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Bearbeitet von Staatsanwalt Ulbrich

Lösungshinweise SR 140

Es handelt sich um eine Klausur, die nach meiner Einschätzung im mittleren


Schwierigkeitsgrad (unterer Bereich) anzusiedeln ist. Die einzelnen Handlungen
konnten gut differenziert werden, so dass der Sachverhalt gut zu erfassen war.

Die Klausur enthält Standardprobleme aus dem allgemeinen und besonderen Teil, aber
auch schwierige Rechtsfragen.

Problemschwerpunkte:

 Unfallflucht bei späterer Kenntniserlangung vom Unfall


 Freiheitsberaubung „auf andere Weise“ und Unmittelbarkeitszusammenhang
im Rahmen des § 239 Abs. 4 StGB
 Beweiswürdigung, insbesondere Verwertbarkeit von Angaben das Zeugnis
verweigernden Angehörigen, der der Verwertung früherer Angaben zustimmt
 Falsche Verdächtigung gemäß § 164 StGB, insbesondere bei
eingeschränkten Täterkreis und Einwilligung des zu Unrecht Verdächtigten

Für eine Bewertung mit über 9 Punkten sollten diese Problemschwerpunkte


angesprochen werden.

Materiellrechtliches Gutachten

A. Hinreichender Tatverdacht gegen den Beschuldigten Tim Traber (T)

I.Tatkomplex: Die Fahrt von Görlitz nach Bautzen und die Abfahrt von Bautzen

1. § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB

Der Beschuldigte Tim Traber könnte des unerlaubten Entfernens vom Unfallort nach § 142 Abs. 1 Nr.1
StGB hinreichend verdächtig sein, indem er seine Fahrt von Görlitz nach Bautzen unvermindert fortsetzte,
nachdem ein vom Hinterreifen seines Pkw aufgeschleuderter Stein die Windschutzscheibe des Pkws des
Zeugen Gerhard Grund beschädigt hatte.

Die Beschädigung des Fahrzeuges des Zeugen Grund durch einen vom Pkw des Beschuldigten
aufgeschleuderten Stein stellt einen Unfall dar. Es handelt sich insoweit um ein plötzliches Ereignis im
Verkehr, in welchem sich ein verkehrstypisches Schadensrisiko realisiert hat, das unmittelbar zu einem
nicht völlig belanglosen Sachschaden geführt hat. Dass der Schaden an der Windschutzscheibe in Höhe
von 350,- Euro vom Pkw des Beschuldigten herrührt, wird durch die Aussage des Zeugen Grund zu
belegen sein. Der Beschuldigte war auch Fahrer des den Schaden verursachenden Pkws. Auch wenn sich
der Beschuldigte selbst nicht ausdrücklich hierzu eingelassen hat, dürfte sich seine Fahrereigenschaft
bereits aus der ,,korrigierten" Aussage seiner Ehefrau Franka Traber sowie aus den Angaben des Zeugen
Grund ergeben. Der Zeuge Grund hat zwar den Beschuldigten nicht persönlich gekannt, hat ihn aber als
die Person beschrieben hat, die den Pkw geführt hat.

Der Beschuldigte war somit Unfallbeteiligter i.S.d. § 142 Abs. 5 StGB. Bei dem Unfall handelte es
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sich auch um einen Unfall im Straßenverkehr. Dass sich der Unfall auf einem Parkplatz ereignet hat,
steht dem nicht entgegen. Zum öffentlichen Straßenverkehr gehören auch öffentlich zugängliche (private)
Parkplätze. Der Parkplatz bei McDonald's dürfte öffentlich zugänglich gewesen sein. Durch die Weiterfahrt
nach Bautzen hat sich der Beschuldigte vom Unfallort entfernt, ohne dem anwesenden Zeugen Grund die
Möglichkeit zu eröffnen, die notwendigen Unfallfeststellungen zu treffen. Der Beschuldigte hat damit den
objektiven Tatbestand des § 142 Abs. 1 Nr.1 StGB verwirklicht.

Der Beschuldigte handelte jedoch nicht vorsätzlich gem. § 16 Abs. 1 S. 1 StGB in Bezug auf das objektive
Merkmal ,,Unfall im Straßenverkehr". Es sind keine Beweismittel ersichtlich, aus denen zu entnehmen wäre,
dass er den Unfall bemerkt hat. Vielmehr bestätigt der Zeuge Bernd Traber, dass man erst in Bautzen
durch die entsprechende Mitteilung des Zeugen Gerhard Grund vom Unfall erfuhr. Mangels Berührung der
beiden Pkw kann auch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass der Unfall
vom Beschuldigten wahrgenommen wurde.

Danach scheidet ein durch diese Handlung begründeter hinreichender Tatverdacht aus.
2. § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB

Der Beschuldigte Tim Traber könnte des Weiteren wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort nach § 142 Abs.
1 Nr. 1 StGB hinreichend verdächtig sein, indem er von Bautzen nach Görlitz zurückfuhr, ohne zuvor seiner
Mitteilungspflicht gegenüber dem Zeugen Gerhard Grund nachzukommen, obwohl er von diesem in Bautzen auf
das Unfallgeschehen angesprochen worden war.

Eine entsprechende Strafbarkeit scheitert indes bereits daran, dass es an der Tathandlung des Entfernens vom
Unfallort mangelt. Das Parkhaus in Bautzen unterfällt nicht (mehr) dem „Unfallort" i.S.d. § 142 Abs. 1 StGB. Vom
eigentlichen Unfallort hatte sich der Beschuldigte bereits vor der Ankunft in Bautzen (ohne Vorsatz) entfernt und
konnte sich daher nicht ein weiteres Mal vom Unfallort entfernen.

3. § 142 Abs. 2 Nr. 2 StGB

Der Beschuldigte Tim Traber hat sich auch nicht wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort gemäß § 142 Abs.
2 Nr. 2 StGB strafbar gemacht, indem er es unterließ, vor Antritt der Rückfahrt von, Bautzen nach Görlitz die
Feststellungen zu ermöglichen.

Eine entsprechende Strafbarkeit scheitert bereits daran, dass ihn keine nachträgliche Feststellungsverpfichtunq
traf, da er sich zuvor durch die Fahrt von Görlitz nach Bautzen nicht „berechtigt oder entschuldigt", also
gerechtfertigt oder ohne Schuld, sondern unvorsätzlich, also ohne eine damit verbundene
Tatbestandsverwirklichung von der Unfallstelle entfernt hatte.

II. Tatkomplex: Der Unfall auf der Autobahnabfahrt

1. § 212 Abs. 1 StGB

Ungeachtet der Frage, ob der Beschuldigte Tim Traber das Unfallfahrzeug zum Zeitpunkt des für Sebastian
Traber tödlichen Unfalls mit der für eine Anklageerhebung notwendigen Wahrscheinlichkeit geführt hat, dürfte ein
hinreichender Tatverdacht wegen Totschlags gem. § 212 Abs. 1 StGB nicht zu belegen sein. Soweit er das
Fahrzeug führte, hätte der Beschuldigte zwar den objektiven Tatbestand des § 212 StGB erfüllt, indem seine
Handlung (Fahren des Pkw) kausal für den Tod seines Sohnes wurde. Indes mangelt es dem Beschuldigten am
Tötungsvorsatz. Dieser müsste jedenfalls in Form des dolus eventualis gegeben sein. Dem Beschuldigten fehlt
es zumindest am -voluntativen Vorsatzelement, denn er vertraute darauf, dass der Erfolg - der tödliche Unfall -
nicht eintritt. Seine objektiv gefährliche Fahrweise - er fuhr auf partiell glatter Fahrbahn im Kurvenbereich 130
km/h - mag zwar eine lndizwirkung für das In-Kauf-Nehmen des Tötungserfolges entfalten. In einer umfassenden
Gesamtschau aller Tatumstände kann daraus aber nicht auf einen Vorsatz bezüglich des Tötungserfolges
geschlossen werden. Gegen die Annahme der Inkaufnahme eines Todeserfolges durch den Beschuldigten
spricht der Umstand, dass er durch seine Fahrweise nicht lediglich seine Beifahrer, sondern auch sich selbst in
Gefahr brachte; suizidale Absichten sind
aber nicht erkennbar. Auch ist den Angaben des Zeugen Bernd Traber zu entnehmen, dass der
Beschuldigte Tim Traber darauf vertraute, dass er einen Unfall vermeiden kann.

2. § 239 Abs. 1, 2. Alt., Abs. 4 StGB

Der Beschuldigte Tim Traber könnte sich wegen Freiheitsberaubung mit Todesfolge gemäß § 239 Abs. 1, 2.
Alt., Abs. 4 StGB strafbar gemacht haben, indem er die Fahrt vom Bereich der Autobahnabfahrt Kodersdorf
bis zur Autobahnabfahrt Görlitz gegen den Willen seines Sohnes Sebastian Traber fortsetzte, dieser
deshalb nicht aussteigen konnte und sodann einen Unfall verursachte, bei dem sein Sohn zu Tode kam.

a) Beraubung der Freiheit auf andere Weise

Der Beschuldigte Tim Traber könnte seinen Sohn Sebastian Traber i.S.d. § 239 Abs. 1, 2. Alt. StGB ,,auf
andere Weise" als durch Einsperren seiner Freiheit beraubt haben, indem er ihn durch schnelles Fahren
am Verlassen des Kfz hinderte. ,,Auf andere Weise" kann das Opfer durch jede Handlung der Freiheit
beraubt werden, welche objektiv die Aufhebung der Fortbewegungsfreiheit bewirkt. Bel der
Tatbestandsalternative ,,auf andere Weise" reicht jedes Mittel aus, um eine Freiheitsberaubung zu begehen.

Insoweit kann eine Freiheitsberaubung ,,auf andere Weise" auch durch schnelles Fahren mit einem
Fahrzeug begangen werden kann, um hierdurch einen Fahrzeuginsassen am Verlassen des Wagens zu
hindern.

Allerdings darf der Tatbestand nicht durch ein Einverständnis des Betroffenen ausgeschlossen sein. Ein
solches Einverständnis mit der Aufhebung der Fortbewegungsfreiheit dürfte bei dem einvernehmlichen
Fahrtantritt zwar bestanden haben, allerdings kann dieses Einverständnis in die Beförderung mit dem Pkw
widerrufen werden; Voraussetzung ist, dass dieser Widerruf unmissverständlich und endgültig erfolgt.

Nach der detaillierten, widerspruchsfreien und nachvollziehbaren Aussage des Zeugen Bernd Traber ist
davon auszugehen, dass der verstorbene Sebastian Traber den Beschuldigten mehrfach und eindringlich
aufgefordert hat anzuhalten, um ihn aussteigen zu lassen. Damit dürfte Sebastian Traber
unmissverständlich und endgültig ein vorheriges Einverständnis mit der Beförderung widerrufen haben, so
dass der Beschuldigte durch die Weiterfahrt seinen Sohn auf andere Weise der Freiheit beraubt hätte.

b) Nachweisbarkeit der Freiheitsberaubung

Fraglich ist allerdings, ob auch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit beweisbar sein wird, dass der
Beschuldigte das Fahrzeug auf der Fahrt von Bautzen nach Görlitz gelenkt und sein Sohn Sebastian
Traber ihn unmissverständlich aufgefordert hat, ihn aussteigen zu lassen.

Der Beschuldigte bestreitet, gefahren zu sein und behauptet, seine Ehefrau habe das Fahrzeug gelenkt.
Diese Einlassung des Beschuldigten dürfte aber widerlegbar sein.

aa) Verwertbarkeit der Angaben des Zeugen Bernd Traber

Der Zeuge Bernd Traber hat nach anwaltlicher Beratung außerhalb einer Hauptverhandlung schriftlich
erklären lassen, dass er vor Gericht von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen werde. In
diesem Fall besteht ,,kein Anlass, auf dem Erscheinen des Zeugen in der Hauptverhandlung zu bestehen".
Zwar erfasst § 252 StPO nach seinem Wortlaut lediglich Fälle, in denen der Zeuge ,,erst in der
Hauptverhandlung" von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht.

Es besteht aber nach - hier durch KHK'in Prix erfolgter - vorheriger ordnungsgemäßer Belehrung die
Möglichkeit des Zeugen, schon vor einer Hauptverhandlung schriftlich die Geltendmachung seines
Zeugnisverweigerungsrechts zu erklären.

Bernd Traber mag danach als Zeuge von der Staatsanwaltschaft benannt und vom Gericht auch geladen
werden, es kann aber nicht als überwiegend wahrscheinlich erachtet werden, dass er vor Gericht zur
Sache aussagen wird. Entgegen der Auffassung der Verteidigerin des Beschuldigten Tim Traber kann aber
KHK’in Prix über den Inhalt der polizeilichen Aussage des Bernd Traber als Zeugin vernommen und ihre
Aussage verwertet werden.

Einer solchen Verwertung steht insbesondere § 252 StPO nicht entgegen. Zwar enthält § 252 StPO nach
ständiger Rechtsprechung nicht lediglich ein Verlesungs-, sondern ein weitergehendes Verbot, das eine
jegliche Verwertung einer nichtrichterlichen Zeugenaussage, insbesondere die Vernehmung von
Verhörspersonen ausschließt. Ein bloßes Verlesungsverbot wäre neben § 250 S. 2 StPO überflüssig, es
könnte auch durch Vernehmung der Verhörsperson leicht umgangen werden.

Stimmt der Zeuge aber der Vernehmung durch die Verhörsperson - wie hier Bernd Traber - nach erfolgter
Belehrung und in Kenntnis des Verwertungsverbots des § 252 StPO zu, so darf diese Verhörsperson
vernommen und ihre Aussage verwertet werden. Diese Voraussetzungen dürften hier vorliegen.

Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Beweiswert einer solchen Aussage der Verhörsperson gering ist.

Nach der Rechtsprechung des BGH kann ein Zeuge also sein ihm zustehendes
Zeugnisverweigerungsrecht derart spalten, dass er nur insoweit davon Gebrauch macht, als er keine
weitere Aussage als Zeuge tätigt, der Verwertung seiner bereits erfolgten nichtrichterlichen Aussage durch
Vernehmung der Verhörsperson aber zustimmt. Der Sache nach handelt es sich dabei um den Verzicht auf
das sonst mit der Aussageverweigerung verbundene Verwertungsverbot gemäß § 252 StPO.

Es lässt sich nach hiesigen Dafürhalten aber auch die Auffassung vertreten, dass die Angaben einer
Verhörsperson trotz Einverständnis des Verhörten unverwertbar sind. Der Verteidiger des Beschuldigten
hat bei ausschließlicher Vernehmung der Verhörsperson nie die Möglichkeit, an einer Vernehmung des
Verhörten als Zeuge teilzunehmen (vgl. § 168c StPO). Auch ist die Zulässigkeit der Beweiserhebung durch
Vernehmung der Verhörsperson und ihre Verwertung schwerlich mit Art. 6 Abs. 3 Buchst. d) MRK vereinbar,
da der Beschuldigte nie die Möglichkeit hat, den Zeugen konfrontativ zu befragen.
bb) Weitere Beweismittel

Aufgrund der sachverständigen Ausführungen des Dr. med. Sick zu den gurtbedingten Prellungen kommen
ausschließlich die beiden Beschuldigten als Fahrer in Betracht.

Die Beschuldigte Franka Traber hat ihre ursprüngliche Aussage, sie sei gefahren, über ihren Verteidiger
widerrufen. Gleichzeitig hat sie angekündigt, vor Gericht die Wahrheit auszusagen, und erklärt, dass der
Beschuldigte Tim Traber gefahren sei und den ,,Tod ihres gemeinsamen Sohnes" auf dem Gewissen habe.

Dies lässt darauf schließen, sie werde Tim Traber voraussichtlich dahingehend belasten, dass er das
Fahrzeug geführt hat. Es dürfte insoweit auch nahe liegen, dass sie die von Bernd Traber im Rahmen
seiner polizeilichen Vernehmung getätigten Aussagen zu dem von Sebastian Traber unmissverständlich
und ernsthaft geäußerten Wunsch, aus dem Pkw auszusteigen, bestätigen wird.

Der Zeuge Gerhard Grund hat gegenüber KHK'in Prix bestätigt, gesehen zu haben, dass einer der beiden
älteren Herren, also der Beschuldigte Tim Traber oder sein Bruder Bernd Traber das Auto in Bautzen als
Fahrer bestieg. Danach ist ebenfalls Franka Traber nicht gefahren. Des Weiteren erklärte er, der jüngere
Mann - Sebastian Traber - müsse der Sohn des Fahrers sein, da er diesen als Vater angesprochen habe.

Nach alledem dürfte hinreichend belegt werden können, dass der Beschuldigte den Pkw auf der
I

Fahrt von Bautzen nach Görlitz gefahren hat und trotz entsprechender Aufforderung seines Sohnes,
anzuhalten und ihn aussteigen zu lassen seine Fahrt bis zum Unfall fortgesetzt hat.

Der Beschuldigte Tim Traber dürfte hinsichtlich der objektiven Freiheitsberaubung auch mit Vorsatz
gehandelt haben. Eventualvorsatz ist insoweit ausreichend.

c) Erfolgsqualifikation

Der Tod des Sebastian Traber als Erfolgsqualifikation ist eingetreten.

Dieser Erfolg müsste gem. § 239 Abs. 4 StGB ,,durch die Tat" oder aber durch eine ,,während der Tat"
begangene Handlung verursacht worden sein. Erforderlich hierfür ist ein unmittelbarer innerer
Zusammenhang zwischen den Umständen der Freiheitsberaubung und der Tötungshandlung. Hier dürften
die freiheitsberaubende Handlung und die Tötungshandlung zusammenfallen, was für die Annahme der
Erfolgsqualifikation spricht.

Der Beschuldigte Tim Traber handelte auch fahrlässig gem. § 18 StGB bzgl. des Erfolgseintritts. Insoweit
kann auf die Witterungsverhältnisse (stellenweise Glätte) und die hierfür unangepasste Geschwindigkeit
(130 km/h) verwiesen werden. Der Erfolg war auch für den Beschuldigten voraussehbar und vermeidbar.
Da Rechtswidrigkeit und Schuld gegeben sind, ist der Beschuldigte der Freiheitsberaubung mit Todesfolge
hinreichend verdächtig.
3. § 222 StGB

Der Beschuldigte hat durch die Verursachung des Todes des Sebastian Traber den Tatbestand der fahrlässigen
Tötung nach § 222 StGB erfüllt. Dessen Voraussetzungen (Tathandlung, Erfolg, Kausalität) weisen keine
Probleme auf. Hinsichtlich der Sorgfaltswidrigkeit gelten die obigen Ausführungen zur Freiheitsberaubung mit
Todesfolge. Rechtswidrigkeit und Schuld sind gegeben.

4. § 240 Abs. 1 StGB

Des Weiteren dürfte der Beschuldigte den Tatbestand der Nötigung gemäß § 240 Abs. 1 StGB rechtswidrig und
schuldhaft erfüllt haben. Er hat durch körperliche Kraftentfaltung (Treten des Gaspedals) einen physischen
Zwang auf seinen Sohn Sebastian Traber entwickelt, ihn also durch Gewalt zu einem Dulden genötigt.

5. §§ 229, 230 StGB

Weiterhin ist der Beschuldigte der fahrlässigen Körperverletzung zu Lasten seiner Ehefrau Franka Traber und
seines Bruders Bernd Traber in zwei tateinheitlichen Fällen (§ 52 StGB) hinreichend verdächtig, indem er deren
Verletzungen (Rippenbrüche, Prellungen) sorgfaltswidrig verursachte.

Die Geschädigten dürften auch Strafantrag gestellt haben (§ 230 Abs. 1 S. 1 StGB). Dabei dürfte unschädlich
sein, dass sie das Wort ,,Strafantrag" nicht ausdrücklich verwendet haben, sondern ,,nur" „Strafanzeige"
erstattet haben.

Ein Strafantrag ist die ausdrückliche oder durch Auslegung zu ermittelnde Erklärung des Berechtigten, dass er
die Strafverfolgung wünsche.

Die Verwendung des Begriffs ,,Strafanzeige" dürfte im Kontext der Aussage bzw. des anwaltlichen Schreibens
den Wunsch nach, Strafverfolgung hinreichend, zum Ausdruck bringen. Da die Strafanträge auch form- und
fristgerecht erfolgt sind, bedarf es keiner Erörterung des besonderen öffentlichen Interesses.

6. § 315c Abs. 1 Nr. 2 d) StGB

Es dürfte bereits der objektive Tatbestand nicht verwirklicht sein. Die Autobahnabfahrt war nach den
Sachverhaltsangaben nicht unübersichtlich. Eine Autobahnabfahrt dürfte auch keine Straßenkreuzung oder
Straßeneinmündung sein.

Ill. Tatkomplex: Die polizeiliche Beschuldigtenvernehmung des T

1. § 153 StGB

Eine Strafbarkeit des Beschuldigten Tim Traber wegen uneidlicher Falschaussage gemäß § 153
StGB wegen der unwahrer Angabe, seine Ehefrau habe das Auto von Bautzen nach Görlitz gefahren, scheitert
schon daran, dass er diese Aussage als Beschuldigter und nicht als Zeuge oder
Sachverständiger tätigte. Auch ist die Polizei keine zuständige Stelle i.S.d. Straftatbestands.

2. § 164 Abs. 1 StGB

Der Beschuldigte könnte sich durch diese Aussage indes der falschen Verdächtigung nach § 164 Abs. 1 StGB
strafbar gemacht haben.

a) Tatbestand

Durch die Angabe, seine Ehefrau sei gefahren, dürfte der Beschuldigte seine Ehefrau zumindest einer
fahrlässigen Tötung zum Nachteil des Sebastian Traber sowie einer fahrlässigen Körperverletzung zu seinem
Nachteil und zum Nachteil des Bernd Traber verdächtigt haben.

Verdächtigen ist das Hervorrufen, Verstärken oder Umleiten eines Verdachts durch das Behaupten von
Tatsachen, die geeignet sind, einen in Wahrheit Unschuldigen der Gefahr behördlichen Einschreitens
auszusetzen.

Im Hinblick darauf, dass sich seine Ehefrau zuvor selbst der Tat bezichtigt hatte, dürfte der Beschuldigte zwar
keinen Tatverdacht gegen seine Ehefrau hervorgerufen haben, allerdings dürfte er gegenüber KHK'in Prix und
damit gegenüber einem zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Amtsträger Tatsachen behauptet haben,
die geeignet waren, einen gegenüber der Ehefrau bestehenden Tatverdacht zu verstärken. Es dürfte sich auch
nicht nur um ein bloßes Leugnen der eigenen Tat handeln.

Fraglich ist, ob sich an diesem Ergebnis etwas dadurch ändert, dass der Kreis der möglichen Verdächtigten
ohnehin eingeschränkt war.

So wird teilweise angenommen, dass eine falsche Verdächtigung dann nicht in Betracht kommt, wenn neben
dem Beschuldigten nur noch eine andere Person als Täter in Betracht kommt.

Dann könnte die Bezichtigung des anderen im Ergebnis zu nichts anderem führen als das bloße Leugnen.

Ungeachtet der Frage, ob dieser Argumentation zu folgen ist, kommt hier als weiterer Täter zumindest Bernd
Traber in Betracht, so dass eine falsche Verdächtigung aus diesem Grund nicht ausgeschlossen sein dürfte.
1 , .

Der Beschuldigte Tim Traber dürfte jedenfalls mit Eventualvorsatz hinsichtlich der weiteren
objektiven Tatbestandsmerkmale gehandelt und zudem seine Ehefrau auch „wider besseres Wissen" verdächtigt
haben.

Fraglich ist indes, ob er in der Absicht gehandelt hat, ein behördliches Verfahren
gegen seine Ehefrau herbeizuführen bzw. fortdauern zu lassen. Ausreichend soll insoweit sein, dass
der Täter weiß und will, dass ein Verfahren die notwendige Folge seiner Handlung ist; der Endzweck kann ein
anderer sein. Nach diesen Vorgaben dürfte der Beschuldigte über die erforderliche Absicht verfügt haben. Auch
wenn es ihm letztlich darum gegangen sein dürfte, seine eigene Bestrafung zu verhindern, dürfte er als sicher
erkannt haben, dass durch seine Angaben gegen seine Ehefrau ein Verfahren eingeleitet würde bzw. das gegen
seine Ehefrau bereits eingeleitete Ermittlungsverfahren fortdauern würde. Der Beschuldigte hat somit den
Tatbestand der falschen Verdächtigung verwirklicht.
b) Rechtswidrigkeit

Die falsche Verdächtigung der Ehefrau könnte jedoch durch die (mutmaßliche) Einwilligung der Ehefrau
gerechtfertigt sein. Ausweislich der ersten Aussage der Ehefrau Franka Traber, sie sei gefahren, dürfte
davon auszugehen sein, dass sie ursprünglich damit einverstanden war, zu Unrecht belastet zu werden.

Eine rechtfertigende (mutmaßliche) Einwilligung setzt jedoch voraus, dass der Betroffene tatsächlich und
normativ über das Rechtsgut verfügen darf. Danach dürfte hier eine Rechtfertigung nicht in Betracht
kommen. § 164 Abs. 1 StGB schützt nach herrschender Ansicht - jedenfalls auch - die inländische
Strafrechtspflege und dieses Rechtsgut steht nicht zur Disposition desjenigen, der zu Unrecht belastet wird.
Der Beschuldigte ist daher der falschen Verdächtigung hinreichend verdächtig.

3. § 187 StGB

Eine Strafbarkeit wegen Verleumdung nach § 187 StGB scheidet im Ergebnis aus.

So dürfte es bereits an dem gem. § 194 Abs. 1 StGB erforderlichen Strafantrag fehlen. Die Ehefrau des
Beschuldigten hat zwar nach hiesigem Dafürhalten durch das anwaltliche Schreiben vom 26. November
2012 Strafantrag gestellt, allerdings dürfte sich dieser Strafantrag nicht auf etwaige
Beleidigungstatbestände durch die Falschverdächtigung beziehen.

IV. Ergebnis bzgl. des Beschuldigten T


,

Durch die Handlungen im I. Tatkomplex (Fahrt von Görlitz, Abfahrt von Bautzen) hat sich der Beschuldigte
Tim Traber keiner Straftat hinreichend verdächtig gemacht.

Die im II. Tatkomplex durch den Unfall verwirklichte fahrlässige Tötung tritt hinter der Freiheitsberaubung
mit Todesfolge zurück. Die Nötigung wird von der Freiheitsberaubung mit Todesfolge verdrängt, da sich die
von dem Beschuldigten angewandte Gewalt hier darauf beschränkt, die Nötigung zur Duldung der
Freiheitsberaubung zu bewirken.

Die beiden fahrlässigen Körperverletzungen (zu Lasten der beiden übrigen Mitinsassen) stehen in
Tateinheit zur Freiheitsberaubung mit Todesfolge.

Im III. Tatkomplex ist nach der hier vertretenen Auffassung der Tatbestand der falschen Verdächtigung
verwirklicht worden.

B. Hinreichender Tatverdacht gegen die Beschuldigte Franka Traber (F)

Als relevantes Tatverhalten der Beschuldigten Franka Traber kommt allein ihre unwahre Angabe vom 20.
November 2019 in Betracht, sie habe das Fahrzeug auf der Fahrt von Bautzen nach Görlitz geführt.
1. 153 StGB

Eine Strafbarkeit wegen uneidlicher Falschaussage scheitert daran, dass die Beschuldigte Franka Traber
diese Aussage nicht vor einer der in § 153 StGB genannten Stellen getätigt hat.

2. §§ 258 Abs. 1, 1. Alt., Abs. 4, 22, 23 Abs. 1 StGB

Es könnte ein hinreichender Tatverdacht hinsichtlich des Tatbestandes der versuchten Strafvereitelung
bestehen.

Eine vollendete Strafvereitelung gemäß § 258 Abs. 1, 1. Alt. StGB scheidet mangels Erfolgseintritts aus.

Der Versuch der Strafvereitelung ist nach §§ 258 Abs. 4, 22, 23 Abs. 1 StGB strafbar.

Die Beschuldigte hat den Tatbestand der versuchten Strafvereitelung auch offensichtlich - rechtswidrig und
schuldhaft - erfüllt.

Einer Bestrafung wegen versuchter Strafvereitelung steht aber das der Beschuldigten zustehende
Angehörigenprivileg des § 258 Abs. 6 StGB entgegen, das einen persönlichen Strafausschließungsgrund
darstellt.

Die Beschuldigte Franka Traber ist als Ehefrau des Beschuldigten Tim Traber gem. § 11 Abs. 1 Nr. 1 StGB
dessen Angehörige.

3. § 164 Abs. 1 StGB

Den objektiven Tatbestand der falschen Verdächtigung hat die Beschuldigte nicht erfüllt, da sie mit ihrer
Aussage nicht nach § 164 Abs. 1 StGB ,,einen anderen", sondern sich selbst bezichtigte.

4. § 145d Abs. 2 Nr. 1 StGB


I

Es besteht indes ein hinreichender Tatverdacht gegen die Beschuldigte Franka Traber wegen des
Vergehens des Vortäuschens einer Straftat nach§ 145d Abs. 2 Nr. 1 StGB.

Sie hat durch ihre Falschangabe, sie habe das Fahrzeug geführt, wider besseres Wissen eine zur
Entgegennahme von Anzeigen zuständige Stelle über den Beteiligten an einer tatsächlichen begangenen
rechtswidrigen Tat zu täuschen versucht.

Auch die falsche Selbstbezichtigung fällt unter § 145d StGB. Zwar tritt - neben der Vorschrift des § 145d
Abs. 1 StGB - auch die des § 145d Abs. 2 StGB aufgrund der in § 145d Abs. 1 StGB normierten
Subsidiarität u.a. hinter § 258 StGB zurück. Scheitert aber - wie hier - eine Strafbarkeit wegen (versuchter)
Strafvereitelung lediglich an dem persönlichen Strafausschließungsgrund des § 258 Abs. 6 StGB, so soll es
nach überwiegender Ansicht bei der Anwendbarkeit des§ 145d StGB verbleiben.

Ein Rücktritt wegen Berichtigung der Aussage scheidet aus. Die Tat ist mit dem Versuch einer
Täuschung bereits vollendet (abstraktes Gefährdungsdelikt), ausreichend ist nämlich bereits die
Kenntnisnahme der Behörde von der Vortäuschung.
Eine in Betracht zu ziehende analoge Anwendung der Vorschrift zur tätigen Reue nach § 158 StGB mag
zwar bei § 145d StGB erwogen werden, ändert aber nichts an dem hinreichenden Tatverdacht bezüglich§
145d Abs. 2 Nr. 1 StGB.

C. Gesamtergebnis

Bezüglich des Beschuldigten Tim Traber besteht ein hinreichender Tatverdacht nach den §§ 164 Abs. 1,
229, 230, 239 Abs. 1, 2. Alt., Abs. 4, 52, 53 StGB,

bezüglich der Beschuldigten Franka Traber nach§ 145d Abs. 2 Nr. 1 StGB.

2. Teil: Prozessrechtliches Gutachten

Anklageerhebung/ Einstellung

1. Tim Traber

Hinsichtlich des Vorwurfs des unerlaubten Entfernens vom Unfallort nach § 142 StGB aufgrund der
. I

von dem Beschuldigten Tim Traber durchgeführten Fahrt von Görlitz nach Bautzen und der Abfahrt
von Bautzen wird das Verfahren nach § 170 Abs. 2 S. 1 StPO mangels hinreichenden Tatverdachts
eingestellt.

Ob ein Einstellungsbescheid mit Rechtsmittelbelehrung gem. § 171 S.1, 2 StPO an den Anzeigenerstatter
Gerhard Grund zu erfolgen hat, bestimmt sich danach, ob der Vorwurf der Unfallflucht eine prozessuale Tat
gem. § 264 StPO mit dem anschließenden Unfallgeschehen bildet. Aus hiesiger Sicht ist insoweit jede
Auffassung vertretbar, wobei die nicht unerhebliche zeitliche und örtliche Diskrepanz für unterschiedliche
prozessuale Taten, der Umstand der Verfolgung durch den Zeugen Grund für eine Tat sprechen dürfte.

Soweit der Beschuldigte u.a. einer Tat gem. § 239 Abs. 4 StGB hinreichend verdächtig ist, ist gemäß
. J
§ 74 Abs. 2 Nr.9 GVG Anklage vor dem Landgericht - Schwurgerichtskammer - zu erheben. Da die
Tat im Zuständigkeitsbereich des Landgerichts Görlitz erfolgt ist und der Beschuldigte dort zudem wohnhaft
ist, ist die Anklage an das Landgericht Görlitz - Schwurgerichtskammer - zu richten.
Kandidaten, die einen hinreichenden Tatverdacht gem. § 239 Abs. 4 StGB verneint haben, dürften zu einer
Zuständigkeit des Amtsgerichts Görlitz gelangen. Sofern dann ,,nur" Vergehen zur Anklage kämen, wäre
ggfs. auch eine Zuständigkeit des Strafrichters vertretbar.

2. Franka Traber

Die Tat der Beschuldigten Franka Traber wurde in der Polizeidirektion Oberlausitz-Niederschlesien
begangen. Tatort ist damit Görlitz, wo die Beschuldigte zudem wohnhaft ist. Bei der Tat gem.§ 145 d StGB
handelt es sich um ein Vergehen. Da die Straferwartung unter zwei Jahren Freiheitsstrafe liegt, wäre gem.
§§ 24, 25 Nr.2 GVG Anklage zum Amtsgericht Görlitz - Strafrichter - zu erheben.
II. Notwendige Verteidigung

Bzgl. des Beschuldigten Tim Traber lägen die Voraussetzungen einer notwendigen Verteidigung gem. §
140 Abs. 1 Nr.1, 2 StPO vor. Da der Beschuldigte jedoch bereits eine Verteidigerin hat, ist kein Antrag auf
Beiordnung gem. § 141 Abs. 1 StPO zu stellen.

Bzgl. der Beschuldigten Franka Traber dürften die Voraussetzungen einer notwendigen Verteidigung nicht
vorliegen.

Ill. Haft

Nach Aktenlage dürfte nicht nur ein hinreichender Tatverdacht wegen der im materiellrechtlichen Gutachten
angenommenen Straftaten bestehen, sondern auch ein dringender Tatverdacht. Allerdings dürfte es an
einem Haftgrund gemäß § 112 Abs. 2 StPO fehlen, so dass kein Antrag auf Erlass eines Haftbefehls zu
stellen wäre. Im Hinblick auf eine Straferwartung von mindestens drei Jahren Freiheitsstrafe bzgl. des
Beschuldigten Tim Traber dürfte allerdings auch die Gegenauffassung nicht unvertretbar sein, wobei die
Straferwartung allein die Fluchtgefahr im Allgemeinen nicht zu begründen vermag.

IV.§§ 69, 69a StGB; 111a StPO

Durch die Tat gem. § 239 Abs. 4 StGB dürfte sich der Beschuldigte Tim Traber als ungeeignet zum Führen
von Kraftfahrzeugen erwiesen haben. Zwar ist kein Regelbeispiel des § 69 Abs. 2 StGB erfüllt. Der
Beschuldigte hat aber gezeigt, dass er bereit ist zur Erreichung -auch nicht kriminellen - Ziele die Sicherheit
des Verkehrs zu beeinträchtigen, so dass § 69 Abs. 1 StGB gleichwohl verwirklicht sein dürfte. Damit liegen
auch die Voraussetzungen für die Anordnung einer Sperre gem. § 69a Abs. 1 S.1 StGB vor.

Soweit dringende Gründe für die Annahme bejaht werden, dass dem Beschuldigten die Fahrerlaubnis
entzogen wird, wäre nach § 111a Abs. 1 StPO ein Antrag auf vorläufige Entziehung

der Fahrerlaubnis zu stellen.

Abschlussverfügung:

Staatsanwaltschaft Görlitz

100 Js 2231/19

An das

Landgericht Görlitz

-Schwurgericht -
Schwurgerichtsanklage
Tim Traber

Verteidigerin: Rechtsanwältin Sabine Schwarz

wird angeklagt,

in Görlitz
am 19. November 2019 und am 22. November 2019

durch zwei selbstständige Handlungen

I. durch dieselbe Handlung

1. einen Menschen eingesperrt oder auf andere Weise der


Freiheit beraubt und dabei durch eine während der Tat
begangene Handlung den Tod des Opfers verursacht zu
haben,

2. in zwei Fällen durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung


einer anderen Person verursacht zu haben,

II. einen anderen bei einer Behörde oder einem zur


Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Amtsträger
wider besseres Wissen einer rechtswidrigen Tat in der
Absicht verdächtigt zu haben, ein behördliches Verfahren
oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn
herbeizuführen oder fortdauern zu lassen.

Dem Angeschuldigten wird Folgendes zur Last gelegt:

I. Am 19. November 2019 befuhr der Angeschuldigte gegen


16:15 Uhr mit seinem Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen
GR-TT 1 die Autobahn von Bautzen nach Görlitz, mit einer
Geschwindigkeit von ca. 150 km/h. Aufgrund der
Geschwindigkeit, der bereits eingesetzten Dunkelheit und
der durch Schneefall und Glätte hervorgerufenen schlechten
Straßenverhältnisse, fühlte sich Sebastian Traber, der Sohn
des Angeschuldigten, in dem Pkw nicht mehr sicher und
forderte seinen Vater auf anzuhalten, damit er aussteigen
könne. Dieser Aufforderung kam der Angeschuldigte nicht
nach. Stattdessen fuhr er weiter, weshalb sein Sohn ihn
anschrie, sich abschnallte, ihn kniff und laut rief, er solle
sofort anhalten und ihn aussteigen lassen. Dies wäre dem
Angeschuldigten auf dem Streckenabschnitt aufgrund
möglicher Parkgelegenheiten und Abfahrten auch möglich
gewesen. Dennoch reagierte der Angeschuldigte nicht auf
das Verlangen seines Sohnes, so dass dieser in dem Auto
des Vaters sitzen bleiben musste, womit sich der
Angeschuldigte abfand.
Als der Angeschuldigte schließlich die Autobahn über die
Abfahrt Görlitz verließ, verlangsamte er das Fahrzeug zwar,
aber nicht wesentlich auf eine Geschwindigkeit von 130
km/h. Das Auto geriet daraufhin in der Kurve der Ausfahrt ins
Schleudern, kam von der Fahrbahn ab und landete in dem
links neben der Fahrbahn befindlichen Graben. Sebastian
Traber wurde dabei nach vorne geschleudert, schlug gegen
die Windschutzscheibe und verstarb, was der
Angeschuldigte hätte vorhersehen können.
Die Zeugin Franka Traber und der Zeuge Bernd Traber, die
ebenfalls mit im Auto saßen, erlitten bei dem Unfall
Prellungen, Hämatome sowie jeweils einen Rippenbruch,
was der Angeschuldigte ebenfalls hätte vorhersehen können.

Aufgrund dessen hat sich der Angeschuldigte als zum


Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet erwiesen.

II. Am 22. November 2019 sagte der Angeschuldigte im


Rahmen seiner Beschuldigtenvernehmung auf der
Polizeidirektion Oberlausitz-Niederschlesien gegenüber der
Zeugin KHK’in Kix aus, seine Ehefrau Franka Traber sei
gefahren und nicht er. Dabei wusste er, dass dies nicht der
Wahrheit entsprach. Damit beabsichtigte er, dass ein
behördliches Verfahren gegen seine Ehefrau eingeleitet wird.

Verbrechen und Vergehen, strafbar gemäß §§ 164 Abs. 1,


229, 230, 239 Abs. 1, 2. Alt., Abs. 4, 52, 53, 69, 69a StGB;

Es wird beantragt,

das Hauptverfahren zu eröffnen und die Anklage zur


Hauptverhandlung vor dem Landgericht Görlitz –
Schwurgericht – zuzulassen.

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