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Fachdidaktik: Methoden und Medien im Technikunterricht

Seminarprotokoll des 07.11.2016


Die Konstruktionsaufgabe
Der Einsatz von Baukästen im Technikunterricht

Marco D’Orazio
Martrikelnummer: 4662110
Pädagogische Hochschule Ludwigsburg

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1.Einleitung
Unser heutiger mehrperspektivischer Technikunterricht ging aus dem bis Mitte der
60er Jahre aktuellen Werkunterricht hervor. Da man feststellte, dass der
Werkunterricht den Ansprüchen der Zeit nicht mehr gerecht wurde, musste man neue
Methoden entwickeln, um den Werkunterricht neu zu gestalten.
Man gliederte im Jahr 1982 die Werkaufgaben zu den fächerspezifischen Methoden,
deren Aufgabe es war, Fachkompetenzen zu vermitteln. Zwei Jahre später entstand
eine neu überarbeitete Tabelle der Methoden.
So wurde auch die altbekannte Werkaufgabe neu betrachtet und in zwei einzelne
Methoden aufgeteilt. Die Tätigkeit wurde aus der Bezeichnung eliminiert.
Man hatte nun zwischen folgenden zwei Methoden zu unterscheiden. Zum ersten
sollte die Konstruktionsaufgabe nun erfinderische und konstruierende Kompetenzen
fördern und entwickeln. Die zweite neu entstandene Methode war die
Fertigungsaufgabe mit der Aufgabe, planende und herstellende Fertigkeiten
aufzubauen oder auszubauen.
Die beiden Methoden sollen dazu dienen die Sachdimension zu erschließen. Sie
werden dem genetisch-produktivem Lernen zugeordnet.

2.Seminarprotokoll
Die Aufgabenstellung zu Beginn der Seminareinheit war es, eine Schleifmaschine
zum anschleifen von Bleistiften zu konstruieren und diese mit Hilfe eines Fischer-
Baukastens zu bauen. Die Aufgabe wurde in Kleingruppen bearbeitet.
Zu Beginn der Konstruktionsphase erfolgte eine Auflistung möglicher auftretender
Probleme.

Mögliche auftretende Probleme:


- Instabiles Grundgestell
- Bleistifthalterung die genügend Anpressdruck des Bleistifts an den
Schleifstein erzeugt
- Übersetzung der Eingangsdrehzahl
o (Übersetzung ins schnelle i<1)

Wir besprachen einige Ideen für den Antrieb des Schleifsteins und einigten uns
letztendlich allerdings auf die Konstruktion eines klassischen Stirnradgetriebes.
Wir schlossen folgende Getriebearten aus:
Riemen/Kettentrieb: Auf Grund des geringen Abstandes der beiden
Riemen/Kettenrädern zueinander und des
allgemein geringen Platzes war die Konstruktion

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eines riemen-/kettengetriebenen Antriebes zu
platzintensiv.
Kegel/Schneckengetriebe: Der Einbau eines Kegel-/Schneckengetriebes
lieferte aufgrund der vorhandenen Bauteile nicht die
gewünschte Erhöhung der Drehzahl.

Das Stirnradgetriebe bot uns die optimalen Vorteile:


Aufgrund der kompakten Bauweise benötigte es nicht viel Platz beim Einbau, durch
das einfache Übersetzungsverhältnis war eine Erhöhung der Eingangsdrehzahl sehr
simpel. Zwar ist die Ausgangsdrehrichtung immer entgegengesetzt zur
Eingangsdrehrichtung, allerdings war dies für den Schleifvorgang nicht von
Relevanz.
Für das treibende Rad (Z1) verwendeten wir ein Zahnrad mit 34 Zähnen. Für das
angetriebene Rad (Z2) verwendeten wir ein Zahnrad mit 17 Zähnen (Bild 1).
Somit ergibt sich ein Übersetzungsverhältnis von i = 0,5.
Nach dem letzten Schritt der Planung begannen wir.
Nachdem das Übersetzungsverhältnis des Getriebes geklärt wurde, konnte das
Grundgestell besprochen werde und noch einzelne Änderungen vorgenommen
werden. Wir fertigten eine finale Skizze der Schleifvorrichtung an (Bild 2).
Im Anschluss suchten wir die entsprechenden Bauteile zusammen und begannen mit
dem Aufbau des Bleistiftschleifers.

Übersetzungsverhältnis Stirnradgetriebe Bild 11


(Überarbeitet)

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https://www.ludwigmeister.de/technische-informationen/zahnraeder
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Finale Skizze (Überarbeitet) Bild 2
: Stirnradgetriebe : Schleifrad : Wellen : Halterungsstreben :Stift

Nachdem alle Gruppen ihren Auftrag beendet haben, stellten diese ihre Lösungen
vor.
Im Anschluss an die Präsentationen unterhielten wir uns im Plenum über den Einsatz
von Baukästen im Technikunterricht und welche Vor oder Nachteile diese bieten.

3.Vertiefung
Oftmals „. . . wird der Begriff „Baukasten“ mit Modellbau oder Spielzeug . . .“2
assoziiert, doch bietet er weitaus mehr Möglichkeiten. Besonders für die Technik und
somit auch für den Technikunterricht ist er gut einsetzbar geworden.
Zum einen ermöglicht der Unterricht mit Baukästen das rezeptive Lernen, die
Lehrperson kann einen komplexen Aufbau vereinfacht demonstrieren, um den
Schülern und Schülerinnen einen Einblick in technische Systeme bereit zu stellen.
Ein weiterer Vorteil des Unterrichts mit Baukästen wird durch die Möglichkeit geboten
reproduktiv zu lernen. Somit kann eine von der Lehrperson aufgestellte
Aufgabenstellung nachgebaut werden, um auch hier wieder eine Veranschaulichung
eines technischen Systems zu erlangen. Wichtig für die Lehrperson ist hier
insbesondere die Abwägung der Situation. Fragen wie „Ist es sinnvoll hierfür einen
Baukasten einzusetzen?“ oder „Kann ich damit die Aufgabe sinnvoll erleichtern?“
sollten sich gestellt werden. „So muss [allerdings] immer die Frage des „Für wen“
beantwortet werden.“3.
Oftmals muss im Vorhinein geklärt werden, ob diese Methode überhaupt das
Interesse der betroffenen Klasse abdeckt, oder ob das Ganze den Lernprozess
erschweren würde.

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Sachs/Fies, Baukästen im Technikunterricht, Maier 1977, S.21
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Sachs/Fies, Baukästen im Technikunterricht, Maier 1977, S.29
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Ebenfalls kann die Fähigkeit des Konstruierens spielerisch gefördert werden. Die
Möglichkeit ein Modell zu erstellen, zum Beispiel für die Veranschaulichung eines
geplanten Baustücks, ist durch das große Angebot unterschiedlicher Baukästen für
unterschiedliche Themengebiete gut möglich.
Nicht nur im Technikunterricht wird diese Möglichkeit des „Testlaufes“ verwendet,
ebenfalls in der Industrie hat die Verwendung von Baukästen ein festes Standbein. „.
. . in der Industrie [werden] zunehmend Konstruktionsbaukästen eingesetzt, die den
für die Schule angebotenen Baukastensystemen entsprechen bzw. die mit ihnen
identisch sind.“4.
Eingesetzt werden die Konstruktionbaukästen in der Industrie „. . .in den Bereichen
Planung, Entwicklung, Konstruktion, Forschung, Fertigung, im Vertrieb und in der
Aus- und Fortbildung. . .“5. Durch das breite Verwendungsspektrum in der Industrie
ist eine Verwendung in der Schule sinnvoll, man erleichtert den Schülern die
mögliche spätere Verwendung solche Baukästen im Berufsleben.
Für die Schule ist ebenfalls wie für die Industrie darauf zu achten das der Baukasten
folgende Anforderungen bietet: Einen „. . .mühelosen Aufbau, Steifigkeit und
Genauigkeit der Verbindungen auch nach mehrmaligem Einsatz, Spielarmut und
Abriebsfestigkeit der Lager und Führungsstellen.“6.
Zudem bietet der Unterricht mit solchen Baukästen auch für die Lehrperson einige
Möglichkeiten.
Die vermeintlich gering wirkende Vorbereitungszeit lockt den einen oder anderen
Lehrer natürlich zum großzügigen Einsatz von Baukästen in seinem Unterricht.
Allerdings „. . . muss der Lehrer vor einer Entscheidung umfangreiche eigene
Umgangserfahrungen mit dem Baukastensystem gewonnen haben.“7.
Um sicherzustellen, dass mit dem Baukasten der optimale Lernerfolg einhergeht, ist
es zwingend erforderlich, dass die Lehrperson im Vorhinein die an die Schüler
gestellten Aufgaben selbst mit dem vorhandenen Baukasten durcharbeitet. Nur so
kann man „. . .die Schwierigkeiten der Aufgabenstellung für die Schüler annähernd
erfahren und abschätzen.“8.
So wird eine zu schwere Aufgabenstellung zu Misserfolg und Demotivation der
Schüler führen, die durch die Verwendung einer anderen Methode hätte umgangen
werden können.
Sollte man feststellen dass die Aufgabenstellung mit den vorhandenen Bauteilen
einen zu hohen Leistungsanspruch an die Schüler stellt, kann man die Möglichkeit in
Erwägung ziehen, dem Baukasten nicht angehörige Materialien zur Verfügung zu
stellen. Dadurch liefert man den Schülern die Möglichkeit, den Lösungsweg anders
anzugehen.

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Sachs/Fies, Baukästen im Technikunterricht, Maier 1977, S.30
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Sachs/Fies, Baukästen im Technikunterricht, Maier 1977, S.30
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Sachs/Fies, Baukästen im Technikunterricht, Maier 1977, S.30
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Sachs/Fies, Baukästen im Technikunterricht, Maier 1977, S.143
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Sachs/Fies, Baukästen im Technikunterricht, Maier 1977, S.143
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Ebenfalls sollte man als Lehrperson „. . .mehrere Lösungsmöglichkeiten der Aufgabe
selbst erarbeiten. Nur dann kann [man] den einzelnen Schülern die notwendige
Hilfestellung geben.“9.
Der Gedanke, sich durch den Einsatz von Baukästen Vorbereitungszeit drastisch zu
ersparen, ist somit relativ gering. Zeit, die man sich vermeintlich beim Zuschnitt des
Materials für die Schüler spart, investiert man bei der Planung einer
Unterrichtsstunde mit Baukästen nun in andere Bereiche.
Somit ist davon abzuraten, seinen Unterricht aufgrund angeblicher Zeitersparnisse
nur auf die Verwendung solcher Baukastensysteme auszurichten. Wer eine
Unterrichtseinheit mit Baukästen gestalten will und als Ziel hat, einen Lerneffekt bei
seinen Schülern zu erzeugen, muss genauso viel Vorbereitungszeit in die Planung
stecken, wie bei der Planung anderer Unterrichtseinheiten.
„Technische Bildung ist nicht im „Nulltarif“ zu verwirklichen.“10.
Ein weiterer Punkt, der zu beachten ist, sind die zunächst hohen
Anschaffungskosten, insbesondere wenn man eine große Themenstreuung durch
unterschiedliche Baukasten-Ausstattungen oder Erweiterungskästen erzielen will. Die
Bauteile müssen gewissen Anforderungen nachkommen. „. . .Funktionsqualität,
Belastbarkeit, Differenziertheit erzwingen hochwertige Materialien und genaue und
differenzierte Werkzeuge.“ 11. Somit kann ein Baukasten, der die gewünschte und
geforderte Qualität erfüllt, nicht billig sein. Natürlich werden die Anschaffungskosten
auf lange Sicht und regelmäßigen Gebrauch geringer.
Allerdings sollte man vor dem Kauf abwägen, ob man durch einen budgetbedingten
geringen Spielraum nicht so stark eingeschränkt wird, „. . .dass das Wirksamwerden
der technikdidaktischen Vorteile des Systems stark gefährdet oder unmöglich. . .“12
werden.
Die Verwendung von Baukästen im Technikunterricht bietet ein breites
Anwendungsspektrum, dessen Einsatz uns als Lehrperson viele Möglichkeiten
bereitstellt. Sei es die Verwendung, um mechanischer Abläufe vom einfachen
Riementrieb bis zu unterschiedlichen Getriebearten zu veranschaulichen. Oder die
Verwendung, um den Schülern die Grundprinzipien der Statik zu vermitteln. Je nach
Ausstattung des Baukastens kann man so unterschiedliche Themengebiete
abdecken.
Durch die Verwendung von Baukästen können wir Schülern die Möglichkeit geben,
forschend und in gewissem Maße spielerisch etwas zu erlernen. Wir können das
Interesse auf einem anderen Weg wecken und motivieren so vielleicht auch Schüler,
die sonst ein geringes Interesse an Technik zeigen.
Eine Unterrichtseinheit mit Baukastensystemen zu gestalten, bedarf einer guten
Vorbereitung, einer besonders ausgewählten Aufgabenstellung und einer
Lehrperson, die sie nicht nur einsetzt, um sich Vorbereitungszeit zu sparen. Natürlich

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Sachs/Fies, Baukästen im Technikunterricht, Maier 1977, S.144
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Sachs/Fies, Baukästen im Technikunterricht, Maier 1977, S.74
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Sachs/Fies, Baukästen im Technikunterricht, Maier 1977, S.74
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Sachs/Fies, Baukästen im Technikunterricht, Maier 1977, S.74
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kann man eine Unterrichtseinheit mit Baukästen füllen ohne zuvor auch nur einmal
versucht zu haben, die Aufgaben selbst zu lösen.
Man kann immer Wege finden, sich um die Unterrichtsvorbereitung zu drücken, doch
wird nach einer unvorbereiteten Stunde mit hoher Wahrscheinlichkeit ein sehr
geringer beziehungsweise kein Lerneffekt eintreten.
Ich sehe in der Verwendung von Baukästen im Technikunterricht eine weitere gute
Möglichkeit einen abwechslungsreichen, spannenden und ansprechenden Unterricht
für die Schüler und Schülerinnen zu gestalten.

Literatur
Sachs/Fies (1977). Baukästen im Technikunterricht, Ravensburg: Otto Maier Verlag

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