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VUE (INTERNATIONALE) MAKROÖKONOMIK

Das IS-LM-Modell
(geschlossene VW)

Blanchard/Illing, 8. Auflage, Kapitel 3 -5

• Was ist Makroökonomie?


• Gesamtwirtschaftliche Nachfrage und
Produktion
• Multiplikatorprozess
• IS-Kurve und Fiskalpolitik
• Geldangebot und Geldnachfrage
• LM-Kurve und Geldpolitik
• Das IS-LM-Modell
Einleitung:
Was ist Makroökonomie?

Makroökonomie beschäftigt sich mit gesamtwirtschaftlichen Zusammenhängen und


Variablen (Aggregaten), z.B. Wirtschaftswachstum, Zinsen, Inflation, Arbeitslosigkeit.
"Makro" bedeutet groß (Vogelperspektive)

Ziele:
 Gesamtwirtschaftliche Entwicklungen zu beschreiben (Empirie)
 Gesamtwirtschaftliche Beziehungen zu erklären (Theorie)
 Vorschläge zur Problemlösung zu geben (Politik)

Im Gegensatz zur Makroökonomie beschäftigt sich die Mikroökonomie mit dem


Verhalten einzelner Wirtschaftssubjekte, z.B. Konsument*innen, Unternehmen (Nähe
zur Betriebswirtschaftslehre BWL). "Mikro" bedeutet klein (z.B. Mikroskop)

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Einleitung:
Warum Modelle?

 Realität ist zu komplex, um alles verstehen zu können


 Modell ist eine Vereinfachung der Realität, es soll…
 …einfach genug sein, um es verstehen zu können
 …komplex genug sein, um nützliche Aussagen (über die Realität) treffen zu können
 Aufgabe eines Modells ist nicht, "realistisch" zu sein, sondern dabei zu helfen, eine
konkrete, im vorhinein festgelegte Frage besser beantworten zu können
 Beim Nachdenken über Zusammenhänge verwenden wir immer irgendein Modell
 Explizites Formulieren eines Modells hilft uns…
 … Annahmen offenzulegen
 … konsistent zu sein
 … Lücken aufzudecken ( neue Forschungsfragen, neues Datensammeln)
 … Gedankenexperimente durchzuführen und Vorhersagen zu treffen
 … Zusammenhänge zu vermitteln
 „Alle Modelle sind falsch, aber manche sind nützlich.“ (G. Box)

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Einleitung:
Modelle in dieser LV – geschlossene VW

Kurze Frist Mittlere Frist

Geld- und Lohn-


Gütermarkt Marktmacht
Finanzmärkte verhandlungen

IS- LM- WS- PS-


Gleichung Gleichung Gleichung Gleichung

IS-LM- IS-LM-PC- Phillips-


Modell Modell Kurve
Einleitung:
Modelle in dieser LV – offene VW

Kurze Frist

Offener Offene
Gütermarkt Geld- und Finanzmärkte

IS- LM- ZP-


Gleichung Gleichung Gleichung

IS-LM-ZP-
Modell
Bruttoinlandsprodukt:
Berechnungswege

Bruttoinlandsprodukt (BIP): IP)


 Wert der von gebietsansässigen Einheiten während einer bestimmten Zeitperiode
für den Endverbrauch produzierten Sachgüter und Dienstleistungen (Wert aller
produzierten Güter abzüglich des Werts der Vorleistungen)
Drei Berechnungswege  gleiches Ergebnis:

1. Entstehung:
Summe der Mehrwerte (=Verkaufserlöse–Vorleistungen)
aller Produktionsstufen
Oder: Summe der Werte aller Produkte für den Endverbrauch

2. Verteilung: Arbeitseinkommen
Summe aller Einkommen
Kapitaleinkommen (z.B. Zinsen, Dividenden,…)
3. Verwendung:
Summe aller Ausgaben
= gesamtwirtschaftliche Nachfrage
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Einleitung:
Modelle in dieser LV

Gütermärkte
Geld- und
Konsum C IS-LM- Finanzmärkte
Investitionen I Modell
Zinssatz i bzw. r
Staatsausgaben G

Fragestellungen:
Wie können Staat und Zentralbank
das Produktionsniveau beeinflussen?
Wovon hängt die Wirksamkeit solcher Maßnahmen ab?
Wie entstehen Finanzkrisen und Wirtschaftskrisen?

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VUE (INTERNATIONALE) MAKROÖKONOMIK

Der Gütermarkt und die


IS-Kurve
Wechselbeziehung: Nachfrage, Produktion
und Einkommen

Nachfrage Produktion

Einkommen

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Die Güternachfrage

Gesamtwirtschaftliche Nachfrage (𝑍𝑍):

𝑍𝑍 ≡ 𝐶𝐶 𝑌𝑌 − 𝑇𝑇 + 𝐼𝐼 𝑌𝑌, 𝑖𝑖 + 𝐺𝐺
+ + −

𝐶𝐶 : Privater Konsum 𝐶𝐶 = 𝐶𝐶 𝑌𝑌𝑣𝑣


+

 von privaten Haushalten nachgefragte Waren


und Dienstleistungen
 Steigt mit verfügbarem Einkommen 𝑌𝑌– 𝑇𝑇 C = 𝒄𝒄𝟎𝟎 + 𝒄𝒄𝟏𝟏 Y–T

(𝑌𝑌𝑣𝑣 ≡ Einkommen Y minus Steuern T)


 Häufige Annahme: lineare Konsumfunktion

𝐶𝐶 = 𝑐𝑐0 + 𝑐𝑐1 𝑌𝑌 − 𝑇𝑇

𝑐𝑐0 : autonomer Konsum, 𝑐𝑐0 > 0 Y–T

𝑐𝑐1 : marginale Konsumneigung, 0 < 𝑐𝑐1 < 1


10
Die Güternachfrage

𝐼𝐼: Investitionsnachfrage der Unternehmen


 Hängt positiv ab vom Absatz, d.h. Produktion, Einkommen (𝑌𝑌)
 Hängt negativ ab vom Zinssatz (𝑖𝑖)

𝐼𝐼 = 𝐼𝐼 𝑌𝑌, 𝑖𝑖
+ −

𝐺𝐺 : Staatskonsum (=Nachfrage des Staates)

Anmerkung: Wir vernachlässigen Vorratsänderungen!

Exporte und Importe werden erst in der offenen VW berücksichtigt

Unterschied endogene vs. exogene Variablen:


 endogen: im Modell erklärt (C, ab Kapitel 5 auch I)
 exogen: vorgegeben (G, T)

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Exogene und endogene Variablen

 Endogene Variablen werden im Modell erklärt


Sie sind von anderen Variablen im Modell abhängig. Ein Beispiel dafür ist der private
Konsum C. Der private Konsum wird erklärt durch das verfügbare Einkommen (Y-T).

 Exogene Variablen werden nicht im Modell erklärt


Sie werden als gegeben betrachtet. Beispiele hierfür sind die Staatsausgaben G und
die Steuern T

 Wir nehmen die Investitionen gleich als endogene Variable an (wie in Kapitel 5)
Das Buch von Blanchard/Illing führt zunächst die Investitionen als exogene Variable
(Kapitel 3) ein.

12
Arten von Gleichungen im Modell

Es gibt drei Gleichungstypen:

 Identitäten
𝑍𝑍 ≡ 𝐶𝐶 + 𝐼𝐼 + 𝐺𝐺 und 𝑌𝑌𝑣𝑣 ≡ 𝑌𝑌 − 𝑇𝑇
Bei einer Identität wird das Symbol ≡ statt = verwendet.
Die Güternachfrage Z ist definiert als Summe aus Konsum C, Investitionen I und
Staatsausgaben G
Das verfügbare Einkommen 𝑌𝑌𝑣𝑣 ist definiert als Einkommen Y abzüglich Steuern T
 Verhaltensgleichung
𝐶𝐶 = 𝑐𝑐0 + 𝑐𝑐1 𝑌𝑌 − 𝑇𝑇
Der Konsum ist eine Funktion des verfügbaren Einkommens
 Gleichgewichtsbedingung
𝑌𝑌 = 𝑍𝑍

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Gütermarkt:
Komponenten der österreichischen Nachfrage

Entwicklung der
österreichischen
Nachfragekomponenten
IN MILLIARDEN EURO, LAUFENDE

450,00
400,00
350,00
300,00
250,00
PREISE

200,00
150,00
100,00
C
50,00
0,00
I
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
2017
2018
2019
2020
2021
G Quelle: Statistik Austria
Konsumausgaben (C+G) Bruttoinvestitionen

Das österreichische BIP betrug 2022 446,93 Mrd. Euro. Davon sind 121,26 Mrd. Euro
(27,1%) Bruttoinvestitionen und 320,30 Mrd. Euro (71,7%) Konsumausgaben (Privat und
Staatskonsum). Pandemiebedingt ist das reale BIP 2020 um 6,7% geschrumpft.
Quelle: Statistik Austria
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Gütermarkt:
Gleichgewicht

Gleichgewichtsbedingung:
Produktion Y = Einkommen Y = Nachfrage Z
Y=Z

𝑌𝑌 = 𝑍𝑍
C+I+G
IS-Kurve:
𝑌𝑌 = 𝐶𝐶 𝑌𝑌 − 𝑇𝑇 + 𝐼𝐼 𝑌𝑌, 𝑖𝑖 + 𝐺𝐺
+ + −

Die ZZ-Kurve ist flacher als die 45°-Linie


Ein Gütermarktgleichgewicht ergibt sich in Punkt A,
wo die Güternachfrage der Produktion entspricht

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Gütermarkt:
Multiplikatoreffekt

𝑌𝑌 = 𝐶𝐶 𝑌𝑌 − 𝑇𝑇 + 𝐼𝐼 𝑌𝑌, 𝑖𝑖 + 𝐺𝐺
+ + −

 z.B. Staatskonsum steigt um €1 Mrd.


 Produktion steigt um mehr als €1 Mrd. 𝑌𝑌 → 𝑌𝑌𝑌

 Herleitung des Multiplikators:


Annahme: lineare Investitionsfunktion:

𝐼𝐼 = 𝑑𝑑0 + 𝑑𝑑1 𝑌𝑌 − 𝑑𝑑2𝑖𝑖


1
• Staatsausgabenmultiplikator:
1 −𝑐𝑐1 −𝑑𝑑1

𝑐𝑐1
• Steuermultiplikator: −
1 −𝑐𝑐1 −𝑑𝑑1

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Gütermarkt:
Herleitung der IS-Kurve

𝑌𝑌 = 𝐶𝐶 𝑌𝑌 − 𝑇𝑇 + 𝐼𝐼 𝑌𝑌, 𝑖𝑖 + 𝐺𝐺
+ + −

 IS-Kurve beschreibt die Auswirkung


einer Zinssatzänderung 𝑖𝑖 auf das Produktionsniveau 𝑌𝑌

 IS-Kurve ist negativ geneigt:


 Wenn Zinssatz steigt 𝑖𝑖 ↑ , dann sinken Investitionen 𝐼𝐼 ↓ und in
Folge auch die Produktion 𝑌𝑌 ↓

 Bewegung entlang der IS-Kurve 𝐴𝐴 → 𝐴𝐴𝐴


 𝑖𝑖 ↑→ 𝐼𝐼 ↓ → 𝑍𝑍 ↓ → 𝑌𝑌 ↓
 Multiplikatoreffekt: 𝑌𝑌 ↓ → 𝐶𝐶&𝐼𝐼 ↓ → 𝑍𝑍 ↓ → 𝑌𝑌 ↓ →…
 IS-Kurve beschreibt Gleichgewichte auf dem Gütermarkt 𝑌𝑌 = 𝑍𝑍
bei verschiedenen Zinssätzen 𝑖𝑖

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Gütermarkt:
Steigung der IS-Kurve

IS-Kurve beschreibt, wie sich Produktion Y ändert, wenn sich Zinssatz i ändert

Wirkungskanal über Investitionen I (+ Multiplikatoreffekt)

Wovon hängt Steigung der IS-Kurve ab?

Sonderfall: Investitionsfalle: Investitionen reagieren gar nicht auf


Zinsänderungen  IS-Kurve ist vertikal

 Extremfall 1: Investitionen reagieren kaum auf Zinsänderungen


 IS-Kurve ist steil

 Extremfall 2: Investitionen reagieren sehr stark auf Zinsänderungen


 IS-Kurve ist flach

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Fiskalpolitik:
Verschiebung der IS-Kurve

𝑌𝑌 = 𝐶𝐶 𝑌𝑌 − 𝑇𝑇 + 𝐼𝐼 𝑌𝑌, 𝑖𝑖 + 𝐺𝐺
+ + −

z.B. Steuererhöhung, d.h. 𝑇𝑇 ↑


 IS nach links (IS0IS1)
 Bei jedem (hypothetischen) Zinssatz 𝑖𝑖 ist das neue
Gleichgewichtseinkommen niedriger als vor 𝑇𝑇 ↑
 Ausmaß der IS-Verschiebung:
Steuererhöhung x Multiplikatoreffekt!
Generell gilt:
 Änderung des Zinssatzes 𝑖𝑖 :
 Bewegung entlang der IS-Kurve
 Änderung von anderen Größen (G, T, Änderung des
Konsumentenvertrauens)
 Verschiebung der IS-Kurve (links/rechts)

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Gleichgewicht:
Alternativer Ansatz, I=S

 Privates Sparen (𝑆𝑆) = Differenz zwischen verfügbarem Einkommen und Konsum:

𝑆𝑆 = 𝑌𝑌 – 𝑇𝑇 – 𝐶𝐶

 Im Gütermarktgleichgewicht 𝑌𝑌 = 𝐶𝐶 + 𝐼𝐼 + 𝐺𝐺 gilt somit:

𝐼𝐼 = 𝑆𝑆 + (𝑇𝑇 – 𝐺𝐺)

 Staatliches Sparen 𝑇𝑇 – 𝐺𝐺 = Differenz zw. Steuereinnahmen und Staatsausgaben


 𝑇𝑇 > 𝐺𝐺 ↔ Budgetüberschuss
 𝑇𝑇 < 𝐺𝐺 ↔ Budgetdefizit
 Im Gütermarktgleichgewicht:
 Investitionen = private Ersparnis + Ersparnis des Staates

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VUE (INTERNATIONALE) MAKROÖKONOMIK

Der Geld-/Finanzmarkt
und die LM-Kurve
Geldmarkt:
Grundlagen

Eigenschaften von "Geld": (Was ist Geld?)


 Tauschmittel (statt Ware gegen Ware)
 Recheneinheit (statt Relativwert von Ware 1 zu Ware 2)
 Wertaufbewahrung (Konsum morgen statt Konsum heute)

Vermögen kann in zwei verschiedenen Anlageformen gehalten


werden:
 Geld (M):
 Benötigt z.B. für Gütertransaktionen, liefert aber keinen
Zinsertrag
 Entgangener Zinsertrag = Opportunitätskosten der
Geldhaltung
 Wertpapiere, Anleihen (B, Bonds):
 Nicht für Kauf/Verkauf von Gütern verwendbar, aber liefert
Zinsertrag

22
Geldmarkt:
Geldnachfrage

𝑀𝑀𝑑𝑑 = 𝑃𝑃𝑃𝑃𝑃𝑃 𝑖𝑖

Die Nachfrage nach Geld 𝑀𝑀𝑑𝑑 …


 hängt positiv vom Nominaleinkommen PY

Zinssatz i
(nominalen BIP) ab
 hängt negativ vom Zinssatz ab:
"Liquiditätspräferenz" 𝐿𝐿 𝑖𝑖 = Geldnachfrage für
Transaktionen pro € des nominalen BIP
Md

Geldmenge M

23
Geldmarkt:
Geldnachfrage

Bei gegebenem Zinssatz verschiebt ein


Anstieg des Nominaleinkommens die
Geldnachfragekurve nach rechts

Quelle: Abb. 4.1 auf Seite 116

24
Geldmarkt:
Geldangebot

Es gibt zwei Anbieter von Geld:


 Zentralbank  Bargeld (Münzen und Banknoten)
Zentralbankbilanz
Aktiva Passiva
Wertpapiere Zentralbankgeld H = Bargeld (CU) +
Reservehaltung der Geschäftsbanken (R)

 Geschäftsbanken  Sichteinlagen

Bilanz Geschäftsbank

Aktiva Passiva

Kredite Sichteinlagen
Wertpapiere Eigenkapitel
Reservehaltung

25
Geldmarkt:
Geldangebot

 Wir konzentrieren uns vorerst auf die Rolle der Zentralbank (z.B. die Europäische
Zentralbank (EZB) im Euroraum, die FED in den USA, die Bank of England etc.)
 Die EZB ist die Bank der Geschäftsbanken. Durch diese Funktion nimmt sie Einfluss
auf die Geld- und Kreditströme in der Wirtschaft. Geschäftsbanken können sich Geld
von der EZB leihen.
 Zur Vereinfachung gehen wir zunächst davon aus, dass die Wirtschaftssubjekte
ausschließlich Bargeld halten:
Die gesamte Geldmenge besteht aus von der Zentralbank bereitgestelltem Bargeld.
 Die Rolle der Geschäftsbanken wird im nächsten Modul beleuchtet
 Nehmen wir an, die Zentralbank entscheidet sich, eine Geldmenge in Höhe von M
zur Verfügung zu stellen, so dass M = Ms .

26
Geldmarkt:
Gleichgewicht

 Geld- und Finanzmärkte sind im Gleichgewicht, wenn


gilt:

𝑀𝑀 𝑠𝑠 = 𝑀𝑀𝑑𝑑
𝑀𝑀 = 𝑀𝑀 𝑠𝑠 𝑀𝑀𝑑𝑑 = 𝑃𝑃𝑃𝑃𝑃𝑃 𝑖𝑖

 Durch Umformung der Gleichgewichtsbedingung (Division
durch das Preisniveau) erhalten wir die Bedingung:
𝑀𝑀
= 𝑌𝑌𝑌𝑌 𝑖𝑖
𝑃𝑃 −

 Das reale Geldangebot ist gleich der realen


Geldnachfrage.
 Letztere hängt vom Realeinkommen und vom Zinssatz ab.

27
Instrumente der Zentralbank

Wie beeinflusst die Zentralbank das Geldangebot M?


 Wichtigstes Instrument sind Offenmarktgeschäfte, d.h. der Kauf/Verkauf von
Wertpapieren
 Expansive Offenmarktpolitik: Die Zentralbank kauft Wertpapiere und bezahlt diese
mit neu geschöpftem Geld. Die Zentralbankbilanz wird verlängert. Die steigende
Nachfrage nach Wertpapieren lässt den Wertpapierkurs steigen und den Zinssatz
auf die Wertpapiere sinken.
Zentralbankbilanz

Aktiva Passiva

Wertpapiere Zentralbankgeld H

Zusätzliche Wertpapiere Anstieg der Geldmenge

28
Instrumente der Zentralbank

 Kontraktive Offenmarktpolitik: Die Zentralbank verkauft Wertpapiere und entzieht


damit im Gegenzug das erhaltene Geld dem Wirtschaftskreislauf. Die
Zentralbankbilanz wird verkürzt. Die Wertpapierkurse fallen und der Zinssatz steigt.
Warum ist der Zusammenhang zwischen Zinssatz und Kurs eines
Wertpapiers negativ?
 Angenommen ein Wertpapier verspricht nach einem Jahr Laufzeit die Rückzahlung
von 100 €, PB sei der Kurs (Preis) des Wertpapiers. Der Zinssatz beträgt also
100 − PB
i=
PB
auflösen nach PB ergibt
100
PB =
1 + 𝑖𝑖
Je höher der aktuelle Zinssatz, desto niedriger der Kurs!
(Für ganz besonders Interessierte: Warum werden meine Anleihen weniger wert,
wenn die Zinsen steigen? Quelle: Raiffeisenfonds)

29
Geldmarkt:
Geldangebot der Zentralbank

Offenmarktgeschäfte (wöchentlich):
 Zentralbank verleiht neu geschaffenes Zentralbankgeld H an Geschäftsbanken
 Geschäftsbanken müssen Sicherheiten hinterlegen und Zinsen zahlen
= Hauptrefinanzierungssatz sog. "Leitzinsen"
 Bei der EZB: Repurchase Agreement (Repo, Rückkaufvereinbarung)
 Seit Okt. 2008: EZB bedient jede nachgefragte Geldmenge („Liquiditätskrise“!) zum
vorab festgelegten Hauptrefinanzierungssatz (Mengentender)

Ständige Fazilitäten (täglich):


 Spitzenrefinanzierungsfazilität: kurzfristige Kredite (über Nacht) an Geschäftsbanken
zu höherem Zins
 Einlagefazilität: kurzfristige Einlagen von Geschäftsbanken z. B. bei Überliquidität,
niedrigerer Zins

30
Geldmarkt:
Geldangebot der Zentralbank

31 Quelle: Blanchard / Illing, 8. Auflage


Leitzinsentwicklung Europa / USA

32
Leitzinsen

USA
GB
Euroraum

Japan

33
Geldmarkt: Geldmengenaggregate

Quelle:
https://www.bundesbank.de/resource/blob/750814/bcaffae678cc63d71272919d37
7b3255/mL/oeb2wb0301-data.png
34
Geldmarkt:
LM-Kurve bei Zinssteuerung

Zinssteuerung:
 Zentralbank wählt Leitzinssatz 𝒊𝒊
 Geldangebot 𝑀𝑀 𝑠𝑠 passt sich an Geldnachfrage 𝑀𝑀𝑑𝑑 an
 D.h. Geldmenge bestimmt sich endogen.

Die LM-Kurve lässt sich somit durch eine horizontale Linie beschreiben.

Geldmengensteuerung:

 Zentralbank wählt Geldmenge M

 Der Leitzinssatz 𝒊𝒊 ergibt sich


 Die LM-Kurve hätte eine positive Steigung.
Wir verwenden Zinssteuerung! Wird die EZB die Leitzinsen weiter anheben?

35
Geldmarkt:
Herleitung der LM-Kurve

LM-Kurve: horizontale Linie


„Liquidity demand = Money supply“

𝑖𝑖 𝑖𝑖 𝐿𝐿𝐿𝐿 𝑖𝑖

36
VUE (INTERNATIONALE) MAKROÖKONOMIK

Das IS-LM-Modell

Wir bringen die IS- und die LM-


Gleichung zusammen
IS-LM-Modell:
Güter- und Geldmärkte:

 IS-Gleichung :
𝑌𝑌 = 𝐶𝐶 𝑌𝑌 − 𝑇𝑇 + 𝐼𝐼 𝑌𝑌, 𝑖𝑖 + 𝐺𝐺
+ + −

 LM-Gleichung:

𝑖𝑖 = 𝑖𝑖 𝑖𝑖 𝑳𝑳𝑳𝑳 𝒊𝒊

 Schnittpunkt:
alle Märkte im Gleichgewicht

38
IS-LM-Modell:
Fiskalpolitik

 Expansive Fiskalpolitik: 𝑖𝑖 = 𝑖𝑖 𝑌𝑌 = 𝐶𝐶 𝑌𝑌 − 𝑇𝑇 + 𝐼𝐼 𝑌𝑌, 𝑖𝑖 + 𝐺𝐺


+ + −
 𝑮𝑮 ↑ oder 𝑻𝑻 ↓
 allgemeiner: 𝑮𝑮 − 𝑻𝑻 ↑

 Kontraktive Fiskalpolitik:
 𝑮𝑮 ↓ oder 𝑻𝑻 ↑
 allgemeiner: 𝑮𝑮 − 𝑻𝑻 ↓
𝑖𝑖 𝑳𝑳𝑳𝑳 𝒊𝒊
 Auswirkungen:

 Kontraktiv: 𝐺𝐺 ↓  𝑍𝑍 ↓  𝑌𝑌 ↓
 oder: 𝑇𝑇 ↑  𝐶𝐶 ↓  𝑍𝑍 ↓  𝑌𝑌 ↓

 Gilt für jeden gegebenen Zinssatz


 IS - Verschiebung nach links
(Ausmaß hängt vom Multiplikatoreffekt ab)

39
IS-LM-Modell:
Geldpolitik

 Expansive Geldpolitik: 𝑖𝑖 = 𝑖𝑖 𝑌𝑌 = 𝐶𝐶 𝑌𝑌 − 𝑇𝑇 + 𝐼𝐼(𝑌𝑌, 𝑖𝑖) + 𝐺𝐺


+ + −
 Zentralbank: 𝑖𝑖 ↓

 Kontraktive Geldpolitik:
 Zentralbank: 𝑖𝑖 ↑

 Auswirkungen:

 𝑖𝑖 ↓ 𝑖𝑖0  𝑖𝑖1 für jedes gegebene 𝑌𝑌 𝑖𝑖0 𝑳𝑳𝑳𝑳 𝒊𝒊𝟎𝟎

 d.h. LM-Verschiebung nach unten


 Bewegung entlang der IS-Kurve: 𝑖𝑖1 𝑳𝑳𝑳𝑳 𝒊𝒊𝟏𝟏

𝑖𝑖 ↓  𝐼𝐼 ↑  𝑍𝑍 ↑  𝑌𝑌 ↑

40
IS-LM-Modell:
Kombination Fiskal- und Geldpolitik

 Die Wirkung einer Kombination aus


expansiver Geld- und Fiskalpolitik

𝑖𝑖0 𝑳𝑳𝑳𝑳 𝒊𝒊𝟎𝟎

𝑖𝑖1 𝑳𝑳𝑳𝑳 𝒊𝒊𝟏𝟏

41
IS-LM-Modell:
Kombination Fiskal- und Geldpolitik

 Die Wirkung einer Kombination von


Haushaltskonsolidierung und
expansiver Geldpolitik

𝑖𝑖0 𝑳𝑳𝑳𝑳 𝒊𝒊𝟎𝟎

𝑖𝑖1 𝑳𝑳𝑳𝑳 𝒊𝒊𝟏𝟏

42
IS-LM-Modell:
Kombination Fiskal- und Geldpolitik

 Beispiel:
Deutschland nach der Wiedervereinigung 1990
 Expansive Fiskalpolitik, 𝐺𝐺 ↑
(Infrastruktur, Subventionen, …)

 Restriktive Geldpolitik, 𝑖𝑖 ↑
𝒊𝒊𝟐𝟐
(zur Dämpfung der Expansion)
 Resultat: BIP „gebremst“
𝒊𝒊𝟏𝟏

43
Noch Fragen?

Wenn NEIN, dann Test your knowledge of money


Bitte davor "Was ist Geld" von der EZB lessen.
VUE (INTERNATIONALE) MAKROÖKONOMIK

Zusatzfolien

Giralgeldschöpfung (nicht prüfungsrelevant)


Geldmarkt:
Geldangebot der Geschäftsbanken

Zentralbankbilanz
Aktiva Passiva
Wertpapiere aus Offenmarktgeschäften Zentralbankgeld H =
Bargeld CU +
Reserven der Geschäftsbanken R

Geschäftsbankbilanz

Aktiva Passiva
Kredite Sichteinlagen D
Anleihen (Staat, Unternehmen,…) Schuldverschreibungen
Reserve bei Zentralbank R Eigenkapital

46
Geldmarkt:
Geldangebot (gesamt)

Zentralbankgeld H = Bargeld CU + Reserven R

„hard money“, „Geldbasis“ Einlagen der Geschäftsbanken


bei Zentralbank

„Geld” M = Bargeld CU + Sichteinlagen D

„deposits“, „Giralgeld“, „Buchgeld“


= Einlagen von Personen, Firmen, etc. bei Geschäftsbanken

Zentralbank schafft Zentralbankgeld H und fördert/beschränkt Schaffung von Sichteinlagen D


 beeinflusst das gesamte Geldangebot Ms (money supply), z.B. Zielmenge=M:

𝑀𝑀 𝑠𝑠 = 𝑀𝑀

47
Geldmarkt:
Geldangebot der Geschäftsbanken

 Schaffung von (Giral-)Geld:


 Geschäftsbank vergibt Kredit an Kunden
 Buchung auf Aktivseite (=Kredit) und Passivseite (=Einlage D auf Kunden-Girokonto)
 Einschränkungen:
 Mindestreserve R: 1% aller Einlagen D bei Zentralbank in Form von ZB-Geld H
 Eigenkapitalquote: mind. 8% (Basel III)
 Sicherheiten („Collaterals“) des Kreditnehmers (=realwirtschaftliche Grundlage)
 Möglichkeit einer Überweisung der Einlage D an Empfänger bei einer anderen Bank
 Transfer von ZB-Geld H zwischen Banken (Interbankenclearing)
 Möglichkeit einer Bargeld-Abhebung (Giralgeld D = Rechtsanspruch auf Bargeld CU)
 Woher bekommt eine Geschäftsbank Zentralbankgeld H (=R+CU)?
 Kredit von Zentralbank gegen Sicherheiten und Zinszahlung (Leitzins)
 Ausleihen von anderen Geschäftsbanken (Tagesgeldzinssatz, EONIA)
 Bareinlagen von Sparern

48
Giralgeldschöpfung

Geschäftsbanken sind in der Lage Geld zu schaffen

Quelle: Blanchard/Illing Abb. A4.1

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