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In den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts wurden sechs Merkmale orofazialen Komplexes verantwortlich. Im Einzelnen handelt es 83
erkannt, die Personen mit physiologischer optimaler Okklusion sich um die folgenden Bereiche:
regelhaft auszeichnen. Diese Merkmale wurden als Sechs Schlüs- ± Form und Länge des Zahnbogens,
sel der normalen (optimalen) Okklusion [1] bezeichnet. Sie sind ± Lage der Kiefer in der Sagittalen (anterior-posterior),
inzwischen weltweit anerkannter Standard für die Okklusion. ± Position der Kiefer in der Transversalen (bukko-lingual),
± Lage der Kiefer in der Vertikalen (superior-inferior),
In den 80er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts konnten dann ± Prominenz des Pogonion und
wiederum sechs Charakteristika festgestellt werden, die Perso- ± Okklusion.
nen gemeinsam sind, die sich durch orofaziale Harmonie aus-
zeichnen. Diese werden als die Sechs Elemente der Orofazialen In der Kieferorthopädie gibt es bisher weder einheitliche Be-
Harmonie bezeichnet. Zwei dieser Merkmale betreffen die Zäh- handlungsziele für diese Merkmale, noch ist bekannt, wie groû
ne, die restlichen vier die Kiefer. Vertreter der Sechs-Elemente- der Einfluss jedes einzelnen der sechs Bereiche auf das gesamte
Philosophie sehen in ihnen den Standard für eine Optimierung Therapieresultat ist. Bei der Diagnostik ein und desselben Pa-
der orofazialen Harmonie mit zahnmedizinischen Mitteln. tienten kommt es zu Differenzen bis zu 14 mm in jedem einzel-
nen der Bereiche, wenn unterschiedliche Behandlungsphiloso-
Die Kieferchirurgie ist heute in der Lage, Kieferknochen in allen phien zugrundegelegt werden. Beispielhaft sei hier nur auf die
drei Ebenen des Raumes zu bewegen. Dies versetzt die Kieferor- Konzepte von Angle, Steiner, Tweed, Fränkel oder Ricketts ver-
thopädie in die Lage, faziale und orale Harmonie erreichen zu wiesen. Die Anzahl möglicher Behandlungsziele sämtlicher Kie-
können. Sie ist dabei für die Diagnostik in sechs Bereichen des ferorthopäden bei einem einzigen Patienten beträgt somit 14
Anmerkung
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Korrespondenzadresse
Dr. Lawrence F. Andrews ´ 2025 Chatsworth Boulevard ´ USA-San Diego ´ CA 92107 ´ Fax: +1619 2 24 69 79 ´
E-mail: drandrews@msn.com ´ www.andrewsfoundation.org
Bibliografie
Inf Orthod Kieferorthop 2004; 36: 83±90 Georg Thieme Verlag KG
DOI 10.1055/s-2004-822805
ISSN 0022-0336
(die Variabilität pro Bereich in mm), sechsfach potenziert (die 1950: Orthodontie, Kieferorthopädie, Behandlungsziele und
Anzahl der diagnostischen Bereiche), beläuft sich also insgesamt Klassifikationsschema nach Angle, Kephalometrie (interne Refe-
auf 7 529 536 Möglichkeiten. Damit wird klar, dass es für einen renzpunkte), Analyse handgehaltener Modelle, teilprogrammier-
Patienten ausgesprochen schwierig einzuschätzen ist, was ihn te Edgewise-Apparaturen;
bei einem Kieferorthopäden tatsächlich erwartet.
2000: Philosophie der Sechs Elemente, Orthodontie, Kieferortho-
Die Sechs Elemente der orofazialen Harmonie werden als Mög- pädie, Kieferchirurgie (bei Bedarf), Behandlungsziele und Klassi-
lichkeit vorgeschlagen, diesem diagnostischen Dilemma zu ent- fikationsschema gemäû der Sechs Elemente, Kephalometrie (ex-
gehen. Hat man die sechs Charakteristika orofazialer Harmonie terne Referenzpunkte), Analyse einartikulierter Modelle, voll-
erst einmal verstanden, lassen sie sich nurmehr schwer infrage ständig programmierte Edgewise-Apparaturen.
stellen. Und würden die Sechs Elemente ebenso breite Anerken-
nung finden wie die Sechs Schlüssel, dann bestünde in der Kie-
ferorthopädie gröûere Übereinstimmung hinsichtlich der Be- Die Sechs Elemente der Orofazialen Harmonie
handlungsziele. Für jeden einzelnen Patienten könnten dann in-
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dividuelle und optimale Resultate erzielt werden und die Patien- Element I: Verlauf und Länge des Zahnbogens
ten wüssten bereits im Voraus, was sie von einer kieferorthopä- Verlauf des Zahnbogens
dischen Therapie erwarten können. Zielsetzung: Individuell korrekte Zahnbogenform.
Optimale Behandlungsziele sind aber nur eine Seite der Medail- Beschreibung:
le. Ebenso wichtig sind Einfluss und Anteil jedes einzelnen der ± In mesio-distaler Ansicht: Die Wurzelspitze jedes Zahnes liegt
Das Konzept der Sechs Elemente wird nachfolgend vorgestellt Referenzpunkte und -strecken: FA-Punkte (Breite und Verlauf in
und illustriert. Eine ausführliche Beschreibung dieser Philoso- Okklusalansicht), Kernlinie (Verlauf in bukkaler Ansicht).
phie wird gerade für die Veröffentlichung vorbereitet. Bis dahin
sind nähere Informationen nur im Rahmen von Sechs Elemente- Zahnbogenlängen
Kursen erhältlich, die von der Andrews Foundation unterstützt Zielsetzung: Kern-, Mediansagittal- und Umfanglinie sollen opti-
werden (drandrews@msn.com). male Länge aufweisen [2].
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Abb. 1 a±d
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Bezugspunkte und -strecken: Kernlinie, Mediansagittallinie, punkt der GALL um jeweils 0,6 mm vor den Fazialachsenpunkt
Umrisslinie. der Stirn, jedoch niemals über die Glabella hinaus (Abb. 2 b±c),
es sei denn, der Patient besteht darauf.
Referenzpunkte und -strecken: Mesiodistale Durchmesser der
Zahnkronen auf Höhe der Approximalkontakte (Kernlinie, core Bezugspunkte und -strecken: GALL.
line), vestibuläre Höckerspitzen und Inzisalkanten (Umfanglinie)
anteriorer und posteriorer Endpunkt der Kernlinie (Mediansagit- Referenzpunkte und -strecken: FA-Punkt am mittleren oberen
tallinie). Schneidezahn, Zahnbogenverlauf gemäû Element I, intermaxillä-
re Zahnbogenrelation nach Schlüssel 1.
Element II: Position der Kiefer in der sagittalen Ebene
(antero-posterior) Element III: Position der Kiefer in der transversalen Ebene
Prominenz und Neigung der Stirn bestimmen die antero-poste- (bukko-lingual)
riore Kieferposition. Zielsetzung: Die Breite des Oberkiefers soll für jede Person indi-
viduell korrekt sein.
Zielsetzung: Die Position der Kiefer in der sagittalen Ebene soll
für jede Person individuell korrekt sein. Beschreibung:
± Unterkiefer: Die Breite der knöchernen Basis entspricht von
Beschreibung: Die Kiefer sind in der sagittalen Ebene gemäû Ele- Natur aus Element III. Klinisch wird die Breite der knöchernen
ment II positioniert, wenn die Zähne entsprechend Element I Basis indirekt dadurch repräsentiert, dass die Molaren tat-
ausgerichtet sind, wenn die intermaxilläre Beziehung der Zahn- sächlich oder hypothetisch gemäû Element I ausgerichtet
bögen Schlüssel 1 [3] entspricht und wenn der FA-Punkt (nach sind (Abb. 3 X)
Andrews) des oberen mittleren Schneidezahnes auf der GALL ± Oberkiefer: Die Breite der knöchernen Basis wird klinisch da-
liegt (goal anterior-limit line). Die GALL ist eine Linie, die parallel durch repräsentiert, dass die Molaren tatsächlich oder hypo-
zur mittleren Frontalebene durch den Fazialachsenpunkt der thetisch gemäû Element I ausgerichtet sind. Die Maxilla ent-
Stirn (den Mittelpunkt der klinischen Stirn) verläuft, wobei die spricht Element III, wenn der untere Zahnbogen tatsächlich
Neigung der Stirn 78 oder weniger beträgt (Abb. 2 a). Für jedes oder hypothetisch gemäû Element I verläuft und die Zahnrei-
Grad zusätzlicher Neigung jenseits von 78 wandert der Schnitt- hen in Höcker-Fossa-Beziehung gegeneinander verzahnt sind
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Mandibula (anterior)
Zielsetzung: Die anteriore Höhe der Mandibula soll für jede Per-
son individuell korrekt sein.
Abb. 3
Beschreibung: Die anteriore Höhe der Mandibula entspricht Ele-
ment IV, wenn die unteren Zähne tatsächlich oder hypothetisch
(Abb. 3). Ein Element III entsprechender oberer Zahnbogen ist gemäû Element I ausgerichtet sind und wenn der Abstand zwi-
im Bereich der FA-Punkte (Abb. 3 X¢) einige Millimeter breiter, schen dem FA-Punkt eines unteren Schneidzahnes zum knöcher-
als ein unterer Zahnbogen gemäû Element III (Abb. 3 X). nen Menton etwa 1/2 X beträgt (Abb. 4 a±b).
Bezugspunkte und -strecken: FA-Punkte (nach Andrews) der un- Bezugspunkte und -strecken: FA-Punkt eines unteren Schneide-
teren Molaren die tatsächlich oder hypothetisch Element I ent- zahnes, der tatsächlich oder hypothetisch gemäû Element I aus-
sprechen (Abb. 3). gerichtet ist (Abb. 4 a).
Referenzpunkte und -strecken: FA-Punkte (nach Andrews) der Referenzpunkte und -strecken: knöchernes Menton (Abb. 4 a).
oberen Molaren die tatsächlich oder hypothetisch Element I ent-
sprechen (Abb. 3). Maxilla (posterior)
Zielsetzung: Wenn die anterioren Bereiche von Ober- und Unter-
Element IV: Position der Kiefer in der vertikalen Ebene kiefer Element IV entsprechen, soll bei geschlossenen Zahnreihen
(supero-inferior) weder ein frontal noch ein seitlich offener Biss vorhanden sein.
Maxilla (anterior)
Zielsetzung: Die Höhe der Maxilla soll für jede Person individuell Beschreibung: Wenn die anterioren Bereiche von Ober- und Un-
korrekt sein. terkiefer Element IV entsprechen und die Zahnreihen geschlos-
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Abb. 4 a, b
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Abb. 6
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Abb. 7
± Der mesiopalatinale Höcker des oberen ersten Molaren liegt ± Die oberen Schneidezähne greifen über die unteren Schneide-
in der zentralen Fossa des unteren ersten Molaren (Abb. 6 b±c zähne (Abb. 6 d) und die Mittellinien beider Zahnreihen stim-
(e)). men überein.
± Die bukkalen Höckerspitzen der oberen Prämolaren liegen zwi-
schen den Höckern der unteren Prämolaren (Abb. 6 a (c), 6 d). Schlüssel II: Mesiodistale Kronenangulation
± Die palatinalen Höcker der oberen Prämolaren liegen in Hö- Sämtliche Zahnkronen weisen eine positive Angulation auf
cker-Fossa-Beziehung zu den unteren Prämolaren (Abb. 6 c (Abb. 7), wobei sich diese Angulation bei oberen zweiten Mola-
(f)). ren erst nach vollständigem Zahndurchbruch einstellt. Ver-
± Die Spitzen der oberen Eckzähne liegen leicht nach mesial gleichbare Zahngruppen weisen ähnliche Angulation auf. Drähte
versetzt zwischen unterem Eckzahn und erstem Prämolaren werden an den FA-Punkten der Zahnkronen und parallel zur je-
(Abb. 6 d). weiligen FACC befestigt (facial axis of the clinical crown; Fazial-
achse der klinischen Krone nach Andrews) (Abb. 7).
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Abb. 8
Abb. 10
Abb. 11
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Abb. 12
nicht, wie bei Eckzähnen und Prämolaren, anhand der Kontur Bezugspunkte und -strecken: Okklusionsebene und Kieferge-
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