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LJUBICA GLAVAŠ-OBROVAC UND MITARBEITER*INNEN

MEDIZINISCHE CHEMIE
Handbuch für Seminare
und Laborübungen
UNIVERSITÄT JOSIP JURAJ STROSSMAYER OSIJEK
MEDIZINISCHE FAKULTÄT OSIJEK

Ljubica Glavaš-Obrovac
und Mitarbeiter*innen

MEDIZINISCHE CHEMIE
Handbuch für Seminare und
Laborübungen
Redakteurin:

Prof. Dr. sc. Ljubica Glavaš-Obrovac

Technische Redakteurin:
Doc. Dr. sc. Barbara Viljetić

Autoren*innen:
Prof. Dr. sc. Ljubica Glavaš-Obrovac
Doc. Dr. sc. Marijana Jukić
Doc. Dr. sc. Saška Marczi
Doc. Dr. sc. Katarina Mišković
Doc. Dr. sc. Teuta Opačak-Bernardi
Doc. Dr. sc. Stana Tokić
Doc. Dr. sc. Barbara Viljetić

Fachübersetzer*innen:

Doc. Dr. sc. Marina Šekutor


Doc. Dr. sc. Martina Šrajer Gajdoš
Dr. sc. Ljiljana Unbehend
Josip Grbavac, dr.med.

Korrekturlesen:
Adrijana Kordić

Vorbereitung und Druck:


Studio HS internet d.o.o., Osijek

2 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


INHALT
SEMINARE
SEMINAR 1. ............................................................................................................................................ 6
1.1. GRUNDLAGEN DER CHEMISCHEN BERECHNUNG ....................................................................... 6
1.2. LÖSUNGEN .................................................................................................................................. 9
SEMINAR 2. .......................................................................................................................................... 15
2.1. pH-WERT ................................................................................................................................... 15
2.2. PUFFER UND PUFFERLÖSUNGEN .............................................................................................. 17
SEMINAR 3. .......................................................................................................................................... 25
3.1. THERMOCHEMIE ....................................................................................................................... 25
3.2. GASGESETZE.............................................................................................................................. 31
SEMINAR 4. .......................................................................................................................................... 41
4.1. CHEMISCHES GLEICHGEWICHT ................................................................................................. 41
SEMINAR 5. .......................................................................................................................................... 50
5.1. CARBONSÄUREN ....................................................................................................................... 50
5.2. AMINOSÄUREN ......................................................................................................................... 54
SEMINAR 6. .......................................................................................................................................... 64
6.1. ELEKTROCHEMISCHE REAKTIONEN........................................................................................... 64
SEMINAR 7. .......................................................................................................................................... 68
7.1. CHEMISCHE UND BIOCHEMISCHE REAKTIONGESCHWINDIGKEIT ............................................ 68
SEMINAR 8. .......................................................................................................................................... 75
8.1. BIOANALYTISCHE METHODEN IN DER CHEMIE ........................................................................ 75
SEMINAR 9. .......................................................................................................................................... 90
9.1. ISOMERIE .................................................................................................................................. 90
9.2. CHARAKTERISTISCHE REAKTIONEN ORGANISCHER VERBINDUNGEN ....................................... 95
SEMINAR 10. ...................................................................................................................................... 102
10.1. PEPTIDE UND PROTEINE ....................................................................................................... 102
10.2. PROTEINANALYSE ................................................................................................................. 107
LABORÜBUNGEN
I – Allgemeiner Teil ............................................................................................................................ 114
I-1. Allgemeine Hinweise und Verhaltensweisen im Praktikum .................................................... 114 3

I-2. Allgemeine Laborfertigkeiten .................................................................................................. 119


Übung 1. Bestimmung der osmotischen Erythrozytenresistenz........................................................ 121
Übung 2. pH und Pufferlösungen ...................................................................................................... 127
Übung 3. Kinetik chemischer Reaktionen .......................................................................................... 135
Übung 4. Stofftrennung - 1 ................................................................................................................ 142

3
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Übung 5. Stofftrennung - 2 ................................................................................................................ 150
Übung 6. Analyse der organischen Stoffe .......................................................................................... 157
LITERATUR ......................................................................................................................................... 162

4 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Seminare
S1 SEMINAR 1.

1.1. GRUNDLAGEN DER CHEMISCHEN BERECHNUNG


Die chemische Berechnung oder Stöchiometrie ermöglicht die Berechnung
quantitativer (messbarer) Beziehungen zwischen Edukten und Produkten in einheitlichen
chemischen Reaktionen. Die Grundlagen der Stöchiometrie sind die folgenden Gesetze: das
Massenerhaltungsgesetz, das Gesetz der konstanten Massenverhältnisse, das Gesetz der
multiplizierten Massenverhältnisse und das Gesetz der Kopplungsmassen.
Dementsprechend, ein Grundprinzip, das sich daraus ergibt, dass bei einer chemischen
Reaktion weder neue Materie entstehen noch vorhandene zerstört werden kann, sagt, dass
die Masse und Menge jedes chemischen Elements auf einer Seite der Reaktion (Edukte) gleich
der anderen Seite der Reaktion (Produkte) sein muss.

1.1.1 Physikalische Größen

Da die Stöchiometrie auf Berechnungen basiert, ist es wichtig die Einheiten (Maßeinheiten),
in denen einzelne physikalische Größen bestimmt werden, zu definieren und zu kennen. Die
1971 verabschiedete aktuelle Version des SI (Internationales Einheitensystem) basiert auf
sieben Basiseinheiten für sieben Basisgrößen, die voneinander unabhängig sind (Tabelle 1.1).

Tabelle 1.1. Grundeinheiten des SI-Systems


Basisgrößen Basiseinheit Symbol
Länge Meter m
Zeit Sekunde s
Masse Kilogramm kg
Stoffmenge Mol m
thermodynamische Temperatur Kelvin K
elektrische Stromstärke Ampere A
Lichtstärke Candela cd

Tabelle1.2. Präfixe für SI-Einheiten


Präfix Symbol Potenz Präfix Symbol Potenz
Exa E 1018 Dezi d 10-1
Peta P 1015 Zenti c 10-2
Tera T 1012 Mili m 10-3
6 Giga G 109 Mikro µ 10-6
Mega M 106 Nano n 10-9
Kilo k 103 Piko p 10-12
Hekto H 102 Femto f 10-15
Deka da 101 Atto a 10-18

6 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Tabelle 1.3. Ausgewählte abgeleitete physikalische Größen und zugehörige SI-Einheiten

Physikalische Größe Abgeleitete SI- Einheit Definition der SI- Einheit


Druck (p) Pascal (Pa) kg m-1 s-2 = N m-2
Volumen (V) - m3
Dichte (ρ) - kg m-3
Konzentration gelöster Stoff B (cB) - mol m-3
Kraft Newton (N) kg m s−2

1.1.2. Die relative Atommasse, Molekülmasse und Stoffmenge


Die relative Atommasse (Atomgewicht, Ar) ist eine Zahl, die angibt, wievielmal die
durchschnittliche Masse eines Elements größer als die atomare Masseneinheit ist. Die
atomare Masseneinheit (u) ist auf 1/12 der Masse eines Atoms des Kohlenstoff-Isotops 12C
festgelegt und beträgt 1,660 531 · 10-27 kg.
Die relative Molekülmasse (Molekulargewicht, Mr) ist eine Zahl, die angibt, wievielmal die
Masse einer Verbindung größer als die atomare Masseneinheit ist. Es wird durch Summieren
der Atomgewichte der Elemente erhalten, aus denen das Molekül dieser Verbindung besteht.

Beispiel 1.
Berechnen Sie die relative Molekülmasse von Glukose.
Die Summenformel für Glukose lautet C6H12O6
𝑀𝑀" = 6 ∙ 𝐴𝐴" (𝐶𝐶) + 12 ∙ 𝐴𝐴" (𝐻𝐻) + 6 ∙ 𝐴𝐴" (𝐻𝐻) = 6 ∙ 12,01 + 12 ∙ 1,01 + 6 ∙ 16 = 𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏𝟏, 𝟏𝟏𝟏𝟏

Stoffmenge wird mit n bezeichnet und die Maßeinheit ist mol. Ein Mol ist, definitionsgemäß,
die Menge (Mehrzahl) eines Stoffes in einem System, das so viele Elementareinheiten
enthält, wie es Atome in 0,012 Kilogramm des Kohlenstoff-Isotops 12C gibt. Bei der
Verwendung von Molen müssen die elementaren Einheiten angegeben werden, die
Moleküle, Atome, Ionen, Elektronen und andere Partikel oder einzeln spezifizierte Gruppen
solcher Partikel sein können.

Die Anzahl der Moleküle oder Einheiten mit einer definierten chemischen Formel pro Mol
eines Stoffes wird als Avogadro-Konstante und mit den Symbolen L oder NA bezeichnet, L =
6,022 · 1023 mol-1. Wenn wir so viele Gramm einer Substanz mit definierter chemischer
Formel wie ihre relative Molekülmasse (Mr) wiegen, haben wir genau 1 Mol dieser Substanz 7
oder 6,022 · 1023 Individuen dieser Formel gewogen.

7
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Daher wird die Molmasse (M) durch den Ausdruck: M = Mr g mol-1 definiert. Das ist
𝑚𝑚
𝑀𝑀 =
𝑛𝑛
6 8
Formel für Stoffmenge: 𝑛𝑛 = 7
= 9

Beispiel 2.
Eine Mutter kommt mit einem Neugeborenen mit Windelausschlag in die Klinik. Sie empfehlen
ihr Babybäder in einer milden Lösung von Kaliumpermanganat (KMnO4), der in einer Packung
von 5 g in der Apotheke verpackt ist. Wie viele Mol KMnO4 sind in diesen 5 g enthalten?

M (KMnO4) = 158,034 g/mol


𝑚𝑚 5 𝑔𝑔
𝑛𝑛 = = = 0,0032 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚
𝑀𝑀 158,034 𝑔𝑔/𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚

1.1.3. Chemische Reaktionen


Eine chemische Reaktion ist ein Vorgang, bei dem eine oder meist mehrere chemische
Verbindungen (Edukte) in eine oder mehrere neue Verbindungen (Produkte) umgewandelt
werden. Wir stellen die chemische Reaktion durch eine Gleichung dar, aus der wir die
quantitativen (stöchiometrischen) Beziehungen zwischen den an dieser Reaktion beteiligten
Edukte und Produkte erkennen.
Aus der allgemeinen Reaktionsgleichung: aA + bB → cC + dD ist ersichtlich, dass a Mol
Edukt A mit b Mol Edukt B reagiert, um c Mol Produkt C und d Mol Produkt D zu ergeben. Das
Verhältnis der Mehrzahl der einzelnen Stoffe ist gleich zum Verhältnis ihrer Koeffizienten:
n (A) : n (B) : n (C) : n (D) = a : b : c : d
Wenn die Stoffmenge irgendeiner Substanz bekannt ist, ist es möglich die Stoffmenge aller
anderen an der Reaktion beteiligten oder gebildeten Substanzen zu berechnen.

Beispiel 3.
Wie viel Gramm Natriumsulfat entsteht bei der Reaktion von 15 g Natriumhydroxid und
Schwefelsäure?

8 Aus der Reaktionsgleichung: 2NaOH + H2SO4 → Na2SO4 + 2 H2O


sehen wir, dass 𝑛𝑛8BCD ∶ 𝑛𝑛8BF GCH = 2 ∶ 1 ist
6 IJ K
zuerst berechnen wir 𝑛𝑛 = = = 0,375 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚
7 LM K/6NO

QRSTU M,WXJ 6NO


dann 𝑛𝑛8BF GCH = = = 0,1875 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚
V V

8 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


und am Ende 𝑚𝑚8BF GCH = 𝑛𝑛8BF GCH ∙ 𝑀𝑀8BF GCH

𝑚𝑚8BF GCH = 0,1875 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 ∙ 142 𝑔𝑔/𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 = 26,625 𝑔𝑔

1.2. LÖSUNGEN
Stoffe kommen in der Natur als Reinstoffe oder in der Zusammensetzung eines Gemisches
vor. Stoffgemische können gasförmig, fest und flüssig sein. Lösungen sind homogene
Gemische reiner Stoffe. Sie enthalten zwei oder mehr Stoffe (Komponenten), die in
molekulardispersem Zustand vermischt sind. Die Komponente, die in einer größeren Menge
als die anderen in der Lösung enthalten ist, wird als Lösungsmittel bezeichnet, und die
anderen Komponenten werden als gelöste Stoffe bezeichnet. Hervorzuheben ist, dass das
Lösungsmittel selbst ein Stoffgemisch sein kann.
Die quantitative Zusammensetzung der Lösung kann ausgedrückt werden durch:
Konzentration, Anteil, Molalität und Verhältnis (Tabelle 1.4.)

Tabelle 1.4. Physikalische Größen zur quantitativen Beschreibung der Zusammensetzung


von Lösungen

Name Symbol Definition Einheiten


𝑛𝑛Z
Stoffmengenkonzentration c 𝑐𝑐Z = mol/m3, mol/dm3, mol/L
𝑉𝑉
𝑚𝑚Z
Massenkonzentration γ 𝛾𝛾Z = kg /m3, g/dm3, g/cm3, g/L
𝑉𝑉
𝑉𝑉Z
Volumenkonzentration σ 𝜎𝜎Z = %, ‰, ppm
𝑉𝑉
𝑚𝑚Z
Massenanteil w 𝑤𝑤Z = %, ‰, ppm
∑ 𝑚𝑚`
𝑛𝑛Z
Stoffmengenanteil x 𝑥𝑥Z = %, ‰, ppm
∑ 𝑛𝑛`
𝑉𝑉Z
Volumenanteil φ 𝜑𝜑Z = %, ‰, ppm
∑ 𝑉𝑉`
𝑛𝑛Z
Molalität b 𝑏𝑏Z = mol/kg
𝑚𝑚𝐿𝐿ö𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠
𝑚𝑚
Dichte ρ 𝜌𝜌Z = kg/m3, g/mL, g/cm3 9
𝑉𝑉

ppm (engl. parts per milion) – der millionste Teil (10-6); es wird verwendet, um Gemische
auszudrücken, in denen ein Stoff in Spuren vorhanden ist

9
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
• Stoffmengenkonzentration gibt das Verhältnis der Stoffmenge (n) eines gelösten
Stoffes A und dem Volumen (V) der Lösung:

𝑛𝑛Z
𝑐𝑐Z =
𝑉𝑉

SI-Einheit ist mol/m3, aber die an der häufigsten verwendeten Einheit ist mol/dm3.

Beispiel 4.
Welche Konzentration hat die Lösung, die durch Auflösen von 40 g Natriumcarbonat in 5 L
Lösung erhalten wird? M (Na2CO3) = 106 g mol-1

Um die Lösungskonzentration zu berechnen, wird die folgende Formel verwendet:


𝑛𝑛
𝑐𝑐8BF lCm =
𝑉𝑉
Mol Na2CO3 a werden nach der Formel berechnet:
𝑚𝑚
𝑛𝑛8BF lCm =
𝑀𝑀

40 𝑔𝑔
𝑛𝑛8BF lCm = = 0,3774 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚
106 𝑔𝑔/𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚
0,3774 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚
𝑐𝑐8BF lCm = = 0,0755 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚/𝑑𝑑𝑑𝑑W
5 𝑑𝑑𝑑𝑑W

• Massenkonzentration gibt das Verhältnis der Masse des gelösten Stoffes (mA) und
Volumen der Lösung:
𝑚𝑚Z
𝛾𝛾Z =
𝑉𝑉

SI-Einheit ist kg/m3, aber die an der häufigsten verwendeten Einheit ist g/dm3.

Beispiel 5.
10 Kochsalzlösung (0,9% NaCl-Lösung oder 0,15 mol/dm3) ist eine notwendige Elektrolytlösung
zum Ausgleich des intravaskulären Volumens bei verschiedenen pathologischen Zuständen
(Dehydratation, Erbrechen, starker Durchfall usw.). Wie hoch ist die Massenkonzentration von
Kochsalzlösung?
V (Lösung) = 100 cm3

10 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


aus w können wir m (NaCl) bestimmen: 𝑤𝑤 (𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁) = 0,9% Þ 𝑚𝑚 (𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁𝑁) = 0,9 𝑔𝑔

und aus der Formel berechnen wir γ

𝑚𝑚 0,9 𝑔𝑔
𝛾𝛾 = = = 0,009 𝑔𝑔/𝑐𝑐𝑐𝑐W = 9 𝑔𝑔/𝑑𝑑𝑑𝑑W
𝑉𝑉 100 𝑐𝑐𝑐𝑐W

• Molalität des gelösten Stoffes ist das Verhältnis der Menge des gelösten Stoffes (nA)
und der Masse des Lösungsmittels:
𝑛𝑛Z
𝑏𝑏Z =
𝑚𝑚𝐿𝐿ö𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠𝑠
SI-Einheit ist mol/kg.

Beispiel 6.
Was ist die Molalität von Saccharose Lösung mit einer Konzentration von 0,4 mol/dm3 und
einer Dichte von 1,05 g/cm3? Mr (C6H22O5) = 342,3 g/mol

die Masse von 1 dm3 Lösung ist:

𝑚𝑚9östQK = 𝜌𝜌 ∙ 𝑉𝑉 = 1,05 𝑔𝑔/𝑐𝑐𝑐𝑐W ∙ 1 𝑐𝑐𝑐𝑐W = 1,05 𝑔𝑔 = 1,05 𝑘𝑘𝑘𝑘

die Masse von Saccharose in 1 dm3 ist:

𝑚𝑚GBvvwB"Nsx = 𝑛𝑛 ∙ 𝑀𝑀 = 0,4 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 ∙ 342,3 𝑔𝑔/𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 = 136,92 𝑔𝑔 = 0,13692 𝑘𝑘𝑘𝑘

die Masse des Lösungsmittels ist:

𝑚𝑚9östQKs6`yyxOs = 𝑚𝑚9östQK − 𝑚𝑚GBvvwB"Nsx = 1,05 𝑘𝑘𝑘𝑘 − 0,13692 𝑘𝑘𝑘𝑘 = 0,91308 𝑘𝑘𝑘𝑘


M,L 6NO
und die Molalität ist: 𝑏𝑏 = = 0,438 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚/𝑘𝑘𝑘𝑘
M,{IWM| }K

• Massenanteil eines Stoffes in einem Gemisch oder einer Lösung ist das Verhältnis
der Masse dieses Stoffes zur Gesamtmasse aller Stoffe in dem Gemisch oder der
Lösung: 11
𝑚𝑚Z 𝑚𝑚GyNx
𝑤𝑤 = =
𝑚𝑚Z + 𝑚𝑚~ 𝑚𝑚9östQK

Es wird oft in Prozent angegeben.

11
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Beispiel 7.
Berechnen sie den Massenanteil an Natriumchlorid in der Kochsalzlösung, die durch Auflösen
von 0,9 g NaCl in 100 ml Wasser erhalten wird?
100 mL Wasser = 100 g
𝑚𝑚Z 0,9 𝑔𝑔
𝑤𝑤 = = = 0,0089 = 0,89%
𝑚𝑚Z + 𝑚𝑚~ 0,9 𝑔𝑔 + 100 𝑔𝑔

• Beim Verdünnen einer Lösung ändern sich Konzentration und Volumen der Lösung,
aber Stoffmenge (n1 = n2) und Masse des gelösten Stoffes (m1 = m2) bleiben gleich.

𝑛𝑛I = 𝑛𝑛V ; 𝑛𝑛 = 𝑐𝑐 ∙ 𝑉𝑉 Þ 𝑐𝑐I ∙ 𝑉𝑉I = 𝑐𝑐V ∙ 𝑉𝑉V


𝑚𝑚I = 𝑚𝑚V ; 𝛾𝛾 = Þ 𝑉𝑉I ∙ 𝛾𝛾I = 𝑉𝑉V ∙ 𝛾𝛾V
Å

Beispiel 8.
Wie würden Sie 800 mL 0,9% NaCl-Lösung (0,15 mol/L) herstellen, aus einer NaCl-
Stammlösung mit der Konzentration von 6,0 mol/L?

c1= 6,0 mol/L


c2=0,15 mol/L
V2=800 mL = 0,8 L
V1=? 𝑐𝑐I ∙ 𝑉𝑉I = 𝑐𝑐V ∙ 𝑉𝑉V

6,0 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚/𝐿𝐿 ∙ 𝑉𝑉I = 0,15 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚/𝐿𝐿 ∙ 0,8 𝐿𝐿

𝑉𝑉I = 0,02 𝐿𝐿 = 20 𝑚𝑚𝑚𝑚

Um 800 ml Kochsalzlösung herzustellen, müssen Sie zuerst 20 mL Stammlösung mit einem


Messzylinder abwiegen und auf 800 mL auffüllen.

• Wenn wir zwei Lösungen derselben Substanz aber unterschiedlicher Konzentration


12 mischen, erhalten wir eine Lösung, die die Summe der Mole beider Lösungen enthält.

𝑛𝑛I + 𝑛𝑛V = 𝑛𝑛W

𝑐𝑐I ∙ 𝑉𝑉I + 𝑐𝑐V ∙ 𝑉𝑉V = 𝑐𝑐W ∙ 𝑉𝑉W

12 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Beispiel 9.
Welche Konzentration hat die Lösung, die durch das Mischen von 100 cm3 Sodalösung mit
einer Konzentration von 2 mol/L und 150 cm3 einer Lösung mit einer Konzentration von 3
mol/L hergestellt ist?

c1 = 2 mol/L
V1 = 100 cm3 = 0,1 L
c2 = 3 mol/L
V2 = 150 mL = 0,15 L
V3 = 0,1 L + 0,15 L = 0,25 L
c3 = ?
𝑐𝑐I ∙ 𝑉𝑉I + 𝑐𝑐V ∙ 𝑉𝑉V = 𝑐𝑐W ∙ 𝑉𝑉W

𝑐𝑐I ∙ 𝑉𝑉I + 𝑐𝑐V ∙ 𝑉𝑉V


𝑐𝑐W =
𝑉𝑉W

0,2 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 + 0,45 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚


𝑐𝑐W =
0,25 𝑑𝑑𝑑𝑑W

• Wenn wir Lösungen mischen, und wenn deren Stoffe miteinander reagieren und die
Mengen dieser Stoffe nicht äquivalent sind, berechnen wir die Konzentration der
Lösung in Bezug auf die verbleibende Substanz aus der Differenz zwischen der
Molzahl der Edukte und dem Gesamtvolumen der Lösung.

Beispiel 10.
Mischen Sie in einem Becherglas 15 cm3 0,25 mol/L Natronlauge und 5 cm3 0,3 mol/L
Salzsäurelösung. Bestimmen Sie, was für eine Lösung entsteht - sauer oder alkalisch.
Berechnen Sie die Konzentration der Lösung in Bezug auf das verbleibende Alkali.

Reaktionsgleichung: NaOH + HCl ⇆ NaCl + H2O

Wir berechnen die Molzahl beider Edukte:


𝑛𝑛8BCD = 𝑐𝑐 ∙ 𝑉𝑉 = 0,25 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚/𝑑𝑑𝑑𝑑W ∙ 0,015 𝑑𝑑𝑑𝑑W = 0,00375 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚
13
𝑛𝑛DlO = 𝑐𝑐 ∙ 𝑉𝑉 = 0,3 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚/𝑑𝑑𝑑𝑑W ∙ 0,005 𝑑𝑑𝑑𝑑W = 0,0015 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚

Wir sehen, dass die Lösung alkalisch ist, weil NaOH im Überschuss ist.
Wir berechnen die Konzentration der Lösung in Bezug auf überschüssiges NaOH:

𝑐𝑐DlO = 𝑛𝑛 ∙ 𝑉𝑉 = 0,00225 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 ∙ 0,0065 𝑑𝑑𝑑𝑑W = 1,4625 ∙ 10ÉJ 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚/𝑑𝑑𝑑𝑑W

13
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Das Verhältnis zwischen Stoffmengenkonzentration und Massenkonzentration und
Massenanteil und Dichte der Lösung ergibt sich aus dem Ausdruck:

𝛾𝛾 𝜌𝜌 ∙ 𝑤𝑤
𝑐𝑐 = =
𝑀𝑀 𝑀𝑀

Übungsaufgaben:
1. Wie viele Erythrozyten gibt es im 100 ml Blut, wenn es bekannt ist, dass 1 Liter 4,5 ·
1010 Erythrozyten enthält? (L: N = 4,5 · 109)
2. Wie viele Milligramm Sauerstoff reagiert mit 24 g Kohlenstoff zu Kohlendioxid? (L: m
= 64000 mg)
3. Wie viele Milliliter 96%ige Schwefelsäure mit einer Dichte von 1,83 g/mL sollten Sie
nehmen, um 100 mL einer Lösung mit einer Konzentration von 0,15 mol/L
herzustellen? (L: V = 0,838 mL)
4. Wie viel Gramm Eisen enthält das Hämoglobin eines Medizinstudenten mit einem
Körpergewicht von 75 kg und einem Blutvolumen von etwa 5,25 Liter? Die
Massenkonzentration von Hämoglobin im Blut beträgt 160 g/L, während der
Massenanteil von Eisen im Hämoglobin 0,33% beträgt. (L: m = 2,77 g)
5. Sie haben eine Natronlösung hergestellt, indem Sie 35 g Natriumbicarbonat in 40 g
Wasser aufgelöst haben, berechnen Sie den Massenanteil und die
Massenkonzentration, wenn die Dichte der Lösung 0,998 g/mL beträgt. (L: w =
46,47%, γ = 464,8 g/L)

14

14 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


S2 SEMINAR 2.
SEMINAR 2.

2.1. pH-WERT
2.1. pH-WERT
2.1.1. Konzentration von Wasserstoffionen (Wasserstoffexponent, pH)
2.1.1. Konzentration von Wasserstoffionen (Wasserstoffexponent, pH)
Numerische Werte der Konzentrationen von Hydronium- (Wasserstoff-) und
Numerische
Hydroxid-Ionen Werte der
in wässrigen Konzentrationen
Lösungen reichen von von1x10Hydronium-
-14 (Wasserstoff-)
mol dm-3 bis 1 mol dm-3. undDie
Hydroxid-Ionen in wässrigen Lösungen
+ reichen
– von 1x10
-3-14
mol dm -3
bis 1 mol dm
Zahlen, die wir verwenden, um [H ] und [OH ] in mol dm auszudrücken, sind extrem klein,
-3
. Die
Zahlen, die wir
daher wird dieverwenden, um [H
Konzentration von] und
+
[OH–]OH
H+ und in –mol
ausdm
-3
auszudrücken,
praktischen sind als
Gründen extrem klein,
negativer
daher wird Logarithmus
dekadischer die Konzentration von H undausgedrückt,
+
der Konzentration OH aus praktischen

Gründen als negativer
oder mit dimensionslosen Größen
dekadischer
pH und pOH: Logarithmus der Konzentration ausgedrückt, oder mit dimensionslosen Größen
pH und pOH:
[H+] / mol dm-3 = 10-pH [OH-] / mol dm-3 = 10-pH
[H+] / mol dm-3 = 10-pH [OH-] / mol dm-3 = 10-pH
pH= -log ([H+] / mol dm-3 pOH= -log ([OH-] / mol dm-3
pH= -log ([H+] / mol dm-3 pOH= -log ([OH-] / mol dm-3
Logarithmiert man den Ausdruck für das Ionenprodukt des Wassers,
Logarithmiert
𝐾𝐾 á Éman
Ö = [𝐻𝐻 ][𝑂𝑂𝑂𝑂 ] = 10
den
ÉIL
𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 VAusdruck fürmultipliziert
/𝑑𝑑𝑑𝑑Éä und das Ionenprodukt des
mit -1 ergibt sich: Wassers,
á É ÉIL V
𝐾𝐾Ö = [𝐻𝐻 ][𝑂𝑂𝑂𝑂 ] = 10 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 /𝑑𝑑𝑑𝑑 Éä
und multipliziert mit -1 ergibt sich:
𝒑𝒑𝒑𝒑 + 𝒑𝒑𝒑𝒑𝒑𝒑 = 𝒑𝒑𝒑𝒑𝒘𝒘 = 𝟏𝟏𝟏𝟏
𝒑𝒑𝒑𝒑 + 𝒑𝒑𝒑𝒑𝒑𝒑 = 𝒑𝒑𝒑𝒑𝒘𝒘 = 𝟏𝟏𝟏𝟏
Der Begriff pH wurde vom dänischen Chemiker P.L. Sörensen vorgestellt, und er hat es als
Der
den Begriff pH wurde
negativen vom dänischen
Logarithmus Chemiker P.L.von
der Konzentration Sörensen vorgestellt, und
Wasserstoffionen er hat es
definiert. als
Diese
den negativen
Einstellung Logarithmus
gilt für sehr verdünnteder Lösungen.
Konzentration von Wasserstoffionen
Die pH-Werte können von 0 bis definiert. Diese
14 reichen. Je
Einstellung
höher die Hgilt-Konzentration,
+ für sehr verdünnte
destoLösungen.
niedriger Die
der pH-Werte
pH-Wert der können vonDie
Lösung. 0 bis 14 reichen.
neutrale Je
Lösung
höher
hat die pH-Wert
einen H -Konzentration,
+
desto niedriger
von 7. pH-Werte von 0 - 7der pH-Wert der säurige
repräsentieren Lösung.Lösungen
Die neutrale undLösung
Werte
hat einen
von 7 - 14 pH-Wert vonLösungen.
basische 7. pH-Werte von Säuren
Starke 0 - 7 repräsentieren
werden selbst säurige Lösungen pH-Werten
bei niedrigen und Werte
von 7 - 14inbasische
vollständig Lösungen.
Anionen und Kationen Starke Säurenwährend
dissoziiert, werdenschwache
selbst bei niedrigen
Säuren pH-Werten
bei niedrigen pH-
Bedingungen nur teilweise dissoziiert werden. Starke Basen dissoziieren, im GegensatzpH-
vollständig in Anionen und Kationen dissoziiert, während schwache Säuren bei niedrigen zu
Bedingungen
schwachen nur teilweise
Basen, bei hohem dissoziiert
pH-Wert werden. Starke Basen dissoziieren, im Gegensatz zu
vollständig.
schwachen Basen, bei hohem pH-Wert vollständig.
Im menschlichen Körper finden wir unterschiedliche pH-Werte in Geweben und
Im menschlichen Körper
Körperflüssigkeiten. In einemfinden wir Organismus
gesunden unterschiedliche pH-Werte
sollte der pH-Wert indesGeweben und-
Speichels 6,5
Körperflüssigkeiten.
6,8 und des Urins 6,5In- einem gesunden
7,0 betragen. DerOrganismus
pH-Bereich sollte der pH-Wert
von venösem des Speichels
Blut liegt zwischen 6,5
7,30-
6,8
undund
7,35,des
undUrins 6,5 - 7,0 von
der pH-Wert betragen. Der pH-Bereich
arteriellem von venösem
Blut sollte zwischen Blut7,45
7,4 und liegtliegen.
zwischen 7,30
Normale
15
und 7,35, undhaben
Magensäfte der pH-Wert von arteriellem
einen pH-Wert Blut sollte
von 1,0–3,5. zwischen 7,4haben
Pankreassekrete und 7,45
einenliegen. Normale
pH-Wert von
Magensäfte
8,0 - 8,3 und haben einen pH-Wert von 1,0–3,5. Pankreassekrete haben einen pH-Wert von
so weiter.
8,0 - 8,3 und so weiter.
Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass der pH-Wert logarithmisch mit der H+ -
Es ist wichtig, sich daran Konzentration
zu erinnern, dass der pH-Wert logarithmisch mit der H+ -
zusammenhängt.
Konzentration zusammenhängt.

15
15
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Beispiel 1.
Der gemessene pH-Wert einer Lösung beträgt 3. Dies bedeutet, dass die Konzentration von H+
in der Lösung 0,001 mol dm-3 beträgt, während pH=4 bedeutet, dass die Lösung 0,0001 mol
dm-3 Wasserstoffionen enthält. Daher enthält eine Lösung mit pH=3 zehnmal mehr
Wasserstoffionen als eine Lösung mit pH=4.

Dieses Beispiel hilft uns zu verstehen und uns daran zu erinnern, dass selbst die kleinste
Änderung des pH-Werts eine signifikante Zunahme oder Abnahme der Anzahl von
Wasserstoffionen bedeutet!

Beispiel 2.
Berechnen Sie das pH und pOH für jede der Lösungen: (a) 1,00 M HNO3; b) 0,306 M Ba(OH)2.

a) Lösung:
Aus dem Beispiel 1. wissen wir, dass für HNO3 [H+] = 1,00 mol dm–3 und [OH–] = 1,00 ·
10-14 ist. Dementsprechend folgt:

1 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚/𝑑𝑑𝑑𝑑W
𝑝𝑝𝑝𝑝 = −𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙 = −𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙 (10M ) = −(−0) = 0,00
1 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚/𝑑𝑑𝑑𝑑W

1 ∙ 10ÉIL 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚/𝑑𝑑𝑑𝑑W
𝑝𝑝𝑝𝑝𝑝𝑝 = −𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙 = −𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙 (10ÉIL ) = −(−14) = 14,00
1 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚/𝑑𝑑𝑑𝑑W

b) Lösung:
Basierend auf Beispiel 2. wissen wir, dass für 0.306 M Ba(OH)2, [H+] = 1.63 · 10–14 mol
dm–3 and [OH–] = 6.12 · 10–1 mol dm–3. Gemäß:

𝑝𝑝𝑝𝑝 = − log (1,63 ∙ 10ÉIL ) = −(−13,79) = 13,79

𝑝𝑝𝑝𝑝𝑝𝑝 = −𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙 (6,12 ∙ 10ÉI ) = −(−0,213) = 0,213

Beispiel 3.
Berechnen Sie den pH-Wert der Lösung, die durch Auflösen von 3,53 g NaOH in 10 dm3 H2O
erhalten wird.

Wir berechnen erst die Konzentration von NaOH in der Lösung:


16
𝑚𝑚8BCD 3,53 𝑔𝑔
𝑛𝑛8BCD = = = 0,08825 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚
𝑀𝑀8BCD 40 𝑔𝑔/𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚
𝑛𝑛8BCD 0,08825 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚
𝑐𝑐8BCD = = = 8,82 ∙ 10ÉW 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚/𝑑𝑑𝑑𝑑W
𝑉𝑉 10 𝑑𝑑𝑑𝑑W

16 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Da NaOH ein starkes Alkali ist, ergibt jedes Mol gelöster NaOH 1 Mol OH–-Ion:

[OH-] = 8,82 x 10-3 mol dm-3

𝑝𝑝𝑝𝑝𝑝𝑝 = −𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙 (8,82 ∙ 10ÉW ) = −(0,95 − 3) = 2,25

𝑝𝑝𝑝𝑝 = 14 − 𝑝𝑝𝑝𝑝𝑝𝑝 = 14 − 2,25 = 11,95

2.2. PUFFER UND PUFFERLÖSUNGEN


Der Säure-Basen-Haushalt ist einer der wichtigsten Faktoren für die Erhaltung der
Gesundheit und eines normalen Lebens. Der menschliche Körper reagiert äußerst
empfindlich auf Veränderungen des pH-Wertes und verfügt aus diesem Grund über spezielle
Puffersysteme, die den Säure-Basen-Haushalt regulieren und den pH-Wert in engen Grenzen
halten.

Mechanismen zur Kontrolle des Säure-Basen-Gleichgewichts im Körper sind: Senkung der


Konzentration von Wasserstoffionen, Puffersysteme, Atmungs- und Nierenmechanismen.

Es ist äußerst wichtig, den pH-Wert in normalen Grenzen zu halten, damit


Stoffwechselprozesse, die auf Änderungen der Konzentration von Wasserstoffionen
empfindlich reagieren, reibungslos ablaufen können. Andernfalls kommt es als Folge der
Unfähigkeit, den pH-Wert im Normbereich zu halten, zu Azidose und Alkalose (Abbildung 2.1).

Abbildung 2.1. pH-Wert des arteriellen Blutes


17
Chemisch gesehen sind Pufferlösungen wässrige Lösungen, die ein konjugiertes Säure-Base-
Paar enthalten und die Eigenschaft haben, die pH-Änderungen der Lösung nach Verdünnung
oder nach Zugabe geringer Mengen starker Säure oder starker Base zu widerstehen.

17
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Pufferlösungen bestehen aus einer schwachen Säure und ihrem entsprechenden Salz, die
durch Reaktion mit einer starken Base gebildet wird, oder einer schwachen Base und ihrem
entsprechenden Salz, durch Reaktion mit einer starken Säure gebildet wird.

Zur Herstellung von Puffern im sauren Teil des pH-Bereichs nehmen wir Stoffe mit pKa < 7,
und zur Herstellung von Puffern im alkalischen pH-Bereich Stoffe mit pKa > 7. Die am
häufigsten verwendeten Puffer in medizinisch-biochemischen und molekularbiologischen
Laboratorien sind Phosphat, Citrat, Glycin, Carbonat und Tris-Puffer.

2.2.1. Henderson-Hasselbalch Gleichung

Wir verwenden die Henderson-Hasselbach-Gleichung, wenn wir den pH-Wert eines Puffers
oder das Verhältnis der Pufferkomponenten, die den pH-Wert einer Lösung bestimmen,
berechnen wollen.

Für einen Puffer, der eine Mischung aus einer schwachen Säure (HA) und ihren Salzen ist,
lautet die Gleichung:
[𝐴𝐴É ]
𝑝𝑝𝑝𝑝 = 𝑝𝑝𝐾𝐾B + 𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙
[𝐻𝐻𝐻𝐻]
pH = - log[H+], Konzentration von Hydronium-Ionen;
pKa = – logKa, Säuredissoziationskonstante (niedrigerer pK-Wert entspricht stärkerer
Säure);
[A-] - Konzentration der konjugierten Base einer schwachen Säure;
[HA] – Konzentration von schwache Säure.

Für einen Puffer, der eine Mischung aus einer schwachen Base und ihrem Salz ist, lautet die
Gleichung:
[𝐵𝐵 á ]
𝑝𝑝𝑝𝑝 = 𝑝𝑝𝐾𝐾ï + 𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙
[𝐵𝐵𝐵𝐵𝐵𝐵 ]
pOH = - log [OH-], Konzentration von Hydroxid-Ionen;
pKb = -log Kb, Basendissoziationskonstante
[B+] – Konzentration der schwachen Base der konjugierten Base;
[BOH] – Konzentration der schwachen Base.

18
2.2.2. Pufferkapazität

Pufferkapazität ist die Fähigkeit eines Puffersystems, pH-Änderungen zu mildern, die durch
die Zugabe einer Säure oder Base verursacht werden. Sie wird durch die Menge an
Wasserstoffionen ausgedrückt, die der Lösung zugesetzt oder abgezogen werden muss, um

18 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


den pH-Wert der Lösung um eine pH-Einheit zu ändern. Die Pufferkapazität kann gemäß
folgender Gleichung berechnet werden:
∆𝑛𝑛~Bsx ∆𝑛𝑛Säure
𝑐𝑐ótx" = =−
𝑉𝑉 ∙ ∆𝑝𝑝𝑝𝑝 𝑉𝑉 ∙ ∆𝑝𝑝𝑝𝑝
ΔpH – pH-Änderung;
Δn (Base) – Menge an starker Base;
Δn (Säure) – Menge an starker Säure;
V – Puffervolumen.

Die Pufferkapazität hängt ab von:


a) der Puffermenge
b) den Konzentrationen der Komponenten - die höchste Kapazität des Puffers ist,
wenn das pHLösung = pKPuffer.

Das Puffersystem ist wirksam im pH-Bereich = pK ± 1

Die quantitative grafische Darstellung der Pufferkapazität kann durch eine Titrationskurve
dargestellt werden.

Beispiel 4.
Titrationskurve von Essigsäure (schwache Säure) titriert mit einer starken Base – NaOH.

19

Beispiel 5.
Die optimale Pufferkapazität von Bicarbonatpuffer ist höher, wenn der pH-Wert nahe am
pK-Wert liegt, aber niedriger bei normalem Blut-pH-Wert. Warum?

19
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Lösung: Die Antwort findet man in Form einer Puffertitrationskurve:

Gelegter Teil der Kurve: pH der Lösung = pK Puffer - hier ist die Pufferkapazität am größten,
da die Änderung der relativen Konzentrationen von Bicarbonat und Kohlendioxid nur zu einer
geringen pH-Änderung der Lösung führt. Beim pH-Wert über 7,1 ist die Steigung der Kurve
jedoch viel höher. Hier bewirkt eine Änderung der relativen Konzentrationen von Bicarbonat
und Kohlendioxid eine starke Änderung des pH-Werts der Lösung.

Daher müssen beim physiologischen Blut-pH von 7,4 andere Organe helfen, die Menge an
HCO3- und CO2 im Blut zu kontrollieren, um den pH-Wert relativ konstant zu halten.

Beachten Sie, dass der pH-Wert des Blutes außerhalb der normalen Kapazität des Puffers
liegt!

2.2.3. Puffersysteme im menschlichen Körper

Der menschliche Körper verfügt über mehrere Puffersysteme, die den pH-Wert im Körper
konstant halten:
a) Bicarbonat-Puffer (H2CO3 und NaHCO3)
b) extrazellulärer Phosphat- und Ammoniakpuffer
20 c) interzellulärer Protein-Puffer (Glutathion, Hämoglobin, Methionin, Taurin)
d) Puffersystem von Kohlenstoffsalzen - Calcium, Natrium, Kalium, Magnesium, Eisen
e) hormonelles Puffersystem - antidiuretisches Hormon (Wasserregulation), Aldosteron
(Natrium- und Kaliumregulierung)
f) Fett-Puffer - LDL (Low Density Lipoprotein) - bindet Säuren und speichert sie im
Fettgewebe bei ungenügender Ausscheidung über die Nieren

20 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


g) Wasser - Verdünnungseffekt (durch Zugabe von Wasser sinkt H+ Konzentration)
Auflösungseffekt - durch Dissoziation kann Wasser als Donor und als
Protonenakzeptor wirken.

Alle oben genannten Systeme werden von Blut, Atmungssystem, Lymphe, Gewebeflüssigkeit,
Nieren und Knochen, die die Hauptorgane der Säure-Basen-Regulation sind, verwendet.
Die wichtigsten Puffersysteme unseres Körpers sind Hämoglobin-, Protein-, Phosphat- und
Bicarbonat-Puffer. Die Grundeigenschaften von jedem von ihnen sind in der Tabelle 2.1
angegeben.

Tabelle 2.1. Grundeigenschaften der wichtigsten Puffersysteme im menschlichen Körper


Puffer Säure Konjugierte Base Wirkungsort Auswirkung
Hämoglobin HHB Hb- Erythrozyten Die Pufferkapazität hängt von
der Sauerstoffbindung ab. Die
Pufferwirkung hängt von der
Dissoziation von sauren und
basischen Gruppen ab. Bei pH =
7,4 hängt die Pufferwirkung von
Hämoglobin hauptsächlich von
der Dissoziation der Imidazol-
Gruppe von Histidin ab.
Protein H-Proteine Protein- Im Zell Das stärkste Puffersystem; wirkt
über freie funktionelle Gruppen
von terminalen Aminosäuren
(Protonendonatoren oder -
akzeptoren).
Phosphat H2PO4- HPO42- Im Zell Im Blutplasma (pH 7,4) HPO42-:
H2PO4- = 4:1;
Im Urin (pH 4,8) befindet sich
meistens H2PO4- (Na+
Einsparung).
Bicarbonat CO2 → HCO3- Außerhalb Behält 60 % der
H2CO3 der Zelle Blutpufferkapazität bei. Es ist für
die Wirkung von
Hämoglobinpuffer (bildet die
verbleibende Pufferkapazität
des Blutes) und für die Funktion
des renalen Puffermechanismus 21

(Protonensekretion abhängig
von Bicarbonat-Puffer)
notwendig. Das Verhältnis von
H2CO3 und NaHCO3 in diesem
Puffer beträgt 1:20, was einem
pH-Wert von 7,4 entspricht.

21
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Beispiel 6.
100 cm3 einer 0,1 mol dm-3 Glycinlösung wurden mit 2 mol dm-3 NaOH titriert. Der pH-Wert
und der Alkaliverbrauch wurden aufgezeichnet und die Ergebnisse sind in der Abbildung
dargestellt. Die wichtigsten Titrationspunkte sind mit I - V markiert.

Bestimmen Sie für jede der folgenden Behauptungen den wichtigsten Titrationspunkt der
Kurve und begründen Sie Ihre Wahl:

Behauptung Begründung
a) Glycin wird hauptsächlich gefunden I; - maximal protoniert beim niedrigsten pH (höchste
als: +H3N-CH2-COOH [H+]).
b) Die durchschnittliche Nettoladung II; bei pK1 (2,34) wird die Hälfte des Protons von der
von Glycin beträgt +1/2 α-Carboxylgruppe entfernt (½ deprotoniert) und seine
Ladung ändert sich von 0 auf -1/2. Daher ist die
durchschnittliche Nettoladung von Glycin (-1/2) + (+1)
= +1/2.
c) ½ die Hälfte der Aminogruppe ist IV; die α-Aminogruppe ist in ihrem pKa halb
ionisiert deprotoniert (pK2 = 9,60).

d) Der pH ist gleich dem pKa der II; nach der Henderson-Hasselbalch-Gleichung:
22
Carbonsäure pH = pKa + log([A-]/[HA]).
Wie [A-]/[HA] = 1; [A-] = [HA] ist, daraus folgt pH =
pKa.
e) Der pH-Wert entspricht dem pKa der IV; siehe Antworten (c) und (d).
protonierten Aminogruppe

22 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


f) Glycin hat die höchste II und IV; im pKa-Bereich überträgt die Säure Protonen
Pufferkapazität auf Glycin, d.h. die Base nimmt Protonen von Glycin
auf, daher kommt es in diesen Bereichen zu
minimalen pH-Wert-Änderungen.
g) Die Nettoladung von Glycin ist im III; das ist der isoelektrische Punkt pI = (pK1 + pK2)/2 =
Durchschnitt null (2,34 + 9,60)/2 = 5,97.

h) Carbonsäure ist vollständig titriert III; es ist der erste Äquivalenzpunkt, d.h. ein
(Äquivalenzpunkt 1) Äquivalent OH- wird verbraucht. Dies liegt bei 5,97,
was 3,6 pH-Einheiten von jedem pKa entfernt ist.
i) Glycin ist vollständig titriert V; pH 11,3 (1,7 pH-Einheiten über pK2).

j) Schlechtester pH-Bereich für Puffer I, III, V; jeder dieser Bereiche ist einige pH-Einheiten
vom pKa entfernt, d.h. der Bereich mit der besten
Pufferkapazität.

Übungsaufgaben:
1. Bei 37 °C beträgt die Konzentration von H+ im Blut 4 · 10-8 mol dm-3. Berechnen Sie die
Konzentration von OH-, wenn Sie wissen, dass das Ionenprodukt von Wasser bei dieser
Temperatur 2,39 · 10-14 mol2 dm-6 beträgt. (L: 5,98 10-7 mol dm-3).
2. Berechnen Sie den pH-Wert der Lösung, die durch Mischen von 16 cm3 0,16 mol dm-3
NaOH, 15 cm3 0,32 mol dm-3 NaOH und 95 cm3 0,08 mol dm-3 HCl erhalten wird. (L: pH
= 2,72).
3. Berechnen Sie die Konzentration von OH- in 0,01 M wässriger Ammoniaklösung. Die
Konzentrationskonstante von NH3OH beträgt 1,79 · 10-5 mol dm-3. (L: 4,1 · 10-5 mol
dm-3)
4. Berechnen Sie [H+] und [OH-] der Lösung mit einem pH-Wert von 10,33. (L: [H+] = 4,7
· 10-11 mol dm-3; [OH-] = 2,4 · 10-4 mol dm-3)
5. Zu 15,00 cm3 Ameisensäurelösung mit einer Konzentration von 0,03 mol dm-3 werden
12,00 cm3 Kaliumformiatlösung mit einer Konzentration von 0,15 mol dm-3
zugegeben. Berechnen Sie den pH-Wert der resultierenden Mischung. (L: pH = 4,35)
6. Wie viele Gramm Natriumacetat sollten zu 200,00 cm3 Salzsäurelösung mit einer
Konzentration von 0,2000 mol dm-3 hinzugefügt werden, um eine Lösung mit pH = 4,5 23
zu erhalten? (L: m (CH3COONa) = 5,148 g)
7. Berechnen Sie den pH-Wert der Lösung, die durch Mischen von 30,00 cm3
Essigsäurelösung mit einer Konzentration von 0,10 mol dm-3 und 50,00 cm3
Kaliumacetatlösung mit einer Konzentration von 0,30 mol dm-3 erhalten wird. (L: pH
= 5,44)

23
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
8. Wie viele Gramm NaOH sollten in 1 Liter Glycinhydrochlorid-Lösung c = 0,1 M
zugegeben werden, um eine vollständig deprotonierte Form von Glycin zu erhalten,
und wie viele? Mr (NaOH) = 40; pKa1=2,3; pKa2=9,6 (L: m (NaOH) = 4.8 g)

24

24 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


S3 SEMINAR 3.

3.1. THERMOCHEMIE
Die Umwandlung von Wärmeenergie in andere Energieformen wird im
Gleichgewichtszustand über drei physikalische Größen untersucht: Druck (p), Temperatur (T)
und Volumen (V). Der Zustand des Systems wird außerdem durch die Menge der Moleküle
beschrieben. Um die Zustandsänderungen und die mit der Zustandsänderung verbundenen
chemischen Prozesse besser untersuchen zu können, müssen wir im Stande sein, die
Energiebedingungen dieser Änderungen vorherzusehen. Die Grundvoraussetzung dafür, ist
die Kenntnis der Gesetze der Thermodynamik, die sich mit der Untersuchung von
energetischen Zustandsänderungen und dem Verhältnis thermischer Energie zu anderen
Energiearten befassen.

Zahlreiche chemische Reaktionen bewirken eine Änderung des thermischen Zustands


(Verbrennung, alkoholische Gärung), eine Änderung der mechanischen Arbeit (Expansion
oder Kompression von Gas) oder die Erzeugung von Elektrizität (galvanische Zelle, Batterien
und Akkumulatoren). Daher werden neben den Gleichungen chemischer Reaktionen auch
Angaben zur entsprechenden Anwendung einer bestimmten Energie während der Reaktion
gemacht.

3.1.1. Die Gesetze der Thermodynamik

• Das Nullgesetz der Thermodynamik (Temperaturdefinition)

Die Temperatur ist eine skalare Größe, die für die thermodynamischen Systeme im
Gleichgewicht bestimmt ist. Temperatur ist per Definition ein Maß für die Intensität des
thermischen Zustands eines Stoffes, oder nach der kinetischen Theorie ein Maß für die mittlere
kinetische Energie der Translationsbewegung von Teilchen in einem idealen Gassystem.

Das Nullgesetz der Thermodynamik besagt, dass mehrere, sich selbst überlassene Systeme
nach einiger Zeit dazu neigen, ein thermisches, chemisches oder mechanisches Gleichgewicht
zu erreichen.

• Das erste Gesetz der Thermodynamik – Der Energieerhaltungssatz

Energie kann nicht aus dem Nichts erschaffen oder zerstört werden, sondern kann nur von 25
einer Form in eine andere oder von einem Körper in einen anderen übertragen werden.

25
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Wärme (Q) geht spontan von einem Körper
höherer Temperatur zu einem Körper niedrigerer
Temperatur über, bis sich ein thermisches
Gleichgewicht einstellt. Durch die Wärmeänderung
ändert sich auch die innere Energie (U) des
Systems, die vom thermischen Zustand des Stoffes
abhängt und alle Energieformen eines gegebenen
Systems umfasst. Durch das Zuführen jeglicher
Energieform in ein System erhöht sich dessen
innere Energie, das heißt (d.h.), durch die Abgabe
von Energie nimmt die innere Energie ab. Es
wurde vereinbart, dass jede Arbeit (W) und Abbildung 3.1. Änderung im System
Wärme, die die innere Energie erhöht, ein aufgrund der durchgeführten Arbeit
positives Vorzeichen (+) hat und oder der Wärmezufuhr
dementsprechend das negative Vorzeichen (-) die
geleistete und verrichtete Arbeit bezeichnet (Schema Nr. 1). In einem isolierten System ist
die innere Energie konstant und sie ist eine Funktion des Zustands, d.h. sie wird nur durch
den Zustand des Systems bestimmt, unabhängig davon, auf welchem Weg der Zustand
hergestellt wurde.

Nach dem ersten Hauptsatz der Thermodynamik kann in einem System mit dem konstanten
Volumen eine isochore Änderung des Gaszustands auftreten, wenn die zugeführte Wärme
nur zur Erhöhung der inneren Energie (ΔU) ohne Arbeit (W = 0) verwendet wird, denn es gibt
keine Volumenänderung und die mathematische Relation gilt:

∆𝑈𝑈 = 𝑈𝑈V − 𝑈𝑈I = 𝑄𝑄 − 𝑊𝑊

𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑 𝐵𝐵𝐵𝐵𝐵𝐵𝐵𝐵𝐵𝐵𝐵𝐵𝐵𝐵𝐵𝐵𝐵𝐵: 𝑉𝑉}NQsy ∆𝑈𝑈 = 𝑄𝑄

Nach dem gleichen Gesetz tritt, wenn wir dem System bei Pkonst Wärme zuführen, eine isobare
Zustandsänderung des Gases auf und aufgrund der Erwärmung nimmt das Volumen zu und
das System funktioniert:

𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑𝑑 𝐵𝐵𝐵𝐵𝐵𝐵𝐵𝐵𝐵𝐵𝐵𝐵𝐵𝐵𝐵𝐵𝐵𝐵: 𝑃𝑃}NQsy 𝑄𝑄§ = ∆𝑈𝑈 − 𝑊𝑊 = ∆𝑈𝑈 + 𝑝𝑝∆𝑉𝑉

Die zugeführte Wärme:


26
𝑄𝑄 = 𝑛𝑛𝐶𝐶•,6NO (𝑇𝑇V − 𝑇𝑇I ) + 𝑝𝑝∆𝑉𝑉 und 𝑄𝑄 = 𝑛𝑛𝐶𝐶§,6NO (𝑇𝑇V − 𝑇𝑇I )

26 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Isobare Veränderungen sind in der chemischen Praxis weit verbreitet, da eine Vielzahl an
chemischen Reaktionen bei konstantem Druck ablaufen. Die thermische Funktion des
Zustands bezeichnen wir mit Enthalpie (H). Es folgt:

𝑄𝑄𝑝𝑝 = 𝑈𝑈2 − 𝑈𝑈1 + 𝑝𝑝𝑉𝑉2 − 𝑝𝑝𝑉𝑉1 = (𝑈𝑈2 + 𝑝𝑝𝑉𝑉2 ) − (𝑈𝑈1 + 𝑝𝑝𝑉𝑉1 ) = 𝐻𝐻2 − 𝐻𝐻1 = ∆𝐻𝐻

𝑯𝑯 = 𝑼𝑼 + 𝒑𝒑𝒑𝒑

Absolute Werte für Enthalpie und innere Energie können nicht bestimmt werden, da diese
eine Funktion des Zustands sind. Es wurde vereinbart, dass die Standardbildungsenthalpie
der Materie (HΘ) unter Standardbedingungen (S.U.) gleich null ist: p = 101325 Pa (1 atm; 1
bar), t = 25 °C (298,15 K). Die Enthalpie ändert sich während der chemischen Reaktion. Dank
der Existenz des Hessschen Satzes, der besagt: Die Gesamtenthalpieänderung (ΔH) einer
Reihe chemischer Reaktionen ist gleich der Gesamtenthalpieänderung jeder anderen Reihe
chemischer Reaktionen, wenn wir in beiden Fällen von den gleichen Komponenten ausgehen
und die gleichen Produkte erhalten.

∆𝑟𝑟𝑟𝑟 = ∆𝑟𝑟𝑟𝑟ó"N©t}yx − ∆𝑟𝑟𝑟𝑟™©t}yx

∆𝐻𝐻´ = ∆𝐻𝐻¨x"sxy≠tQK − ∆𝐻𝐻GvwBtQK

𝟐𝟐𝟐𝟐𝟐𝟐𝟐𝟐(𝒈𝒈) → 𝑵𝑵𝟐𝟐(𝒈𝒈) + 𝟐𝟐𝑶𝑶𝟐𝟐(𝒈𝒈) 𝑵𝑵𝟐𝟐(𝒈𝒈) + 𝟐𝟐 𝑶𝑶𝟐𝟐(𝒈𝒈) → 𝑵𝑵𝟐𝟐 𝑶𝑶𝟒𝟒(𝒈𝒈)

≤ 𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅 𝟐𝟐𝟐𝟐𝟐𝟐𝟐𝟐(𝒈𝒈) → 𝑵𝑵𝟐𝟐 𝑶𝑶𝟒𝟒(𝒈𝒈)

Abbildung 3.2. Bestimmung der Enthalpie der N2O4-Bildung. Die Reaktion erfolgt in
zwei Schritten, wobei im ersten Schritt NO2 in elementaren Sauerstoff und Stickstoff
zerfällt, die im zweiten Schritt der Reaktion das N2O4-Molekül bilden. Die Enthalpie
27
dieser Reaktion ist die Summe aller Enthalpieänderungen in den Schritten 1 und 2.

Je nachdem, ob Wärme freigesetzt oder gebunden wird, spricht man von exothermen und
endothermen Reaktionen. Ein Beispiel für eine exotherme Reaktion ist die Verbrennung von
Kohlenstoff oder die Auflösung von NaOH. Bei einer exothermen Reaktion hat die Enthalpie

27
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
ein negatives Vorzeichen, d.h. bei einer endothermen Reaktion ein positives Vorzeichen, wie
wir im folgenden Beispiel sehen:

𝐶𝐶(s) + 𝑂𝑂V(K) → 𝐶𝐶𝐶𝐶V(K) ∆𝑓𝑓𝐻𝐻´ = − 391,51 𝑘𝑘𝑘𝑘/𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚

𝐶𝐶𝐶𝐶V(K) → 𝑂𝑂V(K) + 𝐶𝐶(K) ∆𝑟𝑟𝑟𝑟 = 391,51 𝑘𝑘𝑘𝑘/𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚

Δ H– Enthalpieänderung
f – Reaktionsart - Bildung
r – Reaktionsenthalpie

Nach den Reaktionsarten unterscheidet man die Verbindungsbildungsenthalpie, die


Fällungsenthalpie, die Neutralisations-, Auflösungs-, Schmelz- und Verdampfungsenthalpie.
Alle Enthalpien werden experimentell mit einem Kalorimeter bestimmt.

Tabelle 3.1. Molare Standardenthalpie (H∑



) pri 25°C

𝑯𝑯𝜽𝜽𝒎𝒎 (kJ/mol) 𝑯𝑯𝜽𝜽𝒎𝒎 (kJ/mol) 𝑯𝑯𝜽𝜽𝒎𝒎 (kJ/mol)


H2O (l) -285,8 Br2 (g) +31,7 CO (g) -109,99
H2O (g) -241,8 Br (g) +113,4 CO2 (g) -393,4
H (g) +216,7 CH4 (g) -74,9 Cl (aq)
-
-166,9
O (g) +246,4 C2H2 (g) +225,5 C2H5OH (l) -277,6
Cl (g) +120,9 C6H6 (g) +55,2 C2H4 (g) +52,3

• Molare Wärmekapazität und spezifische Wärmekapazität

Wärmekapazitäten geben an, wie viel Wärme einem System zugeführt werden muss, um
seine Temperatur um 1 K zu ändern. Sie hängt von der Zusammensetzung und Größe des
Systems sowie den Bedingungen der Wärmezufuhr ab. Wir unterscheiden zwischen der
Wärmekapazität beim konstanten Druck (Cp, m) und der Wärmekapazität beim konstanten
Volumen (Cv, m). Bei reinen Stoffen werden Wärmekapazitäten pro Mengeneinheit (n)
beobachtet und dann molare Wärmekapazitäten (Cp, Cv) genannt. Wenn ihre Werte pro
Masseneinheit ausgedrückt werden, nennen wir sie spezifische Wärmekapazitäten (Cp, Cv).
ª
Wärmekapazität: 𝐶𝐶 = / J/K
Ƽ
28
ª ª
Molare Wärmekapazität: 𝐶𝐶§ = Ω ø ; 𝐶𝐶• = Ω ø
ºF Éºæ § ºF Éºæ •

l I ƻ
Spezifische Wärmekapazität: 𝐶𝐶§,• = Ω 6¿,¡ø = Ω ø
• 6 ∆º §,•

28 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Die Mayersche Relation für ein ideales Gas bei konstantem Druck und konstantem Volumen
verbindet zwei Wärmekapazitäten (Cp, mol und CV, mol). Ihre Differenz entspricht dem Wert
der allgemeinen Gaskonstante (R) und beträgt 8,314 J/molK.

𝐶𝐶§ − 𝐶𝐶• = 𝑛𝑛𝑛𝑛 → 𝐶𝐶§,6NO − 𝐶𝐶•,6NO = 𝑅𝑅

• Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik

Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik erlaubt es uns, die Möglichkeit der thermischen
Umwandlung in andere Energieformen quantitativ zu untersuchen. Zur Untersuchung der
Umwandlung von Wärme in mechanische Arbeit werden Maschinen verwendet, die auf
verwandten Reaktionen basieren. Diese Reaktionen werden auch Carnotscher Kreisprozess
genannt. Das System kehrt nach einer Reihe von Umwandlungen in seinen Ausgangszustand
zurück. Ein Wärmegerät in einem solchen System kann nur dann arbeiten, wenn ein
Unterschied in der Erwärmung der beiden Wärmetanks (T1 ≠ T2) besteht, bei denen die
Wärme vom wärmeren zum kälteren Tank übergeht. Je größer die Temperaturdifferenz,
desto größer die Effizienz der Reaktion. Basierend auf den Erkenntnissen des Carnotschen
Kreisprozess definiert Clausius den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik:

Wärme kann nicht allein von einem kälteren zu einem wärmeren Körper übergehen, weder
direkt noch indirekt.

Carnots Kreisprozess läuft spontan ab, da Wärme von einem wärmeren auf einen kälteren
Körper übertragen wird, was dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik entspricht und
keine zusätzliche mechanische Arbeit erforderlich macht. Wenn jedoch zur Durchführung
eines Prozesses mechanische Arbeit aufgewendet werden muss, dann spricht man von nicht-
spontanen und/oder irreversiblen Prozessen. Ein Beispiel dafür ist der Betrieb eines
Kälteaggregats, bei dem mechanische Arbeit erforderlich ist, um die Raumtemperatur
abzusenken.

Bei der Umwandlung von Wärme in eine andere Energieform geht ein Teil der Wärme
verloren oder bleibt ungenutzt, so dass wir von Wärmeabbau sprechen. Die
thermodynamische Zustandsgröße, die uns über den Wärmeabbau bei verschiedenen
Prozessen informiert, bezeichnen wir als Entropie (S). Entropie ist, wie Enthalpie und innere
Energie, eine Funktion des Zustands, d.h. sie entspricht beim Übergang des Systems vom
Anfangszustand in den Endzustand einer eindeutig bestimmten Entropieänderung (ΔS). Die
Entropie des Systems informiert uns über die Nutzung der thermischen Energie und zeigt die 29

Richtung des Prozesses an.


𝑄𝑄 ∆𝐻𝐻
∆𝑆𝑆 = ; ∆𝑆𝑆 =
𝑇𝑇 𝑇𝑇

∆𝑆𝑆 = 𝑆𝑆V (™Q©x ©xs ó"N≠xssxs) − 𝑆𝑆I(∆«»… À«Ã ÕŒœ–«ÃëÃ)

29
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik besagt, dass mit jedem spontanen Prozess die
Gesamtentropie des Systems und der Umgebung zunimmt. Bei isothermen reversiblen
Prozessen findet keine Entropieänderung statt. Bei einem irreversiblen Prozess, der bei
unterschiedlichen Temperaturen (T1 ≠ T2) mit gleicher Stoffmenge in den Systemen abläuft,
kommt es zu einer Entropieänderung des Systems.

Nimmt das System Wärme auf, nimmt die Entropie des Systems zu, und hat ein positives
Vorzeichen (Q> 0). Daher kann Entropie als Maß für die Unordnung in einem System definiert
werden.

Tabelle 3.2. Molare Entropie (Sm) bei 25°C für einige Verbindungen, Elemente und Ionen

Sm (J/Kmol) Sm (J/Kmol) Sm (J/Kmol)


H2O (l) +69,9 CO (g) +197,9 Ag+ +73,9
H2O (g) +188,7 CO2 (g) +213,6 Cu2+ -98,7
HCl (g) +186,7 CH4 (g) +186,2 Zn2+ -106,5
H2 (g) +130,6 C2H2 (g) +229,5 Cl - -55,1
O2 (g) +205,0 AgCl (s) +96,1 Br - +80,7
C (s) +5,7 Ag (s) +42,7

Die freie Energie (A), die ein System verwenden kann, um bei einem konstanten Volumen zu
arbeiten, wird als Helmholtz-Energie genannt. Sie stellt die Differenz zwischen der inneren
Energie des Systems (U) und der nicht nutzbaren gebundenen Energie (TS) dar.

𝐴𝐴 = 𝑈𝑈 − 𝑇𝑇𝑇𝑇

Erfolgen die Änderungen bei konstantem Druck und konstanter Temperatur mit einer
Volumenänderung, wird die freie Energie, die von einer Form in eine andere umgewandelt
wird, die Gibbssche freie Energie (G) genannt:

𝐺𝐺 = 𝐻𝐻 − 𝑇𝑇𝑇𝑇

𝐺𝐺 = 𝐴𝐴 + 𝑝𝑝∆𝑉𝑉
30
Beziehungsweise, die Veränderung der Gibbsschen Energie (ΔG) nach dem Prinzip:

∆𝐺𝐺 = ∆𝐻𝐻 − 𝑇𝑇∆𝑆𝑆

∆𝐺𝐺 ´ = ∆𝐻𝐻 ´ − 𝑇𝑇∆𝑆𝑆 ´

30 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Tabelle 3. 3. Molare Gibbssche freie Energie (Gm) bei 25°C für einige Verbindungen und
Ionen

Gm (J/mol) Gm (J/mol) Gm (J/mol)


H2O (l) -237,2 CH4 (g) -50,8 Cl - -131,2

H2O (g) -228,6 C2H6 (g) -32,9 Br - -102,7


HCl (g) -95,3 AgCl (s) -109,7 Ag+ +77,1
CO (g) -137,2 Cu2+ +66,9

CO2 (g) -394,4 Zn2+ +147,2

Tabelle 4. Der Einfluss der Temperatur auf die Spontaneität der Reaktion
ΔGΘ ΔGΘ Spontaneität der
ΔHΘ ΔSΘ
(hohe T) (niedrige T) Reaktion
- + - - alles T

+ - + + ohne T
+ + - + hohe T

- - + - niedrige T

ΔHΘ – Änderung der Standardenthalpie; ΔSΘ - Änderung der Standardentropie; ΔGΘ – Änderung der
freien Standardenergie

Der dritte Hauptsatz der Thermodynamik

Wenn die Unordnung im System minimal ist, ist die Entropie des Systems null. Dieses Gesetz
besagt, dass ein reiner Kristall bei 0 K keine Entropie besitzt (SΘ = 0). Bei 0 K ist jeder reine
perfekte Kristall vollständig geordnet und seine Entropie beträgt 0 J/mol. Bei minimaler
Temperaturerhöhung nimmt die Unordnung zu und die Entropie dieses Systems nimmt zu,
d.h. sie ist nicht mehr null.

3.2. GASGESETZE 31

Zwei oder mehr chemisch nicht reaktive beliebige Gase können in beliebigen Anteilen
gemischt werden, um eine vollkommen gleichförmige, homogene Mischung zu bilden. Da die
Gasmoleküle extrem weit voneinander entfernt sind, können die Moleküle eines anderen
Gases leicht in diesen leeren Raum eingefügt werden. Mit diesem Molekülmodell lässt sich
erklären, warum Gase leicht komprimierbar sind, d.h. die Annäherung der Moleküle

31
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
verringert ihren Abstand voneinander, erhöht die Interaktionsmöglichkeit bei gleichzeitiger
Form- und in erheblichem Maße Volumenänderung bei Druckänderungen und Temperatur.
Gerade wegen dieser Eigenschaften sind die physikalischen Gesetze bei Gasen einfacher als
bei den anderen beiden Aggregatzuständen. Die Gasgesetze werden am einfachsten durch
die Anwendung des idealen Gasmodells erklärt, das durch die chaotische Bewegung von
Molekülen gekennzeichnet ist, zwischen denen Van-der-Wals-Kräfte infinitesimal klein, d.h.
gleich null sind, was für ein ideales Gas charakteristisch ist. Dieses Gas kann nicht verfestigt
oder verflüssigt werden. In dem Moment, in dem die Van-der-Wals-Kräfte beträchtlicher
werden, verliert das Gas die Eigenschaften eines idealen Gases und wird zu einem realen Gas,
das als solches in einen flüssigen oder festen Zustand überführt werden kann. Es gibt kein
ideales Gas, aber bei sehr niedrigem Druck, sowie Temperaturen, die deutlich über dem
Siedepunkt liegen, nähern sich reale Gase dem idealen Gaszustand an.

Bei der Untersuchung von Gasen sind die Größen, die den Zustand des Gases bestimmen, von
Bedeutung, nämlich: Druck (p), Temperatur (T) und Volumen (V).

Für Gase gelten folgende Gasgesetze:

• Boyle-Mariott Gesetz - Das Isotherm - Gesetz

Unabhängig voneinander fanden R. Boyle und E. Mariotte heraus, dass das Produkt aus Druck
und Volumen eines Gases bei einer gegebenen Gasmenge konstant ist, und definierten den
ersten Gassatz, der lautet:

„Das Gasvolumen ändert sich bei konstanter Temperatur in umgekehrter Proportionalität mit
dem Druck” (Abbildung 3.3.).

p1 + V1 = p2 + V2 = Konstant

Bedingung: T1 = T2 ; n1 = n2

32

Abbildung 3.3. Ideale Gasisotherme bei verschiedenen Temperaturen

32 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


• Das Charles-Gay-Lussac Gesetz

Das Charles-Gay-Lussac Gesetz verbindet zwei Gesetze (Gay-Lussac- und Charles-Gesetz), in


denen Zustandsänderungen eines Gases bei konstantem Druck - das isobare Gesetz und bei
konstantem Volumen - das isochore Gesetz untersucht und definiert werden. In beiden Fällen
handelt es sich um einen linearen Zusammenhang zwischen Volumen und Temperatur bzw.
Druck und Temperatur, wie in Abbildung 4 dargestellt.

„Bei konstantem Druck und konstanter Gasmenge nimmt das Gasvolumen bei 0 °C um
1/273,15 Volumen zu oder ab, wenn die Temperatur um 1°C steigt oder fällt“ – das Gesetz
von Gay-Lussac.

Eine analoge Änderung gilt auch für die Druckänderung unter konstanten Druckbedingungen,
wie es das Charles-Gesetz beschreibt. Mathematisch lassen sich die Beziehungen schreiben
als:
VXW,IJáy º VXW,IJáy º
𝑉𝑉 = 𝑉𝑉M + = 𝑉𝑉M 𝑃𝑃 = 𝑃𝑃M + = 𝑃𝑃M
VXW,IJ º“ VXW,IJ º“

Bzw.: V : V0 = T : T 0 P : P0 = T : T0
Åæ Å §æ §F
= ºF =
ºF æ ºæ ºF

Abbildung 3.4. Grafische Darstellung des Gesetzes von Gay-Lussac und Charles, 33

angewendet auf einem idealen Gas. Lineare Abhängigkeit von Volumen oder Druck,
von der Temperatur beim konstanten Druck (isobar) und konstanten Volumen
(isochor).

33
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Bei beiden beobachteten Änderungen schneiden die Richtung der Temperaturachse im
negativen Teil der Temperaturachse bei einem Wert von - 273,15 °C. Dieser Wert ist als
absoluter Nullpunkt bekannt und wird thermodynamisch in Grad Kelvin (K) ausgedrückt. Am
absoluten Nullpunkt ist der in Grad Kelvin ausgedrückte Temperaturwert null. Wäre ein Gas
im Bereich des absoluten Nullpunkts, wären auch die Werte von Druck und Volumen null.
Durch die Verbindung aller drei Gasgesetze mit der Veränderung der Variablen (p, V und T)
kommen wir zum Ausdruck für die allgemeine Gasgleichung (OPJ) bzw. die Zustandsgleichung
eines idealen Gases:
§æ ∙ Åæ §F ∙ ÅF §æ ∙ Åæ §F ∙ ÅF
= /*n = = 𝑅𝑅
ºæ ºF ºæ ∙ Q ºF ∙ Q

R – allgemeine Gaskonstante 8,314 J/K mol

p·V=n·R·T

• Daltonsches Gesetz – Das Gesetz der Partialdrücke

„Der Gesamtdruck des Gasgemisches ist gleich der Summe der Partialdrücke der
Komponenten” mit anderen Worten, der Partialdruck eines einzelnen Gases ist proportional
zu seinem quantitativen Anteil an der Mischung wie gezeigt:

𝑝𝑝` = 𝑥𝑥` ∙ 𝑝𝑝 ; 𝑝𝑝` = 𝑝𝑝I + 𝑝𝑝V + 𝑝𝑝W + ⋯ . . 𝑝𝑝Q

Partialdruck ist der Druck, den eine Gaskomponente hätte, wenn sie sich allein im selben
Raum bei derselben Temperatur befände. Ein Beispiel für ein Gasgemisch, auf das das
Daltonsche Gesetz angewendet werden kann, ist die Luft, die wir atmen, deren Gesamtdruck
101325 Pa (Pascal) oder 1 Atmosphäre beträgt (Abbildung 3.5.).

Abbildung 3.5. Die Zusammensetzung der Luft und die Anteile der einzelnen
34 Gaskomponenten, aus denen das von uns eingeatmete Gasgemisch besteht. Die
Werte der Partialdrücke jeder Komponente werden in Kilopascal (kPa) ausgedrückt.

34 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Beispiel 1.
Die Methanverbrennung wird durch die folgende Gleichung dargestellt:

𝐶𝐶𝐶𝐶L(K) + 2𝑂𝑂V(K) → 𝐶𝐶𝐶𝐶V(K) + 2𝐻𝐻V 𝑂𝑂(O)

Berechnen Sie die Enthalpieänderung der Verbrennungsreaktion mit dem Hessischen-Gesetz.

∆𝑟𝑟𝑟𝑟 = ∆𝑟𝑟𝑟𝑟ó"N©t}yx − ∆𝑟𝑟𝑟𝑟™©t}yx

∆𝑟𝑟𝑟𝑟 = ∆𝑓𝑓𝑓𝑓(lCF ) + 2∆𝑓𝑓𝑓𝑓(DF C) − ∆𝑓𝑓𝑓𝑓(lDL) − 2∆𝑓𝑓𝑓𝑓(CF )

∆𝑟𝑟𝑟𝑟 = −393,5 𝑘𝑘𝑘𝑘/𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚(lCF) + 2(−285,8 𝑘𝑘𝑘𝑘/𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚)(DF C) − (−75 𝑘𝑘𝑘𝑘/𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚)(lDH)


− 0 𝑘𝑘𝑘𝑘/𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚CF = −890,1 kJ/mol

∆𝑟𝑟𝑟𝑟(298,15 𝐾𝐾) = − 890,1 kJ/mol

Beispiel 2.
Berechnen Sie die Entropieänderung während der 6J-Wärmeübertragung von einem auf 60°C
erhitzten Block zu einem Block mit einer Temperatur von 20°C. Aufgrund der Größe der Blöcke
hat der Wärmeübergang von 6J einen vernachlässigbaren Einfluss auf die
Temperaturänderung der Blöcke.

t1 = 60°C → T1 = 333,15 K
t2 = 20°C → T2 = 293,15 K
Q=6J
ª
ΔS = ? ∆𝑆𝑆 =
º

ª Éä◊
Veränderung im wärmeren Block: (∆𝑆𝑆)I = = = −0,018 𝐽𝐽/𝐾𝐾
ºæ WWWÿ
ª ä◊
Veränderung im kälteren Block: (∆𝑆𝑆)V = = = 0,020 𝐽𝐽/𝐾𝐾
ºF V{Wÿ
Gesamtveränderung der Entropie: ∆𝑆𝑆 = (∆𝑆𝑆)I + (∆𝑆𝑆)V = −0,018 + 0,020 = 0,002 𝐽𝐽/𝐾𝐾

Beispiel 3.
Berechnen Sie die Entropieänderung beim Schmelzen von 5 Gramm Eis bei 0°C. Die
Schmelzenthalpie beträgt 6,01 kJ/mol.

m=5g
35
t1 = 0°C → T1 = 273,15 K
ΔHtal = 6,01 kJ/mol
ΔS = ?

∆𝐻𝐻 𝑛𝑛 ∆𝐻𝐻 𝑚𝑚 ∆𝐻𝐻 5𝑔𝑔 ∙ 6,01 ∙ 10W 𝐽𝐽/𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚


∆𝑆𝑆 = = = = = 6,11 𝐽𝐽/𝐾𝐾
𝑇𝑇 𝑇𝑇 𝑀𝑀 𝑇𝑇 18 𝑔𝑔/𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 ∙ 273,15 𝐾𝐾

35
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Beispiel 4.
Bei einem Druck von 400 mmHg hat ein Gas ein Volumen von 50 dm3. Berechnen Sie den
Gasdruck in Atmosphären und Pascal, wenn das Gas bei unveränderter Temperatur auf ein
Volumen von 1 dm3 komprimiert wird.

p = 400 mmHg
V = 50 dm3
V1 = 1 dm3
p1 = ?
pV = p1V1
𝑝𝑝 ∙ 𝑉𝑉 400 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 ∙ 50𝑑𝑑𝑑𝑑W
𝑝𝑝I = = = 20000 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚
𝑉𝑉I 1𝑑𝑑𝑑𝑑W

1 𝑎𝑎𝑎𝑎𝑎𝑎 = 101325 𝑃𝑃𝑃𝑃 = 760 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚

20000
𝑝𝑝I = = 26,32 𝑎𝑎𝑎𝑎𝑎𝑎
760

26,32 ∙ 101325
𝑝𝑝I = = 2666874 𝑃𝑃𝑃𝑃 = 2666,8 𝑘𝑘𝑘𝑘𝑘𝑘
1

VMMMM ∙IWW,WVV
(oder 1 mmHg = 133,322 Pa Þ 𝑝𝑝I = = 2666440 𝑃𝑃𝑃𝑃 = 2666,4 𝑘𝑘𝑘𝑘𝑘𝑘)
I

Beispiel 5.
Der Gasdruck im geschlossenen Gefäß bei 50 °C beträgt 110 kPa. Auf welche Temperatur
(°C) sollte das Gas abgekühlt werden, damit der Druck 100 kPa beträgt?

T = 273,15 + 50 = 323,15 K
p = 110 kPa
p1 = 100 kPa
§ p1
=T
T 1

𝑝𝑝I ∙ 𝑇𝑇 100 𝑘𝑘𝑘𝑘𝑘𝑘 ∙ 323,15 𝐾𝐾


𝑇𝑇I = = = 293,77 𝐾𝐾
𝑝𝑝 110 𝑘𝑘𝑘𝑘𝑘𝑘
36
t1 = 20,6°C

36 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Übungsaufgaben:
1. Die Enthalpieänderung beim Auflösen vom wasserfreien Na2CO3 in einem großen
Wasservolumen beträgt -23,4 kJ/mol. Die Enthalpieänderung beim Auflösen von
Na2CO3 x 10 H2O in einem großen Wasservolumen beträgt 78,3 kJ/mol. Berechnen
Sie die Enthalpieänderung gemäß der gegebenen Reaktion:

𝑁𝑁𝑁𝑁V 𝐶𝐶𝐶𝐶W(s) + 10𝐻𝐻V 𝑂𝑂(O) → 𝑁𝑁𝑁𝑁V 𝐶𝐶𝐶𝐶W ∗ 10𝐻𝐻V 𝑂𝑂(s)

(L: ΔrH = -101,7 kJ/mol)


2. Berechnen Sie die Verbrennungsenthalpie von Benzol bei 25°C aus der
Bildungsenthalpie. Lesen Sie die Enthalpiewerte aus Tabelle 1 ab. (L: ΔrH = 3273,0
kJ/mol)
3. Berechnen Sie ΔrH für die Calciumcarbonat-Zersetzungsreaktion, wenn folgende
Werte angegeben sind:
∆𝑓𝑓𝐻𝐻´ ⁄𝐶𝐶𝐶𝐶𝐶𝐶𝑂𝑂W(s) € = − 1206,9 𝑘𝑘𝑘𝑘/𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚

∆𝑓𝑓𝐻𝐻´ ⁄𝐶𝐶𝐶𝐶𝑂𝑂(s) € = − 635,5 𝑘𝑘𝑘𝑘/𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚

∆𝑓𝑓𝐻𝐻´ ⁄𝐶𝐶𝑂𝑂V(K) € = − 393,5 𝑘𝑘𝑘𝑘/𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚

(L: ΔrH = 177,9 kJ/mol)

4. Wie viele Kilogramm Kohlenstoff sollten verbrannt werden, um 105 kJ Wärme


freizusetzen? (L: 3049 g)
5. Acrylnitril ist das Grundmonomer in der Polymerindustrie. Es wird zur Herstellung von
Polyacrylnitril verwendet, das Kunstfasern aufbaut. Acrylnitril wird aus Propen durch
den Prozess der Aminooxidation gemäß folgender Reaktion gewonnen:

2𝐶𝐶W 𝐻𝐻ä(K) + 2𝑁𝑁𝐻𝐻W(K) + 3𝑂𝑂V(K) → 2𝐶𝐶W 𝐻𝐻W 𝑁𝑁(O) + 6𝐻𝐻V 𝑂𝑂(O)

Berechnen Sie ΔHΘ und ΔSΘ für die gegebene Reaktion anhand der gegebenen
thermodynamischen Daten.
Substanz 𝑪𝑪𝟑𝟑 𝑯𝑯𝟔𝟔(𝒈𝒈) 𝑵𝑵𝑯𝑯𝟑𝟑(𝒈𝒈) 𝑶𝑶𝟐𝟐(𝒈𝒈) 𝑪𝑪𝟑𝟑 𝑯𝑯𝟑𝟑 𝑵𝑵(𝒍𝒍) 𝑯𝑯𝟐𝟐 𝑶𝑶(𝒍𝒍)
ΔfHΘ (kJ/mol) 20,41 -46,11 0 172,9 285,83
SΘ (J/molK) 226,9 192,45 205,14 188 69,91

(L:∆𝑟𝑟𝑟𝑟 = −1318 ∙ 103 𝑘𝑘𝑘𝑘 ; ∆𝑆𝑆 ´ = −659 𝐽𝐽/𝐾𝐾) 37

6. Bestimmen Sie die standardmäßige freie Gibbssche-Energie bei der Acrylnitril-


Synthese, die bei 25 °C stattfindet. Die Synthese verläuft nach der Reaktion:

2𝐶𝐶W 𝐻𝐻ä(K) + 2𝑁𝑁𝐻𝐻W(K) + 3𝑂𝑂V(K) → 2𝐶𝐶W 𝐻𝐻W 𝑁𝑁(O) + 6𝐻𝐻V 𝑂𝑂(O)

37
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Hinweis: Verwenden Sie die Daten aus der Tabelle in der vorherigen Aufgabe. (L: ΔGΘ
= -1122 kJ)
7. Bestimmen Sie die Änderung der freien Gibbschen-Energie für die Calcium(II)Sulfat-
Dihydrat-Bildungsreaktion bei 300 K und 450 K. Mit Werten für ∆𝑆𝑆 ´ = 290,2 𝐽𝐽/
𝐾𝐾; ∆𝐻𝐻´ = 104,9 𝑘𝑘𝑘𝑘

𝐶𝐶𝐶𝐶𝐶𝐶𝐶𝐶L(s) + 2𝐻𝐻V 𝑂𝑂(K) → 𝐶𝐶𝐶𝐶𝐶𝐶𝐶𝐶L ∙ 2𝐻𝐻V 𝑂𝑂(s)

(L: ΔGΘ (300 K) = - 17,8 kJ; ΔGΘ (450 K) = + 25,7 kJ)


8. Eine leere Stahlgasflasche von 30 dm3 wurde gewogen und dann mit Sauerstoff bei 27
°C gefüllt. Der Gewichtsunterschied der Flasche betrug 1 kg. Welchen Druck hat der
Sauerstoff in der Flasche? (L: p = 2599,4 kPa)
9. Welches Volumen haben 50 g Schwefelwasserstoff bei 50 °C und 66 kPa? Berechnen
Sie das Volumen von Schwefeldioxid bei n.u. Entstanden durch Verbrennen von 50 g
Schwefelwasserstoff. (L: V (H2S) = 59,86 dm3; V (SO2) = 32,9 dm3)
10. Die Reaktion von 0,75 g eines zweiwertigen Metalls mit einer Säure formiert 420 ml
Wasserstoff bei n.u. Berechnen Sie die relative Atommasse des Metalls. Welches
Metall ist das? (L: Mr = 40)
11. Wie groß ist das Volumen von 1020 Molekülen eines Gases, wenn der Druck dieses
Gases 80 kPa beträgt und die Temperatur 20 °C beträgt? (L: V = 5,06 x 10-6 m3)
12. Der Druck von Quecksilberdampf bei 20 °C beträgt 0,173 Pa. Wie hoch ist die
Massenkonzentration von Quecksilber (gm-3) in mit Quecksilberdampf gesättigter
Luft bei gleicher Temperatur? (L: g (Hg) = 0,01424 gm-3)

38

38 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Zusatz:

Tabelle 5. Angewandte Symbole und zugehörige Einheiten für die angegebenen


physikalischen Größen
Physische Größe Symbol Einheit

Enthalpie H [kJ/mol]

Entropie S [J/K]
Gibbssche Energie G [J/mol]
Molare Wärmekapazität Cp, v, mol [J/Kmol]

Spezifische Wärmekapazität Cp, v [J/Kkg]

Thermodynamische Temperatur T [K]

Druck P [Pa]
Wärme Q [J]

Wärmekapazität C [J/K]
Volumen V [m3]

Tabelle 6. Spezifische und mittlere Wärmekapazität ausgewählter Elemente und


Verbindungen

T [K] 𝑪𝑪𝒑𝒑 [kJ/kgK] ‡‡‡‡


𝑪𝑪 𝒑𝒑 [kJ/kgK]

Aluminium 293,15 0,896 0,888


Kupfer 293,15 0,383 0,381
Phosphor 293,15 0,754 -
Kohlenstoff (Grafit) 293,15 0,708 0,674
Quecksilber 293,15 0,135 -
Zucker 293,15 1,256 -
Aluminiumoxid 293,15 0,754 0,712 39

Eis 273,15 2,039 -


Koks 293,15 0,837 -
Kohle 293,15 1,507 -
Schwefel 293,15 0,712 -

39
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Tabelle 7. Spezifische Wärmekapazität ausgewählter Flüssigkeiten

T [K] 𝑪𝑪𝒑𝒑 [kJ/kgK]

Aceton 293,15 2,160


Ammoniak 293,15 4,731
Sauerstoff 273,15 1,465

Kohlendioxid 293,15 3,643

Wasser 293,15 4,183

Heptan 293,15 2,046

Toluen 293,15 1,521

Tabelle 8. Molare Wärmekapazität und mittlere spezifische Kapazität ausgewählter Gase (V


= Konstante)

T [K] 𝑪𝑪𝒑𝒑 , 𝒎𝒎 [kJ/kmolK] 𝑪𝑪𝒑𝒑 [kJ/kgK]


273,15 29,274 0,915
O2
373,15 29,877 0,923
273,15 28,617 14,195
H2
373,15 29,128 14,353
273,15 29,115 1,039
N2
373,15 29,199 1,040
273,15 29,073 1,004
Luft
373,15 29,266 1,006
273,15 35,860 0,815
CO2
373,15 40,206 0,866
273,15 29,123 1,040
CO
373,15 29,262 1,042
273,15 35,002 -
NH3
373,15 37,597 -
40

40 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


S4 SEMINAR
SEMINAR 4.
SEMINAR 4.
4.

4.1.
4.1. CHEMISCHES GLEICHGEWICHT
4.1. CHEMISCHES
CHEMISCHES GLEICHGEWICHT
GLEICHGEWICHT
Chemische
Chemische Reaktionen
Reaktionen können
können homogen
homogen seinsein (alle
(alle Edukte
Edukte undund Produkte
Produkte befinden
befinden sichsich
im Chemische
gleichen Zustand) Reaktionen
und können
heterogen homogen
(Edukte sein
und (alle
Produkte Edukte und
befinden Produkte
sich nichtbefinden
im sich
gleichen
im gleichen Zustand) und heterogen (Edukte und Produkte befinden sich nicht im gleichen
im gleichen Zustand)
Zustand). und heterogen (Edukte und Produkte befinden mansich nichtirreversiblen
im gleichen
Zustand). Wenn
Wenn Reaktionen
Reaktionen nur nur in
in eine
eine Richtung
Richtung ablaufen,
ablaufen, spricht
spricht man vonvon irreversiblen
Zustand).
Reaktionen, Wenn Reaktionen nur in eine Richtung ablaufen, spricht man von irreversiblen
Reaktionen, undund wenn
wenn sie sie in
in beide
beide Richtungen
Richtungen ablaufen,
ablaufen, spricht
spricht man
man von
von reversiblen
reversiblen
Reaktionen,
Reaktionen, und wenn sie in und
beide Rückreaktionen
Richtungen ablaufen, sprichtGleichzeitig
man von reversiblen
Reaktionen, die aus Hin- und Rückreaktionen bestehen. Gleichzeitig sind
die aus Hin- bestehen. sind diedie
Reaktionen, die aus
Reaktionsgeschwindigkeiten Hin-sehrund Rückreaktionen
unterschiedlich, und bestehen.
sind von Gleichzeitig
momentan bis sind die
langfristigen,
Reaktionsgeschwindigkeiten sehr unterschiedlich, und sind von momentan bis langfristigen,
Reaktionsgeschwindigkeiten
die sehr unterschiedlich, und sind von momentan bis langfristigen,
die über
über Jahre
Jahre andauern
andauern kann.
kann.
die
Bei über Jahre andauern kann.
Bei reversiblen
reversiblen Reaktionen
Reaktionen verbleiben
verbleiben die die Edukte
Edukte im
im System
System und und irgendwann
irgendwann stellt
stellt sich
sich ein
ein
Bei reversiblen
Gleichgewicht Reaktionen
ein. Die verbleiben
fortgeschrittenedie Edukte im
Reaktion, System
bei und
der irgendwann
die Edukte stellt
in sich ein
Produkte
Gleichgewicht ein. Die fortgeschrittene Reaktion, bei der die Edukte in Produkte
Gleichgewicht ein. Diefindet
umgewandelt fortgeschrittene Reaktion, bei der die Edukte in Produkte
umgewandelt werden,
werden, findet mit mit einer
einer sich
sich ändernden
ändernden Geschwindigkeit
Geschwindigkeit statt,
statt, da
da Produkte
Produkte
umgewandelt
gebildet werden, findet mit einer sich ändernden Geschwindigkeit statt, da Produkte
gebildet werden,
werden, diedie sich
sich dann
dann mit
mit einer
einer gewissen
gewissen Geschwindigkeit
Geschwindigkeit in in Edukte
Edukte zersetzen.
zersetzen. Im Im
gebildet
Laufe der werden,
Zeit die
nimmt sich
die dann mit einer
Geschwindigkeit gewissen
der Geschwindigkeit
fortgeschrittenen in Edukte
Reaktion ab zersetzen.
und die Im
von
Laufe der Zeit nimmt die Geschwindigkeit der fortgeschrittenen Reaktion ab und die von
Laufe der Zeit nimmt
Rückreaktionen die Geschwindigkeit der fortgeschrittenen Reaktion ab und die von
Rückreaktionen zu, zu, bis
bis zum
zum Moment
Moment des des Ausgleichs
Ausgleichs (𝑣𝑣 = 𝑣𝑣← ).
→ = 𝑣𝑣← ).
(𝑣𝑣→
Rückreaktionen zu, bis zum Moment desper
Gleichgewichtskonzentrationen Ausgleichs (𝑣𝑣→ = 𝑣𝑣← ).
Gleichgewichtskonzentrationen werden werden per Konvention
Konvention durch
durch spitze
spitze Klammern
Klammern angegeben,
angegeben,
Gleichgewichtskonzentrationen
um werden per Konvention durch spitze Klammern angegeben,
um sie von Nichtgleichgewichtskonzentrationen zu unterscheiden. Die Abhängigkeit der
sie von Nichtgleichgewichtskonzentrationen zu unterscheiden. Die Abhängigkeit der
um sie von Nichtgleichgewichtskonzentrationen
Konzentrationszunahme eines Stoffes von der zu unterscheiden.
Konzentration Die Stoffes
eines Abhängigkeit
bei der
einer
Konzentrationszunahme eines Stoffes von der Konzentration eines Stoffes bei einer
Konzentrationszunahme
chemischen eines Stoffes von derGuldberg
Konzentration eines Stoffes bei einer
chemischen Reaktion
Reaktion wurde wurde 1864 1864 von von Guldberg und und Waage
Waage definiert.
definiert. Ihr Ihr
chemischen Reaktion
Massenwirkungsgesetz wurde
besagt: 1864
Die von Guldberg
Konzentrationszunahme und vonWaage definiert.
Produkten in Ihr
einer
Massenwirkungsgesetz besagt: Die Konzentrationszunahme von Produkten in einer
Massenwirkungsgesetz
chemischen besagt: Die Konzentrationszunahme von ProduktenEdukte. in einer
chemischen Reaktion
Reaktion ist ist proportional
proportional zum zum Produkt
Produkt der
der Konzentrationen
Konzentrationen der der Edukte. Im Im
chemischen Fall,
einfachsten Reaktion
wenn ist
A + proportional
B → C gilt: zum Produkt der Konzentrationen der Edukte. Im
einfachsten Fall, wenn A + B → C gilt:
einfachsten Fall, wenn A + B → C gilt:
𝑣𝑣
𝑣𝑣 = 𝑘𝑘 ∙ [[𝐴𝐴]] ∙∙ [[𝐵𝐵 ]]
𝑣𝑣 =
= 𝑘𝑘
𝑘𝑘 ∙∙ [𝐴𝐴
𝐴𝐴] ∙ [𝐵𝐵 𝐵𝐵 ]
v- Reaktionsgeschwindigkeit
v- Reaktionsgeschwindigkeit
kk ––Reaktionsgeschwindigkeit
v- Proportionalitätskonstante
Proportionalitätskonstante
k[A],– Proportionalitätskonstante
[A], [B][B] –– Konzentrationen
Konzentrationen von
von Edukten
Edukten
[A], [B] – Konzentrationen
Anwendung des Gesetzes auf die von Edukten Reaktionsgleichung:
allgemeine
Anwendung des Gesetzes auf die allgemeine Reaktionsgleichung:
Anwendung des Gesetzes auf die allgemeine Reaktionsgleichung:
𝑎𝑎𝑎𝑎
𝑎𝑎𝑎𝑎 + + 𝑏𝑏𝑏𝑏𝑏𝑏𝑏𝑏 ↔
↔ 𝑐𝑐𝑐𝑐
𝑐𝑐𝑐𝑐 +
+ 𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑎𝑎𝑎𝑎 + 𝑏𝑏𝑏𝑏 ↔ 𝑐𝑐𝑐𝑐 + 𝑑𝑑𝑑𝑑
erhalten
erhalten wir
wir 𝑣𝑣
𝑣𝑣I =
= 𝑘𝑘
𝑘𝑘I ∙∙ 𝑐𝑐𝑐𝑐ZBBB ∙∙ 𝑐𝑐𝑐𝑐~ïïï ;; 𝑣𝑣𝑣𝑣 V =
= 𝑘𝑘
𝑘𝑘 V ∙∙ 𝑐𝑐𝑐𝑐lvvv ∙∙ 𝑐𝑐𝑐𝑐©©© ;;
erhalten wir 𝑣𝑣I = 𝑘𝑘I ∙ 𝑐𝑐Z ∙ 𝑐𝑐~ ; 𝑣𝑣V = 𝑘𝑘V ∙ 𝑐𝑐ll ∙ 𝑐𝑐Â
I I Z ~ V V
Â;
𝑣𝑣
𝑣𝑣 I = 𝑣𝑣
𝑣𝑣II =
= 𝑣𝑣
V
𝑣𝑣VV
[l] Ê Á
} [l]ÊÊ ∙∙ [Â]
[Â]Á
gilt::
Im 𝐾𝐾 = }ææ = 41
Im Gleichgewicht
Gleichgewicht gilt 𝐾𝐾
𝐾𝐾v = }}}æFF =
=
v [l] Á
} S ∙∙ [Â] Ë
Im Gleichgewicht gilt: v = [Z]
[Z]S ∙
[~]
[~] Ë
F [Z] ∙ [~]Ë
S
K
Kcc –– konstant
konstant bei bei 25
25 °C;
°C; der
der Ausdruck
Ausdruck ist
ist für
für eine
eine gegebene
gegebene Reaktion
Reaktion bei
bei einer
einer genau
genau
K – konstant
bestimmten
c bei 25 °C;
Temperatur der Ausdruck
konstant ist für eine gegebene Reaktion bei einer genau
bestimmten Temperatur konstant
bestimmten
a, Temperatur konstant
a, b,b, c,
c, d
d -- stöchiometrische
stöchiometrische Koeffizienten
Koeffizienten
a, b,B,c,C,dD]
[A, - stöchiometrische Koeffizienten Edukten und Produkten
[A, B, C, D] – Stoffmengenkonzentration von
– Stoffmengenkonzentration von Edukten und Produkten
[A, B, C, D] – Stoffmengenkonzentration von Edukten und Produkten

41 41
41
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Der Zahlenwert der Konstanten bestimmt die Gleichgewichtslage. Je höher der Zahlenwert
der Konstanten ist, desto mehr verschiebt sich das Gleichgewicht in Richtung der Bildung der
Reaktionsprodukte. Der Wert der Konstanten, ausgedrückt in mol/dm3, reicht von 10-50 bis
1050.
Bei Reaktionen mit a + b = c + d (Mengenkonstanz) beeinflusst die Volumenänderung das
Gleichgewicht der chemischen Reaktion nicht.
Bei Reaktionen mit unterschiedlichen Koeffizienten beeinflusst eine Zustandsänderung die
Gleichgewichtskonstante. So wird das Gleichgewicht in Gasen durch die Druckänderung
beeinflusst, während in Lösungen die Verdünnung denselben Effekt hat.
Bei hohen Verdünnungen fa = 1 also a = c nähert sich die thermodynamische Konstante der
Konzentrationskonstante.

[BÈ ]Ê ∙ [BÍ ]Á
Thermodynamische Konstante: 𝐾𝐾 = [BÄ ]S ∙ [BÎ ]Ë

Bei Gasen ersetzen wir Konzentrationen durch Drücke, da Konzentration und Druck eines
Gases bei einer bestimmten Temperatur proportional zueinander sind:
𝑛𝑛
𝑝𝑝 = 𝑅𝑅𝑅𝑅 = 𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅 = 𝐾𝐾𝐾𝐾𝐾𝐾𝐾𝐾𝑡𝑡𝑎𝑎𝑎𝑎𝑎𝑎𝑎𝑎 ∙ 𝑐𝑐
𝑉𝑉

Die Gleichgewichtskonstante wird als Kc bezeichnet, wenn die Zusammensetzung als


Konzentration ausgedrückt wird, oder Kp, wenn sie als Partialdruck ausgedrückt wird.

Bei Gasen ist das System homogen, daher wird der Ausdruck für gasförmige Reaktionen
verwendet:
𝑝𝑝lv ∙ 𝑝𝑝©
𝐾𝐾§ = B
𝑝𝑝Z ∙ 𝑝𝑝~ï

Das Gleichgewicht einer Reaktion wird unter bestimmten Bedingungen erreicht. Ändern sich
die Bedingungen, unter denen das Gleichgewicht hergestellt wird, verschiebt sich das
Gleichgewicht in die Richtung, die der Herstellung der vorherigen Bedingungen förderlich ist.
Das ist eine Beziehung, die als Prinzip von Le Chatelier bekannt ist. Ein Anstieg des
Partialdrucks oder der Konzentration der Edukte verursacht einen Anstieg des Partialdrucks
oder der Konzentration von Produkten, der folglich den Partialdruck oder die Konzentration
der Edukte verringert.
42 In heterogenen Systemen finden wir Stoffe in unterschiedlichen Aggregatzuständen. Aus
diesem Grund unterscheiden wir zwischen Fest-Gas-, Fest-Flüssig-, Flüssig-Gas- und Flüssig-
Flüssig-Systemen. In einem Fest-Flüssig-System befindet sich der Feststoff im Gleichgewicht
mit seiner gesättigten Lösung und dies sind meist Systeme, die aus Salzen bestehen.

𝐵𝐵 á 𝐴𝐴É á É
(s) ↔ 𝐵𝐵(BÏ) + 𝐴𝐴(BÏ) → 𝐾𝐾v = [𝐵𝐵 á ] ∙ [𝐴𝐴É ]

42 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Dieser Ausdruck besagt, dass das Produkt der Konzentration von Kationen und Anionen eines
Salzes in seiner gesättigten Lösung konstant ist und als Löslichkeitsprodukt (Kpt) bezeichnet
wird.
𝐾𝐾v = [𝐵𝐵 á ] ∙ [𝐴𝐴É ] → 𝐾𝐾s = [𝐵𝐵 á ] ∙ [𝐴𝐴É ]

Das Löslichkeitsprodukt (Kpt) hängt von der Löslichkeit des Salzes selbst ab. Je besser das Salz
löslich ist, desto höher ist das Löslichkeitsprodukt. Durch Volumenvergrößerung, d.h.
Verdünnung der Lösung, sinkt die Konzentration des gelösten Salzes und das Gleichgewicht
verschiebt sich nach rechts. Erhöhen wir die Salzkonzentration durch Verdunstung,
verschiebt sich das Gleichgewicht nach links, d.h. das Salz wird aus der Lösung ausgeschieden.
In einem flüssig-gasförmigen System stellt sich ein Gleichgewicht zwischen zwei Phasen ein,
und für ein solches System gilt das Henry-Gesetz, das besagt, dass der Partialdruck eines
Gases über einer Flüssigkeit direkt proportional zur Konzentration des Gases in der Flüssigkeit
ist. Eine Erhöhung des Partialdrucks des gasförmigen Stoffes A über seiner Lösung erhöht die
Konzentration dieses Stoffes A in der Lösung. Das Henry-Gesetz gilt nur für ideale
Gaslösungen, d.h. Lösungen, in denen Gasmoleküle nur von Lösungsmittelmolekülen
umgeben sind. Dies sind Lösungen, in denen keine chemische Aktivität zwischen Gas und
Lösungsmittel besteht.
[𝐴𝐴]
𝐾𝐾 =
𝑝𝑝Z
In Flüssig-Flüssig-Systemen, in denen sich die beiden Phasen nicht vermischen, stellt sich an
der Grenze der beiden Flüssigphasen, in denen der Stoff A getrennt wird, ein Gleichgewicht
ein. Die Gleichgewichtskonstante wird durch eine Beziehung namens Nernstsches
Teilungsgesetz (Verteilungsgesetz) gegeben. Das Verteilungsgesetz sagt, dass bei einer
gegebenen Temperatur das Konzentrationsverhältnis der geteilten Substanz konstant ist.
Voraussetzung ist, dass der molekulare Zustand des gelösten Stoffes A in beiden Phasen
gleich ist. Die Gleichgewichtskonstante im Flüssig-Flüssig-System wird auch als
Verteilungskoeffizient bezeichnet. Das Nernstsche Gesetz wird häufig bei
Extraktionsreaktionen in der organischen Chemie angewendet.

[𝐴𝐴](ówBsxQV)
𝐾𝐾 =
[𝐴𝐴](ówBsxQI)

43

43
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
4.1.1. Einfluss der Temperatur auf das Gleichgewicht des Systems

Chemische Reaktionen gehen mit einer gewissen Energieänderung einher, die in Richtung
einer Erhöhung oder Verringerung der Reaktionswärme erfolgen kann. Exotherme
Reaktionen sind solche, bei denen Wärme frei wird und die Enthalpieänderung negativ ist
(ΔrH < 0). Bei wärmeabsorbierenden endothermen Reaktionen ist die Enthalpieänderung
positiv (ΔrH > 0). Nach dem Prinzip von Le Chatelier verschiebt sich das
Reaktionsgleichgewicht, wenn wir einem im Gleichgewicht befindlichen System Wärme
zuführen oder abführen. Bei endothermen Reaktionen verschiebt die Wärmezufuhr das
Gleichgewicht von links nach rechts, was bedeutet, dass eine Temperaturerhöhung
endotherme Reaktionen begünstigt. Analog begünstigt die Wärmeableitung exotherme
Reaktionen. Bei solchen Reaktionen wird das Gleichgewicht durch Wärmeableitung von links
nach rechts verschoben. Daher kann gesagt werden, dass bei hohen Temperaturen
endotherme Reaktionen, und bei niedrigen Temperaturen, exotherme Reaktionen
überwiegen. Ein Beispiel ist die Bildungsreaktion von Ammoniak, die ein Beispiel für eine
exotherme Reaktion ist, die bei einer Temperatur von 500°C abläuft, während die
Stickstoffmonoxid-Bildungsreaktion ein Beispiel für eine endotherme Reaktion ist, die
optimal bei 2000°C abläuft.

Abbildung 4.1. Energiediagramm. Dargestellt ist die Reaktion, bei der die
Aktivierungsenthalpie der Anfangsreaktion geringer ist als die der
Rückkopplungsreaktion. Die folgende Beziehung gilt: 𝛥𝛥𝑟𝑟 𝐻𝐻 = 𝛥𝛥𝐻𝐻𝑟𝑟 − 𝛥𝛥𝐻𝐻𝑝𝑝
44

Neben der Enthalpie wird die Gleichgewichtskonstante (K) auch von der Temperatur
beeinflusst. Eine Temperaturerhöhung bei einer exothermen Reaktion führt zu einer
Wertabnahme der Gleichgewichtskonstante, während bei einer endothermen Reaktion der
Wert der Konstante mit steigender Temperatur zunimmt.

44 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


4.1.2. Gleichgewicht in Elektrolytlösungen

Elektrolytlösungen sind von großer Bedeutung in der Chemie und wenn wir von
Elektrolytlösungen sprechen, ist die Gleichgewichtseinstellung von größter Bedeutung, da sie
zwischen entgegengesetzt geladenen Teilchen (Ionen) hergestellt wird. Aufgrund der
vorhandenen Ionen wirken in den Elektrolytlösungen starke Anziehungskräfte, nämlich
Coulomb-Kräfte. Sie sind der Grund für das Auftreten einer effektiven Konzentration, d.h. der
Ionenaktivität (ai):
𝑎𝑎` = 𝑦𝑦` ∙ 𝑐𝑐` / mol dm-3

ai – Ionenaktivität
yi – Ionen Aktivitätskoeffizient
ci– Ionenkonzentration

In sehr verdünnten und schwachen Elektrolytlösungen können wir statt der Aktivität
Ionenkonzentrationen schreiben. Interionische Anziehungskräfte können in schwachen
Elektrolyten bei einer Konzentration von weniger als 0,1 mol/dm3 vernachlässigt werden,
während in echten Elektrolyten die Vernachlässigungsgrenze bei einer Konzentration von
weniger als 0,001 mol/dm3 liegt. Wenn die Konzentrationen der ionischen Spezies über den
angegebenen Grenzwerten liegen, müssen wir die Aktivitäten der ionischen Teilchen in den
Ausdruck für die Gleichgewichtskonstante einbeziehen. In diesem Fall wird die
Gleichgewichtskonstante (Kc) durch die Standardgleichgewichtskonstante (KΘ) ersetzt, die
eine dimensionslose Größe und eine reine Zahl ist, z.B. 4.

In Elektrolytlösungen dissoziieren die vorliegenden ionischen Spezies und umgeben sich mit
Wassermolekülen, d.h. ihre Hydratation findet statt, und wir schreiben:

𝐴𝐴𝐴𝐴 (𝑎𝑎𝑎𝑎) ⇆ 𝐴𝐴á (𝑎𝑎𝑎𝑎) + 𝐷𝐷É (𝑎𝑎𝑎𝑎) oder 𝐴𝐴𝐴𝐴 ⇆ 𝐴𝐴á + 𝐷𝐷 É

Im Anschluss an das Obige schreiben wir den Ausdruck für die Gleichgewichtskonstante:

[𝐴𝐴á ] ∙ [𝐷𝐷 É ]
𝐾𝐾v = / 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 𝑑𝑑𝑑𝑑ÉW
𝐴𝐴𝐴𝐴
Das heißt, wenn die Werte über dem Grenzwert liegen, definieren wir die Konstante mit dem
Ausdruck:
𝑎𝑎Z ∙ 𝑎𝑎ÂÒ
𝐾𝐾 ´ =
𝑎𝑎ZÂ 45

Die Gleichgewichtskonstante (Kc) im Fall einer Elektrolytlösung wird als


Dissoziationskonstante eines gegebenen Elektrolyten bezeichnet. Der Wert von Kc ist ein
Maß für die Festigkeit des Elektrolyten. Je höher der Zahlenwert der Konstante ist, desto
höher ist die Konzentration der Ionen gegenüber der undissoziierten Form des Elektrolyten.
Eine andere Möglichkeit, die Stärke eines Elektrolyten auszudrücken, ist der

45
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Dissoziationsgrad (α), der uns sagt, wie viele Moleküle in Ionen dissoziiert sind. Alpha (α) hat
einen Wert von 0 - 1 und ist in vollständiger Dissoziation 1.

0 ≦ 𝛼𝛼 ≦ 1

4.1.3. Gleichgewicht in sauren und basischen Lösungen

Das Gleichgewicht in Wasser und wässrigen Lösungen wird durch das ionische Produkt von
Wasser (KW) und die Ionisationskonstanten bzw. Dissoziationskonstanten von Säuren (KA)
und Basen (KB) (die in den Tabellen zu finden sind) beschrieben.
Das ionische Produkt von Wasser (Kw) ist das Ergebnis der Multiplikation der Konzentration
von Wasserstoff (H +) und Hydroxidionen (OH-), die in Wasser dissoziieren, und je nach ihren
Anteilen, ist die Lösung mehr oder weniger sauer oder basisch. Die Vermehrung von
Wasserstoff- und Hydroxidionen bei 25 °C beträgt 10-14 mol2/dm6.

𝐾𝐾Ö = [𝐻𝐻á ][𝑂𝑂𝑂𝑂É ] = 10ÉIL 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 V /𝑑𝑑𝑑𝑑ä

ÿÙ ÿÙ
[𝐻𝐻á ] = [𝑂𝑂𝐻𝐻É ] =
[CD Ò ] [D  ]

Wenn Säure in Wasser dissoziiert wird, stellt sich das durch die Gleichung gegebene Gleichgewicht
ein:
𝐻𝐻𝐻𝐻 + 𝐻𝐻V 𝑂𝑂 ⇆ 𝐻𝐻W 𝑂𝑂á + 𝐴𝐴É bzw. 𝐻𝐻𝐻𝐻 ⇆ 𝐻𝐻á + 𝐴𝐴É
Daraus folgt der Ausdruck für die Säurebilanzkonstante (KA):

[𝐻𝐻á ] ∙ [𝐴𝐴É ]
𝐾𝐾Z =
[𝐻𝐻𝐻𝐻]
Die KA-Konstante wird auch Ionisierungs- oder Dissoziationskonstante der Säure genannt
und ist ein Maß für die Stärke der Säure. Mit anderen Worten, je höher die Konstanten ist,
desto stärker ist die Säure und desto mehr dissoziiert sie, sodass die Konzentration von
Wasserstoffionen in der Lösung im Vergleich zu undissoziierten Molekülen höher ist. Die
Säuren werden nach dem KA-Wert in vier Gruppen eingeteilt (Tabelle 4.1):

Tabelle 4.1. Aufteilung der Säuren nach dem Wert der Ionisationskonstante (KA)
46
Ionisationskonstante (KA)
/mol/dm3
Sehr schwache Säuren KA ≤ 10-7
Schwache Säuren 10-7 ≤ KA ≤ 10-2
Starke Säuren 10-2 ≤ KA ≤ 10-2
Sehr starke Säuren KA > 103

46 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Bei der Dissoziation einer mehrprotonigen Säure wie H2SO4 oder H3PO4 verringern sich mit
jedem Dissoziationsschritt die Werte der Ionisationskonstante um etwa den Faktor 10-5
mol/dm3.
So wie wir die Ionisationskonstante für Säuren bestimmen können, können wir sie auch für
wässrige Basenlösungen bestimmen. Wenn eine Base dissoziiert, spricht man von einer
Ionisationskonstante oder Dissoziationskonstante der Base (KB). Im Falle eines wässrigen
Mediums gilt die allgemeine Gleichung:

𝐵𝐵 + 𝐻𝐻V 𝑂𝑂 ⇆ 𝐵𝐵𝐻𝐻á + 𝑂𝑂𝑂𝑂 É


d.h.,
[𝐵𝐵𝐵𝐵á ] ∙ [𝑂𝑂𝑂𝑂 É ]
𝐾𝐾~ =
[𝐵𝐵]

Die bekannten Werte der Konstanten KA und KB unter der Bedingung der bekannten
Konzentration der Säure- oder Basenlösung ermöglichen die Bestimmung der Konzentration
von Wasserstoff- und Hydroxidionen, d.h. die Bestimmung des pH-Wertes einer gegebenen
Lösung.

Beispiel 1.
Die Dissoziationskonstante von Essigsäure beträgt 1,75 · 10-5 mol/dm3. Berechnen Sie die
Gleichgewichtskonzentrationen von Wasserstoff-Ionen, Acetat-Ionen und Essigsäure in
wässriger Lösung, wenn die Konzentration von Essigsäure 0,5 mol/dm3 beträgt.

Lösung:
K = 1,75 · 10-5 mol/dm3 CH3COOH ⇆ CH3COO- + H+
ckis = 0,5 mol/dm3 - die Reaktion ist homogen

[𝐶𝐶𝐻𝐻W 𝐶𝐶𝐶𝐶𝑂𝑂É ][𝐻𝐻á ] 𝑥𝑥 ∙ 𝑥𝑥


𝐾𝐾 = = = 1,75 ∙ 10ÉJ
[𝐶𝐶𝐻𝐻W 𝐶𝐶𝐶𝐶𝐶𝐶𝐶𝐶] 0,5 − 𝑥𝑥
n (CH3COOH) = 1x
n (CH3COO-) = 1x
n (H+) = 1x
Es wird weiter als quadratische Gleichung gelöst:
47
V ÉJ
𝑥𝑥 + 1,75 ∙ 10 𝑥𝑥 − 8,75 ∙ 10 Éä
=0 Þ X1 = 2,958 · 10 mol/dm
-3 3

47
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Beispiel 2.
Wie hoch ist die Konzentration von Essigsäure in wässriger Lösung, wenn 3 % der Säure
dissoziiert sind? Die Dissoziationskonstante beträgt 1,75 · 10-5 mol/dm3

K = 1,75 · 10-5 mol/dm3


α = 3% CH3COOH ⇆ CH3COO- + H+
n (CH3COOH) = 1x
n (CH3COO-) = 1x
n (H+) = 1x
[𝐶𝐶𝐻𝐻W 𝐶𝐶𝐶𝐶𝑂𝑂É ] ∙ [𝐻𝐻á ]
𝐾𝐾 =
[𝐶𝐶𝐻𝐻W 𝐶𝐶𝐶𝐶𝐶𝐶𝐶𝐶]
𝐶𝐶©`ss 𝑥𝑥
𝛼𝛼 = = → 𝑥𝑥 = 𝛼𝛼 ∙ 𝐶𝐶KxsB6y
𝐶𝐶KxsB6y 𝐶𝐶KxsB6y

[𝐶𝐶𝐻𝐻W 𝐶𝐶𝐶𝐶𝑂𝑂É ] ∙ [𝐻𝐻á ] 𝑥𝑥 ∙ 𝑥𝑥 𝛼𝛼𝛼𝛼 ∙ 𝛼𝛼𝛼𝛼 𝛼𝛼 V ∙ 𝑐𝑐 V 𝛼𝛼 V ∙ 𝑐𝑐


𝐾𝐾 = = = = = = 1,75 ∙ 10ÉJ
[𝐶𝐶𝐻𝐻W 𝐶𝐶𝐶𝐶𝐶𝐶𝐶𝐶] 𝐶𝐶 − 𝑥𝑥 𝐶𝐶 − 𝛼𝛼𝛼𝛼 (1 − 𝛼𝛼)𝑐𝑐 1 − 𝛼𝛼
(M,MW)F ∙ v
1,75 ∙ 10ÉJ = Þ 𝑐𝑐 = 0,0189 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚/𝑑𝑑𝑚𝑚W
IÉM,MW

Beispiel 3.
Was ist die Gleichgewichtsmolzahl von Edukten und Produkten, wenn die dynamische
Gleichgewichtskonstante von der Reaktion der Veresterung von Essigsäure mit Ethanol 4 ist.
Anfangskonzentrationen (Molzahl) sind:

n (CH3COOH) = 2 CH3COOH + C2H5OH ⇆ CH3COOCH2CH3 + H2O


n (C2H5OH) = 3
n (CH3COOCH2CH3) = 7
n (H2O) = 4
K=4 - die Reaktion ist homogen; die Stoffmenge ist konstant

[𝐶𝐶𝐻𝐻W 𝐶𝐶𝐶𝐶𝐶𝐶𝐶𝐶𝐶𝐶V 𝐶𝐶𝐶𝐶W ] ∙ [𝐻𝐻V 𝑂𝑂] 7 ∙ 4 28


𝐾𝐾 = = = = 4,666
[𝐶𝐶𝐻𝐻W 𝐶𝐶𝐶𝐶𝐶𝐶𝐶𝐶] ∙ [𝐶𝐶V 𝐻𝐻J 𝑂𝑂𝑂𝑂] 2∙3 6

4,666 > 4 𝐷𝐷𝐷𝐷𝐷𝐷 𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅 𝑔𝑔𝑔𝑔ℎ𝑡𝑡 𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛ℎ 𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙.

48 n (CH3COOH) = 2 + x = 2+0,127 = 2,127 mol


n (C2H5OH) = 3 + x = 3,127 mol
n (CH3COOCH2CH3) = 7 – x = 6,8753 mol
n (H2O) = 4 – x = 3,873 mol
(7 − 𝑥𝑥) ∙ (4 − 𝑥𝑥)
𝐾𝐾 = =4
(2 + 𝑥𝑥) ∙ (3 + 𝑥𝑥)

48 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Es wird weiter als quadratische Gleichung gelöst: 3𝑥𝑥 V + 31𝑥𝑥 − 4 = 0

X1 = 0,127

Indem wir x in die obigen Gleichungen aufnehmen und überprüfen, erhalten wir:
6,873 ∙ 3,873
𝐾𝐾 = = 4,002
2,127 ∙ 3,127

Übungsaufgaben:

1. Eine bei 500 °C entnommene Probe des Gasgemisches enthielt 0,37 mol/dm3
Ammoniak, 1 mol/dm3 Stickstoff und 2 mol/dm3 Wasserstoff. Berechnen Sie die
Gleichgewichtskonstante (Kc). (L: Kc = 0,071 mol2/dm6)
2. Eine bei 500 °C entnommene Probe des Gasgemisches enthielt 0,37 mol/dm3
Ammoniak, 1 mol/dm3 Stickstoff und 2 mol/dm3 Wasserstoff. Berechnen Sie die
Konstante (Kp) unter Verwendung von Partialdrücken. (L: 4,139 ·10-6 bar-2)
3. Wie ändert sich die Geschwindigkeit der Konzentrationserhöhung der Stoffe in der
Reaktion: N2 (g) + 3 H2 (g) ⇆ 2 NH3 (g) wenn der Druck um das 8-fache steigt?
(L: 4096 x)
4. Die thermische Dissoziation von Phosgen erfolgt nach den Gleichungen:
COCl2 ⟶ CO + Cl2. Bei 400 °C und einem Druck von 1 bar stehen 2,2 g Phosgen im
Gleichgewicht, wenn das Gefäßvolumen 1500 cm3 beträgt. Berechnen Sie die
Gleichgewichtskonstante Kp. (L: Kp = 0,85 kPa = 8,5 x 10-3 bar)

49

49
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
S5 SEMINAR 5.

5.1. CARBONSÄUREN
Carbonsäuren sind organische Verbindungen der allgemeinen Formel RCOOH mit
einer charakteristischen Carboxylgruppe. Für ihre sauren Eigenschaften ist die
Carboxylgruppe (-COOH) verantwortlich. Diese Verbindungen verlieren bei Reaktion mit der
Base leicht das Proton unter Bildung des Carboxylat-Ions. Aufgrund der starken Polarität der
Carboxylgruppe, können Carbonsäuren mit anderen polaren Molekülen (z.B. Wasser,
Alkoholen und anderen Carbonsäuren) Wasserstoffbrückenbindungen bilden. Das
Vorhandensein von Wasserstoffbrücken trägt zur Wasserlöslichkeit von Carbonsäuren mit
einer kurzen Kohlenwasserstoffkette und einem relativ hohen Schmelzpunkt und Siedepunkt
bei. Die Löslichkeit von Carbonsäuren mit längerer Kohlenwasserstoffkette wird in unpolaren
Lösungsmitteln unter Bildung von Dimeren erreicht.

Die Dissoziation von Carbonsäuren ist unvollständig, daher sind diese Säuren schwächer als
starke anorganische Säuren, aber viel stärker als Alkohol und Phenol. Durch Ersetzen einer
Hydroxylgruppe durch ein Atom oder eine andere Gruppe (-Z, Substituent) entstehen
verschiedene Carbonsäurederivate (Tabelle 5.1).

Tabelle 5.1. Carbonsäurederivate


Allgemeine -Z
Name
Formel (Supstituent)
-OH Carbonsäure
-F, Cl, Br, I Alkanoylhalogenide (Carbonsäurehalogenide)
-OCOR' Anhydrid
-OR' Ester
-NH2 Amid

Carbonsäuren spielen eine wichtige Rolle beim Aufbau biologischer Makromoleküle und
Strukturen und sind an anderen Prozessen beteiligt, die für das normale Funktionieren des
Organismus wichtig sind. Die Hauptbestandteile biologischer Membranen sind Lipide, die aus
Monocarbonsäuren mit einer geraden Anzahl von C-Atomen (Fettsäuren) aufgebaut sind.
Neben ihrer Rolle beim Aufbau biologischer Membranen dienen Lipide im Körper als
Stoffwechselbrennstoff, Energiequelle, Signalmoleküle und Botenstoffe bei der
50
Signalübertragung. Einige der wichtigsten Lipide sind Phospholipide, Glykolipide,
Sphingolipide und Cholesterin.

5.1.1. Nomenklatur von Carbonsäuren und ihren Derivaten

Die systematische Benennung erfolgt analog zur bekannten Systematik der Alkane oder der
Alkohole. Zu dem Stammnamen, der sich aus der Kettenlänge ergibt, wird die Endung "-

50 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


säure" ergänzt. Das Kohlenstoffatom in der Carboxylgruppe wird als erstes Kohlenstoffatom
bezeichnet – C1.

Butansäure 5-methylhexansäure 3-ethylpentansäure

Der Abstand der Kohlenstoffatome von der Carboxylgruppe wird mit griechischen
Buchstaben bezeichnet. Das an die Carboxylgruppe gebundene Kohlenstoffatom wird mit α-
(Alpha) bezeichnet, wobei jedes nachfolgende C-Atom einer Reihe griechischer Alphabete
folgt (β-, γ- , δ- …).

Pentansäure

Cyclische Verbindungen mit einer an den Ring gebundenen -COOH-Gruppe werden durch das
Anhängen des Suffixes -carbonsäure benannt. Das an C1 gebundene Kohlenstoffatom von -
COOH ist nicht nummeriert.

3-Chlorcyclohexancarbonsäure

Tabelle 5.2. Systemische und triviale (allgemeine) Namen einiger Carbonsäuren


Chemische Formel Trivialname Trivialname Acylgruppe
HCOOH Methansäure Ameisensäure formyl
CH3COOH Ethansäure Essigsäure acetyl
CH3CH2COOH Propansäure Propionsäure propionyl
CH3(CH2)2COOH Butansäure Buttersäure butiryl
CH3(CH2)14COOH Hexadecansäure Palmitinsäure palmitoyl
CH3(CH2)16COOH Octadecansäure Stearinsäure steratil
CH₃(CH₂)₇CH=CH(CH₂)₇COOH cis-9-Octadecensäure Oleinsäure oleoyl
HOOC-COOH Ethandisäure Oxalsäure oksalyl 51
HOOC-CH2-COOH Propandisäure Malonsäure malonyl
HOOC(CH2)2COOH Butandisäure Bernsteinsäure sukcinyl
HOOC(CH2)3COOH Pentandisäure Glutarsäure glutaryl
HOOC=COOH trans-Butendisäure Fumarsäure fumaroil
HOOCCH=CHCOOH cis-Butendisäure Maleinsäure maleoil

51
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Alkanoylhalogenide oder Carbonsäurehalogenide werden derart benannt, sodass man an den
Namen des Stammalkans der Carbonsäure, von der sie sich ableiten, die Endung -
oylhalogenid anhängt. In der noch meistverwendeten Nomenklatur wird der Name aus der
Bezeichnung des Stamms der Säuregruppe und der Endung-halogenid gebildet.

Propionylbromid Cyclohexancarbonylfluorid

Symmetrische Carbonsäureanhydride werden so genannt, wie die Carbonsäure, aus der sie
theoretisch durch Dehydratisierung entstanden sind, mit dem Zusatz -anhydrid.
Unsymmetrisches Carbonsäureanhydrid wird erst die eine und dann die andere Säure
genannt und die Endung -anhydrid angefügt.

Benzoesäureanhydrid Benzoesäure-propionsäureanhydrid

Der systematische Name von Carbonsäureester wird nach dem Prinzip „Rest des Alkohols +
Grundkörper der Säure + oat“ gebildet.

Propilethanoat

Systematisch bezeichnet man Amide als Alkanamide, bei den Trivialnamen wird an den
Wortstamm der Säure die Endung -amid angehängt. Substituenten am Stickstoff werden
durch den Vorsatz N- oder N,N-, je nach Anzahl der gebundenen Gruppen gekennzeichnet. Je
nach Anzahl der an den Stickstoff gebundenen Gruppen unterscheidet man primäre,
sekundäre und tertiäre Amide. Cyclische Amide nennt man Lactame.
52

Heptanamid N-ethylpropanamid

52 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


5.1.2. Substituierte Carbonsäuren
Halogencarbonsäuren
Halogencarbonsäure ist eine durch ein Halogenelement aus der 17. Gruppe des
Periodensystems der Elemente (F, Cl, Br und I) substituierte Carbonsäure. Die
Elektronegativität von Halogen beeinflusst
die Stärke der Säure, sodass beispielsweise Chloressigsäure (Chlorethansäure) 100-mal
stärker ist als Essigsäure (Ethansäure). Der Einfluss des Substituenten ist am α-C-Atom am
stärksten, während eine Vergrößerung des Abstands von der Carboxylgruppe diesen Einfluss
abschwächt.

Essigsäure Trichloressigsäure

Hydroxysäuren
Ein Substituent ist eine Hydroxylgruppe (-OH), die aufgrund ihrer Elektronegativität die
Acidität relativ zur Stammsäure erhöht. Hydroxysäuren sind Alkohole und Säuren, die dazu
neigen, einen zyklischen Ester, nämlich Lacton, zu bilden. Lactone können durch
intramolekularen Wasserverlust gebildet werden, wobei γ- oder δ-Hydroxysäure einen
stabilen fünf- oder sechsgliedrigen Ring bildet. Die Hydrolyse von Lacton erzeugt
Hydroxysäuren. Die Oxidation von Zucker kann auch Lactone erzeugen. Gluconolacton wird
aus Glucose gebildet, die durch Hydrolyse Gluconsäure ergibt.

Im Körper wird Priruvat durch die Wirkung des Enzyms Laktatdehydrogenase zu Laktat
reduziert. Diese Reaktion findet in Muskeln mit erhöhter Muskelaktivität oder in Erythrozyten
statt, die keine Mitochondrien haben, um Pyruvat zu CO2 zu oxidieren. Lactat kann als Nicht-
Kohlenhydrat-Vorstufe leicht durch Oxidation wieder in Pyruvat umgewandelt werden
(Abbildung 5.1).

53

Pyruvat L-Laktat

Abbildung 5.1. Reduktion von Pyruvat zu Laktat

53
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Oxocarbonsäuren
Oxocarbonsäuren weisen neben der sauren Carboxyl-Gruppe wenigstens eine weitere
Carbonylgruppe (Keto-Gruppe oder Aldehyd-Gruppe) auf. Einer der wichtigsten Vertreter der
α-Ketosäuren ist die Brenztraubensäure (Pyruvat), die durch den Kohlenhydratstoffwechsel
gebildet wird. Die Hydratation von α-C-Atomen in Pyruvat ergibt die Enolform von Pyruvat.
Der Fettstoffwechsel produziert β-Ketosäure, Acetessigsäure, die in Keto- und Enolform
vorliegt.
Acetoacetatsäure (Acetessigsäure)

Ketoform Enolform

5.2. AMINOSÄUREN
Aminosäuren, die durch Peptidbindungen miteinander verbunden sind, stellen den
Grundbaustein von Proteinen dar. An das asymmetrische α-C-Atom sind die Aminogruppe (-
NH2), die Carboxylgruppe (-COOH), das Wasserstoffatom (-H) und der Seitenzweig (R-Gruppe)
gebunden (Abbildung 5.2.).

Abbildung 5.2. Allgemeine Strukturformel der Aminosäure

Freie Aminosäuren, mit Ausnahme von Glycin, besitzen ein asymmetrisch substituiertes α-C-
Atom, das chirale Zentrum, weshalb wir in der Natur von jeder Aminosäure 2 Stereoisomere
finden. Stereoisomere unterscheiden sich in der Richtung, in der sie polarisiertes Licht
drehen. Basierend auf diesem Kriterium unterscheiden wir zwischen linksdrehenden (-) und
rechtsdrehenden (+) Isomeren-Konfigurationen. Unter Verwendung anderer Kriterien, wie
der Konfiguration der Substituenten um das Chiralitätszentrum, können wir R (Substituenten
54
um α-C sind im Uhrzeigersinn angeordnet) und S-Konfiguration (Substituenten sind gegen
den Uhrzeigersinn angeordnet) unterscheiden.

Die Priorität der Substituenten wird durch Regeln bestimmt, die auf der Ordnungszahl der
einzelnen Substituenten basieren (O > N > C > H). Die Konfiguration der Stereoisomeren von
Aminosäuren wird üblicherweise durch das Fisher-Modell gezeigt, wonach die

54 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Carboxylgruppe relativ zum α-C-Atom nach oben gerichtet ist, die Seitenkette unten und die
Aminogruppe auf der linken Seite des α-C-Atoms liegt (Abbildung 5.3.). Säugetierproteine
enthalten nur L-α-Aminosäuren.

Abbildung 5.3. Fisher-Modell und R/S-Konfiguration von Alanin und Glyceraldehyd

Aminosäuren zeigen eine amorphe Eigenschaft. Da sie eine Amino- und eine Carboxylgruppe
enthalten, können sie sich sowohl als Säuren und auch als Basen verhalten. In Lösungen mit
neutralem pH-Wert liegen die Aminosäuren in dipolarer Form oder in Form von Zwitterionen
vor, wobei die Aminogruppe protoniert (-NH3+) und die Carboxylgruppe deprotoniert (-COO)
ist. In saurer Umgebung wirkt die Aminosäure als Base, da die Aminogruppe H+ aufnimmt,
während in alkalischer Umgebung die Carboxylgruppe H+ freisetzt, weshalb sie ein negativ
geladenes Molekül ist und als Anion wirkt (Abbildung 5.4.).

𝑝𝑝𝑝𝑝I + 𝑝𝑝𝑝𝑝V
𝑝𝑝𝑝𝑝 =
2

2,36 + 9,6
𝑝𝑝𝑝𝑝 = = 5,98
2

55

Abbildung 5.4. Leucin-Aminosäure-Titrationskurve

55
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Der pH-Wert, bei dem die Nettoladung der Aminosäure neutral oder als Zwitterion vorliegt,
repräsentiert den isoelektrischen Punkt (pI) der Aminosäure. Die chemische Natur der
Aminosäuresubstituenten beeinflusst den pK-Wert, der letztendlich den isoelektrischen
Punkt (pI) der Aminosäure definiert.
𝑝𝑝𝑝𝑝I + 𝑝𝑝𝑝𝑝V
𝑝𝑝𝑝𝑝 =
2

Aminosäuren werden in essentielle und nichtessentielle Aminosäuren unterteilt.


Nichtessentielle Aminosäuren sind solche, die der Körper selbst herstellen kann, während
essentielle Aminosäuren vom Körper nicht hergestellt werden können und mit der Nahrung
aufgenommen werden müssen (Abbildung 5.5.).
Unpolare aliphatische Aminosäuren

Glycin (Gly) G Alanin (Ala) A Valin (Val) V Leucin (Leu) L Isoleucin (Ile) I
Aromatische Aminosäuren

Prolin (Pro) P Methionin (Met) M Phenylalanin (Phe) F Tyrosin (Tyr) T Tryptophan (Trp) W
Polare ungeladene Aminosäuren

Serin (Ser) S Threonin (Thr) T Cystein (Cys) C Asparagin (Asn) N Glutamin (Gln) Q
Positiv geladene Aminosäuren Negativ geladene Aminosäuren

56

Lysin (Lys) K Arginin (Arg) R Histidin (His) H Asparaginsäure Glutaminsäure (Glu)


(Asp) D E
Aminosäuren, die vom menschlichen Körper hergestellt werden können

Abbildung 5.5. Aminosäurestrukturen

56 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Einige Proteine enthalten modifizierte Aminosäuren in ihrer Struktur, die durch Modifikation
nach Einbau der Aminosäure in die Polypeptidkette gebildet werden. So enthält
beispielsweise Kollagen eine modifizierte Aminosäure, die durch Hydroxylierung von Prolin
gebildet wird - Hydroxyprolin, Prothrombin enthält γ-Carboxyglutamat, das durch
Carboxylierung von Glutamat gebildet wird, und die Bindung von Selen an Cystein produziert
Selenocystein, das in vielen Enzymen vorhanden ist (Abbildung 5.6.).
O

NH
OH

HO

Hydroxyprolin γ-Carboxyglutamat Selenocystein

Abbildung 5.6. Strukturen modifizierter Aminosäuren

5.2.1 Charakteristische Reaktionen der Aminosäuren

a) Die Peptidbindung entsteht bei der Reaktion der Carboxylgruppe einer Aminosäure
und der Aminogruppe einer anderen Aminosäure unter Freisetzung eines
Wassermoleküls (Abbildung 5.7.). Durch die Verknüpfung von Aminosäuren über
Peptidbindungen werden Polypeptidketten gebildet, die mit einer Aminogruppe
beginnen und mit einer Carboxylgruppe enden. Die Peptidbindung stabilisiert
Polypeptidketten aufgrund ihrer Hydrolysebeständigkeit und begrenzt
Konformationsänderungen im Peptidrückgrat, da sie den Charakter einer
Doppelbindung besitzt.

Abbildung 5.7. Bildung von Peptidbindungen

b) Die Disulfidbindung entstehet durch die Oxidation von zwei Cysteinresten und ein
Disulfid Cystin wird gebildet. Es gibt keine anderen kovalenten Quervernetzungen in
Proteinen (Abbildung 5.8). 57

57
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Abbildung 5.8. Bildung einer Disulfidbrücke zwischen Cysteinresten

c) Amine werden in Zellen durch Decarboxylierung von Aminosäuren in Gegenwart des


Enzyms Decarboxylase und des Coenzyms Pyridoxalphosphat gebildet (Abbildung
5.9.). Biogene Amine spielen im Körper eine wichtige Rolle (Tabelle 5.3.).

Histidin Histamin

Abbildung 5.9. Decarboxylierung von Histidin

Tabelle 5.3. Biogene Amine


Aminosäuren Amin Rolle im Organismus
Histidin Histamin erhöht den Blutdruck
Tryptophan Tryptamin Neurotransmitter
5-Hydroxytryptophan Serotonin Vasokonstriktor
Serin Ethanolamin ein Bestandteil von
Phospholipiden
3,4-Dihydroxyphenylalanin Dopamin, Noradrenalin Hormon
Asparaginsäure α-Alanin ein Bestandteil von Coenzym A
Cystein Cysteamin ein Bestandteil von Coenzym A
58

d) Bei Transaminierungsreaktionen mit Aminotransferase (Transaminase)-Enzymen


wird eine α-Aminogruppe von einer α-Aminosäure auf eine α-Ketosäure übertragen,
wobei aus der Aminosäure die entsprechende Ketosäure und aus der Ketosäure die
entsprechende Aminosäure gebildet wird. α-Ketoglutarat dient normalerweise als
Akzeptor der Aminogruppe. Die Transaminierung ist ein reversibler Prozess und stellt

58 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


eine Verbindung zwischen dem Proteinstoffwechsel, und dem Kohlenhydrat- und
Fettstoffwechsel dar (Abbildung 5.10.).

Aspartat α-Ketoglutarat Oxalacetat Glutamat

Abbildung 5.10. Transaminierung von Aminosäuren Aspartat

e) Die oxidative Desaminierung produziert Ketosäuren aus Aminosäuren (Abbildung


5.11.). Zunächst wird eine Iminosäure gebildet, die unter Zugabe eines
Wassermoleküls unter Freisetzung von Ammoniak in Oxosäure (Ketosäure)
umgewandelt wird.

Glutamat α-Iminoglutarat α-Iminoglutarat

Abbildung 5.11. Oxidative Desaminierung von Aminosäuren Glutamat

f) Die Aminogruppe der Aminosäure kann durch Umsetzung der Aminogruppe mit
einem Alkylhalogenid in alkalischem Milieu alkyliert werden (Abbildung 5.12.). Es
findet eine Substitution von stickstoffgebundenem Wasserstoff durch Alkylgruppen
statt. So zum Beispiel, Methylierung von Glycin ergibt N-Methylglycin oder Sarcosin,
eine Aminosäure, die in Muskeln und langen Geweben des Körpers vorkommt. Das
Endprodukt der Methylierung ist Betain, eine quartäre Ammoniumverbindung.

59

Glycin Methyglycin

Abbildung 5.12.: Alkylierungsreaktionen von Aminosäuren Glycin

59
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Übungsaufgaben:

1. Nennen Sie folgende Carbonsäuren:


a) COOH

Cl

b)

c)

d)

e)

2. Zeichnen Sie die Strukturformeln der folgenden Carbonsäuren:


a) Linolensäure

b) Butyrylchlorid

c) Cis-Ölsäure

d) Linolsäure
60

e) Ethanpropanoat

60 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


3. Zeichnen Sie die Säure, die durch Milchsäuregärung von Kohlenhydraten mit Bakterien
entsteht. Wie heißen die Salze dieser bestimmten Säure?
4. Zeichnen Sie Apfelsäure, die eine Dicarbonsäure ist, und schreiben Sie den
Systemnamen der Säure.
5. Benennen Sie Hydroxysäuren:

a) b) c)

6. Um welche Säure handelt es sich und wie ist die Anwendung der gezeigten Säure?

7. Zeichne die Keto- und Enolform von Brenztraubensäure.


8. Zeichnen Sie Cystein mit dem Fisher- und Tetraedermodell. Bestimmen Sie die R/S-
Konfiguration von Cystein.
9. Zeichnen Sie eine Peptidbindung zwischen Tyrosin und Methionin.
10. Benennen Sie das Peptid:

11. Schreiben Sie die Serin-Decarboxylierung.


12. Zeichnen Sie die Transaminierung von Glutamat mit Oxalacetat.
13. Schreiben Sie die Desaminierungsreaktion von Threonin.
14. Zeigen Sie die Alkylierung der Aminosäure Glycin mit Bromethan. 61
15. Zeichnen Sie die Titrationskurve und berechnen Sie den pI-Wert für:

61
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
a) Methionin


OH (Äquivalent)

b) Asparaginsäure


OH (Äquivalent)

c) Arginine


OH (Äquivalent)

62

62 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Zusatz:

Tabelle 4: pK-Werte der Aminosäure


Aminosäure Mr pK1 (-COOH) pK2 (-NH3+) pKR (Seitenkette)
Glycin 75 2.34 9.60
Alanin 89 2.34 9.69
Valin 117 2.32 9.92
Leucin 131 2.36 9.60
Isoleucin 131 2.36 9.68
Prolin 115 1.99 10.96
Metionin 149 2.28 9.21
Phenylalanin 165 1.83 9.13
Tyrosin 181 2.20 9.11 10.07
Tryptophan 204 2.38 9.39
Serin 105 2.21 9.15
Threonin 119 2.11 9.62
Cystein 121 1.96 10.28 8.18
Asparagin 132 2.02 8.80
Glutamin 146 2.17 9.13
Lysin 146 2.18 8.95 10.53
Histidin 155 1.82 9.17 6.0
Arginin 174 2.17 9.04 12.48
Asparaginsäure 133 1.88 9.60 3.65
Glutaminsäure 147 2.19 9.67 4.25

63

63
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
S6 SEMINAR 6.

6.1. ELEKTROCHEMISCHE REAKTIONEN


Der Zusammenhang zwischen Chemie und elektrischer Spannung ist seit langem
bekannt, angefangen bei den Experimenten von Alessandro Volta, über die ersten
Experimente der Elektrolyse bis hin zur Aufstellung der Fardayschen Gesetze und der
Entdeckung von Elektronen.

Elektrochemie ist der Teil der Chemie, der sich mit der Untersuchung der Reaktionen von
geladenem Teilchen, Ionen und Elektronen, an der Grenze zwischen zwei Phasen befasst,
meistens festem Metall und einer leitfähigen Lösung oder einem leitfähigen Elektrolyten.

6.1.1. Galvanische Zelle

Die galvanische Zelle ist die einfachste elektrochemische Zelle, die aus zwei Metallelektroden
besteht, die in Lösungen ihrer Salze eingetaucht sind (Abbildung 6.1.). Die Lösungen wurden
durch eine semipermeable Membran oder Salzbrücke (mit konzentrierter KCl-Lösung gefüllte
Kammer) getrennt. Die Rolle der Brücke besteht darin, den Ionenaustausch ohne das Mischen
von Lösungen sicherzustellen. Wenn wir die Elektroden mit einem Leiter verbinden, kommt
es zu einer Reaktion.

Abbildung 6.1. Galvanische Zelle


64

Zur Beschreibung der elektrochemischen Zelle wurden spezielle Symbole eingeführt. Somit
wird die elektrochemische Zelle aus dem obigen Bild durch den Ausdruck beschrieben:

Zn(s) | Zn2+(aq) || Cu2+(aq) | Cu(s)

64 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Die vertikalen Linien (I) zeigen die Phasengrenzen. Rechts ist die Reduktionsreaktion und links
die Oxidationsreaktion dargestellt. Reaktionen, die die Übertragung von Elektronen an jeder
der Elektroden zeigen, werden als Elektrodenreaktionen bezeichnet. Die Elektrode, an der
die Oxidation stattfindet, wird Anode genannt, während die Reduktion an der Kathode
stattfindet. Jede der Reaktionen stellt einen Halbwert dar und für jede Reaktion wird ein
Reduktionspotential bestimmt. Wenn wir die beiden Elektrodenreaktionen kennen, ist es
leicht, das Potenzial der gesamten Zelle zu bestimmen.

𝐸𝐸 = 𝐸𝐸} − 𝐸𝐸B
Neben den aus einer Metallelektrode und einer Elektrolytlösung bestehenden Zellen gibt es
auch:
a. Ionen-Ionen-Elektroden: Elektrodenreaktionen beinhalten nur ionische Spezies,
während der Metallleiter eines der inerten Metalle wie Platin ist.
b. Gaselektroden: Reaktionen mit Gasen wie Wasserstoff oder Sauerstoff und sie
müssen auch an der Oberfläche eines inerten Leiters durchgeführt werden.

6.1.2. Nernst-Gleichung

Standardpotentiale werden unter Standardbedingungen beschrieben, d.h. bei einer


Lösungskonzentration von 1M und einem Gasdruck von 1atm (101,3 kPa). Weicht die
Elektrolytkonzentration von diesem Wert ab, ändert sich das Potential der Zelle nach dem
Prinzip von Le Chatelier.
Für verdünnte Elektrolytlösungen ist die Nernst-Gleichung anzuwenden:

𝑅𝑅𝑅𝑅
𝐸𝐸 = 𝐸𝐸 N − 𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙
𝑛𝑛𝑛𝑛
oder
0.059
𝐸𝐸 = 𝐸𝐸 N − 𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙
𝑛𝑛

Die Nernst-Gleichung dient zur Messung von pH-Wert und Ionenkonzentration in der Lösung
sowie zur Bestimmung von Löslichkeitsprodukten und potentiometrischen Titrationen.

65
6.1.3. Faradays Gesetze

Die Faradayschen Gesetze beschreiben die Abhängigkeit der Elektrolyseprodukten von der
Ladungsmenge. Demnach ist die durch die Reaktion an den Elektroden erzeugte
Substanzmenge proportional zur Ladungsmenge, die durch den Gegenstand gegangen ist (I.
Faradaysches Gesetz).

65
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
𝑄𝑄 = 𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛
F ist die Faraday-Konstante, definiert als die Ladung, die ein Mol Elektronen trägt, und beträgt
96 467 C oder 96 500 C, und z ist die Anzahl der bei der Reaktion verbrauchten Elektronen.

Die gleiche Ladungsmenge emittiert verschiedene Substanzen in ihren äquivalenten Massen


(Faradaysches Gesetz II). Nach diesem Gesetz emittiert 1 Mol Elektron 1 Mol reduziertes
einwertiges Produkt, aber nur 0,5 Mol zweiwertiges Produkt. Von den zwei möglichen
Elektrolysereaktionen in wässrigen Lösungen wird diejenige stattfinden, die weniger Energie
verbraucht.

Beispiel 1.
Zeigen Sie durch Gleichungen die Reaktionen, die bei der Elektrolyse von
Kaliumchloridschmelze an den Elektroden ablaufen.

KCl (s) à K+ + Cl-


K+ + e- à K /·2
2Cl à Cl2 + 2e
- -

2K+ + 2e- à 2K
2Cl- à Cl2 + 2e-
2K+ + 2e- + 2Cl- à 2K + Cl2 + 2e-
2K+ + 2Cl- à 2K + Cl2

Beispiel 2.
Welche Ladung ist erforderlich, um bei der Elektrolyse von CuSO4 0,11 g Kupfer zu extrahieren?

Cu2+ + 2e- à Cu (s)


𝑚𝑚 0,11 𝑔𝑔
𝑛𝑛 = = = 0,0017 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚
𝑀𝑀" 63,55 𝑔𝑔/𝑚𝑚𝑚𝑚𝑙𝑙
𝑄𝑄 = 𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛 = 0,0017 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 ∙ 2 ∙ 96500 𝐶𝐶/𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 = 334 𝐶𝐶

Beispiel 3.
Welches Potenzial hat die zu Beginn des Seminars beschriebene klassische galvanische Zelle?

66 𝐸𝐸 = 𝐸𝐸} − 𝐸𝐸B = 𝐸𝐸(𝐶𝐶𝐶𝐶Vá /𝐶𝐶𝐶𝐶) − 𝐸𝐸(𝑍𝑍𝑍𝑍Vá /𝑍𝑍𝑍𝑍) = 0,345 𝑉𝑉 − (−0,762 𝑉𝑉) = 1,107 𝑉𝑉

66 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Übungsaufgaben:
1. Zeigen Sie durch Gleichungen die Reaktionen an den Elektroden während der
Elektrolyse von Bariumbromid-Schmelze.
2. Berechnen Sie anhand der Definition der Faraday-Konstanten die Ladung eines
Elektrons. (L: 1,6 · 10-19 C)
3. Wie viel Ladung wird benötigt, um 3,5 mol Natriumschmelze zu elektrolysieren? (L:
3,4 · 105 C)
4. Eine Ladungsmenge von 482,5 C sezerniert 163,5 mg Zink an der Elektrode. Wie groß
ist die Atommasse von Zink? (L: 65,4)
5. Welches Potenzial hat die Autobatterie Pb, PbSO4 | H2SO4 | PbSO4, PbO2? (L: 2,041 V)
6. Schreiben Sie die Reaktionen auf, die auftreten, wenn wir Zink in Folgendes
eintauchen:
a) Schwefelsäure
b) CuSO4
c) Silbernitrat

67

67
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
S7 SEMINAR 7.

7.1. CHEMISCHE UND BIOCHEMISCHE REAKTIONGESCHWINDIGKEIT


Die chemische Kinetik untersucht die Geschwindigkeit und den Mechanismus
chemischer Reaktionen und die Faktoren, die die Geschwindigkeit der beobachteten
Reaktion beeinflussen. Die miteinander reagierenden Partikel werden am einfachsten durch
die chemische Reaktionsgleichung dargestellt, die uns die kleinste Anzahl reagierender
Teilchen (Atome, Ionen, Moleküle) und die resultierenden Produkte liefert. Eine der
Voraussetzungen für die Bildung des Produkts ist der gegenseitige Kontakt der reagierenden
Partikel, das heißt der Zusammenstoß von Molekülen, in dem die molekularen Kräfte zu
wirken beginnen, die die Reaktanten in Produkte übersetzen.
Die Geschwindigkeit einer chemischen Reaktion ist definiert als die Änderung der
Konzentration von Reaktanten über die Zeit, und wird durch den Ausdruck:
Δ𝐶𝐶˛
𝑣𝑣 =
Δ𝑡𝑡

angegeben. Zur Reaktion: aA+ bB →pP

die Änderung der Reaktionsgeschwindigkeit für jeden Reaktanten wird durch den Ausdruck:
1 Δ𝐶𝐶' 1 Δ𝐶𝐶∆ 1 Δ𝐶𝐶Õ
𝑣𝑣 = − × =− × = ×
a Δ𝑡𝑡 b Δ𝑡𝑡 p Δ𝑡𝑡
angegeben.
Um das Zielprodukt zu erzeugen, sollte die Anzahl der reagierenden Partikel so groß wie
möglich sein und die Moleküle sollten die richtige räumliche Orientierung haben, das heißt,
ihre reaktiven Teile sollten sich berühren und die Energie der Moleküle beim Stoß sollte gleich
oder höher als die Aktivierungsenergie (Ea) sein. Wir definieren die Aktivierungsenergie als
die Energiemenge, die ein Molekül haben muss, um mit einem anderen Molekül reagieren zu
können. Die Aktivierungsenergie ist die Energiebarriere, die die Moleküle überwinden
müssen, damit sich das Produkt bildet, wie in Abbildung 7.1. gezeigt ist.

68

68 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Abbildung 7.1. Energiediagramm einer chemischen Reaktion eines zweimolekularen
Systems. Durch das Überschreiten der höchsten Energiebarriere, die die Energie des
Übergangszustandes (A - - B - - C) darstellt, werden die Reaktanten in Produkte mit
energiegünstigerem (AB + C) oder energetisch ungünstigerem Zustand (A + BC)
übersetzt.

Bei der Untersuchung der Geschwindigkeit einer chemischen Reaktion ist es notwendig,
neben dem Mechanismus der Umwandlung von Reaktanten in Produkte, die Molekularität
der Reaktion zu kennen, die durch die Anzahl der reagierenden Moleküle bestimmt wird. Wir
unterscheiden:

I. Monomolekulare Reaktionen – nur ein Molekül nimmt teil, die


Reaktionsgeschwindigkeit ist proportional zur Konzentration nur eines Partikels.

A → 𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅

II. Bimolekulare Reaktionen – zwei Moleküle nehmen teil, die Reaktionsgeschwindigkeit


ist proportional zum Produkt der Konzentrationen der reagierenden Partikel oder
dem Quadrat der Konzentration eines Partikels. Es gibt zwei grundlegende Arten von
bimolekularen Reaktionen:

2 A → 𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅

A + B → 𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅

III. Trimolekulare Reaktionen – drei reagierende Moleküle sind beteiligt, die


Reaktionsgeschwindigkeit ist proportional zum Binom der Konzentration eines
Partikels, das heißt dem Produkt der Konzentration von zwei/drei Reaktanten. Die 69

Arten von trimolekularen Reaktionen sind:

3 A → 𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅

2 A + R → 𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅

A + B + R → 𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑘𝑘𝑘𝑘

69
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Die Molekularität der Reaktion hängt von der Reaktionsordnung ab, die von der Anzahl der
reagierenden Partikel und deren Konzentration abhängt, und es wird eine
Reaktionsgeschwindigkeitskonstante (k) eingeführt. Die Reaktionsordnung ist definiert als die
Anzahl der reagierenden Partikel, deren Konzentration sich aufgrund einer chemischen
Reaktion ändert. Nach der Reihenfolge der Reaktion unterscheiden wir:

§ Reaktionen nullter (0.) Ordnung – sie zeichnen sich durch eine konstante
Geschwindigkeit und Unabhängigkeit von der Konzentration der Reaktanten aus.
Beispiele sind fotochemische Reaktionen.

§ Reaktionen erster (1.) Ordnung – die Reaktionsgeschwindigkeit hängt von der


Konzentration eines Reaktanten ab.
N2O5 ⟶ 2 NO2 + ½ O2
𝑑𝑑𝐶𝐶'
− = 𝑘𝑘𝐶𝐶'
𝑑𝑑𝑑𝑑
k – Reaktionsgeschwindigkeitskonstante, das heißt temperaturabhängige
Proportionalitätskonstante [s–1]

§ Reaktionen zweiter (2.) Ordnung – die Reaktionsgeschwindigkeit hängt vom Produkt


der Konzentration von Komponente A und Komponente B oder vom Quadrat der
Konzentration einer Komponente ab.
COV + HV O → HV COW 2 CW CHO → 2 CHL + 2 CO

𝑑𝑑𝐶𝐶' 𝑑𝑑𝐶𝐶∆
− =− = 𝑘𝑘𝐶𝐶' 𝐶𝐶∆
𝑑𝑑𝑑𝑑 𝑑𝑑𝑑𝑑
𝑑𝑑𝑑𝑑
= 𝑘𝑘 𝑥𝑥 (𝑎𝑎 − 𝑥𝑥)V
𝑑𝑑𝑑𝑑

§ Reaktionen dritter (3.) Ordnung – die Reaktionsgeschwindigkeit hängt vom Produkt


der Konzentration der drei Komponenten (A, B, C) ab.

§ Reaktionen höherer Ordnung – die gesamte chemische Änderung ist das Ergebnis
mehrerer aufeinanderfolgender Reaktionen und die Gesamtgeschwindigkeit und
Reihenfolge der Reaktion wird durch die langsamste Reaktion bestimmt.
70

Jede Reaktion hat eine definierte Reaktionsgeschwindigkeitskonstante und Halbwertszeit der


Reaktion. (t½). Die Halbwertszeit ist die Zeit, die erforderlich ist, um die Anfangskonzentration
der Reaktanten auf die Hälfte des Anfangswertes zu reduzieren. Je länger die Halbwertszeit
ist, desto niedriger ist der Wert der Reaktionsgeschwindigkeitskonstante. Tabelle 7.1 gibt die

70 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Ausdrücke für die Geschwindigkeitskonstante und die Halbwertszeit entsprechenden
Reaktionen an.

Tabelle 7.1. Ausdrücke für Reaktionsgeschwindigkeitskonstanten und Halbwertszeit für die


gegebene Reaktionsordnung.
Reihenfolge
der Reaktionsgleichung Reaktionsgeschwindigkeitskonstante Halbwertszeit
Reaktion
A
2,303 𝑎𝑎 0,6933
1. → 𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅 𝑘𝑘 = 𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙 𝑡𝑡I- =
𝑡𝑡 𝑎𝑎 − 𝑥𝑥 V 𝑘𝑘

2A 1 𝑥𝑥 1
𝑘𝑘 = 𝑥𝑥 𝑡𝑡I- =
→ 𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅 𝑡𝑡 𝑎𝑎(𝑎𝑎 − 𝑥𝑥) V 𝑘𝑘𝑘𝑘

2.

A+B 2,303 𝑎𝑎(𝑏𝑏 − 𝑥𝑥)


𝑘𝑘 = 𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙𝑙
→ 𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅 𝑡𝑡(𝑏𝑏 − 𝑎𝑎) 𝑏𝑏(𝑎𝑎 − 𝑥𝑥)

3A 1 1 1 3
𝑘𝑘 = . − V/ 𝑡𝑡I- =
→ 𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅 2𝑡𝑡 (𝑎𝑎 − 𝑥𝑥) V 𝑎𝑎 V 2𝑘𝑘𝑎𝑎V

2A+B
3.
→ 𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅

A+B+C
→ 𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅𝑅

a, b – Anfangskonzentrationen der Stoffe A und B; (a-x) und (b-x) – Konzentrationen der Stoffe A und
B zum Zeitpunkt t; § - Anfangskonzentrationen sind gleich

Da die meisten chemischen Reaktionen komplex sind und aus mindestens zwei oder mehr
einfachen Reaktionen bestehen, unterscheiden wir nach Art der Entwicklung:
§ Reversible Reaktionen – bei dieser Art von Reaktion stellt sich ein Gleichgewicht ein,
wenn die Geschwindigkeit der fortgeschrittenen und der Umkehrreaktion
71
ausgeglichen ist.

71
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
§ Sequenzielle Reaktionen – Reaktionen laufen durch die Bildung mehrerer
Zwischenprodukte ab und die Geschwindigkeit einer solchen Reaktion wird durch die
langsamste Reaktion bestimmt.

§ Parallelreaktionen – zwei oder mehr Reaktionen laufen gleichzeitig ab.

7.1.1. Faktoren, die die Geschwindigkeit einer chemischen Reaktion beeinflussen

Die Geschwindigkeit einer chemischen Reaktion hängt von einer Reihe von Faktoren wie
Konzentration, Temperatur, Art des Reaktionspartners, vorhandene Katalysatoren und Druck
(bei gasförmigen Reaktionspartnern) ab. Alle Faktoren, die die Möglichkeit von
Partikelkollisionen erhöhen, wirken sich positiv auf die Reaktionsgeschwindigkeit aus.

§ Einfluss der Konzentration – Eine Erhöhung der Konzentration des Reaktanten erhöht
die Kollisionswahrscheinlichkeit und die Reaktionsgeschwindigkeit ist proportional
zur Konzentration. Die Reaktionsgeschwindigkeitskonstante ist
konzentrationsunabhängig, aber doch temperaturabhängig.

§ Temperatureinfluss – Durch die Temperaturerhöhung beschleunigen wir die


chemische Reaktion. Hier haben wir Van't Hoffs empirische Regel, dass die
Reaktionsgeschwindigkeit bei einer Temperaturerhöhung um 10 K um das 2- bis 4-
fache zunimmt (je nach Art der Reaktanten). Bei erhöhten Temperaturen treten in
einer bestimmten Zeit mehrere Kollisionen auf, wodurch die kinetische Energie von
Molekülen und damit die Kollisionsenergie erhöht und die Anzahl energieeffizienter
Kollisionen angestiegen wird.

§ Die Natur des Reaktanten – Der Einfluss der Natur des Reaktanten ist noch nicht
vollständig bekannt. Der Elektronen- oder Protonentransfer ist eine einfache und
schnelle Reaktion, während komplexe, sedimentäre und heterogene Reaktionen
72 normalerweise viel langsamer sind.

Ein Beispiel ist die Reaktion von Wasserstoff bei Raumtemperatur (RT) mit Fluor oder
Stickstoff.

H2 (g) + F2 (g) ⟶ 2 HF (g) sehr schnelle Reaktion, explosiv / RT

3 H2 (g) + N2 (g) ⟶ 2 NH3 (g) sehr langsame Reaktion / RT

72 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Auch die Struktur des Moleküls, das heißt die Geometrie, kann die
Reaktionsgeschwindigkeit beeinflussen. Zum Beispiel, die Moleküle, die linear sind
(wie CO2), reagieren langsamer mit Wasser als die SO2-Moleküle.

§ Einfluss von Katalysatoren – Katalysatoren sind Stoffe, die die chemische Reaktion
beschleunigen, dabei aber am Ende unverändert bleiben und das chemische
Gleichgewicht nicht beeinflussen. Das Prinzip ihrer Wirkung besteht darin, die
Aktivierungsenergie zu reduzieren, die erforderlich ist, um den Übergangszustand und
den Übergang von Reaktanten in Produkte herzustellen. In Gegenwart eines
Katalysators hat eine größere Anzahl von Molekülen genügend Energie, um die
Energiebarriere zu überwinden, was die Reaktion beschleunigt (Abbildung 7.2.).

Die Katalyse kann homogen, heterogen und Autokatalyse sein. Bei der homogenen Katalyse
befinden sich alle Teilnehmer im gleichen physikalischen Zustand, wodurch der
thermodynamische Reaktionspfad geändert und Ea reduziert wird. Die heterogene Katalyse
ist durch einen physikalischen Prozess, die Adsorption, gekennzeichnet, da sich die
Aggregatzustände von Katalysatoren und Reaktanten unterscheiden. Bei dieser Art der
Katalyse sollte die Oberfläche des Katalysators möglichst groß sein. Die Autokatalyse ist eine
spezielle Form der Beschleunigung einer chemischen Reaktion, bei der im Verlauf der
Reaktion ein Katalysator gebildet wird.

73
Abbildung 7.2.: Energiereaktionsdiagramm für katalysierte und nicht-katalysierte
Reaktion. In Gegenwart eines Katalysators ist die Energie des Übergangszustands
niedriger, was einer größeren Anzahl von Molekülen ermöglicht, die
Energiebarriere zu überwinden und die Reaktanten in Produkte umzuwandeln.

73
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Beispel 1.
Wenn ganz am Anfang (erste Zehntelsekunde) die Reaktionsgeschwindigkeit für
N2 + 3 H2 ® 2 NH3 0,1 mol dm–3 s–1 beträgt, wie groß ist die
Wasserstoffkonzentrationsänderung in der ersten Zehntelsekunde?
v = 0,1 mol dm–3 s–1
Δt = 0,1 s
Δc(H2) = ?
1 ∆𝑐𝑐 (𝐻𝐻V )
𝑣𝑣 = −
3 ∆𝑡𝑡
∆𝑐𝑐 (𝐻𝐻V )
0,1 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 𝑑𝑑𝑑𝑑ÉW 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 ÉI = −0,3
0,1 𝑠𝑠
0,1 ∙ 0,1
= ∆𝑐𝑐 (𝐻𝐻V )
−0,3
∆𝑐𝑐 (𝐻𝐻V ) = −0,03 𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚𝑚 𝑑𝑑𝑑𝑑ÉW

In der ersten Zehntelsekunde sinkt die Wasserstoffkonzentration um 0,03 mol dm–3.

Beispiel 2.
Die Zersetzung von Trioxan beträgt 3,05 × 10–4 s–1 bei einer Temperatur von 519 K. Die
Zersetzung erfolgt als Reaktion erster Ordnung. Bestimmen Sie die Halbwertszeit von Trioxan-
Zersetzung in Sekunden und Stunden.
0,6933
𝑡𝑡I- =
V 𝑘𝑘
0,6933
𝑡𝑡I- = = 2,27 × 10W s
V 3,05 × 10ÉL s ÉI
2,27 × 10W s
𝑡𝑡I- = = 0,631 h
V 3600 hÉI

Übungsaufgaben:
1. In einem Behälter mit einem Volumen von 0,5 dm3 werden 0,03 mol NO2 komprimiert.
Berechnen Sie die Reaktionsgeschwindigkeitskonstante für die Gleichung: 2 NOV ⇆
NV OL die mit einer Geschwindigkeit von 1,08 mol dm–3 s–1 nach rechts Fortschritt
macht. (L: k = 300 s–1)
2. Berechnen Sie, wievielmal sich die chemische Reaktion beschleunigt, wenn die
74
Temperatur um 50 °C steigt, wenn sich die Geschwindigkeit für jede 10 °C um das
Zweifache erhöht. (L: 32 mal)
3. Berechnen Sie die Halbwertszeit für die H2O2-Zersetzung, wenn nach einer halben
Stunde noch 3,81 mol H2O2 übrig ist und nach 60 Minuten noch 0,576 mol H2O2 bleibt.
Der Zerfall erfolgt als Reaktion erster Ordnung. (L: t 1/2 = 11 min)

74 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


S8 SEMINAR 8.

8.1. BIOANALYTISCHE METHODEN IN DER CHEMIE


Biologische Moleküle sind natürliche Verbindungen aus zahlreichen Kombinationen
chemischer Elemente, die in lebenden Organismen vorkommen. Sie sind integraler
Bestandteil von Geweben, Organen oder Zellen. So bestehen etwa 97 % der menschlichen
Trockenmasse aus den chemischen Elementen Kohlenstoff (C), Stickstoff (N), Sauerstoff (O),
Wasserstoff (H), Kalzium (Ca), Phosphor (P) und Schwefel (S). Etwas weniger vertretene
chemische Elemente wie Natrium (Na), Kalium (K), Magnesium (Mg) und Chlor (Cl) spielen
eine wichtige Rolle für das Funktionieren des Organismus. Sehr geringe Mengen an
Spurenelementen wie Eisen (Fe), Jod (I), Fluor (F), Kupfer (Cu), Kobalt (Co), Zink (Zn), usw.
spielen eine wichtige Rolle, da sie biochemische Stoffwechselwege und Funktionen
regulieren, zum Beispiel sie nehmen als Cofaktoren an enzymatischen Reaktionen teil.

Ein breites Spektrum bioanalytischer Methoden wird verwendet, um die grundlegenden


Bestandteile und Eigenschaften von Biomolekülen zu untersuchen. Durch die Messung
verschiedener physikalischer (Ladung, Dichte, Masse und Form) und chemischer (Bindung,
Löslichkeit und Struktur) Eigenschaften wird die Anwesenheit bestimmter Substanzen in
biologischen Proben bestimmt, was sowohl aus diagnostischer als auch aus
wissenschaftlicher Sicht wichtig ist. Einige der in der Chemie und Biochemie verwendeten
Analysemethoden werden im Folgenden beschrieben.

8.1. Trennverfahren

Die bioanalytische Chemie beruht auf der Fähigkeit, ein Biomolekül aus einem komplexen
Gemisch zu extrahieren. Damit ein Stoff aus einem Stoffgemisch isoliert werden kann, muss
es mindestens eine physikalische oder chemische Eigenschaft geben, die ihn von anderen
Stoffen im Gemisch unterscheidet. In Tabelle 8.1. werden verschiedene Methoden zur
Trennung von Stoffen nach physikalischen oder chemischen Eigenschaften vorgestellt.

Tabelle 8.1.: Klassifizierung der Trennverfahren.

Das Prinzip der Trennung Trennverfahren


(Ultra-)Filtrierung, Dialyse, Gelfiltrierung
Partikelgröße
Chromatografie
Masse und Dichte Zentrifugierung 75
Komplexentstehung Maskierung
Änderungen der
Destillation, Sublimation, Rekristallisation
physikalischen Eigenschaften
Änderungen der chemischen
Fällung, Ionenaustausch, Verdampfung
Eigenschaften
Aufteilung zwischen Phasen Extraktion, Chromatografie

75
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
8.1.1. Filtration ist ein Verfahren zur Trennung eines Feststoffs von einer Flüssigkeit, indem
eine Suspension durch einen Filter mit einer bestimmten Porengröße geleitet wird. Partikel,
die die Poren nicht passieren können (Rückstand, Präzipitat), verbleiben auf dem Filter, und
die Flüssigkeit mit Partikeln kleiner als der Porendurchmesser, ein sogenanntes Filtrat,
passiert den Filter. Ultrafiltration ist ein Verfahren, das auf dem Durchgang einer Lösung
durch eine poröse (semipermeable) Membran unter einem bestimmten Druck basiert und
dies ermöglicht den selektiven Durchgang bestimmter Moleküle oder Ionen. Dieses
Verfahren kann verwendet werden, um gelöste Biomoleküle zu konzentrieren, Lösungen zu
sterilisieren (Bakterien werden in der Membran zurückgehalten), um Salze und
Verunreinigungen aus Puffern zu entfernen, usw.

8.1.2. Die Dialyse wird häufig in Laboratorien eingesetzt und beruht auf dem gleichen Prinzip
wie die medizinische Dialyse, die Nierendialyse. Sie bezieht sich auf die Trennung einer
Substanz aus einer Lösung auf der Grundlage von Unterschied in der Fähigkeit, durch eine
semipermeable Membran zu diffundieren (Pergament, Nitrozellulose, Tiermembranen und
dergleichen). Gelöste Stoffe können eine solche semipermeable Membran passieren, aber
große Biomoleküle wie Proteine, Nucleinsäuren und Polysaccharide können nicht passieren,
da sie größer als die Poren der Membran sind und im Dialysebeutel zurückbleiben. Auf diese
Weise können niedermolekulare und hochmolekulare Verbindungen aus der Lösung
abgetrennt werden, zum Beispiel durch das Entfernen von Salzen aus der Proteinlösung. Der
Prozess ist sehr langsam, daher wird er durch das Anlegen eines elektrischen Feldes
beschleunigt und dieser Prozess wird dann Elektrodialyse genannt.

8.1.3. Zentrifugation ist der Prozess der Abtrennung von Partikeln aus einer Flüssigkeit
basierend auf ihrer Dichte und Größe oder Form. Die Viskosität, Temperatur, Dichte und
Zusammensetzung der Lösung beeinflussen die Fähigkeit der Partikel, die Lösung unter dem
Einfluss der Zentrifugalkraft zu passieren. Daher ist die Zentrifugation eigentlich eine
beschleunigte Sedimentation einer Substanz. Die zum Trennen der Phasen in einer Zentrifuge
erforderliche Kraft wird als relative Zentrifugalkraft (RCF, relative centrifugal force)
bezeichnet und die Kraft, die auf die Probe einwirkt, wird als g (zum Beispiel 500 g)
bezeichnet, was bedeutet wie oft die Kraft größer als die Gravitationskraft ist. Wir verwenden
Zentrifugen zum Zentrifugieren (Abbildung) und wir können sagen, dass es drei Haupttypen
von Zentrifugen gibt - Zentrifugen mit niedriger Drehzahl, Zentrifugen mit hoher Drehzahl
und Ultrazentrifugen. Niedrigtourige Zentrifugen, die in fast jedem bioanalytischen Labor zu
76 finden sind, können Geschwindigkeiten von bis zu 6000g erreichen und werden
normalerweise bei Raumtemperatur betrieben. Sie werden verwendet, um relativ schwere
Partikel oder Zellen auszufällen. Hochgeschwindigkeitszentrifugen verfügen oft über
eingebaute Kühleinheiten, um die Konservierung der Probe zu unterstützen, was besonders
bei biologischen Proben wichtig ist. Sie erreichen Geschwindigkeiten von bis zu 50000g und
werden häufig zur Ablagerung von Zellbestandteilen und Mikroorganismen verwendet.

76 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Ultrazentrifugen stellen den komplexesten Zentrifugentyp dar, der extrem hohe Drehzahlen
von bis zu 1000000g erreichen kann, wobei aufgrund der großen Wärmeentwicklung bei
diesen Drehzahlen Kühlung und Hochvakuum erforderlich sind. Sie werden verwendet, um
zelluläre Komponenten wie Membranvesikel, Viren, Kolloide, Nucleinsäuren usw. zu
isolieren. Hierfür werden am häufigsten zwei Arten der Zentrifugation verwendet -
Differenzzentrifugation und die Zentrifugation in einem Dichtegradienten.

Bei der Differenzzentrifugation wird der Prozess der Zentrifugation von Proben aufgrund der
unterschiedlichen Sedimentationsgeschwindigkeit der Moleküle wegen ihrer
unterschiedlichen Größe, Form und Dichte mehrmals wiederholt. So werden beispielsweise
Zellorganellen üblicherweise aus homogenisiertem Gewebe isoliert (Abbildung 8.1.).

Abbildung 8.1. Schematische Darstellung der differentiellen Zentrifugation

Die Zentrifugation in einem


Dichtegradienten erfordert ein Medium,
dessen Dichte im Röhrchen von oben nach
unten zunimmt. Unter dem Einfluss der
Zentrifugalkraft wandern die Partikel durch
den Gradienten und stoppen in dem Teil, in
dem die Dichte der Partikel gleich der Dichte
des Mediums ist (Abbildung 8.2.). So kann
beispielsweise tRNA von rRNA getrennt
werden. Als Zentrifugationsmedium werden
hierfür am häufigsten Saccharose,
Cäsiumchlorid, Dextran, usw. verwendet, Abbildung 8.2. Schematische
wobei es wichtig ist, dass dieses Medium Darstellung der Zentrifugation in
chemisch inert ist und die Aktivität und einem Dichtegradienten 77
hydrodynamischen Eigenschaften der Probe
nicht beeinflusst.

8.1.4. Die Durchflusszytometrie ist eine nützliche Methode zur Zelltrennung, aber auch für
zahlreiche Messungen physikalischer und biochemischer Eigenschaften, die für einzelne

77
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Zellen charakteristisch sind. Das Hauptmerkmal
dieser Methode ist die gleichzeitige Messung
mehrerer Parameter jeder einzelnen Zelle in
Suspension und nicht die Messung von
Durchschnittswerten der gesamten Population.
Einzelne Zellen oder Partikel, die in einer Flüssigkeit
suspendiert sind, passieren ein Gerät (Abbildung
8.3.), das Lichtsignale misst, die durch das
Beleuchten von Zellen mit fokussiertem Laserlicht
einer bestimmten Wellenlänge erzeugt werden.

Diese Methode kann mehrere Tausend Zellen in nur


wenigen Sekunden analysieren und analysiert häufig
Membranfluidität und Membranpermeabilität,
intrazellulären pH-Wert, intrazellulären Ionenfluss,
enzymatische und mitochondriale Aktivität, Abbildung 8.3. Schematische
Membranpotenzial, Zellzyklus, Proteinexpression, Darstellung der Durchflusszytometrie
DNA und RNA, usw.

Diese Methode hat insbesondere in der klinischen Hämatologie an Bedeutung gewonnen.


Durch die Kombination von Durchflusszytometrie und Antikörper gegen, zum Beispiel,
Leukämiezellen kann eine Immunphänotypisierung in nur wenigen Stunden durchgeführt
werden, um die Existenz von Leukämiezellen aus verschiedenen Quellen (Blut oder
Knochenmark) zu bestimmen.

8.2. Spektroskopie

Die Spektroskopie ist ein analytisches Verfahren, das auf der Analyse der Absorption und
Emission elektromagnetischer Strahlung basiert. Das elektromagnetische Spektrum umfasst
einen großen Bereich unterschiedlicher Wellenlängen/Frequenzen (Abbildung 8.4.). Die
Energie wird in Form von Wellen einer bestimmten Wellenlänge (λ) und Frequenz (ν)
absorbiert, emittiert oder gestreut. Aus Quantensicht wird Licht in Form von Energiepaketen,
den sogenannten Photonen, übertragen.

78

78 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Abbildung 8.4. Das elektromagnetische Spektrum umfasst einen großen Bereich
unterschiedlicher Wellenlängen/Frequenzen

Die Photonenenergie der Strahlung kann durch die allgemeine Gleichung der Quantenphysik
dargestellt werden:
ℎ ∙ 𝑐𝑐
𝐸𝐸 = ℎ ∙ 𝜈𝜈 =
𝜆𝜆
E = Strahlungsenergie
h = Planck-Konstante (6,022 · 10–34 J s–1)
ν = Strahlungsfrequenz
λ = Strahlungswellenlänge
c = Lichtgeschwindigkeit (3 · 10–8 m s–1)

Die Spektroskopie ermöglicht den Energieaustausch zwischen elektromagnetischer Strahlung


und dem Biomolekül, auf das sie aufgebracht wird, zu untersuchen. Die Energieübertragung
in Form von elektromagnetischen Wellen kann aufgezeichnet und analysiert werden. Wenn
ein Atom die Energie elektromagnetischer Strahlung absorbiert, geht es in den angeregten
Zustand über, während das Atom, das diese Strahlung emittiert, vom angeregten Zustand in
den Zustand niedrigerer Energie übergeht. Dieser Energieaustausch zwischen niedrigeren
und höheren Zuständen ist grundlegend für die spektroskopische Analyse und kann durch die
Gleichung beschrieben werden:
∆𝐸𝐸 = ℎ ∙ 𝜈𝜈
79
ΔE = Energiedifferenz (Energieänderung zwischen zwei Zuständen, E2-E1)
h = Planck-Konstante (6,022 · 10–34 J s–1)
ν = Strahlungsfrequenz

79
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Aus dieser Gleichung ist sichtbar, dass die Elektronen bei größeren Energieänderungen das
Licht höherer Frequenzen absorbieren müssen, das heißt je höher die Frequenz, desto höher
die Energie.

Geräte, die die Eigenschaften einer elektromagnetischen Strahlung einer bestimmten


Wellenlänge messen, werden Spektrometer genannt. In der Laborpraxis kommen
unterschiedliche Arten von Spektrometern zum Einsatz, je nachdem, welche physikalischen
Aspekte Sie messen möchten und ob Sie kontinuierlich bei unterschiedlichen Wellenlängen
messen möchten. Außerdem unterscheiden sich Geräte in ihrer Fähigkeit, zwei spezifische
Frequenzen oder Wellenlängen der Absorption zu unterscheiden.

Spektroskopische Techniken lassen sich allgemein in Absorptions-, Emissions- und


Interferenzspektroskopie unterteilen.

8.2.1. Die Absorptionsspektroskopie zeichnet elektromagnetische Strahlung auf, wenn ein


Atom Energie absorbiert und in einen höheren Energiezustand übergeht, wodurch spezifische
Spektren erzeugt werden, die zur Identifizierung von Biomolekülen verwendet werden. Dazu
gehören Atomabsorption, Ultraviolett/sichtbar (UV/VIS), Infrarot (IR) und Mößbauer-
Spektroskopie.

Die Ultraviolett- und Sichtbarspektroskopie (UV/VIS) basiert auf der Absorption von Licht
nach Anregung von Elektronen und deren Übergang in einen höheren Energiezustand.
Absorption tritt nur auf, wenn die Photonenenergie der Energie entspricht, die zum Übergang
in einen höheren Zustand erforderlich ist (ΔE = hν). Die Moleküle, die in ihrer Struktur UV/VIS-
Strahlung absorbieren, enthalten absorbierende Gruppen, sogenannte Chromophore. Die
Gruppen, die Atome enthalten, die durch eine kovalente Doppel- oder Dreifachbindung
verbunden sind, sind typische Beispiele für Chromophore (zum Beispiel Ethylen-, Carbonyl-,
Nitril- und Acetylengruppen). Diese Messungen werden bei Wellenlängen von 200 bis 300 nm
(UV-Bereich) und von 330 bis 700 nm (sichtbares Spektrum) durchgeführt. Sie werden für
Strukturanalysen (zum Beispiel Testosteron enthält C=C und C=O Doppelbindungen, die
typischerweise bei 240 nm absorbiert werden), für quantitative Analysen (zum Beispiel zur
Erstellung von Kalibrierlinie durch serielle Messung von Extinktionen bekannter
Konzentrationen einer Lösung) und für pharmazeutische Analysen (zur Quantifizierung einer
bestimmten Substanz in Arzneimitteln) verwendet.

Die Infrarotspektroskopie (IR) verwendet elektromagnetische Strahlung, deren Frequenz


und Energie niedriger sind als die des sichtbaren Lichts. Wie bei der UV/VIS-Spektroskopie
80
auch bei IR-Spektroskopie tritt Strahlungsabsorption auf. Der Hauptunterschied besteht
jedoch darin, dass die absorbierte Energie aufgrund der spezifischen Frequenz, mit der die
chemischen Bindungen schwingen, strecken, biegen oder rotieren, die der empfangenen
Energiemenge entspricht, eine Schwingungsanregung im Molekül verursacht (Abbildung).
Jedes Molekül hat charakteristische Schwingungen, die von den Bindungsstärken und Massen
der schwingenden Molekülteile abhängen, und diese Tatsache gibt der IR-Spektroskopie

80 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


große analytische Möglichkeiten. Dieses Verfahren hat zahlreiche Anwendungen in der
Wissenschaft, aber auch in der Industrie, insbesondere bei der Qualitätskontrolle.

8.2.2. Die Emissionsspektroskopie zeichnet elektromagnetische Strahlung auf, die auftritt,


wenn ein Atom in einen niedrigeren Energiezustand übergeht. Dabei setzen Biomoleküle eine
gewisse Energiemenge frei, meist in Form von Fluoreszenzlicht. Beispiele für diese Art der
Spektroskopie sind: Fluoreszenzspektroskopie, Atom- oder Flammenemission und
Röntgenfluoreszenz.

Die Fluoreszenzspektroskopie ist eine Art der elektromagnetischen Spektroskopie, die die
charakteristische Fluoreszenz misst, um ein Fluoreszenzspektrum zu erzeugen. Diese
Spektroskopie verwendet einen Lichtstrahl (normalerweise UV-Licht), der
Elektronenchromophore (die in diesem Fall Fluorophore genannt werden) anregt, was zu
Emissionsstrahlung oder Fluoreszenz führt. Wenn ein Fluorophor das UV-Licht absorbiert,
geht es in einen Zustand höherer Energie über, und wenn es in seinen Grundzustand
zurückkehrt, emittiert es fluoreszierendes Licht, und dieses Phänomen wird als Fluoreszenz
bezeichnet. Die Fluoreszenzspektroskopie hat zahlreiche Anwendungen in der Biomedizin
und Chemie bei der Analyse organischer Biomoleküle. Verursacht beispielsweise die Bindung
eines Moleküls an ein Protein die Veränderungen in seiner dreidimensionalen Struktur, die
zu einer Veränderung des Fluoreszenzspektrums führen, kann dies mit der beschriebenen
Methode untersucht werden.

8.2.3. Die Interferenzspektroskopie basiert sich auf der Tatsache, dass elektromagnetische
Strahlung neben Absorption und Emission noch andere Wechselwirkungen mit Stoffen hat.
Diese Wechselwirkungen erzeugen andere messbare Größen wie Streuung von polarisiertem
Licht und Änderungen der spektralen Eigenschaften der chemischen Bindung (Raman-
Spektroskopie).

8.3. Chromatografie

Chromatografische Verfahren werden verwendet, um chemische Bestandteile in komplexen


Gemischen zu trennen, zu identifizieren und zu quantifizieren. Sie basieren auf der Trennung
von Molekülen durch Überqueren der mobilen (bewegten) Phase über die stationäre Phase.
Die Probe wird auf eine stationäre Phase aufgetragen, die fest oder flüssig sein kann. Die
mobile Phase kann flüssig oder gasförmig sein, und die Trennung basiert auf Unterschieden 81

in der Bewegungsgeschwindigkeit der Komponenten durch die stationäre Phase. Die


Bewegung der Komponenten beruht auf der kontinuierlichen Bindung der Substanz an die
stationäre Phase und dann auf dem Übergang der Substanz in die mobile Phase unter
ständiger Erhaltung des Gleichgewichts zwischen den beiden Phasen. Zeigen diese Stoffe
stärkere Wechselwirkungen mit der stationären Phase, dann verbleiben sie länger im System.

81
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Zeigen
Zeigen siesie dagegen
dagegen eine größere Affinität
zurzur mobilen Phase, wandernsiesie schneller durch das
Zeigen sie dagegen eineeine größere
größere Affinität
Affinität mobilen
zur mobilen Phase,
Phase, wandern
wandern schneller
sie schneller durchdurch
das das
System.
System.
System.

Abbildung
Abbildung 8.5. Die Aufteilung der chromatografischen Methoden
Abbildung 8.5. 8.5. Die Aufteilung
Die Aufteilung der der chromatografischen
chromatografischen Methoden
Methoden
8.3.1.
8.3.1. Die Papierchromatographie wird häufigzurzur Trennung und Identifizierung von farbigen
8.3.1. Die Die Papierchromatographie
Papierchromatographie wirdwird häufig
häufig Trennung
zur Trennung undund Identifizierung
Identifizierung von von farbigen
farbigen
Substanzen,einschließlich
Substanzen, einschließlichPigmenten,
Pigmenten,verwendet
verwendet undbasiert basiert aufder derVerteilung
Verteilungvon von
Substanzen, einschließlich Pigmenten, verwendet undund basiert auf auf der Verteilung von
Molekülenzwischen
Molekülen zwischen derstationären
stationären undder dermobilen
mobilenPhase.Phase. DieProbe Probe wirdauf auf
Molekülen zwischen der der stationären undund der mobilen Phase. Die Die Probe wirdwird auf
Chromatographiepapier aufgetragen,
Chromatographiepapier aufgetragen, getrocknetgetrocknet und und dann dann in in einen einen
Chromatographiepapier aufgetragen, getrocknet und dann in einen
Chromatographiebehälter
Chromatographiebehälter gegeben,
gegeben, der eine kleine Menge Lösungsmittel enthält, das sich in
Chromatographiebehälter gegeben, der der
eineeine kleine
kleine MengeMenge Lösungsmittel
Lösungsmittel enthält,
enthält, das das
sichsich
in in
der stationären Phase bewegt. Das Lösungsmittel bewegt sich aufgrund von Kapillarkräften,
der der stationären
stationären Phase Phase bewegt.
bewegt. Das Das Lösungsmittel
Lösungsmittel bewegtbewegt
sichsich aufgrund
aufgrund von von Kapillarkräften,
Kapillarkräften,
diediedurch
die durch
durchdiedieAnziehung
Anziehung vonLösungsmittelmolekülen
die Anziehung von von
Lösungsmittelmolekülen undChromatographiepapier
Lösungsmittelmolekülen undund
Chromatographiepapiererzeugt
Chromatographiepapier erzeugt
erzeugt
werden.
werden. DieDie Bestandteile
Bestandteile der
der Probe
Probe wandern
wandern unterschiedlich
unterschiedlich mitmit dem
dem Lösungsmittel,
Lösungsmittel, weil sie
werden. Die Bestandteile der Probe wandern unterschiedlich mit dem Lösungsmittel, weilweil
sie sie
unterschiedlich
unterschiedlich löslich
löslich sind und unterschiedliche Affinitäten zum Papier haben. Das erhaltene
unterschiedlich löslich sindsind
undund unterschiedliche
unterschiedliche Affinitäten
Affinitäten zumzum
PapierPapier haben.
haben. Das Das erhaltene
erhaltene
Chromatogrammwird
Chromatogramm wird ausdemdem Tankentnommen,
entnommen,getrocknet
getrocknetund undanschließend
anschließendentweder
entweder
Chromatogramm wird aus aus dem TankTank entnommen, getrocknet und anschließend entweder
chemisch
chemisch oder unter UV-Licht entwickelt, und die Rf-Werte werden berechnet, aus denen diedie
chemisch oderoder
unter unter UV-Licht
UV-Licht entwickelt,
entwickelt, undunddie Rdie Rf-Werte werden berechnet,
f-Werte werden berechnet, aus denen die
aus denen
Durchtrittsgeschwindigkeitder
Durchtrittsgeschwindigkeit derSubstanz
Substanzauf auf derPlatte
Platteersichtlich
ersichtlichist.ist.Rf Rkann
f kann verwendet
Durchtrittsgeschwindigkeit der Substanz auf der derPlatte ersichtlich ist. Rf kann verwendet verwendet
werden,
werden, um Substanzen unter streng definierten Bedingungen zu identifizieren. Häufig
werden, um um Substanzen
Substanzen unterunter
strengstreng definierten
definierten Bedingungen
Bedingungen zu identifizieren.
zu identifizieren. HäufigHäufig
verwendetechemische
verwendete chemischeReagenzien
Reagenziensind sindNinhydrin
Ninhydrinfürfürden denAminosäurenachweis
Aminosäurenachweisund und
verwendete chemische Reagenzien sind Ninhydrin für den Aminosäurenachweis und
Rhodamin
Rhodamin B für den Lipidnachweis.
Rhodamin B fürB den
für den Lipidnachweis.
Lipidnachweis.

8.3.2.Die
8.3.2. DieDünnschichtchromatographie
Dünnschichtchromatographiehat hateinen
einensehr
sehrähnlichen
ähnlichenAnsatz
Ansatz wiediedie
8.3.2. Die Dünnschichtchromatographie hat einen sehr ähnlichen Ansatz wie wie die
Chromatografie
Chromatografie auf Papier.
auf Papier. Der Unterschied liegt in der Trennung der Moleküle, die in diesem
82 Chromatografie auf Papier. Der Der Unterschied
Unterschied liegtliegt in Trennung
in der der Trennung der Moleküle,
der Moleküle, diediesem
die in in diesem
Fall
Fall auf
auf Teilung
Teilung und/oder
und/oder Adsorption
Adsorption beruht.
beruht. DieDie stationäre
stationäre Phase
Phase istist eine
eine dünne
dünne Schicht
Schicht (0,10
(0,10
Fall auf Teilung und/oder Adsorption beruht. Die stationäre Phase ist eine dünne Schicht (0,10
- 0,25
- 0,25 mm) aus Adsorptionsmaterial (Kieselgel, Aluminiumoxid, Zellulose) auf einem festen
- 0,25 mm)mm) aus aus Adsorptionsmaterial
Adsorptionsmaterial (Kieselgel,
(Kieselgel, Aluminiumoxid,
Aluminiumoxid, Zellulose)
Zellulose) auf auf
einemeinemfestenfesten
Glas-,Aluminium-
Glas-, Aluminium- oderKunststoffträger.
Kunststoffträger. Alsmobile mobilePhase
Phasewerden
werdenKombinationen
Kombinationenaus aus
Glas-, Aluminium- oderoder Kunststoffträger. Als Als mobile Phase werden Kombinationen aus
polarenund
polaren undunpolaren
unpolarenLösungsmitteln
Lösungsmittelnverwendet.
verwendet.Das DasVerfahren
VerfahrenzurzurProbenaufgabe,
Probenaufgabe,
polaren und unpolaren Lösungsmitteln verwendet. Das Verfahren zur Probenaufgabe,
Trennungund
Trennung undDetektion
Detektionististdas
dasgleiche
gleichewiewie beider derPapierchromatographie.
Papierchromatographie.Die DieVorteile
Vorteile
Trennung und Detektion ist das gleiche wie bei beider Papierchromatographie. Die Vorteile

82
82 82 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen
dieser Methode sind eine erhöhte Trenngeschwindigkeit, eine größere Auswahl von
Adsorbentien und eine einfachere Isolierung von Punkten auf dem Chromatogramm, wenn
es für weitere Analysen verwendet werden soll.

8.3.3. Die Gelfiltrationschromatographie ist ein Verfahren zur Trennung von Substanzen
basierend auf der Größe von Molekülen. Bei diesem Verfahren wird die Säule mit einer
inerten Substanz (Gel) gefüllt, die eine stationäre Phase darstellt. Dieses Gel enthält Poren
einer bestimmten Größe, die von der Art der Partikel abhängt, aus denen das Gel besteht,
und wird in Abhängigkeit von der Größe der von der Probe abzutrennenden Moleküle
ausgewählt. Durch das Auftragen der Mischung auf die Säule und das Spülen erscheinen
zunächst größere Moleküle im Eluat, da kleinere Moleküle (die kleiner sind als die Poren des
Gels) in die Poren eindringen und dort verbleiben (Abbildung). Gele, die am häufigsten in
wässrigen Lösungen verwendet werden, enthalten Dextran, Agarose oder Polyacrylamid. Die
mobile Phase ist ein Lösungsmittel, das organisch oder wässrig sein kann.

8.3.4. Die Ionenaustauschchromatographie


ist eine Art der Adsorptionschromatographie,
die geladene Moleküle trennt. Die Trennung
basiert auf dem Austausch von Ionen
zwischen der geladenen stationären Phase
und der mobilen Phase der
entgegengesetzten Ladung. Die stationäre
Phase besteht aus Kügelchen, an die positiv
oder negativ geladene funktionelle Gruppen
chemisch gebunden sind. So hat der
Anionenaustauscher positiv geladene
Abbildung 8.6. Schematische Darstellung
Gruppen und der Kationenaustauscher
der Ionenaustauschchromatographie
negativ geladene Gruppen. Wenn Biomoleküle
eine Säule passieren, binden sie reversibel an
funktionelle Gruppen entgegengesetzter Ladung, während neutrale oder gleich geladene
Substanzen, die Säule passieren, oder eluieren. Danach müssen die gebundenen Biomoleküle
entfernt werden, wofür die Elutionspuffer mit erhöhter Ionenstärke oder pH verwendet
werden. Für relativ kleine Moleküle werden Kügelchen auf Polystyrolbasis verwendet,
während für große Moleküle wie Peptide, Proteine und Nucleinsäuren solche auf Basis von
83
Cellulose, Dextran oder Acryl verwendet werden.

83
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
8.3.5. Die Affinitätschromatografie hängt von
der sehr spezifischen Wechselwirkung oder
Affinität eines Moleküls für eine bestimmte
chemische Gruppe ab. Die stationäre Phase sind
wiederum die Kügelchen, an die einige
funktionelle Gruppen gebunden sind, die die
Möglichkeit haben, irreversibel an ein
bestimmtes Makromolekül zu binden. Diese
Technik wird hauptsächlich zur
Proteinisolierung und Proteinreinigung
verwendet, zum Beispiel zur Isolierung von
Transkriptionsfaktoren. Die Probe wird durch
eine Säule geleitet, die eine spezifische DNA- Abbildung 8.7. Schematische Darstellung
Sequenz enthält, die an eine stationäre Phase der Affinitätschromatografie
gebunden ist, wodurch Proteine mit hoher
Bindungsaffinität zu dieser Sequenz auf der Säule zurückbleiben. Der Transkriptionsfaktor
wird mit einer Lösung eluiert, die eine hohe Salzkonzentration enthält.

8.3.6. Die Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (HPLC, high-performance liquid


chromatography) wird verwendet, um Moleküle zu trennen, zu reinigen und zu
quantifizieren. Dieses Verfahren kombiniert und verbessert die obigen chromatographischen
Verfahren und die Trennung kann auf jedem der beschriebenen Verfahren basieren –
Adsorption, Ionenaustausch oder Gelfiltration. Bei diesem Verfahren wird die Probe in der
mobilen Phase durch eine Säule mit stationärer Phase gepresst. Aufgrund der Empfindlichkeit
dieser Methode müssen alle verwendeten Lösungsmittel von extrem hoher Reinheit sein. Die
Auftrennung der Probe in Komponenten erfolgt in einer Säule und hängt von den chemischen
Wechselwirkungen zwischen den Molekülen in der mobilen Phase und der Säule ab, die durch
eine physikalische Methode wie die Messung der Extinktion des Eluats beobachtet werden
können. Die Zeit, die eine bestimmte Komponente benötigt, um die Säule zu passieren und
den Detektor zu erreichen, wird als Retentionszeit (Rt) bezeichnet.

Legende: A = Eluentenreservoirs; B =
Elektromagnetische Mischventile mit
Doppelhubkolbenpumpe; C = 6-Wege-Ventil D =
Druckkompensationsschleife, um Pumpimpulse
der Pumpe zu egalisieren; E = Mischkammer; F =
84 Manuelles Einspritzventil; G = Trennsäule; H =
HPLC-Einheit; I = Detektor-Einheit; J = Computer-
Interface; K = PC; L = Drucker zur Ausgabe der
Ergebnisse.

Abbildung 8.8. Typischer Aufbau einer HPLC-Apparatur.

84 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Eine Reinsubstanz zeigt bei Chromatographie unter gleichen Bedingungen die gleiche
Retentionszeit und kann zur Identifizierung von Komponenten eines unbekannten Gemisches
verwendet werden. Die Vorteile dieser Methode sind erhöhte Auflösung und
Analysegeschwindigkeit, hohe Sensitivität, erhöhte Reproduzierbarkeit, Automatisierung der
Instrumente und die Möglichkeit der Wiederverwendung von Säulen. Es dient der Analyse
einer Vielzahl von Biomolekülen wie Aminosäuren, Proteinen, Hormonen und Metaboliten.

8.4. Elektrophorese

Die Grundlage der Elektrophorese ist die Fähigkeit, geladene Moleküle durch ein elektrisches
Feld zu trennen. Wenn eine Mischung geladener Moleküle in ein elektrisches Feld einer
bestimmten Stärke gebracht wird, wandern sie zu den gegenüberliegenden geladenen
Elektroden. Ein bestimmtes Molekül in einer Mischung hat eine Nettoladung (z), und die
Geschwindigkeit (v), mit der sich dieses Molekül in einem elektrischen Feld bewegt, nimmt
mit der Nettoladung und der Stärke des elektrischen Felds zu und ist von der Reibungskraft
abhängig. Der Reibungskoeffizient (f) hängt von der Masse und Form des Moleküls sowie von
den physikalischen Eigenschaften des Trägers ab. Die Teilchengeschwindigkeit kann durch
diese Gleichung dargestellt werden: 𝑣𝑣 = 𝐸𝐸 ∙ 𝑧𝑧-𝑓𝑓

Die Elektrophorese findet auf einem Träger statt, der meistens ein vernetztes Polymer ist und
basierend auf Zusammensetzung und Porosität ausgewählt wird. Die Träger für die
Elektrophorese können Stärke, Celluloseacetat, Polyacrylamid und Agarosegel sein.
Trennungen durch Elektrophorese finden fast immer in einem Gel statt, da das Gel als
Molekularsieb dient, das die Trennung verbessert. Moleküle, die im Vergleich zu den Poren
des Gels klein sind, bewegen sich leicht durch das Gel, während Moleküle, die viel größer als
die Poren des Gels sind, fast inert sind. Mittelgroße Moleküle bewegen sich mit
unterschiedlichen Geschwindigkeiten durch das Gel. Durch eine solche Trennung werden
getrennte Zonen (Bande) gebildet, in denen sich eine oder mehrere Komponenten mit
gleichem Ladungsverhältnis und Partikelgröße befinden. Aus diesem Grund wird diese
Methode auch als Zonenelektrophorese bezeichnet.

8.4.1. Die Agarose-Elektrophorese ist für die Trennung von Nucleinsäuren äußerst wichtig.
Agarose selbst ist ein hochreines natürliches Polysaccharid, das aus unverzweigtem
Polysaccharid-Agar gewonnen wird, das aus Algen isoliert wurde. Die Agarose besteht aus
einer Einheit von Galaktose und 3,6-Anhydrogalaktose (Abbildung 8.9.), ist neutral, hat eine 85
geringe chemische Komplexität und hat relativ große Poren, wodurch sie für die Trennung
großer Moleküle wie DNA gut geeignet ist.

85
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Nucleinsäuren sind aufgrund des
Phosphatrückgrats negativ geladen und
wandern im elektrischen Feld zur positiven
Elektrode. Ihre Mobilität während der
Elektrophorese hängt von ihrer Größe und
Abbildung 8.9. Agarose Monomer Konformation sowie von der
Agarosekonzentration im Gel ab (typischerweise
0,3 - 2,0 %). Ethidiumbromid, ein Fluoreszenzfarbstoff, der in das DNA-Molekül eingebaut
wird, wird am häufigsten verwendet, um Proben sichtbar zu machen. Aufgrund seiner
Fähigkeit, in DNA eingebaut zu werden, ist dieser Farbstoff potenziell gefährlich. Als Ersatz
für Ethidiumbromid werden zunehmend weniger schädliche und empfindliche Farbstoffe wie
Nilblau oder Cyanin (SYBR) entwickelt. Jede Zone auf dem Gel stellt verschiedene DNA-
Moleküle dar, die bei Bedarf zur weiteren Analyse aus dem Gel isoliert werden können.
Außerdem können zusätzliche Analysen des Gels mit getrennten Proben durchgeführt
werden, und am häufigsten ist es Blotten, nämlich Southern blotting, das die Identifizierung
von DNA-Sequenzen mithilfe von Hybridisierungsassays ermöglicht.

8.4.2. Die Polyacrylamidgelelektrophorese (PAGE) ist die am häufigsten verwendete


Methode zur Untersuchung von Proteinen in einigen Mischungen und biologischen Proben,
bei denen Proteine in einzelne Zonen getrennt werden. Neben der Trennung von Proteinen
kann es auch zur Trennung kleiner Nucleinsäurefragmente verwendet werden.

Abbildung 8.10. Polymerisation von Akrylamid

Polyacrylamidgele werden unter Verwendung unterschiedlicher Prozentsätze an Acrylamid


hergestellt, die den Polymerisationsgrad oder die Dichte des Gels bestimmen, und das
Standardgel enthält ungefähr 7,5% Polyacrylamid. Gele mit einem höheren Prozentsatz
haben eine relativ kleine Porengröße, die die Trennung von Proteinen mit niedrigerem
86 Molekulargewicht ermöglicht. Persulfat wird verwendet, um die Polymerisation zwischen
Acrylamid und N,N-Methylenbisacrylamid-Vernetzungsmittel zu kontrollieren (Abbildung
8.10.).

86 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


PAGE kann nativ oder denaturierend sein. Native
Elektrophorese wird verwendet, wenn es notwendig ist,
die Wechselwirkungen zwischen Proteinuntereinheiten
und ihrer nativen Konformation zu erhalten, was die
Analyse der biologischen Aktivität von Proteinen (zum
Beispiel Enzymaktivität, Antikörperbindung,
Rezeptoraktivität) ermöglicht. Viel häufiger wird die
denaturierende Elektrophorese (Abbildung) verwendet,
bei der Detergenzien gebraucht werden, um die
Proteinlöslichkeit zu erhöhen, und eins der am
häufigsten verwendeten ist Natriumdodecylsulfat (SDS),
ein hydrophobes anionisches Detergens, das Proteine
denaturieren und ihnen eine negative Ladung verleihen
kann. Aus diesem Grund wird diese
Natriumdodecylsulfat-Polyacrylamidgelelektrophorese
(SDS-PAGE, sodium dodecyl sulfate polyacrylamide gel
electrophoresis) genannt. SDS-Proteinkomplexe haben
eine konstante Ladung im Verhältnis zur Masse,
wandern während der Elektrophorese zur Anode und die
Trennung hängt von der Molekularmasse der einzelnen
Abbildung 8.11.
Polypeptidketten ab (Abbildung 8.11.). Um die
Natriumdodecylsulfat-
getrennten Proben sichtbar zu machen, wird das Gel
Polyacrylamidgelelektrophorese
nach der Elektrophorese bemalt, normalerweise mit (SDS-PAGE)
Coomassie Brilliant Blue, und dieses Verfahren
verwendet Zyklen von Färbungen. Andere häufig verwendete Farben sind Amid Black,
Ponceau-Rot und Silbernitrat. An den Gelen werden oft zusätzliche Analysen durchgeführt,
zum Beispiel Western Blotting, das den Transfer von Protein vom Gel auf die Membran und
den Nachweis des untersuchten Proteins mittels Antikörpern beinhaltet.

8.4.3. Die Isoelektrische Fokussierung (IEF) ist eine hochauflösende Methode, bei der
Moleküle basierend auf ihrem relativen Gehalt an sauren und basischen Resten in einem pH-
Gradientengel getrennt werden, das durch Elektrophorese einer Mischung von
Polyampholiten (kleine mehrfach geladene Polymere) mit unterschiedlichen pI-Werten
erreicht wird (Abbildung 8.12.). Diese Methode wird verwendet, um Proteine zu trennen, da
Proteine aufgrund ihrer Ladung unter dem Einfluss von elektrischem Strom durch das Gel 87
wandern, bis sie eine pH-Zone erreichen, in der sie keine Nettoladung haben (das heißt ihren
isoelektrischen Punkt), wo sie auf engen Zonen stoppen und sich konzentrieren oder
fokussieren. Mit der IEF-Technik ist es möglich, Proteine zu trennen, deren pI-Werte sich nur
um 0,01 unterscheiden, was bedeutet, dass Proteine mit einer Differenz von deren
Nettoladung getrennt werden können.

87
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Abbildung 8.12. Isoelektrische Fokussierung

8.4.4. Die zweidimensionale Elektrophorese (2D) ist, wie der Name schon sagt, eine
Methode, bei der Proben in zwei Dimensionen getrennt werden. Die isoelektrische
Fokussierung kann mit SDS-PAGE kombiniert werden, um eine sehr hohe Trennauflösung zu
erzielen (Abbildung 8.13.). Die Probe wird zuerst durch isoelektrische Fokussierung basierend
auf dem pI-Wert getrennt, und dann wird der Gelstreifen auf eine SDS-PAGE-Gelplatte gelegt,
entlang der die Proteine in vertikaler Richtung wandern und sich je nach ihrer Größe trennen.
Die Verknüpfung von 2D-Elektrophorese mit Massenspektrometrie ermöglicht eine sehr gute
Proteinidentifizierung.

Abbildung 8.13. Die zweidimensionale Elektrophorese

88 8.4.5. Die Immunelektrophorese wird verwendet, um Proteine zu trennen und zu


analysieren, die antigene Eigenschaften aufweisen. Sie wird in zwei Schritten durchgeführt -
die Probe wird zuerst durch Gelelektrophorese auf einer kleinen Glasplatte aufgetrennt. Der
Antikörper wird dann platziert und durch das Gel diffundieren und durch die getrennten
Proteine passieren gelassen. Die Wechselwirkungen zwischen Antikörper und Protein führen
zur Bildung eines Antikörper-Antigen-Komplexes, der als Präzipitat gesehen wird, an dem

88 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


eine Analyse durchgeführt werden kann. Diese Methode hat sich als wertvoll für die
Identifizierung von Antigenen in Blutproben erwiesen.

8.4.6. Mittels Kapillarelektrophorese werden die Proben in einer dünnen Kapillare getrennt,
die entweder mit Puffer oder Gel gefüllt werden kann. Durch die Einführung von Kapillaren
in die Elektrophorese wurde ein hohes Auflösungsvermögen aus einer kleinen Probenmenge
erhalten, und die Trennung von Molekülen ist viel schneller. Die Trennung basiert auf dem
Verhältnis der Größe und der Ladung, und fluoreszenzmarkierte Moleküle werden am
Ausgang der Kapillare nachgewiesen. Die Ergebnisse dieser Analyse werden
Elektropherogramme genannt, in denen getrennte Moleküle als Signale mit
unterschiedlichen Retentionszeiten erscheinen (ähnlich der HPLC). Eine der
Hauptanwendungen dieser Methode ist die DNA-Sequenzierung oder die Trennung von DNA-
Segmenten.

89

89
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
S9 SEMINAR 9.

9.1. ISOMERIE
Isomere sind chemische Verbindungen der gleichen Summenformel, jedoch mit
unterschiedlichen Eigenschaften. Wir unterscheiden zwei grundlegende Gruppen von
Isomeren: Strukturisomere und Stereoisomere.

9.1. Strukturisomere

Die Strukturisomere (Konstitutionsisomere) sind Verbindungen mit gleicher Anzahl und Art
von Atomen, aber unterschiedlicher Strukturformel, d.h. unterschiedlicher Anordnung der
Atombindungen. Die Zahl der möglichen Konstitutionsisomere nimmt mit der Zahl und Art
der Atome zu.

In dieser Gruppe von Isomeren unterscheiden wir:

a) Strukturisomerie im engeren Sinn (funktionell)

Ethanol Dimethylether

b) Kettenisomere (Kette, Skelett)

n-Butan (unverzeigt) 2-Methy-propan (verzeigt)

c) Stellungsisomere (Position)

Propan-1,2-diol Propan-1,3-diol

Tautomerie ist eine reversible Umwandlung zwischen zwei Strukturisomeren, die sich in der
90
Position eines Atoms oder einer Atomgruppe (Tautomer) unterscheidet, z. B. Keto-Enol-
Tautomerie.

90 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Dimethylketon (Aceton) Vinylalkohol

9.2. Die Stereoisomere

Stereoisomere zeichnen sich durch identische chemische Struktur, aber unterschiedliche


räumliche Orientierung der Atome (und Gruppen) aus. Wir unterteilen sie in Enantiomere,
Diastereoisomere und Konformationsisomere.

9.2.1. Enantiomere

Als Enantiomere (optische Isomere) bezeichnet man ein Objekt und dessen Spiegelbild, das
sich nicht überlappen kann (griech. enantio - gegenüber). Enantiomere werden daher als
chirale Moleküle bezeichnet (griechisch cheír - Hand).

Beide Arme sind asymmetrisch und können


Das Spiegelbild der linken Hand im Spiegel sieht
nicht gefaltet werden, wenn die Handflächen in
aus wie die rechte Hand.
die gleiche Richtung zeigen.

Die Eigenschaft der Unfähigkeit zur Überlappung beruht auf der Asymmetrie des
Enantiomers, d.h. dem Fehlen einer Symmetrieebene. Im Allgemeinen ist ein organisches
Molekül chiral, wenn vier verschiedene Gruppen (Substituenten), die auf die Ecken des
Tetraeders gerichtet sind, an das zentrale Kohlenstoffatom (chirales Zentrum,
asymmetrisches C) gebunden sind.

91

Das 2-Chlorpropan-Molekül hat eine Das 1,3-Dibrompenten-Molekül ist chiral, es hat


Symmetrieebene, es ist achiral. keine Symmetrieebene.

91
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Die physikalische Eigenschaft, nach der sich Enantiomere voneinander unterscheiden, ist die
Drehung der Ebene des polarisierten Lichts. Eine Mischung im Molverhältnis 1 : 1 der
rechtsdrehenden (d, +) und linksdrehenden (l, - )-Isomere, nennt sich racemische Mischung
(±), und zeigt keine optische Aktivität. Die einzige chemische Eigenschaft, durch die sich
Enantiomere unterscheiden, ist ihre Reaktion in Kontakt mit Molekülen, die ebenfalls chiral
(asymmetrisch) sind.

(S)-butan-2-ol (R)-butan-2-ol
Fischer-Projektion (R) -Butan-2-ol (horizontale
Absolute Konfiguration des chiralen Zentrums
Links "verlassen" die Seite und vertikale
des Butan-2-ol-Enantiomers.
"betreten" die Seite).

Die Konfiguration (dreidimensionale Anordnung) der Substituenten um das


Chiralitätszentrum wird durch Sequenzregeln beschrieben.

Absolute Strukturen des Chiralitätszentrums sind mit R (lat. rectus - rechts) bzw. S (lat. sinister
- links) bezüglich der Anordnung der Prioritätsgruppen um das Chiralitätszentrum
gekennzeichnet:

1. Bestimmen Sie die Reihenfolge der am chiralen Zentrum angebrachten Substituenten


nach den Prioritätsgraden, d.h. bezüglich der Ordnungszahl der am chiralen Atom
angehängten Atome. Atome mit einer höheren Ordnungszahl haben eine höhere
Priorität.
2. Wenn die Substituenten am chiralen Zentrum die gleiche Priorität haben, werden die
nächsten Atome vom chiralen Zentrum geordnet, bis ein Unterschied erscheint.
3. Mehrfachbindungen entsprechen der entsprechenden Anzahl von Einfachbindungen
mit einem Atom der gleichen Ordnungszahl.
4. Das Molekül wird so positioniert, dass sich die Gruppe mit der niedrigsten Priorität
hinter dem chiralen Zentrum befindet (in entgegengesetzter Richtung zum
92 Beobachter).

Wenn die Reihenfolge der absteigenden Priorität der verbleibenden Gruppen im


Uhrzeigersinn stimmt, handelt es sich um die R-Konfiguration, und wenn sie in die
entgegengesetzte Richtung verläuft, handelt es sich um die S-Konfiguration.

In lebenden Zellen spielt die optische Isomerie eine bedeutende Rolle. Fast alle
Kohlenhydrate und Aminosäuren sind optisch aktive Moleküle, aber nur eines der Isomere ist

92 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


biologisch nützlich. Bei Molekülen mit mehr als einem Chiralitätszentrum n erhöht sich die
Zahl der Stereoisomere auf 2n. Enantiomere haben an allen Chiralitätszentren
entgegengesetzte Konfigurationen.

9.2.2. Diastereoisomere

Die Diastereoisomere werden als Spiegelbilder bezeichnet. Wir unterscheiden


Diastereoisomere mit einem chiralen Zentren, cis-trans-Diastereoisomere und meso-
Verbindungen.

Diastereoisomere mit chiralen Zentren sind Stereoisomere mit zwei oder mehr chiralen
Zentren, die an mindestens einem chiralen Zentrum die gleiche Konfiguration und an den
anderen entgegengesetzte Konfigurationen aufweisen.

D-Erythrose L-Erithrose D-Threose L-Threose

Cis-trans-Diastereoisomere:

Cis-trans-Isomere von Cycloalkanen und anderen cyclischen Molekülen sind durch zwei
mögliche Bindungspositionen von Atomen oder Gruppen an C-Ringatome "oberhalb" und
"unterhalb" der Bezugsebene des Rings gekennzeichnet.

cis-1,2-Dimethylcyclopropan trans-1,2-Dimethylcyclopropan
(beide Substituenten befinden sich auf der (Substituenten befinden sich auf
gleichen Seite der Ringebene) gegenüberliegenden Seiten der Ringebene)
93
Cis-trans-Isomere von Molekülen, bei denen an jedem C-Atom der Doppelbindung zwei
unterschiedliche Gruppen angelagert sind, zeichnen sich durch unterschiedliche
Orientierungen der Gruppen um die C-C-Doppelbindung aus. Aufgrund der fehlenden
Rotation um die Kohlenstoff-Kohlenstoff-Doppelbindung können disubstituierte Alkene als
cis-trans-Isomere vorliegen.

93
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
cis-Pent-2-en trans-Pent-2-en

Die Konfiguration drei- und tetrasubstituierterten Alkenen wird anhand von Sequenzregeln
(Cahn-Ingold-Prelog-System oder CIP-System) bestimmt:

(a) Wenn die höherrangigen Gruppen beider C-Atome auf derselben Seite der
Doppelbindungsebene liegen, hat das Alken die Z-Konfiguration (zusammen)

(b) in der E-Konfiguration (entgegen - entgegengesetzt) befinden sich die Gruppen höherer
Priorität auf gegenüberliegenden Seiten der Doppelbindungsebene.

(Z)-2-Brompent-2-en (E)-2-Brompent-2-en

Meso-Verbindungen sind Stereoisomere, die ein Chiralitätszentrum enthalten, aber total


achiral sind, weil sie eine Symmetrieebene enthalten.

2,3-Butandiol

9.2.3. Konformationsisomere

Die Konformationsisomere (Konformere) sind verschiedene räumliche Formen eines


Moleküls, die durch Rotation um eine einzelne C-C-Bindung gebildet werden. Für alle Alkane
ist die stellare Konformation die stabilste. In dieser Konformation sind die C-H-Bindungen am
94 weitesten von den C-H-Bindungen am nächsten C-Atom entfernt, d.h. bei substituierten
Alkanen sind die Substituenten möglichst weit entfernt. Verschiedene Konformationen
können durch gegabelte Projektionsformeln und Newman-Projektionsformeln dargestellt
werden:

94 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Newmans Projektion Gegabelte Projektion

Schattierte Schattierte
Sternkonformation Sternkonformation
Konformation von Konformation von 1-
von Ethan. von 1-Chlorpropan.
Ethan. Chlorpropan

Mögliche Cyclohexan-Konformationen sind die Sessel- und Boot-Konformation, aber


Cyclohexan-Moleküle befinden sich meist in der „unbelasteten“ Konformation des Sessels.

Axiale Verbindungen (rot) sind parallel


zur Achse, die durch die Mitte des
Rings verläuft. Die äquatorialen
Bindungen (blau) stehen in einem
kleinen Winkel zur Äquatorialebene
des Rings.

9.2. CHARAKTERISTISCHE REAKTIONEN ORGANISCHER VERBINDUNGEN


Die Grundtypen organischer Reaktionen sind Addition, Eliminierung, Substitution und
Umlagerung.

9.2.1. Additionsreaktionen

Bei den Additionsreaktionen verbinden sich die beiden Reaktanten zu einem Produkt, das alle
Reaktantenatome enthält. An den Bindungen zwischen zwei Kohlenstoffen (C=C und CºC)
und zwischen Kohlenstoff und Sauerstoff (C=O) finden Additionsreaktionen statt.
95

95
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
• Zugabe zu Alkenen

Die Addition von Halogensäuren (HX) an Alken-Wasserstoff bindet an das C-Atom mit einer
kleineren und X an das C-Atom mit einer größeren Anzahl von Alkylsubstituenten
(Markownikow-Regel).

2-Methylprop-1-en 2-Brom-2-methylpropan

• Addition an Alkine

Die Additionsreaktion, bei der Alkin und Halogen in einem äquimolaren Verhältnis vorliegen,
erzeugt ein Halogenalken.

pent-2-in (E)-2-3-dibromo-2-penten

• Nucleophile Addition an die Carbonylgruppe

Die nukleophile Addition, d.h. die Bindung von Nukleophilen (Wasser, Metallhydride,
Alkohole, Amine etc.) an die polare C-O-Bindung ist ein allgemeines Merkmal der chemischen
Eigenschaften von Aldehyden und Ketonen.

Formaldehyd Methandiol

96

9.2.2. Eliminierungsreaktionen

Eliminationsreaktionen sind durch die Spaltung des organischen Reaktanten in zwei Produkte
bezeichnet, um Mehrfachbindungen oder in einigen Fällen einen Ring und kleine Moleküle
wie H2O oder HCl zu bilden.

96 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


• Alkenbildung durch Eliminierung

Ein gutes Beispiel für diese Art von Reaktion ist die Bildung von Propen durch Dehydrierung
von Propan bei hoher Temperatur.

Propan Propen

• Dehydrohalogenierung von Alkylhalogeniden

Die Wirkung einer starken Base auf ein Alkylhalogenid erzeugt ein Alken. Diese Reaktionen
folgen der Zaitsev-Regel, dass das dominante Produkt ein mehrfach substituiertes Alken ist.

1-chloromethylcyclohexan Methylencyclohexan 1-Methylcyclohexen


6% 94%
• Alkoholaustrocknung

Alkene werden durch säurenkatalysierte Dehydratisierungsreaktionen von Alkohol gebildet.


Die Regiochemie folgt der Regel von Zaitsev.

2-Methylbutan-2-ol 2-Methyl-but-1-en 2-Methyl-but-2-en


(disupstituierte) (trisupstituierte)
10% 90%

In lebenden Zellen wird die Dehydrierung von Succinat zu Fumarat durch das Enzym Succinat-
Dehydrogenase katalysiert.

97

Bernsteinsäure Fumarsäure

97
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
9.2.3. Substitutionsreaktionen

Reaktionen, bei denen zwei Reaktanten Atome (Gruppen) "ersetzen", um zwei neue Produkte
zu bilden, werden Substitutionsreaktionen genannt.

• Nucleophile Substitution

Bei den Reaktionen von Alkylhalogeniden mit Nukleophilen/Basen kommt es zur


nukleophilen Substitution, d.h. zum Austausch eines Nukleophils durch ein anderes.

2-Brompropan Natriumjodid 2-Jodpropan Natriumbromid

• Nucleophile Acylsubstitution

Für Carbonsäuren und ihre Derivate charakteristische Reaktionen sind nukleophile


Acylsubstitutionsreaktionen, bei denen die an das C-Acylatom gebundene Gruppe durch ein
Nukleophil ersetzt wird. Eines der biologisch wichtigen Carboxylderivate ist Acetyl-CoA, ein
metabolisches Zwischenprodukt.

Acetyl-CoA Glucosamin N-acethylglucosamin

• Elektrophile aromatische Substitution

Aromatische Verbindungen nehmen am häufigsten an elektrophilen aromatischen


Substitutionsreaktionen teil. So kann an den aromatischen Ring ein bestimmtes Elektrophil (-
98
Cl, -Br, -I, -NO2, -SO3H, -R, -COR) angehängt werden. Die Substituenten am aromatischen Ring
beeinflussen die Reaktivität des Rings und die Orientierung (o-, m-, p-) des nächsten
Substituenten. Bei der Biosynthese des Schilddrüsenhormons Thyroxin werden zwei
Moleküle jodiertes Tyrosin verbunden.

98 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Tyrosin Thyroxin

9.2.4. Umlagerungsreaktionen

Bei Umlagerungsreaktionen werden Bindungen und Atome innerhalb der organischen


Verbindung reorganisiert. Der Reaktant und das resultierende Produkt sind Isomere. Ein
gutes Beispiel ist die Claisen-Umlagerungsreaktion:

Allyl phenyl ether O-Allylphenol

Oxidationsreaktionen finden statt, indem Sauerstoff an das Kohlenstoffatom eines


organischen Moleküls gebunden wird, d.h. indem jedes Element mit größerer
Elektronegativität als Kohlenstoff selbst gebunden wird. Dabei erhöht sich die Oxidationszahl
von Kohlenstoff. Im Gegensatz dazu bindet bei Reduktionsreaktionen ein Element mit
geringerer Elektronegativität, wie beispielsweise Wasserstoff, und die Oxidationszahl von
Kohlenstoff nimmt ab. Bei Oxidations- und Reduktionsreaktionen werden Elektronen von
einer chemischen Spezies auf eine andere übertragen.

Methan Methanol Formaldehyd Ameisensäure Kohlensäure

99

Somit beinhalten Oxidationsreaktionen organischer Verbindungen im Allgemeinen die


gleichzeitige Reduktion von Oxidationsreagenzien (z. B. Cr(IV)-Verbindungen, KMnO4) sowie
Reduktionsreaktionen organischer Verbindungen beinhalten die gleichzeitige Oxidation von
Reduktionsreagenzien (z. B. NaBH4, LiAlH4).
99
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Alkene können durch Hydroxylierungsreaktionen zu den entsprechenden Dialkoholen
(Diolen) oxidiert werden. Die Oxidation aromatischer Verbindungen führt zur Oxidation der
Seitenketten, die in Carboxylgruppen umgewandelt werden, während der Benzolring
normalerweise nicht mit Oxidationsmitteln reagiert. Die Oxidation von primären Alkoholen
erzeugt Aldehyde oder Carbonsäuren und die Oxidation von sekundären Alkoholen erzeugt
Ketone. Aldehyde werden zu Carbonsäuren oxidiert, während Ketone relativ
oxidationsbeständig sind. Phenole und Hydrochinone werden zu Chinonen oxidiert. Thiole
können zu Disulfiden oxidiert werden. Es werden Alkenreduktionsalkane gebildet. Aldehyde
reduzieren primäre Alkohole und Ketone sekundär. Carbonsäuren und Ester werden zu
primären Alkoholen reduziert. Die Nitrilreduktion erzeugt primäre Amine. Aminreduktion
erzeugt Amine. Disulfide können zur Thiolen reduziert werden. Chinone können zu
Hydrochinonen reduziert werden.

Übungsaufgaben:
1. Zeichnen Sie die konstitutionellen Skelettisomere von 8 C-Atom-
Kohlenwasserstoffen, die einen 5 C-Atom-Ring und keine Doppelbindungen
enthalten.
2. Markieren Sie das (die) chirale(n) Zentrum(e) von 1-Brom-2-methylcyclopropan.
3. Zeichnen Sie die Strukturformeln der beiden Isomere von 1-Brom-2-chlorethen.
4. Zeichnen Sie die tetraedrischen Darstellungen und bestimmen Sie die absolute
Konfiguration der Hexan-3-ol-Enantiomere. Zeichnen Sie auch die Formeln von
Fischer.
5. Benennen Sie die Verbindung und bezeichnen Sie die absolute Konfiguration.

6. Es gibt vier mögliche Stereoisomere von 3-Penten-2-ol Alkohol. Einer davon ist auf
dem Bild zu sehen. Zeichnen Sie die verbleibenden drei Stereoisomere und listen Sie
100 ihre Konfigurationen an der C-2- und C=C-Doppelbindung auf.

(2R, 3E)-3-Penten-2-ol

100 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


7. Im Zitronensäurezyklus wird Citrat zu Isocitrat isomerisiert. Diese Isomerisierung
erfolgt in zwei Schritten, das Zwischenprodukt ist cis-Aconitat und beide Schritte
werden durch das Enzym Aconitase katalysiert. Schauen Sie sich die Strukturen von
Citraten und Isocitraten an und sagen Sie, ob diese beiden Verbindungen
Strukturisomere oder Stereoisomere sind? Haben Citrat und Isocitrat eine
Symmetrieebene, d. h. sind sie chiral? Schlagen Sie den Begriff der Prochiralität in der
Literatur nach und erklären Sie ihn am Beispiel von Citrat.

8. Enzymatische Reaktionen in lebenden Organismen sind stereospezifisch. Enzyme


erkennen die Stereochemie eines Substrats und katalysieren die Reaktion nur einer
stereoisomeren Form einer Verbindung. Erkläre warum.
9. Geben Sie für jede der Reaktionen die Reaktanten und Produkte mit Strukturformeln
an und bestimmen Sie, zu welchem Typ die Reaktion gehört (Addition, Substitution,
Eliminierung oder Umlagerung)
a. Ethen + Chlorwasserstoff ® Chlorethen
b. Acetylbromid + Ethanol ® Ethylacetat + Bromwasserstoff
c. 3-Chlor-2,3,5-trimethylhexan ® 2,3,5-Trimethylhex-2-en + Chlorwasserstoff
10. Durch Oxidation welcher organischen Verbindung entsteht Propan-2-on? Strukturen
zeigen.
11. Zu welcher Reaktionsart gehört die Reaktion von Benzol mit einem Gemisch aus
Salpetersäure und Schwefelsäure? Welches Produkt erwarten Sie?
12. Die reversible Reaktion der Umwandlung von Glutathion (GSH) in Glutathiondisulfid
(GSSG) ist ein wichtiger Teil der Abwehr von Zellen gegen die Wirkung von
Xenobiotika. Welche Arten von Reaktionen gibt es, um GSH in GSSG umzuwandeln,
und umgekehrt? Aus welchen Aminosäureresten besteht das Glutathionmolekül?
Untersuchen Sie in der Literatur die Rolle von Disulfidbrücken in biologischen
Systemen.

101

Glutathion Glutathiondisulfid

101
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
S10 SEMINAR 10.

10.1. PEPTIDE UND PROTEINE


Proteine sind Makromoleküle, die aus einer oder mehreren Peptidketten bestehen, die durch
die Verknüpfung von Aminosäuren gebildet werden. Aminosäuren oder Aminosäurereste
sind durch eine Peptidbindung verbunden, wobei die Aminogruppe eines Restes eine
Amidbindung mit der Carboxylgruppe des anderen Restes bildet. Peptide mit weniger
Aminosäuren werden als Oligonukleotide (<10 Aminosäuren) bezeichnet und komplexere
Peptidketten mit mehr Aminosäuren werden als Polypeptide bezeichnet.
Die Grenze zwischen Protein und Polypeptid ist nicht genau definiert, so dass beispielsweise
Insulin, bestehend aus 51 Aminosäuren, die 2 Polypeptidketten bilden, die durch Cystin-
Brücken verbunden sind, als eines der kleinsten Proteine gilt. Bekannt sind auch Peptide,
deren Größe von 3 Aminosäuren (TRH, ein Hormon, das Thyrotropin freisetzt) bis 231
Aminosäuren (βHCG, humanes Choriongonadotropin) variiert.

N
HC
CH O
HN NH2
C C
O CH2 HC CH
2
NH C CH N
CH NH C CH2
O C CH2
CH2 O
CH2

Abbildung 10.1. Kleinstes menschliches Protein (Insulin) und Peptid (Thyrotropin-


Releasing-Hormon, TRH)

10.1.1. Proteinnomenklatur
Die Aminosäuresequenz im Protein wird von links nach rechts geschrieben, und gemäß
Konvention ist die erste Aminosäure in der Sequenz links der N-Terminus (die mit der freien
-NH3+ -Gruppe) und die letzte Aminosäure rechts ist der C-terminus (die mit der freien
Gruppe COO-).
Der Name jeder Aminosäure in einem
102 Protein oder Peptid wird durch Drei-
Buchstaben-Abkürzungen oder Ein-
Buchstaben-Symbole angezeigt. Der Name
des Peptids hängt von der Anzahl und
Reihenfolge der Aminosäuren in der Kette
ab, wobei das Suffix -at (z. B. in Aspartat)
oder -in (z. B. in Glycin) durch das Suffix -il

102 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


ersetzt wird. Die C-terminale Aminosäure behält das -in-Suffix, das die freie α-
Carbonylgruppe bezeichnet.

Beispiel
Benennen Sie das Peptid im Bild und markieren Sie es mit Drei-Buchstaben- und Ein-
Buchstaben-Symbolen.
Lösung: Aspartyl-Glycyl-Tyrosin; Asp-Gly-Tyr; D G Y

10.1.2. Isoelektrischer Punkt von Proteinen


Proteine und Peptide können elektrisch geladene Moleküle sein. Der elektrische
Ladungszustand hängt von der Aminosäurezusammensetzung und dem Umgebungs-pH.
Ebenfalls an den Dissoziationskonstanten der ionisierenden Gruppen wie den Carboxyl- (-
COOH) und Aminogruppen (-NH3+) an den Enden der Peptidkette und den sauren und
basischen Gruppen an den Seitenketten der Aminosäure (z.B. die OH-Gruppe in Tyr oder SH
in Cys, NH2 in Arg oder COO- in Glu). In stark sauren Lösungen (pH <1) werden die
ionisierenden Gruppen protoniert und die Aminosäuren im Protein liegen in positiv geladener
kationischer Form vor. In stark basischen Lösungen (pH > 13) sind die ionisierenden Gruppen
deprotoniert und das Protein enthält negativ geladene anionische Formen von Aminosäuren.
Bei physiologisch signifikanten pH-Werten (pH 7 - 8) beeinflussen die entgegengesetzt
geladenen -COO- und -NH3+-Gruppen nicht die Gesamtladung des Proteins, die wiederum
von der Ladung der Säure- und Basengruppen auf den Seitenketten von Aminosäuren
abhängt.
Der pH-Wert einer Lösung, in der das Peptid oder Protein einen Gesamt-Ladungszustand
gleich Null hat, ist gleich dem isoelektrischen Punkt des Proteins (pI). Die Fähigkeit von
Proteinen ihre Ladung in Abhängigkeit vom pH-Wert der Umgebung, in der sie sich befinden
zu ändern, wird genutzt, um Proteine durch Elektrophorese zu trennen. Bei pH = pI des
Proteins ist die Mobilität des Proteins im elektrischen Feld null. Abhängig von der positiven
Null oder vom negativen Wert der Gesamtladung des Proteins bei physiologischem pH-Wert
werden die Proteine nach dem negativen oder positiven elektrischen Pol getrennt und als
basisch, neutral oder sauer bezeichnet.

103

pH 1,0 pH 7,0 pH 13,0

103
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Beispiel
Ionische Formen des Glu-His-Cys-Tripeptids werden gezeigt. Bei pH 1,0 beträgt die
Gesamtladung des Moleküls +2. Ionisierende Gruppen sind gerundet. Wie hoch ist die
Gesamtladung des Tripeptids bei pH 7,0 und pH 13,0?
Lösung: Bei pH 7,0 beträgt die Gesamtladung des Peptids -1 und bei pH 13,0 -3.

10.1.3. Chemische Bindungen in Proteinen


Neben der Peptidbindung zwischen benachbarten Resten finden sich im Protein andere Arten
von kovalenten und nicht-kovalenten Bindungen (Abbildung 10.2.) Die Disulfidbindung S-S
wird durch Oxidation der -SH-Gruppe von zwei Cysteinresten gebildet (besser bekannt als …)
und ist ein Beispiel für eine alternative kovalente Bindung in Proteinen. Disulfidbindungen
haben die Funktion, die Proteinstruktur zu stabilisieren, insbesondere bei widrigen
Umweltbedingungen. Ein Beispiel ist das Hormon Insulin, das im Verdauungssekret der
Bauchspeicheldrüse vorkommt (Abbildung 10.1.).
Nicht-kovalente Bindungen in Proteinen können polar (ionisch und Wasserstoff) oder unpolar
(hydrophob) sein. Ionenverbindungen treten zwischen positiv und negativ geladenen
ionisierenden Gruppen von Seitenketten auf (z. B. zwischen Asp und Lys), Wasserstoff-
Brückenbildungen treten zwischen Dipolmolekülen auf, z. B. der NH-Gruppe eines Rests und
der OH-Gruppe eines anderen Rests, und es können hydrophobe Wechselwirkungen durch
unpolare Seitenketten auftreten, die sich eher zueinander als zum Wasser hin orientieren.

104

Abbildung 10.2. Kovalente und nichtkovalente Bindungen zwischen 2 Peptidketten


in einem Protein

104 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


10.1.4. Proteinstruktur
Die Struktur eines Proteins hängt von der dreidimensionalen Anordnung chemischer Gruppen
an den Seitenketten ab. Die endgültige Konformation muss chemisch stabil und biologisch
funktionsfähig sein. Um dies zu erreichen, werden die Polypeptide, aus denen ein Protein
besteht, schrittweise durch vier Formen der Proteinstruktur gefaltet:
a) Primär
b) Sekundär
c) Tertiär
d) Quartär

• Primärstruktur
Entsteht als Sequenz oder genauer Sequenz von Aminosäuren, die durch Peptidbindungen zu
einer Polypeptidkette verbunden sind.
• Sekundärstruktur
Sie beschreibt die räumliche Anordnung des Peptidrückgrats,
die sich aus der Rotation der Seitenkette um die Peptidbindung
ergibt. Aufgrund der planaren Natur der Peptidbindung ist eine
freie Rotation nur zwischen den Gruppen N und α-C (Winkel fi,
ϕ) und α-C und C = O (Winkel psi, ψ) möglich. Aufgrund
sterischer Störungen haben die meisten Aminosäuren eine
Reihe möglicher (sterisch zulässiger) Winkelkombinationen ϕ.
Die Reihenfolge der Aminosäuren bestimmt die Reihenfolge
der Winkel ϕ und ψ, und ihre richtige Wiederholung führt zur
Bildung geordneter Sekundärstrukturen wie die α-Helix und
das β-Faltblatt.
α-Helix
In der α-Spule wird jeder Rest gleich weit gedreht, etwa 57° im
Winkel ϕ und 47° im Winkel ψ. Die volle Drehung (360°) der α-
Helix enthält ungefähr 3,6 Aminosäurereste. Jeder Rest erhöht
den Spulenabstand um 0,15 nm und jede volle Umdrehung um
0,54 nm. Die Stabilität der α-Helix wird durch
Wasserstoffbrücken zwischen der C=O-Gruppe des ersten und
der H-N-Gruppe des vierten Rests in der linearen
Aminosäuresequenz ermöglicht.
β-Faltblatt
105
Die Peptidketten in den β-Faltblatt sind gestreckt, nicht
verdreht, und die Aminosäurereste sind 0,35 nm voneinander
entfernt. Das Blatt wird durch Wasserstoffbrücken zwischen C
= O- und N-H-Gruppen verschiedener Polypeptidketten
stabilisiert. Die einzelnen Ketten im β-Faltblatt können parallel

105
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
(gleichgerichtet) oder antiparallel (in entgegengesetzte Richtungen gerichtet) sein.

Zufallsknäul
Die β – Kurve verbindet die antiparallelen Ketten im
β-Faltblatt, und die Struktur wird durch die
Wasserstoffbrücke zwischen dem ersten und vierten
Rest in der Kurve stabilisiert. Die Schlingen sind
unregelmäßig geformt, verbinden aber oft
angeordnete Sekundärstrukturen. Coil-Loop-Coil-
Proteineinheiten spielen eine wichtige Rolle als
DNA- bindende Domänen in Transkriptionsfaktoren
oder als Antikörper erkennende Epitope.

• Tertiärstruktur
Die Tertiärstruktur beschreibt einen Weg, wie man Sekundärstrukturen zu einer
dreidimensionalen Konformation eines Polypeptids zusammenzubaut. Polypeptide enthalten
mehrere verschiedene Sekundärstrukturen (α-Spulen, β-gefaltete Platten, Schleifen, Knäule),
und ihre räumliche Organisation ermöglicht die Entstehung von Domänen mit spezifischen
physikalischen oder chemischen Funktionen, wie Substrat- oder Ligandenverbindungen, -
verankerung an Zellmembranen, Transport auf bestimmte Zellorganellen,
Aktivitätsregulation usw.

• Quartäre Struktur
Die Quartärstruktur wird durch die Assoziation mehrerer Polypeptide gebildet, die mehrere
verschiedene Domänen enthalten. Eine Untereinheit, die einen Satz von Polypeptiden in der
106 Quartärstruktur eines Proteins bildet, wird als Protomer bezeichnet. Je nach Anzahl der
Protomeren können wir monomere, dimere und andere oligomere Proteine unterscheiden.
Je nachdem, ob sie gleiche oder unterschiedliche Polypeptidketten enthalten, unterscheiden
wir zwischen homo- oder hetero-oligomeren Proteinen. Untereinheiten in hetero-
oligomeren Proteinen werden mit griechischen Buchstaben (α, β, γ usw.) und ihre
Proteinhäufigkeit durch Zahlen im Index (α2β2γ) bezeichnet. Durch das Verbinden von

106 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Polypeptideinheiten entwickeln sich Proteine zu komplexen funktionellen Strukturen, die
mehrere funktionelle Aufgaben erfüllen können.

10.2. PROTEINANALYSE
Proteine und Peptide erfüllen eine Schlüsselrolle im Körper. Sie bauen das zellulare
Zytoskelett (α- und β-Tubulin) und die Muskelfasern (Aktin und Myosin) auf, beteiligen sich
an der Sauerstoffversorgung (Hämoglobin), katalysieren Stoffwechselreaktionen und
Energieproduktion als Enzyme (Enzyme der Glykolyse, Glykogenolyse, Citratzyklus, etc.),
Replikation und Transkription von Genen (DNA-Polymerase-Komplex), schützen den Körper
vor fremden Mikroorganismen (Immunglobuline) und bauen Biomoleküle ab (Ubiquitin).
Aufgrund ihrer weiten Verbreitung im Organismus skizzieren sie lediglich die Veränderungen,
die wir mit normalen oder gestörten physiologischen Funktionen in Verbindung bringen. Im
Blutplasma finden wir eine Vielzahl von Proteinen (70 - 75 g/L), die aufgrund ihrer
Verfügbarkeit eingehend untersucht und in 3 Grundfraktionen unterteilt wurden: Albumine,
Globuline und Fibrinogene.
Tabelle 10.1. Plasmaproteine
Prozent Ort der
Plasmaproteine Funktion
im Plasma Synthese
Transport der FT3- und FT4-
Transtiretin
Hormone
reguliert den osmotischen Druck
Albumin 60%
Leber im menschlichen Plasma, den
Albumin
Transport von Fettsäuren und
Steroidhormonen
α-Antitrypsin Trypsin-Hemmung
α1-Globulin Lipoprotein Leber Transport von Lipiden und
(HDL) Vitaminen
Haptoglobin Hämoglobintransport
α2-Globulin Leber
Makroglobulin Proteasebindung, Zn2+ Transport
Lipoprotein Transport von Lipiden und
(LDL) 36% Vitaminen
Transferin Transport Fe 3+
β-Globulin Leber
Komplementaktivierung, ein
CRP Indikator für Entzündungen und
Gewebeschäden 107
IgG, IgA, IgM, lymphoide humorale Antikörper
γ-Globulin
IgD, IgE Organe
Fibrinogen Fibrinogen 4% Leber Blutgerinnung

107
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Vor der Isolierung einzelner Proteine muss die komplexe Mischung der Gesamtproteine in
Proteinfraktionen aufgetrennt und von unerwünschten Proteinen, Viren oder infektiösen
Proteinpartikeln wie Prionen gereinigt werden.

Proteine können basierend auf Unterschieden in Löslichkeit, Masse, Ladung und


Bindungsaffinität für spezifische Liganden getrennt werden.

Klassische Verfahren der Entsalzung von Proteinen basieren auf der reduzierten Löslichkeit
des Proteins in einer Salzlösung wie Ammoniumsulfat. Durch dissoziierende Salze in einer
Proteinlösung binden sich Salzionen an saure und basische Aminosäuregruppen. Durch
Zugabe von Salz zur Lösung wird die Konzentration von Ionen erhöht, die dann
Wassermoleküle aus der Lösung binden, und die Zahl der Protein-Lösungsmittel
Wechselwirkungen verringern und die Zahl der Protein-Protein Wechselwirkungen erhöhen.
Dies verringert die Löslichkeit von Proteinen und fördert ihre Ablagerung. Verschiedene
Proteine sind unterschiedlich löslich und können einzeln aus dem Proteingemisch isoliert
werden. Der Nachteil dieser Methode ist die ungenügende Reinheit der aufgetrennten
Proteinfraktionen und die mögliche Kontamination mit kleineren Proteinen. Neuere
Methoden der Proteinisolierung und -reinigung basieren im Wesentlichen auf 3
grundlegenden methodischen Ansätzen: Elektrophorese, Ultrazentrifugation und
Chromatographie.

10.2.1. Methoden zur Proteinisolierung und -reinigung

• Protein-Elektrophorese
Proteine können durch Elektrophorese basierend auf Ladungs- und Massenunterschieden
getrennt werden. Ihre Mobilität während der Elektrophorese hängt von der Stärke des
elektrischen Felds, der Gesamtladung des Proteins und der Permeabilität des Mediums oder
Trägers ab, durch das sie wandern. Die Gesamtladung des Proteins hängt vom pH-Wert der
Lösung ab, die während der Elektrophorese als Puffer verwendet wird. Bei pH < pI ist die
Gesamtnettoladung des Proteins positiv und das Protein wandert zum negativ geladenen
elektrischen Pol (Kathode). Wenn der pH > pI ist, wandert das negativ geladene Protein zur
positiven Anode. Die am häufigsten verwendeten Träger in der Proteinelektrophorese sind
Celluloseacetat oder Polyacrylamidgel, obwohl auch andere Varianten verwendet werden
(Filterpapier, Agarosegel, Stärkegel). Celluloseacetat wird häufig bei der Trennung von
Plasmaproteinen verwendet, die je nach Masse und Ladung in 5 elementare Fraktionen
aufgetrennt werden: Albumin, α1-, α2-, β- und γ-Globulin. Nach Beendigung der
108 Elektrophorese wird die Größe der Banden auf dem Träger mit einem Densitometer
gemessen, das die gemessenen Werte in Peaks im Diagramm umwandelt (Abbildung 10.3.).

108 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Abbildung 10.3. Trennung von Plasmaproteinen auf Celluloseacetat

Beispiel
Zeichnen Sie die Struktur und bestimmen Sie die Bewegungsrichtung des Lys-His-Cys-
Tripeptids während der Elektrophorese in pH 5,0 Puffer.

Lösung:

Das Tripeptid bewegt sich in (-) Richtung der


Kathode.

Die SDS-Polyacrylamid-Elektrophorese (SDS-PAGE) wird verwendet, um Proteine basierend


auf der Masse zu trennen. SDS ist ein Detergens, das sich an das Proteinrückgrat bindet und
nicht-kovalente Bindungen in der nativen Struktur des Proteins bricht. Da es negativ geladen
ist, maskiert SDS die Gesamtladung der Proteine, die dann nach Masse getrennt werden. Als
Träger verwenden wir ein Polyacrylamidgel, das durch Polymerisation von 109
Acrylamidmonomeren (CH2=CH-CO-NH2) zu langen Polyacrylamidketten und deren
Vernetzung durch Einbau des entsprechenden Comonomers N,N'-Methylen-bis- Acrylamid
(CH2=CH-CO-NH-CH2-NH-CO-CH=CH2). Die Polymerisationsreaktion wurde chemisch durch
Zugabe von Ammoniumpersulfat und TEMED (N,N,N',N'-Tetramethylethylendiamin)
katalysiert. Nach der Elektrophorese werden die Proteine durch Färben mit Comassie Briliant
Blue sichtbar gemacht und ihre Masse durch Vergleich mit dem Proteinstandard bestimmt.

109
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Zur genaueren Isolierung einzelner Proteine wird eine zweidimensionale Elektrophorese
verwendet, bei der die Proteine zuerst aufgrund der Differenz der pI-Gelelektrophorese im
pH-Gradienten und dann auf SDS-PAGE in einer Richtung senkrecht zur Richtung des ersten
Elektrophorese aufgetrennt werden. Auf diese Weise ist es möglich, Proteine zu isolieren, die
sich in Masse und Ladung unterscheiden.

• Ultrazentrifugation von Proteinen

Proteine können durch Zentrifugation basierend auf Unterschieden in Masse und


Konformation und Dichte des Mediums getrennt werden. Durch Zentrifugieren der
Proteinmischung in einem Dichtegradienten (z.B. 5-20% Saccharoselösungen) werden die
Proteine in einzelne Streifen getrennt. Die Sedimentationsrate einzelner Banden ist
proportional zur Masse und Konformation des Proteins und zur Stärke des Zentrifugalfeldes
und umgekehrt proportional zur Reibung, die durch den Durchgang von Proteinen durch das
Medium erzeugt wird. Der Sedimentationskoeffizient wird durch das Verhältnis der
Sedimentationsgeschwindigkeit und Stärke des Zentrifugalfeldes bestimmt und in der
Svedberg-Maßeinheit (1S = 10-13 s) ausgedrückt. Höhere Proteine (höherer Mr) haben einen
höheren Sedimentationskoeffizient. Im Gegensatz zu SDS-PAGE, werden durch Zentrifugation
erhaltene Banden nicht denaturierte Proteine, die ihre strukturellen und funktionellen
Eigenschaften beibehalten haben, was eine weitere Analyse ihrer Masse und katalytischen
Eigenschaften ermöglicht. Allgemeine Grundlagen der Zentrifugation werden im Seminar 8
beschrieben.

• Chromatographie

Chromatographie ist eine Methode, die die Trennung von Molekülen zwischen zwei Phasen
ermöglicht, mobil (mobil) und stationär (stationär). Je nach Zusammensetzung der mobilen
und stationären Phasen können Proteine chromatographisch auf Basis von Größe, Ladung
und Affinität zu Liganden, stationärer oder mobiler Phase getrennt werden. Dazu verwenden
wir Gel-Permeation, Ionenaustausch, Affinitäts-, Adsorptions- und
Verteilungschromatographie. Die Chromatographie kann auf Papier und einer dünnen
Celluloseschicht (Planare Chromatographie) oder in zylindrischen Behältern, die mit Körnern
aus Cellulose, Acrylamid oder Siliziumoxid gefüllt sind (Säulenchromatographie),
durchgeführt werden. Die mobile Phase ist meistens eine Lösung oder ein gasförmiges
Gemisch. Weitere Details zu diesen Methoden finden Sie im Seminar 8: Bioanalytische
Methoden in Chemie und Biochemie.

110

• Aminosäureanalyse in Peptiden und Proteinen

Gereinigte Proteine können verwendet werden, um die Zusammensetzung und Sequenz von
Aminosäuren zu analysieren. Die Aminosäurezusammensetzung kann nach Hydrolyse der
Peptidbindungen durch Erhitzen der Proteinlösung mit HCl bestimmt werden, um die
Aminosäuren aus der Peptidkette freizusetzen. Die Menge und Art der Aminosäuren in der

110 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Lösung kann durch Ionenaustauschchromatographie bestimmt werden. Bei (-) geladenen
Lösung kannPhasen
stationären durch wird
Ionenaustauschchromatographie
die Aminosäure mit der höchsten bestimmt werden. Bei und
(-) Nettoladung (-) geladenen
die letzte
stationären Phasen wird die Aminosäure mit der höchsten (-) Nettoladung
Aminosäure mit der höchsten (+) Nettoladung zuerst eluiert. Das Volumen des Eluats und die letzte
wird
Lösung kann
Aminosäure durch
mit Ionenaustauschchromatographie
der höchsten (+) Kontakt
Nettoladung bestimmt
zuerst eluiert.blauewerden.
Das Volumen Bei (-) geladenen
mit Ninhydrin vermischt, das bei mit Aminosäuren Färbung des Eluats wird
entwickelt. Die
stationären
mit Ninhydrin Phasen wird
vermischt, die Aminosäure
das bei der
Kontakt mit der höchsten
mit Aminosäuren (-) Nettoladung
blaue Färbung und die
entwickelt. letzte
Die
Intensität der Färbung entspricht Konzentration von Aminosäuren, gemessen mit einem
Aminosäure mit der
Intensität der Färbung höchsten
entspricht(+) Nettoladung zuerst eluiert. Das Volumen des Eluats wird
Spektrometer und verglichen mit der
derKonzentration von Aminosäuren,
Zeit der Freisetzung von Aminosäurengemessen
aus mit
der einem
Säule.
mit Ninhydrin
Spektrometer vermischt,
und verglichen das bei Kontakt
mit der Zeit mit Aminosäuren
derStandardsäule
Freisetzung von blaue Färbung
Aminosäuren entwickelt.
aus der Säule. Die
Die Freisetzungszeit jeder Aminosäure in der ist bekannt und reproduzierbar,
Intensität
Die dass der Färbung entspricht
Freisetzungszeit der Konzentration von Aminosäuren,
bekanntgemessen mit einem
so neben derjeder Aminosäure
Konzentration in derderen
auch Standardsäule
Identitätistbestimmt und reproduzierbar,
werden kann. Die
Spektrometer
so dass neben und verglichen mit der Zeit der Freisetzung von Aminosäuren aus der Säule.
Reihenfolge bleibtder Konzentration
jedoch unbekannt. auch deren Identität bestimmt werden kann. Die
Die Freisetzungszeit
Reihenfolge jeder unbekannt.
bleibt jedoch Aminosäure in der Standardsäule ist bekannt und reproduzierbar,
Die Aminosäuresequenz in
so dass neben der Konzentration einem Peptidauchoder Protein
deren wird durch
Identität Sequenzierung
bestimmt bestimmt.
werden kann. Die
Die Aminosäuresequenz
Proteine müssen vor derin einem Peptid
Sequenzierung
Reihenfolge bleibt jedoch unbekannt. oder
in Protein
kleinere wird durch
Peptidketten Sequenzierung
zerlegt werden. bestimmt.
Hierzu
Proteine müssen vor
werden Reagenzien undderEnzyme
Sequenzierung
verwendet, in die
kleinere Peptidkettenspalten.
Peptidbindungen zerlegtCyanogenbromid
werden. Hierzu
Die Aminosäuresequenz
werden spaltet
Reagenzien in einem Peptid oder Protein wird durch Sequenzierung bestimmt.
(CNBr) denund Enzyme verwendet,
Carboxylterminus von die Peptidbindungen
Methionin. Das Enzymspalten. Cyanogenbromid
Trypsin spaltet die
Proteine müssenden
(CNBr) spaltet vor Carboxylterminus
der Sequenzierungvon in kleinere Peptidketten zerlegt werden. Hierzu
Polypeptidkette am Carboxylende von Arginin Methionin. Das Enzym
und Lysin. Beispielsweise Trypsin
wird spaltet
ein Protein, die
das
werden Reagenzien
Polypeptidkette und Enzyme
am Carboxylende verwendet,
von Arginin die Peptidbindungen
undmit
Lysin. spalten.
Beispielsweise wirdCyanogenbromid
ein Protein, das
5 Lys- und 3 Arg-Reste enthält, nach dem Verdau Trypsin in 9 Peptide gespalten.
(CNBr) spaltet den Carboxylterminus von Methionin. Das Enzym
5 Lys- und 3 Arg-Reste enthält, nach dem Verdau mit Trypsin in 9 Peptide gespalten. Trypsin spaltet die
Polypeptidkette am Carboxylende von Arginin und Lysin. Beispielsweise wird ein Protein, das
5 Lys- und 3 Arg-Reste enthält, nach dem Verdau mit Trypsin in 9 Peptide gespalten.
NH3+-Tyr-Gly-Arg-Phe-Lys-Gly-Asp-Lys-Trp-Arg-Cys-Leu-Lys-Met-Arg-Glu-Ile-Lys-Val-Ala-Lys-
NH 3 -Tyr-Gly-Arg-Phe-Lys-Gly-Asp-Lys-Trp-Arg-Cys-Leu-Lys-Met-Arg-Glu-Ile-Lys-Val-Ala-Lys-
+
Phe-COO -

Phe-COO-
NH3+-Tyr-Gly-Arg-Phe-Lys-Gly-Asp-Lys-Trp-Arg-Cys-Leu-Lys-Met-Arg-Glu-Ile-Lys-Val-Ala-Lys-
Nach
Phe-COOSpaltung
- des gleichen Peptids durch Chymotrypsin werden 7 Peptide gebildet, da
Nach Spaltungdie
Chymotrypsin des gleichen Peptids
Peptidkette durch Chymotrypsin
auf der Carboxylseite werden 7 Aminosäure
der aromatischen Peptide gebildet,
spaltet.da
Chymotrypsin die Peptidkette auf der Carboxylseite der aromatischen Aminosäure spaltet.
Nach Spaltung des gleichen Peptids durch Chymotrypsin werden 7 Peptide gebildet, da
Chymotrypsin die Peptidkette auf der Carboxylseite der aromatischen Aminosäure spaltet.
NH +-Tyr-Gly-Arg-Phe-Lys-Gly-Asp-Lys-Trp-Arg-Cys-Leu-Lys-Met-Arg-Glu-Ile-Lys-Val-Lys-Phe-
3
NH3+-Tyr-Gly-Arg-Phe-Lys-Gly-Asp-Lys-Trp-Arg-Cys-Leu-Lys-Met-Arg-Glu-Ile-Lys-Val-Lys-Phe-
Ala-COO -

Ala-COO-
NH3+-Tyr-Gly-Arg-Phe-Lys-Gly-Asp-Lys-Trp-Arg-Cys-Leu-Lys-Met-Arg-Glu-Ile-Lys-Val-Lys-Phe-
Das Oligopeptidgemisch
Ala-COO - wurde durch Chromatographie gereinigt und dann nach einem von
Das
PehrOligopeptidgemisch
Edman entwickelten wurde durch Chromatographie
Verfahren sequenziert. Das gereinigt
Verfahrenund dann nach
beinhaltet dieeinem von
selektive
Pehr Edman des
Markierung entwickelten Verfahren
N-terminalen Endessequenziert.
des Peptids Das mit
Verfahren beinhaltet die selektive
Phenylisothiocyanat, um ein
Das Oligopeptidgemisch
Markierung wurde
des N-terminalen durch Chromatographie
Endes des Peptids gereinigt
mit sauren und dann nach
Phenylisothiocyanat, einem
um vonein
Phenylthiohydrantoin (PTH)-Derivat zu bilden. Unter leicht Bedingungen erfolgt die
Pehr Edman entwickelten
Phenylthiohydrantoin Verfahren
(PTH)-Derivat sequenziert. Das Verfahren beinhaltet die selektive
Abtrennung des PTH-Derivats von zu
derbilden. Unter leicht
Peptidkette sauren
und die Bedingungen
Identität erfolgt die
der abgetrennten
Markierung
Abtrennung des N-terminalen Endes des Peptids mit Phenylisothiocyanat, um ein
Aminosäure des
wirdPTH-Derivats von der Peptidkette
durch Chromatographie bestimmt.undDerdieEdman-Abbau
Identität derermöglicht
abgetrennten die
Phenylthiohydrantoin
Aminosäure (PTH)-Derivat
wirdkleinerer zu
durch Chromatographie bilden. Unter leicht sauren Bedingungen erfolgt die
Sequenzanalyse Peptide (max. 50bestimmt. Der Reihenfolge
Reste), deren Edman-Abbau im ermöglicht
Protein bleibtdie
Abtrennung des
Sequenzanalyse PTH-Derivats
kleinerer von der
Peptide der
(max. Peptidkette
50 Reste), und die Identität
deren Reihenfolge der abgetrennten
im Protein bleibt
jedoch unbekannt. Durch Vergleich Sequenz von Peptiden, die durch enzymatischen oder
Aminosäure
jedoch wird
unbekannt. durch Chromatographie bestimmt. Der Edman-Abbau ermöglicht die
chemischen Abbau Durch Vergleich
gebildet werden,der Sequenz
wird von Peptiden,von
die Primärstruktur dieProteinen
durch enzymatischen
bestimmt. oder
Sequenzanalyse
chemischen Abbau kleinerer
gebildetPeptide
werden,(max. 50 Primärstruktur
wird die Reste), deren vonReihenfolge
Proteinenim Protein bleibt
bestimmt.
111
jedoch unbekannt. Durch Vergleich der Sequenz von Peptiden, die durch enzymatischen oder
chemischen Abbau gebildet werden, wird die Primärstruktur von Proteinen bestimmt.

111
111

111
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Beispiel:
Bestimmen Sie die Aminosäuresequenz im Hexapeptid, das nach Trypsinverdau 2 Ala-Val-Arg-
und Tyr-Ser-Arg-Tripeptide und nach Chemotrypsin-Verdau das Ala-Val-Arg-Tyr-Tetrapeptid
und Ser-Arg-Dipeptid produziert.
Vorgehensweise: Identifizieren Sie die überlappenden Bereiche und schreiben Sie die Sequenz.
Ala-Val-Arg
Ala-Val-Arg-Tyr
Tyr-Ser-Arg

Ser-Arg
____________________
Lösung: Ala-Val-Arg-Tyr-Ser-Arg

112

112 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Laborübungen
I – Allgemeiner Teil

I-1. Allgemeine Hinweise und Verhaltensweisen im Praktikum

Die Laborarbeit ist sehr wichtig und stellt einen unumgänglichen Teil Ihrer Ausbildung
dar. Die Untersuchungsbeobachtungen während der Übungen werden Ihnen helfen,
chemische und biochemische Prozesse und Prinzipien zu verstehen und das Basiswissen zu
erlangen. Darüber hinaus werden im Labor die Techniken und Fertigkeiten der Laborarbeiten
erworben. Dabei wird aufgrund der Versuche das untersuchungsbasierte
naturwissenschaftliche Denken gefördert.

Damit die Laborarbeit erfolgreich verlaufen kann, ist es wichtig, einige allgemeine Hinweise
zu berücksichtigen:
• Vor dem Beginn sorgfältige Auseinandersetzung mit jedem Versuch
Vor jeder Laborübung sollten alle Versuche, die durchgeführt werden, gründlich gelesen
sowie über die theoretischen Hintergründe nachgedacht werden. Falls es Unklarheiten
bezüglich der Versuchsdurchführung oder der theoretischen Grundlagen gibt, auf denen der
Versuch basiert, fragen Sie unbedingt bei dem Laborpersonal nach. Lassen Sie sich bitte
aufklären. Das mechanische Abhandeln der Versuche ergibt keinen Sinn, dabei werden nur
Zeit und teure Chemikalien verschwendet.
Außerdem sind Sie eine Gefahr für sich selbst und für die anderen Studierenden sowie für die
Mitarbeiter*innen im Labor, wenn Sie im Labor weder das Grundwissen über die
Versuchsdurchführung noch das Grundwissen über die dabei notwendigen
Schutzmaßnahmen besitzen.
• Selbstständigkeit und kritische Auseinandersetzung während der
Versuchsdurchführung
Im Labor ist es sehr wichtig, die Selbstständigkeit zu fördern und alle Versuche selbstständig
durchzuführen. Ausgenommen sind die Versuche, die in einer Gruppenarbeit organisiert sind.
Vor den Versuchen sollte alles bedacht werden, was sich auf die Messergebnisse auswirken
kann. Aufgrund der Theoriekenntnisse sollte die Ergebnisspannbreite eingeschätzt und mit
eigenen Messergebnissen verglichen werden.
• Organisation
Während der Laborarbeit steht eine ordentliche, saubere und strukturierte Vorgehensweise
an der ersten Stelle. Wenn Sie beispielsweise schmutzige Laborutensilien verwenden, werden
114
Sie falsche Ergebnisse erzielen. Die Untersuchungsbeobachtungen sollten ebenso ordentlich,
übersichtlich und in einer logischen Reihenfolge notiert werden.

114 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


VORSICHTS- UND SICHERHEITSMAßNAHMEN IM CHEMIELABOR
Die potenziellen Verletzungsgefahren liegen in der Natur der Arbeitstätigkeit im Labor. Um
diese Gefahren auf ein Minimum zu reduzieren bzw. ihnen vorzubeugen, ist jede studierende
Person verpflichtet, sowohl die Arbeit im Labor als auch die entsprechenden
Vorsichtsmaßnahmen sorgfältig wahrzunehmen:
1. Im Labor darf weder getrunken, gegessen noch geraucht werden;
2. Während der Versuchsdurchführung sind Hinweise zur Versuchsdurchführung,
Sicherheits- und Vorsichtsmaßnahmen für den Gebrauch der Gefahrenstoffe sowie
die Hinweise zur Entsorgung der Gefahrenstoffe zu befolgen;
3. Eine Durchführung von Versuchen, zu denen es keine Versuchsdurchführung im Skript
gibt und zu denen es keine Hinweise vom Laborpersonal gibt, sind untersagt;
4. Chemikalien sollten nicht in Berührung mit Haut und Kleidung kommen. Um diese
Kontakte zu vermeiden, werden Schutzhandschuhe, Arbeitskittel, Pinzetten usw.
verwendet. Falls die Chemikalien auf die Haut gelangen, so ist die betroffene Stelle
sofort mit Leitungswasser zu spülen. Weitere Behandlungen der betroffenen Stelle
sind von der Chemikalienart abhängig;
5. Falls die Chemikalien mit der Haut in Berührung kommen, ist das Laborpersonal nach
der Erstversorgung umgehend zu informieren;
6. Während der Versuchsdurchführung ist ein Hineinschauen in Versuchsgefäße
verboten;
7. Um die Augen zu schützen, sind die Sicherheitsbrillen zu tragen;
8. Falls Chemikalien ins Auge gelangen, ist die Stelle sofort mit Leitungswasser zu spülen,
nicht länger als 3-4 min. Die Verletzung wird nach der Erstversorgung sofort beim
Laborpersonal gemeldet;
9. Die Beschriftungen auf Flaschen sind immer zu prüfen, da die Verwendung falscher
Chemikalien Unfälle auslösen kann;
10. Falls notwendig, sollte eine Riechprobe durchgeführt werden. Die Flasche wird
geöffnet, vom Gesicht entfernt, um nur die Ausdunstungen leicht mit der Hand in die
Richtung Nase zu führen;
11. Die Flaschen mit leicht flüchtigem Inhalt sollten nach dem Öffnen in ausreichender
Entfernung platziert werden, um die flüchtigen Inhalte nicht einzuatmen;
12. Die Versuche, bei denen sich giftige Gase sowie zu viel Gas oder Ausdunstungen
entwickeln, werden unter dem Abzug durchgeführt;
13. Das Befüllen der brennbaren Flüssigkeiten darf auf keinen Fall in der Nähe der offenen
Flamme erfolgen;
115
14. Das Aufsaugen der Flüssigkeiten in eine Pipette erfolgt unter Verwendung der
Pipettierhilfen (z.B. Peleusball, einfache Saugbälle);
15. Wenn die Flüssigkeit in einem Reagenzglas erwärmt wird, darf die Öffnung weder zu
sich selbst noch zu anderen Personen ausgerichtet werden;

115
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
16. In eine konzentrierte Säure darf nie Wasser zugefügt werden, da es zu einem heftigen
Spritzen der Flüssigkeit kommt. Die Säure wird in das Wasser unter ständigem Rühren
hinzugefügt.
17. Die Arbeit mit den Glasgegenständen sollte aufmerksam erfolgen, damit Verletzungen
der Hände oder anderer Körperbereiche durch die beim Zerbrechen entstandenen
Glasscherben vermieden werden. Falls doch etwas zerbricht, sollten Scherben
vorsichtig weggeräumt und das Laborpersonal benachrichtig werden;
18. Gegenstände aus einfachem Glas dürfen auf keinen Fall erwärmt werden, da diese
leicht zerbrechen!
19. Kleine entstandene Feuer werden mit nassen Tüchern oder Sand erstickt, während
für größere Feuer der Feuerlöscher verwendet wird;
20. Ihr Arbeitsplatz-(tisch) im Labor ist jederzeit sauber zu halten. Verschüttete
Chemikalien sollten sorgfältig weggewischt werden. Zunächst mehrfach mit einem
feuchten Tuch und danach mit dem trockenen Tuch abtrocknen. Auf keinen Fall sollte
Ihr Arbeitsplatz im Labor mit Ihrem Schutzkittel gereinigt werden;
21. Währen der Laborarbeit sollten die Hände oft gewaschen werden. Am Versuchsende
und beim Verlassen des Labors sind die Hände unbedingt mit Seife zu waschen!

KLEIDUNGSREGELN IM LABOR
1. Während der Laborarbeit müssen Studierende den Schutzkittel tragen, da dieser den
Oberkörper sowie die Arme schützt. Falls der Schutzkittel nicht eine Knielänge hat, ist
das Tragen einer Hose unabdingbar;
2. Das Schuhwerk im Labor muss von allen Seiten geschlossen sein. Im Labor ist das
Tragen von Sandalen, Halbschuhen und Schlappen untersagt;
3. Lange Haare müssen zusammengebunden werden;
4. Kontaktlinsen werden im Labor nicht getragen. Material, aus dem die Kontaktlinsen
bestehen, kann die leicht flüchtigen Chemikalien aus der Luft absorbieren und somit
die Augenreizungen hervorrufen, und die Chemikalienausdunstungen können einige
Kontaktlinsen irreversibel trüben. Im Falle, dass die Chemikalie ins Auge gelangt,
verhindert die Kontaktlinse das schnelle und effektive Ausspülen des Auges.
Stattdessen sollte im Labor die Brille getragen werden, die gleichzeitig als
Augenschutz gegen Chemikalienspritzer dient;
5. Während der Versuchsdurchführung ist das Tragen der Schutzbrille verpflichtend. Bei
der Durchführung von gefährlichen Versuchen, insbesondere wenn darauf in den
Versuchsbeschreibungen hingewiesen wird, wird das Gesicht mit einer Schutzmaske
116 bedeckt;
6. Das Schmucktragen im Labor ist nicht empfehlenswert. Einige Chemikalien, mit denen
gearbeitet wird, können den Schmuck dauerhaft beschädigen, während einige
Edelmetalle wie z.B. Platin als Katalysatoren fungieren;

116 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


VERHALTENSREGELN BEI DER ARBEIT MIT CHEMIKALIEN
1. Während der Arbeit mit Chemikalien sollte eine einfache Regel beachtet werden: In
Abhängigkeit von der dem Körper zugeführten Dosis sind alle Chemikalien
gefährlich!
2. Chemikalien werden in Glas- und Plastikflaschen gelagert;
3. Flüssige Chemikalien werden in Flaschen mit einem engen Flaschenhals gelagert,
während feinkörnige, staubige Stoffe in Flaschen mit weitem Flaschenhals gelagert
werden;
4. Alle Reagenzflaschen müssen ordnungsgemäß beschriftet und verschlossen werden.
Entnahme einer Chemikalie aus einer nicht ordnungsgemäß beschrifteten oder
undeutlich beschrifteten Flasche ist untersagt. In einigen Fällen könnte das
lebensgefährlich werden! Wenn eine Flasche nicht beschriftet ist, beinhaltet sie
sicherlich die falsche Chemikalie!
5. Die Flaschen sind immer mit einem Stopfen bzw. Schraubdeckel zu schließen;
6. Die Stopfen bzw. die Deckel sind überwiegend aus Glas, allerdings können sie auch
aus Kunststoff, Gummi oder Kork hergestellt werden. Es hängt von der Natur der zu
lagernden Chemikalie ab;
7. Die feinkörnigen und staubigen Chemikalien werden aus der Flasche mithilfe eines
Kunststoff- oder Metalllöffels entnommen. Der Löffel soll unbedingt vor dem
Gebrauch mit deionisiertem Wasser ausgespült und danach gut abgetrocknet werden.
Am besten geeignet für das Abtrocknen sind ein sauberes Stück Filterpapier oder
Zellstoff;
8. Während der Entnahme der flüssigen Stoffe aus der Flasche ist eine direkte
Verwendung der Pipette in der Flasche unzulässig, da dabei der Stoff in der Flasche
verunreinigt werden kann. Daher sollte zunächst die flüssige Chemikalie in ein
Reagenzglas oder in ein Becherglas abgefüllt werden, und erst danach sollte die
genaue Stoffmenge mithilfe einer Pipette entnommen werden;
9. Möglichst nur die Menge der Chemikalie verwenden, die für die
Versuchsdurchführung notwendig ist;
10. Überflüssige Mengen einer Chemikalie aus dem Reagenzglas oder einem Becherglas
dürfen nicht in die Flasche zurückgegossen werden. Die überflüssigen Chemikalien
werden in einem Glas für Abfälle gesammelt oder in den Ausguss gegeben, falls das
erlaubt ist. Falls die Chemikalie über den Ausguss entsorgt wird, muss im Anschluss
daran mit viel Wasser nachgespült werden;
11. Organische Lösungsstoffe dürfen nicht im Ausguss entsorgt werden. Diese werden in
117
Flaschen für organische Abfälle gesammelt. Abfall- und Kanalisationsrohre sind aus
Kunststoff hergestellt und können daher durch organische Stoffe geschädigt werden;
12. Konzentrierte Säuren und Basen müssen vor der Entsorgung mit viel Leitungswasser
verdünnt werden. Erst danach können diese über den Ausguss unter fließendem
Wasser entsorgt werden, wobei das Wasser noch mind. eine halbe Minute nach dem
Entsorgen weiterfließen muss;

117
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
13. Beim Öffnen der Chemikalienflaschen darf nur eine Flasche geöffnet werden. Wenn
mehrere Flaschen gleichzeitig geöffnet werden, kann es zur Verwechselung der
Stopfen kommen. Dies führt dann zur Verunreinigung der Chemikalien in den
Flaschen. Falls Sie aus Versehen mehrere Flaschen gleichzeitig öffnen, spülen Sie
sorgfältig alle Stopfen bzw. Deckel mit deionisiertem Wasser aus und trocknen Sie
diese ab. Wenn der Stopfen aus der Flasche entfernt wird, sollte er auf seiner
breiteren Basis auf dem Labortisch abgestellt werden;

ALLGEMEINE VERHALTENSREGELN IM LABOR FÜR MEDIZINISCHE CHEMIE UND BIOCHEMIE


• Chemie- und Biochemielaborübungen finden im Praktikum der Medizinischen
Fakultät (Raum 1.2) statt;
• Die verspäteten Studierenden können an den Laborübungen nicht teilnehmen;
• Alle Studierenden sollen zu den Laborübungen gut vorbereitet erscheinen;
• Die Studierenden bringen zu den Laborübungen folgendes mit: Skript, Schutzkittel,
wasserfesten Stift (Edding), Bleistift, Radiergummi, Taschenrechner; alle weiteren
Unterlagen werden am Ständer gelagert;
• Die Studierenden haben einen festen Platz im Labor;
• Die Studierenden sind verpflichtet, alle Verhaltensregeln für die Laborarbeiten
einzuhalten;
• Alle vom Laborpersonal ausgehändigten Utensilien sind ordnungsgemäß zu nutzen
und am Ende der Laborübung im ausgehändigten funktionierenden Zustand
zurückzugeben;
• Nach der Beendigung aller Laborarbeiten ist der Arbeitsplatz zu räumen und säubern;
• Falls Sie keine anderen Hinweise in der Einführung von Assistenten*in erhalten,
werden die Experimente am eigenen Arbeitsplatz durchgeführt;
• Das Laborprotokoll für die einzelnen Übungen wird nach der praktischen
Versuchsdurchführung direkt im Skript aufgeschrieben. Das Protokoll wird von
dem/der Assistenten*in kontrolliert; die Übung ist erfolgreich absolviert, nach dem
der/die Assistent*in festgestellt hat, dass der/die Studierende alle gestellten
Aufgaben erfolgreich gelöst hat;
• Die Studierenden, die an einer Übung nicht teilgenommen haben, können diese am
Ende aller Übungen durch ein Kolloquium, an einem dafür vorgesehen Termin,
ausgleichen;

118

118 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


I-2. Allgemeine Laborfertigkeiten

• Lösungsvorbereitungen
Lösungen sind homogene Gemische aus zwei oder mehreren reinen Stoffen, wobei ein Stoff
in einem großen Überfluss vorkommt und als Lösungsmittel benannt wird. Die anderen
Stoffe, die nicht im Überfluss vorhanden sind, sind gelöste Stoffe. Die Moleküle der gelösten
Stoffe sind voneinander durch die große Anzahl der Moleküle des Lösungsmittels isoliert.
Daher bestimmt das Lösungsmittel die Eigenschaften der gelösten Stoffe in einer Lösung. Die
Fähigkeit der Lösung bestimmter Stoffe in einem Lösungsmittel nennt man Löslichkeit. Die
Basiseigenschaft aller Lösungen ist die homogene Zusammensetzung. Das bedeutet, dass in
der ganzen Lösung an jeder Stelle die gleiche Zusammensetzung vorherrscht. Von allen
Flüssigkeiten ist das Wasser das häufigste und das interessanteste Lösungsmittel. Die
Lösungen mit dem Lösungsmittel Wasser werden wässrige Lösungen genannt. Die Lösungen
mit einer großen Menge des gelösten Stoffes heißen konzentrierte Lösungen, während die
Lösungen mit einer kleinen Menge des gelösten Stoffes verdünnte Lösungen heißen.

• Gebrauchsanweisung für automatische Mikropipetten


Automatische Mikropipetten (Bild) werden routiniert in vielen Laboren (sowohl für die
Diagnostik als auch für die Forschung) verwendet und dienen einem präzisen Pipettieren
kleiner Lösungsmengen von 1 µl bis 1 ml. Da Sie während der Laborübungen am meisten mit
Mikropipetten arbeiten werden, sind die Gebrauchsanweisungen zu berücksichtigen:
- Prüfen Sie zunächst, ob das zu pipettierte Volumen dem Messvolumen der
Mikropipette entspricht;
- Wählen Sie das gewünschte Volumen durch das vorsichtige Drehen des Messrades.
Achten Sie dabei darauf, dass Sie weder Maximum noch Minimum überdrehen;
- Vor dem Pipettieren setzen Sie vorsichtig die passende Pipettenspitze auf den Konus
der Pipette (engl. tip) auf. Dies muss ohne zu viel Druck erfolgen, damit der Konus der
Pipette nicht abgebrochen wird;
- Vor dem Einführen in die Lösung sollte die Luft aus der Pipettenspitze durch den
leichten Druck auf den Knopf der Mikropipette herausgepresst werden,
solange bis der leichte Widerstand gespürt wird (bis zum ersten
Anschlag). Dies bedeutet, dass Sie den Knopf bis zum gewünschten
Volumen gedrückt haben;
- Während Sie den Knopf auf dieser Stelle halten, tauchen Sie die
Pipettenspitze in die Lösung ein. Durch das Loslassen des Knopfes wird
119
die Flüssigkeit eingesaugt. Dabei sollten Sie die Mikropipette gerade
halten. Achten Sie darauf, dass die Flüssigkeit gleichmäßig aufgesaugt
wird. Die Flüssigkeit darf nie in die Mikropipette eindringen, das würde
diese beschädigen;
- Während des Flüssigkeitsausführens, der Volumenabgabe, aus der Mikropipette
halten Sie die Pipettenspitze in die Innenwand des Reaktionsgefäßes und drücken Sie

119
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
langsam den Knopf der Mikropipette ganz bis zum Ende (bis zum zweiten Anschlag).
So wird das ganze Volumen herausgeführt. Bevor Sie den Knopf der Mikropipette
erneut loslassen, nehmen Sie die Pipettenspitze aus der Lösung heraus;
- Nach dem Pipettieren entsorgen Sie die Pipettenspitze in den dafür vorgesehenen
Behälter. Es dürfen auf keinen Fall mit derselben Pipettenspitze unterschiedliche
Lösungen pipettiert werden, da hierbei die Lösungen kontaminiert werden;
- Nach dem Pipettieren stellen Sie die Pipette in den Ständer. Die Pipetten dürfen sich
nicht am Tischrand befinden!
- Die Pipette wird mit der Pipettenspitze nach unten gehalten, insbesondere während
des Pipettiervorgangs. Sie darf nicht in die horizontale Lage gebracht oder mit der
Spitze nach oben gehalten werden, besonders nicht, wenn sich eine Flüssigkeit in der
Pipettenspitze befindet.

120

120 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Übung 1. Bestimmung der osmotischen Erythrozytenresistenz

• Osmose und osmotischer Druck


Viele chemische und biochemische Prozesse sind von der Osmose abhängig,
da viele Stoffaustauschprozesse über Zellmembrane sowie die Aufrechterhaltung der
osmotischen Körperflüssigkeiten aufgrund der Osmose erst möglich sind. Eine Osmose erfolgt
immer, wenn zwei Lösungen unterschiedlicher Konzentrationen durch eine semipermeable
Membrane getrennt sind, wobei die Stoffteilchen des Lösungsmittels von der verdünnten in
die konzentriertere Lösung fließen. Eine Diffusion der gelösten Stoffteilchen aus der Lösung,
in der die Osmose stattfindet, wird durch die semipermeable Membran verhindert. Dabei
entsteht der osmotische Druck.
Osmotischer Druck ist ein kinetischer Druck, den die gelösten Teilchen auf die semipermeable
Membrane ausüben. Er ist notwendig, um das Durchdringen der Lösungsmittel von der
verdünnten in die konzentrierte Lösung zu stoppen. Eine Ähnlichkeit zwischen dem Verhalten
der Wassermoleküle während der Osmose und dem Verhalten der Gasmoleküle während der
Diffusionsprozesse ist zu beobachten. In beiden Fällen strömen Moleküle aus dem Gebiet der
hohen in das Gebiet der niedrigen Konzentrationen. Genau auf dieser Beobachtung der
gleichen Verhaltensweise der Gase und der wässrigen Lösungen wurde von van`t Hoff
folgende Gleichung (van`t Hoff-Gesetz) aufgestellt:
𝜋𝜋 ∙ 𝑉𝑉 = 𝑛𝑛 ∙ 𝑅𝑅 ∙ 𝑇𝑇 Þ 𝜋𝜋 = 𝑐𝑐 ∙ 𝑅𝑅 ∙ 𝑇𝑇

Diese gilt für Nichtelektrolyte, wobei π für osmotischen Druck (Pa), n für Stoffmenge (mol), V
für Volumen (m3), T für absolute Temperatur (K) und R für allgemeine Gaskonstante (R = 8,314
J K−1 mol−1) steht.
Die Lösungen verschiedener Nichtelektrolyten der gleichen Molarität zeigen gleichen
osmotischen Druck, da diese die gleichen Teilchenzahlen aufweisen. Es wurde experimentell
nachgewiesen, dass die Lösungen der Elektrolyte wegen der elektrolytischen Ionisierung
höheren osmotischen Druck aufweisen als die Lösungen der Nichtelektrolyte bei der gleichen
Konzentration.
Die Säuren, die Basen und die meisten Salze dissoziieren. Die dabei entstandenen Ionen
stellen wirkungsvolle aktive osmotische Teilchen dar. Bei schwachen Elektrolyten muss deren
Dissoziationsgrad berücksichtigt werden. Daher hat van`t Hoff für Elektrolytlösungen in die
Gleichung den Korrelationsfaktor i eingeführt.
Für den osmotischen Druck der Elektrolytlösungen gilt:
121
𝜋𝜋 = 𝑖𝑖 ∙ 𝑐𝑐 ∙ 𝑅𝑅 ∙ 𝑇𝑇
Den Zahlenwert für den Korrelationsfaktor berechnen wir wie folgt:
𝑖𝑖 = 1 + (𝜈𝜈 − 1) ∙ 𝛼𝛼

wobei v die Ionenzahl darstellt, die beim Ionisieren einer Verbindung entsteht, während α
den Dissoziationsgrad darstellt.

121
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Beispiel: NaCl → Na+ + Cl- v=2
Na2SO4 → 2 Na+ + SO42- v=3
Mg3(PO4)2 → 3 Mg2+ + 2 PO43- v=5

Dissoziationsgrad stellt das Verhältnis der dissoziierten Moleküle zu der Gesamtzahl der
Moleküle dar und kann den Wert von 0 (für Nichtelektrolyte) bis 1 (für vollständig dissoziierte
Elektrolyte) aufweisen.
Mit dem osmotischen Druck sind folgende Begriffe verbunden: isotonisch, hypotonisch und
hypertonisch,
π 1 = π 2 die Lösungen sind isotonisch (sie zeigen den gleichen osmotischen Druck)
π 1 > π 2 die Lösung 1 ist hypertonisch (sie hat den höheren osmotischen Druck) im
Vergleich zu der Lösung 2
π 1 < π 2 die Lösung 1 ist hypotonisch (sie hat den niedrigeren osmotischen Druck)
im
Vergleich zu der Lösung 2

• Osmose und chemische Hämolyse


Unter Hämolyse wird die Auflösung der Erythrozyten in Gewebe oder innerhalb der
Blutgefäße verstanden. Da die Erythrozytenmembranen semipermeabel sind, sind sie für das
Wasser durchlässig, während sie für die gelösten Teilchen in der Zellflüssigkeit undurchlässig
sind. Aus diesem Grund quellen die Erythrozyten durch die Wasseraufnahme in einer Lösung,
die eine niedrigere Konzentration im Vergleich zu der Konzentration innerhalb der Zelle
aufweist (in einer hypotonischen Lösung). Wenn die Quellkapazität der Erythrozyten
überschritten wird, zerplatzen sie. Das Gegenteil passiert, wenn sich die Erythrozyten in einer
Lösung mit höherer Konzentration (in hypertonischer Lösung) befinden. Sie verlieren das
Wasser, schrumpfen und am Ende verlieren sie ihre Funktionsfähigkeit.

122
Abbildung 1.1. Einfluss der hypertonischen, isotonischen und hypotonischen
Lösungen auf die lebendige Zelle

Genau aus diesen Gründen müssen z.B. die Tröpfchen für die Augen, Infusionen oder Spritzen
den gleichen osmotischen Druck wie die Zellflüssigkeit aufweisen. Sie müssen isotonisch sein.

122 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Eine mit der Zelllösung isotonische Lösung ist eine 0,9 %-ige NaCl-Lösung oder eine 5 %-ige
Glukoselösung.
Die Hämolyse kann in vitro als Folge der unsachgemäßen Vorbehandlung der
Untersuchungsprobe vor der Untersuchung (Präanalytik) eintreten, z.B. fehlerhafte
Venenpunktion, Lipämie, das Einfrieren des Vollblutes, Verspätung der Serumtrennung oder
Trennung des Plasmas von der Zelle sowie verspäteter Probentransport. Eine in vivo
Hämolyse kann bei bestimmten Typen der hämolytischen Anämie entstehen. Eine Hämolyse
kann mithilfe der Mikroskope (mit dem Auge) festgestellt sowie spektroskopisch
nachgewiesen werden.

Aufgabe 1.1: Stellen Sie NaCl-Lösungen mit unterschiedlichen Konzentrationen her

Geräte: Messkolben, Wägeschälchen, Becherglas, Tropfpipette, Messglas, Laborwage,


Trichter
Chemikalien: NaCl, destilliertes Wasser
Berechnung: Berechnen Sie, wie Sie die NaCl-Lösungen verschiedener Konzentrationen
herstellen werden: 9 g/L, 7 g/L, 5 g/L, 4 g/L, 3g/L.

Nach dem Sie die Masse von NaCl für die Herstellung der Lösungen unterschiedlicher
Konzentrationen berechnet haben, sollten Sie auch diese NaCl-Lösungen anfertigen, da Sie
diese für die Bestimmung der osmotischen Erythrozytenresistenz benötigen. Für die
Herstellung der Lösungen benötigen Sie die Waage, auf der Sie mithilfe des Wägeschälchens
die benötigte Menge abwiegen, sowie den Messkolben, in den die abgewogene Stoffmenge
überführt und mit Lösungsmittel, z.B. Wasser, bis zur Markierung aufgefüllt wird. Danach
wird der Messkolben durchgeschüttelt, damit die Lösung homogenisiert wird.

123

Abbildung 1.2. Herstellung einer Lösung mithilfe eines Messkolbens

123
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Aufgabe 1.2: Bestimmen Sie die osmotische Erythrozytenresistenz in den unterschiedlich
konzentrierten NaCl-Lösungen mithilfe des Spektralphotometers

Geräte: Reagenzgläser, automatische Pipette, Zentrifuge, Küvetten, Spektralphotometer


Chemikalien: Die NaCl-Lösungen folgender Konzentrationen: 9 g/L, 7 g/L, 5 g/L, 4 g/L, 3 g/L,
dH2O
Untersuchungsprobe: frisches Blut abgenommen mit Antikoagulans

Tabelle 1.1.
Reagenzglas-Nr. 1 2 3 4 5 6
Massenkonzentration
9 g/L 7 g/L 5 g/L 4 g/L 3 g/L 0 g/L
NaCl (g/L)
Absorption bei
540 nm

Bereiten Sie 6 Reagenzgläser vor. Überführen Sie mithilfe der Pipette in jedes Reagenzglas
5 mL der passenden NaCl-Lösung (aufgrund der Daten aus der Tabelle 1.1.). Danach geben
Sie ebenso mithilfe der Pipette in jedes Reagenzglas je 0,1 mL Blut, schütteln Sie kurz durch
und lassen Sie alles für 30 min bei Zimmertemperatur stehen. Im Anschluss daran werden die
Lösungen für 5 min bei 2000 Umdrehungen/min zentrifugiert. Damit Sie den Hämolysegrad
bestimmen können, müssen Sie 2 mL von jedem Überstand in einzelne Küvetten geben und
die Absorptionen bei 540 nm messen. Die Messergebnisse sollten Sie in die Tabelle eintragen
sowie dazu eine grafische Darstellung anfertigen. Die x-Achse stellt die Massenkonzentration
der NaCl-Lösungen dar, während die y-Achse die Absorptionsmesswerte darstellt. Die dabei
entstandene Kurve sollte einen sigmoidalen Verlauf aufweisen. Im Laufe der engen
Konzentrationsabstände zeigt die Kurve einen steilen Abfall, was auf eine enge Spannbreite
der osmotischen Erythrozytenresistenz deutet. Die minimale Erythrozytenresistenz wird als
die Konzentration der NaCl-Lösung definiert, bei der die Hämolyse beginnt. Die maximale
Erythrozytenresistenz entspricht der NaCl-Konzentration, bei der die vollständige Hämolyse
vollendet ist. Die Bandbreite zwischen der minimalen und maximalen Resistenz nennt sich
die Resistenzbreite.

124

124 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Fragen:
1. Wie sahen die Proben nach der Blutinkubation in verschiedenen NaCl-Lösungen aus (vor
dem Zentrifugieren)? Was ist in den Reagenzgläsern passiert, in denen die Lösung über dem
Sediment durchsichtig und dort, wo diese Lösung rot war?

2. Welche Schlussfolgerung ziehen Sie aus der erstellten Kurve?

3. Wie hoch ist die Minimal- und wie hoch ist die Maximalresistenz der Erythrozyten?

125

125
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Aufgabe 1.3: Makroskopische Bestimmung der osmotischen und chemischen Hämolyse

Geräte: Reagenzgläser, Reagenzglashalter, automatische Pipette


Chemikalien: 0,9%-ige und 5%-ige Lösungen der NaCl, dH2O, konzentrierte HCl
Probe: frisches Blut abgenommen mit Antikoagulans

Bereiten Sie 6 Reagenzgläser vor. In jedes Reagenzglas führen Sie 5 mL von den in der
untenstehenden Tabelle aufgeführten Lösungen zu. Die konzentrierte HCl noch nicht
zufügen. Danach geben Sie in jedes Reagenzglas je 2 Tröpfchen Blut zu und schütteln Sie gut
durch. In die Reagenzgläser 2, 4 und 6 sollte erst jetzt je 0,5 mL der konzentrierten HCl
hinzugefügt werden und der Inhalt sollte durchgeschüttelt werden. Beobachten Sie die
Reagenzgläser und notieren Sie in der Tabelle 1.2., wo eine osmotische und wo eine
chemische Hämolyse stattgefunden hat.

Tabelle 1.2.
Reagenzglas- Osmotische
Lösung Chemische Hämolyse
Nr. Hämolyse
1 5 mL H2O
2 5 mL dH2O + 0,5 mL HCl
3 5 mL 0,9% NaCl
4 5 mL 0,9% NaCl + 0,5 mL HCl
5 5 mL 5% NaCl
6 5 mL 5% NaCl + 0,5 mL HCl

Fragen:
1. Aus welchem Grund sind einige Lösungen braun geworden?

2. Woher kommt diese Farbe der Lösungen?

126
Unterschrift Unterschrift

Die/Der Studierende: Der/Die Übungsleiter*in:

______________________ _________________________

126 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Übung 2. pH und Pufferlösungen

• pH-Lösung
Fast alle biologischen Prozesse sind von einem bestimmten pH-Wert abhängig. Der pH-Wert
stellt den negativen Logarithmus der Wasserstoffionenkonzentration dar. Da die pH-Skala die
logarithmischen Werte darstellt, bedeuten bereits geringe Unterschiede der pH-Werte große
Unterschiede der Wasserstoffionenkonzentration. Eine Lösung ist mit einem pH-Wert < 7
sauer, mit einem pH-Wert = 7 neutral und mit einem pH-Wert > 7 basisch.
Unterschiedliche Säuren sowie unterschiedliche Basen verhalten sich in wässrigen Lösungen
unterschiedlich. Das bedeutet, dass einige Säuren und Basen starke Säuren bzw. Basen sind,
während die anderen schwache Säuren bzw. Basen sind. So ist beispielsweise die Salzsäure
im Magen, HCl-Säure, eine starke Säure. Sie reagiert in einer wässrigen Lösung sehr sauer.
Dagegen ist die Essigsäure mit der gleichen Konzentration eine viel schwächere Säure als die
Salzsäure. Diese Eigenschaft beruht auf der Fähigkeit einer Säure, die Wasserstoffionen an
das Wasser abzugeben bzw. deren Fähigkeit zur Ionisierung (vgl. die Abbildung).

Abbildung 2.1. Dissoziation einer starken und einer schwachen Säure

• Bestimmung der pH-Werte


Die pH-Werte können kolorimetrisch oder elektrochemisch bestimmt werden.
Die kolorimetrische Bestimmung beruht auf der Nutzung der Indikatoren, die in Abhängigkeit
von der Wasserstoffionenkonzentration eine bestimmte Farbe entwickeln. Indikatoren sind
in der Regel organische Farbstoffe, die selbst entweder schwache Säuren oder schwache
Basen sind und unterschiedliche Farben in Abhängigkeit von der Ionisierung aufweisen (eine
Farbe im nichtionisierten Zustand und eine andere Farbe im ionisierten Zustand).
127
Durch die Verwendung der Indikatoren ist es möglich, die ganze pH-Skala abzubilden
(Abbildung 2.2.). Die Bestimmung der pH-Werte mithilfe des Indikatorpapiers ist für farbige
Lösungen, viskose Lösungen, wasserfreie Systeme sowie im Falle der Anwesenheit starker
Oxidations- und Reduktionsstoffe nicht sinnvoll.
Die elektrochemische pH Messung basiert auf der Potentialmessung mithilfe von zwei
Elektroden, bei denen die Spannung von der Wasserstoffionenkonzentration abhängig ist und

127
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
mit der Referenzelektrode verglichen wird. Die Referenzelektrode reagiert nicht auf die
Änderung der Wasserstoffionenkonzentration. Die Potentiale dieser Elektroden sind
maßgeblich durch deren Bau sowie von der zu messenden Elektrolytenart bestimmt. Als
Messelektrode wird am meisten eine Glaselektrode verwendet, während die
Kalomelelektrode als Referenzelektrode fungiert.
Die Glaselektrode zeigt auf der unteren Seite eine Auswölbung in der Form einer Glaskugel
mit einer dünnen Glasmembran, die nur für die Wasserstoffionen (H+) und Hydroxidionen
(OH-) durchlässig ist. Innerhalb des Röhrchens befindet sich ein Silberdraht, der mit einer
AgCl-Schicht überzogen ist und in einen Puffer mit bekanntem pH-Wert eingetaucht wird. So
befindet sich auf der inneren Seite eine bekannte Wasserstoffionenkonzentration, während
diese auf der Außenseite der Membran variiert.
Wegen der Konzentrationsdifferenz der Wasserstoffionen innerhalb und außerhalb der
Elektrode entsteht ein von dem pH-Wert abhängiges Potential. Mit einem pH-Meter können
die pH-Werte von verschiedenen Lösungen (viskose Lösungen, Farblösungen, Lösungen mit
Oxidations- und Reduktionsmitteln sowie die Lösungen der Schwermetalle und auch die
nichthomogenen Lösungen sowie Gewebe) ermittelt werden. Die Messbreite eines
pH-Meters umfasst Werte von 1 bis 12. Die Messung der pH-Werte mit so einem Gerät ist
sowohl sehr präzise als auch schnell (0,05 pH Einheiten).

128 Abbildung 2.2. Indikatoren, Indikatorpapier und pH-Meter

128 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Aufgabe 2.1: Bestimmen Sie die pH-Werte folgender Lösungen mithilfe des
Indikatorpapiers und mithilfe des pH-Meters

Geräte: Reagenzgläser, Tropfpipette, Pinzette, automatische Pipette,


Universalindikatorpapier, pH-Meter, Spritzflasche mit dH20, Becherglas
Chemikalien: Lösung HCl (c=0,1 mol/L), Lösung NaOH (c=0,1 mol/L), Lösung CH3COOH (c=0,1
mol/L)

Bereiten Sie 5 Reagenzgläser vor. Überführen Sie die Lösungen aufgrund der Daten aus der
untenstehenden Tabelle in die passenden Reagenzgläser, schütteln Sie diese durch. Tauchen
Sie das Indikatorpapier mithilfe der Pinzette in die Lösung ein, warten Sie ein paar Sekunden
und vergleichen Sie das Indikatorpapier mit der Skala, die dazu beigefügt wurde. Tragen Sie
alle Ergebnisse in die Tabelle ein.
Messen Sie im Anschluss daran die pH-Werte gleicher Lösungen mithilfe des pH-Meters. Vor
dem Beginn der Messung muss das pH-Meter kalibriert werden. Dieses erfolgt mithilfe der
Standardlösungen. Die Glaselektrode sollte vorsichtig in das Reagenzglas eingetaucht
werden. Warten Sie, bis das pH-Meter das Endergebnis angezeigt hat, und lesen Sie das
Ergebnis ab. Die Elektrodenspitze ist leicht zerbrechlich, daher sollten Sie darauf achten, dass
Sie mit der Spitze weder gegen die Wände noch gegen den Boden des Reagenzglases stoßen!
Alle Ergebnisse halten Sie in der Tabelle 2.1. fest. Nach jeder Messung muss die Elektrode mit
destilliertem Wasser ausgespült werden.

Tabelle 2.1.

Reagenzglas-Nr. 1 2 3 4 5
Destilliertes Wasser 5 mL 5 mL 5 mL
Leitungswasser - 5 mL - - -
HCl-Lösung - - 0,1 mL - -
CH3COOH-Lösung - - - 0,1 mL -
NaOH-Lösung - - - - 0,1 mL
pH ermittelt mithilfe des
Indikatorpapiers
pH ermittelt mithilfe des
pH-Meters

129

129
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Fragen:
1. Wie kommentieren Sie die Ergebnisse?

2. Welchen theoretischen pH-Wert hat das destillierte Wasser und welchen Wert haben Sie
ermittelt? Wie erklären Sie diesen Unterschied?

3. Welcher pH-Wert wurde bei der HCl-Lösung und welcher pH-Wert bei der CH3COOH-
Lösung ermittelt? Was sagen Ihnen diese Ergebnisse?

4. Aus welchem Grund muss das pH-Meter kalibriert werden?

Aufgabe 2.2: Ermitteln Sie die pH-Werte verschiedener biologischer Lösungen und
verwenden Sie dazu das pH-Meter

Geräte: pH-Meter, Spritzflasche mit dH20, Becherglas


Untersuchungsproben: Zitronensaft, Weißwein, Rotwein, Milch, Orangensaft, Waschmittel,
Bier, Coca-Cola, Kaffee

Bestimmen Sie mithilfe des pH-Meters die pH-Werte der biologischen Lösungen, die in der
Tabelle aufgeführt sind. Die Glaselektrode sollte vorsichtig in jede biologische Lösung
130 eingetaucht werden. Warten Sie, bis pH-Meter das Endergebnis angezeigt hat, und lesen Sie
das Ergebnis ab. Notieren Sie die Ergebnisse in der Tabelle 2.2. und berechnen Sie die
Wasserstoffionenkonzentration.Tabelle 2.2.

130 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


vorhergesehene ermittelte [H+]
Biologische Lösung
pH-Werte pH-Werte
Zitronensaft
Orangensaft
Weißwein
Rotwein
Coca-Cola
Milch
Waschmittel
Bier
Kaffee

• Puffersubstanzen
Puffersubstanzen sind Gemische schwacher Säuren und deren Salze sowie Gemische
schwacher Basen und deren Salze. Nach der Brönsted-Theorie sind Puffersubstanzen
Gemische aus einer schwachen Säure (Essigsäure, CH3COOH) und der konjugierten Base
dieser Säure (Acetation, CH3COO-), bzw. Gemische schwacher Basen (Ammoniumhydroxyd,
NH4OH) und der konjugierten Säure dieser Base (Ammoniumion, NH4+). Bei der Verdünnung
einer Pufferlösung mit Wasser ändert sich der pH-Wert kaum. Die Konzentration der
Wasserstoffionen wird durch die konjugierten Säure-Base-Paare ausgeglichen, während
andere Ionen (Natrium- oder Chloridionen) keine Auswirkung der pH-Werte haben.
Schwache Säure ionisiert in einer Wasserlösung schlecht (Protonendonator), sodass sie im
Gleichgewicht überwiegend im nichtionisierten Zustand vorkommt, während gleichzeitig das
Salz in der Regel vollständig dissoziiert ist. Aus diesem Grund der vollständigen Dissoziation
fungieren die Anionen als Puffersalze, welche dann die Rolle des Base-Teils in der
Pufferlösung übernehmen (Protonenakzeptoren).
In einer Wasserlösung ist Ka · Kb für jedes konjugierte Säure-Base-Paar gleich dem
Ionenprodukt des Wassers Kw.
Zu den wichtigen Puffersubstanzen zählen: Carbonat-, Phosphat-, Protein- und
Hämoglobinpuffer.

131

131
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Aufgabe 2.3: Herstellung eines Acetatpuffers

Geräte: Reagenzgläser, automatische Pipette, pH-Meter, Spritzflasche mit dH2O, Becherglas


Chemikalien: HCl-Lösung (c=0,1 mol/L), NaOH-Lösung (c=0,1 mol/L), CH3COOH-Lösung
(c=0,1 mol/L), CH3COONa-Lösung (c=0,1 mol/L)

Geben Sie in ein Reagenzglas 4,5 ml der Essigsäure (c=0,1 mol/L) und 4,5 mL Natriumacetat-
Lösung (c=0,1 mol/L). Der Inhalt sollte durchgeschüttelt und in drei Reagenzgläser mit je 3 mL
überführt werden. In die Reagenzgläser 4 und 5 sollten Sie je 3 mL destilliertes Wasser geben.
Wie in der untenstehenden Tabelle 2.3. angegeben ist, sollten Sie die NaOH- und HCl-
Lösungen in die passenden Reagenzgläser mit Natriumacetat-Lösungen bzw. Wasser
zugeben. Bestimmen Sie die pH-Werte und tragen Sie diese in die Tabelle ein. Berechnen sie
die Änderungen der pH-Werte und notieren Sie dieses auch in der Tabelle 2.3.

Tabelle 2.3.
Reagenzglas-Nr. 1 2 3 4 5
NaOH-Lösung - 0,5 mL - 0,01 mL -
HCl-Lösung - - 0,5 mL - 0,01 mL
pH-Werte
Δ pH

Fragen:
1. Wie kommentieren Sie die Ergebnisse? Wo ist die Änderung der Werte groß und wo
nicht? Warum?

2. Was bedeutet Pufferkapazität und wie wird diese berechnet?

132

132 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Aufgabe 2.4: Herstellung der Phosphatpufferlösung

Geräte: Reagenzgläser, automatische Pipette, Erlenmeyerkolben


Chemikalien: Na2HPO4-Lösung (c=1/15 mol/L), KH2PO4-Lösung (c=1/15 mol/L), 0,5 %-ige
Bromthymolblau-Lösung in Ethanol, 0.01 M HCl, 0.01 M NaOH

Wie in der Tabelle angegeben ist, sollten Sie 13 Reagenzgläser vorbereiten und
Na2HPO4-Lösung sowie KH2PO4-Lösung mithilfe der Pipette in die Reagenzgläser überführen.
Geben Sie, im Anschluss daran, je 2 Tröpfchen der Bromthymolblau-Lösung in die
Reagenzgläser und schütteln Sie gut durch.

Tabelle 2.4. Zusammensetzung der Puffergemische der Phosphatpufferlösungen und deren


pH-Werte (nach Sörensen)
Reagenzglas-Nr. V (Na2HPO4) / mL) V (KH2PO4) /mL pH
1 10.00 0.00 9.18
2 9.50 0.50 8.04
3 9.00 1.00 7.73
4 8.00 2.00 7.38
5 7.00 3.00 7.17
6 6.00 4.00 6.98
7 5.00 5.00 6.81
8 4.00 6.00 6.64
9 3.00 7.00 6.47
10 2.00 8.00 6.24
11 1.00 9.00 5.91
12 0.50 9.50 5.59
13 0.00 10.00 4.49

Nach dem Sie die Skala vorbereitet haben, bereiten Sie erneut 2 Reagenzgläser der
Pufferlösung vor, die einen pH-Wert von 6,81 aufweist und in der Sie die
Phosphatpufferkapazität prüfen werden. Die Reagenzglasinhalte werden in je einen
Erlenmeyerkolben überführt. In den ersten Messkolben wird ____ mL 0.1 M HCl sowie zwei
Tröpfchen der Bromthymolblau-Lösung zugegeben (wegen der Volumenänderung).
Schütteln Sie alles gut durch und führen Sie den Inhalt in das Reagenzglas zurück. Vergleichen
Sie es mit der Sörensen-Skala und notieren Sie den neuen pH-Wert. 133
In den zweiten Erlenmeyerkolben sollten Sie _____ mL 0.1 M NaOH-Lösung sowie zwei
Tröpfchen der Bromthymolblau-Lösung (wegen der Volumenänderung) zugeben. Schütteln
Sie den Inhalt gut durch und überführen Sie nun auch diesen Inhalt in das Reagenzglas zurück.
Vergleichen Sie es mit der Sörensen-Skala und notieren Sie den neuen pH-Wert.

133
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Fragen:

1. Wie hoch ist ΔpH Phosphatpuffer nach der Zugabe von HCl? Berechnen Sie die
Pufferkapazität!

2. Wie hoch ist ΔpH Phosphatpuffer nach der Zugabe von NaOH? Berechnen Sie die
Pufferkapazität!

Unterschrift Unterschrift
134
Die/Der Studierende: Der/Die Übungsleiter*in:

______________________ _________________________

134 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Übung 3. Kinetik chemischer Reaktionen

• Kinetik chemischer Reaktionen


Ein Zweig der physikalischen Chemie, der sich mit der Geschwindigkeit der chemischen
Reaktionen und mit den Einflussfaktoren auf diese Geschwindigkeit beschäftigt, wird
chemische Kinetik genannt. Die Reaktionsgeschwindigkeiten einzelner Reaktionen sind sehr
unterschiedlich und hängen von der Anzahl der Zusammenstöße der zu reagierenden
Teilchen in einer bestimmten Zeit ab. Allerdings reagieren nicht alle Teilchen miteinander, die
zusammenstoßen. Damit die Teilchen beim Zusammenstoß miteinander reagieren können,
müssen diese eine bestimmte Energiemenge besitzen. Diese Energie wird als
Aktivierungsenergie bezeichnet. Jede Änderung der Bedingungen, die zum Anstieg der
Zusammenstöße der Teilchen in einer Sekunde sowie zum Erfolg der Zusammenstöße führen,
steigert auch die Reaktionsgeschwindigkeit. Die Hauptfaktoren, die sich auf die
Geschwindigkeit der chemischen Reaktionen auswirken, sind: die chemischen Eigenschaften
der Edukte, die Konzentration der Edukte, die Reaktionsbedingungen (Temperatur, Druck,
Strahlungen, Lösungsart, pH, die Eduktoberfläche sowie die Anwesenheit der weiteren Stoffe
in der Reaktion – Katalysatoren oder Inhibitoren).
Die Konzentration der Edukte stellt eine wichtige Einflussgröße dar, da die
Reaktionsgeschwindigkeit von der Anzahl der Zusammenstöße der Teilchen und daher auch
von der Anzahl der vorhandenen Teilchen in einer Lösung abhängt. Die Abhängigkeit der
Reaktionsgeschwindigkeit von der Konzentration der Edukte wird im Guldberg-Waage-
Massenwirkungsgesetz dargestellt: die Reaktionsgeschwindigkeit verhält sich proportional zu
der aktiven Masse der reagierenden Teilchen. Die aktiven Massen sind die Konzentrationen
der Edukte, die für die Reaktionsgeschwindigkeit verantwortlich sind.
Die Temperatur hat einen großen Einfluss auf die Reaktionsgeschwindigkeit – mit dem
Einstieg der Temperatur steigt auch die Reaktionsgeschwindigkeit, da mit dem
Temperatureinstieg die Molekülgeschwindigkeit und damit auch der Zusammenstoßerfolg
der Moleküle steigt.
Die Oberfläche der Edukte beeinflusst ebenso die Reaktionsgeschwindigkeit. Je größer die
Oberfläche der Edukte desto höher die Reaktionsgeschwindigkeit. Durch das Lösen der Stoffe
in einem passenden Lösungsmittel vergrößert sich maximal deren Oberfläche. Daher sind die
Reaktionen in den Lösungen schneller im Vergleich zu den Reaktionen, bei denen Edukte im
festen Aggregatzustand vorkommen.
Die Strahlungsenergie kann eine chemische Reaktion auslösen, vor allem wenn die
absorbierte Strahlungsenergie größer als die Aktivierungsenergie ist. Solche Reaktionen 135
nennt man fotochemische Reaktionen.
Die Katalysatoren sind Stoffe, die eine chemische Reaktion beschleunigen. Während der
Reaktion werden sie nicht verbraucht, sie gehen aus der Reaktion unverändert aus. Sie haben
bereits in kleinen Mengen große Wirkung. Sie können nur die Reaktion beschleunigen, die
auch ohne sie stattfinden würde, allerdings viel langsamer. Die Katalysatoren beeinflussen

135
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
das chemische Gleichgewicht nicht. Die biologischen Katalysatoren wirken in lebenden
Organismen und werden Enzyme genannt.

Aufgabe 3.1: Die Abhängigkeit der Geschwindigkeit chemischer Reaktionen von der
Konzentration der Edukte

Geräte: Bechergläser, Messgläser, Stoppuhr, Pipette


Chemikalien: KMnO4 -Lösung (c=0,02 mol/L), H2C2O4-Lösung (c=0,05 mol/L), H2SO4 -Lösung
(γ=0,2 g/mL), MnSO4-Lösung (c=0,01 mol/L), dH2O

Mithilfe der Daten aus der untenstehenden Tabelle 3.1. sollten Sie die Lösungen vorbereiten,
von denen Sie die Reaktionsgeschwindigkeit in Abhängigkeit von der Konzentration der
Edukte messen werden. Messen Sie zunächst in drei Bechergläser von 100 mL je 10 mL von
der Oxalsäure-Lösung ab, geben Sie 10 mL der Sulfatsäure dazu. Zum Abmessen sollten Sie
die Messgläser verwenden. Danach sollten Sie in das erste Becherglas 2 mL vom dH2O
zugeben, während Sie in das zweite Becherglas 1 mL vom dH2O hinzufügen. Am Ende wird in
jedes Becherglas die KMnO4-Lösung hinzugefügt (in das erste 1 mL, in das zweite 2 mL, in das
dritte 3 mL), die Becherinhalte werden durchgeschüttelt und die Zeit bis zum Farbverlust wird
sofort gemessen. Die gemessene Zeit zeigt, wie lange die Reduktion der ganzen Menge von
KMnO4 zu Mangan (II)-Ionen dauert. Die ermittelten Ergebnisse tragen Sie in die Tabelle 3.1
ein.

Tabelle 3.1.
Becherglas-Nr. 1 2 3
H2C2O4 10 mL 10 mL 10 mL
H2SO4 10 mL 10 mL 10 mL
dH2O 2 mL 1 mL -
KMnO4 1 mL 2 mL 3 mL

Zeit (s)

Die Ergebnisse sollen Sie graphisch darstellen. Die x-Achse steht für das Volumen der KMnO4-
Lösung in mL, während die y-Achse die Zeit in Sekunden repräsentiert.

136

136 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Aufgabe 3.2: Die Abhängigkeit der Geschwindigkeit chemischer Reaktionen von dem pH-
Wert der Lösung

Geräte: Bechergläser, Messgläser, Stoppuhr, Pipette


Chemikalien: KMnO4 -Lösung (c=0,02 mol/L), H2C2O4-Lösung (c=0,05 mol/L), H2SO4 -Lösung
(γ=0,2 g/mL), MnSO4 -Lösung (c=0,01 mol/L), dH2O

Mithilfe der Daten aus der untenstehenden Tabelle 3.2. sollten Sie die Lösungen vorbereiten,
von denen Sie die Reaktionsgeschwindigkeit in Abhängigkeit von dem pH-Wert messen
werden. Die Vorgehensweise ist ähnlich wie in der letzten Aufgabe. Messen Sie zunächst in
drei Bechergläser von 100 mL je 10 mL von der Oxalsäure-Lösung ab. Danach geben Sie in das
erste Becherglas 9 mL vom dH2O und 1 mL von der H2SO4-Lösung, in das zweite 5mL vom
dH2O und 5 mL von der H2SO4 - Lösung und in das dritte nur 10 mL von H2SO4-Lösung zu.
Am Ende wird in jedes Becherglas je 3 mL von der KMnO4 - Lösung hinzugefügt, alles wird
schnell durchgeschüttelt und erneut wird die Zeit bis zum Farbverlust gemessen. Die
Ergebnisse werden in der Tabelle 3.2. festgehalten.
Tabelle 3.2.
Becherglas-Nr. 1 2 3
H2C2O4 10 mL 10 mL 10 mL 137
H2SO4 1 mL 5 mL 10 mL
dH2O 9 mL 5 mL -
KMnO4 3 mL 3 mL 3 mL

Zeit (s)

137
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Die Ergebnisse werden graphisch dargestellt, in dem Sie auf die x-Achse das Volumen H2SO4
-Lösung in mL und auf die y-Achse die gemessene Zeit in Sekunden eintragen.

Aufgabe 3.3: Die Abhängigkeit der Geschwindigkeit chemischer Reaktionen von der
Temperatur

Geräte: Bechergläser, Messgläser, Stoppuhr, Pipette


Chemikalien: KMnO4 -Lösung (c=0,02 mol/L), H2C2O4 - Lösung (c=0,05 mol/L), H2SO4 - Lösung
(γ=0,2 g/mL), MnSO4 - Lösung (c=0,01 mol/L), dH2O

Mithilfe der Tabelle 3.3 sollten Sie die Lösungen vorbereiten, bei den Sie die Geschwindigkeit
der chemischen Reaktionen in Abhängigkeit von der Temperatur messen werden.
In drei Bechergläser von 100 mL sollten Sie je 10 mL von der Oxalsäure und je 10 mL von der
Sulfatsäure zugeben und die Temperatur der Lösungen notieren. Danach sollten 3 mL von der
KMnO4 -Lösung in das erste Becherglas hinzugefügt und alles schnell durchschüttelt sowie die
Zeit bis zum Farbverlust gemessen werden. Das Ergebnis sollten Sie in der Tabelle 3.3.
festhalten. Wiederholen Sie die Vorgehensweise mit dem zweiten Becherglas. Allerdings wird
nach dem Durchmischen der Oxal- mit der Sulfatsäure die entstandene Lösung um 10 °C im
Vergleich zur gemessenen Temperatur des ersten Becherglases erwärmt. Nach dem
Erreichen der gewünschten Temperatur sollten Sie 3 mL von der KMnO4 -Lösung hinzufügen,
138 alles schnell durchschütteln sowie die Zeit bis zum Farbverlust der Lösung messen. Das
ermittelte Ergebnis notieren Sie in die Tabelle 3.2. Die Vorgehensweise sollte auch mit dem
dritten Becherglas wiederholt werden, wobei die Lösung um 20 °C im Vergleich zur
Temperatur im ersten Becherglas erwärmt wird. Nach dem Erreichen der gewünschten
Temperatur sollten Sie 3 mL von der KMnO4-Lösung hinzufügen, alles schnell durchschütteln

138 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


sowie die Zeit bis zum Farbverlust der Lösung messen. Notieren Sie das ermittelte Ergebnis
in die Tabelle 3.3.
Tabelle 3.3.
Becherglas-Nr. 1 2 3
H2C2O4 10 mL 10 mL 10 mL
H2SO4 10 mL 10 mL 10 mL
Temperatur (°C) Zimmertemperatur +10°C +20°C
KMnO4 3 mL 3 mL 3 mL

Zeit (s)

Die Ergebnisse werden graphisch dargestellt, in dem Sie auf die x-Achse die Temperatur in °C
und auf die y-Achse die gemessene Zeit in Sekunden eintragen.

Aufgabe 3.4: Katalytische Wirkung von Mn2+

Geräte: Bechergläser, Messgläser, Stoppuhr, Pipette


Chemikalien: KMnO4 - Lösung (c=0,02 mol/L), H2C2O4 - Lösung (c=0,05 mol/L), H2SO4 - Lösung
(γ=0,2 g/mL), MnSO4 - Lösung (c=0,01 mol/L), dH2O 139

Wie in der Tabelle 3.4 aufgeführt ist, sollten Sie die Lösungen durch Zugabe in jedes
Becherglas von je 10 mL der Oxalsäure und je 10 mL der Sulfatsäure vorbereiten. Unmittelbar
vor der Zugabe von der KMnO4-Lösung sollten 2-4 Tröpfchen der MnSO4 -Lösung in das erste
Becherglas und 2-4 Tröpfchen vom dH2O in das zweite Becherglas zugegeben werden. Die

139
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Lösungen sollten durchgeschüttelt werden und die Zeit bis zum Farbverlust gemessen
werden. Notieren Sie Ihre Ergebnisse in die Tabelle 3.4.

Tabelle 3.4.
Becherglas-Nr. 1 2
H2C2O4 10 mL 10 mL
H2SO4 10 mL 10 mL
MnSO4 2-4 Tröpfchen -
dH2O - 2-4 Tröpfchen
KMnO4 3 mL 3 mL
Zeit (s)

Kommentieren Sie Ihre Ergebnisse.

• Biologische Katalysatoren
Enzyme sind spezifische Biokatalysatoren der chemischen Reaktionen, die täglich in
metabolischen Prozessen stattfinden: Zersetzung der Nahrung, Muskeltätigkeit, Atmung,
Biotransformationen usw. Die Methoden zur Bestimmung der Enzymaktivität beruhen auf
der spezifischen Wirkung der Enzyme auf die Substrate und auf der Menge der entstandenen
Reaktionsprodukte, die viel größer ist, als die Menge der Enzyme selbst. Um die
Verlässlichkeit der Messergebnisse gewährleisten zu können, müssen optimale analytische
Bedingungen vorherrschen: pH-Wert, Temperatur, Substratkonzentration, Konzentration der
aktivierenden Stoffe und der Inhibitoren.
Katalase (Peroxidase) ist ein wichtiges Enzym, das in fast allen aeroben Organismen
vorhanden ist. Das Enzym katalysiert die Reaktionsspaltung vom Wasserstoffperoxyd zum
Sauerstoff und Wasser. Wasserstoffperoxyd entsteht als Produkt der metabolischen
Reaktionen und muss aufgrund seiner Schadwirkung aus der Zelle entfernt werden. Aufgrund
der Reaktionsgeschwindigkeit der Reaktionsspaltung von Wasserstoffperoxyd zählt die
140 Katalase zu den effektivsten Enzymen. Das Enzym zählt auch zu den antioxidativen Enzymen.
Katalase ist ein tetrameres Protein und jede Untereinheit besitzt prothetische Gruppe, die als
aktive Stelle fungiert (porphyrischer Ring mit dem Eisen-Ion). Katalase kommt insbesondere
in der Leber, in Peroxisomen und in den Erythrozyten vor.

140 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Aufgabe 3.5: Untersuchung der Enzymaktivität am Beispiel der Katalase

Geräte: Reagenzgläser, Reagenzgläserhalter, automatische Pipette, Pinzette


Chemikalien: 3% - ige H2O2 - Lösung
Proben: Kartoffel, Hähnchenleber, Backhefe

Bereiten Sie 5 Reagenzgläser vor und geben Sie in jedes Reagenzglas je 2 mL


Wasserstoffperoxyd-Lösung. Das erste Reagenzglas sollte als Kontrollreagenzglas dienen. In
weitere Reagenzgläser sollten Sie die Untersuchungsproben hinzugeben, wie die Tabelle
darstellt. Beobachten Sie die Reaktionen!

Tabelle 3.5.
Reagenzglas-Nr. 1 2 3 4 5 6
V H2O2 (mL) 2 2 2 2 2 2
Kartoffel - + - - - -
Hähnchenleber - - + - - -
Frische Backhefe - - - + - -
Gekochte Kartoffel - - - - + -
Gekochte
- - - - - +
Hähnchenleber

Frage:
1. Wie deuten Sie das Ergebnis bzw. in welchen Reagenzgläsern konnten Sie die
Katalaseaktivität beweisen?

141
Unterschrift Unterschrift
Die/Der Studierende: Der/Die Übungsleiter*in:

_________________________ ___________________________

141
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Übung 4. Stofftrennung - 1

• Dialyse
Die Methode der Stofftrennung mittels einer semipermeablen Membrane wird als Dialyse
bezeichnet. Sie wird zur Trennung der hochmolekularen Stoffe (z.B. Proteine, Nukleinsäuren,
Polysaccharide) von den kleineren Molekülen sowie von den Teilchen, die durch Diffusion die
semipermeable Membrane passieren können (z.B. Na+, Cl-, Ca2+, Cl-, Urea, Kreatinin),
verwendet.
Die von den nicht kolloidalen Teilchen zu trennende Lösung wird in einen Dialysator
eingegeben. Das ist ein Gefäß mit einer semipermeablen Membrane, das in ein Bad mit
permanent fließendem destilliertem Wasser eingetaucht ist. Die Ionen sowie die kleinen
Moleküle diffundieren durch die semipermeable Membrane ins Wasser, bis sie von den im
Dialysegerät bleibenden Teilchen vollständig getrennt sind. Auf die Dialysegeschwindigkeit
wirken sich Ladungen, chemische Eigenschaften der funktionellen Gruppen, die Temperatur
und der pH-Wert aus.

Abbildung 4.1. Dialyse

Eine Dialyse beruht auf drei Grundprinzipien: Diffusion, Osmose und Ultrafiltration. Die
Diffusion ist das Passieren der gelösten Teilchen aus dem Gebiet der höheren Konzentration
in das Gebiet der niedrigeren Konzentration, bis zum Konzentrationsausgleich. Die Osmose
ist das Passieren des Lösungsmittels durch eine semipermeable Membrane aus einem Gebiet
mit der niedrigeren Konzentration ins Gebiet der höheren Konzentration, ebenso bis zum
Konzentrationsausgleich. Die Ultrafiltration ist der Prozess, bei dem sich der erhöhte Druck
auf der einen Seite der Membrane auf das Wasser und auf die gelösten Teilchen auswirkt,
sodass sowohl das Wasser als auch die gelösten Stoffe auf die andere Seite der Membrane
übergehen, bis der Druck auf beiden Seiten der Membrane ausgeglichen wird.
In der Medizin wird die Dialyse primär bei der Behandlung der Niereninsuffizienz verwendet,
142 wenn im Blut die Konzentration der Stickstoffcarbonaten (z.B. Urea) erhöht wird. Bei dem
Funktionsverlust der Nieren kommt es zu Störung im Säure-Basen-Gleichgewicht sowie zur
Störungen im Elektrolyten-Gleichgewicht (Anstieg von K+, Mg2+). Diese Dialyseart wird
Hämodialyse genannt, da in diesem Prozess das Blut dialysiert wird. In der Behandlung der
Niereninsuffizienz wird die Peritonealdialyse, Intensional-Perfusion und Kunstniere
verwendet. Alle genannten Dialysearten funktionieren aufgrund der Prinzipien der Diffusion

142 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


durch eine semipermeable Membrane. Da während der Dialyse das Blut im flüssigen Zustand
bleiben muss, wird in das Blut außerhalb des Körpers Heparin zur Verhinderung der
Koagulation hinzugefügt. Im Jahr 1943 wurde die erste erfolgreiche Hämodialyse am
Menschen durchgeführt, während die verbreitete Anwendung erst ca. 20 Jahre später
erfolgte.

Aufgabe 4.1: Führen Sie Dialyse der Eiweißlösung des Eis in einer 5%-igen NaCl-Lösung

Geräte: Reagenzgläser, Reagenzgläserhalter, Messglas, Dialysatoren, semipermeable


Membranen, Gummibänder, Glasstäbchen, Bechergläser
Chemikalien: 5%-ige NaCl-Lösung, 10%-ige NaOH-Lösung, 1%-ige AgNO3 -Lösung, 10%-ige
HNO3 -Lösung
Probe: Eiweiß

Bereiten Sie die Eiweißlösung in 5%-iger NaCl-Lösung (20 Tröpfchen vom Eiweiß in 10 mL der
NaCl-Lösung) vor und geben Sie diese in den Dialysator ein. Legen Sie vorher befeuchte
semipermeable Membrane auf den Dialysator, befestigen Sie diese mithilfe des
Gummibandes und legen Sie alles in das Becherglas mit destilliertem Wasser hinein. Lassen
Sie alles für 1 Stunde ruhen. Analysieren Sie nach dieser einen Stunde sowohl die Lösung im
Dialysator als auch die Dialysat-Lösung.

Die Analyse der Lösung im Dialysator:


Chlorid-Nachweis – geben Sie in ein Reagenzglas 1 mL der Dialyse-Lösung und fügen Sie
danach 2 Tröpfchen der 10 %-ige HNO3-Lösung sowie 2 Tröpfchen der 1 %-ige AgNO3-Lösung
dazu ein. Falls in der Dialyselösung Chlorid vorhanden ist, bildet sich ein weißer, käsiger
Niederschlag des Silberchlorids.
Protein-Nachweis – in ein Reagenzglas sollten Sie 1 mL der Dialyse-Lösung sowie 0,5 mL von
10 %-iger NaOH -Lösung und 2 Tröpfchen der 1 %-iden CuSO4 -Lösung einfügen. Wenn in der
Dialyse-Lösung Proteine vorhanden sind, färbt sich die Lösung zu einer Lilafarbe (positive
Reaktion). Wenn die Dialyse-Lösung proteinfrei ist, kommt es zu einer blauen Färbung der
Lösung (negative Reaktion). Diese Reaktion wird Biuretreaktion genannt und wird zum
Proteinnachweis angewandt. In schwach basischem Medium bindet sich Cu2+-Ion mithilfe der
koordinativen Bindung an die Stickstoffatome aus den Peptidbindungen der Proteine, wobei
eine lilafarbige Chelat-Verbindung entsteht. Die Lilafärbung ist der Nachweis für die
Peptidbindungen. Falls die Lösung proteinfrei ist, bleibt die Lösung blau (diese Farbe wird
durch CuSO4 gegeben, auch Galitzenstein genannt). Diese Reaktion zeigen nur Proteine und 143

Polypeptide, während Ammoniak, Aminosäuren sowie Dipeptide diese Reaktion nicht


aufweisen.

143
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Dialysat Analyse:
Weisen Sie Chlorid und Protein im Dialysat unter Einhaltung der gleichen Vorgehensweise
nach!
Fragen:
1. Welche Reaktionen waren positiv (im Dialysat, in der Lösung im Dialysator)? Wie erklären
Sie dieses?

2. Wenn Biuretreaktion negativ ausfällt, ist die Lösung blau. Woher kommt diese Farbe?

3. Was bedeutet Hämodialyse? Welche toxischen Stoffe müssen aus dem Blut entfernt
werden?

• Absorption
Absorption stellt die Grundeigenschaft der kolloidalen Lösungen dar. Bei der Absorption
werden Stoffe auf der Oberfläche der anderen Stoffe gesammelt, wobei die
Oberflächenenergie herabgesetzt wird und diese von der Temperatur sowie von der
Oberfläche des absorbierenden Stoffes abhängig ist. Da die kolloidalen Lösungen wichtige
Bestandteile der Zellen sind, spielt die Absorption in biologischen Prozessen eine wichtige
Rolle. Die absorbierenden Stoffe können entweder universell oder selektiv wirken. Aktive
Kohle ist ein universeller absorbierender Stoff, der bei verschiedenen Vergiftungen
angewandt wird, um die Absorption der giftigen Stoffe im Verdauungstrakt zu reduzieren.

Aufgabe 4.2: Untersuchen Sie die absorbierenden Eigenschaften der Stärke

Geräte: Reagenzgläser, Reagenzgläserhalter, Messglas, Glasstäbchen, Becherglas


144 Chemikalien: Stärke, verdünnte Iod-Lösung
Geben Sie in das Reagenzglas 2-3 Löffel Stärke und 2 mL von der verdünnten Iod-Lösung (1
Tröpfchen der konzentrierten Lösung in 2 oder mehr mL vom destillierten Wasser, bis sich
eine hellgelbe Färbung entwickelt). Das Reagenzglas sollte gut durchgeschüttelt werden.
Lassen Sie danach das Reagenzglas stehen, bis die Stärke sedimentiert ist. Notieren Sie die
Farbänderung der Lösung.

144 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Fragen:
1. Welche Farbänderung konnten Sie feststellen? Wie erklären Sie diese?

2. Welcher absorbierende Stoff wird in der Medizin angewandt und welche Wirkung besitzt
dieser Stoff?

• Osmose
Osmose ist das Durchdringen eines Lösungsmittels durch eine semipermeable Membrane aus
dem Gebiet mit der kleineren Konzentration in das Gebiet mit der höheren Konzentration.
Das Lösungsmittel, wie z.B. Wasser, bewegt sich durch diese Membrane aus dem Gebiet der
höheren freien Energie zum Gebiet der kleineren freien Energie wegen der
Konzentrationsdifferenz der gelösten Teilchen (Ionen, kleine Moleküle). Wassermoleküle
neigen der Diffusion aus der Lösung mit der niedrigeren Konzentration der gelösten Teilchen
(hypotonische Lösung) in die Lösung mit der höheren Konzentration der gelösten Teilchen
(hypertonische Lösung). Als Membranen können Cellophan, Pergamentpapier, tierische Blase
sowie die Membranen, die für die gelösten Teilchen undurchlässig sind, verwendet werden.

Aufgabe 4.3: Weisen Sie die Osmose mithilfe der Tamanov-Untersuchung nach

Geräte: Reagenzgläser, Reagenzgläserhalter, Tropfpipette


Chemikalien: konzentrierte Lösung von K4[Fe(CN)6], Lösung von CuSO4 (c=100 g/L)

In ein Reagenzglas sollten Sie 10 mL Kupfersulfat-Lösung zugeben, danach sollten Sie


vorsichtig ein Tröpfchen von Kaliumferrocyanid-Lösung hinzufügen, sodass es auf der oberen
Oberfläche der Kupfersulfat-Lösung schwimmt. Um das Tröpfchen von Kaliumferrocyanid-
Lösung, auf der berührenden Stelle mit der Kupfersulfat-Lösung, bildet sich eine dünne
Schicht von Kupferferrocyanid, die sich wie eine semipermeable Membrane verhält, diese ist
für das Wasser durchlässig, während sie für die gelösten Teilchen undurchlässig ist. 145
Fragen:
1. Aus welchem Grund sinkt das Tröpfchen zu Boden in Form von einem braunen Korn?

145
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
2. Notieren Sie die dazu gehörige chemische Reaktion.

• Filtration
Filtration ist eine Trennmethode, bei der die festen Teilchen mithilfe eines Filters von der
Flüssigkeit getrennt werden. Auf dem Filter bleibt der feste Rückstand, während durch den
Filter die Flüssigkeit passiert (Filtrat). In Abhängigkeit von den zu trennenden Stoffen werden
unterschiedliche Lösungsmittel verwendet. Aufgrund der Poren werden Filterarten
unterschieden: einfache Filter mit Poren größer als 100 μm und Ultrafilter mit Porengrößen
von 1 bis 100 μm.

Aufgabe 4.4: Filtration einer richtigen Lösung, einer kolloidalen Lösung und einer
Suspension

Geräte: Reagenzgläser, Reagenzgläserhalter, Glastrichter, Filterpapier


Chemikalien: Aktivkohle, Methylenblau, Berliner Blau

Bereiten Sie aus dem normalen Filterpapier drei Filter vor, legen Sie diese in die Glastrichter
hinein (die Filter sollten Sie mit destilliertem Wasser befeuchten, damit sie besser an den
Trichterwände festhalten). Führen Sie damit die Filtration von der zuvor hergestellten
Methylenblau-Lösung, Berliner Blau-Lösung (kolloidale Lösung) sowie Aktivkohle-Suspension
durch. Beobachten Sie die gewonnen Filtrate!

Fragen:
1. Wie verhalten sich die untersuchten Lösungen?

146 2. Wie erklären Sie das?

146 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


• Zentrifugieren
Das Zentrifugieren ist ein Trennverfahren, bei dem die Stofftrennung aufgrund der
verschiedenen Dichten der Stoffteilchen in einer Flüssigkeit und mithilfe der Fliehkraft in der
Zentrifuge erfolgt. Diese Technik wird in vielen Laborverfahren verwendet. Alle Labore
verfügen über mehrere Zentrifugen verschiedener Größen und verschiedener Drehzahlen.
Die Trennfähigkeit ist von einigen Faktoren abhängig wie z.B. Rotorradius, Drehzahl bzw.
Umdrehungen/min, Volumen der Probe usw.

Aufgabe 4.5: Trennung der Blutprobe in Dichtegradienten

Geräte: Zentrifugenröhrchen, Reagenzgläserhalter, Tropfpipette


Chemikalien/Proben: Lymphoprep, Vollblutprobe, physiologische Lösung

Geben Sie in das Zentrifugenröhrchen mit 15 mL-Volumen 5 mL Lymphoprep. Die Blutprobe


sollte zunächst im Verhältnis 1:1 verdünnt werden. Überführen Sie vorsichtig 2 mL der
verdünnten Blutprobe auf Lymphoprep und achten Sie darauf, dass es zu keiner Vermischung
der Schichten kommt. Die vorbereiteten Proben sollten Sie zentrifugieren und nach dem
Zentrifugieren sollten Sie die erhaltenen Fraktionen kommentieren.
Skizze:

Fragen:
1. Welche Fraktionen haben Sie nach dem Zentrifugieren erhalten?

2. Welche Arten des Zentrifugierens und welche Anwendung des Zentrifugierens kennen Sie
noch? 147

147
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
• Gelfiltration – eine Art der Chromatographie
Gelfiltration ist ein chromatographisches Trennverfahren zur Stofftrennung aufgrund der
Molekülgröße. Stationäre Phase ist ein Gel mit Poren definierter Größen. Das Auftragen der
zu trennenden Stoffe auf die Kolonne sowie das Ausspülen (Eluieren) hat als Folge, dass zuerst
im Eluat die größeren Moleküle erscheinen, während die kleineren Moleküle (kleiner als die
Gelporen) in die Gelporen eindringen und dort verbleiben. Je kleiner Moleküle sind, desto
größer das Hängenbleiben. Die verwendeten Gelarten in wässrigen Lösungen beinhalten oft
Dextran, Agarose oder Polyacrylamid. Die mobile Phase ist ein Lösungsmittel, die aus z.B.
Wasser oder aus einem anderen organischen Lösungsmittel besteht.

Abbildung 4.2. Gelfiltrationschromatographie

Aufgabe 4.6: Trennung der Albumine von (NH4)2SO4 mithilfe der


Gelfiltrationschromatographie

Geräte: Kolonne für Chromatographie, Watte, Reagenzgläser, Reagenzgläserhalter,


Tropfpipette
Chemikalien: stationäre Phase – Sephadex G-25 Gel, mobile Phase – dH2O, BaCl2 -Lösung,
Ninhydrin-Lösung
Probe: Albumin-Lösung in (NH4)2SO4

Die Chromatographie-Kolonne wird vorbereitet, in dem am Boden der Kolonne befeuchtete


Watte platziert wird und über die Kolonne die zuvor gut durchgeschüttete Gelsuspension
langsam übergossen wird. Die Metallklammer wird geöffnet und es wird gewartet, bis das Gel
in der Kolonne sedimentiert und eine homogene Säule gebildet wird, während das Wasser
abfließt. Auf diese Weise vorbereitete Kolonne ist nun einsatzbereit.
Spülen Sie das Gel mit ca. 2 mL vom destillierten Wasser und achten Sie darauf, dass die
Gelsäule nicht durchmischt wird. Das Wasser sollte die Gelhöhe erreichen, allerdings darf das
148
Gel nicht austrocknen. Wenn das Wasser die Gelhöhe erreicht hat, sollten Sie vorsichtig die
Untersuchungsprobe auf das Gel auftragen. Achaten Sie darauf, dass die Gelsäule nicht
getrübt wird. Warten Sie, bis die Untersuchungsprobe in die Kolonne eindringt und starten
Sie mit Eluieren. Platzieren Sie ein Reagenzglas unter die Kolonne, in das je 2 mL von Eluat
gesammelt wird. Nach dem die Eluat-Sammlung abgeschlossen ist, führen Sie in jeder
Fraktion die Nachweistests sowohl für Protein als auch für Sulfat-Ion durch.

148 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Proteinnachweis: In das Reagenzglas sollten Sie ein paar Tröpfchen von Ninhydrin geben und
das Reagenzglas in das heiße Wasserbad stellen. Die Lilafärbung ist der Proteinnachweis.
Notieren Sie Ihre Ergebnisse in die Tabelle.
Sulfatnachweis: In das Reagenzglas sollten Sie ein paar Tröpfchen von BaCl2 -Lösung geben.
Die weiße Trübung ist der Nachweis für die Sulfat-Anwesenheit. Notieren Sie Ihre Ergebnisse
in die

Tabelle 4.1.

Reagenzglas-Nr. 1 2 3 4 5 6 7
Positiv (+)
Protein
Negativ (-)
Positiv (+)
SO42-
Negativ (-)

Fragen:
1. Welche Moleküle sind zuerst die Kolonne passiert? Warum?

2. Notieren Sie die chemische Reaktion, die bei dem Nachweis der Sulfationen stattfindet.

149

Unterschrift Unterschrift
Die/Der Studierende: Der/Die Übungsleiter*in:

_________________________ _____________________

149
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Übung 5. Stofftrennung - 2

• Dünnschichtchromatographie
Die Dünnschichtchromatographie ist ein Trennverfahren auf einer dünnen Schicht eines
absorbierenden Stoffes (z.B. Silicagel, Zellulose), die auf eine feste Grundlage (stationäre
Phase) aufgetragen ist. Die mobile Phase ist ein Lösungsmittel oder ein Lösungsmittelgemisch
(z.B. Hexan, Aceton oder Alkohol). Mithilfe einer Kapillare wird die zu untersuchte Probe auf
die Platte (stationäre Phase) aufgetragen. Nach dem das Lösungsmittel, in dem die Probe
gelöst wurde, verdunstet ist, wird die Platte in das Lösungsmittel eingetaucht, dabei sollte die
aufgetragene Probe über dem Lösungsmittel bleiben. Aufgrund der Kapillarkräfte saugt sich
das Lösungsmittel in die stationäre Phase mit dem absorbierenden Stoff, löst die
aufgetragene Probe und bringt die Komponenten aus der Probe in verschiedenen
Geschwindigkeiten heraus. Das Chromatogramm wird getrocknet und mithilfe der
Chemikalien (Ninhydrin, Rhodamin) oder unter UV-Licht entwickelt. Danach werden Rf-Werte
berechnet. Unter dem Rf-Wert wird das Verhältnis von Laufstrecke der Substanz zur
Laufstrecke des Lösungsmittels (Laufmittels) verstanden.

5
𝑅𝑅 =
6

x = Laufstrecke der Substanz


y = Laufstrecke des Lösungsmittels

Abbildung 5.1. Gelfiltrationschromatographie

Diese Werte können zur Stoffidentifikation verwendet werden, allerdings unter strengen
Bedingungen. Oft wird diese Methode in der klinischen Chemie verwendet, da sie ein
einfaches Trennverfahren zur Trennung empfindlicher Substanzen, die für andere
Trennverfahren nicht geeignet sind, darstellt. Wichtige Anwendung für dieses
Trennverfahren ist die Identifikation der Giftstoffe in der Toxikologie.
150

150 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Aufgabe 5.1: Trennung und Bestimmung der Aminosäuren in einer Probe mithilfe der
Dünnschichtchromatographie

Geräte: Zelluloseplatten für die Dünnschichtchromatographie, Bechergläser, Deckel für die


Bechergläser, Kapillare
Chemikalien: mobile Phase (n-Butanol : Aceton : Eisessigsäure : Wasser = 28 : 28 : 8 : 16),
Ninhydrin-Lösung
Proben: Aminosäure-Lösung (Gly, Ala, Val undLeu)

Auf der TCL-Platte sollten Sie die Startlinie, 1 cm vom unteren Rand entfernt, und die
Frontlinie, 1 cm vom oberen Rand entfernt, mit dem Bleistift markieren. Tragen Sie vorsichtig
die Proben auf die Platte auf und lassen Sie diese trocknen, zunächst Standardprobe und
danach Untersuchungsproben mit einem Abstand von ca. 0,5 cm. Sie sollten die Platte
vorsichtig in das Becherglas mit der mobilen Ninhydrin-Phase hineinstellen. Wegen der
Kapillarkräfte läuft das Lösungsmittel der mobilen Phase durch die stationäre Phase und
transportiert die Aminosäuren mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Wenn das
Lösungsmittel die Frontlinie erreicht hat (das dauert ca. 50 min), sollten Sie die Platte aus
dem Becherglas herausnehmen und unter Wärmeeinwirkung trocknen. Die
Aminosäurepositionen erkennen Sie aufgrund der Lilafärbung am Chromatogramm (oder
Gelbfärbung bei Prolin).
Berechnen Sie Rf -Werte für jede Aminosäure sowie für die Standardprobe, die aus vier in der
Tabelle 5.1. angeführten Aminosäuren besteht. Aminosäuren der Standardprobe sind
aufgrund der Rf -Werte aufgelistet, sodass die erste Aminosäure den höchsten Rf -Wert
aufweist.

Tabelle 5.1.
Rf Rf Probe Rf Probe Rf Probe
Standardprobe Probe 1 Probe 2 Probe 3
Standard 1 2 3
Leucin 1. 1. 1.
Valin 2. 2. 2.
Alanin 3. 3. 3.
Glycin 4. 4. 4.

Ihre Platten sollten Sie dem Bericht beifügen (aufkleben).

151

151
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Fragen:
1. Welche Aminosäuren sind in den Untersuchungsproben nicht vorhanden?

2. Wo wird TLC angewandt?

• Gelfiltration des Hämoglobins


Die Hämoglobinaufgabe ist der Sauerstofftransport von der Lunge in das Gewebe, wo aerobe
metabolische Prozesse stattfinden. Außerdem transportiert Hämoglobin auch CO2 vom
Gewebe in die Lunge und nimmt an dem Erhalt des Säure-Base-Gleichgewichts teil.

Abbildung 5.2. Struktur des Hämoglobins und der Häm-Gruppe

Aufgrund seiner Struktur ist Hämoglobin ein aus viel Einheiten, 2 α und 2 β, aufgebautes
globuläres Protein. Prostätische Hämoglobingruppe ist die Häm-Gruppe, die aus
Protoporphyrin IX mit einem Eisenatom in der Mitte aufgebaut ist. Jede Einheit besitzt eine
prostätische Gruppe. Eisen kann in zwei Oxidationszuständen +2 (Ferro) und +3 (Ferri)
vorkommen. Eisenatom hat einen hexakoordinierten Bau, vier Bindungsstellen werden von
den Stickstoffatomelektronen aus den Pyrrol-Ringen aufgefüllt, während die fünfte Stelle von
den Stickstoffatomelektronen aus dem proximalen Histidin kommt und die sechste Stelle frei
bleibt. In beiden Zuständen zeigt Eisen die Neigung, Stoffe an die sechste freie koordinative
152
Stelle zu binden. Kleine Moleküle oder Ionen wie CO, NO, H2S oder CN- besitzen höhere
Bindungsaktivität für die freie koordinative Stelle am Eisen als Sauerstoff und sind daher
toxisch. Hämoglobin mit dem gebundenen Sauerstoff wird Oxyhämoglobin genannt und
befindet sich im Arterienblut, während Deoxyhämoglobin diese sechste Stelle noch frei hat
und im Venenblut zu finden ist. Im Methämoglobin befindet sich Eisen im +3-Ionenzustand

152 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


und ist nicht in der Lage, Sauerstoff zu binden. In diesem Zustand kann Eisen Wasser binden
und dabei Wasserionisierung auslösen und wird an der braunen Farbe erkannt.

Aufgabe 5.2: Führen Sie die Gelfiltration des Hämoglobins durch

Geräte: Glaskolonnen, Reagenzgläser, Reagenzgläserhalter, Tropfenzähler


Chemikalien: Gelsuspension Sephadex G-25 (Volumenverhältnis – festes Gel : Lösungsmittel
= 1:3), Puffer Na2HPO4 (c=0,02 mol/L, pH 7), Lösung A: FeSO4 (c=0,02 mol/L), Lösung B: Lösung
Na2EDTA (c=0,04 mol/L) u Na2HPO4 (c=0,1 mol/L) pH 7
Probe: Hämolysat mit Ferricyanid
1. Lassen Sie langsam die Klammer los und warten Sie, bis Puffer die obere Gelschicht erreicht
hat. Achten Sie darauf, dass das Gel auf keinen Fall austrocknet!
2. Geben Sie auf die Kolonnen 0,2 mL der Lösung, die Sie unmittelbar vor dem Auftragen auf
die Kolonne durch das Vermischen der Lösungen A (0,02 M Lösung FeSO4) mit der Lösung B
(0,04 M Lösung Na2EDTA u 0,1 M Lösung Na2HPO4) im Verhältnis 1:1 vorbereitet haben.
Achten Sie dabei, dass die Gelsäule nicht durchmischt wird.
3. Nach dem die Lösungen A + B in die Säule aufgesaugt wurden, geben Sie 0,5 mL Puffer dazu
und warten Sie, bis die Pufferlösung in die Gelsäule eingedrungen ist.
4. Verdünnen Sie die Blutprobe mit dem Puffer in einem Verhältnis 1:10 und tragen Sie auf
die Gelsäule 0,5 mL von der verdünnten Probe auf und lassen Sie die Klammer los, damit die
Probe in die Säule eindringen kann.
5. Geben Sie vorsichtig 0,2 mL Puffer, ohne Geltrübung zu verursachen.
6. Spülen Sie kontinuierlich die Gelsäule mit Puffer und sammeln Sie die Eluate mit kleinem
Volumen von 1,5 mL und separieren Sie die Fraktionen, die aus der Kolonne herauskommen.

Fragen:
1. Bringen Sie die Gelfiltration des Hämoglobins mit einer Zeichnung zum Ausdruck und
erklären Sie die Bedeutungen jedes Streifens.

153

153
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
2. Jeden Streifen sollten Sie mit der dazugehörigen chemischen Reaktion erläutern.

• Spektralphotometrie
Spektralphotometrie ist eine optische Methode, die auf der Absorption der UV/VIS-Strahlen
beruht. Bei dieser Methode wird die Intensität des eingestrahlten Lichts (I0) mit der Intensität
des durchgelassenen Lichts (Ip). verglichen. Die Intensität des eingestrahlten Lichts wird
mithilfe der Referenzküvette, die die Blindprobe beinhaltet (nur Lösungsmittel), gemessen
und definiert. Die Skala des Geräts wird eingestellt, in dem die Intensität des eingestrahlten
Lichts einem Wert von T= 100 % bzw. A = 0 entspricht. Daher ist es möglich, die Intensität des
durchgelassenen Lichts (Ip) direkt als entsprechende Absorption und/oder Transmissionsgrad
abzulesen. Diese Methode wird am meisten zur quantitativen Analyse bzw. zur Bestimmung
der Masse, Menge oder Konzentration einer Verbindung in der Untersuchungsprobe
verwendet. Die Konzentration einer Verbindung in der Lösung kann am besten mithilfe der
Absorptionen bekannter verschiedener Konzentrationen von Standardlösungen dieser
Verbindung bestimmt werden. Aufgrund der bekannten Konzentrationen und deren
Absorptionen wird eine Linie erstellt und danach können die unbekannten Konzentrationen
dieser Verbindung nach der Messung mithilfe der Linie abgelesen werden. Als Wellenlänge
des eingestrahlten Lichts wird die Wellenlänge gewählt, die dem Absorptionsmaximum der
Probe entspricht, da dabei die Absorptionsänderungen in Bezug auf die
Konzentrationsänderungen größer und deutlicher sind.

Aufgabe 5.3 Bereiten Sie die blaue Galitzenstein-Lösung mit einer Konzentration von 1,0
mol/L vor.

Geräte: Messkolben, Kunststoffschiffchen zum Abwiegen, Becherglas, Tropfenzähler,


Messglas und Laborwaage
Chemikalien: CuSO4 · 5 H2O, destilliertes Wasser

Berechnung: Wie viel Gramm des blauen Galitzensteins müssen Sie abwiegen, um 50 mL der
154
Lösung mit der Konzentration von 1 mol/L herzustellen?

154 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Für die Vorbereitung der Lösungen verschiedener Konzentrationen brauchen Sie eine Waage,
um mithilfe des Kunststoffschiffchens die nötige Masse abzuwiegen, in diesem Falle die
Masse von Galitzenstein. Die abgewogene Chemikalie wird in den Messkolben überführt und
das destillierte Wasser wir zunächst bis ca. Hälfte des Messkolbens hinzugegeben. Den
Messkolbeninhalt sollten Sie schütteln, bis Ganitzenstein aufgelöst ist. Danach wird das
destillierte Wasser bis zur Messlinie aufgefüllt und der Inhalt wird gut homogenisiert.

Aufgabe 5.4: Spektralphotometrische Bestimmung des Galitzensteins

Geräte: Reagenzgläser, Reagenzgläserhalter, automatische Mikropipette,


Spektaralphotometer, Küvetten
Chemikalien: 1 M Lösung CuSO4 · 5 H2O, destilliertes Wasser

Zeigen Sie in der Tabelle 5.2. auf, wie Sie 1 M Lösung des Galitzensteins verdünnen, um
Standardlösungen herzustellen: 0; 0,1; 0,2; 0,3; 0,4 und 0,5 mol/L.
Bereiten Sie aufgrund der untenstehenden Tabelle 5.2. die Reihe der Standardlösungen vor,
in dem Sie die Basislösung 1 M CuSO4 · 5 H2O mit destilliertem Wasser verdünnen. Berechnen
Sie, welches Volumen der Standardlösung und welches Volumen des Wassers Sie benötigen
und tragen Sie alles in die Tabelle ein. Nach dem Sie alle Lösungen vorbereitet haben, erhalten
Sie eine Lösung CuSO4 · 5 H2O unbekannter Konzentration (Probe Nr. 7). Überführen Sie je 2
mL von allen Lösungen in je eine Küvette und messen Sie die Absorption bei 635 nm aufgrund
der Blindprobe. Verwenden Sie für alle Lösungsabmessungen die automatische Mikropipette.

Tabelle 5.2.
Konzentration der Volumen der
Volumen dH2O / Absorption bei
Standardlösung Standardlösung
(mL) 635 nm
CuSO4 · 5 H2O / M CuSO4 · 5 H2O (mL)
0,0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
Unbekannte
- -
Konzentration

Alle Ergebnisse sollten in der Tabelle 5.2 eingetragen werden. Bringen Sie auf dem 155
Millimeterpapier die Abhängigkeit der Konzentration der Lösung CuSO4 von der Absorption
zum Ausdruck und zeichnen Sie die Eichlinie. Mithilfe der Eichlinie bestimmen Sie die
Konzentration von CuSO4 · 5 H2O in der Probe 7 (Unbekannte Konzentration) und tragen Sie
diese in der Grafik ein.

155
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Die Konzentration von (CuSO4 · 5 H2O) in unbekannter Probe ist:

156

Unterschrift Unterschrift
Die/Der Studierende: Der/Die Übungsleiter*in:

_________________________ _____________________

156 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


Übung 6. Analyse der organischen Stoffe
Organische Stoffe stellen chemische Stoffe dar, die den Kohlenstoff als Basis haben.
Kohlenstoffverbindungen sind weitverbreitet, da die Kohlenstoffatome vier räumlich
orientierte kovalente Bindungen, im Gegensatz zu den anderen Elementen mit vier valenten
Elektronen, eingehen können. Neben dem Kohlenstoff sind in organischen Verbindungen die
Wasserstoffatome, oft auch Sauerstoff, Stickstoff, Phosphor, Schwefel sowie Halogene
vorhanden. Die Kohlenstoffverbindungen spielen eine Schlüsselrolle in der Evolution. Die
Biochemie untersucht deren Wichtigkeit in den Prozessen in lebenden Organismen.

Kohlenstoffverbindungen können vielfältige Strukturen bilden, allerdings werden sie in eine


kleine Anzahl der organischen Gruppen einsortiert. Für die Einordnung in eine der Gruppen
ist es wichtig, Molekülskelet sowie die funktionelle Gruppe der Verbindungen zu
unterscheiden. Das Skelet einer Verbindung bilden die Kohlenstoff- und Wasserstoffatome,
während in den funktionellen Gruppen die anderen Atome und Atomgruppierungen
vorhanden sind. Die funktionellen Gruppen bestimmen physikalische und chemische
Eigenschaften und dienen der Klassifizierung der organischen Verbindungen. Ein Molekül
kann eine oder mehrere funktionelle Gruppen besitzen. Die Analysen organischer
Verbindungen können in die quantitative und in die qualitativen Untersuchungen eingeteilt
werden. Die qualitativen Analysen geben die Auskunft über die elementare
Zusammensetzung sowie über die funktionellen Gruppen, während die quantitativen
Analysen den Anteil einzelner Elemente in der untersuchten Probe bestimmen.

Aufgabe 6.1: Qualitative Analyse der organischen Verbindungen

Geräte: Reagenzgläser, Reagenzgläserhalter, Tropfenzähler


Chemikalien: Lösung FeCl3, Lösung NaOH, Lösung AgNO3 in Ammoniak, Iod-Lösung in NaOH

Zu den qualitativen Analysen der organischen Verbindungen gehören Geruchsanalysen, da


einige organische Verbindungen besonderen Geruch aufweisen, der uns bei der
Stoffidentifikation helfen kann.
Die Geruchsanalysen führen wir durch, in dem die Ausdunstungen aus dem Reagenzglas
mithilfe der Hand zur Nase geführt werden. An der Probe darf nicht direkt gerochen werden!

Aufgrund der Tabelle 6.1. sollten Sie die Orientierungsuntersuchung durchführen, in dem
Sie in das Reagenzglas 5 Tröpfchen der Probe und die Chemikalien aus der Tabelle zugeben: 157

157
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Tabelle 6.1.
CHEMIKALIEN
2 Tröpfchen FeCl3
2 Tröpfchen Lösung AgNO3 Iodoform-
VERBINDUNG + 3 Tröpfchen
FeCl3 in Ammoniak Reaktion
NaOH
Ethanol Gelb Brauner Niederschlag - Safran-Geruch
Rotbrauner
Glycerol Gelb Niederschlag
- -
Formaldehyd Gelb Brauner Niederschlag Spiegel -
Aceton Gelb Brauner Niederschlag - Gelber Niederschlag
Phenol Lila - - -
Salicylsäure Lila - - -
Zitronensäure Zitronengelb - - -

Nach der Orientierungsuntersuchung führen Sie zusätzliche Reaktionen der einzelnen


Verbindungen durch.
• ETHANOL – Oxidation mithilfe von Dichromat
- In die Wasserlösung des Ethanols sollten Sie ein wenig der Lösung K2Cr2O7,
verdünnte Lösung H2SO4 zugeben und alles erwärmen.
- Die Lösung färbt sich grün und riecht nach Apfel.
• GLYCEROL – Reaktion mit CuSO4
- In ein Reagenzglas geben Sie 3 Tröpfchen von der verdünnten Lösung CuSO4
und 2 Tröpfchen der verdünnten Lösung NaOH zu, sodass der blaue
Niederschlag entsteht.
- Dem Niederschlag sollte die Glycerin-Lösung hinzugefügt werden – dabei
entsteht azurblauer Niederschlag des Komplexes aus Glycerol und Kupfer.
• FORMALDEHYD
- Im Reagenzglas sollten Sie die gleichen Volumina der Fehling-Lösungen I und
II durchmischen sowie bis zum Siedepunkt erwärmen.
- In diese heiße Lösung sollten Sie die Lösung von Formaldehyd hinzufügen –
das elementare Kupfer sedimentiert.
• ACETON – Legal-Reaktion
- Der Aceton-Lösung sollten Sie ein wenig der Wasserlösung von Natrium-
Nitroprussid zugeben, dabei entsteht eine rote Lösung.
• ZITRONENSÄURE - Permanganat- Reduktion
- In die Lösung sollten ein paar Tröpfchen H2SO4 zugegeben werden und alles
sollte erwärmt werden, danach werden ein paar Tröpfchen von KMnO4
hinzugegeben.
- Die Lilafarbe verblasst.
158 - Da viele Säuren Permanganat reduzieren, ist eine Zusatzreaktion notwendig.
- In das Reagenzglas mit der Probe sollten Sie ein paar Tröpfchen von AgNO3
zugeben und langsam Tropf für Tropf von der NH4OH-Lösung hinzufügen.
- Ein weißes flockiges Sediment aus Silberzitrat wird gebildet, das in NH4OH
langsam gelöst wird.
• SALYCILSÄURE
- Beim Erwärmen der Salicylsäure zerfällt diese in Phenol und CO2.

158 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


- Phenol wird aufgrund seines charakteristischen Geruchs erkannt.

Die positiven Nachweise in Ihren Proben sollten Sie mit den dazugehörigen chemischen
Reaktionen zum Ausdruck bringen.

Aufgabe 6.2: Nachweis der kovalenten Doppelbindungen

Geräte: Reagenzgläser, Reagenzgläserhalter, Tropfenzähler


Chemikalien: NaOH - Lösung, KMnO4 - Lösung, Öl, Fett, Margarine, Butter

In einem Reagenzglas mit 2,5 mL destilliertem Wasser sollten Sie 2,5 mL der Probe
resuspendieren. Geben Sie 1 ml von 0,2 M NaOH dazu und verrühren Sie alles. Geben Sie
danach 4 Tröpfchen KMnO4 dazu und beobachten Sie die Farbänderung. Kommentieren Sie
Ihre Ergebnisse und notieren Sie Ihre Beobachtungen.

Aufgabe 6.3: Nachweis der biologischen Makromoleküle

Geräte: Reagenzgläser, Reagenzgläserhalter, Tropfenzähler 159

Chemikalien: Lugolsche Lösung (2% Iod-Lösung), Ninhydrin-Lösung, konzentrierte H2SO4 -


Lösung

Die Kohlenhydrate werden mithilfe der Niederschlagsreaktion nachgewiesen. Die


Niederschlagbildung ist eine Folge der kolloidalen Eigenschaften der Polysaccharide. Stärke,

159
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
Glykogen und Dextrine liegen in Wasser in einem kolloidalen Zustand vor, während diese in
organischen Lösungsmitteln nicht löslich sind. Die Zellulose ist wasserunlöslich.
Auf 2 mL der Probe im Reagenzglas sollten Sie 2 mL 95 %-igen Alkohol zugeben. Sie sollten
den Reagenzglasinhalt durchschütteln und dann stehenlassen, bis es eventuell zur
Niederschlagsbildung kommt (wenn die Polysaccharide vorhanden sind). Den entstandenen
Niederschlag sollten Sie filtrieren. Sowohl im Niederschlag als auch im Filtrat sollten Sie einen
Test mithilfe der Lugolschen Lösung durchführen.
Lugolsche Reaktion: In 5 mL Probe (Niederschlag und Filtrat) geben Sie ein paar Tröpfchen
der Lugolschen Lösung. Die Farbänderung von der gelben in die blaue oder rote Farbe deutet
auf die Anwesenheit der Polysaccharide hin. Lugolsche Reaktion ist spezifisch für die
Polysaccharide. Die Reaktion beruht auf der Komplexbildung von dem vorhandenen
Polysaccharid mit Iod, bei der die Färbung entsteht. Stärke führt zu einer blauen Farbbildung,
während Glykogen zu einer roten Farbbildung führt.

Kommentieren Sie die Ergebnisse.

Proteine können wir mit Ninhydrin-Reaktion nachweisen, bei der Ninhydrin an der freien
Amino-Gruppe addiert wird und dabei ein Farbstoff entsteht.

Auf 2 mL Probe sollten Sie 2 mL 0,2 %-ige Ninhydrin-Wasserlösung zugeben. Das Reagenzglas
sollte leicht erwärmt und die Farbänderung sollte beobachtet werden. In Anwesenheit der
freien Amino-Gruppe entwickelt eine Blau- oder Lila-Färbung.

Kommentieren Sie die Ergebnisse.

160

Salkowsky-Reaktion ist eine charakteristische Reaktion beim Cholesterol Nachweis. In


Anwesenheit der Sulfatsäure zeigt Cholesterol eine Rotfärbung über der gelben
Wasserschicht, die eine grüne Fluoreszenz aufweist.

160 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen


In das Reagenzglas sollten Sie 2 mL Probe einführen und ganz vorsichtig sollte die Sulfatsäure
an der Reagenzglaswand hinzugefügt werden. Danach sollten Sie das Reagenzglas mit einem
Stopfen schließen und leicht durchschütteln. Lassen Sie die Probe ein paar Minuten stehen
und beobachten Sie, ob sich eine Farbänderung entwickelt.

Kommentieren Sie das Ergebnis.

161
Unterschrift Unterschrift
Die/Der Studierende: Der/Die Übungsleiter*in:

_________________________ _____________________

161
MEDIZINISCHE CHEMIE HANDBUCH FÜR SEMINARE UND LABORÜBUNGEN
LITERATUR

• Literatur für die Seminare:


1. Burger N. Zbirka zadataka iz kemije. Medicinska naklada, Zagreb, 2007.
1. Bajić M. i Stolić I. Računanje u kemiji. Zbirka riješenih zadataka iz kemijskog računa
za studente Veterinarskog fakulteta. Veterinarski fakultet Sveučilišta u Zagrebu,
Zagreb, 2005.
2. Karas-Gašparec V., Pinter T., Kankonyi V. Praktikum kemije za studente medicine,
Školska knjiga, Zagreb, 1991.
3. Sikirica M. Stehiometrija, Školska knjiga, Zagreb, 1985.
4. Rupčić J., Milin Č., Domitrović R., Tota M. Priručnik za seminare i vježbe iz
medicinske kemije i biokemije I; Medicinski fakultet Rijeka, Rijeka 2008.
5. Herak M., Kušec LJ., Marković M., Petreski A., Škorić K., Galas D. Osnove fizikalne
kemije. Školska knjiga Zagreb, 1993.
6. Filipović I., Lipanović S. Opća i anorganska kemija, 1. dio, Školska knjiga Zagreb, 1995.
7. Brdička R. Osnove fizikalne kemije. Školska knjiga Zagreb, 1969.
8. Olmsted J., Williams G.M. Chemistry, The Molecular Science. Mosby, St.Louis, 1994.
9. Tikkanen W.R. Study Guide for Chemistry: The Molecular Science, Mosby-Year Book,
St. Louis, 1994.
10. Gault V.A., McClenaghan N. H. Understanding Bioanalytical Chemistry: Principles and
Applications, Willey-Blackwell, 2009.
11. https://www.bipm.org
12. https://www.fkit.unizg.hr/_download/repository/Termodinamicke_tablice%5B2%5D
.pdf

• Literatur für die Übungen:


1. Barić Rafaj R., Kuleš J. Vježbe iz biokemije za studente Veterinarskog fakulteta
Sveučilišta u Zagrebu, Zagreb 2010.
2. Rupčić J. i sur. Priručnik za seminare i vježbe iz medicinske kemije i biokemije 1,
Sveučilište u Rijeci, Rijeka 2008.
3. Lovrić J. Priručnik za vježbe iz medicinske kemije i biokemije za studente medicine,
Medicinska naklada, Zagreb 2009.
4. Barker K. At the bench. A laboratory navigator, Cold Spring Harbor Laboratory Press,
New York, 2005.
5. Miller S.B. Chapter 10: Simple enzyme experiments, in Tested studies for laboratory
teaching, Proccedings of the 6th Workshop/Conference of the Association for Biology
162 Laboratory Education, 1992.
6. Foretić B., Vukelić Ž: Pomoćni materijali za vježbe iz kemije za stomatologe.
7. Silberberg M.S. Chemistry. The Molecular Nature of Matter and Change, McGraw- Hill,
New York, 2006.
8. Štraus B. Medicinska biokemija, JUMENA, Zagreb, 1987.

162 Ljubica Glavaš-Obrovac und Mitarbeiter*innen

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