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OTTO VON BISMARCK: GUTSHERR, KRIEGSHERR, REICHSKANZLER

Otto von Bismarck, Gutsherr, Politiker und Reichskanzler, war eine schillernde und
höchst ummstrittene Person der deutschen Geschichte. 1898 starb er in Friedrichsruh
bei Hamburg. Noch immer stehen in Deutschland viele Bismarcktürme, zahlreiche
Straßen und Plätze sind nach ihm benannt.
Nach dem Schule hat er Jurastudium machen entschieden. Doch Bismarck war mit der
eintönigen Routine der staatlichen Verwaltungslaufbahn, auf die diese Ausbildung
hinführte, extrem unzufrieden und brach das Referendariat 1839 ab.

Er war sowohl Ministerpräsident des Königreichs Preußen von 1862 bis 1890 als auch
Kanzler des Norddeutsches Bundes von 1867 bis 1871, bevor er 1871 erster Kanzler des
neuen Deutschen Reiches wurde, ein Amt, das er bis 1890 innehatte, wobei er sein
Amt behielt Amt des preußischen Ministerpräsidenten. Er spielte eine entscheidende
Rolle bei der deutschen Einigung.

Otto von Bismarck – der „weiße Revolutionär“

 Nach seinem Tod entstanden allerorten in Deutschland Bismarck-Denkmäler


und Bismarck-Türme. In ihrer massiven, trutzigen Darstellung der Gestalt
Bismarcks in Uniform und Pickelhaube verkörpern sie das Bild des „Eisernen
Kanzlers“, der die Deutschen als Reichsgründer in die nationale Einheit geführt
hatte.

Bismarck selbst hatte mit seinen als „Gedanken und Erinnerungen“ publizierten
Memoiren die Vorstellung bestärkt, die deutsche Einheit sei ein planvoll verfolgtes Ziel
seiner Politik gewesen. Dabei war die nationale Selbstbestimmung tatsächlich alles
andere als ein leitender Wert für den preußischen Machtpolitiker Bismarck gewesen.

 Otto von Bismarck wurde 1815 als Sohn eines adeligen Landbesitzers in der
Mark Brandenburg geboren. Seine Mutter entstammte allerdings einer
bildungsbürgerlichen Familie. Sie sorgte dafür, dass er eine für die provinzielle
Welt der adeligen „Junker“ ungewöhnlich breite Ausbildung erhielt.
POLITISCHE ENTWICKLUNG

Nur durch Zufall zog er als Nachrücker in den Vereinigten Landtag ein, den König
Friedrich Wilhelm IV. 1847 einberufen hatte. Dort erwarb er sich rasch den Ruf eines
Ultraroyalisten, der bedingungslos den König unterstützte. Dabei war Bismarck
durchaus offen für verfassungsstaatliche Ideen, auch wenn er gleichzeitig die
ökonomischen Interessen des grundbesitzenden Adels verteidigte.

 Für die Durchsetzung der machtpolitischen Interessen Preußens war er bereit,


taktische Kompromisse einzugehen und das monarchische Legitimitätsprinzip
bei anderen Herrschern zu missachten.

 Der Liberale Ludwig Bamberger (1823–1899) hat Bismarck deshalb treffend als
einen „weißen Revolutionär“ beschrieben, der machtstaatliche Ziele mit
revolutionären Mitteln zu erreichen suchte.

Im Frankfurt von 1851 bis 1859 erhielt er praktischen Anschauungsunterricht über den
Dualismus zwischen Österreich und Preußen im Deutschen Bund. Bismarck wandte
sich entschieden gegen den Anspruch Österreichs, weiterhin die Vormacht im
Deutschen Bund zu sein, und beklagte rückblickend mit gehöriger Übertreibung,
dessen Vertreter hätten den Bund als ein Instrument zur „Verminderung Preußens“ zu
handhaben versucht.

- Nach Stationen als preußischer Gesandter in St. Petersburg und Paris kehrte er
im September 1862 nach Berlin zurück, wo Wilhelm I. ihn zum preußischen
Ministerpräsidenten und Außenminister ernannte.

Seine erste große Bewährungsprobe war der Verfassungskonflikt über die


Heeresreform. Dieser Streit zwischen dem von einer liberalen Mehrheit beherrschten
Abgeordnetenhaus und dem Militär erreichte seinen Höhepunkt, als das Parlament die
Ausgaben für die Reform nicht bewilligte.

Bismarck vertrat die These von einer „Lücke“ in der Verfassung für den Fall, dass es
zwischen Krone, Abgeordnetenhaus und Herrenhaus nicht zu einer Einigung über das
Budget käme. Nach dieser „Lückentheorie“ konnte die Regierung mit Billigung des
Königs dann auch ohne gültigen Haushalt amtieren.

Auch nach dem Epochenjahr 1866, das mit dem Sieg Preußens über Österreich den
Deutschen Bund endgültig sprengte und zugleich die Mächtekonstellation in Europa
nachhaltig veränderte, arbeitete Bismarck nicht zielstrebig auf eine Erweiterung des
Norddeutschen Bundes zum Nationalstaat hin. Allerdings ließ sich seiner Überzeugung
nach die monarchische Legitimität – also die Rechtfertigung königlicher Herrschaft –
auf Dauer nur erhalten, wenn sie in die neue Form des Nationalstaates überführt
werden konnte, der eine moderne, integrative Verfassungsordnung bereitstellte.
Aus diesem Grund konnte Bismarck 1866 das Bündnis mit dem gemäßigten Flügel der
liberalen Nationalbewegung eingehen, das erst den Norddeutschen Bund und dann das
Reich zu einer integrativen politischen Ordnung ausbaute. Durch diesen Schritt
entfremdete sich Bismarck allerdings von seiner politischen Heimat, den preußischen
Konservativen. Diese beklagten die preußischen Annexionen von 1866 als „Kronen-
raub“ und Verletzung des Legitimitätsprinzips und sahen in dem Bündnis mit den
Nationalliberalen eine konservativen Prinzipien widersprechende Realpolitik. So führte
das Epochenjahr 1866 auch zur Spaltung des preußischen Konservativismus. 1867
gründete sich die Freikonservative Partei (ab 1871 Deutsche Reichspartei), die anders
als die Altkonservativen Bismarcks Politik vorbehaltlos unterstützte.

DAS ENDE DER ÄRA BISMARCK


Mit der konservativen Wende der Jahre 1878/79 schwächte Bismarck zwar die liberal-
progressiven Kräfte in der Politik des Reiches. Eine stabile konservative Mehrheit im
Reichstag stand ihm jedoch nicht zur Verfügung, da das Zentrum nur punktuell wie bei
den Zöllen zur Zusammenarbeit bereit war, solange der Kulturkampf noch nicht
vollständig beendet war. Auch deshalb suchte Bismarck nach Möglichkeiten, den
Reichstag zu schwächen. Dem diente unter anderem die Konzeption eines Deutschen
Volkswirtschaftsrates, einer Art Nebenparlament, dessen vornehmlich aus
Verbandsvertretern bestehende Mitglieder bei der Vorbereitung von Gesetzen in der
Wirtschaftspolitik mitwirken sollten. Der Plan scheiterte zwar an der mangelnden Zu-
stimmung des Reichstages, wurde aber zumindest in Preußen von 1880 bis 1887 in
Gestalt eines Preußischen Volkswirtschaftsrats durchgesetzt.
Seit 1884 zeichnete sich für Bismarck die Möglichkeit ab, auf eine Mehrheit aus
Nationalliberalen und Konservativen zurückzugreifen. Voraussetzung dafür war die
„Heidelberger Erklärung“ der Nationalliberalen von 1884. Darin erteilten sie den
Hoffnungen der Sezession auf Bildung einer neuen liberalen Gesamtpartei eine Absage
und stellten sich in allen wichtigen Politikfeldern hinter die Regierung. Doch bei den
Wahlen des Jahres 1884 verfehlte das „Kartell“ aus Nationalliberalen und
Konservativen noch eine Mehrheit. Ende 1886 forderte Bismarck eine Aufstockung des
Heeres um zehn Prozent und löste den Reichstag auf, als er dafür keine Mehrheit
erhielt. Die „Kartellwahlen“ des Jahres 1887 fanden dann im Zeichen einer künstlich
geschürten nationalen Kriegshysterie statt, die auf die Forderung des französischen
Kriegsministers Georges Boulanger nach einer Grenzrevision aufbaute. Vor allem durch
Stichwahl-absprachen konnten Nationalliberale und Konservative nun eine absolute
Mehrheit der Mandate im Reichstag erzielen.
Doch über die Verabschiedung des Septennats 1887 und einer weiteren
Heeresvergrößerung 1888 hinaus erwies sich das Kartell als eine heterogene und
brüchige Koalition. Bereits eine weitere Erhöhung der Getreidezölle 1887 passierte nur
mit der Zustimmung des Zentrums den Reichstag, da Teile der Nationalliberalen sich
dem Vorhaben verweigerten. Der doppelte Thronwechsel im Dreikaiserjahr 1888
besiegelte dann das Ende der Ära Bismarck. Im März 1888 starb Wilhelm I. kurz vor
Vollendung seines 91. Lebensjahres. Der greise Monarch hatte Bismarck bei der
Ausübung der Regierungsgeschäfte weitgehend freie Hand gelassen. Sein Nachfolger,
Friedrich III. (1831–1888), der mit einer britischen Prinzessin verheiratete Kronprinz,
war für seine liberalen Auffassungen bekannt. Bereits zum Zeitpunkt der
Thronbesteigung unheilbar krank, konnte er in seiner nur 99 Tage währenden Amtszeit
jedoch keine politischen Impulse setzen. Der erst 29-jährige Wilhelm II. von
Hohenzollern (1859–1941) erbte nun den Kaiserthron. Zwischen Bismarck und Wilhelm
II. gab es nicht nur aufgrund des großen Altersunterschiedes politische
Meinungsdifferenzen. Hinzu kam, dass der junge Kaiser eine politische Neuausrichtung
des Reiches favorisierte und dabei, unterstützt von einem Bismarck gegenüber kritisch
eingestellten Beraterkreis, auch den Konflikt mit dem Reichskanzler nicht scheute.
Zum Konflikt kam es auf dem Gebiet der Arbeiterpolitik. Im April 1889 begannen die
Bergarbeiter erst im Ruhrgebiet, bald auch in anderen Bergbaurevieren zu streiken.
Bismarck beschwor die Gefahr eines sozialistischen Umsturzes und plante eine
Verschärfung des Sozialistengesetzes. Wilhelm II. dagegen empfing im Mai 1889 eine
dreiköpfige Delegation von Vertretern der Streikenden. Er präsentierte sich damit als
ein Monarch des sozialen Ausgleichs, der Verständnis für die berechtigten Klagen der
Arbeiter über Missstände auf den Zechen zeigte. Als Bismarck dennoch im Oktober
eine verschärfte und nunmehr unbefristete Fassung des Sozialistengesetzes
einbrachte, lehnte der Reichstag dies mit einer breiten Mehrheit ab, die von den
Sozialdemokraten bis zu den Deutschkonservativen reichte. In den Wahlen vom Fe-
bruar 1890, die der Reichstagsauflösung folgten, kollabierte das Kartell. Der große
Wahlgewinner waren die Sozialdemokraten. Trotz bestehender Geltung des nun
auslaufenden Sozialistengesetzes verdoppelten sie ihren Stimmenanteil gegenüber
1887 fast auf 19,7 Prozent. Nach der Stimmenzahl waren sie damit erstmals im
Kaiserreich die stärkste Partei. Vor allem die Festschreibung der Wahlkreisgrenzen seit
1871 – welche der zunehmenden Urbanisierung nicht folgte und damit die
Sozialdemokratie als eine Partei vorwiegend städtischer Wähler stark benachteiligte –
verhinderte, das sich dieser Erfolg unmittelbar in massive Mandatsgewinne umsetzte.
Nach dem Ergebnis der Wahlen und weiteren Konflikten entzog Wilhelm II. dem
Reichskanzler endgültig das Vertrauen. Am 18. März 1890 reichte Bismarck sein
Rücktrittsgesuch ein.
Ab 1862 als preußischer Ministerpräsident, dann als Kanzler des Norddeutschen
Bundes und des Reiches hatte Bismarck fast drei Jahrzehnte lang die deutsche Politik
maßgeblich gestaltet. Bei seinem Abgang waren die Belastungen unübersehbar, die
seine Strategie der innenpolitischen Polarisierung und der gezielten Ausgrenzung von
„Reichsfeinden“ erzeugt hatte. Der Althistoriker Theodor Mommsen, der 1881 bis 1884
für Nationalliberale und Sezession ein Reichstagsmandat inne gehabt hatte, beklagte im
Rückblick die „Knechtung der deutschen Persönlichkeit“, die der autoritäre Führungsstil
Bismarcks nach sich zog, als ein „Verhängnis“. Im Jahr seines Todes 1898 war dann die
Mythologisierung Bismarcks bereits im Gange. Die nationale Rechte stilisierte den
„Eisernen Kanzler“ zu einem Vorbild für die deutsche Nation und zu einem Vertreter
entschiedener Machtpolitik. Zahlreiche Bis-marckdenkmäler unterstützten diese
Botschaft.

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