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Planung und Ausführung

von Entwässerungsanlagen
für Gebäude und Grundstücke

IZEG Informationszentrum
Entwässerungstechnik Guss e.V.
6. Auflage
stüc
6. Auflage 2020 als E-Book.
Nachdruck oder Veröffentlichung, auch auszugsweise, ist nur mit Zustimmung des Herausgebers
und mit Quellenangabe gestattet.

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Informationszentrum Entwässerungstechnik Guss e.V. IZEG


Vorwort 3

Das IZEG Informationszentrum Entwässe- über den aktuellen Stand bei der Güte- und
rungstechnik Guss freut sich, Ihnen hiermit Qualitätssicherung von gusseisernen Abfluss-
das Fachbuch über die „Planung und Ausfüh- rohrsystemen informiert werden.
rung von Entwässerungsanlagen für Gebäude
und Grundstücke“– in der Version als E-Book, Manche Textstellen oder Abbildungen können
6. Auflage / 2020 – zu präsentieren. sich wiederholen aufgrund von inhaltlichen
Dieses Buch wendet sich an Sanitärfachleute Überschneidungen. Dies wurde für den Vorteil
und soll einen Beitrag leisten, die Arbeit bei in Kauf genommen, jedes Thema – ohne Quer-
der Planung und Ausführung von Entwässe- verweise – autark darzustellen.
rungsanlagen zu erleichtern. In der vorliegen-
den erweiterten 6. Auflage werden themen- Damit die nächste Ausgabe mit interessanten
gebunden die geltenden Regelwerke für die und aktuellen Inhalten erweitert werden kann,
Planung und Ausführung von Entwässerungs- bitten wir um Fragen und Anregungen zu den
anlagen übersichtlich dargestellt und kom- Themen „Entwässerungstechnik sowie Brand-
mentiert. Der Themenbereich Brand- und und Schallschutz“.
Schallschutz wurde erweitert und an die aktu-
ellen Normen angepasst. Die Berichte zur Wir haben dieses Fachbuch nach bestem
Montagepraxis resultieren hauptsächlich aus Wissen und unter Berücksichtigung größtmög-
häufigen Kundenanfragen sowie Fragen und licher Sorgfalt zusammengestellt, bitten je-
Diskussionen innerhalb unserer Seminare. doch um Verständnis, dass eine Haftung für
Mit dem Themenbereich „RAL-Gütesicherung / die Richtigkeit nicht übernommen werden
Qualitätssicherung“ sollen Sanitärfachleute kann.

Bernd Ishorst
IZEG Informationszentrum Entwässerungstechnik Guss e.V.
Bonn, April 2020

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Inhalt 4
Bisher veröffentlichte Themen; Reihe wird fortgesetzt!

1 GELTENDE REGELWERKE

1.1 Die neue Norm DIN 1986-100 ................................................7


1.2 DIN 1986-100 – Dachentwässerung mit Druckströmung......13
1.3 Die neue Norm DIN 1986-4 ..................................................19
1.4 Die Norm DIN 1986-30.........................................................25

2 SCHMUTZWASSERANLAGEN

2.1 Lüftung von Entwässerungsanlagen.....................................35


2.2 Schmutzwasserfallleitungen in Hochhäusern .......................45
2.3 Sammelleitungen statt Grundleitungen................................53
2.4 Einsatz von Belüftungsventilen.............................................57
2.5 Eine dauerhaft funktionsfähige Gebäudeentwässerung
fordert fachgerechte Planung und Ausführung ....................59

3 REGENENTWÄSSERUNGSANLAGEN

3.1 Regenwasserfallleitungen in Hochhäusern ...........................67


3.2 Regenentwässerungsanlagen bei Dachbegrünungen ...........75

4 BRAND- UND SCHALLSCHUTZ

4.1 Brandschutz durch Guss .........................................................81


4.2 Neue DIBt-Abstandsregelungen..............................................89
4.3 Die neue europäische Brandklassifizierung .............................93
4.4 Brandlasten in Flucht- und Rettungswegen .........................101
4.5 Die neue Muster-Verwaltungsvorschrift
Technische Baubestimmungen (MVV TB) ..............................107
4.6 Brandschutz bei Leitungsanlagen in Garagen.......................113
4.7 Brandschutz in Industriebauten
gemäß der Muster-Industriebau-Richtlinie............................119
4.8 Brandschutz in Hochhäusern gemäß
der Muster-Hochhaus-Richtlinie (MHHR) ..............................129

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4.9 Brandschutz in Hotel- und Beherbergungsgebäuden


gemäß der Muster-Beherbergungsstättenverordnung
(MBeVO) ..............................................................................137
4.10 Brandschutz in Verkaufsstätten gemäß der
Muster-Verkaufsstättenverordnung (MVKVO).....................143
4.11 Brandschutz in Versammlungsstätten gemäß der
Muster-Versammlungsstättenverordnung (MVStättVO) .......151
4.12 Brandschutz in Schulgebäuden gemäß
der Muster-Schulbau-Richtlinie (MSchulbauR) ....................159
4.13 Die DIN 4109 Schallschutz im Hochbau ...............................167
4.14 Schallschutz-Richtlinie VDI 4100 ..........................................179
4.15 Sicherer Schallschutz durch gusseiserne
Abflussrohrsysteme ..............................................................185

5 MONTAGEPRAXIS

5.1 Gusseiserne Abflussrohre für die


Grundstücksentwässerung ................................................193
5.2 Dichtheitsprüfung von Entwässerungsleitungen ................199
5.3 Ableitung aggressiver Abwässer mit
gusseisernen Abflussrohren................................................203
5.4 Ableitung fetthaltiger Abwässer mit
gusseisernen Abflussrohren................................................207
5.5 Druckleitungen von Abwasserhebeanlagen .......................213
5.6 Montageregeln für druckbelastete
gusseiserne Abflussrohre ...................................................217
5.7 DN 80 – Das kleinste zugelassene Abflussrohr
für WC-Anschluss ...............................................................221

6 RAL-GÜTESICHERUNG / QUALITÄTSSICHERUNG

6.1 Erweiterung der Gütesicherung RAL-GZ 698


für gusseiserne Abflussrohrsysteme ...................................227

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1. Geltende Regelwerke 7
1.1 Die neue Norm DIN 1986-100 –
Planung und Ausführung von Entwässerungsanlagen
Im Dezember 2016 erschien die aktualisierte und Grundstücke – Bestimmungen
Fassung der Norm DIN 1986-100 in Verbindung mit DIN EN 752 und
„Entwässerungsanlagen für Gebäude DIN EN 12056“.

Abbildung „Kopfzeile der DIN 1986-100, Ausgabe Dezember 2016“

Die Überarbeitung der Norm war aufgrund c) Es wurden folgende wesentliche Änderun-
von Anfragen, Fehlerbehebungen sowie nicht gen bzw. Gliederungen vorgenommen:
eindeutigen Formulierungen und neuen Ent-
wicklungen in der Entwässerungstechnik erfor- ■ 5.10 (Balkone und Loggien): Das gene-
derlich. Gegenüber DIN 1986-100, Ausgabe relle Verbot für den Anschluss von Abläu-
Mai 2008 wurden folgende gravierende Ände- fen zur Entwässerung von Balkonen und
rungen vorgenommen: Loggien an Regenwasserfallleitungen von
Dachentwässerungen wurde aufgehoben,
a) Die Änderungen DIN 1986-100 / A1, Aus- und der Anschluss unter bestimmten
gabe Juli 2014 und DIN 1986-100 / A2, Voraussetzungen zugelassen;
Ausgabe Dezember 2014 wurden in diese
konsolidierte Fassung der Norm eingearbei- ■ 6.2.1 (Fremdeinspülung): Der Anschluss
tet und die Norm redaktionell überarbeitet. von gegenüberliegenden Anschlussleitun-
gen für fäkalfreies und fäkalhaltiges
b)Die Änderung DIN 1986-100 / A2, Ausgabe Schmutzwasser auf gleicher Rohrsohle an
Dezember 2014 – Ausnahmeregelung nach einen Doppelabzweig wird zugelassen;
Abschnitt 5.3.1 für die Entwässerung von
Auffangflächen von Kühlaggregaten von ■ 6.5.1 (Lüftung der Entwässerungsanlage,
Kälteanlagen nach § 19 (4) AwSV – wurde Allgemeines): Bei der Mündung der Lüf-
in den normativen Anhang C übernommen. tungsleitung über Dach dürfen keine
Abdeckungen mehr eingesetzt werden;

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1. Geltende Regelwerke 8
1.1 Die neue Norm DIN 1986-100

■ In 14.2 (Regenwasseranlagen) und 14.9 Anwendungsbereiche


(Überflutungs- und Überlastungsnach- Die DIN EN 12056 gilt nur für „Entwässe-
weise) wurden die Anforderungen an die rungsanlagen innerhalb von Gebäuden“. Der
Planung und Berechnung entsprechend Anwendungsbereich der DIN EN 752 Entwäs-
der Grundstücksgrößen bzw. Fließzeiten serungssysteme außerhalb von Gebäuden“ er-
bis 15 Minuten verständlicher neu ge- streckt sich auf die Grundstücksentwässerung
fasst; und die öffentliche Kanalisation bis zum Klär-
■ Tabelle 9 (Abflussbeiwerte) ist vollständig werk.
überarbeitet.
Die in Deutschland maßgebende Norm DIN
d)Die Anforderungen der europäischen Ent- 1986-100 gilt nach wie vor für die Gebäude-
wässerungsnormen DIN EN 12056-1 und Grundstücksentwässerung, d.h. bis zur
bis 12056-3 und teilweise DIN EN 12056-4 Grundstücksgrenze. Für den öffentlichen Be-
sowie DIN EN 752 wurden berücksichtigt. reich gilt die DIN EN 752.

e) Die in Anhang A genannten Regenreihen in Baurechtlich bildet die Grundstücksgrenze in


Deutschland wurden an die neuen „Stark- Deutschland die Grenze zwischen der Bauord-
niederschlagshöhen für Deutschland“, nung und dem öffentlichen Bereich.
erschienen mit KOSTRA-DWD-2010, ange-
passt.

Abbildung
„Anwendungsbereich
der jeweiligen
Regelwerke“

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1. Geltende Regelwerke 9
1.1 Die neue Norm DIN 1986-100

Balkone und Loggien


in Abschnitt 5.10
Das generelle Verbot für den Anschluss von Abläufe von Balkonen und Loggien im Erdge-
Abläufen zur Entwässerung von Balkonen schoss sollten aus Sicherheitsgründen getrennt
und Loggien an Regenwasserfallleitungen von an die Regenwassergrundleitung angeschlos-
Dachentwässerungen wurde aufgehoben. sen werden.

Wenn Balkone und Loggien keine geschlos- Abläufe von Terrassen sollten wegen Überflu-
sene Brüstung haben, kann auf getrennte tungsgefahr möglichst erst nach einem Ent-
Fallleitungen für die Dach- und Balkonent- spannungspunkt (Hofablauf oder Schacht mit
wässerung verzichtet werden. Hierbei müssen offenem Durchfluss und Lüftungsöffnungen)
mindestens 50 % der Brüstung als freier Ab- an die weiterführende Regenwassergrund-
lauf zur Verfügung stehen, damit das Wasser leitung angeschlossen werden.
im Überflutungsfall ungehindert abfließen
kann.

Fremdeinspülung
nach Abschnitt 6.2.1
Aufgrund von abwassertechnischen Versuchen Durch diese Erweiterung des Anwendungs-
wurde der Anwendungsbereich von Doppel- bereiches von Doppelabzweigen in Schmutz-
abzweigen 87º bis 88,5º in Schmutzwasser- wasserfallleitungen besteht nun die Möglich-
fallleitungen erweitert. Hiernach darf der keit, gegenüberliegende Anschlussleitungen
Anschluss von gegenüberliegenden Anschluss- für fäkalfreies und fäkalhaltiges Schmutzwas-
leitungen für fäkalfreies und fäkalhaltiges ser ohne komplizierte Leitungsführung an eine
Schmutzwasser auf gleicher Rohrsohle und bei Fallleitung anzuschließen.
jeweils gleicher Nennweite der Anschlusslei-
tungen über Doppelabzweig mit Innenradius
oder 45º Einlaufwinkel erfolgen.

SML-Doppelabzeig 88°
mit Einlaufwinkel 45°

Abbildung „Einbau von Doppelzweigen in Schmutzwasser-Fallleitungen“

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1. Geltende Regelwerke 10
1.1 Die neue Norm DIN 1986-100

Lüftung der Entwässerungsanlage


nach Abschnitt 6.5.1 Abdeckungen und Hauben behindern die Be-
und Entlüftung von Entwässerungsanlagen in
„Endrohre von Lüftungsleitungen über Dach
sehr starkem Maße. Wie von zahlreichen Prak-
sind nach oben offen mindestens mit dem
tikern in den letzten Jahren gefordert, wurde
Querschnitt der Lüftungsleitung auszuführen.
diese klare Anweisung aus der alten DIN 1986,
Abdeckungen dürfen nicht eingesetzt wer-
Teil 1 wieder aufgenommen.
den“.

Abbildung „Endrohre von Lüftungsleitungen über Dach“

Bemessung von Schmutzwasser- Wert des größten angeschlossenen Entwässe-


anlagen nach Abschnitt 14.1 rungsgegenstandes DU“.
Aufgrund häufiger Anfragen wurde im Ab-
schnitt 14.1.2 folgender Zusatz eingebracht: Anwendungsbeispiel:
“Ist der Wert des berechneten Schmutzwasser-
abflusses Qww bzw. des berechneten Gesamt- An eine Schmutzwasserleitung eines Wohn-
schmutzwasserabflusses Qtot geringer als der hauses sollen folgende Entwässerungsgegen-
Anschlusswert DU des größten angeschlosse- stände angeschlossen werden (Tabelle 1):

Tabelle 1: Ermittlung Summe der Anschlusswerte Σ DU (l/s)


nen Entwässerungsgegenstandes, so gilt der

Gegeben: Summe der Anschlusswerte Σ DU = 9,7 l/s


Abflusskennzahl K = 0,5 (Wohnhaus)
Lösung: ∙
Schmutzwasserabfluss Qww = K ∙ (Σ DU)0,5 = 0,5 (9,7)0,5 = 1,56 l/s

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1. Geltende Regelwerke 11
1.1 Die neue Norm DIN 1986-100

Ergebnis: Da der errechnete Schmutzwasser- mit dem Spitzenabflussbeiwert Cs nach


abfluss Qww mit 1,56 l/s kleiner ist als der Tabelle 9 durchgeführt werden.
größte Einzelanschluss mit 2,0 l/s (WC mit
6,0 Liter Spülkasten) muss die Bemessung der Abflussbeiwerte
Schmutzwasserleitung mit einem Schmutz- nach Abschnitt 14.2.3
wasserabfluss von 2,0 l/s durchgeführt werden.
Bei den bisher in der DIN 1986-100 benannten
Abflussbeiwerten C handelte es sich um
Regenwasserabfluss Spitzenabflussbeiwerte, die zukünftig auch als
nach Abschnitt 14.2.1 solche mit Cs bezeichnet werden. Der Spitzen-
In der Vergangenheit war es bei großen priva- abflussbeiwert Cs wird zur Bemessung der Re-
ten Grundstücken mit eigener Infrastruktur genentwässerungsanlagen innerhalb von
nicht immer klar, ob die Bemessung nach Gebäuden und der Grundleitungen benötigt.
DIN 1986-100 oder nach den Regelwerken
der DWA (Deutsche Vereinigung für Wasser- Zusätzlich wurde zur Berechnung von Regen-
wirtschaft, Abwasser und Abfall e.V.) erfolgen rückhalträumen ( VRRR ) nach Gleichung 22
sollte. Im Abschnitt 14.2.1 wird jetzt eine klare der neuen Norm noch ein mittlerer Abflussbei-
Abgrenzung vorgenommen. Die Bemessungs- wert Cm eingeführt. Dies war in Abstimmung
regeln nach DIN 1986-100 sind für Grund- mit der DWA erforderlich, da die Gleichung 22
stücke bis zu einer befestigten Fläche bis etwa aus dem DWA-Regelwerk A 117 stammt und
60 ha (AE,b) oder Fließzeiten bis zum An- hier der mittlere Abflussbeiwert Cm verwendet
schlusspunkt an ein Gewässer oder den öffent- wird.
lichen Anschlusskanal bis etwa 15 Minuten In der Tabelle 9 der DIN 1986-100 sind die
anzuwenden. Die Berechnung von Au muss Abflussbeiwerte für Cs und Cm angegeben.

Auszug aus „Tabelle 9 – Abflussbeiwerte C zur Ermittlung des Regenwasserabflusses“

Regenwasserabfluss über Notent- Rechteckige Notüberläufe


wässerung nach Abschnitt 14.2.6 nach Abschnitt 14.5.2
Zum besseren Verständnis bei der Ermittlung Im Abschnitt 14.5.2 befanden sich im Dia-
der Überflutungshöhen von Notentwässerun- gramm zur Bemessung von rechteckigen Not-
gen enthält die neue Norm jetzt zwei Darstel- überläufen falsche Angaben. Das Diagramm
lungen: Eine Darstellung zur Ermittlung der (Bild 39) zur „Bemessung des Abflussvermö-
Überflutungshöhen für Notentwässerungen gens von frei angeströmten rechteckigen
bei geschlossener Attika über Notabläufe (25a) Überläufen“ wurde komplett überarbeitet.
und eine zweite Darstellung für Notentwässe-
rungen mit Öffnungen in der Attika (25b).

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1. Geltende Regelwerke 12
1.1 Die neue Norm DIN 1986-100

Überflutungs- und Überlastungs- Ausnahmeregelung nach Abschnitt


nachweise nach Abschnitt 14.9 5.3.1 im Anhang C
Im Abschnitt 14.9.2 der DIN 1986-100 wird Im Gegensatz zum Abschnitt 6.4 der Euro-
unmissverständlich gefordert, dass die hydrau- norm DIN EN 12056-3, Ausgabe Januar 2001
lisch mit Teilfüllung bemessenen Regenwasser- darf in Deutschland grundsätzlich kein Regen-
leitungen der Grundstücksentwässerungs- wasser in Schmutzwasserfallleitungen eingelei-
anlage nicht für die Speicherung der Rückhal- tet werden. Dies gilt gemäß Abschnitt 5.3.1
tevolumen aus der Überflutungsprüfung bzw. der neuen DIN 1986-100 nicht für die Entwäs-
der Berechnung des Regenrückhalteraumes serung von Auffangflächen von im Freien auf-
(VRRR) in Ansatz gebracht werden dürfen. gestellten Kühlaggregaten von Kälteanlagen
Diese möglichen Speichervolumen in den teil- nach § 19 (4) AwSV (Verordnung über Anla-
gefüllten Leitungen sollen als stille Reserve zur gen zum Umgang mit wassergefährdenden
Verfügung stehen. Stoffen) mit einem maximalen Regenwasserab-
fluss ≤1,0 l/s über Dachabläufe mit DN 50 an
Bei kleinen Grundstücken bis 800 m2 abfluss- eine Schmutzwasserfallleitung ≥DN 100.
wirksamer Fläche muss auch bei Verwendung Die entsprechenden Anforderungen für die
von Versickerungsanlagen kein Überflutungs- Planung und Ausführung gemäß der Ausnah-
nachweis durchgeführt werden, sofern die meregelung sind im Anhang C der Norm ent-
Versickerungsanlage nach DWA-A 138 mit halten.
T = 5a und dem entsprechenden Berech-
nungsregen nach KOSTRA-DWD-2010 bemes-
sen ist. Vorausgesetzt wird hierbei, dass auf
Grund der Geländebeschaffenheit und archi-
tektonischer Gebäudeplanung kein Wasser bei
Überstau der Anlage in das eigene Gebäude
oder Nachbargebäude eindringen kann und
behördlich keine anderen Regelungen beste-
hen.

Regenspenden in Deutschland
im Anhang A
Die im Anhang A der DIN 1986-100 genann-
ten Regenreihen in Deutschland wurden an die
„Starkniederschlagshöhen für Deutschland“,
entsprechend KOSTRA-DWD-2010, angepasst.

Die bisher in der Tabelle A.1 aufgeführten


Städte wurden um die Städte Solingen und
Wuppertal ergänzt.

Hinweis: Die Jährlichkeit des Berechnungs-


regens für die Entwässerung von Dachflächen
muss unverändert mindestens einmal in
5 Jahren (T = 5 a) betragen.

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1. Geltende Regelwerke 13
1.2 DIN 1986-100 – Dachentwässerung mit Druckströmung

Nach DIN 1986-100, Ausgabe Dezember 2016 wässerungsanlagen besteht darin, dass bei
kann die Regenentwässerung über Freispiegel- Dachentwässerungen mit Druckströmung
systeme oder planmäßig vollgefüllt betriebene wesentlich mehr Druckhöhe (∆h) zur Überwin-
Regenwasserleitungen mit Druckströmung dung der Strömungsverluste durch Rohrrei-
erfolgen. Die gesamten Ausführungs- und bung und Einzelwiderstände zur Verfügung
Bemessungsgrundsätze für planmäßig vollge- steht. Bei Freispiegelentwässerungen resultiert
füllt betriebene Regenwasserleitungen mit die Druckhöhe (∆h) lediglich aus dem Rohrsoh-
Druckströmung sind in der Neufassung der lengefälle. Die wesentlich größere Druckhöhe
DIN 1986-100 enthalten. (∆h) bei Dachentwässerungen mit Druckströ-
mung ergibt sich aus der Höhendifferenz zwi-
Entwicklung schen der Wasserlinie über dem Dachablauf
Die Entwicklung von Dachentwässerungssyste- und dem Übergang auf die weiterführende
men mit Druckströmung erfolgte vor mehr als Freispiegelentwässerungsanlage.
30 Jahren in Skandinavien. In Deutschland
wurde diese Technik vor mehr als 25 Jahren als Dachabläufe
UV-System eingeführt (UV ist die finnische Be- Generell dürfen nach DIN 1986-100, Abschnitt
zeichnung für geschlossene Strömung). Tech- 5.7.3.1 nur Dachabläufe verwendet werden,
nische Weiterentwicklungen sind zum Beispiel die den Anforderungen der DIN EN 1253-2
das HDE-System oder das Aquaperfect-System. (Abläufe für Gebäude – Anforderungen) ent-
sprechen.
Funktionsprinzip
Planmäßig vollgefüllt betriebene Dachentwäs- Der Hersteller muss das Abflussvermögen des
serungsanlagen mit Druckströmung werden in Dachablaufes in Abhängigkeit von der Druck-
der DIN 1986-100, Abschnitt 3.13 wie folgt höhe in Form einer Tabelle oder eines Dia-
definiert: “Dachentwässerungsanlage, in der gramms angeben.
die Abläufe und Leitungen unter Planungsbe-
dingungen vollgefüllt betrieben werden, und Zu den Dachabläufen für Druckströmung
die Strömung durch das Ausnutzen der ge- schreibt die DIN 1986-100 in Abschnitt
samten Druckhöhe zwischen den Abläufen 5.7.3.2 noch folgendes vor: „Die Dachabläufe
und dem Übergang auf die Freispiegelströ- müssen für planmäßig vollgefüllt betriebene
mung aufrechterhalten wird“. Dachentwässerungsanlagen geeignet sein. Das
Abflussvermögen des Dachablaufes muss ohne
Bei Dachentwässerungssystemen mit Druck- Lufteintrag ermittelt werden. Der Einzelwider-
strömung handelt es sich wie bei Freispiegel- standsbeiwert für den Dachablauf ist nach
systemen um Regenentwässerungsanlagen DIN EN 1253-2 (Abläufe für Gebäude – Prüf-
nach dem Schwerkraftprinzip. Der gravierende verfahren) zu ermitteln und vom Hersteller
Unterschied gegenüber den Freispiegelent- anzugeben“.

Verfügbare Druckhöhe bei Freispiegelentwässerung Verfügbare Druckhöhe bei Druckströmung

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1. Geltende Regelwerke 14
1.2 DIN 1986-100 – Dachentwässerung mit Druckströmung

Verlegen von Leitungen Dachflächen mit stark unterschiedlichem


Planmäßig vollgefüllt betriebene Regenwasser- Höhenniveau (>1 m), sollten über separate
leitungen dürfen ohne Gefälle verlegt werden. Fallleitungen entwässert werden. Bei Dach-
flächen mit stark unterschiedlichem Höhen-
Die verwendeten Bauteile einer Dachentwässe- niveau, die an eine gemeinsame Fallleitung
rungsanlage mit Druckströmung müssen auf- angeschlossen sind, besteht grundsätzlich die
einander abgestimmt sein und den im Betrieb Gefahr, dass bei einem Starkregenereignis oder
auftretenden Über- und Unterdrücken sowie anderen Betriebszuständen das Regenwasser
den daraus resultierenden Kräften standhalten. von höher gelegenen Dachflächen auf tiefer
Systemspezifische Herstellerangaben sind un- angeordneten Dachflächen zur Überflutung
bedingt einzuhalten. führen kann.

Im Übergangsbereich von der Druckströmung Bemessungsgrundsätze


auf die Freispiegelentwässerung entstehen Grundlage für die Bemessung einer Dachent-
durch die hohe kinetische Energie der Druck- wässerungsanlage mit Druckströmung ist eine
strömung große Reaktionskräfte. Eine entspre- stationäre Wasserströmung mit konstanter

Als verfügbare Höhe ∆hverf zur Überwindung


chende Lagesicherung der Freispiegelentwäs- Dichte ohne Lufteintrag.
serung in diesem Bereich ist unbedingt
vorzunehmen. Das Rohrmaterial der Freispie- der Rohrreibungs- und Einzelwiderstände in
gelentwässerung muss besonders abriebfest einem Fließweg kann maximal die Differenz
sein. zwischen der Wasserlinie über dem Dachab-
lauf und dem Übergang auf Teilfüllung ver-
Über eine Regenentwässerungsanlage mit wendet werden.
Druckströmung sollten maximal 5000 m² Ziel der Rohrnetzberechnung ist es, beim
Dachfläche entwässert werden. Bei größeren Berechnungsregen möglichst die Vollfüllung
Dachflächen sollten mehrere Anlagen vorgese- der Anlage und eine gute Wassermengen-
hen werden. verteilung in den einzelnen Teilstrecken durch
Bei einem Druckentwässerungssystem ist die hydraulischen Abgleich zu erreichen. Hierzu
Kombination von Dachflächen mit unter- wird für die einzelnen Fließwege (Stromfäden)
schiedlichen Abflussverzögerungen, wie zum die Bernoulli-Gleichung (stationäre Strömung
Beispiel von Intensiv- mit Extensivbegrünungen bei inkompressiblem Fluid) angewendet.
oder unbekiesten mit bekiesten Dachflächen,

verfügbarer Höhendifferenz ∆hverf die waage-


zu vermeiden. Mehrere Druckentwässerungs- Aus wirtschaftlichen Gründen sollte je Meter
systeme, die jeweils Dachflächen mit gleicher

weges (10 • ∆hverf) nicht überschreiten; in


Abflussverzögerung entwässern, sind die opti- rechte Längenausdehnung des längsten Fließ-

Ausnahmefällen ist maximal (20 • ∆hverf)


male Lösung.

möglich.

Vorteile Dachentwässerung mit Druckströmung

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1. Geltende Regelwerke 15
1.2 DIN 1986-100 – Dachentwässerung mit Druckströmung

Eine Reduzierung der Nennweite in Fließrich- Die kleinste zulässige Nennweite bei plan-
tung ist zulässig, sollte aber in der Regel nur in mäßig vollgefüllten Regenentwässerungsan-
Fallleitungen vorgenommen werden. lagen beträgt di = 32mm.
Zur Sicherstellung der Selbstreinigungsfähig-
Eine Vergrößerung der Nennweite im Verlauf keit von Dachentwässerungsanlagen mit
von Fallleitungen ist zu vermeiden, da dies er- Druckströmung sollte eine Mindestfließge-
fahrungsgemäß zum Abriss der Strömung schwindigkeit von 0,5 m/s nicht unterschritten
führt. werden.

Legende:
1. Sammelanschlussleitung
2. Anlaufhöhe
3. konstruktiv genutzte
verfügbare Höhendifferenz
4. Übergangsstrecke
5. maximal nutzbare
Höhendifferenz
6. Widerlager
7. teilgefüllte Grundleitung
h/di = 0,7

Definitionen bei Dachentwässerungen mit


Druckströmung aus DIN 1986-100

Druckverlustberechnung
Bei Dachentwässerungsanlagen mit Druckströ- zwischen Dachablauf und dem Übergang auf
mung wird mit Erreichen der Berechnungsre- Teilfüllung zur Erzeugung einer leistungsfähi-
genspende die geodätische Druckdifferenz gen Strömung genutzt.

Stromfaden = Fließweg

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1. Geltende Regelwerke 16
1.2 DIN 1986-100 – Dachentwässerung mit Druckströmung

Folgende Gleichungen gelten für jeden einzel- Der Innendruck an jedem beliebigen Punkt der
nen Fließweg (Stromfaden): Anlage kann nach folgender Formel bestimmt
werden:
∆pverf = ∆hverf • ρ • g
∆p = Σ (R • l + Z) px = ∆ hx • ρ • g - vx² • ρ • 0,5 - Σ (R • l + Z) ...x

hierin bedeuten:
hierin bedeuten:
px = Innendruck an der Stelle x
∆hverf= Höhendifferenz zwischen Dachab-
lauf und Übergang auf Teilfüllung ∆hx = Höhenunterschied zwischen
Dachablauf und der Stelle x
ρ = Dichte des Wasser (1.000 kg/m³
bei +10 °C) ρ = Dichte des Wassers (1000 kg/m³
bei 10 °C)
g = Erdbeschleunigung = 9,81 m/s²
g = Erdbeschleunigung = 9,81 m/s²
∆hverf= verfügbarer Druck für den Fließweg
(Stromfaden) vx = Wassergeschwindigkeit an der
R = Druckverlust durch Rohrreibung Stelle x
pro Meter Rohr R = Druckverlust pro Meter Rohr
l = Länge der Teilstrecke l = Länge der Teilstrecke
Z = Druckverlust durch Einzelwider- Z = Druckverlust der Teilstrecke durch
stände in der Teilstrecke Einzelwiderstände

Der Druckverlust durch Einzelwiderstände (Z) Eingeschränkte Fallleitungshöhe


errechnet sich wie folgt:
Bei sehr hohen Gebäuden steht eine entspre-
chend große Druckhöhe zur Verfügung, wobei
Z = Σ ζ • v² • ρ • 0,5
sich sehr kleine Rohrdurchmesser und somit
extrem hohe Geschwindigkeiten und Druck-

ζ
hierin bedeuten: verluste ergeben können. Bedingt durch die

v
= Einzelwiderstandsbeiwert (1) hohen Druckverluste lässt sich bei der Rohr-
= Fließgeschwindigkeit (m/s) netzberechnung mitunter eine Überschreitung
der zulässigen Unterdrücke (Strömungsabriss
Der Druckverlust in geraden Rohrleitungen ist durch Kavitation) in der Fallleitung nicht ver-
nach der Prandtl-Colebrook-Gleichung für eine meiden. Zusätzlich erhöht sich der Schallpegel
Betriebsrauhigkeit von 0,1 mm zu ermitteln. mit steigender Geschwindigkeit.

Die Einzelwiderstandsbeiwerte ζ befinden sich


In solchen Fällen besteht die Möglichkeit, den
in der Tabelle 11 der Norm.
Übergang auf Teilfüllung (Expansionspunkt)
bereits im Verlauf der Fallleitung vorzunehmen
und somit den zur Verfügung stehenden
Ermittlung des Innendrucks Druck an die jeweiligen Verhältnisse anzu-
Zusätzlich zur Rohrdimensionierung muss eine passen. Durch diese Vorgehensweise können
rechnerische Kontrolle des Innendrucks durch- dann die Vorteile der Dachentwässerung
geführt werden. Hierdurch wird sichergestellt, mit Druckströmung im oberen Bereich des
das die Anlage ohne Kavitation (Gasblasen- Gebäudes ausgenutzt werden.
bildung durch zu hohen Unterdruck = Strö-
mungsabriss) betrieben werden kann und die
maximalen Betriebsdrücke des Rohrwerkstoffes
nach den jeweiligen Herstellerangaben nicht
überschritten werden.

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1. Geltende Regelwerke 17
1.2 DIN 1986-100 – Dachentwässerung mit Druckströmung

Bei der Ausführungsplanung müssen dann die


Veränderungen des Abflussvermögens der
einzelnen Dachabläufe – bedingt durch die
hydraulischen Abweichungen – iterativ mittels
Computerprogramm nachgewiesen werden.

Hierbei ist folgendes zu beachten:


• nach der iterativen Berechnung darf
das maximal zulässige Abflussvermögen
der einzelnen Dachabläufe nicht über-
schritten werden;

• Abweichungen zwischen Ist- und Sollabfluss


der einzelnen Dachabläufe müssen sich in
einem gemeinsamen linearen Tiefpunkt aus-
gleichen können;

• befinden sich Dachabläufe in eigenen Tief-


punkten, muss das Abflussvermögen jedes
Dachablaufs mindestens dem jeweiligen
Sollabfluss entsprechen.

Anlaufbedingungen
Bei einer geringen Höhendifferenz ∆hA
Zulässige Abweichungen
zwischen dem Dachablauf und der Sammelan-
Gemäß DIN 1986-100 darf bei der Vorplanung schlussleitung ist zu prüfen, ob die Druckent-
die Abweichung zwischen dem verfügbaren wässerungsanlage sicher anläuft. Die Anlagen
Druck ∆pverf und dem errechneten Druckver- sind so zu konstruieren, dass die Fallleitung
lust Σ (R • l + Z) für einen Fließweg maximal bereits bei geringen Regenspenden zuschlägt.
±100 mbar betragen. Positive und negative Erst dann kann sich der bestimmungsgemäße
Abweichungen der einzelnen Stromfäden Betrieb der Regenentwässerungsanlage mit
einer Anlage sollten sich in der Summe in etwa Druckströmung einstellen.
aufheben.

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1. Geltende Regelwerke 18
1.2 DIN 1986-100 – Dachentwässerung mit Druckströmung

Zunächst muss festgestellt werden, bei wel- Hierin bedeuten:


chem Volumenstrom es bei der vorgegebenen QA,vorh = der realisierbare Anlaufvolumen-
Nennweite zum Zuschlagen der Fallleitung strom in der Anlage, in Liter pro
kommt. In Bild 29 der DIN 1986-100 sind Sekunde (l/s);
Messwerte enthalten, welcher Mindestvolu- QA,min = der Volumenstrom, bei der die Fall-
menstrom QA,min einer Fallleitung (Falllei- leitung zuschlägt, in Liter pro Sek.
tungslänge >4,0 m) zugeführt werden muss, (l/s);
damit sich eine Druckströmung ausbilden
∆hA = die Anlaufhöhe (Höhendifferenz
kann.
zwischen Dachablauf und Mitte
Sammelanschlussleitung).

Mindestvolumenstrom für Fallleitungen aus DIN 1986-100

Zusätzlich muss festgelegt werden, welcher Damit die bestimmungsgemäße Funktion der
Volumenstrom bei einer Anlaufhöhe ∆hA über Druckströmungsanlage in jedem Fall gewähr-
die Sammelanschlussleitung der Fallleitung leistet ist, muss der Mindestvolumenstrom der
zugeführt werden kann. Wenn der Gesamt- Fallleitung QA,min gemäß Bild 29 der Norm
volumenstrom Qr der Anlage sowie die noch mit einem Sicherheitsfaktor von 1,2 mul-
verfügbare Höhendifferenz ∆hverf und die An- tipliziert werden.
laufhöhe ∆hA bekannt sind, lässt sich mit Hilfe QA,vorh > 1,2 • QA,min
der Affinitätsgesetze (Proportionalitätsgesetze)
der realisierbare Anlaufvolumenstrom QA,vorh Bei handschriftlicher Berechnung von Dachent-
wie folgt berechnen: wässerungen mit Druckströmung sollte die
Festlegung der maximal zulässigen Nennweite
QA,vorh = Qr • (∆hA / ∆hverf )0,5 der Fallleitung bereits unmittelbar vor der
eigentlichen Rohrnetzberechnung durchge-
führt werden. Dadurch können aufwendige
Nachberechnungen vermieden werden.

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1. Geltende Regelwerke 19
1.3 Die neue Norm DIN 1986-4 : Verwendungsbereiche
von Abwasserrohren und -formstücken verschiedener Werkstoffe

Kopfzeile „Titelseite DIN 1986-4, Ausgabe August 2019“

Im August 2019 erschien die aktualisierte Fas- c. die Tabelle 1 aus der alten DIN 1986-4
sung der Norm DIN 1986-4 „Entwässerungsan- wurde wie folgt aufgeteilt:
lagen für Gebäude und Grundstücke – Tabelle 1: Verwendungsbereiche der nach
Verwendungsbereiche von Abwasserrohren harmonisierten europäischen Normen
und -formstücken verschiedener Werkstoffe“. (hEN) hergestellten Abwasserrohre und
Dieses Regelwerk fasst übersichtlich die ge- -formstücke für den Neubau und die
normten Abwasserrohrsysteme zusammen, Erneuerung; und
über die häusliches Abwasser und Nieder- Tabelle 2: Verwendungsbereiche für Ab-
schlagswasser sowie Kondensat aus Feuerungs- wasserrohre und -formstücke für den
anlagen abgeleitet werden kann. Die Neubau und die Erneuerung, hergestellt
wichtigsten Neuerungen haben wir für Sie in nach nicht harmonisierten europäischen
diesem Beitrag zusammengefasst. Normen (DIN EN) und nationalen Normen
(DIN).
Die aktualisierte Norm DIN 1986-4, Ausgabe
August 2019 ersetzt die Fassung vom d. die Informationen zur Aufteilung der
Dezember 2011. Tabelle 1 aus der alten DIN 1986-4 sind
in der aktualisierten Fassung im Abschnitt
6 „Brandverhalten von Baustoffen“ enthal-
Anwendungsbereich ten.
Diese Norm gibt Leitlinien für die Verwendung
von Abwasserrohren und -formstücken in
Gebäuden und auf Grundstücken gemäß DIN Verwendungsbereiche von
EN 12056, DIN 1986-100 sowie DIN EN 752. Abwasserrohren -formstücken für
Zusätzlich gilt sie auch für die Verwendung von den Neubau und die Erneuerung
Bauprodukten und Verfahren zur Sanierung Gemäß Abschnitt 4 der Norm müssen die ver-
von Grundleitungen. wendeten Bauprodukte für den Neubau und
die Erneuerung von Grundstücksentwässe-
Änderungen rungsanlagen den Anforderungen der „Lan-
desbauordnungen“ sowie der „Verwaltungs
Gegenüber DIN 1986-4, Ausgabe Dezember vorschrift Technische Baubestimmungen“ der
2011 wurden folgende Änderungen vorge- Länder entsprechen.
nommen:
Die angegebenen Verwendungsbereiche für
a. redaktionelle Überarbeitung unter Berück- genormte Abwasserrohrsysteme in Tabelle 1
sichtigung neuer europäischer Normen; und 2 gelten für die Ableitung von häuslichem
Abwasser und Niederschlagswasser gemäß
b. die Angaben zum Brandschutz wurden an DIN 1986-3 sowie für die Ableitung von Kon-
die europäischen Regelungen angepasst; densaten aus Feuerungsanlagen.

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1. Geltende Regelwerke 20
1.3 Die neue Norm DIN 1986-4

Ausschnitt aus Tabelle 1 - Kopfzeile und Zeile 3 für gusseisernes Rohr, Lamellengraphit

Bei der Ableitung von nicht häuslichem Ab- nen. Die Auswahl geeigneter Materialien,
wasser bzw. der Verlegung in aggressivem unter Berücksichtigung der verschiedensten
Boden oder Grundwasser muss im Einzelfall chemischen Belastungen bzw. Mischbelastun-
besonders nachgewiesen werden, dass die Ab- gen, erfordert viel Erfahrung und sollte sicher-
wasserrohre, Formstücke und Verbindungen heitshalber nur in Abstimmung mit dem
anwendbar sind. Hersteller des Rohrsystems erfolgen.

Die von den Herstellern der Rohrsysteme ver- Der Hersteller benötigt zur genauen Beurtei-
öffentlichten Beständigkeitslisten sollen dem lung bei der Ableitung aggressiver Abwässer
Sanitärplaner nur als Orientierungshilfe die- mindestens folgende Informationen:

Gusseiserne Abflussrohre im Einsatz, oben: PAM-GLOBAL® Plus (KML)-Rohr für aggressive Abwässer
unten: PAM-GLOBAL® S (SML)-Rohr für häusliche Abwässer (Bild: SAINT-GOBAIN HES)

Beschichtungsaufbau PAM-GLOBAL® Plus (KML)-Rohre (Bild: SAINT-GOBAIN HES)

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1. Geltende Regelwerke 21
1.3 Die neue Norm DIN 1986-4

MLK-protec-Formstücke (Bild: Düker) Beschichtungsaufbau TML-Rohre (Bild: Düker)

■ Die präzise Bezeichnung der einzelnen INFO:


Medien bzw. Mittel Die Musterbauordnung (MBO) sowie die
Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Bau-
■ Konzentrationen und pH-Werte
bestimmungen (MVV TB) müssen bauaufsicht-
■ Genaue Angaben bezüglich der Mengen lich in das jeweilige Landesrecht überführt
oder Durchsätze werden. Den aktuellen Stand der Umsetzung
veröffentlicht das Deutsche Institut für Bau-
■ Temperaturen der Medien bzw. Mittel technik (DIBt) regelmäßig auf seiner Website
(www.dibt.de).
Zur Beurteilung von Grundleitungen in aggres-
sivem Boden bzw. Grundwasser benötigt der Bei Sanierungsverfahren, die zu einer Quer-
Hersteller mindestens folgende Informationen: schnittsänderung führen – wie zum Beispiel
Inlinerverfahren – muss vor der Durchführung
■ Genaue Beschreibung der Boden- der Maßnahme die hydraulische Leistungs-
verhältnisse fähigkeit der Abwasserleitung nachgewiesen
werden.
■ Präzise Angaben zum Baugrund und seiner
Tragfähigkeit
Brandverhalten von Baustoffen
■ Ergebnisse von Boden- bzw. Grundwasser-
untersuchungen Für Bauprodukte und Bauarten, die nach
harmonisierten europäischen Produktnormen
(hEN) hergestellt werden – und somit der CE-
Verwendungsbereiche der Baupro- Kennzeichnungspflicht unterliegen – muss die
Brandklassifizierung gemäß der Euronorm
dukte und Verfahren zur Sanierung
DIN EN 13501-1 „Klassifizierung von Baupro-
von Entwässerungsanlagen dukten und Bauarten zu ihrem Brandverhal-
Nach Abschnitt 5 der Norm müssen die ver- ten“ nachgewiesen werden. Hierbei erfolgt die
wendeten Bauprodukte zur Sanierung von Beurteilung des Brandverhaltens von Baustof-
Grundstücksentwässerungsanlagen den Anfor- fen und Bauprodukten nach den Klassen A
derungen der „Landesbauordnung“ sowie der bis F, wobei zusätzlich noch die Nebenklassen
„Verwaltungsvorschrift Technische Baubestim- für Rauchentwicklung und für brennendes
mungen“ des jeweiligen Bundeslandes ent- Abtropfen / Abfallen berücksichtigt werden
sprechen. müssen.

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1. Geltende Regelwerke 22
1.3 Die neue Norm DIN 1986-4

Bei Bauprodukten und Bauarten, die nach weiterhin nach DIN 4102-4 “Brandverhalten
nicht harmonisierten europäischen Normen von Baustoffen und Bauteilen: Zusammenstel-
(DIN EN) und nationalen Normen (DIN) herge- lung und Anwendung klassifizierter Baustoffe,
stellt werden, kann die Brandklassifizierung Bauteile und Sonderbauteile“ erfolgen.

Tabelle „Zuordnung der europäischen Brandklassen nach DIN EN 13501 zu den Baustoffklassen nach DIN 4102“

Die Klassifizierung nach Euronorm DIN EN INFO:


13501-1 kann von der Deutschen Norm DIN In den Bauordnungen wird zwischen Bau-
4102-4 abweichen, weshalb die Aufteilung in produkten und Bauarten unterschieden. Das
Tabelle 1 und Tabelle 2 vorgenommen wurde. Zusammenfügen von Bauprodukten zu einer
baulichen Anlage oder zu einem Teil einer
Die Planung und Ausführung von Entwässe- baulichen Anlage bezeichnet man als Bauart.
rungsanlagen muss nach der jeweiligen „Lan-
desbauordnung (LBO)“ sowie der „Richtlinie
über brandschutztechnische Anforderungen
an Leitungsanlagen (LAR / RbALei)“ der Länder
erfolgen.

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1. Geltende Regelwerke 23
1.3 Die neue Norm DIN 1986-4

Geräuschverhalten Zusammenfassung
von Rohrleitungen
Bezüglich des Schallschutzes von Abwasser- Die normgerechte Planung und Ausführung
installationen wird auf die Normenreihe von Entwässerungsanlagen für Gebäude und
DIN 4109 „Schallschutz im Hochbau“ verwie- Grundstücke stellen höchste Anforderungen
sen. Von den insgesamt 9 Normenteilen sind an Sanitärfachleute.
folgende Teile für Installationsfachleute von
zentraler Bedeutung: Eine wichtige Voraussetzung für die Nachhal-
tigkeit von Entwässerungsanlagen ist der
■ Teil 1: Mindestanforderungen; Nachweis der Verwendbarkeit von Rohren,
Formstücken und Verbindungen gemäß
■ Teil 36: Daten für den rechnerischen Nach- DIN 1986-4. Hierbei sollte die Wahl geeigneter
weis des Schallschutzes (Bauteilkatalog) – Werkstoffe bei der Ableitung von aggressivem
Gebäudetechnische Anlagen; Abwasser und zusätzlichen Schutzmaßnah-
men bei Verlegung in aggressivem Boden bzw.
■ Teil 4: Bauakustische Prüfungen. Grundwasser immer mit dem jeweiligen Her-
steller abgestimmt werden. In den häufigsten
In der Tabelle 9 der DIN 4109-1 sind die maxi- Fällen muss zusätzlich noch die Verwendbar-
mal zulässigen A-bewerteten Schalldruckpegel keit in Bezug auf Brand- und Schallschutz
in fremden schutzbedürftigen Räumen, er- nachgewiesen werden.
zeugt von gebäudetechnischen Anlagen,
zusammengefasst.

Die Anforderungen an die Verlegung und


Befestigung von Abwasserleitungen sind im
Teil 36 der DIN 4109 festgeschrieben.

Im Teil 4 der DIN 4109 werden die bauakusti-


schen Prüfverfahren beschrieben, nach denen
die schalltechnischen Werte der Normenreihe
DIN 4109 zu bestimmen sind, wenn nicht
bereits andere Festlegungen durch Produkt-
normen oder bauaufsichtliche Bestimmungen
bestehen.

Die Norm unterscheidet grundsätzlich zwi-


schen Labor- und Baumessungen. Werkstoff-
bezogene Angaben zum Geräuschverhalten
können bei den Herstellern von Abflussrohr-
systemen erfragt werden. Die Messung von
Abwassergeräuschen im Labor muss gemäß
DIN EN 14366 „Messung der Geräusche von
Abwasserinstallationen im Prüfstand“ erfolgen.

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24

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1. Geltende Regelwerke 25
1.4 Die Norm DIN 1986-30:
Instandhaltung von Entwässerungsanlagen
für Gebäude und Grundstücke
Im Februar 2012 erschien die aktualisierte c) In die Norm wurden Regelungen zu folgen-
Fassung der Norm DIN 1986-30 „Entwässe- den Bereichen neu aufgenommen:
rungsanlagen für Gebäude und Grundstücke • Ergänzung der Begriffe zur besseren
– Instandhaltung“. Die Anforderungen dieser Lesbarkeit der Norm;
Norm sollen dazu beitragen, den Boden und • Zustandserfassung und Zustandsbeschrei-
das Grundwasser vor Verunreinigungen aus bung gemäß DIN EN 13508-2 bei der
undichten Abwasserleitungen zu schützen und optischen Inspektion der Grundleitungen
das Eindringen von Grundwasser in Entwässe- und Schächte;
rungsanlagen zu verhindern. Zusätzlich trägt • Zustandsbewertung;
diese Norm zur Betriebssicherheit und zum • Sanierungszeiträume entsprechend der
Werterhalt von Grundstücksentwässerungs- Schadensbewertung und Prioritäten-
anlagen bei. setzung;
• Muster für das Prüfprotokoll der Dicht-
Änderungen heitsprüfung;
Gegenüber DIN 1986-30, Ausgabe Februar • Anforderungen an die Sach- und Fach-
2003 wurden folgende Änderungen vorge- kunde des Prüfers sowie die technische
nommen: Ausrüstung des Fachbetriebes.
a) In Tabelle 2 wurde die Frist für die Erst-
prüfung vorhandener Grundleitungen Anwendungsbereich
bis zum 31.12.2015 gestrichen und statt- Die DIN 1986-30 legt in Ergänzung zu
dessen eine Zeitspannenregelung DIN EN 752 Maßnahmen zur Instandhaltung
eingeführt. von in Betrieb befindlichen Entwässerungsan-
b)Die Anlässe und Zeitspannen der wieder- lagen von Gebäuden und Grundstücken fest.
kehrenden Dichtheitsprüfungen von Grund- Dies beinhaltet die Zustandserfassung und
leitungen wurden denen für häusliches und -bewertung mit dem Schwerpunkt der Be-
gewerbliches Abwasser nach einer Abwasser- triebs- und Standsicherheit von Entwässe-
behandlungsanlage gleichgestellt. Bei der rungsanlagen sowie des Schutzes des Bodens
Festlegung der Prüfverfahren der Dichtheits- und des Grundwassers.
prüfung mit Wasser bzw. Luft (DR) oder
mittels Kanalfernsehuntersuchung (KA)
erfolgten Änderungen.

Geltungsbereiche der verschiedenen


Normen

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1. Geltende Regelwerke 26
1.4 Die Norm DIN 1986-30:
Instandhaltung von Entwässerungsanlagen
für Gebäude und Grundstücke
Diese Norm gilt auch für Grundleitungen und reinigung um strafbare Handlungen.
Anschlusskanäle der Grundstücksentwässe- Nach dem Wasserhaushaltsgesetz §60 ist Ab-
rung, die im öffentlichen Grund liegen, aber wasser so zu beseitigen, dass das Wohl der
nicht Bestandteil der öffentlichen Abwasseran- Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird.
lage sind. Abwasseranlagen müssen nach den allgemein
anerkannten Regeln der Technik (a.a.R.d.T.)
Die DIN 1986-30 gilt in Verbindung mit errichtet, betrieben und unterhalten werden.
DIN 1986-3 „Entwässerungsanlagen für Bei Nichteinhaltung der allgemein anerkann-
Gebäude und Grundstücke – Regeln für ten Regeln der Technik sind Ordnungswidrig-
Betrieb und Wartung“ und keitsverfahren durch die zuständige Behörde
DIN EN 13508-2 „Untersuchung und möglich.
Beurteilung von Entwässerungssystemen
außerhalb von Gebäuden – Kodiersystem Im Falle bereits aufgetretener Schäden sind
für die optische Inspektion“. zudem Haftungsansprüche Dritter nicht auszu-
schließen.
Wer ist zuständig?
Grundsätzlich ist der Grundstückseigentümer
für den ordnungsgemäßen Zustand der Einschätzung der Schäden bei
Grundstücksentwässerungsanlage (GEA) ver- Grundstücksentwässerungsanlagen
antwortlich. Die Gesamtlänge aller öffentlichen Abwasser-
kanäle in der BRD wird auf ca. 500.000 km
Ob der Grundstückseigentümer auch für den geschätzt; bei den privaten Grundleitungen
Grundstücksanschluss zuständig ist, regelt jede geht man von ca. 1,2 bis 1,3 Mio. km aus.
Kommune in ihrer Entwässerungssatzung.
Folgende Varianten sind möglich: Die Schadensrate bei privaten Grundleitungen
soll bis zu 80 % betragen. Nach Kostenschät-
■ Kommunalregie: Der Kanalnetzbetreiber zungen ergibt sich für die BRD ein Sanierungs-
baut, betreibt und unterhält den Grund- volumen von ca. 100 Mrd. Euro.
stücksanschluss in seiner gesamten Länge,
das heißt vom Revisionsschacht auf dem Bei einer Pilotuntersuchung in einem Wohnge-
Grundstück bis zum Anschluss an den biet in Hamburg wurden bei den untersuchten
Straßenkanal. Grundleitungen verschiedenste Schadensarten
mit folgender Schadensverteilung festgestellt:
■ Anliegerregie: Hier ist der Grundstücks-
eigentümer für den gesamten Grundstücks- • 38,6 % Lageabweichungen
anschluss bis zum Anschluss an den • 36,5 % Wurzeleinwüchse
Straßenkanal zuständig. • 17,5 % Ablagerungen
• 4,6 % Rissbildungen
■ Zuständigkeit bis zur Grundstücks- • 2,8 % Sonstige Schäden
grenze: Der Grundstückseigentümer ist
verantwortlich für den Grundstücksanschluss Bei dieser Untersuchung waren nur ca. 25 %
bis zur Grundstücksgrenze. Der Kanalnetz- der Grundleitungen schadenfrei.
betreiber ist zuständig für den Teilbereich
auf öffentlichem Grund. Die Schadensverteilung bei privaten Grundlei-
tungen – bezogen auf das Baujahr – stellt sich
Gesetzliche Grundlagen wie folgt dar:
Gemäß Strafgesetzbuch §324 handelt es sich
bei Gewässerverunreinigung und Bodenverun-

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1. Geltende Regelwerke 27
1.4 Die Norm DIN 1986-30:
Instandhaltung von Entwässerungsanlagen
für Gebäude und Grundstücke

Tabelle „Schadensverteilung bezogen auf das Baujahr“

Welche Leitungen müssen geprüft Zeitspannenregelung


werden? Gegenüber DIN 1986-30, Ausgabe Februar
Bei undichten Grundleitungen werden Boden 2003 wurde die Frist für die Erstprüfung vor-
und Grundwasser durch austretendes Abwas- handener Grundleitungen zur Ableitung häus-
ser gefährdet (Exfiltration) oder die öffentliche lichen Abwassers zum 31.12.2015 gestrichen
Kanalisation und die Kläranlage werden durch und stattdessen eine Zeitspannenregelung ein-
eindringendes Grundwasser (Infiltration) über- geführt, die sich am Abnutzungsvorrat von
lastet. Abwasserleitungen und -schächten orientiert.

Gemäß DIN 1986-30, Abschnitt 10.1.1 müs- Nach dem Kommentar zur DIN 1986-30 ist der
sen nicht alle Abwasserleitungen überprüft Gesetzgeber für die Fristsetzungen der Erstprü-
werden. Das Hauptaugenmerk liegt auf den fung bestehender Grundstücksentwässerungs-
im Erdreich verlegten Schmutz- und Misch- anlagen zuständig.
wasserleitungen. Regenwassergrundleitungen
sind aber nicht grundsätzlich von der Prüf- Die Zeitspannen für wiederkehrende Prüfun-
pflicht befreit. Wird beispielsweise behand- gen von Grundleitungen sind in Tabelle 2 der
lungsbedürftiges Niederschlagswasser abge- DIN 1986-30 aufgeführt.
leitet, muss geprüft werden.

Ausschnitt aus Tabelle 2 der DIN 1986-30

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1. Geltende Regelwerke 28
1.4 Die Norm DIN 1986-30:
Instandhaltung von Entwässerungsanlagen
für Gebäude und Grundstücke
Wie muss geprüft werden?
Gemäß Abschnitt 10 der neuen DIN 1986-30 Bei den in Tabelle 2 mit KA (Kanalfernsehunter-
ist in Vorbereitung der Dichtheitsprüfung in suchung) bezeichneten Fällen gelten die
der Regel eine optische Zustandserfassung er- Grundleitungen und Schächte auch als dicht
forderlich. Dabei sollten auch die Entwässe- (fiktive Dichtheit), wenn bei der optischen
rungspläne des Grundstücks kontrolliert Prüfung mittels Kanalkamera keine sichtbaren
werden. Sollten diese Pläne nicht mehr aktuell Schäden und Fremdwassereintritte festgestellt
sein, sind sie im Zuge der Kamera-Befahrung wurden. Sollte eine optische Inspektion nicht
zu aktualisieren. Sind keine Entwässerungs- durchführbar sein oder wird sie als nicht aus-
pläne vorhanden, müssen neue angefertigt reichend angesehen, ist eine einfache Dicht-
werden. Mit moderner Kameratechnik ist die heitsprüfung DR2 durchzuführen.
Erstellung der Pläne während der optischen
Inspektion möglich. Eine Prüfung DR1 nach DIN EN 1610 muss
zum Beispiel bei gewerblichem Abwasser vor
Für bestehende Leitungen wird unter be- einer Abwasserbehandlungsanlage durchge-
stimmten Voraussetzungen eine Prüfung mit führt werden.
geringeren Anforderungen als nach DIN EN
1610 „Verlegung und Prüfung von Abwasser- Bei der optischen Inspektion wird entweder
leitungen und -kanälen“ zugelassen und be- eine Kamera über den Revisionsschacht oder
schrieben. Diese einfache Dichtheitsprüfung eine Revisionsöffnung im Haus in die Leitun-
wird als DR2 bezeichnet; die Prüfung nach gen eingeführt, oder es wird eine Kamera vom
DIN EN 1610 wird als DR1 bezeichnet. öffentlichen Kanal über den Anschlusskanal in
die Grundleitung geschoben. Vor der opti-
schen Inspektion werden die Abwasserleitun-
gen mit Hochdruck-Spüldüsen gereinigt,
wodurch lose Verschmutzungen und Ablage-
rungen entfernt werden sollen.

Die einfache Dichtheitsprüfung DR2 kann mit


Wasser oder Luft erfolgen.

Bei der einfachen Dichtheitsprüfung DR2 mit


Wasser müssen die Leitungen mit einem Was-
serstand von 0,50 m über Rohrscheitel auf
Dichtheit geprüft werden. Ist dieses nicht
möglich, können Grundleitungen innerhalb
des Gebäudes bis zur Oberkante des tiefsten
Entwässerungsgegenstandes oder Unterkante
Reinigungsöffnung in der Fallleitung mit
Wasser aufgefüllt werden. Die Prüfzeit beträgt
15 min bei einer maximalen Wasserzugabe
von 0,2 l/m2 der benetzten inneren Oberfläche.

BLUEMETRIC-Beispiel: Entwässerungsplan

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1. Geltende Regelwerke 29
1.4 Die Norm DIN 1986-30:
Instandhaltung von Entwässerungsanlagen
für Gebäude und Grundstücke
Bei bestehenden Grundstücksentwässerungs- • Prüfdruck = 10 kPa (100 mbar)
anlagen kann die einfache Dichtheitsprüfung • Zulässiger Druckabfall = 1,5 kPa (15 mbar)
DR2 auch mit Luftüberdruck durchgeführt • Beruhigungszeit in Minuten =
werden. Hierbei gelten folgende Prüfbedin- 10 x Innendurchmesser in Meter
gungen: • Prüfzeit in Sekunden nach Ablauf der
Beruhigungszeit gemäß Tabelle 1

Tabelle 1, DIN 1986-30 – Prüfzeiten für die Luftdruckprüfung in Abhängigkeit von DN

Prüfergebnisse dokumentieren
und bewerten
Zum Ergebnis der optischen Inspektion Die Ergebnisse der optischen Inspektion /
gehören auch die Auflistung der Schäden ein- Dichtheitsprüfung müssen in einem Protokoll
schließlich Kodierung und deren Bewertung festgehalten und den Leitungsabschnitten ein-
im Hinblick auf die Sanierungsprioritäten und deutig zugeordnet werden.
-zeiträume.

Ausschnitt aus Anhang D der DIN 1986-30

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1. Geltende Regelwerke 30
1.4 Die Norm DIN 1986-30:
Instandhaltung von Entwässerungsanlagen
für Gebäude und Grundstücke
Durchführung der Sanierung Um die Sanierungspriorität einer Abwasserlei-
Gemäß DIN 1986-30, Abschnitt 12.1 muss tung oder einer Grundstücksentwässerungsan-
die Sanierung einer Entwässerungsanlage lage zu bestimmen, ist die Anzahl und
von einem Fachbetrieb durchgeführt werden. Schwere der Einzelschäden maßgebend. Der
Sanierungsarbeiten sind erforderlich, wenn bei schwerste Einzelschaden bestimmt grundsätz-
der Dichtheitsprüfung Undichtigkeiten oder lich die Sanierungspriorität der Leitung bzw.
bei der optischen Inspektion sichtbare Schä- des Schachtes.
den festgestellt wurden.

Ausschnitt aus Anhang A der DIN 1986-30

Die Sanierungszeiträume für festgestellte behörde aufgrund der örtlichen Randbedin-


Schäden sollten eingehalten werden, sofern gungen keine anderen Zeiträume vorgeben.
die kommunalen Behörden oder die Aufsichts-

Ausschnitt aus Anhang B der DIN 1986-30

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1. Geltende Regelwerke 31
1.4 Die Norm DIN 1986-30:
Instandhaltung von Entwässerungsanlagen
für Gebäude und Grundstücke
Mit welchem Verfahren saniert wird, hängt und wie zugänglich die Abwasserleitungen
davon ab, welche Schäden festgestellt wurden sind.

Tabelle „Sanierungsverfahren“

Bei starker Schädigung der Grundleitungen Bauweise oftmals die wirtschaftlichste Lösung.
bzw. einer großen Schadensdichte ist die Dabei werden die Leitungen im offenen
Erneuerung der Grundleitungen in offener Graben neu verlegt.

„Neuverlegung in offener Bauweise (TML)“:

Firma Düker Firma SAINT-GOBAIN, HES

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1. Geltende Regelwerke 32
1.4 Die Norm DIN 1986-30:
Instandhaltung von Entwässerungsanlagen
für Gebäude und Grundstücke
Bei Grundleitungen unterhalb des Kellerfuß- dig. Vielmehr sollte hier geprüft werden, ob
bodens (Bodenplatte) ist die Erneuerung der die defekten Grundleitungen aufgegeben und
Leitungen in einem offenen Graben – verbun- durch die Neuinstallation von Sammelleitun-
den mit dem Öffnen und Verschließen des gen im Keller ersetzt werden.
Kellerfußbodens – in der Regel sehr aufwen-

Sammelleitungen, Firma Düker Sammelleitungen Firma SAINT-GOBAIN, HES

Bevor die sanierte Grundleitung wieder in Be- digen qualifiziert und technisch ausgestattet
trieb genommen wird, muss sie erneut mit der sein. Der Sachkundige bzw. der ausführende
Kamera untersucht werden. Nach der Renovie- Fachbetrieb muss die Qualifikation dem Auf-
rung bzw. Erneuerung einer Grundleitung ist traggeber unaufgefordert nachweisen.
zusätzlich auch eine Druckprüfung durchzu- Der Sachkundige muss den landesgesetzlichen
führen. bzw. den kommunalen Qualitätsanforderun-
gen entsprechen. Bestehen diese Vorgaben
Bei neu verlegten Sammelleitungen innerhalb nicht, kann sich der Auftraggeber an den
des Gebäudes müssen keine Kamerauntersu- Qualitätsanforderungen der RAL-Gütesiche-
chungen bzw. Druckprüfungen durchgeführt rung Grundstücksentwässerung (RAL-GZ 968)
werden. Wiederkehrende Dichtheitsprüfungen orientieren.
sind ebenfalls nicht erforderlich.
Alle für die Durchführung der Arbeiten not-
wendigen Betriebseinrichtungen und Geräte
Qualifikation und technische müssen vorhanden oder verfügbar sein. Die
Ausrüstung für den Einsatz bei Grundleitungen erforder-
lichen Geräte müssen in ausreichender Menge
Die Anforderungen an die Qualifikation der
und funktionsfähigem Zustand auf der Bau-
Sachkundigen und die technische Ausrüstung
stelle bereitgestellt werden.
der Fachbetriebe sind im Abschnitt 14 der
DIN 1986-30 beschrieben.
Im Abschnitt 14.3 der Norm sind die erforder-
lichen Geräte zur Reinigung, optischen Inspek-
Um die Zustandserfassung, Dichtheitsprüfung
tion und Dichtheitsprüfung sowie weitere
und deren Auswertung im Sinne der Norm
Hilfsmittel aufgeführt.
durchführen zu können, müssen die Sachkun-

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1. Geltende Regelwerke 33
1.4 Die Norm DIN 1986-30:
Instandhaltung von Entwässerungsanlagen
für Gebäude und Grundstücke
Zusammenfassung
Damit Grundstücksentwässerungsanlagen
dauerhaft funktionieren und von ihnen keine
Gefährdung für die Umwelt ausgeht, müssen
sie fachgerecht geplant, ausgeführt und regel-
mäßig geprüft werden. Neben den Anforde-
rungen der DIN 1986-30 ist die regelmäßige
Inspektion und Wartung nach DIN 1986-3 von
entscheidender Bedeutung.

In den Geschäftsfeldern Inspektion, Wartung


und Sanierung von Grundstücksentwässe-
rungsanlagen ergeben sich beträchtliche Auf-
tragspotentiale für die Sanitärbranche.

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34

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2. Schmutzwasseranlagen 35
2.1 Lüftung von Entwässerungsanlagen

Zur störungsfreien Funktion müssen Entwässe- stellt ist, darf gemäß DIN 1986-100, Abschnitt
rungsanlagen ausreichend be- und entlüftet 6.5.1 die Be- und Entlüftung einer Schmutz-
werden. Bei Schmutz- und Mischwassersyste- oder Mischwasserleitung zwischen dem öffent-
men erfolgt die Be- und Entlüftung über Lüf- lichen Abwasserkanal und der Lüftungsöff-
tungsleitungen. Lüftungsleitungen stellen die nung über Dach nicht durch Einbauten – zum
Verbindung zwischen der Abwasserleitung Beispiel Geruchverschlüsse – unterbrochen
und der Atmosphäre her, um einen Druckaus- werden.
gleich und das Entweichen von Gasen zu er-
möglichen. Die Planung und Ausführung der Lüftungssysteme
Lüftung von Entwässerungsanlagen muss nach In den Entwässerungsnormen DIN EN 12056
DIN EN 12056 „Schwerkraftentwässerungsan- und DIN 1986-100 wird zwischen folgenden
lagen innerhalb von Gebäuden“, Ausgabe Lüftungssystemen unterschieden:
Januar 2001 sowie der deutschen Restnorm
DIN 1986-100 „Entwässerungsanlagen für Ge- Hauptlüftung
bäude und Grundstücke“, Ausgabe Dezember Unter Hauptlüftung versteht man den Lei-
2016 erfolgen. tungsabschnitt, der vom obersten Anschluss
an die Fallleitung bis über Dach verläuft. Dieser
Belüftung Leitungsteil führt kein Abwasser und muss in
Der beim Abfließen von Schmutzwasser ent- der gleichen Nennweite wie die Fallleitung
stehende Unterdruck muss durch nachströ- ausgeführt werden.
mende Luft ausgeglichen werden, um das
Leersaugen der Geruchverschlüsse zu verhin- Direkte Nebenlüftung
dern. Dazu ist im Belastungsfall eine ungehin- Bei der direkten Nebenlüftung wird die Falllei-
derte Luftführung innerhalb des Rohrsystems tung durch eine parallel verlaufende Lüftungs-
erforderlich. Beim Abflussvorgang werden er- leitung von ihren Lüftungsaufgaben entlastet.
hebliche Luftvolumen mitgerissen. Durch Die parallel verlaufende Lüftungsleitung ist in
Messungen wurde nachgewiesen, dass der jedem Geschoss mit der Fallleitung verbunden.
erforderliche Luftvolumenstrom das 10- bis Dieses Lüftungssystem ist geeignet für Falllei-
35-fache des Wasservolumenstroms beträgt. tungen mit kurzen Einzel- bzw. Sammelan-
schlussleitungen.
Entlüftung
Die in den öffentlichen Abwasserkanälen Indirekte Nebenlüftung
sowie in den Gebäude- und Grundstücksent- Die indirekte Nebenlüftung ist im Ansatz be-
wässerungsanlagen entstehenden Fäulnisgase reits gegeben, wenn lange Anschlussleitungen
müssen sicher ins Freie abgeführt werden. vorhanden sind. Hierbei handelt es sich um
Dies erfolgt in hohem Maße über die Lüf- eine zusätzliche Lüftung der Anschlussleitun-
tungsleitungen der Gebäude- und Grund- gen durch eine Lüftungsleitung über Dach
stücksentwässerungsanlagen. Somit dienen oder Rückführung an die Hauptlüftung.
die Gebäude- und Grundstücksentwässerungs-
anlagen auch der Entlüftung der öffentlichen Umlüftung
Abwasserkanäle, wodurch dem Schutz der in Unter Umlüftung versteht man eine Lüftungs-
der öffentlichen Kanalisation arbeitenden Per- leitung, die eine Einzel- bzw. Sammelan-
sonen und dem vorbeugenden Korrosions- schlussleitung zusätzlich lüftet. Sie kann an die
schutz der öffentlichen Abwasseranlagen zugehörige oder eine andere Fallleitung ange-
Rechnung getragen wird. Damit dies sicherge- schlossen werden.

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2. Schmutzwasseranlagen 36
2.1 Lüftung von Entwässerungsanlagen

Lüftungssysteme

INFO: S EKUNDÄRLÜFTUNGSSYSTEM tungen einzuhalten. Diese Anforderung gilt


insbesondere bei größeren eingeschossigen
Das Sekundärlüftungssystem, das aus einer Gebäuden, wie zum Beispiel Einkaufszentren
direkten Nebenlüftung der Fallleitung und oder Montagehallen, bei denen keine
der Umlüftung jeder Anschlussleitung an Schmutzwasser-Fallleitungen notwendig sind.
die direkte Nebenlüftung besteht, hat sich in Aus funktionstechnischen Gründen müssen
Deutschland aufgrund des hohen Installati- die Grundleitungen mindestens einmal mittels
onsaufwands nicht durchgesetzt. Dieses Lüftungsleitung über Dach be- und entlüftet
System kann aber bei Bedarf in Deutschland werden.
eingesetzt werden.
Lüftungsleitungen sind möglichst geradlinig
und lotrecht zu führen. Verzüge von Lüf-
Ausführung von Lüftungsleitungen tungsleitungen müssen mit ausreichendem
Die wichtigsten Anforderungen zur Ausfüh- Gefälle verlegt werden. Umlenkungen sind mit
rung von Lüftungsleitungen sind im Abschnitt 45°-Bögen auszuführen. Längere Verzüge von
6.5 der DIN 1986-100 zusammengefasst. Lüftungsleitungen sollten vermieden werden.

Grundsätzlich gilt in Deutschland immer noch, Mündet eine Lüftungsleitung in der Nähe von
dass jede Fallleitung über Dach geführt wer- Aufenthaltsräumen, so ist sie mindestens 1 m
den muss. über den Fenstersturz hoch zu führen oder so
In Anlagen ohne Fallleitungen muss für die zu verlegen, dass sie mindestens 2 m seitlich
Be- und Entlüftung der Grund- bzw. Sammel- der Fensteröffnung liegt. Diese Maßnahme hat
leitungen mindestens eine Lüftungsleitung sich seit Jahrzehnten zur Verhinderung von
DN 70 über Dach geführt werden. Innerhalb Geruchsbelästigungen in der Praxis bestens
der so belüfteten Leitungen sind die Anforde- bewährt.
rungen für Einzel- und Sammelanschlusslei-

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2. Schmutzwasseranlagen 37
2.1 Lüftung von Entwässerungsanlagen

Mindestabstände der Mündung von Lüftungs-


leitungen zu Fenstern von Aufenthaltsräumen

„Endrohre von Lüftungsleitungen über Lüftung von Einzel- und Sammel-


Dach sind nach oben offen mindestens anschlussleitungen
mit dem Querschnitt der Lüftungsleitung
Einzelanschlussleitungen dürfen unter folgen-
auszuführen. Abdeckungen dürfen nicht
den Bedingungen unbelüftet verlegt werden:
eingesetzt werden“.
Abdeckungen und Hauben behindern die Be-
und Entlüftung von Entwässerungsanlagen in ■ Leitungsgefälle mindestens 1 cm/m (1 %)
sehr starkem Maße. Wie von zahlreichen Prak- ■ Leitungslänge maximal 4 m
tikern in den letzten Jahren gefordert, wurde ■ Maximal drei 90°-Umlenkungen
diese klare Anweisung aus der alten DIN 1986, (ohne Anschlussbogen)
Teil 1 wieder aufgenommen. ■ Höhendifferenz zwischen dem Anschluss
an den Entwässerungsgegenstand und
der Rohrsohle im Anschlussabzweig an
die Fallleitung darf 1 m nicht überschreiten
INFO: L ÜFTUNGSHAUBEN
Lüftungsleitungen über Dach sind oftmals Kann eine der Bedingungen nicht erfüllt
aus optischen Gründen mit glockenförmigen werden, muss die Einzelanschlussleitung
Hauben versehen. Diese Hauben beeinträch- belüftet werden. Dies erfolgt mittels Belüf-
tigen die Be- und Entlüftung der Entwässe- tungsventil oder einer Lüftungsleitung.
rungsanlage in starkem Maße und führen
häufig zu Funktionsstörungen. Außerdem Für unbelüftete Sammelanschlussleitungen
kommt es öfters bei Kanalspülungen zu Pro- gelten folgende Anwendungsgrenzen:
blemen, da eine stoßartige Druckentlastung,
bedingt durch die Hauben, nicht immer ■ Leitungsgefälle mindestens 1 cm/m (1 %)
möglich ist. Die Entlastung des Druckes er- ■ Länge eines Fließweges darf die maximale
folgt dann erfahrungsgemäß über die Ge- Länge gemäß Tabelle 7 aus DIN 1986-100
ruchverschlüsse, bei denen das Sperrwasser nicht überschreiten
nach oben herausgedrückt wird. ■ Innerhalb der unbelüfteten Sammelan-
schlussleitung gelten die Festlegungen für
Einzelanschlussleitungen
Lüftungsleitungen dürfen oberhalb der
höchstgelegenen Anschlussleitung unter Kann eine der Anwendungsgrenzen nicht
einem Winkel von 45° zusammengeführt erfüllt werden, muss die Sammelanschluss-
werden. Das Zusammenführen von Lüftungs- leitung belüftet werden; entweder mittels
leitungen zu Sammellüftungen wird in der Belüftungsventil oder Lüftungsleitung. Die
Praxis häufig vorgenommen. Hierbei muss je- Sammelanschlussleitung muss dann wie eine
doch unbedingt darauf geachtet werden, dass Sammelleitung bemessen werden.
die Leitungsquerschnitte der Sammellüftungen
gemäß DIN 1986-100 bemessen sind.

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2. Schmutzwasseranlagen 38
2.1 Lüftung von Entwässerungsanlagen

Tabelle 7 aus DIN 1986-100 – Bemessung von unbelüfteten Sammelanschlussleitungen

Sammelanschlussleitung aus DIN 1986-100

Umgehungsleitungen werden kann. Ein Druckanstieg in diesem


Während bei einer ungestörten Fallleitungs- Bereich ist die Folge.
strömung mit nach unten offenem Auslauf
ausschließlich Unterdruck herrscht, ist bei Fall- Ein direkter Anschluss von Entwässerungs-
leitungsverzügen oberhalb der Umlenkung gegenständen ist bei höheren Gebäuden in
Überdruck zu beobachten. Ursache für den diesem Überdruckbereich unmöglich. Eine um-
Überdruck ist die Verzögerung der Strömung fassende Maßnahme zur Lösung des Problems
im Umlenkbereich, wodurch ein großer Teil der stellt die Umgehungsleitung dar. Das Über-
Geschwindigkeitsenergie in Druckenergie um- druckgebiet wird durch eine parallel zur
gesetzt wird. Zusätzlich tritt eine Komprimie- Verziehung verlegte Leitung umgangen. Die
rung der Luftmenge auf, die momentan von Anschlussleitungen sind an die Umgehungs-
der liegenden Leitung nicht aufgenommen leitung anzuschließen.

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2. Schmutzwasseranlagen 39
2.1 Lüftung von Entwässerungsanlagen

aus DIN 1986-100 „Fallleitungsverziehung < 2 m


mit Umgehungsleitung“

aus DIN 1986-100 „Fallleitungsverziehung > 2 m mit Umge-


hungsleitung oder Umgehungsleitung für den Übergang einer
Fallleitung in die Sammel- oder Grundleitung

Regenentwässerungsanlagen beim
Mischsystem
Regenentwässerungsanlagen benötigen keine
Lüftungsleitungen, da der notwendige Druck-
ausgleich über die Regenwasserleitungen und
Abläufe erfolgt. Beim Mischsystem überneh-
men die Regenentwässerungsanlagen zwangs- SML – Regenrohrgeruchverschluss
läufig auch Lüftungsaufgaben.
Bei unsachgemäßer Installation kann dies zu
Geruchsbelästigungen führen. Bemessung von Lüftungsleitungen
Die Bemessung von Lüftungsleitungen muss
Gemäß DIN 1986-100, Abschnitt 6.3.5 ist bei gemäß DIN 1986-100, Abschnitt 14.1.6 vorge-
Mischkanalisation die Regenentwässerungsan- nommen werden.
lage so auszuführen, dass austretende Kanal- Die Einzelhauptlüftungsleitung ist in der Nenn-
gase nicht zu Geruchsbelästigungen führen weite der zugehörigen Fallleitung auszuführen.
können. Dies erfolgt in der Regel durch den Der Querschnitt einer Sammelhauptlüftung
Einbau von Geruchverschlüssen in die Regen- muss mindestens so groß sein wie die Hälfte
wasserleitungen. Bei Regenwasser muss nach der Summe der Einzelquerschnitte der Einzel-
DIN 1986-100, Abschnitt 5.7.1 die Sperrwas- hauptlüftungen. Die Nennweite der Sammel-
serhöhe mindestens 100 mm betragen. hauptlüftung muss jedoch, ausgenommen

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2. Schmutzwasseranlagen 40
2.1 Lüftung von Entwässerungsanlagen

bei Einfamilienhäusern, mindestens eine Nenn-


weite größer als die größte Nennweite der zu-
gehörigen Einzelhauptlüftung sein.

Übersicht der Rohrleitungsquerschnitte

Tabelle zur Ermittlung der erforderlichen Nennweiten von Sammelhauptlüftungsleitungen


bei gleich dimensionierten Einzelhauptlüftungen

Bemessungsbeispiel 1
für gleich dimensionierte
Gesucht: Die Nennweite der Sammelhaupt-
Einzelhauptlüftungsleitungen
lüftung an der Ausmündung über
Dach
Gegeben: 4 Einzelhauptlüftungsleitungen
DN 100
Lösung: Aus der Übersicht der Rohrleitungs-
Gesucht: Die Nennweite der Sammelhaupt-
querschnitte ergeben sich folgende
lüftung an der Ausmündung
Einzelquerschnitte:
über Dach
Ergebnis: Aus der „Tabelle zur Ermittlung der
Einzelquerschnitt
erforderlichen Nennweiten von
DN 100 = 72,3 cm2
Sammelhauptlüftungsleitungen bei
Einzelquerschnitt
gleich dimensionierten Einzel-
DN 80 = 44,2 cm2
hauptlüftungsleitungen“ ergibt
sich eine erforderliche Nennweite
Summe Einzelquerschnitte
der Sammelhauptlüftungsleitung
= 3 • 72,3 cm2 + 2 • 44,2 cm2
von DN 150
= 305,3 cm2
Bemessungsbeispiel 2 Halbieren Summe Einzelquer-
für ungleich dimensionierte schnitte = 305,3 cm2 • 0,5
Einzelhauptlüftungsleitungen = 152,65 cm2

Gegeben: 3 Einzelhauptlüftungsleitungen Ergebnis: Nennweite der Sammelhaupt-


DN 100 lüftung = DN 150
2 Einzelhauptlüftungsleitungen (aus Übersicht der Rohrleitungs-
DN 80 querschnitte).

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2. Schmutzwasseranlagen 41
2.1 Lüftung von Entwässerungsanlagen

Schmutzwasser-
Fallleitung mit Nebenlüftung Qmax. (l/s)
Hauptlüftung
Abzweige mit
DN DN Abzweige Innenradius
60 50 0,7 0,9
70 50 2,0 2,6
80 50 2,6 3,4
90 50 3,5 4,6
100 50 5,6 7,3
125 70 12,4 10,0
160 80 14,1 18,3
200 100 21,0 27,3
Tabelle 12 aus DIN EN 12056-2

Die Nennweiten von Nebenlüftungsleitun- • Ersatz für Umlüftungsleitungen,


gen sind der Tabelle 12 der DIN EN 12056-2 • Ersatz für indirekte Nebenlüftungen,
zu entnehmen. • Hauptlüftung bei Ein- und Zweifamilien-
häusern oder entwässerungstechnisch ver-
Die Umlüftungsleitung ist in der gleichen
gleichbaren Nutzungseinheiten, wenn
Nennweite auszuführen wie die damit belüf-
mindestens eine Fallleitung als Lüftungs-
tete Sammelanschlussleitung an der Einmün-
leitung über Dach geführt wird (In diesem
dung in die Fallleitung, ausreichend ist jedoch
Fall ist die Fallleitung mit der größten
DN 70. Der Leitungsquerschnitt bis zum Be-
Nennweite über Dach zu be- und entlüften),
ginn der Umlüftung ist ebenfalls in dieser
• Einzelbelüftung von Entwässerungsgegen-
Nennweite auszuführen.
ständen mit Abflussstörungen bei bestehen-
Die Umgehungsleitung ist in der gleichen
den Anlagen
Nennweite wie die Fallleitung, jedoch höchs-
eingesetzt werden.
tens in DN 100, auszuführen. Der Lüftungsteil
der Umgehungsleitung ist nach Tabelle 7 der
INFO: E INSCHRÄNKUNGEN BEIM E INSATZ
DIN EN 12056-2 zu bemessen. In einer Umge-
hungsleitung dürfen keine Belüftungsventile VON B ELÜFTUNGSVENTILEN IN
eingesetzt werden. D EUTSCHLAND
Die Einschränkungen sind notwendig, weil
Belüftungsventile Belüftungsventile für keine Entlüftung sorgen.
Eine ausreichende Be- und Entlüftung der
Gemäß der Euronorm DIN EN 12056-2 sind Entwässerungsanlagen ist eine der grundsätz-
Belüftungsventile ohne wesentliche Einschrän- lichen Anforderungen in Deutschland, um
kungen zugelassen, wobei die Möglichkeit erhöhte Gasemissionen durch Faulgasbildung
besteht, den Einsatz national zu regeln. zu vermeiden. Diese Maßnahmen dienen
unter anderem dem Schutz der in der öffent-
Grundsätzlich gilt in Deutschland, dass jede lichen Kanalisation arbeitenden Personen und
Schmutzwasser-Fallleitung als Lüftungsleitung dem vorbeugenden Korrosionsschutz der
über Dach geführt werden muss. Nach öffentlichen Abwasseranlagen.
DIN 1986-100, Abschnitt 6.5.5 dürfen in
Deutschland Belüftungsventile in Entwässe- Belüftungsventile müssen der DIN EN 12380
rungsanlagen mit dem Hauptlüftungssystem „Belüftungsventile für Entwässerungssysteme
nur als: – Anforderungen, Prüfverfahren und Konfor-
mitätsbewertung“ entsprechen.

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2. Schmutzwasseranlagen 42
2.1 Lüftung von Entwässerungsanlagen

Funktion von Belüftungsventilen Belüftungsventile Firma Sanitärtechnik Eisenberg GmbH

In rückstaugefährdeten Bereichen und für die Bei Unterputzmontage ist dafür Sorge zu tra-
Lüftung von Behältern, z.B. Hebeanlagen, gen, dass ausreichende Lüftungsöffnungen
dürfen nach DIN 1986-100 keine Belüftungs- vorhanden sind. Entsprechende Wandeinbau-
ventile eingesetzt werden. kästen mit Abdeckplatte und Lüftungsöffnun-
gen werden von den Herstellern angeboten.
Belüftungsventile dürfen nicht an unzugäng- Für den Frostschutz sind Zubehörteile, z.B.
lichen Stellen eingebaut werden. Gemäß Frostschutzhauben, lieferbar.
DIN 1986-3, Ausgabe November 2004 müssen Angaben zur Montage und Bemessung von
Belüftungsventile mindestens einmal jährlich Belüftungsventilen können den Produktunter-
inspiziert und gewartet werden. lagen der Hersteller entnommen werden.

Lüftung von Abwasserhebeanlagen Sekundärlüftungsleitungen angeschlossen wer-


Gemäß DIN 1986-100, Abschnitt 6.5.3 den, nicht jedoch an Fallleitungen.
müssen Fäkalienhebeanlagen nach DIN EN
12050-1 über Dach be- und entlüftet werden. Nach DIN EN 12056-4, Abschnitt 5.3 darf die
Beim Zulaufvorgang in den Sammelbehälter ist Lüftung von Hebeanlagen nicht mit der zulauf-
eine ausreichende Entlüftung erforderlich. seitigen Lüftungsleitung eines Fettabscheiders
Ansonsten besteht die Gefahr, dass es durch verbunden werden.
einen nicht ungehinderten Zulauf in den Sam-
melbehälter zu Störungen im Ablaufverhalten Lüftung von Fettabscheidern
von angeschlossenen Entwässerungsgegen- Nach DIN 1986-100, Abschnitt 6.5.4 sind die
ständen kommt. Beim Entleeren des Sammel- Zulaufleitungen und gegebenenfalls der Fett-
behälters (Pumpvorgang) ist eine ausreichende abscheider entsprechend DIN EN 1825-2 in
Belüftung erforderlich. Verbindung mit DIN 4040-100 unmittelbar
über Dach zu be- und entlüften.
Schmutzwasserhebeanlagen nach
DIN EN 12050-2 müssen über Dach be- Die Lüftungsleitungen der Zulaufleitungen und
und entlüftet werden, sofern sie geruchsdicht gegebenenfalls des Fettabscheiders dürfen zu
verschlossen werden. Sammellüftungen zusammengeführt werden.

Hebeanlagen zur begrenzten Verwendung An die Lüftungsleitungen der Zulaufleitungen


nach DIN EN 12050-3 sind zu lüften. Hierbei sowie des Fettabscheiders dürfen keine ande-
sind unbedingt die Herstellerangaben zu be- ren Lüftungsleitungen angeschlossen werden.
achten. Lüftungsleitungen von Hebeanlagen In der DIN EN 1825-2 „Abscheideranlagen für
dürfen sowohl an Hauptlüftungs- sowie an Fette – Wahl der Nenngröße, Einbau, Betrieb

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2. Schmutzwasseranlagen 43
2.1 Lüftung von Entwässerungsanlagen

und Wartung“ werden im Abschnitt 7.4 zu- Rohre ohne Muffe (SML) nach DIN EN 877
sätzlich folgende Anforderungen an die Lüf- und DIN 19522“ für alle Bereiche der Ge-
tung von Fettabscheidern gestellt: bäude- und Grundstücksentwässerung
• Die Zulaufleitung zum Fettabscheider ist als zugelassen. Dazu gehören auch die Lüftungs-
Lüftungsleitung bis über Dach zu führen leitungen von Entwässerungsanlagen.
• Anschlussleitungen von mehr als 5 m Länge
sind gesondert zu lüften Die in DIN 1986, Teil 4 angegebenen Verwen-
• Hat die Zulaufleitung oberhalb des Fettab- dungsbereiche gelten nur für die Ableitung
scheiders auf einer Länge von über 10 m von Abwasser (häuslichem Schmutzwasser)
keine gesondert entlüftete Anschlussleitung, einschließlich Niederschlagswasser gemäß
so ist die Zulaufleitung unmittelbar am Fett- DIN 1986, Teil 3 sowie für die Ableitung von
abscheider mit einer zusätzlichen Lüftungs- Kondensaten aus Feuerungsanlagen. Bei
leitung zu versehen. Abwasser gewerblicher oder industrieller
Herkunft (Industrielles Abwasser nach
INFO: F ETTABSCHEIDER UNTERHALB DER DIN EN 12056-1) muss im Einzelfall nachge-
R ÜCKSTAUEBENE wiesen werden, dass die Abwasserrohre und
Wegen Rückstaugefahr müssen Fettabscheider Formstücke anwendbar sind. Dies gilt gleicher-
beim Einbau im Keller häufig über eine nach- maßen auch für die zugehörigen Lüftungslei-
geschaltete Abwasserhebeanlage entwässert tungen.
werden. Zur Vermeidung von Betriebsstörun-
gen dürfen die Lüftungsleitungen der Zulauf- Im Kommentar zur DIN 1986, Teil 4 heißt es
leitungen sowie des Fettabscheiders keinesfalls dazu: “Für die Ableitung von unbehandelten
mit der Lüftungsleitung der Abwasserhebean- gewerblichen Abwässern ist die Verwendbar-
lage zu einer Sammellüftung zusammenge- keit der Rohrwerkstoffe und Dichtungen an-
führt werden. hand der vom Hersteller aufgestellten
Beständigkeitslisten zu prüfen. In Zweifels-
fällen ist der Hersteller um Stellungnahme zu
Wahl des Rohrwerkstoffes bitten“.
Die Festlegung der Rohrwerkstoffe für Entwäs- Zur Ableitung von aggressiven Abwässern –
serungsanlagen muss nach DIN 1986, Teil 4 wie beispielsweise fetthaltigen Abwässern
„Entwässerungsanlagen für Gebäude und oder Laborabwässern – empfehlen die führen-
Grundstücke – Verwendungsbereiche von Ab- den Gussrohr-Hersteller seit mehr als
wasserrohren und -formstücken verschiedener 30 Jahren gusseiserne Abflussrohrsysteme mit
Werkstoffe“, Ausgabe Dezember 2011 erfol- Sonderbeschichtungen, wie zum Beispiel das
gen. In der Tabelle 1 der Norm sind die Ver- PAM-GLOBAL® Plus (KML)-System der Firma
wendungsbereiche für alle genormten und SAINT-GOBAIN HES bzw. das MLK-protec-
zugelassenen Abwasserohre und -formstücke System der Firma Düker.
aufgeführt. So sind zum Beispiel „Gusseiserne

Beschichtungsaufbau
PAM-GLOBAL® Plus Rohr
(SAINT-GOBAIN HES)

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2. Schmutzwasseranlagen 44
2.1 Lüftung von Entwässerungsanlagen

Fazit
Für die ordnungsgemäße Funktion von Ent-
wässerungsanlagen ist eine ausreichende
Be- und Entlüftung von entscheidender Bedeu-
tung. Durch die Vielzahl an normativen Rege-
lungen und Lösungsmöglichkeiten stellt die
Planung und Ausführung der Lüftung von
Entwässerungsanlagen höchste Anforderun-
gen an die beteiligten Sanitärfachleute.

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2. Schmutzwasseranlagen 45
2.2 Schmutzwasser-Fallleitungen in Hochhäusern

Allgemeines wässerungsanlagen für Gebäude und Grund-


Hochhäuser sind nach dem deutschen Bau- stücke“, Ausgabe Dezember 2016 geplant und
recht Gebäude, bei denen der Fußboden ausgeführt werden.
mindestens eines Aufenthaltsraumes mehr als
22 m über der festgelegten Geländeoberfläche
liegt. Ermittlung der Fallleitungslänge
Die besonderen Anforderungen an Hochhäu- Die Fallleitungslänge ist das vertikale Längen-
ser sind in den Hochhaus-Richtlinien (HHR) der maß zwischen dem höchstgelegenen An-
einzelnen Bundesländer geregelt. schluss-Abzweig und der Umlenkung der
Fallleitung in eine liegende Grund- oder Sam-
Entwässerungsanlagen von Hochhäusern melleitung. Bei der Ermittlung der Fallleitungs-
müssen gemäß der Euronorm DIN EN 12056 länge werden also nur die benetzten
„Schwerkraftentwässerungsanlagen innerhalb senkrechten Leitungsteile berücksichtigt.
von Gebäuden“, Ausgabe Januar 2001 sowie Verziehungen innerhalb von Fallleitungen
der deutschen Restnorm DIN 1986-100 „Ent- bleiben unberücksichtigt.

Bezüge für die Ermittlung der Fallleitungslänge aus DIN-Kommentar

Druckverlauf in Fallleitungen klar definieren lassen wie bei liegenden Leitun-


Fallleitungen haben wie die liegenden Abwas- gen. Entsprechende Dimensionierung und
serleitungen Be- und Entlüftungsaufgaben zu konstruktive Maßnahmen sollen die ungehin-
erfüllen. Auch bei Fallleitungen geht man derte Luftführung gewährleisten. Um diesen
unter Belastung von einer Teilfüllung aus, Anforderungen gerecht zu werden, sind
wobei sich die Wasser-Luftbereiche nicht so Schmutzwasser-Fallleitungen in Hochhäusern

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2. Schmutzwasseranlagen 46
2.2 Schmutzwasser-Fallleitungen in Hochhäusern

mindestens mit Hauptlüftung zu versehen. Die Einlaufverhältnisse der Anschlussleitung an


Des weiteren stellt sich die Frage wie eine Fall- die Fallleitung ist für die Druckverteilung von
leitung mit Hauptlüftung konstruiert werden besonderer Bedeutung. Hydraulisch ungüns-
muss um funktionssichere Strömungsverhält- tige Abzweige können bei hoher Belastung
nisse zu erreichen. Durch die Wechselwirkun- zum vollständigen Abschluss der Fallleitung
gen von Abwasser und Luft ergeben sich führen. So können gemäß DIN 1986-100 Fall-
innerhalb von Fallleitungen Druckschwankun- leitungen mit hydraulisch günstigen Abzwei-
gen. Die Grenzen für die maximalen Druck- gen um 30 % höher belastet werden als solche
schwankungen sind durch die Geruchver- mit herkömmlichen Abzweigen.
schlusshöhe (H) gemäß DIN EN 12056-2, Ab-
schnitt 5.4 vorgegeben, die bei Schmutzwas-
serabläufen nicht weniger als 50 mm betragen
darf. Nach DIN 1986-100, Abschnitt 14.1.1
darf der durch den Abflussvorgang verursach-
te Sperrwasserverlust die Geruchverschluss-
höhe um nicht mehr als 25 mm reduzieren.
Das Sperrwasser darf weder durch Unterdruck
abgesaugt noch durch Überdruck herausge-
drückt werden.

Ausführung von Anschluss-Abzweigen

Bei Untersuchungen wurde festgestellt, dass


erhebliche Luftvolumenströme zur Funktion
einer Fallleitung erforderlich sind. So werden
zum Beispiel bei einer Fallleitung DN 100 bei
einer Abwasserbelastung von 100 l/min. ins-
gesamt 2340 l/min. Luft mitgeführt.

Bei der Vielzahl an verschiedensten Einfluss-


größen kann die mögliche Belastbarkeit von
Fallleitungen nur experimentell bestimmt
werden. Zur Optimierung der Funktion werden
folgende konstruktive Maßnahmen empfoh-
len:

• Einbau von strömungsgünstigen Abzwei-


gen, zum Beispiel mit 45 ° Einlaufwinkel.

• Um die Strömungsverluste bei der Luft-


strömung so gering wie möglich zu halten
sollen Lüftungsleitungen möglichst kurz und
gradlinig verlaufen.

• Die Luftströmung in die Fallleitung sollte


nicht durch Hauben behindert werden.
Druckverlauf in einer Schmutzwasser-Fallleitung aus
DIN-Kommentar

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2. Schmutzwasseranlagen 47
2.2 Schmutzwasser-Fallleitungen in Hochhäusern

Fallgeschwindigkeit des Abwassers dem Hauptlüftungssystem wesentlich


in der Fallleitung gesteigert werden. Diese Lüftungsmaß-
nahme ist geeignet für Fallleitungen mit
Durch den Widerstand der Luftsäule im Rohr
kurzen Einzel- bzw. Sammelanschlusslei-
und der Reibung an den Rohrwandungen
tungen (fallleitungsorientierte Systeme).
erfolgt eine entsprechende Bremsung. Mes-
sungen haben ergeben, dass sich die Fallbe-
schleunigung und die Bremswirkung durch die

Theoretische und reale Fallgeschwindigkeit in Fallleitungen


aus DIN-Kommentar

Luftsäule sowie die Rohrreibung nach ca. 15 m


aufheben, und die Geschwindigkeit in der
Größenordnung von ca. 10 m pro Sekunde
nimmt nicht mehr wesentlich zu.
Fallbremsen in Fallleitungen von Hochhäusern
in Form von zusätzlichen Leitungsverzügen
sind somit vollkommen überflüssig.

Wahl des Lüftungssystems


Bei Hochhäusern wird es zunehmend schwieri-
ger, den Druckschwankungen in Schmutzwas-
ser-Fallleitungen ausschließlich mit der
Hauptlüftung zu begegnen. Die Ursachen sind
in den höheren Belastungen und den größeren
Endgeschwindigkeiten zu suchen. Zur Erhö-
hung der Funktionssicherheit und Belastbarkeit
von Schmutzwasser-Fallleitungen in Hochhäu-
sern sind folgende Lüftungssysteme einsetz-
bar:

• Direkte Nebenlüftung
Bei der direkten Nebenlüftung wird die Fall-
leitung durch eine parallel verlaufende
Leitung von ihren Lüftungsaufgaben entlas- Direkte Nebenlüftung
tet. Die Abflussleistung kann gegenüber

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2. Schmutzwasseranlagen 48
2.2 Schmutzwasser-Fallleitungen in Hochhäusern

• Indirekte Nebenlüftung den anderen Lüftungssystemen dem Kon-


Die indirekte Nebenlüftung ist im Ansatz strukteur ausreichende Lösungsmöglich-
bereits gegeben, wenn lange Sammelan- keiten zur Verfügung stehen.
schlussleitungen vorhanden sind (sammellei-
tungsorientierte Systeme). Die maximale
Abflussleistung ist wesentlich höher als beim
Hauptlüftungssystem.

Die Nebenlüftungsleitungen können gemäß


DIN 1986-100 durch Belüftungsventile er-
setzt werden. Zur höheren Funktionssicher-
heit sollten Nebenlüftungsleitungen zur
Be- und Entlüftung bevorzugt werden.

Sekundärlüftung

• Sovent-Mischformstück
Bei der Konstruktion dieses speziellen Form-
stückes wurden die hydraulischen Verhält-
nisse in der Fallleitung konsequent berück-
sichtigt. Das Ergebnis ist im Prinzip eine
Fallleitungskonstruktion mit Hauptlüftung,
die jedoch einen ähnlichen Druckverlauf wie
eine Fallleitung mit Sekundärlüftung auf-
weist.

Erreicht wird dieses strömungsgünstige


Verhalten durch:
Indirekte Nebenlüftung 1. Abbremsen der Strömung in jedem Ge-
schoss. Damit wird die angesaugte Luft-
• Sekundärlüftung menge um etwa die Hälfte verringert.
Die Sekundärlüftung setzt sich zusammen Weniger mitgeführte Luft verringert auch
aus direkter Nebenlüftung der Fallleitung den Druckanstieg im Umlenkungsbereich
und der Umlüftung jeder Anschlussleitung einer Fallleitung durch Komprimierung nicht
an die direkte Nebenlüftung. Durch diese abströmender Luft.
Maßnahmen garantiert das System einen 2. Vermeiden hydraulischer Abschlüsse in
sehr günstigen Druckverlauf und eine Mehr- der Fallleitung durch die Zusammenführung
belastung gegenüber Fallleitungen mit der Wassermengen aus der liegenden
Hauptlüftung. Leitung und der Fallströmung nach einer
Der erforderliche Mehraufwand bei der In- Beschleunigungsstrecke für die zusammen
stallation dieses Systems lässt sich jedoch in laufende Wassermenge.
der Praxis kaum rechtfertigen, zumal mit

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2. Schmutzwasseranlagen 49
2.2 Schmutzwasser-Fallleitungen in Hochhäusern

Bemessung und Montage der Sovent-Misch- Bemessung von Schmutzwasser-


formstücke sollte nur nach Angaben des Fallleitungen
Herstellers sowie der entsprechenden Prüf-
Schmutzwasser-Fallleitungen mit Hauptlüftung
zeugnisse erfolgen.
werden gemäß DIN EN 12056-2, Tabelle 11
bemessen. Hierbei wird zwischen herkömm-
lichen Abzweigen und strömungsgünstigen
Abzweigen unterschieden. Beim Einbau von
strömungsgünstigen Abzweigen (Abzweige
mit Innenradius bzw. 45°-Einlaufwinkel) kann
die jeweilige Fallleitung um 30 % höher belas-
tet werden als bei herkömmlichen Abzweigen.

Sovent-Mischformstück

Tabelle 11 aus DIN EN 12056-2

Tabelle 12 aus DIN EN 12056-2

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2. Schmutzwasseranlagen 50
2.2 Schmutzwasser-Fallleitungen in Hochhäusern

Bemessung der Lüftungsleitungen


Einzel-Hauptlüftungsleitungen sind gemäß
DIN 1986-100, Abschnitt 14.1.6.1 mit der
Nennweite der zugehörigen Fallleitung auszu-
führen.
Der Querschnitt einer Sammel-Hauptlüftung
muss nach DIN 1986-100, Abschnitt 14.1.6.2
mindestens so groß sein wie die Hälfte der
Summe der Einzelquerschnitte der Einzel-
Hauptlüftungen. Die Nennweite der Sammel-
Hauptlüftung muss jedoch mindestens eine
Nennweite größer als die größte Nennweite
der zugehörigen Einzel-Hauptlüftung sein.

Die Nennweiten von Nebenlüftungsleitungen


(direkte bzw. indirekte Nebenlüftung) sind der
Tabelle 12 der DIN EN 12056-2 zu entnehmen.

Beim Sovent-System ist die Lüftungsleitung mit


der Nennweite der zugehörigen Fallleitung
auszuführen.

Fallleitungsverziehungen bei Hoch-


häusern (Fallleitungen über 22 m)
Neben den Einlaufverhältnissen der Anschluss-
leitungen an die Fallleitung sind die Umlen-
kungen der Abwasserströme von entscheiden-
der Bedeutung für den Druckverlauf. Jede
Fallleitung verfügt mindestens über eine
Umlenkung im Bereich des Übergangs in die
Sammel- bzw. Grundleitung. Zusätzliche Um- Fallleitungsverziehung < 2m mit Umgehungsleitung
lenkungen in Form von Verziehungen werden (aus DIN 1986-100)
immer erforderlich, wenn durch bauliche
Gegebenheiten ein senkrechter Verlauf nicht
mehr möglich ist. Ein direkter Anschluss von Entwässerungsge-
genständen ist in diesem Überdruckbereich
Während bei der ungestörten Fallleitungs- unmöglich. Eine umfassende Maßnahme zur
strömung mit nach unten offenem Auslauf Lösung des Problems stellt die Umgehungs-
ausschließlich Unterdruck herrscht, ist jetzt leitung dar. Das Überdruckgebiet wird durch
oberhalb der Umlenkung Überdruck zu beob- eine parallel zur Verziehung verlegte Leitung
achten. Ursache für den Überdruck ist die Ver- umgangen.
zögerung der Strömung im Umlenkbereich,
wodurch ein großer Teil der Geschwindigkeits- Gemäß DIN 1986-100, Abschnitt 6.2.2.4
energie in Druckenergie umgesetzt wird. gelten bezüglich der anschlussfreien Leitungs-
Zusätzlich tritt eine Komprimierung der Luft- bereiche für Schmutzwasser-Fallleitungen über
menge auf, die momentan von der liegenden 22 m Länge folgende Regelungen:
Leitung nicht aufgenommen werden kann. Ein „Bei Fallleitungen, die länger als 22 m sind,
Druckanstieg in diesem Bereich ist die Folge. müssen bei Fallleitungsverziehungen und bei

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2. Schmutzwasseranlagen 51
2.2 Schmutzwasser-Fallleitungen in Hochhäusern

Die Bemessung von Umgehungsleitungen hat


nach DIN 1986-100, Abschnitt 14.1.6.3 zu
erfolgen. Hierzu heißt es „Die Umgehungs-
leitung ist in der gleichen Nennweite wie die
Fallleitung, jedoch höchstens in DN 100, aus-
zuführen. Der Lüftungsteil ist wie eine Umlüf-
tungsleitung nach DIN EN 12056-2:2001-01,
Tabelle 7 zu bemessen“.

Zur Verbesserung des Druckausgleichs wird


empfohlen, den Lüftungsteil in der gleichen
Nennweite wie die Umgehungsleitung auszu-
führen.

Bild 13 aus DIN 1986-100

dem Übergang einer Fallleitung in eine lie-


gende Leitung Umgehungsleitungen einge-
baut werden. Wenn die Umgehung <2 m ist,
gilt für die Ausführung Bild 10 der
DIN 1986-100, bei längeren Verziehungen
und bei dem Übergang in eine liegende Lei-
tung gilt Bild 13 der DIN 1986-100. In
diesen Fällen ist die Umlenkung mit einem
Zwischenstück von 250 mm (Bild 11 der
DIN 1986-100) auszuführen“.

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52

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2. Schmutzwasseranlagen 53
2.3 Sammelleitungen statt Grundleitungen

Allgemeines unterkellert ist und die Verlegung einer Sam-


In der deutschen Restnorm DIN 1986-100 melleitung unter den baulichen Gegeben-
„Entwässerungsanlagen für Gebäude und heiten technisch einwandfrei durchgeführt
Grundstücke“, Ausgabe Dezember 2016 werden kann.
werden im Abschnitt 6.1.1 folgende Anforde- Weitere Anwendungsfälle dieser Installations-
rungen bezüglich der Planung und Ausfüh- weise sind bei der Kanalsanierung möglich.
rung von Grundleitungen gestellt: Bei den privaten Grundleitungen geht man
Aus Gründen der Inspizierbarkeit und der ein- von einer Schadensquote von 40–80 % aus;
facheren Sanierungsmöglichkeit sollten Grund- ein riesiges Potential im Bereich der Inspektion
leitungen innerhalb von Gebäuden vermieden und Sanierung der defekten Kanäle. Neben
und stattdessen als Sammelleitungen verlegt den üblichen Sanierungsverfahren, wie zum
werden. Beispiel mittels Inliner, besteht oftmals bei
unterkellerten Gebäuden die Möglichkeit, die
Beim Neu- und Umbau von unterkellerten alten Grundleitungen aufzugeben und durch
Gebäuden sollte auf die Verlegung von unzu- Neuinstallation von Sammelleitungen zu erset-
gänglichen und schwer kontrollierbaren zen. Diese Art der Kanalsanierung bei privaten
Grundleitungen unter der Bodenplatte verzich- Grundleitungen wird mittlerweile von vielen
tet werden. Die Fallleitungen im Gebäude wer- städtischen Entwässerungsbetrieben empfohlen.
den dann unter der Kellerdecke abgefangen
und dort als Sammelleitung bis zur Keller- Entwässerungsnormen und
außenwand oder alternativ innerhalb eines Geltungsbereiche
Rohrkanals im Kellerfußboden geführt. Somit Die europäische Normenreihe DIN EN 12056
ist jederzeit eine Kontrolle und Reinigung der „Schwerkraftentwässerungsanlagen innerhalb
Leitungen möglich. von Gebäuden“ wurde im Januar 2001 veröf-
Berücksichtigt man noch den zusätzlichen fentlicht. Im Dezember 2016 folgte die
Aufwand für erstmalige und wiederkehrende deutsche Restnorm DIN 1986-100 „Entwässe-
Dichtheitsprüfungen von Grundleitungen, die rungsanlagen für Gebäude und Grundstücke:
dem vorbeugenden Boden- und Gewässer- Zusätzliche Bestimmungen zu DIN EN 752 und
schutz dienen sollen, ist es in jedem Fall DIN EN 12056“. Die DIN EN 12056 ist eine
sinnvoll auf Grundleitungen unterhalb der Grundsatznorm, in welcher sich alle europäi-
Bodenplatte zu verzichten, wenn das Gebäude schen Länder mit ihren Anforderungen wieder-

Geltungsbereiche der europäischen Normen und der deutschen Restnorm

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2. Schmutzwasseranlagen 54
2.3 Sammelleitungen statt Grundleitungen

finden sollen. Ergebnis ist eine Norm mit Mit Anbieten von spülmengenreduzierten Klo-
generellen Regelungen für die Planung und settanlagen durch die Keramikhersteller von
Ausführung. Fehlende detaillierte Angaben weniger als 6 Liter Spülvolumen ergibt sich die
sind in Deutschland in der Restnorm Notwendigkeit von kleineren WC-Leitungen als
DIN 1986-100 geregelt. DN 100 sowohl für die Anschluss-, Fall- als
Die Entwässerungsnormen DIN EN 12056 und auch für die nachfolgenden Sammelleitungen.
DIN 1986-100 gelten für Abwasseranlagen in- Nach Versuchen an der Fachhochschule Müns-
nerhalb von Gebäuden bis zur Gebäudeperi- ter ergeben sich zwei Nennweiten:
pherie. Die DIN 1986-100 ist zusätzlich bis zur • DN 80 mit 75 mm Innendurchmesser
Grundstücksgrenze gültig. • DN 90 mit 79 mm Innendurchmesser,
Regelungen für die Prüfung von Grundleitun- die für wassersparende Klosettanlagen geeig-
gen auf ihren ordnungsgemäßen Zustand, net sind. Diese beiden Nennweiten sind für die
ihre Funktion und Dichtheit sind bundesein- Entwässerung von 4 – 6 l Klosetts gemäß
heitlich in DIN 1986-30 „ Instandhaltung“, DIN 1986-100 erlaubt.
Ausgabe Februar 2012 enthalten.
Die Nennweite DN 80 bei gusseisernen Ab-
Verzicht auf Grundleitungen flussrohren hat bei einem Außendurchmesser
innerhalb des Gebäudes bei von nur 83 mm einen sehr geringen Platzbe-
Neu- und Umbauten darf. Einsparungen bei Material- und Lohnkos-
ten sind weitere Gründe, die für den Einsatz
Bei der Planung der Sammelleitung muss von Entwässerungsleitungen DN 80 sowohl
zunächst die Rohrführung unter Berücksichti- bei Neubaumaßnahmen als auch bei der Alt-
gung des möglichen Gefälles (hierbei unbe- bausanierungen sprechen.
dingt die freie begehbare Höhe, Türen und
Fenster o.a. Öffnungen beachten!) festgelegt Bei Sammelleitungen sind nach DIN 1986-100,
und entsprechend den Entwässerungsnormen Abschnitt 6.6 mindestens alle 20 m Reini-
DIN EN 12056 und DIN 1986-100 bemessen gungsöffnungen vorzusehen. In rückstauge-
werden. fährdeten Bereichen ist zum Beispiel der
Nach Abschnitt 14.1.5.2 der DIN 1986-100 Einbau von Rückstauverschlüssen oder das
sind Sammelleitungen innerhalb des Gebäudes Absichern von Rohrverbindungen gegen
für einen Füllungsgrad von h/di = 0,5 unter Druckbelastungen erforderlich.
Berücksichtigung eines Mindestgefälles von
J = 0,5 cm/m und einer Mindestfließgeschwin- Eventuell erforderliche Schall- und Brand-
digkeit von 0,5 m/s zu bemessen. schutzmaßnahmen müssen berücksichtigt
werden. Die Positionierung und Größe der
Durchbrüche oder Kernbohrungen ist gegebe-
nenfalls mit dem Statiker abzustimmen. Auf
eine ausreichende Befestigung der Sammel-
leitungen ist zu achten.

Werden Abwasserleitungen
durch Kelleraußenwände
geführt, sind entsprechende
Abdichtungsmaßnahmen
durchzuführen.

Verzicht auf Grundleitungen innerhalb von Gebäuden

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2. Schmutzwasseranlagen 55
2.3 Sammelleitungen statt Grundleitungen

Ersatz von defekten Grundleitun- nicht entstehen können. Hierzu dürfen nur
gen durch Sammelleitungen zugelassene Formstücke, Verbinder und Dicht-
mittel eingesetzt werden.
Ist das Entfernen der alten Grundleitungen
nicht möglich, sind die nicht mehr genutzten
Bezüglich der Planung, Bemessung und
Entwässerungsleitungen nach DIN 1986-100,
Ausführung der Sammelleitungen gelten die
Abschnitt 12 so zu sichern, dass Gefahren
gleichen Anforderungen wie bei Neu- und
durch unzumutbare Belästigungen (zum Bei-
Umbauten.
spiel Geruchsbelästigungen durch Kanalgase)

Ersatz von defekten


Grundleitungen durch
Sammelleitungen

Foto Sammelleitung: Werkbild SAINT-GOBAIN HES, Köln Foto Sammelleitung: Werkbild Düker, Karlstadt

Fazit
Keine erstmaligen und wiederkehrenden Dicht- Aufgrund der Tatsache, dass Grundleitungen
heitsprüfungen sowie die einfache Inspizier- sehr häufig von Bauunternehmen ausgeführt
barkeit und Sanierungsmöglichkeit sind werden, liegt hier ein beträchtliches Auftrags-
stichhaltige Argumente für die Verlegung potential für die SHK-Branche vor. Gleiches
von Sammelleitungen statt Grundleitungen gilt für die Sanierung von privaten Grund-
bei unterkellerten Gebäuden. leitungen.

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56

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2. Schmutzwasseranlagen 57
2.4 Einsatz von Belüftungsventilen in Entwässerungsanlagen

Durch die Einführung der europäischen Nor- • Einzelbelüftung von Entwässerungsge-


menreihe DIN EN 12056 „Schwerkraftentwäs- genständen mit Abflussstörungen bei
serungsanlagen innerhalb von Gebäuden“ und bestehenden Anlagen eingesetzt werden.
der deutschen Restnorm DIN 1986-100 „Ent-
wässerungsanlagen für Gebäude und Grund- Diese Einschränkungen sind notwendig, weil
stücke Teil 100: Bestimmungen in Verbindung Belüftungsventile für keine Entlüftung sorgen.
mit DIN EN 752 und DIN EN 12056“ ist der Eine ausreichende Be- und Entlüftung der
Einsatz von Belüftungsventilen in Deutschland Entwässerungsanlagen ist eine der grundsätz-
nicht mehr generell verboten. lichen Anforderungen in Deutschland, um er-
höhte Gasemissionen durch Faulgasbildung zu
Gemäß der Euronorm DIN EN 12056-2 sind vermeiden. Diese Maßnahmen dienen unter
Belüftungsventile ohne wesentliche Einschrän- anderem dem Schutz der in der öffentlichen
kungen zugelassen, wobei die Möglichkeit be- Kanalisation arbeitenden Personen und dem
steht den Einsatz national zu regeln. vorbeugenden Korrosionsschutz der öffentli-
Grundsätzlich gilt in Deutschland, dass jede chen Abwasseranlagen.
Schmutzwasser-Fallleitung als Lüftungsleitung
über Dach geführt werden muss. Nach der Belüftungsventile müssen der DIN EN 12380
nationalen Restnorm DIN 1986-100 (Ausgabe „Belüftungsventile für Entwässerungssysteme
Dezember 2016), Abschnitt 6.5.5 dürfen in – Anforderungen, Prüfverfahren und Konfor-
Deutschland Belüftungsventile in Entwässe- mitätsbewertung“ entsprechen.
rungsanlagen mit dem Hauptlüftungssystem
lediglich als: In rückstaugefährdeten Bereichen und für die
• Ersatz für Umlüftungsleitungen, Lüftung von Behältern, z.B. Hebeanlagen, dür-
• Ersatz für indirekte Nebenlüftungen, fen nach DIN 1986-100 keine Belüftungsven-
• Hauptlüftung bei Ein- und Zweifamilien- tile eingesetzt werden.
häusern oder entwässerungstechnisch
vergleichbaren Nutzungseinheiten, wenn Belüftungsventile dürfen nicht an unzugäng-
mindestens eine Fallleitung als Lüftungs- lichen Stellen eingebaut werden. Gemäß
leitung über Dach geführt wird (In diesem DIN 1986-3, Ausgabe November 2004 müssen
Fall ist die Fallleitung mit der größten Belüftungsventile mindestens einmal jährlich
Nennweite über Dach zu be- und entlüten), inspiziert und gewartet werden.

Einsatz von Belüftungsventilen im Ein- und Zweifamilienhaus

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2. Schmutzwasseranlagen 58
2.4 Einsatz von Belüftungsventilen in Entwässerungsanlagen

Funktion: Belüftungsventile öffnen bei Unterdruck im Leitungssystem und schließen nach erfolgter Belüftung;
bei Überdruck oder Druckausgleich bleibt das Ventil geschlossen

Die Technik Unterputz


Belüftungsventil mit Verbindergummi Wandeinbaukasten für die Unterputzmontage
Firma „Sanitärtechnik Eisenberg GmbH“

Bei Unterputzmontage ist dafür Sorge zu Fazit


tragen, dass ausreichende Lüftungsöffnungen Beim Einsatz von Belüftungsventilen müssen
vorhanden sind. Entsprechende Wandeinbau- in Deutschland die Einschränkungen der
kästen mit Abdeckplatte und Lüftungsöffnun- DIN 1986-100 berücksichtigt werden.
gen werden von den Herstellern angeboten. Ob eine Lüftungsleitung oder ein Belüftungs-
Für den Frostschutz sind Zubehörteile, z.B. ventil wirtschaftlicher ist muss im Einzelfall
Frostschutzhauben, lieferbar. geprüft werden.
Angaben zur Montage und Dimensionierung
von Belüftungsventilen können den Produkt-
unterlagen der Hersteller entnommen werden.

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2. Schmutzwasseranlagen 59
2.5 Eine dauerhaft funktionsfähige Gebäudeentwässerung
fordert fachgerechte Planung und Ausführung
Entwässerungsanlagen für Gebäude müssen erforderlich. Beim Abflussvorgang werden
entsprechend der DIN EN 12056 „Schwer- erhebliche Luftvolumina mitgerissen. Durch
kraftentwässerungsanlagen innerhalb von Messungen konnte nachgewiesen werden,
Gebäuden“, Ausgabe Januar 2001 sowie der dass der erforderliche Luftvolumenstrom das
deutschen Restnorm DIN 1986-100 „Entwäs- 10- bis 35- fache des Wasservolumenstroms
serungsanlagen für Gebäude und Grund- betragen kann.
stücke“, Ausgabe Dezember 2016 geplant und
ausgeführt werden. Entlüftung
Die in öffentlichen Abwasserkanälen entste-
Die wichtigsten Anforderungen bei der Pla- henden hochtoxischen Faulgase müssen sicher
nung und Ausführung von Gebäudeentwässe- aus dem Entwässerungssystem abgeführt
rungen sind die normgerechte Bemessung der werden. Dies erfolgt größtenteils über die Lüf-
Abwasserleitungen – unter Berücksichtigung tungsleitungen der Gebäude- und Grund-
des Mindestgefälles und der Mindestfließge- stücksentwässerungsanlagen. Somit dienen
schwindigkeit bei entsprechendem Füllungs- die Gebäude- und Grundstücksentwässerungs-
grad – sowie die einwandfreie Be- und anlagen der Entlüftung der öffentlichen Ab-
Entlüftung der Entwässerungsanlage. Nur wasserkanäle. Dies trägt zum vorbeugenden
unter diesen Bedingungen ist ein Selbstreini- Korrosionsschutz in öffentlichen Abwasser-
gungseffekt des Entwässerungssystems ge- netzen bei und schützt Service-Personal bei
währleistet, d.h. die Feststoffe werden bei Wartungsarbeiten im Kanalsystem. Zur
ausreichender Wasserhöhe im Rohr (Füllungs- Sicherstellung dieser Aspekte dürfen laut
grad) aufgeschwemmt und durch den Strö- DIN 1986-100, Abschnitt 6.5.1 die Be- und
mungsimpuls des fließenden Abwassers Entlüftung einer Schmutz- oder Mischwasser-
weitertransportiert. leitung zwischen dem öffentlichen Abwasser-
Bei unzureichender Selbstreinigungsfähigkeit kanal und der Lüftungsöffnung über Dach
muss erfahrungsgemäß mit Ablagerungen im nicht durch Einbauten – zum Beispiel Geruch-
Entwässerungssystem gerechnet werden. verschlüsse – unterbrochen werden.
Diese führen zu Abfluss- und Lüftungsbehin-
derungen und letztlich zu Funktionsstörungen
Lüftungssysteme
in der Entwässerungsanlage.
In den Entwässerungsnormen DIN EN 12056
Neben der normgerechten Planung und Aus- und DIN 1986-100 wird zwischen folgenden
führung der abwasserführenden Leitungen ist Lüftungssystemen unterschieden:
die ausreichende Be- und Entlüftung der
Gebäudeentwässerung von entscheidender Hauptlüftung
Bedeutung. Bei Schmutz- und Mischwassersys- Unter Hauptlüftung versteht man den Lei-
temen erfolgt die Be- und Entlüftung über tungsabschnitt, der vom obersten Anschluss
Lüftungsleitungen. Hierbei stellen die Lüf- an die Fallleitung bis über Dach verläuft. Dieser
tungsleitungen die Verbindung zwischen der Leitungsteil führt kein Abwasser und muss in
Abwasserleitung und der Atmosphäre her, um der gleichen Nennweite wie die Fallleitung
einen Druckausgleich und das Entweichen von ausgeführt werden.
Gasen zu ermöglichen.
Direkte Nebenlüftung
Belüftung Bei der direkten Nebenlüftung wird die Falllei-
tung durch eine parallel verlaufende Lüftungs-
Der beim Abfließen von Schmutzwasser ent- leitung von ihren Lüftungsaufgaben entlastet.
stehende Unterdruck muss durch nachströ- Die parallel verlaufende Lüftungsleitung ist in
mende Luft ausgeglichen werden, um das jedem Geschoss mit der Fallleitung verbunden.
Leersaugen der Geruchverschlüsse zu verhin- Dieses Lüftungssystem ist geeignet für Falllei-
dern. Dazu ist im Belastungsfall eine ungehin- tungen mit kurzen Einzel- bzw. Sammelan-
derte Luftführung innerhalb des Rohrsystems schlussleitungen.

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2. Schmutzwasseranlagen 60
2.5 Eine dauerhaft funktionsfähige Gebäudeentwässerung
fordert fachgerechte Planung und Ausführung
Indirekte Nebenlüftung Umlüftung
Eine indirekte Nebenlüftung ist im Ansatz be- Unter Umlüftung versteht man eine Lüftungs-
reits gegeben, wenn lange Anschlussleitungen leitung, die eine Einzel- bzw. Sammelanschluss-
vorhanden sind. Hierbei handelt es sich um leitung zusätzlich lüftet. Sie kann an die
eine zusätzliche Lüftung der Anschlussleitun- zugehörige oder eine andere Fallleitung ange-
gen durch eine Lüftungsleitung über Dach schlossen werden.
oder Rückführung an die Hauptlüftung.

Bild „Lüftungssysteme“

Ausführung von Lüftungsleitungen Lüftungsleitungen sind möglichst geradlinig


Die wichtigsten Anforderungen zur Ausfüh- und lotrecht zu führen. Verzüge von Lüftungs-
rung von Lüftungsleitungen sind im Abschnitt leitungen müssen mit ausreichendem Gefälle
6.5 der DIN 1986-100 zusammengefasst. verlegt werden. Umlenkungen sind mit 45°-
Grundsätzlich gilt in Deutschland, dass jede Bögen auszuführen. Längere Verzüge von
Fallleitung über Dach geführt werden muss. Lüftungsleitungen sollten vermieden werden.
In Anlagen ohne Fallleitungen muss für die Mündet eine Lüftungsleitung in der Nähe von
Be- und Entlüftung der Grund- bzw. Sammel- Aufenthaltsräumen, so ist sie mindestens 1 m
leitungen mindestens eine Lüftungsleitung über den Fenstersturz hoch zu führen oder so
DN 70 über Dach geführt werden. Innerhalb zu verlegen, dass sie mindestens 2 m seitlich
der so belüfteten Leitungen sind die Anforde- der Fensteröffnung liegt. Diese Maßnahme hat
rungen für Einzel- und Sammelanschlusslei- sich seit Jahrzehnten zur Verhinderung von
tungen einzuhalten. Diese Anforderung gilt Geruchsbelästigungen in der Praxis bestens
insbesondere bei größeren eingeschossigen bewährt.
Gebäuden, wie zum Beispiel Einkaufszentren
oder Montagehallen, bei denen keine
Schmutzwasser-Fallleitungen notwendig sind.
Aus funktionstechnischen Gründen müssen die
Grundleitungen mindestens einmal mittels
Lüftungsleitung über Dach be- und entlüftet
werden. Bild „Mindestabstände der Mündung von Lüftungsleitungen zu
Fenstern von Aufenthaltsräumen“

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2. Schmutzwasseranlagen 61
2.5 Eine dauerhaft funktionsfähige Gebäudeentwässerung
fordert fachgerechte Planung und Ausführung
„Endrohre von Lüftungsleitungen über Dach Abdeckungen und Hauben behindern die Be-
sind nach oben offen mindestens mit dem und Entlüftung von Entwässerungsanlagen in
Querschnitt der Lüftungsleitung auszuführen. sehr starkem Maße. Wie von zahlreichen
Abdeckungen dürfen nicht eingesetzt werden“. Praktikern in den letzten Jahren gefordert,
wurde diese klare Anweisung aus der alten
DIN 1986, Teil 1 wieder aufgenommen.

Bild „Endrohre von Lüftungsleitungen über Dach“

Info L ÜFTUNGSHAUBEN Wir empfehlen folgende Faustformel zur Be-


Lüftungsleitungen über Dach sind oftmals aus stimmung der maximalen Verzugslänge:
optischen Gründen mit glockenförmigen Hau- Max. Verzugslänge in Meter = Auftriebs-
ben versehen. Diese Hauben beeinträchtigen höhe in Meter x 1,2
die Be- und Entlüftung der Entwässerungsan-
lage in starkem Maße und führen häufig zu Hinweise: Die Auftriebshöhe entspricht dem
Funktionsstörungen. Außerdem kann es bei Höhenunterschied zwischen dem Grundlei-
Kanalspülungen zu Problemen kommen, da tungsanschluss und Oberkante Lüftungsend-
eine stoßartige Druckentlastung, bedingt rohr auf dem Dach. Gemäß DIN 1986-100,
durch die Hauben, nicht immer möglich ist. Abschnitt 6.5.1 sollten längere Verziehungen
Die Entlastung des Druckes erfolgt dann erfah- von Lüftungsleitungen vermieden werden.
rungsgemäß über die Geruchverschlüsse, bei Eine maximale Verzugslänge von 20 m sollte
denen das Sperrwasser nach oben herausge- u.E. nicht überschritten werden.
drückt wird.
Lüftungsleitungen sind nicht selbstreini-
In der DIN 1986-100 befinden sich keine Ein- gend!
schränkungen bezüglich der maximalen Ver- Lüftungsleitungen dürfen oberhalb der höchst-
zugslängen von Lüftungsleitungen. Durch gelegenen Anschlussleitung unter einem Winkel
besonders lange Verzugsleitungen wird die von 45° zusammengeführt werden. Das Zusam-
Be- und Entlüftung der Anlage beeinträchtigt, menführen von Lüftungsleitungen zu Sammel-
da die Reibungswiderstände für die Lüftungs- lüftungen wird in der Praxis häufig vorgenom-
gase zu groß werden und der Auftrieb durch men. Hierbei muss jedoch unbedingt darauf
den Gewichtsunterschied nicht mehr ausreicht geachtet werden, dass die Leitungsquerschnitte
(Prinzip der natürlichen Lüftung). der Sammellüftungen gemäß DIN 1986-100
bemessen sind.

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2. Schmutzwasseranlagen 62
2.5 Eine dauerhaft funktionsfähige Gebäudeentwässerung
fordert fachgerechte Planung und Ausführung
Bemessung von Lüftungsleitungen • Einzelbelüftung von Entwässerungsgegen-
Die Bemessung von Lüftungsleitungen muss ständen mit Abflussstörungen bei bestehen-
gemäß DIN 1986-100, Abschnitt 14.1.6 vorge- den Anlagen eingesetzt werden.
nommen werden.
Info „E INSCHRÄNKUNGEN BEIM E INSATZ
Belüftungsventile VON B ELÜFTUNGSVENTILEN IN
D EUTSCHLAND “
Gemäß der Euronorm DIN EN 12056-2 sind
Die Einschränkungen sind notwendig, weil
Belüftungsventile ohne wesentliche Einschrän-
Belüftungsventile für keine Entlüftung sorgen.
kungen zugelassen, wobei die Möglichkeit
Eine ausreichende Be- und Entlüftung der Ent-
besteht, den Einsatz national zu regeln.
wässerungsanlagen ist eine der grundsätz-
Grundsätzlich gilt in Deutschland, dass jede
lichen Anforderungen in Deutschland, um
Schmutzwasser-Fallleitung als Lüftungsleitung
erhöhte Gasemissionen durch Faulgasbildung
über Dach geführt werden muss. Nach
zu vermeiden. Diese Maßnahmen dienen unter
DIN 1986-100, Abschnitt 6.5.5 dürfen in
anderem dem Schutz des in der öffentlichen
Deutschland Belüftungsventile in Entwässe-
Kanalisation arbeitenden Service-Personals
rungsanlagen mit dem Hauptlüftungssystem
und dem vorbeugenden Korrosionsschutz der
nur als:
öffentlichen Abwasseranlagen.
• Ersatz für Umlüftungsleitungen,
• Ersatz für indirekte Nebenlüftungen, Belüftungsventile müssen der DIN EN 12380
• Hauptlüftung bei Ein- und Zweifamilien- „Belüftungsventile für Entwässerungssysteme
häusern oder entwässerungstechnisch – Anforderungen, Prüfverfahren und Konfor-
vergleichbaren Nutzungseinheiten, wenn mitätsbewertung“ entsprechen.
mindestens eine Fallleitung als Lüftungs- Aufgrund oben genannter Problematik
leitung über Dach geführt wird (In diesem sollten Entwässerungssysteme nach
Fall ist die Fallleitung mit der größten Nenn- Möglichkeit so geplant werden, dass auf
weite über Dach zu be- und entlüften), Belüftungsventile verzichtet werden kann.

Bilder „Belüftungsventile“ (Firma Sanitärtechnik Eisenberg GmbH) )

Lüftung von Abwasserhebeanlagen


Gemäß DIN 1986-100, Abschnitt 6.5.3 müssen angeschlossenen Entwässerungsgegenständen
Fäkalienhebeanlagen nach DIN EN 12050-1 kommt. Beim Entleeren des Sammelbehälters
über Dach be- und entlüftet werden. Beim (Pumpvorgang) ist eine ausreichende Belüf-
Zulaufvorgang in den Sammelbehälter ist eine tung erforderlich.
ausreichende Entlüftung erforderlich. Ansons- Schmutzwasserhebeanlagen nach
ten besteht die Gefahr, dass es durch einen DIN EN 12050-2 müssen über Dach be- und
nicht ungehinderten Zulauf in den Sammelbe- entlüftet werden, sofern sie geruchsdicht ver-
hälter zu Störungen im Ablaufverhalten von schlossen werden.

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2. Schmutzwasseranlagen 63
2.5 Eine dauerhaft funktionsfähige Gebäudeentwässerung
fordert fachgerechte Planung und Ausführung
Hebeanlagen zur begrenzten Verwendung bei Anlagen mit ungünstiger Lüftungssituation
nach DIN EN 12050-3 sind zu lüften. Hierbei entstehen können. Eine weitere Möglichkeit ist
sind unbedingt die Herstellerangaben zu be- der vermehrte Eintrag von Faulgasen durch
achten. den öffentlichen Schmutz- bzw. Mischwasser-
Lüftungsleitungen von Hebeanlagen dürfen kanal. Ein Hauptgrund für das gesteigerte
sowohl an Hauptlüftungs- sowie an Sekundär- Faulgasaufkommen in öffentlichen Kanälen ist
lüftungsleitungen angeschlossen werden, das „Wassersparen“, wodurch keine ausrei-
nicht jedoch an Fallleitungen. chenden Fließgeschwindigkeiten entstehen
Hinweis: Nach DIN EN 12056-4, Abschnitt und sich die Verweilzeit des Abwassers im
5.3 darf die Lüftung von Hebeanlagen nicht Kanalsystem immens erhöht. In manchen
mit der zulaufseitigen Lüftungsleitung eines Städten ist das Abwasser vom Verbraucher bis
Fettabscheiders verbunden werden. zur Kläranlage mehr als 24 Stunden unterwegs
(bereits nach 4 Stunden beginnen die Fau-
Biogene Schwefelsäurekorrosion lungsprozesse im Abwasser).
(BSK) Der Korrosionsvorgang bei biogener Schwefel-
säurekorrosion (BSK) läuft folgendermaßen ab:
Biogene Schwefelsäurekorrosion (BSK) ist ein
Zunächst kondensieren in der Kanalatmo-
chemischer Angriff auf Oberflächen verschie-
sphäre die schwefelhaltigen Faulgase an den
dener Werkstoffe wie Beton, Eisen und Poly-
Rohrinnenflächen. Im weiteren Verlauf wird
mere durch Schwefelsäure bildende
das schwefelhaltige Kondensat unter Mitwir-
Thiobacillen. Dieser Korrosionstyp tritt vor
kung von Thiobazillen zu Schwefelsäure um-
allem in Entwässerungssystemen auf.
gewandelt. Die so entstandenen Säuren – mit
BSK entsteht durch Faulgase, wie sie zum
pH-Werten bis zu 1,0 (extrem sauer) – führen
Beispiel bei Mehrkammer-Faulgruben, Fettab-
letztlich zu Schäden an der Gebäudeentwässe-
scheidern, bei Rohrleitungen mit Ablagerun-
rung.
gen, bedingt durch zu geringes Gefälle, oder

Bild „Schema zur Entstehung von biogener Schwefelsäurekorrosion im Abwasserkanalsystem, nach: Bock, E.;
Sand, W.; Pohl, A.“ © Fraunhofer UMSICHT

Korrosion durch biogene Schwefelsäure wird DWA-Regelwerkes, Ausgabe Juni 2010 heißt
neben anderen Korrosionsvorgängen im Merk- es: „Aufgrund fehlender Kenntnisse um Korro-
blatt M 168 der DWA (Deutsche Vereinigung sionsvorgänge und Materialverhalten werden
für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall Abwasserleitungen und -kanäle, Druckleitun-
e.V.) näher beschrieben. Im Vorwort dieses gen und Pumpensümpfe häufig noch fehler-

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2. Schmutzwasseranlagen 64
2.5 Eine dauerhaft funktionsfähige Gebäudeentwässerung
fordert fachgerechte Planung und Ausführung
haft konzipiert. Die Berücksichtigung einer sätze zu verhindern, ein Gefälle von mindes-
möglichen Korrosion fällt besonders wegen tens 2 % besitzen. Ist dies aus baulichen und
der Vielfalt der im Entwässerungsbereich ver- betrieblichen Gründen nicht möglich, und/
wendeten Materialien und der komplexen Vor- oder sind längere Leitungen erforderlich, so
gänge der verschiedenen Korrosionsprozesse sind geeignete Maßnahmen (zum Beispiel
nicht leicht“. Dämmung oder Begleitheizung) zu ergreifen,
Hinweis: Zur Vermeidung einer Anreicherung um Fettansatz und Ablagerungen zu verhin-
von Faulgasen in Gebäudeentwässerungen dern.“
müssen bei der Planung, Bemessung und Aus- Zur Lüftung heißt es im Abschnitt 7.4: “Zulauf-
führung sowie im weiteren Betrieb unbedingt und Ablaufleitungen an Abscheideranlagen für
die Anforderungen der geltenden Entwässe- Fette sind ausreichend zu lüften. Zu diesem
rungsnormen eingehalten werden. Zweck ist die Zulaufleitung als Lüftungsteilung
bis über das Dach zu führen und alle An-
Ableitung fetthaltiger Abwässer schlussleitungen von mehr als 5 m Länge sind
Bei der Ableitung fetthaltiger Abwässer sind gesondert zu entlüften.
die Bestimmungen der DIN EN 1825 „Abschei- Hat die Zulaufleitung oberhalb der Abscheider-
deranlagen für Fette“, Ausgabe Mai 2002 zu anlage für Fette auf einer Länge von über 10 m
beachten. Bezüglich der Zulaufleitungen wird keine gesondert entlüftete Anschlussleitung,
im Teil 2 der DIN EN 1825, Abschnitt 7.3 fol- so ist die Zulaufleitung so nah wie möglich an
gendes vorgeschrieben: “Die Zulaufleitungen der Abscheideranlage mit einer zusätzlichen
der Abscheideranlagen müssen, um Fettan- Lüftungsleitung zu versehen.“

Die Anforderungen an „Betrieb, Wartung


und Instandhaltung“ sind im Abschnitt 8
der DIN EN 1825-2 beschrieben.
Bei fetthaltigen Abwässern zum Fettab-
scheider handelt es sich nach DIN 1986,
Teil 3 um „Abwasser gewerblicher Her-
kunft bzw. anderes Abwasser“. Gemäß
DIN 1986, Teil 4, Abschnitt 4 muss bei
der Ableitung von gewerblichem bzw.
anderem Abwasser im Einzelfall nachge-
wiesen werden, dass die Abwasserrohre
und Formstücke anwendbar sind. Dies
gilt gleichermaßen auch für die zugehöri-
gen Lüftungsleitungen.
Im Kommentar zur DIN 1986, Teil 4 heißt
es dazu: “Für die Ableitung von unbe-
handeltem gewerblichen Abwasser ist die
Verwendbarkeit der Rohrwerkstoffe und
Dichtungen anhand der vom Hersteller
zur Verfügung gestellten Beständigkeits-
listen zu prüfen. In Zweifelsfällen ist beim
Hersteller eine Stellungnahme bzw. die
Freigabe zur geplanten Verwendung zu
erfragen“.
Hinweis: Seit mehr als 30 Jahren emp-
fehlen die führenden Gussrohr-Hersteller
für Entwässerungsleitungen zur Ablei-
tung von fetthaltigen Abwässern zum
Schema-Skizzen zur Lüftung der Zuleitungen von Fettabscheidern
gemäß DIN EN 1825

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2. Schmutzwasseranlagen 65
2.5 Eine dauerhaft funktionsfähige Gebäudeentwässerung
fordert fachgerechte Planung und Ausführung
Fettabscheider sowie der zugehörigen Lüftungs- System der Firma Düker GmbH bzw. das
leitungen gusseiserne Abflussrohrsysteme mit PAM-GLOBAL Plus® (KML)-System der Firma
Sonderbeschichtungen, wie das MLK-protec- SAINT-GOBAIN HES GmbH.

Gusseiserne Abflussrohrsysteme im Einsatz; oben: KML-Rohr für fetthaltige Abwässer;


unten: PAM-GLOBAL® S (SML-)Rohr für häusliche Abwässer (Bild SAINT-GOBAIN HES)

Beschichtung PAM-GLOBAL® Plus (KML-)Rohr (Bild SAINT-GOBAIN HES)

Inspektion und Wartung


Zur Gewährleistung einer dauerhaft einwand-
freien Funktion von Entwässerungsanlagen
müssen regelmäßige Inspektionen und War-
tungen gemäß DIN 1986-3 durchgeführt wer-
den. Die DIN 1986-3 „Regeln für Betrieb und
Wartung“, Ausgabe November 2004 richtet
sich nicht nur an Sanitärfachleute, sondern
insbesondere an Eigentümer und Nutzungs-
berechtigte, die Entwässerungsanlage bestim-
mungsgemäß zu betreiben und zu warten.

MLK-protec-Formstücke mit Sonderbeschichtung (Bild Düker)

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2. Schmutzwasseranlagen 66
2.5 Eine dauerhaft funktionsfähige Gebäudeentwässerung
fordert fachgerechte Planung und Ausführung
Fazit Quellenverzeichnis
Die in öffentlichen Abwasserkanälen entste- DIN 1986-100 „Entwässerungsanlagen für
henden hochtoxischen Faulgase müssen sicher Gebäude und Grundstücke: Bestimmungen
aus dem Entwässerungssystem abgeführt in Verbindung mit DIN EN 752 und DIN EN
werden. Dies erfolgt größtenteils über die 12056“, Dezember 2016
Lüftungsleitungen der Gebäude- und Grund-
stücksentwässerungsanlagen. Somit dienen DIN 1986-3 „Entwässerungsanlagen für
die Gebäude- und Grundstücksentwässerungs- Gebäude und Grundstücke: Regeln für Betrieb
anlagen der Entlüftung der öffentlichen Ab- und Wartung“, Ausgabe November 2004
wasserkanäle. Dies trägt zum vorbeugenden
Korrosionsschutz in öffentlichen Abwasser- DIN 1986-4 „Entwässerungsanlagen für
netzen bei und schützt Service-Personal bei Gebäude und Grundstücke: Verwendungsbe-
Wartungsarbeiten im Kanalsystem. reiche von Abwasserrohren und -formstücken
verschiedener Werkstoffe“, Ausgabe August
Dauerhaft funktionsfähige Gebäude- und 2019
Grundstücksentwässerungsanlagen müssen
gemäß den Entwässerungsnormen geplant, Kommentar zur „DIN 1986-100 und
ausgeführt und betrieben werden. Von ent- DIN EN 12056-4“
scheidender Bedeutung ist hierbei auch die
richtige Materialwahl der verwendeten Rohre, DIN EN 1825-2 „Abscheideranlagen für Fette:
Formstücke und Verbindungen. Wahl der Nenngröße, Einbau, Betrieb und
Im Bereich der Gebäudeentwässerung haben Wartung“, Ausgabe Mai 2002
sich gusseiserne Abflussrohrsysteme bereits
seit mehr als einhundert Jahren bestens be- Merkblatt DWA - M 168 „Korrosion von
währt. Muffenlose gusseiserne Abflussrohr- Abwasseranlagen“, Ausgabe Juni 2010
systeme, wie das ML-System sind bereits seit
Ende der 1960er Jahre erfolgreich im Einsatz; Produktblatt „Biogene Schwefelsäurekorrosion
das SML-System seit Mitte der 1970er Jahre. BSK-Materialprüfung“, Fraunhofer-Institut für
Bei der Ableitung von aggressiven Abwässern Umwelt-, Sicherheit- und Energietechnik
– wie zum Beispiel aus Gewerbe- und Indus- UMSICHT, Oberhausen
triebetrieben bzw. Labors – haben sich seit
Jahrzehnten gusseiserne Abflussrohrsysteme
mit Sonderbeschichtungen, wie das MLK-
protec-System der Firma Düker GmbH bzw.
das PAM-GLOBAL Plus® (KML)-System der
Firma SAINT-GOBAIN HES GmbH bewährt.
Gusseiserne Abflussrohre sind robust, form-
stabil und verfügen über ein hervorragendes
Ausdehnungsverhalten. Sie sind nichtbrennbar
und bieten einen optimalen Schallschutz.

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3. Regenentwässerungsanlagen 67
3.1 Regenwasserfallleitungen in Hochhäusern

Allgemeines Eine häufige Problemstellung bei Hochhäusern


Hochhäuser sind nach dem deutschen Bau- ist die sichere Regenwasserableitung von
recht Gebäude, bei denen der Fußboden Dachflächen mit stark unterschiedlichem
mindestens eines Aufenthaltsraumes mehr als Höhenniveau.
22 Meter über der festgelegten Geländeober-
fläche liegt. Die besonderen Anforderungen an
Hochhäuser sind in den Hochhaus-Richtlinien Regenwasserfallleitungen
(HHR) der einzelnen Bundesländer geregelt. im Freispiegelsystem
Fallgeschwindigkeit des Abwassers
Entwässerungsanlagen von Hochhäusern in der Fallleitung
müssen gemäß der Euronorm DIN EN 12056 Durch den Widerstand der Luftsäule im Rohr
„Schwerkraftentwässerungsanlagen innerhalb und der Reibung an den Rohrwandungen
von Gebäuden“, Ausgabe Januar 2001 sowie erfolgt eine entsprechende Bremsung. Mes-
der deutschen Restnorm DIN 1986-100 „Ent- sungen haben ergeben, dass sich die Fallbe-
wässerungsanlagen für Gebäude und Grund- schleunigung und die Bremswirkung durch
stücke“, Ausgabe Dezember 2016 geplant und die Luftsäule sowie die Rohrreibung nach ca.
ausgeführt werden. 15 Meter aufheben, und die Geschwindigkeit
Regenentwässerungsanlagen werden gemäß in der Größenordnung von ca. 10 Meter pro
DIN 1986-100 aus wirtschaftlichen Gründen Sekunde nimmt nicht mehr wesentlich zu.
und zur Sicherstellung der Selbstreinigungs-
fähigkeit für ein mittleres Regenereignis be- Fallbremsen in Fallleitungen von Hochhäusern
messen. Die Berechnungsregenspende muss in Form von zusätzlichen Leitungsverzügen
auf Basis statistischer Erhebungen ermittelt sind somit vollkommen überflüssig.
werden. Für Dachflächen ist dies der Fünfjah-
res-Fünfminutenregen (r5,5) am Gebäude- Füllungsgrad
standort. Der Füllungsgrad bezeichnet bei liegenden Ab-
Das Regenentwässerungs- und Notüberlauf- wasserleitungen das Verhältnis der Wassertiefe
system muss nach DIN 1986-100 gemeinsam zum Innendurchmesser. Nach DIN 1986-100,
mindestens das am Gebäudestandort über Abschnitt 14.2.7.3 sind Sammel- und Grund-
5 Minuten zu erwartende Jahrhundertregener- leitungen innerhalb des Gebäudes für einen
eignis (r5,100) entwässern können. Füllungsgrad von 0,7 unter Berücksichtigung
eines Mindestgefälles von J = 0,5 cm/m zu
Zum Sicherheitskonzept von Regenentwässe- bemessen.
rungsanlagen gehören entsprechend
Theoretische und reale Fallgeschwindigkeit in Fallleitungen
DIN 1986-100 ggf. noch Überflutungs- und aus DIN-Kommentar
Überlastungsnachweise
sowie Maßnahmen zur
Regenrückhaltung auf
dem Grundstück.
Die bei Strömungsumlen-
kungen auftretenden
Kräfte können insbeson-
dere bei Regenfallleitun-
gen mit großer
Fallleitungslänge sehr er-
heblich sein und müssen
bei der Planung und Aus-
führung berücksichtigt
werden.

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3. Regenentwässerungsanlagen 68
3.1 Regenwasserfallleitungen in Hochhäusern

Bei Fallleitungen bezeichnet der Füllungsgrad Zusätzliche Lüftungsleitungen sind bei Regen-
das Verhältnis des Querschnitts des Rohres, wasserleitungen nicht erforderlich.
der mit Wasser gefüllt ist, zum Gesamtquer-
schnitt. Nach DIN 1986-100, Abschnitt Bemessung von teilgefüllten
14.2.7.2 können Fallleitungen bis zu einem Regenwasserfallleitungen
Füllungsgrad von f = 0,33 bemessen werden. Regenwasserfallleitungen im Freispiegelsystem
werden gemäß Bild 27 der DIN 1986-100, Ab-
Durch die vorgeschriebenen maximalen schnitt 14.2.7.2 bemessen.
Füllungsgrade ist eine kontinuierliche Be-
und Entlüftung gegeben, die bei Regenwasser- Nach DIN 1986-100, Abschnitt 14.2.7.2 darf
leitungen im Freispiegelsystem in erster Linie die Regenwasserfallleitung keine geringere
zum Druckausgleich und somit zur bestim- Nennweite aufweisen als die Anschlussnenn-
mungsgemäßen Funktion beiträgt. weite des dazugehörigen Dachablaufs, respek-
tive der Sammelanschlussleitung an die
Fallleitung.

Füllungsgrad bei liegenden Leitungen

Bild 27 aus DIN 1986-100

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3. Regenentwässerungsanlagen 69
3.1 Regenwasserfallleitungen in Hochhäusern

Die angegebenen Werte beruhen auf der


Wyly-Eaton-Gleichung:
QRWP = 2,5 • 10-4 • kb-0,167 • di 2,667 • f 1,667
dabei ist:
QRWP = das Abflussvermögen der Regen- Somit besteht auch die Möglichkeit, das Ab-
wasserfallleitung in Liter pro Sekunde flussvermögen bezogen auf den tatsächlichen
(l/s) Innendurchmesser des jeweiligen Rohrwerk-
kb = die Rohrrauhigkeit in Millimeter stoffes zu berechnen.
(angenommen mit 0,25 mm)
di = der Innendurchmesser der Regen-
wasserfallleitung in Millimeter (mm)
f = der Füllungsgrad, definiert als das
Verhältnis des Querschnitts
des Rohres, der mit Wasser
gefüllt ist, zum Gesamt-
querschnitt (dimensionslos)

Bemessung teilgefüllter Regenwasserfall-


leitungen aus gusseisernen Abflussrohren

Wenn eine Regenwasserfallleitung einen Ver-


zug aufweist, mit einem Gefälle von α > 10°
zur Waagerechten, kann der Verzug gemäß
DIN 1986-100, Abschnitt 14.2.7.2 vernach-
lässigt werden. Bei einem Verzug α < 10°
erfolgt die Dimensionierung wie bei Sammel-
oder Grundleitungen.

Dachflächen mit stark unterschiedlichem Einfluss des Verzugs in einer Regenwasserfallleitung


Höhenniveau
Bei Dachflächen mit stark unterschiedlichem ereignis oder anderen Betriebszuständen das
Höhenniveau, die an eine gemeinsame Fall- Regenwasser von höher gelegenen Dachflä-
leitung angeschlossen sind, besteht grundsätz- chen auf tiefer angeordneten Dachflächen zur
lich die Gefahr, dass bei einem Starkregen- Überflutung führen kann.

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3. Regenentwässerungsanlagen 70
3.1 Regenwasserfallleitungen in Hochhäusern

Aus Sicherheitsgründen ist es empfehlenswert, Diese Gleichungen berücksichtigen nicht die


Dachflächen mit stark unterschiedlichem Besonderheiten der Fallleitungsströmung. Sie
Höhenniveau über separate Fallleitungen zu sind aber geeignet, eine erste Vorstellung über
entwässern. die Größenordnung der möglichen Kräfte zu
gewinnen.

F 1 = F 2 = ρ • A x • v x2 + p x • A x

dabei ist:

ρ = Dichte des Wassers

Ax = Rohrquerschnitt der Kontrollfläche

vx = Geschwindigkeit der Strömung in der


Kontrollfläche

px = statischer Innendruck in der


Kontrollfläche

Dachflächen mit stark unterschiedlichem Höhenniveau

Reaktionskräfte bei Umlenkungen Wirksame Kräfte einer 90°-Umlenkung (Fallleitung in


Die bei Strömungsumlenkungen im Überlas- liegende Leitung) bei Überdruck (Freispiegelentwässerung)
tungsfall auftretenden Kräfte können sehr
erheblich sein. Schäden im Bereich von nicht
längskraftschlüssigen Verbindungen, insbeson- Die resultierende Kraft ergibt sich wie folgt:
dere bei Regenfallleitungen mit großer Falllei-
tungslänge, sind die Folge. 2 2
Fres = √ Fp + Fy
Eine erste Größenordnung über die auftreten-
den Kräfte kann an Hand von Strömungsim-
pulsbetrachtungen gewonnen werden. Bei dabei ist :
einer 90° Umlenkung sind die Kräfte F1 und F2 Fres = resultierende Kraft aus Fp und Fy
bei gleichbleibendem Strömungsquerschnitt (mit dieser Kraft werden die
identisch. Rohrverbindungen beansprucht)

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3. Regenentwässerungsanlagen 71
3.1 Regenwasserfallleitungen in Hochhäusern

Berechnungsbeispiele für DN 100 und Neben den Hinweisen in der DIN EN 12056-3
DN 200 bei px = 0,5 bar und vx = 5,0 m/s. gilt für die Planung, Berechnung und Ausfüh-
rung von Regenentwässerungsanlagen mit
planmäßiger Vollfüllung in Deutschland die
Fres. DN 100 = 832,7 N = 84,9 kg DIN 1986-100, Ausgabe Dezember 2016.

Fres. DN 200 = 3330,5 N = 339,5 kg Bei Dachentwässerungen mit Druckströmung


handelt es sich wie bei Freispiegelentwässerun-
gen um Entwässerungsanlagen nach dem
Erkenntnis: Die wirksamen Kräfte steigen Schwerkraftprinzip. Der gravierende Unter-
bei konstantem Innendruck und gleicher schied gegenüber den Freispiegelentwässe-
Geschwindigkeit mit dem Rohrdurchmesser rungsanlagen besteht darin, dass bei
überproportional an. Dachentwässerungen mit Druckströmung
wesentlich mehr Druckhöhe (∆h) zur Überwin-
dung der Strömungsverluste durch Rohrrei-
Regenwasserfallleitungen bung und Einzelwiderstände zur Verfügung
bei Druckströmung steht. Bei Freispiegelentwässerungen resultiert
die Druckhöhe (∆h) lediglich aus dem Rohrsoh-
Systembeschreibung
lengefälle. Die wesentlich größere Druckhöhe
Bei der Dachentwässerung mit Druckströmung (∆h) bei Dachentwässerungen mit Druckströ-
werden im Gegensatz zur Freispiegelentwässe- mung ergibt sich aus der Höhendifferenz zwi-
rung die Leitungen ab der Bemessungsregen- schen der Wasserlinie über dem Dachablauf
spende planmäßig vollgefüllt betrieben. und dem Übergang auf die weiterführende
Dachentwässerungssysteme mit Druckströ- Freispiegelentwässerungsanlage.
mung werden in Skandinavien bereits seit
mehr als 30 Jahren eingebaut. In Deutschland
wird diese Technik seit mehr als 25 Jahren in
größerem Umfang eingesetzt.

Druckhöhe bei Freispiegel- und Druckströmungsanlagen

Vorteile der Dachentwässerung mit Druckströmung

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3. Regenentwässerungsanlagen 72
3.1 Regenwasserfallleitungen in Hochhäusern

Stromfaden = Fließweg

Berechnungsgrundlagen stoffes nach den jeweiligen Herstellerangaben


Ziel der Rohrnetzberechnung ist es, beim Be- nicht überschritten werden.
rechnungsregen möglichst die Vollfüllung der Der Innendruck an jedem beliebigen Punkt der
Anlage und eine gute Wassermengenvertei- Anlage kann nach folgender Formel bestimmt
lung in den einzelnen Teilstrecken durch hy- werden:
draulischen Abgleich zu erreichen. Hierzu wird px =∆hx • ρ • g – vx2 • ρ • 0,5 - Σ (R • l + Z)...x
für die einzelnen Fließwege (Stromfäden) die
Bernoulli-Gleichung (stationäre Strömung bei hierin bedeuten:
inkompressiblem Fluid) angewendet. px = Innendruck an der Stelle x
∆hx = Höhenunterschied zwischen
Folgende Gleichungen gelten für jeden einzel- Dachablauf und der Stelle x
nen Fließweg (Stromfaden):
ρ = Dichte des Wasser 1000 kg/m3
bei +10 C
∆pverf =∆hverf • ρ • g
g = Erdbeschleunigung 9,81 m/s2
∆pverf > Σ (R • l + Z) vx = Wassergeschwindigkeit an der
Stelle x
hierin bedeuten: R = Druckverlust durch Rohrreibung
∆hverf = Höhendifferenz zwischen pro Meter Rohr
Dachablauf und Übergang auf l = Länge der Teilstrecke
Teilfüllung
Z = Druckverlust durch Einzelwider-
ρ = Dichte des Wasser 1000 kg/m3 stände in der Teilstrecke
bei +10 C
g = Erdbeschleunigung 9,81 m/s2
∆pverf = verfügbarer Druck für den Fließweg
(Stromfaden)
R = Druckverlust durch Rohrreibung
pro Meter Rohr
l = Länge der Teilstrecke
Z = Druckverlust durch Einzelwider-
stände in der Teilstrecke

Zusätzlich zur Rohrdimensionierung muss eine


rechnerische Kontrolle des Innendrucks durch-
geführt werden. Hierdurch wird sichergestellt,
das die Anlage ohne Kavitation (Gasblasen- Ermittlung des Innendrucks (kritischer Druck bei Umlenkung in
bildung durch zu hohen Unterdruck = Fallleitung)
Strömungsabriss) betrieben werden kann und
die maximalen Betriebsdrücke des Rohrwerk-

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3. Regenentwässerungsanlagen 73
3.1 Regenwasserfallleitungen in Hochhäusern

Eingeschränkte Fallleitungshöhe Verbindungs- und Befestigungstechnik


Bei sehr hohen Gebäuden steht eine entspre- Nach DIN 1986-100, Abschnitt 6.4 muss die
chend große Druckhöhe zur Verfügung, wobei gewählte Verbindungstechnik entsprechend
sich sehr kleine Rohrdurchmesser und somit den Erfordernissen des Systems dauerhaft
extrem hohe Geschwindigkeiten und Druckver- wasser- und luftdicht sein. Die Befestigungen
luste ergeben können. Bedingt durch die müssen die auftretenden statischen und dyna-
hohen Druckverluste lässt sich bei der Rohr- mischen Beanspruchungen sicher aufnehmen
netzberechnung mitunter eine Überschreitung und in das Bauwerk ableiten können.
der zulässigen Unterdrücke (Kavitation) in der
Fallleitung nicht vermeiden. Zusätzlich erhöht Durch die rechnerische Kontrolle des Innen-
sich der Schallpegel mit steigender Geschwin- drucks nach jeder Teilstrecke sind die Unter-
digkeit. und Überdruckbereiche der Anlage bekannt.
Die vorgesehenen Systemkomponenten sind
In solchen Fällen besteht die Möglichkeit, den streng nach den Montage- und Befestigungs-
Übergang auf Teilfüllung bereits im Verlauf der richtlinien der Hersteller in den jeweiligen Un-
Fallleitung vorzunehmen und somit den zur terdruck- respektive Überdruckbereichen
Verfügung stehenden Druck an die jeweiligen einzusetzen.
Verhältnisse anzupassen. Durch diese Vorge-
hensweise können dann die Vorteile der Dach- Notentwässerungssysteme
entwässerung mit Druckströmung im oberen Gemäß DIN 1986-100 sind bei Dachkonstruk-
Bereich des Gebäudes ausgenutzt werden. tionen mit innenliegenden Rinnenentwässe-
rungen und Flachdächern in Leichtbauweise
Eingeschränkte
Fallleitungshöhe (z.B. Trapezblechdächer) Notüberlaufe immer
vorzusehen.
Bei allen anderen Dachkonstruktionen ist unter
Berücksichtigung der zu erwartenden Regen-
ereignisse am Gebäudestandort, des Dachauf-
baus, der Dachgeometrie, der Dachabdich-
tung, der Statik des Daches und der Ablauf-
charakteristik des Entwässerungssystems im
Einzelfall zu überprüfen, ob Notüberläufe er-
forderlich sind.
Sind bei innenliegender Dachentwässerung
Notüberläufe erforderlich, muss von jedem
Dachablauf aus ein freier Abfluss auf der
Dachabdichtung zu einem Notüberlauf mit
ausreichendem Abflussvermögen vorhanden
sein. Lässt die Dachgeometrie einen freien
Dachflächen mit stark unterschiedlichem Notüberlauf über die Fassade nicht zu, muss
Höhenniveau zur Sicherstellung der Notüberlauffunktion ein
Gemäß DIN 1986-100 sollen Dachflächen mit zusätzliches Leitungssystem mit freiem Auslauf
stark unterschiedlichem Höhenniveau (>1 m) auf das Grundstück diese Aufgabe überneh-
nicht über eine Fallleitung entwässert werden. men.

Aus Sicherheitsgründen sind Dachflächen mit Wenn Notentwässerungssysteme erforderlich


stark unterschiedlichem Höhenniveau in jedem sind, muss bei Notüberläufen (z.B. Öffnungen
Fall über separate Fallleitungen zu entwässern. in der Attika) sichergestellt sein, dass bei

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3. Regenentwässerungsanlagen 74
3.1 Regenwasserfallleitungen in Hochhäusern

einem Zulauf des Notüberlaufwassers über die Ist der Einbau von Notüberläufen (z.B. Öffnun-
Dachabdichtung die zulässige statische Last, gen in der Attika) nicht möglich, müssen zur
bedingt durch das jeweilige Dachgefälle, nicht Sicherstellung der Notentwässerung zusätzlich
überschritten wird. Des weiteren ist bei höhe- Notablaufsysteme, bestehend aus Notabläufen
ren Gebäuden zu prüfen, ob ein schadfreier mit Leitungssystemen, eingesetzt werden. Not-
Auslauf über die Fassade möglich ist. ablaufsysteme können im Freispiegel- oder im
Druckströmungssystem betrieben werden.

Notüberlauf bzw. Notablauf

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3. Regenentwässerungsanlagen 75
3.2 Regenentwässerungsanlagen bei Dachbegrünungen

Foto: Lutz + Riepert GmbH;


Gartengestaltung;
Sondelfinger Straße 93;
72760 Reutlingen

Allgemeines Bemessung“, Ausgabe Januar 2001 und


Dachbegrünungen haben in den letzten Jahr- DIN 1986-100 „Entwässerungsanlagen für Ge-
zehnten aufgrund der ökologischen, funktio- bäude und Grundstücke“, Ausgabe Dezember
nalen und gestalterischen Vorzüge erheblich 2016 geplant und ausgeführt werden.
an Bedeutung gewonnen.
Begrünungsarten
Die exakte Planung und Ausführung der Re- und Vegetationsformen
genentwässerungsanlagen von begrünten
Bei Dachbegrünungen unterscheidet man
Dachflächen stellen höchste Anforderungen an
grundsätzlich nach Intensivbegrünungen,
die beteiligten Fachleute. Eine genaue Koordi-
einfachen Intensivbegrünungen und Extensiv-
nation zwischen Architekt, Statiker, Dachbe-
begrünungen.
grünungsfachmann sowie Sanitärplaner und
Fachinstallateur ist die wichtigste Vorrauset-
Intensivbegrünungen sind nur durch eine
zung für einwandfrei funktionierende und si-
intensive Pflege mit regelmäßiger Wasser- und
cherere Regenentwässerungsanlagen bei
Nährstoffversorgung dauerhaft zu erhalten.
Dachbegrünungen.
Die verwendeten Pflanzen stellen sehr hohe
Ansprüche an den Schichtaufbau der Dachbe-
Regelwerke und Geltungsbereiche
grünung.
Bei der Planung, Ausführung und Pflege von Intensivbegrünungen können zum Beispiel aus
Dachbegrünungen müssen die Anforderungen Stauden, Gräsern, Gehölzen, im Einzelfall auch
der aktuellen „Dachbegrünungsrichtlinien“, aus Bäumen sowie Rasenflächen bestehen.
Ausgabe 2018 umgesetzt werden. Die Dach-
begrünungsrichtlinien gelten für Intensivbe- Einfache Intensivbegrünungen sind in der
grünungen, einfache Intensivbegrünungen Regel mit Gräsern, Stauden und Gehölzen aus-
und Extensivbegrünungen auf Dächern und gebildet. Die verwendeten Pflanzen stellen ge-
Decken, zum Beispiel Hallendächern, Dachter- ringere Ansprüche an den Schichtaufbau. Der
rassen, Tiefgaragen und anderen Bauwerksde- Herstellungsaufwand und die Pflegemaßnah-
cken mit einer Überdeckungshöhe bis 2 Meter. men sind grundsätzlich geringer als bei der
Intensivbegrünung.
Die zugehörigen Regenentwässerungsanlagen
müssen gemäß DIN EN 12056-3 „Schwerkraft- Extensivbegrünungen sind naturnah ange-
entwässerungsanlagen innerhalb von Gebäu- legte Vegetationsformen, die sich weitgehend
den – Dachentwässerung, Planung und selbst erhalten und weiterentwickeln. Deshalb

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3. Regenentwässerungsanlagen 76
3.2 Regenentwässerungsanlagen bei Dachbegrünungen

werden Pflanzen mit besonderer Anpassung ■ bei sehr kleinen Dachflächen mit Begrünung
an die mitunter extremen Standortbedingun- ist zu prüfen, ob der Regenwasserabfluss (Q)
gen und hoher Regenerationsfähigkeit verwen- in Liter/Sekunde ausreichend ist, die not-
det. Extensivbegrünungen sind mit relativ wendige Selbstreinigungsfähigkeit sicherzu-
niedrigem Aufwand herstellbar. Im Normalfall stellen;
ist der Pflegeaufwand sehr gering. ■ in einem Druckentwässerungssystem ist die
Kombination von Dachflächen mit unter-
Planung von Regenentwässerungs- schiedlicher Abflussverzögerung (Abflussbei-
anlagen bei Dachbegrünungen werte) – zum Beispiel Intensivbegrünungen/
Extensivbegrünungen oder bekieste/unbe-
Regenentwässerungsanlagen müssen entspre-
kieste Dächer – zu vermeiden (siehe
chend DIN EN 12056-3, Ausgabe Januar 2001
DIN 1986-100, Abschnitt 6.4);
und DIN 1986-100, Dezember 2016 geplant
■ Dachbegrünungen mit flächigem Wasser-
und ausgeführt werden.
anstau in der Drainschicht sind Sonderfor-
Die Entwässerung von Dachbegrünungen men und separat mit Freispiegelsystemen zu
muss durch den Schichtaufbau und über die entwässern (siehe DIN 1986-100, Abschnitt
Oberfläche sichergestellt sein. Gemäß der 5.8.3);
Dachbegrünungsrichtlinien unterscheidet man ■ die regelmäßige Wartung der Regenent-
bei Dachbegrünungen grundsätzlich folgende wässerungsanlage gemäß DIN 1986-3
Formen der Entwässerung: muss sichergestellt werden.

■ Ablaufstellen innerhalb der Entwässerungseinrichtungen


Vegetationsfläche;
Nach den Dachbegrünungsrichtlinien sind
■ Ablaufstellen außerhalb der folgende Entwässerungseinrichtungen bei
Vegetationsfläche; Dachbegrünungen relevant:

■ getrennte Entwässerung von begrünten ■ Dachabläufe;


und vegetationsfreien Flächen;
■ innenliegende Entwässerungsrinnen;
■ Entwässerung bei Kehldächern;
■ Rinnen vor Türen;
■ Entwässerung über die Dach-Traufe.
■ Dachrinnen;
Jedem Entwässerungstiefpunkt auf dem Dach
■ Wasserspeier;
muss neben dem Ablauf eine Notentwässe-
rung zugeordnet werden. ■ Notüberläufe.

Ein statischer Nachweis für Dächer mit Dach- Bei Dachbegrünungen müssen die Entwässe-
begrünungen muss unter Berücksichtigung der rungseinrichtungen das Oberflächenwasser
Sollwassertiefe für die Notentwässerung erfol- von der Vegetationsschicht sowie das Über-
gen (siehe DIN 1986-100, Abschnitt 5.8.3). schusswasser aus der Drainschicht sicher
ableiten können.
Die Regenentwässerung kann über Freispiegel-
systeme oder planmäßig vollgefüllt betriebene Alle Entwässerungseinrichtungen müssen
Regenwasserleitungen mit Druckströmung er- jederzeit frei zugänglich sein. Dach- und Not-
folgen. abläufe sowie Notüberläufe sind von Über-
schüttungen, zum Beispiel mit Kies, freizuhal-
Bei planmäßig vollgefüllt betriebenen Regen- ten. Entwässerungsrinnen dürfen nicht durch
wasserleitungen mit Druckströmung ist folgen- Überwachsungen in ihrer Funktion beeinträch-
des zu beachten: tigt werden.

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3. Regenentwässerungsanlagen 77
3.2 Regenentwässerungsanlagen bei Dachbegrünungen

Dachabläufe in Vegetationsflächen

Bild: SAINT-GOBAIN HES

Dachabläufe innerhalb von Vegetationsflächen Dachabläufe außerhalb von


sind zum Schutz vor Verunreinigungen bzw. Vegetationsflächen
dem Zuwachsen durch die Begrünung grund- Dachabläufe außerhalb von Vegetationsschich-
sätzlich durch einen Kontrollschacht zu schüt- ten werden in der Regel in Kiesstreifen ange-
zen oder mit einem mindestens 50 cm breiten ordnet. Die Dachabläufe sind zum Schutz vor
Kiesstreifen und einem Laubfangkorb zu Verunreinigungen mit einem Laubfangkorb zu
sichern. sichern.

Bei begehbaren Flächen sind die Dachabläufe


mit entsprechenden Aufsatzteilen zu versehen.
Die Abdeckungen müssen bündig mit dem
Flächenbelag abschließen.

Entwässerung bei geneigten


begrünten Dächern
Bei der Entwässerung von geneigten begrün-
ten Dächern ist grundsätzlich zwischen Kehl-
dachentwässerung und Traufentwässerung zu
unterscheiden. Diese Unterscheidung ist von
besonderer Bedeutung bei der Dimensionie-
rung der Drainage.

2-teiliger Gussablauf mit Kontrollschacht bei


Intensivbegrünung
Bild: Düker/ACO-Haustechnik

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3. Regenentwässerungsanlagen 78
3.2 Regenentwässerungsanlagen bei Dachbegrünungen

Detail Dachtraufprofil; Bild: Zinco

Die Entwässerung von geneigten begrünten abfließen kann und jederzeit eine Sichtkon-
Dächern erfolgt in der Regel über Kiesstreifen trolle möglich ist. Dieser Bereich ist von Be-
ohne und mit eingebetteten Drainrohren, über wuchs frei zu halten.
Außen- oder Innendachrinnen beziehungs-
weise Wasserspeier.

Notentwässerung
Für die Notentwässerung können Notüber-
läufe (zum Beispiel rechteckige Öffnungen in
der Attika) oder Notabläufe mit Rohrsystemen Vorgefertigter Notüberlauf Bild: Firma FDT
eingesetzt werden.
Bemessungsgrundsätze
Rohrsysteme zur Notentwässerung sind als
Freispiegelsysteme oder als planmäßig vollge- Regenentwässerungsanlagen werden gemäß
füllt betriebene Systeme mit Druckströmung DIN 1986-100 aus wirtschaftlichen Gründen
zu bemessen. und zur Sicherstellung der Selbstreinigungsfä-
higkeit für ein mittleres Regenereignis bemes-
Die Notentwässerung darf nicht an die Ent- sen. Die Berechnungsregenspende muss auf
wässerungsanlage angeschlossen werden, Basis statistischer Erhebungen ermittelt wer-
sondern muss mit freiem Auslauf auf schadlos den. Für Dachflächen ist dies der Fünfjahres-
überflutbare Grundstücksflächen abgeleitet Fünfminutenregen (r5,5) am Gebäudestandort.
werden.
Zur Ermittlung der erforderlichen Regenspen-
Die Unterkante der Notentwässerung muss den sind die Werte nach KOSTRA-DWD 2010
oberhalb der erforderlichen Druckhöhe für den zu verwenden. In Tabelle A.1 der DIN 1986-
gewählten Dachablauf liegen. 100 befindet sich eine Übersicht der Regen-
Der Zufluss zu den Notüberläufen / Notabläu- spenden für einige ausgewählte Städte
fen darf durch den Schichtaufbau der Dach- Deutschlands. Die angegebenen Regenspen-
begrünung, Randeinfassungen oder sonstige den sollen als Grundlage für die Bemessung
Hindernisse nicht beeinträchtigt werden. Der von Regenentwässerungsanlagen, Notentwäs-
Nahbereich der Notüberläufe / Notabläufe ist serungen sowie zur Erstellung von Überlas-
so zu gestalten, dass das Wasser ungehindert tungs- und Überflutungsnachweisen dienen.

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3. Regenentwässerungsanlagen 79
3.2 Regenentwässerungsanlagen bei Dachbegrünungen

Für die Bemessung von Regenentwässerungs- Fazit


anlagen gemäß DIN EN 12056-3 und Bei der Planung und Ausführung von Regen-
DIN 1986-100 (Freispiegelentwässerung bzw. entwässerungsanlagen bei Dachbegrünungen
Dachentwässerung mit Druckströmung) soll- ist grundsätzlich ein reger Informationsaus-
ten die Spitzenabflussbeiwerte Cs für begrünte tausch zwischen allen beteiligten Fachleuten
Dachflächen gemäß den Dachbegrünungs- erforderlich.
richtlinien Abschnitt 9.3.4 verwendet werden.

Anmerkung: Eine Dachneigung von 5° entspricht einem Dachgefälle von 8,8% bzw. 8,8 cm/m

Tabelle: Spitzenabflussbeiwerte Cs gemäß den So benötigt der Sanitärplaner genaue Anga-


Dachbegrünungsrichtlinien ben zur Positionierung und Ausführungsart
der Entwässerungseinrichtungen sowie exakte
Vorgaben zur Bestimmung des Abflussbei-
Die Regenentwässerungsanlage und das wertes.
Notentwässerungssystem müssen gemeinsam
mindestens den am Gebäudestandort über Die Bemessung der Notentwässerung muss
5 Minuten zu erwartenden Jahrhundertregen bezüglich der maximalen statischen Belastun-
(r5,100) entwässern können. Ist ein außerge- gen (statischer Nachweis gemäß DIN 1986-
wöhnliches Maß an Schutz für ein Gebäude 100, Abschnitt 5.8.3) in Zusammenarbeit mit
erforderlich, sollte die Notentwässerungsan- dem Statiker erfolgen.
lage allein den Jahrhundertregen (r5,100) sicher
ableiten können. Nur durch die vorherige Abstimmung aller
Details sind die Voraussetzungen für einwand-
In der DIN 1986-100 sind die erforderlichen frei funktionierende und sichere Regenent-
Berechnungsformeln und Diagramme für die wässerungsanlagen bei Dachbegrünungen zu
Bemessung von Notentwässerungen enthalten. erfüllen.

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80

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4. Brand- und Schallschutz 81
4.1 Brandschutz durch Guss

Die Umsetzung der Brandschutzanforderun- ■ Zustimmung im Einzelfall (ZiE) durch Nach-


gen in der Gebäudetechnik gestaltet sich in weis der Brauchbarkeit, zum Beispiel
den letzten Jahren zunehmend schwieriger. durch ein Gutachten eines zugelassenen
Vor allem die Anforderungen an Rohrabschot- Prüfinstituts,
tungen für haustechnische Anlagen sorgen bei
vielen SHK-Fachleuten immer wieder für große ■ Europäischer Verwendbarkeitsnachweis
Verunsicherung. Nichtbrennbare gusseiserne (ETA), ausgestellt vom Deutschen Institut für
Abflussrohrsysteme mit den zugehörigen Rohr- Bautechnik (DIBt) oder einer anderen zuge-
abschottungen erfüllen unkompliziert und lassenen Institution aus den EU-Ländern.
zuverlässig alle Anforderungen an den bau-
lichen Brandschutz und bieten ein Höchstmaß Bei den Erleichterungen handelt es sich um
an Sicherheit. Abschottungen für die kein Verwendbarkeits-
nachweis erforderlich ist. Die Ausführung von
Nach der Musterleitungsanlagenrichtlinie Abschottungen nach den Erleichterungen
(MLAR) sind Abschottungen von Abwasser- muss unbedingt nach den Vorgaben der MLAR
installationen entweder nach den entspre- erfolgen.
chenden Verwendbarkeitsnachweisen
(Abschnitt 4.1) oder nach den Erleichterungen Komplette Abwasserinstallationen
(Abschnitte 4.2 und 4.3) auszuführen. aus nichtbrennbaren gusseisernen
Abflussrohrsystemen
Die Verwendbarkeitsnachweise unterschei-
den sich wie folgt: Viele Sanitärfachleute nutzen bereits seit Jahr-
zehnten die zahlreichen Vorteile einer kom-
■ Allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis pletten Abwasserinstallation (Fallleitungen
(abP), ausgestellt von einer anerkannten einschließlich Einzel- und Sammelanschluss-
Prüfstelle, leitungen) aus nichtbrennbaren gusseisernen
Abflussrohren.
■ Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung
(abZ), ausgestellt vom Deutschen Institut Bei dieser Variante ist nach wie vor der Einsatz
für Bautechnik (DIBt), der gängigen geprüften Brandschutzlösungen
mit allgemeinem bauaufsichtlichem Prüfzeug-
nis (abP) möglich.

Bild 1a-b: „Geprüfte Brandschutzlösungen der Firma Rockwool für nichtbrennbare gusseiserne Abflussrohre mit
ABP P-3725/4130-MPA BS der Firma Rockwool“

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4. Brand- und Schallschutz 82
4.1 Brandschutz durch Guss

Bei nichtbrennbaren gusseisernen Abflussrohr- rung-Nebenklasse s1 gemäß DIN EN 13501-1)


systemen müssen keine Brandlasten berück- und es findet kein brennendes Abtropfen
sichtigt werden und eine freie Verlegung in (Zusatzanforderung-Nebenklasse d0 gemäß
Fluchtwegen ist möglich. Außerdem ergibt DIN EN 13501-1) statt.
sich keine Rauchentwicklung (Zusatzanforde-

Bild 2: Komplette Abwasserinstallation aus gusseisernen Abflussrohren (SAINT-GOBAIN HES)

Ausschließlich bei durchgängig nichtbrenn- leitungsanlagenrichtlinie (MLAR) bis zu einem


baren Abflussrohrsystemen besteht die Rohraußendurchmesser von 160 mm anzu-
Möglichkeit die Erleichterungen der Muster- wenden.

Bild 3: Beispiel Brandschutzlösung gemäß „Erleichterungen nach MLAR“

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4. Brand- und Schallschutz 83
4.1 Brandschutz durch Guss

Tabelle „Unterschiede zwischen geprüften Rohrabschottungen mit ABP / ABZ und Rohrdurchführungen nach den Erleichterungen
der MLAR“

Nichtbrennbare gusseiserne Abflussrohrsyste- Deutschen Montan Technologie GmbH in


me bieten Brandsicherheit nach oben und Dortmund ein orientierender Brandversuch
unten. Das derzeitige Prüfverfahren nach durchgeführt, bei dem festgestellt werden
DIN 4102, Teil 11 sieht für Abschottungssys- sollte, wie sich gusseiserne Abflussrohrsysteme
teme zum Schutz der Deckendurchdringung mit R 90 geprüften Rockwool-Brandschutzlö-
lediglich eine Brandeinwirkung von unten vor. sungen bezüglich einer Brandübertragung so-
Gefahren durch eine Brandeinwirkung wohl nach oben als auch nach unten
von oben werden durch das Prüfverfah- verhalten.
ren nach DIN 4102, Teil 11 nicht berück- Das Versuchsergebnis nach 90 Minuten:
sichtigt. Bereits im Jahr 2004 wurde im Gusseiserne Abflussrohrsysteme mit R 90
Auftrag des IZEG Informationszentrums geprüften Rockwool-Brandschutzlösun-
Entwässerungstechnik Guss e.V. bei der gen bieten Brandsicherheit nach oben
und unten.

Info:
In der geltenden DIN EN 1366-3 „Feuerwider-
standprüfungen für Installationen – Teil 3:
Abschottungen“, Ausgabe Juli 2009 heißt es
hierzu:
„Das Risiko einer Brandausbreitung nach
unten, verursacht durch brennendes, durch
ein Rohr nach unten ins darunterliegende
Geschoss abtropfendes Material, kann mit
diesem Test nicht beurteilt werden.“

Bild 4: „Orientierender Brandversuch bei der DMT in Dortmund“

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4. Brand- und Schallschutz 84
4.1 Brandschutz durch Guss

Mischinstallationen von
Abflussrohren der Decke Anschlüsse aus brennbaren Abfluss-
Bei Mischinstallationen von Abflussrohren – rohren vorgenommen werden.
zum Beispiel für die geschossübergreifenden
Fallleitungen mit nichtbrennbaren gusseisernen Mit dem Newsletter 02 / 2012 gab das Deut-
Abflussrohrsystemen und für die Anschluss- sche Institut für Bautechnik, Berlin (DIBt) zu
leitungen in den Geschossen mit brennbaren Metallrohren mit Anschluss von Kunststoff-
Kunststoffabflussrohrsystemen – wurden in der rohren folgendes bekannt: “Für Metallrohre,
Vergangenheit überwiegend geprüfte Rohrab- die durch feuerwiderstandsfähige Bauteile ge-
schottungen mit Verwendbarkeitsnachweisen führt werden und an die ein- oder beidseitig
als allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis des feuerwiderstandsfähigen Bauteils Kunst-
(abP) verwendet. stoffrohre angeschlossen werden, dürfen ab
dem 01.01.2013 keine allgemeinen bauauf-
Bisher ging man davon aus, dass bei einer sichtlichen Prüfzeugnisse (mehr) erteilt wer-
Mischinstallation eine Brandübertragung nur den. Der Verwendbarkeitsnachweis für
möglich ist, wenn an die nichtbrennbare Fall- klassifizierte Abschottungen solcher Mischin-
leitung unmittelbar unterhalb und oberhalb der stallationen ist dann eine allgemeine bauauf-
Decke Anschlüsse aus brennbaren Abflussroh- sichtliche Zulassung. Die Prüfungen für
ren vorgenommen wurden. Mittlerweile sieht Abschottungen an Systemen aus Metall- und
man auch ein erhöhtes Risiko bei nichtbrenn- Kunststoffrohren sind gemäß der Anlage 1
baren Fallleitungen, bei denen nur jeweils auf durchzuführen“.

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4. Brand- und Schallschutz 85
4.1 Brandschutz durch Guss

Bild 5: Auszug aus DIBt-Newsletter 02 / 2012, Anlage 1 – Prüfvorschriften

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4. Brand- und Schallschutz 86
4.1 Brandschutz durch Guss

sichtlicher Zulassung (abZ) funktionieren als


Brandschutzverbindungen, die in die Abwas-
serleitungen als senkrechte Deckendurchfüh-
rung eingebaut werden. Im Brandfall quillt das

Bild 6: „Risiken bei Mischinstallationen“

Bei allen denkbaren Szenarien wird deut-


lich, dass die Gefahr bei Mischinstallatio-
nen grundsätzlich von den brennbaren
Anschlussleitungen ausgeht und keines-
wegs von den nichtbrennbaren Fallleitun-
gen.
Bild 7: Brandschutzverbinder BSV 90 mit abZ-Nr. Z-19.17-1893
Die neuen Prüfvorschriften für Mischinstalla-
(Düker)
tionen zwangen Hersteller, Planer und Ausfüh-
rende zum Umdenken. Alle namhaften im Inneren der Brandschutzverbindungen
Hersteller von Brandschutzprodukten arbeite- befindliche Intumeszenzmaterial auf und ver-
ten fieberhaft an praxisgerechten Lösungen schließt den Rohrquerschitt, unterbindet also
mit entsprechender allgemeiner bauaufsicht- die übermäßige Wärmeweiterleitung und ver-
licher Zulassung (abZ). hindert den Kamineffekt.

Sicher gibt es eine Vielzahl von brandschutz- Brandschutzverbindungen mit eingelegtem


technischen Lösungsmöglichkeiten, mit denen Intumeszenzmaterial sind auch im waagerech-
die neuen Prüfvorschriften für Mischinstallatio- ten Übergangsbereich von Guss- auf Kunst-
nen von Abflussrohren erfüllt werden können. stoffrohre möglich. Im Brandfall wird die
Von entscheidender Bedeutung ist hierbei brennbare Anschlussleitung durch das aufge-
allerdings der notwendige Material- und Mon- quollene Intumeszenzmaterial verschlossen.
tageaufwand. Bei einigen Lösungen muss allerdings eine wei-
terführende Dämmung bei der gusseisernen
Einige der neuen Brandschutzprodukte für Fallleitung angebracht werden, um eine unzu-
Mischinstallationen mit allgemeiner bauauf- lässige Temperaturweiterleitung zu vermeiden.

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4. Brand- und Schallschutz 87
4.1 Brandschutz durch Guss

Bild 8: Einbau der Steck-Verbindung-Brandschutz SVB Bild 9: Einbau der Steck-Verbindung-Brandschutz SVB
mit abZ-Nr. Z-19.17-2130 in die gusseiserne Fallleitung mit abZ-Nr. Z-19.17-2130 in die waagerechte Anschlussleitung
(SAINT-GOBAIN HES) (SAINT-GOBAIN HES)

Bild 10: Abschottung „Curaflam System Konfix Pro“ Bild 11: Abschottung „Conlit SML-Set“ mit abZ-Nr. Z-19.17-2084
mit abZ-Nr. Z-19.17-2074 (Doyma / Düker) (Rockwool)

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4. Brand- und Schallschutz 88
4.1 Brandschutz durch Guss

Fazit
Die Mischinstallation von gusseisernen Ab- Eine Alternative zur Mischinstallation ist die
flussrohren mit Anschluss von Kunststoffroh- komplette Ausführung der Abwasserinstalla-
ren ist vor Jahrzehnten unter anderen tion aus nichtbrennbaren gusseisernen Ab-
Randbedingungen entstanden. Zwischenzeit- flussrohren. Bei dieser Installationsweise
lich haben sich beispielsweise die brand- und können nach wie vor die gängigen geprüften
schallschutztechnischen Vorschriften grundle- Brandschutzlösungen mit allgemeinen bauauf-
gend verändert. Außerdem ist die vor Jahr- sichtlichen Prüfzeugnissen (abP) eingesetzt
zehnten übliche Schlitzinstallation mittlerweile oder die Erleichterungen nach den Vorgaben
durch die Vorwand- und Schachtinstallation der Musterleitungsanlagenrichtlinie (MLAR)
ersetzt worden, was die Verlegung von guss- angewendet werden.
eisernen Abflussrohren ungemein erleichtert.

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4. Brand- und Schallschutz 89
4.2 Neue DIBt-Abstandsregelungen

Foto Firma Rockwool


„Der Abstand der zu verschließenden Bauteil-
Die statischen Anforderungen an Wände und öffnung zu anderen Öffnungen oder Einbau-
Decken bei der geforderten Feuerwiderstands- ten muss mindestens 20 cm betragen.
dauer dürfen durch Öffnungen – wie zum Abweichend davon darf der Abstand auf
Beispiel für Rohrdurchführungen und Einbau- 10 cm reduziert werden, sofern die zu ver-
ten – nicht unzulässig beeinträchtigt werden. schließende Bauteilöffnung sowie die benach-
Dies bedeutet, dass die brandschutztechni- barten Öffnungen und Einbauten nicht größer
schen Abstandsregelungen unbedingt umge- als 20 cm x 20 cm sind. Der Abstand zwischen
setzt werden müssen. Bauteilöffnungen für Kabel- und Rohrabschot-
tungen gleicher oder unterschiedlicher Bauart
Mit dem Newsletter 02 / 2012 hat das darf ebenfalls bis auf 10 cm reduziert werden,
Deutsche Institut für Bautechnik, Berlin (DIBt) sofern diese Öffnungen jeweils nicht größer
darüber informiert, dass der Abstand einer als 40 cm x 40 cm sind.“
Abschottung zu anderen Abschottungen (glei-
cher oder anderer Bauart) in den allgemeinen Andere Öffnungen oder Einbauten sind hierbei
bauaufsichtlichen Zulassungen (abZ) geson- alle anderen Abschottungen wie zum Beispiel
dert behandelt wird. Der Abstand zu anderen Feuerschutzabschlüsse (Türen. Tore, Klappen)
nicht näher definierten Öffnungen und Ein- „T“; Brandschutzklappen in Lüftungsleitungen
bauten bleibt davon unberührt. Folgender „K“; Rohre und Formstücke für Lüftungsleitun-
Abschnitt wird demnächst im Rahmen der Zu- gen „L“; Installationsschächte und Kanäle „I“
lassungsbearbeitung ohne weiteren Nachweis sowie der Funktionserhalt elektrischer Leitun-
bei der Erstellung von Zulassungsbescheiden gen „E“ (DIBt-Abstandsregelungen siehe
verwendet: Tabelle 1).

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4. Brand- und Schallschutz 90
4.2 Neue DIBt-Abstandsregelungen

Die Abstandsmaße von Kabelabschottungen neuen DIBt-Abstandsregelungen ergeben sich


„S“ und Rohrabschottungen „R“ gemäß den aus Tabelle 2.

Bild 1 „Beispiel neue DIBt-Abstandsregelungen“

Die Abstandsregelungen des DIBt gelten nicht Besondere Hinweise:


für Abschottungen mit allgemeinen bauauf- In einigen allgemeinen bauaufsichtlichen
sichtlichen Prüfzeugnissen (abP) gegenüber Zulassungen (abZ) und Prüfzeugnissen (abP)
fremden Abschottungen mit allgemeinen bau- werden gegenüber „fremden Abschottungen“
aufsichtlichen Prüfzeugnissen (abP). Hier gelten bereits größere Abstandsmaße als 50 mm,
weiterhin die Abstandsregelungen der Muster- zum Beispiel 200 mm bzw. 100 mm gefordert.
Leitungsanlagenrichtlinie (MLAR) vom Bei der Umsetzung dieser spezifischen Anfor-
17.11.2005. Im Abschnitt 4.1.3 heißt es: derungen ist grundsätzlich das größte Ab-
“Der Mindestabstand zwischen Abschottun- standsmaß ausschlaggebend.
gen, Installationsschächten oder -kanälen
sowie der erforderliche Abstand zu anderen Die in den derzeit bestehenden Verwendbar-
Durchführungen (z.B. Lüftungsleitungen) oder keitsnachweisen (abP / abZ) für geprüfte Rohr-
anderen Öffnungsverschlüssen (z.B. Feuer- abschottungen angegebenen Abstände gelten
schutztüren) ergibt sich aus den Bestimmungen auch weiterhin, allerdings nur zwischen ge-
der jeweiligen Verwendbarkeits- oder Anwend- genseitig geprüften Abschottungen. Kleinere
barkeitsnachweise; fehlen entsprechende Abstände bis zum Null-Abstand sind nur noch
Festlegungen, ist ein Abstand von mindestens zwischen gegenseitig geprüften Rohrabschot-
50 mm erforderlich.“ tungen möglich.

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4. Brand- und Schallschutz 91
4.2 Neue DIBt-Abstandsregelungen

Bild 2 „Praxisbeispiele für Standard-Schachtbelegungen mit Abwasserleitung,


Trinkwasser- und Heizungsleitungen“

Abb. oben: Brandschutzprodukte ohne geprüfte Nullabstände zu anderen


Öffnungen oder Einbauten.

Abb. unten: Brandschutzprodukte auf Nullabstand im System geprüft


(Platzersparnis 150 mm)

Fazit
Bei der Planung und Ausführung von Leitungs- messungen realisierbar bleiben, sind geprüfte
anlagen müssen die brandschutztechnischen Rohrabschottungen – die kleinste Abstände
Abstandsregelungen unbedingt umgesetzt untereinander ermöglichen – empfehlens-
werden. Damit möglichst geringe Schachtab- wert.

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4. Brand- und Schallschutz 92
4.2 Neue DIBt-Abstandsregelungen

Info 1: W ARUM B AUPRODUKTE MIT AB Z Info 2: W ORIN UNTERSCHEIDEN SICH AB Z


ODER AB P? UND AB P?
Gemäß § 17 der Musterbauordnung (MBO) Eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung
vom November 2002 müssen Bauprodukte / (abZ) ist gemäß §18 der Musterbauordnung
Bauarten, für die technische Regeln in der Bau- (MBO) der erforderliche Verwendbarkeitsnach-
regelliste A bekanntgemacht worden sind und weis für nicht geregelte Bauprodukte / Bauar-
die von diesen wesentlich abweichen oder für ten, für die es keine allgemein anerkannten
die es keine Technischen Baubestimmungen Regeln und / oder Prüfverfahren gibt (zum
oder allgemein anerkannte Regeln der Technik Beispiel Brandschutzmanschetten bei Kunst-
gibt (nicht geregelte Bauprodukte), stoffrohren). Die abZ wird vom DIBt nach
vorheriger Prüfung durch ein akkreditiertes
1. eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung Prüfinstitut ausgestellt. In der Regel beträgt
(abZ) nach §18, die Zulassungsdauer 5 Jahre.
2. ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeug-
Ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis
nis (abP) nach §19 oder
(abP) ist gemäß §19 der Musterbauordnung
3. eine Zustimmung im Einzelfall (ZiE) nach (MBO) der erforderliche Verwendbarkeitsnach-
§20 haben. weis für nicht geregelte Bauprodukte / Bauar-
ten, für die es allgemein anerkannte
Prüfverfahren gibt (zum Beispiel Systemab-
schottungen der Firma Rockwool mit Conlit
150 U). Das abP wird durch ein akkreditiertes
Prüfinstitut in der Regel für 5 Jahre ausgestellt.

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4. Brand- und Schallschutz 93
4.3 Neue europäische Brandklassifizierung
von Abflussrohrsystemen
Eine geringe Rauchdichte sowie die Vermei- nach DIN 4102-1 als auch nach DIN EN
dung von brennend abtropfenden Materialen 13501-1 möglich. Nur bei Bauprodukten und
können im Brandfall überlebensentscheidend Bauarten, die der CE-Kennzeichnung unterlie-
sein. Mit der Euronorm DIN EN 13501-1 gen, ist eine Brandklassifizierung nach der
„Klassifizierung von Bauprodukten und Bauar- DIN EN 13501-1 zwingend erforderlich.
ten zu ihrem Brandverhalten, Teil 1: Klassifizie-
rung mit den Ergebnissen aus den Prüfungen Info
zum Brandverhalten von Bauprodukten“, Aus-
gabe Januar 2010 wird diesen Tatsachen Rech- In Deutschland brennen jährlich rund 70.000
nung getragen. Neben der Brandklasse Gebäude; alle 10 Minuten bricht ein Woh-
werden zusätzlich die Rauchentwicklung nungsbrand aus. Der volkswirtschaftliche
(„s“ für „smoke“) und das brennende Abtropfen Schaden beträgt mehrere Milliarden Euro.
(„d“ für „droplets“) berücksichtigt, wodurch Jährlich sterben in Deutschland rund 650
eine wesentlich realistischere Beurteilung des Menschen an den Brandfolgen; etwa 8.000
Brandverhaltens von Baustoffen und Baupro- Schwerverletzte sind zu beklagen. Nur wenige
dukten möglich ist. Menschen werden Opfer der Flammen, da
die Mehrheit, ca. 95 % der Brandtoten, den
Da die DIN 4102-1 „Brandverhalten von Folgen einer Rauchvergiftung erliegen.
Baustoffen und Bauteilen, Teil 1: Baustoffe;
Begriffe, Anforderungen und Prüfungen“, Aus- In Europa sind jährlich zwischen 6.000 und
gabe Mai 1998 vorerst nicht zurückgezogen 10.000 Brandtote zu beklagen. Bedingt durch
wird, haben wir in Deutschland eine Paralleli- das hohe Gefahrenpotential durch Rauch
tät deutscher und europäischer Normung. Für haben inzwischen viele europäische Staaten
national durch DIN-Normen oder Verwendbar- die Anforderungen an die Rauchentwicklung
keitsnachweise geregelte Bauprodukte ist die der eingesetzten Bauprodukte in ihren Bau-
Klassifizierung des Brandverhaltens sowohl vorschriften verschärft.

Europäische Brandklassifizierung Einstufung erfolgt von der Klasse A (inertes


nach DIN EN 13501-1 Material) bis zur Klasse F (äußerst brennbares
Material).
Im Unterschied zur nationalen Klassifizierung Zusätzlich müssen noch die Nebenklassen für
nach DIN 4102-1 beinhaltet die europäische Rauchentwicklung (s1 bis s3) und für brennen-
Klassifizierungsnorm ein deutlich größeres des Abtropfen / Abfallen (d0 bis d2) berück-
Spektrum an Klassen und Kombinationen. So sichtigt werden.
werden neben dem Brandverhalten erstmals
auch Brandnebenerscheinungen wie die
Rauchentwicklung und das brennende Abtrop- Info
fen/Abfallen berücksichtigt und in Klassen ein-
geteilt. Entzündliche Partikel bei der Verbrennung
von Bauprodukten können die Quelle von
Gemäß DIN EN 13501-1 erfolgt die Beurtei- Sekundärfeuern sein.
lung des Brandverhaltens von Baustoffen und
Bauprodukten nach den Klassen A bis F. Damit Herabfallende brennende Tröpfchen oder um-
sind die Entflammbarkeit, der Beitrag zur herfliegende brennende Partikel bilden für zu
Flammenausbreitung und die Wärmeentwick- evakuierende Personen und Feuerwehrleute
lung (Heizwert) von der Brandentstehung über ein beträchtliches Risiko und können
den Flash-over zum Vollbrand gemeint. Die schwerste Verbrennungen nach sich ziehen.

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4. Brand- und Schallschutz 94
4.3 Neue europäische Brandklassifizierung
von Abflussrohrsystemen
Ein direkter Vergleich mit den bisherigen Bau- eine Tabelle, in der die Zuordnung der europä-
stoffklassen nach DIN 4102-1 ist nicht ohne ischen Klassen nach DIN EN 13501-1 zu den
weiteres möglich. Die aktuelle Bauregelliste A bauaufsichtlichen Anforderungen erfolgt.
Teil 1, Ausgabe 2014/1 enthält in Anlage 0.2.2

Tabelle „Zuordnung der europäischen Brandklassen nach


DIN EN 13501-1 zu den Baustoffklassen nach DIN 4102-1“

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4. Brand- und Schallschutz 95
4.3 Neue europäische Brandklassifizierung
von Abflussrohrsystemen

Kurzzeichen der Nebenklassen BEDEUTUNG


Anforderung an die Rauchentwicklung
s1 keine / kaum Rauchentwicklung
s2 begrenzte Rauchentwicklung
s3 unbeschränkte Rauchentwicklung
Anforderung bzgl. brennendes Abtropfen / Abfallen
d0 kein Abtropfen / Abfallen
d1 begrenztes Abtropfen / Abfallen
d2 starkes Abtropfen / Abfallen
Tabelle „Nebenklassen nach DIN EN 13501-1 für Rauchentwicklung und brennendes Abtropfen / Abfallen“

Prüfungen zur europäischen Bei den Brandklassen B, C und D muss die


Brandklassifizierung Entzündbarkeitsprüfung nach DIN EN ISO
11925- 2 und zusätzlich die SBI-Prüfung nach
DIN EN 13823 durchgeführt werden.
Bei Bauprodukten der Brandklasse A1
müssen die Nichtbrennbarkeitsprüfungen nach Bauprodukte der Brandklasse E müssen
DIN EN ISO 1182 und DIN EN ISO 1716 be- lediglich der Entzündbarkeitsprüfung nach
standen werden. DIN EN ISO 11925-2 unterzogen werden.
Wird ein Bauprodukt mit E klassifiziert, so
Bauprodukte der Brandklasse A2 müssen bedeutet dies, es entzündet sich bereits bei
entweder die Nichtbrennbarkeitsprüfung nach kleiner Flamme.
DIN EN ISO 1182 oder DIN EN ISO 1716 be-
stehen und zusätzlich einer SBI-Prüfung nach Für die Brandklasse F ist keine Prüfung
DIN EN 13823 unterzogen werden. erforderlich bzw. keine der oben genannten
Einstufungen wurde erreicht.

Abbildung
„Europäische Brandklassen und
zugeordnete Prüfanforderungen“

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4. Brand- und Schallschutz 96
4.3 Neue europäische Brandklassifizierung
von Abflussrohrsystemen
Bei der SBI-Prüfung nach DIN EN 13823 wird
Info
der potentielle Beitrag eines Bauproduktes zu
einem sich entwickelnden Brand bei einer
Die Brandklasse „leichtentflammbar (B3 nach
Brandsituation bewertet, die einen einzelnen,
DIN 4102-1 bzw. F nach DIN EN 13501-1)“
brennenden Gegenstand (Single Burning Item:
ist in Deutschland für Baustoffe nicht zuge-
SBI) in einer Raumecke nahe dem Bauprodukt
lassen.
simuliert. Über einen Dunstabzug werden
während der Prüfung die Verbrennungsgase
Baustoffe der Brandklasse E entsprechen den
aufgefangen, um sie mit Blick auf die Messung
Mindestanforderungen gemäß den deutschen
der in dieser Zeit abgegebenen Wärme- und
bauaufsichtlichen Anforderungen.
Rauchmenge zu analysieren. Außerdem wird
beobachtet, ob es zur Bildung brennender
Gemäß den deutschen bauaufsichtlichen An-
Tröpfchen oder zum Herabregnen brennender
forderungen gelten die europäischen Brand-
Partikel kommt. Die SBI-Prüfung wurde auf eu-
klassen „A1“ und „A2 - s1, d0“ gleichwertig
ropäischer Ebene zur Brandklassifizierung von
als „nichtbrennbar“.
Bauprodukten entwickelt und soll eine realisti-
sche Brandsituation nachstellen.

Brandklassifizierung
von Abflussrohrsystemen

Abflussrohrsysteme für die Hausentwässerung


werden heutzutage in folgende zwei Gruppen
unterteilt:

■ nichtbrennbare Abflussrohrsysteme
aus Gusseisen
■ brennbare Abflussrohrsysteme
aus Kunststoff.

Nichtbrennbare Abflussrohrsysteme aus Guss-


eisen müssen seit Einführung der harmonisier-
ten europäischen Herstellungsnorm DIN EN
877 „Rohre und Formstücke aus Gusseisen,
deren Verbindungen und Zubehör zur Entwäs-
serung von Gebäuden“, Ausgabe Januar 2010
mit dem CE-Kennzeichen versehen werden
und die Brandklassifizierung nach DIN EN
13501-1 nachweisen.

Entsprechend der Entscheidung 96/603/EC der


Kommission vom 4. Oktober 1996 gehört der
Bild „Einbaumaße für die SBI-Prüfung aus Anhang H
Werkstoff Gusseisen der Klasse A1 an und
der DIN EN 877“ braucht demnach keiner Prüfung des Brand-
verhaltens unterzogen zu werden. Das System
(montierte Produkte) muss entsprechend An-
hang H der DIN EN 877 zum Nachweis des
Brandverhaltens einer SBI-Prüfung unterzogen
werden.

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4. Brand- und Schallschutz 97
4.3 Neue europäische Brandklassifizierung
von Abflussrohrsystemen
In der Herstellungsnorm DIN EN 877 sind im funktionellen Eigenschaften und ihre Ver-
Anhang F noch „Allgemeine Informationen zu lässlichkeit während mehrerer Stunden, d.h.
einigen Produkteigenschaften“ aufgeführt. ihre Wandungen bleiben dicht gegenüber
Unter F.2 Brandschutz heißt es: “Gusseiserne Flammen und Gasen, ohne dass Brüche,
Erzeugnisse nach dieser Europäischen Norm Versagen oder bedeutsame Verformungen
sind nicht entflammbar und nicht brennbar. auftreten. Die Integrität von Wand- und
Im Falle eines Brandes bewahren sie ihre Deckendurchführungen bleibt erhalten.“

Tabelle
„Übersicht der
Brandklassifizierung
von Abflussrohr-
systemen“

Alle angegebenen Werte nach


Herstellerangaben.

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4. Brand- und Schallschutz 98
4.3 Neue europäische Brandklassifizierung
von Abflussrohrsystemen

Foto: Nichtbrennbares gusseisernes Abflussrohrsystem mit Sonderbeschichtung Typ MLK-protec (Firma Düker)

Foto: Nichtbrennbares gusseisernes Abflussrohrsystem PAM-GLOBAL® S (Firma SAINT-GOBAIN HES)

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4. Brand- und Schallschutz 99
4.3 Neue europäische Brandklassifizierung
von Abflussrohrsystemen
Zusammenfassung

Mit der Einführung von harmonisierten euro-


päischen Produktnormen und der damit ver-
bundenen CE-Kennzeichnung werden die
bisherigen nationalen Brandklassifizierungen
nach DIN 4102-1 durch die europäischen
Brandklassifizierungen nach DIN EN 13501-1
ersetzt. Hierbei erfolgt die Beurteilung des
Brandverhaltens von Baustoffen und Bau-
produkten nach den Klassen A bis F, wobei
zusätzlich noch die Nebenklassen für Rauch-
entwicklung und für brennendes Abtropfen/
Abfallen berücksichtigt werden müssen.

Aufgrund des hohen Gefahrenpotentials durch


Rauch haben bereits viele europäische Staaten
mit Einführung der europäischen Brandklassifi-
zierung die Anforderungen an die Rauchent-
wicklung der eingesetzten Bauprodukte in
ihren Bauvorschriften verschärft. In Deutsch-
land haben sich hieraus noch keine erkenn-
baren Konsequenzen bei den Bauvorschriften
ergeben. Mittlerweile gibt es aber in Deutsch-
land schon einige aufmerksame Bauherren/
Bauträger wie beispielsweise die Nürnberg-
Messe die mit ihrem Merkblatt „Brandschutz
Europäische Baustoffklassen“ Einschränkungen
beim Einsatz von brennbaren Baustoffen für
ihre Bauobjekte festgelegt hat.

Nichtbrennbare gusseiserne Abflussrohrsys-


teme bieten beim baulichen Brandschutz ein
Höchstmaß an Sicherheit. Sie sind robust,
formstabil und verfügen über ein hervorragen-
des Ausdehnungsverhalten sowie optimalen
Schallschutz.

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100

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4. Brand- und Schallschutz 101
4.4 Brandlasten in Flucht- und Rettungswegen

Über Flucht- und Rettungswege in Gebäuden Brandlasten und


müssen im Brandfall grundsätzlich die Eigen- Brandklassifizierung
und Fremdrettung von Menschen und Tieren
Der Begriff Brandlast wird immer im Zusam-
ins Freie oder in einen gesicherten Bereich
menhang mit dem Brandschutz von Gebäuden
sowie wirksame Löscharbeiten möglich sein.
verwendet. Unter der Brandlast eines Gegen-
standes versteht man die Energie, die bei des-
Gemäß § 14 der Musterbauordnung (MBO),
sen Verbrennung frei wird und damit bei
Fassung November 2002 sind bauliche Anla-
Schutzmaßnahmen für einen möglichen Ge-
gen so anzuordnen, zu errichten, zu ändern
bäudebrand zu berücksichtigen ist. Die Brand-
und Instand zu halten, dass der Entstehung
last entsteht durch alle brennbaren Stoffe, die
eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer
in ein Gebäude eingebracht werden. Sie ist
und Rauch (Brandausbreitung) vorgebeugt
von der Menge und vom Heizwert der Stoffe
wird und bei einem Brand die Rettung von
abhängig.
Menschen und Tieren sowie wirksame Löschar-
beiten möglich sind. Insbesondere die Rettung
Die Brandlast wird in kWh/m² angegeben und
von Menschen und Tieren sowie die Ermögli-
ist das auf eine bestimmte Grundfläche
chung wirksamer Löscharbeiten heben auf die
– zum Beispiel eine Brandabschnittsfläche –
Sicherstellung von Flucht- und Rettungswegen
bezogene Wärmepotenzial aller vorhandenen
ab.
brennbaren Stoffe. Eine Liste mit „Brandlasten
für verschiedene Nutzungen“ steht zum Bei-
Für die Sicherstellung von Flucht- und Ret-
spiel unter www.bauforumstahl.de zur Ver-
tungswegen sind in der Regel mindestens
fügung.
folgende Voraussetzungen erforderlich:
Hohe Brandlasten entstehen zum Beispiel
■ ausreichend viele Flucht- und
schon durch die falsche Auswahl von Baustof-
Rettungswege,
fen. Deshalb sollte bereits in der Planungs-
■ maximale Rettungsweglängen gemäß den phase des Gebäudes auf eine Reduzierung
jeweiligen Bauverordnungen, unnötiger Brandlasten geachtet werden.
■ ausreichende Dimensionierung der Flucht- Nichtbrennbare Materialien mit der Baustoff-
und Rettungswege unter Berücksichtigung klasse A sollten immer bevorzugt werden.
des Objektes und der Nutzung,
■ Einsatz geeigneter Baustoffe und Bauteile, In Deutschland ist momentan die Klassifizie-
■ erforderliche betriebliche Maßnahmen.
rung des Brandverhaltens von Baustoffen
sowohl nach DIN 4102-1 als auch nach
Beim Einsatz geeigneter Baustoffe und Bau- DIN EN 13501-1 möglich. Nur bei Bauproduk-
teile sowie den erforderlichen betrieblichen ten und Bauarten, die der CE-Kennzeichnung
Maßnahmen sind die Brandlasten von ent- unterliegen, ist eine Brandklassifizierung nach
scheidender Bedeutung. der DIN EN 13501-1 zwingend erforderlich.

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4. Brand- und Schallschutz 102
4.4 Brandlasten in Flucht- und Rettungswegen

Tabelle „Zuordnung der europäischen Brandklassen nach


DIN EN 13501-1 zu den Baustoffklassen nach DIN 4102-1“

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4. Brand- und Schallschutz 103
4.4 Brandlasten in Flucht- und Rettungswegen

weitere notwendige Treppe oder eine mit


Info
Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbare
Stelle der Nutzungseinheit sein. Ein zweiter
Bei nichtbrennbaren gusseisernen Abfluss-
Rettungsweg ist nicht erforderlich, wenn die
rohrsystemen müssen keine Brandlasten
Rettung über einen sicher erreichbaren Trep-
berücksichtigt werden. Beim Werkstoff
penraum möglich ist, in den Feuer und Rauch
Polyethylen (PE) entsteht zum Beispiel pro
nicht eindringen können (Sicherheitstreppen-
kg eine Brandlast von 12 KWh.
raum)“.

Flucht- und Rettungswege Info


im Baurecht
„Aus beispielsweise 10 kg Polyethylen,
Im Baurecht spricht man von Rettungswegen Polyurethan oder PVC entsteht 23.000 bis
und meint damit in der Regel sowohl Wege 25.000 m³ Rauch. Damit könnten 100 Woh-
zur Eigen- als auch zur Fremdrettung von Per- nungen mit 100 m² Wohnfläche mit Rauch
sonen und Tieren (Flucht- und Rettungswege). gefüllt werden, so dass für deren Bewohner
Wichtige Festlegungen hinsichtlich der Zahl keine Überlebenschance besteht.“
und der Ausbildung von Rettungswegen be- (Quelle: Bernd Prümer „Brandschutz in der
finden sich in der Musterbauordnung (MBO), Gebäudetechnik“, Gentner Verlag).
Fassung November 2002. Nach § 33 „Erster
und zweiter Rettungsweg“ Abs. 1 gelten fol-
gende Anforderungen: „Für Nutzungseinhei-
ten mit mindestens einem Aufenthaltsraum,
wie Wohnungen, Praxen, selbstständige Be- Leitungsanlagen in Flucht-
triebsstätten müssen in jedem Geschoss min- und Rettungswegen
destens zwei voneinander unabhängige In der Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie
Rettungswege ins Freie vorhanden sein; beide (MLAR), Fassung 10.02.2015 sind im Ab-
Rettungswege dürfen jedoch innerhalb des schnitt 3 die grundlegenden Voraussetzungen
Geschosses über denselben notwendigen Flur für sichere Flucht- und Rettungswege festge-
führen“. legt. Hiernach dürfen brennbare Leitungen,
zum Beispiel Kunststoffrohre, in Flucht- und
Bei der Forderung nach zwei voneinander un- Rettungswegen nicht freiverlegt werden. In
abhängigen Rettungswegen geht man davon der Regel ist dann eine brandschutztechnische
aus, dass bei einem Brand einer der beiden Kapselung durch die Verlegung innerhalb von
Flucht- und Rettungswege ausfallen kann Unterdecken, Bodenkanälen oder Installations-
(Redundanz). schächten mit einer Feuerwiderstandsdauer
von 30 Minuten (F 30) erforderlich. Nicht-
Gemäß § 33 Abs. 2 der Musterbauordnung brennbare Leitungen, zum Beispiel gusseiserne
(MBO) gelten zusätzlich noch folgende Festle- Abflussrohrsysteme, dürfen in Flucht- und
gungen: “Für Nutzungseinheiten nach Abs. 1, Rettungswegen frei verlegt werden.
die nicht zu ebener Erde liegen, muss der erste
Rettungsweg über eine notwendige Treppe
führen. Der zweite Rettungsweg kann eine

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4. Brand- und Schallschutz 104
4.4 Brandlasten in Flucht- und Rettungswegen

Abbildung „Brandschutztechnische Kapselung von brennbaren Leitungen in Flucht- und Rettungswegen“

Abbildung „Freie Verlegung von nichtbrennbaren gusseisernen Abflussrohrsystemen in Flucht- und Rettungswegen“

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4. Brand- und Schallschutz 105
4.4 Brandlasten in Flucht- und Rettungswegen

Nach Abschnitt 3.1.3 der MLAR müssen noch Zusammenfassung


folgende grundlegende Anforderungen unbe- Damit im Brandfall die Rettung von Menschen
dingt erfüllt werden: „In Sicherheitstreppen- und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten
räumen gemäß § 33 Abs. 2 Satz 3 MBO und möglich sind, sollten Flucht- und Rettungs-
in Räumen zwischen Sicherheitstreppenräu- wege immer brandlastfrei ausgeführt werden.
men und Ausgängen ins Freie sind nur Lei-
tungsanlagen zulässig, die ausschließlich der Brennbare Baustoffe führen nicht nur zu
unmittelbaren Versorgung dieser Räume oder Brandlasten, sondern entwickeln im Brandfall
der Brandbekämpfung dienen“. je nach Werkstoff erhebliche Mengen an toxi-
schen Brandgasen. Zusätzlich besteht noch die
Hinweis: Sicherheitstreppenräume werden Gefahr des brennenden Abtropfens.
benötigt, wenn kein zweiter Rettungsweg zur
Verfügung steht. Zur Freihaltung von Rauch Nichtbrennbare Leitungen, wie zum Beispiel
werden in Sicherheitstreppenräumen in der gusseiserne Abflussrohrsysteme, führen zu
Regel Druckbelüftungsanlagen installiert. keiner Brandlast und dürfen in Flucht- und
Rettungswegen frei verlegt werden.
Anforderungen aus Sicht Werden brennbare Leitungen, wie zum Bei-
der Feuerwehren spiel Kunststoffrohre, in Flucht- und Rettungs-
Aus Sicht der Feuerwehren dienen Rettungs- wegen verlegt, ist eine brandschutztechnische
wege nicht nur der Selbstrettung von Perso- Kapselung erforderlich. Dies führt erfahrungs-
nen, sondern müssen darüber hinaus noch gemäß zu nicht unerheblichen Mehrkosten bei
folgende Ziele erfüllen: der Planung und Ausführung von Flucht- und
Rettungswegen.
■ Ermöglichung der Fremdrettung
■ Sicherstellung des Angriffs- und des
Rückzugweges
■ Schaffung von sicheren Bereichen.

Bauliche und betriebliche Brandlasten in


Flucht- und Rettungswegen können erfah-
rungsgemäß den Feuerwehreinsatz so behin-
dern, dass eine Rettung von Menschen und
Tieren sowie der Löschangriff praktisch un-
möglich sind. Bedingt durch die große Hitze-
entwicklung, teilweise Nullsicht durch Rauch
und den zusätzlichen Zeitdruck, vermisste Per-
sonen in einem lebensbedrohlichen Umfeld
retten zu müssen, sind die Feuerwehrleute im
Einsatzfall einem ungemein großen Stress aus-
gesetzt.

Entsprechende „Empfehlungen zur Risikoein-


schätzung von Brandlasten in Rettungswegen“
hat der Arbeitskreis „Vorbeugender Brand-
und Gefahrenschutz (AGBF Bund)“ im Jahr
2014 unter www.agbf.de veröffentlicht.

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106

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4. Brand- und Schallschutz 107
4.5 Die neue Muster-Verwaltungsvorschrift
Technische Baubestimmungen (MVV TB)

Bild: © iStock Romolo Tavani

In der aktuellen Musterbauordnung (MBO), Am 31. August 2017 wurde die neue Muster-
Fassung November 2002 (zuletzt geändert Verwaltungsvorschrift Technische Baubestim-
durch Beschluss der Bauministerkonferenz vom mungen (MVV TB) durch das Deutsche Institut
22.02.2019) wird nicht mehr auf die Bau- für Bautechnik (DIBt) veröffentlicht, und steht
regelliste verwiesen, stattdessen unter § 85a somit zur Einführung in den Bundesländern
auf die „Technischen Baubestimmungen“, bereit. Durch das neue System stellt Deutsch-
deren Konkretisierung durch Bezugnahme auf land keine höheren Anforderungen mehr an
Technische Regeln erfolgen kann. europäisch geregelte Bauprodukte.

Die MVV TB besteht aus vier Teilen (A bis D),


Info einem Anhang und Bezugsquellennachweis.
Von zentraler Bedeutung im Bereich der
Damit das hohe Sicherheitsniveau für Installationstechnik sind die Abschnitte A 2
Bauwerke in Deutschland erhalten bleibt, „Brandschutz“ und A 5 „Schallschutz“ sowie
werden zukünftig keine höheren Anforde- der Teil C, in dem die „Technischen Baubestim-
rungen mehr an europäisch geregelte mungen für Bauprodukte, die nicht die CE-
Bauprodukte gestellt, sondern stattdessen Kennzeichnung tragen, und für Bauarten“
an die Bauwerke bzw. Bauarten. aufgelistet sind. Die MVV TB umfasst insge-
samt 330 Seiten.

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4. Brand- und Schallschutz 108
4.5 Die neue Muster-Verwaltungsvorschrift
Technische Baubestimmungen (MVV TB)

Abbildung „DIBT-Mitteilung zur Veröffentlichung der Muster-Verwaltungsvorschrift


Technische Baubestimmungen“

Abbildung „DIBT-Mitteilung zur Veröffentlichung der Muster-Verwaltungsvorschrift


Technische Baubestimmungen“

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4. Brand- und Schallschutz 109
4.5 Die neue Muster-Verwaltungsvorschrift
Technische Baubestimmungen (MVV TB)
A 2.1.3.3.1 Allgemeines
Info
„Teile baulicher Anlagen sind raumabschlie-
In den Bauordnungen wird zwischen Bau- ßend, wenn sie dauerhaft mindestens für eine
produkten und Bauarten unterschieden. bestimmte, nachfolgend angegebene Zeit-
Das Zusammenfügen von Bauprodukten zu dauer die Brandausbreitung verhindern, der
einer baulichen Anlage oder zu einem Teil Raumabschluss auch im Bereich von Verbin-
einer baulichen Anlage bezeichnet man als dungen und Anschlüssen zu angrenzenden
Bauart. Teilen baulicher Anlagen nicht beeinträchtigt
ist und wenn auf der brandabgewandten Seite
keine Rauchentwicklung und kein Abfallen
Abschnitt A 2 „Brandschutz“ oder Abtropfen von Bestandteilen zu verzeich-
nen ist. Die Verhinderung der Brandausbrei-
Im Abschnitt A 2 werden einleitend unter
tung ist, soweit nichts anderes bestimmt,
2.1 die Schutzziele des Brandschutzes nach
immer für jede der möglichen Brandeinwir-
der Musterbauordnung (MBO) aufgeführt.
kungsrichtungen sicherzustellen (z.B. von
innen nach außen sowie von außen nach
Hiernach sind bauliche Anlagen gemäß § 3
innen). Raumabschließende Teile baulicher
MBO i. V. m. § 14 MBO so anzuordnen, zu
Anlagen tragen, soweit nichts anderes zulässig
errichten, zu ändern und instand zu halten,
ist, hinsichtlich des Brandverhaltens nicht zum
dass
Brand bei (nichtbrennbar).“
■ der Entstehung eines Brandes vorgebeugt
Bei diesen Anforderungen wird überdeutlich,
wird
wie wichtig bei Rohrabschottungen die Verhin-
■ der Ausbreitung von Feuer und Rauch derung der Brandweiterleitung in alle mögli-
(Brandausbreitung) vorgebeugt wird chen Richtungen (auch von oben nach unten)
■ bei einem Brand die Rettung von Menschen ist. Außerdem darf auf der brandabgewandten
und Tieren möglich sind Seite keine Rauchentwicklung und kein Abfal-
len oder Abtropfen von (brennenden) Bestand-
■ wirksame Löscharbeiten möglich sind. teilen verzeichnet werden. Hier stehen
insbesondere der Fachplaner und der ausfüh-
Bemerkenswert sind die Anforderungen, die rende Fachhandwerker in der Verantwortung,
im Abschnitt A 2.1.3.3 an den Raumabschluss dass die Anforderungen an den Brandschutz
im Brandfall gestellt werden. erfüllt und nachgewiesen werden.

Foto „Gusseiserne Abflussrohre beim orientierenden Brandversuch


bei der DMT in Dortmund – Brandsicherheit auch von oben nach unten“

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4. Brand- und Schallschutz 110
4.5 Die neue Muster-Verwaltungsvorschrift
Technische Baubestimmungen (MVV TB)

Foto „Gusseiserne Abflussrohre beim orientierenden Brandversuch bei der DMT in Dortmund – Brandsicherheit auch von oben nach
unten“

Zur Sicherstellung der Brandschutzanforderun- Abschnitt A 5 „Schallschutz“


gen sind Leitungen aus nichtbrennbaren Im Abschnitt A 5 „Schallschutz“ der MVV TB
Werkstoffen der Brandklasse A empfehlens- werden einleitend folgende Anforderungen
wert. Nichtbrennbare Leitungen, wie zum gestellt: „Bauliche Anlagen sind so zu errich-
Beispiel gusseiserne Abflussrohrsysteme mit ten, zu ändern und instand zu halten, dass sie
geprüften Brandabschottungen, führen zu einen ihrer Nutzung entsprechenden Schall-
keiner Brandweiterleitung. Gusseiserne schutz haben. Zur Erfüllung dieser Anforde-
Abflussrohrsysteme entsprechen gemäß rung sind die technischen Regeln bezüglich
DIN 4102-1 und DIN EN 13501-1 der Brand- des Schallschutzes aus Abschnitt A 5.2 zu
klasse „nichtbrennbar A1“ (keine Rauchent- beachten.“
wicklung und kein brennendes Abtropfen).
In den Abschnitt A 5.2 der MVV TB wurde
Die neue Muster-Verwaltungsvorschrift Techni- die Neufassung der Schallschutznorm
sche Baubestimmungen (MVV TB) enthält DIN 4109: Ausgabe 2016 mit den Teilen 1 und
nicht nur Bezugnahmen auf Technische Regeln 2 sowie 31 bis 36 aufgenommen, und deren
für Standardgebäude, sondern in den Ab- Anwendung spezifiziert.
schnitten A 2.1.19 / A 2.1.20 auch für
Garagen und Sonderbauten gemäß § 51 der
Musterbauordnung (MBO). Im Abschnitt A
2.2.2 sind die entsprechenden Muster-Verord-
nungen bzw. Muster-Richtlinien für Garagen
und Sonderbauten aufgeführt.

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4. Brand- und Schallschutz 111
4.5 Die neue Muster-Verwaltungsvorschrift
Technische Baubestimmungen (MVV TB)
Teil C der MVV TB Fall 1: Der Antrag enthält nur
Der Teil C fasst die Technischen Baubestim- bauproduktbezogene Aspekte
mungen für Bauprodukte, die nicht die CE- In diesem Fall wird wie bisher eine allgemeine
Kennzeichnung tragen, und für Bauarten bauaufsichtliche Zulassung für das Bauprodukt
zusammen. erteilt.

Im Abschnitt C2 sind die Technischen Regeln Fall 2: Der Antrag enthält sowohl
und Anforderungen zur Abgabe der Überein- bauprodukt- als auch bauartbezogene
stimmungserklärung für Bauprodukte nach Aspekte
§ 22 der Musterbauordnung (MBO) aufge- Anstelle der bisherigen allgemeinen bauauf-
führt. Bauprodukte, die nur eines allgemeinen sichtlichen Zulassung für Bauprodukt und
bauaufsichtlichen Prüfzeugnisses nach § 19 Bauart wird zukünftig eine allgemeine bauauf-
Absatz 1 Satz 2 der MBO bedürfen, sind im sichtliche Zulassung für das Bauprodukt erteilt,
die zugleich eine Bauartgenehmigung umfasst.
Abschnitt C3 aufgelistet. Abschnitt C4 fasst
Ziffer 8 der Allgemeinen Bestimmungen weist
– unter Benennung des jeweiligen anerkann-
auf diese Doppelfunktion des Bescheids hin.
ten Prüfverfahrens – die Bauarten zusammen,
die nur eines allgemeinen bauaufsichtlichen
Prüfzeugnisses nach § 16a Absatz 3 der MBO Fall 3: Der Antrag enthält nur
bedürfen. bauartbezogene Aspekte
Die bisherige allgemeine bauaufsichtliche
Zulassung für die Bauart wird durch eine
Zum Thema „Informationen zu neuen Be-
allgemeine Bauartgenehmigung ersetzt.
scheidtypen“ teilte das Deutsche Institut für
Bautechnik (DIBt) am 07. Juli 2017 folgendes
mit: “Die novellierten Rechtsvorschriften sehen Für bereits laufende Verfahren gilt eine
Übergangsfrist. Wenn mit der Erstellung des
eine strikte Abgrenzung zwischen Anforderun-
Bescheids bereits vor dem 15. Juli 2017 be-
gen an Bauprodukte – soweit europarechtlich
gonnen wurde, kann das Deutsche Institut für
zulässig – und Regelungen für das Zusammen-
Bautechnik zwischen dem 15. Juli 2017 und
fügen von Bauprodukten zu baulichen Anla-
dem 15. Dezember 2017 auch noch Bescheide
gen, sogenannte Bauarten, vor. Statt der
in der bisherigen Form erteilen.
bisherigen allgemeinen bauaufsichtlichen
Zulassung oder Zustimmung im Einzelfall für
Bauarten wird es nunmehr für Bauarten eine Bereits erteilte Bescheide müssen während
ihrer Geltungsdauer nicht geändert werden.
allgemeine oder vorhabenbezogene Bauartge-
nehmigung geben.
Für die Bundesländer, die die MBO 2016 noch
nicht umgesetzt haben, wird unter Ziffer 8 der
Dies hat Auswirkungen auf die Bescheide, die
Allgemeinen Bestimmungen sichergestellt,
vom DIBt ausgestellt werden. Bei der Bearbei-
dass erteilte Bauartgenehmigungen auch als
tung neuer Anträge werden ab dem 15. Juli
allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen für
2017 folgende Fälle unterschieden:
die Bauart gelten.“

Tabelle „Gegenüberstellung von Verwendbarkeitsnachweisen nach dem bisherigen und dem neuen Verfahren“

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4. Brand- und Schallschutz 112
4.5 Die neue Muster-Verwaltungsvorschrift
Technische Baubestimmungen (MVV TB)
Zusammenfassung Quellenverzeichnis
Nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäi- Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Bau-
schen Union (EuGH) vom 16. Oktober 2014 bestimmungen (MVV TB), Ausgabe 2017/1
wurde von der Bauministerkonferenz (ARGE- vom 31. August 2017 mit Druckfehlerkorrek-
BAU) die Neufassung der Musterbauordnung tur vom 11. Dezember 2017
(MBO) umgesetzt, die gravierende Änderun-
gen des Bauproduktenrechts sowie die Er- Musterbauordnung (MBO), Fassung November
mächtigung für eine normenkonkretisierende 2002 zuletzt geändert durch Beschluss der
Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Bauministerkonferenz vom 13.05.2016 und
Baubestimmungen (MVV TB) enthält. 22.02.2019

Damit das hohe Sicherheitsniveau für Bau- Muster-Richtlinie über brandschutztechnische


werke in Deutschland erhalten bleibt, werden Anforderungen an Leitungsanlagen (MLAR),
zukünftig keine höheren Anforderungen mehr Fassung 10.02.2015 (Redaktionsstand
an europäisch geregelte Bauprodukte mit CE- 05.04.2016)
Zeichen gestellt, sondern stattdessen an die
Bauwerke bzw. Bauarten. Mitteilung des DIBt „Informationen zu neuen
Bescheidtypen“, Stand: 7. Juli 2017
Zumindest in der Übergangsphase werden
diese baurechtlichen Veränderungen bei vielen Stand der Umsetzung der Muster-Verwaltungs-
SHK-Fachleuten zur Verunsicherung führen, vorschrift Technische Baubestimmungen
zumal sie mehr denn je in der Verantwortung (MVV TB) in den Ländern (Stand Januar 2020)
stehen. Hier sind vor allem die Produktherstel-
ler gefordert, durch entsprechende Informatio-
nen und Verwendbarkeitsnachweise die
Fachwelt zu unterstützen.

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4. Brand- und Schallschutz 113
4.6 Brandschutz bei Leitungsanlagen in Garagen

Für den Bau und Betrieb von Garagen beste- (GarVO) sind erstmals Auswirkungen aus be-
hen in den Bundesländern Sonderbauverord- sonderen Schadens-Ereignissen eingeflossen,
nungen, die in starker Anlehnung an die insbesondere zu Brandschutzmaßnahmen von
Muster-Garagen-Verordnung (M-GarVO) der Leitungsanlagen. Die wichtigsten Anforderun-
ARGEBAU eingeführt wurden. In die aktuellen gen haben wir für Sie in diesem Beitrag zu-
Überarbeitungen der Garagen-Verordnungen sammengefasst.

Kopfzeile „Muster-Garagenverordnung (M-GarVO)“

Wichtige Begriffe gemäß Muster- Automatische Garagen sind Garagen ohne


Garagenverordnung (M-GarVO) Personen- und Fahrverkehr, in denen die Kraft-
fahrzeuge mit mechanischen Förderanlagen
Offene Garagen sind Garagen, die unmittel-
von der Garagenzufahrt zu den Garagenein-
bar ins Freie führende unverschließbare Öff-
stellplätzen befördert und ebenso zum Abho-
nungen in einer Größe von insgesamt min-
len an die Garagenausfahrt zurückbefördert
destens einem Drittel der Gesamtfläche der
werden.
Umfassungswände haben, bei denen mindes-
tens zwei sich gegenüberliegende Umfas-
Ein Einstellplatz ist eine Fläche, die dem Ab-
sungswände mit den ins Freie führenden
stellen eines Kraftfahrzeuges in einer Garage
Öffnungen nicht mehr als 70 m voneinander
oder auf einem Stellplatz dient.
entfernt sind und bei denen eine ständige
Querlüftung vorhanden ist.
Die Nutzfläche einer Garage ist die Summe
aller miteinander verbundenen Flächen der Ga-
Offene Kleingaragen sind Kleingaragen, die
rageneinstellplätze und der Verkehrsflächen.
unmittelbar ins Freie führende unverschließ-
Die Nutzfläche einer automatischen Garage ist
bare Öffnungen in einer Größe von insgesamt
die Summe der Flächen aller Garageneinstell-
mindestens einem Drittel der Gesamtfläche der
plätze. Einstellplätze auf Dächern (Dachein-
Umfassungswände haben.
stellplätze) und die dazugehörigen Verkehrs-
flächen werden der Nutzfläche nicht zugerech-
Geschlossene Garagen sind Garagen, die
net, soweit nichts anderes bestimmt ist.
die Voraussetzungen für offene Garagen und
offene Kleingaragen nicht erfüllen.
Es sind Garagen mit einer Nutzfläche
bis 100 m² Kleingaragen,
Oberirdische Garagen sind Garagen, deren
über 100 m² bis 1.000 m² Mittelgaragen und
Fußboden im Mittel nicht mehr als 1,50 m
über 1.000 m² Großgaragen.
unter der Geländeoberfläche liegt.

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4. Brand- und Schallschutz 114
4.6 Brandschutz bei Leitungsanlagen in Garagen

Rauch- und Brandabschnitte gemäß Garagenflächen sind grundsätzlich von ande-


§ 11 der M-GarVO ren Nutzungen brandschutztechnisch zu tren-
nen (zum Beispiel brandschutztechnische
Geschlossene Garagen, ausgenommen auto-
Trennung zwischen Garagen- und Wohnbe-
matische Garagen, müssen durch mindestens
reich durch F90-Decken).
feuerhemmende, aus nichtbrennbaren Bau-
stoffen bestehende Wände in Rauchabschnitte
Für Leitungsanlagen in Garagen gelten die An-
unterteilt sein. Die Nutzfläche eines Rauchab-
forderungen der Leitungsanlagen-Richtlinien
schnitts darf
der Länder. Die Abschottungen von Leitungs-

Feuerwiderstandsdauer der Bauteile ‒ gemäß


anlagen müssen entsprechend der geforderten
1. in oberirdischen geschlossenen Garagen
höchstens 5000 m²,
‒ ausgeführt werden. Nach der Muster-
dem projektspezifischen Brandschutzkonzept
2. in sonstigen geschlossenen Garagen
höchstens 2500 m²
leitungsanlagenrichtlinie (MLAR), Fassung
10.02.2015 sind zum Beispiel Abschottungen
betragen; sie darf höchstens doppelt so groß
von Abwasserleitungen entweder nach den
sein, wenn die Garagen Sprinkleranlagen
entsprechenden Verwendbarkeitsnachweisen
haben. Ein Rauchabschnitt darf sich auch über
(Abschnitt 4.1) oder nach den Erleichterungen
mehrere Geschosse erstrecken.
(Abschnitte 4.2 und 4.3) auszuführen.

Bild „Geprüfte Rohrabschottung für waagerecht verlegte nichtbrennbare gusseiserne Abflussrohre mit ABP P-MPA-E-05-032 der
Firma SAINT-GOBAIN ISOVER“

Rettungswege gemäß § 13 Rettungswegen befinden sich in der Muster-


der M-GarVO bauordnung (MBO), Fassung November 2002.
Nach § 33 „Erster und zweiter Rettungsweg“
Im Baurecht spricht man von Rettungswegen
Abs. 1 gelten folgende Anforderungen:
und meint damit in der Regel sowohl Wege
„Für Nutzungseinheiten mit mindestens einem
zur Eigen- als auch zur Fremdrettung (Flucht-
Aufenthaltsraum, wie Wohnungen, Praxen,
und Rettungswege). Wichtige Festlegungen
selbstständige Betriebsstätten müssen in
hinsichtlich der Zahl und der Ausbildung von

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4. Brand- und Schallschutz 115
4.6 Brandschutz bei Leitungsanlagen in Garagen

jedem Geschoss mindestens zwei voneinander mindestens eine notwendige Treppe oder ein
unabhängige Rettungswege ins Freie vorhan- Ausgang ins Freie
den sein; beide Rettungswege dürfen jedoch
innerhalb des Geschosses über denselben not- 1. bei offenen Mittel- und Großgaragen in
wendigen Flur führen“. einer Entfernung von höchstens 50 m,
2. bei geschlossenen Mittel- und Großgaragen
Bei der Forderung nach zwei voneinander un- in einer Entfernung von höchstens 30 m
abhängigen Rettungswegen geht man davon erreichbar sein.
aus, dass bei einem Brand einer der beiden Die Entfernung ist in der Luftlinie, jedoch nicht
Flucht- und Rettungswege ausfallen kann durch Bauteile zu messen.
(Redundanz).
Leitungsanlagen in Flucht-
Jede Mittel- und Großgarage muss in jedem und Rettungswegen
Geschoss mindestens zwei voneinander unab-
In der Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie
hängige Rettungswege nach § 33 Abs. 1 MBO
(MLAR), Fassung 10.02.2015 sind im Ab-
haben. In oberirdischen Mittel- und Großgara-
schnitt 3 die grundlegenden Voraussetzungen
gen genügt ein Rettungsweg, wenn ein Aus-
für sichere Flucht- und Rettungswege festge-
gang ins Freie in höchstens 10 m Entfernung
legt. Hiernach dürfen brennbare Leitungen,
erreichbar ist. Der zweite Rettungsweg darf
zum Beispiel Kunststoffrohre, in Flucht- und
auch über eine Rampe führen. Bei oberirdi-
Rettungswegen nicht freiverlegt werden. In
schen Mittel- und Großgaragen, deren Einstell-
der Regel ist dann eine brandschutztechnische
plätze im Mittel nicht mehr als 3 m über der
Kapselung durch die Verlegung innerhalb von
Geländeoberfläche liegen, sind Treppenräume
Unterdecken, Bodenkanälen oder Installations-
für notwendige Treppen nicht erforderlich.
schächten mit einer Feuerwiderstandsdauer
von 30 Minuten (F 30) erforderlich. Nicht-
Von jeder Stelle einer Mittel- und Großgarage
brennbare Leitungen, zum Beispiel gusseiserne
muss in demselben Geschoß mindestens ein
Abflussrohrsysteme, dürfen in Flucht- und Ret-
Treppenraum einer notwendigen Treppe oder,
tungswegen frei verlegt werden.
wenn ein Treppenraum nicht erforderlich ist,

Info

„Aus beispielsweise 10 kg Polyethy-


len, Polyurethan oder PVC entsteht
23.000 bis 25.000 m³ Rauch.
Damit könnten 100 Wohnungen
mit 100 m2 Wohnfläche mit Rauch
gefüllt werden, so dass für deren
Bewohner keine Überlebenschance
besteht.“ (Quelle: Bernd Prümer
„Brandschutz in der Gebäudetech-
nik“, Gentner Verlag).

Abbildung „Brandschutztechnische Kapselung von


brennbaren Leitungen in Flucht- und Rettungs-
wegen“

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4. Brand- und Schallschutz 116
4.6 Brandschutz bei Leitungsanlagen in Garagen

Brandlasten und
Brandklassifizierung
Der Begriff Brandlast wird immer im Zusam-
menhang mit dem Brandschutz von Gebäuden
verwendet. Unter der Brandlast eines Gegen-
standes versteht man die Energie, die bei
dessen Verbrennung frei wird und damit bei
Schutzmaßnahmen für einen möglichen Ge-
bäudebrand zu berücksichtigen ist. Die Brand-
last entsteht durch alle brennbaren Stoffe, die
in ein Gebäude eingebracht werden. Sie ist
von der Menge und vom Heizwert der Stoffe
Abbildung „Freie Verlegung von nichtbrennbaren gusseisernen
abhängig. Abflussrohrsystemen in Flucht- und Rettungswegen“

Die Brandlast wird in kWh/m² angegeben und


ist das auf eine bestimmte Grundfläche – zum Zusätzliche bauliche Brandlasten in Garagen
Beispiel eine Brandabschnittsfläche – bezoge- sollten unbedingt vermieden werden. Schon
ne Wärmepotenzial aller vorhandenen brenn- durch die abgestellten Fahrzeuge entstehen in
baren Stoffe. Eine Liste mit „Brandlasten für Garagen immense Brandlasten. Weitere brenn-
verschiedene Nutzungen“ steht zum Beispiel bare Materialien sind erfahrungsgemäß an der
unter www.bauforumstahl.de zur Verfügung. Entstehung von Bränden beteiligt oder unter-
stützen einen Brand erheblich bei seiner Aus-
Hohe Brandlasten entstehen zum Beispiel breitung innerhalb der Garage und den
schon durch die falsche Auswahl von Baustof- angrenzenden Gebäudeteilen. Leitungen in-
fen. Deshalb sollte bereits in der Planungs- nerhalb von Garagen sollten vorzugsweise aus
phase des Gebäudes auf eine Reduzierung nichtbrennbaren Werkstoffen der Brandklasse
unnötiger Brandlasten geachtet werden. A bestehen.
Nichtbrennbare Materialien mit der Baustoff-
klasse A sollten immer bevorzugt werden. In Deutschland ist momentan die Klassifizie-
rung des Brandverhaltens von Baustoffen
Bezüglich der Brandlasten in Garagen wird in sowohl nach DIN 4102-1 als auch nach
der Praxis noch häufig mit dem Kommentar DIN EN 13501-1 möglich. Nur bei Bauproduk-
zur Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie (3. ak- ten und Bauarten, die der CE-Kennzeichnung
tualisierte und erweiterte Auflage aus dem unterliegen, ist eine Brandklassifizierung nach
Jahre 2007) argumentiert, nach dem die Mon- der DIN EN 13501-1 zwingend erforderlich.
tage von brennbaren Leitungswerkstoffen und
deren Dämmung inklusive einer brennbaren Info
Isolierbeschichtung zulässig sei. Das Verhältnis
der Brandlasten in Form von Fahrzeugen zu Bei nichtbrennbaren gusseisernen Abfluss-
den Leitungsanlagen sei relativ gering. Diese rohrsystemen müssen keine Brandlasten
Erläuterung ist mit der Ausgabe des Kommen- berücksichtigt werden. Beim Werkstoff
tars zur Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie Polyethylen (PE) entsteht zum Beispiel pro
(4. komplett überarbeitete Auflage aus dem kg eine Brandlast von 12 KWh.
Jahre 2011) entfallen.

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4. Brand- und Schallschutz 117
4.6 Brandschutz bei Leitungsanlagen in Garagen

Tabelle „Brandklassifizierung nach DIN EN 13501-1 und DIN 4102-1“

„Freiverlegte
nichtbrennbare
gusseiserne Ent-
wässerungslei-
tungen innerhalb
einer Tiefgarage“

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4. Brand- und Schallschutz 118
4.6 Brandschutz bei Leitungsanlagen in Garagen

Anforderungen aus Sicht Zusammenfassung


der Feuerwehren
Mit der erheblichen Zunahme an Fahrzeugen Garagen stellen aufgrund zahlreicher Zünd-
in den letzten Jahrzehnten nehmen auch die quellen für eine Brandentstehung, hoher
Anzahl und Größe von Garagen zu. Insbeson- Brandlasten sowie der Gefahr einer schnellen
dere unterirdische Garagen mit sehr tief ange- Brandausbreitung ein besonders hohes Gefah-
ordneten Ebenen haben zugenommen. renpotential dar. Dies zeigt sich an der deutlich
Hierdurch haben sich für die Feuerwehren die erkennbaren Zunahme von größeren Brander-
Anforderungen an den abwehrenden Brand- eignissen in Garagen.
schutz deutlich erhöht. In den letzten Jahren
ist eine Zunahme von größeren Brandereignis- Aufgrund der Komplexität muss für Garagen,
sen in Garagen festzustellen. die unter die Garagenverordnungen fallen, ein
projektspezifisches Brandschutzkonzept erstellt
Nach Informationen der Feuerwehren werden werden. Das erforderliche Konzept ist die Basis
Garagen häufig für die Installationsführung für eine brandschutztechnisch einwandfreie
von sämtlichen Leitungsanlagen des Gebäudes Ausführung der Garage einschließlich der Ret-
genutzt, ohne dass eine brandschutztechni- tungswege und der Leitungsanlagen.
sche Trennung vorgenommen wird.
Zunehmend werden auch Anlagen, wie Fett- Brennbare Bau-, Rohrleitungs- und Dämm-
abscheider-Anlagen oder Kühlgeräte, ohne materialien sind erfahrungsgemäß nicht nur
brandschutztechnische Trennung aufgestellt. an der Entstehung von Bränden beteiligt, son-
Zur Minimierung des Gefahrenpotentials sollte dern unterstützen zusätzlich einen Brand bei
für Garagen, die unter die Garagenverordnun- seiner Ausbreitung innerhalb der Garage und
gen fallen, immer ein projektspezifisches den angrenzenden Gebäudeteilen.
Brandschutzkonzept erstellt werden.
Leitungen innerhalb von Garagen sollten vor-
zugsweise aus nichtbrennbaren Werkstoffen
der Brandklasse A bestehen. Nichtbrennbare
Leitungen, wie zum Beispiel gusseiserne Ab-
flussrohrsysteme, führen zu keiner Brandlast
oder Brandweiterleitung und dürfen in Flucht-
und Rettungswegen frei verlegt werden.

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4. Brand- und Schallschutz 119
4.7 Brandschutz in Industriebauten
gemäß der Muster-Industriebau-Richtlinie

Großbrand bei Verpackungshersteller (© Weitzel.cc)

Ziel der Muster-Industriebau-Richtlinie ist die Anwendungsbereich der


Regelung der Mindestanforderungen an den Muster-Industriebau-Richtlinie
Brandschutz von Industriebauten, hierbei vor
Gemäß Abschnitt 3.1 gilt die Muster-Industrie-
allem die Größe der Brandabschnitte bzw.
bau-Richtlinie für Gebäude oder Gebäudeteile
Brandbekämpfungsabschnitte, die Feuerwider-
im Bereich der Industrie und des Gewerbes,
standsfähigkeit der Bauteile und die Brennbar-
die der Produktion oder Lagerung von Produk-
keit der Baustoffe sowie die Anordnung, Lage
ten oder Gütern dienen. Sie gilt für Industrie-
und Länge der Rettungswege.
bauten nach Abschnitt 3.1, sofern diese keine
Aufenthaltsräume in einer Höhe von mehr als
Industriebauten, die den Anforderungen der
22 m haben oder Aufenthaltsräume in einer
Richtlinie entsprechen, erfüllen die Schutzziele
Höhe von mehr als 22 m haben, welche nur
des § 14 der Musterbauordnung (MBO).
vorübergehend zu Wartungs- und Kontroll-
zwecken begangen werden. Für diese Indus-
Bei Industriebauten handelt es sich um
triebauten ist die Muster-Hochhaus-Richtlinie
Sonderbauten im Sinne des § 51 Abs. 1 der
(MHHR) nicht anzuwenden.
Musterbauordnung (MBO).

Kopfzeile „Muster-Industriebau-Richtlinie“

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4. Brand- und Schallschutz 120
4.7 Brandschutz in Industriebauten
gemäß der Muster-Industriebau-Richtlinie
Die Richtlinie gilt nicht für Reinraumgebäude. Brandabschnitt /
Brandabschnittsfläche
Für Industriebauten mit geringeren Brandge-
fahren, wie Ein Brandabschnitt ist der Bereich eines Ge-
- Industriebauten, die überwiegend offen bäudes, der gegenüber anderen Gebäudetei-
sind, wie überdachte Freianlagen oder len oder anderen Gebäuden durch brand-
Freilager, oder die aufgrund ihres Verhaltens schutztechnische Maßnahmen, wie zum
im Brandfall diesen gleichgestellt werden Beispiel Brandwände mit Brandschutztüren
können, begrenzt ist, um eine Brandweiterleitung für
einen definierten Zeitraum sicher zu verhin-
- Industriebauten, die lediglich der Aufstel- dern.
lung technischer Anlagen dienen und Die Brandabschnittsfläche umfasst die Grund-
die nur vorübergehend zu Wartungs- und fläche eines Brandabschnitts zwischen den
Kontrollzwecken begangen werden, aufgehenden Umfassungsbauteilen.
(Einhausungen, z.B. aus Gründen des Witte-
rungs- oder Immissionsschutzes), Brandbekämpfungsabschnitt /
Brandbekämpfungsabschnittsfläche
können Erleichterungen gestattet werden,
wenn die bauordnungsrechtlichen Schutzziele Ein Brandbekämpfungsabschnitt ist gemäß
erfüllt sind. Abschnitt 3.4 der Muster-Industriebau-Richtli-
nie ein auf das kritische Brandereignis norma-
Weitergehende Anforderungen können ge- tiv bemessener, gegenüber anderen Gebäude-
stellt werden zum Beispiel für Regallager mit bereichen brandschutztechnisch abgetrennter
brennbarem Lagergut und einer Oberkante Gebäudebereich mit spezifischen Anforderun-
Lagerguthöhe von mehr als 9,0 m. gen an Wände und Decken, die diesen Brand-
bekämpfungsabschnitt begrenzen.

Info Die Brandbekämpfungsabschnittsfläche wird


im Abschnitt 3.6 der Richtlinie wie folgt defi-
Zur Sicherstellung der Schutzziele des niert: “Die Brandbekämpfungsabschnittsfläche
Brandschutzes ist bei Sonderbauten grund- ist die Summe der Grundflächen von Ge-
sätzlich die Erstellung eines spezifischen schossen und Ebenen des Brandbekämpfungs-
Brandschutzkonzeptes erforderlich. abschnitts zwischen den aufgehenden
Umfassungsbauteilen.“

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4. Brand- und Schallschutz 121
4.7 Brandschutz in Industriebauten
gemäß der Muster-Industriebau-Richtlinie
Werkfeuerwehr Feuerlöschanlagen
Die Werkfeuerwehr muss nach Landesrecht In der Regel dürfen nur selbsttätige, für das
anerkannt sein. Sie muss jederzeit in spätes- vorhandene Brandgut geeignete flächende-
tens 5 Minuten nach ihrer Alarmierung die ckende Feuerlöschanlagen berücksichtigt
Einsatzstelle erreicht haben, von der aus die werden.
erste Brandbekämpfung stattfindet.
Sicherheitskategorien
Brandmeldeanlagen Sicherheitskategorien sind Klassierungsstufen
Bis auf wenige Ausnahmefälle dürfen nur für die brandschutztechnische Infrastruktur.
flächendeckende Brandmeldeanlagen mit Sie ergeben sich aus den Vorkehrungen für die
automatischen Brandmeldern und technischen Brandmeldung, der Art der Feuerwehr und der
Maßnahmen zur Vermeidung von Falschalar- Art einer Feuerlöschanlage.
men zum Einsatz kommen.

Tabelle „Einteilung von Brandabschnitten und Brandbekämpfungsabschnitten in Sicherheitskategorien“

Brandsicherheitsklassen Die Brandlast wird in kWh/m² angegeben und


Entsprechend ihrer brandschutztechnischen ist das auf eine bestimmte Grundfläche – zum
Bedeutung werden an die einzelnen Bauteile Beispiel eine Brandabschnittsfläche – bezo-
unterschiedliche Anforderungen gestellt. Zur gene Wärmepotenzial aller vorhandenen
Bewertung werden die Bauteile, wie zum Bei- brennbaren Stoffe. Eine Liste mit „Brandlasten
spiel Wände, Decken, Abschlüsse, Kabel- und für verschiedene Nutzungen“ steht zum
Rohrdurchführungen den Brandsicherheits- Beispiel unter www.bauforumstahl.de
klassen SKb1 bis SKb3 im Abschnitt 7.2 der zur Verfügung.
Muster-Industriebau-Richtlinie zugeordnet. Hohe Brandlasten entstehen zum Beispiel
schon durch eine ungünstige Auswahl von
Brandlasten und Brandklassifizierung Baustoffen. Deshalb sollte bereits in der Pla-
nungsphase des Gebäudes auf eine Reduzie-
Der Begriff Brandlast wird immer im Zusam- rung unnötiger Brandlasten geachtet werden.
menhang mit dem Brandschutz von Gebäuden Nichtbrennbare Materialien mit der Baustoff-
verwendet. Unter der Brandlast eines Gegen- klasse A sollten immer bevorzugt werden.
standes versteht man die Energie, die bei
dessen Verbrennung frei wird und damit bei In Deutschland ist momentan die Klassifizie-
Schutzmaßnahmen für einen möglichen Ge- rung des Brandverhaltens von Baustoffen so-
bäudebrand zu berücksichtigen ist. Die Brand- wohl nach DIN 4102-1 als auch nach DIN EN
last entsteht durch alle brennbaren Stoffe, die 13501-1 möglich. Nur bei Bauprodukten und
in ein Gebäude eingebracht werden. Sie ist Bauarten, die der CE-Kennzeichnung unterlie-
von der Menge und vom Heizwert der Stoffe gen, ist eine Brandklassifizierung nach der
abhängig. DIN EN 13501-1 zwingend erforderlich.

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4. Brand- und Schallschutz 122
4.7 Brandschutz in Industriebauten
gemäß der Muster-Industriebau-Richtlinie

Tabelle „Brandklassifizierung nach DIN EN 13501-1 und DIN 4102-1“

Nachweisverfahren
Vereinfachtes Nachweisverfahren
Beim vereinfachten Verfahren nach Abschnitt
6 der Muster-Industriebau-Richtlinie wird in
Abhängigkeit von der Feuerwiderstandsklasse
der tragenden und aussteifenden Bauteile, der
Sicherheitskategorie und der Anzahl der ober-
irdischen Geschosse nach Tabelle 2 der Richtli-
nie die zulässige Größe der Brandabschnitts-
fläche für einen Brandabschnitt festgelegt.

Vollinhaltliches Nachweisverfahren
Das vollinhaltliche Nachweisverfahren wird
gemäß Abschnitt 7 der Muster-Industriebau-
Richtlinie durchgeführt. Hierbei werden auf

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4. Brand- und Schallschutz 123
4.7 Brandschutz in Industriebauten
gemäß der Muster-Industriebau-Richtlinie
der Grundlage des Berechnungsverfahrens Rettungswege gemäß
nach DIN 18230-1 „Baulicher Brandschutz im Muster-Industriebau-Richtlinie
Industriebau – Teil 1: Rechnerisch erforderliche
Die Anforderungen an Rettungswege in Indus-
Feuerwiderstandsdauer“, Ausgabe September
triebauten werden im Abschnitt 5.6 der Richt-
2010 die zulässige Fläche und die Anforderun-
linie beschrieben.
gen an die Bauteile in Abhängigkeit von den
Zu den Rettungswegen in Industriebauten
Brandsicherheitsklassen, der brandschutztech-
gehören hauptsächlich folgende Bereiche:
nischen Infrastruktur, der Rauchableitung, der
■ Hauptgänge in den Produktions- und
Brandlasthöhe und weiterer Faktoren und
Lagerräumen,
Komponenten für einen Brandbekämpfungs-
abschnitt bestimmt. ■ Ausgänge aus diesen Räumen,

■ die notwendigen Flure,


Ingenieurmethoden ■ die notwendigen Treppen und
Anstelle des vereinfachten Nachweisverfahrens ■ die Ausgänge ins Freie.
nach Abschnitt 6 bzw. des vollinhaltlichen Hat der Industriebau eine Grundfläche von
Nachweisverfahrens nach Abschnitt 7 können mehr als 1.600 m² müssen in jedem Geschoss
auch Methoden des Brandschutzingenieurwe- mindestens zwei möglichst entgegengesetzt
sens eingesetzt werden. Die Grundsätze und liegende bauliche Rettungswege vorhanden
Voraussetzungen für die Aufstellung solcher sein. Jeder Raum mit einer Grundfläche von
Nachweise sowie die Nachweisführung und mehr als 200 m² muss mindestens zwei Aus-
Dokumentation sind im Anhang 1 der Muster- gänge haben.
Industriebau-Richtlinie geregelt.
Im Regelfall ist die maximale Rettungsweg-
länge – bei einer lichten Höhe bis zu 5 m –
Info auf 35 m beschränkt. Wenn eine automatische
Brandmeldeanlage (Internalarm) oder selbst-
Der Ersteller des Brandschutzkonzeptes hat tätige Feuerlöschanlage und Handauslösung
bei der Anwendung der Muster-Industrie- der Alarmierungseinrichtungen vorhanden ist,
bau-Richtlinie verschiedene Möglichkeiten erhöht sich die maximale Rettungsweglänge –
des Nachweisverfahrens, wobei die unter- bei einer lichten Raumhöhe bis zu 5 m – auf
schiedlichen Verfahren jedoch nicht mitei- 50 m. Mit zunehmender lichter Raumhöhe er-
nander vermischt werden dürfen. höhen sich die maximalen Rettungsweglängen
auf maximal 50 m bzw. 70 m.

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4. Brand- und Schallschutz 124
4.7 Brandschutz in Industriebauten
gemäß der Muster-Industriebau-Richtlinie
Hinweis: Die Entfernungen werden in Luftli- Die anderen Brandabschnitte oder Brandbe-
nie, jedoch nicht durch Bauteile gemessen, kämpfungsabschnitte müssen Ausgänge un-
wobei die tatsächliche Lauflänge nicht mehr mittelbar ins Freie oder zu notwendigen
als das 1,5-fache der in Luftlinie gemessenen Treppenräumen mit einem sicheren Ausgang
Entfernung betragen darf. ins Freie haben.

Zu den besonders wichtigen Bereichen bei In- Leitungsanlagen in Rettungswegen


dustriebauten zählen die Hauptgänge. Von Bei der Verlegung von Leitungsanlagen inner-
jeder Stelle eines Produktions- oder Lagerrau- halb der Rettungswege von Industriebauten
mes soll nach mindestens 15 m Lauflänge ein muss zunächst geprüft werden, für welche
Hauptgang erreichbar sein. Diese müssen min- Rettungswege der Abschnitt 3 der Muster-
destens 2 m breit sein und sollen geradlinig zu Leitungsanlagen-Richtlinie (MLAR), Fassung
Ausgängen: 10.02.2015 anzuwenden ist.

Abbildung zu „Rettungs-
wege über Hauptgänge“

■ ins Freie, Im Abschnitt 3 der MLAR sind die grundlegen-


■ zu notwendigen Treppenräumen, den Voraussetzungen für sichere Flucht- und
■ zu Außentreppen, Rettungswege festgelegt. Hiernach dürfen
brennbare Leitungen, zum Beispiel Kunststoff-
■ zu Treppen von Ebenen und Einbauten, rohre, in Flucht- und Rettungswegen nicht
■ zu offenen Gängen, freiverlegt werden. In der Regel ist dann eine
■ über begehbare Dächer auf das brandschutztechnische Kapselung durch die
Grundstück, Verlegung innerhalb von Unterdecken, Boden-
■ zu anderen Brandabschnitten oder kanälen oder Installationsschächten mit einer
Feuerwiderstandsdauer von 30 Minuten (F 30)
■ zu anderen Brandbekämpfungs-
erforderlich. Nichtbrennbare Leitungen, zum
abschnitten führen.
Beispiel gusseiserne Abflussrohrsysteme, dür-
fen in Flucht- und Rettungswegen frei verlegt
werden.

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4. Brand- und Schallschutz 125
4.7 Brandschutz in Industriebauten
gemäß der Muster-Industriebau-Richtlinie

Abbildung „Freie Verlegung von nichtbrennbaren gusseisernen


Abflussrohrsystemen in Flucht- und Rettungswegen“

Abbildung „Brandschutztechnische Kapselung von brennbaren


Leitungen in Flucht- und Rettungs-wegen“

Info

Bei nichtbrennbaren gusseisernen Abfluss-


rohrsystemen müssen keine Brandlasten
berücksichtigt werden. Beim Werkstoff Po-
lyethylen (PE) entsteht zum Beispiel pro kg
eine Brandlast von 12 KWh.

Brandwände und Wände zur


Trennung von Brandbekämpfungs-
abschnitten
Im Abschnitt 5.10 der Richtlinie werden die
Anforderungen an Brandwände und Wände
zur Trennung von Brandbekämpfungsabschnit-
ten beschrieben. Diese sind mindestens 0,5 m
über Dach zu führen. Hierüber dürfen keine
brennbaren Teile hinweggeführt werden.
Im Bereich von Außenwänden ist durch geeig-
nete Maßnahmen eine Brandübertragung auf
andere Brandabschnitte bzw. Brandbekämp-
fungsabschnitte zu verhindern.

Abbildung „Ausführungsbeispiel einer Brandwand über Dach“

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4. Brand- und Schallschutz 126
4.7 Brandschutz in Industriebauten
gemäß der Muster-Industriebau-Richtlinie

Abbildungen „Ausführungsbeispiele von Brandwänden im Bereich von Außenwänden“

Für Leitungsanlagen in Industrie-


bauten gelten die Anforderungen
der Leitungsanlagen-Richtlinien
der Länder. Die Abschottungen
von Leitungsanlagen müssen ent-
sprechend der geforderten Feuer-
widerstandsdauer der Bauteile –
gemäß dem projektspezifischen
Brandschutzkonzept – ausgeführt
werden. Nach der Musterleitungs-
anlagenrichtlinie (MLAR), Fassung
November 2005 sind zum Beispiel
Abschottungen von Abwasserlei-
tungen entweder nach den ent-
sprechenden Verwendbarkeits-
nachweisen (Abschnitt 4.1) oder nach den Bild „Geprüfte Rohrabschottung für waagerecht verlegte nicht-
brennbare gusseiserne Abflussrohre mit ABP P-MPA-E-05-032
Erleichterungen (Abschnitte 4.2 und 4.3) der Firma SAINT-GOBAIN ISOVER“
auszuführen.

Dächer Betreiberpflichten
Oftmals tragen Dächer bei Brandfällen in In- Zu den Betreiberpflichten heißt es im Ab-
dustrie- und Gewerbebetrieben in erheblichem schnitt 9 der Richtlinie: “Änderungen der
Maße zur Brandausbreitung bei. Die brand- brandschutztechnischen Infrastruktur sowie
schutztechnischen Anforderungen an Dächer eine Erhöhung der Brandlast erfordern eine
werden im Abschnitt 5.13 der Muster-Indus- Überprüfung des Brandschutzkonzeptes. Er-
triebau-Richtlinie erläutert. gibt sich daraus eine niedrigere Sicherheits-

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4. Brand- und Schallschutz 127
4.7 Brandschutz in Industriebauten
gemäß der Muster-Industriebau-Richtlinie

Foto „Nichtbrennbares gusseisernes Abflussrohrsystem PAM-Global S“ (SAINT-GOBAIN HES)

Foto „Nichtbrennbares gusseisernes Abflussrohrsystem mit Sonderbeschichtung Typ MLK-protec“ (Düker)

kategorie, eine höhere äquivalente Branddauer schutzkonzeptes nach Erteilung der Baugeneh-
oder eine höhere rechnerisch erforderliche migung.“
Feuerwiderstandsdauer, so liegt eine Nut- Das bedeutet für den Betreiber des Industrie-
zungsänderung vor. Solche Nutzungsänderun- oder Gewerbebetriebes, dass schon beginnend
gen bedürfen dann eines Bauantrages und beim Brandschutzkonzept, jegliche Erhöhung

zungsänderung ‒ mit allen sich daraus erge-


einer Baugenehmigung, wenn sich aus ihnen der Brandlasten eine Überprüfung auf Nut-

benden Konsequenzen ‒ erfordert.


höhere Anforderungen ergeben. Dies gilt auch
bei Änderungen und Ergänzungen des Brand-

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4. Brand- und Schallschutz 128
4.7 Brandschutz in Industriebauten
gemäß der Muster-Industriebau-Richtlinie
Zur Betreiberverantwortung gehört generell Quellenverzeichnis
die kontinuierliche Instandhaltung der brand- Muster-Richtlinie über den baulichen Brand-
schutztechnischen Anlagen durch regelmäßige schutz im Industriebau (Muster-Industriebau-
Inspektion und Wartung. Richtlinie – MIndBauRL), Stand Mai 2019
Zusammenfassung DIN 18230-1 „Baulicher Brandschutz im
Bei Gebäuden der Industrie und des Gewerbes Industriebau – Teil 1:
kommt es aufgrund des Umganges mit brenn- Rechnerisch erforderliche Feuerwiderstands-
baren Arbeits- und Gefahrstoffen bei Produkti- dauer“, Ausgabe September 2010
onsprozessen sowie bei der Lagerung von
brennbarem Lagergut mit hohen Brandlasten Muster-Richtlinie über brandschutztechnische
immer wieder zu Brandfällen großen Ausma- Anforderungen an Leitungsanlagen (MLAR),
ßes. Fassung 10.02.2015 (Redaktionsstand
05.04.2016)
Zur Sicherstellung der Schutzziele des Brand-
schutzes ist bei Industriebauten grundsätzlich Kommentar zur Muster-Leitungsanlagen-
die Erstellung eines spezifischen Brandschutz- Richtlinie (MLAR), 5. Auflage 2018
konzeptes erforderlich. Das Brandschutzkon-
zept ist die Basis für eine brandschutztech- Veröffentlichung „Brandschutz im Industrie-
nisch einwandfreie Ausführung des Industrie- und Gewerbebau“ unter
gebäudes einschließlich der Rettungswege und www.bauforumstahl.de
der Leitungsanlagen.

Zur Minimierung der Brandlasten sollten


Leitungen innerhalb von Industriebauten vor-
zugsweise aus nichtbrennbaren Werkstoffen
der Brandklasse A bestehen. Nichtbrennbare
Leitungen, wie zum Beispiel gusseiserne Ab-
flussrohrsysteme, führen zu keiner Brandlast
oder Brandweiterleitung und dürfen in Flucht-
und Rettungswegen frei verlegt werden.

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4. Brand- und Schallschutz 129
4.8 Brandschutz in Hochhäusern gemäß
der Muster-Hochhaus-Richtlinie (MHHR)

A_Lesik / Shutterstock.com

Die Muster-Hochhaus-Richtlinie (MHHR) ent- ordnung (MBO) setzt die Muster-Hochhaus-


hält besondere Anforderungen und Lösungen Richtlinie (MHHR) den Löschangriff der Feuer-
für den baulichen und betrieblichen, beson- wehr aus dem Inneren des Gebäudes voraus
ders aber für den anlagentechnischen Brand- und stellt nicht auf einen Außenangriff ab,
schutz in Hochhäusern. auch nicht für den Bereich unter 22 Meter.

Definition: Nach dem deutschen Baurecht Die MHHR ermöglicht unter der Vorausset-
handelt es sich bei Hochhäusern um Gebäude, zung einer feuerbeständigen Tragkonstruktion
bei denen der Fußboden mindestens eines mit geschossweiser Abschottung und zusätzli-
Aufenthaltsraumes mehr als 22 Meter über cher Gebäudesicherheitstechnik einen flexiblen
der festgelegten Geländeoberfläche liegt. Ausbau innerhalb der Geschossebenen und
entspricht so den Nutzerinteressen.
Wesentliches Schutzziel der MHHR ist der Per-
sonenschutz. Abweichend von der Musterbau-

Kopfzeile „Muster-Hochhaus-Richtlinie (MHHR)“

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4. Brand- und Schallschutz 130
4.8 Brandschutz in Hochhäusern gemäß
der Muster-Hochhaus-Richtlinie (MHHR)
Anwendungsbereich der Muster- Folgende raumabschließende Bauteile müssen
Hochhaus-Richtlinie nach Abschnitt 3.2.3 mit der Feuerwider-
standsfähigkeit der tragenden Bauteile ausge-
Die Muster-Hochhaus-Richtlinie (MHHR) regelt
führt werden:
besondere Anforderungen und Erleichterun-
1. Geschossdecken,
gen im Sinne von § 51 Abs. 1 (Sonderbauten)
2. Wände von notwendigen Treppenräumen
der Musterbauordnung (MBO) für den Bau
und deren Vorräumen,
und Betrieb von Hochhäusern (§ 2 Abs. 4 Nr. 1
3. Wände der Fahrschächte von Feuerwehr-
MBO).
aufzügen und deren Vorräumen.

Info Auf Nr. 2 und 3 ist § 35 (Notwendige Treppen-


räume, Ausgänge) Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und
Zur Sicherstellung der Schutzziele des Satz 2 der Musterbauordnung (MBO) ent-
Brandschutzes ist bei Sonderbauten grund- sprechend anzuwenden.
sätzlich die Erstellung eines spezifischen
Brandschutzkonzeptes erforderlich. Nach Abschnitt 3.2.4 müssen folgende Bau-
teile raumabschließend feuerbeständig sein:
1. Brandwände,
2. Wände von Installationsschächten,
Tragende und aussteifende 3. Wände von Fahrschächten und deren
Bauteile Vorräumen,
Gemäß Abschnitt 3.1.1 der Muster-Hochhaus- 4. Trennwände von Räumen mit erhöhter
Richtlinie müssen tragende und aussteifende Brandgefahr,
Bauteile feuerbeständig sein und aus nicht- 5. Trennwände zwischen Aufenthalts-
brennbaren Baustoffen bestehen. räumen und anders genutzten Räumen
im Keller,
Für Gebäude mit mehr als 60 Meter Höhe 6. Wände und Brüstungen offener Gänge.
muss nach Abschnitt 3.1.2 die Feuerwider-
standsfähigkeit tragender und aussteifender Gemäß Abschnitt 3.2.5 müssen folgende Bau-
Bauteile 120 Minuten betragen (F120-A). teile raumabschließend feuerhemmend sein:
1. Trennwände zwischen Nutzungseinheiten,
2. Trennwände zwischen Nutzungseinheiten
Raumabschließende Bauteile und anders genutzten Räumen,
3. Wände notwendiger Flure,
Gemäß Abschnitt 3.2.1 der Muster-Hochhaus-
4. durchgehende Systemböden,
Richtlinie müssen raumabschließende Bauteile
5. durchgehende Unterdecken.
aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen.

Abbildung „Umsetzungsbeispiel zu raumabschließenden Bauteilen (gemäß Erläuterungen zur MHHR, Fassung


April 2008 der ARGEBAU)“

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4. Brand- und Schallschutz 131
4.8 Brandschutz in Hochhäusern gemäß
der Muster-Hochhaus-Richtlinie (MHHR)
Brandlasten und für verschiedene Nutzungen“ steht zum Beispiel
Brandklassifizierung unter www.bauforumstahl.de zur Verfügung.
Der Begriff Brandlast wird immer im Zusam-
Hohe Brandlasten entstehen zum Beispiel schon
menhang mit dem Brandschutz von Gebäuden
durch eine ungünstige Auswahl von Baustoffen.
verwendet. Unter der Brandlast eines Gegen-
Deshalb sollte bereits in der Planungsphase des
standes versteht man die Energie, die bei des-
Gebäudes auf eine Reduzierung unnötiger
sen Verbrennung frei wird und damit bei
Brandlasten geachtet werden. Nichtbrennbare
Schutzmaßnahmen für einen möglichen Ge-
Materialien mit der Baustoffklasse A sollten
bäudebrand zu berücksichtigen ist. Die Brand-
immer bevorzugt werden.
last entsteht durch alle brennbaren Stoffe, die
in ein Gebäude eingebracht werden. Sie ist
In Deutschland ist momentan die Klassifizierung
von der Menge und vom Heizwert der Stoffe
des Brandverhaltens von Baustoffen sowohl
abhängig.
nach DIN 4102-1 als auch nach DIN EN 13501-1
möglich. Nur bei Bauprodukten und Bauarten,
Die Brandlast wird in kWh/m² angegeben und
die der CE-Kennzeichnung unterliegen, ist eine
ist das auf eine bestimmte Grundfläche – zum
Brandklassifizierung nach der
Beispiel eine Brandabschnittsfläche – bezo-
DIN EN 13501-1 zwingend erforderlich.
gene Wärmepotenzial aller vorhandenen
brennbaren Stoffe. Eine Liste mit „Brandlasten

Tabelle „Brandklassifizierung nach DIN EN 13501-1 und DIN 4102-1“

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4. Brand- und Schallschutz 132
4.8 Brandschutz in Hochhäusern gemäß
der Muster-Hochhaus-Richtlinie (MHHR)
Rettungswege gemäß Entsprechend Abschnitt 4.3.3 dürfen notwen-
Muster-Hochhaus-Richtlinie dige Flure mit nur einer Fluchtrichtung nicht
länger als 15 m sein. Sie müssen zum Vorraum
Eine Rettung über Rettungsgeräte der Feuer-
eines Sicherheitstreppenraums, zu einem not-
wehr ist bei der Höhe von Hochhäusern nicht
wendigen Flur mit zwei Fluchtrichtungen oder
mehr möglich. Deshalb müssen gemäß Ab-
zu einem offenen Gang führen.
schnitt 4.1.1 der Muster-Hochhaus-Richtlinie
(MHHR) für Nutzungseinheiten und für Ge-
schosse ohne Aufenthaltsräume in jedem Ge-
Feuerwehraufzüge
schoss mindestens zwei voneinander Um einen Löschangriff in angemessener Zeit
unabhängige bauliche Rettungswege ins Freie mit voll einsetzbarem Personal durchzuführen
vorhanden sein, die zu öffentlichen Verkehrs- zu können, benötigt die Feuerwehr in Hoch-
flächen führen. Beide Rettungswege dürfen häusern Feuerwehraufzüge. Diese müssen in
innerhalb des Geschosses über denselben not- eigenen feuerbeständigen Fahrschächten ver-
wendigen Flur führen. Die Rettungswege aus laufen. Vor den Fahrschächten müssen Vor-
den oberirdischen Geschossen und den Keller- räume angeordnet werden, die Schutz vor
geschossen sind getrennt ins Freie zu führen. dem Eindringen von Feuer und Rauch bieten.

In Hochhäusern mit nicht mehr als 60 Meter Nach Abschnitt 6.1.1.1 der Muster-Hochhaus-
Höhe genügt nach Abschnitt 4.2.1 an Stelle Richtlinie müssen Hochhäuser Feuerwehrauf-
von zwei notwendigen Treppenräumen ein züge mit Haltestellen in jedem Geschoss
Sicherheitstreppenraum. Entsprechend Ab- haben.
schnitt 4.2.2 müssen in Hochhäusern mit
mehr als 60 Meter Höhe alle notwendigen Leitungsanlagen in Rettungswegen
Treppenräume als Sicherheitstreppenräume Bei der Verlegung von Leitungsanlagen inner-
ausgebildet sein. halb der Rettungswege von Hochhäusern gilt
der Abschnitt 3 der Muster-Leitungsanlagen-
Richtlinie (MLAR), Fassung 10.02.2015.
Info
Im Abschnitt 3 der MLAR sind die grundlegen-
Sicherheitstreppenräume sind ein wichtiger den Voraussetzungen für sichere Flucht- und
Bestandteil bei Flucht- und Rettungswegen Rettungswege festgelegt. Hiernach dürfen
in Hochhäusern. Zur Freihaltung von Rauch brennbare Leitungen, zum Beispiel Kunststoff-
werden in Sicherheitstreppenräumen in der rohre, in Flucht- und Rettungswegen nicht
Regel Druckbelüftungsanlagen (RDA) instal- freiverlegt werden. In der Regel ist dann eine
liert. brandschutztechnische Kapselung durch die
Verlegung innerhalb von Unterdecken, Boden-
Nach Abschnitt 4.3.1 der Muster-Hochhaus- kanälen oder Installationsschächten mit einer
Richtlinie müssen Ausgänge von Nutzungsein- Feuerwiderstandsdauer von 30 Minuten (F 30)
heiten auf notwendige Flure oder ins Freie erforderlich. Nichtbrennbare Leitungen, zum
führen. Beispiel gusseiserne Abflussrohrsysteme, dür-
fen in Flucht- und Rettungswegen frei verlegt
Von jeder Stelle eines Aufenthaltsraumes werden.
sowie eines Kellergeschosses muss gemäß Ab-
schnitt 4.3.2 der MHHR mindestens ein Aus-
gang in einen notwendigen Treppenraum,
einen Vorraum eines Sicherheitstreppenraumes
oder ins Freie in höchstens 35 m Entfernung
erreichbar sein.

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4. Brand- und Schallschutz 133
4.8 Brandschutz in Hochhäusern gemäß
der Muster-Hochhaus-Richtlinie (MHHR)

Abbildung „Freie Verlegung von nichtbrennbaren gusseisernen


Abflussrohrsystemen in Flucht- und Rettungswegen“

Abbildung „Brandschutztechnische Kapselung von brennbaren


Leitungen in Flucht- und Rettungswegen“

Info Die Abschottungen von Leitungen müssen


grundsätzlich den Anforderungen an die Feu-
Bei nichtbrennbaren gusseisernen Abfluss- erwiderstandsdauer des Installationsschachtes
rohrsystemen müssen keine Brandlasten entsprechen.
berücksichtigt werden. Beim Werkstoff
Polyethylen (PE) entsteht zum Beispiel pro
kg eine Brandlast von 12 KWh. Abschottungen von Leitungsdurch-
führungen bei Wänden und Decken
mit Anforderungen an die Feuer-
widerstandsdauer
Leitungen und Für Leitungsanlagen in Hochhäusern gelten die
Installationsschächte Anforderungen der Leitungsanlagen-Richtli-
Gemäß Abschnitt 7.2.1 der Muster-Hochhaus- nien der Länder. Die Abschottungen von
Richtlinie (MHHR) müssen Leitungen, die Leitungsanlagen müssen entsprechend der ge-

‒ gemäß dem projektspezifischen Brand-


durch mehrere Geschosse führen, in Installati- forderten Feuerwiderstandsdauer der Bauteile

schutzkonzept ‒ ausgeführt werden. Nach


onsschächten angeordnet werden. Diese An-
forderung gilt nicht für wasserführende
Leitungen aus nichtbrennbaren Baustoffen. der Musterleitungsanlagenrichtlinie (MLAR),
Fassung 10.02.2015 sind zum Beispiel
Wie im Abschnitt 3.2.4 der MHHR aufgeführt, Abschottungen von Abwasserleitungen entwe-
müssen Wände von Installationsschächten der nach den entsprechenden Verwendbar-
raumabschließend feuerbeständig sein. keitsnachweisen (Abschnitt 4.1) oder nach den
Installationsschächte in Hochhäusern müssen Erleichterungen (Abschnitte 4.2 und 4.3) aus-
nach Abschnitt 7.2.2 entraucht werden kön- zuführen.
nen.

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4. Brand- und Schallschutz 134
4.8 Brandschutz in Hochhäusern gemäß
der Muster-Hochhaus-Richtlinie (MHHR)
Bild „Geprüfte Rohrabschottung für
waagerecht verlegte nichtbrennbare
gusseiserne Abflussrohre mit ABP
P-MPA-E-05-032 der Firma SAINT-GOBAIN
ISOVER“

Foto „Nichtbrennbares gusseisernes


Abflussrohrsystem PAM-GLOBAL® S“
(SAINT-GOBAIN HES)

Foto „Nichtbrennbares gusseisernes


Abflussrohrsystem mit Sonderbeschichtung
Typ MLK-protec“ (Düker)

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4. Brand- und Schallschutz 135
4.8 Brandschutz in Hochhäusern gemäß
der Muster-Hochhaus-Richtlinie (MHHR)
Zusammenfassung Quellenverzeichnis
Seit dem Grenfell-Tower-Brand in London ste- Muster-Richtlinie über den Bau und Betrieb
hen in Deutschland der Brandschutz in Hoch- von Hochhäusern (Muster-Hochhaus-Richtlinie
häusern und die zugehörigen Regelwerke - MHHR), Fassung April 2008 zuletzt geändert
wieder im Fokus der Öffentlichkeit. durch Beschluss der Fachkommission Bauauf-
sicht vom Februar 2012
Zur Sicherstellung der Schutzziele des Brand-
schutzes ist bei Hochhäusern grundsätzlich die Erläuterungen zur MHHR, Fassung April 2008
Erstellung eines spezifischen Brandschutzkon- der ARGEBAU
zeptes erforderlich. Das Brandschutzkonzept
ist die Basis für eine brandschutztechnisch Musterbauordnung (MBO), Fassung November
einwandfreie Ausführung des Hochhauses 2002 zuletzt geändert durch Beschluss der
einschließlich der Rettungswege und der Lei- Bauministerkonferenz vom 22.02.2019
tungsanlagen.
Muster-Richtlinie über brandschutztechnische
Zur Minimierung der Brandlasten in Hochhäu- Anforderungen an Leitungsanlagen (MLAR),
sern sind grundsätzlich Leitungen aus nicht- Fassung 10.02.2015 (Redaktionsstand
brennbaren Werkstoffen der Brandklasse A 05.04.2016)
empfehlenswert. Nichtbrennbare Leitungen,
wie zum Beispiel gusseiserne Abflussrohr- Kommentar zur Muster-Leitungsanlagen-Richt-
systeme, führen zu keiner Brandlast oder linie (MLAR), 5. Auflage 2018
Brandweiterleitung und dürfen in Flucht- und
Rettungswegen frei verlegt werden. Weitere Veröffentlichung „Hochhäuser nach Muster-
Vorteile von gusseisernen Abflussrohrsystemen Hochhaus-Richtlinie (MHHR)“ unter www.bau-
im Bereich von Hochhäusern sind die hohe netzwissen.de/brandschutz/fachwissen/sonder
Druckbeständigkeit und das hervorragende bauten
Ausdehnungsverhalten.

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136

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4. Brand- und Schallschutz 137
4.9 Brandschutz in Hotel- und Beherbergungsgebäuden
gemäß der Muster-Beherbergungsstättenverordnung (MBeVO)

Kopfzeile „Muster-Beherbergungsstättenverordnung (MBeVO)“

Die Muster-Beherbergungsstättenverordnung sätzlich sehr großen Brandgefahren ausge-


(MBeVO) – Fassung Dezember 2000 – (zuletzt setzt. Hotelbrände bedrohen nicht nur Unter-
geändert durch Beschluss der Fachkommission nehmensexistenzen und Sachwerte, sondern in
Bauaufsicht vom Mai 2014) enthält besondere besonderem Maße eine überdurchschnittlich
Anforderungen für den Bau und Betrieb von hohe Anzahl von Menschenleben. Die Sicher-
Beherbergungsstätten. heit der Gäste und Angestellten ist für das Be-
Aufgrund ihrer betrieblichen Besonderheiten herbergungsgewerbe von höchster
sind Hotel- und Beherbergungsbetriebe grund- Bedeutung.

Foto „Brennendes Hotelgebäude“ (© Benjamin Nolte)

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4. Brand- und Schallschutz 138
4.9 Brandschutz in Hotel- und Beherbergungsgebäuden
gemäß der Muster-Beherbergungsstättenverordnung (MBeVO)
Anwendungsbereich der Muster- Trennwände
Beherbergungsstättenverordnung Gemäß § 5 der Muster-Beherbergungsstätten-
Die Vorschriften der Muster-Beherbergungs- verordnung müssen Trennwände feuerbestän-
stättenverordnung (MBeVO) gelten für Beher- dig (F90) sein
bergungsstätten mit mehr als 12 Gastbetten.
1. zwischen Räumen einer Beherbergungs-
stätte und Räumen, die nicht zu der
Info Beherbergungsstätte gehören
2. zwischen Beherbergungsräumen und
Bei Beherbergungsstätten mit mehr als 12 Gasträumen oder Küchen.
Gastbetten handelt es sich um Sonderbau-
ten im Sinne des § 51 Abs. 1 der Muster- Wenn die tragenden Wände, Stützen und
bauordnung (MBO). Zur Sicherstellung der Decken nur feuerhemmend (F30) sein müssen,
Schutzziele des Brandschutzes ist bei Son- genügen feuerhemmende Trennwände (F30).
derbauten grundsätzlich die Erstellung Die Trennwände zwischen Beherbergungs-
eines spezifischen Brandschutzkonzeptes räumen sowie zwischen Beherbergungs-
erforderlich. räumen und sonstigen Räumen müssen feuer-
hemmend (F30) sein.

Begriffe
Brandlasten und
Beherbergungsstätten sind Gebäude oder Brandklassifizierung
Gebäudeteile, die ganz oder teilweise für die
Beherbergung von Gästen, ausgenommen die Der Begriff Brandlast wird immer im Zusam-
Beherbergung in Ferienwohnungen, bestimmt menhang mit dem Brandschutz von Gebäuden
sind. verwendet. Unter der Brandlast eines Gegen-
standes versteht man die Energie, die bei des-
Beherbergungsräume sind Räume, die dem sen Verbrennung frei wird und damit bei
Wohnen und Schlafen von Gästen dienen. Schutzmaßnahmen für einen möglichen Ge-
bäudebrand zu berücksichtigen ist. Die Brand-
Gasträume sind Räume, die für den Aufent- last entsteht durch alle brennbaren Stoffe, die
halt von Gästen, jedoch nicht zum Wohnen in ein Gebäude eingebracht werden. Sie ist
und Schlafen bestimmt sind, wie zum Beispiel von der Menge und vom Heizwert der Stoffe
Speiseräume oder Tagungsräume. abhängig.

Die Brandlast wird in kWh/m² angegeben und


Tragende Wände, Stützen ist das auf eine bestimmte Grundfläche – zum
und Decken Beispiel eine Brandabschnittsfläche – bezo-
gene Wärmepotenzial aller vorhandenen
Tragende Wände, Stützen und Decken müssen brennbaren Stoffe. Eine Liste mit „Brandlasten
gemäß § 4 der MBeVO feuerbeständig (F90) für verschiedene Nutzungen“ steht zum Bei-
sein. spiel unter www.bauforumstahl.de zur Verfü-
gung.
Feuerhemmende tragende Wände, Stützen
und Decken (F30) reichen aus in Hohe Brandlasten entstehen zum Beispiel
schon durch eine ungünstige Auswahl von
1. Gebäuden mit nicht mehr als 2 ober- Baustoffen. Deshalb sollte bereits in der Pla-
irdischen Geschossen, nungsphase des Gebäudes auf eine Reduzie-
2. obersten Geschossen von Dachräumen mit rung unnötiger Brandlasten geachtet werden.
Beherbergungsräumen. Nichtbrennbare Materialien mit der Baustoff-
klasse A sollten immer bevorzugt werden.

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4. Brand- und Schallschutz 139
4.9 Brandschutz in Hotel- und Beherbergungsgebäuden
gemäß der Muster-Beherbergungsstättenverordnung (MBeVO)
In Deutschland ist momentan die Klassifizie- Bauarten, die der CE-Kennzeichnung unterlie-
rung des Brandverhaltens von Baustoffen so- gen, ist eine Brandklassifizierung nach der
wohl nach DIN 4102-1 als auch nach DIN EN DIN EN 13501-1 zwingend erforderlich.
13501-1 möglich. Nur bei Bauprodukten und

Tabelle „Brandklassifizierung nach DIN EN 13501-1 und DIN 4102-1“

Rettungswege gemäß Muster-Be- In Beherbergungsstätten mit insgesamt nicht


herbergungsstättenverordnung mehr als 60 Gastbetten genügt als zweiter
Gemäß § 3 benötigt jeder Beherbergungsraum Rettungsweg eine mit Rettungsgeräten der
mindestens zwei voneinander unabhängige Feuerwehr erreichbare Stelle des Beherber-
bauliche Rettungswege, die innerhalb eines gungsraumes; dies gilt nicht, wenn in einem
Geschosses über denselben notwendigen Flur Geschoss mehr als 30 Gastbetten vorhanden
führen dürfen. sind.

Der erste Rettungsweg muss für Beherber- Die Länge zum Erreichen des Ausgangs ins
gungsräume, die nicht zu ebener Erde liegen, Freie oder eines notwendigen Treppenraums
über eine notwendige Treppe führen; der darf maximal 35,00 Meter betragen.
zweite Rettungsweg über eine weitere not-
wendige Treppe oder eine Außentreppe.

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4. Brand- und Schallschutz 140
4.9 Brandschutz in Hotel- und Beherbergungsgebäuden
gemäß der Muster-Beherbergungsstättenverordnung (MBeVO)
Gemäß § 6 müssen Bekleidungen, Unterde- Gemäß § 12 sind am Ausgang jedes Beherber-
cken und Dämmstoffe in notwendigen Fluren gungsraumes ein Rettungswegplan und Hin-
aus nichtbrennbaren Baustoffen; Bodenbeläge weise zum Verhalten bei einem Brand anzu-
aus mindestens schwerentflammbaren Bau- bringen
stoffen bestehen.

Abbildung „Rettungswegplan Hotel mit privatem Wohnbereich“

Leitungsanlagen in Rettungswegen brennbare Leitungen, zum Beispiel Kunststoff-


Bei der Verlegung von Leitungsanlagen inner- rohre, in Flucht- und Rettungswegen nicht
halb der Rettungswege von Beherbergungs- freiverlegt werden. In der Regel ist dann eine
stätten gilt der Abschnitt 3 der Muster- brandschutztechnische Kapselung durch die
Leitungsanlagen-Richtlinie (MLAR), Fassung Verlegung innerhalb von Unterdecken, Boden-
10.02.2015 (Redaktionsstand 05.04.2016). kanälen oder Installationsschächten mit einer
Feuerwiderstandsdauer von 30 Minuten (F 30)
Im Abschnitt 3 der MLAR sind die grundlegen- erforderlich. Nichtbrennbare Leitungen, zum
den Voraussetzungen für sichere Flucht- und Beispiel gusseiserne Abflussrohrsysteme, dür-
Rettungswege festgelegt. Hiernach dürfen fen in Flucht- und Rettungswegen frei verlegt
werden.

Abbildung „Freie Verlegung von nichtbrennbaren gusseisernen


Abflussrohrsystemen in Flucht- und Rettungswegen“
Abbildung „Brandschutztechnische
Kapselung von brennbaren Leitungen
in Flucht- und Rettungswegen“

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4. Brand- und Schallschutz 141
4.9 Brandschutz in Hotel- und Beherbergungsgebäuden
gemäß der Muster-Beherbergungsstättenverordnung (MBeVO)
Abwasserleitungen entweder nach den ent-
Info
sprechenden Verwendbarkeitsnachweisen
(Abschnitt 4.1) oder nach den Erleichterungen
Bei nichtbrennbaren gusseisernen Abfluss-
(Abschnitte 4.2 und 4.3) auszuführen.
rohrsystemen müssen keine Brandlasten
berücksichtigt werden. Beim Werkstoff Po-
lyethylen (PE) entsteht zum Beispiel pro kg
eine Brandlast von 12 KWh.

Alarmierungseinrichtungen und
Brandmeldeanlagen
Gemäß § 9 der Muster-Beherbergungsstätten-
verordnung sind Beherbergungsstätten mit
Alarmierungseinrichtungen auszurüsten, durch
die im Brandfall die Angestellten und Gäste
gewarnt werden können.

Beherbergungsstätten mit mehr als 60 Gast-


betten müssen Brandmeldeanlagen (BMA) mit Bild „Geprüfte Rohrabschottung für waagerecht verlegte nicht-
brennbare gusseiserne Abflussrohre mit ABP P-MPA-E-05-032
automatischen Brandmeldern – die auf die der Firma SAINT-GOBAIN ISOVER“
Kenngröße Rauch in den notwendigen Fluren
ansprechen – und nichtautomatische Brand-
melder (Handfeuermelder) zur unmittelbaren
Alarmierung der dafür zuständigen Stelle
haben.

Die automatischen Brandmeldeanlagen müssen


in einer Betriebsart ausgeführt sein, bei der mit
technischen Maßnahmen Falschalarme vermie-
den werden.

Brandmeldungen sind unmittelbar und auto-


matisch zur zuständigen Feuerwehralarmie-
rungsstelle zu übertragen.

Foto „Nichtbrennbares gusseisernes Abflussrohrsystem


Abschottungen von Leitungsdurch- PAM-Global S“ (SAINT-GOBAIN HES)
führungen bei Wänden und Decken
mit Anforderungen an die Feuer-
widerstandsdauer
Für Leitungsanlagen in Beherbergungsstätten
gelten die Anforderungen der Leitungsanlagen-
Richtlinien der Länder. Die Abschottungen von
Leitungsanlagen müssen entsprechend der
geforderten Feuerwiderstandsdauer der Bau-
teile – gemäß dem projektspezifischen Brand-
schutzkonzept – ausgeführt werden. Nach
der Musterleitungsanlagenrichtlinie (MLAR),
Fassung 10.02.2015 (Redaktionsstand 05.04. Foto „Nichtbrennbares gusseisernes Abflussrohrsystem mit
2016) sind zum Beispiel Abschottungen von Sonderbeschichtung Typ MLK-protec“ (Düker)

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4. Brand- und Schallschutz 142
4.9 Brandschutz in Hotel- und Beherbergungsgebäuden
gemäß der Muster-Beherbergungsstättenverordnung (MBeVO)
Zusammenfassung Quellenverzeichnis
Das oberste Ziel der Muster-Beherbergungs- Muster-Verordnung über den Bau und Betrieb
stättenverordnung (MBeVO) ist die rechtzeitige von Beherbergungsstätten (Muster-Beherber-
Branderkennung und Alarmierung der Hotel- gungsstättenverordnung – MBeVO), Fassung
gäste, die zum überwiegenden Teil nur einge- Dezember 2000 zuletzt geändert durch Be-
schränkt ortskundig sind. schluss der Fachkommission Bauaufsicht vom
Mai 2014
Damit die Schutzziele des Brandschutzes si-
chergestellt sind, ist bei Beherbergungsstätten Musterbauordnung (MBO), Fassung November
mit mehr als 12 Gastbetten – die gemäß Mus- 2002 zuletzt geändert durch Beschluss der
terbauordnung (MBO) unter die Sonderbauten Bauministerkonferenz vom 20.02.2019
fallen – grundsätzlich die Erstellung eines spe-
zifischen Brandschutzkonzeptes erforderlich. Muster-Richtlinie über brandschutztechnische
Das Brandschutzkonzept ist die Basis für eine Anforderungen an Leitungsanlagen (MLAR),
brandschutztechnisch einwandfreie Ausfüh- Fassung 10.02.2015 (Redaktionsstand
rung des Hotel- bzw. Beherbergungsgebäudes 05.04.2016)
einschließlich der Rettungswege und der Lei-
tungsanlagen. Kommentar zur Muster-Leitungsanlagen-Richt-
linie (MLAR), 5. Auflage 2018
Zur Minimierung der Brandlasten in Hotel- und
Beherbergungsgebäuden sind grundsätzlich
Leitungen aus nichtbrennbaren Werkstoffen
der Brandklasse A empfehlenswert. Nicht-
brennbare Leitungen, wie zum Beispiel gussei-
serne Abflussrohrsysteme, führen zu keiner
Brandlast oder Brandweiterleitung und dürfen
in Flucht- und Rettungswegen frei verlegt
werden. Weitere Vorteile von gusseisernen
Abflussrohrsystemen sind die erstklassigen
Schallschutzeigenschaften, die hohe Druckbe-
ständigkeit sowie das hervorragende Ausdeh-
nungsverhalten.

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4. Brand- und Schallschutz 143
4.10 Brandschutz in Verkaufsstätten gemäß der
Muster-Verkaufsstättenverordnung (MVKVO)

Kopfzeile „Muster-Verkaufsstättenverordnung (MVKVO)“

Die Muster-Verkaufsstättenverordnung Brandgefahren ausgesetzt. Brände bedrohen


(MVKVO) – Fassung September 1995 – (zu- nicht nur Unternehmensexistenzen und Sach-
letzt geändert durch Beschluss der Fachkom- werte, sondern in besonderem Maße eine
mission Bauaufsicht vom Juli 2014) enthält überdurchschnittlich hohe Anzahl von Men-
besondere Anforderungen und Erleichterun- schenleben. Der Organisation des Brandschut-
gen für den Bau und Betrieb von Verkaufsstät- zes an der Schnittstelle zwischen Betrieb und
ten. Kundenverkehr muss durch entsprechende
Aufgrund ihrer betrieblichen Besonderheiten Sicherheitsmaßnahmen Rechnung getragen
sind Verkaufsstätten grundsätzlich sehr großen werden.

Brand Nettomarkt in Kastel 2014 (Foto Michael Ehresmann)

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4. Brand- und Schallschutz 144
4.10 Brandschutz in Verkaufsstätten gemäß der
Muster-Verkaufsstättenverordnung (MVKVO)
Anwendungsbereich der Muster- Zu einer Verkaufsstätte gehören alle Räume,
Verkaufsstättenverordnung die unmittelbar oder mittelbar, insbesondere
durch Aufzüge oder Ladenstraßen, miteinan-
Die Vorschriften der Muster-Verkaufsstätten-
der in Verbindung stehen; als Verbindung
verordnung (MVKVO) gelten für alle Verkaufs-
gilt nicht die Verbindung durch Treppen-
stätten, deren Verkaufsräume und Laden-
räume notwendiger Treppen sowie durch
straßen einschließlich ihrer Bauteile eine Fläche
Leitungen, Schächte und Kanäle haustech-
von insgesamt mehr als 2.000 m² haben.
nischer Anlagen.

Info ■ Erdgeschossige Verkaufsstätten sind Ge-


bäude mit nicht mehr als einem Geschoss,
Bei Verkaufsstätten, deren Verkaufsräume dessen Fußboden an keiner Stelle mehr als
und Ladenstraßen einschließlich ihrer Bau- 1 m unter der Geländeoberfläche liegt; dabei
teile eine Fläche von insgesamt mehr als bleiben Treppenraumerweiterungen sowie
2.000 m² haben, handelt es sich um Son- Geschosse außer Betracht, die ausschließlich
derbauten im Sinne des § 51 Abs. 1 der der Unterbringung haustechnischer Anlagen
Musterbauordnung (MBO). Zur Sicherstel- und Feuerungsanlagen dienen.
lung der Schutzziele des Brandschutzes ist
bei Sonderbauten grundsätzlich die Erstel- ■ Verkaufsräume sind Räume, in denen Waren
lung eines spezifischen Brandschutzkon- zum Verkauf oder sonstige Leistungen an-
zeptes erforderlich. geboten werden oder die dem Kundenver-
kehr dienen, ausgenommen Treppenräume
notwendiger Treppen, Treppenraumerweite-
Wichtiger Hinweis: Die Musterbauordnung rungen sowie Garagen. Ladenstraßen gelten
(MBO) sieht den Sonderbautatbestand bei Ver- nicht als Verkaufsräume.
kaufsstätten gemäß §2(4) Ziff. 4 bereits bei
Verkaufsräumen und Ladenstraßen mit einer ■ Ladenstraßen sind überdachte oder über-
Grundfläche von insgesamt mehr als 800 m² deckte Flächen, an denen Verkaufsräume
vor. Verkaufsstätten mit einer Größe zwischen liegen und die dem Kundenverkehr dienen.
800 m² und 2.000 m² sind daher ungeregelte
Sonderbauten, bei denen die Muster-Verkaufs- ■ Treppenraumerweiterungen sind Räume,
stättenverordnung (MVKVO) als Richtschnur die Treppenräume mit Ausgängen ins Freie
herangezogen werden kann. verbinden.

Begriffe Tragende Wände,


Unter § 2 der Muster-Verkaufsstättenverord-
Pfeiler und Stützen
nung (MVKVO) sind folgende Begriffe aufge- Gemäß § 3 der MVKVO müssen tragende
führt: Wände, Pfeiler und Stützen feuerbeständig, bei
erdgeschossigen Verkaufsstätten ohne Sprink-
■ Verkaufsstätten sind Gebäude oder leranlagen mindestens feuerhemmend sein.
Gebäudeteile, die Dies gilt nicht für erdgeschossige Verkaufs-
stätten mit Sprinkleranlagen.
1. ganz oder teilweise dem Verkauf von
Waren dienen, Trennwände
2. mindestens einen Verkaufsraum haben Trennwände zwischen einer Verkaufsstätte und
und Räumen, die nicht zur Verkaufsstätte gehören,
3. keine Messebauten sind. müssen nach § 5 der MVKVO feuerbeständig
sein und dürfen keine Öffnungen haben.

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4. Brand- und Schallschutz 145
4.10 Brandschutz in Verkaufsstätten gemäß der
Muster-Verkaufsstättenverordnung (MVKVO)
In Verkaufsstätten ohne Sprinkleranlagen sind Bedachungen müssen
Lagerräume mit einer Fläche von mehr als je-
weils 100 m² sowie Werkräume mit erhöhter 1. gegen Flugfeuer und strahlende Wärme
Brandgefahr, wie Schreinereien, Maler- oder widerstandsfähig sein und
Dekorationswerkstätten, von anderen Räumen
durch feuerbeständige Wände zu trennen. 2. bei Dächern, die den oberen Abschluss
Diese Werk- und Lagerräume müssen durch von Räumen der Verkaufsstätten bilden
feuerbeständige Trennwände so unterteilt oder die von diesen Räumen nicht durch
werden, dass Abschnitte von nicht mehr als feuerbeständige Bauteile getrennt sind,
500 m² entstehen. Öffnungen in den Trenn- aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen
wänden müssen mindestens feuerhemmende mit Ausnahme der Dachhaut und der
und selbstschließende Abschlüsse haben. Dampfsperre.

Decken
Gemäß § 7 der Muster-Verkaufsstättenverord- Brandabschnitte
nung (MVKVO) müssen Decken feuerbestän- Gemäß § 6 der MVKVO sind Verkaufsstätten
dig sein und aus nichtbrennbaren Baustoffen durch Brandwände in Brandabschnitte zu un-
bestehen. Decken über Geschossen, deren terteilen. Die Brandabschnittsfläche darf je
Fußboden an keiner Stelle mehr als 1 m unter Geschoss nicht mehr betragen als:
der Geländeoberfläche liegt, brauchen nur
■ 10.000 m² in erdgeschossigen Verkaufs-
1. feuerhemmend zu sein und aus nicht- stätten mit Sprinkleranlagen;
brennbaren Baustoffen zu bestehen in
erdgeschossigen Verkaufsstätten ohne ■ 5.000 m² in sonstigen Verkaufsstätten
Sprinkleranlagen, mit Sprinkleranlagen;
2. aus nichtbrennbaren Baustoffen zu
bestehen in erdgeschossigen Verkaufs- ■ 3.000 m² in erdgeschossigen Verkaufs-
stätten mit Sprinkleranlagen. stätten ohne Sprinkleranlagen und

■ 1.500 m² in sonstigen Verkaufsstätten


Dächer
ohne Sprinkleranlagen, wenn sich die
Nach § 8 der MVKVO muss das Tragwerk von Verkaufsstätten über nicht mehr als drei
Dächern, die den oberen Abschluss von Räu- Geschosse erstrecken und die Gesamt-
men der Verkaufsstätten bilden oder die von fläche aller Geschosse innerhalb des
diesen Räumen nicht durch feuerbeständige Brandabschnitts nicht mehr als 3.000 m²
Bauteile getrennt sind beträgt.

1. aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen Abweichend hiervon können Verkaufsstätten


in Verkaufsstätten mit Sprinkleranlagen, mit Sprinkleranlagen unter bestimmten Voraus-
ausgenommen in erdgeschossigen Ver- setzungen auch durch Ladenstraßen in Brand-
kaufsstätten, abschnitte unterteilt werden.

2. mindestens feuerhemmend sein in erd-


geschossigen Verkaufsstätten ohne
Sprinkleranlagen,

3. feuerbeständig sein in sonstigen Ver-


kaufsstätten ohne Sprinkleranlagen.

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4. Brand- und Schallschutz 146
4.10 Brandschutz in Verkaufsstätten gemäß der
Muster-Verkaufsstättenverordnung (MVKVO)
Brandlasten und für verschiedene Nutzungen“ steht zum Bei-
Brandklassifizierung spiel unter www.bauforumstahl.de zur Ver-
fügung.
Der Begriff Brandlast wird immer im Zusam-
menhang mit dem Brandschutz von Gebäuden Hohe Brandlasten entstehen zum Beispiel
verwendet. Unter der Brandlast eines Gegen- schon durch eine ungünstige Auswahl von
standes versteht man die Energie, die bei Baustoffen. Deshalb sollte bereits in der Pla-
dessen Verbrennung frei wird und damit bei nungsphase des Gebäudes auf eine Reduzie-
Schutzmaßnahmen für einen möglichen Ge- rung unnötiger Brandlasten geachtet werden.
bäudebrand zu berücksichtigen ist. Die Brand- Nichtbrennbare Materialien mit der Baustoff-
last entsteht durch alle brennbaren Stoffe, die klasse A sollten immer bevorzugt werden.
in ein Gebäude eingebracht werden. Sie ist In Deutschland ist momentan die Klassifizie-
von der Menge und vom Heizwert der Stoffe rung des Brandverhaltens von Baustoffen so-
abhängig. wohl nach DIN 4102-1 als auch nach DIN EN
Die Brandlast wird in kWh/m² angegeben und 13501-1 möglich. Nur bei Bauprodukten und
ist das auf eine bestimmte Grundfläche – zum Bauarten, die der CE-Kennzeichnung unter-
Beispiel eine Brandabschnittsfläche – bezo- liegen, ist eine Brandklassifizierung nach der
gene Wärmepotenzial aller vorhandenen DIN EN 13501-1 zwingend erforderlich.
brennbaren Stoffe. Eine Liste mit „Brandlasten

Tabelle „Brandklassifizierung nach DIN EN 13501-1 und DIN 4102-1“

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4. Brand- und Schallschutz 147
4.10 Brandschutz in Verkaufsstätten gemäß der
Muster-Verkaufsstättenverordnung (MVKVO)
Rettungswege in Verkaufsstätten ein Hauptgang oder eine Ladenstraße in
Nach § 10 der Muster-Verkaufsstättenverord- höchstens 10,00 m Entfernung erreichbar
nung (MVKVO) müssen für jeden Verkaufs- sein.
raum, Aufenthaltsraum und für jede Laden-
straße in demselben Geschoss mindestens Die Entfernungen sind in der Luftlinie, jedoch
zwei voneinander unabhängige Rettungswege nicht durch Bauteile zu messen!
zu Ausgängen ins Freie oder zu Treppenräu-
men notwendiger Treppen vorhanden sein. Ein Für Flucht- und Rettungswege bei Verkaufs-
Rettungsweg darf über Außentreppen ohne stätten sind in der Regel folgende Breiten er-
Treppenräume, Rettungsbalkone, Terrassen forderlich:
und begehbare Dächer auf das Grundstück
führen, wenn hinsichtlich des Brandschutzes ■ Ladenstraßen ≥5,00 m,
keine Bedenken bestehen; dieser Rettungsweg ■ Hauptgänge ≥2,00 m,
gilt als Ausgang ins Freie. ■ Notwendige Flure für Kunden ≥2,00 m
(bei Verkaufsräumen ≤500 m² genügt
In Verkaufsräumen darf in der Regel der Weg eine Breite von 1,50 m),
zum Ausgang oder Treppenraum höchstens
■ Notwendige Treppen für Kunden
25,00 m, in sonstigen Räumen oder in Laden-
≥2,00 m und ≤2,50 m (bei Verkaufs-
straßen höchstens 35,00 m entfernt sein.
räumen ≤500 m² genügt eine Breite
Von jeder Stelle eines Verkaufsraumes muss
von 1,25 m).

Abbildung „Rettungswege über Hauptgänge / Ladenstraßen“

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4. Brand- und Schallschutz 148
4.10 Brandschutz in Verkaufsstätten gemäß der
Muster-Verkaufsstättenverordnung (MVKVO)
Leitungsanlagen in Rettungswegen rohre, in Flucht- und Rettungswegen nicht
Bei der Verlegung von Leitungsanlagen inner- freiverlegt werden. In der Regel ist dann eine
halb der Rettungswege von Verkaufs-stätten brandschutztechnische Kapselung durch die
gilt der Abschnitt 3 der Muster-Leitungsanla- Verlegung innerhalb von Unterdecken, Boden-
gen-Richtlinie (MLAR), Fassung 10.02.2015 kanälen oder Installationsschächten mit einer
(Redaktionsstand 05.04.2016). Feuerwiderstandsdauer von 30 Minuten (F 30)
erforderlich. Nichtbrennbare Leitungen, zum
Im Abschnitt 3 der MLAR sind die grundlegen- Beispiel gusseiserne Abflussrohrsysteme, dür-
den Voraussetzungen für sichere Flucht- und fen in Flucht- und Rettungswegen frei verlegt
Rettungswege festgelegt. Hiernach dürfen werden
brennbare Leitungen, zum Beispiel Kunststoff-

Abbildung „Brandschutztechnische Kapselung von brennbaren Leitungen in Flucht- und Rettungswegen“

Abbildung „Freie Verlegung von nicht-


brennbaren gusseisernen Abflussrohrsys-
temen in Flucht- und Rettungswegen“

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4. Brand- und Schallschutz 149
4.10 Brandschutz in Verkaufsstätten gemäß der
Muster-Verkaufsstättenverordnung (MVKVO)
Abschottungen von Leitungsdurch-
Info
führungen bei Wänden und Decken
mit Anforderungen an die Feuer- Bei nichtbrennbaren gusseisernen Abfluss-
widerstandsdauer rohrsystemen müssen keine Brandlasten
Für Leitungsanlagen in Verkaufsstätten gelten berücksichtigt werden. Beim Werkstoff
die Anforderungen der Leitungsanlagen-Richt- Polyethylen (PE) entsteht zum Beispiel pro
linien der Länder. Die Abschottungen von kg eine Brandlast von 12 KWh.
Leitungsanlagen müssen entsprechend der ge-
forderten Feuerwiderstandsdauer der Bauteile 05.04.2016) sind zum Beispiel Abschottungen
– gemäß dem projektspezifischen Brand- von Abwasserleitungen entweder nach den
schutzkonzept – ausgeführt werden. Nach entsprechenden Verwendbarkeitsnachweisen
der Musterleitungsanlagenrichtlinie (MLAR), (Abschnitt 4.1) oder nach den Erleichterungen
Fassung 10.02.2015 (Redaktionsstand (Abschnitte 4.2 und 4.3) auszuführen.

Bild „Geprüfte Rohrabschottung für waagerecht


verlegte nichtbrennbare gusseiserne Abflussrohre
mit ABP P-MPA-E-05-032 der Firma SAINT-GOBAIN
ISOVER“

Foto „Nichtbrennbares gusseisernes Abflussrohr-


system PAM-GLOBAL S“ (SAINT-GOBAIN HES)

Foto „Nichtbrennbares gusseisernes Abflussrohr-


system mit Sonderbeschichtung
Typ MLK-protec“ (Düker)

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4. Brand- und Schallschutz 150
4.10 Brandschutz in Verkaufsstätten gemäß der
Muster-Verkaufsstättenverordnung (MVKVO)
Zusammenfassung Quellenverzeichnis
Das oberste Ziel der Muster-Verkaufsstätten- Musterverordnung über den Bau und Betrieb
verordnung (MVKVO) ist die rechtzeitige von Verkaufsstätten (Muster-Verkaufsstätten-
Branderkennung und Alarmierung der Kunden verordnung – MVKVO), Fassung September
und Angestellten sowie deren sichere Evakuie- 1995, zuletzt geändert durch Beschluss der
rung. Fachkommission Bauaufsicht vom Juli 2014

Zur Sicherstellung der Schutzziele des Brand- Musterbauordnung (MBO), Fassung November
schutzes ist bei Verkaufsstätten, deren Ver- 2002 zuletzt geändert durch Beschluss der
kaufsräume und Ladenstraßen einschließlich Bauministerkonferenz vom 22.02.2019
ihrer Bauteile eine Fläche von insgesamt mehr
als 2.000 m² haben, und somit gemäß Mus- Muster-Richtlinie über brandschutztechnische
terbauordnung (MBO) unter die Sonderbauten Anforderungen an Leitungsanlagen (MLAR),
fallen, grundsätzlich die Erstellung eines spezi- Fassung 10.02.2015 (Redaktionsstand
fischen Brandschutzkonzeptes erforderlich. 05.04.2016)
Das Brandschutzkonzept ist die Basis für eine
brandschutztechnisch einwandfreie Ausfüh- Kommentar zur Muster-Leitungsanlagen-Richt-
rung der Verkaufsstätte einschließlich der linie (MLAR), 5. Auflage 2018
Rettungswege und der Leitungsanlagen.

Damit die ohnehin hohen Brandlasten in Ver-


kaufsstätten und deren Lagerräumen mini-
miert werden, sind grundsätzlich Leitungen
aus nichtbrennbaren Werkstoffen der Brand-
klasse A empfehlenswert. Nichtbrennbare
Leitungen, wie zum Beispiel gusseiserne Ab-
flussrohrsysteme, führen zu keiner Brandlast
oder Brandweiterleitung und dürfen in Flucht-
und Rettungswegen frei verlegt werden.
Weitere Vorteile von gusseisernen Abflussrohr-
systemen sind die hervorragenden Schall-
schutzeigenschaften, die hohe Druckbe-
ständigkeit sowie das hervorragende Aus-
dehnungsverhalten.

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4. Brand- und Schallschutz 151
4.11 Brandschutz in Versammlungsstätten
gemäß der Muster-Versammlungsstättenverordnung (MVStättVO)
Für den Brandschutz in Versammlungsstätten MVStättVO sowie die brandschutztechnischen
– hierzu zählen zum Beispiel Schauspielhäuser, Anforderungen an Leitungsanlagen in Ver-
Philharmonien, Kinos, Mehrzweckhallen und sammlungsstätten gemäß der Muster-Lei-
Sportstadien – gilt die Muster-Versammlungs- tungsanlagen-Richtlinie (MLAR) haben wir für
stättenverordnung (MVStättVO). Die wichtigs- Sie in diesem Beitrag zusammengefasst.
ten Begriffe und Anforderungen der

Kopfzeile „Muster-Versammlungsstättenverordnung (MVStättVO)“

Die Muster-Versammlungsstättenverordnung großen Brandgefahren ausgesetzt. Brände


(MVStättVO) – Fassung Juni 2005 – (zuletzt bedrohen nicht nur Sachwerte, sondern in
geändert durch Beschluss der Fachkommission besonderem Maße eine überdurchschnittlich
Bauaufsicht vom Juli 2014) enthält besondere hohe Anzahl von Menschenleben. Bei Ver-
Anforderungen und Erleichterungen für den sammlungsstätten muss der Organisation des
Bau und Betrieb von Versammlungsstätten. Brandschutzes – insbesondere aus Gründen
Aufgrund ihrer betrieblichen Besonderheiten des Personenschutzes – Rechnung getragen
sind Versammlungsstätten grundsätzlich sehr werden.

Elbphilharmonie Hamburg (pixabay)

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4. Brand- und Schallschutz 152
4.11 Brandschutz in Versammlungsstätten
gemäß der Muster-Versammlungsstättenverordnung (MVStättVO)

Innenraum Elbphilharmonie Hamburg (Foto Peter Kaminski)

Anwendungsbereich Bauteile
Die Vorschriften der Muster-Versammlungs- Gemäß § 3 der MVStättVO müssen tragende
stättenverordnung (MVStättVO) gelten für und aussteifende Bauteile, wie Wände, Pfeiler,
folgende Versammlungsstätten: Stützen und Decken feuerbeständig, in erdge-
schossigen Versammlungsstätten feuerhem-
■ Versammlungsstätten mit Versammlungs- mend sein. Dies gilt nicht für erdgeschossige
räumen, die einzeln mehr als 200 Besu- Versammlungsstätten mit automatischen
cher fassen; Feuerlöschanlagen.
■ Versammlungsstätten im Freien mit
Szeneflächen und Tribünen, die insge- Außenwände mehrgeschossiger Versamm-
samt mehr als 1.000 Besucher fassen; lungsstätten müssen aus nichtbrennbaren
Baustoffen bestehen.
■ Sportstadien und Freisportanlagen mit
Tribünen, die insgesamt mehr als Trennwände sind erforderlich zum Abschluss
5.000 Besucher fassen. von Versammlungsräumen und Bühnen. Diese
Trennwände müssen feuerbeständig, in erdge-
Info schossigen Versammlungsstätten mindestens
Bei Versammlungsstätten, die unter die feuerhemmend sein.
Muster-Versammlungsstättenverordnung
(MVStättVO) fallen, handelt es sich um Werkstätten, Magazine und Lagerräume sowie
Sonderbauten im Sinne des § 51 Abs. 1 der Räume unter Tribünen und Podien müssen
Musterbauordnung (MBO). Zur Sicherstel- feuerbeständige Trennwände und Decken
lung der Schutzziele des Brandschutzes ist haben.
bei Sonderbauten grundsätzlich die Erstel-
lung eines spezifischen Brandschutzkon-
zeptes erforderlich.

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4. Brand- und Schallschutz 153
4.11 Brandschutz in Versammlungsstätten
gemäß der Muster-Versammlungsstättenverordnung (MVStättVO)
Dächer lungsräumen mit nicht mehr als 1.000 m²
Nach § 4 der Muster-Versammlungsstättenver- Grundfläche genügen Bekleidungen aus min-
ordnung (MVStättVO) müssen Tragwerke von destens schwerentflammbaren Baustoffen
Dächern, die den oberen Abschluss von Räu- oder geschlossene nicht hinterlüftete Holzbe-
men der Versammlungsstätte bilden oder die kleidungen.
von diesen Räumen nicht durch feuerbestän-
dige Bauteile getrennt sind, feuerhemmend In Foyers, durch die Rettungswege aus ande-
sein. Tragwerke von Dächern über Tribünen ren Versammlungsräumen führen, in notwen-
und Szenenflächen im Freien müssen mindes- digen Treppenräumen, Räumen zwischen
tens feuerhemmend sein oder aus nichtbrenn- notwendigen Treppenräumen und Ausgängen
baren Baustoffen bestehen. ins Freie sowie notwendigen Fluren müssen
Unterdecken und Bekleidungen aus nicht-
Bedachungen – ausgenommen Dachhaut und brennbaren Baustoffen bestehen.
Dampfsperre – müssen bei Dächern, die den
oberen Abschluss von Räumen der Versamm- Unterdecken und Bekleidungen, die mindes-
lungsstätte bilden oder die von diesen Räumen tens schwerentflammbar sein müssen, dürfen
nicht durch feuerbeständige Bauteile getrennt nicht brennend abtropfen.
sind, aus nichtbrennbaren Baustoffen herge-
stellt werden. Dies gilt nicht für Bedachungen
über Versammlungsräumen mit nicht mehr als Brandlasten und
1 000 m² Grundfläche. Brandklassifizierung
Der Begriff Brandlast wird immer im Zusam-
Lichtdurchlässige Bedachungen über Ver- menhang mit dem Brandschutz von Gebäuden
sammlungsräumen müssen aus nichtbrenn- verwendet. Unter der Brandlast eines Gegen-
baren Baustoffen bestehen. Bei Versamm- standes versteht man die Energie, die bei des-
lungsräumen mit automatischen Feuerlöschan- sen Verbrennung frei wird und damit bei
lagen genügen schwerentflammbare Bau- Schutzmaßnahmen für einen möglichen Ge-
stoffe, die nicht brennend abtropfen können. bäudebrand zu berücksichtigen ist. Die Brand-
last entsteht durch alle brennbaren Stoffe, die
in ein Gebäude eingebracht werden. Sie ist
Info
von der Menge und vom Heizwert der Stoffe
Immer häufiger sind auch bei Dächern abhängig.
Maßnahmen zum vorbeugenden Brand-
schutz erforderlich. Im Bereich der Sanitär- Die Brandlast wird in kWh/m² angegeben und
technik sind hier insbesondere die ist das auf eine bestimmte Grundfläche – zum
Dachabläufe und die Dachdurchdringun- Beispiel eine Brandabschnittsfläche – bezo-
gen für die Schmutzwasser-Entlüftungslei- gene Wärmepotenzial aller vorhandenen
tungen betroffen. Nichtbrennbare brennbaren Stoffe. Eine Liste mit „Brandlasten
Dachabläufe und Abwasserrohre mit der für verschiedene Nutzungen“ steht zum Bei-
Baustoffklasse A sollten bevorzugt werden. spiel unter www.bauforumstahl.de zur Verfü-
gung.
Dämmstoffe, Unterdecken
und Bekleidungen Hohe Brandlasten entstehen zum Beispiel
Gemäß §5 der MVStättVO müssen Dämm- schon durch eine ungünstige Auswahl von
stoffe aus nichtbrennbaren Baustoffen beste- Baustoffen. Deshalb sollte bereits in der Pla-
hen. nungsphase des Gebäudes auf eine Reduzie-
Unterdecken und Bekleidungen an Decken rung unnötiger Brandlasten geachtet werden.
in Versammlungsräumen müssen aus nicht- Nichtbrennbare Materialien mit der Baustoff-
brennbaren Baustoffen bestehen. In Versamm- klasse A sollten immer bevorzugt werden.

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4. Brand- und Schallschutz 154
4.11 Brandschutz in Versammlungsstätten
gemäß der Muster-Versammlungsstättenverordnung (MVStättVO)
In Deutschland ist momentan die Klassifizie- Bauarten, die der CE-Kennzeichnung unterlie-
rung des Brandverhaltens von Baustoffen so- gen, ist eine Brandklassifizierung nach der DIN
wohl nach DIN 4102-1 als auch nach DIN EN EN 13501-1 zwingend erforderlich.
13501-1 möglich. Nur bei Bauprodukten und

Tabelle „Brandklassifizierung nach DIN EN 13501-1 und DIN 4102-1“

Führung der Rettungswege


Nach § 6 der Muster-Versammlungsstättenver- Versammlungsstätten müssen in jedem Ge-
ordnung (MVStättVO) müssen Rettungswege schoss mit Aufenthaltsräumen mindestens
ins Freie zu öffentlichen Verkehrsflächen füh- zwei voneinander unabhängige bauliche Ret-
ren. Zu den Rettungswegen von Versamm- tungswege haben; dies gilt für Tribünen ent-
lungsstätten gehören insbesondere die frei zu sprechend. Die Führung beider Rettungswege
haltenden Gänge und Stufengänge, die Aus- innerhalb eines Geschosses durch einen ge-
gänge aus Versammlungsräumen, die notwen- meinsamen notwendigen Flur ist zulässig.
digen Flure und notwendigen Treppen, die Rettungswege dürfen über Balkone, Dachter-
Ausgänge ins Freie, die als Rettungsweg die- rassen und Außentreppen auf das Grundstück
nenden Balkone, Dachterrassen und Außen- führen, wenn sie im Brandfall sicher begehbar
treppen sowie die Rettungswege im Freien auf sind.
dem Grundstück.

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4. Brand- und Schallschutz 155
4.11 Brandschutz in Versammlungsstätten
gemäß der Muster-Versammlungsstättenverordnung (MVStättVO)
Bemessung der Rettungswege Leitungsanlagen in Rettungswegen
Gemäß §7 der MVStättVO darf die Entfernung Bei der Verlegung von Leitungsanlagen inner-
von jedem Besucherplatz bis zum nächsten halb der Rettungswege von Versammlungs-
Ausgang aus dem Versammlungsraum nicht stätten gilt der Abschnitt 3 der Muster-
länger als 30 m sein. Bei mehr als 5 m lichter Leitungsanlagen-Richtlinie (MLAR), Fassung
Höhe ist je 2,5 m zusätzlicher lichter Höhe 10.02.2015 (Redaktionsstand 05.04.2016).
über der für Besucher zugänglichen Ebene für
diesen Bereich eine Verlängerung der Entfer- Im Abschnitt 3 der MLAR sind die grundlegen-
nung um 5 m zulässig, wobei eine Entfernung den Voraussetzungen für sichere Flucht- und
von 60 m bis zum nächsten Ausgang nicht Rettungswege festgelegt. Hiernach dürfen
überschritten werden darf. Die Entfernungen brennbare Leitungen, zum Beispiel Kunststoff-
werden in der Lauflinie gemessen. rohre, in Flucht- und Rettungswegen nicht
freiverlegt werden. In der Regel ist dann eine
Die Breite eines jeden Teils von Rettungswegen brandschutztechnische Kapselung durch die
muss mindestens 1,20 m betragen. Bei Ver- Verlegung innerhalb von Unterdecken, Boden-
sammlungsstätten im Freien sowie Sportsta- kanälen oder Installationsschächten mit einer
dien muss die Breite 1,20 m je 600 Personen Feuerwiderstandsdauer von 30 Minuten (F 30)
und bei anderen Versammlungsstätten 1,20 m erforderlich. Nichtbrennbare Leitungen, zum
je 200 Personen betragen; Zwischenwerte sind Beispiel gusseiserne Abflussrohrsysteme, dür-
zulässig. fen in Flucht- und Rettungswegen frei verlegt
werden.

Abbildung „Brandschutztechnische Kapselung von brennbaren Leitungen in Flucht- und Rettungswegen“

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4. Brand- und Schallschutz 156
4.11 Brandschutz in Versammlungsstätten
gemäß der Muster-Versammlungsstättenverordnung (MVStättVO)

Abbildung „Freie Verlegung von nichtbrennbaren


gusseisernen Abflussrohrsystemen in Flucht- und
Rettungswegen“

Bild „Geprüfte Rohrabschottung für waagerecht


verlegte nichtbrennbare gusseiserne Abflussrohre
mit ABP P-MPA-E-05-032 der Firma SAINT-GOBAIN
ISOVER“

Foto „Nichtbrennbares gusseisernes Abflussrohr-


system PAM-GLOBAL S“ (SAINT-GOBAIN HES)

Foto „Nichtbrennbares gusseisernes Abflussrohr-


system mit Sonderbeschichtung
Typ MLK-protec“ (Düker)

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4. Brand- und Schallschutz 157
4.11 Brandschutz in Versammlungsstätten
gemäß der Muster-Versammlungsstättenverordnung (MVStättVO)
terbauordnung (MBO). Zur Sicherstellung der
Info
Schutzziele des Brandschutzes ist bei Sonder-
Bei nichtbrennbaren gusseisernen Abfluss- bauten grundsätzlich die Erstellung eines spe-
rohrsystemen müssen keine Brandlasten zifischen Brandschutzkonzeptes erforderlich.
berücksichtigt werden. Beim Werkstoff Das Brandschutzkonzept ist die Basis für eine
Polyethylen (PE) entsteht zum Beispiel pro brandschutztechnisch einwandfreie Ausfüh-
kg eine Brandlast von 12 KWh. rung der Versammlungsstätte einschließlich
der Rettungswege und der Leitungsanlagen.
Damit die ohnehin hohen Brandlasten in Ver-
Abschottungen von Leitungsdurch- sammlungsstätten minimiert werden, sind
grundsätzlich Leitungen aus nichtbrennbaren
führungen bei Wänden und Decken
Werkstoffen der Brandklasse A empfehlens-
mit Anforderungen an die Feuer- wert. Nichtbrennbare Leitungen, wie zum Bei-
widerstandsdauer spiel gusseiserne Abflussrohrsysteme, führen
Für Leitungsanlagen in Verkaufsstätten gelten zu keiner Brandlast oder Brandweiterleitung
die Anforderungen der Leitungsanlagen-Richt- und dürfen in Flucht- und Rettungswegen frei
linien der Länder. Die Abschottungen von verlegt werden. Weitere Vorteile von gusseiser-
Leitungsanlagen müssen entsprechend der ge- nen Abflussrohrsystemen sind die hervorragen-
forderten Feuerwiderstandsdauer der Bauteile den Schallschutzeigenschaften, die hohe
– gemäß dem projektspezifischen Brand- Druckbeständigkeit sowie das hervorragende
schutzkonzept – ausgeführt werden. Nach Ausdehnungsverhalten.
der Musterleitungsanlagenrichtlinie (MLAR),
Fassung 10.02.2015 (Redaktionsstand Quellenverzeichnis
05.04.2016) sind zum Beispiel Abschottungen Musterverordnung über den Bau und Betrieb
von Abwasserleitungen entweder nach den von Verammlungsstätten (Muster-Versamm-
entsprechenden Verwendbarkeitsnachweisen lungsstättenverordnung – MVStättVO),
(Abschnitt 4.1) oder nach den Erleichterungen Fassung Juni 2005, zuletzt geändert durch Be-
(Abschnitte 4.2 und 4.3) auszuführen. schluss der Fachkommission Bauaufsicht vom
Juli 2014
Zusammenfassung Musterbauordnung (MBO), Fassung November
Oberstes Ziel der Muster-Versammlungsstät- 2002 zuletzt geändert durch Beschluss der
tenverordnung (MVStättVO) ist die rechtzei- Bauministerkonferenz vom 22.02.2019
tige Branderkennung und Alarmierung der
Besucher, Angestellten und Sicherheitskräfte Muster-Richtlinie über brandschutztechnische
sowie eine geordnete Evakuierung. Anforderungen an Leitungsanlagen (MLAR),
Fassung 10.02.2015 (Redaktionsstand
Bei Versammlungsstätten, die unter die 05.04.2016)
Muster-Versammlungsstättenverordnung
(MVStättVO) fallen, handelt es sich um Son- Kommentar zur Muster-Leitungsanlagen-Richt-
derbauten im Sinne des § 51 Abs. 1 der Mus- linie (MLAR), 5. Auflage 2018

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158

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4. Brand- und Schallschutz 159
4.12 Brandschutz in Schulgebäuden gemäß
der Muster-Schulbau-Richtlinie (MSchulbauR)

Kopfzeile „Muster-Schulbau-Richtlinie (MSchulbauR)“

Die Muster-Schulbau-Richtlinie (MSchulbauR) – len, Berufsschulen und vergleichbare Schulge-


Fassung April 2009 – enthält besondere Anfor- bäude.
derungen und Erleichterungen für den Bau Für Hoch- und Fachhochschulen, Akademien,
und Betrieb von Schulbauten. Volkshochschulen oder vergleichbare Schulty-
pen gilt die MSchulbauR nicht.
Anwendungsbereich Im weiteren Sinne umfassen Schulbauten auch
alle Gebäude und Räume, die von einer Schule
Die Vorschriften der Muster-Schulbau-Richtli-
genutzt werden, also zum Beispiel Turnhallen,
nie (MSchulbauR) gelten für Haupt-, Real-,
Mensen, Pausenräume und Fachgebäude.
und Gesamtschulen, Gymnasien, Sonderschu-

Foto Schulgebäude (Rohan Dhanjee, pixabay.com)

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4. Brand- und Schallschutz 160
4.12 Brandschutz in Schulgebäuden gemäß
der Muster-Schulbau-Richtlinie (MSchulbauR)

Info Einteilung der Gebäudetypen werden in der


Musterbauordnung (MBO), Fassung November
Bei Schulgebäuden, die unter die Muster-
2002 – zuletzt geändert durch Beschluss der
Schulbau-Richtlinie (MSchulbauR) fallen,
Bauministerkonferenz vom 22.02.2019 – fol-
handelt es sich um Sonderbauten im Sinne
gende Gebäudeklassen (GK) unterschieden:
des § 51 Abs. 1 der Musterbauordnung
(MBO). Zur Sicherstellung der Schutzziele
■ Gebäudeklasse 1a
des Brandschutzes ist bei Sonderbauten
freistehende Gebäude mit einer Höhe bis
grundsätzlich die Erstellung eines spezifi-
zu 7 m und nicht mehr als zwei Nut-
schen Brandschutzkonzeptes erforderlich.
zungseinheiten von insgesamt nicht mehr
als 400 m²;
Anforderungen an Bauteile
Gemäß Abschnitt 2.1 der MSchulbauR sind für ■ Gebäudeklasse 1b
tragende und aussteifende Bauteile bei Schul- freistehende land- oder forstwirtschaftlich
bauten der Gebäudeklasse (GK) 1 und 2 die genutzte Gebäude;
Anforderungen der Musterbauordnung (MBO)
für die Gebäudeklasse (GK) 3 zu erfüllen; für ■ Gebäudeklasse 2
entsprechende Bauteile von Schulbauten der Gebäude mit einer Höhe bis zu 7 m und
Gebäudeklasse (GK) 4 gelten die Anforderun- nicht mehr als zwei Nutzungseinheiten
gen der Gebäudeklasse (GK) 5. von insgesamt nicht mehr als 400 m²;

Innere Brandwände sind nach Abschnitt 2.2 in ■ Gebäudeklasse 3


Abständen von nicht mehr als 60 m anzuord- sonstige Gebäude mit einer Höhe bis
nen. In Gebäuden, deren tragende Bauteile zu 7 m;
hochfeuerhemmend (F 60) oder feuerhem-
mend (F 30) sein dürfen, sind anstelle von ■ Gebäudeklasse 4
Brandwänden Wände zulässig, die auch unter Gebäude mit einer Höhe bis zu 13 m und
zusätzlicher mechanischer Beanspruchung Nutzungseinheiten mit jeweils nicht mehr
hochfeuerhemmend (F 60) sind. als 400 m²;

In Gebäuden der Gebäudeklassen (GK) 1 und ■ Gebäudeklasse 5


2 müssen die Wände notwendiger Treppen- sonstige Gebäude mit einer Höhe bis zu
räume gemäß Abschnitt 2.3 als raumabschlie- 22 m und unterirdische Gebäude (ausge-
ßende Bauteile feuerhemmend (F 30) sein. nommen Sonderbauten).

Über mehrere Geschosse reichende Hallen sind Die Höhe im Sinne der MBO ist das Maß der
nach Abschnitt 2.4 zulässig. Die Wände der Fußbodenoberkante des höchstgelegenen Ge-
Hallen – ausgenommen die Außenwände – schosses, in dem ein Aufenthaltsraum möglich
müssen die Anforderungen an die Geschoss- ist, über der Geländeoberfläche im Mittel.
decken des Gebäudes erfüllen.
Bei den Grundflächen der Nutzungseinheiten
handelt es sich im Sinne der MBO um die
Die Gebäudeklassen der Brutto-Grundflächen; bei der Berechnung der
Brutto-Grundflächen bleiben Flächen in Keller-
Musterbauordnung (MBO)
geschossen außer Betracht.
Für unterschiedliche Gebäude gelten unter-
schiedliche Brandschutzanforderungen. Zur

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4. Brand- und Schallschutz 161
4.12 Brandschutz in Schulgebäuden gemäß
der Muster-Schulbau-Richtlinie (MSchulbauR)

Tabelle „Gebäudeklassen (GK) gemäß Musterbauordnung (MBO)“

Brandlasten und für verschiedene Nutzungen“ steht zum Bei-


Brandklassifizierung spiel unter www.bauforumstahl.de zur Ver-
fügung.
Der Begriff Brandlast wird immer im Zusam-
menhang mit dem Brandschutz von Gebäuden
Hohe Brandlasten entstehen zum Beispiel
verwendet. Unter der Brandlast eines Gegen-
schon durch eine ungünstige Auswahl von
standes versteht man die Energie, die bei
Baustoffen. Deshalb sollte bereits in der Pla-
dessen Verbrennung frei wird und damit bei
nungsphase des Gebäudes auf eine Reduzie-
Schutzmaßnahmen für einen möglichen Ge-
rung unnötiger Brandlasten geachtet werden.
bäudebrand zu berücksichtigen ist. Die Brand-
Nichtbrennbare Materialien mit der Baustoff-
last entsteht durch alle brennbaren Stoffe, die
klasse A sollten immer bevorzugt werden.
in ein Gebäude eingebracht werden. Sie ist
von der Menge und vom Heizwert der Stoffe
In Deutschland ist momentan die Klassifizie-
abhängig.
rung des Brandverhaltens von Baustoffen so-
wohl nach DIN 4102-1 als auch nach DIN EN
Die Brandlast wird in kWh/m² angegeben und
13501-1 möglich. Nur bei Bauprodukten und
ist das auf eine bestimmte Grundfläche – zum
Bauarten, die der CE-Kennzeichnung unterlie-
Beispiel eine Brandabschnittsfläche – bezo-
gen, ist eine Brandklassifizierung nach der
gene Wärmepotenzial aller vorhandenen
DIN EN 13501-1 zwingend erforderlich
brennbaren Stoffe. Eine Liste mit „Brandlasten

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4. Brand- und Schallschutz 162
4.12 Brandschutz in Schulgebäuden gemäß
der Muster-Schulbau-Richtlinie (MSchulbauR)

Tabelle „Brandklassifizierung nach DIN EN 13501-1 und DIN 4102-1“

Rettungswege Die Begrenzung der Rettungsweglänge auf


maximal 35 m ergibt sich aus § 35 Abs. 2 der
Nach Abschnitt 3.1 müssen für jeden Unter-
Musterbauordnung (MBO).
richtsraum in demselben Geschoss mindestens
Notwendige Flure mit nur einer Fluchtrichtung
zwei voneinander unabhängige Rettungswege
(Stichflure) dürfen gemäß Abschnitt 3.3. nicht
zu Ausgängen ins Freie oder zu notwendigen
länger als 10 m sein.
Treppenräumen vorhanden sein. Einer der Ret-
tungswege darf über Außentreppen ohne
Breite der Rettungswege
Treppenräume, Rettungsbalkone, Terrassen
und begehbare Dächer auf das Grundstück Nach Abschnitt 3.4 der Muster-Schulbau-
führen, wenn dieser Rettungsweg im Brandfall Richtlinie muss die nutzbare Breite der Aus-
nicht gefährdet ist. Dieser Rettungsweg gilt als gänge von Unterrichtsräumen und sonstigen
Ausgang ins Freie. Aufenthaltsräumen sowie der notwendigen

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4. Brand- und Schallschutz 163
4.12 Brandschutz in Schulgebäuden gemäß
der Muster-Schulbau-Richtlinie (MSchulbauR)
Flure und notwendigen Treppen mindestens mit der für den Brandschutz zuständigen
1,20 m je 200 Benutzer betragen, wobei Staf- Dienststelle – Feuerwehrpläne und eine Brand-
felungen nur in Schritten von 0,60 m zulässig. schutzordnung anfertigen, und diese der örtli-
Es muss jedoch mindestens folgende nutzbare chen Feuerwehr zur Verfügung stellen.
Breite vorhanden sein:
Leitungsanlagen in Rettungswegen
■ bei Ausgängen von Unterrichtsräumen Bei der Verlegung von Leitungsanlagen inner-
und Aufenthaltsräumen 0,90 m; halb der Rettungswege von Schulbauten gilt
■ bei notwendigen Fluren 1,50 m; der Abschnitt 3 der Muster-Leitungsanlagen-
■ bei notwendigen Treppen 1,20 m. Richtlinie (MLAR), Fassung 10.02.2015 (Redak-
tionsstand 05.04.2016).
Zusätzlich gelten noch folgende Regelungen:
Im Abschnitt 3 der MLAR sind die grundlegen-
■ die Ausgänge zu notwendigen Fluren den Voraussetzungen für sichere Flucht- und
dürfen nicht breiter sein als der notwen- Rettungswege festgelegt. Hiernach dürfen
dige Flur; brennbare Leitungen, zum Beispiel Kunststoff-
■ die Ausgänge zu notwendigen Treppen- rohre, in Flucht- und Rettungswegen nicht
räumen dürfen nicht breiter sein als die freiverlegt werden. In der Regel ist dann eine
notwendige Treppe, brandschutztechnische Kapselung durch die
■ die Ausgänge aus notwendigen Treppen- Verlegung innerhalb von Unterdecken, Boden-
räumen müssen mindestens so breit sein kanälen oder Installationsschächten mit einer
wie die notwendige Treppe. Feuerwiderstandsdauer von 30 Minuten (F 30)
erforderlich. Nichtbrennbare Leitungen, zum
Feuerwehrplan und Beispiel gusseiserne Abflussrohrsysteme, dür-
Brandschutzordnung fen in Flucht- und Rettungswegen frei verlegt
Gemäß Abschnitt 11 der MSchulbauR müssen werden.
die Betreiber von Schulen – im Einvernehmen

Abbildung „Brandschutztechnische Kapselung von brennbaren Leitungen in Flucht- und Rettungswegen“

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4. Brand- und Schallschutz 164
4.12 Brandschutz in Schulgebäuden gemäß
der Muster-Schulbau-Richtlinie (MSchulbauR)

Abbildung „Freie Verlegung von nichtbrennbaren


gusseisernen Abflussrohrsystemen in Flucht- und
Rettungswegen“

Info

Bei nichtbrennbaren gusseisernen Abfluss-


rohrsystemen müssen keine Brandlasten
berücksichtigt werden. Beim Werkstoff
Polyethylen (PE) entsteht zum Beispiel pro
kg eine Brandlast von 12 KWh.

Abschottungen von Leitungsdurch-


führungen bei Wänden und Decken
mit Anforderungen an die
Bild „Geprüfte Rohrabschottung für waagerecht verlegte nicht-
brennbare gusseiserne Abflussrohre mit ABP P-MPA-E-05-032 Feuerwiderstandsdauer
der Firma SAINT-GOBAIN ISOVER“
Für Leitungsanlagen in Schulbauten gelten
die Anforderungen der Leitungsanlagen-Richt-
linien der Länder. Die Abschottungen von Lei-
tungsanlagen müssen entsprechend der
geforderten Feuerwiderstandsdauer der Bau-
teile – gemäß dem projektspezifischen Brand-
schutzkonzept – ausgeführt werden. Nach
der Musterleitungsanlagenrichtlinie (MLAR),
Fassung 10.02.2015 (Redaktionsstand
05.04.2016) sind zum Beispiel Abschottungen
Foto „Nichtbrennbares gusseisernes Abflussrohr-
system PAM-GLOBAL S“ (SAINT-GOBAIN HES) von Abwasserleitungen entweder nach den
entsprechenden Verwendbarkeitsnachweisen
(Abschnitt 4.1) oder nach den Erleichterungen
(Abschnitte 4.2 und 4.3) auszuführen.

Foto „Nichtbrennbares gusseisernes Abflussrohr-


system mit Sonderbeschichtung Typ MLK-protec“ (Düker)

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4. Brand- und Schallschutz 165
4.12 Brandschutz in Schulgebäuden gemäß
der Muster-Schulbau-Richtlinie (MSchulbauR)
Zusammenfassung Quellenverzeichnis
Oberstes Ziel der Muster-Schulbau-Richtlinie Muster-Richtlinie über bauaufsichtliche Anfor-
(MSchulbauR) ist die rechtzeitige Branderken- derungen an Schulen (Muster-Schulbau-Richt-
nung und Alarmierung der Schüler, des Lehr- linie-MSchulbauR), Fassung April 2009
personals und der Angestellten sowie eine
geordnete Evakuierung. Musterbauordnung (MBO), Fassung November
2002 zuletzt geändert durch Beschluss der
Bei Schulbauten, die unter die Muster-Schul- Bauministerkonferenz vom 22.02.2019
bau-Richtlinie (MSchulbauR) fallen, handelt es
sich um Sonderbauten im Sinne des § 51 Abs. Muster-Richtlinie über brandschutztechnische
1 der Musterbauordnung (MBO). Zur Sicher- Anforderungen an Leitungsanlagen (MLAR),
stellung der Schutzziele des Brandschutzes ist Fassung 10.02.2015 (Redaktionsstand
bei Sonderbauten grundsätzlich die Erstellung 05.04.2016)
eines spezifischen Brandschutzkonzeptes erfor-
derlich. Das Brandschutzkonzept ist die Basis Kommentar zur Muster-Leitungsanlagen-Richt-
für eine brandschutztechnisch einwandfreie linie (MLAR), 5. Auflage 2018
Ausführung des Schulgebäudes einschließlich
der Rettungswege und der Leitungsanlagen.

Damit die ohnehin hohen Brandlasten mini-


miert werden, sind grundsätzlich Leitungen
aus nichtbrennbaren Werkstoffen der Brand-
klasse A empfehlenswert. Nichtbrennbare
Leitungen, wie zum Beispiel gusseiserne Ab-
flussrohrsysteme, führen zu keiner Brandlast
oder Brandweiterleitung und dürfen in Flucht-
und Rettungswegen frei verlegt werden.
Weitere Vorteile von gusseisernen Abflussrohr-
systemen sind die hervorragenden Schall-
schutzeigenschaften, die hohe Druckbe-
ständigkeit sowie das hervorragende Ausdeh-
nungsverhalten.

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166

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4. Brand- und Schallschutz 167
4.13 Die DIN 4109 Schallschutz im Hochbau

Im Juli 2016 erschien die aktualisierte Fassung fest. Sie richtet sich insbesondere an Architek-
der Normenreihe DIN 4109 „Schallschutz im ten, Fachplaner, ausführende Firmen, Herstel-
Hochbau“. Die Normenreihe legt Anforderun- ler von Bauprodukten sowie an Eigentümer
gen an die Schalldämmung von Bauteilen und Nutzer von Wohngebäuden und Nicht-
schutzbedürftiger Räume und an die zulässi- wohngebäuden.
gen Schallpegel in schutzbedürftigen Räumen

Kopfzeile „Titelseite DIN 4109-1, Ausgabe Juli 2016“

Die Anforderungen der Normenreihe und bilden die Basis für erforderliche Baukon-
DIN 4109 gelten zum Schutz struktionen bei Neubauten sowie für bauliche
Änderungen an bestehenden Gebäuden.
■ gegen Geräusche aus fremden Räumen, Von den insgesamt 9 neuen Normenteilen sind
wie zum Beispiel aus Nachbarwohnungen, folgende Teile für Installationsfachleute von
die bei deren bestimmungsgemäßer zentraler Bedeutung:
Nutzung entstehen,

■ gegen Geräusche von Anlagen der tech- ■ Teil 1: Mindestanforderungen;


nischen Gebäudeausrüstung sowie aus
Gewerbe- und Industriebetrieben, die im ■ Teil 36: Daten für den rechnerischen
selben oder baulich damit verbundenen Nachweis des Schallschutzes (Bauteil-
Gebäuden vorhanden sind, katalog) – Gebäudetechnische Anlagen;

■ gegen Außenlärm ■ Teil 4: Bauakustische Prüfungen.

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4. Brand- und Schallschutz 168
4.13 Die DIN 4109 Schallschutz im Hochbau

DIN 4109, Teil 1 - L’n,w für den bewerteten Norm-Trittschall-


– Mindestanforderungen pegel,
- LAF,max,n für den maximalen A-bewerteten
Änderungen
Schalldruckpegel (Störgeräusche aus
Wasserinstallationen und sonstigen gebäu-
Gegenüber der DIN 4109, Ausgabe November
detechnischen Anlagen),
1989 wurden folgende wesentlichen Änderun-
- Lap für den Armaturengeräuschpegel.
gen vorgenommen:
Ein schutzbedürftiger Raum im Sinne dieser
■ Überarbeitung der Tabellen 2 und 3
Norm ist ein gegen Geräusche zu schützender
„Anforderungen an die Luft- und Tritt-
Aufenthaltsraum. Schutzbedürftige Räume
schalldämmung“;
sind zum Beispiel:
■ Überarbeitung des Abschnittes 4 „Schutz
gegen Geräusche aus haustechnischen ■ Wohnräume, einschließlich Wohndielen,
Anlagen und Betrieben“; Wohnküchen;
■ Schlafräume, einschließlich Übernachtungs-
■ Streichung des Abschnittes 7 „Nachweis räumen in Beherbergungsstätten;
der schalltechnischen Eignung von Wasser- ■ Bettenräume in Krankenhäusern und
installationen“ (Teile dieses Abschnittes Sanatorien;
wurden in die neue DIN 4109, Teil 36 ■ Unterrichtsräume in Schulen, Hochschulen
übernommen); und ähnlichen Einrichtungen;
■ Büroräume;
■ Aufnahme des Abschnittes 10 „Maximal
■ Praxisräume, Sitzungsräume und ähnliche
zulässige A-bewertete Schalldruckpegel in
Arbeitsräume.
schutzbedürftigen Räumen in der eigenen
Wohnung, erzeugt von raumlufttechni-
Anforderungen an die Luft- und
schen Anlagen im eigenen Wohnbereich“;
Trittschalldämmung
■ Aufnahme des Anhanges A (informativ) In den Abschnitten 5 und 6 der DIN 4109-1
„Erläuternde Angaben zum Schallschutz“. sind die Anforderungen an die Luftschalldäm-
mung R‘w und die Trittschalldämmung L‘n,w
Begriffe zwischen unterschiedlichen fremden Nut-
Die wichtigsten schalltechnischen Begriffe sind zungseinheiten in den Tabellen 2 bis 6 (Wohn-
- R’w für das bewertete Bau-Schalldämm- gebäude und Nichtwohngebäude) aufgeführt.
Maß,

Auszug aus Tabelle 2


„Anforderungen an
die Schalldämmung in
Mehrfamilienhäusern,
Bürogebäuden und in
gemischt genutzten
Gebäuden“

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4. Brand- und Schallschutz 169
4.13 Die DIN 4109 Schallschutz im Hochbau

Info Als gebäudetechnische Anlagen gelten außer-


dem
Die DIN 4109 beschreibt lediglich die Erfül- ■ Gemeinschaftswaschanlagen,
lung der Mindestanforderungen beim bauli- ■ Schwimmanlagen, Saunen und
chen Schallschutz. Werte für einen erhöhten dergleichen,
Schallschutz wurden nicht aufgenommen.
■ Sportanlagen,
Ein erhöhter Schallschutz kann zum Beispiel
■ Zentrale Staubsauganlagen,
anhand der VDI-Richtlinie 4100 werkvertrag-
lich vereinbart werden. ■ Garagenanlagen,

■ fest eingebaute, motorbetriebene außen-


liegende Sonnenschutzanlagen und Roll-
Gebäudetechnische Anlagen und baulich läden.
mit dem Gebäude verbundene Gewerbe-
betriebe In der Tabelle 9 der DIN 4109-1 sind die maxi-
Gebäudetechnische Anlagen sind gemäß Ab- mal zulässigen A-bewerteten Schalldruckpegel
schnitt 9 der DIN 4109-1 dem Gebäude die- in fremden schutzbedürftigen Räumen, er-
nende zeugt von gebäudetechnischen Anlagen sowie
■ Versorgungs- und Entsorgungsanlagen,
von baulich mit dem Gebäude verbundenen
■ Transportanlagen, Gewerbebetrieben, zusammengefasst.
■ fest eingebaute, betriebstechnische
Anlagen.

Auszug aus Tabelle 9 „Maximal zulässige A-bewertete Schalldruckpegel in fremden schutzbedürftigen


Räumen, erzeugt durch gebäudetechnische Anlagen“

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4. Brand- und Schallschutz 170
4.13 Die DIN 4109 Schallschutz im Hochbau

Raumlufttechnische Anlagen im eigenen Die Schallübertragung wird durch die Anforde-


Wohnbereich rungen an das Bau-Schalldämm-Maß, den
Norm-Trittschallpegel und einen maximalen
Im Abschnitt 10 der Norm sind die Anforde- Schalldruckpegel begrenzt. Dies kann durch
rungen an den maximal zulässigen A-bewer- alle üblichen Bauprodukte und Bauarten erfüllt
teten Schalldruckpegel in schutzbedürftigen werden. Die Höhe des zu erwartenden Schall-
Räumen in der eigenen Wohnung, erzeugt schutzes ist hierbei auf die geforderten Schutz-
durch raumlufttechnische Anlagen im eigenen ziele abgestimmt.
Wohnbereich, beschrieben.
Trotz gleicher Schalldämmung der trennenden
Die entsprechenden maximal zulässigen A- Bauteile kann der Schallschutz unterschiedlich
bewerteten Schalldruckpegel LAF,max,n sind in sein, je nach Größe der aneinander grenzen-
der Tabelle 10 aufgeführt. den Räume.

Der Schallschutz wird beschrieben durch die


Armaturen und Geräte der nachhallzeitbezogenen Größen
Trinkwasserinstallation
■ DnT,w´ für den Luftschallschutz,
Die schallschutztechnischen Anforderungen an
Armaturen und Geräte der Trinkwasserinstalla-
■ L‘nT,w für den Trittschallschutz und
tion werden im Abschnitt 11 der DIN 4109-1
erläutert. Für Armaturen der Trinkwasserinstal-
■ LAFmax,nT für den mittleren Standard-
lation sind Armaturengruppen festgelegt, in
Maximalpegel durch gebäudetechnische
die sie gemäß dem gemessenen Armaturenge-
Anlagen.
räuschpegel Lap eingeteilt werden.
Zur detaillierten Festlegung des Schallschutzes
In Tabelle 11 erfolgt die Einstufung von Arma-
werden im informativen Anhang A der
turen und Geräten der Trinkwasserinstallation
DIN 4109-1 Empfehlungen für die Vor-
in die Armaturengruppen I und II.
gehensweise bei der schalltechnischen
Planung gegeben.
Die schallschutztechnischen Festlegungen
für den Einsatz von Armaturen und Geräten
Anhang B ̶ Empfehlungen zu heiztechni-
der Trinkwasserinstallation werden in der
DIN 4109-36 beschrieben.
schen Anlagen im eigenen Wohnbereich

Im informativen Anhang B der DIN 4109-1


Erläuternde Angaben zum Schallschutz
werden Empfehlungen für maximale
im Anhang A
A-bewertete Schalldruckpegel in der eigenen
Wohnung, erzeugt von heiztechnischen Anla-
Im informativen Anhang A werden die Unter-
gen im eigenen Wohnbereich beschrieben.
schiede zwischen Schalldämmung und Schall-
schutz näher erläutert.
Die empfohlenen maximalen zulässigen A-be-
werteten Schalldruckpegel LAF,max,n sind in
In der DIN 4109 wird der Schallschutz indirekt
der Tabelle B.1 aufgeführt.
(vereinfacht) über die Eigenschaften der Bau-
konstruktion (Schalldämmung) beschrieben.

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4. Brand- und Schallschutz 171
4.13 Die DIN 4109 Schallschutz im Hochbau

DIN 4109, Teil 36 – Daten für den 3.3 Leichtbau-Musterinstallationswand


rechnerischen Nachweis des Referenzkonstruktion als Wand aus Gipsplat-
Schallschutzes (Bauteilkatalog) ten mit Metallunterkonstruktion nach
– Gebäudetechnische Anlagen DIN 18183-1 als Einfachständerwerk oder
Doppelständerwerk zum Nachweis der Anfor-
Da der Bauteilkatalog außerordentlich um- derungen an den Schutz gegen Geräusche der
fangreich ist, wurden die Inhalte in die Nor- Sanitärtechnik / Wasserinstallationen ohne
menteile DIN 4109-31 bis DIN 4109-36 bauakustische Messungen.
aufgeteilt. Bei der DIN 4109-31 handelt es sich
um ein Rahmendokument, in dem eine ein- 3.4 Massivbau-Musterinstallationswand
heitliche Gliederung der einzelnen Bauteil- Einschalige massive Referenzkonstruktion zum
gruppen der Normen DIN 4109-32 bis DIN Nachweis der Anforderungen an den Schutz
4109-36 festgelegt ist. Diese Vorgehensweise gegen Geräusche der Sanitärtechnik / Wasser-
erleichtert die Handhabung für den Anwender. installationen ohne bauakustische Messungen.

Die wichtigsten Angaben zu „Gebäudetechni-


schen Anlagen“ sind in der DIN 4109-36 zu- Gewerkübergreifende Hinweise
sammengefasst. Diese Norm behandelt den Im Abschnitt 5 der DIN 4109-36 wird folgende
Bereich der sanitärtechnischen Anlagen und wichtige Kernaussage zum baulichen Schall-
legt dafür die Nachweise fest. Da für die übri- schutz getroffen: „Der in schutzbedürftigen
gen TGA-Anlagen momentan die zum Nach- Räumen auftretende Schalldruckpegel lässt
weisverfahren erforderlichen Kenndaten nicht sich häufig nicht vorhersagen, weil die meist
in ausreichendem Umfang zur Verfügung vorliegende Körperschallanregung der Bauteile
stehen, beschränken sich hier die Angaben im z.Z. rechnerisch schwer erfassbar ist.
Wesentlichen auf schalltechnisch relevante
Hinweise und orientierende Daten. Die Planung im Hinblick auf den Schutz vor
Geräuschübertragung setzt einschlägige Erfah-
rung voraus. Zur Planung des Gebäudes, der
Begriffe gebäudetechnischen Anlagen, der Betriebe
Für die Anwendung der DIN 4109-36 gelten und der besonderen Schallschutzmaßnahmen
die Begriffe der anderen Normenteile der sollte deshalb ein Sachkundiger hinzugezogen
DIN 4109 sowie die folgenden Begriffe. werden, wenn den Planungsbeteiligten die nö-
tige Erfahrung fehlt.
3.1 Installationssystem
Werksseitig vormontierte, systemtypisch abge- Die Einhaltung der Anforderungen setzt
stimmte Installationselemente mit Tragwerk voraus, dass die Verantwortlichen für die:
aus Profilen für Vorwand oder Inwandmon-
tage sowie für freistehende Aufstellung mit - Planung des Grundrisses,
Bauteilen für Kombinationen zum raumhohen - Planung und Ausführung des Baukörpers,
sowie teilhohen Ausbau als Installationstrenn- - Planung und Ausführung der gebäude-
wand und/oder Installationsschacht, auch mit technischen Anlagen,
Zu- und Ablaufverrohrung, mit Systembeplan- - Planung und Ausführung besonderer
kung. Schallschutzmaßnahmen,
- Auswahl und Anordnung der geräusch-
3.2 Installationswand erzeugenden Einrichtungen
Wand, gleich welcher Bauweise, an oder in der gemeinsam um den Schallschutz bemüht und
Komponenten der Sanitärinstallation befestigt eine wirksame Koordination aller Beteiligten
werden. besorgt sind.“

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4. Brand- und Schallschutz 172
4.13 Die DIN 4109 Schallschutz im Hochbau

Abbildung „Akustisch ungünstige Grundrissanordnungen“

Abbildungen „Akustisch günstige


Grundrissanordnungen“

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4. Brand- und Schallschutz 173
4.13 Die DIN 4109 Schallschutz im Hochbau

Info tionswänden) gemäß Abschnitt 6.4.4 durch-


geführt.
Der geforderte Schallschutz für die gebäude-
technischen Anlagen ist grundsätzlich nur im Für Nachweise mit bauakustischen Mes-
Zusammenspiel zwischen akustisch günstiger sungen gilt folgende Anmerkung: „Die Einhal-
Bau- und Installationstechnik realisierbar. tung von Schallschutzanforderungen für eine
Schlechte Bautechnik, wie zum Beispiel durch bestimmte Sanitärinstallation in Verbindung
akustisch ungünstige Grundrisse und/oder mit einer bestimmten baulichen Situation kann
unzureichende Decken- und Wandkonstruk- durch messtechnische Untersuchungen in
tionen, kann erfahrungsgemäß durch einer praxisgerechten Situation (z.B. Installa-
moderne Installationstechnik alleine nicht tionsprüfstand) überprüft werden. Die Wirk-
ausgeglichen werden. Bei der Ausführung ist samkeit bestimmter schalltechnischer Maßnah-
eine enge Abstimmung zwischen allen betei- men zur Einhaltung der Anforderungen aus
ligten Gewerken erforderlich. DIN 4109-1 ist vom Produkthersteller nachzu-
weisen.
Zusätzlich befinden sich im Abschnitt 5 noch
wichtige Hinweise zur Grundrissausbildung, Im Sinne einer Güteprüfung kann die Einhal-
schallabsorbierenden Bekleidung von Wänden tung der Schallschutzanforderungen für eine
und Decken, Kapselung von Geräten und konkrete Bausituation vor Ort mit festgelegten
Rohrleitungen, Verbesserung der Luftschall- Messverfahren überprüft werden. Angaben
dämmung von Bauteilen und Verbesserung zum Nachweis mit bauakustischen Messungen
der Körperschalldämmung. enthält DIN 4109-4 „Bauakustische Prüfun-
gen“ im Anhang B.4.“

Sanitärtechnische Anlagen
Abwasseranlagen
Der Schallschutz gegenüber Geräuschen aus
sanitärtechnischen Anlagen wird im Abschnitt 6 Im Abschnitt 6.2 werden schallschutztechni-
der DIN 4109-36 behandelt. sche Anforderungen an Abwasseranlagen be-
schrieben. Hierbei werden Abwasseranlagen in
Im Abschnitt 6.1 „Allgemeine Hinweise zur Abwassersysteme (Rohrsysteme einschließlich
Durchführung von Nachweisen“ wird bereits Rohrbefestigungen und gegebenenfalls erfor-
eingangs darauf hingewiesen, dass bei der Pla- derlicher Dämmung), Abwasserhebeanlagen
nung und Ausführung sowie beim schalltech- sowie Abscheider und Abwasserbehandlungs-
nischen Nachweis das Zusammenwirken der anlagen eingeteilt.
Sanitärinstallation und der Installationswand
berücksichtigt werden muss, da die resultie- Für die Güte der Schalldämmung sind neben
renden Installationsgeräusche von beiden Be- den schalltechnischen Eigenschaften des Ab-
reichen beeinflusst werden. wassersystems selbst die Grundrissanordnung,
die Eigenschaften der Installationswand sowie
Bei den Nachweisen wird grundsätzlich zwi- die Anbringung der Installation an der Installa-
schen Nachweisen ohne bauakustische Mes- tionswand von entscheidender Bedeutung.
sungen und Nachweisen mit bauakustischen
Messungen unterschieden. Die wichtigsten installationstechnischen Ein-
flüsse beim Schallschutz sind der Volumen-
Nachweise ohne bauakustische Messun- strom, die Befestigung der Abwasserleitungen,
gen werden für sanitärtechnische Anlagen an- die Richtungsänderungen sowie das Material
hand von Referenzlösungen (Musterinstalla- und der Aufbau der Rohrleitungen.

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4. Brand- und Schallschutz 174
4.13 Die DIN 4109 Schallschutz im Hochbau

Abbildung „Entstehung
von Abwassergeräuschen“

Die Verlege- und Montageanleitungen


der Hersteller müssen unbedingt beach-
tet werden.

Abwasserleitungen dürfen in schutzbedürfti-


gen Räumen nicht frei verlegt werden. In
schutzbedürftigen Räumen sind Abwasserlei-
tungen innerhalb von Installationsschächten,
mit ausreichender Schalldämmung, zu verlegen.

Abbildung „Verminderung der Luftschallabstrahlung durch


strömungsgünstige Umlenkungen“

Abbildung „Akustikdämpfer“ (SAINT-GOBAIN HES)


Bei der Montage von Abwasserleitungen sind
Körperschallbrücken grundsätzlich zu vermei- Installationsschächte sind gegebenenfalls mit
den. Falls die Gefahr von Körperschallbrücken geeignetem Absorptionsmaterial auszukleiden.
durch nachfolgende Gewerke besteht, muss Die für den rechnerischen Nachweis benötig-
eine Körperschalldämmung erfolgen. Für die ten akustischen Kennzahlen des Abwassersys-
Befestigung der Abwasserrohre müssen tems werden mittels Labormessungen nach
grundsätzlich körperschallgedämmte Befesti- DIN EN 14366 „Messung der Geräusche von
gungselemente verwendet werden. Abwasserinstallationen im Prüfstand“ ermittelt.

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4. Brand- und Schallschutz 175
4.13 Die DIN 4109 Schallschutz im Hochbau

Wasseranlagen (Trinkwasserinstallation) Für die Güte der Schalldämmung sind neben


den schalltechnischen Eigenschaften der Ar-
Die schallschutztechnischen Anforderungen maturen, Geräte und Rohrleitungen der Trink-
für Trinkwasserinstallationen werden im Ab- wasserinstallation die Grundrissanordnung, die
schnitt 6.3 beschrieben. Zu Trinkwasserinstalla- Eigenschaften der Installationswand sowie der
tionen gehören Armaturen gemäß Tabelle 11 Ort der Anbringung der Armaturen und Rohr-
der DIN 4109-1, Trinkwasserleitungen, Trink- leitungen an der Installationswand entschei-
wassererwärmer, Druckerhöhungsanlagen, Zir- dend.
kulations- und Speicherladepumpen sowie
Wasserbehandlungsanlagen.

Ausbreitung von Wasser-


leitungsgeräuschen aus dem
darüber liegenden Geschoss
in schutzbedürftige Räume
(SR1 u. SR2);
verminderte Schallübertragung
um 10 dB durch einen zwi-
schenliegenden Raum

Abbildung „Verminderung der Ausbreitung


von Wasserleitungsgeräuschen“

Zu den wichtigsten installationstechnischen Körperschalldämmung im Bereich von Wand-


Einflüssen beim Schallschutz zählen die Wahl und Deckendurchführungen.
der Armaturengruppe, der Ruhe- und Fließ-
druck in der Anlage, der Volumenstrom, die Die Armaturengeräusche sind umso größer, je
Befestigung der Armaturen und Rohrleitungen, höher der Fließdruck an den Armaturen ist.
der Werkstoff und Aufbau der Rohrleitungen Hier muss der Druck gegebenenfalls durch
sowie die Verwendung von Schalldämpfern. einen Druckminderer verringert werden.

Trinkwasserleitungen sind gegenüber dem Steigleitungen und Apparateanschlussleitun-


Bauwerk durch geeignete Maßnahmen schall- gen sollten nicht an Trennwänden zu schutz-
technisch wirkungsvoll zu dämmen. Dies bedürftigen Räumen montiert werden.
erreicht man zum Beispiel durch Armaturenan-
schlüsse mit integrierter Körperschallentkopp- Für den schalltechnischen Nachweis wird für
lung, Rohrschellen mit Dämmeinlage, Armaturen und Geräte der Trinkwasserinstalla-

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4. Brand- und Schallschutz 176
4.13 Die DIN 4109 Schallschutz im Hochbau

tion der Armaturengeräuschpegel Lap nach vorgenommen, müssen die statischen Anfor-
DIN EN ISO 3822-1 “Akustik – Prüfung des Ge- derungen an das Installationssystem berück-
räuschverhaltens von Armaturen und Geräten sichtigt werden.
der Wasserinstallation im Laboratorium – Teil 1:
Messverfahren“ herangezogen. Die Kennwerte
sind einem allgemeinen bauaufsichtlichen Einschalige massive Wände als
Prüfzeugnis zu entnehmen. Installationswände

Eine einschalige massive Installationswand


Installationssysteme und sanitäre kann ohne weitere bauakustische Prüfung
Ausstattungsgegenstände eingesetzt werden, wenn sie als „Einschalige
Massivbau-Musterinstallationswand“ gemäß
Im Abschnitt 6.4 werden die schallschutztech- Abschnitt 6.4.4.2.2 der DIN 4109-36 geplant
nischen Anforderungen für Installationssys- und ausgeführt wird.
teme und sanitäre Ausstattungsgegenstände
beschrieben. Die einschalige massive Musterinstallations-
wand muss eine flächenbezogene Masse von
Zu den Installationssystemen und sanitären mindestens 220 kg/m2 haben und die installa-
Ausstattungsgegenständen zählen Vorwand- tionstechnischen und baulichen Randbedin-
und Inwand-Installationselemente, Installati- gungen der Abschnitte 6.4.4.2.3 bis 6.4.4.2.5
onsregister und Installationsschächte sowie erfüllen.
Waschbecken, Wannen, Klosettbecken, Bidets,
Urinale und Sanitärarmaturen. Einschalige massive Installationswände, Instal-
lationen und bauliche Bedingungen, die den
Leitungsinstallationen der technischen Gebäu- vorgenannten Vorgaben nicht entsprechen,
deausrüstung werden häufig in Installations- müssen mit bauakustischen Messungen nach-
schächten verlegt. Neben der Abwasser- und gewiesen werden.
Trinkwasserinstallation betrifft dies auch an-
dere Gewerke, wie zum Beispiel Wärmeversor-
gungsanlagen und lufttechnische Anlagen. Leichtbauwände als Installationswände
Installationsschächte, in denen Leitungen ver-
legt sind, müssen grundsätzlich dicht ausge- Leichtbauwände können als Installations-
führt werden. wände ohne weitere bauakustische Prüfung
eingesetzt werden, wenn sie als „Leichtbau-
Körperschallentkoppelnde Maßnahmen bei Musterinstallationswand“ gemäß Abschnitt
sanitären Ausstattungsgegenständen sind zur 6.4.4.3.2 der DIN 4109-36 geplant und aus-
Verhinderung der Geräuschübertragung in geführt werden.
schutzbedürftige Räume von zentraler Bedeu-
tung. Für Leichtbau-Musterinstallationswände
müssen die baulichen und installationstechni-
Neben der Installationswand hat das Installati- schen Randbedingungen der Abschnitte
onssystem einen großen Einfluss auf die Höhe 6.4.4.3.3 bis 6.4.4.3.5 erfüllt werden.
der Geräuschübertragung.
Leichtbau-Installationswände, Installationen
Die Befestigung der Sanitärinstallation und der und bauliche Bedingungen, die den vorge-
sanitären Ausstattungsgegenstände an Instal- nannten Vorgaben nicht entsprechen, müssen
lationssystemen und am Baukörper muss kör- mit bauakustischen Messungen nachgewiesen
perschallentkoppelt ausgeführt werden. werden.
Werden körperschallentkoppelnde Maßnah-
men bei sanitären Ausstattungsgegenständen

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4. Brand- und Schallschutz 177
4.13 Die DIN 4109 Schallschutz im Hochbau

DIN 4109, Teil 4 Labormessungen


– Bauakustische Prüfungen
Für bauakustische Messungen an Bauteilen
Im Teil 4 der DIN 4109 werden die bauakusti-
im Prüfstand sind die im Abschnitt 5 der
schen Prüfverfahren beschrieben, nach denen
DIN 4109-4 vorgeschriebenen Prüfnormen,
die schalltechnischen Werte der Normenreihe
unter Berücksichtigung der nationalen Ergän-
DIN 4109 zu bestimmen sind, wenn nicht
zungen im normativen Anhang A, anzuwenden.
bereits andere Festlegungen durch Produkt-
normen oder bauaufsichtliche Bestimmungen
Die maßgeblichen Messverfahren für gebäude-
bestehen.
technische Anlagen im Prüfstand befinden sich
in der Tabelle 5 der Norm.
Die Norm unterscheidet grundsätzlich
zwischen Labor- und Baumessungen.

Auszug aus Tabelle 5 „Labormessung – Messung der Schallpegel von gebäudetechnischen Anlagen“

Baumessungen

Für Baumessungen sind die im Abschnitt 6 der Die maßgeblichen Messverfahren zur Baumes-
DIN 4109-4 vorgeschriebenen Prüfnormen, sung der Schallpegel von gebäudetechnischen
unter Berücksichtigung der nationalen Ergän- Anlagen und aus baulich verbundenen Betrie-
zungen im normativen Anhang B, anzuwen- ben befinden sich in der Tabelle 8 der Norm.
den.

Auszug aus Tabelle 8 „Baumessung – Messung der Schallpegel von gebäudetechnischen Anlagen“

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4. Brand- und Schallschutz 178
4.13 Die DIN 4109 Schallschutz im Hochbau

Zusammenfassung
Die DIN 4109 beschreibt auch weiterhin ledig- Der geforderte Schallschutz für gebäudetech-
lich die Erfüllung der Mindestanforderungen nische Anlagen ist generell nur im Zusammen-
beim baulichen Schallschutz. Werte für einen spiel zwischen akustisch günstiger Bau- und
erhöhten Schallschutz wurden nicht aufge- Installationstechnik realisierbar. Bei der Aus-
nommen. führung ist eine enge Abstimmung zwischen
allen beteiligten Gewerken erforderlich.
Ergänzend zu den Mindestanforderungen an
die Schalldämmung nach DIN 4109 werden
zum Beispiel in der VDI-Richtlinie 4100 zusätz-
liche Schallschutzstufen für die Planung und
Bewertung eines erhöhten Schallschutzes von
Gebäuden definiert, die werksvertraglich ver-
einbart werden können. Hierbei sollte für die
Planung unbedingt ein Sachverständiger für
Schallschutz hinzugezogen werden.

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4. Brand- und Schallschutz 179
4.14 Die Richtlinie VDI 4100

Höherer Komfort durch verbesser- richtet sich insbesondere an Architekten,


ten Schallschutz in Wohngebäuden Planer, ausführende Firmen, Hersteller von
Bauprodukten sowie an Eigentümer und
Im Oktober 2012 erschien die aktualisierte
Nutzer von Wohngebäuden mit den darin be-
Fassung der VDI-Richtlinie 4100 „Schallschutz
findlichen Anlagen der Technischen Gebäude-
im Hochbau – Wohnungen – Beurteilung und
ausrüstung.
Vorschläge für erhöhten Schallschutz“. Sie

Kopfzeile „Titelseite VDI 4100, Ausgabe Oktober 2012“

Die VDI-Richtlinie 4100 enthält – in Ergänzung ■ Wegen der gewünschten Vertraulichkeit und
zu den Mindestanforderungen an die Schall- Intimität werden in dieser Richtlinie auch
dämmung nach DIN 4109 – Empfehlungen für Bäder – mit einer Grundfläche ≥8 m2 – als
einen erhöhten Schallschutz im Sinne der Ver- schutzbedürftige Räume betrachtet
traulichkeit und eines erhöhten Komforts in
Gebäuden mit Wohnungen die ganz oder teil- ■ Die Schallschutzstufe SSt I entspricht nicht
weise dem Aufenthalt von Menschen dienen. mehr den Mindestanforderungen der
Diese Empfehlungen sind ebenso anwendbar DIN 4109
in Gebäuden, die wohnungsgleich oder woh-
nungsähnlich genutzt werden, wie zum Bei- ■ Der Schallschutz im eigenen Wohnbereich
spiel Studentenwohnheime, Altenwohnheime, kann – falls sinnvoll und praktisch umsetz-
Gebäude für betreutes Wohnen und Pflege- bar – gesondert nach den neu eingeführten
heime. Schallschutzstufen SSt EB I bzw. SSt EB II
vereinbart werden
Änderungen
■ Gemäß der neuen Richtlinie gilt der zuläs-
Gegenüber der alten VDI-Richtlinie 4100 erge- sige „Schalldruckpegel für gebäudetechni-
ben sich folgende gravierende Änderungen: sche Anlagen“ für alle haustechnische
Anlagen einschließlich Wasserversorgungs-
■ Die Empfehlungen der neuen Richtlinie und Abwasseranlagen. Die frühere Trennung
gelten für einen erhöhten Schallschutz und nach Geräuschen von „Wasserinstallatio-
nicht mehr für eine erhöhte Schalldämmung nen“ und „sonstigen haustechnischen
Anlagen“ ist nicht mehr relevant.
■ Schutzbedürftige Räume im Sinne dieser
Richtlinie sind gegen Geräusche zu schüt-
zende Aufenthaltsräume, das heißt in
Wohnungen alle Räume mit einer Grund-
fläche ≥ 8 m2

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4. Brand- und Schallschutz 180
4.14 Die Richtlinie VDI 4100

Schallschutz statt Schalldämmung Durch die Einführung von nachhallzeitbezoge-


Der gravierendste Unterschied zwischen der nen Schallpegeln und Schallpegeldifferenzen
neuen VDI 4100 und der alten Ausgabe vom ist eine situationsbezogene und damit schall-
August 2007 besteht darin, dass die Empfeh- schutzorientierte Planung möglich. Für Archi-
lungen für einen erhöhten Schallschutz gelten tekten bzw. Bauingenieure ist dies allerdings
und nicht mehr für eine erhöhte Schalldäm- mit einem erheblichen Mehraufwand bei der
mung. Gebäudeplanung verbunden.

Trotz gleicher Schalldämm-Maße R’w der tren- Schallschutzstufen gegenüber


nenden Bauteile können die Unterschiede des fremden Wohnungen
Schallschutzes erheblich sein, je nach Größe In den Abschnitten 4 und 5 der Richtlinie wer-
der aneinander grenzenden Räume. den Schallschutzwerte gegenüber fremden
Der Schallschutz wird beschrieben durch die Wohnungen für die Schallschutzstufen SSt I
nachhallzeitbezogenen Größen bis SSt III, unterschieden nach Mehrfamilien-
häusern (Tabelle 2) sowie Einfamilien-Doppel
■ DnT,w für den Luftschallschutz, und Einfamilien-Reihenhäusern (Tabelle 3),
empfohlen.
■ L´nT,w für den Trittschallschutz und
________
■ L AFmax,nT für den mittleren Standard-
Maximalpegel.

Die Werte beziehen sich jeweils auf eine Nach-


hallzeit von T0 = 0,5 Sekunden.

Auszug aus Tabelle 2 und 3 „Empfohlene Schallschutzwerte gegenüber fremden Wohnungen für gebäudetechnische Anlagen“

Wohnungen, die nicht mindestens den Emp- Aufenthaltsräume, das heißt in Wohnungen
fehlungen der Schallschutzstufe SSt I entspre- alle Räume mit einer Grundfläche >8 m2.
chen, werden in der Richtlinie nicht behandelt. Wegen der gewünschten Vertraulichkeit und
Intimität werden in dieser Richtlinie auch
Schutzbedürftige Räume im Sinne der VDI Bäder – mit einer Grundfläche >8 m2 – als
4100 sind gegen Geräusche zu schützende schutzbedürftige Räume betrachtet.

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4. Brand- und Schallschutz 181
4.14 Die Richtlinie VDI 4100

Für Nutzergeräusche, wie zum Beispiel Öffnen Verbesserter Schallschutz innerhalb


und Schließen des WC-Deckels, Spureinlauf von Wohnungen
oder Rutschen in der Badewanne, wurden
Der verbesserte Schallschutz innerhalb von
auch für die Schallschutzstufen SSt II und SSt
Wohnungen und Einfamilienhäusern wird im
III keine Kennwerte festgelegt. Man geht je-
Abschnitt 6 der Richtlinie behandelt. Hierzu
doch davon aus, dass diese Geräusche durch
wurden die Schallschutzstufen SSt EB I und
Verwendung üblicher Maßnahmen zur Körper-
SSt EB II eingeführt.
schalldämmung bei der Montage der Sanitär-
einrichtungsgegenstände so weit wie möglich
gemindert werden.

Auszug aus Tabelle 4 „Empfohlene Schallschutzwerte innerhalb von Wohnungen und Einfamilienhäusern für gebäudetechnische
Anlagen“

Bezüglich des verbesserten Schallschutzes in- Vereinbarungen zum baulichen


nerhalb von Wohnungen heißt es: “Wird in- Schallschutz
nerhalb einer Wohnung oder innerhalb eines
Die wichtigsten Hinweise zu den Vereinbarun-
Einfamilienhauses – wegen unterschiedlicher
gen zum baulichen Schallschutz sind im Ab-
Nutzung der Schallquellen in einzelnen Räu-
schnitt 7 der VDI 4100 aufgeführt.
men, unterschiedlicher Arbeits- und Ruhezei-
ten einzelner Bewohner oder wegen sonstiger
In Absatz 1 heißt es hierzu:“ Die Vertragspart-
erhöhter Schutzbedürftigkeit – besonderer
ner sollen die Höhe des gewünschten Schall-
Wert auf einen guten Schallschutz gelegt, so
schutzes festlegen, die daraus resultierende
sollen die in Tabelle 4 vorgeschlagenen Emp-
Schallschutzstufe (SSt I, SSt II oder SSt III) und
fehlungen vereinbart werden.
gegebenenfalls auch einen Schallschutz im
eigenen Wohnbereich (SSt EBI und SSt EB II)
Dabei ist vorab sorgfältig zu prüfen, ob bei
vertraglich vereinbaren“
dem geplanten Grundriss und der vorgesehe-
nen Bauweise eine derartige Vereinbarung
Gemäß Absatz 2 können für Räume einer
sinnvoll und möglich ist. Bei „offener Bau-
Wohnung auch unterschiedliche Schallschutz-
weise“ lassen sich die Empfehlungen der
stufen vereinbart werden, wie zum Beispiel
Tabelle 4 im Allgemeinen nicht erreichen.“
„Wohnung der Schallschutzstufe I (SSt I) mit

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4. Brand- und Schallschutz 182
4.14 Die Richtlinie VDI 4100

einem besonders geschützten Wohnzimmer ■ Festlegung der gewünschten Schallschutz-


der Schallschutzstufe II (SSt II)“. stufe (SSt), gegebenenfalls mit verbessertem
Schallschutz im eigenen Bereich (SSt EB)

Planung des Schallschutzes ■ Optimierung des Grundrisses (akustisch


und der Schalldämmung günstige Grundrissanordnung)
Im Abschnitt 8 der VDI 4100 werden Empfeh- ■ Festlegung der Decken- und Wandkonstruk-
lungen zur Planung des Schallschutzes und tionen unter Berücksichtigung der Schall-
der Schalldämmung gegeben. dämmwerte und der räumlichen Gegeben-
heiten
Unter 8.1 Allgemeines heißt es: „Mit dem um-
fassenden Produktangebot für Bau, Ausbau ■ Planung der Technischen Gebäudeausrüs-
und Technische Gebäudeausrüstung sind zur tung und sonstigen geräuscherzeugenden
fachkundigen Planung und Ausführung zu- Einrichtungen unter Berücksichtigung des
sammen mit einer dokumentierten fachkun- vereinbarten Schallschutzes
digen Bauüberwachung alle Voraussetzungen
für besseren Schallschutz gegeben“. ■ Festlegung von besonderen Schallschutz-
maßnahmen, wie zum Beispiel die wirkungs-
Zur Planung des Schallschutzes sowie der Fest- volle Körperschalldämmung von Sanitärein-
legung der erforderlichen Schalldämmung richtungen zur Verminderung von Nutzer-
empfiehlt sich folgende Vorgehensweise: geräuschen

■ Aufstellung der bauakustischen Nachweise.

Abbildung „Akustisch günstige Grundrissanordnung“

Foto „Erstklassiger Schallschutz durch Vorwandinstallati-


onssysteme“ (SAINT-GOBAIN HES)

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4. Brand- und Schallschutz 183
4.14 Die Richtlinie VDI 4100

Außerdem sind im Abschnitt 8 noch die zur Der geforderte Schallschutz für die gebäude-
Berechnung der Luft- und Trittschalldämmung technischen Anlagen ist grundsätzlich nur im
benötigten Gleichungen enthalten; entspre- Zusammenspiel zwischen akustisch günstiger
chende Berechnungsbeispiele befinden sich im Bau- und Installationstechnik realisierbar.
Anhang der neuen Richtlinie. Schlechte Bautechnik, wie zum Beispiel durch
akustisch ungünstige Grundrisse und unzurei-
chende Decken- und Wandkonstruktionen,
Zusammenfassung kann erfahrungsgemäß durch moderne Instal-
Wird erhöhter Schallschutz nach VDI 4100 lationstechnik alleine nicht ausgeglichen wer-
werksvertraglich vereinbart, muss dieser be- den. Bei der Ausführung ist eine enge
reits bei der Planung des Gebäudes und der Abstimmung zwischen allen beteiligten
gebäudetechnischen Anlagen berücksichtigt Gewerken erforderlich.
werden. Bei Fehlen der notwendigen Erfah-
rung sollte für die Planung ein Sachverständi-
ger für Schallschutz hinzugezogen werden.
Dies gilt insbesondere für die Schallschutz-
stufen SSt II und SSt III gegenüber fremden
Wohnungen sowie bei verbessertem Schall-
schutz innerhalb von Wohnungen nach den
Schallschutzstufen SSt EB I und SSt EB II.

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184

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4. Brand- und Schallschutz 185
4.15 Sicherer Schallschutz durch gusseiserne
Abflussrohrsysteme
Aufgrund der Komplexität erfordert die ord-
nungsgemäße Planung und Ausführung des
Schallschutzes bei Hausabflussrohrsystemen
höchste Fachkompetenz der beteiligten Sani-
tärfachleute. Die wichtigsten Anforderungen
haben wir für Sie in diesem Beitrag zusam-
mengefasst.

Zum Schallschutz muss ein Gebäude so ge-


plant und ausgeführt werden, dass der von
Personen wahrgenommene Schall innerhalb
des Gebäudes auf einem Pegel gehalten wird,
der nicht gesundheitsgefährdend ist und bei
dem zufriedenstellende Nachtruhe-, Freizeit-
und Arbeitsbedingungen sichergestellt sind.

Die Geräusche durch Hausabflussleitungen, in


denen erfahrungsgemäß ein Durchfluss nur in
unregelmäßigen Intervallen erfolgt, werden
bedingt durch ihren hohen Informationsgehalt
als besonders störend empfunden.
Foto © Can Stock Photo monkeybusiness-csp1874378

Geltende Regelwerke
Die Schallschutzanforderungen für Gebäude - Bettenräume in Krankenhäusern und
werden in Deutschland im Wesentlichen durch Sanatorien;
folgende Regelwerke umrissen: - Unterrichtsräume in Schulen, Hochschulen
und ähnlichen Einrichtungen;
■ Normenreihe DIN 4109 „Schallschutz im - Büroräume;
Hochbau“, Ausgabe Juli 2016 - Praxisräume, Sitzungsräume und ähnliche
Arbeitsräume.
■ VDI-Richtlinie 4100 „Schallschutz im
Hochbau - Wohnungen - Beurteilung und
Die VDI 4100 ist speziell auf den Schallschutz
Vorschläge für erhöhten Schallschutz“,
von Wohngebäuden bzw. Gebäuden, die
Ausgabe Oktober 2012
wohngleich oder wohnungsähnlich genutzt
werden, wie zum Beispiel Altenwohnheime,
Die DIN 4109 stellt Mindestanforderungen an Studentenwohnheime oder Pflegeheime, zu-
den Schallschutz im Wohnungsbau sowie geschnitten.
Schulen, Krankenhäuser, Beherbergungsstätten
und Bürobauten. In der DIN 4109 wird der Schallschutz indirekt
(vereinfacht) über die Eigenschaften der Bau-
Ein schutzbedürftiger Raum im Sinne dieser konstruktion (Schalldämmung) beschrieben.
Norm ist ein gegen Geräusche zu schützender Die Schallübertragung wird durch die Anforde-
Aufenthaltsraum. Schutzbedürftige Räume rungen an das Bau-Schalldämm-Maß, den
sind zum Beispiel: Norm-Trittschallpegel und einen maximalen
Schalldruckpegel begrenzt. Dies kann durch
- Wohnräume, einschließlich Wohndielen, alle üblichen Bauprodukte und Bauarten erfüllt
Wohnküchen; werden. Die Höhe des zu erwartenden Schall-
- Schlafräume, einschließlich Übernachtungs- schutzes ist hierbei auf die geforderten Schutz-
räumen in Beherbergungsstätten; ziele abgestimmt.

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4. Brand- und Schallschutz 186
4.15 Sicherer Schallschutz durch gusseiserne
Abflussrohrsysteme
Die wichtigsten schalltechnischen Begriffe sind In der Tabelle 9 der DIN 4109-1 sind die maxi-
mal zulässigen A-bewerteten Schalldruckpegel
- R’w für das bewertete in fremden schutzbedürftigen Räumen, er-
Bau-Schalldämm-Maß, zeugt von gebäudetechnischen Anlagen sowie
von baulich mit dem Gebäude verbundenen
- L’n,w für den bewerteten
Gewerbebetrieben, zusammengefasst.
Norm-Trittschallpegel,

- LAF,max,n für den maximalen


A-bewerteten Schalldruckpegel
(Störgeräusche aus Wasserinstalla-
tionen und sonstigen gebäude-
technischen Anlagen),

- Lap für den Armaturengeräuschpegel.

Auszug aus Tabelle 9 der DIN 4109-1 „Maximal zulässige A-bewertete Schalldruckpegel in fremden schutzbedürftigen Räumen,
erzeugt durch gebäudetechnische Anlagen“

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4. Brand- und Schallschutz 187
4.15 Sicherer Schallschutz durch gusseiserne
Abflussrohrsysteme
- D nT,w’ für den Luftschallschutz,
Info
- L’ nT,w für den Trittschallschutz und
Die DIN 4109 beschreibt lediglich die - L AFmax,nT für den mittleren Standard-
Erfüllung der Mindestanforderungen beim Maximalpegel durch
baulichen Schallschutz. Werte für einen gebäudetechnische Anlagen.
erhöhten Schallschutz wurden nicht aufge-
nommen. Ein erhöhter Schallschutz kann Die Werte beziehen sich jeweils auf eine Nach-
zum Beispiel anhand der VDI-Richtlinie hallzeit von T0 = 0,5 Sekunden.
4100 werkvertraglich vereinbart werden.
Durch die Einführung von nachhallzeitbezoge-
nen Schallpegeln und Schallpegeldifferenzen
Die VDI 4100 bezieht sich auf den Schallschutz ist eine situationsbezogene und damit schall-
zwischen Räumen unter Einbeziehung aller an schutzorientierte Planung möglich. Für Archi-
der Schallübertragung beteiligten Bauteile und tekten bzw. Bauingenieure ist dies allerdings
Nebenwege und nicht auf die Schalldämmung mit einem erheblichen Mehraufwand bei der
der trennenden Bauteile allein. Gebäudeplanung verbunden.
Trotz gleicher Schalldämmung der trennenden In den Abschnitten 4 und 5 der VDI 4100
Bauteile kann der Schallschutz unterschiedlich werden Schallschutzwerte gegenüber fremden
sein, je nach Größe der aneinander grenzen- Wohnungen für die Schallschutzstufen SSt I
den Räume. bis SSt III, unterschieden nach Mehrfamilien-
häusern (Tabelle 2) sowie Einfamilien-Doppel-
Der Schallschutz wird beschrieben durch die und Einfamilien-Reihenhäusern (Tabelle 3),
nachhallzeitbezogenen Größen: empfohlen.

Auszug aus Tabelle 4 der VDI 4100 „Empfohlene Schallschutzwerte innerhalb von Wohnungen und Einfamilienhäusern für
gebäudetechnische Anlagen“

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4. Brand- und Schallschutz 188
4.15 Sicherer Schallschutz durch gusseiserne
Abflussrohrsysteme
Der verbesserte Schallschutz innerhalb von Vertragliche Vereinbarungen
Wohnungen und Einfamilienhäusern wird im Die wichtigsten Hinweise zu den Vereinbarun-
Abschnitt 6 der VDI 4100 behandelt. Hierzu gen zum baulichen Schallschutz sind im Ab-
wurden die Schallschutzstufen SSt EB I und schnitt 7 der VDI 4100 aufgeführt.
SSt EB II eingeführt.

Auszug aus Tabelle 4 der VDI 4100 „Empfohlene Schallschutzwerte innerhalb von Wohnungen und Einfamilienhäusern für
gebäudetechnische Anlagen“

Bezüglich des verbesserten Schallschutzes In Absatz 1 heißt es hierzu:


innerhalb von Wohnungen heißt es in der “Die Vertragspartner sollen die Höhe des
VDI 4100: gewünschten Schallschutzes festlegen, die
“Wird innerhalb einer Wohnung oder inner- daraus resultierende Schallschutzstufe (SSt I,
halb eines Einfamilienhauses – wegen unter- SSt II oder SSt III) und gegebenenfalls auch
schiedlicher Nutzung der Schallquellen in einen Schallschutz im eigenen Wohnbereich
einzelnen Räumen, unterschiedlicher Arbeits- (SSt EBI und SSt EB II) vertraglich vereinbaren.
und Ruhezeiten einzelner Bewohner oder
wegen sonstiger erhöhter Schutzbedürftigkeit Gemäß Absatz 2 können für Räume einer
– besonderer Wert auf einen guten Schall- Wohnung auch unterschiedliche Schallschutz-
schutz gelegt, so sollen die in Tabelle 4 vorge- stufen vereinbart werden, wie zum Beispiel
schlagenen Empfehlungen vereinbart werden. „Wohnung der Schallschutzstufe I (SSt I) mit
einem besonders geschützten Wohnzimmer
Dabei ist vorab sorgfältig zu prüfen, ob bei der Schallschutzstufe II (SSt II)“.
dem geplanten Grundriss und der vorgesehe-
nen Bauweise eine derartige Vereinbarung
sinnvoll und möglich ist. Bei „offener Bau-
weise“ lassen sich die Empfehlungen der
Tabelle 4 im Allgemeinen nicht erreichen.“

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4. Brand- und Schallschutz 189
4.15 Sicherer Schallschutz durch gusseiserne
Abflussrohrsysteme

Info „Der in schutzbedürftigen Räumen auftre-


tende Schalldruckpegel lässt sich häufig nicht
Trotz der Veröffentlichung der neuen vorhersagen, weil die meist vorliegende
DIN 4109 haben sich die zivilrechtlichen Körperschallanregung der Bauteile z.Z. rechne-
und öffentlich rechtlichen Anforderungen risch schwer erfassbar ist.
an den Schallschutz nicht grundlegend Die Planung im Hinblick auf den Schutz vor
geändert. Der Unternehmer sollte sich Geräuschübertragung setzt einschlägige Erfah-
immer vergegenwärtigen, welchen Quali- rung voraus. Zur Planung des Gebäudes, der
täts- und Komfortstandards das zu errich- gebäudetechnischen Anlagen, der Betriebe
tende Objekt genügen soll und hiernach und der besonderen Schallschutzmaßnahmen
die Schallschutzanforderungen ausrichten. sollte deshalb ein Sachkundiger hinzugezogen
Zur Klarstellung können immer auch ent- werden, wenn den Planungsbeteiligten die
sprechende Hinweise/Regelungen in den nötige Erfahrung fehlt.
Bauvertrag aufgenommen werden. Sollte
der Unternehmer feststellen, dass die vom Die Einhaltung der Anforderungen setzt
Bauherrn ausgeschriebenen Vorgaben oder voraus, dass die Verantwortlichen für die:
im Vertrag geforderten Bauweisen den für
das Gebäude geltenden Schallschutzanfor- ■ Planung des Grundrisses,
derungen nicht genügen, so ist zur Ver- ■ Planung und Ausführung des Baukörpers,
meidung der zivilrechtlichen Mängel- ■ Planung und Ausführung der gebäude-
haftung ein entsprechender Bedenkenhin- technischen Anlagen,
weis notwendig. ■ Planung und Ausführung besonderer
(Quelle: Fachgemeinschaft Bau Berlin und Schallschutzmaßnahmen,
Brandenburg e. V., 9/2016) ■ Auswahl und Anordnung der geräusch-
erzeugenden Einrichtungen

Praktische Umsetzung des gemeinsam um den Schallschutz bemüht und


eine wirksame Koordination aller Beteiligten
Schallschutzes
besorgt sind.“
Im Abschnitt 5 der DIN 4109-36, Ausgabe
Juli 2016 wird folgende wichtige Kernaussage
zum baulichen Schallschutz getroffen:

Abbildung „Akustisch günstige Grundrissanordnungen“

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4. Brand- und Schallschutz 190
4.15 Sicherer Schallschutz durch gusseiserne
Abflussrohrsysteme
Die schallschutztechnischen Anforderungen
Info an Abwasseranlagen werden im Abschnitt 6.2
beschrieben. Hierbei werden Abwasseranlagen
Der geforderte Schallschutz für die gebäu- in Abwassersysteme (Rohrsysteme einschließ-
detechnischen Anlagen ist grundsätzlich lich Rohrbefestigungen und gegebenenfalls
nur im Zusammenspiel zwischen akustisch erforderlicher Dämmung), Abwasserhebean-
günstiger Bau- und Installationstechnik lagen sowie Abscheider und Abwasserbehand-
realisierbar. Schlechte Bautechnik, wie zum lungsanlagen eingeteilt.
Beispiel durch akustisch ungünstige
Grundrisse und/oder unzureichende Für die Güte der Schalldämmung sind neben
Decken- und Wandkonstruktionen, kann den schalltechnischen Eigenschaften des Ab-
erfahrungsgemäß durch moderne Installa- wassersystems selbst die Grundrissanordnung,
tionstechnik alleine nicht ausgeglichen die Eigenschaften der Installationswand sowie
werden. Bei der Ausführung ist eine enge die Anbringung der Installation an der Installa-
Abstimmung zwischen allen beteiligten tionswand von entscheidender Bedeutung.
Gewerken erforderlich. Die wichtigsten installationstechnischen Ein-
flüsse beim Schallschutz sind der Volumen-
Der Schallschutz gegenüber Geräuschen aus strom, die Befestigung der Abwasserleitungen,
sanitärtechnischen Anlagen wird im Abschnitt die Richtungsänderungen sowie das Material
6 der DIN 4109-36 behandelt. und der Aufbau der Rohrleitungen.
Im Abschnitt 6.1 „Allgemeine Hinweise zur

Abbildung „Entstehung von Geräuschen durch Abwasserleitungen“

Durchführung von Nachweisen“ wird bereits Bei der Montage von Abwasserleitungen sind
eingangs darauf hingewiesen, dass bei der Körperschallbrücken grundsätzlich zu vermei-
Planung und Ausführung sowie beim schall- den. Falls die Gefahr von Körperschallbrücken
technischen Nachweis das Zusammenwirken durch nachfolgende Gewerke besteht, muss
der Sanitärinstallation und der Installations- eine Körperschalldämmung erfolgen. Für die
wand berücksichtigt werden muss, da die Befestigung der Abwasserrohre müssen
resultierenden Installationsgeräusche von grundsätzlich körperschallgedämmte Befesti-
beiden Bereichen beeinflusst werden. gungselemente verwendet werden.

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4. Brand- und Schallschutz 191
4.15 Sicherer Schallschutz durch gusseiserne
Abflussrohrsysteme
Abflussrohrsystemen werden nach DIN EN
14366 „Messung der Geräusche von Abwas-
serinstallationen im Prüfstand“, Ausgabe
Februar 2005 durchgeführt.
Die Mehrheit der Hersteller von Abflussrohrsys-
temen (Guss und Kunststoff) hat Prüfungen
gemäß DIN EN 14366 beim neutralen Fraun-
hofer-Institut für Bauphysik IBP in Stuttgart
durchführen lassen und verfügen über ent-
sprechende Prüfberichte. Diese Prüfberichte
bieten aber lediglich eine Orientierungshilfe
beim Vergleich verschiedener Werkstoffe. Hier
nur ein Auszug der wichtigsten Fragestellun-
gen beim Vergleich:
Abbildung „Akustikdämpfer“ (SAINT-GOBAIN HES)

■ Wie erfolgte die Beplankung des


Info Schachtes?
■ Wie wurde die Befestigung der
Körperschallbrücken müssen, unabhängig Abwasserrohre vorgenommen?
vom Werkstoff der Abwasserleitung, ■ Wie erfolgten die Schallschutzmaß-
grundsätzlich vermieden werden. Schon nahmen gegen Körperschall im Bereich
durch eine einzige Körperschallbrücke, der Deckendurchführungen?
gleichgültig ob bei einem Abwasserrohr ■ Wurde die Prüfung beim Abflussrohr-
aus Metall oder Kunststoff, kann der gefor- system aus Kunststoff mit oder ohne
derte Schallschutz erfahrungemäß nicht Brandmanschetten durchgeführt?
mehr erfüllt werden.
Hinweis: Mit Brandmanschetten ergeben sich
erfahrungsgemäß höhere Schallpegel als ohne
Die Verlege- und Montageanleitungen der Brandmanschetten!
Hersteller müssen unbedingt beachtet werden.

Abwasserleitungen dürfen in schutzbedürf-


tigen Räumen nicht frei verlegt werden.
In schutzbedürftigen Räumen sind Abwasser-
leitungen innerhalb von Installationsschäch-
ten, mit ausreichender Schalldämmung, zu
verlegen.
Installationsschächte sind gegebenenfalls mit
geeignetem Absorptionsmaterial auszukleiden.

Vergleich von Prüfergebnissen


In der DIN 4109-4, Ausgabe Juli 2016 wird
grundsätzlich zwischen Labor- und Baumes-
sungen unterschieden. Labormessungen bei

Abbildung „Prüfstand zur Labormessung der Abwassergeräu-


sche von gusseisernem Abflussrohrsystem beim Fraunhofer-Insti-
tut für Bauphysik IBP in Stuttgart“ (Düker)

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4. Brand- und Schallschutz 192
4.15 Sicherer Schallschutz durch gusseiserne
Abflussrohrsysteme
Weitere Informationen zu bauakustischen notwendigen Erfahrung sollte für die Planung
Prüfungen beim Fraunhofer-Institut für ein Sachverständiger für Schallschutz hinzuge-
Bauphysik IBP in Stuttgart erhält man unter zogen werden. Dies gilt insbesondere für die
Schallschutzstufen SSt II und SSt III gegenüber
http://www.pruefstellen.ibp.fraunhofer.de/ fremden Wohnungen sowie bei verbessertem
de/akkreditierte-prueflabore/bauakustik/ Schallschutz innerhalb von Wohnungen nach
installationen.html den Schallschutzstufen SSt EB I und SSt EB II.
Der geforderte Schallschutz für die gebäude-
Bei Abwassergeräuschen bieten gusseiserne technischen Anlagen ist grundsätzlich nur im
Abflussrohrsysteme ein Höchstmaß an Sicher- Zusammenspiel zwischen akustisch günstiger
heit. Durch die Verwendung von speziellen Bau- und Installationstechnik realisierbar.
Akustikdämpfern können bei einem Durchfluss Schlechte Bautechnik, wie zum Beispiel durch
von 4 Liter pro Sekunde und einer Fallleitung akustisch ungünstige Grundrisse und unzurei-
DN 100 Schallpegel in fremden Wohn- und chende Decken- und Wandkonstruktionen,
Arbeitsräumen von ≤15 dB (A) erreicht wer- kann erfahrungsgemäß durch moderne In-
den. Somit lassen sich bei gusseisernen Ab- stallationstechnik alleine nicht ausgeglichen
flussrohrsystemen alle Schallschutzstufen der werden.
VDI Richtlinie 4100 problemlos realisieren.
Bei der Ausführung ist eine enge Abstimmung
zwischen allen beteiligten Gewerken erforder-
Zusammenfassung lich.
Grundsätzlich sollte der geforderte Schall-
Durch die Verwendung von speziellen Akustik-
schutz werkvertraglich vereinbart werden.
dämpfern lassen sich bei gusseisernen Abfluss-
Wird erhöhter Schallschutz nach VDI 4100
rohrsystemen alle Schallschutzstufen der VDI
gefordert, muss dieser bereits bei der Planung
Richtlinie 4100 problemlos realisieren.
des Gebäudes und der gebäudetechnischen
Anlagen berücksichtigt werden. Bei Fehlen der

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5. Montagepraxis 193
5.1 Gusseiserne Abflussrohrsysteme
für die Grundstücksentwässerung
Zur Sicherstellung einer störungsfreien Grund- Feuerungsanlagen. Bei der Ableitung von un-
stücksentwässerung und zum Schutz vor behandeltem gewerblichem Abwasser bzw.
Verschmutzung des Bodens sowie des Grund- der Verlegung in aggressivem Boden oder
wassers muss bei der Planung und Ausführung Grundwasser muss im Einzelfall besonders
von Grundleitungen besonders sorgfältig vor- nachgewiesen werden, dass die Abwasser-
gegangen werden. Grundleitungen werden rohre und Formstücke, zum Beispiel durch ge-
üblicherweise im Erdreich oder unzugänglich eignete Schutzmaßnahmen anwendbar sind.
in der Grundplatte des Gebäudes verlegt.
Aufgrund der vielseitigen Belastungen und Im Kommentar zur DIN 1986, Teil 4 heißt es:
materialspezifischen Anforderungen an “Für die Ableitung von unbehandeltem ge-
Grundleitungen ist die Wahl eines geeigneten werblichem Abwasser ist die Verwendbarkeit
Rohrwerkstoffes von entscheidender Bedeu- der Rohrwerkstoffe und Dichtungen anhand
tung der vom Hersteller aufgestellten Beständig-
keitslisten zu prüfen. In Zweifelsfällen ist der
Regelwerke Hersteller um Stellungnahme zu bitten“.
Grundleitungen sind gemäß DIN 1986-100 Zur Erdverlegung von gusseisernen Abflussroh-
„Entwässerungsanlagen für Gebäude und ren enthält der Kommentar zur DIN 1986-4
Grundstücke“, Ausgabe Dezember 2016 in noch folgende Hinweise: “Obwohl Rohrleitun-
Verbindung mit DIN EN 12056 und DIN EN 752 gen aus Gusseisen nach DIN EN 877 für eine
zu planen und auszuführen. uneingeschränkte Verlegung im Erdreich zuge-
lassen sind, kann es bei sauren Böden mit
Für die Verlegung von Grundleitungen wird einem pH-Wert unter 5 zu Korrosionsschäden
insbesondere auf DIN EN 1610 „Einbau und kommen. Deshalb sollte in solchen Fällen eine
Prüfung von Abwasserleitungen und -kanälen“, Verwendung nur mit ausdrücklicher Zustim-
Ausgabe Dezember 2015 sowie DIN 4124 mung des Rohrherstellers erfolgen“.
„Baugruben und Gräben – Böschungen, Ver-
bau, Arbeitsraumbreiten“, Ausgabe Januar Aggressivität des Bodens
2012 Bezug genommen. Außerdem müssen Die Aggressivität des Bodens wird nach dem
die Anforderungen der DWA-Arbeitsblätter DVGW – Arbeitsblatt GW 9 ermittelt. Im Ar-
A 139 „Einbau und Prüfung von Abwasser- beitsblatt werden verschiedene Böden auf-
leitungen und -kanälen“ sowie A 127 „Stati- grund zahlreicher Faktoren (wie zum Beispiel
sche Berechnung von Entwässerungskanälen Bodenart und -zustand, Wassergehalt und
und -leitungen“ umgesetzt werden. pH-Wert) in Bodengruppen eingeteilt.

Wahl des Rohrwerkstoffes Gusseiserne Abflussrohrsysteme (TML / KML /


Nach DIN 1986, Teil 4 “Verwendungsbereiche BML) einschließlich INOX-Verbindungen sind
von Abwasserrohren und Formstücken ver- für:
schiedener Werkstoffe“, Ausgabe August 2019 ■ Bodengruppe Ia (praktisch nicht aggressiv)
sind gusseiserne Rohre ohne Muffe (SML) nach ■ Bodengruppe Ib (schwach aggressiv)
DIN EN 877 und DIN 19522 für alle Bereiche ■ Bodengruppe II (aggressiv)
der Gebäude- und Grundstücksentwässerung
zugelassen. geeignet.

Die in DIN 1986, Teil 4 angegebenen Verwen- Bei Verlegung in Bodenklasse III (stark aggres-
dungsbereiche gelten für die Ableitung von siv) und/oder Grundwasser ist das komplette
Abwasser (häuslichem Schmutzwasser) ein- gusseiserne Abflussrohrsystem zusätzlich mit
schließlich Niederschlagswasser gemäß einem hierfür zugelassenen Korrosionsschutz
DIN 1986, Teil 3, Ausgabe November 2004 (zum Beispiel Fa. Denso oder Coroplast) zu
sowie für die Ableitung von Kondensaten aus versehen.

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5. Montagepraxis 194
5.1 Gusseiserne Abflussrohrsysteme
für die Grundstücksentwässerung
Bei Erdverlegung sind Angaben über:

• Bodenverhältnisse,
• Baugrund und seine Tragfähigkeit,
• Ergebnisse von Boden- bzw. Grundwasser-
untersuchungen erforderlich.

Beratungsservice

Nähere Auskünfte zu geeigneten Werkstoffen


bei der Ableitung von aggressivem Abwasser
und/oder zusätzlichen Schutzmaßnahmen bei
Verlegung in aggressivem Boden bzw. Grund-
Abbildung Beschichtungsaufbau TML-Rohre (Düker) wasser erteilen die Beratungsmitarbeiter
der Hersteller von gusseisernen Abflussrohr-
Nachweis der Beständigkeit systemen.

Die von den Herstellern der Rohrsysteme ver-


öffentlichten Beständigkeitslisten sollen dem
Sanitärplaner nur als Orientierungshilfe die-
nen. Die Auswahl geeigneter Materialien,
unter Berücksichtigung der verschiedensten Abbildung Beschichtungsaufbau PAM-GLOBAL® Plus
(KML)-Rohre, SAINT-GOBAIN HES

chemischen Belastungen bzw. Mischbelastun-


Bettung der Leitungszone
gen, erfordert viel Erfahrung und sollte Die Planung und Ausführung der Bettung hat
sicherheitshalber nur in Abstimmung mit gemäß DIN EN 1610 und DWA-Arbeitsblatt
dem Hersteller des Rohrsystems erfolgen. A 139 „Einbau und Prüfung von Abwasser-
leitungen und -kanälen“ zu erfolgen.
Der Hersteller benötigt zur genauen Beurtei-
lung bei der Ableitung aggressiver Abwässer Die untere Bettungsschicht ist entsprechend
mindestens folgende Informationen: dem Rohrgefälle herzustellen und zu verdich-
ten, wobei die Dicke dieser Schicht – gemes-
• Die präzise Bezeichnung der einzelnen sen unter dem Rohrschaft – folgende Werte
Medien bzw. Mittel nicht unterschreiten darf:
• Konzentrationen und pH-Werte
• Genaue Angaben bezüglich der Mengen • 100 mm bei üblichen Bodenbedingungen;
oder Durchsätze • 150 mm bei Fels oder felsgelagerten
• Temperaturen der Medien bzw. Mittel Böden.

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5. Montagepraxis 195
5.1 Gusseiserne Abflussrohrsysteme
für die Grundstücksentwässerung
Bettungen sind so auszuführen, dass Punkt- Aufgrund der hervorragenden Materialeigen-
auflagerungen vermieden werden. Deshalb schaften können muffenlose gusseiserne
sollen gegebenenfalls im Bereich von Verbin- Abflussrohrsysteme für alle in der Grund-
dungen entsprechende Aussparungen (Kopf- stücksentwässerung üblichen Überdeckungs-
löcher) in der unteren Bettung vorgesehen höhen einschließlich Verkehrs- und Flächen-
werden. lasten eingesetzt werden.

Die Dicke der oberen Bettungsschicht muss Bei sach- und fachgerechter Ausführung kann
dem statischen Nachweis entsprechen und ist als Richtwert für den Einbau von muffenlosen
vom Planer vorzugeben. Durch das Einbringen gusseisernen Abflussrohrsystemen nach
und Verdichten des Bettungsmaterials darf die DIN EN 877 eine Überdeckung von 0,8 bis
Lage der Leitung nicht verändert werden. 6,0 m bei gleichzeitiger Belastung durch Ver-
kehrslasten SLW 60 angenommen werden.

Rohrauflagerung (Bild DÜKER)


Gusseiserne Abflussrohrsysteme im Einsatz:TML-Rohre
(Bild Düker)
Verfüllung und Verdichtung
Die Verfüllung des Grabens sowie die Ver-
dichtung der Grabenfüllung muss nach
DIN EN 1610 und dem DWA-Arbeitsblatt
A 139 ausgeführt werden. Der Grad der Ver-
dichtung muss mit dem statischen Nachweis
übereinstimmen.

Statischer Nachweis
Entwässerungsleitungen werden bei Erdver-
legung vorwiegend durch Erd- und Verkehrs-
PAM-GLOBAL® C Rohr (Bild: SAINT-GOBAIN HES)
lasten beansprucht. Die Anforderungen zur
statischen Berechnung von erdverlegten Ent-
Verlege- und Befestigungs-
wässerungsleitungen sind im DWA-Arbeits-
blatt A 127 „Statische Berechnung von anleitungen der Rohrhersteller
Entwässerungskanälen und -leitungen“ zu- Bei der Montage der Leitungen sind die
sammengefasst. Verlege- und Befestigungsanleitungen der
Rohrhersteller unbedingt zu beachten. Die
Die Berechnungsannahmen sind an der Bau- konsequente Umsetzung der Verlege- und
stelle zu überprüfen, weil nur diese für die Befestigungsanleitungen durch den Verar-
tatsächliche Belastung der Entwässerungs- beiter sind Grundvoraussetzungen bei der
leitungen maßgebend sind. Haftungsübernahme durch den Rohrhersteller.

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5. Montagepraxis 196
5.1 Gusseiserne Abflussrohrsysteme
für die Grundstücksentwässerung
Schutz von erdverlegten Grund- Dichtheitsprüfung (Erstprüfung)
leitungen vor Bauwerkssetzungen Für die Dichtheitsprüfung ist eine gute Vorbe-
Zum Schutz von erdverlegten Grundleitungen reitung, ordentliche Durchführung und nach-
vor Bauwerkssetzungen heißt es in vollziehbare schriftliche Dokumentation
DIN EN 1610, Abschnitt 8.7.4 wie folgt: erforderlich. Die schriftliche Dokumentation ist
„Wenn Rohrleitungen durch Bauwerke, ein- dem Bauherren zum Nachweis der Erstprüfung
schließlich Schächte und Inspektionsöffnungen, zu übergeben.
eingebaut werden, müssen Gelenkverbindun-
gen in die Wand eingebaut oder so dicht wie
möglich an der Außenwand des Bauwerkes Zum Prüfdruck beim Verfahren „W“ heißt es
angeordnet werden.“ in der DIN EN 1610, Abschnitt 13.3 wie folgt:
“Der Prüfdruck ist der sich aus der Füllung des
Die geforderten Gelenkverbindungen werden Prüfabschnittes bis zum Geländeniveau des, je
in der Praxis meist aus kurzen Passstücken von nach Vorgabe, stromaufwärts oder stromab-
0,5 bis 1m Länge mit entsprechenden Verbin- wärts gelegenen Schachtes ergebende Druck
dungen – deren zulässige Abwinkelbarkeit von höchstens 50 kPa und mindestens 10 kPa,
hierbei nicht überschritten werden darf – gemessen am Rohrscheitel“.
hergestellt.
Nach dem Füllen von Rohrleitungen und/oder
Sicht- und Dichtheitsprüfung von Schächten mit Wasser und dem Erreichen des
Grundleitungen nach DIN EN 1610 Prüfdruckes kann eine Vorbereitungszeit
Gemäß DIN 1986-100, Abschnitt 6.1.2 ist eine erforderlich sein; üblicherweise beträgt diese
Dichtheitsprüfung von erdverlegten Abwasser- 1 Stunde.
leitungen nach DIN EN 1610 durchzuführen.
Hierbei ist nach Abschluss der Verlegung zu- Die Prüfdauer muss 30 ±1 Minuten betragen.
nächst eine Sichtprüfung durchzuführen, die
folgende Punkte umfassen sollte: Der Druck ist im Toleranzbereich von 1 kPa des
festgelegten Prüfdruckes durch Nachfüllen mit
■ Richtung und Höhenlage; Wasser zu halten.
■ Verbindungen;
Während der Prüfdauer sind das gesamte
■ Beschädigung oder Deformation;
Wasservolumen, das zum Erreichen der
■ Anschlüsse; Prüfanforderungen zugefügt wurde, und die
■ Auskleidungen und Beschichtungen. jeweilige Druckhöhe zu messen und aufzu-
zeichnen.
Anschließend werden Rohrleitungen, Schächte
und Inspektionsöffnungen auf Dichtheit ge- Die Rohrleitungen, Schächte bzw. Inspektions-
prüft. Nach DIN EN 1610 kann entweder mit öffnungen gelten als dicht, wenn das Volumen
Luft (Verfahren „L“) oder mit Wasser (Ver- des zugefügten Wassers nicht größer ist als:
fahren „W“) geprüft werden. Eine getrennte
Prüfung von Rohren und Formstücken, ■ 0,15 l/m2 in 30 Minuten für Rohrleitungen;
Schächten und Inspektionsöffnungen darf ■ 0,20 l/m2 in 30 Minuten für Rohrleitungen
erfolgen (zum Beispiel Rohrleitungen mit Luft einschließlich Schächte;
und Schächte mit Wasser). Beim Verfahren „L“ ■ 0,40 l/m2 in 30 Minuten für Schächte und
ist die Anzahl der Wiederholungsprüfungen Inspektionsöffnungen.
unbegrenzt. Bei ein- oder mehrfachem Nicht-
bestehen der Prüfung mit dem Verfahren „L“ Die Fläche in m2 beschreibt hier die benetzte
darf auf das Verfahren „W“ umgestellt wer- innere Oberfläche.
den. Es gilt dann nur das Ergebnis der Prüfung
mit Wasser.

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5. Montagepraxis 197
5.1 Gusseiserne Abflussrohrsysteme
für die Grundstücksentwässerung
Beim Verfahren „L“ sind insgesamt 4 ver- gleichen Ausdehnungskoeffizienten
schiedene Prüfverfahren (LA; LB; LC; LD) mit (0,0105 mm / m K) wie Beton und Stahl sind
Prüfdrücken zwischen 1 und 20 KPa zulässig. gusseiserne Abflussrohre besonders gut zum
Die Prüfzeiten ergeben sich unter Berücksich- Einbetonieren geeignet.
tigung des Prüfverfahrens (LA bis LD) und der
Rohrdurchmesser aus der Tabelle 3 der Damit die Leitungen beim Einbringen des
DIN EN 1610. Betons in ihrer Lage verbleiben, ist auf eine
Werden Schächte und Inspektionsöffnungen ausreichende Befestigung – optimal mit
mit Luft geprüft, müssen die Prüfzeiten halb Rohrschellen auf Tragkonstruktionen – zu
so lang sein, wie die für Rohrleitungen mit achten. Bei Formstückkombinationen – beste-
gleichem Durchmesser. hend aus mehreren Formstücken – ist zur Sta-
bilisierung der Einsatz von zusätzlichen Krallen
Zur Durchführung der Prüfung mit Luft eine sichere und einfache Lösung. Zum Schutz
schreibt die DIN EN 1610 in Abschnitt 13.2 vor Auftrieb sollen die Leitungen grundsätzlich
folgendes vor: „ Ein Anfangsdruck, der den vor dem Betonieren mit Wasser gefüllt wer-
erforderlichen Prüfdruck p0 um etwa 10 % den.

aufrecht zu erhalten. Der Druck für ∆p ist


überschreitet, ist zuerst für etwa 5 Minuten

Ausschnitt aus Tabelle 3 der DIN EN 1610

dann nach dem in Tabelle 3 für die Verfahren


LA, LB, LC oder LD enthaltenen Prüfdruck

gemessene Druckabfall ∆p geringer ist als der


einzustellen. Falls der nach der Prüfzeit

in Tabelle 3 angegebene Wert, entspricht die


Rohrleitung den Anforderungen“.

Einbetonieren von Grundleitungen


Das Einbetonieren von Grundleitungen in die
Foto Einbetonieren (SAINT-GOBAIN HES)
Bodenplatte des Gebäudes wird insbesondere
im Grundwasserbereich oder bei nicht trag-
Bei der Planung und Ausführung ist darauf zu
fähigen Böden vorgenommen. Bei der Wahl
achten, dass die Leitungen allseitig mit aus-
des Rohrsystems ist zu berücksichtigen, dass
reichend Beton umgeben sind (bei wasserun-
die Abwasserleitungen hierbei besonders
durchlässigem Beton mindestens 200 mm).
großen mechanischen Belastungen ausgesetzt
Reicht die Dicke der Grundplatte hierzu nicht
sind. Durch die hohe Zug-, Biege- und Schei-
aus, ist sie an diesen Stellen durch eine soge-
teldruckfestigkeit sowie einen annähernd
nannte Voute zu verstärken.

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5. Montagepraxis 198
5.1 Gusseiserne Abflussrohrsysteme
für die Grundstücksentwässerung
Im Bereich von Dehnungsfugen werden zum Fazit
Schutz vor möglichen Setzungen Gelenkstücke Die fachgerechte Planung und Ausführung
eingesetzt. Die Gelenkstücke bestehen aus von Grundleitungen erfordert eine enge
kurzen Passstücken von 0,5 bis 1m Länge mit Kooperation zwischen allen beteiligten Fach-
entsprechenden Verbindungen, deren zuläs- leuten. Bei der Wahl eines geeigneten Rohr-
sige Abwinkelbarkeit hierbei nicht überschrit- systems sollten die Berater der Hersteller mit
ten werden darf. In der Praxis werden die herangezogen werden.
Gelenkstücke meistens innerhalb von Futter-
rohren – mit Sollbruchstelle durch entspre- Im Bereich der Grundstücksentwässerung
chende Einkerbung – angeordnet. Die Enden haben sich in den letzten Jahrzehnten guss-
der Futterrohre müssen hierbei vor dem Be- eiserne Abflussrohrsysteme mit verschiedenen
tonieren abgedichtet werden. Bei eventuellen Beschichtungen – abgestimmt auf die jewei-
Setzungen bricht das Futterrohr an der Soll- ligen Einsatzbedingungen – als sehr wider-
bruchstelle, und der Versatz kann durch das standsfähig erwiesen.
Gelenkstück innerhalb des Hohlraumes
aufgenommen werden. Gusseiserne Abflussrohre verfügen über
optimale mechanische Eigenschaften und
ein hervorragendes Ausdehnungsverhalten.
Sie sind nichtbrennbar und bieten höchsten
Schallschutz.

Schnittbild: Voute in einer Betonplatte

Abbildung Dehnungsfuge

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5. Montagepraxis 199
5.2 Dichtheitsprüfung von Entwässerungsleitungen

In der täglichen Praxis treten häufig Unstim- Zum Prüfdruck beim Verfahren „W“ heißt es in
migkeiten darüber auf, in welchem Umfang der DIN EN 1610, Abschnitt 13.3 wie folgt:
Dichtheitsprüfungen bei Entwässerungsleitun- “Der Prüfdruck ist der sich aus der Füllung des
gen vorgenommen werden müssen. Gemäß Prüfabschnittes bis zum Geländeniveau des, je
DIN 1986-100 „Entwässerungsanlagen für Ge- nach Vorgabe, stromaufwärts oder stromab-
bäude und Grundstücke, Ausgabe Dezember wärts gelegenen Schachtes ergebende Druck
2016“ ist bei erdverlegten Abwasserleitungen von höchstens 50 kPa und mindestens 10 kPa,
eine Dichtheitsprüfung nach DIN EN 1610 gemessen am Rohrscheitel“.
durchzuführen. Bei vielen Gebäuden wird aus
Sicherheitsgründen zusätzlich eine Dichtheits- Nach dem Füllen von Rohrleitungen und/oder
prüfung für die Entwässerungsleitungen Schächten mit Wasser und dem Erreichen des
innerhalb des Gebäudes verlangt. Nach den Prüfdruckes kann eine Vorbereitungszeit
geltenden Entwässerungsnormen sind Dicht- erforderlich sein; üblicherweise beträgt diese
heitsprüfungen von Abwasserleitungen, die 1 Stunde.
innerhalb von Gebäuden als Anschluss-, Fall-
bzw. Sammelleitungen verlegt sind, nicht vor- Die Prüfdauer muss 30 ±1 Minuten betragen.
geschrieben.
Der Druck ist im Toleranzbereich von 1 kPa des
Dichtheitsprüfung festgelegten Prüfdruckes durch Nachfüllen mit
nach DIN EN 1610 Wasser zu halten.
Gemäß DIN EN 1610 „Einbau und Prüfung
Während der Prüfdauer sind das gesamte
von Abwasserleitungen und -kanälen, Aus-
Wasservolumen, das zum Erreichen der
gabe Dezember 2015“ ist nach Abschluss der
Prüfanforderungen zugefügt wurde, und die
Verlegung zunächst eine Sichtprüfung durch-
jeweilige Druckhöhe zu messen und aufzu-
zuführen, die folgende Punkte umfassen sollte:
zeichnen.
■ Richtung und Höhenlage;
Die Rohrleitungen, Schächte bzw. Inspektions-
■ Verbindungen; öffnungen gelten als dicht, wenn das Volumen
■ Beschädigung oder Deformation; des zugefügten Wassers nicht größer ist als:
■ Anschlüsse;
■ Auskleidungen und Beschichtungen. ■ 0,15 l/m2 in 30 Minuten für Rohrleitungen;
■ 0,20 l/m2 in 30 Minuten für Rohrleitungen
einschließlich Schächte;
Anschließend werden Rohrleitungen, Schächte
■ 0,40 l/m2 in 30 Minuten für Schächte und
und Inspektionsöffnungen auf Dichtheit ge-
prüft. Nach DIN EN 1610 kann entweder mit Inspektionsöffnungen.
Luft (Verfahren „L“) oder mit Wasser (Verfah-
ren „W“) geprüft werden. Eine getrennte Prü- Die Fläche in m2 beschreibt hier die benetzte
fung von Rohren und Formstücken, Schächten innere Oberfläche.
und Inspektionsöffnungen darf erfolgen (zum
Beispiel Rohrleitungen mit Luft und Schächte Beim Verfahren „L“ sind insgesamt 4 verschie-
mit Wasser). Beim Verfahren „L“ ist die Anzahl dene Prüfverfahren (LA; LB; LC; LD) mit Prüf-
der Wiederholungsprüfungen unbegrenzt. Bei drücken zwischen 1 und 20 KPa zulässig.
ein- oder mehrfachem Nichtbestehen der Prü- Die Prüfzeiten ergeben sich unter Berücksich-
fung mit dem Verfahren „L“ darf auf das Ver- tigung des Prüfverfahrens (LA bis LD) und der
fahren „W“ umgestellt werden. Es gilt dann Rohrdurchmesser aus der Tabelle 3 der
nur das Ergebnis der Prüfung mit Wasser. DIN EN 1610.

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5. Montagepraxis 200
5.2 Dichtheitsprüfung von Entwässerungsleitungen

Werden Schächte und Inspektionsöffnungen BTGA – Regeln für die technische


mit Luft geprüft, müssen die Prüfzeiten halb Praxis
so lang sein, wie die für Rohrleitungen mit
Zur Unterstützung der Sanitärfachleute bei der
gleichem Durchmesser.
„Dichtheitsprüfung von erd- und gebäudever-
legten Ab- und Regenwasserleitungen“ wur-
Zur Durchführung der Prüfung mit Luft
den vom „BTGA – Bundesindustrieverband
schreibt die DIN EN 1610 in Abschnitt 13.2
Technische Gebäudeausrüstung e.V.“ folgende
folgendes vor: „ Ein Anfangsdruck, der den er-
Regeln für die verschiedenen Prüfverfahren
forderlichen Prüfdruck p0 um etwa 10% über-
erarbeitet:
aufrecht zu erhalten. Der Druck für ∆p ist
schreitet, ist zuerst für etwa 5 Minuten
■ BTGA-Regel 5.005 „Prüfung mit Wasser“,
Ausgabe Oktober 2005
dann nach dem in Tabelle 3 für die Verfahren
LA, LB, LC oder LD enthaltenen Prüfdruck ein-
■ BTGA-Regel 5.006 „Prüfung mit Luft“,
sene Druckabfall ∆p geringer ist als der in
zustellen. Falls der nach der Prüfzeit gemes-
Ausgabe Mai 2007
Tabelle 3 angegebene Wert, entspricht die
■ BTGA-Regel 5.007 „Prüfung mit Unter-
Rohrleitung den Anforderungen“.
druck“, Ausgabe April 2007
Für die Dichtheitsprüfung von Grundleitungen

Auszug aus Tabelle 3 der DIN EN 1610

Die BTGA-Regeln 5.005 bis 5.007 sind für


ist eine gute Vorbereitung, ordentliche Durch-
■ Abwasser-Leitungsanlagen innerhalb und
führung und nachvollziehbare schriftliche
außerhalb von Gebäuden,
Dokumentation erforderlich. Die schriftliche
■ Regenwasser-Leitungsanlagen innerhalb
Dokumentation ist dem Bauherren zum Nach-
und außerhalb von Gebäuden aus nicht-
weis der Erstprüfung zu übergeben.
mineralischen Werkstoffen im Bereich der
Technischen Gebäudeausrüstung (TGA)
anzuwenden.

Zum Geltungsbereich der BTGA-Regeln 5.005


bis 5.007 zählen alle Leitungen bis DN 500.
Sie gelten nicht für Abwasserleitungen sowie
Kanäle außerhalb der Grundstücksgrenze
(öffentlicher Bereich).

Universelles Dichtheits-Prüfset für Grundleitungen mit Medium


Luft (ROTHENBERGER Werkzeuge GmbH)

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5. Montagepraxis 201
5.2 Dichtheitsprüfung von Entwässerungsleitungen

Vertragliche Hinweise
Bei der Ausschreibung ist darauf zu achten,
dass die Druck- und Dichtheitsprüfung von
Ab- und Regenwasserleitungen in einer eige-
nen Position erfolgt. Nach ATV DIN 18381 ist
die Druck- und Dichtheitsprüfung eine beson-
dere Leistung und muss somit gesondert aus-
geschrieben und vergütet werden. Hierzu
heißt es in den BTGA-Regeln im Abschnitt 2
„Wird die Druck- oder Dichtheitsprüfung nicht
separat beauftragt und gemäß ATV DIN Praxisfotos Verlegung TML-Rohre (DÜKER)
18381, Abschnitt 4.2.20 als besondere
Leistung gesondert vergütet, besteht kein Heizungs- und Sanitärfach oder vergleichbar)
Anspruch auf die Durchführung dieser Prüfun- mit mindestens einjähriger Erfahrung im Ab-
gen.“ wasserleitungsbau durchgeführt werden.

Die in den BTGA-Regeln beschriebenen Prüf-


bedingungen gelten in Anlehnung an Fazit
DIN EN 1610 „Verlegung und Prüfung von Ab- Dichtheitsprüfungen werden nicht nur bei
wasserleitungen und -kanälen“, DIN EN 12889 erdverlegten Abwasserleitungen, sondern aus
„Grabenlose Verlegung und Prüfung von Sicherheitsgründen auch häufig bei Entwässe-
Abwasserleitungen und -kanälen“ sowie rungsleitungen innerhalb von Gebäuden ver-
DWA-Arbeitsblatt 139 „Einbau und Prüfung langt. Gemäß den Entwässerungsnormen sind
von Abwasserleitungen und -kanälen“, für neu Dichtheitsprüfungen von Abwasserleitungen,
erbaute Kanäle und Leitungen. die innerhalb von Gebäuden als Anschluss-,
Fall- bzw. Sammelleitungen verlegt sind, nicht
vorgeschrieben. Zur Vermeidung von Unstim-
Qualifikation migkeiten sollten die Druck- und Dichtheits-
Druck- und Dichtheitsprüfungen dürfen prüfungen von Abwasserleitungen grundsätz-
gemäß den BTGA-Regeln 5.005 bis 5.007 nur lich als besondere Leistung nach ATV DIN
von Fachpersonen (mindestens Geselle im 18381 ausgeschrieben und vergütet werden.

Praxisfotos Verlegung PAM-GLOBAL® C Rohr (SAINT-GOBAIN


HES )

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202

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5. Montagepraxis 203
5.3 Ableitung aggressiver Abwässer mit
gusseisernen Abflussrohren
Gehen die Belastungen einer Entwässerungs- Wahl des Rohrwerkstoffes
anlage über den normalen häuslichen Ge- Im Kommentar zur DIN 1986, Teil 4 heißt es
brauch hinaus, muss bei der Planung und dazu: “Für die Ableitung von unbehandelten
Ausführung der Abwasserleitungen besonders gewerblichen Abwässern ist die Verwendbar-
sorgfältig vorgegangen werden. Insbesondere keit der Rohrwerkstoffe und Dichtungen
in gewerblichen Betrieben, Krankenhäusern, anhand der vom Hersteller aufgestellten
Beständigkeitslisten zu prüfen. In Zweifels-
fällen ist der Hersteller um Stellungnahme
zu bitten“.

Nach DIN 1986, Teil 4, Ausgabe August 2019


sind gusseiserne Rohre ohne Muffe (SML) nach
DIN EN 877 und DIN 19522 für alle Bereiche
der Gebäude- und Grundstücksentwässerung
zugelassen. Die in DIN 1986, Teil 4 angegebe-
Chemische Labors (©Ray, fotolia.com) nen Verwendungsbereiche gelten für die Ab-
leitung von Abwasser (häuslichem Schmutz-
Labors und Industriebetrieben ist dies der Fall. wasser) einschließlich Niederschlagswasser
Erfahrungsgemäß sind hier die Abwässer häu- gemäß DIN 1986, Teil 3, Ausgabe November
fig sehr aggressiv. 2004 sowie für die Ableitung von Kondensa-
ten aus Feuerungsanlagen.
Für einen störungsfreien Betrieb ist die norm-
gerechte Verlegung der Abwasserleitungen mit Bei Abwässern, die über den häuslichen
einem geeigneten Rohrwerkstoff von größter Gebrauch hinausgehen, handelt es sich nach
Bedeutung. DIN 1986, Teil 3 um „Abwasser gewerblicher
Bereits seit mehr als 30 Jahren bieten die füh- Herkunft bzw. anderes Abwasser“. Gemäß
renden Gussrohr-Hersteller für Entwässerungs- DIN 1986, Teil 4, muss bei der Ableitung von
leitungen zur Ableitung aggressiver Abwässer gewerblichem bzw. anderem Abwasser im Ein-
sowie die zugehörigen Lüftungsleitungen zelfall nachgewiesen werden, dass die Abwas-
gusseiserne Abflussrohrsysteme mit Sonder- serrohre und Formstücke anwendbar sind. Dies
beschichtungen an. Beim Einsatz gusseiserner gilt gleichermaßen auch für die zugehörigen
Abflussrohrsysteme mit Sonderbeschichtun- Lüftungsleitungen.
gen, wie dem MLK-protec System der Firma
Düker bzw. dem PAM-GLOBAL® Plus (KML)-
System der Firma SAINT-GOBAIN HES, lässt
sich eine angemessene Lebensdauer, zum
Beispiel bei der Entwässerung von Laborge-
Beschichtung PAM-GLOBAL® Plus
bäuden erzielen. (KML-)Rohr (Bild SAINT-GOBAIN HES)

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5. Montagepraxis 204
5.3 Ableitung aggressiver Abwässer mit
gusseisernen Abflussrohren
Nachweis der Beständigkeit ■ Konzentrationen und pH-Werte
Die von den Herstellern der Rohrsysteme ver-
öffentlichten Beständigkeitslisten sollen dem ■ Genaue Angaben bezüglich der Mengen
Sanitärplaner nur als Orientierungshilfe die- oder Durchsätze
nen. Die Auswahl geeigneter Materialien,
unter Berücksichtigung der verschiedensten ■ Temperaturen der Medien bzw. Mittel
chemischen Belastungen bzw. Mischbelastun-
gen, erfordert viel Erfahrung und sollte sicher- Nähere Auskünfte zu geeigneten Werkstoffen
heitshalber nur in Abstimmung mit dem bei der Ableitung von aggressiven Abwässern
Hersteller des Rohrsystems erfolgen. erteilen die Beratungsmitarbeiter der Hersteller
von gusseisernen Abflussrohrsystemen.

Verlege- und Befestigungs-


anleitungen der Rohrhersteller
Bei der Montage der Leitungen sind die Ver-
lege- und Befestigungsanleitungen der Rohr-
hersteller unbedingt zu beachten. Die
konsequente Umsetzung der Verlege- und
Befestigungsanleitungen durch den Verar-
beiter sind Grundvoraussetzungen bei der
Haftungsübernahme durch den Rohrhersteller.

Planung und Bemessung


Die Planung und Bemessung von Entwässe-
MLK-protec Formstücke mit Sonderbeschichtung (Bild Düker) rungsleitungen zur Ableitung aggressiver Ab-
wässer hat üblicherweise nach DIN EN 12056
„Schwerkraftentwässerungsanlagen innerhalb
Der Hersteller benötigt zur genauen Beurtei-
von Gebäuden“, Ausgabe Januar 2001 und
lung mindestens folgende Informationen:
DIN 1986-100 „Entwässerungsanlagen für
Gebäude und Grundstücke“, Ausgabe Dezem-
■ Die präzise Bezeichnung der einzelnen
ber 2016 zu erfolgen.
Medien bzw. Mittel

Gusseiserne Abflussrohrsysteme im Einsatz; MLK-protec Rohr für aggressive Abwässer; (Bild Düker)

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5. Montagepraxis 205
5.3 Ableitung aggressiver Abwässer mit
gusseisernen Abflussrohren
Zusammenfassung Bei der Ableitung von aggressiven Abwässern
Die normgerechte Planung und Ausführung haben sich in den letzten Jahrzehnten gussei-
von Entwässerungsleitungen zur Ableitung serne Abflussrohrsysteme mit Sonderbeschich-
aggressiver Abwässer sowie der zugehörigen tungen, wie das MLK-protec System der Firma
Lüftungsleitungen stellen höchste Anforderun- Düker bzw. das PAM-GLOBAL® Plus (KML)-
gen an die beteiligten Sanitärfachleute. System der Firma SAINT-GOBAIN HES, als sehr
widerstandsfähig erwiesen.
Wichtigste Voraussetzung für eine angemes-
sene Lebensdauer ist der Nachweis der Bestän- Gusseiserne Abflussrohre sind robust, form-
digkeit der verwendeten Rohre, Formstücke stabil und verfügen über ein hervorragendes
und Verbindungen. Ausdehnungsverhalten. Sie sind nichtbrennbar
und bieten einen optimalen Schallschutz.

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206

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5. Montagepraxis 207
5.4 Ableitung fetthaltiger Abwässer mit
gusseisernen Abflussrohren
Zur Vermeidung von Fettablagerungen muss DIN 4040-100 einzubauen und zu betreiben
bei der Planung und Ausführung von Zulauf- sind. Betriebe, in denen der Einbau von Ab-
leitungen zum Fettabscheider sowie der zuge- scheideranlagen für Fette erforderlich ist, sind
hörigen Lüftungsleitungen besonders sorgfäl- zum Beispiel Gaststätten, Restaurants, Großkü-
tig vorgegangen werden. chen, Metzgereien und Schlachthöfe.
Für einen störungsfreien Betrieb ist die norm-
gerechte Verlegung der Leitungen mit einem Die wesentlichen Anforderungen an die Verle-
geeigneten Rohrwerkstoff von größter Bedeu- gung der Zulaufleitungen zum Fettabscheider
tung. sind in der DIN EN 1825-2 „Abscheideranla-
gen für Fette: Wahl der Nenngröße, Einbau,
Betrieb und Wartung“, Ausgabe Mai 2002
zusammengefasst.

Gemäß Abschnitt 7.3 „Anschluss an die Ent-


wässerungsanlage“ ist das Abwasser dem Fett-
abscheider im freien Gefälle zuzuführen. Die
Zulaufleitungen zum Fettabscheider sind mit
einem Mindestgefälle von 2 % (1:50) zu ver-
legen.

Umlenkungen von Fallleitungen in liegende


Großküchen (Foto: Canakris, fotolia.com) Leitungen sind mit zwei 45°-Bögen und einem
Zwischenstück von mindestens 250 mm Länge
Normgerechte Zulaufleitungen auszuführen. Anschließend ist in Fließrichtung
zum Fettabscheider eine Beruhigungsstrecke vorzusehen, deren
Länge mindestens dem 10-fachen Durchmes-
In der DIN 1986-100 „Entwässerungsanlagen ser des Zulaufrohres des Fettabscheiders
für Gebäude und Grundstücke“, Ausgabe entsprechen muss. Durch diese Maßnahme
Dezember 2016 wird in Abschnitt 9.2.2 gefor- werden unzulässig hohe Verwirbelungen
dert, dass in Betrieben, in denen fetthaltiges des Abwassers und der Fettbestandteile ver-
Abwasser anfällt, Abscheideranlagen für Fette mieden.
nach DIN EN 1825-1, DIN EN 1825-2 und
Für einen störungsfreien Betrieb ist die norm-
gerechte Verlegung der Leitungen mit einem
geeigneten Rohrwerkstoff von größter Bedeu-
tung.

Die Entwässerungsleitungen sollten über aus-


reichend Reinigungsöffnungen verfügen, die
so anzuordnen sind, dass im Bedarfsfall eine
schnelle Inspektion bzw. Reinigung der Leitun-
gen möglich ist.

Fettabscheider Praktika (Bild TECE)

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5. Montagepraxis 208
5.4 Ableitung fetthaltiger Abwässer mit
gusseisernen Abflussrohren

Gusseiserne Abflussrohrsysteme im Einsatz; oben: KML-Rohr für fetthaltige Abwässer;


unten: SML-Rohr für häusliche Abwässer (Bild SAINT-GOBAIN HES)

Lüftung Wegen Rückstaugefahr müssen Fettabscheider


beim Einbau im Keller häufig über eine nach-
Nach DIN 1986-100, Abschnitt 6.5.4 müssen
geschaltete Abwasserhebeanlage entwässert
die Zuleitungen und gegebenenfalls der Fett-
werden. Zur Vermeidung von Betriebsstörun-
abscheider entsprechend DIN EN 1825-2 in
gen dürfen die Lüftungsleitungen der Zuleitun-
Verbindung mit DIN 4040-100 unmittelbar
gen sowie der Abscheideranlage keinesfalls
über Dach be- und entlüftet werden. An diese
mit der Lüftungsleitung der Abwasserhebean-
Lüftungsleitungen dürfen keinesfalls andere
lage zu einer Sammellüftung zusammenge-
Lüftungsleitungen, zum Beispiel der normalen
führt werden.
häuslichen Entwässerungsanlage, angeschlos-
sen werden. Nur die Lüftungsleitungen der
Die Mündungen von Lüftungsleitungen müs-
Zuleitungen und gegebenenfalls der Abschei-
sen senkrecht über Dach und nach oben offen
deranlage dürfen zu einer Sammellüftung zu-
enden. Es muss ein ausreichender Abstand zu
sammengeführt werden.
Ansaugöffnungen von Lüftungs- und Klima-
anlagen eingehalten werden.
Weitere Anforderungen an die Lüftung bei
Abscheideranlagen für Fette sind in Abschnitt
7.4 der DIN EN 1825-2 enthalten. Hiernach
sind die Zu- und Ablaufleitungen von Fettab- Bemessung der Zulauf- und
scheidern ausreichend zu lüften. Die Zulauflei- Lüftungsleitungen
tung der Abscheideranlage ist grundsätzlich Der Schmutzwasserabfluss QS bzw. QWW in
als Lüftungsleitung über Dach zu führen. Alle Liter pro Sekunde wird nach dem normativen
Anschlussleitungen mit einer abgewickelten Anhang A der DIN EN 1825-2 ermittelt.
Länge von mehr als 5 m sind gesondert zu Entsprechende Berechnungsbeispiele befinden
entlüften. sich im informativen Anhang C der Norm.

Hat die Zuleitung oberhalb des Fettabscheiders Die horizontalen Entwässerungsleitungen


auf einer Länge von über 10 m keine geson- werden gemäß DIN 1986-100 für einen maxi-
dert entlüftete Anschlussleitung, so muss die malen Füllungsgrad von h/di = 0,5 und unter
Zuleitung – möglichst nahe an der Abscheider- Berücksichtigung des jeweiligen Rohrsohlenge-
anlage – mit einer zusätzlichen Lüftungslei- fälles (Mindestgefälle 2 % bzw. 1:50) dimen-
tung versehen werden. sioniert. Eine Mindestfließgeschwindigkeit von
0,5 m/s darf keinesfalls unterschritten werden.

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5. Montagepraxis 209
5.4 Ableitung fetthaltiger Abwässer mit
gusseisernen Abflussrohren
Die Fallleitungen werden nach Tabelle 8 der nen Verwendungsbereiche gelten für die Ablei-
DIN 1986-100 bemessen. Fallleitungen dürfen tung von Abwasser (häuslichem Schmutzwasser)
keine geringere Nennweite aufweisen als die einschließlich Niederschlagswasser gemäß
Nennweite der zugehörigen Anschlussleitun- DIN 1986, Teil 3, Ausgabe November 2004
gen. Lüftungsleitungen sollten in der gleichen sowie für die Ableitung von Kondensaten aus
Nennweite der jeweiligen Zulauf-, Fall- oder Feuerungsanlagen.
Anschlussleitung verlegt werden.
Werden zum Beispiel die Lüftungsleitung der Bei fetthaltigen Abwässern zum Fettabscheider
Zuleitung und des Fettabscheiders als Sammel- handelt es sich nach DIN 1986, Teil 3 um „Ab-
lüftung ausgeführt, so muss diese gemäß wasser gewerblicher Herkunft bzw. anderes
DIN 1986-100, Abschnitt 14.1.6.2 dimensio- Abwasser“. Gemäß DIN 1986, Teil 4, muss bei
niert werden. Der Querschnitt der Sammel- der Ableitung von gewerblichem bzw. ande-
lüftung muss mindestens so groß sein wie die rem Abwasser im Einzelfall nachgewiesen wer-
Hälfte der Summe der Einzelquerschnitte der den, dass die Abwasserrohre und Formstücke
Einzellüftungen. anwendbar sind. Dies gilt gleichermaßen auch
für die zugehörigen Lüftungsleitungen.
Wahl des Rohrwerkstoffes
Nach DIN 1986, Teil 4, Ausgabe August 2019
sind gusseiserne Rohre ohne Muffe (SML) nach
DIN EN 877 und DIN 19522 für alle Bereiche
der Gebäude- und Grundstücksentwässerung
zugelassen. Die in DIN 1986, Teil 4 angegebe-

Beschichtung PAM-GLOBAL® Plus (KML-)Rohr (Bild SAINT-GOBAIN HES)

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5. Montagepraxis 210
5.4 Ableitung fetthaltiger Abwässer mit
gusseisernen Abflussrohren
Die konsequente Umsetzung der Verlege- und
Befestigungsanleitungen durch den Verarbei-
ter sind Grundvoraussetzungen bei der Haf-
tungsübernahme durch den Rohrhersteller.

Verhinderung von Fettablagerun-


gen in den Zulaufleitungen
Bei der Planung und Ausführung von Entwäs-
serungsleitungen zum Fettabscheider und
der zugehörigen Lüftungsleitungen sollte
möglichst so vorgegangen werden, dass zu-
sätzliche Maßnahmen zur Verhinderung von
Fettablagerungen in den Leitungen nicht erfor-
derlich sind.
MLK-protec Formstücke mit Sonderbeschichtung (Bild Düker)

Gemäß dem informativen Anhang D der


Im Kommentar zur DIN 1986, Teil 4 heißt es DIN EN 1825-2 sind bei Leitungen in beheizten
dazu: “Für die Ableitung von unbehandelten Gebäuden sowie bei innerhalb und außerhalb
gewerblichen Abwässern ist die Verwend- des Gebäudes frostfrei verlegten Grundleitun-
barkeit der Rohrwerkstoffe und Dichtungen gen in der Regel keine zusätzlichen Maßnah-
anhand der vom Hersteller aufgestellten Be- men erforderlich, wenn die Anforderungen an
ständigkeitslisten zu prüfen. In Zweifelsfällen den „Anschluss an die Entwässerungsanlage“
ist der Hersteller um Stellungnahme zu und die „Lüftung“ gemäß den Abschnitten 7.3
bitten“. und 7.4 der DIN EN 1825-2 erfüllt werden.

Seit mehr als 30 Jahren empfehlen die führen- Häufig sind jedoch aus vielfältigen Gründen
den Gussrohr-Hersteller für Entwässerungslei- zusätzliche Maßnahmen zur Verhinderung
tungen zur Ableitung von fetthaltigen von Fettansammlungen und Fettansatz in den
Abwässern zum Fettabscheider sowie der zu- Zulaufleitungen erforderlich.
gehörigen Lüftungsleitungen gusseiserne Ab- So kann beispielsweise für längere Leitungen,
flussrohrsysteme mit Sonderbeschichtungen. die durch kühle Kellerräume führen, eine
Nur bei gusseisernen Abflussrohrsystemen mit Wärmedämmung notwendig sein.
Sonderbeschichtungen, wie zum Beispiel dem
PAM-GLOBAL® Plus (KML)-System der Firma In frostgefährdeten Gebäudebereichen, wie
SAINT-GOBAIN HES bzw. dem MLK-protec zum Beispiel Tiefgaragen, kann eine Rohrbe-
System der Firma Düker lässt sich eine ange- gleitheizung mit Wärmedämmung erforderlich
messene Lebensdauer erzielen. Zum Verbinden sein.
der muffenlosen gusseisernen Rohre und Die Planung und Ausführung einer Rohrbe-
Formstücke haben sich hier Verbindungen gleitheizung mit Wärmedämmung sollte nur
mit Standard-Dichtmanschetten aus EPDM im in Abstimmung mit dem jeweiligen Hersteller
jahrelangen Einsatz bestens bewährt. des Rohrbegleitheizungssystems erfolgen.

Zur Temperaturregelung der Begleitheizung


Verlege- und Befestigungs- sollte gemäß informativem Anhang D der
anleitungen der Rohrhersteller DIN EN 1825-2 ein Thermostat im Regelbe-
Bei der Montage der Leitungen sind die Ver- reich zwischen 25 °C und 40 °C eingesetzt
lege- und Befestigungsanleitungen der Rohr- werden, damit eine Anpassung an die jeweili-
hersteller unbedingt zu beachten. gen Umgebungstemperaturen möglich ist.

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5. Montagepraxis 211
5.4 Ableitung fetthaltiger Abwässer mit
gusseisernen Abflussrohren
Zur Reduzierung der Betriebskosten wird der
Einsatz einer Zeitschaltuhr empfohlen, da die
Begleitheizung nur während der Zeiten nütz-
lich ist, in denen fetthaltiges Schmutzwasser
anfällt.

Rohrbegleitheizung mit Regeleinheit (Bild Pentair)

Zusammenfassung
Die normgerechte Planung und Ausführung Eine angemessene Lebensdauer der Zulauf-
von Zulaufleitungen zum Fettabscheider sowie und Lüftungsleitungen lässt sich bei der Ver-
der zugehörigen Lüftungsleitungen stellen wendung von gusseisernen Abflussrohrsyste-
höchste Anforderungen an die beteiligten men mit Sonderbeschichtung, wie zum
Sanitärfachleute. Beispiel dem MLK-protec System der Firma
Düker bzw. dem PAM-GLOBAL® Plus (KML)-
Sind zusätzliche Maßnahmen zur Verhinde- System der Firma SAINT-GOBAIN HES erzielen.
rung von Fettansammlungen und Fettansatz
in den Zulaufleitungen zur Abscheideranlage Gusseiserne Abflussrohre sind robust, form-
notwendig, sollten diese möglichst in Abstim- stabil und verfügen über ein hervorragendes
mung mit dem Hersteller des Fettabscheiders Ausdehnungsverhalten. Sie sind nichtbrennbar
erfolgen. und bieten einen optimalen Schallschutz.

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212

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5. Montagepraxis 213
5.5 Druckleitungen von Abwasserhebeanlagen
aus muffenlosen gusseisernen Abflussrohren
Beim Einsatz von Abwasserhebeanlagen, die Planung und Ausführung
zur Entwässerung von Ablaufstellen unterhalb der Druckleitung
der Rückstauebene dienen, ist die sorgfältige
Die Mindestnennweiten der Druckleitung sind
Planung und Ausführung der Druckleitung von
in Tabelle 2 der DIN EN 12056, Teil 4 festge-
entscheidender Bedeutung. Die Planung und
legt. Für Fäkalienhebeanlagen ohne Fäkalien-
Bemessung von Abwasserhebeanlagen hat
zerkleinerung beträgt die Mindestnennweite
nach DIN EN 12056, Teil 4 (Ausgabe Januar
der Druckleitung DN 80. Für Kompakthebean-
2001) zu erfolgen.
lagen mit Fäkalienzerkleinerung beträgt die
Mindestnennweite DN 32.
Rückstauebene
In der DIN EN 12056, Teil 4 wird die Rückstau- Zur Abwasserhebeanlage gehört druckseitig
ebene im Abschnitt 3.1.1 folgendermaßen ein Rückflussverhinderer. In Fließrichtung ge-
definiert: „die höchste Ebene, bis zu der das sehen ist hinter dem Rückflussverhinderer ein
Wasser in einer Entwässerungsanlage anstei- Absperrschieber anzuordnen. Bei Abwasser-
gen kann“. In der Praxis gilt, wenn seitens der hebeanlagen nach DIN EN 12050-2 oder
örtlichen Behörden nichts anderes festgelegt DIN EN 12050-3 kann, wenn die Nennweite
ist, die Straßenoberfläche als Rückstauebene. der Druckleitung <DN 80 ist, auf den Absperr-
Laut DIN EN 12056, Teil 4 befindet sich ein schieber verzichtet werden. Ist kein Absperr-
Entwässerungsgegenstand unterhalb der schieber in der Druckleitung vorhanden, dann
Rückstauebene, wenn der Wasserspiegel im muss der Rückflussverhinderer eine Anlüftvor-
Geruchverschluss unterhalb dieser örtlich fest- richtung besitzen oder eine anderweitige Ent-
gelegten Ebene liegt. leerung der Druckleitung möglich sein.

Rückstauschleife Gemäß Abschnitt 5.2 der DIN EN 12056, Teil 4


Die Rückstauschleife ist gemäß DIN EN 12056, dürfen an die Druckleitung keine anderen An-
Teil 4 der Teil der Druckleitung einer Abwasser- schlüsse vorgenommen werden. Der Einbau
hebeanlage über der Rückstauebene, d.h. die von Belüftungsventilen ist unzulässig.
Rohrsohle muss oberhalb der Rückstauebene
liegen. Druckleitungen von Abwasserhebeanlagen
dürfen nicht an Abwasserfallleitungen ange-
schlossen werden, sondern nur an belüftete
Grund- oder Sammelleitungen. Die Anschlüsse
der Druckleitung an die Grund- oder Sammel-
leitungen sind wie Anschlüsse druckloser Lei-
tungen auszuführen.

Die Entwässerungsleitungen sind spannungs-


frei an die Hebeanlagen anzuschließen. Das
Gewicht der Rohrleitungen ist bauseits ent-
sprechend abzufangen.

Die Druckleitung muss mindestens dem


1,5-fachen des maximalen Pumpendrucks
Bild1: Abwasserhebeanlage (Prinzipskizze mit Angabe Rückstau- der Anlage standhalten.
ebene und Rückstauschleife)

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5. Montagepraxis 214
5.5 Druckleitungen von Abwasserhebeanlagen
aus muffenlosen gusseisernen Abflussrohren
Bemessung von Druckleitungen
Die Bemessung von Abwasserhebeanlagen
sowie der Druckleitungen erfolgt nach Ab-
schnitt 6 der DIN EN 12056, Teil 4. Bei der
Bemessung ist zu berücksichtigen, dass die
Fließgeschwindigkeit in der Druckleitung
0,7 m/s nicht unterschreiten darf. Eine Maxi-
malgeschwindigkeit von 2,3 m/s ist zu berück-
sichtigen.

Zunächst ist der Gesamtabwasserzufluss Qges


nach DIN EN 12056-2 und -3 sowie DIN 1986-
100 zu ermitteln. Allgemein muss die Förder-
menge der Pumpe QP mindestens gleich Qges
sein. Außer bei Hebeanlagen zur begrenzten
Verwendung nach DIN EN 12050-3 kann die
Fördermenge der Pumpe QP kleiner sein als der
Gesamtabwasserzufluss Qges, wenn der Her-
steller das Ausmaß der Abweichung angibt.
Fotos: Ausführungsbeispiele von Druckleitungen aus
gusseisernen Abflussrohren Die Förderhöhe der Pumpe HP muss größer
oder gleich der Gesamtförderhöhe Htot sein.
DN 80 – Die neue Nennweite bei Zur Ermittlung der Gesamtförderhöhe gelten
gusseisernen Abflussrohren die folgenden Gleichungen:
Druckleitungen von Hebeanlagen werden
größtenteils in der Nennweite DN 100 geplant
und ausgeführt. Neben den bisher gängigen Htot = Hgeo + HV
Nennweiten können jetzt auch Druckleitungen
von Hebeanlagen sicher und komfortabel mit mit HV = HV,A + HV,R
gusseisernen Abflussrohren in DN 80 ausge-
führt werden. Hierzu gibt es ebenfalls die ge-
eignete Verbindungstechnik inklusive der Dabei ist:
passenden Krallen, die bei DN 80 bis zu einem Htot Gesamtförderhöhe in Meter
Druck von 10 bar belastet werden können. Hgeo geodätische Förderhöhe in Meter
HV Druckhöhenverlust in Meter
HV,A Druckhöhenverlust in Armaturen
Schallschutz und Formstücken in Meter
Zur Vermeidung der direkten Schallübertra- HV,R Druckseitige Rohrreibungsverluste
gung durch den Pumpenbetrieb sind alle Lei- in Meter
tungsanschlüsse an die Abwasserhebeanlagen
flexibel auszuführen. Dieser Forderung wird Die geodätische Förderhöhe Hgeo ergibt
durch den Einsatz von elastischen Schlauchver- sich aus der Höhendifferenz zwischen dem
bindungen für die Zulaufanschlüsse als auch Wasserspiegel in der Hebeanlage und dem
für die Verbindung zur Druckleitung Rechnung höchsten Punkt der Druckleitung. In der Regel
getragen. Die Befestigungen der Rohrleitun- wird der Höhenunterschied zwischen dem
gen sind schallgedämmt auszuführen. Boden des Aufstellungsraumes der Hebean-
lage und der Rohrsohle in der Druckschleife
gemessen.

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5. Montagepraxis 215
5.5 Druckleitungen von Abwasserhebeanlagen
aus muffenlosen gusseisernen Abflussrohren

Bild 2: Abbildung „Geodätische Förderhöhe“

Alternativ kann Hv,j nach der Prandtl-Cole-


Der Druckhöhenverlust in Armaturen und brook-Gleichung berechnet werden.
Formstücken HV,A errechnet sich wie folgt:
Sind die erforderliche Fördermenge Qges
HV,A = ∑ ζ • v2 • 0,5 / g und die erforderliche Gesamtförderhöhe
Htot ermittelt, kann aus den Diagrammen der
Dabei ist: Hersteller die geeignete Pumpe ausgewählt
HV,A Druckverlust in Armaturen und werden.
Formstücken in Meter
ζ Verlustbeiwerte für Armaturen und
Formstücke nach Tabelle 3 der Berechnungsbeispiel
DIN EN 12056-4
v Strömungsgeschwindigkeit in m/s Gegeben:
g Fallbeschleunigung = 9,81 m/s2 Fördermenge Qges: 40 m3/h = 11,11 l/s
Geodätische Förderhöhe Hgeo: 5,0 m
Rohrlänge Lj: 10,0 m
Die Druckseitigen Rohrreibungsverluste Rohr: DN 100 (gusseisernes Abflussrohr)
HV,R werden wie folgt berechnet: Geschwindigkeit v: 1,4 m/s
(Tab. A.1 der DIN EN 12056-4)
HV,R = ∑ (Hv,j • Lj ) Druckhöhenverlust Hv,j: 0,026
(Tab. A.1 der DIN EN 12056-4)
Dabei ist: Verlustbeiwerte ζ
HV,R Rohrreibungsverlust in Meter für Armaturen/Formstücke:∑ ζ= 6,7
(Tab. 3 der DIN EN 12056-4)
Hv,j dimensionsloser Druckhöhenverlust 1 Absperrschieber à 0,5 = 0,5
bezogen auf die Rohrlänge 1 Rückflussverhinderer à 2,2 = 2,2
nach Tabelle A.1 bzw. Bild 9 2 Bogen 90° à 0,5 = 1,0
(Diagramm) der DIN EN 12056-4 10 Bogen 45° à 0,3 = 3,0
Lj Rohrleitungslänge in Meter ∑ ζ = 6,7

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5. Montagepraxis 216
5.5 Druckleitungen von Abwasserhebeanlagen
aus muffenlosen gusseisernen Abflussrohren

Auszüge aus Tabelle 3 und A.1 der DIN EN 12056-4

Druckseitiger Rohrreibungsverlust HV,R : Gesamtförderhöhe Htot :

HV,R = Hv,j • Lj Htot = Hgeo + HV

HV,R = 0,026 • 10 m Htot = 5,0 m + 0,93 m

HV,R = 0,26 m Htot = 5,93 m

Druckhöhenverlust in Armaturen und Nach der Ermittlung der Gesamtförderhöhe


Formstücken HV,A : Htot von 5,93 m bei einer erforderlichen För-
dermenge Qges von 40 m3/h kann nunmehr
HV,A =∑ ζ • v 2 • 0,5 / g aus den Herstellerunterlagen eine geeignete
Pumpe/Hebeanlage ausgewählt werden.
HV,A = 6,7 • (1,4)2 • 0,5 / 9,81

HV,A = 0,67 m Fazit


Druckleitungen von Abwasserhebeanlagen
aus muffenlosen gusseisernen Abflussrohren
Druckhöhenverlust HV : haben sich bereits seit Jahrzehnten in der
Praxis bewährt. Durch die neue Nennweite
HV = HVR + HV,A DN 80 bieten sich den Sanitärfachleuten noch
vielfältigere Möglichkeiten bei der Planung
HV = 0,26 m + 0,67 m und Ausführung von Druckleitungen für Ab-
wasserhebeanlagen aus muffenlosen gussei-
HV = 0,93 m sernen Abflussrohren.

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5. Montagepraxis 217
5.6 Montageregeln für druckbelastete gusseiserne
Abflussrohre mit Rapid-Verbindern und dazugehörigen Krallen
1) Normative Anforderungen 3) Verlegevorschriften und
DIN EN 12056 und DIN 1986-100 zulässige Druckbelastungen
Abwasser- und Lüftungsleitungen werden im für Verbindungen
Prinzip als drucklose Gefälleleitungen konzi- Allgemeines
piert. Dies schließt jedoch keineswegs aus, Die Voraussetzung sicherer Befestigung bzw.
dass unter bestimmten Betriebszuständen längskraftschlüssiger Koppelung gilt natürlich
Drücke in den Leitungen auftreten können. in besonderem Maße für Abwasserleitungen,
In der DIN 12056-1 heißt es unter Pkt. 5.4.2 die einem größeren Innendruck als 0,5 bar
Wasser- und Gasdichtheit: ausgesetzt sein können, z.B.:
„Entwässerungsanlagen müssen gegenüber
den auftretenden Betriebsdrücken ausreichend 1.Leitungen, die im Rückstaubereich liegen
wasser- und gasdicht sein.“ Außerdem heißt es 2.Regenwasserleitungen innerhalb von
in DIN EN 12056-5, Pkt. 6.3: Verlegen von Gebäuden
Entwässerungsleitungen zum Thema Befesti- 3.Schmutzwasserleitungen, die ohne weitere
gung: „Rohrleitungen mit nicht längskraft- Ablaufstellen durch mehrere Tiefgeschosse
schlüssigen Verbindungen müssen so befestigt führen
und/oder abgefangen werden, dass während 4.Druckleitungen von Abwasserhebeanlagen.
der Nutzung die Verbindungen nicht auseinan-
der gleiten können. Die dabei auftretenden Gerade bei Rohrleitungen unterhalb der Rück-
Reaktionskräfte sind zu berücksichtigen.“ stauebene können Betriebsdrücke entstehen,
z.B. durch einen Rückstau aus dem Kanalnetz,
die zu einem Auseinandergleiten der Rohrver-
2) DIN EN 877 – bindungen führen können. Aus diesem Grund
Produktanforderungen ist bei gusseisernen Abflussrohren unterhalb
Anforderungen an die Dichtheit eines Systems der Rückstauebene wie folgt zu verfahren:
sind in den Produktnormen festgelegt. Für
gusseiserne Abflussrohre gilt die DIN EN 877. Schmutzwasserleitungen bis 0,5 bar im
Hier werden Anforderungen an die Dichtheit Rückstaubereich
festgelegt. Diese Anforderungen sind weit Rapid-Verbindungen DN 100 – 150 keine
höher als die früheren 0,5 bar. zusätzlichen Maßnahmen.
Für Leitungen bis DN 200, die im Inneren von
Gebäuden verlegt werden, gilt z.B. als Prüfan- Bei Rapid-Verbindungen ab DN 200 Absiche-
forderung 5 bar., d.h. aber nicht automatisch, rung der Richtungsänderungen mit dazuge-
dass nun alle Verbinder bis 5 bar eingesetzt hörigen Krallen.
werden können. Der Grund hierfür ist, dass die
Prüfungen im eingespannten – also zugentlas- Schmutzwasserleitungen über 0,5 bar im
teten – Zustand vorgenommen werden. Wich- Rückstaubereich
tig für den jeweiligen Einsatzfall ist jedoch die Alle Verbindungen sind mit entsprechenden
Angabe, bis zu welchem Druck die Verbinder Krallen zu sichern.
auch längskraftschlüssig sind oder welche Schmutzwasserleitungen, die an einen Misch-
Maßnahmen zur Zugentlastung angewendet wasserkanal angeschlossen sind, müssen
werden müssen, z. B. Befestigung, Krallen, ebenfalls mit Krallen gesichert werden.
Widerlager etc.

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5. Montagepraxis 218
5.6 Montageregeln für druckbelastete gusseiserne
Abflussrohre mit Rapid-Verbindern und dazugehörigen Krallen
Regenwasserleitungen kombinationen (mehrere Bögen; Abzweig-
Hierzu heißt es in DIN EN 12056-3 Pkt. 7.6.4: Bogen) sollten in jedem Fall gegen Verrut-
„Innenliegende Regenwasserleitungen müssen schen gesichert werden. Dies geschieht am
in der Lage sein, dem Druck zu widerstehen, einfachsten mit den entsprechenden Krallen,
der durch Verstopfung entstehen kann.“ die über die Verbinder montiert werden. An-
sonsten sind häufig meist aufwendige Befesti-
In senkrechten Regenwasserfallleitungen, wel- gungen erforderlich. Vor dem Betonieren sollte
che nach oben offen sind, kann sich die Was- die Leitung mit Wasser gefüllt werden, um das
sersäule nicht als Längskraft auswirken, sofern Eigengewicht zu erhöhen und dadurch ein
die Rohre gegen Ausknicken aus der Achse ge- Aufschwimmen der Leitung zu vermeiden.
sichert sind. Verziehungen bzw. Richtungsän-
derungen müssen jedoch auch hier mit Krallen
abgesichert werden. Rückstau bis zur Gebäu- 4) Montageanleitung von
deoberkante wird aber auch in Zukunft die Rapid-Verbindern
Ausnahme sein.
1) Die komplett gelieferte Verbindung bis
zum mittleren Distanzring der Dichtung
Druckleitungen von Hebeanlagen
auf das Rohrende aufsetzen.
Die Druckleitungen können mit gusseisernen
2) Das nächste Rohrende von der anderen
Rohren und Formstücken und mit Rapid-Ver-
Seite in die Verbindung einschieben.
bindern und Krallen bis DN 100 ausgeführt
3) Die Innensechskantschraube mit Steck-
werden. Die maximale Druckbelastung beträgt
schlüssel, Handratsche oder Schlag-
10 bar. Der Grund für den Einsatz der Verbin-
schrauber fest anziehen, bis beide
der bis 10 bar ist, dass beim Abschalten der
Spannbacken zusammenstoßen bzw. bis
Pumpen in der Regel Druckschläge entstehen,
die vom jeweiligen Hersteller angegebe-
die ein vielfaches der Pumpenförderhöhe be-
nen Anzugsmomente erreicht sind.
tragen können. Zur Verminderung von Druck-
schlägen empfehlen sich schwimmend
schließende Rückschlagklappen mit Gegenge-
wicht, die von Anbietern der Hebeanlagen
5) Montage von Krallen
angeboten werden. Grundsätzlich müssen Beide Schellenhälften müssen die Rohrenden
Kompensatoren angeordnet werden, um eine gleichmäßig umschließen. Deshalb zuerst die
Übertragung von Vibrationen der Hebeanlage Schellenhälften locker miteinander verschrau-
auf die Druckleitung zu vermeiden. Die Befesti- ben und darauf achten, dass die Krallenspitzen
gungsregeln der Hersteller sind zu beachten. der Sicherungsschelle nicht auf dem Blech-
Der Gewindeanschluss der Rohrschellen muss mantel der Dichtschelle aufsitzen. Dann die
mindestens M16 betragen. Schrauben wechselweise über Kreuz anziehen,
damit die Verschlussteile parallel und mit mög-
Einbetonierte Leitungen lichst gleichem Abstand zusammengezogen
Vor dem Einbringen des Betons müssen die werden. Die von den jeweiligen Herstellern
Leitungen sachgerecht befestigt und gegen genannten Anzugsmomente sind unbedingt
Verschieben und Aufschwimmen gesichert einzuhalten. Das Nachziehen mit einem Dreh-
werden. Das kann mit Rohrböcken und han- momentschlüssel ist erforderlich.
delsüblichen Rohrschellen erfolgen. Formstück-

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5. Montagepraxis 219
5.6 Montageregeln für druckbelastete gusseiserne
Abflussrohre mit Rapid-Verbindern und dazugehörigen Krallen

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220

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5. Montagepraxis 221
5.7 DN 80 – Das kleinste zugelassene Abflussrohr
für WC-Anschluss

Bild SAINT-GOBAIN HES

Mit der Markteinführung wassersparender Klo-


setts wurden zur Klärung der Abwasserverhält- INFO
nisse – initiiert durch den Zentralverband Gemäß DIN 1986-100 müssen in Deutsch-
Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) – Anfang der land Schmutzwasseranlagen nach dem
2000er Jahre Untersuchungen unter dem Ar- System I der DIN EN 12056 bemessen
beitstitel „Selbstreinigungsfähigkeit von Ent- werden. Dieses System entspricht Einzelfall-
wässerungsleitungen bei Verwendung von leitungsanlagen mit teilgefüllten Anschluss-
wassersparenden Klosettanlagen“ an der Fach- leitungen bei einem maximalen Füllungsgrad
hochschule Münster im Fachbereich Energie von h/di = 0,5.
Gebäude Umwelt durchgeführt.

Im Zuge der Untersuchungen stellte sich he- Aufgrund der Untersuchungsergebnisse an der
raus, dass in liegenden Entwässerungsleitun- Fachhochschule Münster wurden für Deutsch-
gen DN 100 bei Spülwasservolumen von 4,5 land Anforderungen an die Verlegung und Be-
Liter keine auseichenden Transportweiten ge- messung von Schmutzwasseranschluss- und
währleistet sind. Ferner wurde festgestellt, Fallleitungen sowie Sammel- und Grundleitun-
dass die Nennweite DN 80 bei ausschließlicher gen für DN 80 bei der Verwendung von 4,5
Verwendung von 4,5 bis 6 Liter Klosettspülun- bis 6 Liter Klosettspülungen in die Entwässe-
gen auch unter Berücksichtigung der hiesigen rungsnorm DIN 1986-100 eingeführt.
Planungs- und Installationsgewohnheiten im
System I eingesetzt werden kann.

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5. Montagepraxis 222
5.7 DN 80 – Das kleinste zugelassene Abflussrohr
für WC-Anschluss
Bemessung von Schmutzwasser- Abschnitt 14.1.3.1; die für belüftete Einzelan-
leitungen DN 80 nach DIN 1986-100 schlussleitungen aus dem Abschnitt 14.1.3.2.
Einzelanschlussleitungen werden gemäß
Tabelle 6 der DIN 1986-100 dimensioniert. INFO
Für Klosettanlagen mit 4,0/4,5 Liter Spülkasten Nach Abschnitt 5.2.2 der DIN 1986-100
beträgt der Anschlusswert DU = 1,8; für sollte die Spüleinrichtung von wassersparen-
Klosettanlagen mit 6,0 Liter Spülkasten / den Klosettanlagen auf mindestens 6 Liter
Druckspüler beträgt der Anschlusswert Spülwasservolumen einstellbar sein. Somit
DU = 2,0. können eventuelle Abflussprobleme in den
Leitungen durch Erhöhung des Spülwasser-
Die Anwendungsgrenzen für unbelüftete Ein- volumens – ohne Einbau einer neuen Spül-
zelanschlussleitungen ergeben sich aus dem einrichtung – beseitigt werden.

Auszug aus Tabelle 6 der DIN 1986-100 „Anschlusswerte und Nennweiten von belüfteten und unbelüfteten Einzelanschlussleitungen“

Sammelanschlussleitungen müssen nach Maßgaben für Sammelleitungen gemäß Ab-


Abschnitt 14.1.3.3 der Norm bemessen und schnitt 14.1.5.2 bemessen werden.
ausgeführt werden. Unbelüftete Sammelan-
schlussleitungen sind gemäß Tabelle 7 zu be- INFO
messen. Kann nur eine der Anwendungs- Die Belüftung von Einzel- und Sammelan-
grenzen für unbelüftete Sammelanschluss- schlussleitungen kann in Deutschland über
leitungen nicht erfüllt werden, muss die Sam- Lüftungsleitungen oder Belüftungsventile
melanschlussleitung belüftet und nach den erfolgen.

Tabelle 7 der DIN 1986-100 „Bemessung von unbelüfteten Sammelanschlussleitungen“

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5. Montagepraxis 223
5.7 DN 80 – Das kleinste zugelassene Abflussrohr
für WC-Anschluss
Fallleitungen mit Hauptlüftung müssen ent- von 2,6 l/s möglich. Dies entspricht einer Ʃ DU
sprechend Tabelle 8 bemessen werden. Bei von 27, wodurch zum Beispiel über eine Fall-
Verwendung von 88 Grad Abzweigen mit 45 leitung DN 80 das Schmutzwasser von bis zu
Grad Einlaufwinkel – wie zum Beispiel bei 6 Einfachwohnungen sicher abgeleitet werden
SML-Abzweigen nach DIN 19522 – ist bei kann.
DN 80 ein maximaler Schmutzwasserabfluss

Auszug aus Tabelle 8 der DIN 1986-100 „Bemessung von Schmutzwasserfallleitungen mit Hauptlüftung“

Sammelleitungen müssen gemäß Abschnitt Vorteile und


14.1.5.2 bemessen und ausgeführt werden. Ausführungsmöglichkeiten
Die Dimensionierung erfolgt nach den Leis-
Einsparungen bei Material- und Lohnkosten
tungstabellen der Hersteller oder den Leis-
sowie die Platzersparnis sind nur einige
tungstabellen im Anhang der DIN 1986-100.
Gründe, die für den Einsatz von DN 80 gegen-
über DN 100 bei Anschluss von WC-Anlagen
Grundleitungen sind nach Abschnitt
sprechen, sowohl bei Neubaumaßnahmen als
14.1.5.3 zu bemessen und auszuführen. Die
auch bei der Altbaumodernisierung.
Grundleitung kann bis zum nächstgelegenen
Schacht außerhalb von Gebäuden in der Min- So können zum Beispiel 6 Einfachwohnungen
destnennweite DN 80 (di = 75 mm) ausge- mit WC-Anlagen bis 6 Liter Spülwassermenge
führt werden, wenn die hydraulische an eine Schmutzwasser-Fallleitung DN 80 an-
Berechnung dies zulässt. Die Bemessung geschlossen werden.
von Schmutzwassergrundleitungen erfolgt
nach den Leistungstabellen der Hersteller In Ein- und Zweifamilienhäusern oder Objek-
oder den Leistungstabellen im Anhang der ten vergleichbarer Größe mit WC-Anlagen bis
DIN 1986-100. 6 Liter Spülwassermenge ist es sogar möglich,

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5. Montagepraxis 224
5.7 DN 80 – Das kleinste zugelassene Abflussrohr
für WC-Anschluss
die Schmutzwasser-Fallleitung(en) einschließ-
lich Sammelleitung bis zur weiterführenden
Grundleitung in DN 80 auszuführen.

Bei WC-Anschlussgarnituren DN 90 auf die


weiterführende Schmutzwasser-Einzelan-
schlussleitung DN 80 muss zwangsläufig eine
Reduzierung in Fließrichtung vorgenommen
werden, die gemäß der Entwässerungsnormen
nicht zulässig ist. Hierzu hat das IZEG Informa-
tionszentrum Entwässerungstechnik Guss ent-
sprechende hydraulische Prüfungen bei der
LGA Bautechnik GmbH in Würzburg durchfüh-
ren lassen. Laut Prüfbericht-Nr.: BMW
0320278-10 ist es möglich, eine Reduzierung
der Nennweite von DN 90 auf DN 80 in Fließ-
richtung am Ablaufbogen des WCs durchzu-
führen. Hierzu wird der Übergang vom
Kunststoff-WC-Anschlussbogen DN 90 mittels
Konfix auf das SML-Rohr DN 80 durchgeführt,
oder der Kunststoff-WC-Stutzen DN 90 wird in
den SML-WC-Anschlussbogen DN 80 mit inte-
grierter Dichtung gesteckt.

Im Bereich des Brandschutzes hat sich auch


einiges getan. Mittlerweile verfügt der Markt
über eine Vielzahl an geprüften Brandschutz-
lösungen für DN 80.

Abbildung „Schmutzwasser-Fallleitung
für 6 Einfachwohnungen in DN 80“
(Düker GmbH)

Fotos „Übergang von WC-Anschlussgarnitur DN 90 auf SML-Rohr DN 80“

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5. Montagepraxis 225
5.7 DN 80 – Das kleinste zugelassene Abflussrohr
für WC-Anschluss
Anwendung von DN 80 bei bäude und Grundstücke – Verwendungsberei-
Regenentwässerungsanlagen che von Abwasserrohren und -formstücken
verschiedener Werkstoffe“ entsprechen. Ferner
Der Einsatz von DN 80 für Regenentwässe-
müssen die Regenwasserleitungen DN 80
rungsanlagen innerhalb von Gebäuden sowie
gemäß DIN 1986-100 bemessen sein und den
für Balkone und Loggien ist bereits seit Jahr-
zu erwartenden Druckverhältnissen standhal-
zehnten zulässig. Die verwendeten Rohrmate-
ten, ob bei Freispiegelentwässerung oder bei
rialien müssen hierzu der geltenden Norm
Dachentwässerung mit Druckströmung.
DIN 1986-4 „Entwässerungsanlagen für Ge-

Fotos „Dachabläufe DN 80 für Freispiegelentwässerung (links) und Dachentwässerung mit Druckströmung“


(SAINT-GOBAIN HES GmbH)

INFO
Ersatz von DN 70 durch DN 80
Zur besseren Inspizierbarkeit beträgt nach In der Praxis stellt sich immer wieder die Frage,
DIN 1986-100, Abschnitt 14.2.7.3 der Min- ob bei den geringen Unterschieden der Innen-
destinnendurchmesser von Regenwasser- durchmesser zwischen DN 80 und DN 70 zu-
grundleitungen DN 100. künftig die Nennweite DN 70 überhaupt noch
erforderlich ist. Ein Verzicht auf DN 70 würde
viele Vorteile mit sich bringen, wie zum Bei-
DN 80 für Druckleitungen spiel kleinere Produktionskapazitäten bei den
von Abwasserhebeanlagen Herstellerwerken sowie weniger Lagerhaltung
Druckleitungen von Abwasserhebeanlagen bei Fachhandel und Installateuren.
werden größtenteils in DN 80 geplant und
ausgeführt. Hierzu sind die Anforderungen der So beabsichtigen zum Beispiel führende Her-
DIN EN 12056-4 „Schwerkraftentwässerungs- steller von gusseisernen Abflussrohrsystemen
anlagen innerhalb von Gebäuden – Teil 4: Ab- in 2020 die Nennweite DN 70 komplett aus
wasserhebeanlagen, Planung und Bemessung“ dem Lieferprogramm zu nehmen.
zu beachten. Druckleitungen von Abwasserhe-
beanlagen können zum Beispiel sicher und In den Bereichen Sanierung und Reparatur ist
komfortabel in gusseisernen Abflussrohren der Einbau von Rohren und Formstücken DN
DN 80 mit geeigneter druckfester Verbin- 80 in eine bestehende Abwasserleitung DN 70
dungstechnik ausgeführt werden. mit entsprechenden Übergangsverbindern in
beide Fließrichtungen möglich.

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5. Montagepraxis 226
5.7 DN 80 – Das kleinste zugelassene Abflussrohr
für WC-Anschluss
Durch die vielen Einsatzmöglichkeiten haben
INFO
sich im Laufe der Zeit die Sortimente der
Beschluss des Normenausschusses „Entwäs- Produktanbieter in DN 80 – wie zum Beispiel
serungsanlagen für Gebäude und Grund- durch neue Dachabläufe, Übergangsverbinder
stücke“ vom 19. November 2003: „Der Ein- sowie Brandschutzlösungen – stark vergrößert.
bau von Rohren und Formstücken DN 80 in Da sich bedingt durch die geringen Unter-
ein bestehendes Leitungssystem DN 70 ist schiede der Innendurchmesser zwischen
mit entsprechenden Übergangsverbindun- DN 80 und DN 70 die Frage stellt, ob die
gen im Erweiterungs- und Reparaturfall Nennweite DN 70 zukünftig überhaupt noch
unter Zugrundelegung des Abflussvermö- Sinn macht, haben sich führende Hersteller
gens der Nennweite DN 70 zulässig“. von gusseisernen Abflussrohrsystemen dazu
entschlossen, die Nennweite DN 70 in 2020
komplett aus dem Lieferprogramm zu nehmen.

Quellenverzeichnis
Untersuchungsbericht zur „Selbstreinigungs-
fähigkeit von Entwässerungsleitungen bei
Verwendung von wassersparenden Klosettan-
lagen“ von Prof. Bernd Rickmann vom
15.04.2001
DIN 1986-100 „Entwässerungsanlagen für
Foto „Übergangsverbinder DN 70 auf DN 80“ (Düker GmbH)
Gebäude und Grundstücke – Bestimmungen
in Verbindung mit DIN EN 752 und DIN EN
12056“, Fassungen März 2002 und Dezember
Fazit
2016
Abwasserrohre DN 80 haben sich in Deutsch-
land seit Anfang 2002 bei Anschluss von WC- Kommentar zur DIN 1986-100 und DIN
Anlagen bis 6 Liter Spülwassermenge in der 12056-4, 6. überarbeitete und erweiterte
Praxis bestens bewährt. Neben dem Einsatz bei Auflage 2016
Schmutzwasseranlagen hat sich DN 80 auch in
anderen Bereichen der Entwässerungstechnik,
wie bei Regenentwässerungsanlagen und
Druckleitungen von Abwasserhebeanlagen,
durchgesetzt.

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6. RAL-Gütesicherung / Qualitätssicherung 227
6.1 Erweiterung der Gütesicherung RAL-GZ 698
für gusseiserne Abflussrohrsysteme
Die führenden europäischen Hersteller von Bei den „Besonderen Güte- und Prüfbestim-
gusseisernen Abflussrohrsystemen haben mungen für gusseiserne Abflussrohre und
durch Forschung, Weiterentwicklung, Innova- Formstücke zur Ableitung aggressiver Abwäs-
tionen und modernste Produktionsverfahren ser (KML / MLK)“ werden bei den Prüfungen
ein außerordentlich hohes Qualitätsniveau erhöhte Anforderungen an die chemische Be-
geschaffen. ständigkeit sowie die Porenfreiheit der Innen-
beschichtungen gestellt. Die Anforderungen

̶ aufgrund fehlender Regelwerke ̶ zunächst


Mit der Zielsetzung, die gewohnt hohe Quali- und Prüfungen von Krallen orientieren sich
tät von gusseisernen Abflussrohrsystemen zu
gewährleisten und für mehr Markttransparenz an dem Entwurf der Produktnorm DIN EN 877
zu sorgen, wurde durch die führenden euro- „Rohre und Formstücke aus Gusseisen, deren
päischen Gussrohrproduzenten sowie einiger Verbindungen und Zubehör zur Entwässerung
Zulieferer – unter der Federführung des von Gebäuden – Anforderungen, Prüfver-
„Deutschen Instituts für Gütesicherung und fahren und Qualitätssicherung“, Deutsche
Kennzeichnung (RAL), Sankt Augustin“ – be- Fassung, Ausgabe Januar 2012.
reits im Jahr 2001 die „GEG Gütegemeinschaft
Entwässerungstechnik Guss e.V.“ gegründet.
Zu den wichtigsten Aufgaben der Gütege- Gütezeichen
meinschaft zählt die Koordinierung der Güte- Die Verleihung des Gütezeichens erfolgt nach
sicherung durch Erstprüfung, Eigen- und bestandener Erstprüfung, vorgenommen
Fremdüberwachung. durch unabhängige anerkannte Prüfinstitute.
Bei dieser aufwendigen Prüfung wird ermittelt,
ob in den Produktionsstätten alle personellen,
Erweiterung der Güte- organisatorischen, fertigungs- und prüftechni-
und Prüfbestimmungen schen Voraussetzungen für eine ständige, ord-
Die Güte- und Prüfbestimmungen für guss- nungsgemäße Herstellung und Eigenüber-
eiserne Abflussrohre und Formstücke (SML) wachung vorhanden sind, und ob die Qualität
bestehen bereits seit 2003; im Jahr 2006 der Endprodukte den Anforderungen der
folgten die Güte- und Prüfbestimmungen für Güte- und Prüfbestimmungen entsprechen.
Verbindungen. Bei den Güte- und Prüfbestim-
mungen steht nicht nur die reine Erfüllung der
Produktnormen DIN EN 877 und DIN 19 522
im Vordergrund, sondern es werden darüber
hinausgehende Anforderungen gestellt.

In enger Zusammenarbeit mit dem RAL wurde


nun die Erweiterung der Gütesicherung RAL-
GZ 698, Ausgabe Oktober 2014 vorgenom-
men, die von den betreffenden Fach- und
Verkehrskreisen, dem Bundesministerium für
Wirtschaft und den zuständigen Behörden
anerkannt wurde. Im Zuge der Erweiterung
wurden „Besondere Güte- und Prüfbestim-
mungen für gusseiserne Abflussrohre und
Formstücke zur Ableitung aggressiver Abwäs-
ser (KML / MLK)“ sowie „Besondere Güte-
Prüfbestimmungen für Krallen“ neu aufge-
nommen. Bild „Das Gütezeichen der GEG“

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6. RAL-Gütesicherung / Qualitätssicherung 228
6.1 Erweiterung der Gütesicherung RAL-GZ 698
für gusseiserne Abflussrohrsysteme
Danach erfolgen regelmäßige Fremdüber- bestandene Fremdüberwachung ist der Her-
wachungen durch unabhängige anerkannte steller berechtigt seine Produkte weiterhin mit
Prüfinstitute. Die Prüfberichte der Institute dem Gütezeichen zu versehen.
werden anschließend durch den Güteaus- Diese Maßnahmen gewährleisten eine durch-
schuss der Gütegemeinschaft nochmals ge- gehend hohe Qualität der Produkte und
prüft und abschließend bewertet. Im Rahmen verdeutlichen das große Verantwortungs-
der Güteüberwachung der GEG Gütegemein- bewusstsein der Mitgliedsunternehmen ge-
schaft Entwässerungstechnik Guss e.V. erfolgt genüber den Marktpartnern wie dem Fachhan-
somit eine zweistufige Prüfung. Nur durch die del, den Installateuren und den Endkunden.

Medium/Lösung Konzentration pH-Wert Prüfdauer Temperatur


(N=Normallösung) (d=days; h=hours) in °C
Phosphorsäure 25 % 1,0 72 h 40
Essigsäure 10 % 2,0 48 h 25
Wasserstoff-
10 % 3,5 48 h 25
peroxidlösung
Schwefelsäure 1,0 N 1,0 30 d 50
Milchsäure 1% 2,0 48 h 25
Zitronensäure 5% 1,5 30 d 50
Natronlauge 1,0 N 14,0 24 d 30
Abwasser gem.
7,0 30 d 50
DIN EN 877
Salzwasser 5,6 10 d 50
Wasser
6,4 30 d 50
(voll entsalzt)
Salzsprühnebel 1500 h 35

Erhöhte chemische Beständigkeit der Innenbeschichtungen


von gusseisernen Abflussrohren und Formstücken zur Ableitung
aggressiver Abwässer (KML / MLK) nach Tabelle 3-1 aus RAL-GZ
698, Ausgabe Oktober 2014

Bild „Laboruntersuchung bei Phosphorsäure“

Bild „Salzspühnebeltest 1500 h (MPA NRW Dortmund)“

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6. RAL-Gütesicherung / Qualitätssicherung 229
6.1 Erweiterung der Gütesicherung RAL-GZ 698
für gusseiserne Abflussrohrsysteme

Bild „Beschichtung PAM-GLOBAL® Plus (KML-)Rohr (Bild SAINT-GOBAIN HES)

Bild „MLK-protec Formstücke mit Sonderbeschichtung“ Bild „Wasserdichtheitsprüfung unter Innendruck bei Abwinklung
(Bild Düker) und Scherlast“

Gütegesicherte Produkte
Die gütegesicherten gusseisernen Abflussrohr-
systeme setzen sich zusammen aus:

■ Gusseisernen Abflussrohren (SML)


■ Gusseisernen Formstücken (SML)

■ Gusseisernen Abflussrohren für aggressive


Abwässer (KML / MLK)
■ Gusseisernen Formstücken für aggressive
Abwässer (KML / MLK)
■ Rapid-Verbindungen

■ Krallen

Bild „Flammprüfung über 90 Minuten des lose gelagerten


Prüfstranges“

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6. RAL-Gütesicherung / Qualitätssicherung 230
6.1 Erweiterung der Gütesicherung RAL-GZ 698
für gusseiserne Abflussrohrsysteme

Bild „UNIGRIP-Kralle“ von PAM-GLOBAL® Bild Dükorapid-Verbinder und Kombi-Kralle (Düker)


(Bild SAINT-GOBAIN HES)

Kennzeichnung Vorteile gütegesicherter


Gusseiserne Abflussrohre und Formstücke gusseiserner Abflussrohre
sowie die zugehörigen Verbindungen und Zu- und Formstücke
behörteile müssen gemäß Abschnitt 4.10 der
geltenden Produktnorm DIN EN 877, Ausgabe ■ Über die Herstellungsnormen DIN EN 877
Januar 2010 mindestens mit folgenden An- und DIN 19522 hinausgehende Produkt-
gaben gekennzeichnet sein: qualität
■ Hohe Qualitätssicherheit durch stetige
■ Name oder Zeichen des Herstellers Eigen- und Fremdüberwachung
■ Kennzeichen für den Fertigungsort ■ Steigerung der Produktlanglebigkeit
■ Herstellungszeitraum, verschlüsselt oder ■ Mehr Planungssicherheit
nicht ■ Durchgängig gütegesicherte gusseiserne
■ Bezugnahme auf diese Europäische Norm Abflussrohrsysteme
■ Nennweite DN, oder gegebenenfalls den ■ Sicherung der hervorragenden ökologischen
Nennweiten DN Eigenschaften
■ Winkelstellung der Formstücke, für die sie ■ Kostenloser Beratungsservice
ausgelegt sind.
Die kontinuierliche Erweiterung der Güte- und
Zusätzlich zum CE-Kennzeichen sind die Pro- Prüfbestimmungen, angepasst an die ständig
dukte unserer Mitgliedswerke noch mit dem steigenden Anforderungen der Praxis, ist eine
Gütezeichen der GEG Gütegemeinschaft Ent- der Hauptaufgaben der GEG Gütegemein-
wässerungstechnik Guss e.V. gekennzeichnet. schaft Entwässerungstechnik Guss. Mit dieser
Erweiterung der Gütesicherung RAL-GZ 698
um die gusseisernen Abflussrohre und Form-
stücke für aggressive Abwässer sowie um die
Krallen wurde dem Systemgedanken Rech-
nung getragen.

Bilder „Komplette Kennzeichnung mit Gütezeichen der GEG“

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