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Sachtext Analyse „Bekenntnis zur Trümmerliteratur“ hinsichtlich des

Gedankengangs und der sprachlichen Gestaltung

Der Sachtext „Bekenntnis zur Trümmerliteratur”, welcher 1952 von Heinrich


Böll verfasst wurde, verteidigt die Existenz der Trümmerliteratur, welche zu der
Zeit der Nachkriegszeit im Diskurs stand. Dementsprechend intentiert Heinrich
Böll, Kritiker von der Wichtigkeit der Trümmerliteratur zu überzeugen, sowie
auch Schriftsteller und literarisch Interessierte aufzufordern, diese zu
unterstützen. In der folgenden Analyse wird sich auf den Gedankengang Bölls,
sowie auf die sprachliche Gestaltung fokussiert.

Zu Beginn leitet der Autor die Begri e der Kriegs-, Heimats- und
Trümmerliteratur ein, die nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden (Z.1-5). Das
Dasein der Trümmerliteratur spiegele das wider, was man als Heimkehrer erlebt
hätte, jedoch würde der Begri ungerechtfertigterweise kritisiert werden
(Z.6-17).

Durch den gesamten Text ziehen sich die Personalpronomen „Wir“ und
„unser“, die sich sowohl auf Heinrich Böll selbst, als auch auf alle weiteren
Autoren der Trümmerliteratur beziehen. Dadurch werden die Vertreter der
Trümmerliteratur als eine geschlossene, starke Gruppe repräsentiert, die bereit
sind, für ihre Anliegen zu kämpfen.

Es mache keinen Sinn, den Zweiten Weltkrieg aus der Literatur zu verdrängen
und dem Menschen etwas Falsches vorzuspielen, da man so nicht aus den
Ereignissen lerne (Z.18-20). Die Gefahr dessen illustriert Heinrich Böll durch die
Verwendung stark negativ konnotierter Adjektive wie „grausam“ und
„schrecklich“ (Z.19f.).

Geschehnisse könne man durch das Mittel der Sprache erst durchschauen und
richtig verarbeiten (Z.20-27). Durch den Ausruf und die Verwendung des
Imperatives „Wer Augen hat, zu sehen, der sehe!“ fordert er alle Schriftsteller
auf, als Spiegel der Wahrheit für die Lesenden zu fungieren, sowie alle
Belesenen sich nicht durch verschönende Literatur „in die Idylle […]
entführen“ (Z.18) zu lassen.

Durch den gesamten Text zieht sich das Symbol des Auges als ein Sinnbild für
die Wahrnehmung der Welt. Viele Schriftsteller würden sich verschieden
gefärbte Brillen aufsetzen: „rosarote, blaue, schwarze“ (Z.29f.) und damit die
Wirklichkeit so färben, „wie man sie gerade braucht“ (Z.31). Durch die
Metapher der Brillen, welche ein individuell verfärbtes Weltbild repräsentieren,
kritisiert Böll die Bestechlichkeit der Literaren, welche ein realitätsfernes Bild
zeichnen, je nachdem, was die Bevölkerung gerade begehre.
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Mit der Antithese: „Aber wir wollen es so sehen, wie es ist, mit einem
menschlichen Auge“ (Z.35f) verstärkt er die Wichtigkeit seiner Aussage, dass
Autoren der Trümmerliteratur eine realitätstreue, genaue Wahrnehmungskraft
der Welt hätten, anders als die käu ichen Schriftsteller (Z.28-35). Au ällig ist
hierbei die Verwendung des Konjunktivs durch Verben wie „sollte“ (Z. 28),
welche die Notwendigkeit eines Wandels zu einer wahrheitstreueren Literatur,
die es bisher jedoch noch nicht ausreichend gebe, konkretisiert. Nachdem er
für die bestechlichen Literaren das Pronomen „Sie“ verwendet hat, wird nun
wieder auf das Pronomen „Wir“ zurück gegri en, um eine klare Di erenzierung
zwischen der Qualität der Literaren der Trümmerliteratur und anderen
Literaturströmungen zu der Zeit zu ziehen.

Ferner wird heraus gestellt, dass man manche Dinge nüchtern, ohne Humor
betrachten müsse (Z.35-43). Diese Aussage wird validiert, indem daraufhin eine
Reihe von Zuständen, welche das Sinnbild des Auges wahrnimmt, aufgezählt
werden (Z.44-48). Man sehe Bäcker, Mädchen in der Fabrik, Friedhöfe und
Trümmer (vgl. 43-46). Durch die Anreihung wird eine alltägliche Erscheinung
wie der Bäcker mit grausigen, durch den Krieg verursachten Friedhöfen und
Trümmern gleichgestellt, was den immensen Ausmaß der Folgen des Krieges
veranschaulicht. Die Wiederholung des Wortes „Friedhöfe“ (Z.46f.) stellt die
Absurdität der neuen Normalität der zertrümmerten Landschaften heraus.

Ferner geht Böll über, Ansätze der Bürokratie und des Kapitalismus zu
kritisieren (Z.49-54). Menschen würden oft nur als Staatsbürger oder
Versicherte angesehen werden. Anhand der Antithese, Bürger würden
entweder „Geld einzahlen“ (Z.51), die Wirtschaft folglich fördern oder dem
Staat „Geld entleihen“ (Z.53) und in Folge der Wirtschaft schaden, wird
zusätzlich die Unmenschlichkeit des Menschen in dem Gesellschaftssystem
problematisiert. Dieser E ekt wird zusätzlich illustriert durch die Verwendung
des Wortes „Kulissen” (Z.49), mit dem man normalerweise ein Theater- oder
Filmset assoziiert, welcher hier repräsentativ für die Scheinnormalität nach dem
Krieg steht, in der man Menschen in Gebäude platziert hat, nur um diese zu
verwalten (vgl. 50f), ohne auf die Verletzlichkeit des Menschen selber Acht zu
geben.

Nach der Gesellschaftskritik fördert Böll, dass es die Aufgabe der Literaren sei
„daran zu erinnern, dass der Mensch nicht nur existiert, um verwaltet zu
werden“ (Z.55f.). Autoren sollten über das Wesen der Menschen schreiben,
welches von dem System wenig Beachtung fände. Demnach sei es die
Aufgabe der Schriftsteller, das Trauma aus dem Weltkrieg zu behandeln und
den Menschen bei ihrem langen Heilungsprozess, der auch auf psychischer
Ebene statt nden müsse, zu begleiten (Z.55-59).
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Zum Schluss bezieht der Verfasser sich auf Homer, dem Urvater der
europäischen Epik, welcher bis heute eine renommierte Persönlichkeit ist,
obwohl auch dieser schon über - der Trümmerliteratur ähnlichen - zerstörten
Landschaften geschrieben habe (Z.60-65). Dementsprechend sei es
hypokritisch die Form der Trümmerliteratur nun in Frage zu stellen, obwohl es
sie schon lange gegeben habe.

Die Kernaussage seines gesamten Essays, dass es „keinen Grund [gäbe


sich…] dieser Bezeichnung zu schämen“ (Z.65f.) wird im letzten Satz durch
einen Spiegelstrich deutlich gemacht.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass Heinrich Böll es scha t, anhand eines klar
strukturierten Gedankenganges, sowie einer Vielzahl sprachlicher Mittel, die
dennoch einfach verständlich gehalten sind, sich deutlich für die
Trümmerliteratur einzusetzen.
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