erkenntnis in eine
anschaulichere und stärker visuelle und haptische Erwartung übertragen wurde: Irenäus formu-
lierte, Gott mache sich sichtbar, damit die Menschen ihn „wahrnehmen und sehen {percipi-
entes et videntes) können.36 Die Bilder der alttestarnentlichen Theophanien und die Bilder der
Theophanie Christi, die im folgenden Teil untersucht werden und für jeden sichtbar die Wände
der Kirchen schmückten, unterstützen diese Annahme.
Der Ansicht Finneys, dass der Wunsch nach dem Deum videre allein als Wunsch nach dem
363
Verständnis Gottes zu interpretieren sei,364 muss widersprochen werden. Darauf deuten sowohl
die vielen Textzeugnisse hm, die vom Verlangen nach einer greifbaren Vision Gottes berichten
als auch die vielen theoretischen Texte, die sich intensiv mit der Möglichkeit der Vision ausein-
andersetzen. Die von Finney zitierte Grabinschrift des Claudius Callistus aus der ersten Hälfte
des vierten Jahrhunderts fällt zeitlich in eine Phase, in der die biblischen Theophanien bereits
überwiegend spirituell interpretiert wurden, ohne jedoch die Erfahrung göttlicher Visionen
auszuschließen; erst am Ende des vierten Jahrhunderts sollte Augustinus seine Ansicht wider-
rufen, die Vision Gottes könne in diesem Leben erreicht werden. Und auch im Anschluss daran
deutet nichts auf eine Rezeption dieser veränderten Auffassungen des Kirchenvaters im Volk
hin; Pilger etwa würden weiterhin Gott auf den Bergen und in den Wüsten zu sehen hoffen.365
Somit besteht kein Anlass zur Umdeutung der Worte des Epitaphs des Claudius Callistus, das
von seinem Wunsch zeugt, Gott nach dem Tode zu sehen {Deum videre cupiens), da ihm dies im
Leben nicht vergönnt war. Die LJntersuchung hat gezeigt, dass die Möglichkeit Gott zu sehen,
das heißt eine Theophanie zu erfahren, durchaus im Bereich des Denkbaren lag. Das Epitaph
des Claudius Callistus illustriert jedoch, dass, wenn auch Theophanien für möglich gehalten
wurden, nur wenige tatsächlich in den Genuss einer solchen kamen. Wesentlich häufiger dürf-
ten unspezifische göttliche Zeichen gewesen sein, die in alltäglichen Vorkommnissen erkannt
werden konnten.366
In den verschiedenen Textgattungen und Epochen sowie bei unterschiedlichen Autoren
wiederkehrende Vorstellungsmuster und Motive lassen folgende Verallgemeinerungen in Bezug
auf das Verständnis von Visionen im spätantiken Mittelmeerraum zu: Wiederholt begegnet die

363 Irenäus, Advents Haereses 4.20.5 (FC 8.4: 162).


364 Siehe oben Anm 78.
365 Siehe oben Anm. 75.
366 Bspw. spricht die Kölner Clematius-Inschrift von „Flammerivisionen,“ die Clematius zum Bau von St.
Ursula inspiriert haben.
Epiphanien Gottes und der I ledigen im Christentum 69

Überzeugung, mittels theophanischer Symbole (symbolaj’1' und Motive und der menschlichen
Vorstellungskraft {hominum capacitates) 6 die Vision des unsichtbaren Gottes (incorporalid)™1
erlangen zu können. Diese Texte können als „Anleitungen" zum göttlichen Sehen bezeichnet
werden. Die schriftlichen Anleitungen finden eine Parallele in der zeitgenössischen Bildpro-
duktion und in den Texten, die die Rezeption theophanischer Bilder (geistige und materielle)
beschreiben: 0 Ein frühes Zeugnis, das die Vorstellungsfähigkeit als Voraussetzung für ein visi-
onäres Erlebnis anführt, ist das oben genannte 14. Kapitel von T'ertullians Schrift Adversus Pra-
xean;' 1 Ambrosius verspricht, wenn es gelinge, die Kreuzigung Jesu zu imaginieren, so könne
man die Herrlichkeit Gottes (gloriam verbi) in einem anderen Licht sehen.37, Athanasius von
Alexandria behauptet, dass eine Pilgerfahrt ms Heilige Land und das Betrachten der materiel-
len Orte seines Wirkens dazu führt, dass der Pilger dort Christus selbst sieht.373 Hypatios von
Ephesos verweist auf die Relevanz von Ausstattungselementen in Kirchen, um den Geist zur
Gottesschau emporzuheben 374 und die oben zitierte syrische Wechselrede empfiehlt das Kon-
templieren der biblischen fheophanieberichte, um selbst eine Vision Gottes zu haben.375 Gre-
gor der Große schließlich identifiziert den Heiligen Geist als Urheber der menschlichen Fähig-
keit, das Unsichtbare zu sehen und behauptet, dass die Menschen, die im „Exil ihrer Blindheit“
geboren sind, an der Realität des Unsichtbaren zweifeln.376 Die Wahrnehmung der Visionen
bewegt sich somit zwischen der Visionserwartung und der menschlichen Vorstellungsfähigkeit.
Im folgenden Kapitel wird gezeigt werden, dass mit dem großen Interesse an göttlichen
Visionen, das sich in den Texten abzeichnete, neue Formen der Visualisierung theophanischer
Inhalte einhergingen. Während die Motivik der Texte großteils in einer Kontinuität mit der
antiken und jüdischen Kultur stand, waren die theophanischen Bilder originäre Neuschöpfun-
367 Ps. Dionysios, Dedivinis nominibus. 1.4 (PG 3: 592C).
368 Tertullian, Adversus Praxean 14.9 (siehe oben Anm. 341).
369 Augustinus, De Civitate Dei 22.29 (siehe oben Anm. 360).
370 Bergmeier, Armin E, „Anleitungen zum Sehen. Die Visionen und Theophanien in den Mosaiken von SS.
Cosma e Damiano, Sant’Apollinare in Classe und Hosios David,' Millennium. Jahrbuch zu Kultur und
Geschichte des ersten Jahrtausends nach Chr. 11, 2014a: 187-238.
371 Siehe oben Anm. 341.
372 „Si in cruce positurn triumphantem de rnorte uideas, non peremtum, si uideas quod terra tremuit, sol
refugit, tenebrae offusae sunt oculis perfidorum [...] si hoc uideas mysterium, in excelsum ascendisti
montem, alterarn uerbi gloriam cernis.“ (Ambrosius, Expositio in Lucam, 7.12; CCSL 14: 219).
373 Athanasius von Alexandria, 2. Brief an die Jungfrauen 5 (Lebon, J., „Athanasiana Syriaca II. Une lettre at-
tribuee ä saint Athanase d Alexandrie,“ Le museon 41, 1928: 169—216, bes. S. 170—188; Übers, in David
Brakke, Athanasius and the Politics of Asceticism,Oxford, 1995: 292—302, bes. S. 294). Die Zuschreibung
des Briefs an Athanasius ist nicht gesichert.
374 Alexander, Paul J., „Hypatius of Ephesus. A Note on Image Worship in the Sixth Century,“ The Harvard
Theological Review 45, 3, 1952: 177-184, bes. S. 178 Die Echtheit der Schrift ist kürzlich bezweifelt
wotden (Mariev, Sergei, „Hypatios of Ephesos and Ps.- Dionysios Areopagites,“ Byzantinische Zeitschrift
107, 1, 2014: 113-138). Allerdings sind die hierin geäußerten Vorstellungen einer neu-platonischen
Erkenntnis durch die sichtbare materielle Welt bereits bei Klemens von Alexandria, Ongenes, Pseudo-
Dionysios u.a. zu finden. Die Kontroverese um die vor allem bildliche Ausstattung der Kirchen im
Ikonoklasmus mag zur expliziten Formulierung der Vorstellungen, die Bedeutung von Ausstattungsele-
menten betreffend, geführt haben.
375 Guy, 1962: 234.
376 „Ita in haec exihi sui caecitate nati homines. dum esse summa et inuisibilia audiunt, diffidunt an uera
sint, quia sola haec infima, in quibus nati sunt, uisibilia noueruut. Ende factum est, ut ipse inuisibilium
et uisibilium creator ad humani generis redemptionem Unigenitus Patris ueniret, et sanctum Spiritum ad
corda nostra mittetet.“ (Gregor, Dial. 4. 1.3-4; SC 265: 20).
70 Visionserwartung

gen der christlichen Kultur, die wie wenig anderes den kulturellen Wandel in der Spätantike
belegen. Nachdem Statuen für die Visualisierung des Göttlichen nicht mehr zur Verfügung
standen, mussten sich die Anhänger der neuen Religion andere visuelle Interaktionsformen mit
dem Göttlichen suchen Diese Visualisierungsformen nahmen ihre Inspiration aus eben jenen
sprachlichen Bildern, die in prophetischen Texten, in der Apokalyptik und der Hagiographie
zu finden sind und trugen so der Visionserwartung ihrer Zeit Rechnung.
11. Visualisier u ngsfc> r n ien

Bilder der Iheophanie haben die Forschung in nicht unerheblichem Maße interessiert. Sie sind
zumeist nach Untergruppen getrennt untersucht worden, etwa als Bilder der Offenbarung,
der Himmelfahrt, des thronenden oder lehrenden Christus usw. Diese Zuordnungen können
jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass große Unsicherheit hinsichtlich der Bestimmung
ihres konkreten Bedeutungsgehalts besteht. In der Folge soll dargelegt werden, dass diese Bild-
typen zusammenhängend betrachtet werden müssen, da sie alle Theophanien darstellen und
das Ergebnis der spätantiken Visionserwartung sind. Erst diese Zuordnung lässt den Wert und
die Aussage erkennen, den diese Bilder für die spätantiken Christen hatten; die Frage, ob Chris-
tus thronte oder von Engeln getragen wurde, war eine zweitrangige.
Es handelt sich jeweils um nicht-narrative Ikonographien, die eine plötzliche, ephemere
Gotteserscheinung zum Thema haben. Die Erscheinung konnte mit unterschiedlichen Mit-
teln visuell erfahrbar gemacht werden: durch die Verwendung antiker göttlicher Attribute und
durch die Entlehnung von Motiven aus den schriftlichen Visionsberichten. Der visionäre Cha-
rakter der Bilder diente dazu, das Repräsentationsverbot zu umgehen und die Annäherung an
das Göttliche visuell erlebbar zu machen. Ihr ephemerer Charakter legitimierte die Darstel-
lungen, da sich das Bilderverbot in erster Linie gegen materielle Götterbilder richtete, wie sie
heidnische Religionen kultisch verehrten. Die Bilder der theophanischen Visionen dienten so
als „Schlupfloch“, denn sie trugen den Anspruch der Immaterialität bereits in sich.
Der Wunsch, die Unsichtbarkeit des christlichen Gottes zu überwinden, führte seit dem
vierten Jahrhundert zu einer steigenden Produktion von Fheophaniebildern in Form visionärer
Gottesschauen. Dieser Wunsch, die Visionserwartung, ist irn ersten Feil untersucht worden.
Im Folgenden wird nun deren Auswirkung auf die materielle Kultur analysiert Hierbei wird
deutlich, dass der Einfluss der Visionserwartung auf die Bildproduktion stetig zunahm. Die
frühesten Bilder zeigen diesen Einfluss noch nicht, sondern lediglich ein Interesse daran, Eigen-
schaften des christlichen Gottes darzustellen (II. 1.). Erst für die in Kapitel 11.2. untersuchten
Bilder ist die göttliche Überhöhung Christi mittels antiker Bildstrategien erkennbar. Die dritte
Gruppe (II.3.) schließlich löste sich von der antiken Formensprache und entwickelt neue Bild-
muster und Attribute des Numinosen auf der Grundlage biblischer Theophanieberichte.
Eines der am häufigsten theophanischen Bildelernente, die in Kapitel II.3. untersucht wer-
den, ist das Tetramorph. Die vier himmlischen Wesen der Vision des Hesekiel (1 und 10)
beziehungsweise der Offenbarung des Johannes (4 und 5) erscheinen bereits in der ersten Hälfte
des fünften Jahrhunderts im Osten wie im Westen des Römischen Reichs, beispielsweise auf
dem Türsturz von Alahan Manastir (Tf. 12) und wenig früher auf der Holztür von S. Sabina
in Rom. (Tf. 13) Die frühesten erhaltenen Zeugnisse für Theophaniebilder stammen aus der
zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts. Zu den ältesten Darstellungen gehören die Bilder
der Vision des Propheten Jesaja, die ein Bildformular ausprägten, das gemeinhin als Traditio
Legis angesprochen wird. Daneben erlangen rasch einzelne Bildmotive aus der Offenbarung des
Johannes an Bedeutung und ein weiteres Bildmotiv, das häufig als Himmelfahrt Christi inter-
pretiert wird. Diese hier als „ Iheophanie motiv“ bezeichnete Ikonographie gliedert sich meist
in zwei übereinanderliegende Zonen. In deren oberen Teil wird die göttliche Erscheinung dar-
gestellt, während das Bildpersonal der unteren, irdischen Zone häufig auf das visuelle Ereignis
darüber verweist (bspw. die Miniatur auf fol. 13v des Rabbula Codex Ms. Plut. I, 56, Tf. 8).
Diese nicht-narrativen Darstellungen breiten sich im Verlauf der Spätantike rasch aus. Eine
72 Visualisierungsformen

chronologische Entwicklung ist nicht zu erkennen, sondern vielmehr ein gemeinsames Inter-
esse daran, eine visuelle Annäherung an die sichtbare Erscheinung des unsichtbaren Gottes zu
ermöglichen.

II. 1 . Die vermeintliche Anikonizität des frühen Christentums


und der Wunsch nach Bildern

Der Mensch macht sich Bilder von den Dingen, die er nicht sehen kann, u m sie auf diese Wei-
se zu begreifen. Dies trifft vor allem auf die Götter zu, die nicht oder nur sporadisch Teil der
menschlichen Welt sind. Natürlich ist auch die anikonische, nichtfigürliche Repräsentation des
Göttlichen möglich. Das Judentum und der Islam kennen keine Bilder Gottes. Er kann nur
umschrieben werden, beispielsweise mit Bildern der Menorot oder in Form von Koranzitaten.
Die griechisch-römische Bildkultur, innerhalb derer sich das Christentum vor allem verbrei-
tete, kannte jedoch kaum anikonische Formen der Visualisierung des Göttlichen und verlegte
sieb, stattdessen vorrangig auf anthropomorphe Formen. In Günther Schörners Korpus antiker
Vorivbilder ist den anikonischen Motiven lediglich eine Seite gewidmet.37 ' Die frühen Apolo-
geten waren bemüht, anthropomorphen Fendenzen entgegenzuwirken, und konstruierten die
Vorstellung, dass das frühe Christentum ohne Bilder ausgekommen sei. Um zu zeigen, dass die
Bildlichkeit der römischen Kultur keine unbedingte Konstante war, pries Klemens von Alexan-
dria den legendenhaften König Numa. Von diesem berichtete Varus, er habe die Römer in den
ersten 170 Jahren nach der Gründung der Stadt davon abgehalten, Bilder von Menschen oder
377
Tieren herzustellen.378 N u m a lehrte die Römer, die Götter nur mittels verborgener Anspielungen
(öt £7tiKpü\|/8GJ<;) auf geistige Weise zu imaginieren. Das gleiche Bild zeichnete Minucius Felix, der
behauptete, dass die Christen weder Repräsentationen ihres Gottes noch Fempel benötigten.3
Diese anikonische Rhetorik der Apologeten, die sich gegen die Bilder der Römer und Grie-
chen richteten,380 fußte auf anikonischen Strömungen, die es bereits in der griechisch-römi-
schen Philosophie gab.381 Ein Beispiel findet sich bei Hermes Trismegistos, der seinem Sohn Tat
riet, G o t t in seiner Schöpfung anstatt im Bild zu erkennen u n d anschließend eine ausführliche
Liste der menschlichen Anatomie präsentierte. 382 Besonders einflussreich waren die Neuplato-
niker, deren anikonische Philosophie jedoch nicht bedeutete, dass sie deswegen Statuen ablehn-

377 Schörner, Günther, Votive im römischen Griechenland: Untersuchungen zur späthellenistischen und kai-
serzeitlichen Kunst- und Religionsgeschichte,Stuttgart: Steiner, 2003: 100. Allerdings haben Donohue,
Döppner und Gaifmann eine Reihe von Beispielen zusammengetragen, die belegen, dass es auch in
der griechisch-römischen Kultur anikonische Darstellungsformen gab: Donohue, A. A., Xoana and the
Origins of Greek Sculpture Atlanta: Scholars Press, 1988; Doepner, Steine und Pfeiler für die Götter: Weih-
geschenkgattungen in westgriechischen Stadtheiligtümern Wiesbaden: Reichert, 2002; Gaifman, Milette,
Aniconism in Greek Antiquity Oxford. University Press, 2012.
378 ’ÄyaXpa oüoev oiite it/.actov oiire pqv ypairrov citotrjoavto. [...] 'Eitedeirvuro yäp cnitoic 6 Noupäc
öi’e7tiKpvi|/E®q (i.K oük e<pcn|/an0ai ton ßeXrimov Snvaröv aXVot; rj pövtp reo voi. (Klemens von Alexandria,
Stromateis 1.15; SC 30: 54-55.)
379 Siehe oben Anm. 63.
380 Zu den bilderfeindlichen Äußerungen der Apologeten allgemein siehe Finney, 1994: 39-68.
381 Platt, 2011: 100-105.
382 Corpus Hermeticum 5, 6-10, (A.D. Nock; A.-J. Festugiere (Hrsg, und Übers), Bd. 1, Paris: Les beiles
lettres, 1945: 62-64.
Die vermeintliche Anikonizität des frühen Christentums und der Wunsch nach Bildern 73

ten. Zwar waren Statue und Gott nicht mehr gleich zu setzen, aber erstere diente immer noch
der Anleitung zum Sehen und war für die Vereinung notwendig. Diese Vorstellung bringt der
pagane Philosoph Celsus in seinem Werk AXq0f]g fovoc (das wahre Wort) besonders deutlich
zum Ausdruck. Darin legt Celsus den Nutzen von Standbildern dar und argumentiert gleich-
zeitig für ein anikonisches Verständnis des Göttlichen, das er den Christen, die den Menschen
Jesus verehren, abspricht.
Die nur fragmentarisch in der L berlieferung des Origenes ( t 254) erhaltene Schrift des
Celsus legt nahe, dass dieser von der Unsichtbarkeit und KÖrperlosigkeit der Götter ausging:
„Denn Gott ist nicht so [wie ein Mensch] beschaffen, noch gleicht er einer anderen Gestalt.“ 384
Er wirft den Christen vor, ihr Gott sei nach dem Bild eines Menschen geformt, Götter hätten
aber weder Farbe noch Form (ou [...] psTS et ayppatoc 6 Oeögtj xpcbpcrroi;).385 Celsus besteht
trotzdem darauf, dass Götterbilder wichtig seien, um Gott zu „erkennen.“386 Die Götterbilder
bezeichnet er als Weihegeschenke der Götter,387 die dazu dienen, mit ihrer Hilfe zu den Göttern
zu beten. Celsus berücksichtigt hier das menschliche Bedürfnis nach visuellen Hilfsmitteln
für das Verständnis des Unsichtbaren. Er weist allerdings ausdrücklich auf die Konstruiertheit
der in den Statuen materialisierten Vorstellungen hin. Um dies zu betonen zitiert er Heraklit,
der schreibt, dass derjenige einfältig sei, der zu den Götterbildern betet, ohne ihre Natur zu
erkennen.389 Origenes lehnt dieses Entgegenkommen des Celsus jedoch kategorisch mit der
Begründung ab, Bilder können kein Wesen repräsentieren, das unsichtbar und körperlos sei.390
Im Unterschied zu Celsus also, der Bilder zum praktischen Nutzen erlaubt, besteht Origenes
darauf, dass sich Christen ihren Gott nur in der „vernünftigen und tugendhaften Seele“391
vorstellen. Dies geschehe gemäß der jeweiligen Vorstellungsfähigkeit des Einzelnen, so Orige-
nes.392 Materielle Bilder als Hilfsmittel für die individuelle innere Vision lehnte er ab.

383 Siehe hierzu oben Kapitel 1 1 - und Grigg, Robert, „Aniconic Worship and the Apologetic Tradition: A
Note on Canon 36 of the Council of Elvira,“ Church History 45, 4, 1976: 428-433, bes. S. 430f.
384 Oi> yöp toiöoöe o 0£Ög oüt a.Kk& e!8ei oüöevi öpotog. Origenes, Contra Celsum 6.63 (IJbers. nach FC
50.4: 1139; SC 147: 336).
385 Contr. Cels. 6.64 (FC 50.4: 1 1 38; SC 147: 338).
386 Oü pijv öuvatov ecti Kai yivtiiaKSiv töv Oeöv Kai «toig äyaZpaotv» cö/enOai. (Contr.Cels,7.65; FC 50.5:
1314; SC 150; 166.)
387 0£töv ävaOppata. (Contr. Cels.7-66; FC 50.5 1314; SC 150: 168).
388 Origenes meint in dieser Praktik die Verehrung der Statuen zu erkennen. q (patvopevp 7t£pt rä ä/.yüpara
ripp. (Contr. Cels. 7 66. FC 50.5: 1314).
389 ’H/.iOtov stvai tö totg ayäz.paoiv f.ü'/cattai, eäv pp ytvcboKp Ttg Ocovg Kai ppcoag. (Cont. Cels. 7.66; FC
50.5: 1314; SC 150: 166).
390 A/X oü8e Osiag siKÖvag ÜTtoÄapßdvopev etvat rä ayäXpaia, at£ poptppv äopärau Kai äoorpätov pp
Siaypatpovreg Oeoü. (Contr. Cels.7 66: FC 50.5: 1314; SC 150: 168).
391 Tö Kat’ EtKova Osoü [Gen. 1.26] ix yuzfi ÄoyiKfj, rp rtota Kar’äpETpv, aro EoOat. (Contr. Cels. 7.66; FC
50.5: 1316; SC 150. 168).
392 Der Fleilige Geist, so Origenes, erschien den Sehenden gemäß ihres Fassungsvermögens (itpög tö rotg
öptbot öuvaröv), er erschien so wie es ihnen hilfreich war und wurde von jedem so gesehen, wie es nötig
war (öitotov eöei SKacrrffi ßXsTtEoOai). (Origenes, Contra Celsum 6.77', FC 50.4: 1166) Auch lertullian
und die Acta Petri überlassen die Ausprägung der Vision dem einzelnen Individuum, da die Fülle Gottes
nicht erfasst werden könne: „Visum quidem Deutn secundum hominum capacitates, non secundum
plenitudinem divinitatis.“ (Tertullian, Adv. Praxean 14.2; FC 34: 162.) „Quoniam semorem vidimus,
speciem habentem, qualem tibi enarrare non possuinus; aliae autem: luvenem adolecentem; alii autem
dixerunt. Puerum vidimus.“ (Tischendorf, Konstantin von, (Hrsg.), Acta Apostolorum Apocrypha, Bd. 1,
Leipzig: Mendelssohn, 1891: 69).
74 Visualisierungsformen

Die Aussagen von Klemens, Minucius Felix, Origenes und anderer Apologeten sind in der
Forschung lange Zeit als Belege für die Anikonizität des frühen Christentums herangezogen
worden.393 Doch bereits zu Origenes’ Zeiten, im dritten Jahrhundert, haben die Menschen
Bilder nachweislich benutzt, um christliche Inhalte zu visualisieren. Die frühesten archäologi-
395
schen Zeugnisse sind etwa ab dem Jahr 200 erhalten.394 Die jüngere Forschung hat den Mythos
der Bilderlosigkeit denn auch entkräftet.393 Finney hat gezeigt, dass die Angriffe der Apologeten
auf die griechische Kunst als Rhetorik gegen die Überzeugungen der Nichtchristen gerichtet
waren.396 Die Tatsache, dass die Christen in der Zeit zwischen 30 und 200 n. Chr. keine archäo-
logisch nachweisebare eigenständige Bildproduktion besaßen, erklärt er durch die Tatsache,
dass ihr Verhältnis zur übrigen Gesellschaft auf Anpassung beruhte und sie die eigenen Vorstel-
lungen im vorhandenen Bildervorrat wiedererkennen konnten.39 Die Christen benutzten die
Bilder, die ihnen zur Verfügung standen, um sich ein Bild von Gott zu machen.
Die angebliche Bilderlosigkeit der Christen ist auch darum unwahrscheinlich, weil nach-
weislich der Wunsch nach Bildern, die die christliche Religion illustrierten, von Seiten der
Nichtchristen und der Christen existierte. Die Apologeten und Kirchenväter sind immer wie-
der nach Bildern Gottes gefragt worden. Theophilos von Antiochia und der Octavius des Mi-
nucius Felix werden vom eigenen Sohn beziehungsweise vorn Heiden Autolycus um ein Bildnis
399
Gottes (simulacrum) gebeten.398 Beide antworten ihrem Frager in stoischer Manier, dass ein sol-
ches nicht nötig sei. Minucius Felix begründet dies damit, dass „wir ihn [Gott] zwar wahrneh-
men können, aber wir ihn nicht sehen können1 und er auch ohne dass er gesehen wird, „in
der Dunkelheit und in den Gedanken präsent ist.“ 400 Ebenso wie Origenes vertritt Minucius

393 Hugo Koch schrieb 1917 gegen eine zuvor verbreitete Auffassung, dass die frühen Christen Bilder besaßen:
„Wo man mit dem unmittelbar bevorstehenden Ende dieser Weltzeit, ihrer Grundlagen und Kräfte rechne-
te, [. . .] kann kaum ein ungetrübtes prinzipielles Verhältnis zu Kunst und Wissenschaft [. . .] aufkommen."
(Koch, Hugo, Die altchristliche Bilderfrage nach den literarischen Quellen, Göttingen: Vandenhoeck & Ru-
precht, 1917: 3) Die römisch-katholischen Forscher hatten zuvor die Entstehung der christlichen Bilder
teilweise im ersten Jahrhundert angenommen. Wilpert datiert die frühesten Katakombenmalereien an den
Beginn des zweiten Jahrhunderts. Siehe auch: Dobschütz, Ernst von, Christusbilder. Untersuchungen zur
christlichen Legende, Leipzig: Hinrich, 1899: 26-39. Mit den Arbeiten von Koch und der Untersuchung
der Katakomben durch Paul Styger (Styger, Paul, Die römischen Katakomben: Archäologische Forschungen
über den Ursprung und die Bedeutung der altchristlichen Grabstätten, Berlin: Verlag für Kunstwissenschaft,
1933) gilt die Auffassung, es habe in der Frühzeit des Christentums Bilder gegeben als überholt (Kiauser,
Theodor, „Studien zur Entstehungsgeschichte der christlichen Kunst I,“ Jahrbuch für Antike und Christen-
tum 1, 1958: 20-51, bes. S. 20). Weitere ablehnende Haltungen gegenüber der Existenz von Bildern vor
dem dritten Jahrhundert siehe Ladner, Gerhart B., „The Concept of the Image in the Greek Fathers and the
Byzantine Iconoclastic Controversy,“ DOP7, 1953: 1—34, bes. S. 5; Kitzinger, Ernst, „The Cult of Images
in the Age Before Iconoclasm,“ DOP 8, 1954: 83-150: 85. Zuletzt formulierte Tobias Frese Ähnliches
bezüglich der Bilderlosigkeit der vorkonstantinischen Christen (Frese, 2013: 1 1).
394 Spier, Jeffrey, „The Earliest Christian Art: From Personal Salvation to Imperial Power,“ in: Picturing the
Bihle. The Earliest Christian Art, Spier, Jeffrey (Hrsg.), New Flaven: Yale University Press, 2007: 1—24.
395 Charles-Murray, Mary, „Art and the Early Church,“ Journal oj Theological Studies 28, 1977: 303-345;
Finney, 1994: 3-14.
396 Finney, 1994: 30. Das Götterbild des Serapis in Alexandria blieb sogar nach dem „Sieg“ des Christen-
tums noch bis zum Ende des vierten Jahrhunderts an seinem Platz, als es schließlich von Bischof Theo-
philos gestürzt wurde: Scheer, 2001: 40.
397 Finney, 1994: 131
398 Siehe oben Anna. 63 und 64.
399 „Eum sentire possumus, uidere non possumus.“ (Minucius Felix, Octavius 32; PL 3: 340A).
400 „Tenebris interest, interest cogitationibus nostris.“ (Minucius Felix, Oct. 32; PL 3: 34 1A).
Die vermeintliche Anikonizität des frühen Christentums u n d der Wunsch nach Bildern 75

Felix das Ideal der inneren Schau. Weiterhin ist der Brief des Eusebios von Caesarea berühmt,
402
in dem er Konstantia, der Schwester Konstantins, die Bitte um ein Bild Christi abschlägt.401
Zur Begründung führt er an, dass es den Christen verboten sei Gott darzustellen (Ex. 20.4). Im
frühen vierten Jahrhundert entsprach diese Haltung seit über einem Jahrhundert nicht mehr
der real existierenden Bildpraxis. Das Zitat zeigt aber den Wunsch nach Bildern auch in der
gebildeten christlichen Schicht. Wir müssen daher davon ausgehen, dass die Menschen früh
Bilder benutzten. Die Frage, die im folgenden Abschnitt gestellt wird, ist, ob diese Bilder schon
das Göttliche zeigen sollten, oder ob sich das Interesse am Numinosen erst in der Folgezeit in
der Kunstproduktion manifestierte.

Sich ein Bild machen

Der in den Quellen bezeugte Wunsch nach einem Bild des christlichen Gottes findet sich in
der Kunstproduktion der Zeit gespiegelt. Die frühesten Bilder wollen den Betrachtern ermög-
lichen, sich ein Bild vom christlichen Gott, seinen Fähigkeiten und den Eigenschaften der
neuen Religion zu machen. Vor dem vierten Jahrhundert finden sich keine Theophanien und
die Gefahr der Verwechselung Gottes mit dem Bild ist in diesen frühen Bildern sehr gering.
Origenes hatte in seiner Rede gegen Celsus ausdrücklich auf diese Verwechselungsgefaht hin-
gewiesen."' Diese wurde umgangen, indem man nur den historischen Jesus und allegorische
Figuren darstellte.
Um die christlichen Bilder und ihre Aussageabsicht zu verstehen, ist es hilfreich, die Aus-
führungen zu den Siegelringmotiven des Klemens von Alexandria genauer zu betrachten. Im
vierten Buch der Mahnrede an die Griechen spricht er sich zwar gegen Götterbilder (äyäLpara)
aus, lässt an anderer Stelle jedoch eine durchaus bilderfreundliche I laltung erkennen. Er erlaubt
explizit das Tragen von Signierringen mit Bildern einer Taube, eines Fischs, eines Boots, einer
Leier, eines Ankers oder eines Fischers. 403 Die Auswahl der Motive durch Klemens gibt keinen
Hinweis auf spezifisch christliche Inhalte. Sie ließen sich allerdings leicht mit christlichen Aus-
sagen in Verbindung bringen. So konnte die Taube als Sinnbild für Christus, die Kirche, die
Seele oder den guten Christen verstanden werden.404 (Abb. 10) Der Fisch und der Fischer sind

4 0 1 Eusebios, Brief an Konstantia ( P G 20: 1545—1547, Engi. Übers. Mango, 1972: 16—18). Es könnte sich
hierbei auch um eine spätere Interpolation handeln.
402 Origenes, Contra Celsum 7 . 6 6 (FC 50.5. 1314).
4 0 3 Ai ö£ ocppayiösg Hjarv eorasv TtsXetäg rj tyOiig q vaug oüpioöpopoöoa rj Äupa poOotKij, ij Ksypr|tat
IIoXuKpdTTig, ij ayKvpa vainiKf) rj XsAeuKog eve/aparts-to rfj ylucpfj, Kav a'Äicüoiv rtg fj, cotogtoXov
piyivijor.tai Kai rciiv sc, vSarog ätoacntoipevcov Ttatöiww ov yap EiöibVov TtpÖGuwta EvaTtoTOTtwrsov, oig Kai
tö TtpoacyEtv ä7tsipi|rai. oüöe pqv igitpog p togov roig £ipijvr]v Sicokodgiv ij KimcÄ/.a rotg acoippovovatv.
(Klemens von Alexandria, PaidagogosbriFl: Stählin (Hrsg.), Bd. 1 . 1905: 270; S C 158: 124.)
Umstritten war die D e u t u n g des Fischers, der häufig als Berufsbezeichnung des Eigentümers eines Siegel-
rings gelesen wurde. Eizenhöfer u n d nach i h m Finney und Francis haben jedoch überzeugend bemerkt,
dass es sich u m das Bild eines Fischers handeln müsse (Eizenhöfer, Leo, „Die Siegelbildvorschläge des
Clemens von Alexandrien und die älteste christliche Literatur,“ Jahrbuch für Antike und Christentum 3,
1 9 6 0 : 5 1 - 6 9 , bes. S. 51; Finney, Paul Corby, „Images o n Finger Rings and Early Christian Art,“ DOP
4 1 , 1987: 181-186, bes. 1 84f.; Francis, James A., „Clement of Alexandria on Signet Rings: Reading an
Image ar the Dawn o f Christian Art,“ Classical Philology 9 8 , 2, 2003: 1 7 9 - 1 8 3 : bes. 180f.) Siehe hierzu
auch Kiauser, 1 9 5 8 : 2 1 - 2 3 ; Effenberger, Arne, Frühchristliche Kunst und Kultur: Von den Anfängen bis
zum 7. Jahrhundert, München: Beck, 1986: 2 2 .
404 Eizenhöfer, 1 9 6 0 : 53-55; Dresken- Weiland, 2010- 3 5 .
76 Visualisierungsformen

10 Grabstein der Rennia, Porticus von S. Maria in Trastevere, Rom

mit verschiedenen neutestamentlichen Geschichten in Verbindung zu bringen, allen voran mit


der Figur des Petrus. Es konnte aber auch als Zeichen für die Taufe und die Eucharistie gelesen
werden.405 Schwieriger zu deuten ist die Leier, die Leo Eizenhöfer mit Christus als dem wahren
Orpheus in Verbindung bringt.406 Der Anker schließlich kann als Ausdruck der Hoffnung und
der Sicherheit gedeutet werden.40 Der eindeutig christliche Bezug der Bilder ist erst erkennbar,
wenn der Kontext berücksichtigt wird. Die Bilder unterschieden sich nicht von vornherein von
den Bildern der paganen Mehrheitsgesellschaft. Diese Tatsache erschwert die Untersuchung des
frühen christlichen Bildgebratichs. Eine Zuweisung der genannten Symbole ist möglich, wenn
sie von einer eindeutigen Inschrift begleitet werden: „Pax tibi' beziehungsweise „EIPHNH
EOF' waren übliche christliche Grußformeln.408 Eine aus der Cyriaca-Katakombe stammende
Inschrift drückt den Wunsch „Dornitia, spirito tuo bono“ aus. Die Inschrift wird begleitet von
der Darstellung eines Ankers, eines Fisches und eines Schafträgers.409
Der Schafträger zählte im dritten und vierten Jahrhundert zu den am meisten dargestellten
Motiven in den christlichen Katakomben.410 Im letzten Drittel des dritten Jahrhunderts findet
sich sein Bild auch auf Marmorsarkophagen. 11 Zu den frühesten Darstellungen auf Sarkopha-
gen gehört der Wannensarkophag von S. Maria Antiqua. Hier erscheint das Motiv begleitet
von der Jonas-Szene, einer Oranten- und einer Philosophenfigur. (Abb 11) Letztere stellen
vermutlich die Verstorbenen dar.412 Die Tatsache, dass der Schafträger nicht in der Aufzählung
des Klemens enthalten ist, ist teilweise dahingehend interpretiert worden, dass dieses Bild um
200, als Klemens den Paidagogos verfasste, noch nicht in Verwendung gewesen sei.413 Die For-
schung ist sich mittlerweile jedoch weitgehend darin einig, die frühesten Beispiele um 200 zu

405 Eizenhöfer, 1960: 55-62; Dresken-Weiland, 2010: 261.


406 Eizenhöfer, 1960: 66f.
407 Eizenhöfer, 1960: 67E; Dresken-Weiland, 2010 23.
408 Dresken-Weiland, 2010: 24.
409 Abbildung in Dresken-Weiland, 2010: 30, Abb. 4
410 Dresken-Weiland, 2010: 79.
41 1 Dresken-Weiland, 2010; 79. Siehe auch die Tabelle der Darstellungen auf Sarkophagen S 84.
412 Effenberger, 1986: 64.
413 Kiauser, 1958: 24.
Die vermeintliche Anikonizität des frühen Christentums und der Wunsch nach Bildern 77

1I Wannensarkophag, S Maria Antiqua, Rom

12 Lampe „Wulff 1224“


mit Schafträger und Jonasdarstellungen,
Museum für Byzantinische Kunst,
Berlin (Inv.Nr. 2354)

datieren.414 Um 210/11 attestiert Tertullian die Existenz von Hirtenmotiven auf christlichen
Trinkgefäßen.41' Zur selben Zeit ist in Rom die Produktion von Tonlampen mit dem Motiv
des Schafträgers belegt. Allerdings kann aus diesen Funden nur eine einzige Lampe eindeutig
als christlich identifiziert werden. Diese Lampe, Wulff 1224 aus dem Bestand des Museums
für Byzantinische Kunst in Berlin, bildet neben dem Schafträger auch eine Jonas-Szene ab.416
(Abb. 12) Die frühesten Katakombenmalereien können ins erste Drittel des dritten Jahrhun-
derts datiert werden. Zu diesen gehört das Doppelkubikulum XY in der Callistuskatakombe.

414 Dresken-Weiland, 2010. Finney datiert die römischen Tonlampen mit Schafträger- Motiven zwischen
175 und 225. Arnold Provoosr gehr sogar von einem Beginn um 150 für Darstellungen auf Gemmen
aus: Provoost, Arnold, „Pastor or Pastor Bonus? The Interpretation and Evolution of Pastoral Scenes in
Late Antiquity“ Nederlandsch archiefvoor kerkgeschiedenis 84, 1, 2004: 1-34, bes. S. 1 1.
415 Kiauser sieht in den Bechern mit Bildern des Schafträgers eine auf die nordafrikanischen Psychiker be-
schränktes Phänomen. Davon ist nicht zwingend auszugehen, wenn man sich die Verberitung des Motivs
i m dritten Jahrhundert ins Gedächtnis ruft (Kiauser, 1958: 24—27) Siehe hierzu auch Finney, 1994: 125.
416 Inv. Nr. 2354. Ausführliche Diskussion der Lampe bei Finney, 1994: 126-135. Siehe auch Effenberger,
Arne, „Vom Zeichen zum Abbild. Frühzeit christlicher Kunst,“ in: Byzanz. Die Macht der Bilder, Brandt,
Michael; EfFenberger, Arne (Hrsg.), Hildesheim: Preußischer Kulturbesitz, 1998- 14-39, bes. S. 16f.
78 Visualisierungs formen

13 Deckenmalerei, Doppelkubikulum XY, Callistuskatakombe, Rom

Die Decke der Kammer Y zeigt ein geometrisches Linienschema, in dessen Mitte Daniel flan-
kiert von zwei Löwen in einem Tondo erscheint.41 In den Eckzwickeln steht je eine Figur: zwei
Oranten und zwei Schafträger. (Abb. 1 3)
Darstellungen des Schafträgers finden sich nicht nur in sepulkralen Kontexten; sie sind
auch in den wenigen erhaltenen frühen Baptisterien abgebildet. Sowohl das Baptisterium in
der Hauskirche von Dura Europos als auch das Baptisterium von Neapel weisen Bilder des
Schafträgers auf. (Abb. 14 und 15) Um 256 wurde die Stadtmauer von Dura Europos zum
Schutz gegen die Sasaniden verstärkt. Unter dem aufgeschütteten Erdwall hat sich die Haus-

417 Abbildung in Wilpert, Joseph, Die Malereien der Katakomben Roms. Tafelband, Freiburg im Breisgau:
Herder, 1903: Tf. 25.
Die vermeintliche Anikonizität des frühen Christentums und der Wunsch nach Bildern 79

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15 Schafträger, Baptisterium von Neapel
80 Visualisierungsformen

kirche mit Baptisterium erhalten,418 in dessen Ädikula oberhalb des Taufbeckens sich ein Bild
des Schafträgers befindet. Dieses ist umgeben von einer Schafherde neben einer kleineren Dar-
stellung von Adam und Eva. Im deutlich später entstandenen Mosaik des Baptisteriums von
Neapel (362/3-408/9) ist die Mosaikzone oberhalb derTrompen mit bukolischen Motiven ge-
schmückt. Unter ihnen befindet sich die Figur eines Schafträgers.41' Die Darstellungen auf den
übrigen Wänden zeigen christliche Motive: David und Goliath, eine Frau mit einem Wasserei-
mer (die Samariterin?) und zwei der Wunder Christi die Heilung des Lahmen und Christus,
der über das Wasser geht. Weiterhin ist auf der Nordwand eine Prozession aus fackeltragenden
Frauen dargestellt, die auf ein weißes Gebäude zuschreiten (möglw. die Marien am Grab Chris-
ti oder die klugen Jungfrauen, die zum Hochzeitszelt schreiten).420
Das Vorkommen des Schafträgers in unterschiedlichen religiösen Bereichen zeigt die Be-
deutungsvielfalt des Motivs an.42’ Martine Dulaey hat dargelegt, dass sich die Vorstellung des
Flirten, der das Lamm rettet, auf die bei Matthäus 18.12-14 und Lukas 15.3-7 überlieferten
Gleichnisse bezieht. Von geringerer Bedeutung für die Exegese des dritten und vierten Jahr-
hunderts war die Passage bei Johannes 10. 1-8, in der Christus selbst als Guter Hirte bezeichnet
wird.422 Die zurückhaltende Beschäftigung mit dieser Textstelle lässt es wenig wahrscheinlich
erscheinen, dass die frühen Christen in der Figur des Schafträgers ihren Gott erkannten.423 Auch
die überlieferten Bildbeispiele lassen nicht erkennen, dass eine Gleichsetzung von Christus mit
dem Schafträger stattfand, denn in der Deckenmalerei des Doppelkubikulums XY der Callis-
tuskatakombe wird die Hirtenfigur gedoppelt. Auf einem Sarkophag des Museo Pio Cristiano
(um 370-80) sind sogar drei schaftragende Flirten nebeneinander dargestellt. (Abb. 16) Ferner
sind beide dem Mittelmedaillon, das den Propheten Daniel zeigt, untergeordnet, was ebenfalls

418 Zur Hauskirche von Dura Europos siehe besonders: Baur, P.VC., „The Paintings in the Christian Cha-
pel,“ in: The Excavations at Dura Europos. Preliminary Report ofFifth Season ofWork October 1931—March
1932, Rostovtzeff, M.I. (Hrsg.), New Haven: Yale University Press, 1934- 254—282; Kraeling, H., The
Christian Building. The Excavations at Dura—Europos Conducted by Yale University and the French Academy
of Inscriptions and Leiters, Final Report 8, Part 2, New Haven: Dura Europos Publications, 1967.
4 19 Zum Bapstisterium von Neapel: Maier, Jean Louis, Le Baptistere de Naples et ses mosaiques: etude historique
et iconographique, Fribourg: Editions universitaires, 1964; Gandolfi, Katia, „Les mosaiques du baptistere
de Naples. Programme iconographique et liturgie,“ in: II Duomo di Napoli, Komano, Serena; Bock, Ni-
colas (Hrsg.), Neapel: Electa, 2002: 21-34; Ferri, Giovanna, I mosaici del battistero di San Giovanni in
fonte a Napoli, Todi: Tau, 2013.
420 Peppard, Michael, „New Testament Imagery in the Earliest Christian Baptistery,“ in: Dura Europos.Cross-
roads of Antiquity, Brody, Lisa R ; Hoffman, Gail L (Hrsg.), Chicago: University of Chicago Press, 2011:
169—187. Die These, dass es sich um die klugen Jungfrauen handelt und das Hochzeitszelt eine Parallele
zum Taufbecken bildet haben u.a. auch vertreten: Quasten, Johannes, „Das Bild des guten Hirten in den
altchristlichen Baptisterien und in den Taufliturgien des Ostens und Westens,“ in: Pisciculi. Studien zur
Religion und Kultur des Altertums. Franz Joseph Dölger zum 60. Geburtstage, Kiauser, Theodor (Hrsg.),
Münster: AschendorfF,1939: 220—244, bes. S. 220; Millet, Gabriel, „La parabole des vierges ä Doura et
el-Bagawat,1 Cahiers archeologiques. Fin de l’Antiquite et Moyen Äge 8, 1956: 1-8.
421 Überblick in; Engemann, Josef, „Hirt“, TMC, 1990: 577—607.
422 Dulaey, Martine, „La parabole de la brebis perdue dans 1 Eglise ancienne: de l exegese ä 1 iconographie“
Etudes Augustiniennes 39, 1, 1993: 3-22, bes. S. 5-7.
423 J P. Kirsch vertrat die gegenteilige Ansicht . dass der Schafträger durchaus ein Bild Christi war (vgL Kirsch,
J.P., „Le bon pasteur sur les monuments chretiens de Salone,“ in- Acta Primi Congressus Internationalis
Archaeologiae Christianae 1894 (Ephemeris Salonitana), Saxer, Victor (Hrsg.), Split: Arheoloski Muzej,
1993: 33-36).
Die vermeintliche Anikonizität des frühen Christentums und der Wunsch nach Bildern 81

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16 Hirtensarkophag, Museo Pio Cristiano, Vatikan (Inv.Nr. 31554)

17 Scbafträger, Rodenmosaik, Dom von Aquileia

unplausibel für ein Christusbild wäre.424 Auf dem Mosaikboden des Doms von Aquileia vom
Ende des dritten Jahrhunderts erscheint das Bild des Schafträgers ebenfalls.425 (Abb. 17) Auch
hier ist nicht wahrscheinlich, dass das Motiv als Bild Christi aufgefasst wurde, da Bilder Christi

424 Himmelmann, Nikolaus, Über das 1 lirten-Genre in der antiken Kunst, Opladen: Westdeutscher Verlag,
1980: 140.
425 Buora, Maurizio; Menis, Gian Carlo, Basilica di Aquileia: il mosaico pavimentale restaurato, Vicenza: Terra
ferma, 2000.
82 Visualisierungsformen

18 Bodenmosaik mit Chrisrusbild. Hinton St Mary,


British Museum, London (Inv.Nr. 1965,0409.1)

auf Fußböden kaum nachweisbar sind. Das einzige sicher belegte Fußbodenmosaik, das Chris-
tus darstellt, ist das aus Hinton St. Mary in England. (Abb. 18) Daher geht die Forschung
mehrheitlich davon aus, dass der Schafträger ein Symbol für abstrakte Überzeugungen war:426
428
Johannes Quasten sah hierin das Prinzip des Retters (o®Tf|p).427 Fheodor Kiauser bezeichnet
ihn als Bild der Philanthropia,™ das die christliche Nächstenliebe ausgedrückt. Nikolaus Him-
melmann hält es für ein Zeichen der Hoffnung auf ein friedvolles, glückliches Leben.429 Die
Vielzahl der christologischen Themen, die Martine Dulaey aus den exegetischen Schriften zum
Gleichnis des verlorenen Lamms extrahiert, kann anhand der Bilder selbst allerdings nicht
verifiziert werden.430 Besonders im Kontext der Baptisterien (bspw. Baptisterium von Neapel)
konnte das Bild des Hirten und seiner Schafherde als Anspielung auf Psalm 23 gelesen werden,
in dem die Rede von Gott als dem Hirten ist, der seine Herde zum frischen Wasser führt. Quas-
ten hat mit Verweis auf Augustinus dargelegt, dass das erquickende Wasser, von dem die Tiere
trinken, als das Wasser der Taufe verstanden werden konnte.431
Das Schaftrager-Motiv lässt sich nicht auf eine einzige Deutung reduzieren. Es war ein
flexibles Bildformular, das universell eingesetzt werden konnte. Die individuelle Bedeutungs-
zuschreibung oblag dem Betrachter und dem jeweiligen Kontext (sepulkral, baptismal). Ein

426 Vgl. dagegen Baur, der den Schafträger im Baptisterium von Dura Europos als Christus identifiziert
(Baur, 1934: 259).
427 Quasten, 1939 224.
428 Kiauser, 1958: 31.
429 Himmelmann, 1980: 142. Siehe auch die Diskussion der friedvollen Bukolik bei Engemann, 1997:
111-113.
430 Dulaey, 1993: 9-20.
431 Quasten, 1939: 233. Siehe auch: Gandolfi, 2002: 23f., bes. Anm. 27. Siehe hierzu Augustinus, In Psal-
mumXXII enarratio (PL 36: 182).
Die vermeintliche Anikonizität des frühen Christentums und der Wunsch nach Bildern 83

7.
. a. .. ...

19 Magier, Sarkophagfragment, Museo Pio Cristiano, Vatikan (Inv.Nr. 31450)

Vergleich mit den übrigen frühchristlichen Motiven, die in ähnlichen Zusammenhängen wie
der Schafträger auftreten, lässt jedoch eine Verallgemeinerung der Darstellungsabsicht zu: Sie
sind zu Bildzeichen geronnene Visualisierungen, die elementare Aussagen über die Eckpunkte
der christlichen Überzeugungen treffen. Sie benötigten kaum Nebenfiguren und keinen Hin-
432
tergrund. Thomas Mathews bezeichnet sie als „staccato Images,“433 die beliebig arrangiert wer-
den konnten, einzeln in einem Medaillon oder akkumulierend nebeneinander wie auf dem
Wannensarkophag von S. Maria Antiqua oder der Lampe Wulff 1224. Sie drücken zeichenhaft
reduzierte ideale Eigenschaften des christlichen Lebens aus und ermöglichen den Betrachtern,
sich ein Bild von christlichen Inhalten zu machen und sich der eigenen Überzeugungen zu
vergewissern.
Der Fisch, der Fischer, die Taube und der Anker, aber auch das Kreuz und das Akronym
IX0YS sind Symbole, welche die Identität und Zugehörigkeit zur Gruppe der Christen aus-
drücken konnten. Daneben existierten Darstellungen, die Christus als Wunderwirker433 zeig-
ten, sowie Bilder der Errettung alttestamentlicher Helden, nämlich Jonas,434 Daniel 43' und die
437
drei Jünglinge im Feuerofen.436 Diese Bildzeichen können zu einer Gruppe zusammengefasst
werden, denn ihnen allen ist gemein, dass sie die übermenschliche Kraft Gottes, die zur Erret-
tung einzelner Individuen eingesetzt wurde, visualisierten.
Das Interesse der frühen Christen konzentrierte sich auf die Repräsentation und die Selbst-
vergewisserung der Macht ihres Gottes. Ebenfalls in diese Gruppe gehört die etwas später
aufkommende Magierhuldigung, welche die magischen und sogar göttlichen Fähigkeiten des
Christuskindes thematisierte.4 (Abb. 19) Schon Celsus, der Autor des AXq0f]i; Löyoc, hatte das

432 Mathews, 1999: 13.


433 Zu den Darstellungen Christi als Magier siehe: Mathews, 1999: 54-91; Dresken-Weiland, 2010: 247-
266. Die früheste Darstellung befindet sich in der Priscilla Katakombe (230-250); Abb in: Bisconti,
Fabrizio, „La madonna di Priscilla: interventi di restauro ed ipotesi sulla dinamica decorativa.“ Rivista di
Archeologia Cristiano 72, 1996; 7-34, Abb. 18.
434 Dresken-Wei land, 2010: 9 6 - 1 18. Jonas wurde vermutlich schon im späten zweiten Jahrhundert darge-
stellt.
435 Dresken- Weiland, 2010: 233-247.
436 Dresken- Weiland, 2010: 302-311. Das Motiv ist ab der Mitte des dritten Jahrhunderts nachweisbar
( Priscilla-Katakombe) .
437 Dresken-Weiland, 2010: 267-275.
84 Visualisierungsformen

Interesse der Christen an der Bestätigung der göttlichen Kraft des von ihnen verehrten Christus
erkannt. Allerdings hatte er darauf hingewiesen, dass sich die alttestamentlichen Helden viel
besser zur Verehrung eignen würden als Christus, der machtlos am Kreuz gestorben war. Wir
können davon ausgehen, dass für den einzelnen Christen die Bilder die Hoffnung auf Sicherheit
ausdrückten und den Schutz durch ihren Gott versprachen. Besonders der Schafträger konnte
die schützende Gemeinschaft mit Gott darstellen. Das Baptisterium von Dura Europos versinn-
bildlicht dieses Bildversprechen: Die Darstellungen der Heilung des Lahmen und Christi, der
auf wundersame Weise über das Wasser lief, bilden den historischen Jesus ab, der über göttliche
Kräfte verfügte. Der Schafträger ist die visuelle Versicherung des Schutzes Gottes, in dessen
Genuss die Getauften kamen. Die weisen Jungfrauen unterhalb der Darstellung der Wunder
Christi dienten als Anleitung für das rechte Leben, das den Schutz Gottes garantierte und zum
Leben in der Gemeinschaft mit Gott führte. Am Zielpunkt der Prozession der Jungfrauen ist das
Hochzeitszelt abgebildet, Sinnbild der Gemeinschaft mit Gott durch die Taufe.
Im Ergebnis muss für die Frage nach der Übernahme theophanischen Motivik in die christ-
liche Bildproduktion festgestellt werden, dass die Bilder des dritten und frühen vierten Jahrhun-
derts keine Tendenzen erkennen lassen, die Erscheinung Gottes ins Bild zu übertragen. Diese
Erkenntnis korreliert mit schriftlichen Aussagen zu den frühen christlichen Bildern: Minucius
Felix, Iheophilos von Antiochia, Celsus und Eusebios dokumentieren den Wunsch der Zeitge-
nossen, sich ein Bild Gottes zu machen (nicht eine Vision Gottes zu erhalten). Diesen Wunsch
erfüllte die Bildproduktion, indem sie zentrale Überzeugungen und Eigenschaften der christli-
chen Religion visualisierte. Selbst die Bilder des Schafträgers, die am ehesten im Verdacht ste-
hen, Christus darzustellen, dürfen nicht als Gottesbild gedeutet werden. Allerdings oblag die
individuelle Bedeutungszuschreibung dem jeweiligen Betrachter. Aspekte der Philanthropia oder
die Hoffnung auf ein glückliches Leben können ebenfalls in den Bildern erkannt worden sein.
Auch die Möglichkeit, dass das Bild des Schafträgers bei einem spätantiken Christen Jesus selbst
in Erinnerung ruft, kann nicht ausgeschlossen werden. Dieses Potential eines Bildes, etwas nicht
Dargestelltes zu vergegenwärtigen, war bereits von Klemens von Alexandria bemerkt worden.
Diese Wahrnehmungsdisposition ist von großer Bedeutung für die spätantike Bildauffassung.
Klemens macht im Rahmen der Diskussion um die Siegelbilder der Christen einen fun-
damentalen Unterschied zwischen der spätantiken Wahrnehmung eines Bildes und unserem
modernen Bildverständnis deutlich. 139 Anstatt zu sagen: „Der Fischer repräsentiert Petrus und
der Angler symbolisiert die getauften Kinder,“ schreibt er: „Wenn es [nämlich das Siegelbild]
ein Fischer ist, dann wird es stets den Apostel und die aus dem Wasser emporgezogenen Kinder
439
438
ins Gedächtnis rufen [pcgvijosTat].“ 440 Bilder können etwas ins Gedächtnis rufen, das nicht
dargestellt ist und das vielleicht auch gai nicht jeder spätantike Christ darin erkennen würde.
Das mögliche Bild entsteht erst als mentales Bild im Geist des Betrachters. Die Darstellungen
bildeten nicht ab, sondern verwiesen auf etwas, das sich hinter dem jeweiligen Bild befand. Die
Art der Wahrnehmung kann als gelenkte oder vermittelte Wahrnehmung beschrieben werden. Das
durch das Bild Bezeichnete entstand als innere Vision. Diese Wahrnehmungsform ist jedoch
kein Phänomen, das nur den spätantiken Christen zu eigen war, sondern auch in der griechisch-

438 Hierzu siehe: Hoek, Annewies van den; Herrmann, John J., „Celsus’ Competing Heroes: Jonah, Daniel,
and rheir Rivals,“ in: Pottery, Pavements, and Paradise. Iconographic and Textual Studies on Late Antiquity,
Hoek, Annewies van den; Herrmann, John J. (Hrsg.), Leiden: Brill, 2013: 203—254.
439 Francis, 2003: 18 If.
440 Siehe oben Anm. 403. Übers, nach Eizenhöfer, 1960: 51. Siehe auch: Francis, 2003: 180f.
Die vermeintliche Anikonizität des frühen Christentums und der Wunsch nach Bildern 85

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20 Christus als Guter Hirte, Lünettenmosaik, Mausoleum der Galla Placidia, Ravenna

römischen Kultur wirkte. Auch Celsus hatte dieses Bildverständnis vertreten, als er vorschlug,
die Götterstatuen als Hilfsmittel zu nehmen, um den jeweiligen Gott anzubeten, dessen Erschei-
nung mit seiner Statue nichts gemein hatte.441 Diese Bildauffassung zeigt eine Subordinierung
des materiellen Bildes unter das geistige Bild an, das evoziert wurde. Die Passage im Paidagogos
des Klemens ist eines der frühesten christlichen Dokumente für diese BildaufFassung.
Einige der besprochenen frühen Motive verschwanden in den folgenden christlichen Jahr-
hunderten, die von einem Anstieg des Interesses an theophanischen Bildern gekennzeichnet
waren. Andere blieben weiterhin erhalten und wurden, wie etwa die Tauben im Baptisterium
von Albenga, in neuen Kontexten eingesetzt. (Tf. 14) Der Schafträger hingegen verschwand
nach dem vierten Jahrhundert. Dresken-Weiland erklärt das Verschwinden damit, dass die an-
444
443
tiken Ursprünge 442 der Hirrendarstellungen die Christen störten. ’ Diese Deutung ist wenig
überzeugend, wenn man bedenkt, wie sehr die christliche Bildsprache insgesamt der antiken
verpflichtet war. Wahrscheinlicher ist, dass das Schafträger-Motiv seine Relevanz verloren hatte
und nicht in der Lage war, die neuen Interessen und Themen adäquat auszudrücken. Vom Ver-
such, den Schafhirten den veränderten Interessen anzupassen, zeugt die Darstellung über dem
Portal des sogenannten Mausoleums der Galla Placidia (um 450) in Ravenna/1 (Abb. 20) Das

441 Siehe oben Anm. 388.


442 Zur Entwicklung des Hirten-Motivs in der Antike siehe Kiauser, 1958: 27-31; Himmelmann, 1980:
passim. Zur Problematik der Unterscheidung von paganen und christlichen Schafträgern siehe Taylor,
Alice, „The Problem of Labels: Three Marble Shepherds in Nineteenth-Century Rome,“ Memoirs of the
American Academy in Rome. Supplementary Volumes 1, 2002: 47—59.
443 Dreskcn—Weiland, 2010: 92.
444 Die Wahl des Motivs und seine Platzierung oberhalb der Für mag auf Joh. 10.7-10 zurückgehen, wo
Christus sich als „die Tür zu den Schafen“ bezeichnet. Siehe hierzu Dresken-Weiland, 2016: 22.
86 Visualisierungsformen

Bild des Hirten, der sich um das einzelne Schaf sorgt, ist hier in ein Bild Christi überführt. Es
ist deutlich erkennbar, dass im Vordergrund der Darstellung der Wunsch sreht, den göttlichen
Christus zu zeigen. Die Hirtenfigur ist nicht mehr idealisiert, sondern deutlich als Christus zu
erkennen. Dieser ist nicht gekleidet wie ein Hirte, sondern in eine goldene Tunika gehüllt, mit
einer locker darüber liegenden purpurfarbenen Toga. Die goldene und besonders die purpurne
Gewandfarbe sind dem Bildvokabular antiker Gottheiten und des Kaisers entlehnt. Um diese
und ähnliche Strategien der Visualisierung der Göttlichkeit Christi mithilfe antiker ikonogra-
phischer Mittel soll es im folgenden Kapitel gehen.

II. 2. Antike Bildstrategien der Divinisierung

Das Ende der Statuenverehrung

Während zu Beginn der christlichen Bildproduktion der Wunsch stand, Christus und die
christlichen Ideale visuell verständlich zu machen, fand ab dem vierten Jahrhundert die Visi-
onserwartung der spätantiken Christen vermehrt Ausdruck in Form von Bildern des göttlichen
Christus. Vor dieser Zeit gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass christliche Theophanien ver-
bildlicht wurden, auch wenn die spätantike Textproduktion die Kontinuität theophanischer
Vorstellungen aus dem antik-jüdischen und griechisch-römischen Kulturkreis belegt. Schrift-
liche Schilderungen epiphanischer Ereignisse und Vorstellungen über die dauerhafte Möglich-
keit der göttlichen Präsenz besonders in [räumen und in Form von Licht445 existierten weiter.
Aus der jüdischen Schriftkultur überdauerten Textgenres wie die Apokalypsen, die häufig theo-
phanische Momente schilderten. Die zeitgleiche Bildproduktion brach jedoch mit dem antiken
Erbe. Als die Christen schließlich begannen, Theophanien in Bildern darzustellen, knüpften
diese nur in begrenztem Maße an Vorgänger an, indem sie selektiv überkommene Bildelemente
und einige wenige komplexe Motive nutzten.
Die neuen Bilder der Christen traten an die Stelle der antiken Götterstatuen, welche im
Verlauf der vorangegangenen Jahrhunderte ihre Wirkmächtigkeit als materieller Ausdruck der
Götter teilweise eingebüßt hatten. Herrschte in archaischer und klassischer Zeit die Vorstellung
davon vor, dass die Götter mit ihren Statuen identisch waren oder ihnen als temporärer Sitz
448
(eSoq) dienten, 446 so griff die hellenistische Philosophie diese Vorstellung zunehmend an.447
In Ciceros De natura Deorum stehen sich beide Meinungen in Form des „statuenfeindlichen“
Platonikers Cotta und des „statuenfreundlichen“ Stoikers Quintus Lucilius Baibus gleichran-
gig gegenüber. Allerdings verließen sich auch noch die Neuplatoniker Porphyrios und lambli-
chos am Ende des dritten Jahrhunderts auf die Wirksamkeit von Statuen zur Erzeugung von
Theophanien (Theurgie). ' Der bereits zitierte und ebenfalls neuplatonische Philosoph Celsus
versuchte im zweiten Jahrhundert, die Christen von den (visuellen) Vorteilen der Statuenver-
ehrung zu überzeugen. Er wies darauf hin, dass man in ihnen nicht die Anwesenheit des Got-
tes selbst sehen könne, sondern sie als Anleitung und Hilfestellung für die Verehrung nutzen

445 Zum Licht siehe unten Kapitel III .2.


446 Scheer, 2000: 120-123.
447 Bremmer, 2013, bes. S. 12 und 15. Siehe auch die grundlegende Quelleniibersicht bei Geffcken, Johan-
nes, „Der Bilderstreit des heidnischen Altertums,“ Archiv für Religionswissenschaft 19, 4, 1919: 286—315.
448 Siehe oben Anm. 155.
Antike Bildstrategien der Divinisierung 87

solle '* Die starke Ablehnung, die dieser Vorschlag durch Origenes erfuhr, ist wegweisend für
449
die von den Christen vertretene kategorische Verurteilung materieller Standbilder.450 Besonders
die Materialität der Statuen, die aus Holz, Stein, Knochen, Lehm oder Gold gemacht waren,
452
hatten sie als unheilig und unrein verunglimpft. 451
Die Ursachen für diese selektive Ablehnung von Statuen sind immer noch nicht endgültig
geklärt. Corby I inney hat bereits darauf hingewiesen, dass die christliche Rhetorik nicht als
Beleg für den realen Umgang mit Kunst verwechselt werden darf und die Ablehnung heidni-
scher Werke vor allem als politisches Instrument anzusehen ist.453 Vielmehr erscheint das Ende
der Statuenpraxis als konsequenter Abschluss einer intellektuellen Entwicklung, die die Götter
und ihre Statuen zunehmend voneinander trennte.454 Die Theurgie-Vorstellungen der Neupla-
toniker sah in den Statuen nur mehr em Mittel, den Geist zur Ebene der Götter zu erheben,
nicht aber eine Materialisierung der Götter selbst. Damit war eine dreidimensionale Visuali-
sierung nicht mehr zwingend notwendig. Die Christen verlegten sich darum auf Visionsbilder,
die an die Stelle der Kultstatuen traten, ohne jedoch (zunächst) deren rituelle Verehrungsprak-
457
tiken zu übernehmen.455 Statuen hatten als „vehicle of the divine parousia“ 456 ausgedient; sie
konnten die Präsenz des Göttlichen nicht mehr überzeugend visualisieren.45
Im Folgenden wird ein erster Mechanismus untersucht, der von den christlichen Bildschöp-
fern angewandt wurde, um den göttlichen Christus zu visualisieren. Durch die Übernahme
antiker Bildelemente der Nobilitierung und Divinisierung wurde die göttliche Natur des Men-
schensohns betont. Diese Bilder wurden, wie von Spieser bemerkt, häufig in Apsiden darge-

449 Siehe oben Anm. 388.


450 Bremmer, 2013: 16. Zur Statuenzerstörung siehe oben Anm. 148.
451 Siehe zum Beispiel Justin der Märtyrer, 1. Apologie 1.9; Minucius Felix, Octavius 24. 1. Siehe auch Scheer,
2001: 36-38.
452 Bauer, Franz Alto; Witschel, Christian, (Hrsg.), Statuen in der Spätantike, Spätantike, frühes Christen-
tum, Byzanz Reihe B, Studien und Perspektiven, Wiesbaden: Reichert, 2007: 13-15. Robert Coates-
Stevens nennt die beeindruckende Monumentalität von Wanddekorationen in der severischen Periode
als medialen Grund für die Aufgabe der vollplastischen Bilder (Coates-Stephens, Robert, „The Reuse of
Ancient Statuary in Late Antique Rome and the End of the Statue Habit,“ in: Statuen in der Spätantike,
Bauer, Franz Alto; Witschel, Christian (Hrsg.), Wiesbaden. Reichert, 2007: 171-18; Coates-Stephens,
2007: 183E).
453 Siche oben Anm. 62.
454 Zur Dualität der Sphären siehe unten Kapitel III.3. „Liminalität und Dualität“.
455 Möglicherweise wurde die kultische Verehrung in der Ikonenpraxis im privaten Bereich tradiert (Elsner,
1998, „Front Idol to Icon:“ 257-259).
456 Versnel, 1987, Zitat S. 46.
457 Auch im vierten Jahrhundert war die Abkehr von den Statuen noch nicht vollständig geschehen. Es gibt
keinen Anlass, den Übergang bereits, wie von Deckers behauptet, in tetrarchischer Zeit anzunehmen.
(Deckers, Johannes G., „Die Wandmalerei im Kaiserkultraum von Luxor,5 Jahrbuch des Deutschen Ar-
chäologischen Instituts 94, 1979: 600-652: 651 Siehe auch Brenk, 2010: 43f.) Die Tatsache, dass Kaiser
Konstantin einige Jahre nach der Ausmalung des Kaiserkultraums in Luxor eine Statue von sich im Vor-
raum aufstellen ließ (Deckers, 1979: 607), belegt die weiterhin bestehende Lebendigkeit des plastischen
Herrscherbildes. Mehr noch als das sind die silbernen Christus-, Apostel- und Erzengelfiguren, die der
Kaiser für das Fastigium des Lateran stiftete, Ausweis dafür, dass unter Konstantin das plastische Götter-
bild noch nicht von dem zweidimensionalen ersetzt worden war. (Blaauw, Sible de, „Imperial Connota-
tions in Roman Church Interiors. The Significance and Effect of the Lateran Fastigium,“ in: Imperial Art
as Christian Art - Christian Art as Imperial Art (= Acta ad Archaeologiam et Artium Histonam Pertinentia
XV), Brandt, Rasmus; Steen, Olaf (Hrsg.), Rom- Bardi, 2001: 137-146; Brenk, 2010: 54).
88 Visualisierungsformen

stellt.458 Diese erste hier untersuchte Strategie ist nicht als chronologischer Beginn der Bildge-
nese zu verstehen, da sämtliche Strategien in der Spätantike nebeneinander bestehen blieben.
Auch lässt sich die Entwicklung der Bildmotive nur schwer nachzeichnen, da aus der Frühzeit
der Bildfindung zu wenige Dokumente erhalten sind. Es deutet allerdings einiges daraufhin,
dass die im Folgenden untersuchte Strategie der „Vergöttlichung1 der Christusbilder zu den
ersten Versuchen zählt, das Interesse an der Vergegenwärtigung der göttlichen Natur Christi
ins Bild zu setzen.

Die Göttlichkeit Christi und das Konzil von Nikaia


Es stellt sich die Frage, warum die Christen begannen, Theophanien ihres Gottes darzustellen.
Die Antwort liegt in der kontinuierlich präsenten und stetig wachsenden Visionserwartung
und dem Wunsch, sich Gott auf visuellem Wege zu nähern. Diesem Wunsch stand jedoch das
biblische Repräsentationsverbot entgegen. Bislang hatte man lediglich gewagt, den Sohn, der ja
sichtbar auf Erden Wunder gewirkt hatte, im Bild darzustellen. Da Christus nicht nur Mensch,
sondern auch Gott war, war es möglich, ihn auch mit göttlichen Attributen darzustellen. Zu
Beginn des vierten Jahrhunderts war der Status Christi als Gott keineswegs allgemein aner-
kannt. Auf religionspolitischer Ebene offenbarte sich das Interesse an der Göttlichkeit Christi
am eindrucksvollsten in der Debatte um das Verhältnis von Gottvater und Sohn auf dem
Konzil von Nikaia (325) und im Streit der Orthodoxen und der Arianer. Letztere subordi-
nierten Christus unter Gottvater. In der visuellen Kultur manifestiert sich das Interesse an der
Göttlichkeit Christi etwas verzögert Ab der Mitte des vierten Jahrhunderts sind theophanische
Darstellungen jedoch sicher belegt.459
Eusebios von Caesarea erwähnt in seiner Kirchengeschichte den Bischof Beryllos von Bos-
tra. der im dritten Jahrhundert die Überzeugung vertrat, dass Christus vor seiner Inkarnation
nicht existiert habe und keine eigene Göttlichkeit besessen habe (pqv 0£OTT|Ta iöiotv systv). In
ihm wohne lediglich die Göttlichkeit des Vaters.460 Eusebios berichtet weiter, dass Origenes von
Alexandria die Ansichten des Bischofs relativiert und ihn zurück zur Orthodoxie geführt ha-
be. 461 Die Formulierung Eusebs legt nahe, dass Origenes die Ansichten des Beryllos nicht fun-
damental ablehnte, sondern nur mäßig korrigierte. Ein erster Versuch, den Streit beizulegen,
stellt das erste Konzil von Nikaia dar, welches die Vorstellung der Wesensgleichheit (öpooüotog)
Gottvaters und Christi zum Dogma erhob.462 Anlass war die Lehre des Anus gewesen, der
318/19 begann, in seinen Predigten die Ansicht zu vertreten, dass „der Sohn Gottes aus dem
Nichtseienden geschaffen sei, dass es eine Zeit gab, da er nicht existierte, dass er nach seinem
Willen aufnahmefähig sei für das Böse wie für die Tugend und dass er ein Geschöpf und ein
Geschaffenes sei.“463 In der Folge wurde Arius, den Sozomenos als rhetorisch gewandten Mann

458 Spieser, 1998: 67.


459 Siehe zum Verhältnis des Nizäischen Konzils und der Bildkultur Mathews, 1999: 101. Spieser erkennt
in der Traditio Legis ein Bild, das in der Folge des Konzils von Nikaia Gottvater und Sohn gleichstellt:
Spieser, Jean-Michel, Autour de la Traditio Legis, Thessaloniki: Hypourgeion Politismou, 2004: 13.
460 Eusebios von Caesarea, Historia ecclesiastica 6.33.1-3 (SC 41: 135-136).
461 Eusebios, Historia ecclesiastica 6.33.2-3 (SC 41: 136).
462 Siehe Stead, „Homoousios,“ Ä4C 16-. 363M34.
463 Sozomenos, Historia ecclesiastica1.25.3 (SC 306: 184). Zitiert nach Baus, Karl; Ewig, Eugen, (Hrsg.),
Die Reichskirche nach Konstantin dem Großen. Die Kirche von Nikaia bis Chalkedon, Freiburg: Herder,
1973: 18.
Antike Bildstrategien der Divinisierung 89

beschreibt im Jahre 319 aus der Kirche ausgeschlossen. 164 Er wandte sich jedoch an einflussrei-
che F ürsprecher, besonders an Eusebios von Nikomedia. Auch Eusebios von Caesarea scheint
wohlwollend vermittelt zu haben, indem er den Verdacht äußerte, Arius sei durch Alexander,
464
den Bischof von Alexandria, missverstanden worden.465
Das von Kaiser Konstantin einberufene Konzil von Nikaia versuchte, dem Streit um den
göttlichen Status Christi ein Ende zu machen, indem es die Wesensgleichheit von Gottva-
ter und Sohn zum rechten Glauben erklärte. Dieser zentrale Punkt wird am Beginn des vom
Konzil beschlossenen Glaubensbekenntnisses genannt (öpoovoio tö rturpl). 466 Der Streit war
damit jedoch keineswegs beendet, arianische und gemäßigt arianische Ansichten existierten
fort. Verstärkt wurde die Kontroverse dadurch, dass die Söhne Konstantins unterschiedlicher
religiöser Überzeugung waren: Constans, Kaiser des Westreiches, war orthodox, während Con-
stantius dem Arianismus zugeneigt war.46 Das von Kaiser Theodosios I einberufene Konzil
von Konstantinopel (381) bestätigte darum die Entscheidungen von Nikaia und die Göttlich-
keit Christi noch einmal.468 Das Interesse an der göttlichen Natur Christ hielt auch weiterhin
an, wandte sich in der Folge jedoch Fragen der Gewichtung von menschlicher und göttlicher
Natur in Christus zu. Das Konzil von Chalkedon (451), erklärte darum, dass beide Naturen in
Christus „unvermischt und unverwandelt, ungeteilt und ungetrennt“ 469 enthalten seien.

Kontinuität, Wandel oder Bruch

Die Konzilien von Nikaia, Konstantinopel und schließlich Chalkedon gaben der verbreiteten
Visionserwartung - dem Wunsch das Göttliche darzustellen und es sich visuell zu vergegenwär-
tigen - eine religionspolitische Legitimation. Während keine direkte Abhängigkeit von Bildern
des göttlichen Christus von den Konzilsbeschlüssen postuliert werden muss, so verhalfen die
Entscheidungen doch dazu, die neuen Bildfindungen zu autorisieren. Die seit der Mitte des
vierten Jahrhunderts greifbaren Theophaniebilder speisten sich in Teilen aus antiken Darstel-
lungskonventionen: Nimbus, Sphaira, solare und stellare Attribute sowie Thronszenen existier-
ten bereits in antiken Götter- und Herrscherbildern. Die übernähme ganzer Motive hingegen
ist selten. Eine Ausnahme bildet das Apostelkollegium, welches auf antike Darstellungen von
Götterversammlungen zurückgeht Antiken Mythen vergleichbare Schilderungen der laten
der Götter existierten jedoch im Christentum nicht, denn die biblischen Geschichten des Neu-
en Testaments handeln fast ausschließlich von Christus als Mensch. Von seinen göttlichen laten

464 Zur Geschiche des Arianismus siehe: Drobner, Hubertus R., Lehrbuch der Patrologie (2. überarbeitete
Auflage), Frankfurt am Main: Peter Lang, 2004: 245-31 1.
465 Baus; Ewig, (Hrsg.), 1973: 20 Anm. 16.
466 Text und Übersetzung in Drobner, 2004: 261. Zusammenfassend zum Konzil: Liebaert, Jacques, Christo-
logie.Von der Apostolischen Zeit bis zum Konzil von Chalkedon (451), Freiburg: Herder, 1965: 59-78 und
103-126.
467 Jedin, Hubert, Kleine Konziliengeschichte, Freiburg: Herder, 1959: 19-22; Stead, G. Christopher, ,.Ho
moousios,“ RAC 16. 4 1 4-4 1 8; Ayres, Lewis, Nicea and its Legacy. An Approach to Fourth-Century Trini-
tarian Theology,Oxford: University Press, 2004: 100—166. Zur verspäteten Rezeption des Nizänums im
Westen siehe Ulrich, Jörg, Die Anfänge der abendländischen Rezeption des Nizänums, Berlin: De Gruyter,
1994.
468 Ayres, 2004- 253-260.
469 Camelot, Pierre-Thomas, Ephesus und Chalcedon, Mainz: Grünewald, 1963: 157.
90 Visualisierungsformen

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21 Epiphanie des Apollon, Hadrianischcs Tondo, Konstantinsbogen. Rom

nach der Auferstehung ist kaum etwas bekannt. Singulär sind die Transfiguration und Berichte
einiger weniger Erscheinungen Christi nach der Kreuzigung.
Der Fülle antiker mythologischer Darstellungen stehen überraschend wenige Bilder gegen-
über, die theophanische Momente, das plötzliche Erscheinen eines Gotres, zeigen. Ein Grund
hierfür mag die Tatsache sein, dass die Götter als ständig sichtbar galten und das Lateinische
nicht einmal einen Ausdruck für das plötzliche Erscheinen Gottes (gr. epiphaneid) besaß.
Ein zweiter Grund ist sicherlich die Tatsache, dass Theophanien hinreichend in Form von
Statuen ausgedrückr werden konnten. In einigen Fällen wurden Symbole benutzt, um die An-
wesenheit des Gottes anzuzeigen, so beispielweise der Adler als Bild des Zeus. Darüber hinaus
existierten einige wenige narrative Bilder, die solch plötzliche, ephemere Begegnungen mit dem
Göttlichen darstellten, beispielsweise eines der hadnanischen londi des Konstantmsbogens.
(Abh. 21) Hier ist die theophanische Erscheinung Apolls dargestellt, der von Hadrian gegrüßt
wird. Apoll ist auf einem Sockel stehend gezeigt; er erscheint als Gott, allerdings in Form seiner
Statue. Christusdarstellungen in statuarischer Form fanden jedoch zunächst (mit Ausnahme
der Silberstatuen des Lateransfastigiums) keine Verbreitung.
Etwas differenzierter verhält es sich mit den Illuminationen in der Ilias Ambrosiana (Cod.
F 205, Ende 5. | h ). Die Miniatur auf pict. 47 zeigt Achilleus, der auf einem Altar dem Zeus
opfert, um die Rettung des Patroklos zu erreichen. (Abb. 22) Achill steht in einem Zelt, das
Gewand über den Kopf gezogen und blickt schräg nach oben, wo Zeus in einem Clipeus er-
470 Siehe oben Anm. 83.
Antike Bildstrategien der Divinisierung 91

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22 Achill spricht zu Zeus, Ilias Ambrosiana, Mailand (Cod. F 205, pict. 47)

scheint. Diese Ikonographie hat zwar als Ganzes keine direkten Parallelen in der christlichen
Ikonographie, jedoch ist die Darstellung von Aposteln, Heiligen, Märtyrer und Christi in Cli-
pei nicht selten und sollte besonders in post-ikonoklastischer Zeit weite Verbreitung finden. 471
Darüber hinaus erscheint Christus innerhalb eines Clipeus auch in vereinzelten theophani-
schen Motiven wie dem Triumphbogen von S. Paolo fuori le mura und auf dem Barberini
Diptychon in Paris.
Andere Miniaturen dieser Handschrift bewahren eine Reihe theophanischer Götterdar-
stellungen, die auffallend große Ähnlichkeiten mit christlichen Bildentwürfen aufweisen: In
einigen der Darstellungen der Ilias erscheinen die Götter als umrisshaft sphärische Büsten über
dem Geschehen schwebend und treten so in sichtbaren Kontakt mit der menschlichen Sphäre.
Grabar hat diese Bilder, die das Göttliche auf Wolken inszenieren, als „Images optiques du
ciel“ bezeichnet, weil der Himmel hier in Form der Wolken (nicht als abstraktes Diagramm)
sichtbar ist.4 Der Wolkenvorhang wird zerteilt, um die Götter dahinter sichtbar zu machen.
Auf pict. 22 erscheinen Zeus, Hera und Athene in den Wolken über der Schlacht, auf pict. 29
Hera, Athena und Iris. Pict. 39 zeigt Zeus oberhalb der kämpfenden Griechen und Trojaner
(Tf. 15) und pict. 13 oberhalb des Opferaltars des Agamemnon. Ranuccio Bianchi Bandinelli
hat die skizzenhafte Zeichnung als von „deliberate casualness if not complete ncglect“ 473 be-
471 Bspw. in der berühmten Miniatur des Chludov Psalters, fol. 67r oder in der Topographia Christiana des
Kosmas Indikopleustes, die aber vermutlich auf eine Vorlage aus dem sechsten Jahrhundert zurückgeht
(Vat. gr. 699. fol. 43r).
472 Grabar, 1982: 10.
473 Bianchi Bandinelli, Ranuccio, Hellenistic-Byzantine Miniatures of the Iliad (Ilias Ambrosiana), Olten:
Graf, 1955: 108.
92 Visualisierungsformen

23 Silbcrtcller von Aquileia, Kunsthistorisches Museum, Wien

stimmt beschrieben und sieht keine Parallelen in der antiken Ikonographie.4 Die Miniaturen
der Ilias stellen jedoch keine Anomalie dar, auch wenn die Häufung der Theophanieszenen in
der Handschrift auffällt. Das Motiv findet sich ebenfalls im Vergilius Vaticanus als Sol, der als
474
Büste über einer bukolischen Szene schwebt 475 und weiterhin auf dem Silberteller von Aquileia
des Kunsthistorischen Museums in Wien.476 (Abb. 23) Dort erscheint Zeus als Büste über
Vertretern der Familie des Marc Anton. Die umrisshafte Zeichnung der Götter in der Ilias-
Handschrift sollte daher besser als Ausdruck der sphärische Entrückung der Götter gedeutet
werden, die sowohl Teil der göttlichen als auch der irdischen Welt waren.
Eine Gruppe von Bildern, die eine ebenfalls hohe Zahl vergleichbarer Theophanien in Büs-
tenform oberhalb des eigentlichen Geschehens bewahrt, ist der Mosaikzyklus im Langhaus von
S. Maria Maggiore (um 432). Seit der Untersuchung von Johannes Deckers ist die Verwandt-
474 Bianchi Bandinelli, 1955: 108f
475 Siehe hierzu Wit, Johannes de, Die Miniaturen des Vergilius Vaticanus, Amsterdam: Swets und Zeitlingcr,
1959: 26-29
476 Inv. Nr. AS VILA. 47. Siehe hierzu Möbius, H., „Der Silberteller von Aquileia,“ in: Festschrift für Friedrich
Matz, Himmelmann-Wildschütz, Nikolaus (Hrsg.), Mainz: Zabern, 1962- 80-98 und AbbildungTf, 24,
Antike Bildstrategien der Divinisierung 93

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24 Das Murren des Volks Israel Langhausmosaik, S. Maria Maggiore, Rom

schäft der Bilder mit solchen in der Buchmalerei bekannt. Auf die Gemeinsamkeiten mit
Theophaniedarstellungen in der Ilias Ainbrosiana ist jedoch bislang nicht verwiesen worden;
Deckers betont vor allem die stilistischen Parallelen der Mosaikbilder mit dem Vergilius Va-
477
ticanus (Cod. Vat. lat. 3225, erstes Drittel 5. Jh.). 478 In S. Maria Maggiore zeigen vier Mosai-
ken des Langhauses eine dheophanie in Form einer schwebenden Büste. Am prominentesten
ist die Büste Gottes in der Szene Melchisedeks und Abrahams ins Bild gesetzt. (Tf. 16) Bei
den Bildern des Murrens des Volkes Israel und des Wachtelfangs (Ex. 16), (Abb. 24) beim
Quellwunder des Moses (4. Mos. 20) (Abb. 25) und beim Auftrag Gottes an Jakob, zu seinen
Verwandten zurückzugehen (Gen. 31.13), wenden sich Moses beziehungsweise Jakob sogar in

477 Deckers, Johannes G., Der alttestamentliche Zyklus von S. Maria Maggiore in Rom, Bonn- Habelt, 1976:
3-7 und 281-292. Beat Brenk hatte darauf in seiner ein Jahr zuvor erschienenen Studie noch nicht
hingewiesen und die Abhängigkeit von östlichen Vorbildern vorgeschlagen (Brenk, Beat, Die Frühchristli-
chen Mosaiken in S. Maria Maggiore zu Rom, Wiesbaden: Steiner, 1975: 159). Er hatte ferner auf die enge
Verwandtschaft der Illusionstechnik der Mosaiken mit der Quedlinburger Itala betont (Brenk, 1975:
127).
478 Deckers, 1976: 29 lf.
94 Visualisierungsformen

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25 Das Quellwunder des Moses. Langhausmosaik, S. Maria Maggiore, Rom

direkter Ansprache der Gotteserscheinung zu. Stets erscheint Christus auf bunten Wolken, die
das theophanische Moment betonen.479 Diese Art der Theophaniedarstellung blieb nicht auf
von der Buchmalerei inspirierte Bilder beschränkt, sondern Endet in der Folge vielfach Anwen-
dung in Christusdarstelhmgen, wie beispielsweise in den Seitenapsiden der Basilica Euphrasi-
ana (Abb. 2 6) und in der Kapelle San Venanzio in Rom (Tf. 17) sowie in der Darstellung des
Tetramorphs, des Begleiters göttlicher Manifestationen. (Tf. 1 )
Der Umgang mit der Visualisierung von Göttererscheinungen in der paganen und christ-
lichen Kultur unterscheidet sich deutlich voneinander. Im Allgemeinen »konzentrierten sich
antike Theophanievorstellungen auf die Götterstatuen, selbst dann, wenn es sich um eine zwei-
dimensionale Darstellung handelt wie im Fall des hadriamschen Fondos am Konstantinsbogen.
Trotz der Zäsur, die eine Abkehr von Statuen als Medium der fheophanien mit sich brachte,
sind doch auch Kontinuitäten mit einzelnen Bildformen zu beobachten. Die Mailänder Ilias
und der Silberteller von Aquileia belegen, dass das Motiv der als Büste schwebenden Gotteser-

479 Zu den Wolken als Zeichen einer theophanischen Erscheinung (Doxa/Herrlichkeit) siehe Loerke, Wil-
liam C., „Observations on the Representations of Doxa in the Mosaics of S. Maria Maggiore. Rome, and
St. Catherines, Sinai,“ Gesta 20,1, 1981: 15-22.
Antike Bildstrategien der Divinisierung 95

Xjf 's!

26 Linke Seitenapsis der Basilica Euphrasiana, Porec

scheinung, wie es in der christlichen Kunst häufig begegnet, seinen Ursprung in der antiken
Bildsprache hatte. Lediglich die Häufung des Motivs in der Ilias scheint für antike Verhältnisse
ungewöhnlich. Dies mag aus der Beeinflussung der antiken Themen durch spätantike Wahr-
nehmungspräferenzen resultieren. Im Folgenden werden weitere antike Bildelemente behan-
delt, die versatzsrückhafr theophanische Momente bezeichnen konnten. Zunächst soll jedoch
gezeigt werden, dass auch bei der Vcrortung monumentaler Iheophaniebilder eine seit der
Antike bestehende Tradition weitergeführt wurde.

Räumliche luszenierungsmechanismen und der Kaiserkultraum in Luxor

Hinsichtlich der räumlichen Inszenierungsmechanismen von monumentalen Theophaniedar-


stellungen lassen sich auffällige Kontinuitäten feststellen. Erhaltene christliche Beispiele aus
Sakralräumen befinden sich überwiegend in Apsiden, Exedren und Nischen. In einigen Fällen
sind theophanische Motive auch in Kuppeln erhalten, beispielweise in dem heute weitgehend
zerstörten Kuppelmosaik von Hagios Georgios in Thessaloniki, wo ein stehender Christus in
einem von Engeln getragenen Clipeus erschien. (Tf. 18) Diese Praxis der Anbringung von
Götterbildern in gewölbten Raumteilen ist bereits in der Antike belegt. Waren die Göttersta-
tuen in vor-augusteischer Zeit in der Regel in den Cellae aufgestellt, so setzt später der Brauch
ein, diese in nischenartige Aussparungen innerhalb der Tempel zu platzieren, von denen einige
wenige noch farbliche Fassungen bewahren.480 In Rom zählten zu den frühesten Tempeln, die

480 Brenk, Beat, „Zur Apsis als Bildort,“ in: The Material and the Ideal. Essays in Medieval Art and Archaeology
in Honour of Jean-Michel Spieser, Cutler, Anthony; Papaconstantinou, Arietta (Hrsg.), Leiden: Brill,
2007: 15-29, bes. S. 16.
96 Visualisierungsformen

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27 Statuen von Vespasian und Titus im Collegium der Augustalen in Miseno

über Apsiden verfügten, der Venustempel auf dem Caesarforum und der Mars Ulror Tempel
auf dem Forum Augusri.
Über die Dekorationen solcher Apsiden ist wenig bekannt, da sie häufig nur im Funda-
ment erhalten sind. Zu den wenigen noch vorhandenen Bauten zählt eine Apsis im Tychaion
481
von as-Sanamain in Syrien.482 Hier hat sich jedoch weder eine farbliche Gestaltung noch die
zu vermutende Kultstatue erhalten. Zwei solcher Kultstatuen der Kaiser Titus und Vespasian
sind 1968 im Collegium der Augustalen in Miseno (bei Neapel) ergraben worden. Sie be-
fanden sich immer noch in situ in zwei Rechtecknischen, die eine zentrale Apsis mit einem
Altar flankierten. (Abb. 27) Während die Dekoration der Rechtecknischen verloren ist, haben
sich Reste einer stuckierten Muschel in der Apsiskalotte erhalten und darunter ein Fries mit
Meeresdarstellungen (Nereiden, Delphine); die farbliche Fassung der Apsiskalotte scheint
monochrom rot gewesen zu sein.483 Eine weitere Kultstatue wurde in der Bibliothek des As-
481 Brenk, 2007: 17 und Abb. 4 Die meisten Untersuchungen zu den Ursprüngen der christlichen Basilika
beginnen mit antiken Basiliken wie der Basilica Ulpia, deren Schmalseiten in großen Apsiden endeten
(Krautheimer, Richard. „The Constantinian Basilica,“ DOZ’21, 1967: 115-140, bes. S. 137; Rekonstruk-
tionszeichnung der Basilika Ulpia bei Kinney, Dale, „The Church Basilica,“ in: Imperial Art as Christian
Art — Christian Art as Imperial Art (= Acta ad Archaeologiam et Artium Historiam Pertinentia XV), Brandt,
Rasmus; Steen. Olaf (Hrsg.), Rom: Bardi, 2001 115-135, Abb 17). Brenk hingegen verweist zuerst auf
Apsiseinbauten in Kultgebäuden, deren Vergleichbarkeit mit christlichen Kultbauten naheliegend ist, auch
wenn der Charakter von Tempeln und Kirchen sich fundamental unterschied (siehe unten Kapitel III.3.).
482 Abbildung in Freyberger, Klaus S., „Das Tychaion von as-Sanamain. Ein Vorbericht,“ Damaszener Mit-
teilungen 4, 1989: 87-108: Tf. 30 und Brenk, 2007: Abb. 2.
483 De Franciscis, Alfonso, II sacello degli Augustali a Miseno, Neapel: Arte Tipografica, 1991: 37 und Abb. 37
und 38.
Antike Bildstrategien der Divinisierung 97

Südwand ' 0 so

28 Südwand mit zentraler Nische, Kaiserkultraum, Luxor

klepieions von Pergamon gefunden. Bei der nackten Darstellung Hadrians handelte es sich
vermutlich um eine im Jahr 124 in einer Nische der Bibliothek aufgestellte Kultstatue des
Kaisers.484 Die Nische war ursprünglich ausmosaiziert, die erhaltene Inschrift auf dem Sockel
wies Hadrian als Gott aus.
Neben statuarisch ausgestatteten Apsiden, die vermutlich nur anikonisch ausgemalt oder
in Marmor gefasst waren, gab es auch vergleichbare figürlich ausgemalte Raumteile. Die West-
apsis des Herkulestempels in Sabratha, Libyen, besaß eine solche figürlich ausgemalte Kalotte.
Die Rekonstruktion des Versturzes zeigt ein Bild der Apotheose des vergöttlichten Marc Aurel,
der auf dem Rücken des Zeus-Adlers in den Himmel getragen wird.485 (Tf. 19) Über die Nut-
487
zung dieses Raums ist nichts bekannt, ein Kaiserkult lässt sich nicht sicher belegen.486

Eines der wichtigsten Zeugnisse der Ausstattung von Apsiden mit Kultbildern ist der soge-
nannte Kaiserkultraum des Amun-Tempels in Luxor, der von 2005-08 vom American Re-
search Center in Egypt restauriert worden ist.48 Hier haben sich in einer Nische Malereireste
aus tetrarchischer Zeit erhalten, welche unter anderem die vier vergöttlichten flerrscher ge-
meinsam mit der personifizierten Wirkmacht der Tetrarchie zeigen. (Abb. 28) Es handelt sich
dabei um die einzige erhaltene monumentale Kultszene aus tetrarchischer Zeit. Sie wurde bis

484 Brenk, 2007:21.


485 Caputo, Giacomo; Ghedini, Francesca, II tempio d’Ercole di Sabratha, Rom: L’Erma di Bretschneider, 1984:
Tf. 23. Zur Apotheose siehe auch: Arce, Javier, „Imperatori divinizzati,“ in: Aurea Roma dalla cittä pagana
alla cittä cristiana, Ensoli, Serena; La Rocca, Eugenio (Hrsg.), Rom; L’Erma di Bretschneider: 244-250.
4 8 6 Brenk. 2007 22. Zum Kaiserkult in Afrika siehe auch Caputo; Ghedini, 1984: 52f.
4 8 7 Jones, Michael; McFadden, Susanna, (Hrsg.), Art of Empire: The Roman Imperial Cult Chamber in Luxor
Temple, New Haven: Yale University Press, 2015.
98 Visualisierungsformen

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ins frühe 20. Jahrhundert - vermutlich aufgrund der Nimbierung der Figuren - für christlich
gehalten.488 Erst die Wiederentdeckung der Aquarellzeichnungen von John Gardner Wilkinson
aus dem Jahr 1856 durch Monneret de Villard ermöglichte die intensive wissenschaftliche Aus-
einandersetzung mir den Fresken, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts bereits stark verwittert
waren.489 Der Tempel, in dem sie sich befinden, stammt aus der Zeit der 18. Dynastie (Mitte 2.
Jt. v. Chr.) und wurde unter Diokletian zu einem Castrum ausgebaut.490 Kaum zufällig wurde
der Kaiserkultraum in einem Tempel des Amun-Re eingerichtet, an dem die alten Ägypter je-
des Jahr der Erneuerung des göttlichen Eisprungs ihres Pharaos beigewohnt hatten.491

488 Deckers, 1979, bes. S. 600. Siehe auch Kalavrezou, loli, „The Imperial Chamber at Luxor," DOP 29,
1975: 225-251, bes. S. 231.
489 Villard, Monneret de, „The Temple of thc Imperial Cult at Luxor,“ Archaeologia 95, 1953: 85-105. Siehe
der Appendix mit den von John Gardner Wilkinson 1856 angefertigten Aquarellen in Jones; McFadden,
(Hrsg.), 2015.
490 Deckers, 1979, bes. S 603.
491 Jones; McFadden, (Hrsg.), 2015: 4
Antike Bildstrategien der Divinisierung 99

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Fresko mit den vier Tetrar-
chen, Kaiserkultraum, Luxor 4_£
Vermutlich um 297/8 oder 301/2 492 wurde ein Durchgang des Raums in der Südwand ver-
494
schlossen, um dort eine Nische, flankiert von zwei Säulen, einzusetzen.493 Die alt-ägyptischen
Reliefs wurden verputzt und der gesamte Raum mit Szenen der kaiserlichen Huldigung aus-
gemalt. An der Ost- und Südwand sind Reste einer Adventusprozession erhalten, die auf der
Südwand auf einen thronenden Tetrarchen ausgerichtet ist, vom dem jedoch nur ein Fuß auf
einem reich mit Gemmen ornamentierten Suppedaneum übrig ist.49' (Abb. 29) In der Apsis
sind Reste der Ausmalung zu sehen, welche die vier Tetrarchen zeigt, über denen ein Zeusadler
mit einer Krone schwebt (Abb. 30) Die Tatsache, dass einer der Tetrarchen, vermutlich Maxi-
mian, der damnatio memoriae unterworfen wurde (sein Gesicht ist abgewaschen), legt die Ver-
mutung nahe, dass es sich bei den Figuren um die Augusti und Caesares der ersten Tetrarchie

492 Zur Datierung siehe McFadden, Susanna, „Dating the Luxor Castrum and the Politics of Building in the
Tetrarchie Era,“ in: Art of Empire: 77v Roman Imperial Cult Chamber in Luxor Temple, Jones, Michael;
McFadden, Susanna (Hrsg.), New Haven: Yale University Press, 2015: 48-81
493 Bei einer im Jahre 1977 vorgenommenen Untersuchung des Befunds konnte Deckers den Vorschlag von
loli Kalavrezou, in den zwei Säulen, welche die Apsis flankieren, Reste eines Thronbaldachins zu erken-
nen, widerlegen (Kalavrezou, 1975, bes. S. 249; Deckers, 1979: 616). Deckers entdeckte vor der Apsis
Löcher, die vermutlich für die Befestigung einer Schranke dienten. Dies legt die ständige Zugänglichkeit
des Kultbilds nahe: Zu den Schranken in antiken Heiligtümern siehe Mylonopoulos, Joannis, „Divine
Images Behind Bars. The Semantics of Barriers in Greek Temples,“ in: Current Approaches to Religion in
Ancient Greece, Haysom, Matthew; Wallensten, Jenny (Hrsg.), Stockholm; Eianders, 2011: 269-292.
494 Für eine Farbabbtldung siehe das Frontispiz in Jones; McFadden, (Hrsg.), 2015.
100 Visualisierungsformen

(Diokletian, Maximian, Galerius und Constantins I.) handelt. Die zweite Figur von links ist
vermutlich Diokletian, der dadurch ausgezeichnet ist, dass er eine sphaira in der Hand hält.
Alle Figuren sind durch einen Nimbus gekennzeichnet, der ihre Göttlichkeit betont. Deckers
bezeichnet die Darstellung unter anderem auch deswegen als Theophanie.'
Der Kaiserkultraum bietet in der Tat eine Reihe von Parallelen zu christlichen Götterbil-
dern, wie zum Beispiel den Nimbus, die thronende Darstellung eines der Tetrarchen und eben-
so die mit vom Gewand verhüllten Händen der Heranschreitenden ausgedrückte Ehrerbietung
dem Herrscher gegenüber. Der Zeusadler und die Entblößung der Schulter, 4 die ebenfalls
zur Kenntlichmachung der Göttlichkeit der Herrscher gehören, fanden keinen Eingang in die
christlichen Theophaniedarstellungen. Schließlich ist das zentrale Bild in Luxor in einer Apsis
angebracht, ein Architekturelement, das zum bevorzugten (monumentalen) Darstellungsort
christlicher Theophanien werden sollte.
Brenk erkennt die Ursprünge der christlichen Apsis als Bildort vor allem in anikonischen
Ausstattungsformen, besonders in mosaizierten Nymphäen und den farblichen Fassungen der
497
496
495
Statuennischen seit augusteischer Zeit.498 Er setzt das Erscheinen figürlicher Christusdarstel-
lungen in Apsiden erst ab dem Jahr 400 an, und auch dann seien diese Bilder nicht vor dem
sechsten Jahrhundert voll entwickelt gewesen.499 Hierzu verweist Brenk auf das Apsismosaik
im Vestibül des Lateransbaptisteriums, das unter Papst Sixtus III (432-440) entstand und mit
Rankenornamentik gefüllt ist. (Abb. 31) Links und rechts einer aufrecht stehenden Lanze ist
die Kalotte mit Akanthusranken bedeckt und so, mit Ausnahme der Tauben im Himmels-
segment, nicht figürlich. Allerdings war die nicht erhaltene Westapsis des Vestibüls reicher an
figürlichem Schmuck. Eine Beschreibung Panvimos, Zeichnungen Ciacconios (Cod.Vat.Lat
502
501
5407) und des Codex Escurialensis (28,11.12) 500 belegen, dass in den Randzonen Hirtenfiguren
und eine Frau, die Hühner füttert, dargestellt waren?01 Auch im Mausoleum der Constantina
haben sich in den Seitenapsiden zwei frühe figürliche Mosaiken (um 370) erhalten. (Tf. 7)
Möglicherweise ist die Annahme Brenks gerechtfertigt, dass es aufgrund des Darstellungs-
verbots in den frühesten Apsiden weniger figürliche Darstellungen gab. 50’ Wenig überzeugend
ist jedoch die These einer durchgehend anikonischen Fradition. Selbst antike Nymphäen waren
häufig mit figürlichen Mosaiken ausgestattet (bspw. Nymphäum von Herculaneum Abb. 32),
und sämtliche oben genannte Ausstattungen von Apsiden oder Nischen in antiken Kulträumen

495 McFadden, 2015: 58.


496 Deckers, 1979: 651.
497 Obwohl Nacktheit oft ein Attribut griechisch-römischer Götterdarstellungen ist, hat Christopher Hal-
let! darauf hingewiesen, dass sie allein kein Zeichen für die Göttlichkeit des oder der Dargestellten ist.
(Hallett, Christopher H., The Roman Nude. Heroic Portrait Statuary 200 BC—AD 300, Oxford: University
Press, 2005: 221—230.) Hallett sieht in der Nacktheit wie in anderen göttlichen Attributen vielmehr
einen panegyrischen Vergleich mit dem Gott, dessen Attribute der Kaiser trägt. (Hallett, 2005: 237.)
498 Brenk, 2007; Brenk, 2010.
499 Brenk, 2010: 54.
500 Abbildung in Bruderer Eichberg, Barbara, „Die Erneuerung des Lateranbaptisteriums durch Sixtus III.
(432-440) als Sinnbild päpstlicher Tauftheologie und Taufpolitik Die Apsismosaiken des Vestibüls und
das Taufgedicht Sixtus’ III.,“ Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft 30, 2003: 7—34, Abb. 5a, b und c.
501 Barbara Bruderer Eichberg zieht weiterhin die Darstellung eines Lämmerfrieses in Erwägung. Da dieser
jedoch im fünften Jahrhundert lediglich im Zusammenhang mit AWztzo-Zeg'w-Darstellungen belegt ist
(für S. Pudenziana ist nur ein zentrales Lamm am unteren Abschluss der Komposition dokumentiert), ist
diese Hypothese unwahrscheinlich. (Bruderer Eichberg, 2003, bes S 13).
502 Brenk, 2010:24-29.
Antike Bildstrategien der Divinisiernng 101

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31 Apsismosaik, Vestibül, Lateransbaptisterium, Rom

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32 Nymphäum, Herculaneum
102 Visualisierungsformen

sind figürlich: Entweder befinden sich in ihnen Statuen (Collegium der Augustalen in Mise-
no, Bibliothek des Asklepieions von Pergamon), oder, fehlen diese, sind die Apsiden figürlich
bemalt (Herkulestempel in Sabratha, Kaiserkultraum in Luxor). Für die Apsis im Tychaion
von as- Sanamain nimmt Brenk an, dass ursprünglich ebenfalls eine Statue darin aufgestellt
505
504
war.503 Vor diesem Hintergrund ist es wenig überraschend, dass die christlichen Apsisbilder ab
der Mitte des vierten Jahrhunderts figürliche Darstellungen aufweisen. Es musste nicht eine
anikonische Tradition überwunden werden, sondern mit der Entscheidung, den göttlichen
Christus ms Bild zu setzen, wurden die ehemals vollplastischen Götterbilder in zweidimensio-
nale Apsisbilder überführt.

Motivkomplex: Die Apostelversammlung

Die Apostelversammlung ist eines der wenigen Theophaniemotive mir direkten Vorbildern in
der antiken Bildsprache. Sie übernimmt die Ikonographie antiker philosophischer Lehrver-
anstaltungen und Götterversammlungen. Damit konnte in dem Motiv sowohl der irdische
Jesus als auch der göttliche Christus - je nach Ausgestaltung des Bildes - repräsentiert wer-
den. Diese Disposition hat Christa Ihm dazu gebracht, beide Motive getrennt voneinander zu
behandeln:304 einerseits die Bilder des lehrenden Christus und andererseits die der Apostelver-
sammlung (Christus zwischen den thronenden Aposteln), beispielsweise im Apsismosaik von
S. Pudenziana in Rom (um 401-417) und auf einem Elfenbein im Musee des Beaux-Arts in
Dijon. (Tf. 20 und Abb. 33) Die römische Szene leitet Ihm jedoch nicht aus antiken Göt-
terbildern ab, sondern von spätantiken Gerichtsvorstellungen. Dieser Auffassung ist jedoch
zuletzt Spieser entgegengetreten, der die vermeintlichen Richterbilder vielmehr als göttliche
Visionen begreift.506
In einer der frühesten Darstellungen auf den sogenannten polychromen Fragmenten des
Museo Nazionale Romano (ca. 310; Rep. 1.773) ist Christus als Philosoph mit entblößter Brust
zu sehen.507 (Abb. 34) Die sechs Apostel erscheinen als bloße Attribute, die das Zuhören ver-
sinnbildlichen. Ihre Rümpfe sind verkürzt, und lediglich die nach oben gewendeten Gesichter
sind erkennbar. Auch sitzen sie nicht in einem Halbkreis um Christus, sondern frontal ihm
gegenüber, wodurch das Zuhören betont wird. Auch in dem Bild der Apostelversammlung des

503 Brenk, 2007 19£


504 Ihm, Christa, Die Programme der christlichen Apsismalerei vom vierten bis zur Mitte des achten Jahrhunderts
(2. erweiterte Auflage'), Stuttgart: Steiner, 1992: 5-15.
505 Ihm, 1992: 13f.
506 „The post-medieval viewer expects more or less to see in each picture an actual fact, locally and temporally
determined. Ir seems, that, in an oppositc way, the Images of Christ enthroned are supposed to be under-
stood as visions, which allow the believer to be in presence of the Godhead.“ (Spieser, Jean-Michel, „Le
christ est-il represente en Jnge dans hart paleochretien?,“ in: Der Koran und sein religiöses und kulturelles
Umfeld, Nagel, Tilman (Hrsg.), München: Oldenbourg, 2010: 75-96, Zitat S. 95).
507 Zur Herleitung der Ikonographie aus antiken Philosophendarstellungen siehe bspw. Kollwitz, „Das
Christusbild,“ RAC 3: 13-15 und 20. Cäcilia Davis-Weyer setzt der Interpretation Christa Ihms, die das
Motiv aus der realen Versammlung der Kleriker auf spätantiken Synthrona herleitet, die These des Ur-
sprungs in Propheten-Apotheosen und Musendarstellungen entgegen (Davis-Weyer, Cäcilia, „Rezension
vom Die Programme der christlichen Apsismalerei vom vierten Jahrhundert bis zur Mitte des achten
Jahrhunderts von Christa Ihm,“ Zeitschrift für Kunstgeschichte 27 , 1, 1964: 94-97). Dresken-Weiland
sieht in der Darstellung die Bergpredigt visualisiert (siehe Rep. 1.773), hierfür fehlen jedoch Vergleichs-
beispiele.
Antike Bildstrategien der Divinisierung 103

33
Elfenbein mit der
Apostelversammlung,
Musee des Beaux-Arts, Di jon

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34 Lehrversarnmlung, sog. polychrome Fragmente, Museo delle Terme, Rom


104 Visualisierungsformen

35 Lehrszene, Mailänder Stadttorsarkophag, Sant’Amhrogio

Mailänder Stadttorsarkophags (Rep. 11.150, um 390, Abb. 35) geht es um das Zuhören; die
Apostel haben die eigene Lektüre unterbrochen - ihre geöffneten Rotuli halten sie in der Hand
- um Christus Ausführungen zu folgen. 08 Die Anordnung der thronenden Apostel und des
thronenden Christus sind bereits ähnlich derjenigen in S. Pudenziana. Häufig werden die Apo-
stel halbkreisförmig um den herausgehobenen Christus gruppiert (bspw. Malerei in Kammer
508
5c der Katakombe SS. Marcellino e Pietro).509 Teilweise werden sogar halbkreisförmige Bo-
genfelder genutzt, um diese kompositorische Anordnung ins Bild zu übertragen.510 Die Bilder
zeigen keine Anlehnung mehr an Philosophendarstellungen, allerdings sind auch Hinweise auf
die Göttlichkeit Christi noch rar. Einzig die formal-kompositorische Anordnung des Christen-
gottes zwischen seinen Aposteln erinnert an antike Götterversammlungen.
Bei diesen Darstellungen sind die Götter (mit Zeus im Zentrum) frontal dem Betrachter
gegenüber angeordnet. Die beiden sehr ähnlichen Illuminationen aus dem 10. Buch der römi-
schen Vergilhandschrift (Cod.Vat. lat. 3867, fol. 234v und 235r) verdeutlichen die Nähe der
Lehrversammlung, wie sie in S. Pudenziana dargestellt ist, zu diesem antiken Motiv. (Tf. 21 )
Die Miniaturen vereinen darüber hinaus nahezu alle einzelnen Attribute, welche die christli-
chen Theophanien aus der antiken Bildsprache aufnehmen. Fol. 234v zeigt den thronenden

508 Vergleichbar ist der Concordius-Sarkophag in Alles vorn Ende des vierten Jahrhunderts (Rep. III.65).
509 Abbildung in Wilpert: 1903, Tf. 96.
510 Bspw. in der Hermeskatakombe an der Via Salaria und in der Katakombe SS. Marcellino e Pietro Wil-
pert, 1903: Tf. 152 und 177. Weitere Darstellung des Apostelkollegiums in den Katakomben: Tf. 126,
148, 170, 193.
Antike Bildstrategien der Divinisierung 105

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36 Götterversammlung, Ilias Ambrosiana, Mailand (Cod. F 205, pict. 23)

Zeus in einem Halbrund, umgeben von Juno und Hera, die ebenfalls thronen, und Merkur
und Vulkanus, die seitlich stehen. Sämtliche Häupter werden von einem Nimbus umgeben,
Zeus hält eine Sphaira in der Linken, die Szene ist überlangen von einem Regenbogen, ei-
nem Sternenhimmel und den Symbolen für Sonne und Mond. Die Handschrift wird um 480
datiert, 1 1 weshalb es methodisch problematisch wäre, die Illumination als Beleg vorchristlicher
Theophamevorstellungen zu benutzen wie im Falle der Ilias Ambrosiana. Allerdings weist Da-
vid Wright auch daraufhin, dass die Illumination vermutlich nach der Vorlage einer älteren
Handschrift entstand.’’12 Auch in der Mailänder Ilias hat sich eine Darstellung der Götterver-
sammlung erhalten (pict. 9 und 23): In einem Halbkreis sitzen sechs Götter (Hera, Athene,
Aphrodite, Ares, Apollo und Hermes) zur Linken und Rechten des Zeus. (Abb. 3 6 ) Die Ähn-
lichkeit der Darstellungen in beiden Handschriften legt nahe, dass verbindliche ältere Bildfor-
512
511
mulare existierten.513

51 1 Wright, David H., The Roman Vergil and the orgins of medieval book design, London: British Library, 2001:
62.
512 Wright, 2 0 0 1 : 6 2 .
513 Eggenberger, Christian, „Die Miniaturen des Vergilius Romanns, Codex Vat. lat. 3867,“ Byzantinische
Zeitschrift 70, 1, 1977: 58-90, bes. S 84 Angelika Geyer legt den Einfluss des spätantiken Bildreper-
toires auf die Buchmalerei dar (besonders des Vergilius Vaticanus) und enthebt die Erforschung der Mini-
aturmalerei von dem Zwang zur Suche nach konkreten Vorlagen (Geyer, Angelika, Die Genese narrativer
Buchillustration: Der Miniaturzyklus zur Aeneis im Vergilius Vaticanus, Frankfurt am Main: Klostermann,
1989: 214-220). Siehe hierzu die Rezension bei Warland, Rainer, „Text und Bild im Vergilius Vatica-
nus,“ Göttingische Gelehrte Anzeigen, 1992: 187-206.
106 Visualisierungsformen

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37 Apostelversammlung, rechtes Nischenmosaik Sant’Aquilino, Mailand

Die christlichen Bilder lehnen sich am Ende des vierten Jahrhunderts zunehmend deutlich
an das antike Motiv der Götterversammlung an und beginnen, die Christusfigur mit göttlich-
herrscherlichen Attributen auszustatten. Dazu gehören der Nimbus, der Thron sowie die Ver-
wendung von Gold. In der rechten Nischenkalotte von Sant’Aquilino in Mailand kommt der
theophanische Gehalt des Bildes in der Goldfarbe des Hintergrunds, dem Nimbus Christi und
der Entrückung des Bildgeschehens in eine ideale Landschaft zum Ausdruck. (Abb. 37)
Hier ist Christus im Kreise der Apostelversammlung in einer reduzierten Ideallandschaft abge-
bildet. Ebenfalls vom Ende des vierten Jahrhunderts stammt die Darstellung auf dem Deckel
des von Ambrosius um 386 in San Nazaro niedergelegten Kästchens. (Abb. 38) Hier sind die
514
Apostel eng um Christus gruppiert; dieser ist thronend und mit einem Nimbus dargestellt.51S
Vollends erkennbar ist der theophanische Charakter des Bildes jedoch erst im Apsismosaik von
S. Pudenziana in Rom.516 (Tf. 20) Attribute wie der Goldmantel und der gemmengeschmückte

514 Zur Datierung siehe Nordhagen, Per Jonas, „Mosaici di Sant’Aquilino: original! e rifacimenti,“ in: II mil-
lennio ambrosiano. Milano, una capitale da Ambrogio ai Carolingi, Bertelli, Carlo (Hrsg.), Mailand: Electa,
1987’ 162-177, bes. S. 162. Bovini datiert die Nischenmosaiken des Oktogons auf den An fang des fünften
Jahrhunderts (Bovini, Giuseppe, „I mosaici del S. Aquilino di Milano,“ Corso di cultura sull’arte ravennate e
bizantina 17, 1970: 61-82, bes. S. 82). Keinerlei Dokumentation existiert aus der Zeit vor 1900. weshalb
die Einordnung in erster Linie auf der Basis stilistischer Merkmale geschieht (Nordhagen, 1987: 162).
515 Zur Datierung siehe Dassmann, Ernst, „Ambrosius und die Märtyrer,“ Jahrbuch für Antike und Christen-
tum 18, 1975: 49—68, bes. S. 53. Ausführlicher zum Kästchen von San Nazaro siehe unten Kapitel II.3.
516 Olaf Steen ignoriert die theophanischen Attribute in seiner Analyse des Apsisbildes und betont stattdes-
sen die natürlich auch in dem Bild enthaltene Botschaft des Wortes Christi (Steen, Olaf, „The Procla-
mation of the Word. A Srudy of the Apse Mosaic in S. Pudenziana,“ Acta ad Archaeologiam et Artium
Historiam Pertinentia 1 1, 1999: 8 5 - 1 13). Die Lehre veranschaulichen jedoch die früheren Bildbeispiele
auf den Sarkophagen aus Mailand, Arles und Rom in deutlich ausschließlicherer Weise. Steen interpre-
tiert auch das Tetramorph als Bild der Lehre Christi, da es die vier Evangelisten repräsentiert, er verweist
Antike Bildstrategien der Divinisierung 107

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38 Magierhuldigung, Deckel, Reliquiar von San Nazaro, Museo Diocesano, Mailand

Thron verweisen auf die Göttlichkeit Christi. Diese Aussage wird ferner durch das über der Sze-
ne schwebende Tetramorph betont, das himmlische Jerusalem und das triumphale Gemmen-
kreuz auf Golgatha 5 entrücken die Szene in eine unbestimmt himmlische Gegenwart. Hier
ist die Wandlung des zunächst philosophischen Lehrbilds hin zu einem Bild des (lehrenden)
*517
Gottes vollends vollzogen. Dieser wird zunehmend mit göttlichen Insignien ausgestattet. 518

jedoch nicht auf die theophanischen Bezüge (Steen, 1999: 108). Gemäß einer solchen Deutung müsste
die Mehrzahl der Apsisdekorationen Roms bis ins hohe Mittelalter als Bild der Lehre Christi gelesen
werden, denn das Tetramorph fehlt selten.
517 Eine vergleichbare Darstellung des Kreuzes auf Golgatha befindet sich auf dem Deckel des Sancta Sanc-
torum Reliquiars.
518 Deckers sieht den Bruch zwischen den philosophischen Bildern des „menschennahen, bescheidenen
Künder des Gottesworts“ und dem späteren kaiserlichen Dominus, dem er allerdings eine Nähe zum
Göttlichen zugesteht (Deckers, Johannes G., „Göttlicher Kaiser und kaiserlicher Gott. Die Imperialisie-
108 Visualisierungsformen

39
Sidus lulium,
Universitätsbibliothek Leipzig
(Inv.Nr. 1981.1231.r)

Die Versammlungsbilder und die Theophaniedarstellungen in Büstenform belegen die


Kontinuität zwischen paganer und christlicher Iradition. Vergleichbare Vorstellungen für eine
solche theophanische Versammlung finden sich neben der griechisch-römischen auch in der
*
jüdischen und mesopotamischen Kultur.519 Guy Couturier hat dargelegt, dass diese Versamm-
lungsbilder in den verschiedenen Kontexten stets theophanischen Charakter besaßen und ihre
Ursprünge im Bereich der Prophetie haben.520 Den Schöpfern christlicher Theophaniebilder
kam diese Ikonographie entgegen, weil sie nicht-narrativ war und sich daher als Ausdruck einer
unspezifischen, präsentischen Erscheinung eignete. Durch die Mittel der visuellen Entrückung,
die im folgenden Abschnitt besprochen werden, konnte der theophanische Charakter noch
betont werden.

Die Entrückung des Gottesbildes

Die Entrückung des Gottesbildes war ein wirkmächtiges Mittel, um die Numinositär des Bil-
des zu visualisieren. Aut diese Strategien verlegten sich auch die Kaiserbilder der Spätantike. Jas
Elsner hat deren Entwicklung von der römischen Kaiserzeit bis zu Justinian nachvollzogen und
konstatierte eine zunehmende Verschmelzung der menschlichen und göttlichen Sphäre durch
visuelle Mittel der Entrückung.521 Seit ihren Anfängen strebte das römische Kaisertum nach der
Vergöttlichung der Herrscher. Am Beginn dieser Entwicklung steht Julius Caesar, der schon zu
Lebzeiten göttliche Ehrungen erfuhr und als Divus angesprochen wurde.522 Nach Caesars Tod
im Jahr 44 v. Chr. erschien ein Komet - der sogenannte sidus lulium — am Himmel, der als vi-
sueller Ausweis seines göttlichen Status auf Münzen des Augustus geprägt wurde (Abb. 39) In
der Regel kam diese Ehrung jedoch erst verstorbenen Herrschern zu. In tetrarchischer Zeit er-
langte die Assoziierung der lebenden Herrscher mit Göttern ihren Höhepunkt, denn schon zu
Lebzeiten bezeichneten sich diese als Diokletianus lovius beziehungsweise Alaximianus Hercu-

rungdes Christentums im Spiegel der Kunst,“ in: Epochenwandel? Kunst und Kultur zwischen Antike und
Mittelalter, Bauer, Franz Alto; Zimmermann, Norbert (Hrsg.), Mainz- Zabern, 2001: 3-16, bes. S. 3).
519 Couturier, 1984, bes. 14-17.
520 Couturier, 1984; 16.
521 Elsner, Jas, Art and the Roman Viewer. The Transformation of Art jrorn the Pagan World to Christianity,
Cambridge: University Press, 1995: 159-189.
522 Clauss, Manfred, Kaiser und Gott. Herrscherkult im römischen Reich, Leipzig: Teubner, 1999: 46—53;
Koortbojian, Michael, The Divinization of Caesar and Augustus: Precedents, Consequences, Implications,
Cambridge University Press, 2013: 4-8 und 15-49.
Antike Bildstrategien der Divinisierung 109

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40 Augustus von Prima Porta (mit Rekonstruktion der Polychromie)

lius. Elsner zeigt auf, auf welche Weise das Standbild des Augustus von Prima Porta den Kaiser
in menschlicher Gestalt als divus visualisierte.523 (Abb, 40) Er erkennt in der Zusammenschau
des Menschen und des Gottes jedoch Widerspruche, welche die naturalistische Statue allein
nicht aufzulösen im Stande war.524 Die Tetrarchen, so Elsner, versuchten das Problem zu lösen,
indem sie im Kaiserkultraum von Luxor die zwei „Naturen' der Herrscher in gedoppelter Form
visualisierten: Einmal als Menschen auf dem Thron und von ihren Soldaten umgeben, ein
weiteres Mal als entrückte, überzeitliche und quasi gottgleiche Herrscher.525 (Abb. 29 und 30)
Erst in christlicher Zeit gelang die Vermählung der beiden Bildformen, indem der theios aner,
der Menschengott, vom realen Raum entrückt wurde.526 In der Apsis von San Vitale sei Christus
523 Elsner, 1995: 169-172.
524 Elsner, 1995: 175.
525 Elsner, 1995: 175.
526 Elsner, 1995: 177-183.
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41 Justinian mit Hofstaat, Ptesbyteriumsmosaiken, San Vitale, Ravenna

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42 'Iheodora mit Hofstaat, Presbyteriumsmosaiken, San Vitale, Ravenna


Antike Bildstrategicn der Divinisierung Jll

als ein göttlich-menschlicher „universal emperor dargestellt, (Tf. 9) während Justinian und
Theodora lediglich mit ihrem Hofstaat den göttlichen Hofstaat Christi imitierten und also völlig
der irdischen Sphäre zuzurechnen seien. (Abb. 4 1 und 42) Elsner übersieht, dass das Kaiser-
paar nicht alle göttlichen Attribute abgelegt hat - Justinian und Theodora sind beide mit einem
Nimbus ausgezeichnet. Die Vermählung von Herrscher- und Gottesbild ist also auch hier im
Ansatz vorhanden. Ungleich effektiver als bei den Kaiserdarstellungen ist diese Verschmelzung,
wie Elsner richtig bemerkt, in den zweidimensionalen Chnstusbildern gelungen, die den voll-
ends divinisierten Christus in einer von der realen Welt entrückten Sphäre visualisieren.
Die durch die Entrückung erreichte Andeutung des Jenseitigen erlaubte es, Bilder zu fer-
tigen, die überzeugend eine göttliche Wirklichkeit vermittelten. Diese Aufgabe war zuvor den
antiken Götterstatuen zugekommen, die durch ihre entrückte Aufstellung und geregelte Zu-
gänglichkeit in den Tempeln ihren göttlichen Status glaubhaft vertreten konnten (siehe bspw.
fok 33v und 45v des Vergilius Vaticanus, Abb. 6); auch die christlichen monumentalen dheo-
phaniebilder waren in Apsiden räumlich dem direkten Zugriff der Besucher entzogen. Bereits
vollzogen ist die Entrückung in den oben besprochenen Darstellungen der Götter in der Ilias
Ambrosiana, welche durch ihre opake Erscheinungsform eine Mittlerposition zwischen der
göttlichen und der irdischen Sphäre einnehmen. (Tf. 15) Vor diesem Hintergrund wird die
Wahl der szenischen Gestaltung in S. Pudenziana sinnfällig. Die göttliche Lehrversammlung
ist durch den Gemmenthron, das triumphale Golgatha-Kreuz und die ideale Darstellung einer
himmlischen Stadtanlage - möglicherweise das himmlische Jerusalem’29 - aus der irdischen
Sphäre entrückt und nimmt eine Mittlerposition ein. Ohne zu viel in das Bild hineinlesen zu
wollen, kann das Apsismosaik von S. Pudenziana als eine Darstellung des triumphierenden
göttlichen Christus im Kreis seiner Apostel in entrückter und weder zeitlich noch örtlich
gebundener Umgebung gedeutet werden.

Einzelne Bildelemente und Attribute

Das Attribut, das wie kein anderes für christliche Bilder des Heiligen und des Göttlichen steht,
ist der Nimbus. Er ist jedoch ein originär antikes Bildzeichen und tritt beispielsweise auffäl-
529
528
527
lig gehäuft im Vergilius Romanus auf. 530 Durch Nirnben waren in der Antike ursprünglich

527 Elsner, 1995: 177.


528 Elsner, 1995: 180.
529 Schlatter deutet die Stadtanlage als Teil der Tempelvision der Beschreibung Jerusalems des Propheten
Hesekiel, Kap. 40-48 (Schlatter, Fredric, „Interpreting the Mosaic of Santa Pudenziana,“ Vigiliae Chris-
tianae46, 3, 1992: 276-295, bes. S 283). Hierfür existieren jedoch keine weiteren Anzeichen abgesehen
vom Tetramorph, welches aber kein exklusiv auf das S. Pudenziana Mosaik beschränktes Element ist.
Schlatter lehnt daher eine Deutung als Lehrversammlung ab (Schlatter, 1992: 291). Diese verbreitete
Auffassung ist von Wendy Pullan in Frage gestellt worden (Pullan, Wendy, „Jerusalem frorn Alpha to
Omega in the Santa Pudenziana Mosaic,“ in: The Real and the Ideal Jerusalem in Jewish, Christian, and
Islamic Art (= Jewish Art 23/24), Kühnel, Bianca (Hrsg.), Jerusalem: HaMakor, 1998. 405-417), die
versuchte die Gebäude mit um 400 real existierenden Gebäuden (Grabes- und Geburtskirche) zu identi-
fizieren. Die visuellen Belege stoßen jedoch an ihre Grenzen, wenn man bedenkt, dass die meisten Städte
des Reichs über Rundbauten und oktogonale Bauten verfügten, so auch Rom (bspw. Grabbau der Helena
und das Lateransbaptisterium).
530 Die Häufung des Nimbus im Vergilius Romanus deutet Christian Eggenberger als Einfluss spätantik-
christlicher Darstellungskonventionen: Eggenberger, 1977: 75f.
112 Visualisierungsformen

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43 Sol Invictus, Metopenfeld des Athenatempels in Troja, Altes Museum, Berlin (Inv.Nr Sch 9582)

mythologische Gottheiten und Personifikationen gekennzeichnet. ' Anwendung fand er auch


in Darstellungen divinisierter Kaiser. Zunächst Attribut verstorbener Kaiser, wie im Bild der
Apotheose des Marc Aurel in Sabratha, (Tf. 19) findet das Motiv in der Spätantike auch An-
wendung in Bildern lebender Herrscher, so im Kaiserkultraum von Luxor. Zu unterscheiden
ist der scheibenförmige Nimbus, der nicht auf einen einzelnen Gott beschränkt ist, 5 oder
vom Strahlennimbus, der ein dezidiert solares Attribut ist. Er tritt in Darstellungen des Sol
Invictus beziehungsweise in solaren Kaiserbildnissen auf, beispielsweise in der Berliner Merope
aus Troja (nach 300 v.Chr.: Abb. 43), auf der Goldoktadrachme des vergöttlichten Ptolemäos
532
531
III. Euergetes (um 221 v.Chr., Abb. 44), auf der berühmten Sol-Comes-Münze Konstantins 533
oder in Form der verlorenen Statue des Helios/Konstantin mit sieben-strahligem Nimbus auf
535
der Säule des Konstantinsforums. 534 Agneta Ahlqvist nennt als früheste bekannte Beispiele für
die kaiserliche Übernahme des Motivs eine Darstellung des Antonius Pius (um 145) und das
Fresko der Apotheose Marc Aurels in Sabratha.5 5
Die ältesten Christusdarstellungen, die den Gottessohn mit einem Nimbus zeigen, sind in
den beiden Mosaiknischen von S. Costanza (um 370) erhalten. (Tf. 7) Das Bildelement taucht

531 Ahlqvist, Agneta, „Cristo e fiinperatore romano: i valori simbolici del nimbo,“ in: Imperial Art as Chris-
tian Art — Christian Art as Imperial Art (= Acta ad Archaeologiam et Artium Historiam Pertinentia XV),
Brandt, Rasmus; Steen, Olaf (Hrsg.), Rom: Bardi, 2001: 207-227, bes. S. 207. Siehe auch Mathews,
1999: 101
532 Ahlqvist, 2001: 209.
533 Abbildung in Wallraff, Martin, Christus Verus Sol. Sonnenverehrung und Christentum in der Spatantike,
Jahrbuch für Antike und Christentum. Ergänzungsband 32, Münster: Aschendorffsche Verlangsbuch-
handlung, 2001: Abb 5.
534 Preger, Theodor, „Konstantinos-Helios,“ Hermes 36, 1901: 457-469, bes. S. 458; Bergmann, Marianne,
„Konstantin und der Sonnengott. Die Aussagen der Bildzeugnisse,“ m: Konstantin der Große. Geschichte
— Archäologie — Rezeption, Demandt, Alexander; Engemann, Josef (Hrsg.), Trier: Rheinisches Landes-
museum, 2006: 143-161, bes. S. 153-155.
535 Ahlqvist, 2001: 208.
Antike Bildstrategien der Divinisierung 113

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44 Oktadrachme des Ptolemäus III


Euergetes, Kunsthistorisches Museum,
Wien

45
Mittelfeld des Sarkophags
des Junius Bassus,
Schatzkammer, St. Peter, Rom

ausschließlich in Darstellungen des vergöttlichten Christus auf, in der Frühzeit aber niemals in
537
narrativen Darstellungen.536 Unter anderem zeigen auch das wenig spätere Reliquiar von San
Nazaro und das Mosaik von Sant’Aquilino Christus mit Nimbus. (Abb. 37 und 38) Die frü-
heren Darstellungen Christi in den Katakomben, die ihn als Wunderwirker zeigen, bilden ihn
noch ohne Nimbus ab, ebenso die Darstellung auf den polychromen Fragmenten (Abb. 34) und
auf dem Sarkophag des Junius Bassus (359). (Abb 45) In der Folge sind die Darstellungen, die
Christus ohne Nimbus wiedergeben, selten. Agneta Ahlqvist hat die Verwendung des Nimbus
bei Kaiser- und Christusdarstellungen miteinander verglichen und ist zu dem Schluss gekom-
men, dass das Bildmotiv in beiden Zusammenhängen unterschiedliche Konnotationen hatte. So
betone der Nimbus beim Kaiser dessen Macht, während er bei Christus und bei Heiligendar-
stellungen stärker die Sakralität betont. Hier bleibt zu bedenken, dass die Kaiser ihren Macht-
anspruch ja gerade durch den Rückgriff auf die sakrale Bildsprache festigten und ausweiteten.
Die Häufung des Nimbus in den Miniaturen des Vergilius Rornanus mag somit zwar, ge-
messen an antiken Gewohnheiten, ungewöhnlich sein, sein Gebrauch steht jedoch in einer
Linie mit der antiken Tradition. Es bleibt zu untersuchen, ob die übrigen Attribute der oben
besprochenen Miniaturen der Götterversammlung (fol. 234v und 235r Tf. 21) ebenfalls in
der Tradition der antiken Bildsprache stehen oder von der christlich geprägten Auffassung am

536 Wallraff, 2001. 147.


537 Ahlqvist, 2001: 225.
114 Visualisierungsformen

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46 Erzengel mit Sphaira, Apsis der


Basilica Euphrasiana, Porec

47 Traditio Legis Kuppelmosaik des Baptisteriums von Neapel

Ende des fünften Jahrhunderts beeinflusst sind. Die Sphaira, die Zeus in der Hand hält, er-
scheint so auch in anderen Götterbildern, etwa in Darstellungen des Sol Invictus auf Münzen.
Sie betont die Macht des Gottes beziehungsweise des vom Gott unterstützten Herrschers über
das Universum?38 Der als Diokletian identifizierte Tetrarch im Kaiserkultraum von Luxor hält
ebenfalls eine Sphaira in der Hand. (Abb. 30) Dieses Motiv tritt auch in der christlichen Bild-
sprache auf, bspw. beim Engel im Apsisgewände der Basilica Euphrasiana (Abb. 46) oder im
Apsismosaik in Kiti auf Zypern. Es ist jedoch keine Darstellung bekannt, in der Christus die
Sphaira hält. Nicht selten sind jedoch solche, auf denen er entweder auf der Kugel des Kosmos
thront oder steht. Im Baptisterium von Neapel steht Christus aufrecht auf dem Globus, ver-
gleichbar mit antiken Nike-Darstellungen. (Abb. 47) Im Apsismosaik von San Vitale thront
Christus auf der Kugel (Tf. 9) und folgt damit antiken Throndarstellungen, wie sie etwa das
Bronzemedaillon des Alexander Severus wiedergibt 5 ( Abb. 48)
Die Miniatur der römischen Vergilhandschrift zeigt weitere Attribute des Göttlichen, die
auch die christliche Bildsprache übernahm: l iier sitzt Zeus auf einem Thrpn mit Armlehnen,

538 „Since Augustus, every Roman emperor was aspiring ro show the divine origin of his authority which
embraced the Imperium Romanum — but in theory the entire globe— and ro make it thus at least ideolo-
gically unchallengeable. The motif of the divine cosmic ruler, in particular Zeus Jove but also Helios-Sol
handing over the globe— Symbol of supreme power — to the reigning emperor, is strikingly frequent in
Roman pictorial Propaganda. Pictures showing gods or emperors enthroned on the globe have an identi-
cal significance. It was thus absolutely necessary for every emperor to show the deity on which his victory
and power depended, to be a cosmo- or pantocrator.“ (Deckers, 2001: 740.)
539 Abbildung in Laubscher, Hans Peter, Der Reliefichmuck des Galeriusbogens in Thessaloniki-, Berlin: Gebrü-
der Mann, 1975: Tf. 69.2 und in Deckers, 2001: Abb. 17.
Antike Bildstrategien der Divinisierung 115

48
Medaillon des Alexander Severus

49 Largitio-Relief, Konstantinsbogen, Rom

50 Traditio Legis, Sarkophag „Lat. 174“, Museo Pio Cristiano, Vatikan

Rückenlehne und Kissen, wie sie auch die christliche Ikonographie kennt. (Tf. 21) Seit seve-
rischer Zeit hatte auch die Kaiserikonographie den Thron übernommen,540 während zuvor die
sella curulis vorrangig als Sitz der Kaiser gedient hatte.541 Das Largitio-Relief des Konstantins-
bogens zeigt den Kaiser auf einem Thron, (Abb. 49) auch im Relief des Pfeilers B des Gale-
riusbogens sind die Tetrarchen thronend dargestellt. 542 Ihre Füße ruhen auf Personifikationen

540 Alföldi, Andreas. Die monarchische Repräsentation im römischen Kaiserreiche, Darmstadt: Wissenschaftli-
che Buchgesellschaft. 1970: 242—245 undTf. 14 und 16.
541 Mathews, 1999: 105-111; Poilpre, Anne-Orange, Maiestas Domini. Une image de l'eglise en occident,
Paris: Cerf, 2005: 58-64.
542 Abbildung in Laubscher, 1975: Tf. 60.
116 Visualisierungsformen

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51 Gewölbemosaik, Baptisterium von Neapel

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52 Kreuzerscheinung, Kuppelmosaik, S. Maria della Croce, Casarano
Antike Bildstrategien der Divinisierung 117

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53 Mosaikreste, Mitcelnische, Mausoleum der Constantina, Rom

des Himmels, ein Motiv, das so auch in einigen christlichen Bildern wiederkehrt. Auf dem
Sarkophag des Junius Bassus (Abb. 45) sowie auf dem Sarkophag Lat. 174 ist Christus in dieser
Weise dargestellt. (Abb. 50)
Weitere Elemente, die in den beiden Miniaturen der Götterversammlung prominent ab-
gebildet sind, sind solare und stellare Attribute. Der sternenübersäte Himmel ist ein häufig
anzutreffendes Element von christlichen Theophaniedarstellungen. Die Sterndarstellungen er-
scheinen oft in einem gerahmten Bildfeld: So fassen Gloriolen beziehungsweise Mandorlen den
„Sternenteppich im Deckenmosaik des Mausoleums von Neapel, (Abb.51) im Apsisrnosaik
von Sant Apollinare in Classe, (1 f. 5) auf dem Sinai-Kreuz (Tf. 22) und auf der Emmanuel-
Ikone vom Sinai ein (Tf. 2) In weiteren Beispielen ist der stellare Teppich durch die architek-
tonische Fassung begrenzt, wie in den Gewölbemosaiken von Casaranello und im Mausoleum
der Galla Placidia, (Abb. 5 2 undTf. 23) weiterhin in der mosaizierten Nische im Baptisterium
von Albenga (Tf. 14) und möglicherweise auch in der nur in Resten erhaltenen Gestaltung der
Hauptnische von S. Costanza.5 (Abb. 53)
Ellen Swift und Anne Alwis haben kürzlich versucht, das Motif des „starry sky“ in der
Spätantike als Verkörperung der Heiligen zu deuten? ’ Sie bemühen Textquellen, die von den
Heiligen in Bezug zur himmlischen Sphäre berichten. Ihre Übertragung auf die erhaltenen spä-
tantiken Mosaikdekorationen ist jedoch kaum überzeugend. Der Sternenhimmel (mit Kreuz)
als Bild für die vermittelnde Kraft der Heiligen ist weder innerhalb der Mosaikausstattung des
Mausoleums der Galla Placidia, der Apsis von Sant’Apollinare in Classe oder der Kuppel des
Bapstisteriums in Neapel sinnfällig. Bedeutungsvoll wird das Motiv der Sterne, wenn man es

543 Ugonio berichtet, dass in der zentralen Nische eine Apostelversammlung ähnlich der in S. Pudenziana
dargestellt gewesen sei. (Zitiert bei Michel, Rudolf, Die Mosaiken von Santa Costanza in Rom, Leipzig:
Dietrich, 1912: 48f.) In dem Nischengewölbe darüber hat sich ein Mosaikfragment mit Sternen erhalten,
die ebenfalls in einer Zeichnung Ugonios überliefert sind (siehe Tafel III.5 in Michel, 1912).
544 Alwis, Anne; Swift, Ellen, „The Role of Late Antique Art in Early Christian Worship: a Reconsideration
of the Iconography of the ‘Starry Sky’ in the ‘Mausoleum’ of Galla Placidia,“ Papers ofthe British School
a t R o m e l Z , 2010: 193-217.
118 Visualisierungsformen

als Hinweis auf die Erscheinung des Göttlichen liest. Die Funktion der Kennzeichnung des
Göttlichen besaß das Motiv bereits in der Antike: In der paganen beziehungsweise kaiserlichen
Bildwelt erscheint ein sternenübersätes Feld — neben den Miniaturen des Vergilius Romanus —
bereits auf dem Thron-Globus im oben genannten Medaillon des Alexander Severus. (Abb 48)
Das Attribut als Zeichen der Götter reicht weit in die archaische Zeit zurück, wie beispielsweise
der mit Sternen verzierte Mantel des Apoll auf einer Vase im Musee du Cinquantenaire in Brüs-
sel zeigt. 545 (Abb. 54) Weiterhin bekränzt ein Sternenfries das Haupt des vergöttlichten Marc
Aurel im Fresko seiner Apotheose in Sabratha. (Tf. 19) Somit haben stellare Attribute bereits
lange vor dem christlichen Gebrauch die Göttlichkeit des Dargestellten gekennzeichnet. Das
Alexander-Severus-Medaillon macht besonders deutlich, wie der Kaiser, der auf der sternüber-
säten Weltkugel thront, visuell jenseits der gewöhnlichen Welt positioniert wurde.
Solare Attribute sind ebenfalls keine Seltenheit in der antiken Kaiserikonographie. Bereits
der Brustpanzer des Augustus von Prima Porta weist in der oberen Zone Personifikationen
von Sol und Luna auf. (Abb. 40) Die vor-tetrarchischen Kaiser nehmen dann in hohem Maße
Bezug auf Sol Invictus (bspw. auf den Multipla des Probus).546 Diesen Bezug nahm Konstantin
wieder auf, indem er eine Statue von sich als Sol Invictus auf seinem Forum in Konstantinopel
aufstellen ließ. Darüber hinaus zeigt sein Ehrenbogen in Rom auf den beiden Schmalseiten
Tondi von Sol und Luna und war darüber hinaus auf die Kolossalstatue des Sol ausgerichtet.547
Die apologetische Christologie und in der Folge auch die exegetischen Schriften der Kirchen-
väter betonen die solaren, lichthaften Aspekte Christi.548 In die christliche Bildsprache findet
die Sol-Invicrus-Ikonographie jedoch nur in geringem Maße Eingang. Der Strahlenkranz wird
im Gegensatz zum Nimbus für die Darstellung des göttlichen Christus nicht verwendet.549
Lediglich Bilder des Phönix zeigen einen Strahlenkranz, da der Vogel bereits in der Antike
mit Lichtphänomenen assoziiert wurde.550 Allerdings finden Attribute in Form der Sol-Geste
Eingang in die christlichen Bilder. Hans Peter L Orange hat früh darauf hingewiesen, dass die
erhobene, nach vorn geöffnete Handfläche von Darstellungen des Sol Invictus stammt und seit
severischer Zeit in der Kaiserikonographie als Zeichen des Schutzverleihens und des Bewir-
kens genutzt wird? 1 Sie findet sich auch aut Jagdsarkophagen, beispielsweise dem Sarkophag
von S. Elpidio, auf dem der Jäger dem Löwen die geöffnete Hand abwehrend entgegenhält. 552
(Abb. 55) Besonders die Christusdarstellungen der Eraditio-Legis-Bilder (bspw. in S. Costan-
za), aber auch die Engel, die auf dem Stirnwandmosaik von SS. Cosma e Damiano die vier
Winde zurückhalten, zeigen diese Geste. (Abb. 56)

545 Inv.Nr. R 240.


546 Bergmann, Marianne, Die Strahlen der Herrscher.Theomorphes Herrscherbild und politische Symbolik im
Hellenismus und in der römischen Kaiserzeit, Mainz: Zabern, 1998: passim. Abbildung in Bergmann,
2006: Abb. 1.
547 Bergmann, 2006: 150-153. Interessant ist, dass die Inschrift des Bogens den Gott nicht direkt benennt,
sondern nut von „divinitas“ spricht.
548 Siehe unten Kapitel III.2
549 Wallraff, 2001: 148.
550 Wallraff, 2001: 170f.
551 L’Orange, H.P., „Sol Invictus Imperator. Ein Beitrag zur Apotheose,“ Symbolae Osloenses 14, 1935: 86-
114, bes. S. 88-94; L’Orange, H.P., Studies on the Iconography ofCosmic Kingship in the Ancient World,
Oslo: Aschehoug, 1953: 139-170.
552 Andreae, Bernard, Die römischen Jagdsarkophage mit Darstellungen aus dem Menschenleben, Berlin: Gebrü-
der Mann, 1980: Kat.Nr. 204, Tf. 54.
Antike Bildstrategien der Divinisierung 119

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54 Apollon, attische Vase, 56 Engel, der die Winde zurückhält,


Musee du Cinquantenaire, Brüssel Stirnwandmosaik, SS. Cosma e Damiano, Rom
(Inv.Nr. R 240)

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55 Jagdsarkophag von S. Elpidii


120 Visualisierungsformen

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57 Christus-Sol, Juliermausoleum in der vatika- 58 Barberini-Diptychon, Musee du Louvre (InvNr. 9063)
nischen Nekropole

Wie weit die Übernahme von Bildformen des Sol Invictus ging, ist strittig. Die Sol-Geste
taucht vor allem in f rühen Darstellungen beziehungsweise bei in fester Form tradierten Mo-
tiven wie der Traditio Legis auf. Wahrscheinlich ist es, dass es sich bei dem Mosaik des Julier-
mausoleums in der Nekropole von St. Peter um die Darstellung Christi in Gestalt der Sonne
handelt. (Abb. 57) Die Mosaikdekoration wurde vermutlich im frühen vierten Jahrhundert
in einem älteren heidnischen Grabbau (um 160-180) angebracht, dessen Inhaber durch eine
Inschrift als Julius Tarpeianus identifiziert weiden kann. " Die Mosaiksteine aut den vier Sei-
tenwänden sind heruntergefallen, der erhaltene Abdruck der Steine lässt jedoch erkennen, dass
auf der Nordwand ein Angler, auf der Ostwand der Meerwurf des Jonas und sein Verschlun-
genwerden und auf der Westwand der Schafträger dargestellt waren. Aufgrund der eindeutig
christlichen Themen wird auch das Kuppelmosaik, welches eine Figur mit einem Strahlenkranz
auf einem Sonnenwagen zeigt, der von Pferden gezogen wird, als christlich gedeutet.
Die beiden Symbole für Sonne und Mond, wie sie in den Miniaturen des Vergilius erschei-
nen, sind in der griechisch-römischen Ikonographie selten. In der christlichen Bildtradition
sind sie schon recht früh auf der Iheophanietafel der Holztür von S. Sabina (um 432) greif-
bar. 55 (Tf. 13) Hier rahmen Sonne und Mond die untere Zone, die im Übrigen auch sternen-
übersät ist. In den vergleichbaren Darstellungen aus Syrien (Rabbula Codex, Ms. Plut. I, 56,
fol. 13v, Tf, 8) und Ägypten fehlen beide Symbole ebenfalls nicht und sind häufig mit kleinen

553 Kirschbaum, Engelbert, Die Gräber der Apostelfürsten, Frankfurt am Main: Scheffler, 1957: 29-37; Effen-
berger. 1986: 47.
554 Zu dieser Tafel ausführlicher unten Anm. 644.
Antike Bildstrategien der Divinisierung 121

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Biblioteca Medicea Laurenziana
(Ms. Plut. I, 56, fol. 13r)

Portrait-Köpfen versehen, unter anderem in Bawlt im Saal 6. 555 (Tf. 24) In der Theophaniesze-
ne der Kopfleiste des Barberini Diptychons sind Sonne, Mond und ein Stern in der Christus
rahmenden Gloriole dargestellt. (Abb. 58) Ab dem sechsten Jahrhundert erscheinen beide,
Sonne und Mond, in einem neuen Kontext als Begleiter von Kreuzigungsszenen (Rabbula-
Codex, fol. 13r). (Abb. 59) Ihre Präsenz in dieser Szene ist nur teilweise offensichtlich, da im
Passionsbericht (Lk. 23.45) lediglich die Rede von der Verfinsterung der Sonne ist.556 Es deutet
einiges daraufhin, dass die Bildzeichen an die antike Herrschaftsikonographie anknüpfen. Die
Ewigkeit der Herrschaft wird betont, 557 aber auch die Jenseitigkeit und die Macht über das
Universum. Ab dem sechsten Jahrhundert treten vermehrt Kreuzigungsdarstellungen auf und
schreiben sich in den Kanon der Theophaniemotivik ein. Dies lässt erkennen, dass Kreuzi-
gungsszenen als den Theophaniedarstell ungen eng verbunden wahrgenommen wurden.558Der
theophanische Aspekt der Kreuzigungsszenen, die sowohl Christi göttliche als auch menschli-
che Natur zeigen, wäre ein überzeugenderer Grund für die Einbeziehung von Sonne und Mond
in den Bildtyp als der Bibeltext, welcher nur die Sonne nennt.
Die bislang besprochenen Attribute antiker Iheophanien, die wir zusammengefasst in
der Miniatur der spätantiken Vergil handschrift (Tf. 21) gefunden haben - Nimbus, Sphaira,
Thron, stellare und solare Attribute - sind somit auch in prä-christlichen Bildern nachzuwei-
sen. Die beispiellose Häufung der Motive lässt darauf schließen, dass, ähnlich wie bei der ho-

555 Hierzu lacobini, Antonio, Visioni dipinte. Immagini della contemplazione negli affreschi di Bäwlt, Rom:
Viella, 2000.
556 Wallraff, 2001: 165.
557 Grabar, 1946: 179.
558 Bergmeier, Armin E, „The Crucifixion as Thcophany: Divine Visions in a Sermon by Anastasius Sinaita
and on the Apse Wall of Santa Maria Antiqua,“ Journal of Late Antiquity 7, 1, 2014b: 65—85.
122 Visualisierungsformen

hen Zahl an Nimben in der gesamten Handschrift, zeitgenössische Interessen und Präferenzen
die Ausgestaltung bestimmten. Die spätantike Theophanie-Erwartung hat zu einer in der Anti-
ke nicht in dieser Form ausgeprägten intensiven Ausgestaltung der beiden Miniaturen geführt,
Die Bildelemente werden dabei jedoch nicht anachronistisch verwendet. Lediglich der Regen-
bogen, der die Szenen überfängt, ist in den antiken Iheophaniebildern ohne Parallele. Dieser
galt als Unheilszeichen und wurde vorrangig in Verbindung mit der Göttin Iris dargestellt.
Erst die Christen machten ihn zürn Teil von Theophaniedarstellungen, beispielsweise im Apsis-
mosaik von Hosios David ( IT. 6 ) , denn er war Teil der Vorstellung der christlichen Ihronvision
(Apk. 4.3). Somit erfüllen die Iheophaniebilder des Vergilius Romanus zwei Funktionen: Sie
sind Ausdruck der (gesteigerten) Theophanievorstellungen am Ende des fünften Jahrhunderts.
Gleichzeitig zeigen sie auf, welche antiken Vorbilder den nachantiken Bildern zugrunde lagen.

Gott oder Kaiser?

In der Forschungsgeschichte ist sehr umstritten, ob die Ikonographie Christi den Kaisern oder
den Göttern entlehnt ist. Diese Frage soll abschließend m diesem Kapitel untersucht werden.
Thomas Mathews hat sich bekanntermaßen von der lange Zeit akzeptierten Vorstellung dis-
tanziert, die Bilder des göttlichen Christus hätten ihre Ursprünge in den antiken Kaiserbildnis-
sen.560 In The Clash ofGods argumentiert er gegen jedwede Verknüpfung der christlichen mit
der kaiserlichen Ikonographie und bezeichnet die vorherrschende gegenteilige Forschungsmei-
nung als „emperor mystique.“561 Mathews negiert beispielsweise Parallelen des Einzugs Jesu in
Jerusalem mit dem imperialen Adventus 56 oder die kaiserliche Nutzung des Thronmotivs.563
Den gegenteiligen Ansatz wählt Deckers, indem er von einer „Imperialisierung des Christen-
tums“ spricht. 564 In seiner Entgegnung auf Mathews schreibt er, dass „mit der konstaminischen
Wende das Bedürfnis aufkommt, die älteren Darstellungen Christi um solche zu ergänzen, die
dessen sieghaftes Königtum illustrieren.“ 565 In der Tat sprechen häufig auch die Textquellen
vom Königtum Christi, 566 seltener jedoch von Christus als Imperator.
Ein von Sulpicius Severus überlieferter Visionsbericht des Heiligen Martin macht die Nähe
von Gottesdarstellungen zur Kaiserikonographie exemplarisch deutlich. Christus erscheint
gekleidet wie ein Souverän in purpurnem Licht, königlichem Gewand, einem gemmenge-
schmückten Golddiadem (diademate ex gemmis auroque redimitus) und goldenen Schnürstie-
feln. 567 Sulpicius schreibt, die Erscheinung habe nicht ausgesehen wie der Teufel (nihil minus
quam diabolus putaretur) . 568 Martin stört sich schließlich an dem Purpur des Gewands und an
dem Diadem und äußert die Meinung, dass Christus bei der zweiten Wiederkunft, die in der
Vision vorweggenommen ist, die Stigmata des Kreuzes tragen werde. Diese Passage ist sowohl

559 „Regenbogen,“ Lexikon der Kunst Bd. 4 (Leipzig- Seeman, 1994): 70. *
560 Mathews, 1993.
561 Mathews, 1993: 3-23. Mathews wendet sich vor allein gegen die Forschung von Ernst Kantorowicz,
Andreas Alföldi und Andre Grabar.
562 Mathews, 1993: 27-53.
563 Mathews, 1993: 103-109.
564 Deckers, 2001: Zitat S. 15.
565 Deckers, 1996: 480.
566 Bspw. Victorinus, Commentarius in Apocalypsim 4.2 (SC 423: 64).
567 Sulpicius Severus, Vita Martini 24.4 (SC 133: 306-309).
568 Sulpicius Severus, Vita Martini 24.4 (SC 133: 308).
Antike Bildstrategien der Divinisierung 123


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60 Itß
Severer-Tondo,
Altes Museum Berlin
(Inv. Nr. 31329)

Ausweis dafür, dass eine kaiserliche Tracht als legitime Erscheinung Christi gelten konnte. Sie
belegt aber auch das inhärente Unwohlsein, das mit einer zu offensichtlichen „Imperialisierung
des Christentums“ einherging. Dies mag auch die Ursache dafür sein, dass das Diadem zu
keiner Zeit Teil von Darstellungen des göttlichen Christus war?69 Auf einem Globus im pur-
purnen Gewand thronend, hält er in der Apsis von San Vitale (Tf. 9) zwar ein Diadem in der
Hand, jedoch trägt er es nicht selbst, sondern überreicht es als Märtyrerkrone dem Heiligen
Vitalis.
Die Frage nach den imperialen Verflechtungen der Ikonographie Christi wird durch die
Tatsache verkompliziert, dass das spätantike Kaisertum bereits vor den christlichen Bildschöp-
fern eine Strategie verfolgte, die das Bild des Kaisers durch die Übernahme göttlicher Ikonogra-
phie erhöhte. Damit ging generell eine Sakralisierung des Kaisertums einher?70 '! rotz der moti-
vischen Parallelen zwischen Christus- und Kaiserikonographie muss nicht davon ausgegangen
werden, dass die Bilder Christi die des Kaisers imitieren. Deckers scheitert denn auch darin,
die These Mathews völlig zu demontieren. So behauptet Mathews mit Blick auf das Berliner
Tondo des Septimus Severus, (Abb. 60) des einzigen erhaltenen Kaiserportraits, dass es keine
Ähnlichkeit zwischen diesem und späteren Darstellungen Christi gibt. 1 Deckers argumentiert

5 6 9 Mathews, 1 9 9 3 : 1 0 1 .
5 7 0 Zusainmenfassender Überblick bei Gallina, Mario, Incoronati da Dio. Per una storia del pensiero politico
bizantino, Rom: Viella, 2 0 1 6 : 7—18.
571 Mathews, 1 9 9 9 : 189.
124 Visualisierungsformen

dagegen, dass die Idealisierung, die in den Portraits des londos festzustellen ist, den Götter-,
574
573
Kaiser- und Christusbildern gemein ist. 572 Dieses Argument kann jedoch kaum dazu dienen,
eine zwingende Herleitung der christlichen aus der kaiserlichen Ikonographie zu postulieren.
Ebenso wenig kann überzeugen, dass Deckers die Gesichtszüge des Kaiserbilds und des ( hris-
tusportraits im Barberini Diptychon (Abb. 58) miteinander vergleicht. Einzelne Attribute aus
der antiken Ikonographie werden durchaus in die christliche Bildsprache übernommen, aber
direkte Anleihen bei Kaiserbildern sind schwer zu belegen.
Vergleicht man die Iheophanie im Kaiserkultraum in Luxor (Abb. 30) mit christlichen
Bildentwürfen, so ist die einzige Parallele der Nimbus, welcher die Köpfe der Herrscher hinter-
fängt. Dieser Nimbus ist jedoch genauso wenig originär christlich wie er originär imperial ist.
Er ist Ergebnis einer Entwicklung am Ende der Antike, während der das Kaisertum und die
Kaiserbilder zunehmend göttliche Züge annahmen.' Der gleichen Praxis der Aneignung an-
tiker Götterikonographie folgte auch die christliche Bildfindung ab der Mitte des vierten Jahr-
hunderts. Sowohl die Kaiser- als auch die Ghristusbilder waren bemüht, über die visuelle An-
näherung an das Göttliche deren übermenschlichen Status auszudrücken. Marianne Bergmann
formuliert für die Kaiserbilder: Iheomorphe Herrscherbilder seien „bildgewordene Vergleiche,
die verdeutlichen sollten, dass em Herrscher in bestimmten Bereichen über menschliches Nor-
malmaß hinaus hervorragte.“ 577 Das gleiche Interesse hatten die christlichen Bildschöpfer.
In der Zeit, die dem ersten Konzil von Nikaia folgte, manifestierte sich das Interesse der
Christen daran, ihren Gott in Bildern nicht mehr als Menschen, Wunderwirker oder Philo-
sophen darzustellen, sondern als veritablen Gott, der die menschliche Sphäre übertraf. Das
biblische Repräsentationsverbot war bereits in den frühesten Bildern dadurch umgangen wor-
den, dass der historische Jesus beziehungsweise Personifikationen christlicher Ideale dargestellt
wurden. In den neuen Bildern wurde nun die göttliche Natur des Menschensohns verbildlicht.
Dies geschah zunächst durch die Nutzung einzelner Attribute aus dem Bereich der antiken
Götterbilder (Nimbus, die Sphaira, solare und stellare Attribute und 'Throndarstellungen). Zu
den wenigen komplexen Motiven, die ihren Ursprung in der griechisch-römischen Bildsprache
haben, zählen die Götterversammlung und der leere Thron, der im folgenden Abschnitt als
Beispiel für Bilder des Übergangs untersucht wird. Da sowohl die christlichen Bilder als auch
die spätantike Kaiserikonographie die Verwebung der eigenen Bilder mit göttlichen Attributen
verfolgten, fällt es schwer, den Ursprung für diese christliche Praxis auszumachen. Sie ist am
besten in der die spätantike Kultur beherrschenden Tendenz zur Theophanisierung der Bilder
zu suchen
Im frühen vierten Jahrhundert fand das Christentum erst allmählich zu seinen eigenen Aus-
drucksformen. Die Unsicherheit in der Bildfindung zeigt besonders deutlich die Aufstellung
*
der Silberfiguren auf dem konstant!nischen Fastigium des Lateran.575 Hier wird eine Form der

572 Deckers, 2001: 739.


573 Deckers, 2001: 739f.
574 Bergmann, 2006: 156.
575 Sible de Blaauw bezeichnet die Phase, in der das Fastigium entstand als „experimentell“ (Blaauw, Sible de,
„Das Fastigium der Lateransbasilika: Schöpferische Innovation, Unikat oder Paradigma,“ in: Innovation
in der Spätantike, Brenk, Beat (Hrsg.), Wiesbaden. Reichert, 1996: 53-65, Zitat S. 64). Engemann be-
zweifelt die Existenz des im Liber Pontificalis erwähnten Figurenschmucks des Fastigiums, da die Quelle
von stabtragenden Engeln spricht, einer Ikonographie, die im vierten Jahrhundert noch nicht nachzu-
weisen ist (Engemann, Josef, „Der Skulpturenschmuck des Fastigiums Konstantins I. nach dem Liber
Pontificalis und der Zufall der Überlieferung,“ Rivista di Archeologia Cristiana 69, 1993: 179-203- bes.
Die „Theophaniesierung“ der Bilder mit Hilfe von Visionen 125

Visualisierung christlicher Inhalte ausprobiert, die keine Nachfolge finden sollte - Zwar han-
delte es sich um dreidimensionale Silberfiguren Christi und der Apostel, aber diese wurden so
weit oberhalb des Kirchenschiffs aufgestellt, dass keine Gefahr der Verehrung bestand. Auch
die auffällig vielen Theophaniedarstellungen nach antikem Muster in den Langhausmosaiken
von S. Maria Maggiore sind Ergebnis dieser Durchlässigkeit und Offenheit der Frühzeit, denn
in der Folge sollten derartige Theophaniedarstellungen in christlichen narrativen Bildern die
Ausnahme werden. Einige Bildbeispiele werden im Anschluss untersucht, die den Übergang
zu eigenständigen Theophaniebildern während der frühen Aushandlungsphase um die Wende
zum fünften Jahrhundert illustrieren.

II.3. Die „Theophaniesierung“ der Bilder mit Hilfe von Visionen

Ü Hergänge

Der kreativ suchende Bildfindungsprozess, das Aushandeln der Visualisierungsformen des


Göttlichen in Form komplexer Motive, sind in einigen Darstellungen besonders gut nach-
zuvollziehen. Sie sollen darum an den Anfang der Betrachtungen zu komplexen Bildmotiven
stehen, die eine theophanische Erscheinung visualisieren. Das Lünettenbild Christi zwischen
den Schafen im Mausoleum der Galla Placidia (Abb. 20) illustriert ebenso wie der Deckel des
Reliquiars von San Nazaro (Abb. 38), wie ältere nicht-theophanische Bildformulare theopha-
nisiert wurden. Das Bild des leeren Throns ist ein seltenes Beispiel für die Übernahme eines
antiken Motivs und seiner christlichen Theophanisierung. Diese Beispiele bilden die Ausnah-
men innerhalb der komplexen Theophaniemotivik, die in der Regel Neuschöpfungen auf der
Grundlage prophetischer Berichte als motivische ( bernahmen aus der antiken Bildtradition
waren.
Das Lünettenbild Christi zwischen den Schafen im Mausoleum der Galla Placidia bildete
einen Übergang zwischen dem Bildschema der Hirtendarstellungen, welche die abstrakte Für-
sorge Gottes versinnbildlichten, und dem Bild des vergöttlichten Christus. Die Hirtenfigur
ist im Unterschied zu älteren Darstellungen deutlich als Christus zu erkennen, sein Mantel
ist von goldener Farbe, die seine göttliche Natur nahelegt. Auch das Deckelbild des Reliquiars
von San Nazaro illustriert die Berührungspunkte zwischen dem göttlichen Christus und dem
wunderwirkenden Jesus der biblischen Berichte. Hier ist der thronende Christus im Kreis sei-
ner Apostel dargestellt. Der Thron verweist auf seine herrscherlich-göttlichen Qualitäten. Die
Krüge und die Schalen mit Brot zu Füßen der Figuren sind jedoch ein deutlicher Hinweis auf
die Vermehrung von Brot und Wein und somit auf Christus als Wunderwirker. Die additive
Hinzufügung der Schalen und Krüge mag ein Beleg dafür sein, dass man den Thron als Zei-
chen der Göttlichkeit Christi nicht für ausreichend befand und noch nicht auf die Zeichen der
magischen Kräfte Jesu verzichten wollte.
Anders verhält es sich mit dem Bild des leeren Throns, der ein direkter Import aus der
antiken Ikonographie ist, dessen Bestandteile aber in der christlichen Bildsprache grundlegend
umgedeutet wurden. Dieses Thronmotiv findet sich als Solisternium (Fferrichtung des leeren

S. 201-203). Allerdings mag diese Beschreibung ein Produkt des sechsten Jahrhunderts sein, als der Liber
Pontificalis abgefasst wurde, zu einer Zeit also, als die Figuren vermutlich nicht mehr existierten und aus
älteren Quellen rekonstruiert werden mussten.
126 Visualisierungsformen

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61 Leerer Thron, Sarkophag aus Frascati (Rep II.115)

Throns mit den Insignien des Kaisers) auf antiken Münzdarstellungen,576 wo es die Herrschaft
des jeweiligen Regenten ausdrückt.577 Cornelius Vollmer wies kürzlich nach, dass der leere
Thron in der Kaiserzeit als „Zeichen unsichtbarer Gegenwart“ diente.578 Als früheste christliche
Darstellung gilt die Front eines Sarkophags aus Frascati (Rep. II.1 15 Abb. 61). In der Folge
hat es sich in einer Vielzahl von Bildmedien erhalten, so zum Beispiel auf dem Elfenbeinkäst-
chen von Samagher ( Abb 62), auf dem konstantinopolitaner Relief des Berliner Museums für
Byzantinische Kunst 9 und im Kontext der Ausstattungen von Sakralräumen (Triumphbogen
von S. Maria Maggiore (Tf. 1), Kapelle der S. Matrona in San Prisco (Tf. 25), arianisches Bap-
tisterium von Ravenna (Abb. 1), auf der Stirnwand von SS. Cosma e Damiano (Tf. 4) und in
der zerstörten Koimesis- Kirche in Nikaia580 (Abb. 63)

576 Alföldi, 1970: 152-157; La Rocca, Eugenio, „I troni dei nuovi dei,‘ in: Culto imperial: politica y poder;
actas del congresso internacional, Nogales, Trinidad; Gonzalez, Julian (Hrsg.), Rom: L’Erma di Bretschnei
der, 2007: 77-104.
577 Grabar, 1936: 199E, Bogyay, Thomas von, „Hetoimasia,“ RBK2, 1971. 1189—1202, bes. S. 1191 Fried-
rich Gerke deutet die Hetoimasia im Kontext der Huldigungsbilder (Gerke, Friedrich, „Das Verhältnis
von Malerei und Plastik in der Theodosianisch- Honorianischen Zeit,“ Rivista di Archeologia Cristiana 12,
1935: 119-164, bes. S. 152—159). Anne-Orange Poilpre deutet den Thron als Ausdruck des Heils: Poil-
pre, 2005: 65-68. Zum Ihronmotiv in Bild und Text siehe auch Seibt, Klaus, Die Theologie des Markell
von Ankyra, Berlin: DeGruyter, 1994: 485—489.
578 Vollmer, Cornelius, Im Anfang war der Thron. Studien zum leeren Thron in der griechischen, römischen und
frühchristlichen Ikonographie,Tübinger Archäologische Forschungen, Bd. 15, Rahden: Leidorf, 2014:
17—28. Ähnlich auch La Rocca, 2007: 97.
579 Brandenburg, Hugo, „Ein frühchristliches Relief in Berlin,“ Römische Mitteilungen 79, 1972: 123—154.
580 Abbildung in Schmit, Theodor, Die Koimesis-Kirche von Nikaia. Das Bauwerk und seine Mosaiken, Berlin:
De Gruyter, 1927: Tf. 12. Siehe hierzu Underwood, Paul A., „The Evidence of Restorations in the Sanc-
tuary Mosaics of the Church of the Dormition at Nicaea,“ DOP 13, 1959: 235-243, bes. S. 240.
Die „Theophaniesierung“ der Bilder mit Hilfe von Visionen 127

62 Elfenbeinkästchen von Samagher/Pola, Vorderseite, Museo Archeologico, Venedig

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63
Leerer Thron,
Presbyteriumstonne,
Koimesis-Kirche,
Nikaia (zerstört)
128 Visualisierungsformen

Die Bilder des leeren Throns werden häufig auch anachronistisch als Hetoimasia bezeich-
net. Diese Bezeichnung leitet sich von Inschriften des Motivs (sTOt|iaala) ab, die allerdings erst
ab dem elften Jahrhundert in byzantinischen Beispielen auftauchen. 1 Lange Zeit sind darum
auch die spätantiken Beispiele als verkürzte Weltgerichtsbilder interpretiert worden, unter an-
derem auf der Grundlage von Inschriften wie f] ÖEüTspr| tiapowia (die zweite Parusie) in der
581
Handschrift Vat. gr. 752 (fok 27v), die nach 1059 entstanden ist.582 Auch jüngst noch hielt
Vollmer die Annahme aufrecht, es handele sich um den Thron des Weltgerichts, das erwartet
wurde. 583 Eine genauere Untersuchung der spätantiken Bilder und der Geistesgeschichte belegt
jedoch, dass das Motiv die antike Bedeutung der unsichtbaren Anwesenheit des Herrschers
auch in der Spätantike fortsetzte. Als anikonische Visualisierung des Göttlichen entsprach es
der Visionserwartung, ohne dass Gott in anthropomorpher Form dargestellt werden musste.
In S. Maria Maggiore (um 432) wurde der Thron von Motiven der apokalyptischen Thronvi-
sion gerahmt: dem Tetramorph und dem smaragdgrünen Regenbogen aus Apk. 4.3. 58 In der
Koimesis Kirche in Nikaia (frühes 8. Jh.? 585) erscheint die Hetoimasia ebenfalls ohne Weltge-
richtsbezug, dafür wird sie von den Engeln begleitet, die das Trishagion singen und damit an
587
die Thronvision in Jes. 6 erinnern.586 Selbst spätantike Schriftquellen stellen eine eindeutig
eschatologische Interpretation des Throns in Frage. So deutet Augustinus die Prophetie des
Throns in Apk. 20.4 („Dann sah ich Throne; und denen, die darauf Platz nahmen, wurde das
Gericht übertragen ) nicht etwa eschatologisch. Anstatt diese Passage auf das Endgericht hin zu
lesen, versteht es Augustinus als eine Vorhersage auf die Lenker der gegenwärtigen Ecclesia.521

581 Frühestes Beispiel ist eine Ikone vom Sinai aus dem elften Jahrhundert (Sotiriou, G. und M., Icones du
Mont Sinai, Athen: Insti tut Frangais, 1956: Abh. 151; Wettzmann, Kurt, „Byzantine Miniature and Icon
Painting in the Eleventh Century,“ in: Kurt Weitzmann. Studies in Classical and Byzantine Manuscript
Illumination, Kessler, Herbert (Hrsg.), Chicago: University Press, 1971: 271—313, Abb. 303).
582 Siehe bspw. Ufford, Violet Quades van, „Bemerkungen über den eschatologischen Sinn der Hetoimasia
in der ft ühchristlichen Kunst,“ Bulletin Antieke Beschaving 46, 1971: 193-207; Bogyay, „Hetoimasia,“
RBK2: 1190. Ein Überblick über die kontroverse Diskussion des eschatologischen Gehalts des Motivs
bei Vollmer, 2014: 357.
583 Vollmer, 2014: 402f.
584 Hier geht der Regenbogen auf die Verwendung in Apk. 4.3 zurück, in der er als Teil des Throns Gottes
beschrieben wird (Bergmeier, 2014a: 197).
585 Die meisten Forscher sind sich einig, dass die erste vor-ikonoklastische Phase der Ausstattung Ende des
siebten oder zu Beginn des achten Jahrhunderts zu datieren ist (siehe bspw. Barber, Charles, „The Koime-
sis Church, Nicea. The Limits of Representation on the Eve of Iconoclasm,“/<z/n7>M<T der Österreichischen
Byzantinistik 41 , 1991 . 43—60, bes. S. 44—46). Marie-France Auzepy hat kürzlich dieser Deutung wider-
sprochen und vorgeschlagen, die ikonoklastische Phase als erste Phase, möglicherweise im Rahmen der
Erneuerung der Mosaiken nach einem Erdbeben im Jahre 740, anzusetzen (Auzepy, Marie-France, „La
signification religieuse de l’aniconisme byzantin,“ in: L’aniconisme dans l’art religieux byzantin., Campa-
gnolo, Matteo; Magdalino, Paul (Hrsg.), Genf: Pomme d or, 2015: 1-42, bes. 'S. 15-24). Die vertikalen
Restaurierungslinien neben der Figur der Maria in der Apsis wären dann während der post-ikonoklasti-
schen Ersetzungs des Kreuzes entstanden.
586 Siehe hierzu der Abschnitt unten zu „Tetramorph, Theophaniemotiv und Liturgie des Trishagion“, bes.
Anm. 720 und 723.
587 „Et vidi sedes et sedentes super eas et judicium datum est. Non hoc putandum est de ultimo judicio dici; sed
sedes praepositorum et ipsi praepositi sunt, per quos nunc ecclesia gubernatut.“ Augustinus, De civitate
Dei 20.9 (CCSL48: 717; Perl (Hrsg.), Bd. 2, Paderborn: Schöningh, 1979: 554).
Ein Zitat aus dem Apokalypsekommentar des Caesarius von Arles, bestätigt, dass auch dieser im Motiv
des Throns keine endzeitliche Dimension erkennt: „Thronus positus erat in coelo: id est in Ecclesia.“
(Caesarius von Arles, Expositio in Apocalypsim, Homilia 3; PL 35: 2422.)
Die „Theophaniesierung“ der Bilder mit Hilfe von Visionen 129

Sinai als Inbegriff von Visionsvorstellungen: Moses-Szenen und Transfiguration


Zu den Erzählungen der Bibel, die sich am offensichtlichsten als Grundlage für christliche
Gottesdarstellungen anboten, zählen die Transfiguration und die Episoden der Sichrbarwer-
dung Ghristi nach seinem Tod, allen voran die Himmelfahrt. Bei diesen Gelegenheiten hatte
sich ( hristus als Gott den Menschen gezeigt. Die Verklärung wurde allerdings erst sehr spät
in Bildern dargestellt. Dies überrascht im Angesicht der Anstrengungen, die unternommen
wurden, um Ikonographien zu erschaffen, die die Göttlichkeit Ghristi ins Bild setzten. Gleich-
zeitig ist hier womöglich auch die Erklärung für das lange Ausbleiben der Ikonographie zu
erkennen: Im Unterschied zu den prophetischen Visionen wird die Theophanie auf dem Tabor
in den Evangelientexten nur wenig anschaulich beschrieben. Während der Transfiguration (Mt.
17,1-8; Mk. 9,2—9; Lk. 9,28-36) hatte sich Christus auf einem nicht benannten Berg in Ga-
liläa einigen seiner Junger in göttlicher Gestalt gezeigt. Dies geschah im Beisein der visionären
Erscheinungen der Propheten Moses und Elias, denen die Rolle zukommt, die Göttlichkeit
Christi zu bezeugen. Mir dem Berg Tabor wurde das Geschehen erst seit dem vierten Jahrhun-
dert assoziiert.'’" Exegetische Schriften lassen keinen Zweifel an der Bedeutung der Erzählung
als Offenbarungsmoment, ’ ’ aber die früheste gesicherte Darstellung findet sich erst in der
Apsis des justinianischen Sinai-Klosters. (Abb. 64)
Doch auch in der Kleinkunst und in Buchilluminationen taucht die Transfiguration nicht
vor dem sechsten Jahrhundert auf. Strittig ist, ob es sich bei einer Darstellung auf der Lipsa-
nothek von Brescia, in der Christus zwischen zwei Männern steht, um eine Transfiguration
589
588
handelt (Abb. 65) Eine Mehrheit der Forscher befürwortet diese These, 590 allerdings erscheint
die wellenartige Darstellung von Wasser zu Füßen der drei Figuren widersprüchlich.59' Wenig
überzeugend ist die zuerst von Raffaele Garrucci vorgetragene Deutung einer der Tafeln der
Holztür von S. Sabina mit Christus zwischen zwei Männern als Transfiguration.592 (Abb. 66)
Vielmehr steht Christus hier zwischen Petrus und Paulus.593 Gesicherte Bildzeugnisse sind erst
seit der Mitte des sechsten Jahrhunderts erhalten: Auf der Außenfassade der ßasilica Euphra-
siana in Porec befand sich vermutlich eine Darstellung der Verklärung über der Ostapsis der
Kirche (mit dem Apostel Andreas anstelle von Jakobus).594 Für die Apsis des Doms von Neapel
ist durch Johannes Diaconus die Anbringung eines Bildes der Transfiguration belegt 595 und

588 Der erste Beleg hierfür findet sich bei Kyrill von Jerusalem, Katechese an die Täuflinge 12.16 (PG 33: 744B).
589 Bspw. bei Johannes Chrysostomos, In Matthaeum homiliae 56.4 (PG 58: 555; Field (Hrsg.), Cambridge:
Officina academica, 1839: 134-149. Dt . Übers, in BKV 26: 199). Siehe hierzu auch Andreopoulos, A.,
,,'lhe Mosaic of the Transfiguration in St. Catherines Monastery on Mount Sinai: A Discussion of its
Origins,“ Byzantion 72, 1, 2002: 9-41, bes. S. I5f-
590 Bspw. Kollwitz, Johannes, Die Lipsanothek von Brescia, Berlin: Dc Gruyter, 1930: 28-29; Brown Tkacz,
Catherine, The Key to the Brescia Casket: Typology and the Early Christian Imagination, Notre Dame: Uni-
versity Press, 2001: 93.
591 Es könnte sich bei den Wellenlinien auch um die Darstellung von Wolken handeln. Diese Darstellungs-
form wäre aber singulär.
592 Garrucci, Raffaele, Storia della arte cristiana. Nei primi otto secoli della chiesa, Bd. 6, Prato: Guasti, 1880:
179f.
593 Jeremias, Gisela, Die Holztür der Basilika S. Sabina in Rom, Tübingen: Wasmuth, 1980: 77-80.
594 Photographie und Umzeichnung in Molajoli, Bruno, (Hrsg.), La Basilica Eufrasiana di Parenzo, Parenzo:
Greatti, 1940: Abb. 34 und 35.
595 Johannes Diaconus, Gesta Episcoporum Neapolitanum 1.16.22: „Hic [Johannes II. 535-555] absidam
ecclesiae Stephaniae, lapsam ex incendio reformavit. In qua ibidem ex musivo depinxit transfiguratio-
nem Domini Nostri.“ (Waitz, G., Scriptores rerum Langobardtcarum et Italicarum saec.VI—IX, Hannover:
130 Visualisierungsformen

LW

64 Apsis und Stirnwandmosaiken, Katharinenkloster, Sinai

65 Transfiguration (?), Lipsanothek, Museo di S. Giulia, Brescia


Die „Theophaniesierung“ der Bilder mit I lilfe von Visionen 131

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66 Transfiguration (?), Holztür von S. Sabina, Rom

ebenfalls aus dieser Zeit stammt das häufig als Transfiguration bezeichnete Mosaik in der Apsis
*
von Sant’Apollinare in Classe (549).596 (Tf. 5)
In der Zeit zwischen dem Tod der Kaiserin Theodora (548) und des Kaisers Justinian (565) 597
wurde in der Marien-Kirche des Sinai-Klosters ein Apsismosaik angebracht, das die Verklärung
in einer Form zeigte, wie sie in den folgenden Jahrhunderten Bestand haben sollte. 598 Von der
zentralen Christusgestalt in einer Lichtmandorla gehen radiale Strahlen aus.599 Sie wird flan-
kiert von den Propheten Moses und Elias, während die vor Schreck zu Boden gestürzten Apo-
Hahn, 1878: 410; zitiert in Achelis, H., Die Bischofschronik von Neapel (von Johannes Diaconus u.a.),
Leipzig: Hirzel, 1930: 54).
596 Nicht sicher datierbar ist die nur durch Quellen überlieferte Transfigurationsdarstellung in der Apostel-
kirche von Konstantinopel. Henry Maguire argumentiert für eine Spatdatierung ins zwölfte Jahrhundert
(Maguire, Henry, „Truth and Convention in Byzantine Descriptions of Works of Art,“ DOP 28, 1974:
11 1-140, bes. S 123f.).
597 Die Datierung liefern zwei Deckenbalken mit Inschriften, die sich auf den Tod Theodoras beziehen und
Justinian als lebend bezeichnen. Siehe hierzu Sevcenko, Ihor, „The Early Period of the Sinai Monastery
in the Light oflts Inscriptions,“ DOP 20, 1966: 255-264; Caner, Daniel, History and Hagiography From
the Late Antique Sinai, Liverpool: University Press, 2010: 27f.
598 Weitzmann, Kurt, „Introduction to the Mosaics and Monumental Paintings,“ in: The Monastery of Saint
Catherine at Mount Sinai. The Church and Fortress of Justinian, Forsyth, George H.; Weitzmann, Kurt
(Hrsg.), Ann Arbor: University of Michigan Press, 1965: 11-18; Milner, Christine, „Tie Role of the
Prophet Elijah in the Transfiguration Mosaics at Sinai and Classe,“ Byzantinische Forschungen 24, 1997:
207; Andreopoulos, 2002; Elsner, Jas; Wolf, Gerhard, „The Transfigured Mountain: Icons and Transfor-
mations of Pilgrimage at the Monastery of St. Catherine at Mount Sinai,“ in: Aproaching the Holy Moun-
tain. Art and Liturgy at St Catherines Monastery in the Sinai, Gerstel, Sharon; Nelson, Robert S. (Hrsg.),
Turnhout- Brepols, 2010: 37-72.
599 Zu den solaren Aspekten der Christusdarstellung in diesem Mosaik siehe Miziolek, Jerzy, „Transfiguratio
Domini in the Apse at Mount Sinai and the Syrnbolism of Light,“ Journal of the Warburg and Courtauld
Institutes 53, 1990:42—60.
132 Visualisierungsformen

stel Petrus, Jakobus und Johannes sich zu Christi Füßen befinden. Auf der Stirnwand darüber
stellen zwei Bildfelder die beiden alttestamentarischen Iheophanien des Moses dar. Links ist
Moses am Dornbusch (Ex. 3) zu sehen und rechts beim Empfang der Gesetzestafeln (Ex. 33).
(Abb. 64) Elsner hat darauf hingewiesen, dass durch die typologische Nebeneinanderstellung
der alttestamentlichen und neutestamentlichen Theophanieszenen die Erfahrung einer Vision
illustriert wurde; der Betrachter der Ostwand konnte eine mystische Vision erleben - analog
zu Moses und den Aposteln.600 Die typologischen Szenen der Stirnwand definieren die Darstel-
lung in der Apsiskalotte unzweideutig als theophanische Vision.
Die rheophanischen Ereignisse dominieren auch andere Kunstwerke im Kloster am Si-
nai Das Bronzekreuz aus dem sechsten Jahrhundert bildet auf den Kreuzarmen Moses am
Dornbusch und Moses bei der Gesetzesübergabe ab, (Tf. 22) während die Inschrift die dritte
Theophanie am Sinai beschreibt,601 nämlich die göttliche Erscheinung, deren Zeugen die
Israeliten nach der Ankunft am Berg wurden: Exodus 19.16—18 schildert die Theophanie als
von Naturereignissen (Blitz, und Donner, Beben), Posaunenschall, einer Rauchwolke und Feuer
begleitet.60 ’ Die beiden Mosesdarstellungen auf den Seitenarmen finden ihre Ergänzung an der
Spitze des Kreuzes. Hier ragen zwei Hände Gottes aus einer mit Sternen gefüllten Gloriole - ein
sicheres Zeichen für eine 'Theophanie603 - heraus. Eine Hand segnet die Mosesfigtir am Dorn-
busch und die aridere reicht Moses die Tafeln. Das Bronzekreuz ist Teil der rheophanischen
Inszenierung des Mosesbergs und seines Klosters, denn auch die justinianischen Bauten mar-
kieren die Orte der Theophanie: Hinter der Ostapsis des Katholiken befindet sich die (ehemals
offene) Dornbuschkapelle,604 und die kleine Kirche auf dem Gipfel des Sinai 60' steht an dem
Ort der Begegnung von Moses und Gott. In der Inschrift über der Eingangstür des Katholikon
ist die Rede Gottes zu Moses am Dornbusch wiedergegeben (Ex. 3.14), mit der bezeichnenden
Hinzufügung von ev tep tojiw (an diesem Ort). Die beiden zentralen Theophaniemomente
werden dann auf der Apsisstirnwand dargestellt und sind um das Verklärungsbild in der Apsis
ergänzt, das den rheophanischen Anspruch des Ortes potenziert und „christianisiert.“606

600 Elsner, 1995: 99-123, bes. S 118.


601 Die Episode wird häufig der Theophanie während der Gesetzesübergabe zugeschlagen, ist aber eine selb-
ständige Erzählung, während der Gotr zu Moses spricht.
602 Inschrifttext in Weitzmann, Kurt; Sevcenko, Ihor, „The Moses Cross at Sinai." DOP 17, 1963: 385—398,
bes. S. 391 £ Interessant ist, dass auch Prokopius in seiner Beschreibung des Berges Sinai auf theophani-
sche Zeichen hinweißt, nämlich „immerwährender Donner als auch andere göttliche Zeichen" (Ktuitot
re btT]V£K£q Kai £T£pa arta Ortorepa. Prokop, De aedificiis 5.8, 6-9. Siehe unten Anm. 762.)
603 Siehe oben „Einzelne Bildelemente und Attribute“.
604 Als Egeria den Sinai in den 380er Jahren besuchte, gab es am Fuß des Berges nur eine Ansammlung von
Einsiedleien und vermutlich noch nicht die Verehrung des Dornbusches (Egeria, Itinerarium 1.3.1; FC,
20: 124).
605 Ephram der Syrer berichtet, dass Julian Saba in der Mitte des vierten Jahrhunderts als erster eine Kirche
errichtet habe: Ephräm der Syrer, Hymnen auf Julian Saba 19 und 20. Libers, in Caner (Hrsg.), 2010:
204-210. Diese Kirche ließ Justinian durch eine Basilika auf dem Gipfel ersetzen, die jedoch so stark
zerstört war, dass sie 1934 aus dem justinianischen Baumaterial in deutlicher kleineren Dimensionen
wieder aufgebaut wurde (Koufopoulos, Petros; Myriantheos-Koufopoulou, Marina, „The Architecture
of the Justinianic Basilica on the Floly Summit,“ in: Aproaching the Holy Mountain. Art and Liturgy at St
Catherines Monastery in the Sinai, Gerstel, Sharon; Nelson, Robert S. (Hrsg.), Turnhout: Brepols, 2010:
105-117).
606 Siehe bspw. die Ausführungen Ephrams des Syrers, der in der christlichen Kirche, die auf dem alttes-
tamentlichen Berg errichtet wurde, die Erfüllung des Alten Testaments im Neuen sieht (Ephräm, 19.
Hymne 16; Engi. Libers, in Caner (Hrsg.), 2010: 206).
Die „Theophaniesierung“ der Bilder mit Hilfe von Visionen 133

67 Mosesvisionen und Makkabäerbrüder, Lipsanothek, Museo di S. Giulia, Brescia

Die beiden Moses-Szenen sind ebenfalls im Presbyterium von San Vitale dargestellt. Dort
müssen sie als Verweis auf die Theophanie gelten, die in der Apsis in Form des auf einem Glo-
bus thronenden Christus in einer Ideallandschaft abgebildet ist. (Tf. 9-11) Auch der restliche
Bildbestand des Presbyteriums weist theophanische Bezüge auf: Die Darstellungen der Bewir-
tung der drei Männer in Mamre und die Abel-Melchisedek-Szene verweisen auf die Eucharis-
tie, den Moment der liturgischen Theophanie. Die Moses-Szenen repräsentieren je eine histo-
rische oder überzeitliche, nicht-liturgische Vision. Sie befinden sich jeweils an der Ostwand des
Sanktuariums, in unmittelbarer Nähe und auf gleichet Höhe zum theophanischcn Höhepunkt
des Ensembles in der Ostapsis. Sie geben dem spätantiken Betrachter so eine Anleitung zur
Erlangung einer göttlichen Vision, analog zur Apsisstirnwand.
Das Elfenbeinkästchen von Brescia vom Ende des vierten Jahrhunderts zeigt eine Gegen-
überstellung der beiden mosaischen Theophanien in einem querrechteckigen Band auf einer
608
Schmalseite des Kästchens.607 (Abb. 67) Das Feld zwischen den beiden Szenen ist mit einer
enigmatischen Darstellung von sieben Halbfiguren, die jeweils in einem Feuerball stehen, ge-
füllt. Catherine Brown Fkacz identifiziert die Mittelszene als Überblendung der drei Jünglinge
im Feuerofen und des Martyriums der sieben Makkabäer-Brüder (2. Makk. 7).606 Sie weist
auf die Verbindung von ’fheophanie und feurigen Lichtereignissen in theologischen Schriften
hin, und sieht darin die Verbindung mit den beiden rahmenden Theophaniebildern.609 Die
Betonung des theophanischen Aspekts im Bildfeld der Gesetzesübergabe ist in diesem Beispiel
ungleich stärker als in anderen erhaltenen Darstellungen dieser Szene. Gott erscheint hier nicht
nur als Hand aus den Wolken, sondern als Büste. Gott und Moses blicken sich intensiv in die
Augen, während die Gesetzestafeln als scheinbar sekundäres Element der Szene am Boden
liegen. Auf diese Weise wird eindrücklich das Interesse der Bildschöpfer an der Vision des Gött-
lichen belegt. Nicht Moses’ Rolle als alttestamentlicher Gesetzesgeber interessiert hier, sondern
seine Rolle als Vermittler der Vision Gortes.
Für die Einfügung der Makkabäer-Szene zwischen die Mosesszenen könnte noch eine ande-
re Erklärung herangezogen werden als die von Brown Fkacz favorisierte theophanische Bedeu-
tung des Feuers. Die sieben Feuer in der Darstellung scheinen einen stärker funktionalen Cha-
rakter als Instrument des Martyriums zu haben und weniger eine Erscheinung zu begleiten.
Märtyrern wurde im Allgemeinen ein besonderes (visuelles) Verhältnis zu Gott bescheinigt.610

607 Zum Iheopha nie- Feld der Lipsanothek siehe Brown Fkacz, 2001: 169—185.
608 Brown Fkacz, 2001: 139-1 67.
609 Brown Tkacz, 200 1: 177—185-
610 Gregor von Nazianz, Theologische Reden/ Logoi theologikoi 2.19; F C 22: 134. Siehe hierzu Kapitel I Anm.
317.
134 Visualisierungsfortnen

Sie waren im Unterschied zu anderen Verstorbenen bereits in Gottes Nähe angekommen, wes-
halb den Heiligen die Rolle als Interzessoren zugeschrieben wurde.611 Die Makkabäer-Brüder,
deren biblischer Bericht von der Nähe zu Gott spricht, in die sie nach dem Tod kamen, stünden
hier stellvertretend für die Gesamtheit der nicht-biblischen Heiligen. Diese Funktion als Ver-
mittler der göttlichen Vision ist eindrucksvoll in der Figur des Apollinaris im Apsismosaik von
Sant Apollinare in Classe verdeutlicht (Tf. 5)
Fokus des Apsismosaiks in Classe ist die Gloriole, in deren Zentrum ein Kreuz umgeben
von Sternen erscheint. (Frontispiz) Die Gloriole ist leicht als Bild der dheophanie zu erken-
nen: Die Sterne sind ein deutliches Hinweiszeichen.61- Um eine Verwechslung auszuschließen,
sind auf dem Schnittpunkt der Kreuzarme em Brustbild Christi angebracht sowie die Inschrif-
ten IX0YS, Salus Mundi und A und m an den Enden der Kreuzarme. Die Erscheinung erhebt
sich oberhalb einer Ideallandschaft mit drei Schafen und wird flankiert von den sphärisch
schwebenden Büsten der Propheten Elias und Moses. Unterhalb der Gloriole befindet sich der
Heilige Apollinaris in Orantenhaltung, der direkt oberhalb der Bischofskathedra zwischen der
göttlichen Vision und der irdischen Welt vermittelt und durch die eigene Vision die Betrachter
zur visionären Schau anleitet
Die Verweise auf die Transfiguration im Apsismosaik von Sant’Apollinare in Classe sind
spärlich. Weder ist Christus in anthropomorpher Form dargestellt, wie in jedem der erhal-
tenen Beispiele aus der späteren byzantinischen Bildproduktion, noch sind die drei Apostel
in Form der Schafe in eindeutiger Weise als Apostel kenntlich gemacht, und schließlich fehlt
das (strahlenförmige) Licht als das beherrschende Element der Erzählung.613 Würde es sich
tatsächlich um Petrus, Johannes und Jakobus handeln, so würde man Inschriften wie bei Apol-
linaris, Moses, Elias und dem Christuskreuz erwarten.614 Darüber hinaus müssen Moses und

61 1 Siehe beispielsweise Petrus Chrysologus, der in Sermo 128 beschreibt, wie der erste Bischof Ravennas,
Apollinaris, dort inmitten seiner Herde (medius [...] ingrege) bestattet ist, aber mit Gott lebt und regiert
(regnat et vivit, qui pro rege suo desideravit occidi-, PL 52: 554B-555A). Zur Interzessionsfunktion von
Heiligen seit dem späten vierten Jahrhundert siehe Brenk, 2010: 8 9 Anm. 325. Augustinus erklärt die
Taten der Märtyrer als Ergebnis des göttliche Willens: Augustinus, De cura pro mortuis gerenda 19-20 (PL
40, 591—610). Zu Prudentius siehe Cox Miller, Patricia, „Relics, Rhetoric and Mental Spectacles in Late
Ancient Christianity,“ in: Seeing the Invisible in Late Antiquity and the Early Middle Ages, Nie, Giselle de
(Hrsg.), Turnhout- Brepols, 2005: 25-52, bes. S. 37.
612 Davide Longhi erkennt in dem Mosaik eine Verbildlichung der Kreuzesvision des Kyrillos von Jerusalem
(siehe hierzu unten Anm. 859). Diese Deutung ist nicht haltbar und es kann ihr nicht gefolgt wer-
den. Vgl. Longhi, Davide, „The Cosmic Cross as Logos’ Iheophany First Version of Sant’Apollinare in
Classse’s Apsidal Mosaic and Jerusalems Staurophany of A D 3 5 1,“ IKON 6 , 2013: 275—286.
6 1 3 Hierzu Henry Maguire: „ft was only desirable to add an inscription if the creator of the image wished
to prioritise a particular meaning out of the ränge of possible meanings.“ (Maguire, Flenry; Terry, Ann,
Dynamic Splendor: the Wall Mosaics in the Cathedral of Eujrasius at Porec, Bd. 2, Uiiiversity Park: Pennsyl-
vania State University, 2007: 140).
614 Trotz der Ungereimtheiten ist sich die Forschung weitgehend einig in der Deutung als Transfiguration.
Bereits Giovanni Ciampini erkennt eine Umsetzung von Mt. 17.3 i m Apsismosaik von Sant’Apollinare
in Classe (Ciampini, Giovanni, Vetera Monimenta. In quibus praecipue Musiva Opera, Sacrarum, Profa-
narumque Aedium Structura, Ac nonnulli antiqui Ritus Dissertationibus, Iconibusque illustrantur, Bd. 2,
Rom- 1699: 81. F.benso die jüngere Forschung: Dinkler, 1964: 19f., Deichmann, Friedrich Wilhelm,
Ravenna, Hauptstadt des spätantiken Abendlandes. Geschichte und Monumente, 6 vols., Wiesbaden: Steiner,
1969-1989 261-267; Müller, Claudia, „Das Apsismosaik von S. Apollinare in Classe. Eine Strukturana-
lyse,“ Römische Qiiartalschrift75, 1980- 11-50, bes. S. 48; Michael, 2005: 63-74. Differenzierter ist die
Deutung bei Otto von Simson, der feststellt- „It blends what may be called the Exaltation of the Cross
Die „Theophaniesierung“ der Bilder mir I Iilfe von Visionen 135

Elias nicht zwingend nur als Begleiter und Zeugen der Eabor- Erscheinung verstanden werden.
Im Unterschied zu anderen Propheten und Personen des .Alten Testaments wurde von ihnen
angenommen, dass sie in besonderem Verhältnis zu Gott standen, nämlich dass sie den Tod
*
bereits überwunden hatten.615 Von Elias berichtet die Bibel, dass er nach seinem Tod zum
618
617
Himmel aufgefahren sei (2. Kg. 2).616 Dies ist im fragmentarischen linken Nischenmosaik
von Sant Aquilino dargestellt.61 ' (Abb. 68) Über den Leichnam des Moses gibt die Bibel die
Auskunft, dass er von Gott an einem unbekannten Ort bestattet worden sei (Deut. 34.6). Dies
führte zu der in der Spätantike verbreiteten Annahme, dass sich Moses womöglich bereits im
Reich Gottes aufhielt. Josephus Flavins überliefert die Existenz einer Tradition, die von der
körperlichen Auffahrt Moses in den Himmel ausging, auch wenn er selbst diese Ansicht nicht
teilte.11 Möglicherweise enthielt die nur fragmentarisch erhaltene apokalyptische Schrift der
Himmelfahrt des Moses eine Erzählung seiner körperlichen Auferstehung.619 Auch Ambrosius
äußert auf Grundlage des Verklärungsberichts die Überlegung, Moses sei bereits bei Gott.620
Der einzige andere Prophet, dem eine solche Eigenschaft zugeschrieben wurde, war Henoch,

with the scene of thc Transfiguration“ (Simson, Otto von, Sacrcd Fortress: Byzantine Art and Statecraft in
Ravenna, Chicago: University Press, 1948: 43) Andre Grabar formuliert: „La composition absidiale de
Saint-Apollinaire qui [...] rappelle les monuments palestiniens, offre l’image d’une theophanie historique
interpretee comtne une vision eschatologique ou perpetuelle.“ (Grabar, 1946: 195f). Ihm folgt Carl-
Otto Nordstrom, der von einer palästinensischen Himmelfahrtsszene spricht, „die in eine ravennatische
Verklärungsszene umgearbeitet wurde.“ (Nordstrom, Carl-Otto, Ravennastudien. Ideengeschichtliche und
ikonographische Untersuchungen über die Mosaiken von Ravenna, Stockholm: Almqvist, 1953: 126). Carola
Jäggi weist auf die Singularität der Komposition hin und schlägt vor, das Mosaik als „symbolisierte Version
der Transfiguration" anzusprechen. (Jäggi, 2013: 272). Häufig wird die Transfiguration auch als Bild der
zweiten Wiederkunft gelesen. Legitimiert werden solche Deutungen durch Kirchenvätertexte, die die bib-
lischen Bericht als Vorzeichen der endzeitlichen Parusie deuten (Müller, 1980 48; Miziolek, 1990: 52f.).
615 Bergmeier, 2014a: 192f.
616 Aus diesem Grund kursierten seit der Spätantike apokalyptische Schriften, die von Elias als Zeugen
der Endzeit berichteten, bspw. erwähnt Romanos der Melode Elias als Wegbereiter der endzeitlichen
Wiederkunft in seinem 50. Hymnos über die zweite Wiederkunft 4: /tpöopoqoc Hkiac tfjq ÖEurapo.c
Y£vf|O£Tat itapovaiaq ö diicaioq (SC 283: 238). Detailliert wird die Wiederkunft auch in der Apokalypse
des Elias aus dem dritten Jahrhundert geschildert (Steindorff (Hrsg.), Hinrich: Leipzig, 1899). Elias ist
Protagonist dieser Erzählungen, weil er bereits in den Himmel aufgefahren ist. Dies ist auch der Grund
für seine Teilnahme an der Transfiguration — weil außer ihm und möglw. Moses und Henoch noch keiner
der Propheten wieder auferstanden war. Christine Milner versucht nachzuweisen, dass Elias Präsenz im
Bild aus seiner in der Spätantike betonten Nähe zu apokalyptischen Vorstellungen herrührt und daher
als eschatologisches Zeichen zu werten sei (.Milner, 1997: 209—215). Diese Argumentation verkennt
jedoch Ursache und Wirkung. Zunächst ist Elias schlicht Teil von Transfigurationsdarstellungen, weil der
Bibeltext ihn nennt. Weiterhin ist der Grund für seine Gegenwart hier derselbe wie für die Instrumen-
talisierung seiner Person im Zusammenhang mit apokalyptischen Spekulationen, nämlich dass er bereits
wiederauferstanden war.
617 Eine genaue Autopsie des Bildes lässt erkennen, dass es sich bei der fragmentarischen mittleren Figur am
Boden u m den Diener Elisha handelt, der den Mantel auffängt. Von dem blauen Mantel selbst ist nur
ein kleines Fragment erhalten.
618 Josephus Flavins, Antiquitates Judaicae 4.326. (Mason (Hrsg.), Leiden; Brill, 2000: 472).
619 Tromp, Johannes, The Assumption of Moses: a Critical Edition with Commentary, Leiden: Brill, 1993:
281-285; VanderKam; Adler, (Hrsg.), 1996: 22.
620 quem secum esse Dei filius in Evangeho demonstravit.“ (Ambrosius, De Cain et Abel 1.2.8; PL 14:
337C.) Klemens von Alexandria geht ebenfalls von der Himmelfahrt aus und berichtet, dass die Mystiker
sagen, Moses hätte nach seiner Himmelfahrt (peta tqv dvakq\|/iv) im Himmel den Namen Melchi erhal-
ten. (Klemens von Alexandria, Stromateis 23. 153.1; SC 30: 155).
136 Visualisierungsformen

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2 4-

68 Linke Seitenapsis mit der Himmelfahrt des Elias, Sant’Aquilino, Mailand

von dem es in Genesis 5.22 heißt, er sei mit Gott gewandelt.621 Moses und Elias eignen sich
besonders, um eine Theophanie zu bezeugen und wurden in Sant’Apoll inare in Classe in einer
visuellen Anordnung platziert, die an Darstellungen des Tetramorph in der Apsis von S. Pu-
denziana erinnert. (Tf. 20)
Assoziationen mit der Verklärung sind trotz allem nicht von der Hand zu weisen, ja womög-
lich sogar intendiert. Die Überlieferungssituation legt nahe, dass es vor der Mitte des sechsten
Jahrhunderts keine oder kaum Darstellungen der Transfiguration gegeben hat. In Classe ist
der Moment des Aushandelns und der Bildfindung eindrücklich dokumentiert. Das Apsismo-
saik von Sant’ Apollinare ist ein Zeugnis für das Bestreben, der allgemeinen Visionserwartung
Ausdruck zu verschaffen und sich dabei Anspielungen auf das Transfigurationsgeschehen zu
bedienen. Zu diesem Zweck wurde ein unspezifisches theophanisches Motiv - die Gloriole mit
Sternen und Kreuz - um Hinweise auf die Verklärung (im Besonderen die Büsten von Moses
und Elias) ergänzt.622 Da die Transfiguration nicht primärer Bildinhalt war, konnte die Figur
des Heiligen Apollinaris, die in den bei Restaurierungsarbeiten entdeckten Sinopien fehlt, ohne
Probleme hinzugefügt werden. Kompositorisch orientierte man sich an einem gebräuchlichen
theophanischen Bildaufbau, 623 der im folgenden Abschnitt diskutiert wird.

621 Aus diesem Grund deutet die frühe exegetische Tradition die zwei Zeugen in Apk. 11.3 als Elias und
Henoch. Dies ist bereits bei Ps. Ephräm belegt (zitiert in S C 283: 241 Anm 1) und u.a. lässt Romanos
der Melode beide am Endgericht teilnehrnen (50. Hymnos über die zweite Wiederkunft 5; S C 283: 240).
Erst später ersetzt Moses Henoch als zweiten Zeugen (Haugg, Donatus, Die zwei Zeugen. Eine exegetische
Studie über Apok. 11,1—13, Münster: Aschendorff, 1936: 102-105; VanderKain; Adler, (Hrsg.), 1996:
97-99). Diese Stellung Henochs ist auch der Grund für die apokalyptische Schrift, die Henoch zuge-
schrieben wurde.
622 Siehe hierzu auch die differenzierte Deutung des Mosaiks bei Michael, 2005: 214—221.
6 2 3 Diese Parallele mit Bildern der Erscheinung Christi oberhalb einer Menschengruppe ist bereits früh
bemerkt worden: Siehe Grabar, 1946. 195f. und Nordstrom, 1953: 126.
Die „Theophaniesierung“ der Bilder mit Hilfe von Visionen 137

Tetramorph, Theophaniemotiv und die Liturgie des Trishagion

a — Tetramorph
Das Fetramorph, das himmlische Wesen mit den vier Gesichtern eines Menschen, eines Lö-
wen, eines Stiers und eines Adlers, hat seinen Ursprung in den Thronvisionen des Hesekiel. Es
gehörte zu den wichtigsten Mitteln der Visualisierung einer göttlichen Vision. Der Prophet
Hesekiel sah diese Wesen in einer Vision am Huss Kebar wie sie sich tun den Thron Gottes
gruppieren (Hes. 1). Er identifizierte sie als Cherubim und beschrieb, dass sie neben den je-
weils vier Gesichtern auch je vier mit Augen übersäte Flügel sowie Räder, auf denen sie sich
fortbewegen, besitzen.62 '1 Die Offenbarung des Johannes kopierte das alttestamentliche Motiv;
hier nun tritt das Tetramorph als vier voneinander getrennte Einzelwesen auf (Apk. 4.7). Ein
weiterer wichtiger Unterschied zwischen den beiden Berichten besteht darin, dass die neutes-
tamentliche Prophetie die Räder nicht erwähnt, auf denen sich die Wesen fortbewegen. Die
Räder werden denn auch vorwiegend in östlichen Bildern des Tetramorphs dargestellt, da dort
die Offenbarung erst sehr spät kanonisiert wurde und die alltestamentarischen Prophetien die
624
einzige biblische Quelle für Theophanieberichte bildeten.625 Ein Unterschied der Bedeutung
in Ost und West kann nicht festgestellt werden. Die Wesen zeigen stets eine Theophanie an.
Die früheste erhaltene Darstellung im östlichen Mittelmeerraum findet sich auf einem
Türsturz in Alahan Manastir aus der Mitte des fünften Jahrhunderts. (Tf. 12) Im Westen ist
der Erhaltungszustand in der Frühzeit erheblich besser. Aus dem friihen fünften Jahrhundert
stammen die vier Wesen in den Zwickeln der Kuppel von San Vittore in Ciel d’Oro in Mai-
land (Abb. 69). 626 Die vier Wesen sind zwar komplett restauriert, gehen aber vermutlich auf
spätantike Vorlagen zurück.627 Im Scheitel der Kuppel ist die Erscheinung des Fitelheiligen
Viktor, umgeben von Goldtesserae, dargestellt Weitere Darstellungen der Wesen ohne Buch
befinden sich im Baptisterium von Neapel (um 400 Tf. 26) und im Mausoleum der Galla
Placidia (424-450 Tf. 23). Die Kuppeldekorationen sind hier stets theophanischer bzw. epi-
phanischer Natur: In Mailand erscheint der Heilige als Büste innerhalb eines Kranzes. In Ne-
apel begegnet ein Christogramm vor einem Sternenhintergrund, in Ravenna ist ein Kreuz vor
einem Sternenhimmel abgebildet. Ein spateres Beispiel für die Anbringung der Wesen in den
vier Trompen unterhalb einer Kuppel hat sich in der Kapelle S. Maria Mater Domini bei der
Kirche der Heiligen Felix und Fortunatus in Vicenza erhalten (Mitte 6. Jh.).628 (Abb. 70) Die
Kuppeldekoration ist nicht überliefert, doch können wir auch hier davon ausgehen, dass das

624 Für eine umfassende Studie zu den Cherubim in den biblischen Texten siehe Wood, Alice, OfWings and
Wheels: A Synthetic Study ofthe Biblical Cherubim, Berlin: De Gruyter, 2008: 5-140. Siehe auch Wulff,
Oskar, Cherubim, Throne und Seraphim. Ikonographie der ersten Engelshierarchie, Altenburg: Bonde, 1894
und Peers, Glenn, Subtle Bodies: Representing Angels in Byzantium, Berkeley: University of California
Press, 2001: 89—125. Wulff beschränkt sich auf die Bilder des byzantinischen Ostens, deren Darstellun-
gen sich eng an den biblischen Text halten; westliche Darstellungen der vier Wesen in separierter Form
bespricht er nicht (Wulff, 1894: 27).
625 Zur Kanonizität der Offenbarung in der Ostkirche siehe oben Anm. 751.
626 Zur These der Spätdatierung von San Vittore (Ende 5. Jh.) siehe Collins, Samuel, „Front Martyrs’ Cults
to Confessors’ Cults in Late Antique Milan: fhe Mosaics of San Vittore in Ciel d’Oro,“ Journal ofLate
Antiquity 5, 2, 2012: 225-249.
627 Reggiori, Ferdinando, La Basilica Ambrosiana. Mailand: Hoepli, 1941: 220.
628 Siehe zu dieser Kapelle Mackie, Gillian, Early Christian Chapels in the West. Decoration, Function, and
Patronage, Toronto: University ofToronto, 2003: 37-40.
138 Visualisierungsformen

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69 San Vitrore in Ciel d Oro, Mailand

Tetramorph durch seine bewusste Platzierung am Kuppelfuß eine theophanische Darstellung


in der Kuppel einfasste.
Die vier Wesen werden häufig als Evangelistensymbole bezeichnet, da sie seit der Mitte
des fünften Jahrhunderts meist alle ein Buch tragen. Das Apsismosaik von S. Pudenziana
(401-417, Tf. 20) ist eines der frühesten Beispiele, in denen diese Bücher dargestellt sind. Die
Assimilierung der Thronwesen mit den Evangelisten ist bereits im dritten Jahrhundert in den
rheologischen Schriften nachweisbar. 629 Diese Bedeutungserweiterung überdeckte jedoch nicht
die primäre Bildaussage, sie ergänzte diese lediglich. Eine Vielzahl exegetischer Schriften be-
legt den alttestamentlichen Ursprung und somit den theophanischen Charakter der Wesen.630
Ferner erscheint das Tetramorph in der Regel auch nicht in Darstellungen, die Episoden der
vier Evangelien wiedergeben: beispielsweise in der Kuppel des Mausoleums von Galla Placidia,
in der Apsis von S. Pudenziana und auf der Stirnwand von SS. Cosma e Damiano sowie bei
den im Folgenden diskutierten Beispielen des Theophaniemotivs. Eine seltene Ausnahme ist
das Mausoleum von Neapel, in dem das Tetramorph nicht nur die Erscheinung des Christo-

629 Die früheste Nennung findet sich bei Irenäus von Lyon, Contra haereses 3.1 1.8 (PG 7: 836).
630 Bspw. Ambrosius, De Abrahamo 2.8.54 (CSEL 32: 607). Hieronymus beginnt seine Ausführungen zum
Evangelium des Markus mit dem Hinweis, dass das tstpapopcpov seinen Ursprung sowohl in der Vision
des Hesekiel als auch in der Offenbarung des Johannes hat (Homiliae in Marei evangelium 1A; SC 494:
62). Siehe auch der Überblick über die exegetische Tradition bei Stevenson, Kenneth; Glerup, Michael,
Ancient Christian Commentary on Scripture. Ezekiel, Daniel, Downers Grove: Intervarsity, 2008: 3-16.
Die „Theophaniesierung“ der Bilder mit Hilfe von Visionen 139

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70 Löwe, Kapelle der S. Maria Mater Domini, SS. Felice e Fortunato, Vicenza

gramms im Kuppelscheitel rahmt, sondern auch die typologischen Szenen des Neuen Testa-
ments, die auf die Taufe verweisen.
Besonders offensichtlich wird die theophanische Assoziation der Wesen in der Deckenmale-
rei der Pantokratorhöhle auf dem Latmos (um 700).631 (Tf. 27) Hier umgeben sie die sternen-
übersäte Mandorla Christi. Obwohl sie mit den Büchern dargestellt sind, können sie nicht als
Evangelistensymbole gedeutet werden, denn die Buchdeckel tragen jeweils eine Inschrift mit
dem Dreimai-Heilig (ATJOE ATIOL ATIOS). Nicht die Assoziation mit den Evangelisten wird
durch diese Inschrift verstärkt, sondern auf einen weiteren alttestamenrlichen Theophaniebe-
richt angespielt Das Trishagion stammt aus dem Visionsbericht des Jesaja (6.1-3), von wo es
auch Eingang in die Offenbarung (4.8) fand. Ebenso wie das Tetramorph zeigt das Trishagion
die göttliche Präsenz und die Erfahiung einer Theophanie an. Ein weiteres Motiv aus dem öst-
lichen Mittelmeerraum, das deutlich auf den theophanischen Charakter des Bildes verweist, ist
die Emmanuel-Ikone des Sinai-Klosters (6. |h.).632 (Tf. 2) Auch hier umgeben die vier Wesen
die Mandorla Christi. Wieder sind sie nicht wie in anderen östlichen Beispielen als ein einziges
Wesen dargestellt, sondern als vier einzelne. Der theophanische Charakter des Bildes wird noch

63 1 Wulff, Oskar, „Die Malereien der Asketenhöhle des Latmos,“ in: Milet. Ergebnisse der Ausgrabungen 3. 1.
Der Latmos, Wiegand, Theodor (Hrsg.), Berlin: Reimer, 1913: 190-228.
632 Siehe zu dieser Ikone bspw. Corrigan, Kathleen, „Visualizing the Divine: An Early Byzantine Icon of the
‘Ancient of Days’ at Mount Sinai,“ in: Aproaching the Holy Mountain. Art and Liturgy at St Catherines
Monastery in the Sinai, Gerstel, Sharon; Nelson, Robert S. (Hrsg.). Turnhout: Brepols, 2010: 285-303.
140 Visualisierungsformen

dadurch verstärkt, dass die zentrale Erscheinung nach der Vision des Viten der Tage im siebten
Kapitel des Buchs Daniel geformt ist. Er trägt weißes Haar und ein weißes Gewand. Gerahmt
wird die Darstellung von der Bezeichnung Emmanuel (Gott ist mit uns), die ebenfalls aut das
theophanische Moment und das Präsenzversprechen des unsichtbaren Gortes verweist.'

b - Das Theophaniemotiv
Das Tetramorph kann sehr unterschiedliche Szenen begleiten. Eine Ikonographie, die seit dem
fünften Jahrhundert eine feste Form gefunden hat und immer das Tetramorph einschließt, ist
das oftmals als „östliches Himmelfahrtsbild“ bezeichnete Motiv. Dieses Bildformular ist seit
dem frühen fünften Jahrhundert belegt und stellt eine Erscheinung Christi oberhalb einer
Gruppe von Augenzeugen dar (bspw. auf der Holztur von S. Sabina, der Perivoli Lampe, dem
Türsturz von Alahan Manastir oder im Rabbula Codex). Die Bezeichnung als Himmelfahrt
verschleiert die Tatsache, dass eine Bedeutungszuschreibung dieses Bildschemas äußerst unsi-
cher und umstritten ist. Auch die Datierung des Motivs ist ungesichert, denn bis vor kurzem
ist allgemein angenommen worden, dass sein Ursprung nicht vor dem sechsten Jahrhundert
liegt. Josef Engemann trat jedoch kürzlich für eine Entstehung bereits um 400 ein,6 deutet
das Motiv allerdings weiterhin als Himmelfahrt. Häufig sind auch liturgische Interpretatio-
nen, die in den Darstellungen Abbilder der eucharistischen Liturgie erkennen. Auf diese wird
im folgenden Unterkapitel eingegangen. Besonders in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
haben einige Forscher die These der Himmelfahrt einzuschränken versucht. Frederic van der
Meer hat in seinem Buch zur Maiestas Domini dieses Motiv unter dem Begriff der „Theophanie
634
633
636
d u Frisagion" mit starken liturgischen Zügen charakterisiert.635 Einen Bezug zur Himmelfahrt
erkennt er nicht vor der romanischen Kunst.631’ Nach ihm formuliert Grabar die Beziehung von
göttlicher Erscheinung und Himmelfahrt als eine „vision de Dien clans la gloire de sa deuxieme
parousie, annoncee au moment de PAscension1 ,637
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert mehren sich dann Interpretationen, die absolute
Deutungen bevorzugen. Christa Ihm unterschied zwischen ein-zoniger „liturgischer Maiestas“
und zwei-zonigern Himmelfahrtsbild.638 Paul van Moorsei nahm Grabars Überlegungen auf,
verengte die Bedeutung des Motivs jedoch ausschließlich auf die Himmelfahrt.639 Eine stärker
auf den Bildinhalt anstatt auf formale Kriterien gegründete Deutung lieferte Tanja Velmans
am Rande ihrer Überlegungen zur Entwicklung des Deesisbildes. Sie identifizierte die textliche
Grundlage für die christlichen Theophaniebilder als die prophetischen Visionsberichte dei Bi-

633 Siehe zur Emmanuel-Inschrift und den Vergleichsinschriften auf den palästinensischen Pilgerampullen
Bergmeier, Armin E, „Behältnisse visueller Erfahrungen: Die Pilgerampullen von Monza und Bobbio,“
in: Für Seelenheil und Lebensglück. Das byzantinische Pilgerwesen und seine Wurzln, Ariantzi, Despoina;
Daiin, Falko (Hrsg.), Mainz: Römisch-Germanisches Zentralmuseum, in Vorbereitung.
634 Engemann, Josef, „Die Himmelfahrt Christi. Eine neue Interpretation früher Bilder,“ Jahrbuch für Antike
und Christentum 54, 2011: 98-104.
635 Meer, Frederic van der, Maiestas Domini. Theophanies de lApocalypse dans l’art chretien, Cittä del Vaticano:
Pontificio Istituto di Archeologia Cristiana. 1938: 255-281.
636 Meer, 1938: 196-198.
637 Grabar, 1946: 209.
638 Ihm, 1992:42-51 und 95-101.
639 Moorsei, Paul van, „Some Iconographical Remarks on the Absidal Compositions from the Monastery of
Apa Jeremiah,“ Acta ad Archaeologiam et Artium Historiam Pertinentia 3 , 1981: 181-184.
Die „Theophaniesierung“ der Bilder mit Hilfe von Visionen 141

bei.1 ' Darauf aufbauend formulierte Antonio lacobini seine theophanische Interpretation der
Apsisbilder der ägyptischen Mönchsklöster, in denen er eine Synthese der prophetischen Fheo-
640
phanieberichte und der Offenbarung des Johannes erkannte.641 Den Ursprung des Bildschemas,
den Velmans in Palästina vermutete, beanspruchte lacobini für Ägypten.642 Darin folgte ihm
Valentina Cantone, die in Ars monastica versuchte, den Beweis zu führen, dass die „theophani-
sche Ikonographie” ihren Ursprung in den ägyptischen Klöstern hatte. Sie behauptete, dass das
Bildschema in der mönchischen Kultur entstand und stark von 1 Henoch und der eucharisti-
schen Liturgie beeinflusst war.6 In diesen letzten beiden Arbeiten wurde der Schwerpunkt weg
von der Himmelfahrt und zu den prophetischen Visionen verschoben. Durch die Einschrän-
kung des Untersuchungsrahmens auf die Darstellungen der ägyptischen Mönchsklöster erklä-
ren lacobini und Cantone das Bildformular jedoch in seinen Ursprüngen zu einem regionalen
Phänomen, das unabhängig von den mediterranen Verflechtungen und anderen visionären
Bildentwürfen entstand. Diese Regionalisierung soll hier revidiert und gezeigt werden, dass das
Bildformular, wie es etwa das Fresko von Saal 6 in Bawit zeigt (Tf. 24), aus der spätantiken
Visionserwartung im spätantiken Mittelmeerraum zu erklären ist.
Werden die Bilder in ihrem globalen Kontext betrachtet, so lassen sich kaum spezifisch
ägyptische oder gar mönchische Eigenschaften ausmachen, zumal die frühesten Belege für das
Bildmotiv nicht aus Ägypten stammen. Die frühesten ägyptischen Beispiele datieren vielmehr
ins siebte oder achte Jahrhundert. Dies mag dem lückenhaften Erhaltungszustand geschuldet
sein, jedoch bedarf es der Erwähnung, dass die ältesten bekannten Beispiele gerade aus Rom,
Nordafrika und Kilikien stammen. Bereits zu Beginn des fünften Jahrhunderts erscheint das
Theophaniemotiv auf der Holztür von S. Sabina in Rom. (Tf. 13) Unter dem in einer Gloriole
stehenden Christus sind Petrus und Paulus und zwischen ihnen Maria644 dargestellt. Die For-
schung ist bezüglich dieses einen Bildbeispiels schon seit Langem davon abgerückt, es als Him-
melfahrt zu deuten.645 Neben der Präsenz des Tetramorphs ist ein weiteres Bild der Holztür ein
gewichtiges Argument dafür, dass hier nicht die Himmelfahrt gemeint sein kann. (Abb. 71)
Diese zweite Tafel, die eindeutig die Himmelfahrt darstellt, bezeichnete Weitzmann als den
„narrative type.“646 Sie zeigt Christus wie er von der Hand Gottes einen Berg empor in den

640 Velmans, Tanja, „La koine grecque et les regions peripheriques orientales du monde byzantin,“ Jahrbuch
der Österreichischen Byzantinistik 31,2, 1981: 677—723, bes. S. 680.
641 lacobini, 2000: 129.
642 lacobini, 2000: 211.
643 Cantone, Valentina, Ars Monastica: Iconografia teofanica e tradizione mistica nel mediterraneo altomedievale
(V-XI secolo), Padua: Cleup, 2008, bes. S. 69-81 und 168.
644 Diese Figur wird häufig auch als Ecclesia gedeutet. Siehe z B. Kantorowicz, Ernst, „The ,Kings Advent1
and the Enigmatic Panels in the Doors of Santa Sabina," The Art Bulletin 26, 4, 1944: 207-231, bes.
S. 223.
645 Bereits 1944 hat Ernst Kantorowicz sich umfassend mit der Tafel auseinandergesetzt und ist zu dem
Schluss gekommen, dass es sich um die zweite Wiederkunft handelt (Kantorowicz, 1944, bes. S. 227).
Dem stimmte Richard Delbrueck zu (Delbrueck, Richard, „The Acclamation Scene on the Doors of
Santa Sabina,“ Art Bulletin 31,3, 1949: 215-217), gefolgt von Gisela Jeremias (Jeremias, 1980: 80-88).
Eine Zusammenfassung der Forschungsgeschichte findet sich bei Foletti, Ivan, „La porta di Santa Sabina,
un’immagine in dialogo con il culto,“ in: Zona liminare: ll nartice di Santa Sabina a Roma, la sua porta
e l’iniziazione cristiana, Foletti, Ivan; Gianandrea, Manuela (Hrsg.), Brno: Viella, 2016: 95-199, bes.
S. 163-167.
646 Weitzmann, Kurt, „Loca Sancta and the Representational Arts of Palestine,“ DOP 28, 1974: 31-55,
Zitat S. 43. Zu diesem Himmelfahrtsmotiv siehe auch Jeremias, 1980: 68-72 und besonders zu den
142 Visualisierungsformen

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71 Himmelfahrt und fheophanie, Holztür von S. Sabina, Rom

Himmel gezogen wird. Darunter kauern die Apostel; ihre Gestik lässt Erschrecken erkennen.
In ähnlicher Weise ist das Motiv auch auf der Reiderschen Tafel überliefert.6 ’ ( Abb. 72) Diese
Darstellungsform sollte im Westen des Reichs in karolingischer und ottonischer Zeit Nachfolge
*647
finden. 648 Aus diesem Grund ist das zweizonige Motiv häufig als „östlich“ angesprochen wor-
den. Aufgrund der Doppelung der Himmelfahrt, die so für die Holztür entstehen würde, hat
es sich in der Forschung durchgesetzt, diese zweizonige Tafel als „Parusie“ anzusprechen. Diese
Erkenntnis findet jedoch meist keinen Niederschlag in der Deutung verwandter Motive.649
Engemann schlug kürzlich vor, auch die große Berliner Pyxis zu dieser Monumentengruppe zu
zählen. (Abb. 73) Grund zu dieser Annahme sind zwei der Apostel, die den Blick nach oben
zum Deckel der Pyxis heben, als befände sich der thronende Christus oberhalb und nicht in
Augenhöhe vor den Aposteln 650

Ursprüngen in der paganen Bildsprache Tsuji, Sahoko, „Les portes de Sainte-Sabine. Particularites de
l’iconographie de LAscension,“ Cahiers archeologiques. Fin de lAntiquite et Moyen Age 13, 1962: 13-28.
647 Bayerisches Nationalmuseum, Inv. Nr. MA 157. Weitzmann, Kurt, Age of Spirituality: Late Antique and
Early Christian Art, Third to Seventh Sentury (Ausstellungskatalog), New York: Metropolitan Museum,
1979: 454E; Kitzinger, Ernst, Byzantine Art in the Making, London: Faber, 1977: 39E
648 L'berblick über die karolingischen und ottontschen Himmelfahrtsbilder bei Dewald, Ernest T , „ Ehe
Iconography of the Ascension,“ American Journal ofArchaeology 19, 3, 1915: 277—319, bes. S. 278—284.
649 Bspw. die Diskussion der Himmelfahrt bei Weitzmann, 1974: 43E
650 Engemann, 201 1: 101
Die „Theophaniesierung“ der Bilder mit Hilfe von Visionen 143

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72 Himmelfahrt, Rcidersche Tafel, Bayrisches Nationalmuseum, München


144 Visualisierungsformen

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73 Große Berliner Pyxis, Museum für Byzantinische Kunst Berlin (Inv.Nr. 563)

Ein weiteres frühes Beispiel stammt aus Nordafrika, die sogenannte Lampe von Perivoli
(440—470). (Abb. 74) Auf dieser wird ebenfalls der stehende Christus von den vier himmli-
schen Wesen gerahmt Darunter sind zwei Figuren (ohne Maria) abgebildet, hei denen es sich
entweder - in Analogie zu S. Sabina - um Petrus und Paulus handeln kann, oder aber um die
weißgekleideten Männer, die den Aposteln die Vision der Himmelfahrt in Apostelgeschichte
1.11 erklärten. 651 Aus derselben Zeit (Mitte 5. Jh.) stammt das Relief auf dem Türsturz der
Westkirche des Klosters von Alahan in Kilikien. (Tf. 12 und Abb. 75) Auf der Stirnseite des
Türstutzes sind zwei Engel zu sehen, die eine Christus-Büste tragen. Auf der Unterseite des
Türsturzes ist das Tetramorph angebracht, flankiert von zwei stehenden männlichen Personen.
Das zweizeilige Theophaniemotiv wurde hier aufgebrochen und auf Vorder- und Unterseite
des Türsturzes verteilt. Dabei bleibt das Christusbild allein, während sich das ihn begleitende
Tetramorph den Platz mit den Zuschauern der unteren Zone teilt. Weitere Figuren sind auf
den T ürpfosten abgebildet: auf der Innenseite je ein Engel, auf der Frontseite je zwei Büsten auf
jedem Pfosten (aufgrund ihrer Vierzahl auch als Evangelisten bezeichnet). »Bei den männlichen
Figuren, die das Tetramorph flankieren, kann es sich wieder um Petrus und Paulus oder um die
beiden weißgekleideten Engelfiguren handeln.652 Die Engel der Türpfosten deutete der Atisgrä-

651 Byzantinisches Museum Phthiotis, Inv.Nr. OK 168 (13). Abbildung in: Lazaridou, Anastasia, (Hrsg.),
Transition to Christianity. Art of Late Antiquity, 3rd-7th Century AD, New York: Onassis Foundation,
2011: Kat. Nr. 127. Zur Datierung der Lampe und zur Deutung der beiden Männer als die Weißgeklei-
deten Männer aus det Apostelgeschichte siehe Hoek; I lerrmann, 2013: 107-132.
652 Gough, Michael, „Alahan Monastery: A Masterpiece of Early Christian Architecture,“ TÄe Metropolitan
Museum ofArt Bulletin 26, 10, 1968: 455—464, bes. S. 458; Grabar, Andre, „Deux portails sculptes pale-
Die „Theophaniesierung“ der Bilder mit Hilfe von Visionen 145

74 l ampe von Perivoli, Byzantinisches Museum Phthiotis (Inv.Nr. OK 168.13)

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75 Tetramorph, Tiirsturz, Alahan Manastir (Umzeichnung nach Gough 1955)

her Michael Gough als Erzengel, unter anderem, weil bei einem noch die Sphaira erkennbar ist,
*
die er in den Händen hält.653 Die Theophanie auf dem Türsturz und die Erzengel aut den Pfos-
ten müssen nicht zwingend einer zusammenhängenden Ikonographie angehören, allerdings sei

ochretiens d’Egypte et d’Asie mineure, et les portails romains," Cahiers archeologiques. Fin de lAntiquite
et Moyen Äge 20, 1970 15-28, bes. S. 23.
6 5 3 Gough, Michael, „Some Recent Finds at Alahan (Koja Kalessi),“ Anatolian Studies 5 1955: 1 15-123,
bes. S. 120f. Die Engel stehen je auf schlecht erhaltenen Figuren, die Gough als überwundene Feinde
Christi bezeichnet und als weibliche Büsten und einen Bullen mit einer männlichen Büste identifiziert
146 Visualisierungsformen

darauf hingewiesen, dass die späten ägyptischen Darstellungen des Theophaniemotivs oftmals
die zwei Erzengel abbilden.
Eindeutig identifizierbar sind die weißgekleideten Männer in der Miniatur des Rabbula
*
Codex (fol. 13w, 586, Tf. 8). 654 Hier deuten sie auf die schwebende Gestalt Christi oberhalb
der Menschengruppe: die Apostel und Maria, die die Erscheinung wahrnehmen. Die Mandor-
la Christi wird nicht nur von Engeln flankiert, sondern auch von einem besonders detailliert
gestalteten Tetramorph auf Feuerrädern und mit Augen auf den Flügeln getragen. Diese Dar-
stellung des himmlischen Wesens orientiert sich besonders genau an der alttestamentlichen
Prophetie, bettet diese aber in die neutestamentliche Himmelfahrtserzählung ein. Beide sind
durch eine horizontale Zäsur voneinander getrennt. Dieses Bild, das in das erste Viertel des
sechsten Jahrhunderts datiert werden kann,655 belegt das Zusammenspiel von Himmelfahrt
und Fheophanie in einzigartiger Weise. Die Gotteserscheinung wird durch die Vorhersage der
beiden weißgekleideten Männer historisch legitimiert. Die Passage der Apostelgeschichte gab
den spätantiken Bilderschöpfern eine Anleitung an die Hand, wie das Göttliche visualisiert
werden kann. Die visionären Elemente der Schau des Hesekiel schließlich kennzeichnen das
Bild als rheophanische Erscheinung, als Verbildlichung des unsichtbaren Göttlichen.
Die etwa gleichzeitig in Palästina aufkommenden Darstellungen der Himmelfahrt, zeu-
gen vom Unterschied zwischen Jheophaniemotiv und Himmelfahrt, denn sie verzichten auf
visionäre Elemente; das Tetramorph erscheint in keinem der Bilder. Die Ursache für das Auf-
kommen der Himmelfahrtsbilder erklärt sich vermutlich aus regional-spezifischen Umständen.
Dieses Motiv ist dorr zuerst nachweisbar, wo die biblische Handlung verortet wird, an den loca
657
sancta Jerusalems. Auf dem Deckel des Sancta Sanctorum Reliquiars (6. Jh., Abb. 76), 656 er-
scheint die Himmelfahrt als eine der Stationen im Leben Christi Ganz ähnlich ist die Darstel-
lung der Himmelfahrt auf den palästinensischen Pilgerampullen - auch hier eingebunden in
weitere Visualisierungen der biblischen Ereignisse (bspw. Ampulle 1, Monza, 6. Jh., Tf. 28).
Etwas später erscheint das Motiv, ebenfalls ohne die himmlischen Wesen, auf einem Vorhang

Gough, Michael, „The Church of the Evangelists at Alahan: A Preliminary Report,“ Anatolian Studies 12,
1962: 173-184, bes. S. 1801.
654 Zu dem berühmten Codex hat Massimo Bernabö kürzlich neue Erkenntnisse zu Tage gefördert. So wur-
de fol. 13 mit der Kreuzigung un dem Theophaniemotiv erst später in das von Rabbula im Jahr 586 im
Johanneskloster von Zagba fertiggestellte syrische Manuskript eingefügt. Bernabö hält diese ganzseitigen
Illuminationen nicht für ein syrisches, sondern ein griechisches Werk da sie sich stilistisch stark von
den übrigen Illuminationen unterscheiden (Bernabö, Massimo, „Fantasie novecentesche, ridipinture,
fattura del codice,“ in: II Tetravangelo di Rabbula. Firenze, Biblioteca Medicea Laurenziana, Plut. 1, 56.
L’illustrazione del Nuovo Testamente nella Sina del VI secolo, Bernabö, Massimo (Hrsg.), Rom: Storia e Let-
teratura, 2008: 1-22, bes. S. 10; Bernabö, Massimo, „The Mmiatures in the Rabbula Gospels: Postscripra
to a Recent Book,“ DOP 68, 2014: 343-358, bes. S. 345)
655 Bernabö, 2008: 19-21; Bernabö, 2014: 348.
656 Musei della Biblioteca Apostolica, Inv. Nr. 1883 a/b. Brandt, Michael; Effenberger, Arne, (Hrsg.), By-
zanz. Die Macht der Bilder, Hildesheim: Preußischer Kulturbesitz, 1998: Kat. Nr. 13; Kalinowski, Anja,
Frühchristliche Reliquiare im Kontext von Kultstrategien, Heilserwartung und sozialer Selbstdarstellung,
Wiesbaden: Reichert, 2011: 67-69; Reudenbach, Bruno, „Reliquien von Orten. Ein frühchristliches
Reliquiar als Gedächtnisort,“ in: Reliquiare im Mittelalter, Reudenbach, Bruno; Toussaint, Gia (Hrsg.),
Berlin: De Gruyter, 2011: 21-42; Fricke, Beate, „Tales from Stones, Travels through Time: Narrative and
Vision in the Casket from the Vatican,“ W 86th 21, 2, 2014: 230-250.
657 Hierzu grundlegend die Monographie zu den Ampullen von Grabar, Andre, Ampoules de Terre Sainte
(Monza, Bobbio), Paris: Klincksieck, 1958.
Die „Theophaniesierung“ der Bilder mit Hilfe von Visionen 147

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76 Himmelfahrt, Deckel des Sancta Sanctorum Reliquiars, Vatikanische Museen

im Cleveland Art Museum,658 (Tf. 29) und schließlich auch auf Ikonen wie den Himmelfahrts-
darstellungen vom Sinai (6. Jh. und 9./ 10. Jh.).659 (Abb. 77)
Auf der Grundlage dieser Überlegungen kann neu nach dem Zusammenhang und der
Chronologie von Himmelfahrts- und fheophaniebildern gefragt werden. Bereits anderthalb
Jahrhunderte vor dem Aufkommen reiner Himmelfahrtsdarstellungen ist das Theophanie-
motiv nachweisbar. Es ähnelt der Himmelfahrt, aber unterscheidet sich deutlich durch die
Hinzufügung des Tetramorphs Dies legt die Annahme nahe, dass sich die Himmelfahrt aus
dem Theophaniemotiv entwickelte. Diese Deutung hat kürzlich auch Spieser tentativ vorge-
schlagen.660 C m die Ähnlichkeit zwischen den Kompositionen zu erklären, genügt es, auf die
Mechanismen der Schöpfung theophanischer Bilder zu schauen. Diese entstanden auf der
Grundlage biblischer Theophaniebeschreibungen, durch die sie legitimiert wurden. Auch der
Himmelfahrtsbericht ist eine solche Ankündigung einer zukünftigen Gottesvision mit einer
Betonung des Visuellen: Als Christus in den Himmel auffuhr, traten zwei weißgekleidete Män-
ner zu den Aposteln und erklärten ihnen, was sie sahen: „Dieser Jesus, der von euch ging und
in den Himmel aufgenommen wurde, wird ebenso wiederkommen, wie ihr ihn habt zum
Himmel hingehen sehen.“ (Apg. 1.1 1) Diese Prophezeiung funktionierte in Analogie zu den
alttestamentlichen Prophetien und versprach die Sichtbarmachung des Göttlichen im Gewand
einer Himmelfahrt. Im Anbetracht des Interesses an Theophanien in der Spätantike verwun-
dert es also nicht, dass das Theophaniemotiv früher greifbar ist als das Bild der Himmelfahrt.

6 5 8 Inv. Nr. 67.144. Abbildung in Weitzmann, 1979: Kat. N r 477.


659 Kat. Nr. B.10 und B.42 in Weitzmann, Kurt, The Monastery of Saint Catherine at Mount Sinai. The Icons
(From the Sixth to the Tenth Century), Bd. 1, Princeton: University Press, 1976: 31f. und 69-71.
660 „On preferera l’idee que les Ascensions sont d’abord mises en scene comme des theophanies, avant de se
degager plus completement de cet aspect.“ (Spieser, 2015: 392.)
148 Visualisierungsformen

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77 Himmelfahrt, Ikonenmuseum, Katharinenkloster, Sinai


Die „Theophaniesierung“ der Bilder mit Hilfe von Visionen 149

Mir dem Aufkommen der „reinen Himmelfahrt endete jedoch keineswegs die Darstel-
lung der Theophanie im Gewand der Himmelfahrt, So muss auch das Apsismosaik der rö-
662
mischen Kapelle San Venanzio am Lateransbaptisterium661 als visionäre Erscheinung gelesen
werden. (Tf. 1 7 ) Brenk hat kürzlich darauf hingewiesen, dass das Bild zwar von den meisten
Forschern als östliche Version der Himmelfahrt Christi angesehen wurde,667 wir aber davon
ausgehen müssen, dass es eine „völlig andere Bedeutung hatte.“663 Das von Papst Johannes IV.
(640-642) gestiftete Mosaik ist kompositorisch der Tafel von S. Sabina und dem Apsismosaik
von Sant’Apollinare in Classe verwandt.664 Die Christuserscheinung wird hier, wie schon im
Rabbula Codex, von zwei schwebenden Engelbüsten flankiert. Darunter ist zentral Maria in
Orantenhaltung positioniert, flankiert von einer Gruppe aus Aposteln und Heiligen, die nicht
dynamisch angeordnet sind und nach oben schauen, sondern frontal in den Raum blicken. Die
Heiligen der unteren Zone können nur schwer mit der Himmelfahrtserzählung in Einklang
gebracht werden. Über der Apsisszene ist das Tetramorph angebracht, welches die Darstel-
lung in der Kalotte wieder als Theophaniemotiv ausweist. Darauf deutet auch die auf Wolken
schwebende Büste Christi hin, ein ikonographisches Detail, das in paganen und christlichen
Kontexten (bspw. Ilias Ambrosiana und Langhausmosaiken von S. Maria Maggiore) visionäre
Erscheinungen charakterisierte.
Ein weiteres spätes Beispiel für die Theophanie-Ikonographie hat sich auf dem Türsturz der
Al-Moallaqa („die hängende“) Kirche in Alt-Kairo erhalten, der auf die Jahre 734/5 datiert wer-
den kann. 665 (Tf. 30) Neben einer Darstellung des Einzugs Christi in Jerusalem ist Christus
in einer Mandorla thronend vom Tetramorph und Engeln umgeben dargestellt. Unterhalb der
Mandorla befinden sich lediglich zwei der vier Tiere des Tetramorph (Löwe und Stier). Vermut-
lich fehlen die anderen beiden aus Platzgründen. Die üblicherweise darunter befindliche Gruppe
von Zuschauern ist ebenfalls aufgrund des fehlenden Platzes horizontal neben der Theophanie-
Szene angeordnet. Grabar nimmt die Trennung zwischen Einzugs- und I heophanie-Szene am
Punkt des Wechsels von Säulen zu Rundtürmen an.666 Allerdings wendet sich bereits die fünfte
Figur von links zum Theophaniemotiv. Nach dieser Zählung wären zwölf Apostel und Maria
dargestellt. Fast alle dieser 13 Figuren deuten nut den Händen nach oben auf die Inschrift. Es ist
jedoch sehr wahrscheinlich, dass sie lediglich die gewöhnliche Ikonographie des Theophaniemo-
tivs wiedergeben und sich der Gestus auf die Christuserscheinung bezieht.
Die Darstellung wird noch immer gemeinhin als Himmelfahrt bezeichnet.667 Grabar hatte
sie differenzierend als „Vision de Dien, combinee avec une Ascension“668 gedeutet. Spieser folgte

661 Mackie, Gillian, „The San Venanzio Chapel in Rome and the Martyr Shrine Sequence,“ RACAR 23, 1/2,
1996: 1-13.
662 Bspw. Grabar, 1946: 30, 47, 115E Ihm, 1992: 99f. und 144f.
663 Brenk, 2010: 93. Brenk betont die Funktion der dargestellten Fleiligen im Bild als Interzessoren.
664 Papast Theodor (642-649) beendete das von Johannes begonnene Werk.
665 Zur mittlerweile weithin akzeptierten Spätdatierung des Türsturzes in das Jahr 735 siehe Mac Coull,
L. S. B., „Redating the Inscription of El-Moallaqa,“ Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik 64, 1986:
230—234; Spieser, Jean-Michel, „A propos du linteau d Al-Moallaqa,“ in: Urban and Religious Spaces in
Late Antiquity and Early Byzantium, Ders. (Hrsg.), Aldershot: Ashgate, 2001: 311-320, bes. S. 31 1.
666 Grabar, 1970: 18.
667 Hunt, Lucy-Anne, „The al-Muallaqa Doors Reconstructed: An Early Fourteenth-Century Sanctuary
Screen from Old Cairo,“ Gesta 28, 1, 1989: 61-77, bes. S. 72; Peers, Glenn, „Vision and Community
Among Christians and Muslims: The Al-Muallaqa Lintel in its Eighth-Century Context,“ Arte Medievale
6, 1, 2007: 25-46, bes. S. 25
668 Grabar, 1970: ZitatS 17.
150 Visualisicrungsformen

Grabar in der Deutung des visionären Elements des Bildes und erkennt hierin drei Sinnebenen:
Himmelfahrt, zweite Wiederkunft und ewige Herrschaft Gottes. 669 Hier wird stattdessen vor-
geschlagen, dass eine Lesart als Himmelfahrt und zweite Wiederkunft zwar nicht kategorisch
ausgeschlossen werden kann, der eigentliche Bildinhalt aber die gegenwärtige Vision des Gött-
lichen war. Dies wird im Kapitel III. 1. zur Zeitlichkeit der Theophaniedarstellungen detailliert
besprochen. Den eindeutigsten Beleg für solch eine Lesart liefert die Inschrift, die bislang keine
Rolle bei der Deutung des Bildes gespielt hat. Sie verbalisiert dte Dichotomie zwischen den bei-
den Darstellungen auf dem Türsturz als Visualisierungen des sichtbaren irdischen Jesus und des
unsichtbaren göttlichen Christus. Die ältere Forschung hat die Inschrift nicht in die Deutung
672
671
der Bilder einbezogen;670 Marina Sacopoulo hat sie lediglich genutzt, um das Werk um das vierte
Jahrhundert (335-431), die Hocliphase des arianischen Streits, zu datieren.67 ' Die Anspielungen
auf die Göttlichkeit Christi hatten hierfür den Ausschlag gegeben. Aber das Interesse an der
göttlichen Natur Christi beschränkte sich nicht nur auf die Phase der Auseinandersetzung mit
den Arianern, sondern war über die gesamte Spätantike hinweg treibende Kraft der kulturellen
Produktion. Spieser bemerkte überzeugend, dass in der koptischen Kunst, nachdem sie durch
die islamische Eroberung vom byzantinischen Reich abgeschlossen war, die spätantike Bildwelt
konserviert wurde und somit auf einem Stand verharrte, der die Göttlichkeit Christi in den Mit-
telpunkt gestellt hatte.67 Im Rest des Mittelmeerraums nahm die Beschäftigung mit der Visuali-
sierung von Christi Göttlichkeit nach dem sechsten Jahrhundert ab. Diese These scheint bestätigt
durch das besonders lange Nachleben des Theophaniemotivs in den ägyptischen Klöstern bis ins
13. Jahrhundert. Glenn Peers bietet ein anderes Erklärungsmodell an, indem er auf die Notwen-
digkeit verweist, nach der islamischen Eroberung den göttlichen Status Christi zu verteidigen.673
Die größte Gruppe der Darstellungen des fheophaniemotivs bilden die erhaltenen Beispie-
le aus den ägyptischen Mönchsklöstern (Bawir und Saqqara), die eventuell zeitgleich mit dem
Türsturz der „hängenden“ Kirche entstanden sind, aber nur sehr ungenau ins siebte oder achte
Jahrhundert datiert werden können.674 Diese Gruppe, wird in der Forschung bereits zuneh-
mend seltener mit der Himmelfahrt assoziiert, da das Tetramorph einen so prominenten Stel-
lenwert einnimmt und häufig das Trishagion, das auch die Inschrift in Kairo erwähnt, auf den
Seiten des offenen Buches in Christi Schoß erscheint. Dieser Bezug zum Trishagion hat jedoch
wiederum dazu geführt, dass das Motiv in der Forschung mit liturgischen Inhalten verbunden

669 Spieser, 2001: 314. Spieser stellt die These auf, dass die Vision einen Zusammenhang zwischen der Tür, an
der sie angebracht ist und der Apsis, in der solche Bilder vor allem auftreten, herstellt (Spieser, 2001 : 316).
Hier muss eingeräumt werden, dass Visionen sehr wohl auf anderen Bildträgern vorkommen (Buchmale-
rei, Kleinkunst, Holztüren), nui umgekehrt sind andere Bilder selten in Apsiden. Aus der Präferenz dieses
theophanischen Motivs schließt Spieser, dass es eucharistische Konnotationen habe. D a jedoch nichts in
diesem oder vergleichbaren Bildern eine solche These stützt, muss sie zurückgewiesen werden.
670 Ausführlich hierzu unten und bes. Anm. 909.
671 Bspw. Sacopoulo, Marina, „Le linteau copte dir d Al-Moällaka,“ Cahiers archeologiques. hin de lAntiquite
et Moyen Äge 9, 1957: 99—116, bes 108-112. Noch Mathews folgt Sacopoulo in der Datierung und
deutet den Türsturz als anti-arianisches Manifest (Mathews, 1993: 53).
672 „En eflet, l’evolution s’est arretee en Egypte ä un moment ou les images d u Christ, dans fensemble de
1 empire, mettaient l’accent sur sa divinite.“ (Spieser, 2001: 318) Hierzu mag auch der in Ägypten vor-
herrschende Monophysitismus beigetragen haben, der einzig die göttliche Natur betonte.
673 Peers, 2007: passim.
674 Bolman, Elizabeth, „The Early Paintings,“ in: Monastic Vistons. Wall Paintings in the Monastery of St.
Antony at the Red Sea, Dies. (Hrsg.), New Haven: Yale University Press, 2002: 31-36, bes. S. 33.
Die „Theophaniesierung1 der Bilder mit Hilfe von Visionen 151

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78 Schlafender Hesekiel (?) unterhalb der Vision des Thronwagens, Kapelle 26, Apollonkloster Bawit

wurde.675 Der liturgischen Valenz des Theophaniemotivs wird sich der folgende Abschnitt wid-
men. Eine einmalige Text-Bild-Koinzidenz ist möglicherweise in der oben zitierten Stelle aus
der Vita des Pachomios zu erkennen. In dieser wird berichtet, wie der Mönch auf der Ostwand,
also der Wand, die mit Apsiden und theophanischen Darstellungen assoziiert wurde, eine Er-
scheinung Gottes erkannte.676 Vor dem Bild der Vision Christi erschienen die beiden Erzengel,
wie sie häufig in den Bildern die zentrale Erscheinung flankieren.67 Diese Beschreibung lässt
nicht nur vermuten, dass das Theophaniemotiv bereits vor dem achten Jahrhundert in Ägypten
bekannt war, sondern unterstreicht auch die Ahistorizität des Dargestellten, das weder eine
vergangene noch eine zukünftige Historia (Himmelfahrt oder zweite Wiederkunft) visualisiert,
sondern eine gegenwärtige Vision. Nicht nur die Prominenz des Tetramorphs, sondern sogar
die Darstellung des schlafenden Sehers lässt keinen Zweifel an dem visionären Charakter des
Motivs aufkommen. Die Fresken in den Kapellen 26 und 45 (Abb. 78 und 79) bilden unter-
halb der Räder der Cherubim den vermutlich als Hesekiel zu identifizierenden Urheber der
Vision ab. Die Figur im Apsisfresko von Kapelle 26 war bereits zum Zeitpunkt der Ausgrabung
durch Jean Cledat nicht mehr eindeutig zu identifizieren, er vermutete jedoch, dass es sich
hierbei um den schlafenden Hesekiel im Augenblick seiner Vision handelt.678 Besser erhalten
hat sich die Darstellung in der Ostapsis der Kapelle 45.679

675 Bspw. lacobini, 2000 und Cantone, 2008.


676 Bohairische Vita Pachomii 73; Veilleux, 1980: 95f. Siehe oben Anm. 287.
677 Siehe hierzu auch die Erzengel im Türgewände der Theophanie in Alahan Manastir.
678 Cledat, Jean, Le monastere et necropole de Baouit, Kairo: Institut fran ais, 1904: 137- Umzeichnung auf
Tf. 90.
679 Abbildung in lacobini, 2000: Abb. 42. Der Prophet ist sogar inschriftlich bezeichnet- IEZI[...]A.
152 Visualisierungsformen

79 llironwagen mit schlafenden Hesekiel, Kapelle 45, Apollonkloster Bawlt

Das Theophaniemotiv haue eine besonders lange Lebensdauer in Ägypten, wo die vom
Tetramorph begleitete Christuserscheinung noch bis ins 13. Jahrhundert hinein fester Bestand-
teil der Ausstattung von Sakralräumen bleiben würde.680 Im Westen transformierte sich das
Theophaniebild im frühen Mittelalter ins Bild der sogenannten Maiestas Domini. Diese stellt
meist den thronen Christus in einer Mandorla umgeben vom Tetramorph dar. Die untere
Bildzone wurde gänzlich fallengelassen. Durch die Assoziation des Tetramorph mit den Evan-
gelisten eignete sich das Bild als Frontispiz für Evangeliare. Im Kapitel III. 1 . werden zwei frühe
Bildbeispiele diskutiert, eines aus dem Gundohinus Evangeliar und eines aus dem Stuttgarter
Psalter, die belegen, dass die spätantike Bedeutung zunächst noch erhalten blieb. Im Folgenden
wird eine kleine Gruppe von Bildern besprochen, die ähnlich wie die Maiestas Domini ohne
die untere Bildzone mit dem zuschauenden Publikum auskommt und dadurch belegt, dass das
Motiv nicht primär als Himmelfahrt gelesen werden sollte.
Zu einer kleinen Gruppe spätantiker Bilder, die nur die obere Zone des Theophaniemotivs
aufweisen, zählen ein magisches Amulett aus Syrien 681 (Abb. 84), das Deckenfresko der Panto-
kratorhöhle des Latmos (Tf. 27), die Emmanuel-Ikone vom Sinai (Tf. 2) und das Apsismosaik
von Hosios David in Thessaloniki. (Tf. 6) Das Apsismosaik von Hosios David, des ehemali-
gen Latomou-KJosters, zeigt zwar die bekannte Christuserscheinung in einer Mandorla mit
dem Tetramorph, schließt nach unten hin aber mit einer Wasserlandschaft ab, die aus einem

680 Bolman, 2002: 65.


681 Kelsay Museum, Ann Arbor, Inv.Nr. 261 19. Mouterde, R., „Objets magiques,“ Melanges de l’Universite
Saint-Joseph 25, 6, 1942-43: 105—128, Nr. 55; Grabar, 1970 27 und Abb. 7 und 8.
Die „Theophaniesierung“ der Bilder mit Hilfe von Visionen 153

zentralen Berg entspringt. Im Wasser tummeln sich Fische und ein Flussgott, der nach oben
schauend im Gestus des Erschreckens gezeigt ist. Darunter befindet sich die Stifterinschrift,
die ganz sicher anzeigt, dass das Bild an dieser Stelle zu Ende ist. Die untere Zone ist somit
nicht verloren, sondern war nie Teil des Bildganzen. Der zentrale Bildgegenstand ist eine von
Hesekiel 1 beziehungsweise Offenbarung 4 inspirierten Thronvision. Christus sitzt auf einem
Regenbogen (Hes. 1.28; Apk. 4.3;), umgeben von Lichtglanz (Hes. 1.13; Apk 4.5) innerhalb
einer Mandorla, die gefasst wird von den vier Wesen (Fies. 1.5-12; Apk. 4.6-8). Die Flügel des
Fetramorph sind mit Augen übersät und in den Händen halten sie jeweils ein Buch, das an ihre
Rolle als Vorläufer der Evangelisten erinnert Eingebettet ist die Szene in eine Landschaftsdar-
stellung mir zwei männlichen Figuren zur Linken und zur Rechten.
Bislang umstritten sind die Identität der rahmenden Figuren und die Bedeutung der großen
Wassermenge in der unteren Zone des Bildes. 68 Das Wasser mag sich auf den nicht-biblischen
Inschrifttext beziehen, der zweimal im Mosaik vorkommt. Die Inschrift am unteren Rand des
Bildes und im Buch der rechten männlichen Person bezeichnet das Gotteshaus (oikog) als „le-
benspendende Quelle.“68 In der Erhebung am unteren Bildrand könnte damit die 7tr|Yij totiKt]
zu verstehen sein, deren Wasser im Überfluss herausquillt. Mathias Exner hat kürzlich einen
sehr überzeugenden Vorschlag gemacht und die Wassermenge als etwas eigenwillige Verbildli-
683
682
685
chung des Kristallmeers aus der Thronvision der Offenbarung gedeutet.684 Diese Lesart würde
sämtlichen Bildelementen einen kohärenten theophanischen Sinn geben und als Visualisierung
der apokalyptischen ’Thronvision kenntlich machen.
Der theophanische Gehalt des Bildes wird weitei durch die Inschrift betont, die auf der
geöffneten Rolle in den Pfänden Christi zu lesen ist. Ein Zitat aus Jesaja 25.9-10 weist den
Leser in den ersten vier Worten unmissverständlich darauf hin, dass er eine göttliche Vision
vor Augen har
’löov 6 Ocoq qpcov, eep cii qkjtfqopsv Kai f]yaXÄ,id)p£0a, Kai evtppavOqoöpeOa eni tfj oonqpiq
f]ji(bw oh aveuraootv ötbost ö 0eög E7tt töv oikov toütov.
Siehe, das ist unser G ott, auf den wir harren, u n d er wird uns helfen, dass wir uns freuen u n d fröhlich
seien in seinem Heil. D e n n die Ha n d des Herrn r u h t auf diesem Haus.

Neben der Inschrift verweisen weitere Bildelemente darauf, dass es sich bei dem zentralen Mo-
tiv um eine Vision des Göttlichen handelt. Die Figur links von der Vision ist, ähnlich wie der
Flussgott am unteren Bildrand, im Gestus des Erschreckens gezeigt, während die rechte in ein
Buch schreibt. (Abb. 80) Die Propheten- oder Philosophenfiguren sind in der Forschung un-
terschiedlich gedeutet worden. Sofort nach der Entdeckung des Mosaiks verwies Charles Diel
auf eine mittelalterliche Beschreibung des Mosaiks durch den Mönch Ignatios, die zwischen

682 Spieser erkennt eine Vermischung der Tempelvision des Hesekiel mit dem Paradiesberg mit den vier Flüs-
sen, wie er häufig in der christlichen Kunst der Spätantike erscheint: Spieser, Jean-Michel, Thessalonique
et ses monuments du IVe au Vie siede-, Paris: Boccard, 1984: 158.
6 8 3 Siehe hierzu unten Anm. 689. Zur Praxis des Verweises auf das Gotteshaus (otKoq) in Weiheinschriften
ab dem achten Jahrhundert siehe Cormack, Robin S., „The Apse Mosaics of S. Sophia at Thessaloniki“
Deltion tes Christianikes Archaiologikes Hetaireias 10, 1980/81: 1 1 1-136, bes. S. 1 19. Die Inschriften der
Hagia Sophia in Thessaloniki und der Hagia Eirene in Konstantinopel zitieren allerdings Psalm 65.5.
684 Exner, iMathias, „Das fischreiche gläserne Meer vor dem Thron Christi. Bemerkungen zum Apsismosaik
von Hosios David in Thessaloniki,“ Vortrag auf der 23. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft für Christ-
liche Archäologie am 27.05.2016.
685 Der Bibeltext ist an die konkrete Anbringungssituation angepasst, denn das öpoq (Berg) des Jesajatexts ist
durch oikov (Haus) ersetzt.
154 Visualisierungsformen

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80 Prophetenfiguren, Apsismosaik, Hosios David. Thessaloniki

820 und 1307 datiert wird.686 Dieser Mönch deutete die beiden Propheten als Habakuk (links)
und Hesekiel (rechts).68" Grabar wies jedoch bereits 1946 darauf hin, dass das Mosaik im Mit-
telalter nicht mehr Auskunft über die Identität der Propheten bot als es dies heute tut, und
deutete sie als Hesekiel und Sacharja.688 Die Argumente für Letzteren erkannte er in der In-
schrift des Buches des rechten Propheten, die von der lebendigen Quelle spricht: flr f] gcmKij,
SektiktJ, 0p£7rriKf| \|/u%mr| TtKJttov ö navEVTipog otKoq outog.689 In der Prophetie des Sacharja
(14.8) spiele das Wasser, das von Jerusalem ausgeht, eine große Rolle.690 Rotraut Wisskirchen
stellte ebenfalls die Bedeutung des Wassers im Apsismosaik heraus, fand den Ursprung hierfür
686 Diehl, Charles, „Une mosaique Byzantine de Salonique,“ Comptes Rendus des Seances de TAcademie des
Inscriptions et Belles-Lettres 71, 1927: 256—261. Siehe auch Diehl, Charles, ,A propos de la mosaique
d Hosios David ä Salonique“, Byzantion,“ Byzantion 7, 2, 1932: 333—338. Zur Datierung siehe Morey,
Charles Rufus, „A Note on the Date of the Mosaic of Hosios David, Salonica,“ Byzantion 7,2, 1932,
339-346 sowie die Diskussion hei James, Liz, „Images of lext in Byzantine Art: The Apse Mosaic in Ho-
sios David,“ in: Bild und Text im Mittelalter, Krause, Karin; Schellewald, Barbara (Hrsg.), Köln: Böhlau,
2011: 255-266.
687 Aujyricnq citiixpiAfR des Mönchs Ignatios, in Papadopoulos-Kerameus, Athanasius, Varia Graeca sacra,
St. Petersburg: Kirvaoum, 1909. 102—113, bes. S. 107. Vermutlich war der Grun d für die Deutung des
Schreibenden die Textgrundlage des Mosaiks bei Hesekiel, während von Habakuk überliefert ist, dass er
im Angesicht der eigenen Vision erschrak (Hab. 3.2).
688 Grabar, 1946: 198.
689 „Die lebendige, aufnehmende, nahrhafte Quelle der treuen Seelen ist dieses alles liebende Haus.“ In der
Stifterinschrift am unteren Bildrand wird dieser Text widerholt und u m Angaben zu der Stifterin ergänzt
(siehe hierzu Stephan-Kaissis, Christine, „Zwei byzantinische Damen und das Gottesbild des Klosters
Latomou in Thessaloniki. Neues zum Mosaik von Hosios David und der Ikone von Poganovo,“ in: H
yuvatKa cto ßvQvrio. to t|/i]<ptaK6 u/.ikö ny; EKÖonqq, Panagiotidi-Kesisoglou, Maria (Hrsg.), Athen:
Politistiko Idryma, 2012: 87-105, bes. S 87).
690 Grabar, 1946: 200.
Die „Theophaniesierung“ der Bilder mir I lilfe von Visionen 155

jedoch irn gesamten Neuen lestament, welches die Rolle des Wasser betone.1,91 Daher deutete
sie den linken Propheten als Hesekiel, den rechten aber als Johannes, der mit zwei Büchern im
Neuen lestament vertreten ist. Christa Ihm schloss eine Deutung des Bildes als johanneische
694
693
692
691
Vision kategorisch aus, allerdings ohne Angabe von Gründen. 695 Auch Athanassios Semoglou
deutete den rechten Propheten als Johannes, den linken aber als Evangelisten Matthäus, der die
Wiederkehr Christi in der synoptischen Apokalypse vorhergesagt hat.694 Bereits Spieser hatte
im Vergleich mit den Mosaiken im Presbyteiium von San Vitale eine Deutung als Evangelisten
vorgeschlagen, allerdings offengelassen, welcher der vier hier dargestellt ist.695
Es ist anzunehmen, dass die Propheten inschriftlich bezeichnet worden wären, wenn den
Bildschöpfern deren eindeutige Identifikation wichtig gewesen wäre. Dies scheint nicht der
Fall gewesen zu sein. Schon aus der Antike ist die Strategie der bewussten Auslassung von In-
schriften bekannt, um eine Mehrdeutigkeit zu erzielen, beispielswiese auf dem Archelaos-Relief
aus Bovillae.696 Für das Apsisbild eröffnet sich so eine weitere Deurungsmöglichkeit. Es ist zu
vermuten, dass es sich bei den beiden Figuren um sinnbildliche Darstellungen zweier idealty-
pischer Visionäre handelt: Der eine erkennt die Vision als reale Erscheinung vor den eigenen
Augen und erschrickt,697 während der andere sie durch die innere Kontemplation und die Ver-
senkung in die Heiligen Schrift erfährt.698 Diese Überlegung wird gestützt durch die ebenfalls
antithetische Anordnung der Gebäude im Bildhintergrund. Auch hier sind zwei idealtypische
Szenerien entworfen: Auf der linken Seite die Stadt als Lebensraum, auf der anderen Seite ein
einzelnes Haus, das die Abgeschiedenheit, vielleicht sogar das Eremitendasein versinnbildlicht.
Die Mönche des sechsten Jahrhunderts, die ihr Apsismosaik betrachteten, konnten wählen,
welche Art der Schau und welche Art der (mönchischen) Lebensform sie bevorzugten und wel-
chen vorbildlichen Seher sie in den Darstellungen erkannten. Beide Erfahrungsformen führten
im Idealfall zu einer Vision Gottes, wie sie besonders Hesekiel und Johannes beschrieben ha-
ben.

691 Wisskirchen, Rotraut, „Zum Apsismosaik der Kirche Hosios David/Thessalonike,“ in: Stimuli. Exegese
und ihre Hermeneutik in Antike und Christentum. Festschrift für Emst Dassmann,Schöllgen, Georg; Schol-
ten, Clemens (Hrsg.), Munster: Aschendorff, 1996: 582-594, bes. S. 589f.
692 Wisskirchen, 1996- 592.
693 Ihm, 1992: 183.
694 Semoglou, Athanassios, „La mosaique de ,Hosios David' ä Thessalonique. Une Interpretation neotes-
tamentaire,“ Cahiers archeologiques. Ein de lAntiquite et Moyen Äge 54, 2012: 5-16. bes. S. 7f. Hier ist
einzuwenden, dass Mt. 24 zwar die ausführlichste Schilderung der synoptischen Apokalypse ist, aber der
Bericht ähnlich auch bei den anderen Evangelisten erscheint.
695 Spieser, 1984: 157-161. Spieser bezeichnet die Ikonographie ohne Einschränkungen als Tlheophanie;
eine Anleihe bei der Offenbarung lehnt er jedoch wegen der geringen Popularität der Schrift im Osten
des Reichs ab (Spieser, 1984: 158). Er übersieht, dass Thessaloniki bis zur Mitte des achten Jahrhunderts
zum Einflussgebiet des römischen Patriarchats gehörte.
696 Siehe hierzu Cain, Hans-Ulrich, „Auf die Spitze getriebene Hellenisierung: Rom als erfolgreicher Erbe
des Hellenismus,“ in: Hellenismus. Eine Welt im Umbruch, Cain, Hans-Ulrich; Grieb, Volker: Koehn,
Clemens (Hrsg.), Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2012: 97-114, bes. S. 101-103 und
Abb. S. 100.
697 Zur ekstatischen Schau irn spätantiken Mönchtum siehe Krönung, 2014a: 70-94 und Krönung, 2014b.
698 Die Vorstellung, über die Lektüre der Schrift, eine Vision zu erfahren, war in der Spätantike weit ver-
breitet, bspw schreibt Ambrosius von Mailand: „[...] videret in scripturis quasi per speculum.“ (Expositio
Psalmi 118.3.19; CSEL 62.5: 51.) Ähnlich formuliert Kytillos von Jerusalem in der 9. Katechese 2, dass
es möglich sei, eine Vision seiner Kräfte in den göttlichen Werken zu erfahren (PG 33: 640A). Siehe auch
die Diskussion hierzu in Bergmeier, 2014a: 197f.
156 Visualisierungsformen

c - Trishagion und Liturgie


Neben Deutungen als zweite Wiederkunft und Himmelfahrt ist die Interpretation theopha-
nischer Christusbilder (insbesondere des Theophaniemotivs) als Visualisierung der Liturgie in
der modernen Forschung verbreitet. Hier sind es besonders die Bilder, die eine Inschrift mit
dem Trishagion tragen (bspw. die Fresken der ägyptischen Mönchsklöster), die häufig mit der
Eucharistie in Verbindung gebracht werden. Bereits Frederic van der Meer meinte, in den von
ihm als „theophanie du trisagion' bezeichneten Darstellungen eine bildliche Entsprechung
der Liturgie zu erkennen.699 Gefolgt wurde er von Christa Ihm, die den vom Tetramorph ge-
rahmten Christus als „liturgische Maiestas“ bezeichnete. 700 Dieser Deutung haben sich viele
Forscher angeschlossen. 701 In dieser Tradition steht auch Valentina Cantone, die die Liturgie als
„zentralen Pfeiler“702 ihrer Deutung der ägyptischen Fresken von Bawit und Saqqara begreift.
Seit einer Publikation von Ursula Nilgen zu den „Bildern über dem Altar“ der römischen
Triumph- und Apsissti rnwände aus dem Jahr 2000 nehmen liturgische Deutungen theophani-
scher Motive stark zu.703 Die Nähe zum Altar nahm Nilgen zum Anlass, die Bilder der Offen-
barung (die apokalyptischen Wesen und die 24 Ältesten) auf den römischen Apsisstirnwänden
und Triumphbögen als „Träger der himmlischen Liturgie1 704 zu bezeichnen. Sie unterließ es
jedoch, das Verhältnis des OfFenbarungstextes und der Eucharistiefeier im zeitgenössischen
Verständnis zu klären. 705 Rainer Warland folgte Nilgen in ihrer Überzeugung, dass die Bilder
„visuelle Verweise auf den Altar als Ort der Theophanie“ seien. 706 So deutete er die Standarten
tragenden Engel links und rechts des Apsismosaiks von Sant’Apollinare in Classe (Tf. 3 1 )
nicht in Bezug auf das Apsismosaik, sondern als Hinweis auf den Altar im Sanktuarium. 707 Die
Ansätze Nilgens weitete Marcello Angheben in einem 201 1 publizierten Artikel aus und bezog
auch die Apsisbtlder - wenn diese erhalten sind - in die Überlegungen ein. Zwischen Apsis und
Stirnbogen erkannte er eine Hierarchie, die von den Bildern des inkarnierten menschlichen Je-

699 Meer, 1938: 267-271.


700 Ihm, 1992:42.
701 Bspw. Tsuji, Shigebumi, „The Headpiece Miniatures and Gencalogy Pictures in Paris. Gr 74,“ DOP
29, 1975: 165-203, bes. S. 179-182; Nelson, RobertS., The Iconography of Preface and Miniature in the
Byzantine Gospel Books, New York: New York University Press, 1980: 55 und 64—68.
702 Cantone, 2008: 168 und auch S. 80.
703 Nilgen, Ursula, „Die Bilder über dem Altar. Triumph- und Apsisbogenprogramme in Rom und Mittelita-
lien und ihr Bezug zur Liturgie, in: Kunst und Liturgie im Mittelalter. Akten des internationalen Kongresses
der Bibliotheca Hertziana (28.-30. September 1997) Bock, Nicolas et al. (Hrsg.), München: Hirmer, 2000:
75-90.
704 Nilgen, 2000; 79.
705 Die Offenbarung hatte in der Spätantike noch kaum Eingang in die Liturgie gefunden. (Chadraba, R„
„Apokalypse des Johannes“, Lexikon der christlichen Ikonographie,1, 1968: 124-1-42, bes. S. 125f). Daher
hatte bereits 1992 Dale Kinney in einem kurzen Aufsatz zu den Bilder der Apokalypse (zu denen die
meisten der Stirnwandbögen zählen) darauf hingewiesen, dass sie zwar liturgischen, das heißt verehren-
den Charakter hätten, jedoch nichts mit dem eucharistischen Sakrament zu tun hatten Kinney, Dale,
„The Apocalypse in Early Monumental Decoration,“ in: The Apocalypse in the Middle Ages, Emmer-
son, Richard Kenneth; McGinn, Bernard (Hrsg.), Ithaca: Cornell University Press, 1992: 200-216, bes.
S. 210.
706 Warland, Rainer, „Die Gegenwart des Heils. Strategien der Vergegenwärtigung in der frühbyzantinischen
Kunst,' in: Bildlichkeit und Bildorte von Liturgie. Schauplätze in Spätantike, Byzanz und Mittelalter, War-
land, Rainer (Hrsg.), Wiesbaden- Reichert, 2002: 51-74, besonders S. 51, Zitat S. 55.
707 Warland, 2002: 56
Die „Theophaniesierung“ der Bilder mir Hilfe von Visionen 157
712
711
710
709
sus zu den Clipei und Büstendarstellungen des göttlichen Christus auf den Bögen verlaufen. 708
Als Hinweise auf die Eucharistie las er Darstellungen des Lamms, des Tetramorphs und des
Trishagion sowie der Kreuzigung. 19 Während der Einschätzung Anghebens, es handele sich
bei den Bildern der Apsiskalotten (bspw. SS. Cosma e Damiano und Sant’Apollinare in Classe)
um Darstellungen des inkarnierten menschlichen Jesus, nicht gefolgt werden kann, so ist doch
eine weitere Einschätzung, die er in diesem Artikel vornimmt, von zentraler Bedeutung für die
Erforschung von liturgischen Bildern. Angheben stellte anhand des Bildmaterials eine Tendenz
zwischen Spätanrike und Hohem Mittelalter fest: Eindeutige liturgische Bildreferenzen fehlen
im Frühmittelalter fast gänzlich, während sie zum zwölften Jahrhundert hin deutlich zuneh-
men. 0 Schon Grabar hatte 1946 gegen solche „eucharistische“ Deutungen eingewandt, dass
es in den ägyptischen Bildern keine Hinweise auf die Liturgie gibt. " Kürzlich interpretierte
auch Tobias Frese, der an die Forschungen Nilgens und Warlands anschloss, die spätantiken
Apsisbilder von Hosios David, in den ägyptischen Mönchsklöstern und am Latmos als „eu-
charistische Theophanien“. Er bemerkte zwar, dass, wie von Angheben bereits bemerkt, die
frühen Bilder kaum eindeutige Hinweise auf liturgische Aussageabsichten aufweisen, hielt aber
trotzdem an einer liturgischen Deutung fest. 713
Entgegen den zitierten Forschungsmeinungen soll hier die weitgehende Absenz eucharisti-
scher Motivik in der Spätantike ernst genommen werden. Zwar existierten auch in der Spätan-
tike Bilder, die auf die Eucharistiefeier verwiesen, doch zählen hierzu keine der theophanischen
Christusdarstellungen. Die Darstellungen in der Nähe der Presbyterien von S. Maria Maggiore
und San Vitale, die Abraham und Melchisedek beziehungsweise Abel und Melchisedek zeigen,
verweisen typologisch auf das christliche Abendmahl und können als liturgische Referenzen
verstanden werden. 714 (1 f. 10, 11 und 16). Die theophanischen Bilder in den Apsiden und
auf den Stirnwänden sollten jedoch nicht als Verbildlichung der Eucharistie gelesen werden.715
Bild und Ritual verbindet trotzdem etwas: Beide evozieren - visuell und performativ - die
unsichtbare Präsenz des christlichen Gottes. Sie tun dies teilweise sogar mit ähnlichen Mitteln,
wie das Motiv der sieben apokalyptischen Leuchter illustriert: In SS. Cosma e Damiano sind
diese Leuchter der Offenbarung im Stirnwandmosaik dargestellt. Sieben Leuchter (septem ce-
reostata accensd) wurden auch laut der frühesten erhaltenen Messordnung Roms beim Einzug

708 Angheben, 2011, bes. S. 126f.


709 Angheben deutet auch die Bilder des leeren Throns im Baptisterium der Orthodoxen in Ravenna und in
SS. Cosma e Damiano in Rom als Darstellungen eines Altars (Angheben, 2011: 128). In der eucharisti-
schen Deutung von Bildelementen folgte ihm Erik Thuno (Thuno, 2015: 121 und 126). Diese Deutung,
die auf dem Fehlen der Rückenlehne beruht, ist jedoch wenig überzeugend. Einerseits weisen die Polster
die Darstellung eindeutig als Thron aus — eine Rückenlehne ist dabei nicht zwingend -, und andererseits
stehen die Darstellungen sehr deutlich in der Lingen antiken Bildtradition des leeren Ihrons.
710 Angheben, 2011: 141.
711 Grabar, 1946: 306f.
712 Frese, 2013: 16-18, 71-97.
71,3 „Aus theologischer bzw. liturgischer Perspektive lässt sich die Maiestas in Hosios David ohne weiteres
als eucharistisches Christusbild bezeichnen. Ikonographisch ist der spezifisch liturgische Gehalt jedoch
schwer nachweisbar.“ (Frese, 2013: 97). Siehe hierzu auch Thuno, der die Darstellungen des Körpers
Christi in den Apsisrnosaiken als eucharistisches Bild versteht: Thuno, 2015: 197.
714 Hierzu bspw. Angheben, 201 1: 115-117.
715 Schon 1984 hatte sich Spieser gegen eine eucharistische Deutung des Apsisbildes von Hosios David
ausgesprochen: Spieser, 1984: 158.
158 Visualisierungsformen

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81 Westfassade, Basilica Euphrasiana, Porec

des Papstes in eine der Kirchen ins Presbyterium getragen, 16 Die Objekte und die Bilder vi-
sualisieren die apokalyptische I hronvision des Johannes und zeigen die göttliche Präsenz an,
auf die während der Versammlung der Gemeinde durch die realen Objekte und die Bilder
verwiesen wird. So kommen die Leuchter denn auch ohne die Nähe zum Presbyterium vor:
Beispielsweise sind sie auf der Westfassade der Basilica Euphrasiana dargestellt und weisen das
gesamte Kirchengebäude als Ort der göttlichen Präsenz und einer potent iellen Theophanie aus.
(Abb. 8 1 ) Um diese These zu erhärten, soll zunächst der theophanische Charakter der Liturgie
unter besonderer Beachtung des Trishagion umrissen werden. Anschließend wird auf einige
Bildbeispiele eingegangen, die illustrieren, dass in Ritus und Bild ein paralleles Phänomen, die
Evozierung der theophanischen Erscheinung stattfand.
<
Liturgische und patnstische Textquellen sind voller Hinweise auf den theophanischen Charak-
ter der Liturgie. Die Liturgiekommentare des Maximos und des Germanos beschreiben den
ersten Einzug, bei dem das Evangelium in den Kirchenraum getragen wird, in Analogie zu
Jesu erster Parusie, seiner historischen Sichtbarwerdung als Mensch. 1 Um die gegenwärtige

716 Ordo Rornanus I. 49 (Andrieu, Michel, Les Ordines romani du haut Moyen Age, 5 vols., Bd. 2, Louvain:
Spicilegium, 1931—1961: 83). Zitiert in Mathews, Thomas E, „An Early Roman Chancel Arrangement
and its Liturgical Functions,“ in: Art and Architecture in Byzantium and Armenia, Ders. (Hrsg.), Al-
dershot; Ashgate, 1995: 73-95: 77.
717 Siehe der Überblick bei Tsuji, 1975: 179-182.
Die „Theophaniesierung“ der Bilder mit Hilfe von Visionen 159

Theophanie geht es dann vor allem im Zusammenhang mit der Eucharistie: Gregor der Große
sagte, dass sich während der Eucharistie Himmlisches und Irdisches vereinigen und Sichtbares
und Unsichtbares eins werden 18 Kyrill von Jerusalem beschrieb den gedanklichen Rahmen, in
dem sich die Gemeinde unmittelbar vor der Eucharistie befindet. Er bezog sowohl die sichtbare
Welt (Himmel, Erde und Gestirne) als auch die unsichtbare Welt der Cherubim und Seraphim
ein. Er fügte an: „Wir sprechen diese von den Seraphim her uns überlieferte göttliche Lobprei-
sung [das Irishagion], um an dem Lobgesang der überirdischen Heerscharen teilzunehmen“. 19
Dieser Lobgesang fand vermutlich im fünften Jahrhundert (möglw. am 25. September 438)
719
718
724
723
722
721
Eingang in die byzantinische Liturgie.720 Die theophanische Aktivität der Gemeinde kulmi-
nierte in der unter anderem bei Johannes Chrysostomos belegten Vorstellung, dass der Leib
Gottes während der Eucharistie lebendig wird, also höchste Präsenz erlangt. Er führt sogar aus,
dass während der Eucharistie Engelsschaaren die Priester umstehen, ein Bild das von Theopha-
nieberichten bekannt war. 1 Das Trishagion und die sich anschließende Eucharistie waren der
am stärksten theophanisch aufgeladene Moment der Liturgie.
Von ähnlichen Vorstellungen war auch die Einführung des Cherubikon, des Gesangs des
Klerus beim Einzug in die Hagia Sophia, im sechsten Jahrhundert geleitet. 22 Auch hier werden
Elemente biblischer Theophanien auf die gegenwärtige liturgische Erfahrung projiziert. Der
Hymnus identifiziert die Teilnehmer der Prozession selbst als Cherubim, die einer Theophanie
beiwohnen und das Dreimai-Heilig singen. Lm Angesicht dieser theophanischen Aufladung
verwundert es nicht, dass sich in einer von Kyrill von Skythopolis überlieferten Geschichte eine
Theophanie genau im Moment des Trishagion-Gesangs ereignete. Die Lichtvision umhüllte die
Chorschranke, an dem ein gewisser Terebon lehnte, und den Altar, an dem Euthymios gerade
die Liturgie feierte. 24 Betroffen war also der Teil des Kirchenraums, der ohnehin am stärks-
ten mit göttlichen Erscheinungen verknüpft war. Zeitlich währte die Vision so lange, wie der
Trishagion-Gesang dauerte.
Bilder, die während der Liturgie im Altarbereich zum Einsatz kamen, waren ebenso an
der Erfahrbarmachung des Unsichtbaren in Form einer Theophanie interessiert. Unter den

718 „Quis enim fidelium habere dubium possir ipsa immolationis hora ad sacerdotis uocem caelos aperiri, in
illo lesu Christi inysterio angelorum choros adesse, summis ima sociari, terram caelestibus iungi, unum
quid ex uisibilibus atque inuisibilibus fieri?“ (Gregor der Große, Dialoge 4.60.3; SC 265: 202).
719 Kyrill von Jerusalem, Mystagogische Katechesen 5.6 (SC 126: 154; Übers, nach BKV 41: 385).
720 Louth, Andrew, „Trishagion,“ TRE34, 2002: 121-124.
721 Johannes Chrysostomos, De sacerdotio 6.4 (PG 48: 681).
722 Taft, Robert F., The Byzantine Rite. A Short History, Collegeville: Benedict, 1992: 47.
723 Oi tä yepoußip pnotiKtoc; eikovKovtex; Kai trj (/dotioi® TpiäÖt röv rptaäytov upvov jipogaSovteg, ttaoav
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oopiKpopoupfvov to egiw AXZiRoma, a/.XqLoijta. öAAqkop'ia. Text und Übers, in Taft, Robert E, The
Great Entrance. A History ofthe Transfer of the Gifts and other Pre-anaphoral Rites oj the Liturgy ofSt. John
Chrysostom, Rom: Institutuni Studiorum Orientalium, 1975: 54: „We who mystically represent (eikoni-
zontes) the cherubim and sing the thrice-holy hymn to the life-giving Trinity, let us lay aside all wordly
care [Luke 21:34] to receive the King of All escorted unseen by the angelic corps. Allelouia, allelouia,
allelouia.“ Ihuno bezieht den Sanctus Gesang fälschlich auf die 24 Ältesten: Ihuno, 2015: 120. Vgl.
dazu auch die eschatologische Deutung des Lukas-Zitats, die weltlichen Sorgen beiseite zu legen bei
Schneider, Wolfgang Christian, „Der ,Cherubische Einzug“ im Tempel des Lichts“. Die Inszenierung der
geistlichen Identität des christlichen Kaisers in der Spätantike,“ Zeitschrift für Antikes Christentum 10,
2007: 336-357, bes. S. 340. Diese Aufforderung ist jedoch nur schwer mit Endzeiterwartungen in Bezug
zu setzen.
724 Siehe oben Anm. 285.
160 Visualisierungsformen

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82 Cherub, Rhipidion, Riha Schatz, Dumbarton Oaks Collection (Inv.Nr. BZ 1936.23)

theophanischen Bildelementen gibt es eine Figurengruppe, die der Cherubim, die häufig in
unmittelbarer Nähe zu den eucharistischen Gaben erschien: Sowohl auf spätbyzantinischen
epitaphia, den Fächern, die die Gaben bedeckten, als auch auf den flabella oder rhipidia, den
liturgischen Fächern, konnten sie abgebildet werden. In der Dumbarton Oaks Sammlung hat
sich ein Fächer aus dem Riha Schatz erhalten, der das Bild eines Cherubs mit vier Gesichtern
und Rädern zeigt.725 (Abb. 82) Der in Istanbul aufbewahrte zweite Fächer dieses Schatzes

725 Inv. Nr. BZ1 936.23. Siehe hierzu Weitzmann, 1979: Kat. Nr, 553; Mundell Mango, Marlia, Silver From
Early Byzantium. The Kaper Kordon and Related Treasures, Baltimore: Walters Art Gallery, 1986, Kat. Nr
31; Siehe zu der Publikation von Mundell Mango und zu einer Datierung des Kaper Koraon Schatzes in
die Zeit vor dem Perserfeldzug von 630: EfFenberger, Arne, „Bemerkungen zum Kaper-Koraon-Schatz,“
in: Tesserae: Festschrift für Josef Engemann, Dassmann, Ernst (Hrsg.), Münster: Aschendorff, 1991: 2 4 1 -
Die „Theophaniesierung“ der Bilder mit Hilfe von Visionen 161

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83 Leerer Thron, Apsis, St. Panteleimon, Nerezi

zeigt einen Seraphen. 26 Mithilfe der bebilderten Fächer wurden die Begleiter der biblischen
Theophanie aktiviert, denn die Fächer wurden bewegt, um die Fliegen von Brot und Wein zu
vertreiben. Der heilige Bereich wurde sichtbar gemacht und der Altarbereich in die Bühne für
das theophanische Ereignis verwandelt
Wichtig ist hierbei, dass die Bilder der Cherubim nicht benutzt wurden, weil sie die Eucha-
ristie symbolisierten, sondern weil diese theophanischen Wesen die Verwandlung der Gaben
als ein theophanisches Ereignis kennzeichneten. In mittelbyzantinischer Zeit wurden beiden
Arten theophanischer Repräsentation - zweidimensionale Wandbilder und die perfonnative
Liturgie - in der Apsis von St. Panteleimon in Nerezi (1164, Abb. 83) parallelisiert. An der
Pitckwand in Flöhe des Altars befindet sich das Bild des leeren Throns, der von zwei Engeln mit
rhipidia, die mit Bildern der Seraphen geschmückt sind, flankiert ist. Wir dürfen annehmen,
dass diese theophanische Erscheinung im Bild eine Parallele in der am Altar vollzogenen Eu-
charistie hatte und dass die Eucharistie mit ähnlichen Fächern begleitet wurde. Die Einfügung
der eucharistischen Fächer ins Bild ist em Beleg dafür, dass die Analogie der theophanischen
Bedeutung beider Erfahrungsformen erkannt wurde. Der leere Thron ist darum jedoch kein
Bild der Eucharistie; dieses erscheint oberhalb der Fensterzone in Form des Bildes Christi, der
beim Verteilen der eucharistischen Gaben gezeigt ist.
Das wohl wichtigste Argument für eine liturgische Deutung der Bilder in der Forschung
*726
ist das Trishagion. Einige der Fresken der ägyptischen Mönchsklöster tragen diese Inschrift,727
und ebenso ein magisches Amulett aus Hama in Syrien, das auf den Anfang des fünften Jahr-

277; Boyd, Susan A., „Art in the Service of the Liturgy: Byzantine Silver Plate,“ in: Heaven on Earth. Art
and the Church in Byzantium, Safran, Linda (Hrsg.), University Park: Pennsylvania State University Press,
1998: 152-185, bes. S. 160-162.
726 Archäologisches Museum, Inv. Nr. 3758. Abbildung in Mundell Mango, 1986: Kat. Nr. 31 Dieser hat
allerdings auch Räder wie ein Cherub I m Unterschied zum Rhpidion von Dumbarton Oaks hat der Se-
raph jedoch nur ein Gesicht und sechs statt vier Flügel. Zu den Cherubim und Seraphim Darstellungen
im östlichen Mittelmeerraum und in Ägypten siehe lacobini, 2000: 142-170.
727 Bspw. Bawlt, Kapelle 17; Bawit, Saal 6.
162 Visualisierungsformen

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84 Magisches Amulett Syrien

hunderts datiert wird. 728 (Abb. 84) In diesen Beispielen steht das Trishagion im Kontext des
Theophaniemotivs, von dem das Amulett nur die obere Zone zeigt. Hier ist oberhalb einer
Reihe von magischen Zeichen der thronende Christus, umgeben von den vier Wesen, auf ei-
nem Band von Wolken dargestellt Weder die Engel noch die untere Zone mit den Zeugen
der Auffahrt Christi sind abgebildet. Stattdessen gibt am unteren Rand des Bildes die Inschrift
AHOS AHOS AHOS K(upto)X SABAQ0 einen klaren Hinweis auf die Thronvision des Jesaja
(6.1-3). Es ist das Dreimai-Heilig, das die Seraphim des Jesaja singen (beziehungsweise die vier
Wesen im Text der Offenbarung 4.8), und das während der Liturgie als Trishagion-Gesang der
Eucharistie vorausgeht.729 Die primäre Bedeutung des Trishagion ist nicht der Verweis auf die
Eucharistie, sondern auf die Thronvision Gortes. Diese Aufgabe teilt es mit dem Tetramorph.
Dass Darstellungen mit dem Trishagion nicht die liturgischen Handlungen, sondern die
theophanische Präsenz Gottes visualisieren, wird an zwei erhaltenen Beispielen aus der Monu-
mentalkunst besonders deutlich. In Sant’ Apollinare in Classe wurden dem zweizonigen Kom-
positionsschema des Theophaniemotivs in der Apsis Elinweise auf die historische Verklärung
einbeschrieben. Neben Moses und Elias, die auf die göttliche Natur der Erscheinung verweisen,
markieren sowohl die Engel des trishagion als auch ein Band mit dem Eetramorph auf der Ap-
sisstirnwand die Theophanie. (Tf. 5 und 31) Neuere Untersuchungen belegen, dass sowohl die
Standarten tragenden Engel als auch das Band mit dem Eetramorph aus der Entstehungszeit
des Apsisbildes (549) stammen.730 Es finden sich also ausdrückliche Hinweise auf die alttesta-

728 lacobini, 2000: 197. Siehe auch Mouterde, 1942-43, bes. S. 122f.
729 Zum Sanctus-Gesang in der Liturgie (Spinks, Bryan D., The Sanctus in the Eucharistie Prayer,Cambridge:
University Press, 1991 - 125-147: Williamson, Holy, Holy, Holy: The Story of a Liturgical Farmu-
la, Berlin: Üe Gruyter, 2008: 15-36),
730 Muscolino, Cetty; Carbonara, Ermanno, „Nuovi bram musivi del VI secolo dall’arco trionfale della Basili-
ca di Sant’Apollinare in Classe a Ravenna,“ in: Atti del XV Colloquio dellAssociazione Italiana per lo Studio
e la Conservazione del Mosaico Angelelli, Claudia; Salvetti, Carla (Hrsg.), Tivoli: Scripta Manenr, 2010:
161-171, bes. S. 164. Muscolino und Carbonara haben darauf hingewiesen, dass der Clipeus und der sich
darunter befindliche Lammerzug zu einem späteren Zeitpunkt (7. Jh.?) erneuert wurde. Zur Mosaikzone
Die „Theophaniesierung“ der Bilder mit I lilfe von Visionen 163

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Engel mit Standarten und AHOS,
AE1OS, ADOS- Aufschrift,
Sanktuariumstonne,
Koimesis-Kirche, Nikaia (zerstört)

mentlichen Visionsberichte, die das zentrale Kreuz mit den Inschriften A und tu, IX0YS und
SALUS MUNDI als Theophanie kennzeichnen.
In der 1922 zerstörten Koimesis- Kirche von Nikaia standen je zwei Engel zu Seiten einer
Darstellung des leeren Throns in den an den Beginn des achten Jahrhunderts datierten Mosa-
iken der Sanktuariumstonne. 1 (Abb. 63 und 85) Die Engel halten Standarten mit Fahnen,
auf denen das Trishagion zu lesen ist. Die Inschrift darunter zitiert eine Aufforderung aus dem
5. Buch Mose beziehungsweise aus dem Hebräerbrief, Gott zu verehren: „Und verehrt ihn,
all ihr Engel.“ ' Leslie Brubaker und John Haldon haben diese Inschrift allein auf das in der
Apsis präsentierte inkarnierte Jesuskind bezogen. 33 In erster Linie aber erklärt die Inschrift
das Geschehen auf den Mosaiken der Tonne, in deren räumlichen Zusammenhang es steht:
Die Darstellung des (leeren) "Throns mit den flankierenden Engeln, die das Trishagion singen,

mit der Christusbüste und dem vier apokalyptischen Wesen siehe auch Muscolino, Cetty; Carbonara, Er-
manno; Agostinelli, Emilio Roberto, ll leone di Bisanzio a S. Apollinare in Classe, Ravenna: Girasole, 2008.
731 Kitzinger, 1977: 1 04f. Abbildungen in Schmit, 1927: Tf. 1 3 und 14. Zur Datierung der Sanktuariums-
Mosaiken ins frühe achte Jahrhundert siehe Wiegand, Theodor, „Zur Monogramminschrift der Theoto-
koskirche von Nicaea,“ Byzantion 6, 1931: 411-420 und Barber, 1991, bes. S. 43-46.
732 Kai jtpooKUvr]oaTO)oav atran rtavreg uioi Osoö (5. Moses 32.43). Die Stelle im Hebräerbrief 1.6 ersetzt
uioi durch dyyfAXot.
733 Brubaker; Haldon, 201 1: 206.
164 Visualisierungsformen

86 Brot und Kelch, Kapelle 45, Apollonkloster Bawlt

evoziert ganz offenbar den alttestamentlichen Theophaniebericht des Jesaja (6.1-4) im Bild.
Ähnlich wie im ersten Kapitel des Hebräerbriefs, in dem erläutert wird, dass die alrtestament-
lichen Prophetien durch Christus erneuert wurden, wird das Theophaniebild der Tonne durch
die Theophanie des Gottessohns auf dem Schoß Mariens in der Apsis aktualisiert.
Diese Beispiele legen nahe, dass nur dann von einem Bild der Liturgie beziehungsweise
der Eucharistie gesprochen werden kann, wenn die eucharistischen Gaben ins Bild einbezogen
werden. Aus der Spätantike haben sich nur zwei theophanische Darstellungen erhalten, die
explizite eucharistische Symbolik aufweisen: Auf den Fresken in Kapelle XLV (7./8. Jh ?) des
Apollon-Klosters in Bawit tragen Petrus und Paulus links und rechts der zentralen Christus-
735
Erscheinung Brot und einen Kelch.734 (Abb. 86) Eventuell können auch die Gaben, die die
Engel in Kapelle XVII offerieren, als Kelche gedeutet werden; eindeutig identifizierbar sind die
runden Gegenstände jedoch nicht. Das Begleitpersonal in den anderen Fresken des Klosters
adoriert üblicherweise mit leeren Händen (bspw. Saal 6); in der Miniatur des Rabbula Co-
dex bringen die Engel Kronen dar. 35 Der Vorgang, auch den eucharistischen Ritus ins Bild

734 Cledat, Jean, Le monastere et la necropole de Baouit, Paris: Imprimerie Nationale, 1999: 80; Angheben, 2011:
114f. Abbildungen von Kapelle XLV in lacobini, 2000: fig. 25 und 26 und Angheben. 201 1: fig 1 und 2.
735 Ein konkreter Hinweis auf die Eucharistie findet sich im 13. Jahrhundert in der unteren Zone der Sank-
tuariumsfresken des Antonius- Klosters am Roten Meer (Abb. 4.28 in Bolman, 2002) Es handelt sich
hier um eine Adaptierung der üblichen Sphairen, welche die Engel tragen wie bspw. auf dem Vorhang
in Cleveland (Tf. 29) zu sehen. Diese Umdeutung der Sphairen erklärt auch, warum am Roten Meer
beide Engel einen Laib Btot halten, keiner aber einen Kelch. In jedem Fall werden auch die Brote des 13.
Jahrhunderts nicht in unmittelbarer Nähe zur visionären Erscheinung dargestellt.
Die „Theophaniesierung“ der Bilder mit l lilfe von Visionen 165

einbeziehen zu wollen, überrascht indes nicht. Die Apsis war der Ort, an dem dieser gefeiert
wurde und so ist der Wunsch verständlich, der liturgischen Praxis auch bildlichen Ausdruck zu
verleihen. Hierbei wurde jedoch am Ende der Spätantike die innerbildliche Logik ignoriert. Es
erschließt sich aus der Ikonographie kaum, weshalb Petrus und Paulus die Gaben einer theo-
phanischen Erscheinung Christi gemäß der hesekilianischen Vision darbringen sollten. Die
Präsenz Gottes isr hier gedoppelt (im Bild Christi und in den Gaben). Der Wille, in diesem
Bild auch die Eucharistie darzustellen, überwog die Bedenken, die eucharistischen Symbole
dem Bild der göttlichen Präsenz darzubringen. Aus dieser Sonderform kann keine Verallgemei-
nerung für den eucharistischen Gehalt der Bilder des Theophaniemotivs in Ägypten oder im
gesamten Mittelmeerraum abgeleitet werden.
Auch die Bilder der Offenbarung auf Apsisstirnwänden sollten nicht als Abbild der Eucha-
ristie interpretiert werden. Im folgenden Abschnitt wird auf deren theophanische Bedeutung
eingegangen und dargelegt, dass die Bilder - genau wie die spätantike Exegese des Textes - eine
gegenwärtige Präsenzerfahrung des Göttlichen visualisierten. Erst im Verlauf des Mittelalters
mehren sich die Hinweise, wie Angheben darlegte, dass ehemals theophanische Bilder eucha-
ristisch konnotiert wurden. Das ist beispielsweise in den Darstellungen der Ältesten auf den
Ostwänden von Castel Sant’Elia und S. Silvestro in I ivoh (frühes zwölftes Jh.) ersichtlich.
(Abb. 87) Diese bringen anstelle der üblichen Kronen Kelche dar. Ebenfalls im hohen Mittelal-
ter gewinnt das in Kreuzigungsdarstellungen aus Christi Körper austretende Blut als Visualisie-
rung der Eucharistie an Bedeutung. Engel, die das Blut in einem liturgischen Kelch auffangen,
heben diese Bedeutungsschicht besonders hervor. 36 Diese hochmittelalterlichen Entwicklun-
736 Hierzu bspw. Fricke, Beate, ,A Liquid History. Blood and Animation in Late Medieval Art, Res 63/64,
2013: 53-69. Carolyn Walker Bynum warnt davor, spätmittelalterliche Darstellungen von Blut und
Kelchen generalisierend auf die Eucharistie zu beziehen: Walker Bynum, Caroline, „The Blood of Christ
in the Later Middle Ages,“ Church History 71, 4, 2002: 685-714, bes. S. 713f
166 Visualisierungsformen

gen sollten jedoch nicht dazu führen, die spätantiken Bilder göttlicher Visionen rückwirkend
durch eine „mittelalterliche Brille“ als Bilder des eucharistischen Sakraments zu betrachten.
Zusammenfassend verfolgten Bilder und Liturgie in der Spätantike damit das gleiche Anlie-
gen auf je unterschiedliche Weise Die Bilder sind keine direkte Abbildung des liturgischen Ri-
tus. Solche typologischen Darstellungen sind zwar überliefert, sie haben jedoch nichts mit den
Bildern theophanischer Erscheinungen gemeinsam. Wir müssen die Möglichkeit in Betracht
ziehen, dass Bilder und Liturgie gleichermaßen ein Interesse an der Realisierung der Präsenzer-
fahrung und am Moment der Sichtbarwerdung des Göttlichen teilten. Anstatt das eine durch
das andere zu erklären, soll hier vorgeschlagen werden, beide unabhängig voneinander als Er-
gebnis der Unsichtbarkeit des christlichen Gottes zu deuten. Im Bild und im Kult drücken sich
gleichermaßen die Visionserwartung und die Hoffnung auf eine Präsenzerfahrung aus.

Bildet der Offenbarung des Johannes

a — Einzelmotive
Größte Aufmerksamkeit ist von der Forschung den Bildern der Offenbarung der Johannes, dem
einzigen prophetischen Buch des Neuen Testaments, entgegen gebracht geworden. So schrieb
beispielsweise Johannes Kollwitz im Jahr 1936 über die Bilder des fünften Jahrhunderts: „Zum
ersten Mal dringen hier die Bilder der Apokalypse in die christliche Kunst ein [...] Sie wird
jetzt neben dem spätrömischen Kaiserzeremoniell die Hauptquelle der großen repräsentativen
Kompositionen der Zeit.“ 73 ' Die seit den Schriften von Kollwitz noch stark zugenommene
Beschäftigung mit der Offenbarung war der Erforschung der Bilder dieses biblischen Buchs
jedoch nicht immer zuträglich Nicht selten wurden Darstellungen als apokalyptisch interpre-
tiert, die kaum mir dem biblischen Text in Einklang zu bringen sind. Kürzlich hat beispielswei-
se Remo Cacitti das Bodenmosaik unter der Kathedrale von Aquileia, welches die Geschichte
des Meerwurfs und der Errettung des Propheten Jonas zeigt, als Darstellung der Offenbarung
und dem darin beschriebenen Tausendjährigen Reich (Apk. 20.5) gedeutet. 38 Das Bild des
Hirten (Abb. 17) interpretierte er als Verweis auf das Buch Der Hirte des Hermas. John Herr-
mann und Annewies van den Hoek erstellten in ihrem Artikel „Apocalyptic Themes in the
Monumental and Minor Art of Early Christianity“ ’ ' eine sehr lange Liste ikonographischer
Motive, die sie der Apokalypse zuordneten. Dazu zählen sie die Buchstaben A und to, die Tra-
ditio Legis, das Christogramm, Sonne und Mond, das Tetramorph, die 24 Ältesten, die sieben
Kandelaber, die Sphaira, einen von Engeln getragenen Clipeus und das von ihnen als „apoca-
lyptic ascension betitelte Motiv wie jenes auf dem Türsturz der Al-Moallaqa Kirche, das hier
als Theophaniemotiv angesprochen wird. Yves Christe und Dale Kinney waren bemüht, die
wachsende Zahl an apokalyptischen Zuschreibungen zu reduzieren. Kinne)? schränkte die Bil-
*739
738
der der Apokalypse vor allem auf Motive ein, die sich auf Apk. 4 und 5 zurückführen lassen.740
Christe nahm darüber hinaus auch die Bilder der Traditio Legis auf. 741
TT7 Kollwitz, Johannes, „Christus als Lehrer und die Gesetzesübergabe an Petrus,“ Römische Quartalschrift
44, 1936: 45-66, ZitatS. 61.
738 Cacitti, Remo, „Apocalisse nella catechesi dei mosaici di Aquileia,“ in: LApocalisse nel medioevo, Gugliel-
metti, Rossana (Hrsg.), Florenz: Sismel, 2011: 15—36.
739 Herrmann; Hoek, 2009.
740 Kinney, 1992: 210.
741 Christe, 1996: 63-65.
Die „Theophaniesierung“ der Bilder mit Hilfe von Visionen 167

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88 Lamm auf Zion, SS. Cosma e Damiano, Rom

Die Traditio Legis gehört jedoch ebenso wenig zu den Bildern der Offenbarung wie das
Chrisrogramm, die Sphaira, der von Engeln getragene Clipeus und das Theophaniemotiv. Al-
lerdings muss eingeräumt werden, dass auch dann, wenn die Gesamtkomposition nicht als
apokalyptische Darstellung zu identifizieren ist, doch einige Elemente auf das letzte Buch der
Bibel verweisen können. Kinney formulierte daher, die Bildschöpfer haben Versatzstücke aus
der Offenbarung genutzt, jedoch kaum reine Darstellungen apokalyptischer Erzählungen ge-
schaffen. 742 Das Tetramorph als Teil des Theophaniemotivs verweist durch seinen Ursprung
in den prophetischen Visionen des Hesekiel und m der Thronvision der Offenbarung auf die
prophetische Schau. Die Traditio Legis, die in Kapitel III. 1. detailliert besprochen wird und
eine Prophetie des Jesaja (2.2-4) visualisiert, beinhaltet auch das auf dem Berg Zion stehende
Lamm. (Abb. 88) Dieses erhält zwar seine Daseinsberechtigung aus der Einbindung in die
Darstellung der Völkerwallfahrt, aber es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es von zeitge-
nössischen Betrachtern auch mit dem Lamm auf Zion in Apk. 14.1 in Verbindung gebracht
wurde.
Es überrascht, wie wenige Bilder wirklich sicher der Offenbarung zugeordnet werden kön-
nen.743 Illuminierte Apokalypsehandschriften sind beispielsweise nicht vor der karolingischen
Zeit nachzuweisen, auch wenn in Bezug auf die älteste Handschrift, die Trierer Apokalypse (um

742 Kinney, 1992, hes. S. 200.


743 Zu den Bildern des Kreuzzeichens, die häufig mit der synoptischen Apoaklypse in Verbindung gebracht
werden, siehe unten Kapitel III.1.
168 Visualisierungsformen

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89 Von Engeln gehaltenes Alpha, Apsisstirnwand, San Vitale, Ravenna

749
748
747
746
745
830), vermutet wird, dass sie auf spätantike Vorlagen zurückgehen.744 Der früheste erhaltene
monumentale Apokalypse-Zyklus stammt erst aus der Zeit um 1120-1 130 und befindet sich
in der Basilika von Castel Sant’Elia bei Nepi. 45 Der größte Teil der sicher apokalyptischen
Bilder aus der Spätantike ist auf Triumph- und Stirnwandbögen erhalten, die im Anschluss
untersucht werden. Einige wenige andere Bildelemente können auch sicher der Offenbarung
zugeordnet werden.
Neben den Motiven der Thronvisionen aus Apk 4 und 5 6 gehören hierzu auch die Buch-
staben A und co, die auf Worte in Offenbarung 1 .8 und 22.18 zurückgehen. Sie finden sich
in vielen spätantiken Bildwerken (unter anderem auf der Theophanietafel der Holztür von S.
Sabina und im Apsismosaik von Sam Apollinare in Classe), auf Münzen, Reliefs, liturgischen
Objekten und beispielsweise in der Ausstattung des Presbyteriums von San Vitale. (Abb. 89
und Tf. 10 und 11) Kinney hat allerdings bereits darauf hingewiesen, dass in Bezug auf dieses
Motiv der apokalyptische Charakter nicht überbetont werden sollte: Die Vielfalt der Bild-
beispiele legt nahe, dass die beiden Buchstaben in der Regel außerhalb ihres ursprünglichen
Kontextes verwendet wurden und als Chiffre für Christus gedeutet werden müssen, 48 Dies
zeigt sich besonders deutlich an Beispielen wie der Magnentius-Münze, welche ein Kaiserbild,
flankiert von den beiden Buchstaben, zeigt. A und w betonen hier die Christusnähe. In
Sant Apollinare in Classe (Frontispiz) lässt sich die Rolle der Buchstaben durch die Analogie
mit den übrigen Inschriften (SAEUS M U N D I und IX6)YE) um das Kreuz leicht erschließen:
Sie geben die Darstellung als Bild Christi zu erkennen, ganz im Sinne der Bibelpassage: „Ich
bin das A und O.‘

744 Peter Klein datiert sie in die erste Hälfte des neunten Jahrhunderts. (Klein, Peter K., Die Trierer Apoka-
lypse Codex 31 der Stadtbibliothek Trier, Graz: Akademische Verlagsanstalt, 200 1: S. 4. Zu illuminierten
Apokalypsehandschriften siehe auch Ganz, 2008: 52-100).
745 Matthiae, Guglielmo, „Gli affreschi di Castel Sant’Elia,“ Rivista dell’istituto nazionale d’archeologia e storia
dell’arte 10, 1961- 181—226; Poeschke, Joachim, „Der römische Kirchenbau des 12 Jahrhunderts und
das Datum der Fresken von Castel S. Elia,“ Römisches Jahrbuch der Bibliotheca Hertziana 23/24, 1988:
3-28; Kottmann, Delia, „Die Datierung der romanischen Wandmalereien von Castel Sant’Elia,“ in:
Zeiten — Sprünge: Aspekte von Raum und Zeit in der Kunst vom Mittelalter bis zur Gegenwart: Studien zu
Ehren von Peter K. Klein zum 65. Geburtstag, Hille, Nicole; Müller, Monika (Hrsg.), Regensburg: Schell
und Steiner, 2007: 11-27.
746 Yves Christe hatte schon früh auf die zentrale Rolle dieser beiden Kapitel für die ältesten Visualisierungen
der Offenbarung hingewiesen: Christe, Yves, La vision de Matthieu. Origines et developpement d’une image
de la Seconde Parousie, Paris: Klincksieck, 1973: 13. Siehe auch Kinney, 1992: 201 .
747 Vgl. Herrmann; Hoek, 2009: 35f.
748 Kinney, 1992: 202.
749 Alföldi, Maria, Bild- und Bildsprache der römischen Kaiser. Beispiele und Analysen, Mainz: Zabern, 1999:
193 und Abb. 242.
Die „Theophaniesierung“ der Bilder mit Hilfe von Visionen 169

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90 Mosaiken aus San Michele in Africisco (ehemals Ravenna), Museum für Byzantinische Kunst, Berlin

Besonders deutlich wird der sphärisch-ephemere Charakter der mit A und to bezeichneten
Erscheinung in einem kleinen Nischenmosaik im Baptisterium von Albenga. (Tf. 14) Hier
ist das Chi-Rho und die es begleitenden Buchstaben A und co in drei konzentrischen Kreisen
vervielfacht. Die Aufgabe beider Buchstabengruppen ist schlicht die Bezeichnung und Visua-
lisierung des unsichtbaren Gottessohns in Form einer ephemeren Erscheinung. Der visionär-
sphärische Charakter wird durch die nach außen hin abnehmende Farbintensität der Kreise
betont.750 Das Motiv der Tauben, die eine Theophanie umfangen, findet sich auch im Apsismo-
saik von San Michele in Africisco, wo sie die zentrale Theophanie rahmen. (Abb. 90)
Bis auf das Tetramorph haben sich die meisten spätantiken Darstellungen der Offenbarung
im Westen des Römischen Reichs erhalten. Im Osten war das Interesse an diesem Buch der
Bibel geringer, und erst im neunten Jahrhundert wurde es fest in den Kanon der Ostkirche
aufgenommen.751 Aus diesem Grund entstanden im Ostteil des Reichs kaum Illustrationen
der Offenbarung des Johannes. Für die dheophaniedarstellungen bediente man sich stattdessen
an den Ursprungstexten. So bezogen das Relief mit dem Tetramorph auf der Unterseite des

750 Einige Forscher sehen in den drei konzentrischen Kreisen die Dreifaltigkeit repräsentiert, was jedoch
wenig überzeugend scheint, da dreimal die immer gleichen Namen Christi (Chi-Rho und Alpha und
Omega) wiederholt werden. Siehe bspw. Engemann, Josef, Römische Kunst in Spätantike und frühem
Christentum bis Justinian, Mainz: Zabern, 2014: 130f.
751 Zur Kanonizität der Offenbarung in der Ostkirche siehe- Herschel Moore, Clifford, „Note on the Ca-
nonicity of the Apocalypse of John,“ The American Journal of Theology 2, 3, 1898: 638—640; Schiller,
Gertrud, Ikonographie der christlichen Kunst. Die Apokalypse des Johannes, Bd. 5, Gütersloh: Mohn, 1990:
77.
170 Visual isieru ngsformen

Türsturzes der Westbasilika von Alahan Manastir (Türkei) 7 (Tf. 12) und die Miniatur der
Theophanie im Rabbula Codex (Tf. 8) ihre Inspiration aus der Vision des Hesekiel.

b — Komplexe Darstellungen auf Stirnwänden und Triumphbögen


Im Westen des Reichs haben sich einige Stirnwanddekorationen erhalten, die fast ausschließlich
theophanische Motivik aufweisen, zum größten Teil aber Bezug nehmend auf die Thronvision
der Offenbarung. Eine römische und eine ravennatische Stirnwanddekoration gehören zu den
ältesten bekannten komplexen Bildern der Offenbarung. Bereits zu Beginn dieses Kapitels ist
das Motiv des leeren Throns (Solisternium) erwähnt worden. Dieses häufig anachronistisch als
Hetoimasie bezeichnete Motiv eignete sich wie kein anderes, die Thronvision der alttestamem-
lichen Propheten beziehungsweise der Offenbarung ms Bild zu setzen. Auf dem Bogenfeld von
S. Maria Maggiore (um 432) nimmt die Offenbarung noch einen vergleichsweise geringen
Raum ein. (Tf. 1) Der größte Teil der Wandfläche ist christologischen Themen vorbehalten.
Nur im Scheitel des Bogens befindet sich der leere Thron mit den Insignia Christi und dem
Buch mit den sieben Siegeln (Apk. 5.1), umgeben von einem smaragdgrünen Regenbogen
(Apk. 4.3). Flankiert wird es entsprechend der Textgrundlage vom Tetramorph sowie von den
752
Aposteln Petrus und Paulus. 753 Der Regenbogen ist eine besonders wörtliche Entsprechung der
biblischen Thronvision und findet sich daneben nur im Sthnwandmosaik von SS. Cosma e
Damiano, wo es einem grün-blauen Nimbus um den Thron gleicht. (Tf. 4)
Ein nur wenige Jahre früher entstandenes Bild der Thronvision ist für die Kirche San Gio-
vanni Evangelista in Ravenna schriftlich belegt. Im Winter 425 geriet die Kaisertochter Galla
Placidia mit ihren beiden Kindern auf dem Weg nach Ravenna in Seenot. Bei diesem Unwetter
erschien ihnen der Apostel Johannes in einer Vision. Der Heilige übernahm das Steuerruder
des Schiffs und rettete die Kaiserfamilie. Zum Dank für die Errettung aus dem Sturm stiftete
Galla Placidia die Kirche San Giovanni Evangelista in Ravenna und ließ sie mit Marmor und
Mosaiken ausschmücken. 54 Die Wand- und Apsismosaiken sind zwar heute verloren, können
aber dank erhaltener Beschreibungen rekonstruiert werden. (Abb. 91) Eine ausführliche Be-
756
schreibung enthält die wenige Jahre nach der Zerstörung der Bilder (156 8) 755 von Girolamo
Rossi verfasste Geschichte RavennasD G Die Apsis zeigte einen thronenden Christus. Auf der
Apsisstirnwand darüber waren zwei Szenen angebracht, welche die Seenot und anschließende
Rettung durch Johannes verbildlichten. Zwischen diesen beiden Szenen befand sich ein Bild,
752 Hierzu der Grabungsbericht in Gough, 1955. Weitere Abbildungen in Bakker, Gerard, „The Buildings
at Alahan,“ in: Alahan. An Early Christian Monastery in Southern Turkey, Gough, Mary (Hrsg.), Toronto:
Pontifical Institute, 1985: 87f. und PI 20.
753 Die Apostel sind bereits von Brenk als Abbreviaturen der Juden- und Heidenkirche interpretiert worden:
Brenk, 1975: 35-38.
754 Deichmann, Friedrich Wilhelm, Ravenna, Hauptstadt des spätantiken Abendlandes. Kommentar I, Wies-
baden: Steiner, 1974: 94. Die Notiz über den Hergang des Unwetters findet sich in einem von Ludo-
vico Muratori überlieferten Sermo: Muratori, Ludovico, Rerum Italicarum Scriptores, Bd. 1.2, Mailand:
Palatinae, 1725: 567-572. Zu den beiden Sermones, die die Ausstattung von San Giovanni Evangelista
überliefern siehe: Zangara, Vincenza, „Una predicazione alla presenza dei principi: La chiesa di Ravenna
nella prima meta del sec. V,“ Antiquite Tardive 8, 2000: 265—304. Ein knapper Bericht über die Stiftung
Galla Placidias findet sich bei Agnellus, Liber Pontificalis ecclesiae Ravennatis 27 und 42 (FC 21.1: 146f
und 214-217).
755 Deichmann, 1974: 101.
756 Rossi, Girolamo, Historiarum Ravennatum libri decem (Altera editione), Venedig: 1589. lOlf.
Die „Theophaniesierung“ der Bilder mit Hilfe von Visionen 171

AMORE CHRISTI NOBILIS ET FIL1VS TON1TRVI SANCTVS JOHANNES ARCANA VIDIT

Christ giving a hook to


John the Evangelist, 7
candlesticks and other
apocalyptic Images

GALLA PLACIDIA AVGVSTA PRO SE ET HIS OMNIBVS HOC VOTVM SOLVENT

Ship with Galla Placidia Ship with Galla Placidia


and her children, being and her children, being
O VatenP D Gw
saved by John the inianus/ >anLinus saved by John the
Evangelist Evangelist
Enthroned Christ
holding book with n. ( D.AnX
Sixbaoks? "Beati misericordes, Six books?
quoniam ipsis
miserebifur Deus”

Bishop Peter
Domina Dominus Chrysologus Dominus Domina
Eudoxia Arcadius celebrating mass in Theodosius II Eudocia
the presence oj an
angel

91 Rekonstruktion des Apsisprogramms von San Giovanni Evangelista, Ravenna

das Rossi als „in maiestate Deus“ beschrieb. Vermutlich handelte es sich um Christus, um-
geben von den vier apokalyptischen Wesen, die Ikonographie, die im Verlauf des Mittelalters
zur sogenannten Maiestas Domini gerinnt. Neben Christus war Johannes dargestellt, dem der
Gottessohn ein Buch überreicht. Außerdem, fügt Rossi hinzu, waren „die sieben Leuchter und
nicht wenige weitere der Mysterien, die in der Apokalypse beschrieben wurden dargestellt. 8

7 5 1 Rossi, 1589 101.


758 „Non nulla praeterea exiis, quae in Apocalypsi describuntur, mysteria.“ (Rossi. 1589: 101) Rekonstrukti-
onsversuche der Anordnung bei Ihm, 1992: 1 7 und bei Mauskopf Deliyannis, 2010: 69.
172 Visualisierungsformen

Von der Inschrift darunter ist von Rossi nur der letztere Teil überliefert, in Ludovico Muratoris
Rerum Italicarum Scriptores ist jedoch die gesamte Inschrift vollständig wiedergegeben:
Geadelt durch die Liebe Christi, sah der Heilige Johannes, Sohn des Donners, die Geheimnisse. Galla
Placidia erfüllte das Gelübde für sich und all diese

Der Patron der Kirche und Retter der Kaiserfamilie war somit weithin sichtbar auf der Ap-
sisstirnwand abgebildet, und darüber hinaus wiederholte eine Inschrift an der Westwand den
Bezug auf Johannes, den Apostel und Evangelisten, sowie auf den Votivcharakter der Stif-
759
tung.760 Der „Apostel und Evangelist Johannes“ wird im Stirnwandmosaik jedoch nicht durch
Motive seines Evangeliums charakterisiert, sondern ihn umgeben Bildelemente aus dem ihm
zugeschriebenen Pseudepigraphon, der Offenbarung des Johannes. Auf dieses Buch und die da-
rin enthaltenen göttlichen Visionen des Autors nimmt auch die zugehörige Inschrift Bezug,
wenn sie von den „Geheimnissen“ spricht, die Johannes gesehen hat. „Sohn des Donners“ ist
ein Beiname, den Christus Johannes und Jakobus, den Söhnen des Zebedäus, gegeben hat. Es
ist zu vermuten, dass diese Erwähnung in der Inschrift auf Johannes’ Verbindung sowohl zu
762
Unwettern als auch zu Theophanie-Ereignissen anspielt.761 Der Donner war auch im Chris-
tentum - wie in den Theophanieberichten des Alten Testaments -Zeichen göttlicher Präsenz,
was sich beispielsweise in der Beschreibung des Sinai, des Gottesberges schlechthin, in den De
aedificiis des Prokop zeigt:
Es ist für den Menschen unmöglich, die Nacht auf dem Gipfel [des Sinai] zu verbringen, da sowohl
immerwährender Donner als auch andere göttliche Zeichen nachts zu vernehmen sind., so dass so-
wohl der menschlichen Körper als auch sein Geist mit Schrecken erfüllt werden '

Johannes ist aufgrund seiner Abstammung vom Donner bereits als für theophanische Ereignis-
se empfänglich charakterisiert. Darüber hinaus ist bezeichnend, dass dem Otfenbarungswerk
des Johannes in der Ausgestaltung der Ostwand gegenüber seinem Evangelium der Vorzug
gegeben wurde. Seine Fähigkeit zur visionären Schau ist ursächlich für die Anbringung der
arcana oberhalb einer thronenden Christusdarstellung in der Apsis, die dadurch als göttliche
Vision gekennzeichnet wird.
Die gleiche Absicht der Kennzeichnung des Raumes unterhalb des Bogenfelds als visionäre
Schau verfolgen auch die weiteren erhaltenen Stirnwanddekorationen aus der Spätanrike. Papst
Leo (440-461) ließ kurze Zeit später eine Ghristusbüste, flankiert vom Tetramorph und den

759 „Amore Christi nobilis, et filius tonitrui Sanctus Johannes arcana vidit. | Galla Placidia Augusta pro se,
et his omnibus solvit. (Muratori, 1725: 570.) Deichmann. 1969-1989: 156; Deichmann, 1974. 109.
Der erste Teil det Inschrift zitiert den 12. Hymnus des Ambrosius „Amore Cristi nobilis“, der allerdings
Johannes als Evangelisten stärker betont und die Eingangspassage seines Evangeliums zitiert, wohingegen
in San Giovanni Evangelista die Offenbarung in den Mittelpunkt gerückt wurde. (Siehe hierzu Zangara,
2000: 282E).
760 „Sancto ac beatissimo Apostolo Johanni Evangelistae, Galla Placidia Augusta cum filio suo Placido Valen-
tiniano Augusto, et filia sua lusta Grata Honoria Augusta liberationis periculttm maris votum solvent.“
(Muratori, 1725: 571).
761 Deichmann, 1974: 95.
762 AvOpojTttp yap ev tfj ÜKptnpetg ötavuKTEpEÜstv amj/jtvd sottv, ETtei ktwcoi re 8u]vskei; Kai Etspa atta
OstÖTEpa vvKTtop äKoüovrat, öt'ivaiüv te Kai yvebprjv tf|V ävOpaiTtsiav SKitLijoovTa. (Prokop, De aedificiis
5.8, 6-9; Veh (Hrsg.), Bd.5, München: Heimeran, 1977: 276.).
Die „Theophaniesierung“ der Bilder mir Hilfe von Visionen 173

92 Apsisstirnwand, San Giovanni a Porta Latina

24 Ältesten,763 am Triumphbogen von S. Paolo fuori le mura in Rom anbringen 764 (Tf. 32) An-
stelle des leeren Throns tritt hier die Büste Christi und damit eine anthropomorphe Visualisie-
rungsform des Göttlichen. In SS. Cosma e Damiano wird man einhundert Jahre später wieder
zum Bild des Throns (mit darauf liegendem Lamm) zurückkehren. (Tf. 4) Dieser Stirnbogen
folgte im wesentlichen Aufbau dem frühen Beispiel von S. Paolo fuori le mura, ergänzte aber
die zentrale Erscheinung, das Tetramorph und die Ältesten765 um die sieben Leuchter und vier
Engel. Als reduzierte Form können die Darstellungen des Tetramorphs auf den Stirnwänden
von Sant’Apollinare in Classe (549) und San Venanzio in Rom (640-642) gedeutet werden.
Diese apokalyptischen Stirnwandgestaltungen sollten im Mittelalter reiche Nachfolge finden.
In der Kirche San Giovanni a Porta Latina in Rom (Ende 12. Jh., Abb. 92) erscheint das Tet-
ramorph auf der Stirnwand, die 24 Ältesten auf den Obergadenwänden.766 In S. Croce in Ge-
rusalemme waren darüber hinaus auch die Leuchter dargestellt (um 1 144-1 148). 767 (Tf. 33).
763 Victorinus von Pettau (t 304) nennt in seinem Apokalypsenkommentar als Erklärung für die Zahl der
24 die Addition der zwölf Stammesväter Israels und der zwölf Apostel: „XXIIII seniores [.. .] sunt au-
tem XXIIII patres XII apostoli et XII patriarchae“ (Victorinus, Commentarius in Apocalypsim, CSEL 49,
Hausleiter (Hrsg.), Wien, 1916: 50).
764 Zur Rekonstruktion des Triumphbogens von San Paolo fuori le mura im 19. Jh. siehe Leclaire, Jerome,
„A propos des programmes iconographiques paleochretiens et medievaux de la basilique Saint-Paul-hors-
les-murs ä Rome,“ Cahiers archeologiques. Fin de l’antiquite et Moyen Age 52, 2009: 63—78, bes. 69—71.
Abb. in Ciampini, Giovanni, Vetera Monimenta. In quibus praecipue Musiva Opera, Sacrarum, Profana-
rumque Aedium Structura, Ac nonnulli antiqui Ritus Dissertationibus, Iconibusque illustrantur, Bd. 1, Rom:
1690, Tab. 68.
765 Im Zuge der Kapelleneinbauten durch Clemens VIII. im Jahre 1602 ist das Mosaik beschnitten worden.
Diesem Eingriff fielen zwei der vier Wesen und die Ältesten zum Opfer. Die Originalkomposition ist
jedoch bis heute an der Stirnwand von S. Prasscde in Rom - einer Kopie des Mosaiks von SS. Cosma e
Damiano — nachzuvollziehen.
766 Siehe hierzu Manion, Margaret, „The Frescoes of San Giovanni a Porta Latina (PhD thesis)“ (Bryn Mawr
College, 1976): 55-72.
76 7 Romano, Serena, (Hrsg.), Riforma e tradizione. 1050-1198, Romano, Serena; Andaloro, Maria, La pittu-
ra medievale a Roma. 312-1431, Bd. 4, Mailand: Jaca, 2006: 327. Zur Deutung der Fresken als „byzan-
174 Visualisierungsformen

Eine andere Ikonographie findet sich in San Michele in Africisco (545), der kleinen ravenna-
rischen Kirche, die Julianus Argentaritis gemeinsam mit seinem Schwiegersohn Bacauda in Auf-
trag gab. 68 Hier erscheint über der Apsiskalotte der thronende ganz-figurige Christus, umgeben
von posauneblasenden Engeln auf dem Kristallmeer. (Abb. 90) Diese Engel stammen nicht wie
sonst üblich aus Apk. 4 und 5, sondern haben ihren Ursprung im achten Kapitel der Offenba-
rung (8.2). Das Kristallmeer, auf dem sie stehen, stammt wiederum aus Apk. 4.6. Das Motiv der
posaunenblasenden Engel ist selten in der spätantiken Bildwelt. Es findet sich neben San Miche-
*770
774
773
772
771
768
le noch auf der linken Seitenlehne des Thronreliquiars von Grado.769 Hier ist das Tetramorph,
von Sternen begleitet, auf Seiten- und Rückenlehne verteilt angebracht. Die Seitenansicht der
Rückenlehne ist mit je fünf (sic!) Leuchtern verziert. Zwei posauneblasende Engel überfangen
das Bild des Menschen, unter dem sich die Öffnung für die Reliquien befindet (Tf. 3)
Ungleich enigmatischer sind die vier Engel, die sich in SS. Cosma e Damiano mit ausge-
breiteten Flügeln zum Kirchenraum hinwenden. (Abb. 56) Guglielmo Matthiae bezeichnete
die Engel schlicht als „quatrro angeh. Nichts deutet daraufhin, dass es sich um Cherubim
handelt, zumal diese bereits in Form des Tetramorph anwesend sind. Auch eine Identifikation
mit den Erzengeln ist wenig wahrscheinlich, ' da in der Spätantike in der Regel nur Micha-
el und Gabriel dargestellt wurden. Es scheint daher wahrscheinlich, dass es sich um die vier
Engel der Offenbarung handelt, welche die Winde zurückhalten. Der Seher Johannes schreibt
in Apk. 7.1: „Vier Engel standen an den vier Ecken der Erde. Sie hielten die vier Winde der
Erde fest, damit der Wind weder über das Land noch über das Meer wehte.“ Diese Deutung
wird durch zwei ikonographische Besonderheiten der Engelsdarstellungen belegt. Die unge-
wöhnliche Bewegtheit der Gewänder muss als Hinweis auf ein mit Wind verbundenes Ereig-
nis gedeutet werden. Noch eindeutiger ist die abwehrende oder zurückhaltende(l) Handgeste
zweier der vier Engel als ikonographisches Indiz für ihre Identifikation. Das Stirnwandmosaik
würde somit einen frühen Entwurf dieses Motivs darstellen. Ältere Bilder der Personifikation
des Windes sind nicht mit den apokalyptischen Engeln in Verbindung zu bringen. Erst im
Mittelalter wurden die vier Engel dann häufig in Buchilluminationen dargestellt
tinisch“ siehe Morganati, L ucia, „Gli affreschi di Lucio II,“ in: Gerusalemme a Roma: La basilica di Santa
Croce e le reliquie della Passione,Cassanelli, Roberto; Stolfi, Emilia (Hrsg.), Mailand: Jaca, 2012: 59-68
768 Deichmann, 1969—1989: 220-225; Effenberger, Arne, Das Mosaik aus der Kirche San Michele in Affricis-
co zu Ravenna Berlin: Ev. Verlagsanstalt, 1975.
769 Zum Alabaster-Thron von Grado siehe Gabont-Chopin, Danielle, „Stuhl des heiligen Markus. Thron-
reliquiar,“ in: Der Schatz von San Marco in Venedig, Hellenkemper, Hansgerd (Hrsg.), Mailand: Olivetti,
1984: 106-114; Terry, Ann, „The Early Christian Sculpture at Grado: A Reconsideration,“ Gesta 26,
1987: 93-1 12: Hahn, Cynthia, „The Meaning of Early Medieval Treasuries,“ in: Reliquiare im Mittelalter,
Reudenbach, Bruno (Hrsg.), Berlin: Akademieverlag, 201 1. 1-19: 8f. und Abb. in Christe, 1996: Abb.
14; Vollmer, 2014: Kat. Nr. 6.
770 Zum Verständnis des Posaunenschalls als Anzeichen einer sich nähernden göttlichen Präsenz siehe unten
Anm. 840.
771 Matthiae, Guglielmo, Mosaici medioevali delle chiese die Roma, Bd. 1, Rom: Libreria dello Stato, 1967:
207.
772 Zur Interpretation der Engelsfiguren als Erzengel siehe Wisskirchen, Rotraut, Die Mosaiken der Kirche
Santa Prassede in Rom, Mainz: Zabern, 1992: 32.
773 Bspw. die geflügelte Figur auf Jonas-Sarkophag aus dem Lateran (Nr. 1 19; Rep. 1.35) und auf dem Sar-
kophag des Archäologischen Museums von Cordoba.
774 Bspw. Beatus Fis. des Facundus, Madrid BN B. 31a fol. 145 und fol. 17v der um 1000 auf der Reichenau
entstandenen Bamberger Apokalypse (Taf. 15 in: Harnischfeger, Ernst, Die Bamberger Apokalypse,Stutt-
gart: Urachhaus, 1981).
Die „Theophaniesierung“ der Bilder mit I Ulfe von Visionen 175

Im Eintrag zu den Apsisbildern im Reallexikon zur Byzantinischen Kunst diskutiert Klaus Wes-
sel auch das Verhältnis von Apsis- und Stirnbogenbildern und kommt zu dem Schluss, dass es
zwischen beiden keine Verbindung gibt Er legt dar, dass, obwohl in den Apsisbildern und auf
den Bogenfeldern „die gleiche Grundtendenz, der Hinweis auf die Fheophanie bzw. die Majes-
tät Christi, anklingt [...], so sind die Kompositionen doch voneinander unabhängig.“ Diese
Sichtweise soll hier in Bezug auf die Ausstattung von SS. Cosma e Damiano kritisch diskutiert
werden, denn deren Erforschung ist wohl am stärksten durch die künstliche Separierung be-
einflusst worden ('1 f. 4) Beide Mosaiken wurden in der Forschung lange Zeit als inhaltlich und
chronologisch getrennt betrachtet.
Von einigen Forschern wird das Stirnwandmosaik von SS. Cosma e Damiano in die Zeit
um 700 datiert. Diese gängige Argumentation geht auf die Untersuchungen durch Guglielmo
Matthiae zurück. Dieser berief sich auf die Singularität des zentralen Bildes des Lamms auf
dem Thron und erklärte das Bild unter Berufung auf den 82. Kanon des Concilium Quini-
sextum (692). Dieser Kanon untersagte jegliche Darstellung Christi in symbolischer Form.
Papst Sergius 1. (687-701) hatte sich den Konzilsbeschlüssen jedoch nicht gebeugt, weshalb,
so die Argumentation Matth iaes, die Darstellung des Lamms in SS. Cosma e Damiano und
auf der Fassade von Alt-St. Peter auf Sergius zurückgehen müsse. Diese Argumentationswei-
se ignoriert die Tatsache, dass die Darstellung Christi als Lamm in den Jahrhunderten zuvor
nicht nur erlaubt war, sondern auch weithin praktiziert wurde. Herrmann Vogt hat denn auch
dargelegt, dass der angebliche Streit um das Lamm schlicht ein „Interpretationsprodukt mo-
derner Historiker ist, was jedoch in der Diskussion um das Lamm kaum Beachtung gefunden
hat Bei der jüngsten Restaurierung der Mosaiken hat Vitaliano Tiberia eine „weitgehenden
Kontinuität“ 780 zwischen den Mosaiken der Stirnwand und der Apsiskalotte festgestellt, ohne
daraus den Schluss zu ziehen, dass beide einer Zeitstellung entsprangen.
Aus theologischer, historischer und technischer Sicht besteht somit kein Grund, die Zeit-
gleichheit beider Mosaiken zu bezweifeln. Auch ikonographisch und stilistisch passen beide
besser ms sechste als ins späte achte Jahrhundert. 81 Die Ihronvision von SS. Cosma e Damiano
fügt sich nicht nur in die mentale und kulturelle Verfasstheit der Menschen in der Spätanti-
ke - die hier als Visionserwartung bezeichnet wird -, sondern sie hat in S. Maria Maggiore
und S. Paolo fuori le mura wichtige Vorbilder, in San Michele in Africisco einen wichtigen
Zeitgenossen.

775 Wessel, Klaus, „Apsisbilder“, RBK 1, 1966: 268-293, Zitat S. 286


776 Matthiae, Guglielmo, 56. Cosma e Damiano e S. Teodora, Rom: 1948: 60: Matthiae, 1967: 209-21 1.
777 Mansi, Joannes Dommicus, Sacrorum conciliorum nova et amplissima collectio, Bd. 11, Graz: Akademische
Verlagsanstalt, 1960 [Nachdruck der Ausgabe Paris: Welter, 190 1|: 578f.; Akten des Concilium Quinisex-
tum, FC 82: 270-273.
778 Bezüglich des Mosaiks auf der Fassade von St. Peter spricht sich Stefan Waetzoldt für die Originalität des
Lamms und gegen eine Veränderung des Mosaiks unter Sergius I. aus: Waetzoldt, Stephan, Die Kopien des
17. Jahrhunderts nach Mosaiken und Wandmalereien in Rom, Wien: Schroll, 1964: 67. Siehe auch Kinney,
1992: 204.
779 Vogt, Hermann J., „Der Streit um das Lamm. Das Trullanum und die Bilder,“ Annuarium Historiae
Conciliorum 20, 1, 1988: 135—149, ZitatS. 135.
780 Tiberia, Vitaliano, II mosaico restaurato: l’arco della Basilica dei Santi Cosma e Damiano, Rom: Gangemi,
1998: 48.
781 Besonders die Engel haben große Ähnlichkeit mit vergleichbaren Engeln etwa im Apsismosaik der Basi-
lica Euphrasiana.
176 Visualisierungsformen

Kehren wir nun wieder zurück zu Wessels Beobachtung, dass spätantike Apsis- und Stirn-
wanddekorationen eine theophanische Grundtendenz teilen. Dies ist die Voraussetzung, dass
beide eine Bedeutungseinheit bilden. In den vorangegangenen Kapiteln ist bereits für einige
Apsismosaiken der visionäre Charakter herausgearbeitet worden (bspw. San Giovanni Evan-
gelista, Sant’Apolhnare in Classe, Katharinenkloster auf dem Sinai und San Venanzio). Im
folgenden Kapitel wird auch für SS. Cosma e Damiano rekapituliert, dass es sich um die Vi-
sualisierung einer prophetischen Vision handelt. Die Darstellung der Göttlichkeit in der Apsis
(und im Stirnwandmosaik) von San Michele in Africisco werden in der Regel im Kontext der
Auseinandersetzung mit den Arianern als anti-arianisch gedeutet. Abgebildet ist ein jugend-
licher, von zwei Engeln flankierter Christus mit dem Gemmenkreuz in der Hand. Die Szene ist
in einer paradiesischen Landschaft angesiedelt und unschwer als Bild des göttlichen Christus
(nicht des historischen Jesus) zu erkennen. Einen eindeutigen Hinweis darauf, was hier darge-
stellt ist, liefern die Inschriften in dem von Christus gehaltenen offenen Buch. Sie lautet: QUI
V1DIT ME VJDIT ET PATREM und EGO ET PATER UNUM SUMUS. Sicherlich kann
die Aussage der Inschriften als Angriff gegen die Arianer gelesen werden, ! aber dies allein
als Erklärung zuzulassen, würde dem Bild den Kern seiner Aussage nehmen. Die orthodoxe
Forderung, dass Christus auch göttlich und damit Gottvater gleich ist, ist nicht allein in der
Auseinandersetzung mit den Arianern begründet, sondern entspringt der spätantiken Visions-
erwartung, dem Wunsch nach der Sichtbarmachung des Göttlichen. Es wird hier inschriftlich
betont, dass es sich um den göttlichen Christus als Gott handelt, um eine Theophanie also, die
mittels der Figur Christi dargestellt werden konnte.
Dass ebenso wie den Apsiden auch den Stirnwänden ein theophamscher Gehalt innewohnt,
lässt sich am besten an zwei motivischen Beispielen belegen, die eine Ausnahme bilden, indem
sie gerade nicht die Offenbarungsvision zeigen. Auch diese beiden Bildprogramme betonen das
Theophanische. In Porec ist auf der Stirnwand über dem Apsismosaik mit der Fheotokos und
dem Christuskind ein auf einem Globus thronender Christus zu sehen. Er wird gerahmt von
den stehenden elf Aposteln und Paulus. Ähnlich wie in San Michele in Africisco ist hier auch
die Figur Christi gedoppelt. (Abb. 93) Die Erscheinung Christi, der auf einer Sphaira thront,
ist bekannt von den theophanischen Darstellungen in der Apsis von San Vitale (Tf. 9) und auf
der ehemaligen Apsisstirnwand von San Lorenzo fuori le mura. (Abb. 94) Sie hat ihre Wurzeln
in spätantiken Darstellungen des entrückten Herrschers (bspw. Medaillon des Alexander Sever-
783
782
us), der oberhalb der irdischen Welt thront.784 Ohne auf die Offenbarung zurückzugreifen, ist
also wie in San Lorenzo auch in der Basilica Euphrasiana das theophanische Moment betont.
Am Sinai sind stattdessen über der Apsis die beiden mosaischen Lheophanien abgebildet.
Die Motivwahl ist in diesem Fall natürlich dem Ort geschuldet. Es kann aber trotzdem nicht
als zufällig verstanden werden, dass auch hier ein theophanisches Apsismosaik um ein ebenfalls
theophanisches Apsisstirnwand mosaik ergänzt wird. Beide verbindet kein inhaltlicher, son-

782 Effenberger, 1975: 54-78. Giovanni Montanari interpretiert das Mosaik ebenfälls als Ausdruck einer
orthodoxen Christologie gemäß den anti-arianischen Beschlüssen von Nikaia I und Chalkedon: Mon-
tanari, Giovanni, „L’abside di San Michele in Africisco: l’iconologia cristologica,“ in: San Michele in
Africisco e l’etä giustinianea a Ravenna, Spadoni, Claudio; Kniffitz, Linda (Hrsg.), Mailand: Silvana, 2007:
399—410, bes. S. 399f. und 408. Effenberger diskutiert /Apsis und Stirnwandmosaik explizit als Bedeu-
tungseinheit: Effenberger, 1975: 77f.)
783 Effenberger betont, dass diese Stellen aus dem Johannes-Evangelium (Joh. 14.9 und 10.38) von Athana-
sius von Alexandria gegen den arianischen Glauben vorgebracht wurden (Effenberger. 1975: 62).
784 Siehe oben Anrn. 539.
Die „Theophaniesierung“ der Bildet mit I lilfe von Visionen 177

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93 Apsis-nnd Apsisstirnwandmosaiken der Basilica Euphrasiana, Porec

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Ehemaliges Stirnwandmosaik, San Lorenzo fuori le mura, Rom


178 Visualisierungsformen

dern vielmehr ein konzeptueller Zusammenhang. Ziel der Mosaikausstattung war es auch hier,
die Sichtbarwerdung des unsichtbaren Göttlichen zu visualisieren. Diese Darstellungsabsicht
scheint somit eine Konstante der spätantiken Apsisstirnwände gewesen zu sein, wie Wessel
bereits bemerkte.
Wie kann auf der Grundlage dieser Beobachtung das wechselseitige Verhältnis zwischen
Apsis und Stirnwand beschrieben werden? In einigen Fällen ist diese Verbindung sehr direkt
ins Bild gesetzt: Die 24 Ältesten (in SS. Cosma e Damiano und S. Prassede) huldigen nicht nur
dem Bild des Göttlichen im Bogenscheitel, sondern gleichzeitig auch dem Bild in der Apsis-
kalotte. Solche Huldigungsszenen lassen sich auf imperiale Vorbilder wie die Kaiserhuldigung
zurückführen (bspw. auf einem Fries des Konstantinsbogen Abb. 49). Aber dieses Motiv hat
auch ein Vorbild in der schriftlichen Überlieferung jüdischer und christlicher Fheophaniebe-
schreibungen: Im 14. Buch Henoch wird die Gotteserscheinung von huldigenden Heerscharen
785
(„zehntausend mal Zehntausenden“) umringt.786 Die Apokalypse des Abraham bietet eine Zu-
sammenschau der Theophanieberichte der Propheten Jesaja und Hesekiel, in denen Engel und
das Tetramorph den Thron Gottes umstehen. 78' Diese Vorstellungen halten schließlich Einzug
in die hagiographischen Schriften. Der Lektor einer Kirche, so berichtet Johannes Rufus, sieht
Christus umringt von Heiligen in die Kirche treten.788 Eine interessante Erwähnung macht
Perpetua in ihrem Visionsbericht: Sie erzählt, dass sie Gott als Alten der Tage sah, um den
herum die 24 Ältesten standen.789 Abgesehen von solch direkten Verbildlichungen der huldi-
genden Schaar und der zentralen Erscheinung, kann das Verhältnis aus Apsis und Stirnwand
auch allgemeiner definiert werden: Beide Bildträger steigern die Aussage des jeweils anderen
und charakterisieren sich gegenseitig als Fheophanie. Dies gilt sogar, wenn unterhalb des Bo-
791
gens kein Bild angebracht war wie in S. Paolo fuon le mura.790 (Tf. 32) Hier überfängt und
beschreibt das Bildfeld das Geschehen jenseits des Bogens, nämlich das Sanktuarium mit dem
Grab des Apostels, das gleichzeitig als memoria und Altarmcnsa diente
Wie bei den übrigen Beispielen wird in S. Paolo die Ostpartie, der heiligste Bereich ei-
nes Kirchenraums, der die göttliche Präsenz verspricht, als besonderer theophanischer Raum
charakterisiert. Selbst die Apsisstirnwand von S. Maria Maggiore, die zum größten Teil chris-
tologische Szenen zeigt, trägt in ihrem Scheitel das Bild einer apokalyptischen Theophanie.
Diese älteste erhaltene Stirnwanddekoration suggeriert, dass sich theophanische Themen auf
den Bogenfeldern seit dem Beginn des fünften Jahrhunderts ausbreiteten und narrative Szenen
verdrängten. Der Bestand ist jedoch zu lückenhaft, um dies endgültig festzustellen.

Zusammenfassend sind Bilder der Offenbarung deutlich seltener als es deren Prominenz in
der Forschung erwarten lässt. Neben der apokalyptischen Thronvision gab es eine Reihe von

785 Grabar, 1936: 230-234; Deckers, 1996: 188.


786 Henoch 14.18-20 (Dillmann, 1853: 8).
787 Apokalypse des Abraham 18. Zitiert in Couturier, 1984: 28.
788 Johannes Rufus, Pleroforiae 18 (Patrologia Orientalis 8: 35).
789 Passio Perpetuae et Felicitatis 12.4 (Heffernan, 2012: 11 5).
790 Die frühe Apsis, die natürlich auch als Bezugspunkt dienen konnte, ist nicht erhalten. Das aktuelle
Mosaik geht auf eine Erneuerung unter Honorius III. (1216-1227) zurück (Queijo, Karina, „II mosaico
absidale di San Paolo tuori le mura,“ in: II Duecento e la cultura gotica, Romano, Serena; Andaloro, Maria
(Hrsg ), Mailand: Jaca, 2006: 77-87).
791 Brandenburg, Hugo, Die frühchristlichen Kirchen Roms vom 4. bis zum 7. Jahrhundert. Der Beginn der
abendländischen Kirchenbaukunst, Regensburg: Schnell und Steiner, 2004: 125-130.
Die „Theophaniesierung“ der Bilder mir Hilfe von Visionen 179

visuellen Strategien, um die christlichen Bilder als Bilder des Numinosen zu kennzeichnen:
Eine wichtige Rolle konnte die räumliche Inszenierung in Apsiden und Nischen spielen sowie
die räumliche und visuelle Entrückung des Bildgeschehens aus der Sphäre der Betrachter. Von
der antiken Götterikonographie geliehene Attribute - Nimbus, Sterne und solare Attribute -
konnten das Göttliche bezeichnen. Der leere Thron, em antikes Bildmotiv, wurde in ein christ-
liches umgedeutet, das nun die unsichtbare Erscheinung des christlichen Gottes bezeichnete,
teilweise in expliziter Anlehnung an die Thronvision aus Apk. 4 und 5. Auf diesen Visionsbe-
richt geht der größte Teil der apokalyptischen Motive zurück, so auch das Tetramorph, das zum
sichersten Anzeichen einer Theophame wurde. Es fällt auf, dass der Großteil dieser christlichen
Theophaniebilder spätantike Neuschopfungen darstellen, da keine geeigneten Vorlagen aus der
antiken Bildsprache existierten. Damit unterscheiden sich die theophanischen Bilder deutlich
von den üblichen visuellen Transformationsprozessen in der Spätantike. Mit der Aufgabe kon-
frontiert, den christlichen Gott in Visionen darzustellen, griffen die Bildschöpfer anstatt auf
existierende Bildvorlagen auf die jeweiligen Texte zurück.
Eine weitere wichtige Strategie der Schaffung theophanischer Bilder war die Hinwendung
zu nicht narrativen Bilderzählungen. Lediglich die Bilder der mosaischen Visionen sind nar-
rativ und stellen einen bestimmten Zeitpunkt der biblischen Geschichte dar. Sie verweisen
jedoch über sich hinaus auf die beständige Erwartung der Vision Gottes. Die Transfiguration,
einer der wenigen theophanischen Berichte der Evangelien, wurde erst vergleichsweise spät zur
Visualisierung der göttlichen Natur Christi genutzt. Die drei grundlegenden Visionstexte für
die Produktion nicht-narrativer theophanischer Bilder waren die Thronvision des Jesaja (6), die
Vision des Hesekiel (1 und 10) und ihre christliche Adaption in den Kapiteln 4 und 5 der Of-
fenbarung. Daneben wurden auch autarke anikonische Schöpfungen wie das nimbierte Chris-
togramm im Baptisterium von Albenga oder die kreuzförmige Vision, beglaubigt von Moses
und Elias, in Sant’Apollinare in Classe geschaffen. Auf Rom und das römische Einflussgebiet
beschränkt war die Traditio Legis, das wohl früheste komplexe Theophaniemotiv. Dieses Bild
der Prophetie des Jesaja (2.2-4) soll zusammen mit den Bildern der Offenbarung im folgen-
den Teil auf seine Zeitlichkeit hm untersucht werden. Denn Voraussetzung dafür, dass diese
Bilder als visueller Ausdruck der Visionserwartung der spätantiken Christen gedeutet werden
können, ist, dass sie eine Erscheinung in der Gegenwart abbildeten. Zweck der Bilder war es
nicht, narrative Zukunftsvisionen darzustellen, sondern die Präsenzerfahrung des Göttlichen
zu ermöglichen.
III. Präsenzerfahrung

Das Phänomen der Visionserwartung bezieht sich auf die Gegenwart oder die unmittelbare
Zukunft. Sie unterscheidet sich darin von der antik jüdischen und frühen christlichen apoka-
lyptischen Traditionen, deren Erwartung auf ein nahendes Ende gerichtet war, das zukünftig
- im Verlauf einiger Jahre, Jahrzehnte oder Jahrhunderte - eintreten sollte. Die im ersten Teil
untersuchten Phänomene sind nicht von der eschatologischen Erwartung erfüllt, sondern ihr
Interesse gilt der Sichtbarmachung des Unsichtbaren im Hier und Jetzt. Von Pachomios war
bekannt, dass dieser häufig visionäre Begegnungen mit dem Göttlichen hatte; darum wurde er
gebeten, von einer aktuellen Vision zu berichten 92 Der verstorbene Claudius Callistus hatte
gehofft, bereits zu Lebzeiten Gott sehen zu können; nun wünschten seine Angehörigen, dass
792
795
794
er nach dem Tod diese visionäre Begegnung haben möge. 793 Auch die vielen Heiligenvisionen
in den hagiographischen Schriften beschreiben Erscheinungen, die ihren Informationsgehalt
aus der Gegenwärtigkeit des Geschauten ziehen. Nimmt eine Vision Bezug auf Zukünftiges,
so nicht als orakelhafte Ankündigung des kommenden Ereignisses, sondern um bereits in der
Gegenwart temporär einen visuellen Zugang zum eigentlich Zukünftigen zu gewähren. Dem
Heiligen Marrin zeigte der Teufel zu Lebzeiten eine Theophanie, die sich erst am Ende der Tage
offenbaren würde.' 94 Zweck der theophanischen Ereignisse war stets die Sichtbarmachung des
Unsichtbaren, obwohl die Sichtbarkeit des Göttlichen eigentlich noch nicht erlaubt war.
Nachdem der zweite Teil die Formen der Visualisierung des Göttlichen untersucht hat,
wird im folgenden Teil der Beweis nachgetragen, dass es sich sowohl bei der Visionserwartung
in den Texten als auch bei den Bildern der göttlichen Visionen um das gleiche Phänomen han-
delte. Hierzu muss die Zeitlichkeit der Bilder ermittelt werden, die in der Forschung keines-
wegs unumstritten ist. Die Frage nach der Prairmzerfahrung meint hier zunächst die zeitliche
Dimension des Geschauten. In der Regel werden die theophanischen Bilder als eschatologische
Darstellungen zukünftiger Geschehnisse interpretiert. Dies wird zugunsten einer präsentischen
Deutung widerlegt, und im folgenden Abschnitt sollen die Strategien aufgezeigt werden, die
den Bildern erlaubten, im Vorgriff auf zukünftige Ereignisse das Göttliche in der Gegenwart
darzustellen. Schließlich soll die Präsenzerfahrung im Sinne der Anwesenheit des Göttlichen
im realen Raum untersucht werden. Ein wichtiges Mittel zur Erlebbarmachung der göttlichen
Gegenwart war das Licht in Sakralräumen, das den Kontakt zwischen der göttlichen und irdi-
schen Sphäre verbildlichte.

III. 1. Die Zeitlichkeit von Visionen

Bilder theo phänischer Erscheinungen werden bislang nicht zusammenhängend untersucht,


sondern einer Vielzahl von „Untermotiven“ zugeordnet (Hetoimasia, Himmelfahrt, imperiale
Ikonographie, apokalyptische Bilder usf.). Ebenso wie die Deutung der Bildinhalte variiert
auch deren Zuschreibung zu verschiedenen Zeithorizonten. Einige Motive werden als Dar-
stellungen der historischen Geschehnisse an den loca sancta im Heiligen Land gedeutet 11 oder
792 Siehe oben Anm. 66.
793 Siehe oben Anin. 76.
794 Siehe oben Anm. 294.
795 Bspw. Grabar, 1946: 130 und 158; Weitzmann, 1974: 48.
182 Präsenze rfah rnng

als Verbildlichungen historischer Ereignisse wie dem Missionsbefehl an die Jünger.' ' Wenige
Forscher interpretieren die Erscheinungen Gottes als Bilder der gegenwärtigen Ecclesia und
die überwiegende Zahl der Darstellungen werden eschatologisch, also als Repräsentationen des
797
796
Endes der Zeit interpretiert. 798 Liturgische Deutungen, die die Bilder als Teil des gegenwär-
tigen Ritus begreifen, nehmen eine Mittlerstellung ein, da sie zwar von endzeitlichen Bildin-
halten ausgehen, diese aber in Bezug zu gegenwärtigen Handlungen setzen. Diese liturgischen
Deutungen verstehen die Bilder als illustrative Verstärkung der eucharistischen Präsenzerfah-
rung während des Gottesdienstes. 799 Wie oben bereits gezeigt wurde, sind die Bilder jedoch
kein Hilfsmittel der Liturgie oder visuelle Erläuterungen derselben. Können also die Bilder
auch selbst als Visualisierung eines Strebens nach der Präsenzerfahrung des Göttlichen in der
Gegenwart gedeutet werden? Im Folgenden soll dargelegt werden, dass dies der Fall ist. Grabar
hatte in seinen eingangs zitierten Ausführungen zur Ikonographie des Himmels die Frage offen
gelassen, ob die spätantiken Bilder die Gegenwart oder die Endzeit darstellten. Er begründet
dies damit, dass den Bildern jener Zeit die Ausdrucksmittel fehlten, die Zeitlichkeit visuell
zu definieren.800 Im Folgenden soll die Zeitlichkeit definiert werden und die Bilder als Teil
von und Antwort auf die spätantike Visionserwartung gedeutet werden. Die Bilder selbst wie
auch die Schriftquellen erhellen den zeitgenössischen Vorstellungshorizont und erlauben, eine
Antwort auf die Frage zu Enden. Die für den modernen Betrachter fehlende Eindeutigkeit der
Bilder stellte für die spätantiken Bilderschöpfer oder Betrachter kein Problem dar, da sie den
Bildern mit einer anderen Erwartungshaltung begegneten. Hierin trat die Spätantike das Erbe
der griechisch-römischen Bildkultur an, die das Göttliche in seiner gegenwärtigen Ausformung
erlebbar machen wollte, nicht jedoch das zukünftige Endzeitgeschehen visualisieren.

Vier zumeist eschatologisch gedeutete Motive bieten sich für eine Untersuchung der Zeit-
lichkeit an: der leere Thron, die Bilder der Offenbarung des Johannes und der synoptischen
Apokalypse und das Motiv der Traditio Legis. Das Bild des leeren Throns - oft als Hetoimasia
bezeichnet - ist in Kapitel II.3. bereits diskutiert worden. Obwohl es häufig als Abbreviatur
des Endzeitgerichts gedeutet wird, sind eindeutige Hinweise auf eschatologische Bildaussagen
in der Spätantike schwer zu finden, und erst in den mittelbyzantinischen Darstellungen des
Jüngsten Gerichtes (vermutlich um das 10. Jh.) wird der Thron Teil einer dezidiert endzeit-
lichen Ikonographie.801 Diese Einbindung des Motivs in einen größeren Bildzusammenhang
hat wenig gemein mit den spätantiken Beispielen, beispielsweise auf den Stirnwänden von

796 Bspw. Hvalvik, Reidar, „Christ Proclaiming his Law to the Apostles: The Traditio Legis Motif in Early
Christian Art and Literature," in: The New Testament and Early Christian Literature in Greco— Roman
Context, Aune, David E.; Fotopoulos, John (Hrsg.), Leiden: Brill, 2006: 405-437.
797 Bspw. Schiller, Gertrud, Ikonographie der christlichen Kunst. Die Auferstehung und Erhöhung Christi, Bd.
3, Gütersloh: Mohn, 1971: 211; Christe, 1974.
798 Bspw. Kantorowicz, 1944: passim; Ufford, 1971: passim; Kleinbauer, Eugene W.,' „The Iconography and
the Date of the Mosaics of the Rotunda of Hagios Georgios, Thessaloniki,“ Viator 3, 1972: 27-107: bes.
S. 27 und 40-44; Hellemo, 1989: passim; Kühnel, Bianca, The End of Time in the Order of Things. Science
and Eschatology in Early Medieval Art, Regensburg: Schnell und Steiner, 2003: 55-62; Herrmann; Hoek,
2009: 40.
799 Siche oben Anm. 706 und 712.
800 Grabar, 1982: 12. Siehe oben Anm. 48.
801 Frühestes Beispiel ist eine Miniatur im Tetraevangelium der Pariser Nationalbibliothek (cod. gr. 74). Sie-
he Brenk Beat, „Die Anfänge der Byzantinischen Weltgerichtsdarstellung,“ Byzantinische Zeitschrift 57,
1964: 106—126, bes. S. 106-109. Siehe auch Bogyay, „Hetoimasia“, RBK2: 1198; Vollmer, 2014; 357.
Die Zeitlichkeit von Visionen 183

S. Maria Maggiore und SS. Cosma e Damiano, m der Kapelle Santa Matrona oder in Form
des vollplastischen Reliquienthrons von Grado. (Tf. 1, 4, 2 5 und 3) Hier ist der Thron eines
von mehreren Bildelementen aus der Offenbarung. Er transportiert antike Vorstellungen der
unsichtbaren Präsenz des abwesenden Herrschers (Solisternium). Dieses Motiv bot nicht nur
die Möglichkeit der Visualisierung des Nicht-Darstellbaren, sondern eignete sich auch für die
Verbildlichung biblischer Visionsberichte, der Thronvisionen.802 Es stellt einen Brückenschlag
zwischen der antiken Bildsprache und den neuen christlichen Visualisierungsformen des Gött-
lichen dar. Bereits Christe hatte der Annahme widersprochen, es handele sich in irgendeiner
Form um den Thron des Endgerichts und deutete das Bild stattdessen als „Vision der Herr-
schaft Christi und der Kirche.“ 803
Nun werden die apokalyptischen Bilder, zu denen auch der leere Thron gehört, von der
Forschung häufig als endzeitlich interpretiert. Doch in Spätantike und Frühmittelalter wurden
die Bilder der Offenbarung und des leeren Throns als Zeichen der Gegenwart des Göttlichen
gelesen. Dies wird im Folgenden dargelegt. Nicht nur die Bilder der Offenbarung des Johannes,
sondern auch mit der synoptischen Apokalypse verbundene Bildelemente, allen voran Kreuz-
darstellungen, wurden auf die Gegenwart bezogen. Es folgt eine Analyse der Zeitlichkeit der
Thzz/ffzo-Ze w-Darstellungen, die sich aus der exegetischen Tradition ihrer lextgrundlage ein-
deutig ablesen lässt. Das darauf folgende Kapitel widmet sich zwei Bildbeispielen des achten
Jahrhunderts, die in der Bildtradition des Theophaniemotivs stehen: der Türsturz der Al-Moal-
laqa-Kirche und die Maiestas-Domim-Miniatur im Gundohinus Evangeliar. Beide illustrieren
exemplarisch nicht nur das lange Nachleben spätantiker Motive, sondern belegen durch die sie
begleitenden Inschriften beziehungsweise den Text die Kontinuität der zeitlichen Zuordnung
der Bilder zur gegenwärtigen Gottesvision. Im letzten Teil des Kapitels wird schließlich die
spätantike Strategie der zeitlichen Verschränkung unterschiedlicher Zeitebenen zum Zweck der
Generierung von Information über die Gegenwart erläutert.

Die Offenbarung des Johannes und ihre Bilder


Die exegetische Tradition der Offenbarung in der Spätantike zeichnet ein klares Bild bezüglich
dessen Zeitlichkeit. Nachdem die zweite Wiederkunft Christi über 300 Jahre lang ausgeblieben
war, wurde das Buch ab dem vierten Jahrhundert als Beschreibung der Gegenwart gelesen. Wir
müssen darum zunächst davon ausgehen, dass diese Lesart auch auf die Bilder angewendet
wurde. Christe hat diese These in vielen seiner Schriften in der kunsthistorischen Forschung zu
etablieren versucht,804 aber erst in jüngster Zeit findet er damit Gehör bei einigen Forschern. 805
Die theologische Auseinandersetzung mit der Johannes-Apokalypse setzte im zweiten Jahr-
hundert ein. Der früheste sichere Beleg für die Rezeption des Buchs hat sich in den Schriften
Justin Märtyrers erhalten. Im Dialog mit dem Juden Trypho (80.5) nimmt er ausdrücklich

8 0 2 Siehe hierzu Anm. 578.


8 0 3 Christe, 1996: 1 1; 66-70. Elisa Natale und Stefano Resconi betrachten die Hetoimasia in S. Maria Mag-
giore im Kontext des Bildprogramms der gesamten Stirnwand und deuten sie als Vision des Triumphs
Christi und der Kirche (Natale, Elisa di; Resconi, Stefano, „L irnmagine della cosiddetta «Etimasia» dal V
al IX secolo,“ Studi medievali 54, 2013: 691—750, bes. S. 705).
804 Bspw. Christe, 1974 und Christe, Yves, „Les representations medievales d’Ap. 4-5 en visions de seconde
parousie. Origines, textes, contexte,“ Cahiers archeologiqu.es. Fin de lAntiquite et Moyen Äge 23, 1 974:
61-72
805 Bspw. bei Thuno, 2015: 74.
184 Präsenzerfah ru ng

Bezug auf das tausendjährige Reich, das Johannes verkündete (Apk. 20.4—6).806 Seit dem drit-
ten Jahrhundert entstanden dann Kommentare, die sich allein mit der Deutung der Apokalyp-
se beschäftigen. 807 Der älteste erhaltene Kommentar stammt von Victorinus von Pettau (um
258/260).808 Ende des vierten Jahrhunderts folgt der Kommentar des Tyconius, der jedoch nur
durch die Erwähnungen bei anderen Autoren belegt ist. 809 Umstritten ist die Existenz eines
Kommentars von Hippolytus von Rom. 810 398 überarbeitete Hieronymus den Kommentar des
Victorinus. Er beschreibt das himmlische Jerusalem (Apk. 21—22) im Präsens als Allegorie der
Kirche,811 dem Kommentar des Victorinus fügte er einen neuen Schluss hinzu, da Victorinus'
Auffassung des Millenarismus nicht mehr der aktuellen theologischen Meinung entsprach.812
Die Passage bei Apk. 20.5, die von einem tausendjährigen Reich spricht, das sich bis zum
Ende der Welt und dem Jüngsten Gericht ausdehnt, ist in den ersten Jahrhunderten kontrovers
diskutiert worden.813 Frühe christliche Autoren wie Victorinus und Irenäus von Lyon legten
die tausend Jahre zumeist wörtlich aus. Am Beginn der tausend Jahre sieht Irenäus die Patri-
archen des Alten Testaments.814 Früher als im Westen des Reichs wurde im Osten jedoch von
dieser wörtlichen Interpretation Abstand genommen, vermutlich aufgrund des Ausbleibens des
Weitendes. Die Veränderungen, die Hieronymus am Kommentar des Victorinus vornahm, be-
zogen sich denn auch vor allem auf dessen wörtliche Auffassung des Millenniums. Hieronymus
aktualisierte Victorinus’ Text durch eine zeitgemäße allegorische beziehungsweise spirituelle
Deutung der tausend Jahre.815

806 Justin Märtyrer, Dialogus cum Tryphone 80.5 (Bobichon (Hrsg.), Fribourg: Universite, 2003: 406). Siehe
hierzu Nicklas, Tobias, „Probleme der Apokalypserezeption im 2. Jahrhundert,1 in: Ancient Christian In-
terpretations oj Violent Texts in the Apocalypse, Verheyden, Joseph; Nicklas, Tobias; Merkt, Andreas (Hrsg.),
Göttingen: Vandenhoeck, 2011: 28—45: 37.
807 Siehe hierzu den Überblick in; Bogaert, Pierre-Maurice, „Le texte de 1’Apocalypse chez les Peres latins,“
in: Les visions de l’Apocalypse. Heritage d’un genre litteraire et interpretations dans la litterature chretienne des
Premiers siecles (= Cahiers de Biblia Patristica 14), Vinel, Franchise (Hrsg.), Turnhout: Brepols, 2014: 13-
34, sowie folgende Textsammlungen: Wemrich, William C. (Übers.); Oden, Thomas C . (Hrsg.), Greek
Commentaries on Revelation, Downers Grove: IVP, 2011; Weinrich, William C. (Übers, und Hrsg.), Latin
Commentaries on Revelation, Downers Grove: IVP, 201 1
808 Victorinius von Pettau, CSEL 49 und SC 423.
809 Überblick in: Schiller, 1990: 71—77.
810 McGinn, Bernard, „The Emergence of the Spiritual Reading of the Apocalypse in the Third Century,“ in:
Reading Religions in the Ancient World, Atme, David E.; McQueen Grant, Robert (Hrsg.), Leiden: Brill,
2007: 251-272, bes. S. 256.
81 1 Hieronymus spricht von den Edelsteinen (Apk. 21.19), welche die Märtyrer symbolisieren. Sie schmü-
cken das himmlische Jerusalem, die Stadt des großen Königs: „Propterea auro mundo sociantur, ex qui-
bus regis magni ciuitas decoratur.“ (Recensio Hieronymi XI.l; CSEL 49: 149,9-10. Zitiert in: Dulaey,
Martine, „Jerome „editeur“ du Commentaire sur l’Apocalypse de Victorin de Poetovio,“ Revue des Etudes
Augustiniennes 37, 2, 1991: 199-236, bes. S. 21 1).
812 Dulaey, 1991.
813 McGinn, 2009, bes. S. 86—89.
814 Irenäus von Lyon, Adversus haereses 5.33.3 (FC 8.5: 246). Zu den eschatologischen Tendenzen des Irenäus
bemerkt Dominique Betrand- „II y avait donc aux ler et Ile siecles, [.. .] un climat culturel oü etaient
ressenties desconnivences entre 1 eschatologie et le livre de Jean.“ (Betrand, Dominique, „L’Apocalypse
deployee d’lrenee de Lyon,“ in: Les visions de l’Apocalypse. Heritage d’un genre litteraire et interpretations
dans la litterature chretienne des premiers siecles (= Cahiers de Biblia Patristica 14), Vinel, Fran oise (Hrsg.),
Turnhout: Brepols, 2014: 35-52, Zitat S. 36).
815 Dulaey, 1991: 209. Zur spirituellen Deutung der Apokalypse besonders bei Hippolytus von Rom, Ori-
genes und Victorinus siehe: McGinn, 2007: passim.
Die Zeitlichkeit von Visionen 185

Ende des vierten Jahrhunderts verfasste der Donatist Tyconius einen Kommentar, der au-
ßerhalb Nordafrikas infolge der Erwähnung in Augustinus’ De doctrina christiana ab 426 Ver-
breitung fand.816 Tyconius’ Interpretation zeichnet sich durch eine konsequente Deutung der
Apokalypse einschließlich des Millenniums als Bild der Ecclesia,der gegenwärtigen Herrschaft
Christi, aus.81 Diese Deutung wird noch von Beda und Beatus im frühen Mittelalter rezipiert
und das Millennium als Allegorie der Kirche verstanden, die jeden Tag aufs Neue auf der Erde
*
entsteht.' 1'' Augustinus folgte Tyconius in seiner Interpretation und fasste die Offenbarung im
Allgemeinen und das Millennium im Speziellen allegorisch als Herrschaft der Kirche auf.8’9
Die so gewonnene Flexibilität der Zeitrechnung schaffte das Problem der Parusieverzögerung
aus der Welt. Die Johannes-Apokalypse zeugt zwar von einer wiedererwachten Naherwartung,
diese konnte jedoch von den Kirchenvätern über 300 Jahre nach der ersten Parusie nicht mehr
geteilt werden.820
Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass sich Theologen durchaus auch mit der Endzeit und
den sie begleitenden Ereignissen befassten.8 ' So nimmt bereits ein Text des Pseudo- Ephräm
aus dem vierten Jahrhundert (mit späteren Interpolationen aus dem 7. Jh.) zentrale Konzep-
te der mirtelbyzantinischen Weltgerichtsikonographie vorweg.822 Und sicherlich sind Passagen
der Offenbarung, die unzweideutig die letzte Zeit vor dem Weitende schildern, direkt auf
dieses bezogen worden, etwa in Diskussionen der Figur des Antichrists. 823 Von vielen Auto-
ren ist außerdem die Transfiguration als Vorbild für die zweite Wiederkunft gedeutet worden.
Dies findet sich unter anderem in einer Predigt des Johannes Chrysostomos, in welcher er die
Transfiguration als bedeutend abgeschwächte Vorform der endgültigen Wiederkehr interpre-
tiert.824 Ebenfalls in einer Predigt über die Transfiguration beschreibt Anastasios Sinaita am
816 Dulaey, 1991:221
817 Dulaey, 1991: 226.
818 Dulaey, 1991: 226. Auch Pseudo Methodius legte am Ende des siebten Jahrhunderts die Apokalypse
spirituell aus (McGinn, 2009: 100).
819 Augustinus, De Civitate Dei 2(MJ (CCSL 48: 708-712). Siehe auch: Frederiksen, Paula, „Tyconius and
Augustine on the Apocalypse," in: The Apocalypse in the Middle Ages, Emmerson, Richard Kenneth;
McGinn, Bernard (Hrsg.), Ithaca: Cornell University Press, 1992: 20-37, bes. S. 29E; McGinn, 2007:
254; Mazzucco, Clementina, „Agostino e FApocalisse: il regno millennario e la Gerusalemine celeste (Ap
20-22),“ in: Les visions de lApocalypse. Heritage d u n genre litteraire et interpretations dans la litterature
chretienne des premiers siecles (= Cahiers de Biblia Patristica 14), Vinel, Francoise (Hrsg.), Turnhout: Bre-
pols, 2014: 181—239, bes. S. 190-216. „II regno non e quello finale, promesso da Cristo giudice in Mt.
25.34, ma e la Chiesa di adesso, ehe e gia il regno di Cristo e il regno dei cieli.“ (Mazzucco, 2014: 210).
820 Schneemelcher, 1997: 532.
821 Bspw. Quodvultdeus, De promissionibus et praedictionibus Dei (SC 10 1 und 102).
822 Pseudo-Ephrem, Homelie, Text und Übers, in Suermann, Harald, Die geschichtstheologische Reaktion
auf die einfallenden Muslime in der edessenischen Apokalyptik des 7- Jahrhunderts, Frankfurt: Lang, 1985:
1 1—33. Siehe auch Voss, Georg, Das Jüngste Gericht in der bildenden Kunst des frühen Mittelalters, Leipzig:
Seemann, 1884: 66—71; Brenk, 1964: 109-111; Papadopoulos, Karoline, Die Wandmalereien des XI.
Jahrhunderts in der Kirche Panagia tön Chalkeön in Thessaloniki,Graz: Böhlau, 1966: 91
823 Bspw. Hippolytus, De Antichristo 22 (Engi, übers. Roberts; Donaldson (Hrsg.), Grand Rapids: Eerd-
mans, 1956 = Anti-Nicene Fathers 5: 209). Siehe hierzu „Antichrist in the Fifth Century' in McGinn,
1979: 51-55. Zur Deutung selbst eindeutig eschatologischer Passagen als Berichte der Gegenwart Gottes
bei Augustinus und Kosmas Indikopleustes siehe unten Anm. 847 und 939.
824 „Am Ende der Zeiten aber wird er wiederkommen in der ganzen Herrlichkeit des Vaters, nicht bloß mit
Moses und Elias, sondern mit dem unübersehbaren I leere der Engel, mit den Erzengeln und Cherubim,
mit den endlosen Scharen des Himmels; und dazu wird nicht bloß eine Wolke über seinem Haupte
erscheinen, sondern der Himmel selbst wird ihn umhüllen. Gleichwie nämlich bei einer öffentlichen
186 Präsenzerfahrung

Ende des siebten Jahrhunderts, wie Petrus bei der Verklärung eine Vision des künftigen End-
zeitgeschehens hatte.8 Bei diesen und ähnlichen anschaulichen Beschreibungen handelt es
sich jedoch nicht um Bildbeschreibungen. Endzeitliche Ehernen wie der Antichrist oder die
paarweise Zusammenstellung von Transfiguration und Wiederkunft sind aus der Spätantike
nicht überliefert.
Ein zentrales Argument für die vermutete Existenz von eschatologischen Darstellungen
in der Spätantike ist die Tatsache, dass sich die spätantike Welt zu unterschiedlichen Zeiten,
und vermehrt um das Jahr 500, mit eschatologischen Ängsten auseinandersetze. Flippolytus
von Rom ( t 235) hatte die erste Ankunft Christi in die Mitte des letzten Millenniums der
*825
insgesamt 6000 Weltjahre datiert.826 Somit wäre das Weitende gemäß einer wörtlichen Lesung
für das Jahr 500 erwartet worden.8 Zu jener Zeit war Anastasios I. byzantinischer Kaiser und
wurde darum von einigen Zeitgenossen als Figur des Antichrist gedeutet. 828 Nach dem Ausblei-
830
ben des Weitendes ebbte die Endzeitangst wieder ab.829 Richard Landes erhebt Widerspruch
gegen die Auffassung, der Millenarismus habe über weite Strecken zwischen dem dritten Jahr-
hundert und der Zeit um 1000 nicht existiert. Als Beleg für die Fortdauer der eschatologischen
Erwartung zitiert er das Festhalten des Oströmischen Reichs an der annus mundi Datierung.'
Er führt weiterhin aus, die Geschichtsschreiber hätten sich an einem linearen (teleologischen)
Weltbild orientiert. Für die Tatsache, dass in den Quellen jedoch kaum Endzeirberechnungen
zu finden sind, macht er die verbindliche Vorbildwirkung der Chronik des Eusebios verant-
wortlich.831 Hiergegen ist einzuwenden, dass das christliche Weltverständnis natürlich teleolo-
gisch war und damit immer potentiell eschatologisch. Dies rechtfertigt jedoch noch nicht die
Annahme, dass die Furcht vor dem bevorstehenden Ende ständig präsent war. Selbst im Juden-
tum verschwindet die eschatologische Erwartung im Anschluss an den Bar-Kochba-Aufstand
(132-135 n. Chr.) nahezu völlig und machte über viele Jahrhunderte einer zurückhaltenden
messianischen Erwartung Platz.832 Lediglich bestimmte Endzeitberechnungen (bspw. die Zeit

Gerichtsverhandlung die Diener die Vorhänge wegziehen, so dass die Richter vor aller Augen sichtbar
werden, ähnlich wird es am jüngsten Tage sein.“ (Johannes Chrysostomos, In mattheum homiliam 56.4;
Übers, nach BKV 26: 199; gr. Text in Field (Hrsg.), Cambridge; Officina academica, 1839: 144).
825 Anastasios berichtet von dem eingerollten Himmel, der erloschenen Sonne, den herabgefallenden Ster-
nen, posaunenblasenden Engeln, den leeren Thronen und dem Fluss aus Feuer, welcher alles mitreißt.
(Text bei Guillou, M. Andre, „Le monastere de la Iheotokos au Sinai,“ Melanges d’archeologie etd’histoire
67, 1955: 217-258: 252, Z. 3—9.) Siehe hierzu auch Bergmeier, 2014b: 66-68.
826 Hippolytus von Rom, Danielkommentar 4.23-24 (GCS 1: 240-249).
827 Brandes, Wolfram, „Anastasios O A1KOPOL: Endzeiterwartung und Kaiserkritik in Byzanz um 500
n.Chr.,“ Byzantinische Zeitschrift 90, 1, 1997: 24-63, bes. S. 28-32; Magdalino, Paul, „The End of
Time in Byzanuum,“ in: Endzeiten. Eschatologie in den monotheistischenWeltreligionen, Brandes, Wolfram
(Hrsg.), Berlin: De Gruyter, 2008: 1 19-134, bes. S. 1 19E Beispielsweise erwartete auch Sulpicius Severus
die Endzeit um das Jahr 500 (Sulpicius Sevetus, Chronica 2.33.22; SC 441: 300).
828 Brandes, 1997: 53-62; Meier, Mischa, Anastasios I. Die Entstehung des Byzantinischen Reiches,Stuttgart;
Klett-Cotta, 2009: 53-62. Brandes erwähnt besonders die Tatsache, dass den Zeitgenossen die unter-
schiedliche Augenfarbe des Anastasios auffiel (Brandes, 1997: 58).
829 Brandes vermutet, dass Geschichtswerke, die das Endgericht im Jahr 500 berücksichtigten, in der Folge
nicht mehr kopiert wurden und darum nicht erhalten sind (Brandes, 1997: 54f).
830 Landes, Richard, „Lest the Millennium be Fulfilled: Apocalyptic Expectations and the Pattern ofWestern
Chronography 100-800 CE,“ in: 'The Use andAbuse of Eschatology in the Middle Ages, Verbeke, Werner;
Verhelst, Daniel; Welkenhuysen, Andries (Hrsg.), Leuven: University Press, 1988: 137-211, bes. S. 203.
831 Landes, 1988: 165.
832 Siehe hierzu der Überblick über die Forschungsliteratur bei Levine, 2016: 51 Amu. 7.
Die Zeitlichkeit von Visionen 187

um 500 und um 1000), punktuelle Katastrophen und Krisen lösten vorübergehende eschato-
logische Ängste aus. 833
Bilddeutungen, die auf Grundlage historisch belegter eschatologischer Ängste davon ausge-
hen, die Bilder des Buchs der Offenbarung reflektierten diese Angst, folgen der stillschweigen-
den Annahme, das biblische Buch sei als Bericht der letzten Zeit vor dem Untergang der Welt
gelesen worden. Somit würden auch die Visualisierungen dieses Buchs die Endzeit illustrieren.
Hier werden allerdings zwei Konzepte miteinander vermischt, die beide als „apokalyptisch“
bezeichnet werden, nämlich der Inhalt der Apokalypse des Johannes und die eschatologischen
Vorstellungen vom Weitende. Diese Vermischung spiegelt die moderne beziehungsweise neu-
zeitliche Auffassung des Apokalyptischen,834 denn in der Spätantike und über weite Teile des
Mittelalters wurden Offenbarung und Weitende nicht synonym gebraucht. Bianca Kühnel
muss widersprochen werden, wenn sie anmahnt, dass in der kunsthistorischen Forschung die
Relevanz der Eschatologie in der Spätantike oft un terbewertet sei.835 Das Gegenteil ist trotz der
zahlreichen .Anstrengungen von Seiten Yves Christes der Falk Kühnel beruft sich auf die Studie
von Richard Landes und vermischt so die Bilder der Apokalypse mit der „apokalyptischen“
Endzeitangst. Die frühmittelalterlichen Bilder der Maiestas Domini deute sie als
quintessential expression of a central thought in the Christian Middle Ages: expectation of the end,
hope for the fulfilmenr of salvation. Visual representations of Christs (or the Lamb’s) Majesty to a
great extent contributed to their role as catalysts of hopes and fears by the Integration of cosmological
and computistical diagrams in their design.836

Kühnel relativiert diese Aussage, indem sie einräumt, dass in den Maiestas-Bildern nur sehr
entfernt auf die zweite Wiederkunft angespielt wird.83 In der Tat bietet beispielsweise die Mai-
estas-Domini-Darstellung im Stuttgarter Psalter (fol. 19v) kernen Hinweis auf die Endzeit.
(Abb. 110) Vielmehr wurde das Motiv hier als Chiffre für austauschbare Theophanie-Ereig-
nisse verwendet, in diesem Fall für eine konkret-historische Vision Davids, wie unten gezeigt
werden wird

Die Eindeutigkeit der exegetischen Tradition der Offenbarung als Gegenwartsbericht wirft so-
mit die Frage auf, ob auch deren Bilder eine präsentische (keine eschatologische) Lesart for-
dern. Die wenigen spätantiken Bilder, die tatsächlich auf die Offenbarung zurückgehen, und
vor allem die Thronvision in Apk. 4 und 5 illustrieren, zeugen nicht von Hinweisen auf die
Endzeit.838 Hierzu gehören vor allem die Stirn- und Triumphbögen von S. Paolo fuon le mura,
SS. Cosma e Damiano und San Michele in Africisco, aber auch die Westfassade der Basilica Eu-

833 Siehe bspw. Bleckmann, Bruno, ,Apokalypse und kosmische Katastrophen: Das Bild der theodosiani-
schen Dynastie beim Kirchenhistoriker Philostorg,“ in: Endzeiten. Eschatologie in den monotheistischen
Weltreligionen, Brandes, Wolfram (Hrsg.), Berlin: De Gruyter, 2008: 13—40; Reinink, G. J., „Front Apo-
calyptics to Apologetics: Early Syriac Reactions to Islam,“ Brandes (Hrsg ), 2008: 75-88.
834 Zur Auffassung der Eschatologie in der Neuzeit und die Übertragung auf die moderne Forschungsge-
schichte: Bergmeier, Armin E, „The Traditio Legis in Late Antiquity and its Afterlives in the Middle
Ages,“ Gesta 56, 1, 2017: 27-52
835 Kühnel, 2003: 62.
836 Kühnel, 2003: 222.
837 Kühnel, 2003: 246.
838 Siehe Brenk, 1964: 117; Christe, Yves, „Apocalypse et Interpretation iconographique: Quelques re-
marques liminaires sur les Images du Regne de Dieu et de I eglise ä l’epoque paleochretienne,“ Byzantini-
sche Zeitschrift 67 , 1974: 92-100, bes. S. 62; Spieser, 2010: 95.
188 Präsenzerfahrung

phrasiana, auf der die sieben apokalyptischen Leuchter dargestellt waren. ( I f. 4, Abb. 90 und
81 ) In San Vitale hält Christus das Buch mit den sieben Siegeln in der Hand (Tf. 9), das ihn
als die von Johannes beschriebene Gottesvision ausweist, und in S. Maria Maggiore und S. Ma-
trona ist das Bild des Throns aus der Vision bei Apk. 4 dargestellt. (Tf. 1 und 25) Darüber hi-
naus gibt es wenige Bilder, welche das Buch der Offenbarung direkt illustrieren. Die Bilder der
Stirnwand von San Giovanni Evangelista in Ravenna haben sich nicht erhalten. Das wohl am
weitesten verbreitete Motiv ist das Tetramorph, welches im lateinischen Westen wohl stärker
auf die Offenbarung als auf die alttestamentliche Prophetie des Hesekiel zurückzuführen ist.
Die Darstellung der posauneblasenden Engel auf der Apsisstirnwand von San Michele in
Africisco legt zunächst die Vermutung nahe, dass es sich hier um eine eschatologische Dar-
stellung handelt, da die Engel einer Beschreibung der Ereignisse, die unmittelbar der Endzeit
vorausgehen, entnommen sind (Apk. 8. 2).839 Dem widerspricht, dass der thronende Christus
hier nicht im Akt des Richtens gezeigt ist und auch das Glasmeer aus der Thronvision in Apk.
4 abgebildet ist. Es muss davon ausgegangen werden, dass auch die Engel mit den Posaunen die
sich in diesem Moment offenbarende Theophanie illustrieren sollen. Diese Deutung entspricht
dem Verständnis des Motivs der Posaunen als Anzeiger einer sich nähernden Theophanie: Gre-
gor von Nyssa beschreibt in der Vita Moysis den Aufstieg Moses zur Iheophanie auf dem Berg
Sinai; je höher er kommt, desto lauter wird auch der Klang der Posaunen.840 Sie zeigen also
hier nicht das Endgericht an, sondern, wie in San Michele in Africisco die sich offenbarende
Vision Gottes.
Auch das bis auf die Unterzeichnung weitgehend zerstörte Kuppelmosaik der Georgs-Ro-
tunde in Thessaloniki ist stark durch endzeitliche Interpretationen bestimmt. (Tf. 18) Erhalten
haben sich die Köpfe der Engel, die die zentrale Gestalt in einem Clipeus emporhalten. Sie
wurden umgeben von einem weiteren Kreis von ca. 24-36 Personen. Eventuell handelte es sich
um die 24 Ältesten. Die Forschung deutet die Erscheinung überwiegend als zweite Wieder-
kunft.84 Eugene Kleinbauer verweist als motivische Vorlage auf die Theophanietafel der Holz-
tür von S. Sabina und eine Illustration der Topographia Christiana des Kosmas Indikopleustes
(Vat.gr. 699, fol. 89r), die am Ende dieses Kapitels näher besprochen wird.842 (Tf. 1 3 und 35)
Bezüglich dieser Miniatur hat bereits Brenk darauf verwiesen, dass hier kein Weltgericht, son-
dern die zwei Sphären, die sichtbare irdische und die unsichtbare göttliche Sphäre dargestellt
sind.843 Auch das Kuppelmosaik der Rotunde gibt in seinem fragmentarischen Zustand keiner-
lei Anlass dazu, darin Eschatologisches zu erkennen. Der von Engeln getragene Christus-Cli-

839 Brenk nennt das Bild ein „Thronbild mit eschatologischem Primärgehalt.“ (Brenk, 1964: 106 Anin. 2).
840 Ei 8s rtq Müju fjg ei'r|, ysvotr’av Kai ;'.m tto/oj Tr\q avööov, ywpiuv rfj aKofj rag tcöv oaVtiyYCOV qxoväc [. . .]
ev Ttp 7tpoßa(v£tv yfveoOat. (Gregor von Nyssa, Vita Moysis 2.158; S C 1: 206.) Gregor zitiert hier aus
Ex. 19.19. Das Wort GÖXjtty (Horn, Posaune) ist identisch mit dem Wort, welches andere Autoren im
Rahmen von Endzeitbeschreibungen verwenden. So schreibt Romanos der Melode im Hymnus auf die
zehn Jungfrauen, welche häufig und so auch hier als Metapher für das Endgericht dienen- „Wir wissen
alle, wie sich die Stimme der Trompete anhort, die durch den Engel erschallt/'Iopsv yäp ttctvtst; 6)c (powrj
f) oaXitiy sfiqTtivqc qyouoa 8i'ayyEÄ.ou.“ (Romanos der Melode, Hymnos auf die zehn Jungfrauen 8; S C
1 14: 336).
841 Grabar, Andre, „Ä propos des mosaiques de la coupole de Saint-Georges, ä Salonique,“ Cahiers archeo-
logiques. Fin de lAntiquite et Moyen Äge 17, 1967: 59-82, bes. S. 65£; Kleinbauer, 1972, bes. S. 40—44;
Nasrallah, Laura, „Empire and Apocalypse in Thessaloniki: Interpreting the Early Christian Rotunda,“
Journal of Early Christian Studies 13, 4, 2005: 465-508.
842 Kleinbauer, 1972: 62 und Abb. 6.
8 43 Brenk, 1964: 106 Anm. 2.
Die Zeitlichkeit von Visionen 189

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95 Gewölbemosaik, Capella Arcivescovile, Ravenna

pcus ist unter anderem aus Darstellungen wie der Capella Arcivescovile in Ravenna bekannt.
(Abb. 9 5 ) In Thessaloniki erscheinen nicht nur das Christogramm, sondern auch Christus als
stehende Ganzkörperfigur, vergleichbar mit der Iheophanietafel von S. Sabina und der Theo-
phanieminiatur des Rabbula Codex. Adorierende Personen, die in einem Kreis oder Halbkreis
um die Erscheinung Christi gruppiert sind, sind aus Kuppelmosaiken wie den raven natischen
190 Präsenzerfahrung

Baptisterien oder den römischen Triumph- und Apsisbögen bekannt Auch hier rahmen sie
kein endzeitliches Geschehen, sondern die gegenwärtige Erscheinung Gottes.
Zusammenfassend ist testzustellen, dass die präsentische Lesart der Offenbarung des Johan-
nes in der Spätantike sich komplementär zur ursprünglichen eschatologisch-teleologischen
Ausrichtung der jüdischen und frühen christlichen Apokalyptik verhält. Die Besonderheiten
der christlichen Religion und die Machtzunahme der Kirche im Römischen Reich führten zu
dieser Wende. Doch auch in der jüdischen Kultur verschwanden die eschatologischen Ten-
denzen seit der Mitte des zweiten Jahrhunderts. Selbst die gnostische Apokalyptik propagierte
zwar die Beschäftigung mit auf die Zukunft gerichteten Inhalten, jedoch zum Zweck der An-
eignung von Wissen über die Gegenwart.844 Und wie im nächsten Abschnitt zu zeigen sein
wird, wurde teilweise sogar die eindeutig endzeitliche Erzählung der synoptischen Apokalypse
präsentisch gedeutet. Es ist bezeichnend, dass das bestehende Interesse an der Endzeit keinen
nachweisbaren Niederschlag in der zeitgenössischen Bildproduktion gefunden hat. Diese war
weniger beherrscht von einer eschatologischen DzVze/terwarrung als von einer präsentischen
Lftowrerwartung.

Die synoptische Apokalypse und das Bild des Kreuzes

Die synoptische Apokalypse (Mt 24.4-36; Mk. 13.5-37; Lk. 21.8-36) ist in der Forschung
häufig dazu benutzt worden, Darstellungen symbolischer Natur als eschatologisch zu deuten.
Es handelt sich um einen kurzen Text, in dem Christus seine Jünger über die Ereignisse der
letzten Tage vor seiner Wiederkunft unterrichtet. Es wird darin das Kommen des Antichrists
beschrieben und das Erscheinen des Zeichens der Menschensohns am Himmel als Vorzeichen
des jüngsten Gerichts. Die entsprechende Passage bei Matthäus lautet:
Denn viele werden unter meinem Namen auftreten und sagen: Ich bin der Messias!, und sie werden
viele irreführen. [...] Ein Volk wird sich gegen das andere erheben und ein Reich gegen das andere
und an vielen Orten wird es Hungersnöte und Erdbeben geben. Doch das alles ist erst der Anfang
der Wehen. [...]Denn es wird mancher falsche Messias und mancher falsche Prophet auftreten und
sie werden große Zeichen und Wunder tun, um, wenn möglich, auch die Auserwählten irrezuführen.
[. . JSofort nach den Tagen der großen Not wird sich die Sonne verfinstern und der Mond wird nicht
mehr scheinen; die Sterne werden vom Himmel fallen und die Kräfte des Himmels werden erschüt-
tert werden. Danach wird das Zeichen des Menschensohnes am Himmel erscheinen; dann werden
alle Völker der Erde jammern und klagen und sie werden den Menschensohn mit großer Macht
und Herrlichkeit auf den Wolken des Himmels kommen sehen. Er wird seine Engel unter lautem
Posaunenschall aussenden und sie werden die von ihm Auserwählten aus allen vier Windrichtungen
zusammenführen, von einem Ende des Himmels bis zum andern.

Entscheidend für die Interpretationen spätantiker Bildwerke ist die Erwähnung des Zeichens
des Menschensohns. Als Kreuzzeichen verstanden, wird die synoptische Apokalypse heran-
gezogen, um allegorische Bilder als Endzeitdarstellungen zu deuten.845 Diesem verbreiteten
Deutungsansatz hat Christe widersprochen, der die Entwicklung dei Bilder der synoptischen

844 MacRac, 1989, bes. 323 f.


845 Bspw. Herrmann; Hoek, 2009: 44f. Herrmann und Hoek deuten auch ikonische Darstellungen von
Sonne und Mond als Bilder der synoptischen Apokalypse. Sie legen dar. dass Sonne utid Mond laut der
Textgrundlage ihren Glanz verlieren und die Sterne vom Himmel fallen werden. Dem würde der leucht-
ende Sternenhimmel in den Bildern jedoch widersprechen.
Die Zeitlichkeit von Visionen 191

Apokalypse im Buch La Vision de Matthieu untersuchte. Er hat darin die Überzeugung vertre-
ten, dass die prophetischen Worte Christi in der Spätantike schlicht nicht dargestellt wurden.846
In der Tat ist das einzige Indiz für die Deutung von Bildern als Illustrationen der synopti-
schen Apokalypse ihre Zeichenhaftigkeit. Die spätantike Bildsprache ist jedoch eine, die das
Allegorische und Mehrdeutige besonders schätzte. Daher kann dieses formale Kriterium nicht
als Beleg für eine „apokalyptische' Deutung genügen. Doch selbst wenn diese Zeichen auf die
synoptische Apokalypse verwiesen, so wäre ihre Zeitlichkeit keineswegs so eindeutig auf die
endzeitliche Zukunft gerichtet wie häufig angenommen wird. Auch in der exegetischen Tradi-
tion dieses Textes ist der Versuch erkennbar, ihm seine eschatologische Bedeutung zugunsten
einer präsentischen zu nehmen: Der Heilige Augustinus deutete in einem Brief an Hesychios
von Jerusalem den Bericht der synoptischen Apokalypse über das Kommen des Menschen-
sohns auf den Wolken (Lk. 21.27; Mt. 24.30; Mk. 13.26) als Bild der immerfort wiederkeh-
renden, gegenwärtigen Kirche.847 Dieser Versuch, dem Text seinen eschatologischen Gehalt zu
nehmen, steht im Einklang mit der Lesart der Offenbarung und zeigt das lebhafte Interesse, die
spätantike Gegenwart mit Hilfe der biblischen Texte zu deuten.
Kreuzesdarstellungen, wie sie beispielsweise in den Gewölben des Mausoleums der Galla
Placidia und von S. Maria della Croce in Casaranello sowie in den Apsiden von S. Pudenziana
und Sant’Apollinare in Classe erscheinen (Tf. 23, 20, 5 und Abb. 52), werden besonders häu-
fig als eschatologische Zeichen interpretiert und sollen darum an dieser Stelle gesondert behan-
delt werden. Eine bemerkenswerte Deutung des Kreuzes in der Theophanietafel von S. Sabina
hat Ernst Kantorowicz geliefert, der darauf hinwies, dass die Darstellung des Kreuzes, das von
Petrus und Paulus berührt wird und sich unterhalb der Erscheinung Christi befindet, einen
verlängerten Kreuzarm am oberen Ende aufweist.848 (Tf. 13) Kantorowicz erklärt diese Tatsache
damit, dass das Kreuz sich aus der Richtung Christi nähert, es also das prodromos Zeichen ist,
das am Ende der Jage erscheinen wird (Mt. 24.30). In diesem Sinne hat auch Ernst Dinkler
dem zentralen Kreuzeszeichen in Sant’Apollinare in Classe eine uneingeschränkte eschatolo-
gische Bedeutung zugewiesen.849 Vergleichbare Deutungen hat das von einem Sternhimmel
umgebene Kreuz in der Kuppel des Mausoleums der Galla Placidia erfahren.850 Besonders häu-
fig wird das Mosaik des thronenden Christus im Kreise der zwölf Apostel unterhalb eines
monumentalen Golgatha- Kreuzes in S. Pudenziana als Gericht am Ende der Zeit gedeutet.851

846 Christe, 1973: 1 1-13.


847 „Et tune videbunt Filium hominis venientem in nube cum potestate magna et majestate. quod video
duobus modis accipi posse sive in ecclesia tanquam in nube venientem, sicut etiam nunc venire non
cessat secundurn td, quod ait: amodo videbitis Filium hominis sedentem a dextris virtutis et venientem in
nubibus coeli; sed ideo tune cum potestate magna et maiestate, quia maior potestas et maiestas illius
apparebit sanctis, quibus magnam virtutem dabit, ne tanta persecutione vincantur, sive m corpore suo,
in quo sedet ad dexteram Patris, in quo etiam mortuus est et resurrexit et ascendit in coelum, secundurn
quod scriptum est in Acribus Apostolorum, His dictis nubes suscepit eum, et sublatus est ab eis.[Apg. 1.9]
Et quia illic etiam dictum est ab angelis, Sic veniet, quemadmodum vidistis eum euntem in coelum, merito
credendus est non solum in eodem corpore verum etiam in nube venturus, quoniam sic veniet, sicut abiit
et nubes eum suscepit abeuntem.“ (Augustinus, ep. 199.41; CSEL 57: 279).
848 Kantorowicz, 1944: 224—228.
849 Dinkler, 1964:77-87.
850 Deichmann, 1974: 84f.
851 Bspw. Dinkler, 1964: 77-87: Dassmann, Ernst, „Das Apsismosaik von S. Pudentiana in Rom. Philo-
sophische, imperiale und theologische Aspekte in einem Christusbild am Beginn des 5- Jahrhunderts,“
Römische Quartalschrift 65, 1970: 67-81; Engemann, 1979, bes. S. 80-82; Pullan, 1998: 406.
192 Präsenzerfahrung

Dieses Erklärungsmuster ist in der jüngeren Forschung nur geringfügig angepasst worden. Geir
Hellemo deutete die genannten Kreuzdarstellungen als sowohl auf das Ende als auch auf die
gegenwärtige Präsenz verweisend.852 In ihrem Artikel zum Apsismosaik von Sant Apollinare in
Classe schränkt Claudia Müller zwar die einseitige Betonung des eschatologischen Gehalts ein,
indem sie den Fürbitt-Charakter des Bildes und die historischen Anspielungen auf •’ranshgu-
ration und Kreuzigung hervorhebt,853 sie erkennt darin aber immer noch im Wesentlichen eine
Anspielung auf die zweite Parusie. Auch Engemann favorisiert in seinem kürzlich erschienenen
Überblickswerk zur spätantiken Kunst eine pluralistische Deutung, das Kreuz als Zeichen des
855
Endgerichts bleibt jedoch die dominante Erklärungsformel. 854
Keines dieser Bilder weist jedoch neben dem Kreuz weitere Bildelemente auf, die auf die
synoptische Apokalypse verweisen würden. Wäre das Apsismosaik von S. Pudenziana eine Ge-
richtsszene, so fehlten die Personen, die gerichtet werden sollen. Ferner wäre zu berücksich-
tigen, dass Augustinus die Passage über das Gericht in Apk. 20.4 gerade nicht als endzeitlich,
857
sondern als gegenwärtig deutete.856 Nur zwei sicher als Darstellungen des göttlichen Gerichts
zu identifizierende Bilder existieren aus der Zeit der Spätantike: Auf der Hochwand von
Sant’Apollinare Nuovo und auf einer Sarkophagfront im Metropolitan Museum ist Christus
dargestellt, der die Lämmer und Böcke scheidet. (Abb. 96 und 97) In schriftlicher Überliefe-
rung ist darüber hinaus das Apsismosaik von Fundi bekannt, welches laut der Beschreibung des
Paulinus von Nola ebenfalls die Scheidung der Lämmer und Böcke zeigte. ' Allerdings sind
auch diese allegorischen Bilder eher als Verbildlichung der richterlichen Eigenschaften Christi,
zu lesen, denn als Visualisierung des endzeitlichen Richt rrAfA<?raj.
Was die übrigen Darstellungen des Kreuzes betrifft, so ist auch hier eine Zuordnung zur
synoptischen Apokalypse unwahrscheinlich, denn das Kreuz ist zuallererst schlicht das Sym-
bol der christlichen Religion. Die Art und Weise, wie es im Mausoleum von Galla Placidia,
S Maria della Croce im apulischen Casaranello und in Sant’Apollinare in Classe verwendet
wird, nämlich als Erscheinung vor Sternenhintergrund anstelle einer Darstellung Christi, ist
nur folgerichtig. In Anbetracht der Erkenntnisse über das Interesse an Visualisierungsmodi des
unsichtbaren Göttlichen in der Spätantike, erscheint es wahrscheinlicher, dass es sich bei vie-

852 Hellemo, 1989: 113.


853 „Auf einer primären Sinnebene präfiguriert sie den secundus adventus und liefert dem Äquivalent zum
Gerichtsthema, der Fürbitte, em äußeres Bezugssystem, verhält sich als äußerlich funktionale Erschei-
nungsbedingung des Parusiekreuzes jedoch zu diesem attributiv.“ (Müller, 1980 48.)
854 Engemann, 2014; 1 18.
855 Beat Brenk hat darauf hmgewiesen, dass der Christus der zweiten Wiederkunft auch Wundmale aufwei-
sen müsste- Brenk, 1964; 107. Die Wundmale werden beispielsweise bei Johannes Chrysostomos (49.
Homilia in matthaeum-, PG 56: 919) erwähnt Sie sind auch wichtig in der oben besprochenen Vision des
Heiligen Martin von Tours, der den falschen Christus der zweiten Wiederkunft daran erkennt, dass er
keine Wundmale trägt (Sulpicius Severus, Vita Martini 24.4; SC 133: 308).
856 Siehe oben Anm. 587.
857 „Und da es [das Lamml wie ein Richter auf dem hohen Fels steht, umstehen den Thron zweimal zwei
I iere: den Lämmern entgegengesetzt die Böcke. Von den Böcken auf der linken Seite wendet sich der
Flirte ab und umarmt zur Rechten die verdienstvollen Lämmer.“ (Übers. Belting-Ihm, Christa, „Zum
Verhältnis von Bildprogrammen und Fituh in der Apsisdekoration früher westlicher Kirchenbauten,“
in: Testo e immagine nell’alto medioevo. Settimane di Studio del Centro Italiano di Studi sull'Alto Medioevo,
Spoleto: Presso la sede del Centro, 1994: 839-886, Zitat S. 858).
Die Zeitlichkeit von Visionen 193

96 Scheidung der Schafe von den Böcken, Sarkophagfront, Metropolitan Museum, New York (Inv.Nr. 24.240)

97 Scheidung der Schafe von den Böcken, Langhausmosaiken, Sant’Apollinare Nuovo. Ravenna

len Kreuzdarstellungen um anikomsche, nichtanthropomorphe Formen der Sichtbarmachung


Gottes handelt, 858
Diese Deutung wird unterstützt von zeitgenössischen Aussagen zu Erscheinungen des
Kreuzes. In einem Brief des Bischofs Kyrillos von Jerusalem an Konstantios II. berichtet dieser
von dem Kreuzzeichen, das mehrere Tage am Himmel über Jerusalem zu sehen war.85“’ Er deu-
tet dies jedoch nicht als Zeichen des nahenden Endes. Kyrill verweist zwar auf die Passage der
synoptischen Apokalypse, interpretiert das Kreuz jedoch als Siegeszeichen ganz im Sinne des
Zeichens, wie es auch Kaiser Konstantin vor der Schlacht an der Milvischen Brücke erschienen
war.860 Kyrill beschließt seinen Brief, indem er dem Kaiser noch viele friedliche Jahre (nolXaig
siptiviKatg stcov 7tepiö5otg) wünscht.861 Dies ist kaum als Beleg zu deuten, dass Kyrill nun das
nahende Ende erwartete. In einem vorausgehenden Abschnitt seines Briefs zitiert Kyrill sogar
858 Vergleichbar hiermit sind Aussagen in spätantiken Quellen, die das Symbol als Platzhalter für den abwe-
senden Gott propagieren, so zum Beispiel Pseudo-Dionysios, De divinis nominibus 1.4.
859 Text und Kommentar bei Bihain, E„ „L’Epitre de Cyrille de Jerusalem ä Constance sur la vision de la
croix,“ Byzantion 43, 1973: 264-296. Siehe auch Chantraine, Heinrich, „Die Kreuzesvision von 351.
Fakten und Probleme,“ Byzantinische Zeitschrift 87 , 2, 1994: 430—441.
860 Chantraine, 1994: 434. Zum Bericht der konstantmischen Vision siehe Eusebios, Vita Constantini 1.28
(FC 83: 182).
861 Kyrillos von Jerusalem, Brief an Konstantios 8 (Bihain, 1973: 291).
194 Präsenzerfahrung

II
5

hl

98
Arkadiussäule,
sog, Frcshficld-Album
(Trinity College Cambridge)
Die Zeitlichkeit von Visionen 195

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99
Verehrung des Kreuzes
und göttliche Erscheinung,
Ampulle 2, Museo dellAbbazia
San Colombano, Bobbio

explizit die Prophezeiung des Matthäus (24.30): „Danach wird das Zeichen des Menschen-
sohns am Himmel erscheinen/’ Ebenso wenig wie Augustinus sieht sich Kyrill jedoch veran-
lasst, die Prophezeiung der synoptischen Apokalypse in Verbindung mit der realen Erscheinung
auf das eschatologische Ende hin zu deuten. Stattdessen fuhrt er aus, dass dieses Wunder (tö
Oavpatoupyripa toüto), das stattgefunden hat, nun immer wieder und größer stattfinden wird
(vöv Kai TtaXtv pEt/övoiq TsXsoOijoEtat).862 Die Erscheinung deutet Kyrill also lediglich als das,
was es ist, ein Zeichen Gottes in der Gegenwart, das nicht etwa die Ereignisse der Endzeit in
Bewegung setzt, sondern von nun an wiederholt (vöv Kai 7taÄtv) auftreten wird als Zeichen der
Herrschaft Ghristi.
Vergleichbar mit diesem Verständnis des Kreuzes ist die Darstellung des Christogramms auf
dem Sockel der Arkadiussäule in Konstantinopel (402/3). (Abb. 98) Es ist hier nicht als end-
zeitliches Vorzeichen, sondern als Zeichen des herrscherlichen I riumphs zu verstehen.86- Eine
weitere Schriftquelle belegt, dass Kreuzzeichen wie in Galla Placidia, Sant’Apollinare in Classe
und anderen Darstellungen nicht ohne weitere Belege als eschatologisches Vorzeichen gedeu-
tet werden dürfen. Im Bericht der Erscheinung des Kreuzes in der Historia ecclesiastica deutet
Sozomenos die Vision eines Altarkreuzes lediglich als heilbringendes Zeichen. Dem kranken
Probianus, so berichtet Sozomenos, wird das physische Bild eines Kreuzes im Presbyterium der
Kirche des Heiligen Michael gezeigt. Dieses begünstigt daraufhin die Heilung und verweist
nicht etwa auf Endzeitliches. 864
Ebenso ist die singuläre Entstellung der Verehrung des Kreuzes mit einer Vision Christi auf
Ampulle 2 im Museum der Abtei San Colombano in Bobbio zu verstehen: Das Kreuz ist ein
Hinweiszeichen oder Allegorie der Präsenz des Göttlichen. (Abb. 99) Auf der Ampulle vereh-
ren zwei Engel das Kreuz, während zwei weitere Engel darüber eine figürliche Theophanie prä-

862 Kyrillos von Jerusalem, Brief Konstantios 6 (Bihain, 1973: 290).


863 Christe, 1973: 33.
864 ©eia apoepavsioa ö\|/tq n oraupof) o-üpßoXov tcöv avaKEipsvoiv ev ta> Ovataotr|ptü) tfjg svOixSe
EKK'Eqoiac (Sozomenos, Historia ecclesiastica 2.3.13; FC 73.1: 212).
196 Präsenzerfahrung

sentieren - Christus in einer sternübersäten Mandorla. Das als crux florida dargestellte Kreuz
des Lebens verweist auf die in der Inschrift genannte Kreuzreliquie (EAAION C.YAON ZQHC)
in der Grabeskirche von Jerusalem. Das Bild suggeriert so, dass die Verehrung der Reliquie auf
der Pilgerfahrt zu einer Vision Gottes führen kann.
Der Verzicht auf die Darstellung der synoptischen Apokalypse in der Spätantike und die
Weigerung, in den Erscheinungen des Kreuzes die Vorzeichen des nahenden Weitendes zu
sehen, stehen im Einklang mit der konsequenten Deutung der Offenbarung als Bericht der
gegenwärtigen Herrschaft Christi sowie mit der Vermeidung der Darstellung explizit endzeitli-
cher Elemente (bspw. der Antichrist). Das Kreuz und das Christogramm sollten als Zeichen des
Triumphs Christi beziehungsweise als Chiffre für Christus selbst gedeutet werden.

Die Prophetie des Jesaja und die Traditio Legis


In SS. Cosma e Damiano Enden wir die beiden Motive der Traditio Legis und der Apokalypse
untrennbar vereint in der Apsis und auf der Apsisstirnwand. (Tf. 4) Beide sind gemeinsam zur
Zeit Papst Felix’ IV. (526-530) geschaffen worden und eignen sich darum in einmaliger Weise
zu einer zusammenhängenden Untersuchung der Zeitlichkeit dieser beiden theophanischen
Motivkomplexe.865 Die Traditio Legis ist nach jetzigem Erkenntnisstand das älteste nachweisba-
re komplexe Theophaniemotiv (Mitte 4. Jh.) , nachdem in den vorausgehenden Jahrhunderten
bevorzugt die Eigenschaften Christi beziehungsweise der christlichen Religion ins Bild gesetzt
worden waren. Die Lückenhaftigkeit der Überlieferung lässt hierüber allerdings keine endgül-
tigen Schlüsse zu.
Das Nischenmosaik von S. Costanza kann als frühestes sicher datierbares Zeugnis der Iko-
nographie gelten (urn 370),866 auch wenn es nicht deren Prototyp darstellt.867 (Tf. 7) Dem

865 Zur zeitgleichen Entstehung beider Mosaiken siehe oben Anm. 779.
866 Zur Datierung siehe Rasch, Jürgen; Arbeiter, Achim, Das Mausoleum der Constantina in Rom, Mainz:
Zabern, 2007: 147. Der Sarkophag Lat 174 (Rep. 1.677) sowie die Sarkophagfragmente des Metropo-
litan Museum (Rep. II 131) und von San Sebastiano (Rep 1.200) sind alle später zu datieren. Füt den
fiühesten von ihnen. Lat. 174. haben Arbeiter und Rasch eine Datierung um 375/380 vorgeschlagen
(Rasch; Arbeiter, 2007: 145), von Klaus Wessel ist sogar seine Authentizität in Frage gestellt worden. Er
hält den Sarkophag für ein Werk des 17. Jahrhunderts (Wessel, Klaus, „Der siebennischige Säulensarko-
phag in den Grotten von St. Peter," Pantheon 27, 2, 1969: 120—128).
867 Ein monumentales Ursprungsbild wird in der Apsis von Alt-St. Peter vermutet (Kollwitz, 1936: 63;
Meer, 1938: 54 Buddensieg, Tilmann, „Le coffret en ivoire de Pola, Saint-Pierre et le Latran,“ Cahiers
archeologiques. Fin de lAntiquite et Moyen Age 10, 1957: 157-200; Schumacher, Walter N., „Eine römi-
sche Apsiskomposition,“ Römische Quartalschrift 54, 1959: 137-202, bes. S. 148-178; Bogh Rasmussen,
Mikael, „Traditio Legis. Bedeutung und Kontext in: Late Antiquity — Art in Context, Fleischer, Jens et
al. (Hrsg.), Kopenhagen: Tusculanum, 2001: 2 1 - 5 2 , bes. 38-45; Rasch; Arbeiter, 2007: 146). Diese Ver-
mutung wird zum einen durch die Konzentration von Bildern in Rom und besonders auf Sarkophagen
aus der Nekropole des Vatikan genährt (Schumacher, 1959: 167 Anm. 136). Zum anderen spricht für
einen einflussreichen Prototyp die Tatsache, dass besonders die Christusfigur über sechs Jahrhunderte
hinweg in Bildern wie der Apsis von SS. Cosma e Damiano und dem hoch mittelalterlichen Fresko von S.
Silvestro erstaunliche formale Ähnlichkeiten aufweist. San Silvestro ist allerdings keine Kopie des Mosaiks
von SS. Cosma e Damiano, weil andere Bildelemente stärker dem ursprünglichen Bildschema entspricht
als es das Mosaik von SS. Cosma e Damiano tut, etwa die Dreifigurigkeit des Bildes und das Kreuz, das
Petrus auf der Schulter trägt. Der Vermutung nach einem Ursprung des Bildes, beziehungsweise eines
einflussreichen frühen Bildbeispiels in der Apsis von Alt-St Peter hat Spieser widersprochen: Spieser,
2004: 15.
Die Zeitlichkeit von Visionen 197

>■ >, ■.

4"

100 Traditio Legis, Elfenbeinkästchen von Samagher/Pola, Deckel, Museo Archeologico, Venedig

vermuteten Prototyp kommen die Darstellungen der Traditio Legis auf dem fragmentierten
Deckel des Reliquiars von Pola (um 410, Abb. 100) und auf einer Grabplatte aus der Pris-
cilla Katakombe (heute im Palazzo Bonifacio VIII in Anagni, Ende 4. Jh.. Abb. 101) wohl
am nächsten.868 Es handelt sich um eine zweizonige Komposition, die von einer Christusfigur
mit triumphalem Gestus beherrscht wird. Dieser steht auf einem Berg und hält in der linken
Hand eine geöffnete Buchrolle, deren Ende von Petrus berührt wird. Von der anderen Seite
naht Paulus heran. Christus wird hinterfangen von Wolken, und die Szene wird gerahmt von
zwei Palmbäumen. Auf dem linken der Bäume steht häufig ein Phönix mit Strahlenkranz. Die
untere Zone zeigt mittig unter Christus das Agnus Dei, welches auf einem Berg mit vier Flüssen
steht, dem sich von beiden Seiten je sechs Lämmer nähern. Diese beiden Züge entspringen
in zwei allegorischen Stadtdarstellungen, die in den frühen Bildbeispielen keine Inschriften
tragen. Erst seit der Mitte des fünften Jahrhunderts (möglicherweise in Abhängigkeit von den
Darstellungen auf der Apsisstirnwand in S. Maria Maggiore) wurden sie teilweise mit Jerusalem
868 Davis-Weyer, Cäcilia, „Das Traditio-Legis-Bild und seine Nachfolge,“ Münchner Jahrbuch der Bildenden
Kunst 12, 1961: 7-45, bes. S. 16. Siehe zur Grabplatte die endzeitlichen Deutungen der Traditio Legis
beiTestini, Pasquale, „La lapide di Anagni con la Traditio Legis. Nota sull’origine del tema,“ Archaeologia
Classica 25/26, 1 973/74: 718-740; Cascianelli, Dimitri, „Pasquale Testini e la Traditio Legis di Anagni,“
in: Incisioni figurate della tarda antichitä, Bisconti, Eibrizio, Braconi, Matteo (Hrsg.), Vatikanstadt: Pon-
tificio Istituto di Archeologia Cristiana, 2013: 623—646.
198 Präsenzerfahrung

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10] Traditio Legis, Grabplatte von Anagni und Umzeichnung


nach Garrucci 1977, Palazzo Bonifacio VIII, Anagni

870
und Bethlehem bezeichnet.869 Diese Stadtdarstellungen erscheinen auch auf der Apsissrirn-
wand von San Vitale. (Abb. 89) Hier ist ersichtlich, dass es sich um Füllmotive handelt, die
lediglich die zentrale Bedeutung der beiden Städte betonen? 0
Die Traditio Legis hat in den vergangenen anderthalb Jahrhunderten eine schwer über-
blickbare Fülle wissenschaftlicher Untersuchungen hervorgebracht, denen gemein ist, dass sie
das Motiv nicht auf eine Textgrundlage zurückführen, sondern die einzelnen Bildelemente
als eklektische Zusammenfügung unterschiedlicher ikonographischer Elemente auffassen. Die
Forschung des 19. Jahrhunderts war vor allem darum bemüht, in dem Bild eine wörtliche

869 Wisskirchen, Rotraut; Heid, Stefan, „Der Prototyp des Lämmerfrieses in Alt-St Peter,“ in: Tesserae. Fest-
schrift für Josef Engemann f= Jahrbuch für Antike und Christentum, Ergänzungsband 18), Dassmann, Ernst
(Hrsg.), Münster: Aschendorff, 1991: 138-160: 147f.
870 Eine eschatologische Bedeutung der beiden gemmengeschmückten Städte auf der Stirnwand ist nicht
wahrscheinlich. Die Buchstaben Alpha und Omega drücken hier nur die Gegenwart Christi im Presby-
terium aus.
Die Zeitlichkeit von Visionen J99

VI
r $

1 02 Traditio Legis, Katakombenfresko, Grottaferrata

872
Übergabe des Gesetzes zu erkennen und führte dies auf kaiserliche Übergabemotive zurück.871
Aus jener Zeit stammt die Bezeichnung „Traditio Legis“, die die Rolle des Gesetzes betont. Sie
ist aus der Inschrift abgeleitet, die im Baptisterium von Neapel, auf einem Goldglas in Tole-
878
do877 und in einem Katakombenfresko in Grottaferrata873 mit den Worten D O M I N U S LE-
GEM DAT oder einer Version davon belegt ist.874 (Abb. 47 und 102) Diese wörtliche Lesart
ist seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert weitgehend in den Hintergrund getreten.875 Die
Forschung sah in dem Motiv nun abstrakt-symbolische Repräsentationen der Botschaft Christi
(oft als Gegenbild zum mosaischen Gesetz),876 der Offenbarung Christi877 und der Ecclesia.™
871 Siehe bspw. de Rossi, Giovanni Battista, „11 gruppo simbolico rappresentante il Salvatore, ehe da la legge
a s. Pietro. Bollettino di archeologia cristiana, 1 868: 39—41 , bes. S. 40; Garrucci, Raffaele, Storia della arte
cristiana. Nei primi otto secoli della chiesa, Bd. 1 , Prato: Gnasti, 1881. 395; Wilpert, Joseph, Principienfra-
gen der christlichen Archäologie, mit besonderer Berücksichtigung der Forschungen von Schultze, Hasenclever
und Achelis, Freiburg im Breisgau: Herder, 1889: 29-30; Swoboda, Heinrich, „Frühchristliche Reliqui-
arien des k. k. Münz- und Antiken- Kabinets,“ Mitteilungen des k.k. Central-Commission zur Erforschung
und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale 16, 1890: 1—22;
872 Inv.Nr. 6.7.12. Abbildung in Spier, Jeffrey, (Hrsg.), Picturing the Bible. The Earliest Christian Art, New
Haven: Yale University Press, 2007: Tf. 65.
8 7 3 Abbildung in Wilpert, Joseph, Die römischen Mosaiken und Malereien der kirchlichen Bauten vom IV-
XIII. Jahrhundert. Die Malereien, Bd. 4, Freiburg: Herder, 1916: Tf. 132.
874 Auf dem Goldglas des Vatikan ist lediglich D O M I N U S zu lesen.
875 Siehe bspw. Schumacher, Walter N., „Dominus Legem Dat,“ Römische Quartalschrifi 54, 1959: 1—39: 29;
Bogh Rasmussen, 2001: 36.
876 Bspw. Davis- Weyer, 1961: 29f.
877 Bspw. Engemann, 1997: 75-78; Bogh Rasmussen, 2001: 37f.
878 Schiller, 1971: 211; Christe, Yves, „Apocalypse et „Traditio Legis,“ Römische Quartalschrift 71, 1976:
42-55, bes. S. 42-45. Spiesei deutet es als Visualisierung der Göttlichkeit Christi: Spieser, 2004: 19—20.
200 Präsenzerfah ru ng

y i.«

10 3 Traditio Legis, Goldglasfragment des Vatikan

In jüngster Zeit ist es gelungen nachzuweisen, dass der Traditio Legis doch ein biblischer
Text zugrunde liegt, dessen Aussage sämtliche Elemente des Motivs in einer zusammenhän-
genden Deutung erklären kann. 879 Die Traditio Legis ist geschaffen worden, um eine visuelle
Entsprechung für die Prophetie Jesajas (2.2-4) zu erhalten, welche den Anbruch der friedlichen
Zeit unter der Herrschaft des Messias vorhersagt:
Am Ende der Tage wird es geschehen: Der Berg mit dem Haus des Herrn steht fest gegründet als
höchster der Berge; er überragt alle Hügel. Zu ihm strömen alle Völker. Viele Nationen machen sich
auf den Weg. Sie sagen: Kommt, wir ziehen hinauf zum Berg des Herrn und zum Haus des Gottes
Jakobs. Er zeige uns seine Wege, auf seinen Pfaden wollen wir gehen. Denn von Zion kommt das
Gesetz des Herrn, aus Jerusalem sein Wort.880 Er spricht Recht im Streit der Völker, er weist viele
Nationen zurecht. Dann schmieden sie Pflugscharen aus ihren Schwertern und Winzermesser aus ih-
ren Lanzen. Man zieht nicht mehr das Schwert, Volk gegen Volk, und übt nicht mehr für den Krieg.

Der in einigen Fällen gedoppelte Berg (Grabplatte von Anagni, Abb. 101, Goldglasfragment
des Vatikan, Abb. 103, und Stadttorsarkophag von Mailand. Abb. 104) ist der „höchste der
Berge“ und der Zion/Jerusalem, von wo die Weisung und das Wort ausgehen werden. Wort
und Gesetz (verbum et lex! vöpog Kai AÖvog) sind in der Figur Christi und der Schriftrol-

879 Hierzu ausführlich Bergmeier, 2014a: 200-208 und Bergmeier, 2017. Der Vorschlag Adolf Katzenel-
lenbogens, die Traditio Legis als alttestamentliche Prophetien zu deuten, ist unverhallt verklungen, mög-
licherweise u.a. weil Katzenellenbogen seine These nicht belegte (Katzenellenbogen, Adolf, „The Sarco-
phagus in S. Atnbrogio and St. Ambrose,“ The Art Bulletin 29, 4, 1947: 249-259, bes. S. 250). Stefan
Heid und Rotraut Wisskirchen haben lediglich den unteren Lämmerfries als Bild der Prophetie des Jesaja
gedeutet (Wisskirchen; Heid, 1991).
880 Das Wort „Weisung“ der Einheitsubersetzung und der i bersetzung Luthers wurde durch „Gesetz“ er-
setzt, da dies sowohl dem Text der Septuaginta als auch der Vulgata entspricht (vöpog bzw. lex).
Die Zeitlichkeit von Visionen 201

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104 Ttaditio Legis, Stadttorsarkophag, Sant’Ambrogio, Mailand

le verbildlicht, die in einigen Fällen die Inschrift DOMINUS LEGEM DAT trägt, um das
Verständnis zu erleichtern. Die Botschaft ist weiterhin in den vier Flüssen verbildlicht, die
wie im Bibeltext von Zion „ausgehen“ (exz'/W).881 Die Gleichsetzung der vier Flüsse mit den
Evangelien ist in Schriftquellen, unter anderem in der Beschreibung des Apsisbildes der Basilica
Nova in Cimitile durch Paulinus von Nola, belegt.882 Die Lämmer stellen die Völker dar, die
sich aus nicht näher benannten allegorischen Städten auf die Willfahrt zum Zion machen.883
Die Friedenszeit ist nur in der Inschrift des Mosaiks von S. Costanza, welche als D O M I N U S
PACEM DAT restauriert ist,884 deutlich erkennbar ins Bild gesetzt. Ebenso verweist auch die
paradiesische Ideallandschaft mit zwei Palmen auf diese friedvolle Zeit. Der Phönix ist hier als
visuelles Zeichen für die Dauer eines Weltzeitalters in das Bild eingefügt (zwischen der Wieder-
auferstehung des Vogels aus der eigenen Asche bis zu seinem erneuten Tod). Dieses Bildelement
reflektiert eindrucksvoll, dass die Darstellung einen bestimmten Zeitraum beschreibt. Baptis-
881 In der Vulgata heißt es: „quia de Sion exibit lex et verbum Domini de Hierusalem.“ Die Septuaginta
formuliert: ’Ek yap Stmv eqcXevoeTai vbpoq Kai Löyoc, Kvpiov tZ lepouoaLqu
882 Paulinus von Nola, Ep. 32 (FC 25.2: 770). Ebenso bei Eusebios, Demonstratio evangeltca 9.1 1 .5 (PG 22,
1165D).
8 8 3 Siehe hierzu auch Wisskirchen; Heid, 1991: passim,
884 Die archäologischen Quellen hierzu sind widersprüchlich. Pietro Ugonio sah 1 594 nach eigenen Anga-
ben die Buchstaben G E M DAE. 1693 rekonstruierte Ciampini jedoch Pacem dat. Eine Restaurierung
1 842/43 rekonstruierte die von Ciampini belegte Lesart. (Siehe hierzu Stanley, David, ,,'Ihe Apse Mosaics
at Santa Costanza. Observations on Restorations and Antique Mosaics,“ Römische Mitteilungen 94, 1987:
29—42, bes. S. 32-38). Entgegen vielfach geäußerter Meinung plädiert Stanley für die Authentizität des
Azcew-Schriftzugs. Durch die Entdeckung der Abhängigkeit der Traditio Legis von Jes. 2.2-4 besteht kein
Grund mehr, die Echtheit des Wortlauts der Inschrift in Zweifel zu ziehen.
202 Präsenzerfahrung

male Referenzen sind lediglich unter dem Eindruck der liturgischen Verwendung der Jesaja-
Prophetie in die Bilder gelangt (u.a. in der inschriftlichen Bezeichnung des Jordan auf dem
vatikanischen Goldglas und in SS. Cosma e Damiano sowie innerhalb des Deckenmosaiks des
Taufhauses von Neapel).885 Die Apostel schließlich sind als erste Empfänger der Botschaft von
Zion/ Jerusalem dargestellt. Petrus und Paulus sind aufgrund ihrer herausragenden Bedeutung
für die Stadt Rom ausgewählt worden. In der Rolle der ersten Empfänger des Wortes Gottes
und als Urheber der Verbreitung der Botschaft werden die Apostel auch von den spätantiken
Exegeten der Jesaja-Prophetie gedeutet.886 Noch am Ende des zehnten Jahrhunderts reflektiert
das Fresko der Stirnwand der römischen Kirche S. Maria in Pallara die Bedeutung der Apostel
für die Verbreitung des Wortes. Im Zentrum der Apsisdekoration steht eine von der Traditio
Legis inspirierte Komposition, während auf der Stirnwand die Apostel dargestellt sind, wie sie
auf den Schultern der Propheten das Wort verbreiten. (Abb 1 0 5 und 106) Es handelt sich um

885 Kyrill von Jerusalem, 18. Katechese an die Täuflinge 3 4 (BKV 41: 358f). Augustinus erwähnt die Stelle
in Zusammenhang mit der Liturgie der Osternacht, in der die Neophyten getauft wurden- Augustinus,
Kommentar zum ersten Johannesbrief} 1 3 (SC 75: 147). Siehe hierzu. Dulaey, Martine, „Venez, montons
ä la montagne du Seigneur. Jes. 2, 2—6 (Mi 4, 1-3) dans fexegese paleochretienne,“ in: Pelerinages et
lieux saints dans l’antiquite et le moyen Age. Melanges offerts a Pierre Maraval, Caseau, Beatrice; Cheynet,
Jcan-Claude: Deroche, Vincent (I Irsg.), Paris: Association des amis d u Centre d’histoire et civilisation de
Byzance, 2006. 159-178, bes. S. 174-176; Bergmeier, 2014a: 207f.
886 Theodoret von Kyrrhos schreibt in seinem Jesajakommentar (2.4): „Es ist also offensichtlich, dass sich
Jesaja auf das Neue Testament bezieht, das dort zuerst den Aposteln gegeben wurde und dank ihnen zu
allen Völkern geschickt wurde. Er verkündet, dass von dort außer dem Gesetz auch das Wort kommen
würde. Das ,Wort‘ ist darum der Titel, welcher der Botschaft des Evangeliums verliehen wurde." (Übers,
nach SC276; 1 94f.) Ähnlich Basilius von Caesarea, Commentarius in Isaiam 2.72 (Trevisan (Hrsg.), Tu-
rin: Societä Editrice Internazionale, 1939: 213). Tertullian und Justin Märtyrer reden von der Mission,
die im Anschluss an die Aussendung des Gesetzes entsetzte und von den Aposteln begonnen wurde
(Tertullian schreibt über die Nationen: „per nouam legem euangelii et nouum sermonem apostolorum
iudicantur." (Adversus Marcionem 4.1.4: SC 456: 60). Justin Märtyrer schreibt in Apologia 1 39.3., zwölf
Männer seien in die Welt gezogen und haben durch die Kraft Gottes allen Nationen mitgeteilt, dass
sie von Christus gesandt worden sind, um allen Gottes Wort zu lehren- Ä7tö yäp IcpouoaMju avöpeq
ÖEKaouo töv apiOpöv Ufj/.Oov st<; töv KÖopov . . . ötä Ös Oeov Svväpecog epijvuaav itavti yevet ävOptbitwv
o><g äTtecrtÄrpav vnö ton Xpiotou ötoägat Ttavtac töv tov Ocou z.övov (SC 507: 230). Besonders konzis
ist die Rolle der Apostel bei der Verbreitung des Wortes zu den Nationen im Anschluss an die Übergabe
des Evangeliums auf Zion, das heißt der Lehre Christi in und um Jerusalem, bei Theodoret von Kyrrhos
wiedergegeben: „Welche Völker eilten zum Tempel nach dessen Wiedererrichtung? Welches Gesetz wur-
de dort übergeben [eSööq ]? Gott gab das alte Gesetz auf dem Sinai, nicht auf Zion. Es ist also offensicht-
lich, dass sich Jesaja auf das Neue Testament bezieht, das dorr zuerst den Aposteln gegeben wurde und
dank ihnen zu allen Völkern geschickt wurde. Er verkündet, dass von dort außer dem Gesetz auch das
Wort kommen würde Das ,Worf ist darum der Titel, welcher der Botschaft des Evangeliums verliehen
wurde. Auch der heilige Lukas lehrt uns dies: .Diejenigen, die zu Beginn Augenzeugen und Diener des
Wortes waren, gaben es an uns weiter.“ [Lk. 1,2] Er spricht nicht von Gott, dem Wort (Oeöv koyov), son-
dern von der Lehre des göttlichen Worts (tqv tov Orion riryov ötoaoKuZiav). Zion ist nicht der Ort, von
dem Gott, das Wort, kam, sondern wo er die Wahrheit lehrte.“ (Theodoret von Kyrrhos, Commentarius
in Isaiam 2.4; Übers, nach SC 276; 194f,)
Diese Passagen dürfen nicht als Beleg dafür gebraucht werden, die Jesaja-Prophetie oder das spätantike
Traditio-Legis-Motiv als historischen Missionsbefehl zu deuten. Tertullian und Justin reden lediglich
abstrakt von der Mission, nicht vom historischen Missionsbefehl. Reidar Hvalvik hat, allerdings nicht auf
der Grundlage der Jesaja-Exegese, die Traditio Legis als Bild des historischen Täufbefehls deuten wollen.
(Vgl. Hvalvik, 2006.) Dies war zuerst von Victor Schulze 18 9 5 vorgeschlagen worden. (Schultze, Victor,
Archäologie der altchristlichen Kunst, München: Beck’sche Verlagsbuchhandlung, 1895: 227f.).
Die Zeitlichkeit von Visionen 203

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105 Apsisfresken S. Maria in Pallara (San Sebastianello)

eine mittelalterliche Ikonographie (bspw. auf dem Taufstein im Merseburger Dom, Abb. 107),
die verbildlicht, dass die Autorität der Botschaft Christi auf die der Propheten zurückgeht.88

8 8 7 Marchiori, Maria Laura, „Medieval Wall Painting in the Church of Santa Maria in Pallara, Rome: the Use
of Objective Dating Criteria,“ Papers ofthe British School at Rome 77, 2009: 225-255, bes. S. 229-31
204 Präsenzerfahrung

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106 Stirnwandfresken S. Maria in Paliara (San Sebastianello), Cod.Vat.lat. 9071, S. 234 und 235

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1 07 Aposteln auf den Schultern der Propheten, Taufstein, Dom zu Merseburg


Die Zeitlichkeit von Visionen 205

Die spätantike Exegese ist es auch, welche die Frage nach der Zeitlichkeit der Prophetie und
der Iraditio Legis beantworten kann. Die große Zahl der Exegeten, die sich mit der Prophetie
auseinandergesetzt haben, verwundert nicht, wenn man der Aussage des Origenes in einem
Brief an Julian den .Afrikaner Glauben schenkt, dass „jeder, auch wenn er nur ein einfacher
Gläubiger ist, diese Prophetie des Jesaja kennt.“888 Die Exegeten deuteten die Worte Jesajas
als Vorausdeutung auf die friedliche Zeit unter der Herrschaft des Messias. Darauf aufbauend
kann nun entschieden werden, welcher Zeitstellung die spätantiken Christen die Prophetie
und ihre Bilder zuordneten: der Vergangenheit, der (eschatologischen) Zukunft oder aber der
unmittelbare Gegenwart. Die Antwort hierauf ist eindeutig.
Als einer der Ersten hat sich Justin der Märtyrer (J um 165) der Deutung der Passage ge-
widmet In seiner Apologia zitiert er sie und fügt an: „Und davon, dass sie sich erfüllt hat, könnt
ihr euch überzeugen " 389 Zum Beweis, dass die Prophetie bereits eingetreten ist, nennt Justin
die Tätigkeit der zwölf Apostel, die von Jerusalem aus das Wort Gottes allen Nationen gelehrt
haben.8“' Die Missionstätigkeit der Apostel begreift auch Tertullian als Zeichen für die ange-
brochene Friedenszeit.891 Schließlich kommt Justin auf Jes. 2.4 zu sprechen und erklärt, dass
die Gegenwart identisch mit der Friedenszeit ist, weil „wir, die wir uns früher gegenseitig ge-
tötet haben, nicht mehr mir unseren Gegnern kämpfen“ . Gemeint ist hier die Widerstandslo-
sigkeit der späranriken Märtyrer. Spätere Kommentare unterscheiden sich von dieser Deutung
lediglich in ihrem Verständnis der Friedenszeit. Die Theologen des vierten Jahrhunderts finden
eine andere wörtlichere Entsprechung für den prophezeiten Frieden. Hieronymus legt dar, dass
es seit der Geburt Christi keine Kriege gegeben habe. Er zählt wichtige Kriege auf und endet
mit dem Bürgerkrieg zwischen Caesar und Pompeius.892 In ähnlicher Weise sehen auch Eusebi-
os (J339) 893 und Johannes Chrysostomos ( t 407) die Prophetie als erfüllt an. Letzterer wähnt
Kriege nur noch in weit entlegenen Gebieten.894 Nach dem einschneidenden Einfall der Goten
in Italien und der Eroberung Roms im Jahre 410 lassen die Exegeten den letzten Abschnitt der
Prophetie oft unkommentiert.898 Das Mosaik von S. Costanza mit dem pacem Schriftzug ( I E
7) ist wohlgemerkt vor diesem Einschnitt entstanden. Die Exegeten interpretieren in der Folge
den Rest der Prophetie weiterhin als gegenwärtige Herrschaft Gottes. So findet sich bei Augus-
tinus kein Hinweis auf die Friedenszeit, wohl aber eine Deutung der Prophetie auf das Neue

Siehe auch Hauknes, Marius B., „The Painting of Knowledge in Thirteenth-Century Rome,“ Gesta.55, 1,
2016: 19-47, bes. S. 34-36.
888 Ti; yäp OÜK oiöi: Kai rä)v Tto/Aöv memnv Ksipcvov ev Ttö Hoatä. (Origenes, Brief an Julianus Africanus 1 5;
P G 11: 84 B).
889 Kai ort oürcog ysyove, jreioOfjvar öuvaoOc. (Justin Märtyrer, 1. Apologie 39.2; S C 507: 230).
890 Justin Märtyrer, 1. Apologie 39.3; S C 507: 230 (siehe Anm. 886).
891 Die Schrift gegen Marcion wird in die Zeit zwischen 208 und 212 datiert (SC 456: 17).
8 92 Hieronymus, Commentarius in Micheam, 1.4. 1-7 (CCSL 76: 466-472).
893 Eusebios von Caesarea, Commentaria in Isaiam, 1.26 (Ziegler (Hrsg.), 1975: 15, Z. 1-14): Tö öc
oqpciov £tpr]vr]v EOEoOat tö rrjvtKavTa tcöv eOvcöv aaävTWV cuayyE icETat, wg pqKETt roaap'/iac r.ivat
Kai ttoZvapyiag pqöö ra E0vq ötatpsiaOat oracnaCovra ttpöq aDatya pqöc rag Ka0' ekugtov f.Ovog no/.Et;
ä/./.q/.aic TtoXcpeiv Kai pa'/yoOat. öpovostv 5s Kai EipqvEVEtv aaavrayov ttavra d>g pqKETi Kara tö TtaXatöv
Toüg rqv yqv Epya opEvoug igitpwv Kai TtoXepiKtöV öpyävwv Ttpövotav TtotciaOat. ö 8q Ttpörspov ötpaTTOv
8td rag tmvq0£tg tcöv TrXqoioyüipMV STtavaoTdoEig, ävTtKpug öe Kai taika ETtXqpoÜTO ptra rqv tov awTfjpog
f|pcöv Iqooü XptGTOÖ itapooolav. (Z. 1-8).
894 Kai sig pspog §t®7iiop£vov ra rtov TroXkptov rtEptscmy (Johannes Chrysostomos, Contra judacos et gentiles.
Quod Christus sit Deus 566 (6.6); PG 48: 821).
895 Nicht so Theodoret von Kyrrhos.
206 Präsenzerfahrung

108 Traditio Legis, Sarkophag, Verona (Rep. 11.152)

Testament, welches seit der Geburt Christi das alte Gesetz des Moses ersetzt hat.8 Theodoret
von Kyrrhos (t 466) wendet sich gegen Interpreten, die die Prophetie auf die Vergangenheit,
nämlich auf die Errichtung des zweiten Tempels deuten wollen. Auch er erkennt den Beginn
der Prophetie in der Übergabe des Evangeliums an die Apostel, die es in die Welt hinaus getra-
gen haben.89 Die Inkarnation Christi identifiziert er als den Moment, an dem die Friedenszeit
begann und sich die Kriege in Frieden verwandelten.809
Die Friedenszeit erstreckt sich laut der exegetischen Tradition von der Menschwerdung
Christi bis zu seiner endgültigen Wiederkehr Dieser zeitliche Verlauf ist im Bild der Traditio
Legis durch den Phönix angedeutet, der hier auf einer Palme stehend nicht die Auferstehung
aus der Asche seines Vorgängers feiert, sondern als Symbol für das gegenwärtige Zeitalter dient.
Ein Sarkophag aus Verona (Rep. 11.152, Abb. 108) zeugt von dem Aufwand, der betrieben
wurde, um auch auf engem Raum - im Durchgang eines der Stadttore - Palme und Phönix
darzustellen. Der 1990 entdeckte Sarkophag von Larnta (Tunesien; Rep. III.642. Abb. 109)
platziert die Traditio Legis sogar innerhalb idyllischer Jagdszenen und betont dadurch ihren
paradiesisch-friedvollen Charakter.
Die paradiesischen Attribute sind von einigen Forschern als Argument genutzt worden,
in dem Bild eine eschatologische Projektion der Endzeit zu erkennen.89'1 Diese Auffassung des
Paradieses lässt sich in der Spätantike jedoch nicht belegen. Kevin Rushby vereinheitlicht in sei-
<
896 „[...] in ea civitate, ex qua debuit incipere lex secunda, hoc est testamentum novum. Prima enim fuit
ex monte Sina per Moysen, quod testamentum vocatur vetus. De hac autem, quae per Christum danda
erat, praedictus est: Ex Sion lex prodiet et verbum Domini ex Hierusalem.“ (Augustinus, De civitate Dei,
18.54; C C S L 4 8 : 654).
897 Siehe oben Anm 886.
898 AÄÄd taura q ton ocorqpo qpwv Ecßsosv EvavOpäntqotq. . . .’EvtsuOev äpyqv eXcotev f] eic eipqvqv röv
ao/Tpoiv pcraßoV]. (Theodoret von Kyrrhos Commentarius in Isaiam 2.4; S C 276: 196—199).
8 99 Wisskirchen; Heid, 1991: 158.
Die Zeitlichkeit von Visionen 207

109 Sarkophag mit Darstellung der Traditio Legis, Lainta, Tunesien (Rtp. III.642)

ncr Analyse historischer Paradiesvorstellungen zwar das Paradies mit dem himmlischen Jerusa-
lem der Offenbarung. " Dieser Gleichsetzung zweier unterschiedlicher Konzepte kann jedoch
nicht gefolgt werden, da nicht jede paradiesische Szene das himmlische Jerusalem impliziert.
Dresken-Weiland hat nachgewiesen, dass paradiesische Szenen lediglich einen überirdischen,
glücklichen Ort (locus amoenus) bezeichnen. 11 Dieser wurde häufig als bukolische Landschaft
etwa auf Sarkophagen verbildlicht. Dresken-Weiland weist weiterhin darauf hin, dass para-
901
900
diesische Szenen auch die Gemeinschaft mit Gott beschwören konnten.902 Dieser Funktion
entsprechen die Bilder der Traditio Legis, die das Verhältnis der Christen zu ihrem Gott in der
Zeit der Ecclesia abbilden.
Schließlich sind die Inschriften der Bilder im Präsens gehalten - der Herr gibt das Gesetz.
Wäre eine endzeitliche Aussage intendiert gewesen, hätte die Inschrift die Gesetzesübergabe
in der Zukunft ansetzten müssen. Hierbei wäre allerdings fraglich, um welches Gesetz es sich
handeln könnte. Dies ist von den vielen Untersuchungen, die in den vergangenen 50 Jahren in
der Traditio Legis ein eschatologisch motiviertes Bild sehen wollten, nicht beantwortet worden.
Nur selten werden „apokalyptische“ Deutungen begründet und häufig die Beweisführung at-
mosphärischen Eindrücken überlassen. Christa Ihm, Franz Nikolasch und Peter Franke haben
die Traditio Legis als endzeitlich gedeutet,903 ebenso Geir Hellemo, obwohl der Befund seiner
Quellenuntersuchung eine Lesung als gegenwärtiges Ereignis unterstützt hätte.904 Bogh Ras-
mussen erkennt in dem Motiv sogar ein Bild des Endgerichts905 und Fabrizio Bisconri nimmt
das Lamm auf Zion zum Anlass für eine eschatologische Deutung.906

900 Rushby, Kevin, Paradise: A History of the Idea that Rules the World, New York: Carroll and Graf, 2007:
1 8-22.
901 Dresken-Weiland, 2010: 45.
902 Dresken-Weiland, 2010: 49.
903 Ihm, 1992: 37; Nikolasch, 1969: 69; Franke, Peter, „Traditio Legis und Petrusprimat: Eine Entgegnung
auf Franz Nikolasch.“ Vigiliae Christianae 26, 4, 1972: 263—271, bes S. 268.
904 Hellemo, 1989: 196f.
905 Bogh Rasmussen, 2001: 32.
906 Bisconti, Fabrizio, „Variazioni sul tema della Traditio legis. Vecchie e nuove acquisizioni,“ Vetera Chritia-
norum 40, 2003: 251-270, bes. S. 267.
208 Präsenzerfahrung

Die Untersuchung zur Exegese von Jes. 2.2-4 hat gezeigt, dass diese Deutungen nicht mehr
haltbar sind. Auch unterstützt die paradiesische Szenerie die Lesart eines friedvollen Ortes in der
Gegenwart. Das Lamm auf Zion, das hier zwar nicht der Offenbarung entnommen ist, sondern
sich aus der Prophetie des Alten Testaments erklärt, wäre in jedem Fall als Bild der gegenwärtigen
Vision zu deuten, denn die Offenbarung wurde zur Zeit der Entstehung des Motivs nicht als
Endzeitbericht gelesen. In dieser Weise ergänzen sich das Stirnwand- und das Apsismosaik von
SS. Cosma e Damiano, welche beide die gegenwärtige Vision Gottes zum Thema haben. Die
Vision der gegenwärtigen Herrschaft Christi wird mit der Thronvision der Offenbarung zu einer
Einheit verschmolzen, denn auch die apokalyptische Vision wurde als Bild des gegenwärtigen Sta-
tus quo der Ecclesia verstanden. Beide Bilder deuten, erklären und legitimieren sich so gegenseitig.
Die Traditio Legis steht damit am Beginn einer Bildtradition, die bemüht war, der Visions-
erwartung der spätantiken Christen zu entsprechen, indem sie Bilder der gegenwärtigen Er-
scheinung schuf. Die frühesten Bildbeispiele lassen sich in die 370er Jahre datieren, es wird al-
lerdings vermutet, dass ein prominentes Monumentalbild in Alt-St. Peter bereits um 352-361
existierte.90 Die Traditio Legis war ein früher und auf dem Gebiet Roms und des römischen
Patriarchats überaus einflussreicher Versuch der Visualisierung gegenwärtiger fheophanien.
Am Beginn des vierten Jahrhunderts kamen Bilder des Tetramorph hinzu, die zum sichtbarsten
theophanischen Bedeutungsträger in der spätantiken Bildprodukrion werden sollten. Sie läute-
ten eine Entwicklung der Theophaniebilder ein, die sich vor allem auf die Kapitel 4 und 5 der
Offenbarung und die entsprechenden alttestamentlichen Visionsberichten bei Hesekiel (1 und
10) und Jesaja (6) stützte. Im ersten Drittel des vierten Jahrhunderts sind die ältesten Bilder des
leeren Ihrons nachzuweisen. Zur gleichen Zeit begegnen erstmalig auch andere Bildtypen, die
Elemente aus der apokalyptischen Vision nebeneinander stellen (S. Paolo fuori le mura) oder
sie mit einer himmelfahrtsartigen Komposition verschmelzen (S. Sabina), um so einen neuen
Bildtyp zu generieren, das hier als Theophaniemotiv bezeichnet wird. Vergleichbar mit den
Darstellungen der Offenbarung und der Traditio Legis war es auch Zweck dieses Bildmotivs,
eine gegenwärtige Theophanie ins Bild zu setzen.

Der Türsturz der Al Moallaqa-Kirche und die Maiestas Domini im Gundohinus Evangeliar

In der Regel werden alle Bilder, die Christus in einer Mandorla oberhalb einer Gruppe von
Zuschauern zeigen, als Himmelfahrt bezeichnet, in einigen Fällen als spezifisch östliche For-
mulierung dieses historischen Geschehens. In Kapitel II. 3. ist bereits dargelegt worden, dass
bislang versäumt wurde, zwischen zwei ähnlichen Bildmotiven zu unterscheiden, die beide ihre
Inspiration vom Himmelfahrtsbericht in Apostelgeschichte 1 beziehen, jedoch unterschied-
liche Aussageabsichten haben. Es muss unterschieden werden, ob die Bilder tatsächlich die
historische Himmelfahrt abbildeten oder als Visualisierung einer unspezifischen Theophanie
dienten. Die derzeit bekannten Bildzeugnisse legen nahe, dass die Visualisierungen der Theo-
phanie den Bildern des „östlichen Typs“ der Himmelfahrt um mindestens em Jahrhundert zu-
vorkamen. Als eindeutige Himmelfahrtsdarstellungen können erst das entsprechende Bildfeld
auf dem Sancta Sanctorum Reliquiar, das die loca sancta illustriert, die Darstellungen auf den
palästinensischen Pilgerampullen und auf einem Vorhang des Cleveland Art Museums sowie

907 Krautheimer. Richard, ,A Nore on the Inscription in the Apse of Old St Peters,“ 7)07'41, 1987: 317—
320. Hugo Brandenburg nimmt die Existenz des Tradino-Legis-Bilds in der Apsis bereits für die kons-
tanrinische Zeit an: Brandenburg, 2004: 98.
Die Zeitlichkeit von Visionen 209

eine frühe Ikone vom Sinai identifiziert werden.908 (Abb. 76 u n d 77, Tf. 2 8 und 29) Diese
Objekte werden sämtlich ins sechste oder siebte Jahrhundert datiert.
Die Gründe dafür, dass es sich bei den übrigen Darstellungen (bspw. Holztür von S. Sabina,
Perivoli Lampe, Rabbula Codex, Apsismosaik von Hosios David, Emmanuel-Ikone vom Sinai,
magisches Amulett aus Syrien, Fresko in der Pantokratorhöhle des Latrnos und Türsturz der
Al-Moallaqa Kirche) um unspezifische Theophanien anstatt um Himmelfahrtsbilder handelt,
sind vor allem folgende drei: Auf der Tür von S. Sabina erscheint das Motiv (Abb. 7 1 ) zusam-
men mit einer eindeutig als Himmelfahrt zu identifizierenden Darstellung. Das Tetramorph ist
abgebildet, das eine Vision ankündigt. Schließlich fehlt bei einigen der Bildbeispiele die untere
Zone, ohne die das Bild kaum als Himmelfahrt angesprochen werden kann. Zu dieser Gruppe
zählt das Apsismosaik von Hosios David, das die beiden Seher der Himmelfahrt zu unspezi-
fischen Propheten umdeutet, die die Vision visuell beziehungsweise geistig durch die Schrift
erfahren. (1 f. 6) Betrachtet man die Bilder im weiteren Kontext ihrer spätantiken Vorstellungs-
welt, so liegt die Deutung als ahistorische, unspezifische Gottesvision nahe. Im vorangegange-
nen Kapitel wurde nicht auf einige schriftliche und inschriftliche Zeugnisse eingegangen, die
den theophanischen Gehalt dieses Bildmotivs belegen und Aussagen über dessen Zeitlichkeit
machen. Dies soll hier nachgetragen werden.
Zwei Bilder des achten Jahrhunderts und zwei spätantike Texte sollen exemplarisch die
Zeitstellung des Theophaniemotivs ofFenlegen. Bereits besprochen worden ist der 4 ursturz der
Al-Moallaqa Kirche in Alt-Kairo. (Tf. 30) Neben dem Einzug Christi in Jerusalem ist das
Iheophaniemotiv dargestellt. Bislang ist die sich über vier Zeilen erstreckende Inschrift nicht
zur Deutung des Reliefs herangezogen, sondern lediglich als Indikator für die Datierung ge-
nutzt worden. Diese beschreibt eindrücklich eine göttliche Lichterscheinung, berichtet von der
Theophanie auf dem Sinai, von Engeln, die das Trishagion singen und betont, dass Gott jetzt
im Himmel unsichtbar sei, auf Erden aber sichtbar war. Von der Himmelfahrt ist bezeichnen-
derweise keine Rede. Die Darstellungen darunter entsprechen denn auch der in der Inschrift
etablierten Dichotomie aus sichtbarem historischen Jesus und unsichtbarem Christus:
OTI EN OY(PA)NOIC AQPATOC QN HOIKIAO1C AYNAMEC1N EN HMIN
EYAOKHCAC TOIC BPQTOIC CYNANACTPAOHNAI CAPKQ0EIC EK THC
AHIPANAPOY 0EOMHTOPOC MAPIAC.909

Die beiden Daseinsformen des christlichen Gottes werden als Einzug in Jerusalem und als ge-
genwärtige Theophanie wiedergegeben. Während vom Einzug in der Vergangenheit berichtet
wird (snöOKijoao), wird die Vision als gegenwärtig bestehend (div) geschildert. Der Türsturz
mit seiner Inschrift und den Darstellungen ist Beleg dafür, dass auch im achten Jahrhundert
noch die Bedeutung der hier untersuchten Szene als Iheophanie im Vordergrund stand.
Ein Motiv, das im Rahmen dieser Diskussion oft ausgelassen wird, obwohl es vielerlei
formale und motivische Kontinuitäten mit spätantiken Bildformularen aufweist, ist die soge-
908 Siehe oben Anm. 656—659.
909 „The heaven shines splendidly having no darkness at all. There dwells all the fulness of the Godhcad, on
the peak of truly heavenly Sinai. [...] the angels and they ceaselessly honor him with chrice-holy voice
[i.e. in the Trishagion] singing and saying: „Holy, holy, holy are you, O Lord: heaven and earth are full of
your holy glory.“ For they are filled with your greatness, O Lord of great mercy, as you are Invisible in the
heavens amidst manifoki powers, and you were content to dwell together with us mortals, having become
incarnate from the Mother of God, Mary, who has never known man. Be a helper to Abba Theodore the
patriarch and George the deacon and oeconomus. Pachon 12, indiction 3, year of Diocletian 451."
Originaltext und englische Übersetzung bei Mac Coull, 1986: 2 3 lf.
210 Präsenzerfahrung

nannte Maiestas Domini.' 10 Das älteste erhaltene Bildbeispiel stammt aus dem Gundohinus
Evangeliar, befindet sich heute in Autun und wird auf das Jahr 754 datiert. (Tf. 34) Lawrence
Nees, der das Evangeliar in einer Monographie untersuchte, hat festgestellt, dass es wohl auf
ein möglicherweise Ravennatisches Original aus der Mitte des sechsten Jahrhunderts zurück-
910
geht.911 Aber auch ohne diese direkte Anbindung an die Spätantike ist die Verwandtschaft mit
den Bildern des Theophaniemotivs deutlich. Wieder ist Christus in einer Gloriole, umgeben
vom Tetramorph, dargestellt, dessen sekundäre Bedeutung als Evangelistensymbole natürlich
914
913
besonders in Bibelilluminationen zum Tragen kam.912 Um jedoch möglichen inhaltlichen
Missverständnissen vorzubeugen, hat entweder der spätantike Illuminator oder der frühmit-
telalterliche Kopist ein Bildelement hinzugefügt, und zwar die beiden Cherubim links und
rechts vom Thron, die sogar inschriftlich als solche bezeichnet sind. Sowohl die Inschrift als
auch die Hinzufügung der Cherubim im Bild der Maiestas Domini sind singulär. Das Resultat
ist, dass nun drei Cherubim abgebildet sind, denn das Tetramorph zusammen ergibt ja auch
einen Cherub. Diese Wesen können wohl mit den den Thron flankierenden Cherubim aus der
Hesekiels-Vision gedeutet werden. Sie können auch, wie von Lawrence Nees, als die Cherubim
der Bundeslade interpretiert werden.91 ' Jedoch ist fraglich, ob eine Differenzierung nötig ist, da
beide ohnehin derselben Spezies angehören.
Nicht nur die Einfügung der Cherubim in das Bild, sondern auch der begleitende Text der
Handschrift verweisen den Leser auf die Problematik der Göttlichkeit Christi. Neben anderen
kleineren Texten besteht das Vorwort aus einem Brief des Hieronymus zur Dreifaltigkeit, De
Trinitate. Dieser Brief ist merkwürdig aufgeteilt auf fol. 1 recto und verso, setzt dann aus und
geht erst auf fol. 13 recto gegenüber der Maiestas Domini weiter.919 Er behandelt die Göttlich-
keit Christi, die Passage gegenüber der Illumination nimmt direkten Bezug auf Christi Gött-
lichkeit. Unter anderem heißt es da, dass jeder, der bestreitet, dass er Vater, Heiligen Geist und
Sohn sieht, wenn er Vater, Heiligen Geist und Sohn sieht, verflucht sei („Omnis qui negat ita
videre filium patrem et sanctum spiritum sicut vidit pater filium et spiritum sanctum anathema
sit“). Der Text fährt fort mit der Beschreibung der Eigenschaften Christi gemäß dem Wortlaut
des Nizäischen Glaubensbekenntnisses. Es wird bekräftigt, dass Christus der Sohn Gottes sei
und zu seiner Rechten sitze (ebenso wie er in der Miniatur thront). Diese früheste Maiestas
Domini Darstellung betont also sowohl visuell als auch durch die Einbindung in den Textver-
lauf den Wunsch der Visualisierung des Göttlichen und steht in einer Iraditionslinie mit den
spätantiken Bildern, die sich nut dem Phänomen der göttlichen Vision, der Möglichkeit von

910 Anne Orange Poilpre versuchte in ihrer Monographie zur Maiestas Domini zwar, diese an spätantike
Vorbilder anzubinden, aber die I lerleitung kann meist wenig überzeugen So leitet sie das Motiv u.a. von
Bildern wie dem Apsismosaik von S. Pudenziana, den apokalyptischen Darstellungen aufTriumphbogen
und dem Lamm im Scheitel des Presbyteriumsmosaiks von San Vitale her („Formation et developpe-
ments d une iconographie ecclesiologique monumentale en Italie,“ in: Poilpre, 2005: 71-133.). Das
vereinende Moment der visionären Gottesschau wird von der Autorin dabei iibersehen.
91 1 Nees, Lawrence, „Image and Text: Excerpts Front Jeromes ,De Trinitate1 and the Maiestas Domini Mini-
ature of the Gundohinus Gospels,“ Viator 18, 1987: 1-21, bes. S. 2 und Nees, Lawrence, The Gundohi-
nus Gospels,Cambudge Mediaeval Academy of America, 1987 passim und bes. S. 214.
912 Hierzu bspw. die Diskussion der Evangelistensymbole auf byzantinischen Frontispizen bei Nelson, 1980:
15-54.
913 Nees, 1987: 186E
914 Transkription bei Nees, 1987: 18.
Die Zeitlichkeit von Visionen 211

110
Theophanie,
Stuttgarter Psalter,
Württembergische
Landesbibliothek
(Cod. Bibi. 23, fol. 19v)

Pheophanien, auseinandersetzten Immer noch äußert sich in diesen Bildern also die spätantike
Visionserwartung.
Dass die Miniatur des Gundohinus -Evangeliars keine Ausnahme unter den frühen Maies-
tas-Domini-Darstellungen bildet, zeigt der Vergleich mit den Illuminationen des Stuttgarter
Psalters.’15 Bianca Kühnel hat diese Darstellungen als endzeitliche Christusdarstellungen in-
terpretiert.910 Betrachtet man die Miniaturen im Kontext mit dem jeweiligen Psalmentext, so
offenbart sich, dass es sich jedoch um historische Theophanien handelt. Die Miniatur auf fol
I9v (Abb. 1 10) zeigt den thronenden Christus in einer Gloriole, die von Engeln getragen wird.
Darunter schweben sechsflügelige Seraphim, die mit ihren Flügeln eine breite, horizontale Li-

915 Obwohl häufig als Maiestas Domini angesprochen, entsprechen sie doch nur sehr eingeschränkt der
üblichen Ikonographie. Es mag sich um eine Übergangsform zwischen Lheophaniemotiv und Maiestas
handeln.
916 Kühnel, 2003: 28f.
212 Präsenzerfahrung

nie überspannen. Die prominente horizontale Lime spricht dafür, dass hier die Trennung des
spätantiken Motivs in zwei Zonen ein Echo gefunden hat. Eine untere Zone mit den Zeugen
der Vision fehlt allerdings. In diesem Fall wird das Motiv dazu verwendet, eine spezifische
historische Theophanie des David zu illustrieren. Der Text, der die Miniatur einrahmt, lässt
keinen Zweifel an der Bedeutungsabsicht. Es handelt sich um die Passage von Psalm 18 (17),
in welchem David von seiner Errettung durch die Intervention Gottes in Form einer beein-
druckenden Theophanie berichtet. Der Text auf der entsprechenden Seite umfasst die Verse
8-13, welche in bemerkenswertem Detailreichtum die Naturphänomene beschreiben, die diese
Theophanie begleitet haben. In Vers 11 wird ein Cherub genannt, auf dem Gott zu David
herabkommt. Die Wesen sind ein zuverlässiger Anzeiger für eine Theophanie und als solche
unterhalb der göttlichen Erscheinung in der Miniatur abgebildet. Die zentrale Gotteserschei-
nung hat mit der Beschreibung im Bericht Davids wenig gemein (bspw. Vers 9: „Rauch stieg
aus seiner Nase auf, aus seinem Mund kam verzehrendes Feuer, glühende Kohlen sprühten aus
von ihm.“). Diese Tatsache betont allerdings umso deutlicher die Wandelbarkeit des Bildsche-
mas, das als Chiffre für eine beliebige Theophanie herangezogen werden konnte. Fehlt eine
spezifische Zuordnung zu einem bestimmten historischen Moment, wie hier zum Iheophanic-
Erlebnis Davids, musste das Motiv als unspezifisch-gegenwärtig gelesen werden.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das Theophaniemotiv ebenso wie die Bilder der Of-
fenbarung und der Traditio Legis eine gegenwärtige Gotteserscheinung visualisieren. Anders als
die Prophezeiungen, die den Bildern der Offenbarung und der Traditio Legis zu Grunde liegen
und in der Spätantike auf die Gegenwart bezogen gelesen wurden, bedient sich das Theopha-
niemotiv eines vergangenen Ereignisses (Himmelfahrt) beziehungsweise einer bei der Gelegen-
heit geäußerten Vorhersage endzeitlicher Ereignisse (zweite Wiederkunft), um die Theophanie
zu visualisieren und zu legitimieren. Diese Strategie der Verschränkung unterschiedlicher Zei-
tebenen ist auch in der schriftlichen Kultur der Spätantike dokumentiert und wird im Folgen-
den Abschnitt untersucht.

Die Gleichzeitigkeit des (Jngleichzeitigen bei Kosmas Indikopleustes


Die bisher diskutierten Bildschöpfungen haben gezeigt, dass sich entgegen der modernen Lesart
die spätantiken Bilder nicht auf die Zukunft und das Ende der Welt bezogen, sondern auf die
Gegenwart. Nicht immer ist dabei die zeitliche Einordnung so eindeutig wie bei der Traditio
Legis oder den Bildern der Offenbarung. Die Zuordnung wird bei vielen theophanischen Bil-
dern dadurch erschwert, dass sie zum Zweck der Konstruktion einer präsentischen Vision auf
vergangene Visionsberichte oder auf sich zukünftig erfüllende Prophezeiungen zurückgreifen.
Die alttestamentarischen Visionen am Fluss Chebar (Hesekiel 1 und 10) oder die Thronvision
bei Jesaja 6 sind lange zurückliegende historische Ereignisse. Ebenso ist die Prophetie während
des Himmelfahrtsgeschehens einerseits ein historisches Ereignis, andererseits eine sich erst am
Ende der Tage erfüllende Vorhersage. Die noch ausstehende Realisierung der göttlichen Vision
wurde von den Kirchenvätern immer wieder betont, indem sie auf die Stelle bei 1. Korinthern
13.12 hinwiesen: „Jetzt schauen wir in einen Spiegel und sehen nur rätselhafte Umrisse, dann
aber schauen wir von Angesicht zu Angesicht. '' Erst im Jenseits, nach dem Ende dieser Welt,

917 Bspw. bei Tertullian siehe oben Anm. 341. Augustinus erwähnt die Passage („Videmus nunc per specu-
lum in aenigmate, tune autetn faciein ad fadem“) in seinen Ausführungen zur visio Del im vorletzten
Kapitel des Gottesstaats (De Civ. Dei 22.29; CCSL 48: 858).
Die Zeitlichkeit von Visionen 213

werde den Menschen die volle Gottesschau zuteil. Das Theophaniemotiv hat die produktive
Verschränkung all dieser Zeitebenen (biblische Vergangenheit und eschatologische Zukunft) zu
einem Bild der gegenwärtigen Vision vorgemacht. Die Praxis der Nutzung von Vergangenem
oder Zukünftigem zur Erzeugung eines Bildes der Gegenwart war in der Spätantike verbreitet.
Anhand zweier Texte kann diese Praxis noch einmal exemplifiziert werden: anhand der Vision
des Teufels in der Vita des Heiligen Martin und anhand der Topographia Christiana des Kosmas
Indikopleustes.

Die Topographia Christiana, eine Schrift aus dem sechsten Jahrhundert, ist in drei illuminierten
Handschriften aus der Zeit nach dem Ikonoklasmus erhalten. Sie wurde in Alexandria von
921
920
919
einem als Kosmas Indikopleustes, als Indienfahrer bezeichneten Autor verfasst.918 Die ältes-
te Abschrift ist im Godex Vat.gr. 699 aus dem neunten Jahrhundert enthalten, zwei weitere
Handschriften des elften Jahrhunderts werden in der Biblioteca Laurenziana (Laut. plut. IX 28)
und im Katharinenkloster auf dem Sinai (Sinai cod. gr. 1 186) aufbewahrt Neben der Nacher-
zählung der biblischen Geschichte stellte Kosmas Überlegungen zur kosmologischen Struktur
der Welt an. Die Theorie, die die sichtbare Welt mit der unsichtbaren göttlichen Sphäre in einer
kohärenten Raumtheorie verbindet, reflektiert gängige Vorstellungen der Zeit. Sinnbildhaft für
das kosmologische Raummodell des Kosmas Indikopleustes steht die Miniatur auf fol. 89r der
im Vatikan aufbewahrten Handschrift der Topographia. (Tf. 35) Sie illustriert das in der Schrift
dargelegte Weltmodell, dem gemäß der Kosmos in zwei übereinander befindliche Sphären ein-
geteilt wird. Diese Vorstellung geht auf Strömungen der anriochenischen Theologie zurück und
ist in den Schriften des Theodor von Mopsuestia belegt. Dieser unterteilt den Kosmos in zwei
Zustände (Katastasen), die neben dem unvollkommenen Zustand der sichtbaren Welt einen
weiteren Zustand der glückseligen himmlischen Sphäre umfassen. Diese zweite Sphäre habe
Christus durch seinen lod eröffnet. 119 In einem weiteren Rahmen entspricht dieses duale Kon-
zept aber auch schlicht antiken und spätantiken Vorstellungen der Einteilung der Welt in zwei
Sphären, deren Trennung die Neuplatoniker überwinden wollten."20 Der Indienfahrer nahm
sich zur Aufgabe, diese Theorie mit den Erkenntnissen der von ihm bereisten Welt (Bücher
1—4) und der biblischen Berichte (Buch 5) abzugleichen. Er geht dabei gegen die Auffassung
einer Kugelform der Welt vor und propagiert eine flache Gestalt der Erde.
Die beiden voneinander getrennten Zustände der Welt erklärt Kosmas mithilfe des mosai-
schen Bundeszeltes, welches aus einem äußeren und einem inneren Zelt besteht, das durch ei-
nen Vorhang abgetrennt ist (2.35). Der eine Zustand ist der der Engel und Menschen, während
der andere, zukünftige Zustand (psXXouoa Karaotacnx;) noch Christus allein vorbehalten ist

918 Zur Identifizierung von Kosmas Indikopleustes mit Konstantin von Antiochia siehe Wolska-Conus,
Wanda, „Stephanos d’Athenes et Stephanos d’Alexandrie: Essai d’identification et de Biographie,“ Revue
des Etudes Byzantines 47 , 1989: 5-89, bes. S. 28-30. Zum Alexandrinischen Abfassungsort siehe Milton,
V. Anastos, „The Alexandrian Origin of the ,Christian Topograph/ of Cosmas Indicopleustes,“ DOP
3, 1946: 73-80; Schneider, Horst, Kosmas Indikopleustes: Christliche Topographie.Textkritische Analysen,
Übersetzung, Kommentar, Turnhout: Brepols, 2010: 10.
919 Devreesse, Robert, Essai sur Theodore de Mopsueste (= Studi e testi 141), Vatikanstadt- Biblioteca Apos-
tolica Vaticana, 1948: 100f.; Baigent, Elizabeth; Kominko, Maja, „Maps in ehe Christian Topography
(Dissertation in Progress),“ Imago Mundi 58, 1 , 2006. 1 12-1 13, bes. Anm. 2.
920 Siehe unten Kapitel III.3.
921 Schneider, 2010: 10.
214 Präsenzerfahrung

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11 1 Die Welt als Koffer, Topographia Christiana des Kosmas Indikopleustes,


Biblioteca Medicea Laurenziana, Florenz (Plut. 9.28, fol. 95v)
Die Zeitlichkeit von Visionen 215

und den Menschen erst nach dem Jüngsten Gericht offen stehen werde.922 Häufig wiederholt
Kosmas seine Theorie der Zweiteilung der Welt (2.35; 4.2; 5.248), die er am prägnantesten im
vierten Buch darlegt:
Von der Erde bis zum Firmament ist der erste Raum, dieser Kosmos, in dem Engel, Menschen und
der ganze gegenwärtige Zustand sind. Vom Firmament bis zum Gewölbe ist oben der zweite Raum,
das heißt, das Königreich der Himmel, wohin Christus als erster von allen aufgenommen wurde und
hineinging, als er uns den neuen Weg des Lebens ebnete.923

Kosmas unterstützt seine Theorie durch Illustrationen, auf die er im Text regelmäßig verweist.924
Um die beiden Sphären der Welt zu verbildlichen, wählt er an einer Stelle die Darstellung eines
Koffers,925 in dem sich die Welt innerhalb des Kastens befindet, während die göttliche Sphäre,
angezeigt durch einen Clipeus mit dem Brustbild Christi, den Bereich des gewölbten Deckels
einnimmt (Vat. gr. 699. fol. 43r und Laut. Plut. 9.28, f. 95v). (Abb. 111) An anderer Stelle
(fol. 38v) veranschaulicht Kosmas das Modell der zweistöckigen Anordnung als schematischen
Querschnitt: Die Schmalseite der kofferförmigen Welt wird hier als Rechteck dargestellt, das
in der Mitte geteilt ist, und dessen oberer Abschluss in einem Halbrund endet.926 Die Miniatur
auf fol. 89r (Tf. 35) zeigt das gleiche Schema mit Figuren gefüllt und überträgt so das gegen-
wärtige Verhältnis der Menschen zur göttlichen Sphäre in ein anschauliches Bild.
Diese Miniatur ist hier von besonderem Interesse, da sie eine Erscheinung des thronenden
Christus m einer Mandorla im oberen Register zeigt. Im darunterliegenden Register sind En-
gel, Menschen und Tote übereinander angeordnet. Die obere Sphäre ist von der unteren deut-
lich durch ihren gemmengeschmückten Hintergrund visuell abgegrenzt. Vielfach ist dieses Bild
aufgrund der Einteilung in Register als Zweite Wiederkunft beziehungsweise Jüngstes Gericht
gedeutet worden,927 zuletzt von Herbert Kessler in einem monographischen Aufsatz zu dieser
Miniatur und von Maja Kominko in ihrem Buch zu den illustrierten Codices derTopographia
Christiana.928 Kessler erkennt in der Miniatur ein Bild der synoptischen Apokalypse, genauer
die Ankunft des Menschensohns (Mt. 25.31—34).929 Er lässt dabei die wiederholt von Kosmas
vorgetragene Raumrheorie außer Acht und deutet die Miniatur als „the future moment when

922 Kosmas Indikopleustes, Topographia Christiana 2.35; SC 141: 341. Siehe auch 5,248 (SC 159: 363).
923 ’Anö tfjg yfjg etog roß otspEotpatog ytopog Ttpörog ecmv, ö KÖouog oßrog, ev cp stotv ayydkox Kai avOpowtot
Kai iräoa ij vßv Kataotaoiq- atro roß orspediparog Etuq rrj Kauäpaq ävto, yöpog Ösurepog am, todteotiv
f) ßaoAda töv oüpavtöv. svOa 6 Xptotöc äva/.typOriq itpcbtoq navteov dofjX.0sv cyKaivtaaq qptv 68öv
itpootpatov Kai i/öaav. (Kosmas Indikopleustes, Topographia Christiana 4.2; SC 141: 534-537. Übers.
Schneider, 2010: 97).
924 Zu den Illustrationen siehe SC 141: 124—134.
925 Markschies, Christoph. „Die Welt im Koffer,“ in: Atlas der Weltbilder, Markschies, Christoph u.a. (Hrsg.),
Berlin: Akademie Verlag, 2011: 22-32.
926 Wolska-Conus, Wanda, „La Topographie Chretienne de Cosmas Indicopleustes: Hypotheses sur quel-
ques themes de son Illustration,“ Revue des Etudes Byzantines 48, 1990: 155-19 1, bes. S. 156f.; Kominko,
Maja, The World of Kosmas: Illustrated Byzantine Codices of the Christian Topography,Cambridge: Univer-
sity Press, 2013: 50.
927 Grabar, 1936: 251£; Kleinbauer, 1972, bes. S. 62; Kartsonis, Anna, Anastasis. The Making of an Image,
Princeton: University Press, 1986: 84. Kessler, Herbert, „Gazing at the Future: The Parousia Miniature in
Vatican gr. 699,“ in: Byzantine East, Latin West: Art-historical Studies in Honor ofKurt Weitzmann, Moss,
Christopher; Kiefer, Katherine (Hrsg.). Princeton: University Press, 1995: 365-376, bes. S. 365.
928 Kessler, 1995; Kominko, 2013: 184-187. Siehe auch Kleinbauer, 1972: bes. S. 62.
929 Kessler, 1995: 365.
216 Präsenzerfahrung

933
932
931
the ,righteous shall ascencf“.930 Brenk hat allerdings schon 1964 darauf hingewiesen, dass es
sich nicht um eine Darstellung des Jüngsten Gerichts handeln kann, sondern, dass vielmehr die
Theorie der zwei Katastasen, aus denen der Kosmos besteht, hier verbildlicht ist
Eine Deutung des Bildes als Endzeitdarstellung schließt Brenk aus, weil keine Scheidung
in Erlöste und Verdammte erkennbar ist.' Dieses Fehlen unterscheidet die Miniatur denn
auch von den beiden frühesten Vergleichsbeispielen. Eine Elfenbeintafel mit der Weltgerichts-
darstellung im Victoria and Albert Museum ’’ (10. oder 1 1. Jh.) zeigt genau die Scheidung in
Erlöste und Verdammte, auf die auch Kosmas in seiner Erörterung des Jüngsten Gerichts in der
TopographiaSTJevt legt (5.241). Die von Kosmas hier vorgetragene Vorstellung des Endgerichts
ist nicht mit der Darstellung in Übereinstimmung zu bringen, obwohl die Miniatur im Vatika-
nischen Codex kurz nach dieser Passage eingebunden ist. An dieser und an einer weiteren Stelle
(5.184) schildert Kosmas das Endgericht in Anlehnung an Mt. 24.401. als eine Scheidung der
Menschen in diejenigen, die in den Himmel ernporgenommen werden und diejenigen, die auf
der Erde beziehungsweise im „ewigen Feuer“ 934 zurückgelassen werden. Mittelbyzantinische
Endgerichtsbilder werden genau dies zeigen, die Miniatur auf fol. 89r tut es jedoch nicht.
Das zweite von Kessler, Grabar und anderen angeführte Vergleichsbeispiel ist die Miniatur
fol. 68v des Parisinus graecus 923, einer Handschrift der Sacra Parallela des Johannes von Da-
maskus.935 (Abb. 1 1 2 ) Hier rhront in ähnlicher Weise Christus über einem hochrechteckigen
Bildfeld. Im unteren Drittel sind die Erlösten in einer schematischen Darstellung des himmli-
schen Jerusalem gezeigt, zwischen ihnen vermitteln zwei Engel zwischen Gott und den Toten.
Die Miniatur betont ausdrücklich die Anempfehlung der Erretteten mittels der Engel. Die Ver-
dammten erscheinen unterhalb der Darstellung in einem separaten Feuerball. So unterscheidet
sich die Pariser Miniatur ganz deutlich von der Vatikanischen, in welcher weder die Scheidung
in Gerechte und Verdammte dargestellt ist, noch eine Interzession über mehrere Register. Nicht
die Vermittlung oder die Scheidung ist das Thema der Miniatur der Topographia,sondern die
vertikale Adorarion, die als Bildthema in der Spätantike so verbreitet war. Die Töten, welche als
Halbfiguren am unteren Bildrand eingefügt und als NEKPOI ANICTAMENOI (die auferste-
henden Foren) bezeichnet sind, sind für die Argumentationsstrategie des Indienfahrers wichtig.
Sie stehen für die Hoffnung auf Auferstehung, in der Kosmas den zentralen Unterschied zu den
Heiden erkennt, denn diese kennen nur einen Zustand (Katastase) der Welt, weshalb ihnen die
Hoffnung auf die Auferstehung fremd ist.936 Auf dieses zukünftige Heilsversprechen verweisen

930 Kessler, 1995: 367. An anderer Stelle räumt Kessler ein, dass die Miniatur auf fol. 89r selbst keinerlei
visuelle Hinweise auf die zweite Wiederkunft enthält (Kessler, 1995: 368).
931 Brenk, 1964: bes. S. 106 Anm. 2. Ebenso wandte sich Wilhelm Paeseler früh gegen eine Deutung des
Bildes als Endzeitdarstellung: Paeseler, Wilhelm, „Die römische Weltgerichtstafel im Vatikan,“ Römisches
Jahrbuch der Bibliotheca Hertziana 2, 1938: 31 1-394, bes. S. 320 Anm. 23.
932 Brenk, 1964: 106.
933 Inv. Nr. 253-1867. Hierzu Kessler, 1995: 365 und Abb. 2. Die Inschrift auf dem rechten Rotulus zitiert
ebenso wie der Text des Kosmas Indikopleustes Matth. 25.34. Hier ist nun der Moment der Öffnung
dieser Sphäre dargestellt, nicht der Zustand der Potentialität.
934 Kosmas Indikopleustes, Topographia 5.184 (SC 159: 281).
935 Grabar, 1936: 252 und 1 f. 38.2; Kartsonis, 1986: 155 und Abb. 55; Kessler, 1995: 366. Zur Miniatur
der Sacra Parallela siehe Weitzmann, Kurt, The Miniatures of the Sacra Parallela, Parisinus Graecus 923,
Princeton- University Press, 1979: 169f. und Abb. 441 Der begleitende Text stammt aus einer Homilie
des Pseudo-Johannes Chrysostomos in De poenitentia 1.46, in der er allgemein auf das Weltgericht und
die richtende Funktion Gottes Bezug nimmt (PG 95: 1185 CD).
936 Kosmas Indikopleustes, Topographia Christiana 5.248 (SC 159: 363).
Die Zeitlichkeit von Visionen 217

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112
Weltgericht,
Sacra Parallela des
Johannes von Damaskus
(Par. gr. 923, fol. 68v)
218 Präsenzerfahrung

die Toten in der Miniatur, die nicht etwa aus ihren Särgen heraussteigen, sondern wie das üb-
rige Bildpersonal in der ersten Katastase verharren.
In seinem Text und in den Weltmodellen ist Kosmas bemüht, den Aufbau der Welt zu
zeigen, an deren Konstruktion er interessiert ist. Ihm geht es nicht darum, zwei chronologisch
getrennte Ereignisse (irdische Gegenwart und zukünftige Endzeit) abzubilden, sondern die
räumliche Relation zweier gegenwärtiger Zustände zueinander auszudrücken. Das Endgericht
ist nur insofern eine Bezugsgröße, als es den Zeitpunkt markiert, an dem die zweite, noch
unsichtbare göttliche Sphäre auch den Menschen zugänglich sein wird. Dies belegt auch ein
Vermerk im Sinaiticus graecus, in dem die Miniatur zwar fehlt, aber folgender Hinweis an der
entsprechenden Stelle enthalten ist Zf|T£i if)V ßacnXeiav Ttov oüpavcbv cic tö ts/.oc tou ßißAiou
(Such den König der Himmel am Ende des Buchs). 937 Wenn mit dieser Anmerkung tatsächlich
auf die entsprechende Miniatur verwiesen wird, ist es bezeichnend, dass diese nicht als zweite
Parusie, sondern als Bild des himmlischen Herrschers angesprochen wird. Dies gilt auch für
die Stelle aus der synoptischen Apokalypse, die Kosmas wiederholt zitiert, um sein Weltmodell
zu belegen: „Kommt her, die ihr von meinem Vater gesegnet seid, nehmt das Reich in Besitz,
das seit der Erschaffung der Welt für euch bestimmt ist.“ (Mt. 25.34) Kosmas bemüht es
940
939
zweimal,938 und es erscheint außerdem inschriftlich neben der himmlischen Zone der Theo-
phanie-Mimatur. Hiermit belegt Kosmas, dass eine zweite Welt, das himmlische Königreich,
existiert, und zwar bereits seit Anbeginn des Kosmos (ürtö KaraßoXfK Koopov). Abgesehen
davon, dass die Passage seine Theorie der zwei parallel existierenden Sphären beweist, ist sie für
Kosmas wichtig, um seine Leser zu einem tugendhaften, gottgefälligen Leben anzuhalten, denn
eine tugendhafte Lebensführung garantiere den Zugang zum göttlichen Königreich. 1
Die Topographia und besonders ihre einzigartiges Weltmodell sind dem spätantiken Denken
verpflichtet, das besonderes Interesse an dem gegenwärtigen Verhältnis Gottes zu den Menschen
hatte. Aus dieser Motivation heraus versucht Kosmas zu erklären, auf welche Weise das unsicht-
bare Göttliche, dass ja erst zukünftig für den Menschen sichtbar erscheinen wird, bereits jetzt
Teil der Gegenwart ist Im Bild der sich überlagernden Sphären gelingt ihm eine eindrückliche
Darstellung der Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen in einem einheitlichen Raummodell. Die
biblische Grundlage hierfür liefert ihm die Textstelle bei Mt. 25.34, die von der Präsenz der
zukünftigen himmlischen Sphäre spricht. Dieses theoretische Konstrukt erlaubt Aussagen über
die generelle Möglichkeit von Theophanien in der Gegenwart. Dies thematisiert Kosmas zwar
nicht, aber sein Modell bildete eine Analogie zu den von den Kirchenvätern überlieferten Aus-
sagen zur potentiellen Sichtbarkeit von Theophanien. '40 Auch wenn der Text und die Bilder
der Topographia recht singulär sind, so muss Kosinas Theorie doch als Echo der breiteren Ten-

937 S C 141: 167. Die gleiche Bezeichnung überschreibt eine Miniatur des cod. B 8 aus Smyrna, die ebenfalls
das Königreich Christi (H BACIAEIA TON OYPANQN) oberhalb einer Darstellüng der Weir zeigt. (Ab-
bildung in Kessler, 1995: Abb 9.).
938 Kosmas Indikopleustes, Topographia 5.181 (SC 159: 279) und Topographia 5.248 (SC 159: 363).
939 Kosmas Indikopleustes, Topographia 5.180-181 (SC 159: 276-279).
940 Bspw. Eertullian, Adversus Praxean 1 4 (siehe oben Anm.338), Irenäus von Lyon, Adversus haereses 4.20.5
(siehe oben Anm. 342) und Origenes, Contra Celsum 6.77 (siehe oben Anm. 339). Augustinus vertrat
lange Zeit die Auffassung, dass die beata vita in diesem Leben erreicht werden kann und in seinem Spät-
werk De civitate Dei (22.29) gesteht er zumindest den Engeln zu, dass sie Gott bereits jetzt in seinem
Reich sehen können (siehe oben Anm 360). Ilinzu kommen weitere Quellen, wie etwa der Wunsch,
Gort zu sehen auf der Grabplatte des Claudius Callistas (siehe oben Anm. 76).
Die Zeitlichkeit von Visionen 219

denzen und Vorstellung von der Sichtbarkeit des Göttlichen im spätantiken Mittelmeerraum
944
943
942
gelten.941
Der bereits an anderer Stelle erwähnte Bericht der Gottesvision in der Vita des Heiligen
Martin benutzt ein ähnliches System der Visualisierung des Göttlichen in der Gegenwart im
Rückgriff auf Zukünftiges. In der Vision präsentierte sich der vermeintliche Christus in seiner
zukünftigen Erscheinung dem Heiligen in der Gegenwart.94 Hier bediente sich der Teufel der
Vorstellungen der endzeitlichen Erscheinung, um Martin eine Theophanie in der Gegenwart
zu zeigen. Er sagte zu Martin: „So wie ich zur Erde zurück kommen werde, wollte ich mich vor-
her schon dir zeigen. " Zielstellung des Spektakels ist das visionäre Erlebnis in der Gegenwart,
das nicht mit der Endzeit ins Verhältnis gesetzt wird
Nach diesem Prinzip operierten auch die theophanischen Bilder, die wie das Theophanie-
motiv, das die historische Himmelfahrt zitiert, und wie die Visionen Hesekiels und Jesajas zwar
vergangen sind, aber für die Realisierung einer Vorstellung der gegenwärtigen Gottesschau
genutzt wurden. ' Beim Theophaniemotiv ist die Referenz auf das Endzeitgeschehen und die
Aussicht auf die endzeitliche Gottesschau explizit mitgedacht, während diese Assoziation bei
den anderen Motiven impliziter Natur ist Das gegenwärtige Bild ist immer ein fahler Ab-
glanz des zukünftig zu erwartenden Bildes: „Jetzt schauen wir in einen Spiegel und sehen nur
rätselhafte Umrisse, dann aber schauen wir von Angesicht zu Angesicht. Diese Bilder kön-
nen jedoch genauso wenig als eschatologisch gedeutet werden, wie sich der Heilige Martin als
Teilnehmer des über ihn hereinbrechenden Endgerichts fühlte. Auch Kosmas Indikopleustes
wähnt die Welt nicht in ständigem Anbrechen des Endes begriffen, sondern, die Möglichkeit
der Gottesschau ist zu jedem Zeitpunkt in der Gegenwart gegeben. Die göttliche Sphäre exis-
tiert parallel zur irdischen, nur von einem Spiegel getrennt, durch den man lediglich hoffen
kann, umrisshaft das zu erkennen, was eigentlich erst zukünftig gesehen werden kann. Kosmas
beweist in seiner Schrift die Vereinbarkeit der eigentlich ungleichzeitigen himmlischen und
irdischen Sphäre in einem Modell und eröffnet damit die Möglichkeit für eine Gottesschau im
Hier und Jetzt.
Abschließend muss noch darauf hingewiesen werden, dass die Dringlichkeit, Bilder einer
zukünftigen (eschatologischen) göttlichen Vision von der gegenwärtigen zu trennen, für spä-
tantike Bilderschöpfer und Betrachter nicht gegeben war. Sie näherten sich den Bildern mit
einer anderen Erwartung als der moderne Betrachter. Letzterer ist durch die sich seit dem
Hochmittelalter intensivierende endzeitliche Assoziation der Apokalypse des Johannes auf die
Wahrnehmung eschatologischer Inhalte hin konditioniert. Die Dominanz des „apokalypti-

941 Siehe zur Schrift und ihrer Rezeption, besonders zur kritischen Rezeption durch den Patriarchen Photios
Brubaker, Leslie, „The Christian Topography (Vat. gr 699) Revisited: Image, Text and Conflict in Ninth-
century Byzantium,“ in; Byzantine Style, Religion and Civilization: in Honour of Sir Steven Runciman,
Jeffreys, Elizabeth (Hrsg.), Cambridge: University Press, 2006: 3—24.
942 Siehe oben Anm. 296.
943 „Descensurus ad terram prius me manifestare tibi uolui. (Sulpicius Severus, Vita Martini 24.5; SC 133:
308).
944 Roland Betancourt hat den gegenwärtigen Bezug in Bildern, die die Zukunft abbilden, als Prolepsis
bezeichnet (Betancourt, Roland, „Prolepsis and Anticipation: The Apocalyptic Futurity of the Now, East
and West,“ in: A Companion to the Premodern Apocalypse, Ryan, Michael (Hrsg.), Leiden: Brill, 2016:
177-205, bes. S. 183). Er bezeichnet damit die Vorwegnahme zukünftiger Ereignisse im Bild, eine Art
Präfiguration. Die hier dargelegte Theorie ist jedoch vielmehr eine Bildform, die die Gegenwart abbildet
und lediglich seine Autorität aus zukünftig erwarteten Ereignissen bezieht.
220 Präsenzerfrhrung

sehen“ Interesses hat zur Folge, dass auch Bilder wie die Traditio Legis oder zeichenhafte Dar-
stellungen (bspw. des Kreuzes) seit dem Spätmittelalter vermehrt endzeitlich gedeutet werden.
Für die Menschen der Spätantike, die nicht unseren von nachfolgenden Epochen gefärbten
Blick hatten, war die endzeitliche Lesart theophanischer Bilder allerdings keineswegs nahelie-
gend. Hätte man die Endzeit darstellen wollen, so wäre dies möglich gewesen - die theophani-
schen Bilder mussten ohnehin zum großen Teil neu erdacht werden, da man nur sehr bedingt
auf das antike Bildrepertoire zurückgreifen konnte. Man hätte den Antichrist oder das Jüngste
Gericht darstellen, inschriftlich die endzeitliche Bedeutung unterstreichen oder durch narra-
tive Bildstrukturen Darstellungen auf das zukünftige Ende hin orientieren können. Doch hat
man all das nicht getan. Der Grund hierfür ist, dass in der Spätantike und im Frühmittelalter
das Interesse an der gegenwärtigen Gottesschau, der Visionserwartung, den Wunsch nach der
Visualisierung der Endzeitereignisse verdrängte.

III.2. Visionen und Licht

Die Lichtinszenierungen in spätantiken Kirchenräumen


Das wohl effektivste Mittel, die göttliche Präsenz in der Gegenwart zu visualisieren, war das
Licht. Mittels verschiedener performativer und materieller Inszenierungsstrategien konnten Sa-
kralräume in Bühnen für die göttliche Erscheinung verwandelt werden. Der reale architektoni-
sche Raum, seine Ausstattung mit Bildern, liturgischen Objekten und die liturgischen Rituale
dienten der „Materialisierung“ gegenwärtiger Vorstellungen der Erscheinung Gottes. Zunächst
soll dargelegt werden, auf welche Weise die Füllung von Kirchenräumen mit Licht erreicht
wurde, bevor im Anschluss der zeitgenössischen Rezeption des Lichts nachgegangen wird. Die
naheliegendste Methode, Licht in Sakralräumen zu erzeugen, waren Fensteröffnungen. Spä-
tantike Kirchen waren häufig stark durchfenstert.945 S. Maria Maggiore etwa besaß doppelt so
viele Obergadenfenster wie der heutige Bau. Dieser ursprüngliche, lichte Eindruck hat sich in
S. Sabina erhalten. Besonders eindrücklich ist die starke Durchfensterung der Hagia Sophia in
Istanbul. (Abb. 113) Darüber hinaus orientierten sich die christliche Liturgie und die Ausrich-
tung der Sakralbauten am Lauf der Sonne.946 Daher erwähnen die Quellen häufig die Wirkung
des Tageslichts. Prokop schreibt über das Licht in der Hagia Sophia:
An Licht und Sonnengefunkel aber hat sie Überfluss. Man könnte nämlich meinen, der Platz werde
nicht von außen her durch die Sonne erleuchtet, sondern empfange seine Helligkeit von sich aus,
eine solche Lichtfülle ist über das Heiligtum ausgegossen.947

945 Siehe die Beschreibung des Lichts der Fenster im syrischen Hymnus der Kathedrale von Edessa in: Gra-
bar, Andre, „Le temoignage d’une hymne syriaque sur 1 architecture de la cathedrale d’Edessa au Vie
siede, et sur la syrnbolique de l’edifice chretien.“ Cahiers archeologiques. Fin de lAntiquite et Moyen Äge
2, 1947: 41-6; Lavergne, Sabine de, „La lumiere dans 1 amenagement de l’espace liturgique: aspects
theologiques." in: Symbolisme et Experience de la Lumiere dans les Grandes Religions, Ternes, Julien Ries;
Charles-Marie (Hrsg.), Turnhout. Brepols, 2002: 225—239, bes. 225f.
946 Dölger, Franz Joseph, Sol Salutis. Gebet und Gesang im christlichen Altertum (Mit besonderer Rücksicht auf
die Ostung im Gebet und Liturgie), Münster: Aschendorffsche Verlagsbuchhandlung, 1920. 245—258;
Wallraff, 2001: 60-88.
947 Prokop, De aedificiis,1.1.29f. (Übers. Veh (Hrsg.), München: Heimeran, 1977: 25).
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Hagia Sophia, Istanbul


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222 Präsenzerfahrung

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114 Stifter mit Kerzen, Tlieodotuskapelle, S. Maria Antiqua, Rom


Visionen und Lic ht 223

Neben Fensteröffnungen wurden Kirchen und Kapellen aber auch von Kerzen und Öl-
lampen beleuchtet, die besonders bei Nacht eine überwältigende Lichtwirkung entfalteten.
Paulus Silentiarius widmet sich in den Zeilen 806-920 der Ekphrasis der Kirche allein der
nächtlichen Lichtwirkung der Hagia Sophia und bezeichnet sie als „nächtliche Sonne“,948 die
„die Dunkelheit in die Flucht schlägt . 949 Das Gros der im Liber Pomificalis verzeichneten Stif-
tungen bezieht sich bezeichnenderweise auf Leuchtmittel.950 Für eine Rekonstruktion spätanti-
ker Lichterfahrung muss vor allem auf Textquellen zuruckgegriffen werden.951 Darüber hinaus
können auch einige archäologische und visuelle Zeugnisse Aufschluss über den Einsatz von
Leuchtmitteln geben. Beispielsweise im Apsismosaik der Basilica Euphrasiana trägt Euphrasius,
das Kind des Erzdiakons Claudius, Kerzen im Arm. (Abb. 93) Die Leuchtmittel nehmen einen
Platz zwischen anderen herausragenden Votivgaben wie der Märtyrerkrone des ersten Bischofs
von Porec, Maurus, und dem Kirchenbau des Bischofs Euphrasius selbst ein. Ein Fresko in
der Iheodotus-Kapelle in S. Maria Antiqua zeigt den Stifter Theodotus mit zwei brennenden
Kerzen 95 (Abb. 1 1 4)
Um das Licht der Kerzen wirkungsvoll zu inszenieren, wurden teilweise aufwändige Kon-
struktionen erdacht. Paulus Silentiarius beschreibt diese Konstruktionen: An riesigen von der
Kuppel herabhängenden spiralförmigen Metallketten waren unzählige Öllämpchen aufge-
hängt. die sich so von der Decke hinunter in Richtung Boden schwangen.953 Er beschreibt, wie
sich das „blitzende Licht“ 954 der Lampen, die über Laufgänge versorgt werden konnten, über
die Kuppel der Hagia Sophia ergießt. In der Kirche des fleiligen Demetrios in Thessaloniki

948 Paulus Silentiarius, Descriptio Hagiae Sophiae 806. (Veh (Hrsg.), 1977: 346).
949 Paulus Silentiarius, Descr. Hag. Soph. 838. (Veh (Hrsg.), 1977: 348).
950 Bspw. die Vita des Papstes Hilarius (461-468), der die Oratorien am Lateransbaptisterium errichtete und
diese mit wertvollen Materialien ausstattere. Für das Oratorium des Heiligen Kreuzes werden ein golde-
ner Rundleuchter, eine Stehleuchte mit Delphinfüßen und vier goldenen Lampen aufgezählt, (Duchesne,
Louis, (Hrsg.), Liber Pontificalis, 2 vols., Bd. 1, Paris: Thorin, 1986: 242E).
951 Claire Nesbitt hat kürzlich eine Rekonstruktion der Lichterfahrung in mittelbyzantinischen Kirchen
mittels Lichtmessungen in den Gebäuden versucht: Nesbitt. Claire, „Shaping the Sacred: Light and
the Experience of Worship in Middle Byzantine Churches,“ Byzantine and Modern Greek Studies 36, 2,
2012: 139—160. Zur Rekonstruktion der Lichtfülle in der Hagia Sophia siehe Grobe, Lars O.; Hauck,
Oliver; Noback, Andreas, „Das Licht in der Hagia Sophia — eine Computersimulation,“ in: Byzanz. Das
Römerreich im Mitteialter, Daim, Falk; Drauschke, Jörg (Hrsg.), Mainz: Zentralmuseum, 2010: 9 7 - 1 12:
97—112. Siehe auch die phänomenologischen LJntersuchungen von Bissera Pentcheva zur multisensori-
schen Erfahrung in Byzanz: Pentcheva, Bissera, The Sensual Icon: Space, Ritual, and the Senses in Byzanti-
um, University Park: Pennsylvania State University, 20 1 0: passim; Pentcheva, Bissera, „Hagia Sophia and
Multisensory Aesthetics,“ Gesta 50, 2, 2011: 93-1 11.
952 Belting, Hans, „Eine Privatkapelle im frühmittelalterlichen Rom,“ DOP 1987: 55-69, bes. S . 58.
953 Paulus Silentiarius, Descr. Hag. Soph. 8 1 5 - 8 3 3 (Veh (Hrsg.), 1977: 346-349). Die Beschreibung des von
vielen brennenden Ölgefäßen perforierten Kreuzes in diesem Abschnitt erinnert an das kreuzförmige
Polykandelon des Sion Schatzes, das in Dumbarton Oaks aufbewahrt wird. Den Eindruck der an den
beweglichen Ketten schwingenden und oszillierenden Flammen beschreibt Paulinus in Carmen 27.390E:
„Et medio in uacuo laxis uaga lumina nutant/funibus, undantes flammas leuis aura fatigat.“ (CSEL 30:
279; frz. Übers, in Portbarre-Viard, Gaelle Herbert, Descriptions monumentales et discours sur Tedification
chez Paulin de Nole. Le regard e la lumiere (epist. 32 et carm. 27 et 28), Leiden: Brill, 2006: 259.) Zur kreis-
förmigen Installation der Lampen siehe Isar, Nicoletta „Xopöc of Light: Vision of the Sacred in Paulus the
Silentiary’s poem Descriptio S. Sophiae,“ Byzantinische Forschungen 28. 2004: 215-242.
954 Aotpaatovta Ttnpöq ip/.öya. (Paulus Silentiarius, Descriptio Hagiae Sophiae 888; Übers, nach Veh (Hrsg.),
1977: 351).
224 Präsenzerfahrung

wurde ein ähnlicher kraterförmiger Leuchter, der über dem berühmten Ziborium hing, diesem
zum Verhängnis. Das Feuer griff auf das Dach des Ziboriums über und verbrannte es.95
Indirekt dienen reflektierende Architekturteile der Vermehrung des Lichts. Der Dichter
Prudentius weist darauf in seiner Beschreibung der Kirche S. Paolo fuori le mura hin: „Er [der
Stifter Kaiser Honorius] hat die Balken mit Gold verkleiden lassen, damit drinnen das Licht
955
Gold sei, wie die Sonne beim Aufgehen.“ 956 Auf die vergoldete Decke weist auch Eusebios in
seiner Beschreibung der Geburtskirche hin und vergleicht ihren Effekt mit glänzenden Licht-
strahlen.957 Auch Mosaiken und gelegentlich Wasserinstallationen dürften zur Reflektion des
Lichts beigetragen haben. Paulus Silentiarius beschreibt die Mosaikkuppel der Hagia Sophia
folgendermaßen:
Goldene Mosaiksteinchen überziehen die Decke, und funkelnder Goldglanz flutet von ihnen herab,
so dass Menschenaugen es kaum ertragen können. Man möchte glauben, mittägliche Fruhhngssonne
zu sehen, wenn sie jegliche Höhe übergoldet 958

Ein ähnlicher Lichteindruck wird Gregor von Nazianz dazu bewogen haben, die Kuppel der
Kirche in seiner Heimatstadt als strahlenden Himmel zu beschreiben, der das Auge durch über-
fließende Quellen des Lichts erleuchtet.959 Auch Marmor konnte das Licht reflektieren. Darauf
verweist die Inschrift der Erzbischöflichen Kapelle in Ravenna:
Sieh, der Marmor erblüht durch die hellen Strahlen. Lind alle gebrochenen Steine [Opus sectile] er-
glänzen in sternhaftem Purpur.960

Die gedoppelte Reflektionskraft von Mosaiken und Wasser in St. Peter beschreibt Prudentius
im eben zitierten Gedicht:
Interior tumuli pars est, tibi lapsibus sonons
stagnum niuali uoluitor profundo.
Omnicolor uitreas pictura superne tinguit undas;
musci relucent et uirescit aurum,
cyaneusque latex umbiarn trahit imminentis ostri.961

955 Miracula Sancti Dememtrii 1.12 (Lemerle, 1979: 121).


956 „Bratteolas trabibus subleuit, ut omnis aurulenta/lux esset intus, ceu iubar sub ottu.“
(Prudentius, Persistephanon,12.49-50; Lat, und ital. Text in: Canali (Hrsg.), Florenz: Le Lettere, 2005:
304f.) Zu S. Paolo fuori le mura siehe Brandenburg, Hugo, „Die Basilika S. Paolo fuori le mura, der
Apostel—Hymnus des Prudentius (Peristeph. XII) und die architektonische Ausstattung des Baues,“ in:
Ecclesiae Urbis. Atti del congresso intemazionale di studi sulle chiese di Roma, Guidobaldi, Federico; Guido-
baldi, Alessandra Guiglia (Hrsg.), Cittä del Vaticano: Pontificio Istituto di Archeologia Cristiana, 2002:
1525-1578.
957 „Oben unmittelbar an den Dächern schützte die äußeren Gebäudeseiten eine Verkleidung aus Bleima-
terial, ein sicherer Schutz gegen die Winterstürme. Das Innere des Daches wurde durch Schnitzereien
einer getäfelten Decke vollendet und breitete sreh wie ein großes Meer über dfe kaiserliche Anlage [. .]
ganz eingehüllt in strahlendes Gold, ließ es wie durch Strahlen von Licht die ganze Kirche erglänzen.“
(Eusebios, De vita Constantini 3.36; FC 83: 357).
958 Paulus Silentiarius, Descr. Hag. Soph. 668-672. (Veh (Hrsg,), 1977: 340).
959 Gregor von Nazianz, Logot theologikoi 18.39 (PG 35: 1036; engl. Übers, in Mango, 1972: 26).
960 Siehe unten Anm. 979.
961 Prudentius, Peristephanon12.37—41. Text und ital. Übers, in Canali (Hrsg.), 2005: 302f.: „II sepolcro
e nella patte piü interna, dove con sonora cascata/ le acque turbinarro awolgendosi in una fresca pro-
fonditä./ Screziature multicolori dall’alto si riflettono nelle onde/ cristalline, il muschro risplende e l’oro
ha verdi barbagli./l’acqua cerulea scorre nflettendo la volta purpurea:/ e quasi crederesti ehe il soffitto si
Visionen und Licht 225

Reflektierende Wasserinstallationen existierten auch anderswo, so wird in der Vita des Papstes
Hilarius im Liber Pontificalis ein Brunnen im Oratorium des Heiligen Kreuzes, einem der drei
Oratorien des Lateransbaptisteriums, beschrieben. Im Raum zwischen dem Baptisterium und
dem Oratorium habe sich ein Nymphäum befunden mit Muscheln und Porphyrsäulen, aus
denen Wasser floss.962
Die Quellen belegen, dass die Lichtwirkung primäre Bauaufgabe war. Dies wird auch im
2 Gedicht des Paulinus von Nola ersichtlich. Er beschreibt darin das Atrium des von ihm
erneuerten Komplexes des Felixheiligtums und geht sodann auf die Lichtverhältnisse im Inne-
ren des Sanktuariums ein: Wenn die beiden Eingangstüren geöffnet seien, könne das Licht ins
Innere strömen.9( An anderer Stelle erwähnt Paulinus, dass dank des Einbaus von Säulen im
Baptisterium nun viel mehr Licht in dieses einfallen könne.964 Besonders in der Nacht konnte
sich zeigen wie sehr ein Kirchenraum in der Lage war, das göttliche Licht einzufangen. Licht
war Ausdruck der Wertigkeit und Qualität eines Sakralraums. Noch im neunten Jahrhundert
wird dies bei Agnellus deutlich, der die spätantiken Kirchen Ravennas beschreibt und von
Sant’Apollinare in Classe sagt: „In keiner Gegend Italiens kommt eine Kirche dieser gleich
hinsichtlich ihrer kostbaren Steine, weil sie Tag und Nacht förmlich schimmern.“96’

Der Topos „Licht“ in Inschriften und Ekphraseis

Theologisch aufgeladene Beschreibungen des Lichts in Sakralräumen sind im vierten Jahrhun-


dert noch spärlich. Erst im fünften Jahrhundert gewinnt der Topos erkennbar an Bedeutung.
Glaubt man dem Wortlaut von Baumschriften, so war das Licht derjenige Aspekt von Sakral-
räumen, den die Betrachter am ehesten wahrnahmen. Wiederkehrende Formulierungen sind
beispielsweise „die Mosaiken leuchten“ 966, „die Halle glänzt ‘967, „die Schwellen des strahlenden
Tempels“ 968, „der Marmor leuchtet.“ 969 Erste Ansätze für die Würdigung des Lichts als Bedeu-
tungsträger sind in Eusebios’ Rede anlässlich der Weihe der Kirche von Tyros zu erkennen,
deren „leuchtende Schönheit 170 er beschwört. Ab dem Ende des fünften Jahrhunderts ist eine
Konjunktur der Lichtmetaphorik in Inschriften und Ekphraseis ablesbar. Die frühen Tituli
des Papstes Damasus (366-384), die er an den Gräbern der Heiligen in den Katakomben
Roms anbringen ließ, lassen von dieser Tendenz noch wenig erahnen. Einzig eine fragmenta-
risch erhaltene Inschrift verweist auf praktische Überlegungen des Papstes zur Lichtführung

inuova coi flutti.“ Eigene Hervorhebung. Es ist unklar, auf welche Konstruktion sich Prudentius bezieht.
Vermutlich auf das Baptisterium des Damasus an Alt-St. Peter. Siehe hierzu Fontaine, Jacques, Orpheus.
Rivista di umanitä classica e cristiana XI, 1964: 99-122, bes. S. 109.
962 „Nympheum et triporticum ante Oratorium sanctae Crucis, tibi sunt columnae mirae magnitudinis quae
dicuntur ecatonpentaicas, et concas striatas duas cum columnas purphyreticas raiatas aqua fundentes;
et in medio lacum purphyreticum cum conca raiata in medio aquam fundentem.“ (Duchesne, (Hrsg.),
1886: 242f.)
963 Paulinus, Carmen 27.373—380 (CSEL 30: 278; dt. Übers, in: Lehmann, 2004: 194).
964 Paulinus Nolanus, Carmen 28: 200-205. (CSEL 30: 300; dt. Übersetzung in: Lehmann, 2004: 220).
965 „In Italiae partibus lapidibus preciosis nullam ecclesiam similis ista, eo quod in nocte ut in die pene can-
descunt.“ (Agnellus, Liber Pontificalis 63 (Ursicinus); Übers, nach FC 21.1: 287).
966 Prudentius, Peristephanon12.39. Text und ital. Übers, in: Canali (Hrsg.), Florenz: Le Lettere, 2005: 303.
967 Bspw. im Titulus von SS. Cosma e Damiano, Rom.
968 Inschrift des Papstes Symmachus im Atrium von Alt-St. Peter, ILVC 1756.
969 Titulus der Erzbischöflichen Kapelle, Ravenna.
970 Ta tpaiöpö raura Ka/At|. (Eusebios, Historia ecclesiastica10.4.43; SC 55: 95).
226 Präsenzerfahrung

in den Katakomben durch die Erweiterung der lucerna, um die Dunkelheit zu vertreiben.
Im Gegensatz zur christologischen Lichttheologie, die bereits sehr früh ausgeprägt war, ist der
Lichttopos in Beschreibungen von Bildern und Räumen auch bei anderen Autoren des vier-
ten Jahrhunderts noch weitgehend abwesend. Prudentius, Damasus und Eusebios nutzen ihn
sparsam und weniger als Träger von Bedeutung. Das Licht wird vielmehr als den Kirchenraum
aufwertendes Ausstattungselement begriffen.
Hatte die Inschrift in der Apsis der konstantmischen Petersbasilika noch keinerlei Bezug
auf das Licht genommen (sie benennt den Raum nur als aula pudoris, Halle der Ehrenhaftig-
971
977
976
975
974
973
keit972), so ergibt sich in den Tituli des Papstes Symmachus (498-514) zu Beginn des sechsten
Jahrhunderts ein völlig verändertes Bild. I 'heraus prominent sind hier die Lichtreferenzen in
den Inschriften, die der Papst für den Vatikan anfertigte. Die Inschrift der Rundkapelle des
Heiligen Andreas neben St. Peter beginnt mit den Worten: Templa micant. Die Tempel erstrah-
len. 74 Ein weiterer 1 itulus des Papstes, der sich ursprünglich im Atrium von St. Peter befand,
zeichnet die Bewegung eines eintretenden Besuchers nach: „Wer auch immer den strahlenden
Tempel betritt, wendet den Blick auf die vielen schönen Werke [...] Alles leuchtet, wenn das
Licht im ganzen Raum erstrahlt.“'

Eine der wohl eindrücklichsten Interpretationen von Licht in einem Sakralraum ist in der
Inschrift der Erzbischöflichen Kapelle von Ravenna erhalten. 176 Dieser wird dem Eintretenden
als ein übergroßes Gefäß für das Licht präsentiert. Eingebunden in den Komplex des raven-
natischen Bischofspalasts bewahrt der kleine Bau des Bischofs Petrus II. (494-520) weite Teile
seiner Mosaikausstattung.' Die Gewölbe von Narthex und Kapelle sind mosaiziert, der untere
Wandbereich ist mit Marmor vertäfelt. Auf den Wänden oberhalb der Eingänge zur Kapelle ist
eine programmatische Inschrift angebracht, die von Agnellus (827-836), dem Chronisten der
ravennatischen Bischöfe, überliefert und im 20. Jahrhundert an der ursprünglichen Stelle re-

971 Damasus, Epigramm 19 in: Reutter, Ursula, Damasus, Bischof von Rom (366—384). Leben und Werk, Tü-
bingen: Siebeck, 2009: 88. Siehe auch Löx, Markus, Monumenta sanctorum. Rom und Mailand als Zen-
tren des fiilhen Christentums: Märtyrerkult und Kirchenbau unter den Bischöfen Damasus und Ambrosius,
Wiesbaden: Reichert, 2013: 72-85.
972 ILCV 1753. Zur Rekonstruktion der Konstantinischen Basilika und ihrer Inschriften Ibynbee, Jocelyn;
Ward-Perkins, John, The Shrine of St. Peter and the Vatican Excavations, London: Longmans, 1956: 21 If.
973 Jansens, Jos, „Papa Simmaco e i monumenti,“ in: II Papato di San Stmmaco (498—514). Atti del Con-
vegno Intemazionale di Studi, Mele, Giampaolo; Spaccapelo, Natalino (Hrsg.), Cagliari: Trudu, 2000:
263-275.
974 ICUR Nova Series II, 4109.
975 „ingrederis quisquis radiantis limina templi,
in uaria(s) operurn species dum lumina tendis,
inclus(um) mirare diem fulgore perenni.
cuncta micant, si lux tota luminatur in anla.
ornauit praesul uenerandas Symmachus aedes
pnscaque cesserunt magno (no)uitatis honore.“ (ILCV 1756.)
976 Siehe hierzu Gerola, Giuseppe, „11 ripristino della Capella di S. Andrea nel palazzo vescovile di Ravenna,“
Felix Ravenna 1932: 71-1.32: Ottolenghi, Luisa, „La Capella Arcivescovile in Ravenna,“ Felix Raven-
n a i v , 1957: 5-32; Deichmann, 1969-1989: 201-206; Deichmann, 1974: 198—208: Mackie, 2003 und
Mauskopf Deliyannis, 2010: 188-196.
977 Gerola, 1932; Ottolenghi, Luisa, „La Capella Arcivescovile in Ravenna,“ Felix Ravenna.75, 1957: 5-32;
Deichmann, 1969-1989: 201-206; Deichmann, 1974: 198-208; Mackie, 2003: 104-115; Mauskopf
Deliyannis, 2010: 188-196.
Visionen u n d Liebt 227

konstruiert wurde.' ' Bis heute belegt diese Inschrift, auf welche Weise der Sakralraum, der sich
jenseits des Durchgangs öffnete, wahrgenommen wurde: Der von Glasmosaiken und Marmor
beherrschte Raum war ein „Behälter“ für Licht. Am Beginn der umlaufenden Inschrift steht die
Frage nach dem Ursprung dieser Lichtfülle, ob sie im Raum erzeugt oder eingeschlossen wurde,
denn im Inneren herrscht sie unbeschränkt:
978
980 979
AUT LUX H I C NATA EST AUT CAPTA HIC LIBERA REGNAT.

In den sich anschließenden Zeilen wird der Frage nachgegangen, ob der Himmel (celli)
oder die im Inneren mit reflektierenden Materialien besetzten Dächer (tecta) verantwortlich für
den Lichtschwall sind, da die gesamte Ausstattung aus Marmor und Opus sectile leuchtet. Der
Text betont, dass kein Ort für Christus zu bescheiden sei, er bewohne auch kleine Räume. Am
Schluss wird der Besuch eines Beters in der Kapelle skizziert. Dieser wirft sich in der Kapelle
nieder und bringt seine Leiden vor Christus, woraufhin ihm geholfen wird.
Der litulus des Apsismosaiks von Sant Agnese fuori le mura enthält schließlich die wohl
ausführlichste Lichtbeschreibung aller erhaltener Tituli. (Abb. 115) Vorstellungen vom Licht
durchziehen die Inschrift von der ersten bis zur letzten Zeile. Den äußeren Anlass dafür bildet
das Grab der Heiligen Agnes, das - ursprünglich in einer Katakombe befindlich - aus dem Erd-
reich herausgeschält und vom Kirchenbau überfangen wurde und so dem Tageslicht übergeben
wurde n80 Der lateinische Text lautet wie folgt:

978 Zum Erhaltungszustand siehe Lo Prete, Laura, „Valore e significato dell’ architettura nella capella d i S.
Andrea a Ravenna,“ Felix Ravenna 8 9 , 1 964: 5 - 9 5 , bes. S. 36—4 ( .
979 „Aut lux hic nata est aut capta hie libera regnat.
lex (lux) est ante, venit celli (coeli) decus unde modemum,
aut privata diem peperunt tecta mtentem,
inclusumque iubar secluso fulget olimpo.
marmora cum radiis vernantur, cerne serenis
cuntaque sidero percussa in murice saxa.
auctoris precio (pretio) splendescunt munera petri.
huic honor, huic meritum tribuit, sic comere parva,
ut valeat spatiis amplum superare coactis.
nil modicum christo est. artas bene possidet aedes,
cuius in humano consistunt pectore tenpla.
fundamen petrus, petrus fundator et aula.
quod domus, hoc dominus, quod factum, factor et idem,
moribus atque oppere (opere) christus possessor habeatur,
qui duo consocians mediator reddit et unum.
huc veniens fundat parituros gaudia letus (fletus)
contritam solidans percusso in pectore mentis (mentem)
ne iaceat, se sternat humo morbosque latentes
ante pedes medici, cura properante, recludat
sepe metus mortis vite fit caussa beatae
Agnellus von Ravenna, Liber pontificalis 50. Z u bevorzugen ist die englische Übersetzung von Mauskopf
Deliyannis, Deborah, The Book of Pontiffs of the Church of Ravenna: Liber Pontificalis Ecclesiae Ravennatis,
Washington: Catholic University o f America, 2004 162).
9 8 0 Krautheimer, Richard, Corpus Basilicarum Christianarum Romae, Bd. 1, Cittä del Vaticano: Pontificio
Istituto di Archeologia Cristiana, 1937: 14—39. Krautheimer sieht eine Verbindung aus Coemeterial-
Kirche und Emporenbasilika (Krautheimer, 1937: 36). Hugo Brandenburg hat jedoch überzeugend dar-
gestellt, dass die Wahl des Typus sowohl bei San Lorenzo als auch bei Sanf Agnese auf die natürlichen
228 Präsenzerfahrung

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11 5 Apsismosaik, Sant’Agnese fuori le mura, Rom

Aurea concisis surgit picrura metallis


et complexa simul clauditur ipsa dies,
fontibus e niueis credas, Aurora, subire
correptas nubes roribusarua rigans.
uel qualem inter sidera lucem proferet irim
purpuresque pauo ipse colore nuens.
qui potuit noctis uel lucis reddere finein,
martyrum e bustis hinc reppulit ille chaos.
sursum uersa nutu quod cunctis cernitur uno,
praesul Honorius haec uota dicata dedit.
uestibus et factis signantur illius ora.
lucet et aspectu lucida coida gerens. ’81

Der Titulus beginnt mit einer Bildbeschreibung, die Medium und Farbe benennt: Ein gol-
denes Bild tritt aus den Mosaiksteinen {concisis metallis} hervor. In der zweiten Zeile wird das
Tageslicht {dies} genannt, dass hier umfangen {complexa} und ei rigeschlossen ist {clauditur} . In

topographischen Gegebenheiten eingehen und das obere Geschoss den Anschluss an das ursprüngliche
Bodenniveau bildet. (Brandenburg, 2004: 241).
981 ILCV 1769A. Englische Übersetzung in: Ihuno, Erik, „Inscription and Divine Presence: Golden Leiters
in the Early Medieval Apse Mosaic,“ Word & Image: A Journal of Verbal/Visual Enquiry TI , 3, 2011:
279-291, ZitatS. 290.
Visionen und Licht 229

den folgenden Zeilen werden zwei Möglichkeiten der imaginierten Bildwirkung diskutiert.
Abhängig vom Verb credas (du könntest glauben) wird vorgeschlagen, das visuelle Perzept mit
anderen Sinneseindrücken zu verschmelzen: Das Bild wird in seiner Wirkung mit der Morgen-
röte verglichen, die über die besiegten Wolken {correptas nubes) steigt, ihr Irislicht {lucem irim)
zwischen die Sterne bringt und wie ein purpurner Pfau strahlt {purpures pavo ipse colore nitens).
Die angebotenen Möglichkeiten der Lichtwirkung stimulieren die Vorstellung und ergänzen
das reale Bild.

Beschreibungen von Sakralgebäuden - Ekphraseis, Tituli und andere Textformen - versuchen


mit sprachlichen Mitteln einen Eindruck des Raums zu geben, den der Leser real oder imaginär
vor sich hatte. Die spätantiken und byzantinischen Beschreibungen beabsichtigen dabei meist
keine objektive Nachzeichnung des Gegenstandes, sondern beschreiben selektiv und formulie-
ren nicht sichtbare ideelle Zusammenhänge.9' Den Besuchern werden neben Informationen
zu den Stiftern und den heiligen Patronen oft auch theologische Interpretationen gegeben.
Diese durchziehen beispielsweise die um 1200 von Nikolaos Mesarites verfasste Ekphrasis der
Apostelkirche in Konstantinopel. ’ Solche zusätzlichen theologischen Informationen finden
sich bereits in den I null des Paulinus aus dem frühen fünften Jahrhundert, etwa in der inhalt-
983
982
lichen Deutung des Apsismosaiks der Basilica Nova in Cimitile.984 Aufgrund solcher Informa-
tionen, die sich dem Auge nicht sofort erschließen, sprechen Liz James und Ruth Webb von
einer „spirituellen Funktion“ der Ekphraseis.985
Oft waren 1 ituli in offensichtlichem Bezug zu den Bildern eines Baus oder an architekto-
nischen Übergängen innerhalb des Kirchenraums (Türen, Abschrankungen etc.) angebracht.
Eine Überprüfung ihres Inhalts war in dem Fall leicht möglich. Von der Ekphrasis des Paulus
Silentiarius anlässlich der Weihe der wiedererrichteten Hagia Sophia986 wird angenommen,
dass sie im beschriebenen Kirchenraum selbst vorgetragen wurde.987 Tituli konnten jedoch
auch für die Imagination aus der Ferne gedacht sein, wie die Sammlung von Tituli beweist,
989
die Paulinus von Nola seinem Freund Sulpicius Severus nach Toulouse schickte.988 Hier musste
der reale Raum vom Leser imaginiert werden. Die Verschränkung von Inschrift und Anbrin-
gungsort ist dabei nicht weniger relevant 89 Unklar ist allerdings, ob diese literarischen 1 ituli

982 James, Liz; Webb, Ruth, ,„To Understand Ultimate Things and Enter Secret Placesä Ekphrasis and Art in
Ryzantium,“ Art History. Journal of the Association of Art Historians 14,1, 1991: 1—17, bes. S. 14.
983 Heisenberg, August, Grabeskirche und Apostelkirche: Zwei Basiliken Konstantins., Bd. 2, Leipzig: Hinrichs,
1908, passim.; Downey (Hrsg.), 1957: 855-924.
984 Paulinus von Nola, Ep. 32. 10 (FC 25-2: 770). Siehe hierzu auch Arnolf, Arwed, Versus ad picturas:
Studien zur Titulusdichtung als Quellengattung der Kunstgeschichte von der Antike bis zum Hochmittelalter,
München: Deutscher Kunstverlag, 1997: 55-60.
985 James; Webb, 1991: 11-14. Siehe auch den Aufsatz von Ruth Webb, in dem sie Ekphraseis als Dokument
der immateriellen und nicht-visuellen Eigenschaften von sakralen Gebäuden betont (Webb, Ruth, „The
Aesthetics of Sacred Space: Narrative, Metaphor, and Motion in Ekphraseis of Church Buildings,“ DOP
53, 1999: 59-74).
986 Macndes, Ruth; Magdalino, Paul, „The Architecture of Ekphrasis: construction and context of Paul the
Silentiary’s Poem on Hagia Sophia,“ Byzantine and Modern Greek Studies 12, 1988: 47-82.
987 Whitby, Mary, „ The Occasion of Paul the Silentiary’s Ekphrasis of S. Sophia,“ The Classical Quarterly 35,
1, 1985: 215-228.
988 Paulinus von Nola, Epistula 32 (FC 25.2: 746—802).
989 An der Tür, die vom Obstgarten in die Kirche führte, schreibt Paulinus, sei folgendes zu lesen gewesen:
„Ihr Verehrer Christi, betretet die himmlischen Wege durch diesen lieblichen grünen Hain! Und es ist
230 Präsenzerfahru ng

jemals m einem realen Raum existierten. Es ist durchaus denkbar, dass Paulinus die Gattung
der Beischriften dazu nutzte, seinem Freund in der Ferne eine eindrückliche Vorstellung von
den Kirchenbauten zu vermitteln, ohne dass diese Tituli am realen Bau existierten. ' " Die l ituli
waren in diesem Fall Motoren der Imagination, mit deren Hilfe Paulinus die Wahrnehmung
*990
seines Freundes lenkte.991
Eines der wichtigsten Charakteristika von Tituli und Ekphraseis ist die Nutzung von To-
poi. Zu den sehr häufig evozierten Sprachbildern gehören seit dem fünften Jahrhundert die
Lichtfülle und Strahlkraft von Räumen. Der topische Charakter hat jedoch immer wieder die
Frage nach der Legitimität ikonographischer und stilistischer Interpretationen der beschriebe-
nen Bildwerke aufgeworfen.992 Henry Maguire sieht in den kunstvollen Beschreibungen Fin-
gerübungen in antiker Rhetorik.993 Dagegen argumentieren Liz James und Ruth Webb, dass
die spätantiken und byzantinischen Verfasser von Ekphraseis kaum inhaltsleere oder irrelevante
Konzepte benutzt hätten.994 Im Gegenteil sind rhetorische Topoi ständig wiederholter Aus-
druck allgemeiner und tiefsitzender Überzeugungen und Wahrnehmungskonventionen. Daher
war ein Lesen der Texte beim Betreten des Raums gar nicht nötig, denn sie drücken einen
Konsens aus, der bereits vor dem Besuch des jeweiligen Sakralraums bestand.

Der geistesgeschichtliche Hintergrund des spätantiken Licht-Verständnisses


Die Suche nach den Ursprüngen der Lichtmetaphorik in Architektur- und Bildbeschreibun-
gen führt zunächst zu den I ituli der außerhalb der Mauern der Stadt Rom gelegenen Kirchen
Sant' Agnese und San Lorenzo. Das Licht im Inneren der Gebäude wird mit der Schöpfung
des Lichts in Genesis 1.3 verglichen. In der Kirche des Honorius wird der Schöpfer-Gott als
derjenige angesprochen, „der die Grenze zwischen Tag und Nacht setzen konnte“ (qui potuit
noctis uel lucis reddere finerri). Dieser Schöpfer hat das Dunkel des Chaos von den (ursprünglich
unterirdischen) Gräbern der Märtyrer vertrieben (martyrum e bustis hinc reppulit ille chaos). Der
Titulus, der sich vermutlich ursprünglich in der Apsis der Kirche San Lorenzo fuori le mura

angemessen, aus den frohen Gärten dort in die Kirche einzutreten, von wo denen, die es verdient haben,
ein Ausgang ins heilige Paradies gewährt wird. (£/>. 32, 12; FC 25.2: 775.) Ein ideeller Parkurs (Periege-
sis) wird dem Lesei nahegelegt: vom Obstgarten in die Kirche und von dort in den himmlischen Garten.
990 Ähnliche Überlegungen liegen den Ausführungen Franz Alto Bauers zu den spätantiken Statuenepi-
grammen zugrunde. Bauer stellt fest, dass sich die Inschriften zunehmend von den Monumenten ab-
koppelten und „wurden zu eigenständigen Aussageträgern, die [...] des begleitenden Bildwerks nicht
mehr unbedingt bedurften und als literarisches Produkt für sich allem stehen konnten.“ (Bauer, Franz
Alto, „Virtuelle Statuensammlungen,“ in Bauer; Witschel, (Hrsg.), 2007: 79-109, Zitat S. 91.) Die
Epigramme evozierten somit das Standbild in der Imagination der Leser. Ähnlich darf- im Widerspruch
zu Renate Pillinger (siehe hierzu Pillinger, Renate, Die Tituli historiarum, oder Das sogenannte Dittochaeon
des Prudentius:Versuch eines philologisch-archäologischen Kommentars, Wien: Verlag der Österreichischen
Akademie der Wissenschaften, 1980: 12-1 5) - für die Tituli des Prudentius angenommen werden, dass
auch sie nicht für ein konkretes Bauwerk entstanden sind, sondern durch den Text eine geistige Vorstel-
lung des Beschriebenen gegeben werden sollte.
991 Macrides; Magdalino, 1988:47—52.
992 Zur stilistischen Deutungsgeschichte der berühmten Ekphrasis der Apostelkirche des Nikolaos Mesarites
siehe Wharton Epstein, Ann, „The Rebuilding and redecoration of the Floly Apostles in Constantinople:
A Reconsideration,“ Greek, Roman, and Byzantine Studies 23, 1, 1982: 79-92.
993 Maguire, 1974, bes. S. 111 und 114.
994 James; Webb, 1991: 3.
Visionen und Licht 231

befand," ist noch expliziter in der Parallelisierung des Schöpfungsberichts und der Bautätig-
keit des Stifterpapstes Pelagius II. (578-590):
Wie Gott, als er das Licht schuf, die Dunkelheit beseitigte,
997
995
so ist in diesem einst versteckten [Ort] nun der Glanz inne.996

Durch die Analogie wird eine Sakralisierung des Lichts im Sakralraum erreicht. Die Verwen-
dung von Gen. 1.3, um die Sakralisierung zu legitimieren, bleibt jedoch auf wenige Beispiele
beschränkt. Im Fall der beiden zitierten I ituli erklärt sich der Bezug aus dem speziellen Cha-
rakter der Bauten, die, eingetieft in die Umgebung, das jeweilige unterirdische Heiligengrab
ans Tageslicht geholt haben." Das von Gott geschaffene Licht nimmt so durch die Interven-
tion des Pelagius auch von diesem Ort Besitz. Für andere literarische Beschreibungen, die eine
999
Lichtsymbolik bemühen, ist Gen. 1 3 jedoch weniger bedeutsam."8
Auch jenseits dieser ersten Erwähnung des Lichts ist das Alte Testament reich an Licht-
rhetorik. Immer wieder ist die Rede von der Herrlichkeit Gottes, die im hebräischen Origi-
naltext Käböd lautet. Die Übersetzer der Septuaginta sahen sich mit dem Problem kon-
frontiert, dass im Griechischen kein der Käböd äquivalenter Begriff existierte, der Macht,
Kraft, Ehre und Lichtglanz inkorporierte. Sie übersetzten den Begriff mit dem griechischen
ööqa (Doxa), dessen ursprüngliche Bedeutung als Meinung, Reputation oder allgemein als
der Anschein, den jemand erweckt, keine Deutung als Lichterscheinung umfasste. 1000 Auch
in der Volkssprache sind dafür keine Hinweise zu finden. 1001 Erst m Abhängigkeit von der
Septuaginta findet Öcr/a als begriffliche Fassung der göttlichen Manifestierung auf Erden in
Form einer Lichterscheinung Verbreitung. 1002 In dieser Bedeutung erhält der Begriff Eingang

995 Die heutige Inschrift auf der Triumphbogenwand ist eine Rekonstruktion des 18. Jahrhunderts (Ciran-
na, Simonetta, Spolia e caratteristiche del reimpiego nelLt basilica di San Lorenzo fuori le mura a Roma,
Rom: Dedalo, 2000: 54 Anm. 4).
996 Demouit dominus tenebras ut luce creata,
his quondam latebris sic modo fulgor inest.
angustos aditus uenerabilie corpus habeat
huc, ubi nunc populum largior aula capit.
eruta planities patuit sub monte reciso
estque remota gram mole ruina minax.
praesule Pelagio martyr Laurentius olim
tcmpla sibi statuit tarn pretiosa dari.
mira fides gladios hostiles inrer et iras
pontificem meritis haec celebrasse suis.
tu modo sanctorum cui crescere constat honores
fac sub pace coli tecta dicata tibi. (ILCV 1770)
997 Zur Baugeschichte von San Lorenzo fuori le mura siehe Mondini, Daniela, „S Lorenzo fuori le mura
in Rom. Der Bau und seine liturgische Ausstattung im 13. Jahrhundert,“ Georges—Bloch-Jahrbuch des
kunstgeschichtlichen Seminars der Universität Zürich 2, 1995: 13—2; Ciranna, 2000: 53—82; Ciranna,
Simonetta, „La lettura architettonica degli spolia nelle chiese die Roma,“ in: Ecclesiae Urbis. Atti del con-
gresso internazionale di studi sulle chiese di Roma, Guidobaldi, Federico; Guidobaldi, Alessandra Guiglia
(Hrsg.), Cittä del Vaticano: Pontificio Istituto di Archeologia Cristiana, 2002: 858-874.
998 Zur theologischen Rezeption des Lichts im Schöpfungsbericht siehe Wallraff, 2001: 41-44.
999 Siehe oben Kapitel 1.2.
1000 Zum Begriff der öo/a siehe Chibici-Revneanu, Nicole, Die Herrlichkeit desVerherrlichten. DasVerständ-
nis der bbqti im Johannesevangelium,Tübingen: Mohr Siebeck, 2007, S. 336-344
1001 Chibici-Revneanu, 2007: 343.
1002 Chibici-Revneanu, 2007: 360-374.
232 Präsenzerfahrung

in die Schriften des Neuen Testaments. 1003 Dort übernimmt 86 a (die Vulgata übersetzt glorid)
die einstige Funktion der Käböd. Die Licht-Konnotation tritt als neue Bedeutungsebene zur
ursprünglichen Wortbedeutung hinzu, so dass Licht und öö a in Zusammenhang mit Epipha-
nien weitgehend die gleiche Funktion haben, nämlich die Anwesenheit Gottes zu visualisieren
und den Menschen den Kontakt mit Gott zu ermöglichen:100 Bei der Präsentation Christi im
Tempel spricht Simeon von Jesus als dem Licht, das die Heiden erleuchten wird (Lk. 2.32).
Bei der Theophanie des Paulus erscheint ihm Gott als Licht auf seinem Weg nach Damaskus
(Apg. 22.11). Der Prolog des Johannesevangliums schließlich benutzt das Bild des Lichts um
die Ankunft Christi (des wahren Lichts; Joh. 1.9) in der Welt auszudrücken und bedient sich
dabei beider Wörter, sowohl des epebe; (Licht) als auch der ööga (Joh. 1.14).
Dieser Initialtext für das christliche Lichtverständnis, der Prolog des Johannesevangeliums,
ist eine der wenigen Passagen im Neuen Testament, die als Grundlage für eine christologische
Deutung des Lichts dienen konnten. 1005 Christus wird darin ausdrücklich als das Licht be-
zeichnet. Bereits Origenes von Alexandria (185-254) maß diesem Evangelium wegen seinem
universalen metaphysischen Charakter eine hohe Bedeutung zu.1006 Doch nicht nur im Prolog,
sondern auch an weiteren Stellen des Evangeliums wird auf das Christus-Licht Bezug genom-
men (Joh. 9.5; 12.4-6 und 3.19-20). Das Evangelium rechtfertigt so jegliche Analogie Christi
mit dem Licht und bildet die Grundlage für den typologischen Bezug von Psalm 36.10 auf
Christus:1007 „In deinem Licht sehen wir das Licht. Das Nizäische Glaubensbekenntnis greift
die johanneische Lichttheologie auf verbindet sie mit dem Psalmwort und definiert Christus
als tptbg ek tpoTÖg (Licht aus dem Licht). Der nordafrikanische Bischof Cyprian von Karthago
amalgamiert das „wahre Licht“ Christi aus dem Johannesevangelium mit dem konkreten, sicht-
baren Himmelskörper, der Sonne:
Ebenso muss man wiederum beten, wenn die Sonne von uns scheidet und der Tag zu Ende geht.
Christus ist nämlich die wahre Sonne und der wahre Tag. Wenn wir daher beim Sinken der Sonne und
beim Scheiden des Tages beten und bitten, dass das Licht wieder über uns komme, so bitten wir um
die Ankunft Christi, die uns die Gnade des ewigen Lichtes gewällten möge. 1008

Das Bild der Sonne für Christus, das sich in dieser Form nicht im Neuen Testament fin-
det, prägte die frühen alexandrinischen Kirchenväter, die große Teile ihrer Lichttheologie vom
jüdischen Philosophen Philo übernommen hatten. 1009 Dieser ist wiederum von der netipla-

1003 Harrison, Everett, „The Use of Doxa in the Greek Literature with Special Reference to the New Testa-
ment“ (Dissertation, University of Pensylvania, 1950): 228.
1004 Wagner, 2012: 279; Chibici-Revneanu, 2007: 405f.
] 005 Zur Rezeption des Johannesevangeliums siehe Enders, Markus; Kühn, Rolf, „Im Anfang war der Logos
. . . Studien zur Rezeptionsgeschichte des Johannesprologs von der Antike bis zur Gegenwart, Freiburg: Her-
der, 2011.
1006 Enders; Kühn, 20 11: 9. *
1007 Origenes, Commentarius in lohannem 2.23.152ff. (Preuschen (Hrsg.), Leipzig: Hinrichs, 1903: 79).
1008 „Recedente item sole ac die cessante necessano rursus orandum est Nam quia Christus sol verus est
et dies verus, sole ac die saeculi recedente quando oramus et petimus ur super nos lux denuo veniat,
Christi precamur adventum lucis aeternae gratiam praebittnum “ (Cyprian von Karthago, De dominica
oratione 35; CSEL 3 1: 293) Ebers, nach Dölger, Franz Joseph, „Lumen Christi. Untersuchungen zum
abendlichen Licht-Segen in Antike und Christentum,“ Antike und Christentum V, 1 , 1936: 1-43, Zitat
S 29 (eigene Hervorhebung).
1009 Detailliert berichtet Philon im Traktat Über das Leben des Moses von einem Fest zu Ehren der Über-
setzung des Alten Testaments in Grichische (Septuaginta) jedes Jahr auf der Pharos Insel. Man traf sich
Visionen und Licht 233

tonischen Philosophie geprägt, die dem geistigen Aufstieg zum Licht einen wichtigen Platz
11012
*010
in ihrem Denken einräumte. 10111 Häufig wendet Philo das Bild des Lichts auf Gott an. 1011 Er
nutzt das für jeden sichtbare Medium, um den unsichtbaren jüdischen Gort verständlich zu
machen.'"' Ähnlich wie die Sonne, die wir nicht direkt anschauen können, können wir auch
Gott nicht direkt sehen.1013
In den ersten beiden christlichen Jahrhunderten ist noch keine Licht-Christologie bzw. Sol-
Christologie greifbar, wie Martin Wallraff in seiner umfassenden Analyse der Sonnen-Meta-
phorik in der christlichen Exegese aufzeigt.1014 Wallraffs Untersuchung beschränkt sich jedoch
einseitig auf konkrete Sonnen-Allegorien unter Ausschluss der eher abstrakten Licht-Metapho-
rik. 1' In den frühen Jahrhunderten kommt dem sichtbaren Himmelskörper als Analogie für
das Göttliche eine größere Bedeutung zu. Klemens von Alexandria bemüht das Bild der Sonne
besonders häufig. Er nutzt es, wie Philon zuvor, um die schwer verständliche Natur des christ-
lichen Gottes zu illustrieren: „Christus leuchtet heller als die Sonne.“ 1016 Er geht soweit, der
Sonne und den Gestirnen einen Platz zwischen unrechtem heidnischen Götzenglauben und
rechtem christlichen Glauben zuzuweisen. Gott habe Sonne, Mond und Sterne geschaffen, da-
mit die Menschen, die nicht Gott verehren, etwas hatten, das sie anbeten konnten. 1017 Das ge-
samte elfte Kapitel des Protreptikos wird von einer überbordenden Lichtmetaphorik beherrscht
Nicht nur der in die Welt gekommene Christus wird mir dem Licht assoziiert, sondern auch
das Erkennen und Sehen. Das Unwissen wird mit der Dunkelheit verglichen. Klemens ruft
den Leser auf:

dort wegen des Lichts, das von dort (vom Pharos) ausging. (Philon, De vita Mosis 2.7. (41); LCL 289:
468.)
1010 Zum Neuplatonismus bei Philon und den frühen Kirchenvätern siehe Berchman, Robert M., From
Philo to Origen. Middle Platonism in Transition, Chicago: Scholars Press, 1984: 198; Louth, Andrew,
The Origins of the Christian Mystical Tradition. From Plato do Denys, Oxford: University Press, 1981.
Bereits Platon vergleicht im Staat (508-509) die Idee des Guten mit der Sonne (zitiert in: Louth, 1981,
S. 1 lf.). Siehe auch Suchla, Beate, Dionysius Areopagita. Leben — Werk — Wirkung, Freiburg: Herder,
2008. passim.
1011 Die Grenzen zwischen natürlichem und göttlichem Licht verwischen. Siehe Philon, De Abrahamo 69f.
(LCL 289: 38ff); Klein, Franz-Norbert. Die Lichtterminologie bei Philon von Alexandrien und in den
hermetischen Schriften, Leiden: Brill, 1962: 70.
1012 „Wundere dich nicht, wenn die Sonne nach den Regeln der allegorischen Auslegung mit dem Vater und
Lenker des Alls verglichen wird ‘ (Philon, De somniis 1.73; Wendland (Hrsg.), Berlin: Reimer, 1898:
205; Übers. Wallraff, 200 1. 42).
1013 Philon, De Abrahamo 76 (LCL 289: 44).
1014 Wallraff, 2001:41-59.
1015 Die Apsisprogramme von Hosios David und SS. Cosma e Damiano, die Wallraff als Bilder der Sonne
deutet (Wallraff. 2001: 150), wären möglicherweise besser als theopltanisclte Lichterscheinungen be-
schrieben. Christus auf den Wolken in SS. Cosma e Damiano stellt nicht primär die aufgehende Sonne
auf den Morgenwolken dar, sondern eine durch Lichtwolken angedeutete Doxa-Gloria-Erscheinung
gemäß Loerke, 1981.
1016 Xptotög mi/.aLutta tpatöpotepov f]L(ou. (Klemens, Protreptikos 12.119.3; Stählin (Hrsg.), Bd. 1, 1905:
84). In Stromateis 7.3.21.7 heißt es: „Denn ebenso, wie die Sonne nicht nur den Himmel und die ganze
Welt erhellt und ihre Strahlen über Land und Meer ergießt, sondern ihr Licht auch durch Fenster und
kleine Öffnungen bis in die innersten Räume des Hauses dringen lässt, so ist auch das göttliche Wort
überallhin ausgebreitet und erblickt auch die Einzelheiten in unserem Leben.“ (Stählm (Hrsg.), Leipzig:
Hinrichs, Bd. 3, 1909: 15; Übers, nach BKV 20: 27).
1017 Klemens, Stromateis 6.14.1 10. (Stählm (Hrsg.), Bd. 3, 1909: 487 BKV 19: 312. Siehe dazu Philons
Ausführungen zur Religiosität der Chaldäer: Philon, De Abrahamo 69 (LCL 289: 38).
234 Präsenzerfahrung

Empfange Christus' Empfange die Fähigkeit zu sehen! Empfange dein Licht!'

In Kapitel 12 legt er sehr anschaulich dar, wie er Gott im Fackellicht erkennt;


O h wirklich heilige Mysterien! Oh reines Licht! Vom Licht der Fackeln werde ich umleuchtet, damit
1018
ich den Himmel und Gott sehe “1019

Das Verb MOttTsnco, das er für die Aktivität des Sehens nutzt, bezeichnet ein abstraktes (geisti-
ges) Sehen, das jedoch von einer sehr realen visuellen Anordnung ausgelöst wird, dem Schein
der Fackeln, die häufig Teil einer rituellen Feier waren.
Auch Ortgenes, der zweite wichtige alexandrinische Kirchenvater, nutzte die Sonne als
Bild für Christus, spricht sich jedoch dagegen aus, dass die Sonne angebetet werden darf. 1020
Mit ihm setzt verstärkt die theologische Auseinandersetzung über das Licht als abstraktes
Phänomen ein. Die Ausbreitung des Lichts vergleicht er mit dem Aufgang der „Sonne der
Gerechtigkeit“ 1021, einer Passage aus dem Buch Maleachi (3.20), die in der spätantiken Exegese
häufig als typologische Referenz auf Christus bezogen wurde.1
Von besonderer Bedeutung für die Sol-Christologie ist der Matthäus-Bericht über die
Transfiguration (Mr. 17). Dieser ist die einzige neutestamentliche Passage, die einen Vergleich
Christi mit der Sonne legitimiert. Darin wird Christus zwar nicht mit der Sonne gleichgesetzt,
aber der Evangelist schreibt, Christi Angesicht habe geleuchtet wie die Sonne (17.2). Die Ex-
egese dieses Bibeltextes spricht darum häufig von zwei Sonnen, die von den Aposteln gesehen
wurden, der natürlichen Sonne und der Christus-Sonne.1023 Johannes Chrysostomos ( t 407)
betont, dass Christus dem Flimmelkörper weit überlegen ist:
In demselben Sinne hat der Evangelist auch bei dem Berichte über den Vorgang auf dem Berge ge-
sagt- „Er glänzte wie die Sonne.“ Denn dass das Licht viel stärker war, als der Vergleich ausdrückt,
geht daraus hervor, dass die Jünger zu Boden fielen. Wäre das Licht nicht so überwältigend, sondern
nur wie das Sonnenlicht gewesen, so hätten sie es leicht ertragen können, ohne niederzustürzen.1024

Auch der Mailänder Bischof Ambrosius (339-397) stellt die Christus-Sonne über die na-
türliche. In der sechsten Homilie des Hexaemeron schreibt er: „Wenn schon die Sonne, die Sein

1018 AnoLaßs töv Xptctov. äiroLaßc tö ßVaciv. änöLaße aov tö tp®q. (Klemens. Protreptikos 11.113.2;
Stählin (Hrsg.), Bd. 1, 1905: 79).
1019 ”Q töv ayteov mq äÄ.q0ct>g pooTspioiv, rö ipoiTÖc aKijpärou. öaÖouyoiipai roiiq oüpavonq Kai röv Ocöv
ETtojtTeßoat. (Klemens, Protreptikos 12.120 I; Stählin (Hrsg.). Bd. 1, 1905: 84).
1020 Origenes, Contra Celsum 5.1 1 (SC 147: 40-42: BKV 53: 21).
1021 Origenes, Homiliae in Leviticus 13.2 (Baehrens (Hrsg.), Bd. 1, Leipzig: Hinrichs, 1920: 469).
1022 Weitere Textbeispiele bei Wallraff, 2001: 51 Anm. 44. Auch Augustinus benutzt das Bild der „Sonne
der Gerechtigkeit,“ die über den Gerechten und den Ungerechten aufgeht: „Sol ille iustitiae, sine nube,
sine nocte; ipse non oritur nialis, non oritur impiis, non oritur infidelibus. Nam solem istum de coelo
corporeum quottdie facit orin super bonos et malos.“ (Sermo 292.4; PL 38: 1322).
1023 Pseudo-Leo, Sermo 20, De Transfiguratione Domini, 2 (PL 54: 521): „Today the disciples were able to
see two suns upon the mountain: the first was in the firmament and can be seen by all men, but the
other shines more splendidly than this and is seen only by the prophets and disciples: the face of Jesus.“
(Libers. McGuckin, John Anthony, The Transfiguration of Christ in Scripture and Tradition, Lewiston:
Edwin Mellen, 1986: 286). Ephram der Syrer spricht auch von zwei Sonnen auf dem Tabor (Rede über
die Verklärung Christi, BKV 37: 186f.). Siehe auch Miziolek, 1990, bes. 49f.
1024 Johannes Chrysostomos, In Matthaeum homiliae 56.4 (PG 58: 555; Field (Hrsg.), Cambridge: Officina
academica, 1839: 134-149. Übers. BKV 26: 200).
Visionen und Licht 235

und Schicksal der Schöpfung teilt, so lieblich strahlt, wie gut muss jene ,Sonne der Gerechtig-
keit' sein!“1025
Diese Analogie von Christus und Sonne - mit Ausnahme der Transfigurations-Exegese -
nimmt seit dem dritten und vierten Jahrhundert zugunsten einer abstrakteren Licht-Theologie
ab Es wird weniger wichtig, den Menschen den unsichtbaren jüdisch christlichen Gott an-
hand der sichtbaren Sonne verständlich zu machen. Nun wird die Immaterialität des Lichts
genutzt, um theologische Argumente zu veranschaulichen. So nutzt Athanasius von Alexand-
ria (um 298-373) den Licht- Vergleich im Zusammenhang mit dem Taufritus. Christus und
Gottvater seien „wie“ der Abglanz und das Licht.1026 Bei Ambrosius von Mailand entfällt diese
vergleichende Distanz, und Christus wird vollends mit dem Licht gleichgesetzt. 1027 hn Hymnus
auf den Sonnenaufgang werden die Sonne und Christus - eine Unterscheidung ist nicht mehr
möglich - unter anderem als „Glanz der väterlichen Herrlichkeit“, „Licht vom Licht“, „Quelle
des Lichts“, „wahre Sonne“ und „Glanz des Heiligen Geistes“ angesprochen. 1028 Die Trinität
und die Sonne werden hier von Ambrosius zu einer synonymen Bedeutungseinheit verschmol-
zen. Ambrosius entwickelt anhand des Motivs des Lichts seine Trinitätslehre- Wie das nizäische
„Licht vom Licht formuliert auch der Mailänder Bischof in diesem Hymnus die ebenbürtige
Beziehung von Gottvater zu Christus als lux lucisf™ Der fons luminis ist auf den Heiligen Geist
bezogen, dessen glänzende Lichtquelle (fubaf) die Sinne der Gläubigen erfüllen soll.

Licht als Mittel zur Repräsentation theophanischer Momente


Die reiche Tradition antiker Lichtmetaphorik und die differenzierte Licht-Christologie sorg-
ten dafür, dass die Menschen der Spätantike in der Kombination aus heiligem Raum und
Lichtfülle Iheophanisches erkennen konnten. Nicht zuletzt wurde dies durch ein auf einer
antiken Praxis fußendes Ritual, das Entzünden des Lichts am Abend, verstärkt. Wenn auch die
Kenntnis darüber lückenhaft ist, lässt sich der theophanische Gehalt des Ritus doch anhand
der Quellen eindeutig rekonstruieren. Aus dem Pilgerbericht der Egeria erfahren wir nicht
nur, dass der Ritus im Westen Lucemare und im Osten Lychnikon genannt wurde, sondern sie
berichtet auch vom Ablauf des Ritus in Jerusalem. Während des Vespergottesdienstes wurden
bei Sonnenuntergang die Lichter angezündet:

1025 Ambrosius, Hexaemeron 4.1.2. (PL,14: 201; Übers, nach BKV 17: 132f.).
1026 ’Ev T(ö LlaTpi yap r.otiv 6 Yiöq, (bg rö aitaüyaopa sv tcb ipaiti. (Athanasius von Alexandria, Orationes
contra Arianos 2.4 1; PG 26. 233).
1027 „Verbum enim dei fides nostra est, verbum dei lux est, lucerna fides [...] Lucerna autem lucere non
potest nisi aliunde lumen acceperit.“ (Ambrosius, Expositio Evangelii secundum Lucam 7.98; CSEL
32/4:324). Zur Lichtmetaphorik bei Ambrosius siehe Morgan. Ricardo, Light in the Iheology of Saint
Ambrose, Rom Officium Libri Catholici, 1963.
1028 Splendor paternae gloriae,/de luce lucem proferens./lux lucts et fons luminis/diem dies illuminans,/ver-
usque sol, illabere/micans nitore perpeti/iubarque sancti Spiritus/ infunde nostris sensibus. (Ambrosius,
In Aurora. (Lat. Text und ital. Übersetzung in: Simonetti (Hrsg.), Florenz: Nardini, 1988: 26-29. Dt
Übers, in: Wallraffi 2001: 47). Siehe hierzu Franz, .Ansgar, Tageslaufund Heilsgeschichte.Untersuchungen
zum literarischen Text und liturgischen Kontext der Tageszeitenhymnen des Ambrosius von Mailand, St.
Ottilien: Eos, 1994- 277-388.)
1029 Bei den frühen Kirchenvätern (Origenes u.a.) hatte noch die Auffassung geherrscht Christus sei Gott-
vater subordiniert. Das Konzil von Nicäa hatte diese Auffassung verurteilt (Franz, 1994: 352E; Kloos,
2011, S. 73-100.) Zur Haltung Ambrosius’ zum Nizäischen Glaubensbekenntnis siehe: De Fide
1 18.11 8f. (FC 47.1:234).
236 Präsenzerfahrung

Zur zehnten Stunde aber, die man hier „Lychnikon nennt — wir sagen „Lucernaf — versammelt sich
die ganze Menge wieder in der Anastasis; es werden alle Leuchter und Kerzen angezündet, und es
erstrahlt unendliches Licht. Man bringt dabei kein Licht von außen herein, sondern es wird aus dem
Innern der Grotte gebracht, wo Tag und Nacht immer eine Lampe leuchtet, das heißt innerhalb des
Gitters. 1« 0

Der Ursprung des liturgischen Ritus ist weitgehend ungeklärt. Die früheste Nachricht stammt
von Basilius von Caesarea, der den griechischen Hymnus (pcik tkapöv (freundliches Licht) er-
wähnt, der bei dieser Gelegenheit im Osten gesungen wurde:'" '
Unseren Vätern erschien es schicklich, die Gnade des abendlichen Lichts nicht schweigend in Emp-
fang zu nehmen, sondern, sobald es aufscheint, Dank zu sagen. Wer der Urheber dieser Worte der
Danksagung beim Aufscheinen des Lichtes ist, wissen wir nicht Das Volk jedoch bedient sich der
alten Formel, und nie ist es jemandem als Frevel erschienen, wenn man betete: „Wir loben den Vater
1031
1030
und den Sohn und den Heiligen Geist Gottes.“1032

Schon zur Zeit des Basilius waren die Ursprünge des Hymnus bereits vergessen. Franz Joseph
1035
1034
Dölger führte die Praxis, das Licht am Abend zu begrüßen, auf antike Traditionen zurück.1033
Als Ursprung kann der heidnische Lichtsegen Ocog üyaOov (gutes Licht) angenommen wer-
den: Es war in der griechischen Antike üblich, das Licht beim Anzünden mit „Otbq üyaOöv“ zu
begrüßen.’ 034 Klemens von Alexandrien legte den Christen darum nahe, auch Jesus als das Licht
mit „youps tpßig“ (Sei gegrüßt, Licht) zu begrüßen. 103' Hier wird deutlich, wie sehr Christus mit
dem Bild des Lichts verschmolzen wurde. Beide wurden mit dem gleichen Gruß angerufen.
Der von Prudentius überlieferte Lichthymnus nutzt die synonyme Bedeutung von Licht und
Christus, um daraus ein poetisches Bild zu schaffen. Er spricht Christus an, der das wahre Licht
für die Augen und die Seele ist (lux vera oculis [ . . . ] sensibus) und fordert ihn dann auf, das Licht
der Öllampe anzunehmen (Jumen [..] suscipe), das heißt, in Form des angezündeten Lichts zu

1030 Egeria, Itinerarium 24.4. (Übers, nach FC 20: 229. Siehe auch Dölger, 1936, bes. S, 39—41).
103 1 Omg iXapöv oyia; 86 t|g
aOavatou Flarpöc; oüpaviov,
äyiou, puKpoc,
h|OOU XptarE-
c/.Oövtcg etti xf]v ij/.iou öüoiv,
iöövTEg (pwq cancptvöv,
vpvoüpsv riiiTSpa. Kat Yiöv,
Kai äytov riveöpa ©eoti.

Heiteres Licht vom Heiligen Glanz


des unsterblichen himmlischen Vaters,
des heiligen seligen:
Jesus Christus.
Gelangt zum Sonnenuntergang,
schauend das Licht des Abends,
Lobpreisen wir Vater und Sohn
Und Gottes Heiligen Geist.
(Text und Übers Dölger, 1936: 13f.)
1032 Basilius von Caesearea, De spiritu sancto 73. (Übers, nach FC 12: 301 £).
1033 Dölger, 1936: 2.
1034 Dölger, 1936: 5. Dölger nennt als Beleg eine Passage aus dem Aethiopicus von Fleliodor. Auch Varro
bezeugt dies (De lingua latina 6.2.4).
1035 Klemens, Protrepticos 11.114.1 (Stählin (Hrsg.), Bd. 1, 1905: 80).
Visionen und Licht 237

erscheinen. Zum Beweis dafür, dass sich das Göttliche im Licht manifestieren kann, ver-
1036
weist er auf Moses, der „Gott im dornigen Busch sah, im sichtbaren Flammenlicht.“ 1037
Die Gleichsetzung des Erscheinens des Lichts und einer Theophanie ist auch im Morgen-
hymnus des Prudentius belegt. Darin parallelisiert er das Eintreten des Lichts in den Sakralraum
mit einer Epiphanie Christi. Das Licht tritt herein und Christus kommt:
lux intrat, albescit polus,
Christus venit, discedite. 1038

Etwa 100 Jahre später lässt der Bischof Petrus von Ravenna den bereits zitierten Titulus in
der Erzbischöflichen Kapelle anbringen. In diesem Raum, in dem das Licht herrscht und von
den teuren Materialien vermehrt wird, verspricht der Text die Anwesenheit Christi. Er nennt
Petrus als den Stifter und fügt hinzu, dass der kleine Raum der Manifestierung Christi genügen
würde, denn nichts sei zu bescheiden für Christus, der auch enge Häuser sein eigen nennt: „Nil
modicum Christo est. Artas bene possidet aedes.“1039 Ähnlich formuliert Venantius Fortunatus
( t um 600) die Vorstellung einer Theophanie im Sakralraum, die vom Licht ausgelöst wird.
1041
Liber eine Andreaskirche des Bischofs Vitalis von Ravenna 1040 dichtet er:
Die mächtige Halle strahlt, gemacht aus wertvollen Mosaiken,
dadurch bleibt es ohne Nacht ununterbrochen Tag.
Der Ort selbst lädt Gott durch sein ewiges Leuchten ein,
damit er ruhigen Schrittes das Haus betreten mögeM'

Venantius bestätigt somit, dass die Theophanie Christi in Form des Lichts in Sakralräumen
erkannt wurde.

Die Auflösung der Materialität der sakralen Bauten für den christlichen Ritus durch Rhetorik
einerseits (Inschriften und Ekphraseis) und die diaphane Gestaltung mit Lampen, Mosaiken,
Marmor und Bildern andererseits führten dazu, dass diese Räume eine Bühne für theophani-

1 036 „Tu lux vera oculis, lux quoque sensibus,


intus tu speculurn, tu speculum foris,
lunien, quod famulans offero, suscipe,
tinctum pacifici chrismatis unguine.“
(Prudentius, Tageszeitenhymnen, 5. Hymnus 1 53—156, Text und frz. Übers, in: Lavarenne (Hrsg.), Pa-
ris: Les Beiles Lettres, 1943: 31).
1 037 „Sed quis non rapidi luminis atduam
manantemque Deo cernat originem?
Moyses nenipe Deum spinifera in rubo
vidit conspicuo lumine flammeum.“
(Prudentius, Tageszeitenhymnen, 5. Hymnus 29—33; Text und frz. Übers, in: Lavarenne (Hrsg.), Paris:
Les Beiles Lettres, 1943: 26).
1038 Prudentius, Tageszeitenhymnen, 2. Hymnus (Morgenhymnus), 3M. (Text und frz. Libers. Lavrenne
(Hrsg.), Paris: Les Beiles Lettres, 1943: 8, eigene Hervorhebung.)
1 039 Siehe oben Anm. 979.
1040 Dieser Bischof ist unbekannt und erscheint in keiner überlieferten Bischofsliste.
1 041 „Emicat aula potens, solido perfecta metallo,
Quo sine nocte manet continuata dies.
Invitat locus ipse Deum, sub luce perenni,
Gressibus ut placidis intret amando lares.
(Venantius Fortunatus, Gedichte 1.1.10; PL 88, 64; Reydellet (Hrsg.), Paris: Beiles Lettres, 1994: 21)
238 Präsenzerfahrung

sehe Erfahrungen bilden konnten. Das Licht, das zum dominierenden Gestaltungsmerkmal
wurde, hinter dem die materiellen Elemente der Bauten zurücktraten, war geeignet, deren
Entmaterialisierung zu veranschaulichen und diese gleichzeitig mit theophanischen Konzepten
anzureichern. Dieses aus der Antike überkommene Verständnis des Lichts ist in theologischen
Texten bereits seit der Frühzeit des Christentums nachweisbar, da die Immaterialität den Apo-
logeten ein geeignetes Mittel zur Überwindung der Unsichtbarkeit des christlichen Gottes an
die Hand gab. Seit der Mitte des fünften Jahrhunderts hält der Topos verstärkt Einzug in die
Beschreibung von Sakralbauten, wo er als Ausdruck göttlicher Theophanien fungierte. Auf
diese Weise ähnelt die Wirkweise der Sakralräume dem anagogischen Einverständnis der Neu-
platoniker, das die materielle Welt als Hilfsmittel für die göttliche Vision verstand.
Wenig überraschend ist die Tatsache, dass Licht in der Theologie der Neuplatoniker eine
entscheidende Rolle spielte. Die philosophischen Ausführungen des Pseudo-Dionysios Areo-
pagita und des Bischofs Hypatius bestätigen die aus der schriftlichen Überlieferung gezoge-
nen Schlussfolgerungen. Ersterer entwirft die Vision Gottes im Jenseits als Lichterscheinung:
„Durch das göttliche Sehen werden wir für immer erfüllt sein mit dem Anblick Gottes, der
glorreich um uns scheint so wie einst für die Apostel bei der göttlichen Transfiguration. Er
beschreibt eine Theophanie in Form einer Lichtvision und fährt fort, dass in der irdischen Welt
nur die Annäherung an diese göttliche Vision mittels Symbolen möglich ist. Eine Auswahl die-
ser Symbole gibt er in seinem Werk über die Himmlische Hierarchie und nennt allen voran das
Licht und verwandte Phänomene: „Sie [Theologen] benutzen die erhabensten Bilder, nennen
ihn Sonne der Gerechtigkeit, Morgenstern, der in den Geist aufsteigt, Licht, das hell leuchtet
oder für die geistige Schau gedacht ist. Manchmal benutzen sie Bilder, die näher am Leben
sind, wie das Feuer [...]' Ähnlich formuliert Hypatius von Ephesos, dass das viele Licht
1043
1042
in den Kirchen den Gläubigen zum geistigen und immateriellen Licht Gottes hinaufFührt. 1044

III.3. Tlieophanische Bilder, sakraler Raum und der Betrachter

Die Bedeutungsaufladung des Lichtes als Indikator für die göttliche Präsenz ist ein Phänomen,
das an eine fundamentale Problematik des Christentums rührt. Indem man Räume schuf,
die durch Rituale, Bilder, Einbauten und Lichtinszenierungen die göttliche Gegenwart auf
einen O r t konzentrierten, entstanden sakrale Räume, die es im Christentum eigentlich nicht
hätte geben sollen. Sowohl die Schriften des Neuen Testaments als auch die frühen Apolo-
geten verwahrten sich entschieden gegen dieses Konzept, das das Heilige in einem Gebäude
materialisierte. Darum wird im Folgenden zunächst die Entwicklung der Raumheiligkeit im
Christentum kurz umrissen, um daraufhin den Lichtinszenierungen aus Kapitel III.2. die Bil-

1042 Pseudo-Dionysios, De divinibus nomibus 1.4 (PG3: 592C; Übers, nach Luibtieid (Hrsg.), New York:
Paulist, 1987: 52).
1043 Pseudo-Dionysios, De caelestia hierarchia. 2.5. (PG 3: 144C; Übers, nach Luibheid (Hrsg.), 1987: 152).
1044 Tobq 5e ö./.z.mq aöroüg paOctv oü öiivapcvouq e öiv ioraoi te Kai Vyovaiv ETuovuptfflv tovg anrouq
aoTEpac EKäiöaoKEi. Ata taOra Kai (ipeig Kai KÖnpov ü/jkov soipsv rin twv ispcov ot>% räq Oecö ypuoou
Kat äpyüpov Kai osipiKfjg EoOfjrog Kai Xi0okoXV]tcov gkevcöv rtpuov rc Kai ifipwv Öokoüvtidv. äXVwg
£köiott]v TÖV TttoTibv rä tv oiKcuog EaOtfj xsipaycoysioOat Kai npög tö Osiov ävdysoOat ovyxwpowcEg,
tivtov Kai änö toütiov eni rt]v vot]TT]V EwtpOTEtav xstpaycoyoupEvorv Kat atro tob Kara Ta ispä koXAoü
(poHÖg EM tö voijtöv Kai aükov <pcög. (Orientalin Christiana Analecta 117: 128, Z . 21-30; engl. Übers.
Alexander, 1952: 180).
Theophanische Bilder, sakraler Raum und der Betrachter 239

der und ihre Interaktionsformen an die Seite zu stellen. Bezüglich der Interaktionsformen ist
umstritten, oh und in welcher Form die Bilder des Göttlichen verehrt wurden. Es wird vor-
geschlagen, dass es bereits in der Spätantike Formen der Bildverehrung gab, die sich jedoch
von der post-ikonoklastischen Ikonenverehrung unterschieden. Der Ikonoklasmus bildet den
Endpunkt der Betrachtungen, da sich in ihm die Problematik der Visualisierung des Göttli-
chen kristallisierte und wandelte. Am Ende dieser theologischen Auseinandersetzung war die
spätantike Visionserwartung nicht mehr die Grundlage für die Vorstellungen des Kontakts mit
dem Göttlichen und dessen Visualisierung.

Göttliche Präsenz in Sakralräumen

Die große Bedeutung, die Sakralräume für das christliche Selbstverständnis erhalten sollten,
war keineswegs selbstverständlich. Aus praktischen Gründen benötigte man Versammlungs-
räume, auch wenn Minucius Felix in dem Dialog Octavius ihre Existenz abstritt und jegliche
Form der materiellen Repräsentation des Göttlichen (Bilder und Tempel) ablehnte. 1045 Ebenso
verwahrte sich Klemens von Alexandria gegen die Praxis des Gebrauchs heiliget Räume im
Christentum:
Ist es nicht richtig und wahr, wenn wir den unbeschränkten (Gott) nicht auf irgendeinen Ort begren-
zen und den, der alles in sich fasst, nicht in Tempeln einschließen, die von Menschenhand gemacht
sind? Denn welches Werk von Baumeistern und von Handwerkskunst könnte schon heilig sein? [...]
Die von Handwerkern gefertigten Götterbilder und Tempel werden aus leblosem Stoff gemacht, so
dass auch sie selbst leblos und stofflich und unheilig sind. Und wenn du auch die Kunst zur Voll-
endung führst, behält sie doch das Handwerkliche an sich. Deshalb sind die Werke der Kunst nicht
mehr heilig und göttlich.1046

Klemens fährt fort und betont, dass er, wenn er von Kirche spricht, nicht das Bauwerk meint,
sondern die Versammlung der Gläubigen. Dies wiederum legt den Schluss nahe, dass es bereits
zu jener Zeit üblich war, den Kirchenbau als £KKÄ.T)ofa anzusprechen. Während in den ersten
Jahrhunderten des Christentums noch die Überzeugung geherrscht hatte, Gott bewohne kei-
nen konkreten Ort, sondern sei an jedem Ort gleichermaßen präsent, lassen sich seit dem vier-
ten Jahrhundert Vorstellungen der göttlichen Präsenz in christlichen Sakralräumen belegen.1047
Der jüdische Tempel hatte Gott als temporärer Sitz gedient, in dem er sich bei besonderen
Anlässen manifestierte. 1048 Das Allerheiligste blieb für die Gläubigen unsichtbar und nicht be-
tretbar und erst seit dem ersten Jahrhundert werden allmählich Vorstellungen der Fleiligkeit

1045 Siehe oben Anm. 63.


1046 Klemens von Alexandria, Stromateis 7. 5.28.1-4 (Stählin (Hrsg.), Bd. 3, 1909: 20f). Übers, nach Hey-
den, Katharina, „Die Sakralisierung der christlichen Basilika in Eusebs Kirchweihrede für Tyros (h.e.
10.4) in: Heilige, Heiliges und Heiligkeit in spätantiken Religionskulturen,Gemeinhardt, Peter; Heyden,
Katharina (Hrsg.), Berlin: De Gruyter, 2012: 85-1 10, bes. S 102.
1047 Jäggi, Carola, „Heilige Räume. Architektur und Sakralität. Geschichte einer Zuschreibung.,“ in: Kir-
chenbauten in der Gegenwart. Architektur zwischen Sakralität und sozialer Wirklichkeit, Nollert, Angelika
(Hrsg.), Regensburg: Pustet, 2011: 23-29. Zum Einfluss der Heiligenverehrung auf christliche Sakral-
räume siehe Yasin, Ann Marie, Saints and Church Spaces in the Late Antique Mediterranean: Architecture,
Cult, and Community, Cambridge: Cambridge University Press, 2009: 14—45. Zum Zusammenspiel
von Liturgie und sakralem Raum siehe Gerstel, Sharon, Beholding the Sacred Mysteriös: The Programs of
the Byzantine Sanctuary, Seattle- University- of Washington, 1999: 5-14.
1048 Siehe oben Kapitel 1.2.
240 Präsenzerfah tu ng

1051
1050
auf die Synagogen übertragen.1049 Griechisch-römische Heiligtümer konnten zwar in einigen
Fällen betreten werden (besonders am jährlichen Festtag des Gottes), 10 ' der Kult beschränkte
sich jedoch meist auf den Raum vor dem Tempel. Eine Sichtbeziehung zur Kultstatue existierte
nur durch die geöffnete Tür, wie es einige Miniaturen des Vergilius Vaticanus (fol. 33v und
45v) illustrieren. ( Abb. 6)
Zu Beginn des vierten Jahrhunderts ließ Kaiser Konstantin nicht nur monumentale Kir-
chenbauten in Rom errichten, er rahmte auch die wichtigsten christlichen loca sancta architek-
tonisch Diese Memorialbauten erhoben sich zumeist über den Orten der Erscheinung Christi
auf Erden: Über der Geburtsstätte Christi in Bethlehem wurde eine Kirche erbaut, ebenso an
dem Ort seines Martyriums (Grabeskirche) und seiner Auffahrt in den Himmel (Elusa und Im-
bomon). Die Kirche in Mamre bezeichnete den O r t der alttestamentlichen Erscheinung Gottes
in Form von drei Engeln im Hause Abrahams. Diese Orte der historisch legitimierten Gotte-
serfahrung waren anderen Orten aufgrund ihrer physischen Nähe zu Gott weit überlegen. 1” 1
Hier wurde das Versprechen auf die Erfüllung der Visionserwarrung durch die physische Nähe
zu Christus greifbar. Dieses Konzept bleibt nicht auf die loca sancta beschränkt, sondern mittels
Einbauten, Bildern und der bewusst eingesetzten Beleuchtung konnte die physische Präsenz
des Göttlichen in jedem Bau materialisiert werden. Prokop schrieb im sechsten Jahrhundert
über die Hagia Sophia:
Wenn einer das Heiligtum zum Beten betritt, so wird ihm alsbald bewusst, dass nicht menschliche
Kraft oder Kunst, sondern Gottes Hilfe dieses Werk gestaltet hat; sein Sinn aber erhebt sich zu Gott
und wandelt in der f löhe und glaubt daran, dass der Herr nicht ferne ist, sondern am liebsten in den
1053
Räumen weilt, die er sich selbst ausgewählt hat.1052

An diesem Zitat wird ersichtlich, dass das Gotteshaus als O r t der Manifestierung göttlicher
Präsenz verstanden wurde; wer hierher zum Beten kam, teilte den Raum mit der Gegenwart
Gottes. Diese Entwicklung ist in Anbetracht der entschiedenen Ablehnung jeglicher materi-
eller Repräsentation des Göttlichen (Tempel eingeschlossen) sowohl im Neuen Testament als
auch bei den Apologeten überraschend. 10'' Allerdings findet hier ein ähnlicher Prozess statt wie
bei den Bildern. Man versuchte soweit wie möglich Materialisierungsformen und Visualisie-
rungsformen des Göttlichen zu finden, ohne in die Gefahr zu geraten, Idole zu produzieren.
Immaterielle Visionen und die von Licht erfüllten Innenräume der Kirchen boten eine Lösung
für das Paradox,

1049 Fine, Steven, (Hrsg.), Sacred Realm. The Emergence ofthe Synagogue in the Ancient World, Oxford: Uni-
versity Press, 1996: 23. *
1050 Siehe oben Kapitel 1. 1, die Berichte der Tcmpelbesuche des Scipio Africanus und einer Amme, Anin.
94 und 95. Zur Zugänglichkeit von Tempeln siehe auch Mylonopoulos, 2011.
1051 Vered Shalev-Hurvitz hat kürzlich vorgeschlagen, eine ideelle Verbindung zwischen den konstanti-
nischen Bauten der Geburtskirche, der Elusa sowie der Grabeskirche und dem Glaubensbekenntnis
von Nizäa zu sehen, das die göttlichen Manifestationen Inkarnation, Auferstehung und Himmelfahrt
nennt: Shalev-Hurvitz, Vered, Holy Sites Encireled: The Byzantine Concentric Churches of Jerusalem,Ox-
ford: University Press, 2015: 191.
1052 Prokop, De aedificiis 1.1.61, Übers, nach Veh (Hrsg.), 1977: 31.
1053 Bspw. Apg. 7.48 und 17.24; Eph. 2.19-22; 1. Kor. 3.16.
Theophanische Bilder, sakraler Raum und der Betrachter 241

Liminalität und Dualität


Die Heiligkeit des Ortes musste sichtbar gekennzeichnet und gegen den weniger heiligen Raum
abgegrenzt werden. Erst dadurch konnte der Raum zum Gefäß für Theophanien werden. Der
christliche Sakralbau gab sich zwar nach außen häufig unscheinbar, in seinem Inneren jedoch
eröffnete sich der gleichmäßig durch Säulen oder Pilaster gegliederte und mit Wandbildern,
Kerzen und Weihrauch angefüllte Idealraum. Dieser Innenraum war wiederum in sich geglie-
dert. Bereits die Ausrichtung auf eine oder drei Apsiden in der Ostwand hierarchisierte den
Raum. Durch die Einbauten von Chorschranken oder gar die Errichtung eines monumentalen
Fastigiums wie in der Lateransbasilika wurde die Grenze zwischen dem Ostabschluss und dem
übrigen Raum noch einmal verstärkt. 0 , 4 Der Raum wurde dualistisch aufgeteilt. Um dieses
Vorgehen zu erklären, soll noch einmal auf die neuplatonischen Theorien zur Herstellung des
Kontakts zwischen menschlicher und göttlicher Sphäre zurückgekommen werden. Die Rheo-
logie der Neuplatoniker exemplifiziert die virulente Problematik spätantiker Religiosität, die
sich durch eine große Distanz der göttlichen von der menschlichen Sphäre auszeichnete. Diese
1054
musste überwunden werden. Eine Lösung bot die dheurgie, 1055 mit deren Hilfe die Göttersta-
tuen zu Gefäßen für die göttliche Präsenz werden konnten, ähnlich wie die Sakralräume zu
einem Gefäß für die Theophanie des christlichen Gottes wurden.
Waren die griechischen Götter in der Frühzeit noch fester Bestandteil der menschlichen
Welt, so zogen sie sich im Verlauf der Antike zunehmend aus dieser zurück.1056 Es entstand so
eine Dualität aus zwei getrennten Sphären. Die Philosophen der Spätantike sahen sich daher
mit dem Problem konfrontiert, die Distanz zwischen Göttern und Menschen aufzuheben und
Wege des Kontakts zwischen beiden Sphären herzustellen. Gleichzeitig fanden jedoch auch
eine Abkehr vom Statuenglauben und eine Hinwendung zu anikonischen Göttervorstellungen
statt.105' Plotin und sein Schüler Porphyrins waren die wichtigsten Verfechter einer Intellektu-
alisierung der Gottesschau Der Kontakt mit den Göttern konnte laut Plotin über die theoria,
das geistige Sehen hergestellt werden. Der Weg zu dieser Erkenntnis führt über die Seele, die
niemals völlig zum Menschen niedersteigt und daher die Möglichkeit besitzt, in die göttliche
1059
Sphäre aufzusteigen.1058 Diese Vorstellung der Welt, in der die Götter nicht einmal zeitweise zur
Erde kommen, sondern lediglich die Seele zu den Göttern aufsteigen kann, vergleicht lambli-
chos mit einer Wüste. 1050 Die Praxis der theoria erfordert allerdings hohe geistige Fähigkeiten,
während die von lamblichos und anderen propagierte theurgia einen Modus der Annäherung
an die Götter darstellt, der weniger geistige Anstrengung erfordert. Die Seele und das Ritual
sind die jeweiligen Methoden der Erlangung der Gottesschau, und beide haben Nachfolge in
der christlichen Praxis gefunden als Ideal des geistigen Sehens und in Form der Liturgie.

1054 Zum Lateransfastigium siehe Bergmeier, 2016.


1055 Hierzu bereits siehe oben Anm. 1 55.
1 056 Johnston, Sarah Iles, „Animating Statues: A Gase Study in Ritual,“ Arethusa 4 1 , 3 , 2008: 445—477, bes.
S. 459-462.
1 0 5 7 Siehe oben Einleitung zu Teil II.
1058 Übersicht über die relevanten Passagen in Plotins Enneaden bei Stock, Wiebke-Marie, „Theurgy and
Aesthetics in Dionysios the Areopagite,“ in: Aesthetics and theurgy in Byzantium, Mariev, Sergei (Hrsg.),
Berlin: De Gruyter, 2013: 13-30, bes. S 15.
1 059 "O/.oic 5s rfjg icpö.q äyioreiac Kai rfj OsoupytKfjg Kotvwviag Oswv rrpöc avOpontong avexipeoie r.onv aikrj rj
öogx, njv rtov KpetvrövcDV ttapovoiav s co rfjg yrjg fLopiCouoa. Ouösv yäp aÄ/.o ksysi ij ött COTtiiKiorai röv
ttspi yfjv rä Osia Kai ort ävOpdwtoig oü rmppiyvmai Kai «c sprj pio< aüroiv scniv ö rfjös rÖTtoc. (lamblichos,
De mysteriis 28.1 1; Places (Hrsg.), 1966. 54).
242 Präsenzerfah run g

Im Bemühen der neuplatonischen Philosophen, die Lücke zwischen göttlicher und irdi-
scher Sphäre zu überwinden, manifestierte sich das Problem spätantiker Religiosität. Die ge-
trennten Sphären mussten verbunden werden. Plotin und sein Schüler Porphyrios setzten sich
für eine geistige Lösung ein, die nicht auf materielle Objekte angewiesen war, denn die Götter
waren fern der materiellen Welt. 1060 Die Schwierigkeit eines solchen geistigen, immateriellen
Ansatzes erkannten jedoch Celsus ebenso wie lamblichos und die christlichen Bildschöpfer, die
Bilder des Göttlichen im Gewand von Visionen schufen. Mit der Schaffung sakraler Räume
hatten die Christen eine weitere Möglichkeit entdeckt, den Riss zwischen den Sphären (zeitlich
und räumlich begrenzt) zu überwinden. Im Gegensatz zu den hypodochai des lamblichos, den
von ihm als „Gefäße“ bezeichneten Statuen, 1061 konnten die Sakralbauten der Christen jedoch
nicht mit Idolen verwechselt werden. 1' "

Diese sakralen Gefäße waren in ihrem Inneren so gegliedert, dass sie die Zweiteilung der Sphä-
ren abbilden konnten. Durch Einbauten wurde der Raum hierarchisiert und sowohl horizontal
als auch in der Längsausrichtung in zwei Teile unterteilt.1063 Die offensichtlichste Trennung
bestand zwischen dem Langhaus und dem Ostabschluss, der häufig durch Schranken gekenn-
zeichnet und durch eine Apsis ausgezeichnet war. Schon in nach-augustäischer Zeit kam die
Apsis vermehrt in den Gebrauch und diente zur Aufstellung von Kult- oder Ehrenstatuen. Im
Collegium der Augustalen in Miseno haben sich beispielsweise die Statuen der Kaiser Titus
und Vespasian bis zu ihrer Entdeckung 1968 in zwei Rechtecknischen links und rechts einer
zenrralen Apsis erhalten. (Abb. 27) Als unmittelbarer Vorgänger christlicher Apsisgestaltung
wird häufig die Apsis mit dem Bild der vergöttlichten Tetrarchen im Kaiserkultraum von Lu-
xor genannt. (Abb. 30) Von diesen antiken Ausstattungsgewohnheiten kann eine Enrwick-
lungslinie zur Gestaltung von Apsiden in christlichen Sakralräumen gezogen werden, denn die
Apsiden waren nun die bevorzugten Bildorte für Theophanisches. Neben Schranken und Ap-
sisbildern konnten auch bewegliche Bildträger wie rhipidia (Abb. 82) den göttlichen Bereich
visuell kennzeichnen. 1064 Robert Ousterhout hat darauf hingewiesen, dass die Wahrnehmung
der byzantinischen Kirchen von Vorstellungen über den Jerusalemer Tempel bestimmt war,
dessen Allerheiligstes ebenfalls vom übrigen Raum abgetrennt war.1065 Diese Zweiteilung des

1060 lamblichos, De mysteriis 28.6-1 1; Shaw, Gregory, „The Soul s Innate Gnosis of the Gods: Revelation in
lamblichean Iheurgy,“ in: Revelation, Literature, and Community in Late Antiquity, Townsend, Philip-
pa; Vidas, Moulie (Hrsg.), Stuttgart: Mohr Siebeck, 2011: 117—130, bes. S. 122.
1061 Johnston, 2008: 462—465.
1062 Ein vergleichbares Konzept wird in der Inschrift über der Tür des Chora Klosters ausgedrückt: H XQPA
TOY AXQPATOY (das Gefäß des Unfassbaren). Abbildung in Underwood. Paul A., The Kariye Djami:
The Mosaics, 4 vols., Bd. 2, New York Bollingen, 1966: 21 Diese Aussage bezieht sich allerdings in
erster Linie auf Matia, deren Bild von der Inschrift begleitet wird, und geht auf den Akathistos Hymnus
1 5.6 (vermutlich Romanos der Melode, sechstes Jahrhundert) zurück (Peltomair, Leena Mari, The Image
ofthe Virgin Mary in the Akathistos Hymn, Leiden: Brill, 200 1 12).
1063 Mircea Eliade weist darauf hin, dass der Heilige Raum kein homogener Raum ist, sondern durch
Brüche und Risse charakterisiert: Eliade, Mircea, Das Heilige und das Profane.Vom Wesen des Religiösen,
Hamburg: Rowohlt, 1957: 13.
1064 Siehe oben Anm. 725 und 726.
1065 Ousterhout, Robert, „NewTemples and New Solomons: Ute Rhetoric of Byzantine Architecture,“ in:
The Old Testament in Byzantium, Magdalino, Paul; Nelson, Robert S. (Hrsg.), Washington: Dumbarton
Oaks, 2010: 223-254, bes S. 233. Zu den visuellen Abgrenzungen des heiligsten Bereichs in spätanti-
ken Synagogen siehe oben Anm. 162.
Theophanische Bilder, sakraler Raum und der Betrachter 243

lempels nutze auch Kosmas Indikopleustes als Analogie für sein Weltmodell Die Abschran-
kungen konnten sogar selbst O r t theophanischer Erlebnisse sein, durch welche die irdische mit
der göttlichen Welt vereinigt wurde. Sie konnten zu Zwischen- oder Schwellenräumen werden,
wie der bereits zitierte Bericht der Vita Euthymii zeigt. In diesem lehnt sich der Sarazene Tere-
bon über die Abschrankung und erfährt auf diese Weise eine göttliche Lichtvision während der
Liturgie des Trishagion. 1066 Chorschranken waren liminale Bereiche die grenzüberschreitende
Handlungen (bspw. die Ausgabe des eucharistischen Brots) oder zumindest die Durchdringung
mit dem Blick zuließen.106
Eine ganz und gar singuläre Visualisierung einer Theophanie im Altarraum befindet sich
seit dem Jahr 2000 im Louvre. 1068 Es handelt sich um ein Bodenmosaik, das vermutlich aus
1070
dem syrischen Raum stammt und 1968 auf dem Antikenmarkt von Beirut auftauchte.1069 (Tf.
36) Abgebildet sind das Bema einer Kirche, darunter ein Hase und Trauben zusammen mit
einer Xpurre ßof|Ot (Christus hilf) Anrufung. Dies könnte eventuell auf eine persönliche Ver-
bindung des Stifters zum Dargestellten hinweisen. Das Bema ist von zwei Säulen gerahmt, an
denen Transennen, Holztüren und Vorhänge befestigt sind. Der Blick ins Innere ist offen und
unverstellt, und der Betrachter erkennt eine Lampe, die über der Stelle des Altars hängt, sowie
weitere Kerzen rechts und links davon. Mittig ist eine von Pauline Donceel-Voüte als „großes
Kissen' bezeichnete Form mit einem Kreuz darauf zu sehen.107" Bei näherer Betrachtung wird
jedoch erkennbar, dass diese Form aus den drei mittigen Kerzen erwächst; die gelbe Farbe
der Kerzen wird zur Rahmung des feurig- roten ovalen Felds. Hier ist also eine anikonische
theophanische Lichterscheinung, wie sie Kyrill von Skythopolis beschrieb und der Trishagion-
Gesang evozieren sollte, dargestellt. Das Kreuz, das auf den Flammen erscheint, kennzeichnet
die nicht-figürliche Theophanie als eine Erscheinung des christlichen Gottes.
Nicht nur Chorschranken, Klapptüren und Vorhänge konnten den sakral am höchsten
aufgeladenen vom weniger sakralen Bereich trennen, sondern auch Bildausstattungen konnten
visuelle Markierungen bilden. Eine solche Hierarchisierung der Raumteile mithilfe von theo-
phanischen Bildern findet sich beispielsweise auf den Stirn- bzw. Triumphbögen der Kirchen S.
Maria Maggiore, S. Paolo fuori le mura, SS. Cosma e Damiano und San Michele in Africisco.
Hier markieren das Tetramorph und weitere Elemente der Offenbarungsvision des Johannes
die Grenze zum Göttlichen. (Tf. 1, 32, 4 und Abb. 90) Die mosaizierten Kuppelfelder der
Kapelle von San Vittore in Ciel d’Oro, des Baptisteriums von Neapel und des Mausoleums der
Galla Placidia werden nach unten hin von Darstellungen des Tetramorphs begrenzt. (Abb. 69,
Tf. 26 und 23) Die Kuppeln selbst zeigen die Epiphanie eines Heiligen beziehungsweise Theo-
phanien in Form des Kreuzes und des Chnstogramms. Ein Vorbild für die Cherubim als Hüter
liminaler Bereiche zwischen göttlicher und irdischer Sphäre ist nicht zuletzt im Cherub zu
sehen, der das Paradiestor bewacht. Ein solcher Cherub mit einem Feuerrad ist auf fol. Iv der

1 066Siehe oben Anm. 285.


1067 Zum Begriff der Liminalität siehe Kern, Margit, „Liminalität,“ in: Kunst-Begriffe der Gegenwart,
Schafaff, Jörn; Schallenberg, Nina; Vogt, Tobias (Hrsg.), Köln König, 2013: 147-151.
1068 Inv. Nr. Ma5093.
1069 Donceel-Voüte, Pauline, Les pavements byzantines de Syrie et du Liban, Court St Etienne: Oleffe, 1988:
76 Anm. 35 und 515 Abb. 461.
1070 Donceel-Voüte, 1988: 514. Der neueste Katalog der byzantinischen Objekte des Louvre geht auf die
Erscheinung im Zentrum der Anlage nicht ein: Giroire, Cecile, „Emergence er diftüsion du christia-
nisme,“ in: L’Orient romain et byzantin au Louvre, Bel, Nicolas; Arveiller-Dulong, Veronique (Hrsg.),
Arles: Actes Sud, 2012: 300-308, bes. S. 302
244 Präsenzerfahrung

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1 16 Vertreibung aus dem Paradies mit Cherub, Wiener Genesis (fol. Iv)

Wiener Genesis neben dem Tor zum Paradies zu sehen, aus dem Adam und Eva gerade vertrie-
ben werden (Gen, 3. 24).1071 (Abb. 116) Das Feuerrad entstammt nicht dem Genesisbericht,
sondern ist offensichtlich aus der Vision des Hesekiel importiert. Diese Trennung der oberen
(göttlichen) von der unteren (irdischen) Sphäre kann für die Spätantike allerdings nur in An-
sätzen beobachtet werden. Erst das mittelbyzantinische Ausstattungsprogramm liefert hierfür
eindeutige Belege.
Eine vergleichbare Trennung der Sphären Endet sich auch im Eheophaniemotiv: Das älteste
erhaltenen Beispiel auf der Holztür von S. Sabina zeigt eine gekrümmte Linie, welche die drei
Personen, Sonne und Mond von der Erscheinung Christi darüber abgrenzt. (Tf. 13) In vielen
Bildzeugnissen ist die Trennung weniger scharf gezogen, allerdings kann sie leicht imaginiert
werden. Die Miniatur des Rabbula Codex beinhaltet einen Bildbereich, der frei gelassen wurde,
so dass an keiner Stelle eine Sphäre in die andere hineinragt. (ff. 8 ) Dies ist ähnlich im Apsis-
mosaik von Sant’Apoll inare in Classe gestaltet, wo die grüne Ideallandschaft herunterschwingt,
um nicht mit der Erscheinung innerhalb der Gloriole in Berührung zu kommen. (Tf. 5) Be-
sonders häufig Endet sich die scharf durchgezogene Linie in den Theophaniebildern der ägyp-
tischen Mönchskloster, beispielsweise in Saal 6 von Bawit. (Tf. 24) Eine'ähnlich prominente
Linie zeigt auch die deutlich spätere Theophanie-Miniatur 19v des Stuttgarter Psalters, die als
Erbe des spätantiken Theophaniebildes gedeutet werden kann. (Abb. 110)
Es ist auffällig, wie prominent in den Miniaturen als auch in der monumentalen Kunst die
Trennung zwischen der Gotteserscheinung und dem übrigen Bildraum formuliert ist. Anders
als bei der Chorschranke handelt es sich jedoch nicht um eine Trennlinie, die überschritten

1071 Zu der ungewöhnlichen Ikonographie des Paradies-Cherubs mit dem Feuerrad siehe Zimmermann,
Barbara, Die Wiener Genesis im Rahmen der antiken Buchmalerei, Wiesbaden: Reichert, 2003: 80.
Theophanische Bilder sakraler Raum und der Betrachter 245

werden kann. Weder die Apsiskonche noch die übrigen höhergelegenen Bereiche sind zugäng-
lich. Die visuellen Markierungen dienen weniger der Verbindung beider Bereiche (Liminali-
tät), vielmehr grenzen sie die zwei Bereiche voneinander ab. Diese Beobachtung korreliert mit
den Erkenntnissen aus der Topographia des Kosmas Indikopleustes, in der die göttliche Sphäre
zwar als gleichzeitig mit, aber doch kategorisch abgegrenzt von der irdischen Welt beschrieben
wird. Diese Zweiteilung der Welt wird in der Theophanie-Miniatur zum Ausdruck gebracht.
Hier wird die Trennung zwischen der gemmengeschmückten göttlichen Katastase und den
darunter befindlichen Engeln und Menschen hervorgehoben. Kosmas bezeichnet die Sphären
(%copa) als dvctyatov Kai Katäyatov, als überirdisch und unterirdisch, wobei Letzteres vermut-
lich das Leben zzw/der Erde meint. Was Kosmas im Text und in den Weltmodellen beschreibt,
sind zwei deutlich voneinander getrennte Bereiche, die von den Menschen körperlich nicht
transzendiert werden können.
Während die körperliche Überschreitung der Grenzen nicht möglich ist, ist die visuelle
Transzendierung beider Raumteile mit dem Blick sehr wohl möglich. Der heilige Bereich, der
durch Bilder, Einbauten und Rituale als solcher gekennzeichnet war, wurde durch Sichtbezie-
hungen Teil des Betrachterraums. Der Besucher sah Visualisierungen göttlicher Visionen vor
und über sich. Die Möglichkeit der Vision, des visuellen Kontakts zwischen beiden Sphären,
hatte Kosmas Indikopleustes in seinem Werk zwar nicht explizit angesprochen, aber sie durch
die zeitliche Parallelisierung beider Sphären denkbar gemacht In den spätantiken Sakralräu-
men wurde dieses Modell dann materialisiert; sie ahmten das Phänomen göttlicher Visionen
nach. Dieser Eindruck ist in Quellen belegt und wurde durch den gezielten Einsatz von Licht
noch verstärkt.
Einen Hinweis darauf, dass die neuen christlichen Sakralräume als Orte des visuellen Kon-
takts zwischen den beiden Sphären und als Materialisierungen des Konzepts göttlicher Visi-
onen verstanden werden konnten, findet sich bei Eusebios. In seiner berühmten Weiherede
auf die Basilika von Tyros (heutiger Libanon) bezeichnet er den Raum als „verständliches ir-
disches Abbild“ (vospav TavtTjv £7ti yfji; eiKOva) des „jenseitigen himmlischen Gewölbes“ (tcöv
ETtSKßtva oupavkov mi/iotov).1072 An anderer Stelle spricht er von der Errichtung des Gebäudes
gemäß der Symbole der himmlischen Urbilder (tfjc tcöv ovpavtmv tüttcov ötä oupßöLcov vaon
KaTaoKEufjg).1073 Diese Aussagen bestätigt die Annahme, dass der Sakralraum die eigentlich
unsichtbare göttliche Sphäre abbildete. Euseb betont in auffälliger Weise den Sehsinn 1074 und
bemerkt schon zu Beginn der Rede, dass früher die göttliche Präsenz (er spricht vom erhobe-
nen Arm und der himmlischen Hand Gottes 10 ’) nur über Erzählungen und Berichte (ovket
ÜKoaig ovöe Ä,6ya>v tpfipat ) zugänglich war, nun aber mir eigenen Augen (anroi; öipOakpov;)
geschaut werden konnte.1076 Von denjenigen Gläubigen, die den Sakralbau bereits von innen
kennen, behauptet Euseb sogar, dass sie die göttliche Vision (0£O7mag) hätten.1077 Mit der Er-
richtung von Sakralbauten änderte sich das Verhältnis der Menschen zur göttlichen Sphäre. Sie
wurde sichtbar. Dieser fundamentale Wandel trat erst zu Eusebs Lebzeiten ein, darum betonte

1072 Eusebius, Hist eccl 10.4.69 (SC 55: 103).


1073 Eusebius, Hist eccl. 10.4.25 (SC 55: 89).
1074 Heyden, 2012: 105.
1075 Diese Formulierung könnte Psalm 136.12 entnommen sein, sie erinnert aber auffallend an alttesta-
mentliche Theophaniebeschreibungen wie der Moses, der von Gott nur den Rücken sehen durfte (Ex.
33.23).
1076 Eusebius, Hist eccl. 10.4.6 (SC 55: 82).
1077 Eusebius, Hist eccl. 10.4.63 (SC 55: 101)
246 Präsenzerfahrung

er die innovative Kraft des Bauwerks,1078 das nun als Materialisierung einer göttlichen Vision
dienen konnte.
Durch diese Hinwendung zu materiellen Formen der Sichtbarmachung des Göttlichen
grenzte sich Euseb von älteren Autoren wie Minucius Felix und Klemens von Alexandria ab,
die sich gegen die Ortsheiligkeit und die Errichtung christlicher Sakralbauten ausgesprochen
hatten. 1079 Ei überwand die Beschränkung der christlichen Fleiligkeitsvorstellungen auf Perso-
nen und bezeichnete den Bau gleich zu Beginn der Rede als „heiliges Haus Gottes“ (äyto<; vaoc
Geox))1080 Damit war der Weg bereitet für die im Verlauf der Spätantike zunehmende Assozi-
ierung des heiligen Raums mit der göttlichen Präsenz. Eine Inszenierungsstrategie, um diese
architektonisch überzeugend abzubilden, war die Dualität des Raums. Bereits Euseb erwähnte
eine hohe hölzerne und verzierte Schranke in der Basilika von Tyros, 1081 die den heiligsten vom
weniger heiligen Bereich trennte und so den Kontakt der Menschen mit der göttlichen Sphäre
simulierte.
Im folgenden Abschnitt soll noch einmal die Problematik der Bilderverehrung untersucht
werden und die Rolle, die die Materialität für die Ablehnung von Bildern durch die Christen
spielte. Ähnlich wie bei den Statuen und Kultbildern der Antike, war die Materialität der Kir-
chenbauten und die in ihnen angebrachten Bilder die Achillesferse dieser Visualisierungsform
des Göttlichen; Assoziationen mit dem Bilderkult mussten vermieden werde. Architektonische
Räume waren der Idolatrie jedoch weit weniger verdächtig als kultisch verehrte Bilder, da ihre
Wände vom heiligen Zentrum abgerückt waren und so der Erscheinung des Göttlichen - durch
Wandbilder, Ritual und Licht evoziert — einen angemessenen quasi immateriellen Raum gaben.

Die Bilderverehrung und die Materialität von Gottesbildern

Eng mit der Visualisierung des Göttlichen ist die Frage nach der Verehrung von Bildern ver-
bunden, denn nur Bilder des Numinosen können verehrt werden. In der Forschung ist sehr
umstritten, ob es überhaupt Formen der Bilderverehrung in der Spätantike gab. Hier soll nun
abschließend gezeigt werden, dass solche existierten. Diese Verehrungsformen wurden mittels
rhetorischer und inszenatorischer Maßnahmen von der Materialität der Bilder getrennt, was
dazu beitrug, dass sie heute nur schwer nachweisbar sind. Der Fülle von Bildern in spätantiken
Sakralräumen steht ein Mangel an Quellen gegenüber, die die Interaktionsformen mit Bildern
darlegen würden. Dies änderte sich am Ende der Spätantike. Die Materialität der Bilder und
die physischen Verehrungsformen drängen stärker in den Vordergrund, was zu einem Rück-
gang des visionären Charakters der Gottesdarstellungen führte, denn diese funktionierten ja
gerade durch die Illusion des Ephemeren und Immateriellen. Diese Entwicklung führte letzt-
lich zur Krise des Bildes in den theologischen Auseinandersetzungen, die als byzantinischer
Ikonoklasmus bekannt sind.
Die Frage nach den frühen Formen der Bilderverehrung ist kontrovers diskutiert worden.
In einem Artikel zur „Frühgeschichte der Bilderverehrung“ aus dem Jahr 1953 legte Johannes
Kollwitz die Widersprüche zwischen der Ablehnung von Bildern und ihrer Verehrung einerseits

1078 Eusebius, Histeccl. 10.4.6 (SC 55: 82).


1079 Siehe oben Anm. 1046.
1080 Eusebius, Histeccl. 10.4.2 (SC 55: 81).
1081 Eusebius, Hist. eccl. 10.4.44 (SC 55: 96).
Theophanische Bilder, sakraler Raum und der Betrachter 247

und den überkommenen materiellen Zeugnissen andererseits dar. 1082 Er stellte fest, dass die
Quellen vor dem sechsten Jahrhundert keinerlei Angaben zu Verehrungsformen machen. 1083
Kollwitz erkennt einen Bruch in der Haltung gegenüber Bildern, die in der Frühzeit des Chris-
tentums der Belehrung dienten und später als „Gegenstände einer höheren Ordnung“ 1084 wahr-
genommen wurden. Ernst Kitzinger hat in einem Aufsatz aus dem Jahr 1954 die wichtigen
Quellen zum Bilderkult in vorikonoklastischer Zeit zusammengetragen. 1085 Hierbei fällt zu-
nächst aut, dass die Quellen aus der nach-justinianischen Zeit des siebten und achten Jahrhun-
derts die spätantiken Quellen an der Zahl deutlich übertreffen. Ähnlich wie Kollwitz, der eine
Veränderung von Lehrbildern hin zu angebeteten Gegenständen konstatierte, stellte Kitzinger
eine konstante Steigerung des Bilderkults von der Spätantike bis in die Jahre um 730 fest
Einen Beleg für den steten Anstieg des Kults erkennt Kitzinger in der sich intensivierenden Ab-
lehnung von Bildern, wie sie in Schriftquellen dokumentiert wurde.1086 Ein bekanntes Beispiel
ist die angedrohte Bilderzerstörung des Bischofs von Marseille, welche Gregor den Großen zu
seiner apologetischen Charakterisierung der Bilder als Hilfsmittel für die des Lesens Unkundi-
gen bewog. 1087
Das Schweigen zu konkreten physischen Verehrungsformen und der generelle Mangel an
Quellen, die sich dem Verständnis von Bildern widmen, hat Leslie Brubaker dazu bewogen,
jegliche kultische Verehrung vor dem siebten Jahrhundert in Frage zu stellen. Lediglich in den
frühen apologetischen Quellen gäbe es noch Berichte, die die Verehrung von Bildern gemäß
paganen Riten schildern.1088 Aus den folgenden 400 Jahren seien hingegen keine Quellen mehr
überliefert. Erst im Zuge der zunehmenden Heiligenverehrung im letzten Drittel des siebten
Jahrhunderts sei der Bilderkult aufgekommen.1085 Brubaker und Haldon räumen hingegen ein,
dass die Acheiropoieta, die nicht von Menschenhand gemachten Bilder, in der zweiten Hälfte
des sechsten Jahrhunderts die ersten Bilder gewesen seien, die Kultstatus erlangt haben: das
Mandylion von Edessa, die Ikone von Memphis und das Kamouliana-Bild. Laut Brubaker und
Haldon habe es hinsichtlich der Biiderverehrung keine nahtlose Kontinuität der vor-konstan-
tinischen und der christlichen Epochen gegeben, auch wenn Bilder Christi, Mariae und der
Heiligen seit dem vierten Jahrhundert durchaus belegt sind. 1090 Diese bezeichnen Brubaker und
Haldon als ex-voto-Bilder. Charles Barber vermerkt in Figure and Likeness ebenfalls, dass es vor
dem frühen siebten Jahrhundert keine Hinweise auf Verehrungspraktiken gäbe.10’1 Der Beweis
für die Auffassung, es habe zwischen den Ende des dritten Jahrhunderts und dem siebten Jahr-
hundert keine kultischen Verehrungsformen gegeben, ist jedoch weitgehend ein argumentum ex

1082 Kollwitz, 1953.


1083 Kollwitz, 1953: 8. Erst die Quellen ab dem sechsten Jahrhundert machen mehr Angaben zu konkreten
physischen Verehrungsformen (Kollwitz, 1953: 9 Anm. 33).
1084 Kollwitz, 1953: 1 1.
1085 Zu den wichtigsten spätantiken Quellen: Kitzinger, 1954, bes. S. 88—95.
1086 Kitzinger, 1954: 129-134.
1087 Kitzinger, 1954- 132.
1088 Brubaker; Haldon, 201 1: 36. Ein Beispiel hierfür sind die apokryphen Akten des Johannes (3. Jh.?),
in denen von der Verehrung eines Heiligenbildes des Johannes berichtet wird. Dieses war bekränzt,
umgeben von Leuchtern und darunter befand sich ein Altar. Siehe hierzu Thümmel, Hans-Georg, Die
Frühgeschichte der ostkirchlichen Bilderlehre, Berlin: Akademie Verlag, 1992: 42f.
1089 Brubaker; Haldon, 2011: 61.
1090 Brubaker; Haldon, 201 1: 36
1091 Barber, Charles, Figure and Likeness: On the Limits of Representation in Byzantine Iconoclasm, Princeton:
University Press, 2002.
248 Präsenzerfahrung

silentio und als solches wenig belastbar Es wäre auch zu fragen, welchen Ursprungs die neuen
Formen des Umgangs mit Bildern im siebten Jahrhundert waren. Hätten die alten Formen der
Bilderverehrung die Spätantike überlebt, so hätten sie sich leicht bis zum Ausbruch des Ikono-
klasmus intensivieren können, um schließlich als problematisch angesehen zu werden. In der
Tat haben sich einige Quellen erhalten, die genau dies nahelegen
Trotz der weitgehenden Absenz von Quellen zur kultischen Bilderverehrung existieren doch
einige, die die Existenz von sakralen Bildern vor dem Ende des siebten Jahrhunderts belegen.
In einem Brief schlägt Eusebius von Caesarea ( t 340) der Kaiserin Konstantia die Bitte um eine
Ikone ab.1092 Theodoret von Kyrrhos (t um 466) berichtet von Bildern Symeons des Styliten (t
459) in Rom noch zu dessen Lebzeiten. 1093 Archäologisch lässt sich nachweisen, dass zumindest
im privaten Bereich Bilder existierten, die verehrt werden konnten. Zu den seltenen erhaltenen
Beispielen zählen die jüngst bei Ausgrabungen in Jerusalem entdeckten Miniatur-Ikonen in
Schiebekästchen 1094 und das Wandbild des Flauses D von Kom el-Dikka, das eine thronende
Maria mit dem Christuskind flankiert von einem Engel zeigt. 1 " (Abb. 1 17) Thomas Mathews
und Norman Muller kritisieren den Fokus der Forschung seit Kitzinger auf den Bilderkult
im Sakralraum und treten stattdessen für eine Verschiebung der Aufmerksamkeit zum häus-
lichen Bereich hin ein. 1096 Abgeleitet von den antiken häuslichen Praktiken (u.a. Larenschrei-
ne) vermuten die beiden Forscher hier den Ursprung der Ikonenverehrung.109 Des Weiteren
existieren frühe Quellen, die auf die Verehrungspraxis eingehen. In seiner Historia ecclesiastica
berichtet Eusebius von Bildern Christi und der Apostel, die nach heidnischem Brauch verehrt
worden seien (nap' eauxotq toutov Ttpäv süoOötiov töv Tpörtov).1098 Von Epiphanius von Sala-
mis (f 403) ist die Aussage überliefert, dass „wenn Bilder aufgestellt werden, die Cewohnheiten
der Bevölkerung ihr Übriges tun. 1099 Sowohl die archäologischen Funde als auch die Quellen
legen somit eine Kontinuität paganer Kultpraxis in der Spätantike nahe.

1092 Eusebios, Brief an Konstantia. Engi. Übers, in: Mango, Cyril, The Art ofthe Byzantine Empire, 312—
1453. Sources and. Documents, Englewood Cliffs, 1972: 16-18. Zu den Zweifeln an der Echtheit dieses
und anderer vorikonoklastischer Texte siehe Speck, Paul, Ich biris nicht, Kaiser Konstantin ist es gewesen.
Die Legenden vom Einfluß des Teufels, des Juden und des Moslem auf den Ikonoklasmus, Bonn: Habelt,
1990: 33 Anm. 30.
1093 Theodoret von Kyrrhos, Historia religiosa 26 (PG 82, 1473A).
1094 http://www.antiquitics.org. il/Articlc_eng.aspx?scc_id=25&sub|_id=240&id= 1877&hist= 1 (Stand: 19.
06. 2017)
1095 Rodziewicz, Mieczyslaw, Les habitations romaines tardives dAlexandrie ä la lumiere desfouilles polonaises
ä Köm el-Dikka, Warschau: Editions scientifiques, 1984: 124; Mathews, 'Thomas F.; Muller, Norman,
„Isis and Mary in Early Icons, in: Images ofthe Mother of God. Perceptions ofthe Theotokos in Byzantium,
Vassilaki, Maria (Hrsg.), 2005: 3-12, bes. S. 4.
1096 Mathews; Muller, 2005: 3.
1097 Siehe zu den frühen Formen häuslicher Bilderverehrung auch Effenberger, Arne, „Maria als Vermittle-
rin und Fürbitterin - Zum Marienbild in der spätantiken und frühbyzantinischen Kunst Ägyptens,“ in:
Presbeia Iheotokou. The Intercessory Role of Mary Across Times and Places in Byzantium, Peltomaa, Lee-
na Mari; Külzer, Andreas; Allen, Pauline (Hrsg.), Wien: Österreichische Akademie der Wissenschaft,
2015:49-108, bes. S. 66f.
1098 Eusebios von Caesarea, Historia ecclesiastica 7. 18.4 (SC 4 1 : 192) .
1099 Srr|oavTE<g [...] rag eiKÖvag rat rcöv eOvcöv sOq Aotaöv aotoüot. Epiphanius von Salamis, Panarion ad-
versus haereses 27.6.10 (GCS 25, Karl Holl (Hrsg.), Ancoratus und Panarion, Bd. 1, Leipzig: Hinrichs,
1915: 311). Zur Problematik der Authentizität der Zitate des Epiphanius von Salamis, siehe Brubaker;
Haldon, 2011: 46f. Es scheint jedoch plausibel, dass Epiphanius den Bildern kritisch gegenüber stand.
Theophanische Bilder, sakraler Raum und der Betrachter 249

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517 Thronende Maria mit Christuskind, Wandbild des Hauses D von Kom el-Dikka

Eine sehr wichtige frühe Quelle für die Bilderverehrung sind die Akten der Synode von Elvira
(um 306). Der 36. Kanon dokumentiert ein erstaunlich frühes offizielles Bilderverbot: „Es
soll keine Bilder in der Kirche geben, damit nicht das was verehrt und angebetet wird, auf
*
die Wände gemalt wird.“ 1100 Bemerkenswert ist hieran, dass sich dieses Verbot speziell auf den
Kirchenratim bezieht und sogar der Bildträger - die Wand - explizit genannt wird. Dies mag
nun entweder bedeuten, dass es zu jener Zeit keine portablen Bilder in Kirchen gab, die man
hätte verbieten müssen, oder aber der Bildfrager auf Ablehnung stieß. Bevan hat aufgrund die-
ser die Wand betonenden Formulierung vermutet, dass man, in Anbetracht der Zerstörungen
während der Zeit der Christenverfolgungen, die Bilder der ewigen religiösen Inhalte nicht auf
Bildträgern sehen wollte, die so leicht vergänglich waren. 1101 Diese Deutung steht im Einklang
mit vielen Aussagen der Apologeten und Kirchenväter zur Materialität von Bildern Gottes.

] 100 „Placuit, picturas in ecclesia esse non debere; ne qnod colitur et adoratur, in parietibus depingatur.“
(Mansi, Joannes Dominicas, Sacrorum conciliorum nova et amplissima collectio,53 vols.. Bd 2, Graz:
Akademische Verlagsanstalt, 1960 [Nachdruck der Ausgabe Paris: Welter, 1901]: 11)
1101 Bevan, Edwyn, Holy Images: An Inquiry into Idolatry and Image-worship in Ancient Paganism and in
Christianity, New York: AMS Press, 1979 [Nachdruck der Ausgabe London: Allen and LJnwin, 1940]:
1 15f
250 Präsenzerfahrung

Eine Durchsicht der Quellen ergibt, dass es gerade die Materialität von Götterbildern und
die unwürdige Weise ihre Entstehung durch Menschenhände waren, die die Apologeten und
Kirchenväter am meisten beunruhigten." 0*’ Das zweite Gebot spielte eine untergeordnete Rol-
1102
le.1103 Die einzige prominente Ausnahme von dieser antimateriellen Rhetorik ist Jertullian,
der jegliche Bilder ablehnt und sich hierfür explizit auf das alttestamentarische Bilderverbot
beruft. Er führt aus, dass Gott jegliche Bilder, die abbilden, was im Himmel, auf Erden und im
Wasser ist, untersagt habe. 1104 Im Allgemeinen scheint die Ablehnung der Bilder jedoch darauf
zu zielen, jegliche Gemeinsamkeit mit den antiken Götterbildern und ihren Verehrungsfor-
men zu vermeiden. Den Theologen ist daher daran gelegen, einen kritischen und bewussten
Umgang mit den Bildern zu fordern. Von neuplatonischem Gedankengut beeinflusst, beton-
ten sie die anagogische Eigenschaft von Bildern und verwiesen darauf, dass Bilder den Geist
der Berrachter zu einer höheren Erkenntnis führen konnten. E)ies belegt beispielsweise eine
Schrift des Hypatios, Bischof von Ephesos (um 531-538), der Bilder und bebilderte Objekte
in Kirchenräumen als Hilfsmittel charakterisiert, um den Geist zur höheren Wahrheit Gottes
emporzuheben. 1105 Kürzlich hat Sergei Mariev aber auf mögliche ikonophile Interpolationen in
1108
1107
diesem Text hingewiesen. 1106 Bezüglich der anagogischen Funktion von Bildern ist er jedoch zu
dem Schluss gelangt, dass hierin pseudo-dionysisches Gedankengut steckt und dieser Teil der
Schrift weitgehend auf das sechste Jahrhundert zurückgeht. 10 Ähnliche Gedanken sind auch
bei Pseudo-Dionysios" 08 ausgedrückt, der schreibt: „Nun aber gebrauchen wir, soweit es uns
möglich ist, für das Göttliche geeignete Symbole, erheben uns von diesen wiederum unserer
Fassungskraft angemessen zur einzigen und geeinten Wahrheit der intelligiblen Schauting.

1102 Bspw. Arnobius 6.14.16 und Justin Märtyrer, 1. Apologie 9.1—5. Siehe hierzu Grigg, 1976. 431; Scheer,
2001: 36—42. Siehe auch Geffcken, 1919 und oben Kapitel II. 1. und Anin. 396.
1103 Grigg, 1976: 28.
1104 „Idolum tarn fieri, quam coli. Deus prohibet, Quanto praecedit ut fiat quod coli possit. tanto prius
est, ne fiat, si coli non licet. Proprer hanc caussarn, ad eradicandam scilicet tnateriam idololatriae, lex
divina proclamat: Ne feceris idolum. Et conjungens, neque similitudinem eorum quae in coelo sunt,
et quae in terra, et quae in mari. Toto mundo eiusmodi artibus interdixit servis Dei. Antecesserat prae-
dicens Enoch omnia elementa, omnern mundi sensum quae coelo, quae mari, quae terra continentur,
in idololatriam versuros daeinonas et Spiritus desertorum angelorum, ut pro Deo adversus Dominum
consecrarentur.“ Tertullian, De idolatria 4 (PE 1: 665C-666A).
1105 Siehe oben Anm 1044. Text und engl. Übers. Alexander, 1952, bes. S. 178. hingst hat Nadine Schi-
bille die byzantinische Sinneswahrnehmung in der Hagia Sophia untersucht und nochmals bestätigt,
dass die Gestaltung dieses Raums in einmaliger Weise neoplatonische Konzepte wiederspiegelt, die die
materielle Welt nur dazu nutzen, den Geist zur Ebene des Göttlichen emporzuheben (Schibille, Nadi-
ne, Hagia Sophia and the Byzantine Aesthetic Experience, Burlington: Ashgate, 2014: lf.). Patricia Cox
Miller hat die Anleitung zu geistigen Erkenntnissen durch materielle Objekte in ihrem Buch Corporeal
Imagination ausgeführt: Sie beschreibt, wie die materielle Kultur entgrenzt und dadurch die spirituelle
Vision befördert wurde. Cox Miller stellt fest, dass materielle Objekte wie Ikonen, Reliquien und die
Körper von Heiligen dazu dienten, die nicht sichtbare spirituelle Welt zu entschlüsseln (vgl. Cox Miller,
2009: 9).
1106 Mariev, 2014.
1107 Mariev, 2014: 136.
1 108 Nvv 8e, tög qptv eipiKiöv, otKsioic; psv sic rot Oeia ovpß6A.otc xpoqteOa. kük tovtcov avOtg ezti rqv dn/.qv
Kai qvcopEvqv rtbv voqztöv Ocapdroiv äXijOEiav ävaXöytog ävarsivöpeOa. (Pseudo -Dionysios, De Divi-
nihus nomibus 1.4; PG 3: 592C; Übers, nach Suchla (Hrsg.), Stuttgart: Hiersemann, 1988- 25.) Siehe
auch Kapitel 2 von Pseudo-Dionysios’ De caelestia hierarchia (PG 3: 136D- 145C).
Theophanische Bilder, sakraler Raum und der Betrachter 251

Besonders eindrücklich hat Klemens von Alexandria die Abkehr von der sichtbaren Bild-
oberfläche bei seiner Aufzählung christlicher Motive für Siegelringe exemplifiziert. Auch hier
soll sich der Betrachter geistig von der materiellen Repräsentation entfernen, um ein inhaltsrei-
cheres Bild zu erhalten. Als eines der Beispiele nennt Klemens das Motiv des Anglers, das auf
die läute verweisen soll.' ' 11 Das materielle Perzept wird umgangen zugunsten einer immateriel-
len geistigen Vision, so dass das richtige Bild erst als mentales Bild im Geist des Betrachters ent-
steht. Eusebios bezeichnet die Statue eines Hirten in Konstantinopel als mmßo/.ov. 111'1 Basilius
von Gaesarea erklärt in einer christologischen Erläuterung zum Verhältnis von Vater und Sohn,
1110
1109
dass sich die Verehrung eines Abbildes aut dessen Urbild beziehe. 1111 An anderer Stelle bemerkt
er konzis, dass die geistige Vision (tqv ev lIvEijpati Oscopiav) der eigentliche Ort der wahren
Anbetung war. 111’ Ein weiteres Beispiel dafür, dass die sichtbare Welt den Geist zu der nicht-
sichtbaren Sphäre emporführt, ist in der bereits zitierten syrischen Wechselrede erhalten. In
dieser empfiehlt ein Mönch in Anlehnung an die Kaiserbilder die Nutzung von (literarischen)
Visionsbildern zur Evozierung geistiger Visionen.1113 Schließlich findet sich eine Diskussion
dieser Wahrnehmungsform auch bei Augustinus, der in De civitate Dei bemerkt, dass Gott in
seiner Substanz dem Menschen stets unsichtbar bleibt, es aber gewisse Anzeichen (indiciis) gibt,
die Gott in der Vermittlung durch irdische Dinge sichtbar machen.1114
Eine Strategie zur Entmaterialisierung von Bildern bestand auch in der Relativierung des
Sehsinns. In der Entwertung des physischen Sehens kann eine Form der Entmaterialisierung
der wahrnehmbaren Welt erkannt werden. Berühmt sind die Ausführungen Augustinus’ im
zwölften Buch seines Werks über den Wortlaut der Genesis, in der er die geistige X ision über die
körperliche stellte.1115 Diese Äußerungen sind Teil einer breiteren Tendenz der Abwertung der
Sinneswahrnehmung, die von Robert Hauck in einem Artikel ausführlich diskutiert wurde. 1116
Ein Beispiel hierfür findet sich bei Gregor von Nyssa, welcher den Sinneswahrnehmungen ge-
nerell die Fähigkeit zur Erkenntnis des Göttlichen abspricht: Weder der Seh- noch der Hörsinn,
noch der menschliche Geist seien in der Lage das Göttliche (toi) 0£oü Oscopla) zu erfassen.1117
Archäologische Zeugnisse und Quellen lassen erkennen, dass man auch durch die räum-
liche Entrückung der Bilder in die zweidimensionale Sphäre und in die Höhe den Bildern
ihre haptische Materialität nehmen und Verehrungspraktiken nach paganem Muster unter-

1109 Siehe oben Anm. 403.


1110 Eusebios von Caesarea, De vita Constantini 3.49 (FC 83: 368)
1111 Atott f] rqg etKOVog rtpq eiti tö itpcororUTtov ötaßaivsi. (Basilius von Caesarea, De spiritu sancto 45; FC
12:210).
1112 Basilius der Große, De spiritu sancto 62 (FC 12: 264).
1113 Syrische Wechselrede 10—14 (Guy, 1962: 234).
1114 „[...] et persona ipsius Dei, non quidem per suam substantiam, quae semper corruptibilibus oculis
invisibilis pennanet, sed certis indiciis per subiectam creatori creaturam visibiliter appareret/7 „Und
hierbei geschah es, dass auch die Person Gottes selbst, freilich nicht in ihrer, sterblichen Augen stets
unsichtbar bleibenden Beschaffenheit, sondern in gewissen Anzeichen sichtbar wurde, wobei die dem
Schöpfer unterworfene Schöpfung die Vermittlerin zu machen hatte.“ (Aug. De Civ. Dei 10. 15. Übers,
nach Perl (Hrsg.), Paderborn: Schöningh, 1979: 647).
1115 „Tria visionuni genera occurrunt: unum per oculos, quibus ipsae litterae videntur, alterum per spirituni
hominis quo proximus et absens cogitator; tertium per contuitum mentis, quo ipsa dilectio intellecta
conspicitur.“ (Augustinus, De genesis ad litteram 12.6.15; CCSL28: 387).
1116 Hauck, Robert J., ,„They Saw What They Said They Saw‘: Sense Knowledge in Early Christian Pole-
mic,“ The Harvard Iheological Review 81, 3, 1988: 239—249.
1117 Gregor von Nyssa, De vita Moysis 2.157 (SC 1: 206).
252 Präsenzerfahrung

binden wollte. Nicht zufällig griffen spätantike Raumgestalter auf das Medium der Mosai-
ken zurück, die im Unterschied zu den Statuen zweidimensional und diaphan waren. 1" Die
Christen brachten damit die von den antiken Philosophen eingeleitete Entwicklung weg von
den dreidimensionalen Statuen zu ihrem konsequenten Abschluss. Es ist wahrscheinlich, dass
man, um den Bildern jeglichen Anschein paganer Verehrungsformen zu nehmen, sie bewusst
in höheren Raumregionen platzierte. Paulinus von Nola beschreibt sogar die Körperhaltung,
die nötig ist, um die über Augenhöhe angebrachten Bilder zu betrachten: Sie sollen den Kopf
zurückneigen, um den Geist mit dem Bild zu füllen. 1110 Für diese Verehrungspraxis lassen sich
weitere Beispiele finden, etwa bei Prudentius (t um 410), der im neunten Hymnus des Periste-
phanon beschreibt, wie er ein Bild des Heiligen Cassianus oberhalb dessen Schreins betrachtet.
1120
Er kniet davor nieder, verehrt den Heiligen mit dem Blick auf sein Bild und erfährt eine
höchst emotionale Reaktion Bei Gregor von I ours werden beide Betrachtungsweisen genannt.
Er berichtet von jungen Mädchen, die zu den Bildern auf den Wänden aufblicken {suspiciebant
picturas parietum) und den Bildschmuck des Grabes des Heiligen Martin eingehend inspizie-
1120
1119
1118
ren {rimabantur ornamenta beati sepulchri). 1121 Dies sei lasterhaft, bemerkt Gregor und es ist
wahrscheinlich, dass er damit das Anstarren der Bilder des Grabes meint, nicht das Aufblicken
zu den Wandbildern. Weniger problematisch empfand Paulinus von Nola die Intensität des
Betrachtens und instruierte die Besucher seines Pilgerkomplexes in Cimitile, die Bilder intensiv
zu betrachten. 1122 Noch während der zweiten ikonoklastischen Phase (814—842) dokumentiert
ein Brief der bilderfeindlichen Kaiser Michael II. und seines Sohns Theophilos an Ludwig den
Frommen, dass die Praxis des Anbringens von Bildern in den oberen Regionen von Kirchen
{in sublimioribus locis) durchaus den erklärten Zweck verfolgen konnte, sie den paganen Ver-
ehrungspraktiken zu entziehen {ne adorarentur),1123 Diese Auffassung der Ikonoklasten bezeugt
auch noch Photios.1124
Brenk bezeichnet die spätantiken Verehrungsformen, die sich von den paganen physischen
Interaktionsformen mit den Bildern unterschieden als „visuelle Verehrung“,1125 lässt aber offen,
wie diese genau ausgesehen habe. Es spricht allerdings einiges dafür, dass es sich weniger um
die „Autopsie“ eines Bildes im Sinne moderner Bildbetrachtung handelt, und vielmehr um ein
schweifendes Erfassen von Bildern in der Bewegung. 1126 Diese Form der Wahrnehmung hätte
den Vorteil, dass sie einerseits das einzelne Bild in seiner materiellen Erscheinung nicht über-

1118 Zur Entrückung des Gottesbildes mit visuellen Mitteln siehe oben Kapitel II.2.
1119 .]colla, reclinato dum perlegis omnia uultu./ qui uidet haec uacuis agnoscens uera figuris/ non uacua
fidam sibi pascit imagine mentem.“ (Paulinus, Carmen 27.513-515; CSEL 30: 285).
1120 Prudentius, Peristephanon,9. Hymnus (Lavarenne (Hrsg.), Paris: Beiles Lettres: 1951. 99f).
1121 Gregor von Tours, Historia Francorum 7.22 (Arndt, Wilhelm (Hrsg.), Hannover: Hahn, 1885; 303).
1122 Paulinus, Carmen 27.51 1-515 (CSEL 30: 285).
1123 Brief der Kaiser Michael II und Theophilos an Ludwig den Frommen (824) {Monumenta Germaniae
Historica, Leges, Inde ab anno Christi quingentesimo usqueadannum millesimu'm et quingentesimum, Bd.
3.2.2 Hannover: Hahn, 1908: 475-480, bes. S. 479; engl. Übers, bei Mango, 1972: 158).
112.4 Photios, Homilie 16.3 (Mango, Cyril, The Homilies of Photius Patriarch of Constantinople, Cambridge:
Harvard University Press, 1958: 244-278; zitiert in Gwynn, David M., „From Iconoclasm to Arianism.
The Construction of Christian Tradition in the Iconoclast Controversy,“ Greek, Roman, and Byzantine
StudiesAT, 2007: 225-251, bes. S. 248.
1125 Brenk, 2010: 86 und HO.
1126 Zu Formen des kinetischen Sehens in der Bewegung siehe den Sammelband Ganz, David; Neuner,
Stefan, (Hrsg.), Mobile Eyes. Peripathetisches Sehen in den Bildkulturen der Vormoderne, München: Fink,
2013.
Theophanische Bilder, sakraler Raum und der Betrachter 253

bewerten würde und gleichzeitig die Möglichkeit spiritueller Vision, das heißt einer geistigen
Erweiterung des Gesehenen, erlauben wurde. Ekphrastische Texte legen genau dies nahe. Die
Beschreibung des Innenraums der Hagia Sophia durch Prokop gibt eine Art des Sehens wieder,
bei der in der Bewegung die Gesamtheit des Raums visuell erfasst wird:
All diese Bauglieder [...] leihen dem Werk eine einzigartige, ganz ausgezeichnete Harmonie, lassen
aber das Auge des Betrachters nicht lange an einer Stelle, sondern jeder Einzelteil zieht den Blick ab,
um ihn schnellstens auf sich zu lenken. Rasch wandert unausgesetzt das Auge hin und her, da sich
der Betrachter nicht im Stande fühlt auszuwählen, was er mehr von all dem anderen bewundern
soll. Indessen mögen die Menschen auch so nach allen Seiten hin ihr Augenmerk richten und voll
Staunen über alles ihre Brauen zusammenziehen, es übersteigt doch ihre Kräfte, die Kunst ganz zu
verstehen, und so entfernen sie sich stets von dort ganz benommen von der überwältigenden Größe
des Eindrucks.1127

Eine ähnlich bewegte und ephemere Wahrnehmungsform beschreibt Chorikios in seiner Ek-
phrasis von Hagios Sergios in Gaza.1128 Die Hagia Sophia ist besonders darum ein eindrückli-
ches Beispiel, weil in ihr die Materialität und die ikonische Ausstattung soweit reduziert wur-
den, dass der Eindruck eines immateriellen, lichterfüllten Raumes entstand. 1129 (Abb. 1 13)
Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass in der Spätantike rhetorische und raumar-
chitektonische Maßnahmen ergriffen wurden, um den Bildern des Göttlichen ihre Nähe zu pa-
ganen Idolen zu nehmen. Zu diesem Zweck war man bemüht, die Materialität der christlichen
Bilder zu minimieren und dadurch die physischen Verehrungsformen zu unterbinden. Bereits
im 36. Kanon der Synode von Elvira wird deutlich, dass der materielle, vergängliche Bildträger,
die Wand, auf Ablehnung stieß, nicht die Bilder selbst. Die Unwürdigkeit der Materialität
von Kultbildern war denn auch der primäre Kritikpunkt von Apologeten und Kirchenvätern.
Daneben führten die Christen antike philosophische Traditionen fort, die das Dargestellte re-
lativierten und als anagogischen Verweis auf eine höhere Realität verstanden.
Trotz der ablehnenden Haltung muss davon ausgegangen werden, dass auch in der christli-
chen Spätantike weiterhin Bilder existierten, die das Göttliche darstellten und kultisch verehrt
werden konnten. Diese Praktiken beschränkten sich allerdings auf den häuslichen Bereich,
unter anderem, weil in den Kirchen Bilder nur in den oberen Raumzonen angebracht wurden,
was lediglich eine „visuelle Verehrung“ zuließ. Mit diesem Begriff hatte Brenk die Verehrungs-
formen in spätantiken Sakralräumen beschlieben. Nur wenige Quellen lassen eine Präzisierung
der Vorstellung spätantiker Verehrungsformen zu. Es spricht einiges dafür, dass die Bilder in
der Bewegung wahrgenommen und mit dem Sakralraum mitsamt seiner Ausstattung und sei-
nem Licht als Gesamterlebnis empfunden werden sollte; nicht in der frontal-musealen Schau,
die die kultische Verehrung förderte. Dann unterscheiden sich die spätantiken Praktiken in

1 127 raßra 8s Ttctvra . . . piav jjev äpuoviav EK7tp£JiECTrdrr]v roß spyov noioßvrat, oß Ttapryovrai 8e roig
0£(Ü|lEVOiq aÜTfflV TIVl E|l(piXo%COp£lV ETti TtoXi) TT]V öiptv, äÄ/.ü [ieOeXkei töv ÖipOakpÖV EKaOTOV, Kai
peraßißd Ei paora stp Eauto. dyyiorpotpö rs r] rfjg 0saq pcTaßoXf] i:z äst ytyvErai. aitoV aaOai
roß soopmvTog oüSapfj cyovroq ö ti av tote äyaaOr.ii] päzkov rröv äZkcov äirccvTcov. a'ZAü Kai 6>q
aaooKOTtouvTEt; navrayooE röv voßv, ras te ötppßi; äri aaoi cniwevstiKÖtEi;, ouy otoi rs siot uvetvat
rfjg reyvip;, dXV äitaÄAdcraovTai äei sv0evöe Kara7t£7t/.r]yp£voi rrj £<; rf]v öiptv appyavia. (Procopius,
De aedificiis, 1.1.47—49; Text und Übers. Veh (Hrsg.), München: Heimeran, 1977: 26f.) Der Text der
Ekphrasis ist ebenfalls abgedruckt bei Friedländer, Paul, Johannes von Gaza und Paulus Silentiarius.
Kunstbeschreibungen justinianischer Zeit, Leipzig: Teubner, 1912: 226-266.
1 128 Chorikios, Laudatio Marciani 1.23 (engl. Text in Mango, 1972: 61).
1129 Grobe; Hauck: Noback, 2010, bes. S. 108.
254 Präsenzerfahrung

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Sakralräumen von der späteren orthodoxen Liturgie.11,0 Zusammenfassend sollte der Mangel
an (kritischen) Aussagen nicht auf das Fehlen jeglicher Verehrungsformen zurückgefiihrt wer-
den. Dort wo Bilder des Göttlichen existierten, konnten diese auch verehrt werden. Jedoch die
rhetorischen, philosophischen und inszenatorischen Maßnahmen ließen die Bilder und die mit
ihnen interagierenden Betrachter nicht in die Nähe der Idolatrie rücken.
1 130 Zu den rnittelbyzantinischen Bildverehrungsriten siehe Mathews, Thomas F., „The Sequel to Nicaea
II in Byzantine Church Decoration,“ Perkins Journal of lheology 41, 3, 1988 11—21; Barber, Charles,
„From 'Transformation to Desire: Art and Worship alter Byzantine loonoclasm,“ The Art Bulletin 75, 1,
1993:7-16.
Thcophanische Bilder, sakraler Raum und der Betrachter 255

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119 Kreuzigung, Apsisstirnwand, S. Maria Antiqua, Rom

In den folgenden Jahrhunderten lösten sich diese Strategien der Entmaterialisierung auf
und es fand ein Wandel in den Verehrungsformen statt. Besonders sichtbar ist das Ahsen-
ken der Bilder bis kurz über den Boden der Sakralräume, für das die Freskoausstattung von
S. Maria Antiqua ein frühes Beispiel bildet. (Abb. 118) Flier sind die Bilder in die unterste
Raumzone herabgekommen und befinden sich teilweise auf Augenhöhe mit dem Betrachter.
Gleichzeitig ist an der Ostwand eine Komposition dargestellt, die zwar von ihrem formalen
Aufbau und einigen Bildelementen an spätantike Visionsdarstellungen auf den Ostwänden
der Kirchen erinnert, aber deren zentrales Motiv entschieden in eine neue Richtung geht. Das
Bild der historischen Kreuzigung hat hier die thcophanische Erscheinung Gottes ersetzt. 11,1
(Abb. 1J9) Berichte wie der in den Miracula von Kosmas und Damian bestätigen, dass am
Ende der Spätantike die Bilder in ihrer Materialität stärker erfahrbar wurden: flier kratzt eine
Frau den Putz eines Freskos der fleiligen ab, und löst ihn in Wasser, um so den Heiligen nä-
1131
herzukommen. 1132 Je mehr nun physische Verehrungspraktiken in den Bereich der Sakralräume
eindrangen und die Bilder in die räumliche Nähe zum Betrachter rückten, desto mehr nahm
die Illusionskraft des Visionären ab.

1131 Ausführlicher hierzu Bergmeier, 2014b.


1 132 Miracula Cosmae et Damiani 15 (Festugiere (Hrsg.), 1971: 130).
256 Präsenzerfahrung

Epilog; Der byzantinische Ikonoklasmus


Ein kurzer Blick auf den byzantinischen Ikonoklasmus soll genügen, um zu zeigen, dass sich
das spätantike Modell der Visualisierung des Göttlichen in Form von Visionsbildern über-
lebt hatte. Die bilderkritischen Reaktionen des achten und neunten Jahrhunderts machen die
kreative Leistung sichtbar, mit denen es den spätantiken Bilderschöpfern und Theoretikern
über Jahrhunderte gelungen war, Visualisierungen des christlichen Gottes zu legitimieren. An
dieser Stelle soll nicht versucht werden, neue Ergebnisse zu den Ursachen des Ikonoklasmus
zu finden, sondern lediglich zu betonen, dass neben vielen anderen Ursachen die gewandelten
Verehrungsformen von Bildern des Göttlichen den zentralen Kern der Auseinandersetzung
bildeten. Damit ging das Versagen der visuellen Strategien der Sichtbarmachung des Göttli-
chen mittels theophanischer Visionen einher. Der Ikonoklasmus bildet damit den Abschluss
einer Entwicklung für das das erste Konzil von Nikaia die theologischen Grundlagen geliefert
hatte. Bereits den Theologen des achten Jahrhunderts war bewusst, dass die Krise des Bildes der
Kulminationspunkt einer Entwicklung war, die mit der Auseinandersetzung der Arianer und
Orthodoxen im frühen vierten Jahrhundert begonnen hatte. Dies wird darin deutlich, dass sich
Ikonoklasten und Ikonodulen gegenseitig des Arianismus beschuldigten. 1 ' Auch wenn - oder
gerade weil - die Logik hinter diesen Anschuldigen wenig belastbar ist - keine der Parteien ver-
trat wirklich arianische Ansichten - wurden hiermit doch das anti-arianische erste Konzil von
Nikaia (325) und das ikonophile zweite Konzil von Nikaia (787) als zwei Fixpunkte gegenüber-
gestellt Nikaia I verhandelte die Existenz der göttlichen Natur Christi, die die Voraussetzung
für Bilder Gottes war; Nikaia II bekräftigte diese Errungenschaften gegen die im Konzil von
1133
Hiereia1134 erlassenen bildkri tischen Beschlüsse.
Die Ursachen des Ikonoklasmus sind umstritten und vielgestaltig. In der Forschung sind
unter anderem die Araberangriffe und Naturkatastrophen 11 5 sowie die Machtkämpfe von Kai-
ser und Mönchtum 1136 als Ursachen gehandelt, von der jüngeren Forschung aber verworfen
1138
worden.1137 Eine Ursache, die zwar nicht direkt für den Ikonoklasmus verantwortlich gemacht
werden kann, aber die Krise verstärkt haben könnte, ist die Ausbreitung des Islam, weil er den
byzantinischen Theologen und Bildschöpfern einen kritischen Spiegel vorhielt. 11 ’ Der Islam
propagierte ein Bildverständnis, das den göttlichen Visionsdarstellungen keine Ausnahmerege-
lung vom Repräsentationsverbot erteilte. Neben der Ablehnung der Trinität, also der Göttlich-
keit Christi und des Heiligen Geistes, war die Anikonizität der neuen Religion der sichtbarste
Unterschied zum Christentum. Beide Axiome - die Ablehnung der Göttlichkeit Christi und
der Bilder des Göttlichen — fanden Ihren Ausdruck im Inneren des Felsendoms in Jerusalem

1133 Gwynn, 2007: 241 Bspw. in den Parastaseis 10 (zitiert in Gwynn, 2007: 234).
1134 Zum Konziel von Hiereia siehe Krannich, Torsten; Stockhausen, Annette von, Die ikonoklastische Syno-
de von Hiereia 754: Einleitung, Text, Übersetzung und. Kommentar ihres Horos,Tübingen: Mohr Siebeck,
2002.
1135 Mango, Cyril, „Historical Introduction," in: Iconoclasm, Bryer, Anthony; Herrin, Judith (Hrsg.), Bir-
mingham: Center for Byzantine Studies, Umversity of Birmingham, 1977: 1—6, bes. S. 1—3.
1136 Brown, Peter, „A Dark-Age Crisis: Aspects of rhe Iconoclastic Controversy,“ The English Historical Re-
view 366, 1973: 1—34: 31-34. Zu den Erklärungen der Ikonodulen, dass jüdische Zauberer und die
Araber Konstantin V. zum Vorgehen gegen die Bilder verleitete haben, siehe Speck, 1990.
1137 Brubaker; Haldon, 201 1: 105—117.
1138 Crone, Patricia, „Islam, Judeo-Christianity and Byzantine Iconoclasm,“ Jerusalem Studies in Arabic and
Islam 2, 1980: 59-95
Theophanische Bilder, sakraler Raum u n d der Betrachter 257

in Form der dogmatischen Inschrift und der vegetabilen Mosaiken.' 13 Die Darstellungen und
die Inschrift des 1 ürsturzes der Al-Moallaqa Kirche in Alt-Kairo, im frühen achten Jahrhundert
1139
lange unter arabischer Herrschaft, 1140 können als Ablehnung der islamischen Überzeugungen
gelesen werden, weil sie visuell und schriftlich entschieden die göttliche Erscheinung Christi
inszenieren. 11'41 Der Türsturz kann aber auch schlicht als Kontinuität der spätantiken Visions-
erwartung und ihrer Bilder gedeutet werden
Eine direktere Ursache als der Islam kann im Eindringen physischer Verehrungspraktiken
in den sakralen Raum gesehen werden, 1142 was zur Folge hatte, dass die Bilder des Göttlichen
zunehmend schwerer zu rechtfertigen waren. Während das zweite Gebot bei den Apologeten
und Kirchenvätern (mit Ausnahme von Tertullian) eine zu vernachlässigende Rolle gespielt
hatten, verlegten sich die Bildkritiker des achten Jahrhunderts vor allem auf das mosaische
Verbot, um ihre Ablehnung zu legitimieren. 1143 Hieran wird deutlich, dass die Bilder nun in
den gefährlichen Bereich der Idolatrie gerückt waren, etwas das in der Epoche zuvor durch iko-
nographische, inszenatorische und rhetorische Mittel vermieden worden ist. Die prophetischen
Visionen dienten den Ikonoklasten lediglich noch als Modell für die innere Vision, nicht mehr
für die Visionsbilder. 1144 Erst nach dem endgültigen Sieg der Orthodoxie berief sich das Synodi-
kon auf die prophetischen Visionen, die als Legitimierung von Bildern der heiligen Wirklichkeit
dienten.1145 Diese Argumentation ist überraschenderweise nicht vor dem neunten Jahrhundert
1147
belegt.1146 Dies mag darauf zurückzuführen sein, dass die Bilder im Gewand von Theophanien
so tief im kollektiven Unterbewusstsein verankert waren und man sich dieser Konvention erst
spät bewusst wurde. Der Zeitpunkt der Bewusstwerdung markiert allerdings auch das Ende
der Produktion theophanischer Bilder in Byzanz und die visionären Bilder verschwanden aus
den Sakralräumen. Das Maiestas-Domini-Motiv, wie es früh auf der Emmanuel-Ikone des
Sinai abgebildet ist, überlebte als Thema in Buchilluminationen 114' und aus einer Schriftquelle

1 139 Zur Inschrift siehe Grabar, Oleg, „The Umayyad Dome of the Rock in Jerusalem,“ Ars Orientalis 3,
1959: 33-62: 53f.
1 140 Siehe oben Anm. 665.
1141 Siehe oben Anm. 673.
1 142 Kitzinger setzt diesen Zeitpunkt in der zweiten Hälfte des sechsten Jahrhunderts an, Brubaker erst am
Ende des siebten Jahrhunderts: Kitzinger, 1954: 95; Brubaker; Haldon, 2011: 55-60. Brubaker geht
wohlgemerkt davon aus, dass es zuvor keine Ikonen und keine kultische Verehrung von Bildern gab.
1143 Barber, 2002: 54; Cutler, Anthony, „Iconoclasm“, Oxford Dictionary of Byzantium, 1991: 975-977,
bes. S. 975.
1 144 Barber, 2002: 54 Anm. 31.
1145 Gouillard, Jean, „Le Synodikon de l’orthodoxie: edition et commentaire,“ Travaux et Memoires 2, 1967:
1—316, bes. S. 172 und 51- Zur ikonophilen Legitimierung von Bildern durch prophetische Visionen
siehe auch Brubaker, Leslie, Vision and Meaning in Ninth-Century Byzantium: Image as Exegesis in the
Homilies of Gregory of Nazianzus, Cambridge: University Press, 1999: 283; Peers, Glenn, „Angelopha-
ny and Art after Iconoclasm,“ Deltion tes Hristianikes arhaiologikes etaireias 26, 2005: 339-344, bes.
S. 339.
1 146 Gouillard, 1967: 172. Unter anderem benutzte Papst Paschalis I die prophetischen Visionen, u m seiner
Überzeugung gegenüber Kaiser Leo V. Ausdruck zu verleihen, dass in der Folge der Imkarnation Chris-
tus doch dargeteilt werden könne (zitiert bei Gouillard, 1967: 173).
1 147 Siehe hierzu Nelson, 1980: 55-74. Eine ungewöhnliche Darstellung einer 'Theophanie Christi im Para-
dies hat sich auf fol. 1 12v des Tetraevangeliums Par.gr. 74 aus den 1 070er Jahren erhalten. Tsuji deutet
diese Darstellung als endzeitliche Visualisierung von Ps. 98: Tsuji, 1975: 197—202.
258 Präsenzerfahrung

ist rekonstruierbar, dass ein solches Motiv auch die Apsis des Stoudios-Klosters schmückte." 18
An den Grenzen des Reichs überdauerte beispielsweise das Theophaniemotiv in Ägypten bis
ins 13. Jahrhundert." 49 Im Gegensatz dazu überlebten die spätantiken theophanischen Motive
deutlich länger im Westen. Noch im Spätmittelalter ist der Seraph Aussender der Lichtvision
1149
1148
1152
1151
in den Darstellungen der Stigmata des heiligen Franziskus.1150 Dem Tetramorph auf Apsisstirn-
wänden und der Traditio Legis in Apsiskalotten waren besonders in und um Rom ein langes
Nachleben beschieden; die formale Kontinuität täuscht allerdings oft über den fundamentalen
Bedeutungswandel dieser Motive im Verlauf des Mi ttelalters hinweg." '
Die byzantinische Bildproduktion der post-ikonoklastischen Periode scheint vielmehr be-
müht, an den 82. Kanon des Quinisextum als an die Bildproduktion vor dem Ikonoklasmus
anzuschließen. Es war das erste Mal, dass sich ein Konzil zur Bilderfrage äußerte, und Charles
Barber hat den 82. Kanon als Initialzündung für den Ikonoklasmus interpretiert. 1 Dieser
verbot die Darstellung Christi in allegorischer Form, beispielsweise als Lamm auf das Johannes
Prodromos zeigt (agnus qui digito praecursoris monstratur), und verlangte, Christus nur noch
in menschlicher Form (humana forma) abzubilden." 53 Dieser Versuch einer Regulierung der
Bildproduktion mag als ein Zugeständnis des Konzils an die Bildkritiker jener Zeit verstanden
werden; man bemühte sich ihnen entgegenzukommen, indem man unzweideutig den mensch-
lichen Jesus, wie er sich ja auf Erden gezeigt hatte, darstellte. Hierin wurde im Jahre 692 eines
der Hauptargumente der Ikonodulen, die Inkarnation als Legitimierung der Darstellbarkeit
1155
Christi, vorweggenommen.1154
Das mittelbyzantinische Pantokrator-Bild ist frei von visionären und allegorischen Attribu-
ten. Er zeigt nur noch die menschliche Gestalt Christi, zumeist in Büstenform. Nikolaos Me-
sarites deutete den Pantokrator in der Kuppel der Apostelkirche von Konstantinopel in seiner
Ekphrasis als eine theophanische Erscheinung Christi und bemühte die Stelle bei 1 . Korinther
13.12 („Jetzt schauen wir in einen Spiegel und sehen nur rätselhafte Umrisse, dann aber schau-
en wir von Angesicht zu Angesicht“), die bereits die frühen Kirchenväter zitiert hatten, um die
Möglichkeit von göttlichen Visionen zu erklären. " Bei Mesarites wird die malerische Illusion
des „durch den Spiegel Schauens“ nicht mehr durch visionäre Bildattribute erreicht, sondern
dadurch, dass die Figur Christi nur halb, also nicht vollständig sichtbar war.1156
Damit ist durchaus plausibel, dass das Versagen der visionären Strategien am Ende der Spä-
tantike einer der Gründe für den Ausbruch des byzantinischen Ikonoklasmus war. Die Strate-

1148 Woodfin, Warren, „A Majestas Domini in Middle-Byzantine Constantinople,“ Cahiers archeologiqu.es.


Fin de lAntiquite et Moyen Äge 51 , 2004: 45—53
1149 Siehe oben Anm. 680.
1150 Siehe hierzu Ganz, 2008: 283-297 und Belting, Hans, „Saint Francis and the Body as Image: an An-
thropological Approach,“ in: Looking Beyond:Visions, Dreams, and Insights in Medieval Art and History,
Hourihane, Colum (Hrsg.), Princeton- Index of Christian Art, 2010: 3—14.
1151 Exemplarisch zum Bedeutungswandel der Traditio Legis zwischen der Spätantike und dem Mittelalter
siehe Bergmeier, 2017.
1152 Barber, 2002: 39-60.
11 53 Siehe oben Anm. 777.
1154 Zur Inkarnation in der Argumentation der Ikonophilen siehe Barnard, Leslie, „The Theology of Ima-
ges,“ in: Iconoclasm, Bryer, Anthony; Herrin, Judith (Hrsg.), Birmingham: Center for Byzantine Stu-
dies, University of Birmingham, 1977: 7-13, bes. S. 13.
1155 Siehe oben Anm. 341.
1 156 Nikolaus Mesarites, Descriptio ecclesiae sanctorum apostolorum 14.1 (Downey, Glanville (Hrsg.), 1957:
869f.)
1 heophanische Bilder, sakraler Raum und der Betrachter 259

gie, Bilder Gottes als theophanische Visionen zu kennzeichnen, hatte über einige Jahrhunderte
hinweg das prekäre Gleichgewicht zwischen Repräsentationsverbot und der Existenz von Bil-
dern Gottes gewährleistet. Im achten Jahrhundert jedoch hatte diese Strategie ihre Wirkmacht
eingebüßt.
Ausblick

Die spätantiken Menschen hatten kein Interesse daran, die endzeitliche Zukunft in Bildern
darzustellen. Darin unterschieden sich die Christen nicht von ihren paganen Zeitgenossen.
Ihnen war lediglich daran gelegen, die Gegenwart des Göttlichen im Hier und Jetzt zu ver-
bildlichen. Diese Erkenntnis läuft jedoch einem Trend in der Forschung zuwider, der in den
vergangenen Jahrzehnten in einer Zunahme an eschatologischen und apokalyptischen Deu-
tungen resultierte. Ein Grund für diesen Trend mag die Tatsache sein, dass theologische Fragen
nach dem Ende der Zeit durchaus in spätantiken Texten verhandelt wurden und Vorstellungen
vom Ende der Zeit existierten: Füppolyt schreibt über den Antichrist, der nordafrikanische
Bischof Quodvultdeus zeigt auf, welche göttlichen Zeichen bereits erfüllt sind und welche
sich vor dem Ende der Zeit noch erfüllen müssen, und Romanos der Melode beschreibt die
1
Ereignisse des Jüngsten Tags.11 Die Existenz von Texten, die sich mit den Ereignissen des
Jüngsten Gerichts auseinandersetzen, rechtfertigt jedoch allein noch nicht die Annahme, dass
die Endzeitängste den gesellschaftlichen Diskurs und die kulturelle Produktion dominierten.
Zu sporadischen Ausbrüchen von Weltuntergangsängsten kam es zwar punktuell (bspw. um
500 und um 1000), doch war diese Endzeiterwartung nicht allumfassend und beständig. Vor
allem schlug sie sich nicht in der visuellen Kultur der Zeit nieder. Spätestens mit dem Kirchen-
frieden des frühen vierten Jahrhunderts hatte sich die Endzeiterwartung der frühesten Christen
überlebt. Die Theologen bemühten sich nun, neue aktualisierte Lesarten für die von der frühen
Endzeiterwartung geprägten Texte zu finden, allen voran für die Offenbarung des Johannes.
Dieses apokalyptische Werk wurde nach spiritueller Lesart auf die Gegenwart gedeutet. Dieser
exegetische Fokus auf die Zeit der Ecclesia unter der Herrschaft des Messias hatte eine Parallele
in der visuellen Kultur, die nicht von der Erwartung der Endzeit dominiert wurde, sondern von
der Visionserwartung, dem Wunsch nach göttlichen Erscheinungen im Hier und Jetzt.

Die Visionserwartung resultierte aus der generellen Unsichtbarkeit des christlichen Gottes. In
einer Welt, die nicht die baldige Wiederkehr des Messias erwartete, wurde die Unsichtbarkeit
des Christengottes zu einem Problem, denn sie nahm jegliche Hoffnung darauf, zu Lebzeiten
einen Blick auf das Göttliche zu erhaschen. Doch die Menschen des antiken Mittelmeerraums
wollten sich ein Bild ihres Gottes machen und sich dem Numinosen nicht nur geistig, sondern
auch visuell annähern; die Aussicht auf die göttliche Vision am Jüngsten Tag in ferner Zukunft
war nicht genug. Der Visualisierung Gottes in Form von Bildern stand jedoch das jüdische
Repräsentationsverbot im Wege, das zwar generell bildliche Darstellungen zuließ, jedoch keine,
die Gott als Gott zeigten. Hier boten ephemere, immaterielle Visionen einen Ausweg. Bilder,
die visionäre Erscheinungen thematisierter erlaubten es, Gott in dieser Form sichtbar zu ma-
chen, denn Visionen standen nicht im Verdacht, dauerhafte, materic' ; itzenbildcr zu sein,
sie waren biblisch bezeugt, und auch in der spätantiken Gegenwart Wi.r theoretisch möglich,
göttliche Visionen zu erleben. So schützen sich die spätantiken Götterbilder gegen den Vorwurf
der Idolatrie, indem sie sich ins Gewand göttlicher Visionen hüllten
Mithilfe der Visionen war ein zeitlich eng begrenzter Kontakt mit dem Göttlichen möglich,
ohne materielle Spuren zu hinterlassen. Spätantike Theologen setzten sich aktiv mit der Mög-

1 157 Hippolytus, De Antichristo (siehe oben Anm. 823); Quodvultdeus, De promissionibus et praedictionibus
Dei (siehe oben Anm. 821); Romanos der Melode, 50. Hymnos über die zweite Wiederkunft (siehe oben
Anm. 621).
262 Ausblick

lichkeit göttlicher Visionen auseinander (Augustinus, Irenäus, Gregor von Nazianz u.v.m.).
Texte wie die Topographia Christiana des Kosmas Indikopleustes und die Vita des Heiligen
Martin illustrieren die Funktionsweise dieser verfrühten Iheophanie-Erlebnisse, die eigentlich
erst am Ende der Zeit erscheinen sollten. Kosmas legt dar, dass die göttliche Sphäre immer
schon parallel zu der irdischen existierte, und fasst sie im Motiv des Koffers zusammen. Dieses
Modell impliziert die Möglichkeit, dass die obere Sphäre, wenn auch nicht zugänglich, so doch
für kurze Zeit geschaut werden kann. In der Vita Martini bot der Teufel dem Heiligen eine
vorzeitige Theophanie, die eigentlich für das Ende der Zeit reserviert ist, aber ausnahmswei-
se bereits für den Heiligen sichtbar wurde. Diese Vision stellt sich jedoch als trügerisch her-
aus. Generell waren narrative Texte merklich vorsichtiger und zurückhaltender gegenüber den
Schilderungen göttlicher Visionen, denn damit schufen sie konkrete historische Ereignisse, die
den nachösterlichen Erscheinungen Christi vergleichbar waren. Die spätantiken Bilder teilten
dieses Problem nicht, denn sie zeigen theophanische Ereignisse, die gerade nicht historisch
festgelegt waren, sondern eine überzeitliche Erscheinung visualisierten.

Die spätantiken Bildmotive, die eine visionäre Schau wiedergeben, steilen eine sehr heterogene
Gruppe dar. Sie bewegen sich zwischen Standardisierung und Einzigartigkeit, zwischen Ani-
konischem und Figürlichem und sind weitestgehend ex novo Kreationen der spätantiken Bild-
schöpfer. Das von Tauben gerahmte, konzentrisch sich verdreifachende Christogramm in einer
der Nischen des Baptisteriums von Albenga gehört genau so dazu wie das Apsismosaik von S.
Pudenziana und das Theophaniemotiv im Rabbula Codex. Die Heterogenität hat bislang einer
zusammenhängenden Analyse der Bilder im Wege gestanden. Erst in der Zusammenschau und
durch die Einbettung in den ursprünglichen geistesgeschichtlichen Kontext wird deutlich, dass
ihr gemeinsames Anliegen die Sichtbarmachung des Theophanischen ist. Um dies zu verdeutli-
chen, wurde versucht, wo möglich, auf regional gleichmäßig verteilte Quellen zurückzugreifen.
Ein Großteil der Schriftquellen stammt aus dem nördlichen und östlichen Mittelmeerraum,
während sich die meisten Monumente und materiellen Artefakte in Italien, dem Adriaraum
und dem nördlichen Griechenland erhalten haben. Die Quellen erzeugen ein überraschend
einheitliches Bild hinsichtlich der spätantiken Visionserwartung, so dass die Resultate der Un-
tersuchung mit einigen Einschränkungen auf den gesamten spätantiken Mittelmeerraum über-
tragen werden können.
Kunsthistorische Studien haben bislang das vereinende Moment dieser heterogenen Bild-
gruppe, ihr Interesse an der Darstellung der gegenwärtigen Theophanie, übersehen. Im Bestre-
ben, konkrete Bedeutungen für die einzelnen Bilder festschreiben zu wollen, wurden seit der
Mitte des 20. Jahrhunderts und vermehrt in den letzten Jahrzehnten historische und vor allem
eschatologische Interpretationen favorisiert. Die Bilder entziehen sich jedoch einfachen zeitli-
chen und historischmarrativen Bedeutungszuschreibungen. Ebenso wie die eschatologischen
Deutungen sind die Interpretationen einiger Bilder als „apokalpytisch“ revidiert worden. „Apo-
kalyptisch' meint zunächst nur die Abhängigkeit von Werken der OfFenbarungsliteratur, bei-
spielsweise der Offenbarung des Johannes und der sogenannten synoptischen Apokalypse. Die
Untersuchung hat gezeigt, dass entgegen der verbreiten Annahme die Offenbarung in der Spä-
tantike nur äußerst selten verbildlicht wurde und dann zumeist die Elemente der Thronvision
bei Apk. 4 und 5. Es gibt keine eindeutigen Anhaltspunkte in der erhaltenen visuellen Kultur
der Spätantike, dass die synoptische Apokalypse dargestellt worden ist. Ebenso wurden kaum
liturgische Inhalte verbildlicht, obwohl die theophanischen Bilder häufig als Illustrationen der
Ausblick 263

Liturgie und besonders der Eucharistie gedeutet werden." 58 Dies, so hatte bereits Marcello
Angheben, gezeigt, ist erst ein Phänomen, das im hohen Mittelalter zunimmt." 59 Vergleichbar
damit ist der Anstieg apokalyptischer und endzeitlicher Bildinhalte seit dem Hochmittelalter,
der unsere moderne Wahrnehmung der spätantiken visuellen Kultur beeinflusst hat und bis-
1159
1158
lang nicht ausreichend untersucht ist. 1160
Anders als das Gros der christlichen Ikonographie hatten die visionären Motive keine Vor-
bilder in der Antike. Denn weder in der griechisch-römischen noch in der jüdischen Kultur
wurden theophanische Momente dargestellt. Die christlichen Bilder übernahmen lediglich ei-
nige vereinzelte Elemente, die schon in der paganen Ikonographie das Göttliche gekennzeich-
net hatten, so beispielsweise den Sternenhintergrund, den Thron und den Nimbus. Eine Aus-
nahme bilden theophanische Erscheinungen der antiken Götter in Büstenform auf Wolken;
diese zählen zu den wenigen theophanischen Bildmotiven, die bereits in der Antike vorgebildet
waren. Während in der jüdischen Kultur das Göttliche lediglich symbolisch gekennzeichnet
wurde - häufig durch Darstellungen der Menorah - und das Göttliche unsichtbar blieb, ver-
fügte die griechisch-römische Kultur über das Medium der Statuen, welches die Götter effizient
visualisierte und erfahrbar machte. Die christlichen Visionsbilder traten damit an die Stelle der
antiken Kultstatuen.

Ohne die Bilder in ein ikonographisches Entwicklungsschema einzuordnen, ist versucht worden,
eine Abfolge der Strategien der Visualisierung des Göttlichen nachzuzeichnen, die häufig neben-
einander fortbestanden. Die ältesten erhaltenen Bilder des dritten und frühen vierten Jahrhun-
derts lassen noch nicht den Einfluss der Visionserwartung erkennen. Sie zeigen den historischen
Jesus, Allegorien und Eigenschaften der christlichen Religion (bspw. den Schafträger). Seit der
Mitte des vierten Jahrhunderts sind erste komplexe Motive zu greifen. Das früheste ist die Tra-
ditio Legis,das Bild der Prophetie nach Jesaja 2, 2-4, welche die Ankunft des Messias und seine
Herrschaft während der Friedenszeit beschreibt. Vermutlich wurde es bereits in den 350er Jahren
in der Apsis von Alt-St. Peter angebracht. Daneben entstanden flexible Bilder, in denen Christus
mit variierenden göttlich-visionären Elementen umgeben wurde. Im Unterschied zur Traditio
Legis verbildlichten diese keine eindeutig zu identifizierende Prophetie, sondern lediglich eine
zeitlich unspezifische Theophanie. Ein frühes Beispiel ist das mittlere Bildfeld des Junius-Bassus-
Sarkophags (359), auf dem Christus wie ein antiker Gott thront, während seine Füße auf der Per-
sonifikation des Himmels stehen. Seit der Zeit um 400 ist das Tetramorph der sicherste und am
weitesten verbreitete Indikator einer Theophanie im Bild. Es rahmt die Erscheinung Christi und
erscheint auf Bogenfeldern und Türstürzen. Auf den römischen Stirn- und Triumphbögen tritt es
nicht selten zusammen mit weiteren Bildelementen aus der "thronvision nach Apk. 4 und 5 auf.
In der Folge bildete sich ein relativ stabiles visionäres Motiv heraus, hier als Fheophaniemo-
tiv bezeichnet. Dieses zeigt ausgehend von der Prophetie, die zwei weißgekleidete Männer den
versammelten Aposteln überbringen, dass Christus, so wie er jetzt entschwebt, einst wieder-
kehren wird. Für die Bildschöpfer hieß dies im Umkehrschluss, dass eine Theophanie gemäß
des Hirnmelfahrtsgeschehcns visualisiert werden kann: Eine Menge Schauender am Boden
und in einer getrennten Zone darüber die Theophanie, die nicht selten durch das Tetramorph
als solche gekennzeichnet wurde. Ein weiterer Indikator, der das Visionäre anzeigen konn-

1158 Bspw. Frese, 2013.


1159 Siehe oben Anm. 710.
1160 Weiter hierzu bei Bergmeter, 2017.
264 Ausblick

te, war die Trishagionsinschrift, die in verschiedenen Motiven erscheinen konnte. Generell
blieb die Ikonographie des Theophanischen jedoch flexibel und wandelbar. Wie die spätantike
1162
Bildsprache sich allgemein durch additive Akkumulation auszeichnete, 1161 konnten auch die
visionären Bildelemente in immer neuen Konstellationen zusammengestellt werden. Traditio
Legis und Eheophaniemotiv waren die einzigen relativ stabilen Ikonographien. Dies erschwer-
te die moderne Interpretation solch innovativer Bildschöpfungen wie des Apsismosaiks von
SantApollinare in Classe. das aufgrund seiner Singularität oftmals den Bildern der Verklärung
zugerechnet wurde, was jedoch nur sehr eingeschränkt gelten kann.
Der visuellen Variabilität dieser Bilder steht deren einheitliche Zeitlichkeit gegenüber. Eine
genaue Analyse der Bilder hat festgestellt, dass sie die Gegenwart abbilden. Eindeutig endzeit-
liche Textquellen, wie es die synoptische Apokalypse wäre, in der Christus die Ereignisse des
Jüngsten Gerichts vorwegnimmt, wurden nicht verbildlicht Obwohl Yves Christe dies bereits
vor vielen Jahrzehnten feststellte, wird die synoptische Apokalypse und besonders das „Zeichen
des Menschensohns am Himmel“ (Matth. 24.30), das seiner Rückkehr vorausgehen wird, noch
immer in verschiedenen vor allem zeichenhaft-anikonischen Bildmotiven erkannt. Besonders
Darstellungen des Kreuzes sind als solche endzeitlich-apokalyptischen Bilder interpretiert wor-
den, doch zeigt die Beschäftigung mit den Bildern und mit spätantiken Beschreibungen von
Bildern und Erscheinungen von Kreuzen, dass diese Deutung kaum zutrifft. Keine weiteren
visuellen Hinweise in den Bildern unterstützen in der Regel eine solche Lesart und auch die
spätantiken Textquellen interpretieren sie als Zeichen göttlicher Präsenz in der Gegenwart. Ky-
rill von Jerusalem beschrieb die Erscheinung des Kreuzes am Himmel über Jerusalem im Jahre
351 in seinem Brief an Kaiser Konstantios II. Diesem wünscht er noch viele erfolgreiche Regie-
rungsjahre und merkt an, dass das Kreuz den Menschen von nun an und immer größer (vöv Kat
7idX.iv pstqövtng) erscheinen werde, 116“ Für die monumentalsten Darstellungen wie das Kreuz im
Apsismosaik der Hagia Eirene in Konstantinopel und der Koirnesis Kirche in Nikaia ist denn
auch niemals vorgeschlagen worden, dass sie die synoptische Apokalypse ausdrückten, weil mit
dem Ikonoklasmus eine ausreichende Erklärung für die Bedeutung des Motivs gefunden schien.
Die Untersuchung weiterer theophanischer Motive im Dialog mit Textquellen kommt zu
dem gleichen Schluss, dass die visionären Bilder der Visualisierung des Göttlichen in der Ge-
genwart dienten. Die Vision des Jesaja (2,2-4), die die Grundlage der Traditio Legis bildet,
wurde von den Exegeten einstimmig als Beschreibung der spätantiken Gegenwart gedeutet.
Sie war Teil der Taufliturgie, während der die Fünflinge in die Gemeinschaft der Ecclesia unter
der Herrschaft des Messias aufgenommen wurden, wie es Jesaja prophezeit hatte und es die
Bilder visuell vermitteln. Die Offenbarung wurde ebenso einstimmig als Beschreibung der Zeit
der Ecclesia,der Zeit zwischen der ersten Ankunft und zweiten Wiederkehr Christi, gedeutet.
Die frühchristliche Naherwartung des Weitendes konnte 300 Jahre nach Christi Tod nicht
mehr aufrechterhalten werden. Der Referenzpunkt zur Ermittlung des eigenen Standpunkts
im Weltganzen war nun nicht mehr das in die Ferne gerückte endzeitliche Geschehen. Die
teleologische, horizontale Ausrichtung wurde durch ein vertikales Verständnis der Menschen in
Relation zur göttlich-himmlischen Sphäre ersetzt. Der Fokus lag nun auf dem gegenwärtigen
Zustand der Welt sub gratia. Den theoretischen Apparat für die Umdeutung der Offenbarung
lieferte der Exeget Tycomus, der eine spirituelle Lesart propagierte, die über 700 Jahre lang
Bestand haben sollte,

1161 Dresken- Weiland, 2016: 30


1 162 Siehe oben Anm. 862.
Ausblick 265

Das vorliegende Buch hat den einzigartigen Status, den das Visuelle in der Kultur der Spätan-
tike hatte, bekräftigt. Mehr als zu anderen Zeiten begleiteten, erklärten und formten Bilder die
gesellschaftlichen, politischen und religiösen Umbrüche jener Epoche in den paganen, christ-
lichen und jüdischen Kulturen des Mittelmeerraums. Gerade das Visuelle war geeignet, die
neuen Konzepte verständlich zu machen, unter anderem die Unsichtbarkeit des Göttlichen.
Mehr als in Texten wurde in Bildern der Zugang und das Wesen des Numinosen behandelt,
das mittels Visionen sichtbar gemacht werden konnte. Eusebios von Caesarea hat es früh auf
den Punkt gebracht, als er in seiner Weiherede die Basilika in Tyros als einen O r t beschrieb, an
dem die Vision des Göttlichen 300 Jahre nach dem Tod Christi wieder für jeden sichtbar und
erreichbar war. 1 Der Kirchenvater beschrieb den Bau als dank vielerlei Lichtquellen hell und
1163 1164
leuchtend (oatpsg Kai (ptOTCivov) , und es kann angenommen werden, dass auch Wand- und
Fußbodendekorationen sowie goldene und silberne Ausstattungselemente die versprochene Vi-
sion des Göttlichen evozierten. Das unsichtbare Göttliche war nun in Tyros und anderswo mit
eigenen Augen erfahrbar geworden, ohne dass die Menschen auf das Ende der Welt oder eine
der seltenen göttlichen Visionen warten mussten.
Der Einzug von Verehrungspraktiken in den Sakralräumen am Ende der Spätantike besie-
gelte den Rückgang visionärer Bilder. In dem Moment, in dem die Bilder Gottes berührt und
verehrt werden konnten, war ihre „visionäre Immunisierung“ gegen die Idolatrie vergebens.
Möglicherweise ist so zu erklären, dass gerade vom Ende der Spätantike einige Bilder überliefert
sind, die inschriftlich die theophanisch-gegenwärtige Bedeutung hervorheben. Die Inschrift
des Türsturzes der Al-Moallaqa Kirche aus dem Jahr 751 betont, dass es sich hier um ein
Bild des unsichtbaren Gottes handelt, wie er sich im Himmel befindet. Die Maiestas-Domini-
Miniatur des Gundohinus Evangeliars ordnet detn Tetramorph um die Christuserscheinung
noch einen weiteren Cherub bei, der sogar inschriftlich als solcher gekennzeichnet ist. Darüber
hinaus verweist der Text De Trinitate des Hieronymus, in den die Miniatur eingebunden ist,
ebenfalls auf die Göttlichkeit Christi.
Nachdem über einige Jahrhunderte das Erfassen der göttlichen Sphäre mit visuell-intellek-
tuellen Argumenten dominiert hatte, nahm die Bedeutung der Visionserwartung und der vi-
sionären Bilder am Ende der Spätantike ab. Es ist zu überlegen, was an die Stelle der visuellen
Evidenz zum Zweck der Wissensgenerierung trat. Einiges deutet darauf hin, dass die folgenden
Jahrhunderte zunehmend einen emotionalen Zugang zum Göttlichen favorisierten. Die Men-
schen suchten vermehrt die Verbindung mit Gott über taktile Erfahrungen und Emotionen.
Dies ist an der Zunahme der physischen Verehrungsformen von Bildern zu erkennen sowie an
einer gesteigerten Betonung der Passionsgeschichte. In S. Maria Antiqua trat das Bild der Kreu-
zigung an die Stelle im Kirchenraum, die zuvor theophanischer Symbolik vorbehalten war.1165
Hier erscheint es oberhalb der Apsiskalotte, flankiert von Maria und Johannes. Im Frühmittelal-
ter verschob sich auch die Gewichtung des Bildpersonals der Kreuzigung. Die beiden Schächer
traten zuruck, die noch auf der Holztür von S. Sabina und auf den Pilgerampullen aus dem
Heiligen Land (bspw. Monza 9r) in der gleichen Ebene mit Christus dargestellt worden waren.
Dafür drangen Maria und Johannes in den Bildvordergrund. Dies mag als Indiz für die Präferenz
eines emotionalen Zugangs bewertet werden, der sich im Mitfühlen mit den beiden Trauernden
ausdrückte. Die Kreuzigungsikone vom Sinai illustriert diesen ikonographischen Wandel ein-

1163 Siehe oben Anm. 1072.


1164 Eusebios, Historia ecclesiastica10.4.65.
1165 Siehe hierzu Bergmeier. 2014b.
266 Ausblick

drücklich: Die Schächer verschwinden im Hintergrund, während Maria und Johannes in die un-
mittelbare Nähe des Betrachters rücken. 1166 Diese Entwicklung kulminiert in dem von Joachim
Poeschke als „Passionsmystik“ bezeichneten Phänomen, das beispielsweise im Apsismosaik von
San Clemente mit dem zentralen Kreuz und der dahinter eingelassenen Kreuzreliquie (um 1130)
Ausdruck fand und bis zum 13./ 14. Jahrhundert seinen Höhepunkt erreichte.116
Neben diesem Wandel von intellektuellen und emotionalen Bildstrategien wäre zu untersu-
chen, zu welchem Zeitpunkt und wodurch motiviert das Interesse am Endzeitgeschehen Ein-
zug in die westliche und die byzantinische Bildsprache hielt. Der Anstieg endzeitlicher Motive
müsste neu auf der Grundlage untersucht werden, dass der spätantiken Ikonographie endzeitli-
che Themen noch fremd waren. Womöglich spielte das emotionale Potential des Weltgerichts,
des ultimativen Schreckensszenarios, besonders im Westen bei dessen rasanter Verbreitung im
Hoch- und Spätmirtelalter eine Rolle.
Nach dem Ikonoklasmus war die Aushandlung des Verhältnisses zum Göttlichen und des-
sen Sichtbarmachung kein drängendes Thema mehr. Im Westen überlebten die spätantiken
Motive beispielsweise in und um Rom auf den Stirnwänden von Kirchen (bspw. San Giovanni
a Porta Latina, Abb. 92, S. Croce in Gerusalemme, Tf.33, und SS. Abbondio e Abbondanzio
bei Rignano Flaminio). Besonders weite Verbreitung fand die sogenannte Maiestas Domini,
das mittelalterliche Motiv setzt die Bildtradition des zentral thronenden Christus umgeben
von den vier Wesen des Tetramorph fort. Es findet sich in fast allen Kunstgattungen, vor allem
1171
1170
1169
aber in Skulptur und Buchmalerei In Byzanz erscheint es auf Frontispizen 1168 und war in der
Zeit noch nach dem Ikonoklasmus vermutlich in der Apsis des Stoudios- Klosters 111 und auf
dem Gewölbe der südlichen Empore der Hagia Sophia dargestellt. ' Eine späte und besonders
außergewöhnliche Variante findet sich im Narthex der Hagia Sophia von Trabzon aus der Zeit
Manuels I (1238-1263), wo das eindrucksvolle Tetramorph nicht mehr das Sanktuarium vom
übrigen Kirchenraum abtrennt, wie in der Spätantike häufig, sondern den Übergang vom pro-
fanen Außen- zum sakralen Innenraum markiert (Tf. 37)
Der Ikonoklasmus hatte die Einstellung zu den alttestamentlichen Theophanien in Byzanz
grundlegend verändert. In der Folge des Ikonoklasmus waren die Theophanien vor allem als
Zeugnisse wichtig, die belegten, dass sich Gott in Form von Visionen auf der Erde sichtbar
gezeigt hatte. Die Schlussfolgerung daraus war, dass das, was gesehen werden kann, auch dar-
gestellt werden darf. Allerdings waren, abgesehen von den eben genannten Beispielen, deren
zentrales Element das Tetramorph ist, Bilder göttlicher Visionen nach dem Ikonoklasmus sel-
ten. Wenn die Visionen der alttestamentlichen Propheten dargestellt wurden, dann als Verbild-
lichung des historischen Moments der Schau. Dies wurde durch die Einfügung des Sehenden
erreicht, so zum Beispiel in der Darstellung der Vision des Jesaja in der Sacra Parallela (Par.
gr. 923, fol 39v Abb. 120). 11 In der aus dem neunten Jahrhundert stammenden Abschrift
der Topographia Christiana des Kosmas Indikopleustes (Vat.gr. 699) nach einem Original des

1166 Weitzmann, 1976: Kat Nr. B 36.


1167 Poeschke, Joachim, Mosaiken in Italien 300—1300, München- Hirmer, 2009: 34.
1 168Stehe hierzu Nelson, 1980.
1169 Siehe hierzu Woodfin, 2004.
1170 Siehe hierzu Mango, Cyril, Materials for the Study of the Mosaics of St. Sophia at Istanbul, Washington:
Dumbarton Oaks, 1962: 29-35 und Abb. 22-28.
1171 Lafontaine- Doscogne, Jacqueline, „Theophanies-visions auxquelles participent les prophetes dans l’art
byzantin apres la restauration des images,“ in: Synthronon, Grabar, Andre (Hrsg.), Paris: Klincksieck,
1968: 135-143.
Ausblick 267

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120
Vision des Jesaja, Ä 7 Fr A;
Sacra Parallela des A..fi v
Johannes von Damaskus
(Par. gr 923, fol. 39v)

sechsten Jahrhunderts erscheinen die Seher Daniel, Hesekiel und Jesaja ebenfalls neben ihren
jeweiligen Visionen.1172 In der Spätantike war jedoch mit Ausnahme der Prophetie des Jes.
2.2-4 kaum ein Bild eindeutig als Darstellung einer spezifischen biblischen Vision zu identifi-
zieren. Stattdessen waren die Bilder synthetische Verbindungen aus unspezifischen theophani-
schen Motiven und Bildelementen, die einzelnen prophetischen Visionsberichten zugeordnet
werden können. Die Darstellung des Visionärs war in der Spätantike nahezu unbekannt. Eine
Ausnahme bilden die beiden Kapellen 26 und 45 in Bawit (Abb. 78 und 79), deren Datierung
ins siebte Jahrhundert allerdings nicht gesichert ist. Im Apsismosaik von Hosios David, wo zwei
Prophetenfiguren zur Verfügung stünden, ist es der Forschung bislang mehr gelungen, konkre-
te Namen mit den Figuren zu verbinden. Es ist hier gezeigt worden, dass die beiden Figuren
vielmehr als exemplarische Propheten zu verstehen sind, die die Vision mit den eigenen Augen
und mittels der Schrift erfahren.
Die Vision eines Christus-Engels in den Pariser Homilien des Gregor von Nazianz (Par.gr.
510) wird sogar doppelt historisiert. (Tf. 38) Auf foho 285r der Handschrift aus dem neun-

1 172 Siehe Lafontaine-Doscogne, 1968: Abb. 7-9.


268 Ausblick

ten Jahrhundert ist unter der Erscheinung der göttlichen Natur Christi,' umgeben von einer
Mandorla, Engelsscharen und Sternen, sowohl der alttestamentliche Prophet Habakuk als auch
1173
Gregor von Nazianz abgebildet.1174 Das Bild folgt eng dem Text der Homilie, in der Gregor
beschreibt, wie er in der Nachfolge Habakuks eine Vision hattet Er sah einen Mann (ctvqp), der
1177
1176
hell leuchtend und mit lauter Stimme hoch oben auf Wolken erscheint.1175 Der Visionsbericht ist
in dieser Form nur bei Gregor zu finden; im Habakuk-Text fehlt die Beschreibung einer Vision.
Gregors Text ist eine Invention, die in spätantiker Manier verschiedene theophanische Elemente
miteinander kombiniert: die Erscheinung eines Engels auf den Wolken, den Lichtglanz, eine
laute, tosende Stimme und Trompeten, die sich beispielsweise in den Visionen des Daniel (Dan.
10.4—6) und in der Offenbarung (1.13-16) finden. Die Seher betonen den historischen Cha-
rakter des Bildgeschehens, das so den überzeitlich-gegenwärtigen Charakter verliert. Ein weiteres
visionäres Bild in der Pariser Gregorshandschrift ist die Vision des Jesaja auf fol. 67v. Hier ist der
Prophet auf dem Seitenrand abgebildet, wie einer der Seraphim ihm ein Stück glühende Kohle
an den Mund hält. Durch die Figur Gregors wird das Geschehen auf fol. 285r zwar aktualisiert,
aber gleichzeitig auch an einem fixen historischen Punkt in der Biographie Gregors verankert.
Mit der Ankunft der von Gregor beschriebenen Lichtgestalt, „ist heute das Heil in die Welt
gekommen.“ Diese zentrale Aussage wird in der Inschrift auf der oberen Rahmenleiste der Mi-
niatur wiederholt: CHMEPON CQTHPIATQ KOCMQ. Damit ist die Engelsgestalt eindeutig
als Christus identifiziert und werden die österlichen Ereignisse als der Beginn der Zeit der Erlö-
sung der Menschen erwiesen. Gegenüber von Habakuk und Gregor stehen außerdem Paraske-
vi, die Personifikation der Vorbereitung und des Karfreitags, und die Kaiserin Helena, die das
Kreuz Christi aufgefunden haben soll Beide nehmen jedoch nicht an der Vision teil, sondern
verweisen nur auf die Kreuzigung vor Ostern, auf die Gregor in seiner Rede Bezug nimmt. Die
weiblichen Figuren erscheinen denn auch in keiner der anderen Handschriften, die in der Regel
Habakuk und Gregor zu beiden Seiten der zentralen Fheophanie zeigen. In der Handschrift
des Sinai-Klosters thront Christus auf einem Regenbogen und ist umgeben vom Tetramorph
(Cod. Gr. 339, fol. 9v)J 76 Die Darstellung des Engels, umgeben von Engelsschaaren, wird hier
als Marginalillustration wiederholt, ebenfalls bezeugt von Habakuk und Gregor, die ein drittes
Mal auf der gleichen Buchseite in der Initiale des Textes erscheinen.
Ein später Reflex der Vision von Habakuk und Gregor findet sich im Narthex der Kirche
der Muttergottes Peribleptos (St. Klemens) in Ohrid (1295). Hier erscheint der Christus-Engel
im mittleren Gewölbefresko gleich mit den beiden Visionären Habakuk und Hesekiel. 1 ( I E

1173 Z u r Darstellung Christi in Gestalt des Engels siehe Meyendorff, Jean, „Iconographie de la Sagesse
divine dans la tradition byzantine,“ Cahiers archeologiques. Fin de lAntiquite et Moyen Äge 1 0 , 1 9 5 9 :
259-277, bes. S . 266-269.
1174 Zu dieser Miniatur siehe Brubaker, 1 9 9 9 : 205-207 und 284—286.
11 7 5 Kai i5ou ävrjp ärtßeßT]K(bg etti rthv coEtpsAtov, Kai ouroq uynRöi; otpööpa- Kai f] öpaotg aütov. 6k opaoic;
äyyEÄ.oi)- Kai rj arokij avtou, <i>q tpEyyoq äcnpamT ötEpyopr.vqq- Kai ctfjpc rf]v yEipa airrou hat'u.varo/.äq.
Kai ’eßöqas tpcovfj geyäkr]- Otovf] atirou, cbg tpmvi] aäVtiYyo«; Kai kükAo aurdu, dig 7tA.r]0o<; oupaviou
arpaTiäg. (Gregor von Nazianz, Oratio 4 5 in sanctum Pascha-, P G 36: 623-664, bes. 624A).
1 176 Abb. i n Dzurova, Aksinija D . , Byzantinische Miniaturen: Schätze der Buchmalerei vom 4. bis zum 19.
Jahrhundert, Regensburg: Schell & Steiner, 2 0 0 2 : Tf. 76. Zur Miniatur im Sinai gr. 339 siehe Ander-
son, Jeffrey C . , „The Illustration of Cod. Sinai. Gr. 339,“ The Art Bulletin 6 1 , 2 , 1979: 1 6 7 - 1 8 5 , bes.
S . 181f.
1 1 7 7 Zum Fresko von O h r i d und seiner Abhängigkeit von d e n Miniatur der Homilien Gregors von Nazianz
siche Der Nersessian, Sirarpie, „Note sur quelques images se rattachant au theme du Christ-ange,“
Cahiers archeologiques. Fm de lAntiquite et Moyen Äge 1 3 , 1 9 6 2 : 209—216, bes. S. 209.
Ausblick 269

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121 Prozession zum Tempel und Vision des Jesaja, Narthexfresko,


Kirche der Muttergottes Peribleptos (St. Klemens), Ohrid

39) Die Inschrift auf dem ausgerollten Rotulus gibt das oben genannte, österliche Zitat Gre-
gors von Nazianz wieder. Das Bild ist eingebettet in ein ganzes Programm alttestamentarischer
und allegorischer Motive, die sich um die beiden Thematiken der göttlichen Schau und der
göttlichen Präsenz in Sakralbauten drehen. Dargestellt sind die Visionen und Traumvisionen
des Moses, Jesaja, Nebukadnezar und Josef. Die übrigen Bildfelder thematisieren den jüdischen
Tempel, König Salomon, und auf der Südwand ist die Stiftung des aktuellen Baus durch die
Personifikation der Weisheit dargestellt. Die Nord-Lünette der Ostwand zeigt das Allerheil igste
des jüdischen Tempels mit Seraphim, die Süd-Lünette einen Sakralbau, der vermutlich eben-
falls mit dem Tempel zu identifizieren ist. Innerhalb seiner Mauern ist Jesaja bei seiner Vision
zu sehen, bei der ihm ein Engel die Lippen mit glühender Kohle bestrich (Jes. 6.6). Vor dem
Tempel erreicht eine Prozession dessen Tor, das mit einer Ikone der Muttergottes verschlossen
ist und von dem Hesekiel auf der Rotulusinschrift mitteilt, dass es verschlossen bleibt, (Fies.
44.2, Abb. 121). Das Fresko visualisiert die Trennung der irdischen Sphäre von der himm-
lischen Präsenz Gottes im Tempel und bereitet die Besucher auf das Erleben der göttlichen
270 Ausblick

Schau im Inneren vor." 78 Trotz Hesekiels negativem Bescheid ist in der Marienkirche in Ohrid
die Vision Gottes möglich, wenn man die Tür zum Naos, über der ein Bild der Gottesmut-
ter angebracht ist, durchschreitet. Die Vorstellung des Dualismus zwischen himmlischer und
irdischer Sphäre, die im Kirchenraum vereint werden, sind hier viele Jahrhunderte nach dem
Bau der Kathedrale von Tyros und nach der Abfassung der Topographia Christiana in einzigar-
tiger Weise visualisiert. Wieder wird aber wie in Trabzon der Übergang zwischen heiligem In-
nen- und profanem Außenraum im Narthex und nicht mehr im Kirchenraum selbst markiert.
Dieser Bildort, seine Funktion und Bedeutung vor und nach dem Ikonoklasmus verdienen in
Zukunft sicherlich weitere Detailuntersuchungen.
Ohrid und Trabzon sind zwei Beispiele für das Nachleben visionärer Bildsprache innerhalb
der Ausstattung von Sakralräumen. Daneben kann auch nach weiteren Bereichen kultureller
Produktion gefragt werden, in denen Nachwirkungen der spätantiken Visionserwartung zu
verzeichnen sind, beispielsweise im Kaiserzeremoniell, der kirchlichen Liturgie und natürlich
der visuellen Kultur. Die visionären Bilder hatten Nischen gefunden, in denen sie überlebten,
adaptiert und modifiziert wurden: Die Darstellungen prophetischer Visionen wurden durch
die Einfügung der Seher ins Bild historisiert. Mit der Maiestas Domini war ein direktes ikono-
graphisches Nachfolgemotiv geschaffen worden, das auf den Frontispizen von Handschriften
in Ost und West die Göttlichkeit des Wortes Christi und seine Gegenwart anzeigen konnte.
Die Hetoimasia, der leere Thron Gottes, bekam im elften Jahrhundert einen neuen Bedeu-
1178
tungskontext innerhalb des byzantinischen Weltgerichtsbildes, 1179 und in Ägypten überlebte
ein Motiv ganz besonders lang und scheint wenig von seiner originalen Bedeutung eingebüßt
zu haben: Das Theophaniemotiv wurde hier noch bis ins 13. Jahrhundert in den Apsiden der
Mönchsklöster dargestellt.1180
Im Byzantinischen Reich haben andere Motive die visionären Gottesschauen an den zen-
tralen Bildorten der Kuppeln und Apsiden ersetzt. Es erschienen nun dort vor allem der Pan-
tokrator und Maria mit oder ohne Christuskind, die beide die menschliche Natur und die
Inkarnation betonten. Der Pantokrator legitimierte sich darüber hinaus durch die portraithafte
Ähnlichkeit mit einem angenommenen Urbild, das bereits in der berühmten Christusikone
vom Sinai und im Goldsolidus Justinians II. abgebildet ist. 1181 Diese Entwicklung war den
Auseinandersetzungen um die Legitimität der Bilder Christi während des Ikonoklasmus ge-
schuldet, hat aber seine Wurzeln bereits im siebten Jahrhundert. Der 82. Kanon des Konzils
von (rullo (691/2) forderte, dass Christus in seiner inkarnierten, menschlichen Form und ohne
symbolisch-allegorische Bildelemente dargestellt werden sollte. Die neuen Bilder des Göttli-
chen kamen daher weitgehend ohne visionäre Elemente aus, betonten die Inkarnation oder die
Historizität konkreter biblischer Berichte. Mit dem Rückzug visionärer Bilder ging der Rück-
gang der Visionserwartung einher, die fast über die gesamte Spätantike hinweg die Triebfeder
der visuellen Produktion der Bilder Gottes gewesen war.

1 178 Die Komplexität des Programms kann an dieser Stelle nur skizziert werden und wird in einem Artikel
ausführlicher thematisiert werden.
1179 Brenk, 1964: 106f.
1180 Bolman, 2002: 65.
1181 Siehe hierzu Büchsei, Martin, „Das Christusporträt am Scheideweg des Ikonoklastenstreits im 8. und
9. Jahrhundert,“ MarburgerJahrbuch Jur Kunstwissenschaft 25, 1998: 7-52, bes, S. 7-24.
Abkürzungen

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Abb i1d ungsverzeich n is

(Wenn nicht «anders vermerkt, stammen die Abbildungen vom Autor.)

Tafeln

2 Mit freundlicher Genehmigung des Katharinenkloster, Sinai, Ägypten und der Michigan-
Princeton-Alexandria Expedition zum Berg Sinai; 3 Hellenkemper 1S>84, S. 107; 8 Bibiioteca
Laurenziana (Mit freundlicher Genehmigung des MiBACT, Reproduktion verboten); 12 Ka-
tharina Palmberger; 15 Bibiioteca Ambrosiana, Mailand; 19 Caputo; Ghedini 1984, Tf. 23; 20
W 24 Eastmond 2013, Kat.Nr. 57 und 97; 25 Wilpert, Bd. 3, 1916, Tf. 77; 27 Wulff, 1913:
Tf. 1; 28 Museo e Tesoro del Duomo di Monza, Foto: Piero Pozzi: 29 The Cleveland Museum
of Art, Leonard C. Hanna, Jr. Fund; 30 Elisabet Enß; 33 Wilpert, Bd. 4, 1916, Tf. 251; 35
Wolf; Morello 2000, Kat. 1.4; 36 bpk Bildagentur; 38 Bibliotheque nationale de France, Paris.

Abbildungen

4 Staatliche Museen zu Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz; 5 Charbonneaux 1969, Abb.


386; 6 Wright 1993, S. 46; 7 und 57 Eastmond 2013, Kat Nr. 2 und 1; 12 Skulpturensamm-
lung und Museum für Byzantinische Kunst, Staatliche Museen zu Berlin, Foto: Antje Voigt;
13 Wilpert 1903, Tf. 25; 14 Baur 1934, l f. 49; 22 und 36 Bibiioteca Ambrosiana 1953, Tf.
47 und 23; 23 Möbius 1962, Tf. 24; 27 De Franciscis 1968, Abb. 46; 28 Deckers 1979, Abb
34; 29 und 30 McFadden; Jones 2015, Abb. 6.16 und 6.25; 35 und 104 Schoenebeck 1935,
Abb. 5 und 4; 38 Museo Diocesano, Mailand; 39 Universitätsbibliothek Leipzig; 40 Wünsche
2004, Abb. 338; 48 Deckers 2001, Abb. 17; 55 Bernard 1980, Tf. 54; 58 Schiefter 1999, Abb
9; 59 Bibiioteca Laurenziana (Mit freundlicher Genehmigung des MiBACT Reproduktion
verboten); 62 und 100 Museo Archeologico Nazionale di Venezia; 63 und 85 Schmit 1927, Tf.
12 und 13; 64 Ivanovici 2016, Abb. 31; 72 Bayrisches Nationalmuseum; 74 Lazaridou 2011,
Kat Nr. 127; 75 Gough 1955, Tf. IX; 78 und 86 Cledat 1999, Abb. 8 1, 82 und 83; 79 Cledat
1904, Tf. 90; 82 Dumbarton Oaks Collection; <S4Mouterde1943, Kat. Nr. 55; 91 Mauskopf-
Deliyannis 2010, Abb. 13; 93 Thomas Kaffenberger; 95 Soprintendenza per i beni culturali,
Ravenna; 96 Metropolitan Museum, New York; 98 Irmity College Cambridge; 101 Garrucci
1877, Tf. 484.14 und Fotografie mit freundlicher Genehmigung der Congregazione delle Su-
ore Cistercensi della Caritä; 102, 105 und 1 14 Wilpert Bd. 4, 1916, Tf. 132, 224 und 184;
103 Morey 1959, Abb.78; 706Waetzoldt 1964, Kat.Nr. 519 und 520; 110 Württembergische
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Zografou, Athanassia. „Rencontrer les dieux en reve dans 1’antiquite tardive. La programmation des reves dans
les Papyri Graecae Magicae.“ In Perception et construction du divin dans l’antiquite, Philippe Borgeaud;
Doralicc Fabiano (Hrsg.), 21 1—233. Genf: Droz, 2013
Register

Aclius Aristides Celsus (Philosoph)


32 73, 75, 83-87, 242
Albenga, Baptisterium Chorikios von Gaza
85, 1 1 7 , 169, 179 253
Alahan Manastir (Kilikien) Cicero
7 1 , 137, 140, 144, 170 23, 30-32, 3 5 , 86
Alter der Tage Cimitile
12, 54, 140, 1 7 8 s. Felix (1 lediger)
Ambrosius von Mailand Cyprianus von Karthago
6 5 , 69, 106, 135, 138, 155, 172, 234E 232
Anastasios Sinaita Daniel (Prophet)
63, 1 8 5 41-43, 45E, 62, 64, 78, 80, 83, 267
Antonius (Heiliger) Demetrios (Heiliger)
5 1 , 58f. 32, 52, 223E
Apokalyptik Doxa (Herrlichkeit, Gloria, Käböd)
16E, 43-48, 49, 54, 70, 86, 135f„ 178, 181, 16, 4 1 E , 44-46, 56, 65, 69, 185, 190, 231-
190, 262 235
Apologeten Dura Europos, Hauskirche
1 1, 23f„ 65, 72, 74, 238, 240, 250 78-80, 84
Apostelkollegium Ecclesia (gegenwärtige Herrschaft Christi)
18, 7 1 , 89, 102-108, 111 47, 128, 141, 182-185, 191, 196, 199, 207E,
Aquileia, Dom 264
8 1E, 166 Egeria (Pilgerin)
Arianismus 52, 132, 235f.
14, 88E, 150, 176 Elias (Prophet)
Aristoteles 39, 4 1 , 49, 59, 63, 129-136, 162, 179, 1 8 5
31 Epiphanios von Salamis
Artemidor von Daldis 248
30-34 Eschatologie
As-Sanamain, Tychai'on 19-22, 40, 43, 46E, 56E, 181-196, 198, 206-
96, 102 208, 216-220, 261-264
Athansios von Alexandria Eucharistie
14, 50E, 58E, 69, 176, 235 s. Liturgie
Augustinus von Hippo Eusebios von Caesarea
24-26, 48, 55, 63E, 66-68, 82, 128, 134, 185, 61,65,75,84, 88E, 186, 193, 201, 205, 224f„

1 9 1 E , 202, 205E, 212, 218, 234, 2 5 1 245E, 248, 2 5 1 , 2 6 5

Basilios von Caesarea Eusebios von Nikomedia


202, 236,251 89
Basilios der Jüngere Eustratios von Konstantinopel
48 63
Bawlt, Apollonkloster Felix (Heiliger)
19, 58, 1 2 1 , 141, 150E, 1 5 6 E , 1 6 1 , 164, 244, 55, 64, 2 0 1 , 2 2 5 , 229,252
267 Feuer (s. auch Licht)
Brescia (Lipsanotliek) 40E, 44-46, 57, 60, 1 32E, 146, 186, 212, 216,

129, 133 244

Casarano, S. Maria della Croce Grado, Ihronreliquiar


117, 19 1 E 12, 174, 1 8 3

Castel Sant’Elia (Basilika) Gregor der Große


165, 168 54, 62E, 69, 159E, 247
306 Register

Gregor von Nazianz Jerusalem (s. auch loca sancta)


41, 62, 133, 224, 267-269 39E, 42, 49, 56, 60, 111, 122, 167, 193, 200-
— Pariser Homilien (Par. grec. 5101 202, 207-209, 248
267E — Tempel
Gregor von Nyssa 42, 206. 232. 239-242, 269
24, 188, 251 Jesaja (Prophet)
Gregor von Tours 39-42, 44, 47f., 54, 62, 64E, 139, 153, 1 6 2 -
51,57, 252 164, 178E, 266-269
Grottaferrata, Katakombe — fcs. 2.2—4 (s. auch Traditio L egis)
199 12.40.71, 167, 179, 196-208
Gundohinus Evangeliar (Ms. 3) Johannes Chrysostomos
17, 152, 210E 129, 159, 185E, 192, 205, 216. 234
Habakuk (Prophet) Johannes Diaconus
41, 154, 268 129
Henoch (Apokalypse) Johannes Moschos
43-45,48, 53, 135E, 141 178 51,59
Hesekiel (Prophet) Johannes Rufiis
40-47, 55, 62, 1 11, 137E, 151-155, 165, 170, 55E, 60, 178
178E, 210, 212, 244, 267-270 Josephus Flavius
Hermes Trismegistos 135
/Z Judentum
Herodot 38-43,72, 108, 186, 190
29, 33, 35 Junius Bassus (Sarkophag)
Herrlichkeit 113, 117
s Doxa Justin der Märtyrer
Hetoimasia 65, 87, 183E, 202, 205
s Thron Juvenal \ o n Jerusalem
Hieronymus 56, 60
138, 184, 205,210 Kairo, AI-Moallaqa Kirche
Himmelfahrt Christi 14, 149E, 166, 208-210, 257
48E, 71, 129, 135, 140-155, 208-212 Kaiserbild
Himmlisches Jerusalem 18, 19, 36, 97-102, 108-115, 118, 121-125,
s. Paradies 168, 176-178,251
Hippolytus von Rom Kiti (Zypern)
184-186, 261 114
Hypatios von Ephesos Klemens von Alexandria
238, 250 23. 54. 72, 74-76, 84, 233E, 236, 239
lamblichos Konstantinopel
36E, 86.241E — Apostelkirche
Ikone 131, 229E, 258
17, 22, 32, 58, 87, 147, 209, 246-255 — Arkadiussäule
— Emmanuel Ikone (Sinai) 195
12, 117, 139, 152, 209 — Chora-Kloster
Ikonoklasmus 242
22,61,246,256-259,270 — Hagia Eirene
Ilias Ambrosiana (Cod. F205) 153, 264
90-95, 105, 111, 149 — Hagia Sophia
Irenäus von Lyon 13, 159, 220-223, 229, 240, 250, 253, 266
66, 68, 138, 184 — Stoudios Kloster
Islam 13,258
12, 72, 150, 256E
Register 307

Konzilien Maximos von Tyrios


- Chalkedon (451) 30, 37
55E. 89, 176 Merseburg, Dom
— Elvira (Synode, um 306) 203
249, 253 Minucius Felix
- Nikaia (325) 23, 72, 74. 84, 239
24, 88E, 124, 176, 256, 210, 232, 235, 256 Miseno, Collegium der Augustalen
- Nikaia II (787) 96, 102, 242
256 Moses
- Quinisextum (Trullanum, 692) 18, 39, 41, 47, 57, 63-65, 93, 129-136, 162,
175, 258, 270 179, 185, 188, 269
Kosmas Indikopleustes Naturkatastrophen und -ereignisse
188,212-220, 243,245 40E, 56, 132, 172, 174, 187, 190, 212, 256
Kosmas und Damian (Heilige) Nerezi, St, Panteleimon
30, 32, 63, 255 161
Kreuzzeichen und Kreuzvision Neapel
12, 22, 49, 56, 107, 111, 128, 132, 134, 179, - Baptisterium
183, 190-196,243,264 78, 82, 1 14, 117, 137E, 202, 243
Kyrill von Skythopolis - Dom
51, 57, 61, 159, 243 129
Kyrill von Jerusalem Neuplatonische Philosophie
129, 134, 155, 159, 193-195, 202, 264 17, 36E, 72E, 213, 232E, 238-242, 250
Kolumba (Heiliger) Nikaia, Koimesis-Kirche
58 126-128, 163E, 264
Leuchter der Apokalypse Nikolaos Mesarites
12,41,47, 157E, 166, 1.70, 173E, 188 229E, 258
Licht Nimbus
20, 30, 37, 42E, 54-61, 89, 118, 133E, 153, 89, 100, 105E, 1 1 1 - 1 13, 121E, 124, 170, 179
1 59, 209, 220-238, 243, 268 Offenbarung (Bilder)
Liturgie 17, 19, 21, 71, 156, 166-190, 208
19E, 37, 54, 64, 133, 140, 150E, 156-166, Ohrid, Pangia Peribleptos (St. Klemens)
182, 235-237, 241 268-270
— Cberubikon Origcnes von Alexandria
159 48, 54, 65, 73-75, 87E, 184, 205, 232-234
Latmos, Pantokratorhöhle Pachomios
139, 152, 157, 209 24, 54E, 57E, 151
loca sancta Palladios von Galatien
19, 39, 64-66, 133, 146, 181, 196, 224, 240, 59
256 Paradies
Luxor, Kaiserkultraum (Amun-Tempel) 20, 107, 111, 176, 184, 201, 206-208, 216,
87, 97-102, 109, 112, 114, 124, 242 230, 243-245, 257
Maiestas Domini Paulinus von Nola
17, 140, 152, 156, 170, 187, 210-212, 257 55E, 64, 192, 201, 223, 225, 229E, 252
Mailand Paulus Silentiarius
- Sant’Aquilino 223E, 229
106, 113, 135. Pergamon, Asklepieion
- San Nazaro (Reliquiar) 96E, 102
106, 113, 125 Perpetua (Passio)
- San Vittore in Ciel d Oro 50, 53E, 178
137, 243 Petrus Chrysologus
Martin (Heiliger) 134
51,58, 122E, 219, 252
308 Register

Petrus Ibericus (Heiliger) - Sant'Apollinare in Classe


56 12E, 22, 117, 131, 134, 136, 156E, 162, 168,
Philon von Alexandria 173, 179, 191-195,225,244
31.232E - Sant’Apollinare Nuovo
Phönix 14,192
118, 197, 201,206 Regenbogen
Photios 12,41, 105, 122, 153, 170, 268
37,219,252 Repräsentationsverbot (biblisch)
Pilger 11, 13, 42,71, 88, 124, 250, 257
25, 52, 55, 68E Rom
Pilgerampullen - Alt-St. Peter
140, 146, 195E, 208 120, 175, 196, 208, 224-226
Plinius der Ältere - Lateran (Fastigiutn)
33 87, 124E, 241
Plotin - Lateransbaptisterium
36E, 241E 100, 223
Pola/Samagher, Elfenbeinkästchen - San Clemente
126, 197 266
Porec, Basilica Euphrasiana - San Giovanni a Porta Latina
94, 114, 129, 158, 175E, 187E.223 173
Porphyrios — San Lorenzo fuori le mura
36, 86, 24 If. 176, 230E
Prokopios von Caesarea - San Venanzio
132, 172, 220, 240, 253 94, 149, 173, 175
Prudentius - Sant Agnese fuoii le mura
50, 134, 224, 236E, 252 227-230
Pseudo-Dionysios — S Costanza
57, 67, 193, 238,250 20, 100, 112, 117, 196, 201, 205
Pseudo-Ephräm - S. Croce in Gerusalemme
136, 185 173
Ptolemäus 111. Euergetes - S Maria Antiqua
112 83, 223, 255, 265
Quodvultdeus - S. Maria in Paliara (S. Sebastianello)
185, 261 202-204
Rabbula-Codex (Ms. Plut. I, 56) — S. Maria Maggiore
60, 71, 120E, 146, 164, 170, 189, 209, 244 12, 92-94, 125E, 128, 149, 157, 170. 175-
Ravenna 178, 183, 188, 197, 220, 233, 243
- Baptisterium der Arianer - S. Paolo fuori le mura
14, 126 91, 173, 175-178, 187, 208, 224, 243
— Baptisterium der Orthodoxen — S. Prassede
14 173, 178
— Capella Arcivescovile — S. Pudenziana
189, 224-227, 237 102-104, 106. 111,-136, 138, 191E, 210
- Mausoleum der Galla Placidia (sog.) - S. Sabina ‘
22, 85f., 1 17, 125, 137E, 191-195, 243 71, 120, 129, 141E, 149, 168, 188E, 208, 220,
— San Giovanni Evangelista 244
170E, 188 — SS. Cosma e Damiano
- San Michele in Africisco 12, 118, 126, 138, 157, 167, 170, 173-178,
21, 169, 174-176, 187f., 243 187, 196, 202, 208, 225, 233, 243
— San Vitale - Tempel der Venus
13, 64. 109-111, 114, 123, 133, 155, 157, 96
168, 176, 188, 196,210
Register 309

- Tempel des Mars Ultor Tetramorph (Cherubim)


96 12, 17, 40E, 44E, 47, 56, 58, 71, 94, 107,
Romanos der Melode 137-155, 159-161, 166-179, 185, 188, 208-
135E, 188, 242, 261 212, 243E, 258, 265, 268
Sabratha. Herkulestempel Thekla (Heilige)
97, 102, 112, 118 51E, 61
Sacra Parallela des Job. v. Damaskus (Par. gr. 923) Theodoret von Kyrrhos
216, 266 51,58, 64,202, 205E, 248
San Prisco, S. Matrona Theo phan iei n o tiv
126, 183, 188 71, 140-155, 167, 208-212, 219, 243
Saqqara Theophilos von Antiochia
19, 58, 141, 150, 156E 23, 74, 84
Schlaf Thessaloniki
s. Traum - Hagia Sophia
Scipio Africanus 153
29, 240 — Hagios Demetrios
Seraphim 13, 22, 52, 223E
41, 56, 159, 161£, 211,258 - Hagios Georgios (Rotunde)
Sidus lulium 95, 188E
108 - Hosios David
Sinai 12, 122, 152-155, 157, 209, 233
38-42, 47, 58, 117, 129-136, 147, 172, 176, Theurgie
188, 202, 209, 213, 265-270 36E, 86E, 241
Sol Invictus Thron und Thronvision
112, 114, 118-120 12, 41, 44E, 54, 56, 71, 89, 100, 102-107,
Sozomenos 114E, 122, 128, 137, 152E, 162, 166-179,
88, 195 188, 192, 208, 210E, 215f.
Statuen (Kult) -Leerer Thron (Hetoimasia)
16, 26-29, 32-38, 70, 72E, 75, 85-88, 90. 12, 14, 125-128, 157, 161, 163, 170, 174,
94-96, 102, l l l f , 118, 241, 251E 181-183, 186,270
Stephanos (Heiliger) - Globus
51,61,64 64, 114, 118, 123, 176
Sternenhimmel Tivoli (San Silvestro)
46, 89, 105, 117E, 121, 124, 134, 136E, 139, 165
179, 190 Trabzon, Hagia Sophia
Stuttgarter Psalter (Cod. Bibi. 23) 266, 270
152, 187,211,244 Traditio Legis (s. auch Jes. 2.2-4)
Sulpicius Severus 14, 17E, 71, 88, 100, 113-115, 118-120,
51, 59, 122E, 186, 192, 219, 229f. 166E, 179, 182E, 196-208, 212, 258, 263E
Symeon der Ältere Transfiguration
58 12, 18, 49, 63, 90, 129-136, 162, 179, 185E,
Symeon Styli tos 192, 234, 238
248 Traum
Synagogen 30-33, 41E, 54, 61,62f.. 151
13, 38, 240 Trishagion
Synesius von Kyrene 41, 54, 57, 128, 139, 150, 156-166, 209, 264
32 Tycom us
Synodikon der Orthodoxie 184E, 264
257 Venantius Fortunatus
Tertullian 51, 59, 237
13, 24, 44, 48, 53, 65-69, 73, 77, 202, 205, Vergilius Romanus (Vat. lat. 3867)
250 104E, 111, 113-115, 118-122
310 Register

Vergilius Vaticanus (Vat. lat. 3225) Zion


33, 92, 111,240 s. Jerusalem
Vicenza, S. Maria Mater Domini Zweite Wiederkunft (zweite Parusie)
137 20-22, 46f„ 49f., 56, 59, 122, 128, 135, 140,
Victorinus von Pettau 151, 155, 182-188, 190-196, 207,212,215-
122, 173, 184 218, 261
Weltgericht
s. Zweite Wiederkunft
Tafeln
Tafel 1
Thron und Tetramorph, Apsisstirnwand, Santa Maria Maggiore, Rom
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Christus Emmanuel, Ikone, Katharinenkloster, Sinai

Tafel 2
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3 Thronreliquiar aus Grado, Schatzkammer, San Marco, Venedig

Tafel 3
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Theophanische Vision (Traditio Legis), Apsis, SS. Cosma e Damiano, Rom


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Tafel 5
Theophanische Vision, Apsis, Sant’Apollinare in Classe, Ravenna
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6 Theophanische Vision, Apsis, Hosios David, Thessaloniki

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7 Traditio Legis, S. Costanza, Rom

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8 Theophaniemotiv, Rabbula Codex, Biblioteca Medicea Laurenziana, Florenz (Plut 1.56, fol. 13v)

Tafel 7
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9 Apsis, San Vitale, Ravenna

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10 Moses am Horeb und Abel und Melchisedek, Südlünette, Presbyterium, San Vitale, Ravenna

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Moses am Sinai und die drei Jünglinge bei der Eiche Marnre, Nordlünette,
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12 Türsturz (Vorderansicht und Untersicht), Alahan Manastir, Kilikien, Türkei

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13 Thcophanicmotiv, Holztür von S. Sabina, Rom

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14 Theophanische Erscheinung in einer Nische des Baptisteriums von Albenga

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15 Erscheinung des Zeus ober halb der kämpfenden Trojaner und Griechen,
Ilias Ambrosiana, Mailand (Cod. F 205, pict. 39)

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16 Abraham und Melchisedek, Obergadenwand, S. Maria Maggiore, Rom

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Blick in die Apsiskalotte, San Venanzio am Lateransbaptisterium, Rom


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18 Kuppelmosaik (Fragment), Georgsrotunde (Hagios Georgios), Thessal.


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19 Apotheose des Marc Aurel, Westapsis des Herkulestempels von Sabratha, Libyen

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Christus zwischen den Aposteln, Apsis, S. Pudenziana, Rom

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Götterversammlung, Vergihus Romanus, Biblioteca Apostolica Vaticana (Vat. lat. 3867, fol. 234v)

22 Mosaische Theophanien auf den Armen des Sinai-Kreuzes, Katharinenkloster, Sinai

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Erscheinung, Gewölbemosaiken, sog. Mausoleum der Galla Placidia, Ravenna


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24 Theophanie, Saal 6, Apollon-Kloster, Bawit, Ägypten

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25 Leerer Thron, Kapelle S Matrona, San Prisco bei S. Maria in Capua Vetere (Umzeichnung)

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26 Löwe des Tetramorph in einer der vier Trompen des Baptisteriums von Neapel

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27 Deckengemälde, Pantokratorhöhle, Latmos

28 Himmelfahrt Christi, Pilgerampulle Iv, Diözesanmuseum Monza

Tafel 22
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29 Maria mit Kind, Vorhangstoff, Cleveland Art Museum Inv. Nr. 1967.144

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Tafel 24
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30 Türsturz der Al-Moallaqa Kirche, Koptisches Museum, Kairo


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31 Erzengel Michael mit Trishagionsinschrift, Apsisstirnwand (links), Sant’Apollinare in Classe, Ravenna

Tafel 25
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32 Triumphbogen, S. Paolo fuori le mura, Rom


33 Triumphbogen S. Croce in Gerusalemme, Rom (Umzeichnung)

Tafel 27
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36 Feurige Vision im Sanktuarium einer Kirche, Bodenmosaik, vermutl. aus Syrien. Musee du Louvre (Ma 5093)

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37 Tetramorph, Narthexfresko, Hagia Sophia, Trabzon

Tafel 30
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38 Theophanie, Homilien Gregors von Nazianz, Paris (Par. gr. 510, fol. 285r)

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