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Übungsmaterial zur Veranstaltung

Wertorientierte und Strategische Unternehmenssteuerung

Aufgabe 1: Informations- und Anreizprobleme der Fremdfinanzierung


Ein Unternehmer will ein Unternehmen gründen, um eine lohnende Investition durchzuführen (In-
vestitionssumme: 1.000). Er hat 500 Eigenmittel und will die fehlenden 500 über einen Bankkredit
finanzieren. In Bezug auf die Investition gibt es zwei Alternativen für ihre Durchführung, die unter-
schiedlich riskant sind:
Zustand S1 S2
Wahrscheinlichkeit 0.9 0.1
A1 Cashflow 1100 1100
A2 Cashflow 1200 0
Die Wahl zwischen A1 und A2 ist für die Bank unbeobachtbar. Nehmen sie an, alle Entscheider seien
risikoneutral, der sichere Zinssatz betrage 4% und der Unternehmer hafte nur mit dem eingelegten
Eigenkapital. Die Bank verlange einen Zinssatz, der einer risikolosen Geldanlage von 4% gleichkommt.
a) Die Bank erwarte die Durchführung von A1. Wird ihre Erwartung bestätigt?
b) Die Bank habe rationale Erwartungen über die Wahl zwischen A1 und A2. ermitteln Sie den Kre-
ditzins, die Entscheidung des Unternehmens und die erwarteten Rückflüsse (FTE und FTD)
c) Bestimmen Sie die Agency-Kosten der Fremdfinanzierung. Wer trägt sie?

Aufgabe 2: Interessenkonflikte unter Eigenkapitalgebern


Gehen Sie davon aus, an einem Unternehmen sei neben dem Unternehmensgründer G ein weiterer
Eigenkapitalgeber K beteiligt, der nicht Mitglied der Geschäftsleitung ist. G hat die Möglichkeit, auf
Firmenkosten Güter und Dienstleistungen zu kaufen, die allein er nutzt (sogenannte Perks: Firmen-
wagen, VIP-Tickets, ...). Verwenden Sie eine Indifferenzkurvendarstellung (mit dem Geldwert des
finanziellen Anteils des G auf der einen und dem Geldwert der Perks auf der anderen Achse), um das
so genannte Perk Consumption - Problem aufzuzeigen. Welche Auswirkungen haben nach Ihrer Er-
wartung potentielle Perk Consumption Probleme auf das Verhalten des K?

Aufgabe 3: Informations- und Anreizprobleme der Eigenfinanzierung


Betrachten Sie eine börsennotierte Aktiengesellschaft mit 10.000 gehandelten Aktien. Gehen Sie
davon aus, der Vorstand kenne den wahren (fundamentalen) Wert der Aktien, wohingegen die An-
teilseigner und andere Kapitalmarktteilnehmer unvollständige Informationen haben und von einem
Wert je Aktie in Höhe von 0.76 oder 0.96 oder 1.16 mit gleicher Wahrscheinlichkeit ausgehen. Unter-
stellen Sie die folgende Abfolge von Ereignissen:
In t=0 beträgt der Aktienkurs P0 = 1/3 · (0.76 + 0.96 + 1.16) = 0.96. In t=1 hat das Unternehmen die
Möglichkeit, in ein Projekt zu investieren, das 3.600 kostet und 4.000 (sicheren) Rückfluss bringt.
Investiert das Unternehmen, dann kündigt der Vorstand die Investition in t=1 an und kündigt gleich-
zeitig an, dass die Investition durch die Ausgabe neuer Aktien finanziert werden soll. Nach diesen
Ankündigungen (sofern sie erfolgen) kommt es unmittelbar zu einer Kursreaktion (P1). In t=2 werden
die neuen Aktien ausgegeben, und zwar ausschließlich an neue Aktionäre (also nicht an die beste-
henden Aktieninhaber). In t=3 wird der tatsächliche Fundamentalwert der Aktien öffentlich bekannt.

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a) Beginnen sie die Analyse mit der vereinfachenden Annahme (entgegen obiger Beschreibung),
dass die Informationsverteilung symmetrisch ist und auch die Marktteilnehmer den Fundamen-
talwert bereits in t=0 kennen. Bestimmen Sie für alle drei Fälle (Wert = 0.76 oder 0.96 oder 1.16)
den Aktienkurs in t=1, die Anzahl neu ausgegebener Aktien und die Veränderung des Vermögens
der alten und neuen Aktionäre im Zuge der Kapitalerhöhung und Investition.
b) Gehen Sie nun von asymmetrischer Informationsverteilung mit P0 = 0.96 (siehe Aufgabenstel-
lung) aus. Berechnen sie für den Fall der Durchführung des Projekts und für die drei möglichen
Fundamentalwerte (0.76, 0.96, 1.16) den Aktienkurs in t=1, die Anzahl neu ausgegebener Aktien
und die Veränderung des Vermögens der alten und neuen Aktionäre im Zuge der Kapitalerhö-
hung und Investition.
c) Beantworten Sie aufbauend auf Ihren Lösungen aus a) und b) folgende Fragen:
(i) Wird der Vorstand das Projekt in allen drei Fällen durchführen?
(ii) Wenn nicht: Welche Marktreaktion wird die Ankündigung der Kapitalerhöhung auslösen?
(iii) Wie hoch sind die Eigenkapitalkosten der Gesellschaft im mittleren Fall (Wert 0,96 in t=0)?

Aufgabe 4: Marktwertorientierte Erfolgsmessung


In t=0 werde eine Unternehmung durch eine Eigenkapitalanlage in Höhe von 100 gegründet. Das
Kapital wird voll in Vermögen investiert. Betrachten Sie den abgebildeten Zustandsbaum: Jeder Ast
des Baums kennzeichnet eine Umweltentwicklung. Alle Umweltentwicklungen sind gleich wahr-
scheinlich. Untenstehende Tabelle gibt zwei unterschiedliche Verteilungen über die Rückflüsse aus
der Investition an (Cashflows CF1 und CF2). Unterstellen Sie einen Zinssatz von 10 %.
t Zustand CF1 CF2
t=0 0 -100 -100
t=1 1 130 130
2 90 90
t=2 3 169 141
4 117 101
5 117 141
6 81 101
t=3 7 219,7 153,1
8 152,1 113,1
9 152,1 153,1
10 105,3 113,1
11 152,1 153,1
12 105,3 113,1
13 105,3 153,1
14 72,9 113,1
a) Bestimmen Sie zunächst für jede Periode und für beide Cashflow-Verteilungen die erwarteten
Einzahlungen in t=1,2 und 3. Unterstellen Sie daraufhin dass diese Erwartungswerte eintreten
werden (Quasi-Sicherheit), und bestimmen Sie die ökonomischen Gewinne für beide Verteilun-
gen und für alle Perioden. Spalten Sie die ermittelten ökonomischen Gewinne jeweils in Ihre Be-
standteile auf.
b) Gehen Sie nun von den eigentlichen Verteilungen, also von Unsicherheit, aus und bestimmen Sie
für beide Verteilungen die ökonomischen Gewinne für alle Perioden und alle Zustände. Spalten
Sie die ermittelten ökonomischen Gewinne jeweils in Ihre Bestandteile auf. Interpretieren Sie die
Ergebnisse und vergleichen Sie sie mit den Ergebnissen aus Aufgabenteil a).

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Aufgabe 5: Erfolgsmessung mit wertorientierten Kennzahlen
Eine rein eigenfinanzierte Unternehmung hat im laufenden Geschäftsjahr 20 Mio. € investiert (Finan-
zierung durch Einlagen der Gesellschafter). Nachfolgende Tabelle gibt die zukünftigen Ausschüttun-
gen an und zusätzlich den Teil der Ausschüttungen, der auf die Investition zurückzuführen ist.
Periode t t+1 t+2 t+3 t+4
Ausschüttung ohne Investition 48,4 51,3 53,6 55,0 57,6
Investitionszahlungsreihe -20,0 6,4 8,0 8,4 7,7
Ausschüttung mit Investition 28,4 57,7 61,6 63,4 65,3
a) Berechnen Sie die ökonomischen Gewinne und Residualgewinne der Unternehmung. Gehen Sie
dabei davon aus, der Zinssatz sei gleich 10% und der Marktwert zum Zeitpunkt t-1 gleich 200,00.
b) Berechnen Sie die DCF-Returns der Unternehmung. Interpretieren Sie Ihre Ergebnisse.
c) Bestimmen Sie die Beiträge der Investition zu den Residualgewinnen der Unternehmung. Gehen
Sie dazu davon aus, die Investition werde linear abgeschrieben und bestimmen Sie die Gewinne
und Residualgewinne bezogen auf die Investitionszahlungs- bzw. -gewinnreihe.
d) Bestimmen Sie erneut die Residualgewinne des Projekts und ihren Barwert, nun als CVA.

Aufgabe 6: Berichterstattung von Kennzahlen


Im Geschäftsbericht 2021 des Bayer Konzerns findet sich ein Abschnitt zu "wertorientierter Perfor-
mance" (Abschnitt 2.2.3, Seite 88-89) mit folgender Tabelle:

a) Bestimmen Sie auf der Basis der Daten in der Tabelle für die Division (den Geschäftsbereich)
"Crop Science" für das Jahr 2021 den Residualgewinn (nach Steuern) auf Gesamtkapitalbasis so-
wohl nach der "Capital Charge Formel" als auch nach der "Value Spread Formel".
(Da die Zinssätze nur auf eine Nachkommastelle angegeben werden, können sich Rundungsdifferenzen ergeben.)
b) Im gleichen Abschnitt des Geschäftsberichts führt Bayer aus, dass unter anderem Forderungen
aus Lieferungen und Leistungen Bestandteil des Capital Employed sind, wohingegen Verbindlich-
keiten aus Lieferungen und Leistungen abgezogen wurden. Warum diese ungleiche Behandlung?
c) Ein Analyst bemerkt zu den Zahlen in der Tabelle: Offensichtlich hat Bayer im Jahr 2019 nur in
den Geschäftsbereichen Pharmaceuticals und Consumer Health Wert geschaffen, in dem größ-
ten Geschäftsbereich dagegen Wert vernichtet. Diskutieren Sie diese Aussage kritisch vor dem
Hintergrund der theoretischen Benchmark für die wertorientierte Erfolgsmessung.
d) Erklären Sie, was die Fußnote 3 unter der Tabelle bedeutet.
e) Betrachten Sie nun die Fußnote 4 unter der Tabelle, nach der Bayer die ROCE-Werte der Ge-
schäftsbereiche jeweils mit demselben, konzernweiten WACC vergleicht.
(i) Erläutern Sie, ob dieses Vorgehen Wertadditivität der Residualgewinne gewährleistet;
(ii) Diskutieren Sie das Vorgehen inhaltlich: Überzeugt es (Sie)?

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Aufgabe 7: Investitionsentscheidungen und Anreizwirkungen der Erfolgsrechnung
Eine rein eigenfinanzierte Unternehmung hat in t-1 Eigenkapital in Höhe von 200. Die Geschäftslei-
tung hat drei neue Investitionsprojekte entwickelt. Nachfolgende Tabelle zeigt die budgetierten Ge-
winne ohne neue Investitionen sowie die Zahlungsreihen der Projekte:
Periode t t+1 t+2 t+3 t+4
Gewinne ohne neue Projekte 35,36 35,68 36,04 36,48 36,62
Cashflows IP1 -20,00 5,20 6,90 8,40 7,70
Cashflows IP2 -40,00 12,80 13,90 11,80 8,80
Cashflows IP3 -10,00 0,40 1,50 4,50 13,20
Die Investitionen der Projekte IP1 und IP2 würden in das Anlagevermögen gehen und linear abge-
schrieben werden. IP3 ist ein Entwicklungsprojekt, die Investition müsste sofort in t abgeschrieben
werden.
Rechnen Sie nachfolgend stets mit einem Zinssatz von 10%.
a) Beurteilen Sie die Vorteilhaftigkeit der drei Projekte mit Hilfe der Kapitalwertmethode.
b) Bestimmen Sie die projektbezogenen Gewinn- und Residualgewinnreihen für alle drei Projekte.
Welche Anreizwirkungen gehen von den beiden Kennzahlen (Gewinn und Residualgewinn) im
Hinblick auf die Projekte aus?
c) Nehmen Sie an, ein Mitglied der Geschäftsleitung erhalte Bonuszahlungen proportional zum
Residualgewinn. Wie wirken sich (1) abweichende Zeithorizonte und (2) Zeitpräferenzen des be-
treffenden Geschäftsführers auf seine Beurteilung der Projekte aus? Gehen Sie konkret davon
aus, der Geschäftsführer (1) verlasse das Unternehmen in t+2 bzw. (2) diskontiere nicht mit 10%,
sondern mit 20%.
Betrachten Sie im Folgenden nur noch IP1 und IP2. Stellen Sie eine auf das gesamte Unternehmen
bezogene Betrachtung an. Für jedes Projekt kommen als Finanzierungsalternativen (i) Einlagen der
Gesellschafter und (ii) Innenfinanzierung durch Auflösung von Geldanlagen in Frage. Auf Wunsch der
Eigentümer wird in jeder Periode stets der Gewinn voll ausgeschüttet.
d) Nehmen Sie an, die Geschäftsleitung werde am Unternehmensgewinn gemessen. Wie beurteilt
sie die beiden Projekte? Hängt die Beurteilung davon ab, wie die Projekte finanziert werden?
e) Nehmen Sie an, die Geschäftsleitung werde an der Eigenkapitalrendite gemessen. Wie beurteilt
sie die beiden Projekte? Hängt die Beurteilung davon ab, wie die Projekte finanziert werden?

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Aufgabe 8: Kapitalbudgetierung und Groves-Mechanismus
In einem Unternehmen werden die Finanzierungsmittel für die in den Bereichen durchgeführten
Investitionen Zentral beschafft. Die Bereiche erhalten eine einheitliche Renditevorgabe, nach der sie
die Entscheidungen über die Durchführung von Projekten treffen. Vereinfachend wird davon ausge-
gangen, jede Investition und jede Finanzierung sei einperiodig. Der Zentrale steht eine Kreditlinie (bis
1000 GE zu 4%) zur Verfügung, weiteres Kapital soll nicht beschafft werden.
Die folgende Tabelle zeigt die Investitionsmöglichkeiten in den Unternehmensbereichen A und B:

a) Bestimmen Sie das optimale Kapitalbudget nach dem Dean-Modell.


b) Diskutieren Sie mögliche Fehlanreize, wenn die Bereichsleiter an der Rendite beurteilt werden.
c) Erläutern Sie, wie der Groves-Mechanismus anzuwenden ist und welche Bereichsgewinne sich
ergeben, wenn beide Bereichsleiter ihre Projekte wahrheitsgemäß melden.
d) Gehen Sie nun davon aus, Bereichsleiter B wolle alle seine Projekte realisieren und gebe daher
eine unwahrheitsgemäße Meldung an die Zentrale. Weisen Sie nach, dass der Bereichsleiter
dadurch keinen Vorteil, sondern allenfalls einen Nachteil erzielen kann.

Aufgabe 9: Vorstandsvergütung in der Praxis


a) Betrachten Sie kurzfristige Komponente der Vorstandsvergütung der BASF. Vollziehen Sie die
Berechnung der Vergütungskomponente auf der Basis des Vergütungsberichts 2022 nach.
Diskutieren Sie die Vergütungskomponente im Hinblick auf ihre Wertorientierung.
b) Betrachten Sie die langfristige, aktienbasierte Komponente der Vorstandsvergütung der BASF auf
der Basis des Vergütungsberichts 2022. Diskutieren Sie die einzelnen Ausgestaltungsmerkmale
der Vergütung. Welche Zwecke verfolgen diese?

Aufgabe 10: Aktienbasierte Vergütung


Der heutige Aktienkurs einer Aktiengesellschaft betrage P0 = 100. Die Aktiengesellschaft hat 1 Mio.
umlaufende Aktien.
a) Nehmen Sie an, ein Vorstandsmitglied der AG erhält derzeit einen gewinnbasierten Bonus, den
der Aufsichtsrat durch einen Restricted Stock Plan ersetzen will, der einen Gesamt-Marktwert
von 50.000 GE hat. Bestimmen Sie die Pay-Performance-Sensitivity (PPS) des neuen
aktienbasierten Plans. Treffen sie falls notwendig vereinfachende Annahmen.
b) Betrachten Sie eine Call-Option auf die Aktie mit Basispreis 100 GE. Verwenden sie das Binomi-
almodell, um den Marktwert einer Call Option zu berechnen. Nehmen Sie dazu Folgendes an:
Der Kurs steigt entweder auf das Niveau P1up = u · P0 oder sinkt auf das Niveau P1down = d· P0 ,
mit u = 1,3 und d = 0,86. Der risikolose Zinssatz beträgt 2%.
c) Vergleichen Sie nun einen Stock Option Plan, der die Call-Option aus c) enthält, mit dem Restric-
ted Stock Plan aus b). Welcher Plan hat bei gleichem Marktwert (50.000 GE) die höhere PPS?
d) Diskutieren Sie die Risikoanreize der beiden Pläne.

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Lösungshinweise zu ausgewählten Übungsaufgaben:
Aufgabe 4b

-6-
Aufgabe 5

-7-
Aufgabe 7
a), b), c)

d), e)

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