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Kinematik

KME Passerelle
INHALTSVERZEICHNIS 1

Inhaltsverzeichnis
1 Gleichförmige Bewegungen 2
1.1 Definition der Geschwindigkeit (koordinatenfrei) . . . . . . . . . . . 2
1.2 Begriff der Relativgeschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
1.3 Definition der Geschwindigkeit (in Koordinaten) . . . . . . . . . . . 9
1.4 s(t)- und v(t)- Diagramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
2 Einheiten in der Physik 16
2.1 Grössen, Formelzeichen und Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
2.2 Die sieben Basisgrössen der Physik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
2.3 Präfixe für Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
3 Beschleunigte Bewegungen ohne Anfangsgeschwindigkeit 24
3.1 Begriff der beschleunigten Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
3.2 Formeln für die beschleunigte Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . 25
3.3 Begriff der verzögerten Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
3.4 Formeln für die verzögerte Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
4 Freier Fall 34
4.1 Begriff des freien Falls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
4.2 Die Erdbeschleunigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
5 Beschleunigte Bewegungen mit Anfangsgeschwindigkeit 40
6 Begründung der Formeln von Kapitel 5 (freiwillig)* 51
7 Überlagerung von Bewegungen* 53
7.1 Vektorielle Darstellung von Geschwindigkeiten . . . . . . . . . . . . 53
7.2 Additionsgesetz für Geschwindigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
8 Mathematischer Anhang (bei Bedarf)* 59
8.1 Trigonometrie im rechtwinkligen Dreieck . . . . . . . . . . . . . . . . 59
8.1.1 Definition der trigonometrischen Funktionen . . . . . . . . . 59
8.1.2 Berechnung der Funktionen mit dem Taschenrechner . . . . . 59
8.1.3 Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
8.2 Vektoren (koordinatenfrei) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
8.2.1 Der Begriff des Vektors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
8.2.2 Addition von Vektoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
1 GLEICHFÖRMIGE BEWEGUNGEN 2

Inhalt der Kinematik ist das Beschreiben der Bewegungen von Objekten. Die Ur-
sachen der Bewegungen werden nicht untersucht. Beispiele: Bremsendes Auto, ge-
worfener Stein, ...

1 Gleichförmige Bewegungen
1.1 Definition der Geschwindigkeit (koordinatenfrei)
Die Geschwindigkeit ist definiert als „Weg pro Zeit:

Def: Legt ein Objekt in der Zeit t den Weg


s zurück, so hat es die Geschwindigkeit
s
v=
t
m
Einheit: [v] = s

Def: Ändert ein Objekt seine Geschwindig-


keit nicht, so bewegt es sich gleichförmig
und seine Geschwindigkeit ist konstant.
Beispiel 1 (Geschwindigkeit eines Autos)
Ein Auto legt mit konstanter Geschwindigkeit in 36 min 216 km zurück. Berechne
seine Geschwindigkeit
a) in m/s
b) in km/h

a) 216 km = 216′000 m, 36 min = 36 · 60 s = 2160 s


s 216′000 m m
v= = = 100
t 2160 s s
b) 36 min = 36
60 h
216 km
v= 36 = 360 km/h
60 h
1 GLEICHFÖRMIGE BEWEGUNGEN 3

Beobachtung:

Die Geschwindigkeit in m/s multipliziert


mit dem Faktor 3.6 liefert die Geschwindig-
keit in km/h.
Beispiel 2 (Entfernung Erde-Mond)
Neil Armstrong stellte 1969 den ersten La-
serspiegel auf den Mond (siehe Abbildung).
Die Apache-Point-Sternwarte in New Mexi-
ko schickt Laserstrahlen auf diesen Reflektor
und misst ihre Laufzeit t = 2.56 s für Hin-
und Rückweg.
Wie weit ist der Mond etwa von der Erde entfernt? (Lichtgeschwindigkeit: c =
300′ 000 km/s)

Zeit für den Hinweg: t = 2.562 s = 1.28 s


s
v = | auflösen nach s
t
s = vt
= 3 · 108 m/s · 1.28 s
= 3.84 · 108 m
= 384′000 km
1.2 Begriff der Relativgeschwindigkeit
Mithilfe der Relativgeschwindigkeit kann man Aufgaben manchmal effizient (d.h.
mit wenig Rechenaufwand) lösen.
Beispiel 3 (Aufholen mit dem Velo)
Du fährst mit dem Velo mit 5 m/s auf einem Waldweg einem Jogger hinterher, der
mit 3 m/s unterwegs ist. Der Jogger hat 100 m Vorsprung.
a) Wann hast du ihn eingeholt?
b) Welchen Weg hast du dann zurückgelegt?

a) Deine Relativgeschwindigkeit zum Jog-


ger:
v = 5 m/s − 3 m/s = 2 m/s.
1 GLEICHFÖRMIGE BEWEGUNGEN 4

Also:
s 100 m
= t= = 50 s.
v 2 m/s
b) s = vt = 5 m/s · 50 s = 250 m

Zum Verständnis für die Relativgeschwindigkeit


Wir stellen uns eine 1.5 m dicke Schicht Bodennebel vor. Und dass du vom Velo
aus weit und breit nichts anderes siehst als den Kopf und die Schultern des Joggers.
Deine Geschwindigkeit und die des Joggers (relativ zum Boden) kannst du kaum
beurteilen. Insbesondere wäre es denkbar, dass der Jogger nur auf der Stelle tritt
und sich relativ zum Boden gar nicht bewegt. Wie lange es dauert, bis du den Jogger
aufgeholt hast, hängt auch nicht davon ab, ob sich der Jogger relativ zum Boden
bewegt oder nicht. Das hängt einzig und allein davon ab, wie schnell du dich relativ
zum Jogger bewegst. Und das sind im obigen Beispiel 2 m/s.
1 GLEICHFÖRMIGE BEWEGUNGEN 5

Aufgaben 1: Definition der Geschwindigkeit (koordinatenfrei)


Schwierigkeitsgrad 1
Aufgabe 1 (Bahngeschwindigkeit der Erde um die Sonne)
Welche Geschwindigkeit hat die Erde auf ihrer Kreisbahn mit Radius r = 150 Mio
km um die Sonne? (Für Interessierte: Die Bahn ist genau genommen eine Ellipse,
aber mit kleiner Exzentritität, d.h. die Ellipse ist fast ein Kreis.)
Aufgabe 2 (Belastungszeit einer Eisenbahnbrücke)
Ein 350 m langer Zug fährt über eine 220 m lange Brücke. Wie lange ist sie belastet,
wenn der Zug mit 54 km/h unterwegs ist?
Aufgabe 3 (Überholende Lastwagen)
Ein LKW (60 km/h) überholt einen andern (v = 54 km/h). Beide Lastwagen sind
10 m lang.
a) Wie lange dauert der Überholvorgang, wenn er bei 20, m Abstand aus- und
einschert?
b) Wie lang ist der Überholweg (des schnellen LKW)?
Aufgabe 4 (Aufeinander zubewegende Personen)
Von den Punkten A und B, die 1500 m auseinanderliegen, bewegen sich gleichzei-
tig ein Fussgänger und ein Velofahrer aufeinander zu. Ihre Geschwindigkeiten sind
1.4 m/s und 5.6 m/s.
a) Wann treffen sie sich?
b) Wie viele Meter von A entfernt treffen sie sich?

Schwierigkeitsgrad 2
Aufgabe 5 (Bär verfolgt Touristen)
Ein wütender Bär verfolgt einen Touristen, der mit 4 m/s auf sein Auto zurennt.
Das Auto befindet sich in der Entfernung d vom Touristen. Der Bär befindet sich
in diesem Moment 26 m hinter dem Touristen und rennt mit 6 m/s. Der Tourist
erreicht das Auto und ist gerettet!
Welches ist die maximale Entfernung d, wenn die Zeit zum Einsteigen vernachlässigt
wird?
Aufgabe 6 (Vom Kirchenglockenschall verfolgt)
Zum Zeitpunkt, zu dem eine Kirchturmuhr schlägt, bist du 1500 m vom Kirchturm
entfernt und bewegst dich mit dem Auto mit v = 108 km/h genau von der Kir-
che weg. Nach welcher Zeit hörst du den Glockenschlag? (Schallgeschwindigkeit:
340 m/s)

Aufgabe 7 (Zeitintervall zwischen zwei Planeten-Oppositionen berechnen))


Zuerst eine Begriffserklärung: Ein äusserer Planet (hier der Mars) befindet sich in
Opposition zur Erde, wenn Erde, Sonne und Planet auf einer Linie stehen, wobei
die Erde zwischen der Sonne und dem Planeten steht.
Zur Aufgabe: Die Umlaufzeit des Mars ist 686 Tage, die der Erde 365 Tage. Wie
viele Tage verstreichen zwischen einer Opposition und der nächsten?
1 GLEICHFÖRMIGE BEWEGUNGEN 6

Lösungen 1: Definition der Geschwindigkeit (koordinatenfrei)


Schwierigkeitsgrad 1
Aufgabe 1
2π·150·106 km :3.6
v= 365·24 h = 107′ 600 km/h = 29.9 km/s

Aufgabe 2
Von dem Augenblick, in dem die Lokomotive die Brücke belastet, bis zu dem Au-
genblick, in dem der letzte Wagen die Brücke nicht mehr belastet, legt der Zug (d.h.
irgend ein Punkt des Zugs) die Strecke
s = 350 m + 220 m = 570 m

zurück. Dafür benötigt er die Zeit (54 km/h :3.6


= 15 m/s)
s 570 m
t= = = 38 s
v 15 m/s

Aufgabe 3
a) Der Überholweg des schnellen Lastwagens relativ zum langsamen ist
s = (20 + 10 + 20 + 10) m = 60 m.

Die zugehörige Relativgeschwindigkeit ist


v = 60 km/h − 54 km/h = 6 km/h.

Der Überholvorgang dauert deshalb (6 km/h = 1.6 m/s)


s 60 m
t= = = 36 s
v 1.6 m/s

b) Der schnelle Lastwagen hat relativ zur Strasse die Geschwindigkeit v = 60 km/h
und braucht t = 36 s zum Überholen. Also ist der Überholweg (60 km/h = 16.6 m/s)
s = v · t = 16.6 m/s · 36 s = 600 m

Aufgabe 4
a) Die Relativgeschwindigkeit der beiden zueinander ist
v = 1.4 m/s + 5.6 m/s = 7 m/s.

Um damit gemeinsam die Strecke s = 1500 m zurückzulegen, brauchen sie die Zeit
s 1500 m
t= = = 214.2 s ≈ 214 s
v 7 m/s

b) Der Fussgänger entfernt sich mit v = 1.4 m/s während t = 214 s vom Punkt A.
Dabei legt er folgenden Weg zurück:
s = v · t = 1.4 m/s · 214 s = 299.6 m ≈ 300 m
1 GLEICHFÖRMIGE BEWEGUNGEN 7

Schwierigkeitsgrad 2
Aufgabe 5
Der Tourist braucht bis zum Auto die Zeit
sT d
tT = = ,
vT vT
der Bär
sB 26 m + d
tB = = .
vB vB
Die beiden sind gleich lang unterwegs. Also setzen wir die Zeiten gleich und lösen
nach d auf:

tT = tB
d 26 m + d
=
vT vB
d · vB = (26 m + d)vT
d · vB = 26 m · vT + d · vT
d(vB − vT ) = 26 m · vT
26 m · vT
d =
vB − vT
Zahlen einsetzen:
26 m · 4 m
s
d= m = 52 m
6ms − 4 s
Aufgabe 6
Die Relativgeschwindigkeit des Schalls zum Auto ist vS − vA . Ist t die Zeit, bis der
Schall das 1500 m entfernte Auto eingeholt hat, gilt

t(vS − vA ) = 1500 m
1500 m
t =
vS − vA
Zahlen einsetzen:
1500 m
t= = 4.84 s
340 m/s − 30 m/s
Aufgabe 7
Wir stellen uns vor, die Erde bewege sich ebenfalls auf der Marsbahn, benötige
aber nur die 365 Tage für eine Umkreisung der Sonne (was physikalisch unmöglich
ist). Die Aufgabe heisst dann: Nach wie vielen Tagen hat die (schnellere) Erde den
(langsameren) Mars eingeholt, wenn sie am gleichen Ort starten?
Die Relativgeschwindigkeit der Erde zum Mars ist
2πrM 2πrM
vE − vM = −
TE TM
1 GLEICHFÖRMIGE BEWEGUNGEN 8

wobei vM die Bahngeschwindigkeit vom Mars, vE die (fiktive) Bahngeschwindigkeit


der Erde auf der Marsbahn ist, rM der Radius der Marsbahn und TM , TE die
Umlaufzeiten vom Mars bzw. der Erde.
Ist t die gesuchte Zeit in Tagen, so hat die Erde relativ zum Mars nach t Tagen
eine volle Kreisbahn 2πrM zurückgelegt. Also gilt

2πrM 2πrM
( − )·t = 2πrM | : 2πrM
TE TM
1 1
( − )·t = 1
TE TM
1
t = 1 1
TE − TM

Zahlen einsetzen:
1
t= 1 1 = 780.031 d ≈ 780 d
365 − 686
1 GLEICHFÖRMIGE BEWEGUNGEN 9

1.3 Definition der Geschwindigkeit (in Koordinaten)


a) Definition in Koordinaten
Manchmal ist es zweckmässig, sich vorzustellen, das betreffende Objekt bewege
sich längs der reellen Zahlengeraden R (1-dimensionales Koordinatensystem). Diese
Vorstellung benutzen wir im nächsten Abschnitt vorallem für die graphische Dar-
stellung von Bewegungen und später im Kapitel 5 bei beschleunigten Bewegungen
mit Anfangsgeschwindigkeit.

t1 t2 ~v
R

0 s1 s2
Abb: Das Objekt befindet sich zum Zeitpunkt t1 bei der Ortskoordinate s1 und zum Zeitpunkt t2
bei der Koordinate s2 .
Den zurückgelegten Weg kann man dann als Differenz s2 −s1 zweier Ortskoordinaten
s1 , s2 beschreiben und die dafür benötigte Zeit als Differenz t2 −t1 zweier Zeitpunkte
t1 , t2 :

∆s := s2 − s1
∆t := t2 − t1
Die Geschwindigkeit definiert man dann als

∆s
v=
∆t
Zeitliche Reihenfolge der Indizes: t1 bedeutet immer den früheren Zeitpunkt
und t2 den späteren. Und s1 bedeutet die Ortskoordinate zum Zeitpunkt t1 und s2
die Koordinate zum Zeitpunkt t2 .
Beispiel: s1 = 3 m, s2 = 7 m, t1 = 4 s, t2 = 6 s. Berechne v.

∆s s2 − s1 7 m − 3 m 4 m m
v= = = = = +2
∆t t2 − t1 6s − 4s 2s s
1 GLEICHFÖRMIGE BEWEGUNGEN 10

b) Zum Vorzeichen von v


In obiger Abbildung bewegt sich das Objekt in die positive Richtung der reellen
Zahlengeraden. Seine Geschwindigkeit ist daher positiv: v = +2 m/s. Ändert man
die Orientierung der Zahlengeraden, d.h. kehrt man die Zahlengerade so um, dass
die Pfeilspitze der Geraden nach links zeigt, ändert die Geschwindigkeit ihr Vorzei-
chen, und zwar bei identischer Bewegung des Objekts:

t1 t2 ~v
R
s1 s2 0
Abb: Bewegungsrichtung und Orientierung der Zahlengeraden sind entgegensesetzt. Deshalb ist
v < 0.

Beispiel: s1 = 7 m, s2 = 3 m, t1 = 4 s, t2 = 6 s. Berechne v.

∆s s2 − s1 3 m − 7 m −4 m m
v= = = = = −2
∆t t2 − t1 6s − 4s 2s s
Für die mithilfe von Koordinaten definierte Geschwindigkeit beobachten wir anhand
der beiden Beispiele:

Beobachtung zum Vorzeichen von v:


Bewegt sich ein Objekt in die positive Rich-
tung von R, ist seine Geschwindigkeit posi-
tiv. ~v zeigt dann in die positive Richtung
von R. Bewegt es sich in die negative Rich-
tung von R, ist seine Geschwindigkeit nega-
tiv. ~v zeigt dann in die negative Richtung
von R.
Identische Vorzeichen von v und ∆s: Das Vorzeichen von ∆s kann sowohl posi-
tiv als auch negativ sein. Das Vorzeichen von ∆t hingegen kann nur positiv sein, da
t1 nach Definition ein Zeitpunkt vor t2 ist (also immer t1 < t2 ist). Das Vorzeichen
von v ist daher immer identisch mit dem von ∆s.
1 GLEICHFÖRMIGE BEWEGUNGEN 11

c) Begriff der Durchschnittsgeschwindigkeit

Durchschnittsgeschwindigkeit: Bewegt
sich ein Objekt nicht gleichförmig, so ist
v= seine Durchschnittsgeschwindigkeit
∆s
∆t
(zeitlicher Mittelwert).
Beweis: Für den Beweis fehlt uns zur Zeit noch die Mathematik. Aber am Ende
der Passerelle nicht mehr. Deshalb führen wir ihn trotzdem: Das Objekt bewege
sich also mit der zeitabhängigen Geschwindigkeit v(t) vom Zeitpunkt t1 bis zum
Zeitpunkt t2 . Dann ist seine mittlere Geschwindigkeit
t2 t2
1 1 1 ∆s
Z Z
v := v(t) dt = s′ (t) dt = (s(t2 ) − s(t1 )) = .
t2 − t1 t1 t2 − t1 t1 t2 − t1 ∆t

Die erste Gleichung ist die Definition der mitteleren Geschwindigkeit (zeitliches
Mittel). Die zweite folgt durch Einsetzen der Definition der Geschwindigkeit v(t) :=
s′ (t). Die dritte Gleichung ist der Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung.
Die letzte Gleichung folgt durch Einsetzen der Definitionen ∆s := s(t2 ) − s(t1 ) und
∆t := t2 − t1 . 

In koordinatenfreier Formulierung: Genauso bedeutet in der koordinatenfreien


Formulierung v = t die mittlere Geschwindigkeit. (Setze im obigen Beweis t1 = 0,
s

s1 = 0 und s = s2 , t = t2 .)
1 GLEICHFÖRMIGE BEWEGUNGEN 12

1.4 s(t)- und v(t)- Diagramme


Manchmal stellt man Bewegungen im Koordinatensystem graphisch dar. Auf der
horizontalen Achse stellt man immer die Zeit t dar. Stellt man dazu auf der vertika-
len den Ort s dar, liegt ein s(t)-Diagramm vor. Stellt man auf der vertikalen Achse
die Geschwindigkeit v dar, liegt ein v(t)-Diagramm vor.
Beispiel 4 (Zu einem s(t)-Diagramm das v(t)-Diagramm zeichnen)
Zeichne zum folgenden s(t)-Diagramm das zugehörige v(t)-Diagramm.

s[m]
40
35
30
25
20
15
10
5
0
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 t[s]

v[ m
s ]

30
25
20
15
10
5
0
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 t[s]
−5
−10
1 GLEICHFÖRMIGE BEWEGUNGEN 13

Aufgaben 2: Definition der Geschwindigkeit (in Koordinaten), s(t)- und


v(t)-Diagramme
Schwierigkeitsgrad 1
Aufgabe 8 (Zu einem s(t)-Diagramm das v(t)-Diagramm zeichnen)
Zeichne zum folgenden s(t)-Diagramm das zugehörige v(t)-Diagramm.

s[m]
50
45
40
35
30
25
20
15
10
5
0
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 t[s]

Schwierigkeitsgrad 2
Aufgabe 9 (Durchschnittsgeschwindigkeit einer wandernden Frau)
Eine Frau wandert zuerst 6.44 km Richtung West mit 2.68 m/s. Dann dreht sie
um und läuft mit 0.447 m/s Richtung Ost. Ihre mittlere Geschwindigkeit für die
Gesamtstrecke ist 1.34 m/s Richtung West. Wie gross ist die Strecke, die sie in
Richtung Osten gelaufen war?
1 GLEICHFÖRMIGE BEWEGUNGEN 14

Lösungen 2: Definition der Geschwindigkeit (in Koordinaten), s(t)- und


v(t)-Diagramme
Schwierigkeitsgrad 1
Aufgabe 8

v[ m
s ]

30
25
20
15
10
5
0
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 t[s]
−5
−10

Schwierigkeitsgrad 2 (eher 3)
Aufgabe 9
Wir stellen uns ihre Bewegung längs der Zahlengeraden vor. Als positive Richtung
wählen wir die Richtung nach Osten. Folgende Daten sind dann gegeben:
∆sw = −6440 m, vw = −2.68 m/s, vo = 10.447 m/s, v = −1.34 m/s.

∆tw können wir berechnen:


∆sw −6440 m
∆tw = = = 2403s.
vw −2.68 m/s

Wir wollen eine Gleichug in der Variablen ∆so aufstellen uns sie nach ∆so auflösen:
∆s ∆sw + ∆so
v= = .
∆t ∆tw + ∆to
Neben ∆so ist leider auch ∆to unbekannt. Wir können aber schreiben:
∆so
∆to =
vo
und setzen das ein:
∆sw + ∆so
v=
∆tw + ∆s
vo
o

Jetzt können wir nach der einzigen Unbekannten ∆so auflösen:


1 GLEICHFÖRMIGE BEWEGUNGEN 15

∆so
v · (∆tw + ) = ∆sw + ∆so
vo
∆so
v · ∆tw + v ·
vo
= ∆sw + ∆so | − ∆s0 − v∆tw , ∆so ausklammern
v
∆so ( − 1) = ∆sw − v · ∆tw
vo
∆sw − v · ∆tw
∆so = v
vo − 1

Zahlen einsetzen:
−6440 m − (−1.34 m
s ) · 2403 s
∆so = −1.34 m
= 805 m
0.447 m
s
−1
s
2 EINHEITEN IN DER PHYSIK 16

2 Einheiten in der Physik


2.1 Grössen, Formelzeichen und Einheiten
a) Grössen
Eine physikalische Grösse ist eine an einem Objekt quantitativ bestimmbare Eigen-
schaft eines Vorgangs oder eines Zustands.

Beispiele: Länge, Zeit, Geschwindigkeit


b) Formelzeichen
Jeder Grösse ist ein sogenanntes Formelzeichen zugeordnet. Man verwendet sie in
physikalischen Formeln.
s
Beispiele: v =
t
v, s, t sind die Formelzeichen
c) Einheiten
Und schliesslich muss man sich für die Einheit entscheiden, in der man die betref-
fende Grösse misst.
Beispiele:

m (Meter)
s (Sekunde)
m
s (Meter pro Sekunde)
Einheiten in Gleichungen
In physikalischen Gleichungen müssen die Einheiten auf beiden Seiten der Gleichung
die gleichen sein (sonst stimmt etwas nicht). Davon handelt das nächste Beispiel.
2 EINHEITEN IN DER PHYSIK 17

Beispiel 5 (Einheiten ableiten)


Die folgenden Formeln verstehst du jetzt noch nicht, das spielt aber keine Rolle.
a) a = vt . Welche Einheit hat a?
b) F = ma. m hat die Einheit kg (Kilogramm), a hat sm . Welche Einheit hat F ?
2

c) p = ρgh. p hat die Einheit mskg


, g hat sm und h hat m. Welche Einheit hat ρ?
2 2

(ρ ist der griechische Buchstabe „rho“)


m
a) [a] = = s = sm2
[ vt ] s

b) [F ] = [ma] = kg · sm2
c) p = ρgh ⇒ ρ = ghp .
kg kg
kg s2
 
p ms2 ms2 kg
[ρ] = = m = m2
= · =
gh s2
·m ms2 m2 m3
s2
2.2 Die sieben Basisgrössen der Physik
Die Grössen Längen und Zeit sind Basisgrössen und die zugehörigen Einheiten
Meter und Sekunde Basiseinheiten, weil sie nicht auf andere Grössen zurückgeführt
werden können. Im Gegensatz dazu ist beispielsweise die Grösse Geschwindigkeit ei-
ne abgeleitete Grösse und ihre Einheit Meter pro Sekunde eine abgeleitete Einheit,
weil sie mithilfe von bereits vorhandenen Grössen (Länge und Zeit) definiert wurde.
Es gibt in der Physik nur sieben Basisgrössen, alle anderen sind von ihnen abgeleitet:
Formelzeichen Grösse Einheit
s Länge m Meter
t Zeit s Sekunde
m Masse kg Kilogramm
I Elektrischer Strom A Ampére
T Temperatur K Kelvin
n Stoffmenge mol Mol
lv Lichtstärke cd Candela
Tabelle: Die Basisgrössen und Basiseinheiten der Physik
Man hat sich in der Physik darauf geeinigt, im Wesentlichen nur die in der Tabelle
aufgelisteten Einheiten und davon abgeleitete zu verwenden:

Zum Gebrauch der Einheiten: In


den Formeln verwenden wir in der Regel
nur die Basiseinheiten der Tabelle und da-
von abgeleitete Einheiten!
2 EINHEITEN IN DER PHYSIK 18

Beispiel: Die Geschwindigkeit werden wir in der Regel in der Einheit m/s in For-
meln einsetzen (und eher nicht z.B. in km/h)!
Beispiel 6 (Einheit des Volumens)
Welche (abgeleitete) Einheit hat das Volumen?

Das Volumen V eines Quaders ist definiert


als Länge mal Breite mal Höhe:
V =l·b·h
[V ] = [lbh] = m · m · m = m3
2.3 Präfixe für Einheiten
Durch Präfixe (Vorsilben) vor dem Namen der Einheit können dezimale Vielfache
der Einheit gebildet werden:
Symbol Name Potenz Namensherkunft
T Tera 1012 gr. téras = Ungeheuer
G Giga 109 gr. gigas = Riese
M Mega 106 gr. mégas = gross
k Kilo 103 gr. chilioi = tausend
h Hekto 102 gr. hekatón = hundert
da Deka 101 gr. déka = zehn
- - 10 0
-
d Dezi 10−1 lat. decimus = zehnter
c Zenti 10−2 lat. centum = hundert
m Milli 10−3 lat. mille = tausend
µ Mikro 10−6 gr. mikrós = klein
n Nano 10−9 gr. nános = Zwerg
p Piko 10−12 ital. piccolo = klein
Tabelle: Einige Einheitenpräfixe
Beispiel 7 (Länge in Basiseinheit umrechnen)
Gib die Länge 234 µm in der Basiseinheit der Länge an. Gib das Resultat in wis-
senschaftlicher Darstellung an.

234 µm = 234 · 10−6 m = 2.34 · 10−4 m


2 EINHEITEN IN DER PHYSIK 19

Aufgaben 3: Einheiten
Schwierigkeitsgrad 1
Aufgabe 10 (Berechnung von Einheiten)
Die folgenden Formeln verstehst du noch nicht alle; das spielt aber keine Rolle.
a) p = mv. Berechne die Einheit von p. (m hat die Einheit kg .)
b) s = a2 t2 . Berechne die Einheit von a.
c) F =γ . Berechne die Einheit von γ . (F hat die Einheit kg·m
m1 m2
r2 s , r steht für
2

einen Radius, also für eine Länge, und m1 , m2 haben die Einheit kg .)
d) s = vt. Zeige, dass beide Seiten der Gleichung die gleiche Einheit haben.
Aufgabe 11 (Abgeleitete Einheit für den Flächeninhalt)
Welches ist in der Physik die (abgeleitete) Einheit des Flächeninhalts?
Aufgabe 12 (In Basiseinheiten umrechnen)
Gib folgende Grössen in ihrer Basiseinheit an. (Gib das Resultat in wissenschafli-
cher Darstellung an.)
a) 24.3 mm
b) 16.2 mm3
c) 173 mm4
d) 14.5 µs2
Aufgabe 13 (In Basis- und davon abgeleitete Einheiten umrechnen)
Gib folgende Grössen in ihrer Basiseinheit oder in der von Basiseinheiten abgelei-
teten Einheit an.
a) 564 ml e) 132 Gm/ks
b) 340 nm4 f) 46 T m/M m
c) 200 M m2 g) 126 · 1012 cm3
d) 14.5 µg h) 144 km/h
Aufgabe 14 (Die Schweiz mit Parkettholz bedecken)
Jemand möchte die Schweiz mit einer 1 cm dicken Schicht Parkettholz bedecken.
Wie gross wäre die Kantenlänge des Würfels, der das gleiche Volumen hat? (Die
Fläche der Schweiz ist 41′285 km2.)
Schwierigkeitsgrad 2
Aufgabe 15 (In Basiseinheiten umrechnen)
Gib folgende Grössen in ihrer Basiseinheit oder in der von Basiseinheiten abgelei-
teten Einheit an.

a) 546 km3
12.5·1012 m2

b) 44.6 mm2
442.5 µs

c) 39.2 µg
22.7 µm2
2 EINHEITEN IN DER PHYSIK 20

d) 57.1 mm4
76 Mm

Aufgabe 16 (Anzahl Atome in einem Liter Kupfer)


Ein Kupferatom hat den Durchmesser 260 pm. Schätze ab, wie viele Kupferatome in
einem Liter Kupfer vorhanden sind. (Nimm dazu an, dass die Atome würfelförmig
sind und „perfekt“ aufgeschichtet sind.)
Aufgabe 17 (Volumen des äusseren Erdkerns berechnen)
Der äussere Erdkern ist eine Kugelschale im Erdinnern. Die innere Kubeloberfläche
der Schale hat den Radius 1300 km, die äussere 3500 km. (Der Mittelpunkt beider
Kugeloberflächen ist der Erdmittepunkt.) Welches Volumen hat der äussere Kern?
2 EINHEITEN IN DER PHYSIK 21

Lösungen 3: Einheiten
Schwierigkeitsgrad 1
Aufgabe 10
a) [p] = [mv] = [m][v] = kg · m
s

b)
a 2
s =
2
t | nach a auflösen
2s
a =
t2

⇒ [a] = [ 2s s
t2 ] = [ t2 ] =
m
s2

(Da Zahlen keine Einheit haben, konnten wir im zweiten Schritt der letzten
Gleichungskette die Zahl 2 einfach weglassen.)
c)
m1 m2
F = γ
r2
| nach γ auflösen
F r2
γ =
m1 m2
kg·m
2 ·m2 kg·m3 m3
⇒ [γ] = [ mF1rm2 ] = s2
kg·kg = kg2 ·s2 = kg·s2

d) Linke Seite: [s] = m



Rechte Seite: [vt] = ms · s = m
Aufgabe 11
Der Flächeninhalt A eines Rechtecks mit den Seitenlängen a, b ist
A = ab.

Also ist
[A] = [ab] = m · m = m2

Aufgabe 12
a) 24.3 mm = 24.3 · 10−3 m = 2.43 · 10−2 m

b) 16.2 mm3 = 16.2 · (10−3 · m)3 = 16.2 · 10−9 m3 = 1.62 · 10−8 m3

c) 173 mm4 = 173 · (10−3 · m)4 = 173 · 10−12 m4 = 1.73 · 10−10 m4

d) 14.5 µs2 = 14.5 · (10−6 · s)2 = 14.5 · 10−12 · s2 = 1.45 · 10−11 s2

Aufgabe 13
a) 564 ml = 564 · 10−3 l = 564 · 10−6 m3 = 5.64 · 10−4 m3

b) 340 nm4 = 340 · (10−9 · m)4 = 340 · 10−36 · m4 = 3.40 · 10−34 m4


2 EINHEITEN IN DER PHYSIK 22

c) 200 M m2 = 200 · (106 · m)2 = 200 · 1012 · m2 = 2.00 · 1014 m2

d) 14.5 µg = 14.5 · 10−6 g = 14.5 · 10−9 kg = 1.45 · 10−8 kg

e) 132 Gm 10 m 9
6 8
ks = 132 103 s = 132 · 10 m/s = 1.32 · 10 m/s

f) Tm
46 Mm = 46 10 m 12
6 7
106 m = 46 · 10 m = 4.6 · 10 m

g) 126 · 1012 cm3 = 126 · 1012 · (10−2 m)3 = 126 · 1012 · 10−6 · m3 = 126 · 106 m3 =
1.26 · 108 m3

h)
3
144 km 10 m
h = 144 3600 s = 40 m/s

Aufgabe 14
Umrechnung der Einheiten:
41′ 285 km2 = 41′ 285 · (103 m)2 = 41′ 285 · 106 m2
1 cm = 0.01 m
Volumen der 1 cm dicken Parkettschicht über der Schweiz:
V = G · h = 41′ 285 · 106 m2 · 0.01 m = 4.1285 · 108 m3

Daraus folgt für die Kantenlänge des Würfels



3

3
s= V = 4.1285 · 108 m3 = 744.61 m

Schwierigkeitsgrad 2
Aufgabe 15
a) 546 km3
12.5·1012 m2 = 546·109 m3
12.5·1012 m2 = 546 m
12.5·103 = 0.04368 m = 4.37 · 10−2 m

b) 44.6 mm2
442.5 µs = 44.6·10−6 m2
442.5·10−6 s = 44.6 m2
442.5 s = 0.1008 m2/s = 1.01 · 10−1 m2 /s

c) 39.2 µg
22.7 µm2 = 39.2·10−6 g
22.7·10−12 m2 = 39.2·10−9 kg
22.7·10−12 m2 = 39.2·103 kg
22.7 m2
kg
= 1726.87 m 3
2 = 1.73 · 10 kg/m
2

d) 57.1 mm4
76 Mm = 57.1·10−12 m4
76·106 m = 57.1·10−18 m3
76 = 7.51 · 10−19 m3

Aufgabe 16
Das Volumen eines würfelförmigen Atoms der Seitenlänge 260 pm ist
VA = (260 pm)3 = (260 · 10−12 m)3 = 1.76 · 10−29 m3

Das Gesamtvolumen 1 Liter ist


VG = 1 l = 1 dm3 = 10−3 m3 .

Also ist die Anzahl Atome


VG 10−3 m3
N= = = 5.69 · 1025
VA 1.76 · 10−29 m3
2 EINHEITEN IN DER PHYSIK 23

Aufgabe 17
Die Formel für das Volumen einer Kugel mit Radius r ist
4 3
V = πr .
3
Also ist das Volumen einer Kugelschale mit dem äusseren Radkus ra und dem
inneren Radius ri
4
V = π(ra3 − ri3 ).
3
Zahlen einsetzen:
4
V = π((3500 km)3 − (1300 km)3) = 1.70 · 1011 km3 = 1.7 · 1020 m3
3
3 BESCHLEUNIGTE BEWEGUNGEN OHNE ANFANGSGESCHWINDIGKEIT24

3 Beschleunigte Bewegungen ohne Anfangsgeschwin-


digkeit
3.1 Begriff der beschleunigten Bewegung
Viele Bewegungen im Alltag sind nicht gleichförmig.
Beispiel: Ein Auto startet aus dem Stillstand und beschleunigt so, dass seine Ge-
schwindigkeit jede Sekunde um 2 m/s zunimmt.

t = 0s t = 1s t = 2s t = 3s t = 4s

v = 0 ms v = 2 ms v = 4 ms v = 6 ms v = 8 ms
In diesem Beispiel ändert die Geschwindigkeit in gleichen Zeiten um den gleichen
Betrag (z.B. in jeder Sekunde um 2 m/s oder alle 2 Sekunden um 4 m/s, ...). Solche
Bewegungen heissen gleichmässig beschleunigt.

Def: Ein Objekt bewegt sich gleichmässig


beschleunigt, wenn seine Geschwindigkeits-
änderung in gleichen Zeitspannen gleich
gross ist. Der Quotient
v
a :=
t
heisst die Beschleunigung des Objekts. Da-
bei ist v die Endgeschwindigkeit und t die
Beschleunigungszeit (aus dem Stillstand).
m
m
Einheit: [a] = s
s = s2
v 8 m/s
Beispiel: Obiges Auto beschleunigt mit a = t = 4s = 2 sm2
3 BESCHLEUNIGTE BEWEGUNGEN OHNE ANFANGSGESCHWINDIGKEIT25

Beispiel 8 (Beschleunigendes Auto)


Ein Lexus LS 660 h (das ist ein Auto) beschleunigt in 6.1 s von 0 auf 100 km/h.
Wie gross ist seine Beschleunigung?
:3.6
v = 100 km/h = 27.7 m/s

v 27.7 m/s
a= = = 4.55 m/s2
t 6.1 s
3.2 Formeln für die beschleunigte Bewegung
a) Eine experimentel gefundene Formel
Experimente zeigen den folgenden Zusammenhang zwischen Beschleunigung a, zu-
rückgelegtem Weg s und benötigter Zeit t.

Ein aus dem Stillstand beschleunigendes


Objekt mit der Beschleunigung a legt in der
Zeit t den Weg
a 2
s= t
2
zurück.
Beispiel 9 (Obiges Auto)
Welchen Weg legt der Lexus aus obigem Beispiel in den 6.1 s zurück bis er die
100 km/h erreicht hat?

a 2 4.55 m/s2
s= t = · (6.1 s)2 = 84.7 m
2 2
b) Weitere, hergeleitete Formeln
Hätten wir im obigen Beispiel 9 den Weg s auch direkt aus der Endgeschwindigkeit
v = 100 km/h und der Beschleunigungszeit t = 6.1 s berechnen können, ohne zu-
erst die Beschleunigung a (in Beispiel 8) ausrechnen zu müssen? Ja, wenn man die
passende Formel herleitet:

a= v
t einsetzen in s = a2 t2:
3 BESCHLEUNIGTE BEWEGUNGEN OHNE ANFANGSGESCHWINDIGKEIT26

v
s= ·t
2
Zum Verständnis: Diese Formel unterscheidet sich von der Formel s = vt der
gleichförmigen Bewegung um den Faktor 2 . Das aus dem Stillstand beschleunigte
1

Auto legt also nur den halben Weg des Autos zurück, welches die ganze Zeit über
die konstante Geschwindigkeit v hat. Das ist auch intuitiv klar, da das beschleunig-
te Auto zu jedem Zeitpunkt langsamer fährt als das gleichförmig bewegte; erst am
Ende sind die Geschwindigkeiten gleich gross.
Es fehlt uns noch eine letzte Gleichung: a = v
t liefert durch umformen t = v
a .
Einsetzen in die Formel s = a2 t2 liefert

v2
s=
2a
Wir haben bis hierhin die vier oben eingerahmten Formeln für die beschleunigte
Bewegung hingeschrieben: a = vt , s = a2 t2 , s = v2 t, s = 2a
v
. Alle anderen findet
2

man durch Umformen einer dieser vier Formeln. Wir stellen die Resultate in einer
Tabelle zusammen:

Zusammenfassung der Formeln für die beschleunigte Bewegung:


s, v s, a
s, t v, a v, t a, t
s - √ - - v2
2a
v
2
t a 2
2
t
v - 2as 2st - - at
q- - -
v2 2s v
a 2s t2 t
t 2s
v
2s
a - v
a - -
Tabelle: Die Formeln der gleichmässig beschleunigten Bewegung
ohne Anfangsgeschwindigkeit
q
2s
Beispiel: Der 4. Zeile und 2. Spalte entnimmt man: t = a
3 BESCHLEUNIGTE BEWEGUNGEN OHNE ANFANGSGESCHWINDIGKEIT27

Aufgaben 4: Gleichmässig beschleunigte Bewegungen ohne


Anfangsgeschwindigkeit
Schwierigkeitsgrad 1
Aufgabe 18 (Beschleunigendes Auto)
Ein Auto benötigt 10 s, um aus dem Stillstand auf 100 km/h zu beschleunigen. Be-
rechne seine Beschleunigung.
Schwierigkeitsgrad 2
Aufgabe 19 (Auto holt Lastwagen nach der Ampel auf)
In dem Augenblick, in dem die Ampel auf grün springt, fährt ein Auto mit der
konstanten Beschleunigung 2.2 m/s2 los. Im gleichen Moment überholt ein Lkw mit
der konstanten Geschwindigkeit 40 km/h das Auto.
In welcher Entfernung von der Ampel wird das Auto den Lkw überholen?
Aufgabe 20 (Zwei einander entgegenfahrende Autos)
Ein Auto A beschleunigt aus dem Stillstand mit der konstanten Beschleunigung
2.5 m/s2. Ein anderes Auto B, das 57 m von A entfernt ist, startet 2 s später und
fährt dem Auto mit 1.5 m/s2 entgegen.
In welcher Entfernung von A gehen die beiden Wagenfronten aneinander vorbei.
3 BESCHLEUNIGTE BEWEGUNGEN OHNE ANFANGSGESCHWINDIGKEIT28

Lösungen 4: Gleichmässig beschleunigte Bewegungen ohne


Anfangsgeschwindigkeit
Schwierigkeitsgrad 1
Aufgabe 18
100 km/h = 27.78 m/s
v 27.78 m/s
a= = = 2.78 m/s2
t 10 s
Schwierigkeitsgrad 2
Aufgabe 19
40 km/h = 11.11 m/s

Zum Zeitpunkt t des Überholens haben Auto und Lastwagen den gleichen Weg s
zurückgelegt:

sA = sL
aA 2
2
t = vL · t | nach t auflösen
aA 2
t − vL · t = 0
2
aA
t( t − vL ) = 0
2
aA
t − vL = 0
2
2vL
t =
aA
Zahlen einsetzen:
2 · 11.11 m/s
t= = 10.10 s
2.2 m/s2
Zu diesem Zeitpunkt hat der Lastwagen den folgenden Weg zurückgelegt:
s = vL · t = 11.11 m/s · 10.10 s = 112.23 m ≈ 112 m

Aufgabe 20
Zum Zeitpunkt t, in dem sie sich treffen, hat Auto A den Weg
aA 2
sA = t
2
und Auto B den Weg
aB
sB = · (t − 2)2
2
zurückgelegt. Zusammen legen sie 57 m zurück:

sA + sB = 57 m
aA 2 aB
t + (t − 2)2 = 57 m
2 2
3 BESCHLEUNIGTE BEWEGUNGEN OHNE ANFANGSGESCHWINDIGKEIT29

Zahlen einsetzen:

2.5 m/s2 2 1.5 m/s2


·t + · (t − 2 s)2 = 57 m
2 2
m m
1.25 2 t2 + 0.75 2 (t − 2s)2 = 57 m
s s
Das ist eine quadratische Gleichung. Du kannst sie mit der Lösungsformel lösen.
Du darfst sie aber auch mit der Solve-Funktion deines Taschenrechners lösen. Die
Lösung ist
t = 6 s.
Zu diesem Zeitpunkt hat Auto A folgende Strecke zurückgelegt.
aA 2 2.5 m/s2
s= t = (6 s)2 = 45 m
2 2
3 BESCHLEUNIGTE BEWEGUNGEN OHNE ANFANGSGESCHWINDIGKEIT30

3.3 Begriff der verzögerten Bewegung


Oft interessiert man sich für Objekte, die langsamer werden statt schneller, z.B. für
bremsende Autos.
Beispiel: Ein Auto ist mit v = 8 m/s unterwegs und bremst dann bis zum Still-
stand so, dass seine Geschwindigkeit jede Sekunde um 2 m/s abnimmt.

t = 4s t = 3s t = 2s t = 1s t = 0s

v = 0 ms v = 2 ms v = 4 ms v = 6 ms v = 8 ms
In diesem Beispiel ändert die Geschwindigkeit in gleichen Zeiten um den gleichen Be-
trag. Gemäss der Definition im Kapitel 3 bewegt sich auch dieses bremsende Auto
gleichmässig beschleunigt. Die Beschleunigung für bremsende Objekte ist for-
mal genau gleich definiert wie für schneller werdende Objekte, mit dem Unterschied,
dass v hier nicht die Endgeschwindigkeit ist, sondern die Anfangsgeschwindigkeit.
(Die Endgescheindigkeit ist hier ja null.)

Def: Ein bremsendes Objekt mit der An-


fangsgeschwindigkeit v und der Bremszeit t
bis zum Stillstand hat die Beschleunigung
v
a=
t
Für die Beschleunigung von Objekten, die langsamer werden gibt es einen eigenen
Begriff:

Def: Die Beschleunigung eines Objekts, das


langsamer wird, heisst auch Verzögerung
und die Bewegung verzögerte Bewegung.
Bemerkung: Eine Verzögerung ist also eine spezielle Beschleunigung, aber sie ist
eine Beschleunigung!
3 BESCHLEUNIGTE BEWEGUNGEN OHNE ANFANGSGESCHWINDIGKEIT31

3.4 Formeln für die verzögerte Bewegung


Würde man das schneller werdende Auto im Kapitel 3 filmen und dann den Film
rückwärts laufen lassen, könnte ein Filmbetrachter den Bewegungsablauf nicht vom
Ablauf im obigen Beispiel des verzögernden Autos unterscheiden (ausser aufgrund
der Form des Autos, welche aber nicht zum Bewegungsablauf gehört.)
Das bedeutet insbesondere, dass die Beschleunigungszeit des Autos aus Kapitel 3 bis
zum Erreichen seiner Endgeschwindigkeit die gleiche ist wie die Bremszeit des obi-
gen Autos bis zum Stillstand. Ebenso ist klar, dass alle anderen Grössen gleich gross
sind: Die Anfangsgeschwindigkeit v des einen Autos ist gleich der Endgeschwindig-
keit v des andern, die Beschleunigungen a sind gleich gross und der zurückgelegte
Weg s auch.
Damit ist Folgendes klar:

Alle in der Tabelle im Kapitel 3 aufgeliste-


ten Formeln gelten sinngemäss auch für die
verzögerte Bewegung.
Mit „sinngemäss“ ist gemeint, dass hier v in diesen Formeln nicht mehr die Bedeu-
tung der Endgeschwindigkeit hat, sondern die der Anfangsgeschwindigkeit.
Beispiel 10 (Bremsendes Velo)
Fritz liest auf dem Tachometer seines Velos die Geschwindigkeit v = 36 km/h ab.
Dann bremst er und Vreni misst mit ihrer Uhr die Bremszeit t = 5 s.
a) Wie lang ist sein Bremsweg?
b) Wie gross ist seine Beschleunigung?

a) s = v2 t = 10 m/s
2 · 5 s = 25 m
b) a = vt = 105m/s
s = 2 m/s 2
3 BESCHLEUNIGTE BEWEGUNGEN OHNE ANFANGSGESCHWINDIGKEIT32

Aufgaben 5: Gleichmässig verzögerte Bewegungen


Schwierigkeitsgrad 1

Aufgabe 21 (Bremsweg Zürcher Tram im Herbst)


Mit Laub auf den Schienen ist die Bremsverzögerung der Zürcher Trams etwa 1.5 m/s2.
Wie lang ist der Bremsweg bei 60 km/h?

Schwierigkeitsgrad 2
Aufgabe 22 (Zeit für Bus zwischen zwei Haltestellen)
Berechne die Zeit, die ein Bus der VBZ für die 500 m lange Strecke zwischen zwei
Haltestellen benötigt, wenn die Anfangsbeschleunigung 1.5 m/s2, die Bremsverzöge-
rung 1 m/s2 und die Geschwindigkeit während der gleichförmigen Bewegung 12 m/s
ist.
3 BESCHLEUNIGTE BEWEGUNGEN OHNE ANFANGSGESCHWINDIGKEIT33

Lösungen 5: Gleichmässig verzögerte Bewegungen


Aufgabe 21
60 km/h = 16.67 m/s

v2
s=
2a
Zahlen einsetzen:
(16.67 m/s)2
s= = 92.6 m
2 · 1.5 m/s2
Aufgabe 22
Die Fahrt besteht aus drei Phasen: Phase 1: Beschleunigung, Phase 2: gleichförmi-
ge Bewegung, Phase 3: Verzögerung. Die Zeitdauer für Phase 1 und 3 können wir
direkt berechnen:
Zeitdauer t1 für Phase 1:
v v 12 m/s
a= ⇒ t1 = = = 8s
t a 1.5 m/s2
Zeitdauer t3 für Phase 3:
v 12 m/s
t3 = = = 12 s
a 1 m/s2
Die Zeitdauer t2 ist aufwändiger zu berechnen:
v2 (12 m/s)2
s1 = = = 48 m
2a 2 · 1.5 m/s2

v2 (12 m/s)2
s3 = = = 72 m
2a 2 · 1 m/s2

⇒ s2 = (500 − 48 − 72) m = 380 m

s2 380 m
⇒ t2 = = = 31.67 s
v 12 m/s

⇒ ttotal = t1 + t2 + t3 = (8 + 12 + 31..67) s = 51.67 s


4 FREIER FALL 34

4 Freier Fall
4.1 Begriff des freien Falls
Experiment 1: Lässt man eine Münze und ein Stück Papier gleichzeitig aus glei-
cher Höhe fallen, so erreicht die Münze den Boden früher.
Experiment 2: Zerknüllt man das Papier zuerst zu einem Kneuel, fallen Münze
und Papier etwa gleich schnell.
Da die Luft beim offenen Papier eine grössere Angriffsfläche hat als beim zerknüll-
ten, ist zu vermuten, dass die Luft einen Einfluss auf die Fallzeit hat.
Experiment 3: In einem evakuierten (=luftleer gepumpten) Glasrohr werden eine
Münze und ein Stück Papier gleichgleichzeitig aus gleicher Höhe fallengelassen. Sie
erreichen den Boden gleichzeitig.

Papier

Münze

Luftgefülltes Rohr Evakuiertes Rohr

Erkenntnis:

Würde man die Erdatmosphäre (Luft) ab-


saugen, würden alle Körper genau gleich
schnell fallen. Die Körper befänden sich
Galileo Galilei (1564-1642)
dann im freien Fall.
Der italienische Physiker Galileo Galilei (siehe Bild) hat das als erster erkannt.
Beispiel (Freier Fall auf dem Mond)
Der Mond hat keine Atmosphäre. Auf ihm fallen alle Körper gleich schnell (aber
etwa 6 Mal langsamer als auf der Erde).
4 FREIER FALL 35

4.2 Die Erdbeschleunigung


Würde man einen Tennisball vom Eiffelturm fallen lassen und ihn jede Sekunde fo-
tographieren, erhielte man die unten dargestellten Positionen (gemessen in Metern)
und Geschwindigkeiten1 im Verlauf seines freien Falls.

v = 0 m/s
0

v = 9.81 m/s
10

v = 9.81 m/s · 2 = 19.62 m/s


20
30
40

v = 9.81 m/s · 3 = 29.43 m/s


50
60
70

v = 9.81 m/s · 4 = 39.24 m/s


80
90
100
110
120

v = 9.81 m/s · 5 = 49.05 m/s


130 [m]

Die Experimente zeigen Erstaunliches: Die Geschwindigkeit nimmt jede Sekunde


um den gleichen Betrag v = 9, 81 m/s zu. Also:

Dabei haben wir den Luftwiderstand vernachlässigt. Mit Luftwiderstand hängen die Geschwin-
1
digkeiten von der Form, der Querschnittsfläche und der Masse des fallenden Körpers ab. Beispiels-
weise erhielte man für eine tennisballgrosse Stahlkugel folgende Geschwindigkeiten: Nach 1 s:
v = 9.8 m/s, nach 2 s: v = 19.5 m/s, nach 3 s: v = 28.9 m/s, nach 4 s: v = 38.0 m/s, nach 5 s:
v = 46.6, m/s
4 FREIER FALL 36

Ein frei fallender Körper fällt gleichmässig


beschleunigt mit der Erdbeschleunigung
m
g := 9.81 2
s
Beispiel 11 (Tiefe eines Ziehbrunnens)
Vreni steht an einem Ziehbrunnen ohne Seil und will wissen, wie tief er ist.

a) Wie könnte sie vorgehen, ohne hinunterklettern zu


müssen ?
b) Wie tief ist der Brunnen, wenn die Fallzeit eines Steins
bis zum Brunnenboden 1.5 s ist?

a) Die Fallzeit eines Steins messen.


b)
a 2
s = t |a = g
2
g 2
s =? s = t
2
9.81 m/s2
= (1.5 s)2
2
= 11 m
4 FREIER FALL 37

Aufgaben 6: Freier Fall


Schwierigkeitsgrad 1
Aufgabe 23 (Fallende Katze)
Eine Katze fällt von einen Baum aus 7 m Höhe. Berechne
a) die Fallzeit
b) die Aufprallgeschwindigkeit am Boden.
Aufgabe 24 (Fallender Stein)
Wie lange benötigt ein Stein im freien Fall von „Null auf Hundert“?
Aufgabe 25 (Fallschirmspringer mit geschlossenem Schirm)
Fallschirmspringer verlassen das Flugzeug in Höhen von etwa 4000 müM. Nimm
an, der Schirm bleibt bis 500 müM geschlossen.
a) Wie lange dauert der Flug?
b) Mit welcher Geschwindigkeit erreicht der Fallschirmspringer die Höhe 500
müM.
c) Wie sinnvoll sind die Rechnungen in a) und b)?
Aufgabe 26 (Känguru beim Hochsprung)
Ein Känguru kann bis zu 2.75 m hoch springen. Wie lange befindet es sich in der
Luft?
Aufgabe 27 (Fussballkick nach oben)(eigene)
Du kickst einen Fussball vertikal nach oben und er erreicht die Höhe 20 m. Mit
welcher Geschwindigkeit hast du ihn nach oben gekickt?
Schwierigkeitsgrad 2
Aufgabe 28 (James Bond: Sprung aufs Zugdach)
James Bond lässt sich von einer Brücke auf das 5.5 m unter ihm liegende Dach
eines fahrenden Zugs fallen, auf dem sich der Bösewicht befindet. Der Zug ist mit
108 km/h unterwegs. Welche horizontale Distanz zum Bösewicht muss er beim Los-
lassen haben, damit er genau auf den Schurken trifft?
4 FREIER FALL 38

Lösungen 6: Freier Fall


Schwierigkeitsgrad 1
Aufgabe 23
a) r s
a 2s 2h
s = t2 ⇒ t = = .
2 a g
Zahlen einsetzen: s
2· 7m
t= = 1.19 s
9.81 m/s2
b)
v2 √ p
s= ⇒ v = 2as = 2gh.
2a
Zahlen einsetzen: p
v= 2 · 9.81 m/s2 · 7m = 11.72 m/s
Aufgabe 24
v v v
a= ⇒t= = .
t a g
v = 100 km/h = 27.78 m/s
Zahlen einsetzen:
27.78 m/s
t= = 2.83 s
9.81 m/s2
Aufgabe 25
a) r s
a 2s 2h
s = t2 ⇒ t = = .
2 a g
Zahlen einsetzen: s
2 · (4000 − 500) m
t= = 26.71 s
9.81 m/s2
b)
v2 √ p
s= ⇒ v = 2as = 2gh.
2a
Zahlen einsetzen:
p
v= 2 · 9.81 m/s2 · (4000 − 500)m = 262.05 m/s

c) Für die Berechnung der Geschwindigkeit


v = 262.05 m/s ≈ 943 km/h

in b) haben wir den Luftwiderstand nicht berücksichtigt. Dieser wird aber mit zu-
nehmender Geschwindigkeit immer stärker und ist bei hohen Geschwindigkeiten
sehr stark. Das weiss jeder, der schon die Hand oder den Kopf aus dem Auto ge-
streckt hat auf der Autobahn. Deshalb erreichen Fallschirmspringer (bei geschlos-
senem Schirm) eine Maximalgeschwindigkeit in der Grösserordnung von 300 km/h.
4 FREIER FALL 39

(Sie hängt von der Körperhaltung des Springers und auch von seinem Gewicht ab.)
Die Rechnungen in a) und b) sind also nicht sinnvoll.
Für Interessierte: Auf den Fallschirmspringer wirken während des Falls zwei Kräf-
te: Die Gravitationskraft, die den Springer nach unten zieht und die Luftwider-
standskraft, die ihn nach oben drückt. Sie wächst mit zunehmender Geschwindig-
keit an, bis sie gleich gross ist wie die Gravitationskraft. In diesem Moment ist
die Maximalgeschwindigkeit erreicht. Der Fallschirmspringer wird dann nicht mehr
schneller. Er fällt mit konstanter Geschwindigkeit (≈ 300 km/h) der Erde entgegen.
Aufgabe 26
Steig- und Fallzeit sind gleich lang. Zur Fallzeit:
r s
a 2s 2h
s = t2 ⇒ t = = .
2 a g
Zahlen einsetzen: s
2 · 2.75 m m
t= = 0.75 s
9.81 m/s2
Also:
ttotal = 2 · 0.75 s = 1.50 s
Aufgabe 27

v2 √ p
s= ⇒ v = 2as = 2gh.
2a
Zahlen einsetzen: p
v= 2 · 9.81 m/s2 · 20 m = 19.81 m/s

Schwierigkeitsgrad 2
Aufgabe 28
Bonds Fallzeit: r s
a 2s 2h
s = t2 ⇒ t = =
2 a g
Zahlen einsetzen: s
2 · 5.5 m
t= = 1.06 s
9.81 m/s2
Weg des Bösewichts:
In dieser Zeit legt der Zug und damit der Bösewicht (gleichförmig bewegt) den Weg
s = vt = 30 m/s · 1.06 s = 31.77 m

zurück.
5 BESCHLEUNIGTE BEWEGUNGEN MIT ANFANGSGESCHWINDIGKEIT40

5 Beschleunigte Bewegungen mit Anfangsgeschwin-


digkeit
Bis hierhin haben wir Bewegungen untersucht, deren Anfangsgeschwindigkeit oder
deren Endgeschwindigkeit null sind. Wir wenden uns jetzt noch den Bewegungen
zu, bei denen sowohl die Anfangs- als auch die Endgeschwindigkeit nicht null ist.
Dazu definieren wir die Beschleunigung (ähnlich wie die Geschwindigkeit in Kapitel
1.3) in Koordinaten, um ihr eine Richtung geben zu können. Das Objekt bewege
sich also gleichmässig beschleunigt längs der Zahlengeraden R (in die positive oder
negative Richtung).

Def: Hat das Objekt zum Zeitpunkt t1 die


Geschwindigkeit v1 und zum Zeitpunkt t2
die Geschwindigkeit v2, so hat es die Be-
schleunigung
∆v
a :=
∆t
wobei ∆v := v2 − v1 und ∆t := t2 − t1
Vorzeicheninterpretation: An einfachen Beispielen beobachtet man:
1. Fall: Das Objekt bewege sich in die positive Richtung von R. Dann gilt: Ist
a > 0, zeigt ~a in die positive Richtung, d.h. in Bewegungsrichtung, d.h. das Objekt
wird schneller. Ist a < 0, zeigt ~a in die negative Richtung, d.h. entgegengesetzt zur
Bewegungsrichtung, d.h. das Objekt wird langsamer.
2. Fall: Das Objekt bewege sich in die negative Richtung von R. Dann gilt: Ist
a < 0, zeigt ~a in die negative Richtung, d.h. in Bewegungrichtung, d.h. das Objekt
wird schneller. Ist a > 0, zeigt ~a in die positive Richtung, d.h. entgegengesetzt zur
Bewegungsrichtung, d.h. das Objekt wird langsamer.
Zusammenfassend kann man sagen:

Zeigt die Beschleunigung in Bewegungsrich-


tung, wird das Objekt schneller, andernfalls
langsamer.
5 BESCHLEUNIGTE BEWEGUNGEN MIT ANFANGSGESCHWINDIGKEIT41

Es gelten folgende Formeln. Wir begründen sie im nächsten, freiwilligen Kapitel 6.

v = v0 + at
a
s = v0t + t2 + s0
2
Dabei bedeuten
v0: Anfangsgeschwindigkeit
v : Endgeschwindigkeit
s0: Anfangsort
Die beiden Formeln dienen der Berechnung der Geschwindigkeit v und des Ortes s
eines Objekts zum Zeitpunkt t, das sich mit der Beschleunigung a bewegt und am
Anfang (d.h. zum Zeitpunkt t = 0 ) die Geschwindigkeit v0 hat und die Ortskoor-
dinate s0 .
Bemerkung: In der zweiten Formel werden wir die Lage der Zahlengerade immer
möglichst so wählen, dass s0 = 0 ist. (Ausnahme: Aufgabe 40)
Mit diesen beiden Formeln kann man alle Aufgaben lösen. Durch Kombination
dieser beiden Formeln (auflösen der ersten nach t und einsetzen in die zweite, siehe
Kapitel 6) erhält man noch eine dritte, die den Lösungsweg manchmal verkürzt (wir
brauchen sie nur einmal, in Aufgaben 37):

v 2 = v02 + 2as
Beispiel 12 (Steinwurf auf der Brücke nach oben)
Fritz steht auf einer Brücke und wirft einen Stein mit 10 m/s vertikal nach oben.
a) Wo befindet er sich nach 3 s?
b) Welche Geschwindigkeit hat er dann und in welche Richtung fliegt der Stein?
5 BESCHLEUNIGTE BEWEGUNGEN MIT ANFANGSGESCHWINDIGKEIT42

a) s
Wähle die positive Richtung von
R z.B. nach oben, und so dass 0
beim Abschussort liegt.
~v0
0
~a ~v0zeigt nach oben, also ist v0
positiv: v0 = +10 m/s. ~a zeigt
−14.1 m nach unten, also ist a negativ:
a = −9.81 m/s2 .

~v
a 2
s = v0 t + t
2
m −9.81 m/s2
= +10 · 3 s + · (3 s)2
s 2
= −14.1 m
Der Stein befindet sich 14.1 m unterhalb der
Brücke.
b)
v = v0 + at
= +10 m/s + (−9.81 m/s2 ) · 3 s
= −19.43 m/s
Der Stein fliegt mit v = 19.4 m/s nach un-
ten.
5 BESCHLEUNIGTE BEWEGUNGEN MIT ANFANGSGESCHWINDIGKEIT43

Aufgaben 7: Beschleunigte Bewegungen mit Anfangs- und


Endgeschwindigkeit
Schwierigkeitsgrad 1
Aufgabe 29 (Irgendeine verzögerte Bewegung)
Um von 100 km/h auf 50 km/h abzubremsen werden 4.5 s benötigt.
a) Berechne die Beschleunigung.
b) In welche Richtung zeigt die Beschleunigung (in Bewegungsrichtung oder ent-
gegengesetzt dazu)?
Aufgabe 30 (Joggerin)
Eine Waldläuferin joggt in Richtung Westen gemütlich vor sich hin und beschleunigt
dann innerhalb von 3 s auf die Geschwindigkeit 5.36 m/s. Ihre Beschleunigung ist
0.64 m/s2, ebenfalls Richtung Westen. Wie gross war ihre Geschwindigkeit, als sie
zu beschleunigen begann?
Aufgabe 31 (Australischer Emu)
Der Land-Geschwindigkeitsrekordhalter der Vögel ist der australische Emu. Er kann
bis zu 50 km/h schnell rennen. Ein Emu ist mit dieser Geschwindigkeit Richtung
Süden unterwegs und bremst innerhalb von 3 s auf 11 m/s ab.
a) Berechne seine Beschleunigung.
b) In welche Himmelsrichtung zeigt die Beschleunigung?
c) Welche Geschwindigkeit hat der Emu nach weiteren 4 s, wenn er die Beschleu-
nigung beibehält?
Aufgabe 32 (Zurückgelegte Strecke in Aufgabe 29)
Berechne die zurückgelegte Strecke in obiger Aufgabe 29.
Aufgabe 33 (Fahrzeug)
Ein Fahrzeug hat die Anfangsgeschwindigkeit 6 m/s und legt innerhalb der ersten
3 s die Strecke 40 m zurück. Wie gross ist die Beschleunigung?

Aufgabe 34 (Motorrad)
Ein Motorrad beschleunigt seine Fahrt 6 s lang mit 1.8 m/s2 und erreicht die End-
geschwindigkeit 85 km/h. Wie gross ist die Anfangsgeschwindigkeit?
Schwierigkeitsgrad 2
Aufgabe 35 (Motorrad mit drei Beschleunigungsphasen)
Ein Motorrad beschleunigt aus dem Stillstand während 6 s mit 4 m/s2. Während den
nächsten 4 s ist die Beschleunigung eine andere und während weiterer 6 s wird der
Töff bis zum Stillstand mit 6 m/s2 verzögert. (Der Töff fährt immer in die gleiche
Richtung.)
a) Wie gross ist die Beschleunigung im mittleren Teil?
b) Welcher Weg wurde insgesamt zurückgelegt?
Aufgabe 36 (E-Bike)
Ein E-Bike fährt während 8 s gleichförmig mit 4 m/s. Dann erfährt es die konstante
Beschleunigung 1 m/s2 (es wird schneller), und nachher wird es bis zum Stillstand
während 20 s mit 40 cm/s2 gleichmässig verzögert.
5 BESCHLEUNIGTE BEWEGUNGEN MIT ANFANGSGESCHWINDIGKEIT44

a) Wie lange hat die gleichmässig beschleunigte Bewegung gedauert?


b) Welcher Weg wurde insgesamt zurückgelegt?
Nochmals Aufgaben zum freien Fall (diesmal mit Anfangsgeschwindig-
keit)
Schwierigkeitsgrad 1
Aufgabe 37 (Zurückfallen eines nach oben geworfenen Steins)
Ein Junge wirft einen Stein mit der Angangsgeschwindigkeit 18 m/s vertikal nach
oben. Welche Geschwindigkeit hat er beim Zurückfallen in der Höhe 4 m oberhalb
der Abwurfstelle?
Schwierigkeitsgrad 2
Aufgabe 38 (Freier Fall eines Stein am Fenster vorbei)
Ein fallender Stein benötigt 0.3 s, um ein 1.8 m hohes Fenster zu passieren. In wel-
cher Höhe oberhalb der oberen Fensterkante wurde der Stein fallen gelassen?
Aufgabe 39 (Einige Fragen zu einer nach oben geworfenen Stahlkugel)2
Du wirfst eine Stahlkugel mit 25 m/s vertikal noch oben.
a) Nach welcher Zeit ist die Kugel am höchsten Punkt angelangt.
b) Wie hoch ist dann die Kugel?
c) Nach welcher Zeit ist die Kugel wieder unten angelangt?
d) Welche Geschwindigkeit hat sie dann (kurz vor dem Aufprall am Boden)?
e) In der Zeichnung rechts ist die Wurfbahn der Kugel gezeichnet. Zeichne in
den fünf eingezeichneten Punkten je den Beschleunigungsvektor ein. Seine
Länge musst du nicht massstäblich zeichnen.
(Die Kugel bewegt sich in Wirklichkeit auf einer Geraden nach oben und auf
derselben nach unten. Damit aber die Flugbahn nach oben von der nach unten
unterschieden werden kann, ist die Flugbahn als Parabel gezeichnet statt als
Strecke. Die untersten beiden Punkte sind kurz nach dem Abwurf gemeint.)
Aufgabe 40 (Prinzessin im Turm)
Von einem 20 m hohen Turm lässt eine Prinzessin einen goldenen Ball fallen. Zur
gleichen Zeit wirft ein Jüngling eine Silberkugel mit 15 m/s nach oben. In welcher
Höhe treffen sich Kugel und Ball?

2 Für diese Aufgaben sind keine Formeln mit Anfangsgeschwindigkeit nötig. Sie ist hier eingeor-
net, weil in Teil e) nach der Richtung der Beschleunigung gefragt wird. Und diese haben wir erst
in diesem Kapitel definiert.
5 BESCHLEUNIGTE BEWEGUNGEN MIT ANFANGSGESCHWINDIGKEIT45

Lösungen 7: Beschleunigte Bewegungen mit Anfangs- und


Endgeschwindigkeit
Schwierigkeitsgrad 1
Aufgabe 29
Wir wählen die Bewegungsrichtung z.B. als die positive Richtung der Zahlengeraden.
Dann ist
v0 = +100 km/h = +27.78 m/s, v = +50 km/h = +13.89 m/s

a)
v = v0 + at | auflösen nach a
v − v0
a =
t
Zahlen einsetzen:
13.89 m/s − 27.78 m/s
a= = −3.09 m/s2
4.5 s
b) Wegen a < 0 zeigt die Beschleunigung in die negative Richtung von R. Also:
a zeigt entgegengesetzt zur Bewegungsrichtung.

Aufgabe 30
Wir wählen die Bewegungsrichtung z.B. als die positive Richtung der Zahlengeraden
(Westrichtung). Dann ist
v = +5.36 m/s, a = +0.64 m/s2

a)
v = v0 + at | auflösen nach v0
v0 = v − at

Zahlen einsetzen:
a = 5.36 m/s − 0.64 m/s2 · 3 s = 3.44 m/s

Aufgabe 31
50 km/h = 13.89 m/s

Wir wählen die Bewegungsrichtung z.B. als die positive Richtung der Zahlengeraden.
Dann ist
v0 = +13.89 m/s, v = +11 m/s2
a)
v = v0 + at | auflösen nach a
v − v0
a =
t
Zahlen einsetzen:
5 BESCHLEUNIGTE BEWEGUNGEN MIT ANFANGSGESCHWINDIGKEIT46

11 m/s − 13.89 m/s


a= = −0.96 m/s
3s
b) Wegen a < 0 zeigt die Beschleunigung in die negative Richtung von R. Also:
a zeigt in Richtung Norden.

c) v = v0 + at. Zahlen einsetzen:


v = 11 m/s−0.96 m/s·4 s = 7.15 m/s (oder v = 13.89 m/s−0.96 m/s·7 s = 7.15 m/s)

Aufgabe 32
Wie in Aufgabe 29 wählen wir die Bewegungsrichtung als positive Richtung. Dann
ist
v0 = +27.78 m/s, a = −3.09 m/s2.
Wir verwenden die Formel a
s = v0 t + t2
2
Zahlen einsetzen:
3.09 m/s2
s = 27.78 m/s · 4.5 s − · (4.5 s)2 = 93.7 m
2
Aufgabe 33
Wir wählen die Bewegungsrichtung z.B. als die positive Richtung der Zahlengeraden.
Dann ist
v0 = +6 m/s

a
s = v0 t + t2 |
2
auflösen nach a
a 2
s − v0 t = t
2
2(s − v0 t)
a =
t2
Zahlen einsetzen:
2(40 m − 6 m/s · 3 s)
a= = 4.89 m/s2
(3s)2
Aufgabe 34
85 km/h = 23.61 m/s

Wir wählen die Bewegungsrichtung z.B. als die positive Richtung der Zahlengeraden.
Dann ist
v0 = +23.61 m/s

v = v0 + at | auflösen nach v0
v0 = v − at
Zahlen einsetzen:
v0 = 23.61 m/s − 1.8 m/s2 · 6 s = 12.81 m/s
5 BESCHLEUNIGTE BEWEGUNGEN MIT ANFANGSGESCHWINDIGKEIT47

Schwierigkeitsgrad 2
Aufgabe 35
Die Bewegungsrichtung wählen wir als die positive Richtung von R.
a) Am Ende von Phase 1 ist die Geschwindigkeit
v1 = a1 t1 = 4 m/s2 · 6 s = +24 m/s

Am Anfang von Phase 3 ist die Geschwindigkeit


v3 = a3 t3 = 6 m/s2 · 6 s = +36 m/s

Die Beschleunigung in Phase 2 ist deshalb


v3 − v1 36 m/s − 24 m/s
a2 = = = +3 m/s2
4s 4s
b) Der gesamte Weg s setzt sich aus den drei Teilstrecken s1 , s2 , s3 zusammen:
s = s1 + s2 + s3

Bei s1 ist die Anfangsgeschwindigkeit 0, bei s3 die Endgeschwindigkeit. Für ihre


Berechnung können wir daher die einfachen Formeln von Kapitel 3.1 verwenden:

v1 24 m/s
s1 = t1 = · 6 s = 72 m
2 2
v3 36 m/s
s3 = t2 = · 6 s = 108 m
2 2
Bei s2 hingegen sind sowohl Anfangs- als auch Endgeschwindigkeit nicht 0. Wir
verwenden daher die Formel s = vt + a2 t2 . Mit den entsprechenden Symbolen heisst
sie
a2 2
s2 = v1 t2 + t .
2 2
Zahlen einsetzen:
3 m/s2
s2 = 24 m/s · 4 s + (4 s)2 = 120 m.
2
Der gesamte Weg ist also
s = 72 m + 120 m + 108 m = 300 m

Aufgabe 36
Die Bewegung besteht aus drei Abschnitten: Abschnitt A (gleichförmige Bewegung),
Abschnitt B (schneller werden) und Abschnitt C (Verzögerung bis zum Stillstand).
a) Anfangsgeschwindigkeit in Abschnitt C:
v = at = 0.4 m/s2 · 20 s = 8 m/s

Zeit t für Abschnitt B: Bezeichnet v0 die Anfangs-, v die Endgeschwindigkeit (=


Anfangsgeschwindigkeit von Abschnitt C) und a die Beschleunigung in Abschnitt
B, so ist
5 BESCHLEUNIGTE BEWEGUNGEN MIT ANFANGSGESCHWINDIGKEIT48

v = v0 + at | auflösen nach t
v − v0
t =
a
Zahlen einsetzen:
8 m/s − 4 m/s
t= = 4s
1 m/s2
b) Der gesamte Weg s setzt sich zuammen aus den Teilstücken sA , sB , sC :
s = sA + sB + sC

sA = vA · tA = 4 m/s · 8 s = 32 m
aB 2 1 m/s2
sB = vA · tB + tB = 4 m/s · 4 s + · (4 s)2 = 24 m
2 2
aC 2 0.4 m/s2
sC = tC = · (20 s)2 = 80 m
2 2
Also
s = 32 m + 24 m + 80 m = 136 m
Nochmals Aufgaben zum freien Fall (diesmal mit Anfangsgeschwindig-
keit)
Schwierigkeitsgrad 1
Aufgabe 37
Wir wählen die positive Richtung von R nach oben. Die Erdgeschleunigung g zeigt
nach unten, ist dann also negativ.

v2 = v02 + 2gs
q
v = ± v02 + 2gs

Zahlen einsetzen:
p
v=± (18 m/s)2 + 2 · (−9.81 m/s2) · 4 m = ±15.67 m/s

Das positive Vorzeichen steht für die Bewegung nach oben, weil ~v dabei nach oben
zeigt. Für das Zurückfallen steht das negative Vorzeichen, weil ~v dabei nach unten
zeigt. Die Beträge sind aus Symmetriegründen gleich. Also
v = 15.67 m/s

Schwierigkeitsgrad 2
Aufgabe 38
Da sich der Stein immer nur nach unten bewegt, wählen wir die positive Richtung
von R nach unten. (Nach oben ginge natürlich auch.) g ist dann positiv (das g nach
unten zeigt). Ist s die Fensterhöhe, v0 die Geschwindigkeit an der Oberkante des
Fensters und t die Zeit von der oberen bis zur unteren Fensterkante, gilt
5 BESCHLEUNIGTE BEWEGUNGEN MIT ANFANGSGESCHWINDIGKEIT49

g
s = v0 t + t2 |
2
auflösen nach v0
s − g2 t2
v0 =
t
Zahlen einsetzen:
9.81 m/ss
1.8 m − 2 (0.3 s)2
v0 = = 4.53 m/s
0.3 s
Also wurde der Stein in folgender Höhe oberhalb der oberen Fensterkante fallen
gelassen:
v2 (4.53 m/2)2
h= = = 1.05 m
2g 2 · 9.81 m/s2
Aufgabe 39
Für diese Aufgabe genügen die Formeln aus Kapitel 3 für Bewegungen ohne An-
fangsgeschwindigkeit.
a) t = vg = 25 m/s
9.81 m/s2 = 2.55 s

b) h = 2g
v 2
= (25 m/s)2
2·9.81 m/s2 = 31.86 m

c) Fallzeit gleich Steigzeit. Also folgt aus Teil a): t = 2.55 s


d) Aufprallgeschwindigkeit gleich Abwurfgeschwindigkeit. Also: v = 25 m/s
e) Eine halbwegs befriedigende Begründung: Wir wissen aus Kapitel 4, dass der freie
Fall eine gleichmässig beschleunigte Bewegung ist (mit g = 9.81 m/s2). Intuitiv ist
damit einigermassen klar, dass die Beschleungigung in jedem Punkt der Bahn die
gleiche ist.

Befriedigendere Begründung (für Interessierte):


Eine vollständig befriedigende Begründung können wir nicht geben. Das liegt daran,
dass wir den Begriff der Beschleunigung nie für einen bestimmten Zeitpunkt, son-
dern nur für Bewegungen als Ganzes definiert haben („gleichförmige Bewegungen“).
Präzis kann man so begründen:
Physikalische Begründung: Diese physikalische Begründung werden wir im näch-
sten Skript Dynamik verstehen: Newton hat die Kraft F definiert als F = ma
(Kraft = Masse mal Beschleunigung). Da die Gravitationkraft F auf die Kugel mit
der Masse m in jedem Punkt der Bahn die gleiche ist (die Erde zieht die Kugel in
jedem Punkt der Bahn mit der gleichen Kraft nach unten), und sich die Masse der
5 BESCHLEUNIGTE BEWEGUNGEN MIT ANFANGSGESCHWINDIGKEIT50

Kugel sicher nicht ändert, muss also a in jedem Punkt der Bahn gleich gross sein.
Insbesondere im obersten Punkt.
Mathematische Begründung: Aus formaler Sicht kann man das erst verstehen,
wenn man die allgemeine Definition
v(t + h) − v(t)
a := lim
h→0 h
der Beschleunigung zum Zeitpunkt t kennt. Dafür benötigt man aber die Differen-
tialrechnung, die uns im Physikunterricht leider nie zur Verfügung steht.
Aufgabe 40
Wir wählen R nach unten zeigend und 0 bei der Prinzessin.
Der goldene Ball der Prinzessin hat die Ortsfunktion
g 2
s= t
2
und die Silberkugel des Prinzen die Ortsfunktion
g
s = v0 t + t2 + s0 .
2
(Hier haben wir ausnahmsweise die volle Ortsfunktion für beschleunigte Bewegun-
gen mit Anfangsgeschwindigkeit gewählt.) Diese beiden Ortskoordinaten sind beim
Treffpunkt identisch:
g 2 g
2
t = v0 t + t2 + s0 |
2
auflösen nach t ( g2 t2 fällt weg)
0 = v0 t + s0
−s0
t =
v0

s0 = 20 m und v0 = −15 m/s einsetzen:


−20 m
t= = 1.33 s
−15 m/s

In dieser Zeit legt der goldene Ball der Prinzessin die Strecke
9.81 m/s2
s= (1.33 s)2 = 8.72 m
2
zurück, ist also auf der Höhe
h = 20 m − 8.72 m = 11.28 m
6 BEGRÜNDUNG DER FORMELN VON KAPITEL 5 (FREIWILLIG)* 51

6 Begründung der Formeln von Kapitel 5 (freiwil-


lig)*
Wir erklären jetzt, wie man auf die Formeln
v = v0 + at
a
s = v0 t + t2
2
v2 = 2
v0 + 2as

von Kapitel 5 kommen kann.


Zur ersten Formel: Die Beschleunigung ist definiert als
∆v
a=
∆t
mit
∆v = v − v0 , ∆t = t − t0 .
Mit t0 = 0 folgt
v − v0
a= .
t
Auflösen nach v:
v = v0 + at
Zur zweiten Formel: Sie beschreibt den Ort s, an dem ein Objekt zum Zeitpunkt
t ist, nachdem es zum Zeitpunkt t = 0 beim Ort s = 0 die Geschwindigkeit v0 hatte
und sich mit der Beschleunigung a weiterbewegte.
Als Objekt betrachten wir ein Auto, das sich mit der konstanten Geschwindigkeit
v0 bewegt. Neben ihm, und zwar genau auf gleicher Höhe, fahre ein Kameramann
mit derselben Geschwindigkeit in einem anderen Fahrzeug und filme das Objekt.
Zum Zeitpunkt t = 0, als sich beide beim einzigen Oelfleck auf der Piste befinden,
beschleunige das Auto mit der Beschleunigung a, der Kameramann hingegen behal-
te seine Geschwindigkeit v0 bei. Nach einer Sekunde ist das Auto um a ms schneller
geworden, also auch um a ms schneller als der Kameramann, da sich dieser ja mit
konstanter Geschwindigkeit bewegt. Nach einer weiteren Sekunde ist das Auto um
weitere a ms schneller als der Kameramann usw: Relativ zum Kamermann bewegt
sich das Auto aus dem Stillstand mit der Beschleunigung a sm , womit Folgendes
2

gemeint ist:
Wir stellen uns vor, das Auto und der Kameramann fahren auf einer sehr langen und
breiten Landebahn eines riesigen Flughafens, die so gross ist, dass in alle Richtun-
gen bis zum Horizont kein Ende zu sehen ist. Es gibt keine anderen Objekte neben
dem Auto und dem Fahrzeug des Kamersmanns auf der Landebahn, z.B. gibt es
keine Bäume oder Häuser; es gibt nur den Pistenboden. Wir stellen uns jetzt vor,
über dem gesammten Pistenboden liege eine dichte, 1 Meter dicke Nebelschicht. Der
Kameramann ist deshalb nicht in der Lage, zu entscheiden, ob er sich bewegt oder
ob sein Fahrzeug still steht. (Wir nehmen an, der Pistenboden sei absolut eben und
der Kameramann verpüre in seinem Fahrzeug keine Erschütterungen.) Nehmen wir
an, er geht davon aus, dass er still steht. Dann bewegt sich das zu filmende Auto aus
seiner Sicht nach obigen Überlegungen aus dem Stillstand gleichmässig beschleunigt
mit der Beschleunigung a sm von ihm weg.
2
6 BEGRÜNDUNG DER FORMELN VON KAPITEL 5 (FREIWILLIG)* 52

In der Beschleunigungszeit t hat sich das Auto also um


a 2
s1 := t
2
Meter vom Kameramann entfernt. Dieser hat sich aber vom Ölfleck des Pistenbo-
dens unter dem Nebel, bei dem das Auto zu beschleunigen begann, selbst um die
Strecke
s2 := v0 t
entfernt. Das Auto muss sich also vom Ölfleck um die Strecke
a
s = s1 + s2 = v0 t + t2
2
entfernt haben. Befindet sich der Kameramann zum Zeitpunkt t = 0 nicht bei 0 ∈ R,
sondern bei einer beliebigen Koordinaten s0 ∈ R, folgt
a
s = v0 t + t2 + s0
2

Zur dritten Formel: Man erhält sie durch Kombination der ersten beiden Formeln:
a
s = v0 t + t2
2
v = v0 + at

Wir lösen die zweite Gleichung nach t auf


v − v0
t=
a
und setzen dieses t in die erste ein und formen ein wenig um:

v − v0 a v − v0 2
s = v0 · + ·( ) | rechte Seite umformen
a 2 a
2
v0 (v − v0 ) (v − v0 )
s = + | · 2a
a 2a
2as = 2v0 (v − v0 ) + (v − v0 )2 | rechte Seite ausmultiplizieren
2as = 2vv0 − 2v02 + v 2 − 2vv0 + v02 | rechte Seite zusammenfassen
2as = −v02 + v 2 | + v02
2as + v02 = v2
7 ÜBERLAGERUNG VON BEWEGUNGEN* 53

7 Überlagerung von Bewegungen*


7.1 Vektorielle Darstellung von Geschwindigkeiten
Bewegt sich ein Objekt mit der Geschwindigkeit v = 10 m/s, weiss man durch diese
Angabe zwar wie schnell es sich bewegt, aber nicht wohin. Man beschreibt Ge-
schwindigkeiten u.a. deshalb auch mit Vektoren. Die Richtung des Vektors gibt die
Bewegungsrichtung an, und an seiner Länge liest man den Betrag der Geschwindig-
keit ab.
Beispiel (Curlingstein): Beispielsweise kann man vereinbaren, dass ein Vektor
der Länge 1 cm den Geschwindigkeitsbetrag 1 m/s darstellt:

~v1 ~v2

v1 = 3 m/s v2 = 1.5 m/s


Geschwindigkeiten kann man mit Vektoren
darstellen. Die Länge des Vektors ist der
Betrag der Geschwindigkeit, seine Richtung
die Bewegungsrichtung des Objekts.
Für den Massstab werden wir uns gar nie interessieren, d.h. wir werden den Massstab
(z.B. 1 cm entspricht 1 m/s oder 2 cm entspricht 1 m/s, oder ähnlich) gar nie festle-
gen. Nur die Längenverhältnisse werden von Bedeutung sein, wie das im folgenden
Beispiel der Fall ist.

7.2 Additionsgesetz für Geschwindigkeiten


Beispiel 13 (Flussüberquerung)
Ein Ruderboot überquert die Donau (Breite: 1 km), so dass seine Längsachse immer
senkrecht zum Ufer steht. Die Bootsgeschwindigkeit (relativ zum Wasser) ist v1 =
2 m/s, die Geschwindigkeit des Wassers (relativ zum Ufer) ist v2 = 1 m/s.
a) Wie schnell bewegt sich das Boot relativ zum Ufer?
b) Welchen Weg legt das Boot vom Ufer aus gesehen zurück?
c) Wie lange dauert die Überfahrt?
7 ÜBERLAGERUNG VON BEWEGUNGEN* 54

a) Würde das Wasser nicht flies-


sen, wäre das Boot nach 1 s
bei der Pfeilspitze von ~v1.
Würde man bei fliessendem
Wasser nicht rudern, wäre
~v1 ~v := ~v1 + ~v2 das Boot nach 1 s bei der
~v2 Pfeilspitze von ~v2.
Da bei fliessendem Wasser gerudert wird,
ist das Boot nach 1 s bei der Pfeilspitze von
~v := ~v1 + ~v2.
~v ist also die Geschwindigkeit des Bootes
relativ zum Ufer. r
Deshalb ist
m 2 m m
q
v = v12 + v22 = (2 ) + (1 )2 = 2.24
s s s

b)
v2 1
tan α = = ⇒ α = 26.6 ◦
v1 2
1000 m

α 1000 m
~v2 s = = 1118 m
~v1 cos 26.6 ◦

s a) 1118 m
c) t = = = 500 s = 8 min 20 s
v 2.24 m/s
7 ÜBERLAGERUNG VON BEWEGUNGEN* 55

Bemerkung: Um Aufgabe c) zu lösen, haben wir das Resultat von Aufgabe b)


verwendet. Das ist nicht unbedingt nötig und man kann c) direkt lösen:
Mit folgender Zeichnung ist nämlich klar, dass das überquerende Boot bei stehendem
Wasser jederzeit gleich weit von beiden Ufern entfernt ist wie bei fliessendem.
1000 m

α
~v2
~v1

Die Überquerungszeit ist also bei ruhendem Wasser genau die gleiche wie bei flies-
sendem, nur einfacher zu berechnen: Ist v die Bootsgeschwindigkeit und s die
Flussbreite, so ist die Überquerungszeit
s 1000 m
t= = = 500 s
v 2 m/s

was mit dem Resultat im obigen Beispiel 13 c) übereinstimmt.


Erkenntnis aus Beispiel 13 a):

Additionsgesetz: Bewegt sich ein Objekt (z.B.


ein Boot) in einem Medium (z.B. Wasser) mit
der Geschwindigkeit ~v1 relativ zum Medium
und das Medium mit der Geschwindigkeit ~v2
relativ zum Boden, so bewegt sich das Objekt
relativ zum Boden mit der Geschwindigkeit
~v := ~v1 + ~v2
7 ÜBERLAGERUNG VON BEWEGUNGEN* 56

Aufgaben 8: Überlagerung von Bewegungen


Aufgabe 41 (Flussüberquerung)
Ein Ruderboot überquert den Rhein, so dass seine Längsachse immer senkrecht zum
Ufer steht. Die Bootsgeschwindigkeit (relativ zum Wasser) ist v1 = 1.5 m/s, die
Geschwindigkeit des Wassers (relativ zum Ufer) ist v2 = 0.7 m/s.
a) Wie schnell bewegt sich das Boot relativ zum Ufer?
b) Wie lange dauert die Überfahrt, wenn der Rhein dort 800 m breit ist?
c) Am gegenüberliegenden Ufer steht vis à vis des Abfahrtsortes ein Baum. Wie
weit vom Baum entfernt wird das Boot das gegenüberliegende Ufer erreichen?
Aufgabe 42 (Sportflugzeug)
Ein Sportflugzeug fliegt relativ zur Luft mit 350 km/h mit nach Norden gerichteter
Längsachse. Es bläst ein Westwind mit 50 km/h.
a) Berechne die Geschwindigkeit (Betrag) des Flugzeugs relativ zum Boden
b) Unter welchem Winkel zur Süd-Nord-Richtung bewegt sich das Flugzeug (re-
lativ zum Boden)?
c) Wie viele km ist es nach 20 Minuten vom Kurs abgekommen, wenn der Pilot
keine Korrekturen vornimmt? (Gemeint ist: Wie viele km ist es von dem Ort
entfernt, an dem es sich befinden würde, wenn kein Wind wehte.)
Aufgabe 43 (Sportflugzeug)*
Ein Sportflugzeug fliegt relativ zur Luft mit 150 km/h mit nach Norden gerichteter
Längsachse. Es bläst ein Nordostwind mit 50 km/h.
a) Berechne die Geschwindigkeit (Betrag) des Flugzeugs relativ zum Boden
b) Unter welchem Winkel zur Nord-Süd-Richtung bewegt sich das Flugzeug (re-
lativ zum Boden)?
c) Wie viele km ist es nach 20 Minuten vom Kurs abgekommen, wenn der Pilot
keine Korrekturen vornimmt?
Aufgabe 44 (Boot)
Ein Motorboot hat in ruhendem Wasser die Geschwindigkeit 10 m/s. Es fährt in
einem Fluss, welcher die Strömungsgeschwindigkeit 3 m/s hat.
a) Das Boot fährt flussaufwärts. Mit welcher Geschwindigkeit bewegt sich das
Boot relativ zum Ufer?
b) Das Boot fährt flussabwärts. Mit welcher Geschwindigkeit bewegt sich das Boot
relativ zum Ufer?
Aufgabe 45 (Boot)
Ein Motorboot hat in ruhendem Wasser die Geschwindigkeit 10 m/s. Es fährt in
einem Fluss, welcher die Strömungsgeschwindigkeit 3 m/s in westlicher Richtung
hat. Welchen Winkel muss das Boot mit der Nord-Süd-Richtung einschliessen, damit
sich das Boot in Richtung Norden bewegt?
Aufgabe 46 (Boot)
Ein Motorboot hat in ruhendem Wasser die Geschwindigkeit 10 m/s. Es fährt in
einem Fluss, welcher die Strömungsgeschwindigkeit 3 m/s in westlicher Richtung
hat. Welchen Winkel muss das Boot mit der Nord-Süd-Richtung einschliessen, damit
das Boot möglichst schnell an das andere Ufer (egal an welcher Stelle) gelangt?
7 ÜBERLAGERUNG VON BEWEGUNGEN* 57

Lösungen 8: Überlagerung von Bewegungen


Aufgabe 41
a) Wie im Beispiel 13 ist v =
p p
v12 + v22 = (1.5 m/s)2 + (0.7 m/s)2 = 1.66 m/s

b) Die Überfahrt dauert gleich lang wie wenn das Wasser nicht fliessen würde.
(Siehe die Bemerkung im Kapitel 7.2.) Dann wäre die Geschwindigkeit des
Bootes v = 1.5 m/s und der zurückzulegende Weg die Flussbreite s = 800 m.
Also ist die Überquerungszeit
s 800 m
t= = = 533.3 s ≈ 8 min 53 s
v 1.5 m/s

c) Das Boot wird gleich weit in Flussrichtung weggetrieben wie ein Boot, das
relativ zum Wasser in Ruhe ist (also z.B. nicht rudert) und sich einfach den
Fluss hinuntertreiben lässt. In der in b) berechneten Überquerungszeit t und
mit der Flussgeschwindigkeit v sind das
s = vt = 0.7 m/s · 533.3 s = 373.3 m

In den folgenden beiden Aufgaben 42 und 43 ist es nicht nötig, die Geschwindigkeiten
in m/s umzurechnen. Es ist aber auch nicht falsch. Wer unsicher ist, rechnet sie in
m/s um.
Aufgabe 42
a) Der Wind bläst rechtwinklig zur Bewegungsrichtung des Flugzeugs, also kann
man den Satz von Pythagoras anwenden:
p
v= (350 km/h)2 + (50 km/h)2 = 353.55 km/h

b) Addiert man die beiden Geschwindigkeitsvektoren graphisch, erhält man ein


rechtwinkliges Dreieck mit dem Winkel
50
α = tan−1 ( ) = 8.13 ◦
350
c) Es ist um dieselbe Strecke (in Richtung Osten) vom Kurs abgekommen, die
der Wind in 20 min = 13 h zurücklegt. Das sind
1
s = vt = 50 km/h · h = 16.6 km
3
Aufgabe 43
Nach dem Additionsgesetz kann man die Geschwindigkeiten ~v1 des Flugzeugs und
~v2des Wassers vektoriell addieren und erhält so die tatsächliche Geschwindigkeit ~v
(siehe die Zeichnung rechts). ~v2 45◦
h
a) Da der Cosinussatz im Mathematikunterricht wahrscheinlich noch nicht be-
sprochen wurde, unterteilen wir das zugehörige Dreieck mittels der Höhe h in
zwei rechtwinklige Dreiecke. Im dunkelgrauen Dreieck folgt mit der Trigono- h
metrie im rechtwinkligen Dreieck (wir lassen die Einheiten weg):
1 ~v1
h = v2 sin(45◦ ) = 50 · √ = 35.36
2
~v b
und der Seitenabschnitt b ist dann
b = v1 − h = 150 − h = 150 − 35.36 = 114.65.
α
Also folgt aus dem hellgrauen Dreieck aus dem Satz von Pythagoras
p p
v= h2 + b2 = 35.862 + 114.652 = 119.97 km/h
7 ÜBERLAGERUNG VON BEWEGUNGEN* 58

b) Der gesuchte Winkel ist der Winkel α im hellgrauen rechtwinkligen Dreieck,


also
h 35.36
α = tan−1 ( ) = tan−1 ( ) = 17.14◦
b 114.65
c) Mit „wie weit vom Kurs abgekommen“ ist die Distanz zwischen dem tatsäch-
lichen Aufenthaltsort nach 20 min zu dem Ort gmeint, an dem das Flugzeug
nach 20 min wäre, wenn es windstill wäre. Dies ist gerade die Strecke, die der
Wind in den 20 min zurücklegt, also
1
s = vt = 50 km/h · h = 16.67 km
3

Aufgabe 44
a) Die beiden Geschwindigkeitsvektoren zeigen in die gleiche Richtung, also ist
die Länge ihrer Vektorsumme die Summe ihrer Längen, d.h.
m m
v = (10 + 3) = 13
s s

b) Die beiden Geschwindigkeitsvektoren zeigen in entgegengesetzte Richtungen,


also ist die Länge ihrer Vektorsumme die Differenz ihrer Längen, d.h.
m m
v = (10 − 3) =7
s s

Aufgabe 45
v2 = 3 m
Bootsgeschwindigkeit v in Nord-Süd-Richtung

s
Die Vektorsumme des Geschwindigkeitsvektors ~v1 des Wassers
und ~v2 des Bootes muss in die Nord-Süd-Richtung zeigen (siehe
Zeichnung), da diese Vektorsumme die tatsächliche Geschwin-
digkeit ~v des Bootes relativ zum Ufer ist:
v1 = 10 m ~v = ~v1 + ~v2 .
s

Für den Winkel α des von diesen drei Vektoren gebildeten recht-
α
winkligen Dreiecks gilt nach Definition des Sinus:
3
α = sin−1 ( ) = 17.46◦
10
Aufgabe 46
Um den opitmalen Winkel zu erkennen, zeichnet man die Geschwindigkeitsvekto-
ren am besten für eine Situation ein, in der die Längsachse des Bootes in Richtung
Westen von der Nordrichtung abweicht, eine Situation, in der sie in Richtung Osten
von der Nordrichtung abweicht und die Situation, in der sie gar nicht abweicht. So
erkennt man graphisch, dass das Boot nach einer Sekunde dem gegenüberliegen-
den Ufer am nächsten ist, wenn die Längsachse gar nicht abweicht, d.h. wenn der
gesuchte Winkel
α = 0◦
ist.
8 MATHEMATISCHER ANHANG (BEI BEDARF)* 59

8 Mathematischer Anhang (bei Bedarf)*


8.1 Trigonometrie im rechtwinkligen Dreieck
Sind in einem rechtwinkligen Dreieck drei Stücke gegeben (z.B. SWS), so können wir
es konstruieren, also alle fehlenden Stücke zeichnerisch ermitteln. Mithilfe der drei
trigonometrischen Funktionen, der Sinus-, Cosinus- und Tangensfunktion, werden
wir sie auch berechnen können.
8.1.1 Definition der trigonometrischen Funktionen
Im rechtwinligen Dreieck
heisst die einem spitzen Win-
kel gegenüberliegende Kathete
seine Gegenkathete und die
Ankathete Gegenkathete anliegende Kathete seine
Ankathete. Die dem rechten
Winkel gegenüberliegende
α Seite ist stets die längste Drei-
eckseite und heisst bekanntlich
Hypothenuse Hypothenuse.

Def:
Gegenkathete (von α)
sin α :=
Hypothenuse
Ankathete (von α)
cos α :=
Hypothenuse
Gegenkathete (von α)
tan α :=
Ankathete (von α)
sin α, cos α und tan α stellen also Seitenverhältnisse im rechtwinkligen Dreieck dar.
8.1.2 Berechnung der Funktionen mit dem Taschenrechner
Möchte man beispielsweise wissen, welches Verhältnis in einem rechtwinkligen Drei-
eck mit dem Winkel α = 50 ◦ die Seiten a und c bilden, muss man nur sin(50 ◦ )
berechnen. Dazu drückt man auf dem Taschenrechner die Taste SIN :

a
sin(50◦) = c
a a
c
=?

a
α = 50 ◦
c
0.77 = c
8 MATHEMATISCHER ANHANG (BEI BEDARF)* 60

Will man umgekehrt aus dem Seitenverhältnis den zugehörigen Winkel berechnen,
drückt man die Taste SIN −1 (Umkehrfunktion):

α = sin−1(0.77)
α = 50◦
Analog verfährt man mit cos und tan.
8.1.3 Beispiele
Beispiel 14 In einem rechtwinkligen Dreieck ist β = 56◦, a = 5 cm. Berechne c.

a
cos β =
c
◦ 5
a = 5 cm cos 56 =
β = 56◦ c
5
c =? 0.56 =
c
5
c =
0.56
c = 8.94

Beispiel 15 In einem rechtwinkligen Dreieck ist a = 6 cm, b = 4 cm. Berechne α.

tan α = 64
4=b a=6
α =? α = tan−1( 64 )
α = 56.3◦
8 MATHEMATISCHER ANHANG (BEI BEDARF)* 61

Aufgaben 9: Berechnungen im rechtwinkligen Dreieck


In allen Aufgaben ist die Hypothenuse mit c bezeichnet (d.h. γ = 90 ◦).

Aufgabe 47 Gegeben sind a = 5 cm und c = 8 cm. Berechne α und β .


Aufgabe 48 Gegeben sind a = 5 cm und b = 2 cm. Berechne α und β .
Aufgabe 49 Gegeben sind α = 37 ◦ und c = 7 cm. Berechne a und b.
Aufgabe 50 Gegeben sind β = 62 ◦ und a = 4 cm. Berechne b und c.
Aufgabe 51 Gegeben sind β = 38 ◦ und b = 5 cm. Berechne a und c.
Aufgabe 52 Gegeben sind α = 37 ◦ und β = 53 ◦. Berechne a und b.
8 MATHEMATISCHER ANHANG (BEI BEDARF)* 62

Lösungen 9
Aufgabea 475
sin α = c = 8 ⇒ α = 38.68◦ ⇒ β = 180◦ − α − γ = 180◦ − 38.68◦ − 90◦ = 51.32◦
Aufgabea 485
tan α = b = 2 ⇒ α = 68.2◦ ⇒ β = 180◦ − α − γ = 180◦ − 68.2◦ − 90◦ = 21.8◦
Aufgabea 49 √ √
sin α = c ⇒ a = c · sin α = 7 · sin 37◦ = 4.21 cm ⇒ b = c2 − a2 = 72 − 4.212 =
5.59 cm
Aufgabeb 50 √ √
tan β = a ⇒ b = a tan β = 4 · tan 62◦ = 7.52 cm ⇒ c = a2 + b2 = 42 + 7.522 =
8.52 cm
Aufgabeb 51 √ √
tan β = a ⇒ a = tanb β = tan538 = 6.4 cm ⇒ c = a2 + b2 = 6.42 + 52 = 8.12 cm
Aufgabe 52

Das Dreieck ist nicht eindeutig bestimmt. (Es gibt unendlich viele Dreiecke mit α =
37◦ und β = 53◦ .)
8 MATHEMATISCHER ANHANG (BEI BEDARF)* 63

8.2 Vektoren (koordinatenfrei)


8.2.1 Der Begriff des Vektors
Def: Ein Vektor ist ein Pfeil.
Bezeichnungen: 1. Mit kleinen Buchstaben und darübergesetztem Pfeil:

~a b~ ~c

2. Ein Vektor, der von einem Punkt A auf einen Punkt B zeigt, wird auch mit −
−→
AB
bezeichnet.
B
D
−→B
A C−D
−→

A C
Def: Zwei Vektoren sind gleich, wenn sie gleich
lang sind und in die gleiche Reichtung zeigen.
Beispiel:

~a ~c d~ ~e
~b

~a = ~b
~b 6= ~c (verschieden lang)
d~ 6= ~e (verschiedene Richtungen)
8 MATHEMATISCHER ANHANG (BEI BEDARF)* 64

Bezeichnung: |~a| bzw. |−→


AB| bezeichnet die Län-
ge des Vektors ~a bzw. − →
AB . Meistens schreibt
man kurz a statt |~a|.
Bemerkung: Statt „Länge“ sagt man auch Betrag.
8.2.2 Addition von Vektoren
Def. (Addition): Zwei Vektoren ~a, ~b seien gege-
ben. Verschiebe den Vektor ~b parallel, bis sein
Pfeilanfang die Pfeilspitze von ~a berührt.
~b
~a ~a
+ ~b
~a
~b

Der Vektor, der vom Pfeilanfang von ~a zur Pfeil-


spitze von ~b zeigt, heisst die Summe von ~a und
~b und wird mit ~a + ~b bezeichnet.
C
Beispiel 16 Beschreibe im Dreieck ∆ABC
a) den Vektor −→ −−→ −−→
AC mit den Vektoren AB und BC

b) die Länge der Seite AC mithilfe der Vektoren −


−→ −−→
AB und BC
A B

a) −→ −→ −−→
AC = AB + BC
b) AC = |−→ −→ −−→
AC| = |AB + BC|
8 MATHEMATISCHER ANHANG (BEI BEDARF)* 65

Aufgaben 10: Addition und Betrag von Vektoren


Aufgabe 53 (Vektoren zeichnen und addieren)
Zeichne zwei Vektoren und addiere sie (d.h. zeichne ihre Summe).
Aufgabe 54 (Vektoren im Viereck)
~ mit den Vektoren
Beschreibe den Vektor AC
a) AB
~ und BC ~

b) ~
AD und DC
~ D
C
A

Aufgabe 55 (Diagonalenlänge im Rechteck)


Zeichne ein Rechteck und beschreibe die Länge der Diagonale mithilfe der Vektoren
~
AB und BC~ .

Aufgabe 56 (Diagonalenlänge im Quader)


~ mit den Vektoren AB
a) Beschreibe den Vektor AD ~ , BC
~ und CD
~ .

b) Beschreibe die Länge der Raumdiagonalen d mithilfe der Vektoren ~ , BC


AB ~
und CD
~ .
D

A B

Aufgabe 57 (Dreiecksungleichung)
Offensichtlich gilt die Gleichung |~a + ~b| = |~a| + |~b| i.A nicht. Beantworte folgende
Fragen, ohne zu beweisen.
a) Welche Bedingung müssen ~a, ~b erfüllen, damit obige Gleichung gilt?
b) Gilt die „Dreiecksungleichung“ |~a + ~b| ≤ |~a| + |~b| immer?
8 MATHEMATISCHER ANHANG (BEI BEDARF)* 66

Lösungen 10
Aufgabe 53
~b
~a
~
~a + b

Aufgabe 54
a) ~ = AB
AC ~ + BC
~

b) ~ = AD
AC ~ + DC
~

Aufgabe 55
D C

~ = AB
AC ~ + BC
~ ⇒ |AC|
~ = |AB~ + BC|
~

(oder |AC| ~ 2)
q
~ = |AB|
~ 2 + |BC|

A B

Aufgabe 56
a) ~ = AB
AD ~ + BC
~ + CD
~

b) (oder |AD| ~ 2)
q
~ = |AB
|AD| ~ + BC
~ + CD|
~ ~ = ~ 2 + |BC|
|AB| ~ 2 + |CD|

Aufgabe 57
a) Wenn ~a und ~b in die gleiche Richtung zeigen.
b) Ja.

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