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MODUL DSSRSA042301
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3. VORLESUNG-3 UE
Recht ist kein Selbstzweck, sondern ein Mittel, um Funktionen wie z.B. „Schutz“ und „Rechtssicherheit“ zu
gewährleisten.
In vielen Situationen nimmt man ein spontanes Werturteil darüber vor, was „gerecht“ oder „ungerecht“ ist.
Solche Wertungen sind auch dem Bereich der Moral zuzuordnen.
Achtung bitte:
Für moralische Bewertungen gibt es keinen einheitlichen Maßstab.
Es ist die Frage nach einem moralischen Maßstab seit jeher eine sehr umstrittene Frage in der Ethik.
Im Bereich der Verteilungsgerechtigkeit gibt es mehrere konkurrierende Prinzipien: das Gleichheitsprinzip,
das Leistungsprinzip und das Bedarfsprinzip (Adriaans & Liebig, 2021).
Numerische Gleichheit bedeutet in diesem Sinne, dass allen Menschen die „gleiche
Quantität“ eines Gutes/von etwas bereitgestellt wird.
Proportionale Gleichheit bedeutet, dass nur „gleiche Fälle … gleich zu behandeln“ seien
(Ferrari, 2015, S. 134). Die Frage ist, was ist „gleich“?
Ferrari, A. (2015). Gleichheitsprinzip. In A. Ferrari & K. Petrus (Hrsg.), Lexikon der Mensch Tier-Beziehungen (S. 134–135). Transcript.
vgl. IU Studienskript 2022, S.31.
Bei der Abgrenzung von Recht und Moral ist wichtig, dass zwischen der individuellen Vorstellung von
„Gerechtigkeit“ und dem gesetzten „Recht“ unterschieden wird.
Denn Rechtsnormen sind in der Regel das Ergebnis eines sehr komplexen
Aushandlungsprozesses, an dem „autorisierte Institutionen“ aus Verwaltung und Politik
beteiligt sind (Lindner, 2016, S. 11).
Basierend darauf wird Recht auch als „geronnene Politik“ bezeichnet (Grimm, 1969, S.
502).
Nach dem zweiten Weltkrieg wurde die Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland geschaffen.
Im Mittelpunkt des Grundgesetzes steht die Menschenwürde, die bereits in Artikel 1 des Grundgesetzes
normiert ist.
Die Würde des Menschen ist unantastbar.
Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (Art. 1 Abs. 1 GG).
Das meint, das Recht ist im modernen Verfassungsstaat an grundlegende Werte gebunden.
Im Bereich der Sozialen Arbeit sind drei moralischen Prinzipien bedeutsam, die sich auch aus der
Verfassungsordnung ergeben (vgl. Eisenmann, 2012, S. 215):
• die Achtung des Menschen als Person,
• die Sorge für die Benachteiligten sowie
• der Verzicht auf jede Diskriminierung eines Menschen.
.
(vgl. IU Studienskript 2022, S.34)
Eisenmann, P. (2012). Werte und Normen in der Sozialen Arbeit (2. Aufl.) Kohlhammer .
11 Spezielle Rechtsbezüge der Sozialen Arbeit
DER GERICHTSAUFBAU
Für das Verständnis des Gerichtsaufbaus in der Bundesrepublik Deutschland ist die Unterscheidung zwischen
der
1. „ordentlichen Gerichtsbarkeit“ und
2. der „Fachgerichtsbarkeit“
relevant.
Die ordentliche Gerichtsbarkeit befasst sich mit
A. zivilrechtlichen und B. strafrechtlichen Fragestellungen
(§ 13 GVG) GVG- Gerichtsverfassungsgesetz.
Meint: Zivilrechtliche Fragestellungen befassen sich mit der Frage „Wer will was von wem woraus?“ – also mit
zivilrechtlichen Ansprüchen.
Erhebt eine Privatperson eine Klage gegen eine andere Privatperson, so wird dieser Streit vor der
ordentlichen Gerichtsbarkeit verhandelt.
(vgl. IU Studienskript 2022, S.36)
12 Spezielle Rechtsbezüge der Sozialen Arbeit
STRAFRECHT
Strafrechtliche Fragestellungen haben immer die Frage nach der Strafbarkeit des Handelns einer Person zum
Inhalt.
Erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage wegen des Verdachts einer Straftat, so wird dieser Streit vor der
ordentlichen Gerichtsbarkeit ausgetragen.
Die Arbeitsgerichte entscheiden über Streitigkeiten aus dem Bereich des so genannten Individual- und
Kollektivarbeitsrechts (§§ 2 f. ArbGG).
• Die Verwaltungsgerichte entscheiden über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten, außer wenn diese einem
anderen Gericht zugewiesen sind (§ 40 VwGO).
• Die Sozialgerichte entscheiden u.a. über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten, die die Sozialversicherungen
(gesetzliche Rentenversicherung, Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Unfallversicherung) sowie
Fragen der Sozialhilfe oder des Schwerbehindertenstatus (§ 51 SGG) betreffen.
• Die Finanzgerichte entscheiden über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten um Abgaben, also insbesondere zu
Steuern (§ 33 FGO).
In einer Revision richtet sich die Überprüfung hingegen ausschließlich auf die rechtlichen Wertungen des
Gerichts.
Eine erneute Überprüfung der so genannten beweiserheblichen Tatsachen findet nicht mehr statt.
Nutzt bitte ggf. auch das IU Studienskript 2022, S.37 und zur weiteren Vertiefung z.B. die Berliner
Jubiläumsschrift mit 18 Literaturstellen dazu.
Herausgeber: Der Präsident des Kammergerichts
Elßholzstraße 30-33 10781 Berlin
IU Internationale Hochschule GmbH (2022). Studienskript SPEZIELLE RECHTSBEZÜGE DER SOZIALEN ARBEIT
Jubiläumsschrift : Jubiläumsschrift – 550 Jahre Kammergericht. https://www.berlin.de › kammergericht (gesehen 12.2.23).
Dennoch ist es möglich, mit einer Verfassungsbeschwerde auch Urteile durch das Bundesverfassungsgericht
überprüfen zu lassen.
Dazu steht im Grundgesetz: Das Bundesverfassungsgericht entscheidet … über Verfassungsbeschwerden, die
von jedermann mit der Behauptung erhoben werden können, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner
Grundrechte … verletzt zu sein. (Art. 93 Nr. 4a GG)
GG= Grundgesetz
Achtung bitte:
Grundsätzlich darf jede:r eine Verfassungsbeschwerde erheben, um das Handeln
des Staates vom Bundesverfassungsgericht überprüfen zu lassen.
Zu beachten ist hierbei , dass das Bundesverfassungsgericht einen anderen Maßstab hat als andere
Gerichte: Denn die Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der Fachgerichtsbarkeit prüfen nur die
Vereinbarkeit mit einfachem Recht, das Bundesverfassungsgericht überprüft allein die Vereinbarkeit mit
spezifischem, jeweiligen Verfassungsrecht.
Das Bundesverfassungsgericht wurde 1951 gegründet und ist das allerhöchste deutsche
Gericht mit Sitz in Karlsruhe.
Es „wacht darüber, dass Parlamente, Regierungen und
Gerichte das Grundgesetz einhalten“ (Thurich, 2011, S. 13).
Thurich, E. (2011). Pocket Politik. Demokratie in Deutschland (4. Aufl., S. 58). Bundeszentrale für politische Bildung.
23 Spezielle Rechtsbezüge der Sozialen Arbeit
DAS BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
Nach dem Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) bestehen neben der Verfassungsbeschwerde folgende weitere
Verfahrensarten (Art. 93 GG):
• die Organstreitverfahren: Streiten sich Bundesorgane über den Umfang ihrer Rechte und Pflichten, so besteht die Möglichkeit eines
Organstreitverfahrens (§§ 63 ff. BVerfGG).
• der Bund-Länder-Streit: Streiten sich der Bund und die Bundesländer, kann ein Bund-Länder-Streit vor dem Bundesverfassungsgericht
erfolgen (§§ 68 ff. BVerfGG).
• die abstrakte Normenkontrolle: Bestehen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit einer Rechtsnorm kann eine abstrakte Normenkontrolle
erfolgen (§§ 76 ff. BVerfGG).
• die konkrete Normenkontrolle: Wenn ein Gericht Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit einer Rechtsnorm hat, kann es diese vom
Bundesverfassungsgericht überprüfen lassen (Art. 100 GG; § 80 ff. BVerfGG).
• die Parteiverbotsverfahren: Das Bundesverfassungsgericht kann verfassungswidrige Parteien verbieten (Art. 21 GG; §§ 43 ff. BVerfGG).
• die Wahlprüfungsbeschwerde: Entstehen Unregelmäßigkeiten bei einer Wahl so kann das Bundesverfassungsgericht den Ablauf der Wahl
auf Rechtsverletzungen überprüfen (§§ 48 ff. BVerfG).