Sie sind auf Seite 1von 27

Mikroökonomie

6 Monopol
Prof. Dr. Andreas Landmann
Charakterisierung des Monopols
 Nur ein Anbieter
 Keine engen Substitute
 Markteintrittsbarrieren

Gründe für Entstehung von Monopolen


 Staatlich legitimierte Monopole
 Patente
 Natürliche Monopole

Mikroökonomie Wintersemester 2022/23 Monopol 2


Gewinnfunktion
 Gewinn = Erlös – Kosten
𝜋 = 𝑃 𝑄 𝑄 − 𝐶(𝑄)
 In einem vollkommenen Wettbewerbsmarkt ist der Preis für
einen einzelnen Anbieter fest:
𝑃 = 𝑃ത
 In einem Monopolmarkt wird eine Outputerhöhung gemäß der
Preis-Absatz-Funktion (Nachfragekurve) zu einer
Preissenkung führen:
𝑃 = 𝑃(𝑄)
 Bedingung für Gewinnmaximum in allen Marktformen:
Grenzerlös (GE) = Grenzkosten (GK)
Mikroökonomie Wintersemester 2022/23 Monopol 3
Bestimmung des Grenzerlöses
 Beispiel: Inverse Marktnachfragefunktion: P = 100 – Q
 Zusammenhang zwischen Mengen- und Erlösveränderung
P
100
(1) Grenzerlös ist nicht
80
konstant, vgl. z.B.:
(1) Mengenerhöhung von
20 auf 21 (GE > 0)
D (2) Mengenerhöhung von
80 auf 81 (GE < 0)

(2)
20

20 80 Q
Mikroökonomie Wintersemester 2022/23 Monopol 4
Ableitung der Grenzerlöskurve
 Erlös: 𝑅 = 𝑃(𝑄) ∙ 𝑄 = 100 − 𝑄 𝑄 = 100 ∙ 𝑄 − 𝑄 2

𝜕𝑅
 Grenzerlös: = 100 − 2𝑄
𝜕𝑄

Mikroökonomie Wintersemester 2022/23 Monopol 5


Erlösveränderung
𝜕𝑅 𝜕𝑃
= 𝐺𝐸 = 𝑃 + 𝑄 Grenzerlös, marginal revenue
𝜕𝑄 𝜕𝑄

𝜕𝑃 𝑄
=𝑃 1+
𝜕𝑄 𝑃

1
=𝑃 1+ Amoroso-Robinson Formel
𝐸𝑑

𝜕𝑄 𝑃
mit Ed = ≤0 Preiselastizität der Nachfrage
𝜕𝑃 𝑄

menti.com: 8839 8238


 Umfrage Preiselastizität
Mikroökonomie Wintersemester 2022/23 Monopol 6
Graphische Bestimmung des Gewinnmaximums

Quelle: Pindyck &


Rubinfeld (9. Aufl.),
S.421

Mikroökonomie Wintersemester 2022/23 Monopol 7


 Die Produktionsmenge, die den Gewinn maximiert (Q* )
wird durch den Schnittpunkt von Grenzkostenkurve (GK)
und Grenzerlöskurve (GE) bestimmt
 Der Gewinn maximierende Preis ergibt sich senkrecht
oberhalb dieses Schnittpunktes auf der Preis-Absatz-Kurve
(Cournot-Punkt)

Mikroökonomie Wintersemester 2022/23 Monopol 8


Preisbildung und Messung von Monopolmacht
1 𝑃
GE = P (1 + 𝐸 ) =𝑃+
𝐸𝑑
= 𝐺𝐾 (im Gewinnmaximum)
𝑑
𝑃
P – GK = - 𝐸
𝑑
𝑃−𝐺𝐾 1
=− inverse Elastizitätsregel
𝑃 𝐸𝑑

Lerner-Index

 Je größer im Absolutwert die Preiselastizität der Nachfrage


ist, umso weniger wird der Preis über den Grenzkosten
liegen
 Der Lerner Index ist ein gebräuchliches Maß für die
Monopolmacht eines Unternehmens
Mikroökonomie Wintersemester 2022/23 Monopol 9
Preiselastizität der Nachfrage und
Preisaufschlag auf die Grenzkosten

Je elastischer die
Nachfrage, desto
geringer der
Preisaufschlag

Mikroökonomie Wintersemester 2022/23 Monopol Quelle: Pindyck & Rubinfeld (9. Aufl.), S.433 10
Monopolmacht
 Anders als auf Märkten des vollkommenen Wettbewerbs,
können Unternehmen auf vielen Märkten die Preise
erhöhen, ohne gleich die gesamte Nachfrage zu verlieren
 Die einzelnen Unternehmen sehen sich daher einer
negativ geneigten und nicht einer horizontalen
Nachfragekurve gegenüber
 Die Preiselastizität der Nachfrage für ein einzelnes
Unternehmen ist betragsmäßig größer als die
Preiselastizität der Marktnachfrage

Mikroökonomie Wintersemester 2022/23 Monopol 11


Determinanten der Monopolmacht
1. Preiselastizität der Marktnachfrage:
• Je kleiner die Elastizität im Absolutwert ist, desto größer ist die
Marktmacht
2. Anzahl der Unternehmen:
• Je weniger Anbieter im Markt sind, desto größer ist die Marktmacht
3. Interaktionen zwischen den Anbietern:
• Je weniger Preiswettbewerb zwischen den Anbietern herrscht,
desto größer ist die Marktmacht
4. Eintrittsbarrieren:
• Je höher die Barrieren sind, desto größer ist die Marktmacht
5. Produktdifferenzierung:
• Je weniger enge Substitute es für das Produkt eines
Unternehmens gibt, desto größer ist die Marktmacht
Mikroökonomie Wintersemester 2022/23 Monopol 12
Netto-Wohlfahrtverluste durch Monopole
 Bei Qm ist die Zahlungsbereitschaft der Konsumenten
größer als die Grenzkosten des Produzenten

Im Vergleich zum
Wettbewerbsmarkt
verlieren die
Konsumenten A+B,
der Anbieter
gewinnt A-C.

menti.com: 2926 5473


 Umfrage Wohlfahrt

Mikroökonomie Wintersemester 2022/23 Monopol Quelle: Pindyck & Rubinfeld (9. Aufl.), S.440 13
Natürliches Monopol
 Bei fallenden Durchschnittskosten können die größten
Unternehmen am günstigsten produzieren
 Deshalb hat ein Markt, in dem mit fallenden Durchschnittskosten
produziert wird, eine „natürliche“ Tendenz zur Monopolisierung

Preisregulierung:
Bei einem Preis in Höhe
der Grenzkosten würde
das Unternehmen seine
Geschäfte aufgeben.

Quelle: Pindyck & Rubinfeld (9. Aufl.),


S.443
Mikroökonomie Wintersemester 2022/23 Monopol 14
Monopolmacht und Kartellgesetz
Deutsches Kartellrecht
 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen GWB
(1958; 8. Novelle 2013)
§19: Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung
(1) Die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden
Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten
§ 20 Verbotenes Verhalten von Unternehmen mit relativer
Marktmacht
 § 19 Absatz 1 … gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von
Unternehmen, soweit von ihnen kleine oder mittlere Unternehmen
als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder
gewerblichen Leistungen in der Weise abhängig sind, dass
ausreichende und zumutbare Möglichkeiten, auf andere
Unternehmen auszuweichen, nicht bestehen (relative Marktmacht)
Mikroökonomie Wintersemester 2022/23 Monopol 15
Definition Marktbeherrschung (§18; 1)
 Ohne Wettbewerber oder ohne wesentlichen Wettbewerb
oder überragende Marktstellung im Verhältnis zu
Wettbewerbern
 Überragende Marktstellung: Marktanteil, Finanzkraft, Zugang
zu Beschaffungs- und Absatzmärkten, Verflechtungen mit
anderen Unternehmen, Marktzutrittsschranken

Vermutungsschwellen (§18; 4 und 6)


 Marktanteil eines Unternehmens ≥ 40 Prozent
 Marktanteil von 3 Unternehmen ≥ 50 Prozent
 Marktanteil von 5 Unternehmen ≥ 2/3

Mikroökonomie Wintersemester 2022/23 Monopol 16


Missbrauchsarten (§19; 2)
 Ungerechtfertigte Behinderung von Konkurrenten
 Überhöhte Preise
 Ungerechtfertigte Preis- oder Konditionendiskriminierung
 Versperrung des Zugangs zu Netzen oder anderen
Infrastruktureinrichtungen

EU-Kompetenz für Fusionen


 Weltweiter Umsatz > 5 Mrd. € zusammen
 EU Umsatz jeder Firma > 250 Mio. €
 Wenn nicht mehr als 2/3 des Umsatzes in einem
Mitgliedsstaat der EU anfällt

Mikroökonomie Wintersemester 2022/23 Monopol 17


Fallbeispiel Kampfpreise:
Lufthansa und Germania Fluggesellschaften (Berlin)
November 2001:
• Germania tritt in Flugroute Berlin – Frankfurt zunächst mit
99 € für flexibles One-Way Ticket ein und senkt den Preis
dann auf 55 €
• Lufthansa bietet Round-Trip Ticket für 200 € an (vorher:485€)

Januar 2002:
• Germania hebt Ticket Preis wieder auf 99 € an
• Passagierzahlen gehen daraufhin um 39% zurück
• Lufthansa bietet One-Way Tickets (gleiche Konditionen wie
bei Germania) für Berlin-Frankfurt von 105,11 € und für
Frankfurt-Berlin von 105,31 € an menti.com: 8839 8238
Mikroökonomie Wintersemester 2022/23 Monopol Umfrage Missbrauch 18
Wichtigkeit von Serviceaspekten bei
Geschäftsreisen (5250 Befragte)

Faktor Punkte Index (aus 10) Nachteil(-) von Germania


Flugplan 8,27 
Sicherheit 8,03
Pünktlichkeit 7,22
Bequemlichkeit, Beinfreiheit 6,84 
Effizientes Check-in 6,79
Vielfliegerprogramm 6,59 
Kabinenpersonal 6,38
Freie Sitzwahl 6,33
Billigster erhältlicher Flugpreis 5,54
Zugang zur Lounge 5,45 
Essen/Trinken an Board 5,28 

Consumers‘ Association, Airline Competition, 1997; nach Bundeskartellamt B9-144/01

Mikroökonomie Wintersemester 2022/23 Monopol 19


 Geldwerter Nutzen von Service-Aspekten
• Bordverpflegung (Getränke und Zeitung) 3€
• Meilengutschrift 12€
• Flugfrequenz (Lufthansa 14/Werktag, Germania 4) 25€

 Durch Preissenkung liegt Lufthansa unter den


Durchschnittskosten
 Relevanter Markt: Strecke Berlin-Frankfurt; Marktanteil
Lufthansa: ca.90%
 Urteil des Bundeskartellamtes (Feb. 2002) nach § 19 GWB:
• Lufthansa muss zwei Jahre lang Preisabstand von
mindestens 35 € zu Germania halten
• Mindestpreisschranke von 134 €
• sofortiger Vollzug
Mikroökonomie Wintersemester 2022/23 Monopol 20
 GWB § 19 Abs. 2:
Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes
Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von
Waren oder gewerblichen Leistungen (Nr. 1.) ein anderes Unternehmen
unmittelbar oder mittelbar unbillig behindert oder ohne sachlich
gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar anders behandelt als
gleichartige Unternehmen;

Definition von Kampfpreisen


 Preisreduktion, die nur deswegen profitable ist, weil die
angreifende Firma Marktmacht durch die Verdrängung,
Beschränkung oder Behinderung von Konkurrenten oder
potentiellen Konkurrenten erhält
 Areeda-Turner Test für Kampfpreise: Preise unter den Grenz-
bzw. den Durchschnittskosten

Mikroökonomie Wintersemester 2022/23 Monopol 21


Fallbeispiel HRS-Bestpreisklausel:
HRS-Hotel Reservation Service
HRS-Bestpreisklausel
 Seit 2006 verlangt HRS von Anbietern von Hotelzimmern, dass
diese ihre Zimmer auf anderen Plattformen nicht günstiger
anbieten
 Überwachung und Androhung von Sanktionen bei
Nichteinhaltung bis Oktober 2013
Ausnutzen einer marktbeherrschenden Stellung
 Konkurrenten auf dem Markt für Hotelportale verlieren den
Anreiz, Hotels niedrigere Provisionen anzubieten, da diese ihre
Preise nicht senken würden
 Die Möglichkeiten der Hotels, auf verschiedenen Vertriebswegen
unterschiedliche Preise und Konditionen anzubieten, wird
behindert
 Verstärkung der Wirkung durch Bestpreisklauseln anderer
großer Anbieter (Booking, Expedia)
Mikroökonomie Wintersemester 2022/23 Monopol 22
Verteilung der Hotelzimmerbuchungen auf Vertriebswege (2011)

Internet-Buchungsplattform 19,50%
Echtzeitbuchung Webseite 5,90%
Globales Distributionssystem (online-Reisebüros) 2,70%
Hotelketten und -kooperationen mit zentr. Reservierungssystem 1,80%
Social Media 0,20%
Online-Buchungskanäle gesamt 30,10%
Telefon 25,00%
E-Mail 17,10%
Reservierungsformular (Website) 6,20%
Reiseveranstalter/Reisebüros 5,90%
Walk-in 5,30%
Brief/Fax 4,90%
Tourismusorganisation 2,80%
Event-/Konferenzveranstalter 1,90%
Offline-Buchungskanäle gesamt 69,10%
Sonstige Kanäle 0,80%
Quelle: Bundeskartellamt B9-66/10, S.28
Mikroökonomie Wintersemester 2022/23 Monopol 23
Marktabgrenzung (relevanter Markt,
Bedarfsmarktkonzept)
 Sachliche Abgrenzung: online-Vertrieb von Hotelportalen
– ohne hoteleigene Webseiten, online-Reisebüros,
Metasuchmaschinen
 Räumliche Abgrenzung: deutschlandweiter Markt für
Hotelportale

Quelle: Bundeskartellamt B9-66/10, S.28


Mikroökonomie Wintersemester 2022/23 Monopol 24
Übernachtungen Übernachtungen Übernachtungen
Hotelportale
2010 2011 2012
HRS [40-50] % [30-40] % [40-50] %
Hotel.de [10-20] % [10-20] %
HRS und Hotel.de [50-60] % [50-60] %
Booking [20-30] % [30-40] % [30-40] %
Expedia [0-10] % [0-10] % [0-10] %
Lastminute [0-5] % [0-5] % [0-5] %
ehotel [0-5] % [0-5] % [0-5] %
Unister [0-5] % [0-5] % [0-5] %
Ebookers285 [0-5] % [0-5] % [0-5] %
Übrige ca. 5% ca.5% ca.5%
Gesamt 15-25 Mio. 20-30 Mio. 25-35 Mio.

Quelle: Bundeskartellamt B9-66/10, S.74

Mikroökonomie Wintersemester 2022/23 Monopol 25


Beschluss des Bundeskartellamtes
 „Die Durchführung der Bestpreisklauseln stellt [..] eine
unbillige Behinderung der von HRS abhängigen kleinen und
mittleren Hotelpartner dar.“ (Bundeskartellamt B 9 - 66/10, S.
6)
 Die Bestpreisklauseln mussten bis 1. März 2014 aus den
Verträgen entfernt werden
 Eine von HRS angebotene Verbindlichkeitserklärung wurde
vom Kartellamt abgelehnt, da „die ausdrückliche Feststellung
der Zuwiderhandlung und die wirksame Untersagung der
Durchführung der Bestpreisklauseln der HRS erforderlich [ist],
um das Wettbewerbsprinzip im betroffenen Hotelportalmarkt
wirksam durchzusetzen.“ (Bundeskartellamt B 9 - 66/10, S.
100f)
Mikroökonomie Wintersemester 2022/23 Monopol 26
 2015: OLG Düsseldorf bestätigt Beschluss des Kartellamts
• Verstoß gegen § 19, 20 GWB: „unbillige Behinderung der
von HRS abhängigen kleinen und mittleren Hotelpartner
• Verstoß gegen §1 GWB (Verbot wettbewerbs-
beschränkender Vereinbarungen; siehe 7 Oligopol)

 Juni 2019: Wende – OLG hebt gegenüber Booking.com


ein früheres Verbot der Bestpreisklauseln auf: notwendig
gegen „illoyales Umlenken von Kundenbuchungen“
 Laut einer aktuellen Studie werden Hotels, die auf ihrer
Webseite günstigere Preise anbieten, von den Portalen
zudem durch schlechtere Listung bestraft.
Hunold, M., R. Kesler und U. Laitenberger (2019): Hotel Rankings of Online Travel
Agents, Channel Pricing, and Consumer Protection, Marketing Science.

Lektüre in Pindyck & Rubinfeld: Kapitel 10 ohne Abschnitte 10.1.7 u.10.5 – 10.6
Mikroökonomie Wintersemester 2022/23 Monopol 27

Das könnte Ihnen auch gefallen