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It was the intention of this study to test the molecular orbital approximations of H ü c k e l and
by means of the experimental methods of EPR and polarography. In the experimental
M cL a c h l a n
part problems are discussed as to electrolytic generation of free radicals and as to the ERP method
with g-factors being measured with an accuracy of ± 2 ppm. In the theoretical part the molecular
orbital theories of H ü c k e l and M c L a c h l a n are summerized with particular regard to quantities
which can be measured by EPR and polarography. A simple model of a a n -> o* excitation
is developed which predicts a linear correlation between g-factor shift and jr-energy of the lowest
half-filled orbital. The validity of the model is discussed in terms of the g-factor theory recently
deduced by S t o n e . The results of the experiments are presented in a subsequent paper.
Die verschiedenen quantenmechanischen Nähe ein direktes Maß für die Energie sind, die das Elek
rungsansätze für eine Behandlung der 7i-Elektronen, tron in der tiefsten halbbesetzten Molekülbahn be
z. B. die Molekülbahn-Theorien von H ü c k e l 1 und sitzt 6.
M c L a c h l a n 2, unterscheiden sich durch den Grad Eine fruchtbare Kombination von Elektronenspin-
der Vernachlässigung von Wechselwirkungen zwi Resonanz und Polarographie besteht in der von
schen den Elektronen innerhalb des ^-Systems. M a k i und G e s k e 7 eingeführten Methode der elektro
Für eine experimentelle Prüfung der Aussagen lytischen Radikalerzeugung, mit deren Hilfe sich
der verschiedenen Näherungsansätze eignet sich die zahlreiche Klassen von diamagnetischen Molekülen
Methode der Elektronenspin-Resonanz (EPR), falls ionisieren und der EPR-Spektroskopie zugänglich
das zu untersuchende Molekül als paramagnetisches machen lassen.
Individuum vorliegt. Aus einer Analyse der Hyper Als Testbeispiele für eine experimentelle Prüfung
feinstruktur (Hfs) von EPR-Spektren läßt sich die verschiedener Molekültheorien bieten sich die ein
fachen unsubstituierten Aromaten an, da sie sich
Verteilung der Aufenthaltswahrscheinlichkeit des un-
ohne Einführung von Anpassungsparametern theo
gepaarten Elektrons im Molekül bestimmen. Die
retisch behandeln lassen. Zum anderen lassen sich
durch den g-Faktor gekennzeichnete Lage der EPR-
von unsubstituierten Aromaten mit geeigneten ex
Absorptionslinien ermöglicht es, auf die Energie des perimentellen Verfahren „freie“ Ionen in Lösung
ungepaarten 7i-Elektrons in der jeweiligen Molekül herstellen, deren Energie und Elektronenverteilung
bahn zu schließen 3>4. Weiterhin lassen sich aus der nicht meßbar von Umgebungseinflüssen gestört wer
Hfs und dem g-Faktor quantitative Aussagen über den 8’ 9. Als Beispiele für einfache yr-Elektronen-
innermolekulare Torsionswinkel machen5. Eine zu systeme wurden Naphthalin, Anthracen, Tetracen,
sätzliche unabhängige Meßmethode für die Ji-Bahn- Pentacen, Phenanthren, Pyren, Perylen und Biphe
energie bietet die Polarographie, da die Halbwellen nyl sowie Triphenylmethyl und Pentaphenylcyclo-
potentiale von Elektronenübertragungs-Reaktionen pentadienyl ausgewählt.
* D 188 (gekürzt, erste Teilveröflentlichung). 5 K. M ö b iu s , Z. Naturforschg. 2 0 a , 1117 [1 9 6 5 ] .
** Diese Arbeit wurde im AEG-Forschungsinstitut Berlin- 6 G. J. H o ijtin k u . J. v a n S c h o o te n , Rec. Trav. Chim. 71,
Reinickendorf durchgeführt. 1089 [1 9 5 2 ].
1 A. S t r e i t w i e s e r j r ., Molecular Orbital Theory, John Wiley 7 D. H . G eske u . A. H . M a k i, J. Amer. Chem. Soc. 82, 2671
& Sons, Inc., New York 1961. [I 9 6 0 ].
1 A. D. M c L a c h l a n , Mol. Phys. 3, 233 [1960]. 8 P . L u d w ig u . R. N. A d a m s , J. Amer. Chem.
L . H . P ie tte ,
3 A. J. S t o n e , Mol. Phys. 6, 509 [1963]. Soc. 8 4 , 4212 [1 9 6 2 ].
4 M. S. B l o is j r ., Free Radicals in Biological Systems, Aca 9 E. W. S t o n e u . A . H . M a k i , J. Chem. Phys. 36, 1944 [1962].
demic Press, New York 1961.
1094 K. MÖBIUS
Regelspannung auf die Resonanzfrequenz des H 102- wenn v in GHz und vp in MHz gemessen werden.
Meßresonators elektronisch geregelt. Alle Feldmes Um folgende systematische Fehler wurden alle g-Fak-
sungen wurden mit einem Protonenresonanz-Magnet- toren korrigiert: Feldabweichungen zwischen EPR-
feldmesser der Firma A E G ausgeführt, dessen mit Proben und NMR-Feldmeßsonde, Linienverschiebun
50 Hz frequenzmodulierte Flachsonde neben dem gen durch Effekte zweiter Ordnung (vgl. Kapitel
Resonator im Magnetluftspalt angeordnet w a r36. II, 1 ). Verschiebungen des g-Faktors infolge des
Der absolute Fehler in der Magnetfeldmessung liegt diamagnetischen Lösungsmittels liegen bei 1 ppm 39
bei i 10 mOe. und wurden vernachlässigt.
Um die geringen systematischen Unterschiede in
den g-Faktoren der aromatischen unsubstituierten
Radikale erfassen zu können, wurde für die g-Fak- II. Theorie
toren eine relative Meßgenauigkeit von wenigen Da in aromatischen Kohlenwasserstoffen die ji -
ppm (IO-6 ) angestrebt. Der durch die Resonanz und a-Systeme in nullter Näherung sowohl C o u lo m b -
bedingung der EPR definierte g-Faktor als auch resonanzentkoppelt sind, lassen sich die
g = (yp h / p B) • {v/vp) = C - { v / v v) (5) ^-Elektronen getrennt vom ö-System behandeln. Der
(Yp gyromagnetisches Verhältnis des Protons in der allgemeine HAMiLTON-Operator des Ji-Systems läßt
Meßlösung der Protonenresonanzsonde, h = h/2ji, h sich in zwei Hauptanteile zerlegen:
PLANCKsdies Wirkungsquantum, /ub BoHRsches Magneton)
H = H0 + H magn . (7)
wurde direkt aus dem Verhältnis der Mikrowellen
frequenz v und der Protonenresonanzfrequenz vp H0 beschreibt das gesamte Ji-System ohne magnetische
gemessen. Mit Hilfe der Klystronregelung und sorg Wechselwirkungsglieder, seine spezielle Form ist für
fältiger Justierung der Probenküvette in der Mittel die Berechnung von Energie und Aufenthaltswahr
ebene des / / 102-Rechteckresonators, wo das elektri scheinlichkeit des ungepaarten Elektrons nach den
sche Mikrowellenfeld verschwindet, konnten die verschiedenen Molekülbahntheorien entscheidend.
EPR-Absorptionssignale frei von Dispersionsantei Hmagn berücksichtigt neben der restlichen ^r-o-Wech-
len gehalten werden, d. h. völlig symmetrisch zur selwirkung die Wechselwirkungen der cr-Elektronen
Nullinie geschrieben werden. Die Protonenfrequenz und der Kerne mit einem äußeren Magnetfeld HA
und die Klystronfrequenz wurden möglichst gleich und mit inneren Zusatzmagnetfeldern.
zeitig mit zwei Frequenzzählern ( B e c k m a n Mo
delle 7175 H und 7370 H mit Transferoszillator Mo 1. Magnetischer Anteil des HAMii/roN-Operafors
dell 7580 H) gemessen. Die Zeitbasen beider Zähler
weichen weniger als 1 ppm voneinander ab, in die In der EPR-Spektroskopie organischer Radikale
ser Größe liegt auch der Zählfehler von r p infolge bei Magnetfeldern von 3 kOe ist der Grenzfall des
der Frequenzmodulation des NMR-Feldmessers. starken Feldes gegeben und in Hmagn lassen sich die
Der mittlere zufällige Fehler des aus 6 Einzelmes Kern-ZEEMAN-Aufspaltung, die Aufspaltung durch
sungen bestimmten Mittelwertes des Frequenzver Dipol-Dipol-Wechselwirkung der Kerne und der dia-
hältnisses v/vp beträgt + 2 ppm bis ± 5 ppm. Der magnetische Anteil vernachlässigen gegenüber der
Faktor C läßt sich durch das Frequenzverhältnis der Zeeman- und Hfs-Aufspaltung des Energieniveaus
Protonenresonanz und der Zyklotronresonanz lang des ungepaarten Elektrons sowie seiner Spin-Bahn-
samer freier Elektronen im gleichen Magnetfeld aus- Wechselwirkung.
drücken (C = 2 •vp/vzyk) 37. Das Verhältnis ^p/vzyk
ist von Franken und Liebes 38 auf ± 5 ppm genau ^Zeem = So M'B ’ ’ H 3,;
gemessen worden. Unter Benutzung dieses Meßwer
H m , = ~ h 2T e - 7 K k ( 0 ) |2 - S - f
tes wird
C = 3,04200 ± 5 ppm , (6 ) H ls = ) . L - S .
36 H . W in te rh o ff, AEG-Mitt. 53, 277 [1963] . 40 Bei diesem Hfs-Anteil handelt es sich um den isotropen
37 R. H o n e rjä g e r u . E. K l e i n , Z. Phys. 169, 32 [1962]. Aufspaltungsanteil (FERMi-Kontaktterm), der allein zu be
38 S . L i e b e s j r . u . P. F r a n k e n , Phys. Rev. 116, 633 [1959]. rücksichtigen ist, da sich alle anisotropen Hfs-Anteile bei
39 A. D. B u c k in g h a m , T. S c h a e f e r u . W . G. S c h n e i d e r , J. Chem. der durchgeführten EPR-Untersuchung an Radikallösun
Phys. 32, 1227 [I960]. gen geringer Viskosität herausmitteln 41.
UNTERSUCHUNG VON jt-ELEKTRONENSYSTEMEN. I. 1097
Die Bedeutung der einzelnen Symbole ist konventio 2. Magnetfeldfreier Anteil des HAMiLTON-Operators
nell 41.
In der ersten Näherung des starken Feldes Der vollständige HAMiLTON-Operator H 0 für das
( H 3, Aufspaltungskonstante a) lassen sich im Re 7r-System hat die Form
M M,N
sonanzfall die Energieniveaus des ungepaarten Elek
H0= - V h 2l ( 2 m ) - J i - £ Zr e2Jrir+ W ( 12 )
trons durch eine diskrete Folge von Resonanzfeld i= 1 i, r
stärken des äußeren Feldes ausdrücken 41:
D as erste G lied stellt die gesam te kinetische E nergie
m m
h v
g f* B
— Za* m j . = H 0— Z di rrij . . (8) der M 7i-Elektronen d a r (A LAPLACE-Operator), das
zweite G lied ist die gesam te potentielle E nergie der
Ji-E lektronen im P o ten tialfeld der durch ls-R um pf- und
H ierin ist g = go + A g der gemessene g-Faktor. Die a-E lektronen abgeschirm ten effektiven K ernladungen
Sum m ation erstreckt sich über alle K erne m it K ernspin Zr e der N K ohlenstoffatom e. (r{r ist der A bstand des
I 4= 0. H 0 ist das äußere Feld im S pektrenschw erpunkt. i-ten Jr-Elektrons vom r-ten C-A tom kern.) W ist die
In der zweiten Näherung des starken Feldes ist S törenergie durch W echselw irkung der ^-E lektronen
Folge der Resonanzfeldstärken 42, 43 u n terein an d er.
Die beim Zusammentritt von N C-Atomen zu
m? 1; einem Molekül entstehenden N Molekülbahnen yij
v
(9) (MO’s) lassen sich nach der LCAO-Methode durch
p kennzeichnet die Gruppen a, ß . . . aus jeweils nv lineare Kombination der N 2 p 2-Kohlenstoff-Atom-
bahnen (AO’s) darstellen, die im folgenden mit <pr
äquivalenten Protonen,
abgekürzt werden sollen:
ni] N
W j= Z c ir<pr, 7 = 1 , . . . , TV. (13)
r=l
Mit ix —4, aD 7 Oe und H 0 « i 3,3 kOe läßt
sich für die hier untersuchten Radikalionen eine Das Quadrat der AO-Koeffizienten Cjr gibt die Auf
maximale Aufspaltung zwischen den Zusatzlinien enthaltswahrscheinlichkeit eines a-Elektrons in der
zweiter Ordnung von 45 mOe abschätzen, so daß die j -ten Molekülbahn am r-ten C-Atom an. Die Energien
Linien zweiter Ordnung mit einem 125 kHz-Spektro- Ej der MO’s und die entsprechenden Koeffizienten
meter wegen der Modulationsverbreiterung nicht auf Cjr werden nach dem Variationsprinzip minimaler
gelöst werden können. Die Verschiebung der Hfs- Energie des ^-Systems bestimmt.
Linien gegen ihre Lage erster Ordnung (H0 —ap mip)
ist durch den Abstand des Unterstruktur-Schwer- 2.1 HücKELsche Molekülbahntheorie
punktes von diesem Feldwert gegeben. Da für Pro In der HücKELschen MO-Theorie (HMO-Theorie)
tonen allgemein wird jede jz-jt-Wechsel Wirkung explizit vernachlässigt
Schwerpunkt {IP{IP+ 1) } = o np + ( 10 ) (W jix = 0). Die Gesamtwellenfunktion kann somit in
N Einelektronen-MO’s yjj separiert werden:
g ilt44, wird das gesamte EPR-Spektrum nach kleine N
ren Feldern um den Betrag <t>n = n xpjn* mit E(ji) = 2 rijEj, (14)
;=1 i-i
ÖH= - Z d i) wenn die Zustände entsprechend dem PAULi-Prinzip
4 Ha
(Besetzungszahl n; = 0, 1 bzw. 2) besetzt sind.
verschoben. Aus dem Abstand zweier Hfs-Kompo-
Die Energieminim ierung, die mit dem Einelek-
nenten erhält man weiterhin exakt die Aufspaltungs
konstante a, da d H unabhängig von m/ ist. Dagegen tronen-HAMiLTON-Operator H durchzuführen ist, führt
bedingt der verschobene Spektrenschwerpunkt einen auf ein simultanes Gleichungssystem aus N Gleichun
zu groß gemessenen g-Faktor. Für die hier im X-Band gen der Form 1
untersuchten Radikale beträgt die erforderliche rela
£ Cjr ( H rs —Srs•E j ) = 0; j, s = 1 , 2 , . . . , N (15)
tive Korrektur im Mittel —2 ppm. r= 1
41 D. J. E. I n g r a m , Free Radicals as Studied by EPR, Butter- 43 W. A . A n d e r s o n , Phys. Rev. 102, 151 [1956].
worth, London 1958. 44 D. K iv e l s o n , J. Chem. Phys. 33, 1094 [1960].
42 F. B l o c h , Phys. Rev. 102, 104 [1956].
1098 K. MÖBIUS
ci
r-H
Hrs= jj<pr H<ps dr („Resonanz“-oder 171i = i/* i> • • •» 2; ■ " ,N ;
II
„Bindungsintegrale“ ) , (17) N ungeradzahlig: ( 22 )
p-H
ci
Srs = J (pr <ps dr ) Integrale“ ) mi = i !»•••» ± UNI2 ; -.,N ,
II
Das HMO-Verfahren ist durch folgende zusätzliche Die Energieniveaus Ej sind also symmetrisch um
Vereinfachungen ausgezeichnet: das Niveau Ej = a0 (m; = 0 ) verteilt. Dieses Niveau
ist für „geradzahlig alternierende Kohlenwasser
a) Die einzelnen AO’s werden auch im Molekül
stoffe (even-AH’s) als nichtentartetes Niveau nicht
als orthonormal vorausgesetzt, d. h. Srs = 1 oder 0
realisiert. Bei den „ungeradzahlig alternierenden
für r = s oder r 4= s (keine Überlappung der AO’s).
Kohlenwasserstoffen“ (odd-AH’s) hat das zusätz
b) Die COULOMB-Integrale Hrr und Bindungsinte liche Energieniveau den Koeffizienten m;-= mn = 0.
grale Hrs (r, s benachbart) werden für die Klasse Nach L o n g u e t - H i g g i n s 47 sind bei den AH’s nicht
der aromatischen Kohlenwasserstoffe an allen P osi nur die my-Werte, sondern auch die AO-Koeffizien-
tionen gleichgesetzt und konstant angenommen, d. h. ten Cjr der korrespondierenden bindenden und anti
Hrr = a 0 , Hrs = ß 0 . Für nichtbenachbarte AO’s wer bindenden Molekülbahnen betragsmäßig gleich, d. h.
den die Hrs gleich Null gesetzt. Mit diesen Annah
men läßt sich die Energie E j in der Form
Cjr ( r r i j = + f l ) = C jr (fT lj = - ju ) . (23)
In der angelsächsischen Literatur wird die theoreti
= ßo ’ ao ’ ßo ^ ® (19)
sche Konsequenz (22) und (23) als „pairing theo
darstellen, worin m; = — (a0 —E j ) /ß0 den H ü c k e l - rem“ für AH’s bezeichnet.
schen Energiekoeffizienten bedeutet. Das Gleichungs
system (15) vereinfacht sich dann in Matrixschreib
weise zu einem Eigenwertproblem der Form ( E j ■CC0-2/30)-2 2-foch enta-tet
= (20)
2 <*2 - 1 • (2 1 ) N a p h th a lin T r ip h t r y lm r t h y l
r= 1 (ever>-AH) (o d d - A H )
10 C-Atome 19 C-Atome
Für ebene alternierende Kohlenwasserstoffe (AH’s)
Abb. 2. Energieniveauschema alternierender Kohlen
sind die Lösungen des Eigenwertproblems (20) von wasserstoffe.
45 R. Z u r m ü h l , Matrizen und ihre technischen Anwendungen, 48 Das jAcoBi-Verfahren steht als Rechenprogramm für die
Springer, Berlin 1961. IBM-7040 im AEG-Forschungsinstitut Frankfurt zur Ver
fügung.
47 H . C. L o n g u e t-H ig g in s , J. Chem. Phys. 18, 265 [1950].
UNTERSUCHUNG VON jr-ELEKTRONENSYSTEMEN. I. 1099
In Abb. 2 ist am Beispiel des Naphthalins (even- Nach H a r t r e e und Fock 49 führen die Austausch
AH mit N — 10) und des Triphenylmethyls (odd-AH kräfte dazu, daß zwei Elektronen mit parallelen
mit N = 19) dargestellt, wie die einzelnen Niveaus Spinkomponenten im Mittel weiter voneinander ent
Ej nach dem Aufbau- und PAULi-Prinzip mit jeweils fernt sind als zwei Elektronen mit antiparallelen
zwei .'r-Elektronen verschiedener Spinstellung be Spins. Folglich erfahren die Elektronen mit a-Spin
setzt werden. (j ') im räumlichen Mittel eine geringere Abstoßung
Auf Grund des „pairing theorem“ besitzt das un- durch das ungepaarte a-Elektron als die Elektronen
gepaarte Elektron im R+ und R” von even-AH’s am mit /?-Spin (^ ), so daß sich die beiden Elektronen
r-ten C-Atom die gleiche Aufenthaltswahrscheinlich eines HücKELSchen Elektronenpaares in verschiede
keit oder „Spindichte“ Qr . nen MO’s bewegen, wobei die Größe der ungepaar-
Die Spindichte am r-ten C-Atom ist definiert durch ten a-Spindichte an den einzelnen C-Atomen die
Qr = c ör • (24) Stärke der Energieverschiebung bestimmt (Spin
polarisation) .
(Der Index o steht für „odd“ und soll die nur halb Nach M c L a c h l a n 2 läßt sich die Spinpolarisation
besetzte MO-Bahn kennzeichnen.) in erster Näherung dadurch berücksichtigen, daß für
Eine weitere Konsequenz des „pairing theorem“ alle gepaarten a-Elektronen das COULOMB-Integral
ist die Betragsgleichheit der Überschußladungen er am r-ten C-Atom um einen Betrag zlar verringert
am r-ten C-Atom für positive und negative Ionen wird, der der ungepaarten a-Spindichte Qr dort pro
(sr~= ~ £r+)i wobei portional ist:
er = 1 - (2£ c%+ c2rj. (25) Aar = 2 x ß ef{Qr . (27)
Für die gepaarten /^-Elektronen und das ungepaarte
(Die Summation erstreckt sich nur über die mit je a-Elektron wird das CouLOMB-Integral weiterhin für
weils zwei Elektronen vollbesetzten MO’s.) In der alle C-Atome konstant angenommen; ebenso gilt
HMO-Theorie sind Spindichte und Uberschußladung — wie in der HMO-Theorie — ein konstantes Bin
betragsmäßig gleich 48: dungsintegral ß ef( für alle C - C-Bindungen. In (27)
Qr — | £r | • (26) ist x eine Konstante, deren Zahlenwert für aromati
sche Kohlenwasserstoffe zu x = 1, 2 berechnet wurde 2.
2.2 McLACHLANsche Molekülbahntheorie Mit den um Aar korrigierten CouLOMB-Integralen
Die bisherigen theoretischen Voraussetzungen von ergeben sich für die gepaarten a-Elektronen AO-Ko-
effizienten c';r (7 = 1 , 2 , . . . , N '), die von den
konstanten C o u l o m b - und Bindungsintegralen lassen
sich zur Anpassung an spezielle Probleme, wie sie HücKELschen Werten Cjr abweichen, während für die
z. B. bei Molekülen mit Heteroatomen oder tordier- gepaarten /^-Elektronen die HücKELschen c7> erhalten
ten Bindungen vorliegen, durch Variation von a 0 bleiben. Zur gesamten Spindichte trägt auch die
und ß 0 verfeinern, ohne daß dadurch der Rahmen nichtkompensierte a-Spindichte im gepaarten 7r-Sy-
stem bei:
der HMO-Theorie verlassen wird
D ie explizite Berücksichtigung der rc-Elektronen-
Qr = clr + 2 (Cjr2 - C?) , (28)
wechselwirkung im HAMiLTON-Operator (12) erfolgt ;= 1
durch sogenannte self-consistent-field(SCF)-W ellen
summiert wird über alle paarweise besetzten MO’s.
funktionen 49. Als nullte Näherung einer Vielelektro
Die c'jr erhält man durch Diagonalisierung der 9JT-
nen-W ellenfunktion wird die SLATER-Determinante
Matrix, bei der in der Hauptdiagonale keine Nulleu
benutzt, die sich aus den Spinbahnen
mehr stehen, sondern die Größen 2 x gr . Für den
Wk = Wj i Xj ) ‘ 0(*$z) zusammensetzt ersten Iterationsschritt wird für ,or die HücKELSche
[k = l , 2 , . . . , M, j = 1 ,2 ,.. .,A f /2 oder (M + l ) / 2 a-Spindichte c \ r eingesetzt. Die Uberschußladung er
für M gerade oder ungerade; Xj Ortskoordinaten des erhält man in der gleichen Näherung zu
/-ten Elektrons, o(Sz) Spinfunktion mit o ( + ^ ) =a
und a( —£) = ß]. £r = 1 — | Z (cjf + cfr) + clr , j (29)
Qr und £r sind also nicht mehr betragsmäßig gleich. gesamte Molekülklasse, alle Strukturunterschiede fin
Positive und negative Radikalionen haben aber wei den ihren Ausdruck durch ÖE. Bei den Konfigura
terhin gleiche Spindichten, d. h. auch in der M cL acii- tionen der Elektronen in den einzelnen Niveaus sind
LANschen Theorie gilt das „pairing theorem“ 2. abkürzend nur die Spinstellungen a ( f ) und ß ( | )
Aus (28) folgt, daß negative Spindichten auftre- angegeben.
N Die Konfigurationswechselwirkung läßt sich be
ten können, wodurch 2] I Qr | > 1 wird, wenn auch kanntlich dadurch berücksichtigen, daß der Wellen
r= 1
die Normierungsbedingung (2 1 ) weiterhin in der funktion des Grundzustandes solche Wellenfunktio
nen der angeregten Zustände zugemischt werden,
Form 2 jor = 1 gilt.
die die gleichen Symmetrieeigenschaften und die
Ein Mangel der McLACHLANsdien Theorie besteht gleiche Multiplizität haben.
darin, daß die SLATER-Determinante nicht Eigen In Abb. 3 sind die drei möglichen angeregten Zu
funktion des Operators S2 is t2. Dieser Nachteil läßt stände gleicher Anregungsenergie aufgezeichnet, aus
sich prinzipiell durch die nachträgliche Anwendung
von Projektionsoperatoren (Annihilatoren) beseiti “ I- -f-
gen, die aus diejenigen Anteile höherer Multi -
plizität entfernen, die nicht Eigenfunktion von S2
mit dem vorgegebenen Eigenwert 5 ( 5 + 1 ) =0,75
AE:
sind 50.
50 A . T. A mos u . L. C. S nyder, J. Chem. Phys. 41, 1773 [1964]. 51 H. M . M c C o n n e l l u . R. E. R o bertso n , J. Phys. Chem. 61,
1018 [1957].
UNTERSUCHUNG VON tt-ELEKTRONENSYSTEMEN. I. 1101
nen rechtwinkligen Koordinatensystems erfolgt, ent Durch den Index 0 soll ausgedrückt werden, daß
spricht anschaulich einer Bahnbewegung des Elek dieses Zusatzfeld nur bei unbehindertem Umlauf
trons in dieser Ebene um das C-Atom als Zentrum, eines p-Elektrons um das C-Atom voll wirksam
wodurch eine Bahndrehimpulskomponente Lx in wird. Im vorliegenden Fall einer o*-Anre
:r-Richtung au ftritt52. Die Größe des mit Lx verbun- gung müssen aber die Energieschwellen AEt und AE2
überwunden werden. Als Maß für die Stärke des ef
fektiv wirksamen Zusatzfeldes dH kann das Verhält
nis aus der freien Präzessionsenergie eines p-Elek
trons im äußeren Feld H& (mj = 1, g = l) und der
Energieschwellen AEX und AE2 angesehen werden,
so daß
O p+ AE° Oo —AE0 1
Ag = ( AE° ) *
+
(A E 0)
•En = Ä + B'-En (32)
( A E 0) 2 ( AE , ) *
I n HücKELscher N ä h e ru n g is t E„ = a0 + m0 ß0 , so d a ß Ag in d e r „ m -D a rs te llu n g “ d ie F o rm h a t
1 l A R
Ag = •m0 = A + B •m0 (33)
ae° AE0 q PO (-A±E~Y + -(AE0y
1-
Die Größen A', B' bzw. A, B sind konstant, solange Das Modell einer o —>■n —> o*-Elektronenanregung
die C o u lo m b - und Bindungsintegrale a 0 und kon führt also zu einem linearen Zusammenhang zwi
stant sind. schen Ag und der Energie eines Elektrons in der
52 Bahndrehimpulskomponenten infolge von Anregun 53 D. S. M cC lure, J. C hem . P h y s. 17, 905 [1949].
gen können nur durch Spin-Bahn-Wechselwirkung der 54 D. S. M c C l u r e , J. Chem. Phys. 20, 682 [1952].
jr-Elektronen an benachbarten C-Atomen auftreten. Der
Beitrag dieser Vielzentren-Wechselwirkungen zum g-Faktor
kann vernachlässigt werden 51>53. 54.
1102 K. MÖBIUS
tiefsten halbbesetzten jr-Bahn. Steigung und Ab gezeigt, daß die m0-Abhängigkeit von Ag nicht nur
schnitt sind für die Molekülklasse charakteristisch. durch den Energieeffekt entsteht, sondern auch durch
Aus (33) folgt, daß alle neutralen odd-AH-Radikale, die explizit eingehenden AO-Koeffizienten cor. Nach
wie z. B. Triphenylmethyl, den gleichen g-Faktor der Abschätzung von S t o n e sollte der Einfluß der
haben sollten. AO-Koeffizienten auf die Ag, m0-Abhängigkeit stär
A wird positiv, da | AE0 ]< | AE° | . Das Modell ker sein als der Einfluß der Ji-Bahnenergie, wodurch
liefert auch ein positives B, da /?0 <O. Folglich sollte 5 < 0 wird.
R+ (m 0 > 0 ) einen größeren g-Faktor haben als das Die experimentellen Ergebnisse werden im 2. Teil
korrespondierende R~ (m 0 < 0 ). Dem widersprechen dieser Arbeit mitgeteilt55.
aber die experimentellen Ergebnisse (vgl. Teil I I ) .
S t o n e 3 hat kürzlich in einer halbquantitativen
Theorie des g-Faktors von aromatischen Radikalen 55 K. M ö b iu s , Z. Naturforschg. 20 a, 1102 [1965].
In order to test the results of the MO-theories of H ü c k e l and M c L a c h l a n , spin densities and
energies of unpaired electrons of 10 aromatic hydrocarbon radicals have been measured by EPR and
polarography. Eight negative ion radicals have been prepared electrolytically in solvents of high
dielectric constant. This technique is found to yield “free” solvated radical ions with spin densities
and jr-orbital energies not noticeably affected by the medium. B y eliminating solvent effects H ü c k e l
values of the C o u l o m b and resonance integrals a0 and ß 0 of the free ions could be measured. They
turn out to depend strongly on the sign of the excess charge. The measurements of the splitting
constants indicate that the C o l p a - B o l t o n equation possibly overestimates charge effects on the
(7-system at the expense of influences from non-neighbouring 2p2-AO’s. In the case of alternant
radical ions the H ü c k e l M O ’s are better than those derived by M c L a c h l a n ’s theory, though quali
tatively M c L a c h l a n ’s theory predicts negative spin densities correctly. The g-factor measurements,
which are accurate within 2 ppm, confirm the linear relation between Ag and the H ü c k e l coefficient
m0 of the lowest halfoccupied yr-orbital recently deduced by S t o n e . On the other hand neutral odd-
AH-radicals have g-factors about 4-10"5 smaller than the theoretical values for m0= 0. A linear
dependence has been found between Ag and the half-wave potential V 1/2 which provides the
possibility to measure g-factors with an accuracy of about 10 ppm by measuring C/1/2-values. This
method enables one to measure g-factors even for those AH-radical ions which could not yet be
detected by EPR.
1. Zur Herstellung freier Ionen in Lösung Der Elektronenaustausch zwischen dem Radikal
ion und der nichtionisierten Ausgangssubstanz, die
In verdünnten sauerstofffreien Radikallösungen bei der elektrolytischen Erzeugung kurzlebiger Ra
können hauptsächlich noch drei Arten von Umge dikale innerhalb des Resonators stets im Überschuß
bungseinflüssen die EPR-Spektren bzw. die Polaro- vorhanden ist, bewirkt eine zusätzliche Linienver
gramme verfälschen: 1. Konzentrationseinfluß durch breiterung. Durch Begrenzung der Einwaagekonzen
strukturähnliche diamagnetische Moleküle (Elektro tration auf 5^ 10 -4 Mol/Liter läßt sich bei kurz
nenaustausch), 2. Einfluß des Lösungsmittels, 3. lebigen Radikalen die Linienverbreiterung unter
Einfluß des Gegenions. 10 mOe herabdrücken 1-3.
* D 188 (gekürzt, zweite Teilveröffentlichung) 2 R. L. W a r d u . S. I. W e i s s m a n , J. Amer. Chem. Soc. 79, 2086
** Diese Arbeit wurde im AEG-Forsdiungsinstitut Berlin- [1957],
Reinickendorf durchgeführt. 3 P. H. R i e g e r , I. B e r n a l , W . H. R e i n m u t h u . G. K. F r a e n k e l ,
1 R. L. W a r d u . S. I. W e i s s m a n , J. Amer. Chem. Soc. 76, 3612 J. Amer. Chem. Soc. 85, 683 [1963].
[1954].