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Lukas Block

Probenplan:
The witch and the saint (Steven Reineke)

Lukas Block
14.2.2022
Inhaltsverzeichnis
Einleitung:............................................................................................................................................ 2
Analyse: ............................................................................................................................................... 3
Teil 1 – Einleitung ( Takte 1 – 55 ): .................................................................................................. 3
Teil 2 – Sibylle ( Takte 56 – 113 ): .................................................................................................... 5
Teil 3 – Helena ( Takte 134 – 165 ): ................................................................................................. 7
Teil 4 – Hexenjagd ( Takte 166 – 209 ): ........................................................................................... 8
Teil 5 – Schluss ( Takte 210 – 241 ): ................................................................................................. 8
Schlusswort: ........................................................................................................................................ 9

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Einleitung:
„The witch and the saint“ ist ein programmatisches Stück für sinfonisches Blasorchester der
Schwierigkeitsstufe 4, erschienen 2005 im Barnhouse-Verlag.

In seinem Werk thematisiert Reineke die Geschichte von 2 Schwestern im mittelalterlichen


Ellwangen, die beide mit der Gabe des Hellsehens als Zwillinge einer angesehenen Wirtsfamilie
geboren werden.

Da die Geburt von Zwillingen im streng katholischen Mittelalter bereits als böses Omen galt und die
beiden Schwestern schon vor Erreichen ihres 5. Lebensjahres den Tod des eigenen Vaters
vorhersagen, werden die beiden von der Mutter getrennt, indem diese Helena in ein Kloster
entsendet, um das Unheil zu umgehen.

Sibylle bekommt schnell Schwierigkeiten, da sie mit ihren „sibyllischen Prophezeiungen“1 die
Ungerechtigkeiten der Mächtigen aufzudecken droht. Mit Beginn der Inquisitionen muss sie dann aus
Ellwangen fliehen und erlernt bei einer Hebamme einige hexerische Tätigkeiten wie das Brauen von
Tränken.

Unterdessen verliebt sie sich in einen Pfarrer, mit dem sie ein ungewolltes Kind zeugt.

Als sie vorhersieht, dass ihre eigene Mutter als Hexe verbrannt werden soll kehrt sie nach Ellwangen
zurück und wird dort inhaftiert und grausam gefoltert.

Durch einen Trick schafft sie es, sich mit Helena auszutauschen, die sich dann offenbaren soll und
dadurch freikommen soll. Diese jedoch erträgt die Folter nicht und trinkt Gift, um ihr elend zu
beenden.

Die befreite und todunglückliche Sibylle flieht in der Hoffnung, mit dem Pfarrer glücklich werden zu
können, wenn dieser zum Protestantismus konvertiert.

Diese Geschichte soll das Werk in 5 Teilabschnitten verkörpern. Es ist probenmethodisch ratsam,
dem Orchester die Geschichte und auch die Bedeutung der jeweiligen Abschnitte nahezulegen. Dies
sollte jedoch am besten im Probenfluss und nicht vor der Probe geschehen, um die Konzentration zu
wahren und das Verständnis zu verbessern.

Bemerkenswert sind die zahlreichen Taktwechsel im Stück sowie die auftretenden ungeraden
Taktarten.

Im Folgenden möchte ich das Stück in seinen Teilabschnitten analysieren und mögliche
Probenansätze herausarbeiten. Hierbei möchte ich nicht ein festgesetztes Vorgehen sondern
vielmehr ein Portfolio an Möglichkeiten zur Erarbeitung des Stückes aufzeigen.

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Vorhersagen, die unerwünscht und unaufgefordert und meist als zweideutiges Rätsel formuliert sind (Quelle:
Brockhaus Enzyklopädie 1968, Band 17, S. 375, Wiesbaden)

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Analyse:

Teil 1 – Einleitung ( Takte 1 – 55 ):


Der erste Teil des Stückes beschreibt die Geburt der beiden Schwestern. Hierbei wird musikalisch ein
Mönch beschrieben, der in einer Kirche auf den Altar zuschreitet und dort prophezeit, dass die
Zwillinge eine zum einen unheilvolle, zum anderen jedoch auch wundervolle Gabe besitzen.

Passend wird dieser Teil durch eine Paukentriole auf den 4 + Auftakt und einen Glockenschlag auf die
1 eingeleitet. Hierbei ist darauf zu achten, dass die gebundenen Ganzen Noten in allen Stimmen stark
und akzentuiert angespielt werden. Die Bläserstimmen sollen dann ein gleichmäßiges Diminuendo
über 4 Takte durchführen. Besonders hervorstechen sollen die Ganzen Noten in den Chimes, die
jedoch auch mit jedem Takt leiser werden.

Diese ersten 4 Takte kreieren eine sehr geheimnisvolle, angespannte Atmosphäre. Um diese zu
erhalten ist es wichtig, dass zu Takt 5 keine Lücke entsteht. Die Tuba hat somit eine sehr tragende
Rolle mit ihrer angebundenen 8tel Note.

Es folgt ab Takt 5 bis Takt 14 das Motiv des Mönches, welcher durch eine Melodielinie nach Art eines
Gregorianischen Chorals von einem Horn und dem Euphonium dargestellt wird.

Der 7/8 Takt kann hierbei ein Problem darstellen, welches jedoch durch vorsingen und mehrfaches
Spielen behoben werden können sollte.

Das Ganze wird bordunartig durch Streichbass, Bassklarinette und Fagott begleitet. Die gehaltenen
Töne starten alle 2 Takte auf der 2. Zählzeit und werden durch die Bassdrum unterstützt.

In Takt 15 mit Auftakt wird der Anfang des Stückes noch einmal imitiert. Hier muss das Decrescendo
jedoch schon im selben Takt vom sffz auf ein Piano abschwellen.

Die Melodie wird anschließend durch die 1. Trompete, das Tenorsaxophon und das 2. Horn
unterstützt.

Die Begleitung ergänzt sich um das Tiefblech. Auch das Tam Tam unterstützt jetzt den Glockeneffekt.

Bis Takt 25 bleibt die Szene diese. Einige Taktartwechsel und das Zusammenspiel sowie eine nicht zu
laute Dominanz der Melodie sind hier die wahrscheinlichsten Baustellen.

Takt 26 leitet dann mit einem Stringendo auf Viertelnoten in Bassklarinette, Fagott, Tuba, Streichbass
und einem Beckenwirbel mit Crescendo als Spannungsaufbau auf den Zählzeiten 2 bis 4 zu einem
neuen Abschnitt mit deutlich geändertem Charakter hin.

Von Takt 27 – 34 folgt ein Aufgang, der zu Takt 35 hinführt.

Das ganze baut sich in 4 Kleinschritten von jeweils 2 Takten auf.

Das Tiefblech mit Ausnahme des Euphoniums gibt das Tongeschlecht in einem Wechsel aus
punktierter Halber und Viertel. Der erste Takt hat immer Dur-Charakter, der zweite Moll-Charakter.

Im ersten Kleinschritt sitzt der Aufgang in der zweiten und dritten Klarinette und dem Alt-Saxophon.
Die Bassklarinette und das Fagott spielen Achtel-Arpeggien.

Im zweiten Teil wechselt der Aufgang in die Oboe und die erste Klarinette.

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Einige Achtelaufgänge werden von Euphonium, Tenorsaxophon, Hörnern und Klarinetten im Verlauf
des zweiten bis vierten Kleinschrittes eingeworfen.

Im dritten Schritt erhöht sich das Aufgangsmotiv und wird umgekehrt. Die Flöten spielen nichtmehr
weiter in die Höhe, sondern um das g“ herum.

Während der ersten drei Kleinschritte wird crescendiert und acceleriert.

Das Crescendo erreicht zu Beginn des vierten Schrittes auf einem Forte seinen Höhepunkt. Hier ist
wichtig, dass der treibende Charakter, der vorangegangen ist schlagartig in einen ruhenden
Charakter wechselt, der trotzdem Spannung zur nächsten Eins aufbaut.

Der abschließende G-Dur Akkord sollte sauber intoniert werden. Hierzu sollte dieser neben
einzelnem Proben auch „mit Anlauf“, also mit dem vorrangehenden Takt geprobt werden, da seine
Wirkung so erst richtig entfaltet wird.

Mit dem a Tempo in Takt 35 folgt die erste Andeutung der Helena.

Der Charakter der Musik wandelt sich in eine liebliche, leise Stimmung.

Flöte und Oboe spielen ein liebliches, kleines Motiv. Dieses kann sehr gut mit Agogik ausgeschmückt
werden. Es breitet sich über acht Takte aus, bis Takt 42.

Im fünften Takt des Motivs setzt das Glockenspiel zusätzlich mit der Melodie ein. Dies sollte zart aber
gut hörbar sein.

Begleitet wird dies durch Terz- und Quartfälle in den Klarinetten. Diese sollten der Agogik folgen und
Spannungsbögen zur Eins des zweiten sowie vierten Taktes aufbauen. Außerdem begleitet wird
durch lange Töne in Bassklarinette, Alt-Saxophon sowie Tenorsaxophon.

Mit vier Achteln Auftakt zu Takt 43 ändert sich die Tonart und die Besetzung. Der Auftakt in den
Klarinetten soll als Aufgang mit deutlichem Crescendo erklingen. In Bassklarinette, Fagott,
Saxophonen und im Euphonium erscheinen Achtelläufe, die sich als Gegenmelodie absetzen dürfen
und sollen. Die restliche Begleitung muss besonders auf die Intonation achten, da wir uns in As-Dur
befinden! Wichtig ist hier zu betonen, dass ein Ces wesentlich tiefer ist als ein enharmonisch
verwechseltes H, hinzu kommt dann noch die leichte Verschiebung des Tones nach unten, da es eine
Dur Terz ist. Hier können die Posaunen behilflich sein, wenn ihnen das bewusst ist.

Von Takt 47 bis 50 baut eine nach oben gerichtete Viertellinie und als Auftakt zu 50 dann ein Abgang
in Achteln Spannung auf, die ihren Höhepunkt durch das Glissando in Saxophon und Horn erreicht
und so in einen viertaktigen musikalischen „Exkurs“ zu „Oh Fortuna“ weiterleitet.

Diese Stelle ist die dynamische Klimax des Stückes. Hier ist auf starke Akzente sowie satten Sound zu
achten. Balance darf auch hier nicht außer Acht gelassen werden.

In 55 soll dann gleichmäßig auf der Fermate decrescendiert werden bis hin zum Pianissimo.

Die Idee an dieser Stelle ist, dass der dramatische Teil der Prophezeiung einen Höhepunkt findet und
dann wieder in den Hintergrund rückt, um Platz für die nachfolgende Sibylle zu machen.

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Teil 2 – Sibylle ( Takte 56 – 113 ):
Im zweiten Teil wird die „böse“ Schwester Sibylle beschrieben. Ihr Leben ist geprägt von Armut,
Abneigung und negativen Weissagungen. Sie sieht Dinge, die für sie und andere unangenehm sind.

Logischerweise folgt hieraus ein eher negativ behafteter, rücksichtsloser, wilder und verzweifelter
Charakter. Diesen stellt Reineke im zweiten Teil in Gestalt eines unheilvollen, tänzerischen 5/4-Takt
vor. Die Taktart tanzt also genauso wie Sibylle „aus der Reihe“.

Der 5/4 Takt teilt sich rhythmisch gesehen in zwei punktierte Viertelnoten und zwei Viertelnoten auf.
Hierdurch entsteht ein tänzerischer Charakter, der an einen Totentanz erinnert. Die Besetzung zu
Beginn untermalt dies, ein tänzerischer Rhythmus im Schlagwerk wird von der Bassklarinette mit
einem lang gehaltenen Ton fundiert. Das Fundament soll stehen, die Lautstärke jedoch zu Beginn
noch sehr weit unten bleiben.

Wichtig: Die Cabasa wird mit den Fingerspitzen gespielt!

Erst ab Takt 61 soll die Lautstärke ansteigen. Hier setzt auch die Pauke ein, die eine treibende Rolle
einnimmt.

Dies baut auf zu Takt 64, wo im „tiefen Tutti“ (= Tutti im tiefen Blech, Holz und Schlagwerk) ein
nächster Höhepunkt erreicht wird. Vier Takte lang bleibt das Ganze fast im Unisono, endend auf der
Eins in Takt 68. Hier ändert sich der Charakter wieder von einer verschwörerischen, kräftigen, lauten
Stelle in einen leisen Hexentanz, der hinter verschlossener Tür um einen Topf herum geschieht.

Die Flöten müssen jetzt die Führung übernehmen, da sie mit ihrer lyrischen und zugleich springenden
Melodie den Tanzcharakter schöpfen, den das Schlagwerk noch bekräftigt. An dieser Stelle befinden
wir uns noch in Eskalationsstufe eins.

Nachdem die Flöten das achttaktige Hexenmotiv einmal gespielt haben, wiederholen sie dies noch
einmal, diesmal mit Unterstützung der Saxophone. Selbstredend muss hier auf das Tempo geachtet
werden, es soll nicht langsamer werden. Das ist erst Eskalationsstufe zwei. Hier ist noch kein
Höhepunkt!

Die dritte und damit letzte Eskalationsstufe erreicht der Teil in Takt 84 im kompletten Tutti. Hier
spielen alle (mit Ausnahme der Piccolo) erneut den Tanzrhythmus. Es wirkt aufgebraust und sehr
kraftvoll.

In Takt 88 folgt die Überleitung in eine erste musikalische Andeutung der Hexenjagd. Die Solopauke
deutet auf einen Aufbruch hin und sollte stark scheuchend wirken.

Bassklarinette, Fagott, Baritonsaxophon, Euphonium, Tuba und Streichbass stimmen nun wieder in
den Tanzrhythmus ein, der durch wegkürzen der letzten Viertel an den 4/4 Takt angepasst wurde.

Der weiterhin synkopische Rhythmus treibt erneut, und bildet die Grundlage für einen Groove, der
stetig wie eine Eisenbahn nach vorne geht. Dies wird durch die abwechselnden Viertellinien in
Posaune und Tenorsaxophon gegen die Trompeten und Klarinetten. Diese Viertel stellen die
Hexenjäger und die Hexe auf der Flucht da. Hier kann es schnell vorkommen, dass eine Gruppe die
andere einholt. Das wäre natürlich unzweckmäßig. Hier also darauf achten, dass das Tempo konstant
bleibt.

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Des Weiteren sollte auch hier beachtet werden, dass wir uns nur im Mezzoforte befinden.

Das Forte und damit aber auch wieder erst Eskalationsstufe zwei erreicht das Stück erst in Takt 100.

Dort übernimmt das Tutti den Vierer-Tanzrhythmus, mit Ausnahme der Alt- und Tenorsaxophone,
Trompeten, Hörnern und den Posaunen. Diese spielen eine Viertellinie aufwärts, ab dem dritten Takt
teilweise auch abwärts als Gegenbewegung. Dies erzeugt einen starken Spannungsaufbau und gehört
daher stark hervorgehoben.

In 104 erreicht das Orchester einen scheinbaren Höhepunkt mit Trillern in Flöte und Klarinette und
dem Tanzrhythmus im Tutti, dieser wird jedoch in 105 durch das Fortepiano herausgezögert. Piccolo,
Flöten und Klarinetten spielen zum weiteren Spannungsaufbau einen chromatischen Sechzentellauf
zum wirklichen Höhepunkt in Takt 106 hin.

Dort wechselt der Takt wieder in den 5/4 Takt und das Tanzmotiv erklingt, diesmal in einem
brachialen Tutti. Über die Lautstärke darf aber nicht der Tanz verlorengehen!

Ab Takt 113 beginnt ein molto Rallentando und ein großes Diminuendo in allen Stimmen, wodurch
die angespannte, actiongeladene Stimmung etwas ruhiger wird.

In meinen Augen endet mit Takt 116 der musikalische Teil der Helena und schwingt über in eine
Überleitung, die als Bindeglied zwischen Sibylle und Helena erfasst werden kann.

Die Überleitung erinnert stark an den Anfang des Stückes. Die Taktart ändert sich in den ersten fünf
Takten in jedem Takt, wodurch eine schwebende Atmosphäre entsteht. Bekräftigt wird dies durch
Dissonanzen in den begleitenden liegenden Tönen im Tiefblech sowie in Tenor- und Bari-Saxophon,
Fagott und Bassklarinette. Das Horn spielt eine dem Anfangschoral ähnliche Melodie.

Das bereits stark entschleunigte Tempo wird zu 124 noch weiter verringert.

In diesem Teil der Überleitung ist besonders auf die Atmosphäre zu achten. Die leisen, gehaltenen
Töne dürfen nicht zu präsent sein, müssen gleichzeitig aber genug Sound bieten.

Ab Takt 124 benötigen Klarinetten und Saxophone genug Luft und Stütze, auf den langen Tönen
genauso wie auf dem Viertelabgang. Sie wechseln sich mit der Bassklarinette ab, wenn man die
stärkere Präsenz betrachtet.

Hierbei spielt die Bassklarinette wieder die Rolle des gregorianischen Chorals. Rhythmisch sollte ihr
falls nötig durch Vorsingen oder Erklärung der Betonung geholfen werden.

Ab Takt 130 bietet sich ein Ritardando an. Auf der abschließenden Fermate spielen lediglich fünf
Instrumente im Piano und ebnen damit den Weg für den Beckenwirbel auf die Zählzeiten Drei und
Vier, der die nachfolgende Helena einleitet.

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Teil 3 – Helena ( Takte 134 – 165 ):
Helena, die als Kind ins Kloster gegeben wurde, wächst deutlich behüteter auf als ihre Schwester. Sie
wird als Heilige gehuldigt und prophezeit im Gegensatz zu ihre Schwester im Sinne der Menschen
und nur auf Anforderung. Man könnte sie durchaus als die „Normtreue“ bezeichnen.

Ihr einziges großes Laster ist ihre Sehnsucht nach ihrer Zwillingsschwester.

Der dritte Teil spiegelt in Helenas Motiv eine liebliche, fromme aber auch sehr starke und fast schon
heroische Person wider.

Das Helenamotiv, das bereits im ersten Teil erschienen ist, wird hier wieder aufgegriffen und vertieft.

Es wird wieder zunächst von den Flöten dargestellt, diesmal liegt die Gegenstimme jedoch im
Saxophon. Begleitet wird durch Baritonsaxophon und Tiefblech, exkludiert Euphonium.

Im Helenamotiv sollen Sehnsucht, Liebe, Frömmigkeit und Verzweiflung widergespiegelt werden.


Dies kann agogisch sowie dynamisch und mithilfe von Artikulation geschehen.

Die Melodie soll sehr lyrisch vorgetragen werden, mit einem deutlichen Legato. Der Spannungsbogen
baut immer zur Eins des jeweils zweiten Taktes auf, das bedeutet, dass das Crescendo dorthin sehr
ernst genommen werden darf. Falls das Orchester diese Kapazität hergibt kann auch ein leichtes
agogisches Accelerando dorthin und ein Ritardando ab diesem Ton erfolgen. So entsteht der
Eindruck, dass sich die Musik wellenförmig oder wolkenartig bewegt.

Wird die Agogik nicht mit angewendet, so entfällt leider der Eindruck der Sehnsucht. Jedoch kann
hierauf aus pragmatischen Gründen auch verzichtet werden.

Hervorzuheben und zu gestalten sind auch die Gegenlinien, die Bassklarinette, Fagott sowie
Tenorsaxophon und Klarinette einwerfen. Sie bringen noch mehr Bewegung in die Abphrasierung.

Das Fundament soll sehr dicht und durchsichtig sein. In der dritten Posaune sind Quartvorhalte zu
finden, diese sollten sehr prominent hervorstechen.

Mit Auftakt zu Takt 145 unterstützt das Glockenspiel wieder die Flöte.

Helenas heroische, mutige Seite kommt ab Takt 149 zum Vorschein. Das Tempo zieht an und das
Horn spielt eine majestätische Melodie. Hier dürfen die Gegenstimmen auch sehr präsent werden, da
mit Piu Mosso nicht nur ein höheres Tempo, sondern eben mehr Bewegung gefordert wird.

Mit dem Rallentando ab Takt 155 wird der Tonartwechsel in 157 eingeleitet. Hier ist der Einsatz der
Piccolo und die neue Dynamik als Forte sowie die Beckenschläge ausschlaggebend, um einen
Höhepunkt des Helenamotivs zu schaffen. Fünf Takte lang soll ein saftiges, beherztes Tutti-Forte
erklingen und das Herz der Hörer bluten lassen.

Im Ritardando entspannt sich das ganze wieder, mit einem fast schon folternden Quartvorhalt zu
Ges-Dur endet der Helenateil dann endgültig.

Doch im nächsten Teil soll sich ihre Verzweiflung noch drastisch bewahrheiten…

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Teil 4 – Hexenjagd ( Takte 166 – 209 ):

Der vierte Teil von Reinekes Werk beschreibt den Ausbruch Sybilles aus dem Gefängnis und die
daraufhin stattfindende Hexenjagd.

Das Schlagwerk baut mit seinen Wirbeln auf der Fermate in Takt 166 Spannung auf.

Die Unisonoeinwürfe in den darauffolgenden Takten müssen exakt und stark akzentuiert sein. Im
dritten Takt ist subito ein Mezzoforte einzuhalten. Es folgt ein Teil, der dem Teil ab 90 gleicht.

Dies kann in der Probe genutzt werden. Hier müssen nicht beide Stellen ausführlich geprobt werden.

Bis Takt 184 kommt also eigentlich nur Bekanntes. Wieder der Totentanz, nur in einer anderen
Tonart.

Es ändert sich erst wieder Signifikant etwas ab 185. Hier baut sich ein weiterhin tänzerischer
Rhythmus im Wechsel aus zwei ¾- und einem 2/4 Takt über stetig fortlaufenden Vierteln als
Tonleiterfolgen auf. Im Schlagwerk erklingt ein treibender Rhythmus.

Es werden viermal dieselben drei Takte wiederholt.

In 197 wird es dann sehr wirr! Das Schlagzeug treibt weiter und Pauken sowie tiefes Holz und Blech
spielen einen synkopischen Rhythmus, der mit vier akzentuierten Achteln endet.

Der Rest hält ab für 7 Schläge einen beliebigen Ton aus. Hier wird der Hinweis, ungewöhnliche Töne
zu wählen bereits zum gewünschten chaotischen, dissonanten Klang führen. Dies beschreibt die
schreiende Hexe, die auf ihrem Besen davonfliegt und ihre Schwester alleine zurücklässt.

Es folgt wieder eine Überleitung. Diese gleicht auch der ersten Überleitung und muss daher nicht
unbedingt erneut geprobt werden.

Die Überleitung schafft erneut den Übergang von Sibylle zur nun alleine Zurückgebliebenen Helena,
die nun im Schlussteil den Höhepunkt ihrer Verzweiflung erleben wird…

Teil 5 – Schluss ( Takte 210 – 241 ):


Der fünfe Teil lässt uns musikalisch den Suizid Helenas erleben. Das Helenamotiv kommt zum
heroischsten Höhepunkt und endet sogar im „Oh Fortuna“, der Prophezeiung, die sich bewahrheitet
hat.

Grundlegend ähneln sich die Takte 210 bis 217 mit den Takten 157 bis 164 sehr stark. Der Charakter
wird jedoch noch heroischer durch Gegenstimme im Horn und durch die Melodieunterstützung
durch Trompete und Klarinette. Interessanterweise setzt Reineke hier weniger a2-Becken ein.

Von Takt 218 an ergreift die Flöte dann das Heldenmotiv, das früher schon vom Horn gespielt wurde.

Die Spannung bleibt aufrecht, bis sie im Rallentando mit dem Trompetensignal und einem Glissando
in Alt-Saxophon und Horn noch einmal steigt, um dann im „Oh Fortuna“ einen neuen dramatischen
Höhepunkt zu setzen, bevor die Stimmung in traurig umschwenkt.

Das Diminuendo ab Takt 231 soll bis zum Schluss stetig fortlaufen. Die Instrumente, deren langer Ton
endet, sollen den Ton ins Nichts gehen lassen.

Das Solo im Euphonium zeigt eine letzte kleine Träne der Eltern, die um ihre Helena trauern.

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Die Schläge in den Chimes sind immer leiser werdende Glockenschläge. Der letzte Glockenschlag soll
so lange aufrechterhalten bleiben, bis er verklungen ist. Dies ist vor allem für die Aufführung des
Stückes wichtig. Und während der letzte Schlag verstummt heißt es nur noch: Den Schmerz fühlen
und genießen!

Schlusswort:
Abschließend möchte ich noch kurz ein paar meiner Eindrücke und Ideen zum Stück allgemein
formulieren.

Das Stück hat einige sich ähnelnde oder sogar wiederholende Teile. Dies ist zugleich Fluch und Segen.
Es kann genutzt werden, um Probenzeit zu sparen, birgt aber auch die Gefahr, die Nuancen zwischen
den Teilen abzuflachen. Es sind sehr kleine Details, die zwischen Verzweiflung und Sehnsucht
unterscheiden können und somit einen signifikanten Unterschied machen können. Daher sollten
viele Ideen klar kommuniziert werden.

Außerdem ist es wichtig, dass klargestellt ist, wovon das Stück letztlich lebt. Es ist nämlich nicht
einfach ein Stück, welches einfach nur eingängig, besonders kraftvoll oder besonders lieblich ist. Es
ist der ständige Wechsel des Charakters, der „The witch and the saint“ Leben einhaucht.

Die Taktwechsel sehen zunächst nach einer größeren Hürde aus, stellen eine solche aber letztlich
nicht da, da das Feeling der Musik das Ganze sehr einfach werden lässt.

Das schwierige an diesem Stück ist eigentlich nur, aus den Tönen Musik zu machen!

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