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B

für RUMÄNIEN
31. Jahrgang/Nr. 7680 Bukarest, Mittwoch, 11. Oktober 2023 1 Leu

Premierminister Ciolacu bei Dreier-

Treffen im bulgarischen Warna
Kernthemen: Energie, Verkehr und regionale Sicherheit
Warna (ADZ) - Regierungschef
Marcel Ciolacu (PSD) ist am Mon-
tag im bulgarischen Warna mit
seinen Amtskollegen aus Bulgari-
en und Griechenland, Nikolaj Den-
kow bzw. Kyriakos Mitsotakis, zu
einem Austausch zusammenge-
troffen. Kernthemen waren die
regionale Sicherheit sowie eine
engere Zusammenarbeit in den
Bereichen Energie und Verkehr -
es gelte, gemeinsam etliche Regio-
nalprojekte in Angriff zu nehmen,
die vor dem Hintergrund des
russischen Angriffskriegs in der
Ukraine „nicht bloß für uns, son-
dern für ganz Europa“ wichtig
seien, sagte Ciolacu auf einer ge-
meinsamen Pressekonferenz mit
Denkow und Mitsotakis. Bei den
Projekten handelt es sich u.a. um
einen Verkehrskorridor, der von
der griechischen Ägäis-Stadt Thes-
saloniki über Kavala und Ale-
xandroupolis zu den Schwarz-
meerhäfen Burgas und Warna in
Bulgarien bis hin zu Konstanza in
Rumänien und möglichweise
sogar bis in die Moldau verlaufen
soll. Erörtert wurde zudem der Bau
einer dritten Donaubrücke zwi-
schen Rumänien und Bulgarien.
Die bei dem Treffen anwesende
EU-Verkehrskommissarin Adina
Valean sicherte die Unterstützung
der EU für die Entwicklung der
Transportinfrastruktur der Regi-
on zu.
Angesichts des Ukraine-Kriegs
waren sich die Regierungschefs der
drei NATO-Staaten zudem einig
über die strategische Bedeutung
des Schwarzen Meeres für die re-
gionale Sicherheit.
Nicht zu guter Letzt wurde bei
dem Dreier-Treffen auch das Schen-
gen-Dossier bzw. Österreichs Veto
gegen eine Erweiterung des grenz- Die Union der Armenier und die Erzdiözese der Armenischen Kirche
kontrollfreien Schengenraums um in Rumänien haben am Montag am Victoria-Platz eine Solidaritäts-
Rumänien und Bulgarien ange- aktion mit den armenischen Flüchtlingen aus der Region Arzach/
schnitten, wobei der ebenfalls vor Republik Bergkarabach (Aserbaidschan) organisiert. Die Union ver-
Ort anwesende Vizepräsident der gleicht die ethnischen Säuberungen – über 120.000 Menschen mussten
EU-Kommission Margaritis Schi- ihre Heimat verlassen – in der Region „in Übereinstimmung mit der
nas Bukarest und Sofia Hoffnung Definition der UN-Generalsversammlung von 1992“ auch ohne
machte – „bis Jahresende könnte Massenmorde als Genozid. Der armenische Abgeordnete Varujan
eine positive Entscheidung getrof- Pambuccian übermittelte auf Facebook seinen Dank für die humani-
fen werden“, teilte Schinas mit. täre Hilfe seitens der rumänischen Regierung. Foto: Agerpres

PSD und PNL begraben Pläne Israel: Weitere Rumänen ausgeflogen –

über ein Wahlbündnis für 2024 Soldat mit rumänischem Pass gefallen
Gegenwind der Kommunalpolitiker war offenbar zu stark
Bukarest (ADZ) - Nach mehr-
wöchigen Verhandlungen schei-
nen PSD und PNL ihre Pläne über
ein Wahlbündnis für 2024
mittlerweile begraben zu haben –
zum einen, weil die Zugewinne für
beide Parteien offenbar geringer
als erhofft ausfallen würden, zum
anderen, weil der Gegenwind ih-
rer Kommunalpolitiker letzten
Endes zu groß war.
Entsprechend signalisieren
zurzeit sowohl PSD- als auch PNL-
Spitzen, dass man gemeinsame
Wahllisten ausschließe. So stellte
PNL-Chef Nicolae Ciuc² jüngst
gegenüber den Medien klar, dass
seine Partei es noch „jedes Mal
geschafft hat, sich im Alleingang
durchzusetzen“ – 2019 habe die
PNL „immerhin den Staatspräsi-
denten gestellt“, während sie sich
bei der Kommunalwahl von 2020
als stärkste Partei habe durchset-
zen können. Die Partei sei „sowohl
fähig als auch ausreichend moti-
viert“, um das Superwahljahr 2024
allein in Angriff zu nehmen, erläu-
terte Ciuc².
Seinerseits hob der erste PSD-
Vize und amtierende Verkehrsmi-
nister Sorin Grindeanu hervor,
persönlich „strikt gegen gemein-
same Wahllisten“ zu sein – aus sei-
ner Sicht gebe es nämlich „kein
einziges Argument“ für einen der-
artigen Schritt, sagte Grindeanu
dem Sender Prima TV.
Botschafter: Auch Rumänen im Gazastreifen ersuchten um Hilfe
Bukarest (ADZ) - Ein 22-jähri-
ger IDF-Soldat mit doppelter ru-
mänisch-israelischer Staatsange-
hörigkeit ist nach dem Angriff der
palästinensischen Hamas auf Isra-
el am Samstag als tot gemeldet
worden. Das bestätigte auch Pre-
mierminister Marcel Ciolacu, der
der Familie sein Beileid ausdrück-
te.
Inzwischen kehren immer mehr
Rumänen aus Israel zurück. Zuletzt
trafen in der Nacht zum Dienstag
rund 600 von ihnen an Bord von
vier Flugzeugen im Land ein. Über
das Wochenende waren bereits
etwa 800 ausgeflogen worden, teil-
ten die Behörden mit. Der Ben
Gurion-Flughafen in Tel Aviv sei
weiter offen, die staatliche rumä-
nische Luftlinie TAROM habe
sogar mehr Flüge eingeplant, sag-
te der rumänische Botschafter in
Israel, Radu Ioanid, dem Staatssen-
der TVR1. Auch andere Flugge-
sellschaften halten ihren Betrieb
aufrecht, so dass es täglich vier bis
fünf Flüge nach Rumänien gibt. Die
Botschaft könne jedoch den Men-
schen nicht helfen, zum Flughafen
in Tel Aviv zu kommen, stellte
Ioanid klar. Konsularteams der
Botschaft in Israel und der Vertre-
tung im Ramallah unterstützen
Passagiere direkt auf dem Ben
Gurion Airport.
Vor dem Kriegsgeschehen
brachten sich vor allem rumäni-
sche Pilger in Sicherheit. Dem Pres-
sesprecher der orthodoxen Kirche
zufolge seien die meisten von ih-
nen bereits wieder in Rumänien.
Komplizierter sei laut Botschaf-
ter Ioanid die Situation der rumä-
nischen Staatsangehörigen in
Gaza, von denen rund 100 Hilferu-
fe gekommen seien. Zu ihrer Aus-
reise müsse man mit den Behör-
den im angrenzenden Ägypten
arbeiten, sagte er.
Angesichts der Tausenden von
Verletzten appelliert inzwischen
das Gesundheitsministerium in
Bukarest an Ärzte und anderes
Fachpersonal in Rumänien, sich für
einen Einsatz in Israel freiwillig zu
melden.

Abos für November
bis zum 20. Oktober
abschließen!
Israel mobilisiert 300.000
Soldaten – Gazastreifen
abgeriegelt
Seite 2
Nobelpreis für Ökonomin –
Detektivarbeit für
die Gleichberechtigung
Seite 3
Rafila stellt ärztliche Teams
für Volontariat in Israel auf
Bukarest (ADZ) - Gesundheits-
minister Alexandru Rafila (PSD) hat
am Montag bekannt gegeben, Frei-
willige aus dem medizinischen Be-
reich zu suchen, damit Rumänien
umgehend ärztliche Teams nach
Israel entsenden könne, sollten die
israelischen Behörden diese benö-
tigen bzw. beantragen. Zwar hät-
ten bis dato weder sein israelischer
Amtskollege noch der Botschafter
Israels in Rumänien um derartige
Hilfe ersucht, nichtsdestotrotz
wolle man vorbereitet sein, um
gegebenenfalls schnell handeln zu
können, sagte Rafila.
Dem Gesundheitsminister zu-
folge bereitet Rumänien auch Blut-
konserven und -derivate vor – er
habe mit etlichen Krankenhauslei-
tern aus Be’er Scheva telefoniert,
die ihm eröffnet hätten, dass in
ihren Hospitälern Blutkonserven
und -präparate mittlerweile knapp
würden. Nur Stunden später teilte
Rafila mit, dass sich bereits mehr
als tausend Ärzte und Kranken-
schwestern auf seine Liste einge-
tragen und somit bereit erklärt
hätten, als Freiwillige nach Israel
zu reisen, um medizinische Hilfe
zu leisten.
Nur eine Million
Jodtabletten ausgegeben
Bukarest (ADZ) - Bis jetzt sind
seitens der Bevölkerung nur rund
eine Million Jodtabletten in Apo-
theken verlangt worden, die für
den Fall eines Nuklearereignisses
besser in jedem Haushalt eines Be-
zugsberechtigten vorhanden sein
sollten, kritisiert Gesundheitsmi-
nister Alexandru Rafila (PSD) den
Sinn der Rumänen für Prävention.
Es sei noch Vorrat vorhanden, fügt
er am Montagabend auf Medika
TV an. Nach dem Unfall von
Tschernobyl 1986 habe es eine
„Explosion an Schilddrüsenkrebs-
fällen“ gegeben, erinnert Rafila.
Die Einnahme hochdosierter
Jodtabletten empfiehlt sich nur in-
nerhalb eines kurzen Zeitfensters
nach einem Nuklearereignis und
nur auf Anweisung der Behörden.
Die Tabletten sollen durch Sätti-
gung der Schilddrüse mit nicht-
radioaktivem Jod verhindern, dass
sich radioaktives Jod dort ansam-
melt, was die Krebsgefahr deut-
lich erhöht. Ab 40 Jahren steigt je-
doch die Gefahr schwerer Kompli-
kationen, während die Schutzwir-
kung abnimmt, deshalb wird die
Einnahme nur für Menschen unter
40 empfohlen.

10. Oktober 10. Oktober

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Seite 2
AUSLAND ADZ / 11. Oktober 2023

KRIEG IN DER UKRAINE

Selenskyj: Moskau will auch Krieg im Nahen Osten London: Neue
Rekrutierungswelle in
Der ukrainische Präsident warnt vor Weltkrieg in abendlicher Videobotschaft Russland vor Wahl
ist, die Israel angegriffen hat, und hier Hauptaufgabe sei es, die Entwick- unwahrscheinlich
Kiew (dpa) - Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat ein Terrorstaat ist, der die Ukraine an- lung der Einheiten nicht zu stoppen,
Russland vorgeworfen, neben dem Angriff auf sein Land auch einen gegriffen hat.“ sagte Selenskyj. Die Gebietsverteidi- London (dpa) - Eine neue russi-
Krieg im Nahen Osten entfachen zu wollen. „Wir haben Daten, die klar Russland hat nach Angaben des gungskräfte sind als Teilstruktur der sche Rekrutierungswelle für den An-
beweisen, dass Russland daran interessiert ist, im Nahen Osten einen Außenministeriums in Moskau auch Armee vor allem für die Organisation griffskrieg gegen die Ukraine ist nach
Krieg loszutreten, so dass eine neue Quelle von Schmerz und Leid die Kontakte zur militanten Hamas, die von der Verteidigung in den Regionen ver- Einschätzung britischer Geheimdienst-
Einheit der Welt untergräbt“, teilte Selenskyj am Montag im sozialen den USA, der EU und Israel als Terror- antwortlich. Barhylewytsch hatte seit experten bis zur Präsidentschaftswahl
Netzwerk X mit. Zudem warnte er in seiner in Kiew verbreiteten organisation eingestuft wird. So führte 2020 bereits am Aufbau der Gebiets- im kommenden Jahr unwahrscheinlich.
abendlichen Videobotschaft vor der Gefahr eines Weltkrieges. etwa der Nahost-Beauftragte des Kreml, verteidigungskräfte mitgewirkt. Das ging am Dienstag aus dem tägli-
Vizeaußenminister Michail Bogdanow, Die Ukraine führt mit westlicher chen Geheimdienstbericht des Vertei-
mehrfach in diesem Jahr Gespräche mit Militärhilfe seit bald 20 Monaten einen digungsministeriums in London zum
„Die Weltkriege der Vergangenheit deren Waffen zu unterstützen. Hamas-Vertretern – am Telefon und Verteidigungskampf gegen den russi- Krieg in der Ukraine hervor. Demnach
haben mit lokalen Aggressionen be- Wie in seiner Videobotschaft am bei persönlichen Begegnungen. Der schen Angriff. Präsident Selenskyj werde der Kreml versuchen, unpopu-
gonnen“, sagte Selenskyj auch mit Blick Sonntag rief Selenskyj erneut zum ge- Kreml hatte sich erst am Montag betont immer wieder, dass die Ukraine läre Maßnahmen bis zu der für den 17.
auf die Angriffe der militanten Hamas meinsamen Kampf gegen den Terror erstmals zur Gewalt in Israel geäußert ihren Kampf gegen die russische Ag- März angesetzten Wahl zu minimieren.
auf Israel. Er erklärte nicht, welche auf. Das internationale Recht müsse und sich besorgt gezeigt. gression nicht nur für ihre eigene Un- Obwohl Russlands Präsident Wla-
Informationen er dazu habe, dass Russ- verteidigt werden gegen Versuche ei- abhängigkeit führe, sondern für die dimir Putin seine Absicht zur Kandida-
land an einem Flächenbrand im Nahen ner Machtübernahme durch die Terro- Freiheit in ganz Europa. Der Staatschef tur noch nicht erklärt habe, werde er
Selenskyj wechselt Chef der
Osten interessiert sei. „Wir sehen risten. „Ich bin allen Anführern und fordert mehr Unterstützung des Wes- sich beinahe sicher um eine Wieder-
Moskaus iranische Freunde, die offen Staaten dankbar, die sich im Klaren Gebietsverteidigungskräfte aus tens für den Verteidigungskampf, um wahl bemühen. Der Wahlkampf, der
jene unterstützen, die Israel angegrif- sind über die Gefahr und zur Zusam- In seiner Videobotschaft informier- Russland durch eine Niederlage dauer- bereits im November beginnen könnte,
fen haben“, sagte Selenskyj, der selbst menarbeit bereit sind, die Situation te Selenskyj auch darüber, dass er zum haft militärisch zu schwächen. dürfte sich demnach um die Erzählung
jüdische Wurzeln hat. Zudem warf er unter Kontrolle zu halten und die Spon- zweiten Mal seit Beginn des russischen drehen, Russland sei eine Zivilisation,
kremlnahen russischen Propagandis- soren des Terrors an einer breiteren Einmarsches den Kommandeur der die sich gegen äußere Feinde wehren
Selenskyj in Bukarest
ten Schadenfreude über die Gewalt Einmischung zu hindern.“ Gebietsverteidigungskräfte ausge- müsse. Obwohl Wahlen in Russland
gegen Israel vor. Schon am Montagvormittag hatte wechselt habe. Er setzte per Erlass Ge- Am Dienstag reiste Selenskyj zu vom Kreml kontrolliert würden, seien
„Und all dies ist eine viel größere der Präsident in einer Videoansprache neralmajor Anatolij Barhylewytsch als einem Kurzbesuch nach Rumänien in sie ein wichtiges Instrument zur politi-
Bedrohung als die Welt aktuell erlebt“, vor Parlamentariern aus den NATO- neuen Chef ein. Zuvor war Ihor Tanz- die Hauptstadt Bukarest, um seinen schen Legitimation.
sagte der ukrainische Präsident. Er hatte Mitgliedstaaten in Kopenhagen die jura im gleichen militärischen Rang Kollegen Klaus Johannis zu treffen und Das britische Verteidigungsminis-
dem Iran auch im Zuge des russischen Gräueltaten der Hamas gegen Israel mit entlassen worden. Tanzjura hatte den um Unterstützung zu werben. Eine terium veröffentlicht seit Beginn des
Angriffskrieges gegen die Ukraine denen Russlands gegen die Ukraine Posten seit Mai vergangenen Jahres gemeinsame Presseerklärung war für Kriegs gegen die Ukraine im Februar
immer wieder vorgeworfen, Moskau verglichen. „Der einzige Unterschied bekleidet. Zu den Gründen der Entlas- 14.30 (nach Redaktionsschluss) ange- 2022 täglich Informationen zum Kriegs-
in seinem Terror mit Drohnen und an- ist, dass es dort eine Terrororganisation sung wurde zunächst nichts bekannt. setzt. verlauf.

KRIEG IM NAHEN OSTEN

Israel mobilisiert 300.000 Soldaten EU-Kommission relativiert Aussage zu

– Gazastreifen abgeriegelt
Folgt eine Bodenoffensive der Israelis im Gazastreifen?
Tel Aviv/Gaza (dpa) - Nach den
verheerenden Angriffen von
Hamas-Terroristen auf Israel
mehren sich Anzeichen für eine
bevorstehende Bodenoffensive
Israels im Gazastreifen. Israel
ordnete die komplette Abriege-
lung des nur 40 Kilometer lan-
gen und sechs bis zwölf Kilome-
ter breiten Gebietes an, wäh-
rend die Armee 300.000 Reser-
visten mobilisiert. „Was die
Hamas erleben wird, wird hart
und fürchterlich sein. Wir sind
erst am Anfang“, hatte Minis-
terpräsident Benjamin Netan-
jahu gesagt.
Die Menschen in Israel wurden
angewiesen, sich mit ausreichend Nah-
rung, Wasser und Medikamenten ein-
zudecken. Die Vorräte sollten minde-
stens 72 Stunden reichen, teilte das
Militär mit. Deutschland, die USA,
Großbritannien, Frankreich und Italien
versicherten Israel ihre Solidarität.
Die Hamas drohte unterdessen, für
jeden von Israel ausgeführten Angriff
eine zivile Geisel hinzurichten, wie ein
Sprecher sagte. Sie hatte rund 150 isra-
elische Geiseln in den Gazastreifen
verschleppt. Darunter sind auch Bür-
ger mehrerer westlicher Staaten,
darunter eine Deutsche.
Israels Armee nahm eigenen Anga-
ben zufolge Hunderte Hamas-Mitglie-
der in Gefangenschaft. Die von der EU,
den USA und Israel als Terrororganisa-
tion eingestufte Hamas teilte auf Al-
Dschasira mit, die Gruppe sei offen für
Vermittlungen. Beim am Wochenende
begonnenen Angriff der Hamas-Terro-
risten wurden mindestens 900 Menschen
getötet und 2600 Menschen verletzt.
Israelische Kräfte patrouillieren in Gebieten entlang der Grenze zwischen
Israel und Gaza, während die Kämpfe zwischen israelischen Truppen und
islamistischen Hamas-Kämpfern weitergehen. Foto: Ilia Yefimovich/dpa
Die Terroristen waren in israelische
Orte eingedrungen und erschossen
Männer, Frauen und Kinder und ver-
schleppten andere in den Gazastreifen.
Bei den massiven israelischen Gegen-
schlägen wurden im Gazastreifen nach
Angaben des dortigen Gesundheitsmi-
nisteriums mindestens 687 Menschen
getötet und mehr als 3800 verletzt.
Unbestätigten Medienberichten zufol-
ge sollen sich die Leichen von rund
1500 palästinensischen Terroristen auf
israelischem Gebiet befinden. Derzeit
dringen keine Terroristen mehr in Isra-
el ein, wie es unter Berufung auf einen
israelischen Militärsprecher hieß.
Für die rund zwei Millionen über-
wiegend armen Bewohner des äußerst
dicht besiedelten Gazastreifens dürfte
sich die Lage mit der kompletten Abrie-
gelung durch Israel nun weiter ver-
schlechtern. Der israelische Verteidi-
gungsminister Joav Galant sagte: „Es
wird keinen Strom, keine Lebensmittel
und keinen Treibstoff geben.“
Israels Armee griff derweil im Ga-
zastreifen weiterhin Ziele militanter
Palästinenser an. Die Stellungen seien
aus der Luft und von Schiffen aus atta-
ckiert worden, teilte die Armee am spä-
ten Montagabend mit. Das Militär habe
unter anderem Waffenlager, Tunnel und
eine Hamas-Kommandozentrale in ei-
ner Moschee bombardiert.
Währenddessen gab es auch im
Westjordanland wieder Auseinander-
setzungen mit Toten. Auch an Israels
Nordgrenze zum Libanon gab es Ge-
fechte, was die Sorge vor einer Aus-
weitung des Konflikts verstärkte. Isra-
elische Soldaten hätten mehrere Be-
waffnete erschossen, die nach Israel
vorgedrungen waren, teilte das israeli-
sche Militär mit.
Zahlungsstopp an Palästinenser
Brüssel (dpa) - Die. EU-Kommissi-
on hat ihre Ankündigungen zum Ein-
frieren von Entwicklungshilfezahlun-
gen an die Palästinenser relativiert. In
einer am Montagabend verbreiteten
Pressemitteilung der Brüsseler Behör-
de heißt es, da momentan keine Zahlun-
gen vorgesehen seien, werde es vorerst
auch nicht zu einer Zahlungsaussetzung
kommen.
Zuvor hatte am Nachmittag der zu-
ständige EU-Kommissar Oliver Varhe-
lyi über den Kurznachrichtendienst X
eine Überprüfung der EU-Entwicklungs-
hilfen für die Palästinenser angekündigt
und mitgeteilt, alle Zahlungen würden
sofort ausgesetzt. Ein Sprecher der Be-
hörde hatte dies danach bestätigt.
Am Abend hieß es nun aus Kom-
missionskreisen, es sei angesichts des
Angriffs der islamistischen Terroror-
ganisation Hamas auf Israel tatsächlich
vereinbart worden, keine Gelder aus-
zuzahlen, bis die Überprüfung der Hil-
fen abgeschlossen sei. Es sei aber auch
richtig, dass derzeit keine Zahlungen
anstünden. Varhelyi habe die Entschei-
dung eigenmächtig kommuniziert. Ur-
sprünglich sei vorgesehen gewesen,
13.000 UN-Mitarbeiter können
Gazastreifen nicht verlassen
New York (dpa) - 13.000 UN-Mit-
arbeitende befinden sich den Vereinten
Nationen zufolge im Gazastreifen. „Sie
sind offensichtlich nicht in der Lage,
wegzugehen“, sagte UN-Sprecher Ste-
phane Dujarric am Montag. „Sie kon-
zentrieren sich darauf, im Rahmen ihres
Mandats alles zu tun, was sie können,
um der Bevölkerung zu helfen.“ Es seien
Angestellte des UN-Hilfswerks für Pa-
lästinensische Flüchtlinge im Nahen
Osten (UNRWA) - die meisten von ih-
nen seien Palästinenser, etwa 300 seien
internationale Mitarbeitende.
zunächst die Mitgliedstaaten zu infor-
mieren, damit das Thema dann auch bei
dem für diesen Dienstag geplanten
Sondertreffen der Außenminister mit
dem EU-Außenbeauftragten Josep
Borrell besprochen werden könne.
Die Meinungen zu dem Thema ge-
hen in der EU weit auseinander. So
erklärte EU-Ratspräsident Charles
Michel am späten Montagabend nach
einem Telefonat mit UN-Generalsek-
retär António Guterres: „Wir dürfen
die dringend benötigte Entwicklungs-
hilfe und humanitäre Hilfe für die pa-
lästinensischen Zivilisten nicht stop-
pen. Dies könnte von der Hamas aus-
genutzt werden und Spannungen und
Hass verschärfen.“
Ähnlich äußerte sich der EU-Außen-
beauftragte Josep Borrell. Er schrieb:
„Die Aussetzung der Zahlungen – eine
Bestrafung des gesamten palästinensi-
schen Volkes – hätte den EU-Interes-
sen in der Region geschadet und die
Terroristen nur noch mehr ermutigt.“
Aus seiner Sicht macht die neue Mittei-
lung der Kommission klar, dass wegen
der Überprüfung keine fälligen Zah-
lungen ausgesetzt werden.
Israel hatte am Montag die komplette
Abriegelung des nur 40 Kilometer lan-
gen und sechs bis zwölf Kilometer brei-
ten Gazastreifens angeordnet. Die Ver-
einten Nationen haben eigenen Angaben
zufolge Vorräte innerhalb des Ga-
zastreifens angelegt. „Irgendwann, in
nicht allzu ferner Zukunft, werden uns
die Vorräte ausgehen“, so Dujarric.
Eine von UNRWA betriebene Schu-
le im Gazastreifen, in der vertriebene
Familien Zuflucht gesucht hatten, sei am
Wochenende beschossen worden, dabei
habe es keine Verletzten gegeben.

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Das PDF ist ein Bonus zur Druckausgabe der ADZ.
ADZ / 11. Oktober 2023
Nobelpreis für Ökonomin – Detektivarbeit für die Gleichberechtigung
Claudia Goldin hat Arbeitsmarktdaten über 200 Jahre aufgearbeitet, um die Lohnlücke zu analysieren / Von Alexander Sturm und Steffen Trumpf, dpa
Stockholm (dpa) - Was sind die
Ursachen für die Lohnlücke zwischen
Mann und Frau? Was behindert weib-
liche Karrieren? Welche Folgen hatte
die Anti-Baby-Pille in der Arbeitswelt?
Und was kann die Politik lernen im
Kampf für Gleichberechtigung? Für die
Forschung an solchen Fragen geht der
diesjährige Nobelpreis für Wirtschafts-
wissenschaften an die US-Ökonomin
Claudia Goldin. Besonders für
Deutschland, wo große Gehaltsunter-
schiede zwischen Männern und Frau-
en herrschen, ist ihre Arbeit brisant –
die Aufgaben für die Politik bleiben
groß.
Goldin hat Daten über die enorme
Dauer von 200 Jahren zur Arbeitswelt
in den USA aus den Archiven zusam-
mengetragen, die Rückschlüsse erlau-
ben, wie sich Geschlechterunterschie-
de bei Bezahlung und Beschäftigungs-
raten über die Zeit veränderten. Sie habe
den ersten umfassenden Beitrag über
Einkommen und Teilhabe von Frauen
am Arbeitsmarkt im Laufe der Jahr-
hunderte geliefert, würdigte sie der
Vorsitzende des zuständigen Nobel-
komitees, Jakob Svensson.
Mit ihrer pionierhaften Forschung
hat die heute 77 Jahre alte Professorin
der Harvard-Universität gezeigt, dass
die Beteiligung von Frauen am Arbeits-
markt nicht über die gesamten 200 Jah-
EU-Bürger werden bei
Kreditaufnahmen künftig
besser geschützt
Brüssel (dpa) - Verbraucherinnen
und Verbraucher in der EU sind künf-
tig bei der Beantragung von Krediten
besser geschützt. So müssen Informa-
tionen über Kredite besonders klar und
verständlich gemacht werden – etwa
wie viel es kostet, sich Geld zu leihen.
Das geht aus der neuen Verbraucher-
kreditrichtlinie hervorgeht, die die EU-
Länder am Montag billigten.
Weiterhin soll besser überprüft
werden, ob Verbraucher sich den
Kredit tatsächlich leisten und später
zurückzahlen könnten, wie die Län-
der mitteilten. So soll eine Über-
schuldung der Verbraucher verhin-
dert werden.
Die Richtlinie lege zudem strenge-
re Regeln für Werbung fest und schaf-
fe Maßnahmen gegen überhöhte Ge-
bühren, hieß es. Darüber hinaus be-
kommen Verbraucher demnach das
Recht, einen Kreditvertrag innerhalb
von 14 Tagen zu kündigen.
Die Neufassung der Richtlinie geht
auf einen Vorschlag der EU-Kommis-
sion zurück, auf dessen Grundlage die
Staaten und das Europaparlament dann
einen Kompromiss ausgehandelt hat-
ten. Das Parlament nickte das Ver-
handlungsergebnis Mitte September
formell ab. Die Richtlinie wird nun im
EU-Amtsblatt der EU veröffentlicht
und tritt 20 Tage später in Kraft.
ADZ-PDF-Onlineausgabe bereitgestellt für Frank Lembke
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WIRTSCHAFT
re gestiegen sei, sondern einer U-Kur- Goldin wurde 1946 in New York
ve ähnele, erklärte die Akademie. Die geboren. Sie ist erst die dritte Frau
Beteiligung verheirateter Frauen am nach Elinor Ostrom 2009 und Esther
Arbeitsleben habe beim Übergang von Duflo 2019, die den Wirtschaftsno-
der Agrar- zur Industriegesellschaft erst belpreis in der Männerdomäne Öko-
ab- und dann mit dem Wachsen des nomie erhält – und die erste, die als
Dienstleistungssektors wieder zuge- Einzelpreisträgerin in der Kategorie
nommen. auserkoren wurde.
Goldin sah demnach darin ein Er- „Ich bin eine Detektivin gewesen,
gebnis des Strukturwandels und auf- seit ich ein kleines Kind war“, sagte
kommenden sozialen Normen in Be- die Wissenschaftlerin in einem Tele-
zug auf die Verantwortung von Frauen fon-Interview, das auf dem Nobel-
für Haushalt und Familie. Die Bildung preis-Kanal auf der Online-Plattform
von Frauen sei dann im 20. Jahrhundert X (früher Twitter) veröffentlicht wur-
kontinuierlich gestiegen und liege in de. Vor langer Zeit habe sie Bakterio-
den meisten Staaten mit hohen Einkom- login werden wollen, doch dann pack-
men höher als bei Männern. Goldin te sie die Arbeit mit Unmengen an
habe verdeutlicht, dass der Zugang zur Daten und Archiv-Material. „Eine
Anti-Baby-Pille für Frauen den Wan- Detektivin zu sein, bedeutet, dass du
del entscheidend beschleunigt habe, eine Frage hast“, sagte Goldin. „Die
weil sie so sie neue Möglichkeiten zur Detektivin glaubt immer daran, dass
Karriereplanung bekamen. es einen Weg gibt, die Antwort zu
Goldin legte dar, dass viele Wei- finden, und so habe ich immer For-
chen für Karrieren schon in frühen schung betrieben.“
Jahren gestellt werden. Der Großteil In der Fachwelt gab es viel Zu-
der Gehaltsunterschiede zwischen spruch für die Auszeichnung von
Männern und Frauen bestehe jedoch Goldin mit dem Preis, der mit umge-
im gleichen Beruf und steige mit der rechnet rund 950.000 Euro dotiert ist.
Geburt des ersten Kindes. „Dank Der Preis für Goldin solle „ein Weck-
Goldins bahnbrechender Forschung ruf für Wirtschaft und Gesellschaft“
wissen wir mehr über die zugrundelie- für mehr Chancengleichheit sein, sag-
genden Faktoren und welche Hürden te der Präsident des Deutschen Insti-
künftig angegangen werden müssen“, tuts für Wirtschaftsforschung (DIW),
sagte Svensson. Marcel Fratzscher.
Gesetz beschlossen: EU-Pflicht für mehr
Erneuerbare in der EU nachhaltige Flugkraftstoffe
werden deutlich ausgebaut ab 2025 beschlossen
Brüssel (dpa) - Erneuerbare Ener- Straßburg (dpa) - Flugzeuge müs-
gien wie Wind-, Solar- oder Wasser- sen in der EU ab 2025 umweltfreund-
kraft müssen in der Europäischen Uni- licher betankt werden. Ab dann gibt es
on deutlich ausgebaut werden. Bis 2030 eine Quote, wie viele sogenannte nach-
sollen Erneuerbare 42,5 Prozent des haltige Flugkraftstoffe (SAF) beige-
Gesamtenergieverbrauchs in der EU mischt werden müssen, teilten die EU-
ausmachen, wie aus einer Richtlinie Staaten am Montag mit, nachdem sie
hervorgeht, die die EU-Staaten am das Vorhaben offiziell gebilligt hatten.
Montag billigten. Als freiwilliges Ziel Darunter fallen zum Beispiel Kraftstoffe
werde angestrebt, 45 Prozent zu errei- aus Bioabfällen, Altspeiseöl, aber auch
chen. Alle Länder werden dazu beitra- synthetisch hergestellte Kraftstoffe. Der
gen, Ziele in den Bereichen Verkehr, Anteil startet bei 2 Prozent, bis 2050
Industrie, Gebäude sowie Fernwärme sollen 70 Prozent der auf EU-Flughä-
und -kälte zu erreichen, wie es in einer fen bereitgestellten Treibstoffe umwelt-
Mitteilung der EU-Staaten hieß. freundlich sein.
Bislang lag das EU-Ziel für den Die neuen Regeln gehen auf einen
Anteil erneuerbarer Energien bis 2030 Vorschlag der EU-Kommission zurück.
bei 32 Prozent. In Deutschland betrug Europaparlament und EU-Staaten hatten
der Anteil der erneuerbaren Energien auf dieser Grundlage dann einen Kom-
nach Angaben des Umweltbundesam- promiss ausgehandelt. Das Parlament
tes im vergangenen Jahr 20,4 Prozent. hatte das Verhandlungsergebnis bereits
Die neuen Regeln gehen auf einen
Vorschlag der EU-Kommission zurück.
vergangenen Monat formell abgenickt.
Außerdem werden Flüge ab 2025
Europaparlament und EU-Staaten hat-
ten auf dieser Grundlage dann Ende März
mit einem Umweltlabel gekennzeich-
net. Das kann unter anderem den vo-
einen Kompromiss ausgehandelt. Das raussichtlichen CO2-Fußabdruck eines
Parlament nickte das Verhandlungser- Fluges pro Passagier angeben. So sol-
gebnis Mitte September formell ab. Die len Passagiere die Umweltverträglich-
Erneuerbare-Energien-Richtlinie wird keit von verschiedenen Flügen besser
nun im EU-Amtsblatt der EU veröffent- vergleichen können. Der Gesetzesent-
licht und tritt 20 Tage später in Kraft. Die wurf ist Teil des sogenannten Fit-for-
Länder haben den Angaben zufolge nach 55-Pakets, das vorsieht, die Treibhaus-
dem Inkrafttreten 18 Monate Zeit, sie in gasemissionen in der EU bis 2030 um
nationales Recht umzusetzen. mindestens 55 Prozent zu senken.
Postmitarbeiter während einer Verdi-Großkundgebung zur
Novelle des Postgesetzes auf der Straße des 17. Juni in Berlin.
Am Montag haben Beschäftigte der Deutschen Post aus ganz
Deutschland vor dem Brandenburger Tor demonstriert.
Der Betriebsrat der Deutschen Post hat vor erheblichen
Jobverlusten im Zuge der geplanten Novelle des Postgesetzes
gewarnt. „Wenn der Universaldienst nicht mehr auskömm-
lich finanziert werden kann, dann sind mehr als zehntau-
send Arbeitsplätze in Gefahr“, sagte Gesamtbetriebsrats-
chef Thomas Held. Mit Universaldienst ist gemeint, dass die
Post an jedem Werktag überall in Deutschland Sendungen
zustellt. Derzeit sitzt die Bundesregierung an der Reform des
Postgesetzes. Foto: Sebastian Christoph Gollnow/dpa
Claudia Goldin
Foto: Wikimedia Commons
Er sieht in Deutschland große Hür-
den auf dem Weg zur Gleichberechti-
gung. In kaum einem vergleichbaren
Land sei die Lohnlücke zwischen Mann
und Frau so groß wie in der Bundesre-
publik – außerdem: „Bei den Arbeits-
stunden, den Karrierechancen, der so-
zialen Absicherung und bei der für
Pflege und Familie aufgebrachten Zeit
klaffen in Deutschland große Lücken
zwischen Männern und Frauen, die nur
langsam kleiner werden.
Immer noch werden Frauen im
Schnitt schlechter bezahlt als Männer –
selbst für gleiche Arbeit. Im vergange-
nen Jahr verdienten Frauen in Deutsch-
land laut Statistischem Bundesamt im
Schnitt 18 Prozent weniger pro Stunde,
Gaspreis steigt nach vermutetem
Leck und Angriff auf Israel
Amsterdam (dpa) - Der europäi-
sche Gaspreis ist am Montag über die
runde Marke von 40 Euro gestiegen.
Am Vormittag kostete der richtungwei-
sende Terminkontrakt TTF zur Auslie-
ferung in einem Monat an der Börse in
Amsterdam bis zu 41,80 Euro je Mega-
wattstunde (MWh). Das waren knapp
zehn Prozent mehr als am Freitag. Zuletzt
war der Preis vor etwa einer Woche
über die 40-Euro-Marke gestiegen.
Am Markt wurde zum einen auf
eine Gaspipeline zwischen Finnland
und Estland verwiesen, die am Wo-
chenende wegen eines Druckabfalls
geschlossen wurde. Ein Leck wird nach
Angaben des finnischen Betreibers für
möglich gehalten, die Untersuchungen
sind aber noch nicht abgeschlossen.
Obwohl der Vorfall bisher keine Be-
drohung der europäischen Gasversor-
Energieversorgung in Frankreich
in diesem Winter entspannter
Paris (dpa) - Frankreich kann bei
seiner Energieversorgung in diesem
Winter von einer entspannteren Lage
als im vergangenen Jahr ausgehen. Das
französische Gassystem sei in der Lage,
den Verbrauch zu decken und die Gas-
transporte in die Nachbarländer zu ge-
währleisten, unabhängig von der In-
tensität des Winters, teilte der Netzbe-
treiber GRTgaz am Montag in Paris
mit. Nötig seien jedoch nachhaltige
Flüssiggas-Importe, ein umsichtiges
Speichermanagement sowie eine Spar-
samkeit auf einem ähnlichen Niveau
wie im letzten Winter.
Der Prognose liege der derzeit hohe
Füllstand der Speicher von 95 Prozent
zugrunde sowie die Inbetriebnahme ei-
nes neuen Flüssiggasterminals in Le
Havre im laufenden Monat. Eng werden
könnte es bei der Gasversorgung
allerdings, wenn es in der zweiten Hälfte
des Winters zu einem Kälteeinbruch
kommt und wenn die Speicher insbeson-
Seite 3
auch weil Frauen oft in schlechter be-
zahlten Berufen und in Teilzeit arbei-
ten. Bei vergleichbarer Tätigkeit, Qua-
lifikation und Erwerbsbiografie ver-
dienten Frauen pro Stunde 7 Prozent
weniger als Männer. Seit Start der of-
fiziellen Aufzeichnung 2006 schrumpf-
te die Lohnlücke nur um fünf Prozent-
punkte.
Viele Frauen würden statt in Teilzeit
gerne mehr und besser arbeiten kön-
nen, sagte Fratzscher. Doch es gebe
Hürden wie mangelnde Betreuung in
Kitas oder eine steuerliche Schlechter-
stellung. „Der deutsche Staat kann und
muss endlich diese Hürden adressie-
ren, allen voran durch längst überfälli-
ge Reformen des Ehegattensplittings
und der Mitversicherung, der Minijobs,
in der Pflege und durch mehr Transpa-
renz und Vereinbarkeit auf dem Ar-
beitsmarkt.“
„Goldin hat mit ihren Arbeiten un-
ser Verständnis zu mehr Gleichberech-
tigung am Arbeitsplatz wesentlich er-
weitert“, lobte Achim Wambach, Prä-
sident des Mannheimer Wirtschafts-
forschungsinstituts ZEW. Die Ökono-
min habe sich stark gemacht für mehr
Flexibilität am Arbeitsplatz ohne Be-
schränkung der Karrierechancen, „da-
mit Kinder nicht zum Nachteil für den
Arbeitsmarkt werden. Es gibt auch
heute noch einiges zu tun.“
gung darstellt, verdeutlicht er die An-
fälligkeit des Versorgungsnetzes.
Zum anderen nannten Marktteilneh-
mer den Angriff der islamistischen
Hamas auf Israel als Grund für die
Preisaufschläge. Deutlicher als beim
Erdgaspreis war die Reaktion der Erd-
ölpreise, die am Montag kräftig zuleg-
ten. Grund ist die Furcht, dass sich der
Konflikt zwischen der Hamas und Is-
rael ausweiten könnte.
Trotz der jüngsten Anstiege liegt
der Preis für europäisches Erdgas deut-
lich unter dem Niveau, das er im Zuge
des russischen Krieges gegen die Ukra-
ine erreicht hatte. Zeitweise wurden im
vergangenen Jahr mehr als 300 Euro je
Megawattstunde fällig. Russland hatte
seine Gaslieferungen nach Europa stark
gedrosselt, weshalb Ersatz gefunden
werden musste.
dere zu Beginn des Winters bereits zu stark
beansprucht wurden, teilte GRTgaz mit.
Der Stopp russischer Gaslieferun-
gen hatte die Versorgung auch in Frank-
reich im vergangenen Winter unter
Druck gesetzt. Zu Engpässen kam es
angesichts milder Witterung aber nicht,
Frankreich lieferte hingegen sogar Gas
an Deutschland.
Kritischer hatte es in Frankreich im
vergangenen Winter bei der Stromver-
sorgung ausgesehen, weil zahlreiche
Atomkraftwerke wegen Wartungsarbei-
ten und Korrosionsproblemen vom Netz
waren. 2022 war die Produktion auf 279
Terawattstunden und damit den nied-
rigsten Wert seit 30 Jahren gesunken.
Inzwischen ist die Mehrzahl der Kraft-
werke wieder am Netz. Wie eine Spre-
cherin des Stromkonzerns EDF am
Montag mitteilte, werde im laufenden
Jahr eine Stromproduktion von 300 bis
330 Terawattstunden und 2024 von 315
bis 345 Terawattstunden angestrebt.
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LOKALES ADZ / 11. Oktober 2023

City Celebration – Die Feier der Stadt Kulturveranstaltungen,

Temeswar 2023
Über 80.000 Zuschauer haben die rund 130 Veranstaltungen besucht
ao. Temeswar - Rund 130
Veranstaltungen wurden
am Wochenende in der Kul-
turhauptstadt Temeswar/
Timi{oara im Rahmen der
Veranstaltung „City Cele-
bration – Temeswar 2023.
Die Feier der Stadt“ ausge-
tragen. Die Eventreihe wur-
de von der Stadtverwaltung
von Temeswar finanziert
und vom Projektezentrum
organisiert. Die „Feier“ hat
in der Gegend der Uszoda-
Anlage und an den 67 Orten
entlang des Bega-Kanals
mehr als 80.000 Zuschauer,
sowohl Einwohner von Te-
meswar, als auch Touristen,
angezogen.
47 Konzerte, 22 Ausstel-
lungen, drei Festivals, zehn
Installationen, zwölf DJ-Sets,
13 Shows, 15 Führungen, elf
Workshops, sechs Debatten,
zwei Konferenzen, sechs
Filmvorführungen und
sechs Sportereignisse sind
nur einige der mehr als 130
Veranstaltungen, die vom 6.
bis 8. Oktober die Stadt, die
Veranstaltung sein. Eine
Zusammenfassung des ge-
samten Kulturhauptstadt-
jahres mit Kultur-, Bil-
dungs- und Sportveranstal-
tungen, zwei Monate vor
dem Programmende. „Für
uns, das Team des Projek-
tezentrums, war es eine
wahre Freude, mit der Ge-
meinschaft, der wir dienen
und für die wir all diese Ver-
anstaltungen planen und
durchführen, in Kontakt zu
treten. Was diese Veranstal-
Am Wochenende wurde die Großveranstaltung „City tung so besonders und
Celebration – die Feier der Stadt Temeswar 2023“ mit rund warmherzig machte, war die
130 Kultur-, Bildungs- und Sportveranstaltungen ausge- Tatsache, dass es sich um ein
tragen. Foto: Projektezentrum Temeswar gemeinsames Fest handel-
te: Künstler aus der Stadt
Ufer des Bega-Kanals und 50 pin’ Insomnia, Zen MF, We und von außerhalb, Einhei-
weitere Orte in Temeswar Singing Colors, Jack of all mische und Touristen, erfah-
von morgens bis spät in die Trades, Domino, Bruno and rene Kulturorganisationen,
Nacht belebten. Dubioza the Blues, Toulouse Lautrec Künstler und Liebhaber von
Kolektiv, Spike, Brigada D – das sind nur einige der Kunst, Sport, Kulturerbe, die
und Qinta Spart², Dj Dox, die Künstler, die auf den Büh- ganze Stadt hat etwas zu
Banater Philharmonie, Jazz nen von Uszoda, Anturaj, ´Temeswar 2023´ beigetra-
à la Jais, F²r² Filtru, Berlin Manufactura, D’Arc pe Mal gen“, so Alexandra-Maria
Devision, The Bandits, Most- u. a. auftraten. Rigler, die Leiterin des Pro-
re, The Case, AnonimTM, „Die Stadt feiern“ sollte jektezentrums von Temes-
ZoleeVee, Volga Arm, Slee- eine gemeinschaftsweite war.
Politik, Schule
Sitzung des Kreisforums Sathmar
gr. Sathmar - Ein Rück-
blick auf die Kulturveran-
staltungen der Ortsforen in
den Monaten August und
September sowie die Pla-
nung der bevorstehenden
Programme des Jahres, po-
litische Angelegenheiten
und der deutschsprachige
Unterricht im Kreis Sath-
mar/Satu Mare waren ver-
gangenen Donnerstag die
wichtigsten Themen der
Vorstandssitzung des De-
mokratischen Forums der
Deutschen im Kreis Sath-
mar. Schwabentreffen, Ern-
tedankfeste, Blaskapellen-
treffen, ein Künstlercamp,
Trauben- und Weinfeste,
ein Schwäbisches Tanzfest,
deutsche Kulturtage und
ein Strudlifest zählten u. a
zu den Veranstaltungen der
Lokalforen in den Monaten
August und September. In
der Zeitspanne Oktober bis
Dezember plant heuer das
Kreisforum Sathmar noch
sechzehn kulturelle Ereig-
nisse in mehr als zehn Ort-
schaften des Kreises Sath-
mar. Das Kreisforum Sath-
mar möchte für das nächste
Jahr einen Veranstaltungs-
kalender veröffentlichen.
Deswegen wurden die Lo-
kalforen gebeten, das Da-
tum ihrer kulturellen Ver-
anstaltungen mit Fotos und
einer kurzer Beschreibung
an die Geschäftsstelle des
Kreisforums einzuschicken.
Ein wichtiges Thema der
Vorstandssitzung war die
Lage des deutschsprachigen
Unterrichts im Kreis Sath-
mar. Das Kreisforum Sath-
mar möchte die Kinder un-
terstützen, die eine deut-
sche Schulklasse besuchen,
damit sie bei den Prüfun-
gen am Ende der achten
Klasse gute Ergebnisse er-
zielen können. Diskutiert
wurde im Rahmen der Sit-
zung auch über die aktuelle
politische Lage. Mit Blick auf
die bevorstehenden Kom-
munalwahlen wurde eine
politische Kommission ge-
gründet.

Gesundheitsminister in Neues Regelwerk für Parkplätze

Fogarasch und Zeiden in den Wohngegenden Hermannstadts
rs. Kronstadt - Gesund- Rafila auch ein neues Mam- sammenhang mit einem rp. Hermannstadt - In dem warten auf Vorschläge und vierten Plätzen parken. Die
heitsminister Alexandru mographiegerät mitge- Verzicht auf dieses Projekt Bestreben, den Ansprüchen Meinungen der Bürger, um Parkplätze werden gekenn-
Rafila besuchte in den ver- bracht und übergeben. Kran- aus dem Weg räumen, nach- der Hermannstädter Ein- ihn so weit wie möglich an die zeichnet, nummeriert und
gangenen Tagen die städti- kenhaus-Managerin Claudia dem bekannt gegeben wor- wohner, gespalten zwischen Bedürfnisse derselben anzu- ausgeschildert, so dass sie
schen Krankenhäuser in Coste berichtete, dass die den war, dass die Finanzie- der Entwicklung von alter- passen. Parallel dazu arbeiten über eine von der Stadtver-
Fogarasch/F²g²ra{ und Neuausstattung der Notauf- rung dieses Krankenhauses nativen Fortbewegungs- wir an einer Verordnung für waltung zu erstellende elek-
Zeiden/Codlea. Begleitet nahmestelle nun erfolgreich aus Mitteln des Landesplans möglichkeiten und mangeln- Parkplätze in Gegenden mit tronische Anwendung reser-
wurde er von dem Kron- beendet werden konnte. für Wiederaufbau und Re- den Parkplätzen, gerecht zu Häusern“, erklärte Bürger- viert werden können. Im
städter Senator Marius Dun- In Zusammenhang mit silienz (PNRR), laut Presse- werden, schlägt das Her- meisterin Astrid Fodor. Rahmen der verfügbaren
ca (PSD) und von den Bür- dem Projekt des zukünfti- meldungen in Höhe von 491 mannstädter Bürgermeister- Im Regelwerk wird vor- Plätze kann pro Wohnung
germeistern der beiden Städ- gen Kronstädter Kranken- Millionen Lei (ohne MwSt.), amt die Entwicklung eines geschlagen, die Möglichkeit ein Parkplatz zugewiesen
te Gheorghe Sucaciu bzw. hauses für Lungenkrankhei- gestrichen wurde. Der Ge- neuen Regelwerks für die einzuführen, einen reser- werden. Für die übrigen
Mihai Cîmpeanu. Der Minis- ten und ansteckende Krank- sundheitsminister warf der Nutzung der Parkplätze in vierten Parkplatz auf öffent- Fahrzeuge der Wohnungs-
ter unterstrich die Bedeu- heiten, das in der Nähe des Kronstädter Stadtverwal- den Wohngegenden vor. lichen Parkplätzen im Wohn- eigentümer können diese
tung einer guten Zusam- CATTIA-Geschäftszen- tung und Bürgermeister Al- „In den verkehrsreichs- gebiet zu beantragen, indem einen nicht reservierten Park-
menarbeit zwischen Stadt- trums und der Kronstädter len Coliban vor, nicht recht- ten Stadtvierteln muss das ein 24-Stunden-Parkaus- platz zum Preis von 15,00
verwaltung und lokalen Ge- Umgehungsstraße gebaut zeitig alle technischen Un- Parksystem in Ordnung ge- weis zum Preis von 100 Lei/ Lei/Monat/Auto beantra-
sundheitsbehörden und lob- werden soll, sagte Rafila, terlagen für dieses Projekt bracht werden, worauf uns Auto/Monat erworben gen, wenn gebührenpflichti-
te dafür die Bemühungen, dass der diesbezügliche Ver- zur Verfügung gestellt zu auch die Bürger hingewie- wird. Diejenigen, die keinen ge Parkplätze eingerichtet
die in der Renovierung und trag wahrscheinlich noch im haben, was zu einer Verzö- sen haben. Daher schlagen reservierten Parkausweis wurden, oder sie können kos-
Ausstattung dieser Kran- Laufe dieses Jahres unter- gerung in der Umsetzung wir in dieser ersten Phase erwerben möchten, können tenlos auf den übrigen nicht
kenhäuser unternommen zeichnet werde. Damit woll- dieses Vorhabens geführt einen Verordnungsentwurf wie bisher kostenlos auf den reservierten Plätzen parken.
wurden. Für Zeiden hatte te Rafila alle Gerüchte in Zu- habe. für die Blockbezirke vor und verbleibenden nicht reser- Die wichtigsten Maßnah-
men des vorgeschlagenen
Oktoberfest in Schinal Verstärkte Kontrollen gegen Holz-Diebstahl Regelwerks können unter:
sibiu.ro/primaria/anunt/
gr. Schinal - Das Demokratische Forum der Deutschen ag. Neustadt - Die Bekämpfung des Holz- trollen wurden mit der Unterstützung von 11776 eingesehen werden.
in Schinal/Urziceni veranstaltet am 15. Oktober ab 18 Uhr, Diebstahls bleibt die Priorität der Polizeibe- Spezialisten der Forstdirektion des Kreises Vorschläge zum Regelwerk
mit Unterstützung des Kreisforums Sathmar/Satu Mare hörden im Kreis Maramuresch/Maramure{. durchgeführt. können bis zum 10. Novem-
das Oktoberfest. Die Veranstaltung findet im örtlichen Voriges Wochenende wurden Kontrollen in- ber 2023 elektronisch unter
Kulturhaus statt. Für die gute Stimmung sorgen die Blas- tensiviert, wodurch Geldstrafen in Höhe von pms@sibiu.ro oder direkt
kapelle aus Fienen/Foeni sowie die Kindertanzgruppe insgesamt 54.000 Lei verhängt und 104.382 beim Informationszentrum
aus Schinal und die Jugendtanzgruppe aus Kalmandi/ Kubikmeter Holz im Wert von mindestens des Bürgermeisteramts ein-
C²min. 20.000 Lei beschlagnahmt wurden. Die Kon- gereicht werden.

Allgemeine Deutsche Zeitung Chefredakteurin: K.G. Dumitriu (Nina May) Reschitza/Re{i]a Druck: Art Ideea Studio, Bukarest
Stellvertreter: Ionu] Buda{cu Telefon: 0355/412 579
für Rumänien E-Mail: wkremmadz@gmail.com Mitglied im weltweiten IMH-Netzwerk
Postanschrift Temeswar/Timi{oara
ISSN 1221 – 7956 Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien, Telefon: 0256/498 210 Die ADZ benutzt Agenturmeldungen von News.ro
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Emmerich Reichrath (1941-2006), Hans Frank (1941- Telefon/Fax: 0261/711 740 ADZ-Abonnements
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ADZ / 11. Oktober 2023
LOKALES Seite 5

Deutsche Sprache und Kultur in Rumänien (1918 – 1933)

rn. Temeswar - „Limb² {i
cultur² german² în Româ-
nia (1918 – 1933)“ betiteln
sich die beiden jüngsten Bän-
de, die der Professor an der
Babe{-Bolyai-Universität in
Klausenburg/Cluj-Napoca,
Dr. Rudolf Gräf, der zugleich
Leiter des Hermannstädter
Forschungsinstituts für Geis-
teswissenschaften der Ru-
mänischen Akademie ist,
zusammen mit Prof. Dr.
Andrei Corbea-Hoi{ie von
der Alexandru-Ioan-Cuza-
Universität in Jassy/Ia{i vor
wenigen Tagen in Temes-
war/Timi{oara vorgestellt
hat. Die Buchvorstellung
beherbergte die Zentrale
„Eugen Todoran“-Biblio-
thek der West-Universität,
deren Leiter, Prof. Dr. Vasile
Docea, als Gastgeber und
Moderator der Veranstal-
tung fungierte. „Die wissen-
schaftliche Literatur ist nun
reicher geworden. Diese
Bände sind eine Abhandlung
und keine Synthese. Das
Thema ist sehr breit gefä-
chert, aber Sie können in den
Bänden auch Fallstudien fin-
den“, so Bibliotheksleiter
Vasile Docea zu den beiden
im Polirom-Verlag erschie-
nenen Büchern.
Die beiden Bände sind das
Ergebnis eines großangeleg-
ten Forschungsprojekts, an
Zwei Bände sind das Ergebnis eines umfangreichen Forschungsprojekts
dem Universitätsprofesso-
ren zusammen mit Dokto-
randen und jungen For-
schern gearbeitet haben.
Professor Andrei Corbea-
Hoi{ie erklärte, wie das Pro-
jekt geboren wurde bzw.
welche Hürden die Forscher
zu bewältigen hatten. 2016
hatte es einen Projektwett-
bewerb des rumänischen
Forschungsministeriums
gegeben. Aus den 170 ein-
gereichten Projekten wur-
den schließlich 20 ausge-
wählt, darunter auch jenes,
bei dem die Universitätspro-
fessoren Rudolf Gräf und
Andrei Corbea-Hoi{ie als
Koordinatoren fungieren
sollten. Die Bedingung des
Ministeriums war, dass bei
der Projekterarbeitung For-
scher aus zwei Universitäts-
zentren in Rumänien enga-
giert sind. Es gab also ein
großes Team aus rund 40
Forschern von der Univer-
sität in Jassy und der Babe{-
Bolyai-Universität in Klau-
senburg, hinzu kamen aber
auch Spezialisten aus Her-
mannstadt/Sibiu, Temes-
war/Timi{oara und dem
Ausland, die gemeinsam an
dem Forschungsvorhaben
arbeiteten. Nicht nur Histo-
riker, sondern auch Germa-
nisten, Soziologen, Philoso-
phen, Experten auf dem
reich studiert haben? Eine dieser Vorstellung passten
weitere Frage wäre: Welche Minderheiten nicht“, erklär-
Rolle hat die deutsche Min- te Andrei Corbea-Hoi{ie.
derheit in diesem neuen Kon- Es sei nicht leicht gewe-
text nach 1918 auf kulturel- sen, das Forschungsprojekt
ler, wissenschaftlicher, wirt- zu koordinieren, schließlich
schaftlicher Ebene gehabt?“, waren es insgesamt über 50
sagte Prof. Rudolf Gräf. „Der Leute, die an dem Band ge-
erste Band konzentriert sich arbeitet haben. Auch das
eher auf das Thema der Wis- Abstimmen der Generatio-
senschaftler, die im Ausland nen sei eine Herausforde-
studiert haben, zurückge- rung gewesen, jedoch – so
kehrt sind und hier Institute Professor Gräf – konnten
oder Forschungseinrichtun- auch die bewährten Forscher
Die beiden Projektkoordinatoren Rudolf Gräf und gen gegründet haben, wäh- von den jungen Menschen,
Andrei Corbea-Hoi{ie kamen ins Banat, um das Ergeb- rend der zweite Band vor die einen gewandten Um-
nis einer umfangreichen, mehrjährigen Forschungs- allem die deutschen Minder- gang mit den neuen Mitteln
arbeit vorzustellen. Gastgeber war die Zentrale „Eu- heitengruppen behandelt“, der Technik haben, vieles
gen Todoran“-Universitätsbibliothek unter der Leitung fügte Rudolf Gräf hinzu. Das lernen. „Die Bücher könn-
von Vasile Docea. Foto: Raluca Nelepcu Buch versucht u.a. auch, ei- ten von zwei Kategorien
nige mentale Klischees ab- gelesen werden: von Rumä-
Gebiet der Minderheitenge- 2022 unseren Abschlussbe- zubauen, die nach dem Ers- nen, die etwas über die ru-
schichte, u.v.m. leisteten ei- richt einreichten“, erklärte ten Weltkrieg bei der rumä- mänische Kulturgeschichte
nen Beitrag zu dem Projekt, Prof. Andrei Corbea-Hoi{ie. nischen Bevölkerung über für diese Zeit erfahren wol-
das nun konkret in Form Die beiden Bände, die die Generationen geblieben sei- len, und von den in Rumäni-
zweier Bände in den Hän- deutsche Sprache und Kul- en, so Prof. Andrei Corbea- en lebenden und den ausge-
den gehalten werden kann. tur nach dem Ersten Welt- Hoi{ie. „Zum Beispiel die wanderten Deutschen, die
„Die Arbeitsbeziehungen krieg in Rumänien unter die Einstellung, dass Minderhei- sehen wollen, was in dieser
waren absolut kollegial, ein- Lupe nehmen, versuchen auf ten ein Störfaktor gewesen Zeit geschehen ist“, sagte
zig und allein die Pandemie mehrere Fragen Antworten sind. Rumänien war 1918 Rudolf Gräf.
zog uns einen Strich durch zu bieten. „Welche Rolle hat schon ein bisschen über- Die beiden Bände „Limb²
die Rechnung, denn es wa- der Kontakt der rumäni- rascht von der großen Di- {i cultur² german² în Româ-
ren viele Ausfahrten, so- schen Wissenschaftler mit mension der Minderheiten- nia (1918 – 1933). Realit²]i
wohl in Rumänien, als auch dem deutschsprachigen wis- präsenz. Die Deutschspra- postimperiale, discurs public
im Ausland geplant, die senschaftlichen und sprach- chigen waren, wenn wir die {i câmpuri culturale“ wurden
plötzlich nicht mehr stattfin- lichen Raum gehabt? Was hat Bukowiner Juden mitneh- auch in Reschitza, im Banater
den konnten. Doch nach es Rumänien gebracht, wenn men, zirka 900.000 Men- Bergland, vorgestellt und
dem Jahr 2020 konnten wir rumänische Physiker, Mathe- schen. Andererseits hat man sollen am 23. Oktober im
dann schon besser arbeiten, matiker, Philosophen, usw. den nationalen Ethos sehr Deutschen Kulturzentrum
sodass wir im Dezember in Deutschland oder Öster- direkt proklamiert und in Jassy präsentiert werden.

Dichterinnen Dagmar Dusil Partizipativ und ohne Aufschiebung

und Ioana Ieronim bei der Langen wunder Punkte
Nacht der Literatur in Wien Alternatives Transeuropa Festival knöpft sich Siebenbürgens größte Stadt vor
cs. Wien - Die Lange Nacht Übersetzerinnen Dagmar kp. Klausenburg - „Un- ken und Kultur aus. „Deko- Klausenburg. Den artisti- Klausenburgs unabhängi-
der Literatur findet am 13. Dusil und Ioana Ieronim ein ter unseren Mitgliedern fin- lonisieren, Dekarbonisieren schen Workshop im Vorfeld gen Theatern Reactor und
Oktober von 17 bis 23 Uhr Gespräch führen über den den sich Bürger, Aktivisten, und Demokratisieren“ wa- für Menschen des trüben ZIZ – Art and Social Area
das zweite Mal in Folge in gemeinsamen zweisprachi- Forscher, Künstler, Veran- ren die Schlagwörter der Ghettos im Aufmerksam- statt. Das Angebot an Ideal-
Wien statt. Dabei treffen in- gen Gedichtband „Beleuch- stalter, zivilgesellschaftliche Festivalauflage im April keitsschatten der Großstadt vorstellungen und gesell-
ternationale Schriftstelle- tete Busse in denen keiner saß Organisationen, progressi- 2022 in Porto, und begin- geleitet hat Marion Colard, schaftlichen Anstößen, die
rinnen und Schriftsteller / [i trec autobuze goale“, der ve Bewegungen und Initia- nend mit Mittwochabend, autodidaktisch als Künstle- in der Innenstadt bespro-
aufeinander: 18 Autorinnen während der Corona-Pan- tiven direkten Bezugs zur dem 11. Oktober, wird auch rin tätig und seit acht Jahren chen werden wollen, ist viel-
und Autoren aus 18 Län- demie entstanden und 2021 Lebenswirklichkeit, die in Klausenburg/Cluj, Stadt mit Rroma-Gemeinschaf- fältig aufgestellt und endet
dern, die 18 verschiedene im Pop Verlag, Ludwigs- transnationale Alternativen des partizipativen Transeu- ten auf ein Leben in besse- dort, von wo es auch den
Welten vertreten. Nach der burg, erschienen ist. zu den üblichen Wirtschafts- ropa Festivals 2023, fünf ren Umständen hin zuarbei- Stoff einer von drei Ausstel-
Eröffnung des Abends laden Die Lange Nacht der Lite- modellen und politischen Tage lang in einen oppositi- tend. Eine volle Stunde Zeit lungen bezieht, nämlich in
die teilnehmenden Kultur- ratur ist ein gemeinsames Institutionen erdenken, ein- onellen Diskurs mit Köpf- ist den drei Vernissagen Pata-Rât. Die Elends-Sied-
institute parallel in drei Zeit- Projekt des Netzwerks nati- fordern und beschließen.“ chen eingestiegen. Haupt- vorbehalten, ehe der Abend lung gelangt Sonntag, am 15.
blöcken zu Lesungen und onaler Kulturinstitute und Die internationale NGO quartier des Programms ist zum Auftakt des Transeu- Oktober, ab 17 Uhr in den
Gesprächen mit diesen ein. Ministerien der Europäi- „European Alternatives“ die unabhängige Casa Tran- ropa Festivals 2023 in der Genuss großzügiger fünf
Der Eintritt ist frei. schen Union EUNIC AUS- weiß genau, wie sie ihren zit, wo am ersten Abend um Theatervorstellung „Fore- Stunden Aktivität eines Fes-
Im Rumänischen Kultur- TRIA (European Union Na- Selbstauftrag kurz und bün- 19 Uhr zeitgleich drei Aus- casting“ von Giuseppe Chi- tivals, das die Debatte gesell-
institut (Argentinierstr. Nr. tional Institutes for Culture). dig in Worte fassen kann, stellungen eröffnet werden: co und Schauspielerin Bar- schaftlicher Spaltung und
39) werden ab 20 Uhr die in Ihr Ziel ist es, Autoren und und richtet schon seit 2007 eine vor elf Jahren für die bara Matijevic gipfelt, die Spannung im Zeichen syste-
Hermannstadt/Sibiu, bezie- deren Werke aus ganz Eu- jährlich an je einem ande- Kunsthalle Budapest aleato- vor ihren Zuschauern einen mischer Diskriminierung
hungsweise Rosenau/Râ{nov ropa dem Publikum in Ös- ren Ort das Transeuropa risch konzipierte und auf Laptop aufklappen und dem nicht auf einen späteren Zeit-
gebürtigen Dichterinnen und terreich vorzustellen. Festival für Künste, Politi- exakt 99 Kartons beschrie- Sog des Online-Alltags in punkt verschiebt. Aber auch
bene Sammlung von Video- Abhängigkeit von Youtube das Ausdiskutieren von Fra-
Einschreibungen für traditionellen Langstreckenlauf aufnahmen diverser Veran- mit seinen guten und Schat- gen betreffend die Gestal-
staltungen in der Casa Tran- tenseiten tiefgründig nach- tung und Nutzung unabhän-
dd. Kronstadt - Für die 34. Auflage des Rollstuhlfahrer. Alle Beteiligten haben die zit ab ihrem Startjahr 1997, spüren wird. An den weite- giger Kulturlokale wird
Langstreckenlaufs „15. November 1987“ insgesamt 5 km lange Strecke zu absolvieren. eine Rückschau mit Foto- ren vier Festivaltagen öff- ohne Umschweife ange-
haben die Einschreibungen begonnen. Diese Laut Tradition findet der Langlauf auf grafien und Filmaufnahmen nen die drei beschriebenen schnitten. Das Festival-Pro-
können online über racehub.ro bis zum 8. der Strecke statt, die am 15. November 1987 über die Biografie von Ilea- Ausstellungen ihre Türen gramm ist auf der Home-
November vorgenommen werden. An der die protestierenden Arbeiter des Lastkraft- na L²c²tu{ (1932-2022), die um jeweils 12 Uhr – Don- page transeuropafestival.eu
Veranstaltung können sowohl Amateure als wagenwerkes zwischen der Abteilung 440 1998 zum künstlerisch akti- nerstag, am 12., und Frei- einsehbar und der Eintritt
auch Profiathleten von verschiedenen Sport- und dem Sitz der ehemaligen RKP-Kreislei- ven Team des Hauses stieß, tag, am 13. Oktober, schlie- zu allen Angeboten frei.
klubs teilnehmen. Außer dem traditionellen tung zurückgelegt haben. Die diesjährige um spät Karriere unter dem ßen sie leider schon um Dennoch wird besonders in
Langstreckenlauf findet auch der Landeswett- Trasse führt vom Industriepark Roman Namen Ilonka Néni zu fei- 14.30 Uhr, doch Samstag, am geschlossenen Räumen we-
kampf für Duathlon Sprint und Trikids für durch die Poienelor-, Bukarester Straße, 15.- ern, und eine Präsentation 14., und Sonntag, am 15. gen begrenzten Fassungs-
Kinder im Alter von 6 bis 15 Jahren statt. Teil- November-Boulevard bis zur Kronstädter schriftlicher, fotografischer Oktober, werden Besucher vermögens auf demselben
nehmen können an dem Duathlon-Landes- Kreispräfektur. Organisiert wird die Veran- und zeichnerischer Welt- erst um 22 Uhr wieder ent- Link jeweils die Option ge-
wettbewerb auch Amateure und Langstre- staltung vom Verein 15. November 1987, darstellungen von Bewoh- lassen. geben, Publikumsplätze
ckenläufer beginnend ab 16 Jahren bis über 70, dem Kronstädter Bürgermeisteramt und nern der Armen- und Rro- Teilveranstaltungen des vorab gratis zu reservieren.
Familien, Schülerstafetten, bestehend aus der Rumänischen Triathlon-Föderation. Aus ma-Siedlung Pata-Rât di- Transeuropa Festivals 2023, Auch das Arta-Kino betei-
höchstens fünf Teilnehmern, die je einen Kilo- dem lokalen Haushalt wurden dafür 145.000 rekt an der Müllhalde am die nicht in der Casa Tranzit ligt sich am Transeuropa
meter zurücklegen müssen. Desgleichen auch Lei zur Verfügung gestellt. östlichen Stadtrand von unterkommen, finden in Festival 2023.

ADZ-PDF-Onlineausgabe bereitgestellt für Frank Lembke

Das PDF ist ein Bonus zur Druckausgabe der ADZ.
Seite 6
Im Jahr 1998 erblickte der
Deutsche Wirtschaftsclub das
Licht der Welt. Anlässlich des
25. Jubiläums des Deutschen
Wirtschaftsclubs Siebenbür-
gen (DWS) sprach ADZ-Re-
dakteurin Aurelia Brecht mit
Wolfgang Köber, dem Vor-
sitzenden des DWS, über die
Herausforderungen des An-
fangs, die Anforderungen
heute, die Interessen und Be-
dürfnisse der Mitglieder und
wo noch Handlungsbedarf
besteht. Ein Thema für Wolf-
gang Köber ist auch die Bera-
tung von Siebenbürgen-
Rückkehrern, die sich hier
unternehmerisch etablieren
möchten.
Herr Köber, wenn Sie zurück-
blicken auf die letzten 25 Jahre,
was können Sie uns über den
Anfang und die Entwicklung des
DWS erzählen?
Der DWS hat sich damals offizi-
ell konstituiert, im Sinne einer In-
teressengemeinschaft. Hier hat
man sich ausgetauscht, denn
damals war der Zugang zu Infor-
mationen noch nicht so, wie er
heute ist. Man hat versucht, sich
gegenseitig zu unterstützen.
Danach begann man, über die Wei-
terentwicklung der Region nach-
zudenken. So wurde der Club nach
und nach eine Plattform, an die sich
Investoren wenden können, um
sich im Markt zu festigen. Denn
man kann von Großinvestoren
oder Geschäftsleuten nicht verlan-
gen, auf institutioneller Basis zu
diskutieren. Ein Dialog und das
Feedback von Einrichtungen und
Behörden ist nötig: Sie müssen
Rückmeldungen aus dem Markt
haben, um zu wissen, was mach-
bar ist und was nicht.
Wie sieht die Tätigkeit des
Clubs heute aus?
Damals ging es eher um eine
Notsituation. Heute hat sich das
geändert, weil man vieles in der
damaligen Form nicht mehr
braucht. Wir sind heute eher dazu
da, in den Dialog zu treten und eine
Plattform für den Austausch anzu-
bieten. Es kommen Gäste aus ver-
schiedenen Bereichen zu uns, um
Wirtschaftsleute kennenzulernen.
Wir treten durch Wirtschaftsreisen
in Austausch mit anderen Ländern.
Wenn daraus konkrete Projekte
entstehen, haben wir unsere Rolle
erfüllt. Handel und Industrie funk-
tionieren nur über Kontakte nach
außen. Es bringt etwas, Türen zu
öffnen: Zum Beispiel laden wir den
Chef vom Finanzamt ein, der uns
gewisse Mechanismen erklärt, und
wir geben Rückmeldung darüber,
wo wir Probleme oder Handlungs-
bedarf sehen.
Was fragen Unternehmen am
meisten bei Ihnen nach?
Angefangen von der Frage, wo
man am besten baut, über die Fra-
ge, welche Auflagen es gibt. Wel-
che Fachkräfte gibt es in der Regi-
on? Ich muss gucken, welche Schu-
len ich habe, wie das Geschäftsum-
feld ist. In der Region haben wir
Klausenburg, Kronstadt und Her-
mannstadt: Die Städte sind vom
Profil sehr unterschiedlich, ergän-
zen sich aber gut.
WelcheUnternehmenbräuchtees
im Schwerpunkt in Siebenbürgen?
ADZ-PDF-Onlineausgabe bereitgestellt für Frank Lembke
Das PDF ist ein Bonus zur Druckausgabe der ADZ.
INTERVIEW DER WOCHE
„Weil wir Leute zusammenbringen möchten“
ADZ-Gespräch mit dem Vorsitzenden des Deutschen Wirtschaftsclubs Siebenbürgen
Selbst ein Siebenbürgen-Rückkehrer: Wolfgang Köber
Aufgrund des höheren Lohnni-
veaus kann der Arbeitsmarkt auch
für Industrien ausgebaut werden,
die nicht so präsent sind: Eines
unserer Masterprojekte für Her-
mannstadt ist, dass wir die Uni im
IT- und im Softwarebereich stär-
ken. Klausenburg ist diesbezüg-
lich eine Hochburg, aber das berei-
tet dort bereits Probleme, denn die
Stadt ist teuer: Die Arbeitnehmer
müssen entsprechende Löhne ein-
fordern, was auch für Arbeitgeber
teuer ist. Wir haben zusammen mit
dem IT-Cluster Hermannstadt
eine Initiative gestartet, wo die
großen IT-Firmen präsent sind und
arbeiten an einen Konzept, um das
Bildungsangebot der Universität
auszubauen und auf internationa-
lem Level attraktiv zu machen.
Damit Studenten angelockt wer-
den, die normalerweise nach Klau-
senburg gehen würden.Weitere
Probleme sehe ich im Personen-
nahverkehr: Im Moment ist es für
junge Leute im ländlichen Raum
einfacher, saisonal in die Landwirt-
schaft ins Ausland zu gehen. Sie
kommen nicht in die Städte, wo
kleinere oder mittelgroße Invest-
ments sind, die sie anstellen kön-
nen. Dass man Investoren in den
ländlichen Bereich empfiehlt oder
leitet, passiert zum Teil. Aber es
muss Infrastrukturen geben, um
dort funktionieren zu können.
Sie versuchen generell auch in
der Infrastruktur etwas anzusto-
ßen?
Wir versuchen zu promoten,
dass sich Firmen im ländlichen
Bereich ansiedeln, und wir setzen
uns für die Weiterverbesserung
von Transportmöglichkeiten ein.
Auch für Flugverbindungen nach
Hermannstadt setzen wir uns ein:
Im Gespräch ist, dass Stuttgart und
Frankfurt am Main für Hermann-
stadt in den Vordergrund rücken.
Eurowings wird eventuell nach
Hermannstadt kommen. Das soll
bis Ende des Jahres beschlossen
werden und ich hoffe, dass die
Entscheidung zu unseren Gunsten
ausfällt. Fakt ist: Die meisten In-
vestoren in Hermannstadt kom-
men aus Baden-Württemberg.
Auch in puncto Energieversorgung
setzten wir uns ein: Im nächsten
Jahr soll eine Umspannstation im
Industriegebiet West entstehen,
wodurch sich die Zone weiter ent-
wickeln kann.
Suchen Privatpersonen vor Ort
– abgesehen von Unternehmen –
Ihre Hilfe?
Ja. Über Erfahrungswerte kann
man gut helfen. Ich bin unter ande-
rem auch ehrenamtlicher An-
sprechpartner für Rückkehrinte-
ressierte im Deutschen Forum.
Fakt ist: Viele kommen schon rela-
tiv gut zurecht. Wenn es nicht ge-
rade um Immobilientransaktionen
mit speziellen Konsultationen
geht, sind wir bei der Gesetzge-
bung gleichgestellt mit allen ande-
ren europäischen Ländern. Doch
es gibt speziellere Themen, bei de-
nen wir gerne helfen. Aber es soll-
ten Leute sein, die sich auch helfen
lassen möchten.
Wenn jemand ein Kleinunter-
nehmen gründen möchte…
…führe ich erst ein Grundsatz-
gespräch, um zu sehen, ob die Idee
überhaupt Sinn macht. Ich emp-
fehle niemandem, einfach so ein
Unternehmen oder eine kleine Fir-
ma aufzumachen und möchte erst
einmal die treibende Kraft dahinter
verstehen. Nicht jeder ist für das
Unternehmertum geschaffen. Um
Leuten zu helfen, sich nicht zu
übernehmen, helfen wir mit Tipps
und vor allem mit Kontakten. Das
ist die Hauptdefinition des DWS:
Kontakte, Kontakte, Kontakte.
Das treibt mich an: Ich vernetze
Leute gerne miteinander und sehe,
wie Synergien entstehen. Auch bei
unserer 25-Jahr-Feier hat man das
gesehen. Die Hälfte der Gäste war
nicht vom DWS, weil wir Leute
zusammenbringen möchten.
Existiert mittlerweile so etwas
wie ein Mittelstand in Rumäni-
en?
Ja. Im Vergleich zu den Anfän-
gen des DWS gibt es nicht mehr
nur schwarz und weiß, sondern
viel grau, im guten Sinne. Das ist
sehr dynamisch. Der Mittelstand
ist sehr breit. Die Lebensqualität ist
stark angestiegen. Die Leute kön-
nen auch als Angestellte relativ gut
verdienen. Man kann aber auch als
Kleinunternehmer aktiv sein. Es
gibt viele Variationen, in denen
man zum Mittelstand gehören
kann.
Gibt es Privatpersonen,
vielleicht auch Rumänen, die
Deutsch sprechen, die Ihre Exper-
tise einfordern?
Ja. Wir tauschen uns regelmä-
ßig aus und lernen voneinander.
Man versucht dann, den Horizont
des jeweils anderen zu erweitern.
Wo liegen die Hürden, wenn
ein Zugewanderter in Rumänien
ein Unternehmen gründen will?
Ich sehe keine Hürden. Eine
wichtige Frage ist die Anzahl der
Arbeitskräfte, die man zu Beginn
braucht. Die Firmen, die vor Jah-
ren klein begonnen haben, haben
alle massiv expandiert. Aber
Schwierigkeiten in dem Sinne, dass
irgendwo irgendwas gehemmt
wird, sehe ich nicht. Wir sind su-
perschnell im Internet, man ist hier
sehr dynamisch im Denken, sehr
schnell, sehr auffassungsfähig. Die
Leute sind hier sehr flexibel – das
ist ein großes Plus im Vergleich zu
vielen anderen Ländern.
Wie steht es mit qualifiziertem,
bzw. deutschsprachigem Personal?
Von dem hat man nie zu viel.
Auf jeden Fall haben wir einen viel
höheren Schnitt als im Rest des
Landes. Jemand, der Deutsch kann,
hat beim Einstiegsgehalt locker 10
bis 20 Prozent mehr Lohn. Für die
Investoren ist der Standort inte-
ressant, weil sie wissen, dass sie hier
deutschsprachiges Personal finden.
Welche Projekte hat der DWS?
Das duale Ausbildungssystem
ist eines unserer Projekte. Wir ha-
ben einen Vertreter dafür und ei-
nen eigenen Verein, der sich da-
rum kümmert. Zum Beispiel Con-
tinental hat an der Uni eine eigene
Klasse. Womit wir kämpfen, ist die
Einstellung mancher Eltern: Die
wollen nicht, dass ihre Kinder eine
duale Schule besuchen, sondern
Akademiker höchsten Grades
werden – das ist nicht immer der
Wunsch der Kinder. Wir setzen uns
für die Wirtschaftsregion Sieben-
bürgen ein: Ein besonderes Fleck-
chen Erde; das muss man auch so
nach außen tragen! Während der
Coronapandemie hatten der Vor-
sitzende der Carl-Wolff-Gesell-
schaft, Reinhold Sauer, und ich die
Idee zu einem Werbefilm, den ich
anschließend produziert habe und
der unter b7b.ro zu sehen ist. Im
Zuge des Nearshoring sind wir eine
gute Alternative. Wir sind schnell
erreichbar, sind deutsch geprägt,
es gibt deutschsprachige Fachkräf-
te, ein deutschsprachiges Schulwe-
sen. Es ist sehr wertvoll, was wir
hier haben. Man kann sich hier
wirklich zuhause fühlen.
Welche Auswirkungen erwar-
ten Sie von den Steuerplänen der
Regierung auf die Wettbewerbs-
fähigkeit des Standortes Rumä-
nien, im Hinblick auf die Schwel-
lenwerte?
Meine Erfahrung ist, dass man
in Rumänien manchmal Geduld
haben muss. Wenn ich die ersten
Ansätze betrachte, die wir bei der
Steuererhöhung hatten und den
Zwischenstand betrachte, ist schon
vieles abgekühlt. Es ist noch nichts
veröffentlicht worden. Der letzt-
endliche Beschluss bleibt abzuwar-
ten. Auch dazu geben wir Rück-
meldung. Wir sind gut vernetzt,
auch an den Stellen, wo Gesetze
entworfen werden.
Wo sehen Sie die Aufgaben des
DWS – wo liegen vielleicht auch
Grenzen?
ADZ / 11. Oktober 2023
Wir können nur beratend agie-
ren, Gespräche führen, argumen-
tieren, Erfahrungen zusammen-
führen, Leute zusammenbringen.
Wir möchten unsere Expertise
zugänglich machen. Weiteres wol-
len wir nicht, wir sind politisch
neutral und halten uns da raus.
Sozial gesehen sind wir auch gele-
gentlich aktiv.
Ist in Ihren Augen der DWS
eher eine Netzwerk-Plattform
oder ein handelnder Akteur?
Der Schwerpunkt liegt auf dem
Netzwerk, aber auch in gewissem
Maße handelnder Akteur. Ich
würde das nicht trennen: Handeln-
der Akteur ja, aber bis zu einem
gewissen Punkt. Wir setzen nicht
um, sondern bringen Dinge dahin,
wo sie entschieden werden.
In welchen Bereichen gibt es in
Rumänien Potenzial, das andere
Länder so nicht haben?
Das Land ist sehr reich an Bo-
denschätzen, was wertgeschätzt
und mit Bedacht behandelt wer-
den sollte. Es gibt Landwirtschaft,
Tourismus, Skigebiete, Badeorte.
Wir sind geografisch bestens posi-
tioniert: Schwarzes Meer, Luftver-
bindungen in die größten Dreh-
kreuze vom Nahen Osten bis
Westeuropa. Der Luftverkehr ist
angestiegen. Umwelttechnisch
bedenklich, aber wenn man die
Effizienz rechnet, klärt sich die
Frage recht schnell. Was Rumäni-
en noch attraktiv macht, ist die
Vielfältigkeit der Gesellschaft: Wir
haben 19 anerkannte Minderhei-
ten im Land. Das bereichert, kultu-
rell und mentalitätstechnisch. Die
romanische Sprache ist leicht zu
verstehen – jeder, der ein bisschen
Englisch, Französisch und Deutsch
kann, kommt gut klar. Das sind
Perspektiven, die das Land auf
mittel- und langfristige Sicht inte-
ressant machen. Die Flüchtlings-
thematik ist bei uns überschaubar.
Wir haben überwiegend Flüchtlin-
ge aus der Ukraine. Das sind Leute,
die sich hier integrieren und mit-
machen wollen.
Gibt es etwas, das Ihnen
besonders am Herzen liegt?
Ein Club oder Verein lebt nicht
allein von einem Vorsitzenden
oder Vorstand, sondern vom
Miteinander. Wir wollen, dass die
Leute sich einbringen und ihre
Ideen, Probleme und Erfolge vor-
stellen. Das macht uns aus – dass
wir miteinander reden. Dass wir
uns öffnen, was nicht immer ein-
fach ist, denn praktisch ist man in
vielem in Konkurrenz. Trotzdem
können wir miteinander. Man
kann nicht über Geschäftsstrategi-
en sprechen, das macht keiner.
Wichtig ist uns auch, dass wir un-
sere Deutschsprachigkeit behalten,
weil uns das ausmacht.
Wie ist die Strategie des DWS
für die kommenden Jahre?
Wir wollen unseren jetzigen
Kurs ausbauen, weiterhin flexi-
bel bleiben und auf die jeweils
aktuellen Bedürfnisse eingehen.
Was in fünf Jahren sein wird,
weiß keiner. Fakt ist, wir bleiben
mindestens genauso dynamisch
wie jetzt. Die Mitglieder entschei-
den alle paar Jahre über die Mit-
gliederversammlung und die
Vorstandswahl, wo die Reise hin-
gehen soll.
Vielen Dank für das Gespräch.
ADZ / 11. Oktober 2023
Ein Sonntagskind am Jakobstag im Heiligen Jahr
Laudatio von Dr. Harald Roth zur Verleihung der Honterus-Medaille an Dr. Paul Niedermaier (Teil 2)
Fortsetzung von gestern
Dass Niedermaier für seine
akademischen Leistungen gewür-
digt wurde, blieb nicht aus. 1994
übernahm er die Leitung des Her-
mannstädter Akademie-Instituts,
das inzwischen Institut für Geis-
teswissenschaften genannt wur-
de. Seine beständige, unaufgereg-
te und kompetente Art ermöglich-
te dem Institut jene Etablierungs-
phase, derer es nach den Umbrü-
chen der Wendezeit bedurfte.
Neben der Sicherung eines hoch
motivierten Mitarbeiterstabes
gelang ihm auch eine vorteilhafte
räumliche Unterbringung des In-
stituts auf dem Gelände des ehe-
maligen Landeskirchenseminars.
Nachdem er bereits seit etlichen
Jahren die Erlaubnis zur Betreu-
ung von Promotionen hatte, er-
hielt er 1999 eine reguläre Profes-
sur an der Universität Hermann-
stadt und wurde 2001 zum kor-
respondierenden Mitglied der
Rumänischen Akademie gewählt.
Das war schon eine ganz beson-
dere Ehre, denn vor ihm war sie
unter den Siebenbürger Sachsen
nur dem Komponisten Wilhelm
„In der Sonne Siebenbürgens versuchen, gut und gütig zu sein“
Ich danke dem Siebenbürgen-
Forum, dass es mich dieses Jahr für
die Verleihung der Honterus-Me-
daille auserkoren hat – eine Aus-
zeichnung von besonderem Wert
für uns, weil sie unsere Auszeich-
nung ist! Zugleich danke ich dem
Landeskonsistorium für seine Zu-
stimmung und vor allem dem
Laudator für die positive Zusam-
menfassung der Ergebnisse mei-
ner wissenschaftlichen Tätigkeit
von Seiten des Arbeitskreises für
siebenbürgische Landeskunde!
Als mir der „Siebenbürgisch-
sächsischen Kulturpreis“ verliehen
wurde, bedankte ich mich bei
meinen Frauen, die mir den Rü-
cken freigehalten haben und
dadurch meinen wissenschaftli-
chen Einsatz möglich gemacht
haben. Ich möchte mich nicht wie-
derholen, sondern, jetzt, in fortge-
schrittenem Alter, jenseits des
menschlichen Einsatzes mein Le-
ben im Sinne der Honterus-
Medaille,betrachten.
Dafür habe ich mir überlegt, was
im Laufe der Jahre für mich ent-
scheidend war und möchte drei Bi-
belsprüche erwähnen:
Ein erster stammt aus dem
Matthäusevangelium, Kapitel 10:
„Siehe, ich sende euch wie Schafe
mitten unter die Wölfe. Darum
seid klug wie die Schlangen und
ohne Falsch wie die Tauben.“
Auch der zweite Spruch stammt
von dort: „Wenn sie euch nun
überantworten werden, so sorgt
nicht, wie oder was ihr reden sollt:
den es soll euch zu der Stunde ge-
geben werden, was ihr reden sollt“.
Schließlich stammt der dritte
Spruch, eigentlich ein Auftrag, aus
dem ersten Buch Mose, Kapitel 26:
„Bleibe als Fremdling in diesem
Lande, ich will mit dir sein und dich
segnen.“
Auf dem Weg gab es verschie-
dene Schwierigkeiten. Die erste
ADZ-PDF-Onlineausgabe bereitgestellt für Frank Lembke
Das PDF ist ein Bonus zur Druckausgabe der ADZ.
MEINUNG UND BERICHT
Berger zuteilgeworden, während
es im Laufe der Zeit einige sächsi-
sche Ehrenmitglieder gab. Nieder-
maiers fortgesetztes Wirken so-
wohl als Institutsdirektor wie als
aktiver Forscher führte 2018
schließlich zur Ernennung zum
Vollmitglied der Rumänischen
Akademie – also einer bis heute
wirklich einmaligen Ehre in säch-
sischen Kreisen, einmalig in jeder
Bedeutung des Wortes. Im glei-
chen Jahr zog sich Niedermaier
zwar in den Ruhestand und in ein
kleines Arbeitsstübchen des Insti-
tuts zurück, aber er blieb alles
andere als untätig. Unter anderem
stellte er das in diesem Jahr er-
schienene und eben erwähnte
neue Buch fertig, das inzwischen
in rumänischer wie in deutscher
Fassung vorliegt.
Doch zu seinen wissenschaftli-
chen Verdiensten gehört noch
sehr viel mehr. Schon 1992 grün-
dete Niedermaier die Städtege-
schichtekommission Rumäniens,
der er lange Zeit als Präsident
vorstand und heute noch als Eh-
renvorsitzender angehört. Neben
zahlreichen Tagungen, einem
Dankesrede von Dr. Paul Niedermaier nach der Verleihung der Honterus-Medaille
stammt wohl aus meiner Studen-
tenzeit, als ich 1957, im Gefolge
des ungarischen Aufstandes, in
einer großen Einschüchterungs-
sitzung spontan aufgestanden
bin und Kollegen öffentlich ver-
teidigt habe. Das war zwei Jahre
vor dem Schwarze-Kirche-Pro-
zeß. Der Herr hat damals seine
Hand über mir gehalten, so dass
ich nur mit einer Strafe wegen
„Friedfertigkeit“ (mustrare pen-
tru împ²ciutorism) davongekom-
men bin.
Mitte der 60er Jahre bin in die
kommunistische Partei eingetre-
ten. Ich habe es nicht aus Opportu-
nismus getan, sondern in Gedan-
ken an unsere Gemeinschaft: Kul-
turzeugnisse aus 800 Jahren
und ein Teil der Kultur selbst, sind
zu viel wert, um wegen einer po-
litischen Situation an die Wand
gedrückt und letztlich aufgegeben
zu werden!
Ich habe dafür auch bezahlt.
Nach meiner Wahl zum Kurator
der Hermannstädter Kirchenge-
meinde, 1987, wurde ich selbst und
auch Bischof Albert Klein gewarnt:
wenn Niedermaier als Kurator der
Hermannstädter Kirchengemein-
de nicht zurücktritt, muss man ihn
als Mitarbeiter des Forschungsin-
inzwischen fest etablierten Jahr-
buch und verschiedensten Publi-
kationen initiierte die Kommissi-
on ein Grundlagenwerk, nämlich
den Städtegeschichteatlas Rumä-
niens, wovon Niedermaier den
ersten Band selbst bearbeitete,
nämlich jenen zum hier unmittel-
bar benachbarten Schässburg.
Doch er war und ist natürlich noch
Mitglied zahlreicher anderer
Kommissionen und Gremien,
etwa der Internationalen Städte-
geschichtekommission, der Süd-
ostdeutschen Historischen Kom-
mission, des Wissenschaftlichen
Beirats des Siebenbürgen-Insti-
tuts, des Verwaltungsrats des
Brukenthal-Museums oder der
Stiftung Kirchenburgen. Und wer
Gelegenheit hatte, mit ihm zusam-
menzuarbeiten, weiß, dass er die-
se Aufgaben in professioneller
Weise sehr ernst genommen hat
und bis heute nimmt. Dabei gibt
es, wie erwähnt, eine Einrichtung,
zu der unser Preisträger in einer
besonders innigen Beziehung
steht: nämlich der Arbeitskreis für
Siebenbürgische Landeskunde,
traditionell Landeskundeverein
stitutes entlassen, wirklich! Das
gab für mich ganz schlimme see-
lische Konflikte, denn einerseits
war ich mit Leib und Seele Wis-
senschaftler, andererseits emp-
fand ich es als Untreue Gott ge-
genüber. Schließlich trat ich als
Kurator zurück. In jener Zeit, der
größten Krise meines Lebens, ver-
ließ mich der Herr nicht. Ich habe
aber die Kraft und den Mut erhal-
ten, als Mitglied des Bezirkskonsis-
toriums nicht zurückzutreten. Das
war nicht so ganz ohne! In Reters-
dorf, wo nur noch zwei Sachsen
lebten, waren Kirche und Pfarrhaus
verkauft, und alles materiell Wert-
volle fortgeschaft worden. Da bat
mich der Dechant, die Gebäude den
Käufern zu übergeben. Obwohl sie
leer waren, gab es doch noch Leben
in ihnen und dieses wurde nun zer-
trampelt. Das war so schrecklich,
dass ich nachher dem Dechanten
sagte: „Dieses überlebe ich kein
zweites Mal.“ Der innere Kampf,
auch mit Schicksalsschlägen, schlug
sich in Jahrzehnten der Schlaflosig-
keit nieder.
Beruflich, als Historiker, war es
im Vorhinein gar nicht klar, ob die
Suche nach neuen, europäischen
Wegen in der Geschichtsforschung
– unter Missachtung national-kom-
genannt – übrigens die nach der
Landeskirche und ihren Gemein-
den älteste heute noch bestehen-
de sächsische Institution. Schon
lange in der Vorwendezeit hatte
er auf den Jahrestagungen des Ar-
beitskreises referiert und in des-
sen Schriftenreihe seine erste Mo-
nographie publiziert; direkt in der
Wendezeit schaltete er sich in die
Gründung einer Rumänien-Sek-
tion des Arbeitskreises ein und lei-
tete diese von 1994 bis zu deren
Eintragung als Verein nach rumä-
nischem Recht 2006. Er gehörte
trotz aufwendiger Anreise stets
zu den zuverlässigsten Teilneh-
mern an den Vorstandssitzungen
des Arbeitskreises und brachte bei
diesem schließlich auch sein drei-
bändiges Standardwerk zum mit-
telalterlichen Städtebau Sieben-
bürgens heraus genauso wie ge-
rade im August sein letztes Buch.
Paul Niedermaier ist zudem Eh-
renmitglied des Landeskundever-
eins, gegenwärtig das einzige
überhaupt. Das ist natürlich nur
eine von vielen Auszeichnungen,
die Niedermaiers Wirken würdi-
gen, darunter auch vier Orden und
Die Honte-
rusMedaille
an Dr. Paul
Niedermaier
wurde zum
Anlass des 33.
Sachsentref-
fen in Keisd
verliehen.
Foto: George
Dumitriu
munistischer Dogmen – hinge-
nommen wird, oder in finstere Ab-
gründe führt. Und doch wagte ich
es!
Da ich fest überzeugt war, dass
wir hier, in Siebenbürgen, eine
Kultur und ein Kulturerbe zu ver-
walten haben, brachte die Wende
von 1990 neue Probleme: die Tren-
nung von der auswandernden Fa-
milie und von dem eigenen Heim,
das bei den Hermannstädter
Kämpfen von 1989 ausbrannte.
Als Wissenschaftler hatte ich
dann, nach der Wende, freie Hand,
aber Mut und Inspiration kamen
nicht von mir selbst, sondern wa-
ren ein Geschenk „des Himmels“,
das mit einer angespannten Tätig-
keit gepaart war. Als Leiter des
Hermannstädter Forschungsinsti-
tutes für Geisteswissenschaften
konnte ich mich für ein sinnvolles
Zusammenleben mit Rumänen
und Ungarn einsetzen, als Vermitt-
ler zwischen Kulturen. Nahezu alle
meine Schriften sind sowohl in ru-
mänischer, als auch in deutscher
Sprache erschienen, sowohl in Ru-
mänien als auch in Deutschland und
Österreich. Es ist eine kleine Brü-
cke zwischen Kulturen Europas.
Dabei danke ich meinen Förde-
rern: der „Rumänischen Akade-
Seite 7
15 Ehrendiplome. Neben dem Sie-
benbürgisch-Sächsischen Kultur-
preis 2007 will ich vor allem zwei
aus dem Jahr 2014 erwähnen: das
vom deutschen Bundespräsiden-
ten verliehene Bundesverdienst-
kreuz am Bande und die Ehren-
bürgerschaft der Stadt Hermann-
stadt, denn diese beiden lassen
einerseits seine feste Verwurze-
lung in seiner Heimatstadt wie
auch andererseits sein weit aus-
strahlendes Wirken, die Aner-
kennung hüben wie drüben, an-
schaulich werden. Dass dazu nun
die Honterusmedaille des Demo-
kratischen Forums der Deut-
schen in Siebenbürgen und der
Evangelischen Kirche A.B. in Ru-
mänien als höchste Auszeichnung
der in Siebenbürgenden lebenden
Landsleute kommt, also in jener
Region, für die sich Paul Nieder-
maier ganz bewusst entschieden
und für die er Kraft, Können und
Wissen eingesetzt hat, ist recht und
würdig.
Dazu, lieber Paul, nicht nur im
Namen des Landeskundevereins,
sondern auch ganz persönlich
ganz herzliche Glückwünsche!
mie“ und dem „Arbeitskreis für
Siebenbürgische Landeskunde“,
Gundelsheim, die meine totale
Implikation, ja, die Existenz als
Forscher ermöglichten.
Auf einem solchen Weg waren
entschiedener Einsatz mit mensch-
licher Güte nötig. Ein Gedicht von
Wolfgang Borchert, „Versuch es“,
drückt die Essenz solchen Seins aus
– viel besser als ich es kann. Es ist
ein Bekenntnis!
Stell dich mitten in den Regen
glaub an seinen Tropfensegen –
spinn dich in das Rauschen ein
und versuche gut zu sein!
Stell dich mitten in den Wind
glaub an ihn und sei ein Kind –
lass‘ den Sturm in dich hinein
und versuche gut zu sein!
Stell dich mitten in das Feuer,
liebe dieses Ungeheuer
in des Herzens rotem Wein –
und versuche gut zu sein!
Die Überzeugung vieler von
uns, in der Keisder Kirche, ist wohl:
Auch wenn es trockene, windge-
schützte Räume gibt, haben wir
hier eine kulturhistorische Pflicht.
Darum stehen wir in Wind und
Wetter – jedoch auch in der Sonne
Siebenbürgens! Hier wollen wir
versuchen gut und gütig zu sein!
Im Laufe der Zeit stützten mich
verschiedenste Auszeichnungen
bei der Pflichterfüllung. Auch wenn
die Honterus-Medaille nicht die
wertvollste von diesen ist – so ist
sie unsere und darum für uns die
Bedeutendste! Sie wird jetzt, in der
letzten Phase meines Lebens, auch
zu den Stützen gehören! Ich danke
Ihnen dafür!
Die Dankesrede wurde wegen der
fortgeschrittenen Stunde stark gekürzt
vorgetragen – hier ist die vollständige
Version abgedruckt.
Seite 8
Taliban-Regierung verspricht nach
Erdbeben Wiederaufbau
Kabul (dpa) - Die Taliban in
Afghanistan haben nach der Erd-
bebenserie am Wochenende den
Opfern einen Wiederaufbau ver-
sprochen. Dies kündigte der stell-
vertretende Regierungschef Abdul
Ghani Baradar bei seinem Besuch
in den Katastrophengebieten an,
wie das Gouverneursbüro in der
Provinzhauptstadt Herat am
Dienstag mitteilte. Baradar rief
seine Regierung dazu auf, Spen-
den an die Erdbebenopfer zu ver-
teilen. Afghanistan leidet seit der
Machtübernahme der Taliban im
Sommer 2021 unter einer Wirt-
schaftskrise und ist wegen der re-
pressiven Politik international iso-
liert.
Am Samstagmorgen hatten
mehrere Erdbeben die Bewoh-
ner der afghanischen Grenzpro-
vinz Herat nahe dem Iran aufge-
schreckt. Innerhalb von nur we-
nigen Stunden bebte die Erde
neun Mal, mehr als ein Dutzend
Dörfer wurden weitgehend zer-
stört. Militär und Rettungsdiens-
Bus fährt in Spanien in
Passantengruppe: Drei Tote
Cádiz (dpa) - Drei Menschen
sind in Spanien ums Leben gekom-
men, als ein Bus von der Straße
abkam und in eine Passantengrup-
pe fuhr. Der Unfall ereignete sich
am Montagnachmittag in Cádiz im
Süden des Landes, wie die Behör-
den mitteilten. Bei den drei getöte-
ten Passanten handele es sich um
eine 60 Jahre alte Frau, eine 19-
Jährige und einen 17-jährigen Jun-
gen, teilte der Bürgermeister Bru-
no García mit. Es gebe außerdem
mehrere Verletzte, darunter einen
Schwerverletzten. García rief eine
dreitägige Trauer aus. Der Alko-
holtest beim Busfahrer sei negativ
65 Jahre Paddington – der Bär, dem die Briten vertrauen
Tollpatschig, aber überaus höflich: So ist Paddington in die Herzen vieler Menschen getappt / Von Benedikt von Imhoff, dpa
London (dpa) - Roter Hut, blau-
er Dufflecoat, klein von Wuchs.
Gestatten, Paddington. Seit 65 Jah-
ren erfreut der wohl berühmteste
Bär von Großbritannien die Men-
schen im Königreich. Am 13. Ok-
tober 1958 erschien „A Bear Called
Paddington“ von Autor Michael
Bond, das Buch hieß auf Deutsch
dann „Unser kleiner Bär“. Schon
seit Langem ist Paddington welt-
berühmt. Spätestens mit dem Tod
von Queen Elizabeth II. aber ist er
ein Nationalsymbol geworden –
obwohl er nicht einmal Brite ist.
Tatsächlich stammt Paddington
aus dem „dunkelsten Peru“. Ein
Migrant also, und noch dazu einer,
der nach eigenen Worten in einem
Rettungsboot an Land gekommen
ist. In der aufgeheizten Debatte um
irreguläre Migration über den
Ärmelkanal droht Paddington zur
Streitfigur zu werden. Die regie-
renden Konservativen von Pre-
mierminister Rishi Sunak hätten
den Bären gleich abgeschoben,
betonen Kritiker. Anhänger der
Tories hingegen loben Paddington
als Musterbeispiel für gelungene
Integration. „Nicht alle Migranten
sprechen fließend Englisch mit
vornehmem Akzent, noch waren
sie ihr Leben lang besessen von
ADZ-PDF-Onlineausgabe bereitgestellt für Frank Lembke
Das PDF ist ein Bonus zur Druckausgabe der ADZ.
VERMISCHTES
Afghanistan, Zenda Jan: Afghanen begraben Hunderte von Menschen,
die bei einem Erdbeben ums Leben gekommen sind, außerhalb eines
Dorfes im Bezirk Zenda Jan in der Provinz Herat im Westen Afgha-
nistans. Foto: Ebrahim Noroozi/AP/dpa
te eilten in die Katastrophenge-
biete. Die beiden schwersten Be-
ben hatten laut der US-Erdbe-
benwarte USGS eine Stärke von
6,3. Laut dem afghanischen Sen-
ausgefallen, hieß es. Die Polizei
leitete Ermittlungen ein.
Der Unfall geschah den amtli-
chen Informationen zufolge kurz
vor 16 Uhr, als der Busfahrer auf
einer abschüssigen Straße die Kon-
trolle über das Fahrzeug verlor,
zunächst auf die Gegenfahrbahnen
geriet und dann auf den Bürger-
steig und gegen ein Einkaufszen-
trum fuhr. Nach Medienberichten
sollen die Bremsen versagt haben.
Obwohl der Bus beim Unfall schwer
beschädigt wurde, blieben die cir-
ca 30 Passagiere – allesamt Kran-
kenpflege-Studenten und -Studen-
tinnen – demnach unverletzt.
der britischen Kultur, noch legen
sie ihren richtigen Namen bereit-
willig ab, weil er für Engländer zu
schwer zu verstehen ist“, kom-
mentierte die Zeitschrift „GQ“
einmal.
Dabei hatte Bond doch ein ganz
anderes Vorbild vor Augen, als er
den kleinen Bären nur gut ein Jahr-
zehnt nach Ende des Zweiten
Weltkriegs schuf. Er erinnerte sich
an die Kinder, die aus Angst vor
deutschen Luftangriffen aufs Land
geschickt worden waren. Dabei
hatten sie oft Zettel mit ihren Na-
men oder Botschaften an der Klei-
dung – so wie Paddington. Als die
Familie Brown ihn findet, hängt
eine Notiz an der Jacke: „Bitte pas-
sen Sie auf diesen Bären auf. Vielen
Dank.“ Ein Bär ist es, weil Bond
einmal seiner Frau einen Teddy
mitbrachte, der verlassen auf ei-
nem Regal gesessen hatte, ganz in
der Nähe des Bahnhofs, nach dem
sein Star getauft ist.
Rasch adaptiert sich Padding-
ton an das Leben mit der Mittel-
standsfamilie Brown, freundet
sich mit den Ladenbesitzern der
Umgebung an. Überaus korrekt
und höflich – nie würde er es
wagen, einen Erwachsenen mit
Vornamen anzusprechen, wie es
der Tolonews kamen bisher
mindestens 2400 Menschen ums
Leben, das UN-Nothilfebüro
OCHA sprach von mehr als 1000
Toten.
Schwere Überflutungen im Süden
von Myanmar – 14.000 Vertriebene
Yangon (dpa) - Nach extremem
Monsunregen sind Teile des Kri-
senlandes Myanmar meterhoch
überflutet. Besonders schlimm ist
die Situation in der Region Bago im
Süden des Landes, wo mehr als
14.000 Menschen vertrieben wur-
den. Auch der Bahnverkehr zwi-
schen den größten Städten des Lan-
des sei wegen der Wassermassen
unterbrochen, berichtete das staat-
liche Fernsehen am Dienstag. Be-
troffene baten auf sozialen Medi-
en dringend um Hilfe. Besonders
nötig würden Kleider und Lebens-
mittel benötigt, hieß es. „Die Über-
heute in Großbritannien meist
Sitte ist –, gewinnt Paddington alle
Herzen für sich. Klar, er ist überaus
tollpatschig und löst deshalb
überall Chaos aus. Aber das ver-
zeihen ihm alle schnell dank sei-
ner Liebenswürdigkeit (mit Aus-
nahme des bösen Nachbarn Mr.
Curry, aber der hat stets das Nach-
sehen). Und zum Schluss vertilgt
der Bär dann seine Lieblingsspeise
– ein Marmeladenbrot.
Zahlreiche Bücher, mehrere
TV-Serien, zwei erfolgreiche Fil-
me, ein dritter ist derzeit in der
Mache. Dazu Briefmarken, allein
in London zwei Statuen, davon
eine auf Gleis 1 „seines“ Bahnhofs:
Paddington ist längst ein Star.
Zuletzt nahm sein Ruhm aber noch
weiter zu. Zum 70. Thronjubilä-
um der Queen trank die echte
Königin mit dem animierten Bä-
ren Tee. Natürlich lief das nicht
nach dem königlichen Etikett ab.
Doch gerade das gefiel den Men-
schen, vor allem weil die Königin
Humor zeigte und selbst ein Mar-
meladenbrot aus ihrer legendären
Handtasche holte.
Gerührt waren sie aber, als Pad-
dington dann offensichtlich im
Namen aller der Queen sagte:
„Danke, Madam. Für alles.“ Als
Umfrage: Krisen belasten Psyche
von fast zwei Dritteln der EU-Bürger
Brüssel (dpa) - Fast zwei von
drei Menschen in der EU fühlen
sich durch die Ereignisse der Welt
einer Umfrage zufolge psychisch
belastet. Ereignisse wie die Coro-
na-Pandemie, Russlands Krieg
gegen die Ukraine oder die Klima-
krise hätten die ohnehin schon in-
stabile psychische Verfassung in
Europa weiter erschüttert, teilte die
EU-Kommission am Montag mit.
Sie hatte eine repräsentative Um-
frage in Auftrag gegeben, wonach
62 Prozent der Befragten antwor-
teten, solche Ereignisse beeinfluss-
ten „etwas“ bis „sehr“ ihre psychi-
sche Gesundheit.
Innerhalb eines Jahres hatte den
Angaben zufolge fast die Hälfte
Weniger Teenagermütter
in Deutschland
Wiesbaden (dpa) - Die Zahl der
Teenagermütter in Deutschland
ist in den vergangenen Jahrzehn-
ten deutlich zurückgegangen.
Wie das Statistische Bundesamt
schwemmungen haben am Sams-
tag nach drei Tagen pausenlosen
Regens begonnen“, sagte Nway
Nway, eine Einwohnerin der Stadt
Bago, der Deutschen Presse-Agen-
tur. „Das Wasser steht sehr hoch,
die Situation ist schlimm. Einige hier
haben alles verloren“, erzählte die
21-Jährige. Retter kämen derzeit
nur mit Booten zu den betroffenen
Gebieten durch, sagte ein anderer
Bewohner, Myo Min. „Um diese
Jahreszeit gibt es oft Überschwem-
mungen, aber dieses Mal ist es viel
schlimmer.“ Die Menschen seien
darauf nicht vorbereitet gewesen.
Paddington-Bär auf der Millenium-Brücke vor der Kuppel der St.-
Pauls-Kathedrale in London Archivfoto: Frank Augstein/AP/dpa
Elizabeth wenige Monate später
starb, legten die Trauernden nicht
nur Blumen an ihren Residenzen
ab. Es fanden sich so viele Pad-
dington-Figuren und Marmela-
denbrote, dass die Verwaltung
der königlichen Parks öffentlich
darum bat, auf die Gaben zu ver-
zichten.
Ob als Vorzeige-Migrant, der
die „Britishness“ mit ihrer über-
korrekten Höflichkeit befolgt oder
ADZ / 11. Oktober 2023
aller Teilnehmer mit emotionalen
und psychosozialen Problemen zu
kämpfen. Mehr als die Hälfte die-
ser Betroffenen hätte jedoch keine
professionelle Hilfe erhalten.
Zudem glaubt nur etwa ein Drittel
der vom Institut Ipsos Befragten,
dass psychisch Erkrankte genau so
viel Fürsorge bekommen wie
Menschen mit körperlichen Symp-
tomen. Neun von zehn Befragten
sind aber der Auffassung, dass
psychische und körperliche Ge-
sundheit gleich wichtig seien und
im gleichen Maße gefördert wer-
den sollten. Für die Umfrage wur-
den im Juni 2023 rund 26.500 Men-
schen ab 15 Jahren aus 27 EU-Mit-
gliedstaaten gefragt.
am Dienstag in Wiesbaden mit-
teilte, wurden im vergangenen
Jahr im Schnitt sechs Kinder je
1000 Frauen zwischen 15 und 19
Jahren geboren. Im Jahr 2000
waren es dagegen laut den Statis-
tikern noch 13. Laut den Anga-
ben sank im selben Zeitraum die
Zahl der geborenen Kinder von
Teenagermüttern von 29.140 auf
10.999.
Allerdings ist auch die Anzahl
der weiblichen Teenager in
Deutschland rückläufig: Lebten
im Jahr 2000 laut Statistik 2,25 Mil-
lionen junge Frauen zwischen 15
und 19 Jahren in Deutschland,
waren es 2022 nur noch 1,87 Mil-
lionen. Das Bundesamt gab die
Zahlen anlässlich des Weltmäd-
chentags am 11. Oktober be-
kannt. Der Aktionstag wurde
2011 von den Vereinten Natio-
nen ins Leben gerufen, um die
Belange von Mädchen sichtbar zu
machen und sich für ihre Chan-
cen und Rechte einzusetzen.
als multikultureller Repräsentant
mit liberalen Werten – Padding-
tons Erfolg könnte auch darin lie-
gen, dass er für alle Menschen et-
was bietet. Oder wie es die Autorin
Darshita Goyal nach den Trauer-
feiern für die Queen schrieb: „Jetzt
ist Paddington Brown kein Bär
mehr – er ist eine weiße Leinwand,
auf die wir unsere Sorgen über die
Zukunft Großbritanniens projizie-
ren.“
 Semper atque semper liberi ac indivisi

Banater Zeitung
31. Jahrgang/Nr. 1541 Wochenblatt für Temesch, Arad und das Banater Bergland Mittwoch, 11. Oktober 2023

Tag der Deutschen Einheit – mit Würdigung

der Rumäniendeutschen
Konsulat veranstaltete gleich mehrere Events
In Temeswar war es immer wiederholenden hätten sie sich zuvor ab- u. a.: „Das Demokratische zu Gast bei Freunden.“ schen in Rumänien ge-
zum Tag der Deutschen Worte. Die Grußworte gesprochen – wussten Forum der Deutschen im Auch im entfernten stärkt. Wir pflegen zu sa-
Einheit (die ADZ berich- aller Redner, vom DFDB- diesmal alle Redner aus Banat ist ein langjähri- Bukarest hatte Rumäni- gen, ´der Mensch heiligt
tete) eine Feier wie lange Vorsitzenden Johann der Lokalpolitik die deut- ger Partner des Konsulats ens Premierminister Mar- den Ort´. Ich denke, die-
nicht mehr. Fernbach, bis zu den Ver- sche Minderheit im Ba- bei vielen Veranstaltun- cel Ciolacu Lobesworte ses Sprichwort passt

Beim Festakt zum Tag der Deutschen Einheit im AMG-Haus Fotos: Zoltán Pázámny

Nur knappe Details zur tretern der Temescher nat als Brückenbauer gen, und wir sind sehr für die Rumäniendeut- ganz genau zu den Ver-
Geschichte und Vorge- Kommunalverwaltung – oder Mittragende der Ba- dankbar, dass wir in die- schen: „Der Wert der ru- tretern der beiden ge-
schichte der Deutschen Kreisratspräsident Alin nater Geschichte zu wür- sem Jahr den Empfang mänisch-deutschen Be- nannten Gemeinschaf-
Wiedervereinigung, keine Nica, stellvertretender Prä- digen. Auch Deutsch- zum deutschen National- ziehungen wird durch die ten, durch deren Tätigkei-
langen Aufzählungen fekt Ovidiu Dr²g²nescu, lands Konsulin in Temes- feiertag in den Räumen von Menschen gestaltete ten sie auch ein starkes
von Hilfstransporten, In- Bürgermeister Dominic war, Regina Lochner, des Forums veranstalten Brücke der rumänischen emotionales Band zwi-
vestitionen und keine Fritz – hielten sich an kur- machte da keine Ausnah- dürfen. Gemeinschaft in Deutsch- schen unseren beiden
sonst üblichen und sich ze Ansprachen und – als me und sagte ihrerseits Wir sind hier wahrhaft land und jener der Deut- Ländern sichern.“

Die Deutschen im Banat „Ein historischer Be-

such“ habe sich ereig-
net, als der Botschaf-

Feste und Veranstaltungen ter Israels in Bukarest,

Der österreichische Autor Fran-
zobel liest am Freitag, 13.Oktober,
16.30 Uhr, aus seinem Roman „Das
Floß der Medusa“ in der Österreich-
Bibliothek Temeswar im Raum 248
an der West-Universität Temeswar
(Bd. V. Pârvan 4). Am gleichen Tag
finden eine Buchlancierung und ein
Treffen von Franzobel mit dem
Schriftsteller Cristian Vicol in der
Temeswarer C²rture{ti- Buchhand-
lung am Opernplatz statt.
Deutschsprachige Literatur des
Banats heißt die wissenschaftliche
Tagung, die zwischen dem 13. und 16.
Oktober im Temeswarer AMG-Haus
stattfindet. Veranstalter ist die Kul-
turstiftung der deutschen Vertriebe-
nen.
Grüßt mein Banat heißt die Ope-
rette, die in Premiere am 28. Oktober,
19 Uhr,im großen Saal der Temeswa-
rer Oper stattfinden wird. Dabei geht
es um ein Benefizkonzert, veranstal-
tet vom Temeswarer Rotary-Klub zu-
gunsten herzkranker Kinder.
Das Deutsche Staatstheater Te-
meswar bringt: Der Drache, 11. Ok-
tober 19.30 Uhr, in Temeswar, DSTT-
Saal; Tschik,12. Oktober 18 Uhr, im
Stadttheater Lugosch; Leonce und
Lena, 18. Oktober 19.30 Uhr, im Saal
des DSTT.
Die Banater Zeitung feiert am 17.
November, 16 Uhr, im AMG-Haus in
Temeswar 30 Jahre als Tochterzeitung
innerhalb der ADZ. Leser der Zeitung
können ihr Interesse auf E-Mail
dana.miculescu.bz@gmail.com oder
per Redaktionstelefon bekunden und
erhalten dann eine nominelle Einla-
dung.
Für etwaige Programmänderungen der
Veranstalter übernimmt die Redaktion
keine Gewähr.
Reuven Azar, in der
vergangenen Woche
bei seinem Temeswar-
Besuch im Adam-Mül-
ler-Guttenbrunn-
Haus zu Gast war,
sagte der DFDR-Abge-
ordnete Ovidiu Gan].
Der Parlamentarier
der deutschen Min-
derheit pflegt gute
Beziehungen zur jüdischen Gemeinde im Allgemeinen, zu Botschafter Reuven
Azar und zum Abgeordneten Silviu Vexler, was der israelische Botschafter
besonders hervorhob. Mit Vexler schaffte es Gan] in den vergangenen Jahren,
mehrere politische Initiativen im Parlament durchzusetzen, die sich vorteil-
haft für die deutsche und jüdische Gemeinschaft, aber auch für die gesamte
rumänische Gesellschaft ausgewirkt haben. Der DFDB-Vorsitzende, Dr. Jo-
hann Fernbach, sagte zum Abschluss des Besuches, der israelische Diplomat
habe sich „beeindruckt gezeigt, was sich in unserem Haus alles ereignet“. Der
Botschafter betonte seinerseits bei seinem Besuch im Deutschen Forums-
Haus in Temeswar, dass die ethnische Diversität in Rumänien ein Segen sei
und „die Minderheiten bereichern die rumänische Gesellschaft“. Dies sei in
vielerlei Hinsicht bemerkbar, so Reuven Azar, der sich im AMG-Haus ins
Gästebuch des Banater Deutschen Forums eintrug und den Ort als geeignet
hielt, auch Vertreter rumänischer Medien zu empfangen. Das Foto zeigt
Reuven Azar (Mitte) im Festsaal des AMG-Hauses mit Ovidiu Gan] (links) und
Johann Fernbach. (st) Foto: Zoltán Pázmány

ADZ-PDF-Onlineausgabe bereitgestellt für Frank Lembke

Das PDF ist ein Bonus zur Druckausgabe der ADZ.
 II BZ / 11. Oktober 2023 Neuigkeiten aus dem Banat

Zweimal Nachgang zum Tag der Deutschen Einheit

Den Tag der Deutschen nalfeiertag zu begehen. ze angelegt, stand der Bür- Dann folgte der erwartete der Begriff anderweitig Zugegen waren Politiker
Einheit im Nachgang zur Das Deutsche Forum in germeister von Temeswar, Pflichtausruf: O’zapft is! als Marke registriert ist. wie der DFDR-Abgeordne-
Feier in Temeswar abhal- Arad und seine Jugend- Dominic Fritz, neben dem Wenige Sekunden zuvor Aber das tat der Veran- te Ovidiu Gan], der Vize-
ten, das hatte Deutsch- organisation Banat JA Fass Regensburger Bier zischte das Bier auf die staltung keinen Abbruch: präfekt des Kreises Te-
lands Konsulin Regina waren die Gastgeber in im Temeswarer Lokal „Vi- Schürze des Bürgermeis- „d´ Wadlbeißer“ aus Re- mesch, Ovidiu Dr²g²nescu,
Lochner bereits im ver- Arad und hatten auch die neri 15“. Als Nicht-Bayer ters, ein paar Tropfen gensburg spielten zum Konsulin Regina Lochner,
gangenen Jahr angeregt. Unterstützung der wurde er von einem ech- auch auf die Kamera von Fest passende Musik, spe- ihr Stellvertreter Siegfried
Da war sie nach der deutschsprachigen Wirt- ten Bayer, Peter Hoch- BZ-Fotoreporter Zoltán zifische Speisen standen Geilhausen, oder der eben
Hauptfeier in Temeswar schaft, die in der Region muth (Präsident des Pazmány. Der Anstich des bereit und Getränke aller schon genannte Bürger-
einen Tag später mit ei- angesiedelt ist. deutschsprachigen Wirt- ersten Bierfasses an die- Art ebenfalls. Das Deut- meister Dominic Fritz.
nem Fest in Reschitza Einen weiteren Tag spä- schaftsclubs Banat), sem Abend war getan. sche Konsulat in Temes- Dazu Freunde der
zugegen. 2023 hatte sich ter, am 5. Oktober, war flankiert. Und die Bayern Die Temeswarer deut- war und der deutschspra- deutschsprachigen Un-
die Konsulin mit Mitar- für die deutsche Gemein- sind traditionsbewusst, sche Gemeinschaft und chige Wirtschaftsclub ternehmer aus dem Kreis
beitern am 4. Oktober schaft im Banat und für auch wenn sie sich im über ihre Freunde und ihr stellten so einen weite- Temesch, die aus Arad,
nach Arad begeben, um deren gesamtes Umfeld 1000 Kilometer entfern- Umfeld hatten ihr kleines ren Nachgang und Nach- Reschitza und manche gar
auch in anderen Ort- ein weiteres Fest ange- ten Temeswar befinden. Herbstfest, wie es hier klang für den Tag der aus Deutschland ange-
schaften des Amtsbezirks sagt. Anstich ist eben Anstich, hieß. Das „Oktoberfest“ Deutschen Einheit auf reist waren.
Deutschlands den Natio- Eine dunkelblaue Schür- egal wo das geschieht. blieb ihnen verwehrt, da die Beine. Siegfried Thiel

Fassanstich mit Bürgermeister Dominic Fritz. Damit war das Herbstfest Hohe Gäste wohnten der Anstich-Zeremonie bei. Links im Bild der DFDR-
eröffnet. Abgeordnete Ovidiu Gan], rechts Konsulin Regina Lochner.

Heraeus-Generalmanager für Rumänien und gleich-

zeitig DWC-Vorstandsmitglied, Samuel Cire{, war
mit einem Mitarbeiterstab zum Herbstfest erschie- Das Deutsche Konsulat hatte im ausgebauten Ara-
Musik aus Regensburg bot Unterhaltung für die nen. Hier im Bild mit DWC-Präsident Peter Hoch- der Forumssitz einen Nachgang zum Tag der Deut-
Banater. muth (r.) Fotos: Zoltán Pázmány schen Einheit veranstaltet. Foto: Adrian Ardelean

Reschitzaer Beitrag zur Kulturhauptstadt

Vernissage im AMG-Haus/ Gedenken an Alexander Tietz
Einen Beitrag zum Pro- „Deutschen Kulturdeka- ka) ging im Beisein von le am Opernplatz in An- Oktober auch ausgestellt Schriftstellers und Eth-
gramm der Europäischen de im Banater Bergland“, Ehrengast Regina Loch- wesenheit der Besucher werden. nologen Alexander Tietz
Kulturhauptstadt Temes- am Montag im AMG- ner, deutsche Konsulin in gemalt. Anschließend wurde (heuer 125 Jahre seit der
war 2023 boten die deut- Haus: Eine Vernissage Temeswar, im AMG-Foyer Zur Eröffnung sang der das zahlreich erschiene- Geburt und 45. Todestag)
schen Kulturgruppen des zur Malereiausstellung über die Bühne. Im Vor- „Temeswarer Liederkranz“ ne Publikum zu einer von eingeladen.
DFBB unter Leitung von des Kreises „Deutsche feld hatten die Reschitza- des DFDT einige seiner be- E.J. }igla moderierten Ein ausführlicher Be-
Erwin Josef }igla, im Rah- Kunst Reschitza“ (Leiter er Künstler als Überra- kanntesten Lieder. Die Gedenkveranstaltung zu richt folgt in der BZ vom
men der derzeit laufenden Doina und Gustav Hlin- schung in der Baumschu- Malereien sollen am 16. Ehren des Lehrers, 18. Oktober. (bw)

Herausgeber:
Demokratisches Forum der
Deutschen im Banat
Redaktion: Temeswar/Timi{oara,
Str. 1 Decembrie nr. 10
RO-300231 Timi{oara
Tel.+Fax: 0040-256-498210
E-Mail: temeswar@adz.ro;
wkadz@netex.ro;
Banater Zeitung Unaufgefordert eingesandte oder
handschriftliche Manuskripte
Das BZ-Team: werden nicht zurückerstattet. Die
Siegfried Thiel (Redaktionsleiter) [tefana Ciortea-Neam]iu neamtiu@adz.ro; Redaktion behält sich Kürzungen
thiel@adz.ro; Zoltán Pázmány pazmany@adz.ro; vor. Die in der Banater Zeitung
Werner Kremm (Banater Bergland) Balthasar Waitz waitz@adz.ro veröffentlichten Beiträge wiederge-
wkremmadz@gmail.com; Dana Miculescu dana.miculescu.bz@gmail.com ben die Meinung der Autoren.
Diese Ausgabe der Banater Zeitung ist zusammengestellt von Dana Miculescu

ADZ-PDF-Onlineausgabe bereitgestellt für Frank Lembke

Das PDF ist ein Bonus zur Druckausgabe der ADZ.
Campus
Siegeraufsatz der DaM-Nationalphase der Deutscholympiade 2022/23, XI. Klasse
Die Wunschlampe und der Fluch der Unsterblichkeit
Johann ist ein ehrgei-
ziger Mann. So war er
immer, seit der Grund-
schule. Er wollte immer
der Allerbeste sein und das
konnte man bemerken,
wenn man sein Notenheft
durchblätterte.
Jetzt aber ist er er-
wachsen, hat zwei Kinder
und eine schöne Frau. Er
arbeitet bei einer bekann-
ten Firma und hat ein
hohes Einkommen. Viele
seiner Bekannten sehen
ihm neidisch nach, wenn
er auf der Straße an ih-
nen vorbeigeht und sie
grüßt. „Was für ein toller
Kerl!“, meinen sie, oder
„Ich wünsche auch, ich
hätte so ein schönes Auto,
wie Johann.“ Trotzdem
scheint Johann unzufrie-
den zu sein mit allem, was
er hat. Er wünscht sich
immer und immer mehr.
Er denkt sich, dass er al-
les für seine Familie tut,
die er sehr liebt. Er möch-
te seinen Kindern alles
bieten, was ihm seine
Kindheit nicht schenken
konnte.
Die ersten Jahre seines
Lebens waren nicht leicht
und die Familie, in wel-
che Hänslein geboren
wurde, war auch nicht die
beste. Sein Vater war ein
grober Säufer, der ihn und
seine Mutter ständig ver-
prügelte. Das bisschen
Geld, welches die Mutter
verdiente, wurde oft vom
Vater für Alkohol ver-
schwendet. Freunde in der
Schule hatte er auch kei-
ne und nachdem seine
Mutter eines Tages starb,
war der arme Hans allein
auf der Welt. Bittere Trä-
nen rollten ihm die Wan-
gen hinunter, während er
in seinen einzigen zerris-
senen Hosen neben dem
Totenbett seiner Mutter
kniete. Sie war die einzi-
ge, die ihn verstand, oder
die sein blondes, schmut-
ziges Haar streichelte und
ihm sagte, sie habe ihn
lieb.
ADZ-PDF-Onlineausgabe bereitgestellt für Frank Lembke
Das PDF ist ein Bonus zur Druckausgabe der ADZ.
Seit dem Tod seiner
Mutter verstand der Jun-
ge, dass die Zukunft in
seinen eigenen Händen
liegt und dass er kämpfen
muss, wenn er etwas er-
reichen will. So ist Hän-
sel aufgewachsen und zu
einem richtigen Mann
geworden. An seine Kind-
heit denkt er nicht mehr
so oft. Er ist ja mit ande-
ren, wichtigeren Sachen
beschäftigt.
Eines Tages, um fünf
Uhr nachmittags, als er
endlich Feierabend ma-
chen durfte, entschied er,
einen kleinen Spaziergang
bis nach Hause zu ma-
chen. Er begann, in sei-
nen Lederschuhen und
seinem eleganten Mantel
auf dem Gehsteig zu stol-
zieren. Die lauwarme Bri-
se fuhr ihm durch die
blonden Haare, die nicht
mehr dreckig waren, son-
dern sorgfältig gekämmt.
Er zündete auch eine Zi-
garette an, nahm einen
kräftigen Zug davon und
begann sich nach einem
schweren Arbeitstag zu
Symbolfotos: Zoltán Pázmány
entspannen. Während er
seelenruhig über den
Hauptplatz der Stadt spa-
zierte, sah er sich die
Schaufenster der vielen
Geschäfte an. Nichts
schien ihn zu beeindru-
cken, sodass er gelang-
weilt, weiter rauchend,
vorbeischlenderte.
Auf einmal bemerkte
Johann einen Laden, der
merkwürdig aussah. Er
hatte ihn bis jetzt noch
nie gesehen. Die Laden-
tür sah marode aus. Die
Farbe war abgewetzt und
das Holz schien verfault
zu sein. Durch das
Schaufenster konnte
man kaum etwas sehen,
weil es voll mit Staub
und Spinnennetzen war.
Die äußere Seite war
außerdem mit Graffiti
bekritzelt. Über der ver-
faulten Tür hing ein
genauso abgewetztes
Schild, auf welchem die
Aufschrift „Antiquitäten- ter alte Sachen wie Bron-
laden“ kaum lesbar war. zeteller und Porzellan-
Während er sich wun- puppen. Alles, was in ei-
derte, seit wann es diesen nem Antiquitätenladen zu
Laden gibt und wieso er finden ist. Von allen Sa-
ihn bis an jenem Tag nicht chen, die auf den Regalen
bemerkt hatte, begann standen, bemerkte Jo-
Johann neugierig zu wer- hann eine Lampe, die
den. Obwohl ihm der An- genauso aussah, wie die
tiquitätenladen ein mul- aus dem Zeichentrickfilm
miges Gefühl im Magen „Aladdin“. Sie gefiel im so
bereitete, konnte er seine sehr, dass er sie für einen
geringen Preis kaufte. Jo-
hann ging nach Hause
und, nachdem seine Frau
und Kinder zu Bett gegan-
gen waren, nahm er die
Lampe und begann sie zu
reiben. Er musste lachen,
da er sich dachte, es sei
total verrückt, was er da
tut. „Natürlich wird kein
magischer Djeenie aus der
Lampe heraushüpfen und
meine Wünsche erfüllen“,
sagte er vor sich hin.
Welches waren seine
Wünsche? Er begann nach-
zudenken. „Geld“, meinte
er, „unendlich viel Geld. So
muss ich nie mehr in die
Arbeit gehen. In einem rie-
sigen Palast zu wohnen,
wie ein König, würde mir
auch gefallen und …“ Er
wusste nicht mehr, was er
sich wünschen könnte und
meinte einfach „Unsterb-
Neugier nicht beherr- lichkeit“.
schen und entschied, den Plötlich begann die
Laden zu betreten. Die Tür Lampe zu zittern und sich
öffnete sich mit einem so stark zu erhitzen, dass
Quietschen und der Johanns Hände brann-
schrille Ton einer kleinen ten. Er erschrak. Die
Glocke war zu hören. Im Lampe löste sich aus sei-
Laden befanden sich lau- nen Fingern und begann
BZ / 11. Oktober 2023
durch die Luft zu schwe-
ben. Ein blauer Nebel füll-
te das Zimmer und ein
genauso blauer Geist
schlüpfte aus der Lampe.
Es war ein Djeenie. Jo-
hann konnte seinen Au-
gen kaum trauen, doch
bevor er etwas sagen
konnte, meinte der Djee-
nie einfach „Erfüllt!“ und
fing an zu lachen.
„Was?“, fragte Johann
verzweifelt. „Deine Wün-
sche“, antwortete der
Djeenie, „Ich habe sie
erfüllt“, und fuhr mit sei-
nem schreklichen Lachen
fort, bis er sich in einer
anderen blauen Rauch-
wolke unsichtbar mach-
te. Die Lampe fiel zu Bo-
den. „Nein!“, schrie Jo-
hann verzweifelt. „Ich
habe das nicht ernst
gemeint.“„Bitte komm
zurück!“, bettelte er. Aber
es war zu spät. Sein Haus
begann zu wackeln und
verwandelte sich in einen
Palast. Seine Taschen
waren voll mit Geld, wel-
ches nie zu Ende ging.
Und er war unsterblich.
Er kam darauf, dass die
Tatsache, dass seine
Wünsche in Erfüllung
gegangen waren, ihm kei-
ne Freude bringen wür-
de. Erst dann gab er sich
Rechenschaft, was Un-
sterblichkeit bedeutet. In
dem Moment hatte er nur
einen einzigen Wunsch:
er hätte sich die Unsterb-
lichkeit nie gewünscht.
III
Denn er war tatsächlich
unsterblich, aber der
Rest der Welt um ihn
herum nicht. Er würde
für immer leben, während
der grausame Tod seine
Nä chsten, der Reihe
nach, mit seiner Sense
zerstückeln würde. Jo-
hann fing an zu weinen.
Genauso bittere Tränen,
wie die, die aus seinen
Augen flossen, als seine
Mutter starb. Er bereute
seine Wünsche so sehr
und bat den Djeenie, ihm
die Sterblichkeit wieder zu
schenken.
Plötzlich wurde Jo-
hanns Schluchzen von
dem schrillen Geräusch
eines Weckers unterbro-
chen. Er öffnete die Au-
gen. Die Sonne schien
durch das Fenster seines
Zimmers. Neben ihm lag
seine Frau. Er hatte ge-
träumt. Nie in seinem
Leben war er so froh. Er
musste schnell seine Hose
anziehen und in die Ta-
schen greifen. Leer. Er
lachte so laut vor Freude,
dass ihn seine Frau frag-
te, was los sei. Er musste
weiterlachen. Schließlich
küsste er sie auf die Stirn
und sagte: „Das ist der
beste Tag meines Lebens!“
Und so war es tatsächlich,
denn er wurde sowohl von
seinen Wünschen, als
auch von dem Fluch der
Unsterblichkeit befreit
und fühlte sich so frei, wie
der Wind.
Bernard Rud²reanu,
Klasse XI MI
Thema Klasse XI
Verfasse ausgehend
von dem Zitat einen
Text. Finde eine passen-
de Überschrift.
„Man kann davon über-
zeugt sein, sich etwas zu
wünschen - vielleicht jah-
relang – solange man weiß,
dass der Wunsch unerfüll-
bar ist. Steht man plötzlich
vor der Möglichkeit, dass
der Wunschtraum Wirk-
lichkeit wird, dann
wünscht man sich nur eins:
Man hätte es sich nie ge-
wünscht.“
Michael Ende
Die Koordination
dieser Seite haben
die Deutschlehrerin-
nen Simona Gabriela
Mateiu (derzeit
Direktorin der
Lenau-Schule) und
Viorica Ro{u über-
nommen.
Die redaktionelle
Betreuung haben die
ADZ/ BZ-Mitarbeiter
Daniela Miculescu,
Ionu] Buda{cu und
Zoltán Pázmány inne.
Konzept der Cam-
pusseite: Siegfried
Thiel
IV BZ / 11. Oktober 2023
Das Städtepartner-
schaftskonzert zum
Europäischen Kultur-
hauptstadtjahr 2023
hat das Philharmoni-
sche Orchester Alten-
burg Gera, die Temes-
warer Philharmonie
Banatul sowie den
Opernchor des Thea-
ters Altenburg Gera,
den Konzertchor Ru-
theneum, den Chor
der Temeswarer Phil-
harmonie Bantul, den
Chor des Ion-Vidu-Mu-
siklyzeums und den
Chor der Rumäni-
schen Oper Temeswar
zusammengebracht:
400 Mitwirkende an
zwei Abenden im Te-
meswarer Rosengar-
ten, davor in Gera, auf
der Bühne des Kultur-
und Kongresszen-
trums. Mit einigen der
Makers führte die BZ-
Redakteurin [tefana
Ciortea Neam]iu Inter-
views über die Arbeit
hinter den Kulissen
des Megaprojektes.
Gabriel Bebe{elea,
Dirigent
Wie schafft man es,
wenn so viele Künstler
auf der Bühne stehen,
sie zusammenzubringen
und zusammenzu-
schweißen, damit sie
einen einzigen Organis-
mus bilden und als sol-
ches funktionieren?
Alles hängt von der
Gefühlslage jedes einzel-
nen Musikers aus dem
Orchester ab, es ist nichts
Komplexeres vom Ge-
sichtspunkt des Zusam-
mentuns her, es ist nur
eine Kammermusik, mit
viel, viel mehr Musikern,
aber das Werk an sich ist
von einer außergewöhn-
lichen Komplexität.
Schönbergs Werk ist ei-
nes der schwierigsten und
erschöpfendsten Werke,
die je komponiert wurden,
nicht nur wegen der Di-
mensionen oder wegen der
großen Anzahl von Musi-
kern, sondern vor allem
wegen der Details, die in
der Partitur vorhanden
sind. Es ist eine Provoka-
tion, es im Saal aufzufüh-
ren, aber umso mehr im
Freien, wo so viele andere
Sachen dazwischenkom-
men können.
Wie war es in Gera?
Es war außergewöhn-
lich gut, wir hatten einige
sehr gute Proben, wir ha-
ben uns sehr wohl
gefühlt.Auch wenn das
Werk über Liebe und Tod,
Liebe nach dem Tod ist,
hat eine sehr gute Atmos-
phäre geherrscht, in der
ADZ-PDF-Onlineausgabe bereitgestellt für Frank Lembke
Das PDF ist ein Bonus zur Druckausgabe der ADZ.
Eine Koproduktion, wie sie sehr
Kraft, Energie und Finesse am Pult: Dirigent Gabriel Bebe{elea
wir eines der schwierigs-
ten Werke konstruieren
konnten, mit zwei Or-
chestern, die gewöhnlich
nicht zusammenspielen.
Welche Erwartungen
hatten Sie an das Temes-
warer Publikum?
In erster Linie, dass es
mit offenem Herzen, auf-
geschlossen in die Vorfüh-
rung kommt, um eines der
herrlichsten Werke, die je
komponiert wurden, zu
hören und mit maxima-
ler Aufgeschlossenheit
und Interesse zuhört.
Es ist dies eines der
größten Events des Kul-
turhauptstadtjahres
2023 gewesen. Haben
Sie eine Last auf den
Schultern gespürt?
Es ist der Druck eines
jeden Konzerts; wir haben
eine Verantwortung ge-
genüber der Musik, die wir
interpretieren, und zu-
gleich auch gegenüber
dem Publikum und das bei
jedem Konzert. Natürlich
ist dies ein wichtiges
Event gewesen, aber ich
glaube, auch meine Kol-
legen auf der Bühne se-
hen dies als ein Konzert
mit einer der schönsten
Musik, die man wohl nur
einmal im Leben die
Chance hat, zu interpre-
tieren.
Michaela Kaune,
Sopranistin
Was hat dieses Pro-
jekt für Sie bedeutet?
Ich finde das eine groß-
artige Arbeit und das Werk
ist an sich phantastisch
und deswegen bin ich
ganz, ganz froh, dass
ich mitmachen konnte
und vor allen Dingen, in
dieser europäischen Zu-
sammenarbeit zwischen
den beiden Städten und
den beiden Ländern und
dass es so reibungslos
und toll funktioniert.Ich
bin ganz, ganz glücklich,
dass ich Teil dessen sein
durfte.
Die Sopranistin Michaela Kaune als Tove auf der Freilichtbühne im Rosen-
garten
Welches Gefühl hat
man dabei? Wie war das
in Gera?
Auch schon ganz toll,
wirklich dieses Zusam-
menmusizieren, mit den
beiden Orchestern mit
dem phantastischen Di-
rigenten und den phan-
tastischen Solisten und
dass dies so ein Zusam-
menwirken ist. Man
kommt allein, als Einzel-
kämpfer sozusagen und
dann auf einmal geht al-
les zusammen und das
bringt so eine große Freu-
de! Ich finde, dass es tat-
sächlich ein sehr erhe-
bendes Werk ist; das Ge-
fühl ist überwältigend.
Was haben Sie sich
von dem Publikum in
Temeswar gewünscht?
Dass die Menschen
Freude an der Musik ha-
ben, dass sie nachfühlen
können, was wir empfin-
den und dass das, was wir
versuchen zu transportie-
ren, auch wirklich an-
Arnold Schönbergs Gurre-Lieder
men und welche Bedeu-
tung hat sie für die Ba-
nater Philharmoniker?
Diese Kooperation ist
durch die Partnerschaft
mit der Stadt Gera ent-
standen. 2019 war das
erste Projekt zwischen
dem Theater Altenburg
Gera und der Banater
Philharmonie, gespielt
wurde Mahlers 3. Sym-
phonie, ein wunderschö-
nes Projekt. Die Zusam-
menarbeit wurde weiter-
entwickelt, auf das Jahr
2021 hin, das dann ver-
schoben worden ist auf
2023. Durch die Partner-
schaft der Städte ist es
weitergekommen.
Welches Gefühl haben
Sie bei der Aufführung
hier auf der Bühne?
kommt. Das ist kein so Ein euphorisches Ge-
einfaches Stück, gerade fühl, denn es ist wunder-
wenn man das zum ers- bar, 400 Leute auf der
ten Mal hört.Ein riesiges Bühne zu sehen. Es macht
Werk, allein der Apparat mich glücklich als Musi-
ist schon überwältigend. ker und als Menschen,
wenn ich das sehe und die
schöne Musik höre, die
Ovidiu Andri{,
Arnold Schönberg kompo-
Direktor der niert hat.
Temeswarer
Philharmonie Ist es schwierig, so
„Banatul“ viele Musiker zusam-
menzubringen und zu
verbinden?
Wie ist die Koproduk- Natürlich ist es ein rie-
tion zustande gekom- siger logistischer Auf-
Die Intendanten der drei großen Kulturinstituti-
onen, die bei diesem Projekt kooperiert haben:
v.l.n.r. Ovidiu Andri{ von der Temeswarer Philhar-
monie Banatul, Kay Kuntze, Generalintendant des
Theaters Altenburg Gera und Cristian Rudic, der
Intendant der Rumänischen Oper Temeswar
Kultur heute
wand, aber wir haben das
gut gemacht, wir haben
sehr gute Partnerkolle-
gen am Theater Alten-
burg Gera und haben
intensiv seit einem Jahr
daran gearbeitet. Ich war
schon zwei Mal in Gera
Anfang des Jahres.
Letzte Woche waren
die Auftritte in Gera.
Wie hat das Publikum
reagiert?
Standing ovations!
Nach beiden Vorstellun-
gen! Es sind Leute von
außerhalb der Stadt ge-
kommen, nur um das
Stück zu hören.
Kay Kuntze, der
Generalintendant
des Theaters
Altenburg Gera
Wie hat das Publikum
in Gera auf die Auffüh-
rungen reagiert?
Es war absolut begeis-
tert. Wir hatten jeweils
zwei Konzerte, man hat
eine ungeheure Euphorie
bemerkt, die sich im Lau-
fe der Veranstaltung auf-
gebaut und am Ende der
Vorstellung sich entladen
hat, bei nicht enden wol-
lenden Ovationen.
Was war am schwie-
rigsten an diesem Pro-
jekt?
So viele Menschen zu-
sammenzubringen, da
bedarf es natürlich eines
langen und großen orga-
nisatorischen Vorlaufs,
aber es geht auch nur,
wenn die finanziellen Mit-
tel zur Verfügung stehen
und die müssen erst
einmal eingetrieben wer-
den. Weil Temeswar jetzt
Kulturhauptstadt ist, war
die rumänische Seite gut
abgedeckt, aber wir
brauchten zusätzliche
Mittel, das hat dann die
Beauftragte der Bundes-
regierung für Kultur und
Medien zur Verfügung ge-
stellt, ein bisschen auch
noch die Stadt Gera.
Aber das ist ja nur das
eine, das Geld. Das ande-
re sind die Menschen, die
aus dem Geld das Projekt
machen, die Chordirekto-
ren, die sich synchroni-
sieren müssen, die am
selben Strang arbeiten
müssen, es müssen un-
glaublich viele Hotels und
Flüge gebucht werden,man
muss aufpassen, dass die
Kosten nicht aus dem Ru-
der laufen, denn wir ha-
ben ein sehr klares Bud-
get gehabt und darin
mussten wir uns bewegen.
Was wünschen Sie
sich für die Zukunft,
denn es gibt ja bereits
Kultur heute BZ / 11. Oktober 2023 V

selten gesehen werden kann

im Temeswarer Rosengarten aufgeführt

eine ältere Zusammen- dieses Zusammenatmen und dass wir anlässlich

arbeit zwischen den funktioniert wieder seit der Liszt-Biennale in
Philharmonikern und ein paar Jahren, das war Thüringen uns auch breit
Sie? ein erster Schritt.Wir gefächert mit Liszt und
Wir haben 2017 „Ödip“ sind froh, dies weiterzu- anderen Komponisten
von Enescu inszeniert; führen, in Richtung Pro- beschäftigt haben. Im
das ist ein Stück, das in jekt Gurre-Lieder zusam- Herbst 2017 sind wir zum
Deutsch sehr selten ge- men mit Gera und den ersten Mal hierher geflo-
spielt wird, in Rumänien beiden Kinderchören. gen, nachdem wir eine
ist es, glaube ich, so et- Das Stück ist ein monu- Finanzierungszusage er-
was wie ein nationales mentales; es ist ein Mei- halten haben, ohne ganz
Heiligtum, aber in lenstein der Spätroman- genau zu wissen, was wir
Deutschland kennt man tik. Schönberg in seiner eigentlich machen wollen.
das eigentlich kaum. romantischen Phase hat
Dadurch ist eine Verbin- es uns geschenkt und es
dung zu Rumänien ent- ist ein Stück, das man Ueli Häsler,
standen, der Botschafter sehr selten aufführt, Projektmanager
war zwei Mal da, ganze auch dadurch, dass es
Delegationen sind aus viele Künstler bean-
Rumänien in die Vorstel- sprucht, und im Sinne Was war das Schwie-
lung gekommen, dadurch eines Stückes, das man rigste?
hatten wir sehr viele Kon- einmal im Leben hört
takte nach Rumänien. oder macht, kann es bloß Es war einfach viel Ar-
Daraus entstand dann zu unserem allen Wohl beit, aber es war auch ei- Felix Eckerle, der Leiter des Geraer
mit einem Förderpro- sein, dass man es in Te- gentlich schöne Arbeit, Kulturamtes und ehemaliger Chef-
gramm vom Bund, was meswar spielt, nachdem denn wir haben Glück ge- dramaturg des Theaters Altenburg
eine exzellente Orchester- man es auch in Gera zwei habt, seit 2017 haben wir Ueli Häsler, Projektmanager Gera Fotos: Zoltán Pázmány
landschaft in Deutsch- Mal vorgeführt hat. Der sehr viele Menschen ken-
land fördern sollte, die Heilige Geist dieses gan- nengelernt, auf unter- fen würde, auch das Or- auch so, dass wir in zwei, das Essen organisiert und
Idee, die Orchester zu- zen Projektes ist Meis- schiedlichen Ebenen; wir chester in Temeswar wür- sogar in drei Hotels un- dann haben sie dort ein-
sammenzubringen. ter Gabriel Bebe{elea, haben sehr viele Kultur- de es nicht allein spielen tergebracht sind,die Chö- fach bunt gemischt an den
Inzwischen ist viel ohne dessen magneti- akteure kontaktiert, die können und die Grund- re auch in eigenen Unter- Tischen gesessen. Dieses
mehr daraus geworden; schen, charismati- Philharmonie, die Oper, idee war dann, dass sich künften für Jugendliche. Kennenlernen ist ein ganz
wir machen zum Beispiel schen Einfluss nichts aber auch das DSTT, wir die Künstlerinnen und Es ist schon ein großer wichtiger Bestandteil die-
als nächstes eine Koope- zustande gekommen waren auch im Puppen- Künstler von beiden Städ- Aufwand, man muss ans ses Projektes.
ration mit dem Deutschen wäre, als musikalische theater Merlin, auch beim ten zusammentun, die Essen denken, man muss
Staatstheater hier in Te- Leistung und als geis- Deutschen Kulturzen- Chöre kommen zusam- an die Infrastruktur den- Ueli Häsler:
meswar, wo ein Doppel- tige Lokomotive unser trum, im Lenau-Lyzeum. men, von der Ion-Vidu- ken fürs Publikum, für die Ein wichtiger Aspekt,
abend mit einer rumäni- aller. Wichtig ist noch, Wir arbeiten da weiter, Schule in Temeswar, vom Künstlerinnen und der uns auch sehr gehol-
schen Autorin und einer zu sagen, dass die Musi- morgen treffen wir den Rutheneum in Gera, um Künstler, Garderoben, fen hat, ist, dass Gera und
deutschen Autorin zwei ker zusammengespielt neuen Direktor des diesen Klangapparat zu auch sanitäre Anlagen, Temeswar Partnerstädte
Aufführungen zusammen- haben und bei jedem Pult Kunstmuseums. Diese bilden.Und dass diese das kostet alles Geld, das sind. Das führt dazu, dass
bringt zum Thema Armut saßen ein Temeswarer ganzen Kontakte waren Künstlerinnen und muss man alles extra ein- uns Oberbürgermeister
und Migration in den bei- und ein Geraer im Or- für uns wichtig. Auch in Künstler für die Bevölke- richten. Wir haben in Fritz jetzt besucht hat in
den Ländern, das wird chester und das war ab- der Politik, wir haben mit rungen beider Städte gro- Gera das Glück gehabt, Gera, unser Oberbürger-
dann hier in Temeswar sichtlich so; die Chöre dem frühen Bürgermeis- ße Konzerte machen. dass wir mit dem Kultur- meister Vornab hierherge-
uraufgeführt und kommt haben sich auch ge- ter schon Kontakt aufge- und Kongresszentrum kommen ist. Es gab in bei-
dann zu uns nach Gera mischt und den Effekt nommen, mit OB Fritz Vielleicht können Sie eine gute Infrastruktur den Städten einen offizi-
und Altenburg. Das ist das haben wir konstatieren natürlich auch jetzt, na- mir ein paar Zahlen nen- hatten, sie hat aber auch ellen Empfang des OB
nächste Projekt, das können. türlich auch mit dem nen, was das alles als nicht gereicht, wir muss- nach dem Konzert, wo
sozusagen schon in den Konsulat, wir haben bei Geldaufwand und Logis- ten die Bühne vergrößern. sich Leute begegnen, tref-
Spuren ist. der Botschaft in Bukarest tik bedeutet hat? fen und das ist für unsere
Felix Eckerle, der
Und dazwischen gab es vorgesprochen, wir haben 360.000 Euro kommen Wie viele Leute wa- Stadt sehr schön gewesen:
Uraufführungen, es gab Leiter des Geraer beim Enescu-Festival vor- als Fördergeld vom Kultur- ren eigentlich dabei in Die Gäste aus Rumänien
Kammermusik; seit sechs Kulturamtes und gesprochen und und und. ministerium in Deutsch- Gera? bei uns zu haben, war ein
Jahren sind wir in engem ehemaliger Es waren ganz, ganz viele land, 320.000 Euro sind 1100 Personen pro Höhepunktunserer kultu-
kulturellen Austausch. Chefdramaturg des Gespräche, sehr viele Mee- es, glaube ich, von der Konzert. Zwei Mal 1100 rellen Saison, und ich glau-
Das Projekt „Die Gurre- Theaters Altenburg tings und das hat dazu Stadt Temeswar im Rah- Personen! be, hier im großen Pro-
Lieder“ ist nicht mehr Gera geführt, dass ein Netzwerk men der Kulturhaupt- gramm der Kulturhaupt-
zu toppen, das ist jetzt entstanden ist, das das stadt Temeswar und Felix Eckerle: stadt ist es für alle Betei-
die Spitze, aber es ist Projekt auch trägt. dann kommen noch Ei- Das ist das eine. Das ligten schön, mit so einem
nicht so, dass danach Erzählen Sie uns über Das erste Projekt 2019, genmittel dazu, das The- andere: Die Gurre-Lieder Projekt aufzutreten.
nichts mehr kommt, man die verschiedenen Etap- da war eine Idee von dem ater hat auch Geld ge- sind ein großes europäi- Das ist schon einer der
kann auch kleinformatig pen des Projektes und Orchester von Temeswar geben, aber nicht in die- sches Werk, sie passen, Höhepunkte in diesem
danach denken. auch über die Schwierig- dabei, dass wir gemein- ser Größenordnung, glaube ich, sehr gut zur Kultursommer in Temes-
keiten! sam mit beiden Orches- vielleicht 20.000 Euro, Kulturhauptstadt und war. Es freut mich auch,
Aus manchen Quellen Die Geschichte begann tern aufführen, das war aus unserem Budget, und dazu kommt eben dieser dass es auch diese Reso-
hieß es 350 Mitwirken- 2017, da hat die Bundes- die 3. Symphonie von dann kommen noch Ein- Aspekt der Völkerverstän- nanz in der Politik gefun-
de, aus anderen, 400. beauftragte für Kultur Gustav Mahler; das war nahmen hinzu, also es ist digung, dass sich jetzt den hat und in die Gesell-
Wie viele sind es nun und Medien, also Kultur- eine sehr schöne Erfah- doch ein ordentlich hohes Menschen nahegekom- schaft ausstrahlt. Und es
wirklich gewesen? ministerin in Deutsch- rung. Da haben wir gesagt, Budget, was auch ge- men sind über dieses Pro- geht weiter. Wir hatten
Es waren 400. land, Geld ausgelobt für es wäre schön, wenn wir braucht wird, um hier eine jekt, die sich sonst nie Termine im DSTT, wir wer-
exzellente Projekte und das noch steigern können professionelle Bühne zu kennengelernt hätten, es den im nächsten Frühjahr
da haben wir uns in der und es war die Idee von bauen, mit Tontechnik, gibt auf allen Seiten Vor- hier ein gemeinsames Pro-
Cristian Rudic, Theaterpause zusam- Felix Eckerle zu sagen: mit Lichttechnik. urteile und die abzubauen jekt ausarbeiten, mit den
Intendant der mengefunden und haben Dann machen wir Gurre- Logistik:Es waren zwei und Menschen zusammen- Schauspielern unseres
Rumänischen Oper gesagt, dass es doch Lieder! Das ist ein einzig- LKWs mit Instrumenten zubringen, das ist gerade Theaters und dem DSTT,
Temeswar schön wäre, wir würden artiges Stück, das fast nie unterwegs, es waren acht in diesen Zeiten was ganz, ein Stück von Elise Wilk
den kulturellen Aus- aufgeführt wird, das viele Busse unterwegs mit Or- ganz Wichtiges. Das macht auf rumänischer Seite,
tausch mit den Musik- Musiker nie spielen oder chestern und Chören; es uns einfach glücklich. ein Stück von Anja Hil-
Wie war die Zusam- landschaften in Ungarn vielleicht ein einziges Mal waren auch zwei Wochen Zum Beispiel im Kul- ling auf deutscher
menarbeit und was hat und Rumänien etwas im Leben spielen können Probenarbeit mit allen tur- und Kongresszen- Seite.Die Arbeit geht wei-
sie für die Oper bedeu- intensivieren. Der Hin- und man sieht es jetzt auf Beteiligten zusammen in trum Gera wurde gemein- ter. Es ist auch sehr
tet? tergrund war, dass wir der Bühne, wie gigantisch Gera, mit Hotelübernach- sam geprobt und da gibt schön zu sehen, dass die-
Die zwei musikalischen damals schon die Oper dieser Klangapparat auf- tung, wir haben zwei Ho- es ein ganz großes Foyer, se sechs Jahre Aufbauar-
Lungen dieser Stadt sind „Oedipe“ von George Ene- gebaut ist, was unser Or- tels gebraucht für die Gäs- und da wurde gemeinsam beit so fruchttragend ge-
Philharmonie und Oper; scu im Repertoire hatten chester nicht allein schaf- te; hier ist es umgekehrt gegessen.Wir haben dort wesen sind.

ADZ-PDF-Onlineausgabe bereitgestellt für Frank Lembke

Das PDF ist ein Bonus zur Druckausgabe der ADZ.
VI BZ / 11. Oktober 2023
Egal, ob „Servus alda Hapschi“ oder „Servus vilag“
Wer war Temeswarer? „Leckwartatschkln“ vom Rudolfsplatz nach Wienerischer Art,
Bekanntlich hieß der
III. Stadtbezirk anfänglich
„Alte Meierhöfe“ oder
„Deutsche Meierhöfe“,
von 1718 bis zur Anerken-
nung 1744, um erst 1896
nach Kaiserin Elisabeth
„Sissi“ benannt zu wer-
den. Die jüngere Josef-
stadt wurde bis zu ihrer
jetzigen Namensgebung
(nach Kaiser Franz Josef)
„Neue Deutsche Meierhö-
fe“ genannt. Diese Stadt-
viertel außerhalb der Fes-
tung hatten eins gemein-
sam: Es waren anfänglich
beide Villenviertel, für die
Innerstädtischen wohl-
habenden Bürger, mit gro-
ßen Höfen, Gärten und
Sommerwohnungen. Au-
ßerdem - mit großer deut-
schen Einwohnerzahl. In
der Elisabethstadt mach-
ten 1894 die Deutschen
42 Prozent der Bevölke-
rung aus. Ungarn und Ru-
mänen je 18 Prozent, die
Serben 8 Prozent.1900
lebten hier noch immer
mehr Deutsche (fast
30.000) als Ungarn
(19.000), Rumänen (6000)
und Serben (2700).
Schon die romanti-
schen deutschen Gassen-
namen sagen vieles über
die Bewohner dieses
Kretzls aus, vor allem,
dass die Leute sich hier
zu Hause und wohl fühl-
ten: Schwanengasse, Ra-
Der Zahn der Zeit nagt und nagt: Die heutige Porumbescu-Straße, früher
Tirolergasse, war mal die Paradegasse der Deutschen Meierhöfe.
Hans Matthias Just
Leckwartatschkln
An aanem Tag hat mei
Kathi-Großmutta Leck-
wartatschkln machen
wolln. Aba die Mehldosn
war leer. Sie hat mich zum
Joba-Kreisla um a Kilo
Mehl gschickt. Ter lange
magere Joba hat mich glei
bedient. Ich hab mei Sta-
nizl in die Hand gholt un
bin zaus grennt.
Mei Omitzi war iba-
rascht iba die raschi Be-
dienung: Weil sie imma
ADZ-PDF-Onlineausgabe bereitgestellt für Frank Lembke
Das PDF ist ein Bonus zur Druckausgabe der ADZ.
aber mit „tamischem Mehl vum Joba Kreisla“
Ein gutes Beispiel: In der Romulus-Strasse, ehemalige Schwanengasse,
wurde aus einem Altbau ein schmuckes Gasthaus.
Fotos: Zoltán Pázmány
ben- und Taubengasse zwisch e n d e n b e i d e n
nebeneinander, Bischofs- Kretzls, den beiden Eth-
gasse und Friedhofsgas- nien bekannt. Mehr
se, Rudolfsplatz und Ru- noch: Es herrschte hier
dolfsgasse. Fast alle Gas- eher ein lustiges, toleran-
sen führten in die Tiro- tes „Durchananda“. Ob
lergasse, als Hauptver- man „Servus vilag“ (ung.
kehrsader. Es gab auch Servus Welt) oder „Servus
die ungarischen Gassen alda Hapschi“ grüßte, das
(Csaky, Miksath, Ra- war dasselbe. Es handelte
koczy, Revai und Hunga- sich um die kosmopoliti-
ria) und das ungarische sche Atmosphäre, die
Kretzl, die deutschen Mehrsprachigkeit, die
Gassen hatten auch un- Pflege derselben Bräuche
garische Namen. Es ist und Traditionen.
kein Streit, kein Zwist Die Elisabethstadt war
Tes Mehl, was ich gkauft
un zaus getragn hab, war
voll mit solchi Fremdker-
pa. Drunta warn Erbsn,
Bohnan, Reiskerna und…
Täcksnägl. Damit nit
Problemas mit ihri zwaa genug: Tes Mehl hat aach
bütyök (ung. Überbein) a bissl nach Petroleum
ghabt hat, war es ihr gstunkn.Wie alles ausg-
imma schwer in die neie siebt war, is mei guti
Schuh, die der Luffy- Omitzi drangangn und hat
Schusta ihr nach Maß endlich den Teig für unse-
gmacht hat. Nach Augen- ri Leckwartatschkln
maß. Wenn sie unvahofft scheen und akkurat prä-
die schwarze Luffy-Schuh pariert. Was soll ich sagn:
angezogn hat, sein ihr Tes tamische Mehl, tes hat
imma die Träna aus ihre nit pariert. Tes is doch
Augn gronna wie tes wichtich. Wie sie die
gschwefelte Wasser am Tatschkln ins heiße Was-
Domplatz. sa reingeplumpst hat, wie
ein großes Paradox: Be-
kanntlich gab es bis zur
Jahrhundertwende für die
hier lebenden Ethnien
keine Schulen, Kirchen
(Ausnahme – die rumäni-
sche orthodoxe Kirche am
Kreuzplatz, 1727), keine
eigene Verwaltung, weil
dieser Stadtteil der Josef-
stadt einverleibt war. Und
so entwickelte sich hier
ein starkes eigenständiges
Gemeinschaftsleben (wir
brachten einen Beitrag
über das beliebte „Novot-
Zwischen zwei Jahrhunderten: Ein Eckhaus in der Odobescu-Strasse (Raben-
gasse): Im I. Stock 20. Jahrhundert, im Parterre ist man schon im 21.Jahrhundert
mer tes nach tem Omitzi-
Rezept mache muss. Da
sein die bleedi Tatschkln
immer ausananda gfalln.
Als ob ta Joba-Kreisla a
Preckl Sand beigmischt
hätt. So a Malör, tes gibts
und gibt’s doch nit.
Mei Großmutta war
paff, ter is sowas noch nie
in ihra Kichn passiert. Da
war imma großi Ordnung
und Diziplin. Mei Omi-
tzi, tes mecht ich eich noch
sagn, die war fuchtich-
grandig gwesn. Die hat
mich bald vakeilt mitm
Nudlwalka, weil ich imma
und ewich staliert hab iba
ihre beriehmti wienari-
Im Banat daheim
nysche Haus“, das eigent-
liche kulturelle und Ge-
selligkeits-Zentrum, in
der Tirolergasse. Was die
deutsche Gemeinschaft
betrifft: Die deutschen
Kinder wuchsen hier fast
ausnahmslos mit ihrer
schönen vom Wiene-
rischen beeinflussten
deutschen Stadtsprache
auf. Aber sie wuchsen
auch mehrsprachig auf.
Der aus der Elisabeth-
stadt stammende Temes-
warer Autor Hans Matthias
Just lässt diese lebendige
Stadtsprache in seinen
Kindheits- und Jugender-
innerungen, Humoresken,
Anekdoten und Satiren
aufleben: Er bedient sich
eines gespickt mit aller-
hand Austriazismen (fla-
nieren, fratscheln, Ganau-
ser, Krischpindel, Larifari
usw.) gespickten Deutsch,
aber so selbstverständlich
auch des Ungarischen
(tarsasag-Gesellschaft,
bütyök-Überbein,
Tschösz-Parkwächter,
pingalni-malen, Owoda-
Kindergarten, dscho-
roschn-schuften, Firkal-
ni-Kritzelei, sikerült-gera-
ten), des Jiddischen (Ha-
loimes, Masl-Glück, ko-
scher), Wörter aus der
Roma-Sprache (mânca]i-
a{ guri]a {i {trimfii). Die
rumänischen Lehnwörter
sind von Anfang an da,
sche Kochkunst. Normal,
vun unserm Rudolfsplatz.
In ta letzn Minutn hat
es aba bei ihr im Hirnkastl
geblitzt. Tes gibt’s doch nit:
Sie wird doch den guten
Teig nit wegschmeissn!?
„Na, los mal her, hat
mei Omitzi gsagt, „heit wer
ma Schmarrn essn, gel,
hast nix dagegn!“
Was hätt ich, a kleena
Fratz, schon sagn kennan
iba ihre große Entschei-
dung. Wie mich dann ta
Waldet Seppi af ta Gassn
gfragt hat, was ich heit zu
Mittag gspullt hab, ta hab
ich mei Hapschi (Freind)
ehrlich gantwort: „Was?
ganz natürlich im
Sprachgebaren, aber ver-
stärkt in den Geschich-
ten über die kommunisti-
schen Epoche und noch
mehr über die Zeit und das
Temeswar nach der Wen-
de: captura, bramburea-
la, M²rtzischor, Mitic²,
dracu, ciubuc, ibric, do-
tare, in trei culori). In-
teressant ist dabei, dass
vom Autor sogar gewis-
se populäre Institutio-
nen des sozialistischen
Alltags, sogar stadtbe-
kannte Personen aufge-
nommen werden: So
G²letariu, ein bekannter
Temeswarer Gynäkologe,
der Popcornisch - eine An-
spielung auf einen Temes-
warer Autor, Pronosport,
Publitim, Wollindustrie,
OSIM, Ocsko, S²l²jan (ge-
meint der Boulevard, nicht
sein kommunistischer Na-
mensgeber)
Der Autor zeigt, zur
Freude seiner Leserschaft,
dass er sich auf diesem
Gebiet bestens auskennt
und wie ein Fisch im
Wasser fühlt: Er nennt oft
und mit spürbarem Ge-
nuss seine Heimatstadt
nach der Wende „Las Be-
gas“ und das heimatliche
Kretzl „Maria und Josef-
stadt“. „Ich bin a so aa-
ner“, sagt unser Autor.
Balthasar Waitz
Na, Schmarrn!“
Mei Omitzi , die hintam
Gassntierl gstandn hat, is
glei rauskomma und hat
uns dazwischngfunkt:
„Brauchst ka moires
haben, tes warn Leckwar-
tatschkln ala Joba-Kreis-
la-Rezept!“
Und schun is sie zurick
in unsrn Hof ghatscht.
Am andren Tag hat sie
selba ti Fremdkerpa aus
dem Mehl tem Joba-Kreis-
la afm Pult glegt und nur
noch Mehl bei tem ande-
ren Bäcka, tem Bitto-
Bäcka vom Keenichs-
platz, kauft fir Leckwar-
tatschkln.
Heimatgeschichte BZ / 11. Oktober 2023 VII

Lothringer aus dem Banat (II)

Von Walter Schneider

In seinem Referat über zweiten Teil um bedrü- Wottreng präsentierte sei-

die „Franzosendörfer im
Banat“ am Beispiel des
Franzosendorfes Triebs-
wetter ging Dr. Mathias
Beer auf eine Besonderheit
bei der Ansiedlung ein: Von
den 200 angesiedelten
Familien stammten 192
aus Lothringen und dem
Elsass. Sie waren Franzo-
sen, keine Schwaben und
pflegten noch viele Jahre
ihre französische Sprache.
Beginnend von der Ansied-
lung des Prädiums Triebs-
wetter 1772 über das be-
rühmte Treffil-Buch bis
zum heutigen Wissens-
stand stellte Dr. Beer noch
offene Fragen in den Vor-
dergrund, z. B. über den
in Temeswar gegründeten
Verein der Nachkommen
französischer Kolonisten
im Banat.
Verwunderlich, dass Dr.
Beer nicht auf die Ver-
dienste des Temeswarer
Anwalts Dr. jur. (Sorbon-
ne) Emil Botis eingegan-
gen ist. Dank der Bemü-
hungen Botis anerkannte
das Timis -Torontaler Ge-
richt in seinem Urteil vom
4. August 1945 den Nach-
kommen der einstigen
französischen Kolonisten
den Status einer juristi-
schen Person.
Anwalt Botis setzte sich
bis Ende der 60er für die
Franzosen aus Triebswet-
ter ein. Willi Junesch be-
richtete erstmals ausführ-
lich über die Banater Fran-
zosen 1968 in einem Arti-
kel in der Temeswarer NBZ.
Für Lothringen als
Grenzregion mit wechseln-
denLandeszugehörigkei-
ten und Herrschaftsver-
hältnissen dürften Zwei-
sprachigkeit und Mische-
hen mit Sicherheit keine
unwesentliche Rolle ge-
spielt haben, so dass die
o.g. kategorische Aussage
vielleicht doch etwas ab-
gemildert zu formulieren
wäre.
Nach einer stärkenden
Mittagspause ging es im
ckende Einzelschicksale
der aus den im ehemals
serbischen Teil gelegenen
Franzosendörfer Charle-
ville, Seultour und Saint
Hubert.
Über ihre genealogische
Abstammung und ihre ge-
meinsamen Wurzeln aus
den „welschen“ Dörfern,
der Überfahrt seiner Vor-
fahren nach Amerika, vom
Zweiten Weltkrieg bis in
die heutige Zeit berichtete
Peter Mathieu sehr lebhaft
und anschaulich in Eng-
lisch, während seine Ver-
wandte, Susanne Matje,
aus Linz über ihre Linie
der Mathieu berichtete.
Den im zweiten Teil der
Tagung größtenteils in
französischer Sprache -
leider ohne Übersetzung -
gehaltenen Referate und
Wortmeldungen war dann
letztlich doch nur noch
schwer zu folgen.
Der Historiker und Pu-
blizist mit Temeswarer
und Hatzfelder Wurzeln,
Ernst Meinhardt, streifte
anhand seiner Familien-
genealogie die Geschichte
des Banats. Dabei tauch-
ten viele uns auch heute
nochbekannte Familien-
namen auf.
Der Archäologe, Histo-
riker und Buchautor, Vin-
cent Hadot behandelte auf
Französisch die Emigrati-
on im 17.und 18. Jh. aus
Lothringen. Locker und
unterhaltsam referierte er
nicht nur über die inner-
europäische Migration,
sondern auch über die
Auswanderung der Loth-
ringer nach Amerika. Die
Familie Remillon brachte
gleich vier Cousins ans
Rednerpult, um ihre weit-
verzweigte Familienge-
schichte in dem Vortrag
„Lorrains du Banat“ dar-
zulegen. Sie waren bei der
Rundfahrt am zweiten Tag
Gastgeber in ihrem Dorf
Marsal.
Der Züricher Journa-
list und Schriftsteller Willi
ne Familiengeschichte
„Ein Beitrag zur reichen
Geschichte der Armut“ als
Beispiel für neue Frage-
stellungen. Seine Jahr-
zehnte dauernden Re-
cherchen spannten einen
Bogen von der Herkunft
seiner Vorfahren aus
Lothringen, der Auswan-
derung in die „welschen“
Dörfer sowie dem heute
in Serbien liegenden Ki-
kinda, die Entwicklung
seines Familiennamens
und letztlich die Rück-
wanderung seines Groß-
vaters in die Schweiz.
Überraschend entführte
Wottreng seine Zuhörer
plötzlich in die Welt der
Jenische, die zu den ärms-
ten Schichten der Gesell-
schaft im Elsass und
Lothringen gehörten und
mit Sicherheit bei jeder Ar-
mutsauswanderung der
letzten Jahrhunderte,
besonders nach Amerika,
dabei waren, aber bei der
Auswanderung ins Banat
unerwähnt blieben.
Wottreng meint, seine
Familie hätte ihren Ur-
sprung bei jenen Jeni-
schen, die sich als Ban-
den links und rechts des
Rheins in den Wäldern,
Sümpfen und Bergtälern
versteckten.Einer seiner
Lothringer Verwandten
wurde Direktor der Bohn-
schenZiegeleiwerke in St.
Hubert. Die einst größten
Ziegeleien Süd-Osteuro-
pas sind, wie vieles ande-
re dort, leider nur noch
Ruinen. Viele solche klei-
ne Geschichten unter den
Gästen am Rande der Ta-
Kirche in Chateau-Salins; von hier sind auch viele
ins Banat ausgewandert.
gung waren letztlich das
Besondere an dieser erst-
maligenVeranstaltung zu
diesem Thema. Neue Be-
kanntschaften wurden
geknüpft, alte erneuert
Immer anwesend die berühmte „ Lapoupee“.
und E-Mailadressen aus-
getauscht.
Diese Tagung sollte
Anregung für Historiker
sein, sich näher mit die-
ser reichen Geschichte
dieser großen Migration,
deren Auslöser auch heu-
te noch Kriege und Armut
sind, zu befassen. Am Frei-
tagnachmittag ging es mit
dem Bus auf einefamili-
enbiographische Erkun-
dungsreise durch 13 Orte
in der Gegend um Lune-
ville. Es war eine Reise in
die Vergangenheit, in jene
kleinen Dörfer, ausdenen
1772 Lothringer ins Ba-
nat ausgewandert sind.
Bereits bei der Anreise
durch die Gegend fragten
wir uns, stammen meine
Vorfahren vielleicht aus
diesem oder jenem Ort
oder wie wäre es, noch
Namensvetter oder gar
weit Verwandte zu treffen?
Es sind hauptsächlich
kleine, wenige hundert
Einwohner zählende Orte
mit einer für uns besonde-
ren Geschichte. Über das
nur 10 km entfernte Envil-
le-au-Jard – der Schloss-
garten vonLuneville reich-
te unter Fürst Stanislaus
I. bis hierher – führte die
Rundreise weiter nach
Bathelmont, Athienville,
Bezange und Chambry mit
seinem imposanten Kaiser-
Bahnhof von 1870. Über-
Sallones, Vic-sur-Seille,
Moyen-Vic, dt. Mettich,
führte der Weg weiter nach
Marsal, der Heimat der Fa-
milie Remillon. Die Rund-
reise führte dann über Di-
euze, Guebling, dt. Geblin-
gen und Arracourt wieder
zurück nach Luneville.
Einige von den Ortsbe-
wohnern organisierte Ver-
anstaltungen sollen noch
kurz erwähnt werden. In
Bathelemont wurden die
Gäste von Bürgermeiser
Francis Vivier vor dem
Denkmal für die gefalle-
nen amerikanischen Sol-
daten von 1917beim Dorf-
friedhof begrüßt. Im Dorf
stellte ein Trupp des Ver-
eins der amerikanischen
Soldaten eine Szene aus
dem II. WK nach. Im Ge-
meindesaal von Arracourt
Die Bürgermeisterin von Arracourt, Michele Kirsch,
präsentiert gemeinsam mit dem HOG-Vorsitzen-
den Werner Wolf eine Liste mit den Namen von
1770 ins Banat ausgewanderten Landsleuten.
fand eine freundschaftli-
che Begegnung mit den
Dorfbewohnern statt. Die
Bürgermeisterin von Arra-
court, Michele Kirsch, prä-
sentierte gemeinsam mit
dem HOG-Vorsitzenden,
Werner Wolf, eine Liste
mit den Namen von 1770
ins Banat ausgewanderten
Landsleuten.
Stellvertretend im Na-
men aller Teilnehmer ein
Auszug des Mailverkehrs
zwischen Denis Pierson,
dem Begleiter und Über-
setzer während der Rund-
fahrt und dem Ehrenvor-
sitzenden der HOG-Triebs-
wetter, Dr. Walter Wolf.
Denis Pierson: „Zwei
Tage lang verbrachten die
Nachkommen der Lothrin-
ger aus dem Banat und
ihre in Lothringen verblie-
benen Cousins eine schö-
ne Zeit miteinander.“
Dr. Wolf: „Wir bedan-
ken uns herzlichst bei al-
len, die zur Organisati-
onder Veranstaltung bei-
getragen haben sowie den
vielen „Cousins“, die ihr
Interesse an dem Schick-
sal ihrer Ausgewanderten
gezeigt haben und an der
Veranstaltung in Arra-
Fotos: privat
court teilgenommen ha-
ben. Es war eine schöne
Zeit mit ihnen, die viele
neue Erkenntnisse ans
Tageslicht gebracht hat.“
(Schluss)

ADZ-PDF-Onlineausgabe bereitgestellt für Frank Lembke

Das PDF ist ein Bonus zur Druckausgabe der ADZ.
VIII BZ / 11. Oktober 2023

Blechmussich
Ich hab heit was in YouTube im Kopp g’speichert. Awer net
g’sucht. Mr hat jo schun so um- alles.
fangreichi Kenntnisse, ja fast Im Banat hat mr net so viel
a Bibliodeek un och a Archiv wisse misse. Do is mr zum
Em Vetter Matz Henschel sei Rekascher „Blechmusikante“
Bild: Zoltán Pázmány
Nochber, zum anre, hat och
in der Familie erscht nooh
g’froot. Besonders g’scheit
woore immer die aldi Leit.
Ich muß soon, die Schwowe
woore immer schun stark
g’scheid.
Die han ka Dosaare voller
Akte un och ka Einkoofszedd-
le gebraucht. Och ka Biecher
iwer Obst- un Gemiesezucht
Net mol a Foto-Album han se
g’hatt. Frieher hat mr bei der
Hochzeit bei der Toof, an der
Kerweih vum Fotogroof Bilder
mache g’loßt. Die hat mr dernoh
eing’rohmt, um se an die Wand
zu hänge. Jahrzehntelang an
selwer Stell, an selwer Wand, in
selwem Dorf.
Wu ich in YouTube woor, hab
ich mr a Video vun uns’rem
Nochberschdorf, vun Nitzkydorf
ong’schaut. Wollt nor korz
schaue.
Awer des Video vun Nitzky-
dorf, woor soo scheen, die Mus-
sich so scheen....die Leit han so
scheen schwowisch getanzt.....
Un ohni noh zu denke, sin
mr die Träne kumm! Mir is
wieder eing’fall, wie geere mei
Vatter mit mir getanzt hat, wie
stolz er woor, wie er de Kopp
immer hochg’streckt hat, weil
er so stolz woor.
Un manchmol hat er vun
seini himmelbloui Au’e a Trän
wegg’wischt. Ohni sei G’fries
derboi zu verziehe. Er woor halt
a harte Mann.
Mir perseenlich g’fallt eigent-
lich net so die Blechmussich!
Ich heer liewer Rod Stewart,
Marla Glen, och Hipp-Hopp
vun meinem Sohn. Awer heer
ich irgendwu Blechmussich,
werd ich wie mei Vatter: Mir
kumme die Träne un die Erin-
nerunge.
Ich will och stark sein. Nie-
mand soll des g’siehn un wis-
se.
Derboi schmelzt mei Seel
wie a Kerz an Allerheiliche, uff
om schwowische Grob.
Amalia Singer,
Mannheim/Bakowa

Schwowinne uner sich

Seider es Kathi ufm Mark
anstatt Kuhkäs e rosarote Flar-
re kaaft hat (de Käs war am
zweite Taa e rosarote Batze),
war sei Gusta gebiest un es hat
sich vorghol, niemehr was vun
de Fratschlweiwer zu kaafe. Sei
Freindin, es Klari, hat gerot: „Zu
mir kummt jedi Wuch e Milch-
auto un bringt allerhand wie
Milch, Käs, Rahm direkt vun
eener Ferma. Schreib dich in
un kummscht zu mir immer
scheen alles abholle. So bischt
versorcht, weescht wu des Sach
herkummt un muscht nit ufm
Mark rumlaafe“. So han die
zwaa Weiwer des a gemacht un
es Kathi is jede Freitach sei Käs
in die Fabrikstadt abholle gang.
Es enzich Problem war, es Klari
hat ufm vierte Stock gewohnt,
es hat dorte ke Lift gin un es
Kathi hat immer krawwle mis-
se.
So war mol wieder de Käs-
tach, es Klari hat angeruft un
gement: „Kathi, in eener halb
Stund muss ich in die Stadt.
Ich bring der die Käs mit, dann
brauchscht nit die ville Trappe
nufhupse. Un mir treffe uns in
der Elektrisch Halterstell.“ So
han die zwaa des aa gemacht,
sie sin ins Rede kumm, sin
mitnaner in die Elektrisch in-
gstie, weil’s Klari in die Josef-
stadt hat wille un es Kathi a
dorte derhem war. In der Elek-
trisch han se weiter getratscht,
sie sin in der Josefstadt aus-
gstie, han noch e gudi Weil zu
verzähle ghat un ufmol saats
Kathi: „So, jetz han mer uns
genuch vertoort. Ich hol mei Käs
un geh e Heisl weiter. Gif ne
her, hascht ne die ganzi Zeit
genuch nohgetraa!“
„Jessmandjosef Kathi, de
Käs is in der Fabrikstadt, bei
mir derhem im Eiskaschte. Was
jetz?!“ Es is nix weiter iwrich
geblieb, wie je wieder zruck. Die
zwaa han e neijes Gspräch an-
gfang, es Kathi is halt die ville
Trappe nuf un wieder nuner.
Weil es Klari hat sich rumbe-
denkt. Ihm war die Luscht for
nochmol in die Stadt fahre,
vergang. Un es Kathi hat sich
gedenkt: so is mer halt, wann
mer in die Johre kummt. Ens is
zu kummod, des anri halt ver-
gesslich!
Helen Alba

Vun de schmale, längliche Dunschtgläser

In Bogarosch han mer zwaa
Aprikosebääm ghat.
Eene im Hof, do sin die Apri-
kose frieh zeidich gin, de anre
im Garte mit spode Aprikose.
Weil mer oft un gheere so-
wohl die Leckwar als ach es
Dunschtobst gess han, sin die
Aprikose kerbvollweis verarweit
un in der Speis abgestellt gin.
Selmols ware die Dunscht-
gläser jo noch ohne Deckle, es
hat noch nit die sogenennte
Schrauwegläser gin. Sie sin
mit Zellofanpapier abgedeckt
un eem dickere Zwernsfade
runderum zugebuu gin.
Es Aprikose Dunschtobst/
Kompott is in schmale längli-
che Dunschtgläser ingeleet
gin. Erschter sin die Aprikose
gewäscht, mit em zackliche
Messer gschält, entkernt un
verschnied gin.
Die Scheiwe sin dann
iwernaner in die Gläser
gschicht, zugebunn, ghut-
schelt un uf die Stellasche in
die Speis kumm.
Es war in de 60er Johre, die
Bääm han soviel Aprikose ge-
traa, dass mer nit alles esse
un verarweite han kenne. Mir
han sogar de Nochberschleit
abgin.
Un dann war e Begebenheit,
an die ich mich gut erinnre
kann. Fußball-Weltmeister-
schaft... nor eene Fernseher in
der Gass. Wann die deitschi
Nationalmannschaft gspielt
hat, is die ganzi Gass zum Vet-
ter Niklos schaue gang. Jeder
hat was mitghol: Äppl, Bie-
re…. Ich immer e Kerwl Apri-
kose. Buwe un Männer han uf
em Teppich ghuckt, die Mädle
un Weiwer ufm Diwan un uf
Stiehl. Ja, so war des selmols!
Helen Alba

Stress als Hausmann

Die Katastrof is passiert, die
wu nie hätt passiere selle! Mei
Weib is krank un leit im Bett
un ich muss de Haushalt
schmeisse!
Na gut, staubsauge, Staab
putze un ufwäsche, des kann
ich schun, awer vun Koche,
Wäsche, Biegle han ich kee
Ahnung. Un des soll ich plötz-
lich alles mache.
Mei Tochter hat awer ange-
bot, sie kummt helfe. „Nee
brauchscht net, ich schaff des
schun“, han ich gsaat, ge-
denkt han ich awer was ganz
anres: „Au maiko, wie soll ich
dann koche?“
Am erschte Taach hat‘s des
gin, was ich am beschte kann!
Tee un Spiegelei......Mei Weib
war viel zu krank, for was saan,
es hat halt was gess un ich
war froh, dass ich was „ge-
kocht“ han.
Un plötzlich is mer „die
Idee“ kumm. For was gibt`s do
eigentlich so viel zu kaafe:
Pizza, Döner, chinesisches
Esse un an die viele Dosne han
ich aa noch gedenkt. Des is
doch mei Rettung! Ich han mer
a Plan gemach, wann es was
gibt. Awer wie de Mittwuch
dran kumm is, han ich ang-
fang zu schwitze. Mittwuch is
nämlich „Dominik-Taach“,
well do niemand vun seine
Eltre derhem is.
Also han ich mei Enkele
gfroot, was er dann am Mitt-
wuch esse will?
„Opa, du weisst doch: mein
Lieblingsessen, Pommes un
Schnitzel“.
Ich han mich vun meim
Weib einweise geloss, wie des
mit Schnitzel geht un han am
Mittwuch druflos gekocht!
Pommes in der Heissluftfri-
teuse ware ke Problem, awer
des Schnitzel is irgendwie an-
erscht gin wie bei meim Weib.
De Dominik hat verkoscht:
„Opa, dein Schnitzel
schmeckt besser als bei Oma,
awer heute ess ich liewer nur
Pommes! Un so hat er`s aa
gemach! Ehrlich gsaat, hat
mir mei Schnitzel aa net
gschmeckt un so sin mer
dann noher noch a Eis esse
gang!
Er hat noch gement, ich
misst aa mol staubsauge un
O p a : „d e i W ä s c h e k o r b i s
voll, soll ich dir zeigen, wie
die Maschine funktioniert?“
Ich han de Taach rumkriet
un Gott sei Dank geht‘s meim Wie meer Schulbuwe ware, die eerschte Generatione nooh
Weib aa wider besser! em Kriech, war uns in Johrmark ka Poom zu hoch. An
Jetzt muss ich mich vun dem zwaa odr drei Exemplare im Dorf hots awer nor selten
Stress erscht mol erhole un ohner proweert, die Nister auszuhewe. Des ware die Chris-
schaue, dass ich nomol in mei tusderner-Peem. Wann im Herbst awer die lange Schote
alte Tagesablauf kumm! braun un zeidich sin wor, hun mer aus dem owre, dicke
Taal de sieße Saft rausgezucklt. Un mit de Keere hot mer
Johann Bischof, Trossingen/ spille kenne. Bild un Text: Luzian Geier
Baratzhausen

ADZ-PDF-Onlineausgabe bereitgestellt für Frank Lembke

Das PDF ist ein Bonus zur Druckausgabe der ADZ.