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Tempus und Temporalität

Tempus ist eine grammatische Kategorie zur Bestimmung eines Geschehens oder Seins als
vergangen, gegenwärtig oder zukünftig.
Man unterscheidet folgende Tempora: Präsens, Präteritum, Perfekt, Plusquamperfekt, Futur I,
Futur II

Temporalität ist eine semantische Kategorie, oft objektive Zeit oder semantisches Tempus
genannt.
Temporalität drückt:
 Vergangenheit (Präteritum, Perfekt, Plusquamperfekt, Futur II.),
 Gegenwart (Präsens, Futur I) oder
 Zukunft (Präsens, Futur I-II) aus.

Während die Temporalität in jeder Sprache universal ist, ist das Tempus in jeder Sprache
spezifisch.

Grundbedeutungen der Tempora


Beispiel Tempus Temporalität
Er ist zu Hause. Präsens Gegenwart
Er war zu Hause. Präteritum Vergangenheit
Er ist zu Hause gewesen. Perfekt
Er war zu Hause gewesen. Plusquamperfekt (Vorvergangenheit)
Er wird schon zu Hause sein. Gegenwart
Morgen wird mich mein Vater Futur I Zukunft
abholen.
Er wird zu Hause gewesen Vergangenheit
sein. Futur II
Bis morgen wird er alles Zukunft
gemacht haben.

OPPOSITIONEN INNERHALB DES TEMPUSSYSTEMS

1. Nach Art ihrer Bildung


Synthetische (einfache) Tempusformen Analytische (zusammengesetzte)
Tempusformen
Präsens, Präteritum Perfekt, Plusquamperfekt, Futur I, Futur II

2. Tempusformen, die Abgeschlossenheit / nicht-Abgeschlossenheit ausdrücken


Abgeschlossenheit nicht Abgeschlossenheit
Perfekt
Morgen um diese Zeit bist du schon
angekommen.
Plusquamperfekt
Präsens, Präteritum, Futur I
Nachdem wir die Arbeit beendet hatten, fuhren
wir nach Hause.
Futur II
Bis morgen wird er alles gemacht haben.
3. Konkurrenzformen:
Präsens Futur I
Morgen gehe ich ins Kino. Morgen werde ich ins Kino gehen.

Präteritum (Erzähltempus, Monolog) Perfekt (Gesprächstempus, in dialogischen


Texten)
Er ging ins Kino. Er ist ins Kino gegangen.

Futur II Perfekt
In der Bedeutung: Abgeschlossenheit in der Zukunft
Bis morgen wird er alles gemacht haben. Morgen um diese Zeit bist du schon
angekommen.

TEMPUSSYSTEM UND OBJEKTIVE ZEIT

Temporalität kann nicht nur durch die grammatischen Tempusformen, sondern auch durch
lexikalische Mittel ausgedrückt werden.
 Jetzt bringt er das Buch. – Gegenwart
 Morgen bringt er das Buch. – Zukunft
 Neulich bringt er das Buch. – Vergangenheit

Das Tempus drückt nicht nur Zeitinhalte, sondern auch modale Inhalte aus.
Der Messegast wird noch nicht angekommen sein. – Futur II, Vermutung in Bezug auf die
Vergangenheit.
Karl wird jetzt schon zu Hause sein. – Futur I, Vermutung in Bezug auf die Gegenwart.

ZWEI GRUNDPRINZIPIEN DES DEUTSCHEN TEMPUSSYSTEMS

Absoluter Gebrauch der Tempora: die Wahl der Tempusformen ist nur von der objektiven Zeit,
aber nicht vom Kontext und von einem anderen zeitlichen Geschehen abhängig, z. B.
 Er kam in Leipzig an.
 Er besuchte uns.

Relativer Gebrauch der Tempora: das Tempus wird vom Kontext und auch von einem anderen
zeitlichen Geschehen beeinflusst und bestimmt, z. B.
 Nachdem er in Leipzig angekommen war, besuchte er uns.

Es ist eine temporale Abhängigkeit mehrerer Sachverhalte, die in einem zusammengesetzten Satz
zueinander in Beziehung gesetzt werden.

Diese Beziehungen: Gleichzeitigkeit, Vorzeitigkeit, Nachzeitigkeit.

GLEICHZEITIGKEIT

Die Geschehen im Haupt- und Nebensatz verlaufen gleichzeitig, so wird in beiden Teilsätzen in
der Regel das gleiche Tempus verwendet: z. B.
 Wenn es regnet, bleiben wir zu Hause.
 Während er im Kino war, ging sein Freund spazieren.
Typische Konjunktionen: während, als, indes, indessen, sobald, solange, sooft, wenn
Gleichzeitigkeit Hauptsatz Nebensatz
Präsens Präsens
Präteritum Präteritum usw.

VORZEITIGKEIT
Das Geschehen im Nebensatz läuft vor dem Geschehen im Hauptsatz ab:
 Nachdem wir die Arbeit beendet haben, fahren wir nach Hause.
 Nachdem wir die Arbeit beendet hatten, fuhren wir nach Hause.

Typische Konjunktionen: nachdem, als, seit, seitdem, sobald, sowie, wenn

Vorzeitigkeit Hauptsatz Nebensatz


Präsens Perfekt
Präteritum Plusquamperfekt

VORZEITIGKEIT IN DER ZUKUNFT


Vorzeitigkeit Hauptsatz Nebensatz
1. Futur I Futur II
2. Futur I Perfekt
3. Präsens Perfekt

(1.) Nachdem man den Vertrag unterzeichnet haben wird, wird es eine Pressekonferenz geben.
(2.) Nachdem man den Vertrag unterzeichnet hat, wird es eine Pressekonferenz geben.
(3.) Nachdem man den Vertrag unterzeichnet hat, gibt es eine Pressekonferenz.

NACHZEITIGKEIT
Verläuft das Geschehen im Nebensatz nach dem Geschehen im Hauptsatz, so werden die Tempora
entweder ähnlich wie bei der Gleichzeitigkeit (a) oder umgekehrt wie bei der Vorzeitigkeit
gebraucht (b), z. B.

(a) Er blieb in München, bis er mit seinem Studium fertig war.


Sie bringt das Kind in den Kindergarten, bevor sie zur Arbeit geht.
(b) Die Bauern hatten die Arbeit beendet, ehe die Sonne unterging.
Bevor er nach Hause kam, hatte seine Frau ein Frühstück vorbereitet.

Typische Konjunktionen: bevor, bis, ehe

Nachzeitigkeit Hauptsatz Nebensatz


Perfekt Präsens
Plusquamperfekt Präteritum

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