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Abbildung 3: Ein Teil des Allison Model 250 Teams vor dem ersten Testlauf 1959
(von links nach rechts) Wylie Johnson, Dick Galune, John Wheatley, Bill Castle, Bob Wente.
(Foto: Allison Gas Turbine Division bei General Motors)
Am Ende der Fünfziger Jahre hatte sich Tatsächlich schrieb die Army die Entwick-
Allison neben GE und Pratt & Whitney als lung eines solchen Triebwerks zum Wett-
einer der großen Gasturbinenhersteller in bewerb aus und Studien wurden an Lyco-
den USA etabliert. ming, Garrett, Teledyne CAE u.a. verge-
ben. Es sollte ein superleichtes Triebwerk
Der Kontrakt der US Army sein, das mindestens 30 Minuten lang 250
Man muss sich nun in Erinnerung bringen, PS bei MSL-Bedingungen abgeben können
dass man Mitte der Fünfziger Jahre nahezu und mit freilaufender Powerturbine ausge-
euphorisch auch an der Ablösung des stattet sein sollte. Es musste gleicherma-
Kolbenmotors als Autoantrieb arbeitete. ßen taugen für den Antrieb von Hub-
Viele der Autohersteller (Chrysler, GM, schraubern als auch von Flugzeugen.
Fiat, Rover) waren enthusiastisch dabei, Auch Allison war involviert. Russ Hall war
irgendwelche Prototypen zu bauen. Auch der Chefdesigner für die Konzeption von
die US Army war 1956 in einer Studie zu Allisons Prototyp. Als Ergebnis dieser
dem Schluss gekommen, man brauche ein Arbeit stellte Allison der US Army das
kleines und leichtes Turbinentriebwerk. Model 250 am 10. März 1958 zum ersten
Trotzdem führte die Äußerung eines Ex- Mal formal vor. Man schlug die Entwick-
perten in einem NACA Arbeitskreis „die lung von zwei Versionen vor: Das 250-B1
Army brauche keine Tausende-von-PS- sollte die Turbopropversion werden und
Giganten sondern ein 250 PS Triebwerk“ das 250-C1 war als Turboshaftversion
angeblich zu einem riesigen Gelächter geplant. Beide Triebwerke waren im Kern
(lol). identisch: Siebenstufiger Axialverdichter
mit nachfolgendem, einstufigem Radial-
Turbinenstufe, woraufhin die Army im Die Army blieb bei Allison als Triebwerk-
November 1961 das Projekt grundsätzlich lieferant des LOH-Programms. Bei den
in Frage stellte und bei anderen Herstel- folgenden ersten Helikoptertestflügen
lern nach Alternativen suchte. Die Army hatte man etliche Probleme mit der An-
hatte Bedenken, ob Allison überhaupt in passung der Steuereinheit an die beson-
der Lage sein würde, das Triebwerk recht- deren Torsionsbedingungen bei Helikop-
zeitig für ihr im Jahr 1960 ins Leben geru- terantrieben. Im Rahmen der notwendigen
fene Light Observation Helikopter (LOH) Anpassungen wurde u.a. die Hubschrau-
Programm liefern zu können. Im Wettbe- berversion umgekehrt eingebaut, sodass
werb gegen Boeing gewann CAE und be- der Turbinenauslass nach oben zeigte. Im
gann 1961 mit der Entwicklung des T65 Dezember 1962 erhielt die Militärversion
als Ersatz für Allisons T63, wie es militä- T63-A-5 die militärische Zulassung und
risch hieß. ihr kommerzielles Pendant das Model
Der zusätzliche Wettbewerb sorgte bei 250-C10 Turboshaft die Zulassung der
Allison für 24-Stunden Arbeitstage und im FAA. Das T63-A-5 leistete wie vorgegeben
Oktober und November 1961 waren dann 252,5 Wellen-PS.
die Probleme wirklich gelöst und die Mo-
del 250 Turboshaft und Turboprop Ver- Erfolge als Helikopterantrieb
sionen bestanden beide im November und Allison lieferte die ersten Produktions-
Dezember 1961 ihre militärischen Zulas- triebwerke an die Wettbewerber des LOH-
sungstests (PFRT) als Flugtriebwerke. Programms aus. Dabei traten drei Herstel-
Abbildung 5: Hughes OH-6A , kommerziell als Hughes 500 bekannt (Foto: US Army)
Abbildung 10: Allison Model 250 C20B aus MTU-Fertigung (Foto: Public Domain)
tauscht. Auch dieses Problem konnte man C20R dann 450 PS. Die Steigerung von
später durch einen Trägheitsabscheider 420 auf 450 PS erzielte man dabei durch
zufriedenstellend lösen. Erhöhung der Druckzahl von 7,2 auf 7,9,
Nach Auslieferung einiger tausend Trieb- wobei zwei der sechs Axialstufen wegfie-
werke und der kontinuierlichen Modell- len. Das SFC sank dabei auf 277 g/PSh.
pflege hatte man bis Ende der Sechziger Zwischen 1971 und 1995 wurden insge-
Jahre ein sehr stabiles Triebwerk geschaf- samt 16.240 Serie II Turboshaft-
fen. Triebwerke ausgeliefert. Darunter befin-
den sind übrigens auch ca. 750 Triebwer-
Serie II: Das Militär und die zivilen Nutzer ke, die in Friedrichshafen bei MTU für den
forderten mehr Leistung. Man entwickelte MBB BO105 Hubschrauber in Lizenz ge-
daraufhin aus dem C18 ein leistungsstär- baut wurden.
keres Triebwerk, das C20, welches im Mai Im April 1971 wurden auch die Turbo-
1970 zugelassen wurde. Die Leistungs- propvarianten B17B/C/D/E (Basis C20) mit
steigerung erzielte man durch Vergröße- 420 PS und danach das B17F1/F2 mit 450
rung des Kompressordurchmessers und PS (Basis C20R) zugelassen.
Steigerung des Luftdurchsatzes um 13 %. Interessant ist übrigens der Versuch von
Turbinenseitig konnte man auch die Tur- Allison aus den Jahren 1984-85, eine kos-
bineneinlasstemperatur (TIT) durch besse- tengünstigere Version des Model 250 auf
re Materialien heraufsetzen. Alles in Allem den Markt zu bringen. Man brachte das
leistete das Triebwerk als C20 anfänglich Model 225 heraus, basierend auf dem
400 PS, dann als C20B/F/J 420 PS und als C20B. Hierbei wurden Teile von asiati-
schen Partnern in China, Südkorea und Serie IV: Die Forderung nach mehr Leis-
Indien gefertigt, die dann nach Indianapo- tung ist für Entwicklungsabteilungen eine
lis geliefert wurden. Allison baute das Dauerforderung. Bei Allisons Model 250
Triebwerk dann selbst zusammen. Der führte sie zur weiteren Entwicklung des
Preis reduzierte sich dabei vom damaligen C30 mit 650 PS, das im März 1978 zuge-
Preis von 85 t$ auf 55-60 t$. Das ‘low- lassen wurde. Zur Leistungssteigerung
cost’ Triebwerk wurde im März 1987 zer- wurde der Verdichter vergrößert, der nun
tifiziert. Das Programm wurde aber ge- 2,54 kg/sec bei gleicher Druckzahl liefern
stoppt, die gewonnenen Partner China konnte. Das C30 verwendete zum ersten
Aero Technology, Samsung United Aero- Mal eine elektronische Kontrolleinheit.
space und HAL in Indien fungierten da- Das C30-Triebwerk war gegenüber der
nach weiterhin als Teilelieferanten. Hierbei ersten Version um den Faktor 2,6 stärker,
lässt sich heute auch die Frage stellen, hatte gewichtsseitig von 63 kg auf 109 kg
inwieweit man mit dem RR500TP die Stra- zugenommen, wobei die Größe nahezu
tegie von damals erneut aufkochen will. gleich geblieben war. Es war nun 1,25 cm
länger, 7,4 cm breiter und 6,6 cm höher.
Serie III: 1972-73 wurde bei Allison das Das Leistungsgewicht konnte von 0,25
C28 Triebwerk auf der Basis des C20 ent- kg/PS auf 0,17 kg/PS gesteigert werden.
wickelt mit einer Maximalleistung von 500 Das Triebwerk wurde in einer ganzen Rei-
PS. Hierzu unterzog man den Kompressor he von Hubschraubern verbaut, u.a. bei
einer kompletten Neuentwicklung. Der Bell 206 LongRanger, Aerospatiale
neue Verdichter, entwickelt durch Pete AD350G, Sikorsky S-76 und Bell OH-58D-
Tramm, bestand nur noch aus einem ein- Kiowa.
stufigen Radialverdichter, der ein höheres
Druckverhältnis erreichte (8,4) und dabei Ebenfalls zur Serie IV, allerdings mit dem
mehr Luft (2,02 kg/sec) befördern konnte. Zusatz FADEC, entstanden bereits unter
Der neue Verdichter verwendete auch der Regie von Rolls-Royce die beiden Va-
einen patentierten ‘slotted inducer’, der rianten C40 und C47, die zum Antrieb von
als intelligentes Überdruckventil fungierte, Bell 430 und Bell 407 dienen. Bei diesen
wenn die Turbine bei niedriger Drehzahl Varianten wurde die Druckzahl auf 9,2
die zugeführte Luft des Verdichters nicht gesteigert. Das C40B erreicht hiermit eine
abnehmen konnte, und das bei hoher Leistung von 715 PS bei einem SFC von
Drehzahl zusätzlich Luft lieferte. Die Tur- 258 g/PSh. Durch FADEC sind viele Pro-
bine wurde ebenfalls aerodynamisch an- zesse wie z.B. automatic starting automa-
gepasst. Das C28 Triebwerk wurde ab tisiert oder werden wie z.B. bei der elek-
1976 ausgeliefert und insbesondere in tronischen Overspeedkontrolle und der
Bells LongRanger, der Langversion des Begrenzung von Torque und Temperatur
JetRangers, und auch im MBB BO105LS durch Computer überwacht.
eingesetzt. Vom C28B/C wurden bis 1995 Letzte Entwicklungen betreffen die Ent-
869 Stück ausgeliefert. wicklung der low-cost Variante RR300, die
den Robinson R66 Leichthubschrauber
Mit Fazit
−1
Pr eis Pr eis Gal NM Wir haben gesehen, dass Allisons Model
= * * 250 Turbine auf eine fünfzigjährige Ge-
NM Gal h h
schichte zurückblicken kann. Sein Erfolg
gilt bei Einsetzen der Prozentzahlen:
erklärt sich ähnlich wie bei PT6 und Beech
Pr eis −1 Pr eis
= 0,85 * 1,39 * (1,15) = 1,028 * KingAir 90 aus der richtigen Kombination
NM T NM K
(T=Turboprop, K=Otto-Kolbenflugmotor) zur richtigen Zeit. Beim Allison Model 250
Unter den gemachten Voraussetzungen ist heißt diese Kombination Allison 250 plus
folglich der Turbopropantrieb bezogen auf Bell 206 und Hughes 500. Ohne den Erfolg
die Kosten pro NM nur 2,8 % teurer als der dieser Leichthubschrauber sowohl im mili-
Otto-Flugmotor. tärischen wie im zivilen Sektor wäre auch
Ganz anders sieht es allerdings bei den der Erfolg des Triebwerks nicht denkbar
Investitionskosten aus. Hier ist auch die gewesen. Über die Jahre hinweg wurde das
Allison-Turbine nicht dafür bekannt, be- Triebwerk von 250 Wellen-PS bis zu einer
sonders günstig zu sein. Ein fabrikneues Leistung von 715 Wellen-PS gesteigert,
B17F2 Triebwerk dürfte heute bei etwa das Ganze bei nahezu gleichen Abmes-
340.000 US$ liegen und die nach einer sungen und nur moderater Gewichtserhö-
TBO von 3.500h fällige Überholung kostet hung. Bei der Turbopropversion ist der
ca. 140.000 US$. Nach der Hälfte der Zeit, Entwicklungsstand bei der Serie II/B17F-
also nach 1.750 Betriebsstunden ist eine Version stehen geblieben, die Serie-III-
Hot Section Inspection fällig. Kosten: ca. und Serie-IV-Entwicklungen wurden dort
40.000 US$. Eine Konversion schlägt mit leider bis heute nicht vollzogen..
etwa 550.000 US$ zu Buche. Rechnet man Bei der Flugunfallstatistik wird dem Trieb-
einen Zehnjahreszyklus mit 500 h pro werk eine ähnliche Zuverlässigkeit wie der
Jahr, sind ohne die Anschaffungsinvesti- PT6 unterstellt. Man darf annehmen, dass
tion etwa 257 t$/5.000h = 51 $/h fixe dies so ist, auch wenn es offizielle Zahlen
Triebwerkkosten zu kalkulieren. nicht gibt bzw. dem Autor nicht bekannt
Es sind nicht zuletzt die hohen Preise, die sind. Insgesamt dürften bis dato etwa
der kleinen Allison Gasturbine den Durch- 30.000 Turboshaft-Triebwerke und ca.
bruch versagen. Gespannt darf man auf 1.500 Turboprop-Triebwerke ausgeliefert
den Preis des RR500TP sein, wenn es denn worden sein.
mal zugelassen sein wird. Rechnet man Nach der Übernahme von Allison durch
entsprechend des angedachten Preises Rolls-Royce in 1995 hat man sich zu-
von 1985 darf man einen Preisunterschied nächst um die Entwicklung der C40 und
zum Model 250 von mindestens 35 % er- C47 FADEC-Versionen für neuere Bell
warten. Immerhin. Wenn dies auch auf die Hubschrauber gekümmert. Erst in jüngster
laufenden Betriebskosten angewandt wür- Zeit wurde man bei der Entwicklung des
de, hätte das RR500TP vielleicht eine rea- low-cost Triebwerks RR300 wieder in
listische Chance auf höhere Absatzzahlen. Richtung neuer Produktideen aktiv und
plant bekanntlich auch Entwicklung und
Quellen:
[1] Richard A. Leyes II, William A. Fleming:
Abbildung 11: FADEC der Turboshaft Versionen The History Of North American Small Gas
C40/C47 (Quelle: Rolls-Royce Datenblatt) Turbine Engines, AIAA, 1999, ISBN 1-
56347-332-1
Zulassung des low-cost Turboprop [2] Rolls-Royce: Significant Facts about the
RR500TP. Model 250, Dez. 2005
Es kann gar kein Zweifel darüber be- [3] Rolls-Royce: Fact Sheet Model 250, Product
stehen, dass das RR300 im Robinson R66 Line Summary, 2002
[4] Rolls Royce: Model 250 Products, Engine
ein weiterer Erfolg werden wird. Ob aller-
descriptions, applications and specifications,
dings auch die Turbopropversionen end-
2004
lich adäquate Anwendungen finden wer-
den, ist vollkommen offen. Vielleicht wäre
es an der Zeit, dass man bei Rolls-Royce
auch das Model 250 turbopropseitig auf
den Stand seiner Turboshaftabkömmlinge
bringen würde. Mit 650 Turboprop-PS und
FADEC wäre man dann in der Lage, in den
Wettbewerb zur kleinen PT6 einzutreten.
Insbesondere die Druckkabinen-
Turboprop-Singles wie z. B. eine Extra 500
Abbildung 13: Übersicht Allison/RR Model 250 Versionen und Anwendungen (Tabelle: KLSP)