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Darüber hinaus können auch besonders weiche Wässer mit einem Calciumgehalt
von weniger als 21 mg/L beziehungsweise 0,54 mmol/L betonangreifend wirken, da
sie nur wenig gelöste Calcium- und Magnesiumionen enthalten und Calciumhydroxid
aus dem Zementstein lösen können [umgerechnet nach DIN 4030, 1991].
In DIN 4030 (1991) sind Grenzwerte zur Beurteilung des Angriffgrades von Wässern
mit vorwiegend natürlicher Zusammensetzung aufgeführt. Tabelle A.3.3 zeigt die
Wertebereiche, innerhalb derer Wässer noch als schwach angreifend gelten.
Darüber hinaus gelten die Wässer als stark oder sehr stark angreifend.
Dieses Kapitel beschreibt die Grundzüge der wichtigsten Verfahren der zentralen
Trinkwasserenthärtung, Schnell- und Langsamentcarbonisierung, CARIX und
Nanofiltration.
Für die Fällmittel Kalkmilch und Natronlauge ergeben sich die vereinfachten
Reaktionsgleichungen A.3.6 – A.3.9.
Gemäß Reaktion A.3.6 und A.3.7 wird bei Einsatz von Calciumhydroxid pro Mol im
unbehandelten Wasser vorhandenem Calcium 2 Mol Hydrogencarbonat entfernt.
Kohlenstoffdioxid reagiert mit Calciumhydroxid zu Calciumcarbonat, ohne dass das
im unbehandelten Wasser vorhandene Calcium entfernt wird. Hinsichtlich des
Chemikalienverbrauchs und der Minimierung der Reststoffe ist es also zweckmäßig,
den Kohlenstoffdioxidgehalt vor der Kalkfällung durch physikalische Entsäuerung zu
vermindern.
Bei Natronlauge als Fällmittel wird gemäß Reaktionsgleichung A.3.8 und A.3.9
weniger als 1 Mol Hydrogencarbonat pro Mol ursprünglich im Wasser vorhandenem
Calcium entfernt, da auch Kohlenstoffdioxid mit Calcium zu Calciumcarbonat
ausfällt. Verbleibt nach einer Enthärtung mit Kalkmilch zu wenig Hydrogencarbonat
als Restsäurekapazität im Trinkwasser, so dass korrosionschemische Probleme zu
befürchten sind, kann ganz oder teilweise auf Natronlauge ausgewichen werden.
Rohwasser
Entsäuerung (optional)
CaCO3-Pellets
Enthärtung und
Entcarbonisierung
und/oder
Schlammbehandlung
CaCO3-Schlamm
Schlammwasser-
Filtration
behandlung
Trinkwasser
Klarwasser
Bild A.3.3 zeigt ein allgemeines Verfahrensschema für die Enthärtung durch
Fällungsverfahren [nach Stetter und Overath, 1998].
Sowohl bei der Schnell-, als auch bei der Langsamentcarbonisierung ist eine
nachgeschaltete Trübstofffiltration erforderlich. Bei der Schnellentcarbonisierung ist
jedoch mit einem stärkeren Austrag an nicht ausgenutztem Kalkhydrat,
Calcitpartikeln und unlöslichen Bestandteilen zu rechnen (Carry-Over).
Da bei der Trinkwasseraufbereitung nur ein Teil der Härte und der Säurekapazität
entfernt werden soll, kommen zwei Verfahrensvarianten in Frage: Die Vollentcar-
bonisierung eines Teilstroms, oder die Teilentcarbonisierung des Vollstroms. Bei der
Teilstrom-Vollentcarbonisierung wird der nicht entcarbonisierte mit dem entcarboni-
sierten Teilstrom vor der Filtration vermischt, so dass der Vollstrom die gewünschte
Zielhärte aufweist. Die Teilstrom-Vollentcarbonisierung hat sich als vorteilhaft
hinsichtlich der Filtrationseigenschaften des Mischwassers und der Anlagengröße
erwiesen [Baldauf et al., 1989; Stetter und Overath, 1998]. Untersuchungen von
Johannsen (1999) geben Hinweise darauf, dass die Vollstrom-Teilentcarbonisierung
für die Entfernung anorganischer Spurenstoffe durch Kalkfällung besser geeignet ist
[Johannsen, 1999].
Die Verwertung / Entsorgung von Kalkpellets scheint jedoch zu günstigeren als die
in Tabelle A.3.5 angeführten Preisen realisierbar zu sein. Anfang der 90er Jahre
kostete in den Niederlanden die Entsorgung von Kalkpellets durchschnittlich
zwischen 4,5 und 9,1 EUR je Tonne kg, incl. Transportkosten [Koppers, 1998,
umgerechnet in EUR, gerundet]. Es sind auch Fälle bekannt, bei denen Kalkpellets
verkauft werden können. Koppers (1998) weist darauf hin, dass der Absatz von
Kalkpellets wesentlich von den Transportkosten bestimmt wird, nicht von der Art der
Verwendung [Koppers, 1998].
224 A.3 - Grundlagen der zentralen Trinkwasserenthärtung
A.3.4.3 CARIX-Verfahren
Nach einer gewissen Laufzeit werden die Ionenaustauscherharze mit einer stark
kohlensäurehaltigen Lösung regeneriert, welche durch Lösen von Kohlenstoffdioxid
in Wasser unter hohem Druck erzeugt wird. Diese Regenerierlösung wird vom
Regenerierspeicher bei einem Überdruck von ca. 5 bar durch das jeweils zu
regenerierende Mischbett geleitet. Dabei wird der Kationenaustauscher durch
Protonen der Kohlensäure regeneriert beziehungsweise der Anionenaustauscher
durch das verbleibende Hydrogencarbonat. Die vorher aus dem Rohwasser
entnommenen Ionen gehen in die Regenerierlösung über, die als salzreiches
Regenerierabwasser, dem sog. Eluat, anfällt.
Regenerierspeicher
Eluat-Entgaser
CO2
Wasser zur
Aufbereitung
Regeneration
Bypass Regenerier-
abwasser (Eluat)
Eluatspeicher
Entsäuerung
Trinkwasser
Wasser
CO2 Reinwasserbehälter
Nach der CO2-Rückgewinnung wird das Eluat in einen Eluatspeicher gefördert. Etwa
30% der Eluatmenge wird für die nächste Regenerierlösung wieder verwendet, um
die Abwasser- beziehungsweise die erforderliche Rohwassermenge zu minimieren.
Ca. 70% der Regenerierlösung wird aus unbehandeltem (Roh-)Wasser hergestellt.
In Gleichung A.3.10 und A.3.11 ist der Ionenaustausch (Ablauf der Reaktion von
links nach rechts) und die Regeneration (Ablauf der Reaktion von rechts nach links)
vereinfacht dargestellt.
A.3.4.4 Nanofiltration
Da sich die bei der Nanofiltration eingesetzten Wickelmodule nur bedingt reinigen
lassen, haben sie nur eine begrenzte Haltbarkeit.
Das Ausfallen von CaCO3 hängt in erster Linie vom pH-Wert ab. Durch die
Dosierung von Säure kann der pH-Wert so weit abgesenkt werden, dass das
Carbonat weit gehend zu Hydrogencarbonat und Kohlenstoffdioxid umgewandelt
wird und dadurch nicht mehr als Reaktionspartner für das Calcium zur Verfügung
steht. Zur Einstellung des pH-Wertes können H2SO4, HCl oder CO2 eingesetzt
werden. Im Gegensatz zu CaCO3 kann das Ausfallen von Sulfaten nicht durch die
Dosierung von Säure kontrolliert werden, sondern ist nur durch Vermeidung der
Überschreitung des Löslichkeitsproduktes zu erreichen, oder durch Dosierung eines
Antiscalants, welches eine Übersättigung des Konzentrats in gewissen Grenzen
ermöglicht. Da die Wahl der dosierten Säure einen Einfluss auf die Investitions- und
Betriebskosten einer Nanofiltrationsanlage hat, werden nachfolgend die
unterschiedlichen Konsequenzen der Säuren H2SO4, HCl und CO2 diskutiert.
Schwefelsäure ist eine starke Säure, die relativ einfach handhabbar und preiswert
ist. Durch die Zugabe von Schwefelsäure erhöht sich die Sulfatkonzentration, was
gleichzeitig eine Erhöhung des Rückhalts der Härtebildner sowie eine Minimierung
des Konzentratstroms zur Folge hat. Darüber hinaus muss für das Erreichen der im
Trinkwasser vorgesehenen Härte ein geringerer Teilstrom behandelt werden, so
dass eine geringere Membranfläche erforderlich ist.
Die Erhöhung der Sulfatkonzentration führt jedoch rasch zu einer Übersättigung von
Calcium- und Bariumsulfat an der Membranoberfläche. Als Orientierungswert wird
häufig eine Bariumkonzentration von max. 50 µg/L genannt, ab der mit großer
Wahrscheinlichkeit eine Dosierung von Natriumhexametaphosphat erforderlich ist.
Die hohe Phosphatkonzentration im Konzentrat lässt dann eine direkte Ableitung in
einen Vorfluter nicht mehr zu. Unter diesen Umständen ist entweder die kosten-
pflichtige Ableitung in ein öffentliches Kanalnetz oder eine Vorbehandlung notwen-
dig, was die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Konzeptes in Frage stellt. Aus tech-
nischer und wirtschaftlicher Sicht wäre für die Nanofiltration bei Dosierung von
Schwefelsäure die Zulassung eines Inhibitors für die Trinkwasseraufbereitung mit
besserer Wirksamkeit bei gleichzeitig geringerer Umweltschädlichkeit wünschens-
wert. In wie weit andere Inhibitoren als Natriumhexametaphosphat zu Risiken bei der
Trinkwasserqualität führen können, kann hier nicht diskutiert werden.
A.3 - Grundlagen der zentralen Trinkwasserenthärtung 229
Bei Dosierung von Salzsäure wird der Rückhalt der Härtebildner nicht oder nicht
wesentlich erhöht. Somit entfällt der Vorteil einer kleineren Membranfläche. Da sich
die Sulfatkonzentration im Zufluss jedoch ebenfalls nicht erhöht, kann in diesem Fall
bei geringen Sulfat- und Bariumgehalten im Rohwasser eventuell auf die Dosierung
von Natriumhexametaphosphat verzichtet werden. Gleichzeitig sollte eine nicht zu
hohe Ausbeute angestrebt werden. Eine direkte Ableitung des Konzentrats in einen
Vorfluter ist eventuell möglich, da sich zwar die Gesamtfracht der Ionen durch das
mit der Salzsäure zugeführte Chlorid erhöht, jedoch kein Phosphat enthalten ist.
Salzsäure hat gegenüber Schwefelsäure Nachteile hinsichtlich der Handhabbarkeit
und der Arbeitssicherheit.
Die Anlage führt eine Vollstrombehandlung durch, bei der ein anlageninterner
Verschnitt von enthärtetem und nicht enthärtetem Wasser durch Einsatz von
Ultrafiltrationsmembranen erfolgt. Die Ultrafiltration wird auf Grund einer
gelegentlichen Keimbelastung des Rohwassers durchgeführt. Der Konzentratstrom
beträgt 25 % des Rohwasserstroms.
In wie weit bei der Nanofiltration auf die Zugabe von Antiscalants verzichtet werden
kann, ist von der Beschaffenheit des Rohwassers abhängig, insbesondere von den
vorliegenden Barium- und Sulfatgehalten. Darüber hinaus dürfte die Dosierung von
CO2 nur bei einer geeigneten Rohwasserqualität zur Kontrolle der Calcitausfällung
ausreichend sein.
230 A.3 - Grundlagen der zentralen Trinkwasserenthärtung
Bei allen Verfahrenskonzepten der Nanofiltration ist eine Entsäuerung des Permeats
beziehungsweise des Mischwassers notwendig. Auch das Konzentrat muss
gegebenenfalls vor seiner Ableitung entsäuert werden. Bild A.3.5 zeigt ein
vereinfachtes Verfahrensfließbild der Nanofiltration.
Konzentrat
Zufluss
Trinkwasser
Entsäuerung Reinwasserbehälter
Bei der Ableitung von Konzentraten muss die korrosionsfördernde Wirkung der
Inhaltsstoffe beachtet werden. Für die Korrosion zementgebundener Werkstoffe, die
häufig für Abwasserleitungen eingesetzt werden, sind der pH-Wert, das Calcitlöse-
potenzial, die Magnesiumkonzentration sowie insbesondere die Sulfatkonzentration
wichtige Einflussparameter [DIN 4030, 1991]. Sulfat fördert die Korrosion zementge-
bundener Werkstoffe ab einer Konzentration von ca. 200 - 600 mg/L (2 - 6 mmol/L).