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Neurosensorik - Touch

Zentrale Verarbeitung

Jutta Kretzberg

26.1.2006

http://www.uni-oldenburg.de/sinnesphysiologie/
3 Vorlesungstermine “Fühlen”

Überblick über verschiedene Aspekte des


Fühlens
Somatosensorik
Propriozeption hauptsächlich
Enterozeption Mechanorezeptoren

Temperaturempfindung freie
Nozizeption Nervenendigungen

Tastsensoren der Haut


Zentrale Verarbeitung
3 Vorlesungstermine “Fühlen”

Überblick über verschiedene Aspekte des


Fühlens
Tastsensoren der Haut
Meissner Körperchen, RA Oberfläche

Merkel Zellkomplex, SA I Oberfläche


& Form
Pacini Körperchen, PA Vibration

Ruffini Körperchen, SA II Form

Zentrale Verarbeitung
3 Vorlesungstermine “Fühlen”

Überblick über verschiedene Aspekte des


Fühlens
Tastsensoren der Haut
Zentrale Verarbeitung
zentrale Verarbeitung der Nozizeption und
der Somatosensorik
Entstehung komplexer rezeptiver Felder
Plastizität des somatosensorischen Systems
Das somatosen-
sorische System
Somatosensorischer Kortex
quartäre Neuronen
quartäre Neuronen Mechanosensorik:
dicke, markhaltige
Thalamus
tertiäre Neuronen Afferenzen des
tertiäre Neuronen Hinterstrang-
lemniskalen Systems

Nozizeption:
dünne Afferenzen
verlängertes des anterolateral/
Rückenmark spinothalamischen
sekundäre Neuronen
Systems
Rückenmark
primäre Neuronen
primäre & sekundäre Neuronen Kandel et al 2000
Das Rückenmark

Die Zellkörper der Tastsensoren


und der Nozizeptoren liegen im
(dorsal root ganglion cells)
Die Axone der Nozizeptoren
enden im Hinterhorn des
Kandel et al 2000
Rückenmarks und verschalten
dort auf Afferenzen, die im
Seitenstrang zum Gehirn ziehen
Die Axone der Tastsensoren
ziehen im Hinterhorn zum Gehirn
und verschalten ausserdem auf
Motoneurone
Purves et al 2004
Verschaltung von Nozizeptoren
im Rückenmark
Im Rückenmark laufen
Nozizeptoren aus
verschiedenen Körper-
regionen zusammen
Woher die Erregung
eines nachgeschlateten
Neurons kommt, kann
nicht mehr nachvoll-
zogen werden
Deshalb werden
Schmerzen teilweise
falsch zugeordnet
Kandel et al 2000
Verschaltung von Nozizeptoren
im Rückenmark
Nozizeptor

Mechanorezeptor Kandel et al 2000


Nach der “gate control” Hypothese interagieren im Rücken-
mark Nozizeptoren mit somatosensorischen Afferenzen
Die Nozizeptoren wirken sowohl direkt als auch indirekt
durch Hemmung eines inhibitorischen Interneurons auf die
Projektionsneurone
Die Aktivität der Projektionsneurone repräsentiert das
Verhältnis zwischen Nozizeptor- und andern Afferenzen
Wirkung von Opiaten und
Efferenzen auf die Nozizeption

Efferenzen können die


Schmerzempfindung
reduzieren
Kandel et al 2000
Opiate wirken Aktivitätsverkürzend auf Nozizeptoren
Opiate wirken prä- und postsynaptisch aktivitätsverringernd
auf die Synapse zwischen Nozizeptor und Projektionsneuron
Das verlängerte Rückenmark
Im Hirnstamm kreuzt die
somatosensorische
Information auf die
ipsilaterale Seite
Die primären sensorischen
Afferenzen verschalten
auf Projektionsneurone,
die zum Thalamus ziehen
Die rezeptiven Felder von
sekundären Neuronen
sind meistens größer und
komplexer als die von
Kandel et al 2000
primären Neuronen
Verschaltungen im
Relay Nucleus des Hirnstamms
Sekundäre Neurone
integrieren Eingangs-
signale mehrerer
primärer Neurone.
Dadurch sind ihre
rezeptiven Felder größer
Jedes Rezeptorneuron
schaltet auf mehrere
Projektionsneurone =>
Kombination aus
Konvergenz und
Divergenz
Kandel et al 2000
Verschaltungen im
Relay Nucleus des Hirnstamms
Durch Inhibition können
bei sekundären Neu-
ronen komplexe rezep-
tive Felder entstehen
Typisch sind Zentrum-
Umfeld Organisationen,
es kommen aber auch
asymmetrische rezep-
tive Felder vor
Inhibition dient der
Kontrastverstärkung
und der Unterdrückung
von Rauschen
Kandel et al 2000
Inhibition im
Relay Nucleus des Hirnstamms
Feed-Forward: Aktivste
primäre Afferenz unter-
drückt Aktivität benach-
barter Relayneurone
(winner take all)
Local Feedback: Aktivstes
Relayneuron unterdrückt
benachbarte
Global Feedback:
Efferenzen von höheren
Zentren beeinflussen die
Verrechnung
Kandel et al 2000
Der Thalamus

Die tertiären Neurone des Thalamus bilden den Eingang


zum somatosensorischen Kortex
Die Verarbeitung der taktilen Information erfolgt nach
den gleichen Prinzipien wie im Hirnstamm, die
rezeptiven Felder sind also noch größer Kandel et al 2000
Der Thalamus

Zwei thalamische
Kerne der Somato-
sensorik und Nozi-
zeption:
Nucleus ventralis
posterolateralis für
Körperregion
Nucleus ventralis
posteromedialis für
Kopfregion

Purves et al 2004
Der somatosensorische Kortex

Die quartären Neurone des somatosensorischen und des


nozizeptiven Systems liegen im primären somatosensorischen
Kortex SI
Im SI enden die Afferenzen aller Rezeptortypen
Der SI ist somatotop aufgebaut Kandel et al 2000
Der somatosensorische Kortex

SI gliedert sich in
Brodmanns Areale
3a Eingang aus Thalamus
über Hautsensoren
3b Eingang aus Thalamus
über Propriorezeptoren
1 Verarbeitung
Hautsensoren
2 Verarbeitung
Purves et al 2004 Propriorezeptoren
SII: Eingang aus SI, Einfluss von Motivation etc
Parietaler Cortex: Assoziationen, Eingang für den Motorcortex
Area 5: integriert Somatosensorik und Propriorezeption
Area 7: verknüpft taktile mit visueller Information
Der somatosensorische Kortex

Alle Bereiche des SI


erhalten direkten
Thalamischen Eingang
Areale 1 und 2 dienen
aber in erster Linie der
Weiterverarbeitung von
Signalen aus den Arealen
3a und 3b

Heldmaier & Neuweiler 2003


Kolumnen im
somatosensorischen Cortex

Innerhalb der Areale von


SI gibt es eine Aufteilung
in Kolumnen entsprechend
der Rezeptortypen
Das rezeptive Feld eines SI
Neurons umfasst also einen
bestimmten Ort auf der
Haut und eine bestimmte
Reizmodalität

Kandel et al 2000
Lokale Verarbeitung in einer
cortikalen Kolumne

Die hauptsächliche
Informationsverarbeitung
wird durch lokale
Interneurone (stelate
neurons) vorgenommen
Diese vermitteln zwischen
eingehenden Thalamischen
Afferenzen und ausgehenden
Pyramidenzellen, die in
andere Cortexregionen
projezieren

Kandel et al 2000
Rezeptive Felder im
somatosensorischen Cortex

Die rezeptiven Felder


sind umso größer, je
weiter die Verarbeitung
fortschreitet (Rezeptor
< Projektionsneuron <
SI Area 3a,b < SI Area
1, 2 < SII)
Im parietalen Cortex
werden Informationen
beider Körperhälften
zusammengeführt
Kandel et al 2000
Rezeptive Felder im
somatosensorischen Cortex

Laterale Inhibition im Hirnstamm, im Thalamus und im


somatosensorischen Cortex beeinflusst die Struktur der
rezeptiven Felder
Durch laterale Inhibition wird Zweipunktdiskrimination
verschärft Kandel et al 2000
Rezeptive Felder im
somatosensorischen Cortex
Richtungssensitiv Bewegungssensitiv

Neurone in Area 2

Im somatosensorischen Cortex antworten Neurone


speziell auf bestimmte Eigenschaften taktiler Stimuli
Neurone in höheren Verarbeitungszentren haben
komplexere Eigenschaften ihrer rezeptiven Felder, z.B.
Richtungs- und Bewegungssensitivität Kandel et al 2000
Rezeptive Felder im
somatosensorischen Cortex

Kandel et al 2000

Die Grundlage für die Detektion komplexer Reizeigenschaften


im somatosensorischen Cortex wird durch Verschaltung der
Projektionsneurone gelegt
Inhibition dauert länger an als Excitation, deshalb bewirkt eine
Bewegung vom excitatorischen in den inhibitorischen Bereich
eine stärkere Antwort
Somatotopie des
somatosensorischen Cortex
Somatotope Abbildung der
Körperoberfläche auf den
somatosensorischen Cortex
Je sensibeler der Tastsinn
einer Körperregion ist, desto
mehr Rezeptoren besitzt sie
und desto größer ist die sie
repräsentierende Fläche des
Cortex
Jedes Areal des SI hat
seine eigene Repräsentation
des Körpers
Purves et al 2004
Der sensorischen cortikalen
Karte entspricht eine motorische

Getrennt durch den zentralen Gyrus liegt der motorische


Cortex direkt neben dem somatosensorischen und zeigt die
gleiche Topographie des Körpers Reichert 1990
Somatosensorischer Kortex
von Nagetieren

Kandel et al 2000

Bei Nagern nimmt die Repräsentation der Vibrissen den


größten Teil des somatosensorischen Cortex ein
Jeder Vibrisse entspricht ein “Barrel”
Somatosensorischer Cortex
des Sternmulls

Beim Sternmull ist die


Tastschnauze im
somatosensorischen Cortex
extrem überrepräsentiert

Heldmaier & Neuweiler 2003


Cortikale Karten sind plastisch

Wenn ein Finger amputiert wird, übernehmen die


Neuronen der entsprechenden Cortexregion die
Repräsentation der benachbarten Finger

Purves et al 2004
Cortikale Karten ändern sich
durch Training

Affen, die darauf trainiert


wurden, mit der Spitze des
Mittelfingers eine rotierende
Scheibe zu berühren, haben
eine vergrößerte Repräsen-
tation dieses Bereiches und
Kandel et al 2000 verkleinerte rezeptive Felder
Nozizeption wird auf mehreren
Bahnen vermittelt

Kandel et al 2000
Dimensionen der
Schmerzwahrnehmung
Die Wahrnehmung von Schmerz ist ein komplexer
Vorgang, der sich in drei Dimensinen aufteilen lässt:
sensorisch-diskriminative Dimension (Wahrnehmung
von Ort und Stärke des Schmerzreizes):
Somatosensorischer Cortex
affektive Dimension (Auslösen einer Aktivierungs-
reaktion, Angst): Formatio Reticularis des
Hirnstammes, Limbisches System
kognitiv-evaluative Schmerzdimension (kognitive
Leistung, Bewertung, Lernprozesse): Frontallappen
Die Wahrnehmung von Schmerz wird durch “top-down”-
Prozesse beeinflusst
Zusammenfassung

Die Verarbeitung somatosensorischer Information


erfolgt im Hirnstamm, im Thalamus, im
somatosensorischen Cortex (SI und SII) und im
parietalen Cortex
Je weiter die Verarbeitung voranschreitet, desto größer
und komplexer sind die rezeptiven Felder und desto
weniger deutlich ist die Somatotopie
Schmerzempfindung ist ein sehr komplexer Vorgang, an
dem viele Gehirngebiete mitwirken und der massiv
durch Rückprojektionen aus dem Cortex beeinflusst
wird
Wichtigste Quellen
Kandel et al., 2000, “Principles of neural science”, 4th
ed., McGraw-Hill Sehr ausführlich und forschungsnah

Heldmaier & Neuweiler, 2003, “Vergleichende


Tierphysiologie” Band 1, Springer Vergleichender Aspekt
im Vordergrund
Purves et al., 2004, “Neuroscience”, 3rd ed., Sinauer
Einführung mit menschl. Hirnatlas
Nichols et al., 2001, “From Neuron to Brain”, 4th ed.,
Sinauer Einführung, auch Invertebraten

Schmidt & Schaible, 2000, “Neuro und kurze Einführung,


Sinnesphysiologie”, 4. Aufl., Springer eher Medizin

Reichert, 1990 “Neurobiologie”, Thieme veraltete Einführung,


Informationsverarbeitung

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