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Wolfgang Bartknecht

Explosions-
schutz Grundlagen
und
Anwendung

Mit Beiträgen von


GÜNTHER ZWAHLEN

Mit 916 Abbildungen, davon 71 in Farbe

Springer-Verlag
Berlin Heidelberg New York
London Paris Tokyo
Hong Kong Barcelona Budapest
Dr. Ing. Wolfgang Bartknecht
Egerstraße 12
79576 Weil am Rhein

Dipl. ehern. Günther Zwahlen


Landskronstraße 12
CH-4143 Domach

ISBN-13:978-3-642-77516-1

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme


Explosionsschutz: Grundlagen und AnwendunglWolfgang Bartknecht; Günther Zwahlen. - Berlin;
Heidelberg; New York; London; Paris; Thkyo; Hong Kong; Barcelona; Budapest: Springer 1993
ISBN-13:978-3-642-77516-1 e-ISBN-13:978-3-642-77515-4
DOI: 10.1007/978-3-642-77515-4

NE: Bartknecht, Wolfgang; Zwahlen, Günther

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© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1993
Softcover reprint the hardcover Ist edition 1993

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31/3020-5 4 3 2 1 0 - Gedruckt auf säurefreiem Papier


Meiner Frau Eva
in Dankbarkeit gewidmet
Vorwort

Keinem Ingenieur sollte ein Betrieb anvertraut werden, der nicht mit den reak-
tionstechnischen Voraussetzungen zur Entstehung und mit den verheerenden
Auswirkungen entstandener Explosionen auf Menschen und Sachgüter und in
der Umwelt vertraut ist. Gas- und Staub explosionen treten immer unerwartet
auf. Die Anforderungen an das Verantwortungsbewußtsein aller im Betrieb tä-
tigen Menschen können wegen der vielfach tragischen Folgen von Explosionen
nicht hoch genug gestellt werden. Es sind nicht nur technische, sondern, in
starkem Maße, auch psychologische Probleme, die gelöst werden müssen, wenn
den Explosionen und allen damit verbundenen Gefahren wirkungsvoll begeg-
net werden soll.
Der Autor dieses Buches hat sein technisch-wissenschaftliches Wirken dem
Explosionsschutz gewidmet. Dieses Buch, dem bereits zwei Bücher zum glei-
chen Thema vorausgingen, ist das des hervorragenden und engagierten Inge-
nieurs und Wissenschaftlers. Seine Arbeiten gereichen dem "Verein Deutscher
Ingenieure", insbesondere der ,,YDI-Kommission Reinhaltung der Luft" zur
Ehre. Denn der Autor hat nicht nur die technisch-wissenschaftlichen Erkennt-
nisse zusammen mit ebenso engagierten Kollegen erarbeitet und gesammelt, er
hat sie auch im Rahmen von öffentlichen Veranstaltungen des VDI den Fach-
kollegen in Industrie und Wissenschaft vermittelt. Seine Arbeit galt und gilt
dem Schutz des Menschen, den technischen Anlagen und der Umwelt.
Gestützt auf die zum Thil mit großem Aufwand erarbeiteten technisch-wis-
senschaftlichen Grundlagen werden der vorbeugende und der konstruktive
Schutz vor Explosionen brennbarer Gase und Dämpfe, brennbarer Stäube so-
wie hybrider Gemische aus diesen Stoffgruppen behandelt. Darüber hinaus
werden Schutzmaßnahmen für besondere Apparate und Anlagenteile ausführ-
lich behandelt.
Das Buch dient nicht nur dazu, technische Maßnahmen gegen entstehende
Explosionen zu treffen, es dient gleichzeitig zur Schärfung des Verantwor-
tungsbewußtseins der im Betrieb tätigen Menschen, um Gefahren abzuwenden.
Das Buch ist nicht nur den im Betrieb praktisch tätigen Menschen zu empfeh-
len, es sollte Pflichtlektüre sein für alle Studentinnen und Studenten techni-
scher Disziplinen, in denen explosible Gase/Dämpfe und Stäube in irgendeiner
Form gehandhabt werden müssen.

Berlin, Mai 1993 Heinz Brauer


o. Professor für Verfahrenstechnik
Technische Universität Berlin
Inhalt

Einleitung ................................................... .

Teil 1 Sicherheitstechnische Kenngrößen und physikalisch-


chemische Meßverfahren ............................. . 7

1 Vorbemerkung ...................................... . 9

2 Brennbare Gase/Dämpfe ............................. . 10


2.1 Explosionsgrenzen ................................... . 10
2.2 Flammpunkt (G. Zwahlen) ........................... . 27
2.2.1 Allgemeines ........................................ . 27
2.2.2 Methodische Beispiele ............................... . 31
2.2.2.1 Bestimmung im offenen Gefäß ........................ . 32
2.2.2.1.1 Bestimmung im offenen Gefäß, nach Cleveland ......... . 32
2.2.2.2 Bestimmung im geschlossenen Gefäß .................. . 33
2.2.2.2.1 Flammpunktbestimmung nach Abel-Pensky ............ . 33
2.2.2.2.2 Flammpunktbestimmung nach Pensky-Martens ......... . 34
2.2.3 Kommentare, Besonderheiten ......................... . 35
2.2.3.1 Abhängigkeit des Flammpunktes vom Barometerstand ... . 35
2.2.3.2 Veränderung des Flammpunktes bei stark reduzierten
Drücken ........................................... . 35
2.2.3.3 Einfluß der Dampfdichte und der Durchmischung
mit Luft ........................................... . 36
2.2.3.4 Flammpunkt von binären und polynären Mischungen
brennbarer Flüssigkeiten ............................. . 36
2.2.3.5 Flammpunkt wäßriger Lösungen ...................... . 36
2.2.3.6 Einfluß von Verunreinigungen auf den Flammpunkt ..... . 37
2.2.3.7 Flammpunkt in reiner Oz-Atmosphäre ................. . 37
2.2.3.8 Flammpunkt von Schmelzen .......................... . 38
2.2.3.9 Flammpunkt von festen Stoffen ....................... . 38
2.2.3.9.1 Das feste Produkt enthält leichtflüchtige, brennbare
Verunreinigungen ................................... . 38
2.2.3.9.2 Das feste Produkt zersetzt sich
bei relativ niedriger Temperatur und setzt leichtflüchtige,
brennbare Zersetzungsprodukte frei (z. B. Schwelgase) ..... 38
X Inhalt

2.2.3.9.3 Das Produkt hat in fester Form einen hohen Dampfdruck,


d. h. es sublimiert ................................... . 39
2.3 Brennpunkt (G. Zwahlen) ............................ . 39
2.3.1 Allgemeines ........................................ . 39
2.3.2 Bestimmung des Brennpunktes ........................ . 40
2.3.3 Kommentare, Besonderheiten ......................... . 40
2.3.3.1 Abhängigkeit des Brennpunktes vom Barometerstand .... . 40
2.3.3.2 Aussagekraft des Brennpunktes ....................... . 41
2.4 Explosionsdruck/Explosionsheftigkeit .................. . 41
2.5 Mindestzündenergie ................................. . 78
2.6 Zündtemperatur ..................................... . 87

3 Brennbare Stäube ................................... . 95


3.1 Einleitung .......................................... . 95
3.2 Abgelagerter Staub (G. Zwahlen) ...................... . 95
3.2.1 Entzündbarkeit ..................................... . 96
3.2.2 Brennverhalten ...................................... . 97
3.2.2.1 Brennprüfung bei Raumtemperatur .................... . 97
3.2.2.2 Brennprüfung bei erhöhter Temperatur ................. . 98
3.2.2.3 Brennprüfung von Flüssigkeiten und schmelzenden Stoffen 99
3.2.2.3.1 Allgemeines ........................................ . 99
3.2.2.3.2 Brennprüfung von Flüssigkeiten ....................... . 100
3.2.2.3.3 Brennprüfung von schmelzenden Produkten ............ . 100
3.2.2.4 Brennprüfung bei reduziertem Druck, bzw. bei reduziertem
Sauerstoffgehalt .................................... . 101
3.2.2.5 Prüfung auf Abbrenngeschwindigkeit .................. . 101
3.2.2.6 Brandfördernde Eigenschaften ........................ . 102
3.2.2.6.1 Allgemeines ........................................ . 102
3.2.2.6.2 Prüfung auf brandfördernde Eigenschaften ............. . 103
3.2.2.6.3 Kommentare, Bemerkungen, Besonderheiten ............ . 104
3.2.3 Selbstentzündung ................................... . 105
3.2.3.1 Bestimmung der relativen Selbstentzündungstemperatur
nach Grewer ........................................ . 106
3.2.3.2 Bestimmung der relativen Selbstentzündungstemperatur
nach EG-Prüfrichtlinie A 16 .......................... . 108
3.2.3.2.1 Allgemeines ........................................ . 108
3.2.3.2.2 Vorgehen bei der Prüfung ............................ . 108
3.2.3.3 Warmlagerprüfung im Drahtkorb ..................... . 109
3.2.3.4 Warmlagerprüfung im offenen Dewargefäß ............. . 110
3.2.3.5 Glimmtemperatur ................................... . 111
3.2.3.5.1 Bestimmung der Glimmtemperatur .................... . 112
3.2.3.6 Pyrophorität ....................................... . 113
3.2.3.6.1 Allgemeines ........................................ . 113
3.2.3.6.2 Prüfung auf Pyrophorität nach EG-Prüfrichtlinie A 13 ... . 113
Inhalt XI

3.2.3.6.3 Prüfung auf Reibungspyrophorität 113


3.2.4 Exotherme Zersetzung ............................... . 114
3.2.4.1 Prüfung auf exotherme Zersetzung im offenen Gefäß
nach Lütolf ........................................ . 114
3.2.4.2 Prüfung auf exotherme Zersetzung im Stickstoffstrom
im Ofen nach Grewer ................................ . 118
3.2.4.3 Prüfung auf exotherme Zersetzung und Druckaufbau
im geschlossenen Gefäß (Miniautoklav) ................ . 118
3.2.4.3.1 Vorgehen bei der Prüfung ............................ . 119
3.2.4.3.2 Kommentare, Bemerkungen, Besonderheiten ............ . 120
3.2.4.4 Prüfung auf exotherme Zersetzung unter wärmestauenden
Bedingungen ....................................... . 121
3.2.4.4.1 Allgemeines ........................................ . 121
3.2.4.4.2 Wärmestauprüfung im geschlossenen Dewargefäß ....... . 123
3.2.4.4.3 Spezial fall: Prüfung im offenen Dewargefäß ............ . 125
3.2.4.5 Differenzthermoanalyse (Mikrothermoanalyse) .......... . 125
3.2.4.5.1 Allgemeines ........................................ . 125
3.2.4.5.2 Zersetzungsenergie .................................. . 127
3.2.4.5.3 Wärmeproduktion in Abhängigkeit von der Temperatur .. . 127
3.2.4.5.4 Aktivierungsenergie ................................. . 128
3.2.4.5.5 Zeit bis zur maximalen Wärmeproduktion .............. . 128
3.2.4.6 Deflagration ........................................ . 129
3.2.4.6.1 Allgemeines ........................................ . 129
3.2.4.6.2 Screening-Test auf Deflagration ....................... . 132
3.2.4.6.3 Prüfung auf Deflagrationsgefährlichkeit
im Deflagrationsrohr (kinetische Prüfung) .............. . 132
3.2.4.6.4 Bemerkungen, Ergänzungen .......................... . 134
3.2.4.7 Schwelgase ......................................... . 135
3.2.5 Explosivität ........................................ . 136
3.2.5.1 Allgemeines ........................................ . 136
3.2.5.2 Schlagempfindlichkeit ............................... . 137
3.2.5.2.1 Prüfung einer pulverförmigen Substanz nach Lütolf ..... . 138
3.2.5.3 Reibempfindlichkeit ................................. . 138
3.2.5.4 Thermische Sensibilität (Stahlhülsen-Test) ............... . 140
3.2.5.5 Druckgefäß-Thst ..................................... . 141
3.2.5.5.1 Allgemeines ........................................ . 141
3.2.5.5.2 Beschreibung des Tests ............................... . 141
3.2.5.5.3 Vorgehen bei der Prüfung ............................ . 142
3.2.5.5.4 Kommentare, Bemerkungen, Besonderheiten ............ . 143
3.2.5.6 Detonationsstoßempfindlichkeit (Stahlrohr-Test) ......... . 144
3.2.5.6.1 Allgemeines ........................................ . 144
3.2.5.6.2 Stahlrohr-Test mit Sprengstoffvorladung ................ . 144
3.2.5.6.3 Stahlrohr-Test ohne Sprengstoffvorladung ............... . 146
3.3 Aufgewirbelter Staub ................................ . 146
XII Inhalt

3.3.1 Was ist eine Staubexplosion? .......................... 146


3.3.2 Häufigkeit von Staubexplosionen ....................... 156
3.3.3 Prüfapparaturen ..................................... 162
3.3.4 Explosionsgrenzen ..... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184
3.3.5 Explosionsdruck/Explosionsheftigkeit ................... 190
3.3.6 Mindestzündenergie .................................. 211
3.3.7 Zündtemperatur .... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230
3.3.8 Anwendung der sicherheitstechnischen Kenngrößen ....... 235

4 Hybride Gemische ................................... 237


4.1 Brennbarer Staub/Brenngase .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237
4.1.1 Einleitung ........................................... 237
4.1.2 Explosionsgrenzen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239
4.1.3 Explosionsdruck/Explosionsheftigkeit ................... 241
4.1.4 Mindestzündenergie .................................. 246
4.2 Octanol-Nebel/Propan ................................ 249

5 Rohrleitungen ....................................... 251


5.1 Brenngase ........................................... 251
5.2 Brennbare Stäube .................................... 267
5.3 Hybride Gemische ................................... 279

6 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281

7 Literatur ............................................ 282

Teil 2 Generelle Schutzmaßnahmen gegen das Entstehen


und die Auswirkungen von Explosionen. ................ 291

1 Einleitung ............................,............... 293

2 Vorbeugender Explosionsschutz ......... ... . . . . . . . . . . .. 297


2.1 Vorbemerkung .................................. ..... .. 297
2.2 Vermeiden von explosionsfähigen Gemischen ............ 297
2.2.1 Brenngase, brennbare Dämpfe ......................... 297
2.2.2 Brennbare Stäube ...........•........................ 299
2.2.3 Hybride Gemische ................................... 302
2.3 Vermeiden von Explosionen durch Inertisierung .......... 302
2.3.1 Vorbemerkung ............................................. 302
2.3.2 Brenngase ............................................ 303
2.3.2.1 Inertisierung mit Stickstoff .......•..................... 303
2.3.2.2 Inertisierung durch andere Inhibitoren .................. 316
2.3.2.3 Inertisieren durch Zugabe von Feststoffen ............... 321
2.3.2.4 ~wendung von Vakuum' ............................. 322
Inhalt XIII

2.3.3 Brennbare Stäube ................................... . 323


2.3.3.1 Inertisierung mit Stickstoff ........................... . 323
2.3.3.2 Inertisieren durch andere Inhibitoren .................. . 334
2.3.3.3 Maßnahmen bei Anwendung der Inertisierung .......... . 336
2.3.3.4 Inertisieren durch Zugabe von Feststoffen .............. . 337
2.3.3.5 Anwenden von Vakuum .............................. . 341
2.3.4 Hybride Gemische .................................. . 342
2.4 Vermeiden von wirksamen Zündquellen ................ . 349
2.4.1 Vorbemerkung ...................................... . 349
2.4.2 Mechanisch erzeugte Funken ......................... . 349
2.4.3 Heiße Oberflächen .................................. . 379
2.4.4 Zündwirksamkeit von mechanisch erzeugten Funken und
heißen Oberflächen bei vermindertem Sauerstoffgehalt ... . 389
2.4.5 Glimmnester ....................................... . 394
2.4.6 Statische Elektrizität ................................. . 407
2.4.7 Photothermische Strahlungswirkung ................... . 415
2.5 Zusammenfassung ................................... . 417

3 Konstruktiver Explosionsschutz ....................... . 419


3.1 Vorbemerkung ...................................... . 419
3.2 Explosionsfeste Bauweise für den maximalen
Explosionsdruck .................................... . 422
3.2.1 Explosionsdruckfeste Bauweise ........................ . 422
3.2.2 Explosionsdruckstoßfeste Bauweise .................... . 423
3.3 Explosionsfeste Bauweise für den reduzierten
maximalen Explosionsdruck in Verbindung
mit Explosionsdruckentlastung ........................ . 443
3.3.1 Vorbemerkung ...................................... . 443
3.3.2 Behälter ........................................... . 445
3.3.2.1 Ausführungen von
Explosionsdruckentlastungseinrichtungen ............... . 445
3.3.2.2 Dimensionierung von
Explosionsdruckentlastungsöffnungen .................. . 470
3.3.2.2.1 Brenngase .......................................... . 470
3.3.2.2.2 Brennbare Stäube ................................... . 487
3.3.2.2.3 Hybride Gemische .................................. . 535
3.3.3 Langgestreckte Behälter (Silos) ........................ . 537
3.3.3.1 Brennbare Stäube ................................... . 537
3.3.3.2 Brenngase .......................................... . 567
3.3.4 Explosionsdruckentlastung von Räumen ................ . 570
3.3.5 Gefahren durch Flammen und Druck .................. . 571
3.3.6 Explosionsdruckentlastung von Rohrleitungen .......... . 578
3.4 Explosionsfeste Bauweise für den reduzierten
maximalen Explosionsdruck in Verbindung
mit Explosionsunterdrückung ......................... . 586
XIV Inhalt

3.4.1 Aufbau einer Explosionsunterdrückungsanlage .......... . 586


3.4.2 Wirkungsweise von Explosionsunterdrückungsanlagen ... . 588
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 623
3.5.1 Vorbemerkung ...................................... . 623
3.5.2 Untersuchungen über den Zünddurchschlag ............ . 625
3.5.3 Entkopplungsmaßnahmen ............................ . 664
3.5.3.1 Mechanische Flammensperren ........................ . 664
3.5.3.1.1 Vorbemerkung ...................................... . 664
3.5.3.1.2 Explosionssichere und detonationssichere Flammensperren 666
3.5.3.1.3 Dauerbrandsichere Flammensperren ................... . 675
3.5.3.2 Nasse Flammendurchschlagsicherungen ................ . 679
3.5.3.3 Löschmittelsperre ................................... . 685
3.5.3.3.1 Beschreibung ....................................... . 685
3.5.3.3.2 Entwicklung und Anwendung ......................... . 687
3.5.3.4 Explosionsschutzventil ............................... . 716
3.5.3.5 Schnellschlußschieber ................................ . 724
3.5.3.6 Zellenradschleusen .................................. . 733
3.5.3.7 Entlastungsschlot ................................... . 740
3.6 Zusammenfassung ................................... . 744

4 Literatur ........................................... . 746

Teil 3 Schutzmaßnahmen an besonderen Apparaten


und Anlageteilen .................................... . 759

1 Einleitung .......................................... . 761

2 Verhalten von flammenfester und nichtflammenfester


Berufskleidung bei Einwirkung
von Nitrobenzolabflammungen ....................... . 763

3 Einfluß von Zusatzoberflächen auf die Wirksamkeit


konstruktiver Schutzmaßnahmen ....................... 766
3.1 Vorbemerkung ....................................... 766
3.2 Mühlen ............................................. 771
3.2.1 Stift- und Thrbomühlen ............................... 771
3.2.2 Schlägermühle ....................................... 775
3.3 Staubabscheidefilter .................................. 780
3.3.1 Vorbemerkung ....................................... 780
3.3.2 Schwebstoff-Filter .................................... 781
3.3.3 Thschenfilter ......................................... 786
3.3.4 Schlauchfilter ... . . . . . . . . . . . . . .. .. . . . . . . . . . . .. . . . . . . .. 791
3.3.5 Folgerungen ......................................... 799
Inhalt XV

4 Sackzerreißmaschinen ..... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 800

5 Müllzerkleinerungsanlagen ............................ 806

6 Pulverbeschichtungsanlagen ........................... 810

7 Wirbelschicht-Trockner und -Granulatoren . . . . . . . . . . . . . .. 821

8 Explosionsverhalten brennbarer Stäube


in pneumatischer Saug-Flug-Förderanlage DN 100 ........ 846

9 Staubsauger ......................................... 850

10 Dimensionierung von konstruktiven Schutzmaßnahmen .. . 855


10.1 Vorbemerkung ...................................... . 855
10.2 Brenngase .......................................... . 855
10.2.1 Explosionsdruckentlastung ........................... . 855
10.2.2 Explosionsunterdrückung ............................ . 858
10.3 Brennbare Stäube ................................... . 859
10.3.1 Explosionsdruckentlastung ........................... . 859
10.3.1.1 Kubische Behälter ................................... . 859
10.3.1.1.1 Homogene Staub/Luft-Gemische ...................... . 859
10.3.1.1.2 Inhomogene Staub/Luft-Gemische .................... . 863
10.3.1.2 Langgestreckte Behälter (Silos) ........................ . 865
10.3.1.2.1 Homogene Staub/Luft-Gemische ...................... . 865
10.3.1.2.2 Inhomogene Staub/Luft-Gemische .................... . 866
10.3.2 Explosionsunterdrückung ............................ . 867

11 Zusammenfassung ., . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 869

12 Schlußwort .......................................... 870

13 Literatur ............................................ 872

Sachverzeichnis ............................................... 875


Einleitung

Überall dort, wo in der Industriepraxis brennbare Stoffe, sei es als brennbares


Gas, brennbare Flüssigkeit oder brennbarer Staub, gehandhabt werden, kann
aufgrund der Erfahrung Explosionsgefahr gegeben sein. Diese aus heutiger
Sicht triviale Feststellung geht auf die Jahrhundertwende zurück.
Im April des Jahres 1886 wurde im Protokoll der zweiten Sitzung des Genos-
senschafts-Vorstandes der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie be-
reits festgehalten [1]:
"Räume, in welchen sich explosive oder brennbare Gase entwickeln können,
dürfen nur von außen beleuchtet werden" (Abb.1.1).
Um die Jahrhundertwende erschien das in Abb. 1.2 gezeigte Plakat. Es hatte
die Aufgabe, das Personal von Betrieben, in denen brennbare Stäube herge-
stellt, verarbeitet und gefördert wurden, über die Gefahren von Staubexplosio-
nen wirksam zu belehren und aufzuklären.
Es steht außer Zweifel, daß heute der Explosionsschutz im Rahmen der si-
cherheitstechnischen Bemühungen der Betriebe einen hohen Stellenwert ein-
nimmt. Seit mehr als 15 Jahren verhelfen in der Bundesrepublik Deutschland

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Abb. 1.1. Auszug aus dem Protokoll der zweiten Sitzung des Genossenschafts-Vorstandes der
Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie [1]
2 Einleitung

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Slnubcxplosioncn!

I r \ r It" n

[ , :,I!H' \r pt.

Abb. 1.2. Erzieherisch wirkendes Aufklärungsplakat über Staubexplosionsgefahren

die »Richtlinien für die Vermeidung der Gefahren durch explosionsfähige At-
mosphäre (Ex-RL) mit Beispielsammlung" [2] dem modernen Explosions-
schutz zu optimaler Anwendung in der Praxis und geben Entscheidungshilfen
für zahlreiche explosionstechnische Problemstellungen (Abb. 1.3). »Richtli-
nien" bedeuten, daß man auch von den gestellten Forderungen abweichen
kann, wenn nachweislich die gleiche Sicherheit durch andere Maßnahmen er-
reicht werden kann [3].
Um die Anwendung der Explosionsschutz-Richtlinien zur Beurteilung mög-
licher Explosionsgefahren in einer vorgegebenen Fabrikationsanlage zu er-
leichtern (Abb. 1.4), sind zunächst die folgenden Fragen zu beantworten [4]:
Sind brennbare Stoffe vorhanden?
Kann im Bereich der zu beurteilenden Anlage oder im Innern der Appara-
turen ein explosionsfähiges Gemisch entstehen?
Welche Mengen an explosions fähigem Gemisch können aufgrund der örtli-
chen und betrieblichen Verhältnisse vorhanden sein oder entstehen und wo
können sie auftreten?
Sind die zu erwartenden Mengen an explosionsfähigem Gemisch aufgrund
der örtlichen und betrieblichen Verhältnisse gefahrdrohend?
Einleitung 3

Explosionsschutz-
Richtlinien

Abb.1.3. Explosionsschutz-Richtlinien mit Beispielsammlung

Bei positiver Beantwortung dieser Fragen muß entschieden werden, welche


Schutzmaßnahme gegen die erkannte Explosionsgefahr zu treffen ist. Die
Richtlinien unterscheiden zwischen drei Gruppen:
a) Maßnahmen, welche die Bildung gefährlicher, explosionsfähiger Atmo-
sphäre verhindern oder einschränken,
b) Maßnahmen, welche die Entzündung gefährlicher, explosionsfähiger At-
mosphäre verhindern und
c) Maßnahmen, welche die Auswirkung einer Explosion auf ein unbedenkli-
ches Maß beschränken.
Die Maßnahmen nach a) und b) verhindern also das Entstehen von Explosio-
nen. Dies gilt nicht für die Maßnahmen nach c), die die Anwendung des kon-
struktiven Explosionsschutzes erforderlich machen.
Sicherheitstechnischen Vorrang sollten in der Praxis die Maßnahmen nach
a) haben, die auch unter dem Begriff "Primärer Explosionsschutz" zusammen-
gefaßt werden. Diese Bezeichnung darf keinesfalls als eine Abwertung der übri-
gen Maßnahmen aufgefaßt werden.
Kann der "Primäre Explosionsschutz" nicht vollständig oder überhaupt
nicht angewendet werden, müssen zunächst Maßnahmen nach b) durchgeführt
werden. Dies bedeutet, daß die in den Explosionsschutz-Richtlinien [2] ange-
gebenen 13 bedeutsamen Zündquellen sicher auszuschalten sind. Daher wird
nach der Wahrscheinlichkeit des Auftretens von gefährlicher, explosions fähiger
Atmosphäre eine Zoneneinteilung vorgenommen.
4 Einleitung

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maßnahmen
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Gelahrllche exploslonsfahlge Almosphare vorhanden

Vermeidung von wirksamen Zundquellen

Abb.l.4. Anleitung zur Anwendung der Explosionsschutz-Richtlinien

Für brennbare Gase, Dämpfe oder Nebel umfaßt


Zone 0 Bereiche, in denen explosions fähige, gefährliche Atmosphäre durch
Gase, Dämpfe oder Nebel stlindig oder langzeitig vorhanden sind,
Zone 1 Bereiche, in denen damit zu rechnen ist, daß gefahrliche, explosionsfahi-
ge Atmosphäre durch Gase, Dämpfe oder Nebel gelegentlich auftritt,
Zone 2 Bereiche, in denen damit gerechnet wird, daß gefährliche, explosions-
fähige Atmosphäre durch Gase, Dämpfe oder Nebel nur kurzzeitig
auftritt.
Einleitung 5

Für die brennbaren Stäube um faßt


Zone 10 Bereiche, in denen gefahrliche, explosions fähige Atmosphäre durch
Staub langzeitig oder häufig vorhanden ist,
Zone 11 Bereiche, in denen damit zu rechnen ist, daß gelegentlich durch Auf-
wirbeln abgelagerten Staubs gefährliche, explosionsfahige Atmo-
sphäre kurzzeitig auftritt.
Die Explosionsschutz-Richtlinien [2] enthalten Hinweise, welche Anforderun-
gen bezüglich der verschiedenen Zündquellenarten für jede Zone zu stellen
sind [5, 6].
Können weder brennbare Stoffe vermieden, noch wirksame Zündquellen
ausgeschlossen werden, dann müssen Maßnahmen nach c), d. h. konstruktive
Schutzmaßnahmen, angewendet werden.
In der nur für die brennbaren Stäube geltenden VDI-Richtlinie 2263 "Staub-
brände und Staubexplosionen: Gefahren-Beurteilung-Schutzmaßnahmen"
(Abb. 1.5) werden die Maßnahmen nach a) und b) der Explosionsschutz-Richt-
linie [2] zum Begriff ,,vorbeugender Explosionsschutz" zusammengefaßt [7] .

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Abb. 1.S. VDI-Richtlinie 2263, Ausgabe November 1986


6 Einleitung

Abb.l.6 Abb.l.7
Abb. 1.6. Kohlenmonoxid-Explosion in einem Elektrofilter
Abb.l.7. Silozelle nach einer Malzstaubexplosion

Einerseits sind die Erkenntnisse über die Maßnahmen, die das Entstehen
von Explosionen verhindern oder ihre Auswirkungen auf ein unbedenkliches
Maß beschränken, umfangreich. Andererseits wurden die Kenntnisse über die
Ursachen von Brenngas- und Staubexplosionen in den letzten Jahren durch ge-
zielte Forschung ständig erweitert und Schritt für Schritt in die Praxis umge-
setzt. Trotzdem kommt es immer wieder zu teilweise schweren Explosionsun-
glücken (Abb.1.6 und 1.7). Die Druckwirkungen und ausbrechenden Feuer
sind Ursache vieler Schäden an Fabrikationsanlagen und Gebäuden. Häufig
sind dabei Menschenleben zu beklagen.
Es stellen sich also immer wieder neue Fragen, die es zu beantworten gilt. Dies
war der Grund, den erneuten Versuch einer Standortbestimmung [8, 9] zu wa-
gen. Verwertet werden vor allem die Ergebnisse zahlreicher, bisher unveröffent-
lichter Prüf-, Untersuchungs- und Forschungsvorhaben, die im Laboratorium
und unter praxisnahen Bedingungen auf Außenversuchsstellen gewonnen wur-
den, mit der Zielsetzung, noch vorhandene Wissenslücken zu schließen.
Zielsetzung dieses Buches ist es einerseits, die experimentellen und theoreti-
schen Grundtatsachen der Explosionsvorgänge bei Brenngasen und brennba-
ren Stäuben, unter Einbezug der Gefahren, die von abgelagertem Brennstaub
ausgehen können, möglichst umfassend zu beschreiben, andererseits dem in
der Industrie Tätigen von Nutzen zu sein und dazu dienen, in den Betrieben
ein möglichst hohes Sicherheitsniveau bei wirtschaftlich optimaler Betriebs-
weise der Anlage zu erreichen.
Teil 1

Sicherheitstechnische Kenngrößen
und physikalisch-chemische Meßverfahren
1 Vorbemerkung

Zur sicheren Handhabung brennbarer Stoffe in der Praxis ist die Kenntnis ihrer
gefährlichen Eigenschaften notwendig, die durch sicherheitstechnische Kenn-
größen beschrieben werden.
Diese Kenngrößen sind ganz allgemein quantitative Aussagen über Stoffei-
genschaften, die eine Beurteilung der Gefährlichkeit von chemischen Produk-
ten oder von Reaktionsgemischen erlauben.
Von wenigen Ausnahmen abgesehen, sind sicherheitstechnische Kenngrößen
keine physikalischen Konstanten, sondern konventionelle Größen, deren Aus-
sagekraft und vor allem Reproduzierbarkeit an speziell festgelegte Prüfverfah-
ren gebunden sind, die praxisnah sein müssen oder eine Umsetzung der Prüfer-
gebnisse in die Praxis gestatten. Zu den Zahlenwerten der so bestimmten Kenn-
größen gehört deshalb in der Regel die Angabe der Bestimmungsmethode, die
möglichst international genormt sein sollte, um die Ergebnisse vergleichen zu
können [1 OJ.
Der Umfang der durchzuführenden Untersuchungen orientiert sich in kon-
sequenter Zusammenarbeit zwischen Prüfer und Anwender an der Problem-
stellung und damit an dem Schutzziel, bzw. den zu treffenden Schutzmaßnah-
men gegen das Entstehen von Bränden und Explosionen, bzw. gegen deren
Wirkungen. Im folgenden werden ausgewählte Prüfmethoden und die aus ih-
nen resultierenden sicherheitstechnischen Kenngrößen sowie deren Einflußgrö-
ßen, sofern diese hinreichend bekannt und für die Praxis bedeutsam sind, be-
schrieben, wobei bezüglich der Feststoffe zwischen dem abgelagerten und dem
aufgewirbelten Staub unterschieden wird.
2 Brennbare Gase/Dämpfe

2.1 Explosionsgrenzen

Jede Verbrennung [11, 12] ist eine exotherme Reaktion. Das heißt, eine durch
eine wirksame Zündquelle eingeleitete Reaktion erzeugt pro Zeiteinheit mehr
Wärme als sie verbraucht. Die Geschwindigkeit, mit der die Reaktion - die
Explosionsflamme - selbständig im Gemisch fortschreitet, hängt vom Kon-
zentrationsverhältnis der Gase ab. Bei einem bestimmten Mischungsverhältnis
zwischen Brenngas und z. B. Luft ist die normale Verbrennungsgeschwindigkeit
am höchsten. Sie verringert sich sowohl bei einer Vergrößerung als auch bei
einer Verminderung des Brenngasanteils. Es gibt eine untere und eine obere
Explosionsgrenze, auch Zündgrenze genannt. Jenseits dieser Grenzen ist eine
selbständige Explosionsfortpflanzung nicht mehr möglich. Die Explosions-
grenzen schließen also das Konzentrationsgebiet des Brenngases in Mischung
mit Luft - den Explosionsbereich (Zündbereich) - ein, innerhalb dessen mit-
tels einer Zündquelle eine sich selbständig fortpflanzende Reaktion eingeleitet
werden kann.
Alle gasförmigen brennbaren Stoffe haben in Luft einen Explosionsbereich
(Zündbereich). Umgekehrt ist die Existenz eines solchen Bereiches das ent-
scheidende Kriterium dafür, ob der betreffende Stoff als brennbar zu gelten
hat. In manchen Fällen gibt sich nur hieraus die Brennbarkeit deutlich zu er-
kennen. Während z. B. homogene Gemische aus Ammoniak, Methylchlorid
oder Methylbromid mit Luft im geeigneten Mischungsverhältnis explosions-
fähig sind, gelingt es nicht oder nur schwer, diese und andere Stoffe mit
engen und im hohen Konzentrationsgebiet liegenden Zündbereich beim Aus-
strömen in Luft in einer Diffusionsflamme zum selbständigen Brennen zu
bringen [12].
Die untere Explosionsgrenze UEG von Brenngasen oder brennbaren Dämp-
fen ist vom Verhältnis Sauerstoff zu Stickstoff weitgehend unabhängig. Ist das
Gemisch erst einmal entzündet, dann ist es ziemlich gleichgültig, ob der über-
schüssige Sauerstoff durch Stickstoff ersetzt wird, denn Sauerstoff und Stick-
stoff haben ähnliche spezifische Wärmen, so daß die Übertragung der Verbren-
nungswärme auf beide Gasarten zu gleichen Temperaturen führt.
Die obere Explosionsgrenze OEG hängt dagegen stark vom Sauerstoff-An-
teil in Stickstoff ab. Sie wird vom Überschuß des Brenngases (oder brennbaren
Dampfes), anders gesagt, vom Sauerstoff-Mangel bestimmt.
Der unbefriedigende Stand des Wissens über Explosionsgrenzen von Brenn-
gasen und brennbaren Dämpfen zeigt sich sehr deutlich dadurch, daß es trotz
2.1 Explosionsgrenzen 11

vieler Bemühungen bis heute nicht gelungen ist, Zündgrenzen quantitativ vor-
auszusagen, d. h. man ist gezwungen, sie experimentell zu ermitteln.
Zu ihrer Bestimmung wird ein homogenes Gemisch des zu untersuchenden
Brenngases mit Luft, dessen Brenngasgehalt zunächst innerhalb des zu erwar-
tenden Explosionsbereichs liegt, einer Zündquelle von ausreichender Energie
ausgesetzt, wobei sich die örtlich eingeleitete Reaktion selbständig ausbreitet.
Anschließend wird die Brenngaskonzentration in kleinen Schritten so lange
vermindert bzw. erhöht, bis eben gerade keine selbständige Reaktion mehr zu
beobachten ist. Kann der Explosionsbereich eines Brenngases oder brennbaren
Dampfes im Voraus nicht abgeschätzt werden, sind zunächst orientierende
Zündversuche über den gesamten Konzentrationsbereich erforderlich. Kommt
es hierbei zu einer Gemischentzündung, dann ist zur Ermittlung der Zündgren-
zen in der gleichen Weise zu verfahren wie oben beschrieben.
Für die Festlegung der experimentell bestimmten unteren Explosionsgrenze
UEG bzw. der oberen Explosionsgrenze OEG gibt es die folgenden Entschei-
dungskriterien [13].
Optisches Kriterium: Visuell oder mittels Filmkamera wird in einem vertikal
angeordneten Rohr von ausreichender Länge beobachtet, ob sich von der
Zündquelle eine Flamme nach oben ablöst.
Thermokriterium: Mit Hilfe von sehr rasch ansprechenden Thermoelementen,
die in unterschiedlichen Abständen zur Zündquelle in einem vertikalen Rohr
von ausreichender Länge angeordnet sind, wird die Flammenausbreitung be-
obachtet.
Druckschwellenkriterium: Durch Messung des zeitlichen Druckverlaufs in ei-
nem explosionsfesten Behälter von ausreichender Größe wird diejenige Brenn-
gaskonzentration im Bereich beider Zündgrenzen bestimmt, bei der die Druck-
wirkung eben gerade 200 Torr erreicht.
Tangentenkriterium: Durch Anlegen einer Tangente an die in einem explosionsfe-
sten Behälter von ausreichender Größe im Bereich der Zündgrenzen gemessenen
Explosionsdruck-Konzentrations-Kurven werden die untere und die obere Explo-
sionsgrenze durch die Schnittpunkte mit der Konzentrationsachse bestimmt.
Der Mittelwert der nach den verschiedenen Kriterien bei ansonsten gleichen
Versuchsbedingungen bestimmten unteren Explosionsgrenze von Methanol in
Luft beträgt UEG = 6,33 VolOJo ±O,39% [14]. Dies bedeutet, daß bei folgerich-
tiger Anwendung die Entscheidungskriterien selbst die Explosionsgrenzen
nicht wesentlich beeinflussen.
Die Literaturangaben über die experimentell bestimmten Explosionsgrenzen
streuen meist erheblich, wie Abb. 1.8 am Beispiel von Methan zeigt [15]. Die un-
tere Explosionsgrenze schwankt innerhalb eines Bereichs von UEG = 4,1- 6,3
Vol% und die obere Explosionsgrenze zwischen OEG = 11,9-17,16 Vol%.
Gleichzeitig deutet sich von der Tendenz her an, daß sich im Verlaufe der Zeit
der Explosionsbereich von Methan deutlich erweitert hat. Dies ist vermutlich
darauf zurückzuführen, daß sich die Forscher mehr und mehr bemüht haben,
besonders niedrige bzw. hohe Grenzwerte zu erreichen.
12 2 Brennbare Gase/Dämpfe

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[Vol%]
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1911 1976
Jahr

Abb. 1.8. Vergleich der Literaturangaben über die Explosionsgrenze


von Methan in Luft [15] (Normalbedingungen)

Für die festgestellten unterschiedlichen Angaben über die Explosionsgren-


zen von Brenngasen gibt es folgende Ursachen:
Pflanzt sich eine Explosionsflamme innerhalb eines geschlossenen Raumes
fort, dann wird die entstehende Wärme sowohl an das noch unverbrannte
Frischgas als auch an die kälteren Gefäßwände abgegeben. Entsprechen die
Gemische in ihrer Zusammensetzung den Zündgrenzbereichen, innerhalb derer
die vorhandene freiwerdende Energie eben gerade ausreicht, um eine selbstän-
dige Flammenausbreitung zu erreichen, dann ist zu erwarten, daß jede Störung
des Wärmegleichgewichts die Zündgrenzen beeinflußt. Entsprechend der
Formgebung der Prüfapparatur ist daher ihr Volumen ausreichend groß zu
wählen, um diese Einflußnahme auszuschalten.
Sehr oft wird für die Zündgrenzenbestimmung von Brenngasen und brenn-
baren Dämpfen ein senkrecht stehendes, zylindrisches Gefäß verwendet, kurz
"Rohrmethode" genannt. In solch einer Anordnung pflanzt sich die Flamme
nach Entzündung leichter von unten nach oben als von oben nach unten fort,
in einem Fall begünstigt, im anderen Fall beeinträchtigt durch die Konvektion.
Die Zündquelle muß daher immer unten angeordnet sein, und es ist darauf zu
achten, daß die Verbrennung sich auch noch in größerem Abstand von ihr fort-
pflanzt. Um nicht einen zu engen Explosionsbereich zu bestimmen (Abb. 1.9),
ist ein Mindestrohrdurchmesser D [16] vorzusehen. White [17] kommt zu der
Schlußfolgerung, daß der Abstand zwischen dem Zündort und der Rohrwand
mindestens 75 mm betragen sollte. Wünschenswert sind sogar 100 mm, um ei-
nen Wandeinfluß zu verhindern. Eine größere Rohrhöhe H ist nur dann von
Interesse, wenn geprüft werden soll, ob sich eine Flamme auch über eine länge-
re Rohrstrecke selbständig fortpflanzen kann.
Einerseits um die Rohrmethode zu standardisieren, andererseits um die ge-
messenen Zündgrenzen untereinander vergleichen zu können, wurde vom De-
chema-Arbeitskreis "Gas- und Flammenreaktion" eine Glasapparatur ent-
wickelt (Abb.1.10), die für die meisten Anwendungsfälle in der Praxis zuver-
lässige Werte für die Explosionskenngrößen brennbarer Gase bei Normaldruck
liefert [18].
Das eigentliche Zündgefäß besteht aus einem nach oben offenen Glaszylin-
der mit einem Innendurchmesser von 60 mm und einer Höhe von 300 mm. Das
2.1 Explosionsgrenzen 13

[Vol70],--------, [Vol70]

'-'
W '-'
::::J w 30
0
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N
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o'---'--------'-_--'-------'---,,-"
D= 25 50 60 64 [mmJ D= 25 50 60 64 [mmJ
H= 1500 1500 300 1000 [mmJ H= 1500 1500 300 1000 [mmJ

Abb. 1.9. Bestimmung der Explosionsgrenzen von Brenngasen nach der Rohrmethode:
Einfluß des Rohrdurchmessers D auf die Zündgrenze [16] (Normalbedingungen)

Brenngas/Luft-Gemisch kann mittels eines regelbaren Heißluft-Gebläses bis zu


200 oe vorgewärmt werden. Die Zündquelle ist eine Induktions-Funkenstrecke
mit einer Funkendauer von 0,5 s. Die Angabe der Zündenergie ist in diesem
Fall zwar problematisch, dürfte aber insgesamt in der Größenordnung von
E = 10 J liegen. Um mit dieser Apparatur hinreichend reproduzierbare Meß-
werte zu erhalten, ist es notwendig, bei der Versuchsdurchführung eine festge-
legte Verfahrensweise einzuhalten [18]. Die Festlegung der unteren und der
oberen Explosionsgrenze erfolgt nach dem "optischen Kriterium", d. h. es wird
beobachtet, ob sich eine Flamme von der Zünd quelle ablöst. Dies ist nicht im-
mer unproblematisch und erfordert einen abgedunkelten Raum.

,·"Z=;)
Heissluft- Abgas

Metallhaube

Zünd efäfl
Mittelrohr
Außenrohr
o
o
n
11

Gosgemisch

Abb. 1.10. Glasapparatur zur Bestimmung der Explosionsgrenzen


von Brenngasen [18] (schematisch)
14 2 Brennbare Gase/Dämpfe

Abb.I.H. Beheizbare 51-Kugel für die Bestimmung der Explosionsgrenzen


von brennbaren Gasen und Dämpfen

Die Explosionsgrenzen brennbarer Dämpfe werden häufig auch in explo-


sionsfesten zylindrischen (Höhen/Durchmesser-Verhältnis -1) oder kugelför-
migen Behältern bestimmt. Die Frage nach der Mindestgröße solcher Ver-
suchsgefäße wurde bereits beantwortet. Wie schon bemerkt, sollte, um den
Wandeinfluß auszuschalten, der Abstand zur in diesem Fall in Raummitte an-
geordneten Zündquelle mindestens 100 mm betragen, was einem Kugelvolu-
men von ca. 5 I entspricht. Abbildung 1.11 zeigt eine solche Apparatur für die
Bestimmung der Explosionsgrenzen von Brenngasen. Sie ist auch für Dämpfe
von brennbaren Flüssigkeiten mit hinreichend hohem Sättigungsdruck an-
wendbar. Für solche brennbaren Flüssigkeiten, die wegen ihres zu niedrigen
Dampfdruckes bei Raumtemperatur keinen experimentell bestimmbaren Ex-
plosionsbereich (Zündbereich) haben, sind die analogen Kenngrößen bei ent-
sprechend höheren Anfangstemperaturen zu ermitteln.
Die Nichtbeachtung des Einflusses, den die Zündart und Zündenergie auf
die Entzündung der Gemische von Brenngasen und brennbaren Dämpfen neh-
men, ist ein weiterer Grund für die uneinheitlichen Literaturangaben über die
Explosionsgrenzen (Abb. 1.8).
Abbildung 1.12 zeigt für zwei Brenngase (Butan und Methan) die Beziehung
zwischen der Gemischzusammensetzung und der für eine Entzündung benö-
tigten Zündenergie E in Form einer Kondensatorentladung.
Man sieht, daß es eine bestimmte Brenngaskonzentration, die sogenannte
zündwilligste Konzentration, gibt, die der geringsten Zündenergie, der Min-
destzündenergie MZE, bedarf. Von ihr ausgehend, läßt sich die Flammenfort-
pflanzung durch Steigerung der Funkenenergie auf weitere Konzentrationsbe-
reiche ausdehnen. Je größer also die von einer vorgegebenen Zünd quelle auf
die angrenzende Schicht des Gasgemisches übertragene Energie ist, desto wei-
ter wird der Konzentrationsbereich, innerhalb dessen sich eine Flamme selb-
2.1 Explosionsgrenzen 15

[J] [J]
Prüf-
I
10
I
zünd-
10
energie E

o o
w 10 w 10
v v
.~ .~

~ 10- 1 ~ 10- 1
V V
"0 "0
C C
:::1 -2 :::1 -2
N 10 N 10

-J -J
10 10

-.
MZE
10 ' - - - - - ' ' - - - - - ' - - - - - ' - - '
UEG zündwilligste OEG
MZE
-.
10 L-_---'----L.,--_--'-_--'
UEG zündwilligste OEG
Konzentration Konzentration
I I I I
024 8 [Vol%] o 4 8 12 16 [Vol%]
Butangehalt in Luft Methangehalt in Luft

Abb. 1.12. Abhängigkeit der Explosionsgrenzen von Brenngasen von der Zündenergie E
(V = 381, H/D = 1,16, Kondensatorentladung)

ständig fortpflanzen kann. Dabei wird besonders die obere Explosionsgrenze


OEG zu den an Brenngas reicheren Gemischen hin verschoben.
Eine weitere Ausdehnung des Zündbereichs wurde festgestellt [15], wenn zu
pyrotechnischen Zündsätzen mit einem Gesamtenergieinhalt in der Größen-
ordnung von E = 10 kJ als Zündquelle übergegangen wird. Es handelt sich
hierbei um eine Art Flammenstrahlzündung.
Insgesamt gesehen, ist bisher trotz zahlreicher Untersuchungen noch keine
Zündenergie bekannt geworden, die den größtmöglichen Explosionsbereich
eingrenzte bzw. bei der der Einfluß der Zündenergie verschwindet.
Die Energie der Zündquelle übt also einen dominierenden Einfluß auf die
Zündgrenzen von brennbaren Gasen und Dämpfen aus. Es stellt sich aber die
Frage, ob es sicherheitstechnisch notwendig ist, immer wieder neue Wege zu
suchen, um den Explosionsbereich brennbarer Stoffe ständig zu erweitern. Un-
ter der Voraussetzung, daß sog. triviale Zündquellen (z. B. offene Feuer, unbe-
fugtes Rauchen und Schweißen) sicher ausgeschaltet und die Maßnahmen des
primären und sekundären Explosionsschutzes [2] konsequent angewendet wer-
den, sind, darin ist sich die Fachwelt einig, im allgemeinen Zündquellen mit
einem Energieinhalt von höchstens E = 10 J zu erwarten. Es ist daher sinnvoll,
die Explosionsgrenzen auch aus Gründen der Vergleichbarkeit auf diesen
Energiebetrag (Abb. 1.12) zu beziehen und auf dieser Basis die Explosionsge-
fahren zu beurteilen.
In einigen seltenen Fällen mag diese Energie der Zündquelle nicht ausrei-
chend sein, um ein Brenngas oder brennbaren Dampf in Mischung mit Luft
zur Explosion zu bringen. Dies gilt z. B. für Methylchlorid-Dampf, der in Kon-
zentrationen von 13 - 22 VolOJo explosions fähig ist, wobei aber Zündenergien
in der Größenordnung von E = 200 J aufzuwenden sind.
Nicht nur die Formgebung und das Volumen der Prüfapparatur und die
Zündenergie sind von Einfluß auf die Zündgrenzen. Dies kann auch für die
16 2 Brennbare Oase/Dämpfe

normalen Schwankungen des atmosphärischen Luftdruckes gelten. Umfang-


reiche Untersuchungen mit Methan bei Entlastung der Versuchsapparatur vor
Versuchsbeginn auf den jeweils herrschenden Atmosphärendruck haben erge-
ben [19], daß im Rahmen der Versuchsgenauigkeit die untere Explosionsgrenze
von den Druckschwankungen unabhängig ist. Die obere Explosionsgrenze die-
ses Brenngases verändert sich innerhalb eines Druckbereichs von p = 730-780
Torr mit 0,25 - 0,30 Vol % pro 10 Thrr Druckänderung, d. h. insgesamt gese-
hen, um 1,25-1,5 Vol%. Dieses Verhalten der Explosionsgrenzen kann durch
die bereits von Thrres und Wieland [20] gemachten Beobachtungen erklärt wer-
den, wonach der Einfluß, den der Druck auf das Entzündungsverhalten des
Methans nimmt, bei Gemischen mit Luftüberschuß (untere Explosionsgrenze)
unbedeutend ist, bei den Gemischen mit Brenngasüberschuß (obere Explo-
sionsgrenze) aber zu beachten ist. Um die Vergleichbarkeit der bei Normalbe-
dingungen bestimmten Grenzwerte zu gewährleisten, muß der Einfluß der nor-
malen Schwankungen des Umgebungsdrucks durch entsprechende Versuchs-
technik ausgeschaltet werden.
Von Einfluß auf die Lage der Zündgrenzen kann ferner der Wasserdampfge-
halt in der Verbrennungsatmosphäre sein, der z. B. den Explosionsbereich von
Methan in Luft deutlich einengt, wenn dieser> 50% ist [19]. Die Explosions-
grenzen sollten daher im allgemeinen mit trockenen Gasgemischen bestimmt
werden. Eine Ausnahme hiervon ist z. B. Kohlenmonoxid. Sein Zündbereich
erweitert sich mit steigendem Gehalt an Wasserdampf.
Die in zylindrischen (Höhen/Durchmesser-Verhältnis -1) und kugelförmi-
gen Apparaturen ausreichender Größe im allgemeinen nach dem Druckschwel-
lenkriterium gemessene, wie üblich auf Raumtemperatur und Normaldruck
(Normalbedingungen) bezogene untere Explosionsgrenze UEG und obere Ex-
plosionsgrenze OBO für einige als repräsentativ anzusehende Brenngase und
brennbare Dämpfe können der Thbelle 1.1 entnommen werden.

Tabelle 1.1. Explosionsgrenzen von Brenngasen und brennbaren Dämpfen (V = 5 -71,


H/D - 1, E = 10 J, Normalbedingungen)

Brennbarer Stoff UEO OEO Brennbarer Stoff UEO OEO


[VolOJo] [VoIOJo] [VoIOJo] [VoIOJo]

Acetophenon 0,8 Methan 4,8 16,0


Ammoniak 14,07 29 Methanol 6,3 33,0
12,9 a 44 a Pentan 1,5 7,8
Butan 1,8 8,5 Propan 2,1 10,0
Buten 1,6 10,6 Propylen 2,3 12,0
Ethan 2,5 15,0 Schwefelkohlenstoff 1,0 60,0
Ethylen 2,8 33,5 Schwefelwasserstoff 4,3 43,5
Ethylbenzol 0,5 7,8 Toluol 1,2 7,0
Kohlenmonoxid 12,5 b 74 b Wasserstoff 4,0 76,0

a E = 100 J
b übliche Feuchte
2.1 Explosionsgrenzen 17

[Vol,tj.------------,
1,4 - Alkane AAlkohole
... Olefine
U~G o.'2. 0
=O"267(n-'»)1 1
UEG =O,136(n-1)+O,15
1,2 -

I/
1,0 -

0,8-

0,6 - . I
I
-j" ,,"
a

I
0,4
0,2 - .
<
E : unbekannt I I
T :25'e
E : 10 J

° I I I
1 2 3
I I
4 5
I I I I 1
6 7 8 9 10 1 2 3 4 5 6
Anzahl der Kohlenstottatome

Abb. 1.13. Reziprokwert der unteren Explosionsgrenze UEG homologer Reihen als Funktion
der Anzahl der Kohlenstoffatome [13,16] (Normalbedingungen)

Es sei noch erwähnt, daß für homologe Reihen zwischen dem Reziprokwert
der unteren Explosionsgrenze UEG und der Anzahl der Kohlenstoffatome ein
linearer Zusammenhang festgestellt wurde [13], wie Abb. 1.13 zeigt, die auf
Normaldruck und eine Temperatur von T = 25 oe bezogen ist. In denjenigen
Fällen, bei denen der Dampfdruck einer brennbaren Flüssigkeit bei Raumtem-
peratur nicht ausreichend war, um ein explosionsfähiges Dampf/Luft-Gemisch
entstehen zu lassen, wurde die untere Zündgrenze bei entsprechend höherer
Temperatur bestimmt und nach den Gesetzmäßigkeiten der Temperaturabhän-
gigkeit dieses Grenzwertes auf T = 25 oe extrapoliert.
Danach gilt mit ausreichender Genauigkeit für die untere Explosionsgrenze
UEG
1
der Alkane: -- = 0,1267 (n-1)+0,2 [VollTfo -1] ,
UEG
1
der Alkohole/Olefine: -- = 0,136 (n-l)+0,15 [Vol% -1]
UEG
Die gleiche Gesetzmäßigkeit ist für die obere Explosionsgrenze OEG nur be-
dingt oder überhaupt nicht gegeben.
Weitere Angaben über die Zündgrenzen von Brenngasen und brennbaren
Dämpfen können [21, 22] entnommen werden.
Bezogen auf Normalbedingungen kann unter vereinfachenden Annahmen
die Umrechnung der Explosionsgrenzen EG in Vol% zu den entsprechenden
Angaben in g/m3 in den meisten Fällen mit hinreichender Genauigkeit nach
der folgenden Gleichung [10] durchgeführt werden:
EG [g/m3] = 0,416·MG·EG [Vol%]
Hierin bedeutet MG die molare Masse des brennbaren Anteils [22].
18 2 Brennbare Gase/Dämpfe

Normaldruck

r:~~::'77
[bar,abs.] -

0,75
>
"-
-'<
u
2 0,50

\/
l'0
>
0,25 /
0,10
0
--------------1----- • Induktionsfunkenstecke: E 'V 10 J
o Kondensatorentladung: E = 100 J
0 2,5 5,0 7,5 10,0 [Vol::>]
Propangehalt in Luft

Abb. 1.14. Explosionsgrenzen von Propan in Mischung mit Luft im Unterdruckbereich


(V = 71, H/D = 1)

Bei sicherheitstechnischen Betrachtungen bleibt oft die Thtsache unberück-


sichtigt, daß die in den einschlägigen Tabellenwerken erfaßten Zündgrenzwerte
u. U. nicht ohne weiteres übernommen werden können, weil verschiedene ein-
flußnehmende Parameter Bedeutung haben. Dieses gilt z. B. für den Vordruck
Pv' das ist der Anfangsdruck (Überdruck oder Unterdruck), der beim Wirk-
samwerden der Zündquelle herrscht.
Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß die normalen Schwankungen des
atmosphärischen Luftdruckes besonders die obere Explosionsgrenze von
Brenngasen verändern. Ein Absenken des Vordruckes in den Bereich von
Pv- 500 Torr (Abb. 1.14) beeinflußt die Lage der Zündgrenzen der meisten
Brennstoffe im allgemeinen wenig. Weitere Druckminderung verengt den
Zündbereich, bis schließlich die Fähigkeit zu Reaktionsfortpflanzung aufhört.
Die tritt bei einem bestimmten Grenzdruck ein, der bei entsprechender Wahl
der Energie der Zündquelle zwischen Pv = 10- 50 Torr liegt und von der Art
des brennbaren Stoffs [12] abhängt. Bei geringem Vordruck von Pv = 100 Torr
wurde sogar eine Erweiterung des Explosionsbereichs von Propan festgestellt,
die auch beim Methan [23] beobachtet wurde.
Abbildung 1.15 (oben) zeigt das Verhalten der Explosionsgrenzen von Me-
than im Überdruckbereich. Diese Untersuchungen wurden in einem Kugelge-
fäß von V = 1 I Inhalt durchgeführt. Als Zündquelle diente ein in Raummitte
montierter Kupferschmelzdraht, der durch eine elektrische Kondensatorentla-
dung zur Explosion gebracht wurde. Die Anordnung hat einen Energieinhalt
von E = 100 J [23].
Mit steigendem Vordruck Pv ergibt sich wegen der zunehmenden Reaktions-
geschwindigkeit ein erweiterter Zündbereich, insbesondere eine Anhebung der
oberen Explosionsgrenze zu brennstoffreicheren Gemischen hin. Die untere
Explosionsgrenze hingegen ändert sich nur gering. Dieses Verhalten der Zünd-
grenzen bei Vordruckeinfluß wurde auch für andere Brenngase bestätigt
[11-15]. Ferner ist (Abb. 1.15, unten) trotz des größeren Explosionsvolumens
der Explosionsbereich von Methan im langgestreckten 54 I-Behälter enger als
in der 1 I-Kugel.
2.1 Explosionsgrenzen 19

[bar] [Vol%].---------------,
6 Zobetakis
-Rohrmethode,
125 o = 50 mm -

100

75
"=>
w
T,
Q)
N

c: C
~ I
.'< 50 0>
u
~ ~ [Vol%] r , , ; - - - - - - - - - - - - - - - ,

r
"in 7 0 E = 0,01 J
TI
6 o /", E = 0,1 J
> 25
~ 0 E = 100 J
W Propanol
0 ~ 5 Pentanol
0 10 20 30 40 [Vol%]
2c
:J
[bar] Christner
UEG -6 I Behälter,HjO=1
15 f- -Kondensatorentladung
10

5
0 0L--L_L--L_~-y~L--L~
0 10 20 [Vol%] o 200 400 600 800 100012001400 ['C]
Methangehalt in Luft Temperatur T

Abb.l.15 Abb.l.16
Abb. 1.15. Explosionsgrenzen von Methan in Mischung mit Luft im Überdruckbereich
(E=100J)
Abb. 1.16. Einfluß der Thmperatur auf die untere Explosionsgrenze UEG von Brenngasen
und brennbaren Dämpfen

In einigen Fällen bewirkt jedoch eine Anhebung des Vordruckes zunächst


eine Verengung des Zündbereichs, bei sehr hohen Drücken aber eine starke
Erweiterung. Dies wurde z. B. bei Kohlenmonoxid [11] und bei Ethylen [16] be-
obachtet.
Es ist verständlich, daß Angaben über die Explosionsgrenzen sich auf eine
festgelegte Anfangstemperatur T der Gemische beziehen müssen. Je höher die-
se Temperatur ist, desto leichter kann sich eine eingeleitete Reaktion darin fort-
pflanzen. Die Angaben der Literatur über diesen Einfluß auf die Explosions-
grenzen von Brenngasen und brennbaren Dämpfen sind uneinheitlich.
Zabetakis [24] hat die Temperaturabhängigkeit von n-Alkan/Luft-Gemi-
sehen untersucht. Dabei wurde als jeweilige Brennstoffkomponente ein Glied
der homologen Reihe von Methan bis Decan verwendet. Bezüglich der unteren
Explosionsgrenze UEG erhielt er das in Abb. 1.16, oben dargestellte Ergebnis.
Der Grenzwert nimmt also mit steigender Thmperatur linear ab, wobei die
gestrichelten Geraden den Bereich der Vorreaktionen bzw. der Selbstentzün-
dung charakterisieren. Durch Extrapolation auf die Konzentration Null erhält
man einen gemeinsamen Schnittpunkt, der als sogenannte "theoretische adia-
bate Flammentemperatur T F" an der unteren Zündgrenze zu deuten ist. Auf
diese Mindesttemperatur müssen alle Reaktionsprodukte sowie die Verbren-
nungsluft und sonstigen Ballaststoffe erwärmt werden, um eine selbständige
Flammenfortpflanzung zu erzwingen.
20 2 Brennbare Gase/Dämpfe

Tabelle 1.2. Übersicht über die adiabatischen Flammentemperaturen TF an der unteren


Explosionsgrenze, bezogen auf die Literaturangaben

Literaturangabe Prüfapparatur Brennbarer Stoff T F [0C]


Prüfmethode

Zabetakis [24] Rohrmethode Alkane 1300


White [12] Rohrmethode CO, CH 4, H 2 1300
Christner [13] 6-I-Behälter Alkohole 1050
KappIer [16] Rohrmethode Olefine 1050
Müller [15] 6-I-Kugel CO, CH4 , NH 3 869
Glarner [25] 20-I-Kugel Propan 843
Schrödter [26] Rohrmethode Lösemittel 814

Christner [13] untersuchte den Einfluß, den die Temperatur T auf die untere
Explosionsgrenze UEG von n-AlkohoIlLuft-Gemischen nimmt, und bestätigte
den von Zabetakis gefundenen linearen Zusammenhang. Die von ihm be-
stimmte adiabate Flammentemperatur T F ist jedoch niedriger (Abb. 1.16, un-
ten). Außerdem zeigt das Ergebnis seiner Versuche, daß diese Temperatur im
Rahmen der Versuchs genauigkeit unabhängig von der Zündenergie Eist.
Auch andere Versuchsergebnisse lassen an dem angesprochenen linearen
Verhalten der unteren Zündgrenze keinen Zweifel; sie führen jedoch wiederum
zu verschiedenen adiabatischen Flammentemperaturen T F, wie Tabelle 1.2 zu
entnehmen ist.
Die ganz allgemein festgestellte lineare Abnahme der unteren Explosions-
grenze von Brenngasen und brennbaren Dämpfen mit steigender Temperatur
macht es möglich, durch Extrapolation den auf Raumtemperatur (T = 25°C)
bezogenen Grenzwert auch für solche Brennstoffe anzugeben, die bei dieser
Temperatur wegen des zu geringen Dampfdruckes noch nicht in der Lage sind,
ein explosionsfähiges Gemisch zu bilden.
Dividiert man die für einen brennbaren Stoff bei einer bestimmten Tempera-
tur T gemessene untere Explosionsgrenze UEG (T) durch den auf Raumtempe-
ratur bezogenen Grenzwert UEG (25°C), und stellt man den Quotienten in
Abhängigkeit von der Temperatur T dar, dann ergibt sich Abb.1.17, die natur-
gemäß unabhängig von der Zündenergie ist und nur dem Einfluß der Prüfap-
paratur unterliegt.
Die von Zabetakis und White gemessene Temperaturabhängigkeit der unte-
ren Explosionsgrenze liegt deutlich höher als diejenige der anderen Autoren.
Dies kann vermutlich auf den zu engen Rohrdurchmesser (D = 50 mm) der
Prüfapparatur zurückgeführt werden und wird durch Abb. 1.9 sowie die Ergeb-
nisse von Kappier (D = 64 mm) und Schrödter (D = 70 mm) bestätigt. Auch
das mit zylindrischen (H/D = 1) und kugelförmigen Apparaturen (V ~ 6 I)
festgestellte Verhalten der unteren Explosionsgrenze stimmt im Rahmen der
Versuchsgenauigkeit mit der Rohrmethode (bei ausreichendem Rohrdurchmes-
ser) überein, wenn die Schwierigkeiten berücksichtigt werden, die bei der Ver-
suchsdurchführung (Gemischerstellung) und der Anwendung eines oder meh-
rerer der genannten Entscheidungskriterien entstehen können.
2.1 Explosionsgrenzen 21

1,00 ~---------------,
~Zabetakis: Alkane Rohrmethode:
~/ White: CO.CH •• H, D=50 mm
0,75

~"
f-L{)

8':"
::::>ü
w
::::>
0,50

0,25

O~~_-L_~ __~__~~~-L~~
25 200 400
Temperatur T

Abb. 1.17. Quotient der bei unterschiedlichen Temperaturen T


festgestellten unteren Explosionsgrenze UEO von Brenngasen
und brennbaren Dämpfen als Funktion der Temperatur T

Werden bei Nichtberücksichtigung der Angaben von Zabetakis und White


die adiabatischen Flammentemperaturen T gemäß Tabelle 1.2 gemittelt, dann
erhält man
TF = 926°C± 12%
Bei Anlehnung an Abb. 1.17 gilt somit für die Temperaturabhängigkeit der un-
teren Explosionsgrenze von brennbaren Gasen und Dämpfen die Modellglei-
chung

UEG(T) = UEG(25°C) [1-_1_(T-25)]


TF -25

= UEG(25°C)[1-0,0011 (T-25)] .
Dieser Gleichung folgen auch die Meßwerte der in Tabelle 1.2 angegebenen Au-
toren, wenn die entsprechende adiabatische Flammentemperatur T Feingesetzt
wird. Die sich hieraus ergebende prozentuale Veränderung der Konzentrations-
angaben im Vergleich zur Modellgleichung ist für den Fall des Höchstwertes
für die Flammentemperatur (Christner/Kappler: T F = 1050°C) und den des
Niedrigstwertes (Schrödter: TF = 814°C) Abb.1.18 zu entnehmen. Für nicht
allzu hohe Temperaturen bewegen sich also die Konzentrationsunterschiede
zwischen den verschiedenen Bestimmungsmethoden im Rahmen der Versuchs-
genauigkeit. Weil die Untersuchungen, auf die sich obige Betrachtungen bezie-
hen, mit verschiedenen Brenngasen und brennbaren Dämpfen durchgeführt
wurden, kann nach dem augenblicklichen Erkenntnisstand Allgemeingültig-
keit der Modellgleichung angenommen werden. Sie ist daher geeignet, für
Temperaturen von T::5 300 °C die Temperaturabhängigkeit der unteren Ex-
plosionsgrenze UEG mit ausreichender Genauigkeit zu berechnen,
Temperaturen von T> 300°C die Temperaturabhängigkeit des genannten
Grenzwertes abzuschätzen.
22 2 Brennbare Gase/Dämpfe

[";;]
IW
01):::>
c>
" CbrlstnerlKgppler
L. 01)
C +10 Tr =1050 ·C
01) ....
"001)
c
c>.c
c 0 +5
:l 01)
L. L.
01) L.
"0 01)
C
:0 :l
L.
±O
~ N

>"
OI)W
c:::> -5
:l c
.... 01)
ce
01) 01)
-10 SS;b[!l!l!l1!![
Tr =814 ·c
NU)
o U)
L. Q)
D.. E
[";;]
0 100 200 300 400 [·C]
Temperatur T
Abb. 1.18. Thmperaturabhängigkeit der unteren Explosionsgrenze UEG von brennbaren
Gasen und Dämpfen. Vergleich: Meßwerte/Modellgleichung

Erfolgt die Bestimmung der unteren Explosionsgrenze UEG bei einer gegen-
über T = 2S oe veränderten Bezugstemperatur TB, dann gilt für die Thmpera-
turabhängigkeit der unteren Explosionsgrenze die Gleichung

UEG(T)=UEG(TB)[t- t (T-TB)].
926-TB
An der oberen Explosionsgrenze OEG von Kohlenwasserstoffen tritt bei einer
Erhöhung der Thmperatur T das Phänomen der sogenannten "Kalten Flam-
men" (Abb. 1.19) auf. Diese, mit leuchtender Flammenfront ablaufende Ver-
brennung hat eine deutlich geringere Druck- und Thmperaturwirkung als die
eigentliche Explosion. Werden die kalten Flammen berücksichtigt, dann ist mit
zunehmender Temperatur die Erweiterung der oberen Explosionsgrenze zu den

[·C]

I- 150
....
L.
:l

...0
Q)
100
0..
E
Q)
I- 50

0
0 10 20 30 [Vol";;]
n - Octangehalt in Luft
Abb. 1.19. Einfluß der Thmperatur T auf die obere Explosionsgrenze OEG von n-Octan in
Mischung mit Luft ohne und mit Berücksichtigung des Bereichs der kalten Flammen (13)
2.1 Explosionsgrenzen 23

Tabelle 1.3. Übersicht über die adiabatischen Flammentemperaturen TF an der oberen


Explosionsgrenze, bezogen auf die Literaturangaben (V ~ 61, E = 10 J)

Brennbarer Stoff TF [0C] Brennbarer Stoff TF [0C]

Errechnet Mittel Errechnet Mittel

Propan 891 Butan 438


Propylen 713 Ethanol 364
Methan 918 891 Ammoniak 465 442
Methanol 863 ± 14OJo Ethylen 499 ±13%
Kohlenmonoxid 1071

brennstoffreicheren Konzentrationen hin wesentlich größer. Dies kann sicher-


heitstechnisch von Bedeutung sein.
Bleibt der Bereich der kalten Flammen unberücksichtigt, dann hat sich mit
steigender Thmperatur im allgemeinen eine lineare Erweiterung der oberen Ex-
plosionsgrenze von brennbaren Gasen und Dämpfen ergeben [13, 15, 16,25].
Durch Extrapolation der auf eine konstante Zündenergie (E = 10 J) bezogenen
Geradengleichungen auf die Konzentration Null lassen sich wiederum "theore-
tische adiabate Flammentemperaturen TF" angeben, die sich im Gegensatz
zur unteren Explosionsgrenze UEG im negativen Temperaturbereich einstellen
(1abelle 1.3).
Im Durchschnitt werden also zwei Flammentemperaturen T F erhalten, die
sich praktisch um den Faktor 2 voneinander unterscheiden (Abb. 1.20).

[Vol%] o Propan
G Prop~en
A Methan
75 8 Methanol
• Kohlenmonoxyd

(!) 50
w
o
~ 25 T,
c
~
[
I
OL-~~~~-L__~__L-~__~
o
'~[Vol%] o Butan
Q. G Ethanol
x A Ammoniak
w 75- 8Eth~en
GI
"-
GI
..0

~
o
50 -

25 - T, " ~~~'/.r.1
.

0L-_L-I~I~~l~~;.~1~~~_~__~~:_:_~I·-a_·~
-1000 -800 -600 -400 -200 0 200 ['C]
Temperatur T

Abb. 1.20. Einfluß der Thmperatur T auf die obere Explosionsgrenze OEG von Brenngasen
und brennbaren Dämpfen (V ~ 61, E = 10 J)
24 2 Brennbare Gase/Dämpfe

Wird eine Flammentemperatur von Tp = 891°C zugrunde gelegt, dann gilt


für die Temperaturabhängigkeit der oberen Explosionsgrenze OEG die Glei-
chung

OEG(T) = OEG(25°C) [1+ 1 (T-25)]


ITpl +25
= OEG(25 °C)[1 +0,011 (T-25)] .
Sie beschreibt mit ausreichender Genauigkeit die Temperaturabhängigkeit der
mit den verschiedenen brennbaren Stoffen (Tabelle 1.3) erhaltenen Meßwerte,
die bei einer Temperatur von T = 300°C um allerhöchstens ±5OJo abweichen,
und gilt sicherlich für die n-Alkane.
Ein Vergleich obiger Beziehungen mit der Modellgleichung für die Tempera-
turabhängigkeit der unteren Explosionsgrenze UEG macht deutlich, daß die
auf eine bestimmte Temperaturanhebung bezogene prozentuale Verminderung
des unteren Grenzwertes der prozentualen Anhebung des oberen Grenzwertes
entspricht. Die Aussage von Zabetakis [24] wurde damit bestätigt.
Erfolgt die Bestimmung der oberen Explosionsgrenze OEG bei einer gegen-
über T = 25°C veränderten Bezugstemperatur TB' dann gilt

OEG(T) = OEG(TB)' [1+ 1 (T-TB)].


891+TB
Bezogen auf die niedrigere Flammentemperatur T = 442°C, ergibt sich für die
Temperaturabhängigkeit der oberen Explosionsgrenze OEG

OEG(T) = OEG(25 0c) [1 + 1 (T-25)]


442+25
= OEG(25 0c) [1 + 0,00214 (T-25)] .
Auch sie beschreibt die Meßwerte für verschiedene Brennstoffe (Thbelle 1.3).
Ihr Anwendungsbereich ist jedoch nicht eindeutig. Einerseits folgen die Alko-
hole (Methanol) und Olefine (Propylen) den Gesetzmäßigkeiten, die auf die
höhere Flammentemperatur bezogen sind, andererseits (Ethanol, Butan, Ethy-
len) denjenigen, die für die niedrigere Flammentemperatur gelten. Eine Erklä-
rung hierfür könnten die Schwierigkeiten sein, die beim Experimentieren im
Bereich der oberen Zündgrenze von Brenngasen und brennbaren Dämpfen auf-
treten können.
Es ist sicherlich schwierig, den Bereich der kalten Flammen (Abb. 1.19) ein-
deutig vom eigentlichen Explosionsbereich zu trennen. Es ist nicht auszuschlie-
ßen, daß speziell bei höheren Temperaturen in einigen Fällen eine größere Aus-
weitung der oberen Explosionsgrenze festgestellt wurde als tatsächlich vorhan-
den. Dies führt, wie gezeigt wurde, zu geringeren Flammentemperaturen Tp.
Die zuerst genannte Modellgleichung für die Temperaturabhängigkeit der obe-
ren Zündgrenze hat daher nach heutigem Erkenntnisstand eine größere Allge-
meingültigkeit.
2.1 Explosionsgrenzen 25

N [Vol%]
CI)
CIl
2cr> OEG
c
c
m
CIl

"'
CIl
"0
C
o
:;:;
o
;-
c
CIl
N
C
o
:>:::
UEG 1 OEG 1 [Vol%]
Konzentration des Brenngases 1 Abb.1.21. Das Gesetz von Le Chatelier

Die bisherigen Betrachtungen bezogen sich auf reine Brenngase oder brenn-
bare Dämpfe in Mischung mit Luft. Hat man es dagegen mit Mischungen meh-
rerer Brenngase (brennbarer Dämpfe) zu tun, dann gelingt es nach dem Gesetz
von Le Chatelier, die Explosionsgrenzen EG des Mischgases in Mischung mit
Luft abzuschätzen, wenn die Explosionsgrenzen der Einzelkomponenten be-
kannt sind. Ist nj der Anteil der Komponente i in der Gesamtbrennstoffkon-
zentration und EGj deren untere oder obere Zündgrenze, dann gilt

EG = 100 [VoIOJo],
L(n/EGj)
wie dies in Abb. 1.21 für ein Zweikomponenten-System dargestellt ist.
Auch die Explosionsgrenzen von Gemischen, die neben brennbaren Anteilen
noch Inertgase und Luft enthalten, lassen sich auf ähnliche Weise abschätzen
[10].
Die Gültigkeit der Gesetzmäßigkeit konnte durch die Ergebnisse einer Reihe
von Untersuchungen bestätigt werden. Streng genommen gilt die Regel jedoch
nur für artverwandte Komponenten. Speziell an der oberen Explosionsgrenze
können nicht unerhebliche Abweichungen vom Experiment auftreten. Im
Zweifelsfall müssen entsprechende experimentelle Untersuchungen durchge-
führt werden.
In der überwiegenden Zahl der Fälle hat man es bei der Gefahr der Explosio-
nen von Brenngasen und brennbaren Dämpfen mit dem Luftsauerstoff als Re-
aktionspartner zu tun. Ungleich gefährlicher werden die Gemische bezüglich
der Breite des Explosionsbereichs, wenn Brennstoffe in Mischung mit Sauer-
stoff auftreten, wie Abb. 1.22 am Beispiel der Olefine [16] zeigt.
Man hat zu berücksichtigen, daß in den Gemischen mit Luft an der unteren
Explosionsgrenze nicht allein der Stickstoff, sondern auch der überschüssige
Luftsauerstoff als Ballast wirkt. Das gleiche trifft für die Gemische mit reinem
Sauerstoff zu, so daß beim gleichen Brennstoff im Rahmen der Versuchsge-
nauigkeit selbst bei zusätzlichem TemperatureinfIuß bezüglich der Werte für
die untere Zündgrenze keine Unterschiede auftreten. Für die Berechnung und
26 2 Brennbare Gase/Dämpfe

['e] r-.;\:--p-ro_~r------,
pylen

t- 200

Loo ~ \.
o~~~~~ __~__~
1,0 3,0 0 25 50 75 [Vol%]
untere Explosionsgrenze UEG obere Explosionsgrenze OEG

Abb. 1.22. Explosionsgrenzen von Olefin/Luft- und Olefin/Sauerstoff-Gemischen


in Abhängigkeit von der Thmperatur [16]

Abschätzung dieses Grenzwertes als Funktion der Thmperatur gilt also auch
bei Vorhandensein von reinem Sauerstoff als Reaktionspartner die Modellglei-
chung, die für die Mischung der Brennstoffe mit Luft gilt (s. S.21).
Anders liegen die Verhältnisse bei der oberen Zündgrenze, die durch den zur
Verfügung stehenden Sauerstoff-Anteil im Gemisch bestimmt wird und daher
zu höheren Brennstoffkonzentrationen deutlich ansteigt. Unabhängig davon,
ob Luft oder reiner Sauerstoff vorhanden ist, ist bei Anhebung der Thmperatur
die Heraufsetzung dieses Grenzwertes linear. Die Angabe einer Modellglei-
chung für die Abschätzung der oberen Explosionsgrenze von Olefin/Sauer-
stoff-Gemischen bei Einfluß der Thmperatur ist wegen der uneinheitlichen
adiabatischen Flammentemperatur (TF = 1742- 3733 0c) nicht möglich.
In Thbelle 1.4 sind für einige brennbare Stoffe die Explosionsgrenzen in Luft
und in Sauerstoff zusammengefaßt.

Tabelle 1.4. Explosionsgrenzen von Brennstoffen in Luft und in Sauerstoff (V = 5 I,


E = 10 J, Rohrmethode: D = 64 mm, Normalbedingungen)

In Mischung mit Luft Sauerstoff

Brennbarer Stoff UEG OEG UEG OEG


[VoIOJo] [Vol%] [Vol%] [Vol%]

Butan 1,8 8,5 1,8 45


Buten 1,8 10,6 1,8 57,S
Ethan 2,5 15,0 2,5 55
Ethylen 2,9 33,S 3,0 81,S
Methan 4,8 16,0 4,8 60,0
Propan 2,1 10,0 2,0 60,0
Propylen 2,4 11,0 2,3 54,S
Wasserstoff 4,0 76,0 4,0 95,0
2.2 Flammpunkt 27

Zusammenfassend ist die große Bedeutung hervorzuheben, die den Explo-


sionsgrenzen als Kenngrößen für die Abschätzung und quantitative Abgren-
zung der Explosionsgefahren, die durch Brenngase und brennbare Dämpfe ge-
geben sein können, zukommt. Im allgemeinen spielt die untere Zündgrenze da-
bei eine große Rolle. Für den Gebrauch dieser Grenzwerte muß jedoch darauf
hingewiesen werden, daß man sich der aufgezeigten Veränderungen bewußt
sein muß, denen diese ursprünglich stoffspezifischen Größen unterliegen.

2.2 Flammpunkt (G. Zwahlen)

2.2.1 Allgemeines

Der Flammpunkt ist ein Kriterium, das Anhaltspunkte gibt zur Abschätzung
der Explosions- und Feuergefährlichkeit einer brennbaren Flüssigkeit, resp. ih-
rer Dämpfe [10, 37 u. a.].

Definition
Der Flammpunkt ist die niedrigste Thmperatur - bezogen auf einen Druck
von 1013 mbar - bei der sich unter definierten Bedingungen aus der zu prü-
fenden Flüssigkeit Dämpfe in solcher Menge entwickeln, daß sich ein durch
Fremdzündung entflammbares Dampf/Luft-Gemisch bildet [10].
Für den Flammpunkt ist charakteristisch, daß nach erfolgter Zündung, resp.
Verbrennung der Dämpfe, die Flamme erlischt, d. h. die Entzündung ist vor-
übergehend.
Aufgrund ihres Flammpunktes werden Flüssigkeiten in Gefahrenklassen,
z. B. für Verpackung, Transport und Lagerung eingeteilt (Beispiele s. Th-
belle 1.5).
28 2 Brennbare Gase/Dämpfe

Tabelle 1.5. Klassierung brennbarer Flüssigkeiten aufgrund ihres Flammpunktes

Flp. C.c. eC) Kp. eC) EG BVD RID/ADR IMDG IATA

s35 I
s -18 >35 I
-18 bis >23 >35 11
<0 <35 hoch ent-
zündlich
<21 >35 leicht ent- leicht entzündlich 11
zündlich' u. rasch abbrenn-
bar', Gefahren-
klasse 1
21 bis 55 >35 entzündlich' entzündlich u. III
rasch abbrenn-
bar',
Gefahrenklasse 2
<23 >35 11
23 bis 60,5 >35 III
23 bis 61 >35 III
~55 nicht
klassiert
>55 bis iOO >35 leichtbrennbar ' III
Gefahrenklasse 3
>60,5 >35 frei
>61 >35 frei
>iOO mittel brennbar ' frei
Gefahrenklasse 4
schwer brennbar'
Gefahrenklasse 5
nicht brennbar'
Gefahrenklasse 6

, ohne
Rücksicht auf den Kp. (Kochpunkt, Siedepunkt)
Flp. Flammpunkt
EG Europäische Gemeinschaft
BVD Brandverhütungsdienst für Industrie und Gewerbe, CH
RID Reglement international concernant le transport des marchandises dangereuses par
chemins de fer. (Schienentransport)
ADR Accord europeen relatif au transport international des marchandises dangereuses
par route. (Straßentransport)
IMDG International Maritime Dangerous Goods Code. (Seetransport)
IATA International Air Transport Association. (Lufttransport)
I, 11, 111: Verpackungsgruppen gemäß UN-Recommendations on the Transport of Dange-
rous Goods [84]. Durch zusätzliche Kriterien, wie Viskosität, Giftigkeit, Ätzvermögen
u. a., kann diese Klassierung weiter beeinflußt werden.
I sehr gefährliche Stoffe, hohes Gefahrenpotential
11 gefährliche Stoffe, mittleres Gefahrenpotential
III weniger gefährliche Stoffe, geringeres Gefahrenpotential
2.2 Flammpunkt 29

Voraussetzungen
Entflammbare Dampf/Luft-Gemische können sich nur bilden im Zündbe-
reich, d. h. im Konzentrationsbereich zwischen unterer und oberer Explosions-
grenze [27].
Bei einer Dampfkonzentration unterhalb der unteren Explosionsgrenze
(Exu) ist das Dampf/Luft-Gemisch nicht entzündbar, weil es zu wenig Brenn-
stoff enthält, bei einer Konzentration oberhalb der oberen Explosionsgrenze
(Exo)' weil es zu wenig Sauerstoff enthält.
Die niedrigste Konzentration an brennbaren Dämpfen im Dampf/Luft-Ge-
misch, die durch Fremdzündung entzündet werden kann, fällt somit mit der
unteren Explosionsgrenze zusammen.
Damit besteht auch ein Zusammenhang zwischen dem Flammpunkt und der
Dampjdruckkurve einer Flüssigkeit [28]
Flp. = f(p,T) ;
denn erst bei einer bestimmten Temperatur ist der Dampfdruck genügend
hoch, um über der Flüssigkeitsoberfläche ein Dampf/Luft-Gemisch von der
Konzentration der unteren Explosionsgrenze zu bilden.
Ist diese Konzentration erreicht, ist eine Fremdentzündung möglich, unab-
hängig davon, ob bei den gegebenen Umständen Sättigung der Atmosphäre
mit dem brennbaren Dampf besteht oder nicht.
Die Temperatur, bei welcher Sättigungskonzentration und untere Explo-
sionsgrenze zusammenfallen, wo also ein Gleichgewichtszustand besteht, ist
der untere Explosionspunkt. Die Thmperatur, bei welcher Sättigungskonzen-
tration und obere Explosionsgrenze zusammenfallen (Gleichgewichtszustand)
ist der obere Explosionspunkt [37].
Es können somit zwei Zündbereiche definiert werden: Ein Konzentrationsbe-
reich und ein Thmperaturbereich.

250

/
21,
22
20 200
~ 18 oberer E~losionsp~1 /O.9!!!~~OSiOnSQrenze
~
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1,
/?
o o~ I Temperatur
'---- 0 ~ 20 30 1,0 50 [·Cl

F1amm~ zündfähiaer Temperaturbereich

Abb.l.23. Zusammenhang zwischen Explosionsgrenzen und Explosionspunkten [21, 271


30 2 Brennbare Gase/Dämpfe

Der Konzentrationsbereich: Er liegt zwischen der niedrigsten und der höch-


sten Dampfkonzentration, zwischen denen sich zündfähige Dampf/Luft-Ge-
mische bilden, d. h. zwischen unterer und oberer Explosionsgrenze (Dimen-
sion: Vol%, g/m 3 [21, 27]).
Der Temperaturbereich: Er liegt zwischen der niedrigsten und der höchsten
Temperatur, bei der ein gesättigtes Dampf/Luft-Gemisch zündfähig ist, d. h.
zwischen unterem und oberem Explosionspunkt (Dimension: oe [28, 29]).
Der Flammpunkt ist nun aber eine Kenngröße, die experimentell bestimmt
wird, und zwar unter Bedingungen, die in der Regel nicht dem idealen Zustand
(Gleichgewichtszustand, Sättigungskonzentration) entsprechen. Flammpunkte
sind deshalb abhängig von der Methode ihrer Bestimmung, resp. der Versuchs-
anordnung. Sie gehören zu den konventionellen Kenngrößen.
Zur Bestimmung des Flammpunktes wurden Methoden unter definierten
Bedingungen ausgearbeitet und in Normen festgelegt. Dabei wird unterschie-
den zwischen:
Bestimmungen in Geräten mit offenem Gefäß, Tiegel
- Bestimmungen in Geräten mit geschlossenem Gefäß, Tiegel, mit oder ohne
Rührer.
Außerdem wird unterschieden zwischen
- Gleichgewichtsmethoden und
- Nicht-Gleichgewichtsmethoden [30].
Bei den Nicht-Gleichgewichtsmethoden wird die zu prüfende Flüssigkeit tem-
peraturprogrammiert aufgeheizt. Im Moment der ersten, vorübergehenden
Entzündung ( = Flammpunkt) liegt die niedrigste zündfähige Konzentration
vor (= Exu )' es herrscht jedoch kein Gleichgewichtszustand, d. h. Sättigung
ist noch nicht erreicht. Der so gefundene Flammpunkt entspricht deshalb nicht
dem idealen Flammpunkt, d. h. er weicht vom unteren Explosionspunkt ab.
Zwischen einem experimentell bestimmten Flammpunkt und dem unteren Ex-
plosionspunkt einer Flüssigkeit kann deshalb ein signifikanter Unterschied be-
stehen [31].
Bei den echten Gleichgewichtsmethoden wird bei einer bestimmten, kon-
stanten Temperatur erst nach Einstellen des Gleichgewichtszustandes auf Ent-
zündbarkeit geprüft, d. h. bei Sättigungskonzentration. Der Flammpunkt fällt

Tabelle 1.6. Standardmethoden zur Bestimmung des Flammpunktes (Beispiele, Auswahl)

Offener Tiegel (open cup) Geschlossener Tiegel (closed cup)

Ohne Rührer Mit Rührer Ohne Rührer Schnelltest

DIN 51376 DIN 51758 DIN 51755 ISO 3679


ISO 2592 ISO 2719 DIN 53213 ISO 3680
ASTMD92 ISO 1516 ASTMD56 ASTMD3278
ASTMD 1310 ISO 1523 ASTM D 3828
ASTMD93
2.2 Flammpunkt 31

Tabelle 1.7. Vergleich experimentell bestimmte Flammpunkte versus untere Explosions-


punkte [29]

Beispiele Flp. oe (Nicht- Unterer Explosionspunkt oe


Gleichgewicht) (Gleichgewicht, Sättigungskonz.)

Gasöl ca. 90 <65


Solventnaphta ca. 43 ca. 31
Tetralin 70 62
Dekalin 59 49
Pentanol-l 58 37
Butylglykolacetat 88 70
Ethylglykol 43 39
Dipenten 48 46
Ethylalkohol 1000,10 12 9
Dimethylformamid 58 50

somit mit dem unteren Explosionspunkt zusammen. Gleichgewichtsmethoden


lassen sich deshalb nur in Geräten mit geschlossenem Gefäß durchführen.
Der durch eine Nicht-Gleichgewichtsmethode bestimmte Flammpunkt ist
aber nicht in jedem Fall höher als der untere Explosionspunkt. In einigen Fäl-
len ist er sogar niedriger, Beispiele dazu in [29]. Worauf es ankommt ist aber
zu wissen, daß "Flammpunkt" nicht bedeutet, daß unterhalb des Flammpunk-
tes keine zünd fähige Dampf/Luft-Gemische möglich sind.

2.2.2 Methodische Beispiele

Welche Bestimmungsmethode, resp. welcher Flammpunktbestimmungs-Appa-


rat jeweils verwendet wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab, z. B.:
von der Problemstellung,
von gesetzlichen Vorschriften,
von Natur und Eigenschaften der Flüssigkeit,
von der erwarteten Höhe des Flammpunkts,
von der Reinheit der Flüssigkeit,
• einheitliche, reine Flüssigkeit,
• binäres oder polynäres Flüssigkeitsgemisch,
• Lösungen mit gelöstem Festkörperanteil,
• Suspensionen,
von der Viskosität der Flüssigkeit.
Wegen der Vielfalt der Bestimmungsmethoden und der Abhängigkeit des ge-
fundenen Flammpunktes von der angewendeten Methode ist es absolut not-
wendig, bei jeder Flammpunktangabe die Methode (Norm, Standard), nach
der er bestimmt wurde, anzugeben (vergl. dazu EG-PrüfrichtIinie A 9 [30]).
Geräte zur Bestimmung von Flammpunkten, wie sie in den folgenden me-
thodischen Beispielen kurz dargestellt sind (s. Kap. 2.2.2.1 und 2.2.2.2), sind
in verschiedenen Ausführungen erhältlich: Als manuell betätigte Apparate
32 2 Brennbare Gase/Dämpfe

(Temperaturregelung und Eintauchen der Zündflamme - oder anderer Zünd-


quelle - in den Dampfraum werden von Hand betätigt), als Halbautomaten
(Temperaturregelung automatisch, Eintauchen der Zündquelle in den Dampf-
raum wird von Hand betätigt oder von Hand ausgelöst), und als Vollautoma-
ten (Temperaturregelung und Eintauchen der Zünd quelle vollautomatisch).
Heizungen mit Gasflamme oder elektrisch.

2.2.2.1 Bestimmung im offenen Gefäß

Im offenen Gefaß oder Tiegel bestimmte Flammpunkte werden üblicherweise


gekennzeichnet mit dem Zusatz o.c. = open cup.
Die Flammpunktbestimmung im offenen Tiegel ermöglicht eine Simulation
der Verhältnisse, wie sie in offenen Systemen, z. B. in offenen Rührkesseln, of-
fenen Behältern und beim Verschütten herrschen.
Die im offenen Gefäß bestimmten Flammpunkte sind in der Regell0-20°C
höher als die im geschlossenen Gefäß bestimmten. Im offenen Gefäß verflüch-
tigt sich ein Teil der Dämpfe, so daß eine höhere Temperatur notwendig ist, um
die zünd fähige niedrigste Konzentration trotz Dampfverlust zu erreichen.
Aus dem Zahlenwert (0C) des Flammpunktes o.c. darf nicht der Schluß ge-
zogen werden, daß bei Temperaturen unterhalb dieses Flammpunktes kein
zünd fähiges Dampf/Luft-Gemisch entstehen kann.

2.2.2.1.1 Bestimmung im offenen Gefäß, nach Cleveland [32]

Ein bestimmtes Volumen der zu prüfenden Flüssigkeit wird in den Prüftiegel


eingefüllt und die Probe nun gemäß genormter Vorschrift temperaturprogram-
miert ohne Rühren aufgeheizt. In festgelegten Temperaturabständen wird eine
kleine Zündflamme horizontal über den Tiegel geführt. Die niedrigste Tempe-
ratur, bei der dabei eine Entzündung der gebildeten Dämpfe erfolgt, wird als
Flammpunkt bezeichnet (Flammpunkt o.c.).
Methode anwendbar bis ca. 400°C.

Thermometer Zündflamme
schwenkbarer
ündarm

HeizRlatte

Abb. 1.24. Flammpunktprüfapparat nach Cleveland (schematisch)


2.2 Flammpunkt 33

2.2.2.2 Bestimmung im geschlossenen Gefäß

Im geschlossenen Gefäß bestimmte Flammpunkte werden üblicherweise ge-


kennzeichnet mit dem Zusatz c.c. = closed cup. Bei Flammpunktangaben ohne
Hinweis auf die Methode handelt es sich in der Regel um in geschlossenen Ge-
fäßen bestimmte Werte.
Die Flammpunktbestimmung im geschlossenen Tiegel ermöglicht eine Si-
mulation der Verhältnisse in geschlossenen Systemen, z. B. Rührkessel, Reak-
toren, Lagertanks, Fässer. Hier kann sich der Gleichgewichtszustand zwischen
flüssiger und dampfförmiger Phase einstellen.
Die im geschlossenen Gefäß bestimmten Flammpunkte (Nicht-Gleichge-
wichtsmethoden) sind in der Regel 10- 20 °e niedriger als die im offenen Ge-
fäß bestimmten.
Aus dem Zahlenwert (0C) des Flammpunktes c.c. darf aber nicht der Schluß
gezogen werden, daß bei Temperaturen unterhalb dieses Flammpunktes kein
explosives Dampf/Luft-Gemisch entstehen könnte. Besonders bei uneinheitli-
chen Flüssigkeiten und wenn eine Nicht-Gleichgewichtsmethode zur Bestim-
mung des Flammpunktes angewendet wurde, ist ein zündfähiges Gemisch auch
bei niedrigeren Temperaturen nicht auszuschließen, s. dazu Tabelle 1.7, S. 31.

2.2.2.2.1 Flammpunktbestimmung nach Abel-Pensky


Die charakteristischen Merkmale dieser Methode: Der Tiegel mit der zu prü-
fenden Flüssigkeit wird mit Hilfe eines Wasserbades aufgeheizt, wobei sich
aber zwischen dem Wasserbad und dem Tiegel ein luftgefüllter Zwischenraum
befindet. Die zu prüfende Flüssigkeit wird nicht gerührt.
Von dieser Methode gibt es zwei Ausführungsformen:
a) Für Flüssigkeiten mit Flammpunkten im Temperaturbereich von + 5 oe bis
+65°e [33]
b) Für Flüssigkeiten mit Flammpunkten im Temperaturbereich von - 30 °e bis
+5 oe. Hier wird das Wasserbad durch ein Kältebad ersetzt [34].

rZundflamme
. Z vorr ,ch 9.

L_--- Prüf9!fäfl (n~~

Luftbad

Wasseorbqg.

- r-_ - - 'QuOeorf-r luHmontel

Abb.1.25. Flammpunktprüfapparat nach Abel-Pensky (schematisch)


34 2 Brennbare Gase/Dämpfe

Ausführung im Prinzip analog der Bestimmung des Flammpunktes im offenen


Gefäß (s. Kap. 2.2.2.1.1):
Temperaturprogrammiertes Aufheizen, in der Nähe des erwarteten Flamm-
punktes mit ca. 1 °C/min. Nach je 0,5 °C Temperaturanstieg wird eine Zünd-
flamme durch eine gleichzeitig freigegebene Öffnung im Tiegeldeckel in den
Tiegel eingeführt. Die niedrigste Temperatur, bei der eine Entflammung beob-
achtet wird, ergibt den unberichtigten Flammpunkt.

Bemerkung
Eine besondere apparative Ausführungsform für Flammpunkte im Tempera-
turbereich von +5 °C bis +65 °C gibt es für die Flammpunktbestimmung von
lösemittelhaltigen Lacken und Anstrichstoffen. Hier wird der Tiegel ohne
Luftzwischenraum direkt in das Wasserbad gestellt (vergl. dazu [35]).

2.2.2.2.2 Flammpunktbestimmung nach Pensky-Martens

Bei dieser Methode wird die Probe in einem geschlossenen Tiegel in einem
Heißluftbad erwärmt. Das Heißluftbad, je nach Ausführungsform bloß ein
enger Luftspalt, wird mit einer Gasflamme oder elektrisch beheizt. Dabei wird
die Probe mit einem eingebauten Rührer fortlaufend gerührt. Auch im Dampf-
raum befindet sich ein Rührelement. Die Methode ist geeignet zum Bestimmen
der Flammpunkte von niedrig viskosen Flüssigkeiten im Temperaturbereich
von +65°C bis +200°C [36].

Ausführung wiederum im Prinzip analog der Bestimmung des Flammpunktes


im offenen Gefäß (s. Kap. 2.2.2.1.1):
Temperaturprogrammiertes Aufheizen, in der Nähe des erwarteten flamm-
punktes mit 3,5±0,5°C/min, Zündversuche nach jedem vollen Grad (l,O°C)
Temperaturanstieg, bis zur ersten Entzündung der Dämpfe. Die Temperatur
der Probe bei der ersten Entzündung ist der unberichtigte Flammpunkt.

Thermomeler Zundflamme
r-----

Deckel Zundvorrichlung

lu Ibadgelaß

l uftbad

Abb. 1.26. Flammpunktprüfapparat nach Pensky-Martens (schematisch)


2.2 Flammpunkt 35

2.2.3 Kommentare, Besonderheiten

2.2.3.1 Abhängigkeit des Flammpunktes vom Barometerstand


Der Flammpunkt ist in geringem Maße vom Barometerstand abhängig. Er er-
niedrigt sich - sowohl bei Bestimmungen im geschlossenen Gefäß wie auch
im offenen Gefaß - mit sinkendem Druck.
Der unter Thgesumständen bestimmte Wert ist der "unberichtigte" Flamm-
punkt und muß für den definitionsgemäßen Druck von 1013 mbar umgerech-
net, d. h. "korrigiert" werden. Die dazu verwendeten Näherungsformeln sind
dabei für Flammpunkte c.c. und Flammpunkte o.c. verschieden.
a) Näherungsformel zur Berichtigung von Flammpunkten c.c. [33]
Flammpt. oe (korr.) =
FIammpt. oe (gemessen)--------------'--------'----
aktueller Barometerstand (mbar. abs.)-1013
40
b) Näherungsformel zur Berichtigung von Flammpunkten o.c., bestimmt bei
verschiedenen barometrischen Drücken [32]

Flammpunkt bestimmt bei baro- Korrektur: ... oe, zum experimentell


metrischem Druck von ... mbar bestimmten Flammpunkt zu addieren

953-887 2
886-813 4
812-733 6

Andererseits müssen für Normbedingungen (1013 mbar) tabellierte Flamm-


punkte gegebenenfalls für bestimmte Praxisbedingungen wieder umgerechnet
werden, z. B. wenn ein Betriebsstandort auf 2000 m ü.M. liegt (z. B. Puebla,
Mexico, 2300 m ü.M.).
Allerdings ist es völlig sinnlos, Flammpunkte in Bruchteilen von Celsiusgra-
den, z. B. 60,5 oe, anzugeben. Solche Angaben spiegeln eine Genauigkeit vor,
die unter den gegebenen Voraussetzungen gar nicht möglich ist (vergl. dazu
[40]).

2.2.3.2 Veränderung des Flammpunktes bei stark reduzierten Drücken


In geschlossenen Gefäßen erniedrigt sich der Flammpunkt mit fallendem
Druck. Darauf ist zu achten, wenn in Apparaturen mit stark reduziertem
Druck gearbeitet wird. So wurde z. B. in einem Rührkessel ein Dampf/Luft-
Gemisch (Thiophenol) durch eine elektrostatische Entladung bei einem Druck
von 400 mbar und einer Temperatur von 40 oe entzündet. Der Flammpunkt
von Thiophenol für Normbedingungen beträgt 50 o e.
36 2 Brennbare Gase/Dämpfe

2.2.3.3 Einfluß der Dampfdichte und der Durchmischung mit Luft


Um einen zuverlässigen Flammpunkt zu erhalten, ist es notwendig, daß die
entstehenden brennbaren Dämpfe sich mit der Luft gleichmäßig vermischen.
Tritt die Vermischung nicht ein, z. B. wegen hoher Dampfdichte (Litergewicht)
der brennbaren Dämpfe, kann es vorkommen, daß bei Flammpunktbestim-
mungen im geschlossenen Gefäß kein Flammpunkt gefunden wird, obwohl
brennbare Dämpfe entstanden. D. h. daß im Tiegel kein Dampf/Luft-Gemisch
mit einer Dampfkonzentration unterhalb der oberen Explosionsgrenze auftrat.
Auf diese Situation kann man bei einer Flammpunktbestimmung im ge-
schlossenen Gefäß dadurch aufmerksam werden, daß innerhalb des Tiegels
kein Flammpunkt gefunden wird, daß aber plötzlich außerhalb des Tiegels
Entzündungen beobachtet werden können. Es treten dann die konzentrierten
Dämpfe aus dem nicht hermetisch verschlossenen Tiegel aus, vermischen sich
dabei zwangsläufig mit Luft und können deshalb entzündet werden.
Wird dieses Phänomen beobachtet, ist es angebracht, den Flammpunkt im
offenen Gefäß nach Cleveland zu bestimmen. Hier werden die brennbaren
Dämpfe, auch wenn sie eine hohe Dichte aufweisen, beim Austreten aus dem
offenen Tiegel im Bereich der Zünd flamme zwangsweise mit Luft vermischt,
so daß dann ein echter Flammpunkt gefunden werden kann.
BeispieL· Methanphosphonsäuredimethylester
Flp. c.c. nach Pensky-Martens: Kein Flammpunkt, Entzündungen außerhalb
des Tiegels ab 170°C.
Flp. o.c. nach Cleveland: 124°C.

2.2.3.4 Flammpunkte von binären und polynären Mischungen


brennbarer Flüssigkeiten
Bei nicht einheitlichen Flüssigkeiten ist der Unterschied zwischen dem nach ei-
ner Gleichgewichtsmethode und dem nach einer Nicht-Gleichgewichtsmethode
bestimmten Flammpunkt besonders groß (vergl. dazu Thbelle 1.7, S. 31). Dies
hängt von den unterschiedlichen Verdampfungsgeschwindigkeiten resp.
Dampfdruckkurven, und der gegenseitigen Beeinflussung der Moleküle (allg.
Gasgesetze) der einzelnen Komponenten ab.
In der Literatur finden sich nur vereinzelt Arbeiten zum Flammpunkt poly-
närer Mischungen (z. B. [37 - 39]).

2.2.3.5 Flammpunkt wäßriger Lösungen


Die Flammpunkte wäßriger Lösungen brennbarer Flüssigkeiten sind abhängig
von der Konzentration der brennbaren Flüssigkeit in der wäßrigen Lösung. Zu-
grundegelegt werden muß das Gleichgewichtsdiagramm flüssig/dampfförmig
des Systems. Der Wasserdampf hat dabei einen inertisierenden Einfluß. Bei
Prüfmethoden, bei welchen als Zündquelle eine Gasflamme verwendet wird,
kann beobachtet werden, daß oft beim Eintauchen in den Dampfraum die
Zündflamme bei ca. 60-65°C erlischt. In der Regel wird dann kein Flamm-
punkt gefunden.
2.2 Flammpunkt 37
Tempera ur [·Cl
50+-__, -__, -__, - - , - - - .
Wasser mit Ethanol
Methylamin
1- Propanol - - -
2- Propanol ........•.

"\ '\
\

10 +-----}J\I------f----+--t---l

\
o \ [Gew.-·/.J
o 20 40 60 SO 100 Losemittel
100 80 60 40 20 o Wasser

Abb.l.27. Abhängigkeit des Flammpunktes wäßriger Lösungen von der Konzentration

2.2.3.6 Einfluß von Verunreinigungen auf den Flammpunkt


Geringe Anteile leicht flüchtiger (niedrig siedender) Beimengungen können
den Flammpunkt signifikant herabsetzen. Aus diesem Grunde dürfen die den
verschiedenen Thbellenwerken zu entnehmenden Flammpunkte reiner Flüssig-
keiten nicht bedenkenlos für technische Flüssigkeiten übernommen werden
[10]. Andererseits kann gerade deshalb gegebenenfalls der Flammpunkt zur
Qualitätskontrolle dienen.

2.2.3.7 Flammpunkt in reiner 0rAtmosphäre


Verschiedentlich wurde - bei Bestimmungen im geschlossenen Gefäß - beob-
achtet, daß der in 0rAtmosphäre bestimmte Flammpunkt signifikant tiefer
lag als der in normaler Luftatmosphäre bestimmte Flammpunkt (Beispiele s.
Thbelle 1.8).
38 2 Brennbare Gase/Dämpfe

Tabelle 1.8. Vergleich Flammpunkt c.c. in normaler Luftatmosphäre mit Flammpunkt c.c.
in reiner Sauerstoffatmosphäre

Produkt Flp. in Luft; oe


l-Methylpyrrolidon-2, techno 92 39
Dimethylformamid, techno 58 28

2.2.3.8 Flammpunkt von Schmelzen


Der Flammpunkt ist eine Kenngröße von brennbaren Flüssigkeiten, d. h. sol-
cher Stoffe, die bei Raumtemperatur (ca. 20-25 0c) flüssig vorliegen. Es kann
aber - z. B. im Hinblick auf besondere Verhältnisse im Betrieb - sinnvoll
sein, Flammpunkte auch solcher Stoffe zu bestimmen, deren Schmelztempera-
tur höher liegt als Raumtemperatur, z. B. bei 50 oe oder 70 oe.
Der Flamm-
punkt wird dann über der Schmelze bestimmt. Dazu wird das Produkt im Be-
stimmungstiegel geschmolzen, so daß die Schmelze das vorgeschriebene Pro-
benvolumen aufweist. Bestimmung des Flammpunktes von der Schmelztempe-
ratur an aufwärts.

2.2.3.9 Flammpunkt von festen Stoffen

Über festen Stoffen bildet sich ein zündfähiges Dampf/Luft-Gemisch unter


folgenden Umständen:

2.2.3.9.1 Das feste Produkt enthält leichtflüchtige,


brennbare Verunreinigungen

Der hier bestimmte Flammpunkt ist zwar richtig, aber nicht wahr. Der gefun-
dene Wert hängt von verschiedensten Einflußgrößen ab, z. B. von den Diffu-
sionsvorgängen im festen Produkt, und ist deshalb schlecht reproduzierbar.
Solche Flammpunkte sind unzuverlässig und können nicht dazu dienen, siche-
re Arbeitsbedingungen festzulegen.

2.2.3.9.2 Das feste Produkt zersetzt sich bei relativ niedriger Temperatur
und setzt leichtflüchtige, brennbare Zersetzungsprodukte frei
(z. B. Schwelgase)

Eine hier gefundene Entzündung darf nicht als Flammpunkt bezeichnet wer-
den. In der Praxis wird aber die Flammpunktbestimmungsmethode - insbe-
sondere "nach Pensky-Martens (ohne Rührer)" - häufig für solche Untersu-
chungen mißbraucht. An deren Stelle wäre eine sorgfältige Untersuchung auf
thermisches Zersetzungsverhalten mit entsprechenden Methoden angebracht
(z. B. Differenzthermoanalyse, thermogravimetrische Analyse, u. a.; vergl.
Kap. 3.2.4.1 und Kap. 3.2.4.7).
2.3 Brennpunkt 39

2.2.3.9.3 Das Produkt hat in fester Form einen hohen Dampfdruck,


d. h. es sublimiert
Das Phänomen, "echte Flammpunkte über festen Stoffen" ist vielleicht bisher
zu wenig beachtet worden. Jedoch können feste Stoffe mit hohen Dampf-
drücken, d. h. sublimierbare feste Stoffe, einen echten Flammpunkt aufweisen.
Dessen Bestimmung ist aber nur nach einer Gleichgewichtsmethode zuverläs-
sig möglich. Jedoch kann schon eine Nicht-Gleichgewichtsmethode zeigen,
daß es einen solchen Flammpunkt gibt, auch wenn die gefundenen Werte rela-
tiv schlecht reproduzierbar und sehr stark von der Bestimmungsmethode ab-
hängig sind. Die gefundenen Werte sind in der Regel zu hoch. In Tabelle 1.9
sind einige Beispiele solcher Flammpunkte aufgeführt, wie sie bei einer tempe-
raturprogrammierten Bestimmung in der Apparatur nach Pensky-Martens
(ohne Rührer) gefunden wurden.

Tabelle 1.9. Flammpunkte von festen Stoffen unterhalb der Schmelztemperatur

Produkt Schmelztemp. °C Flp. C.c. °C

2,6-Diphenylphenol 100 71
Dimethylterephthalat 140 105
Neopentylglykol 125 118
4-Cl-Benzoesäure 243 139

2.3 Brennpunkt (G. Zwahlen)

2.3.1 Allgemeines

Für den Flammpunkt (s. Kap. 2.2) ist es charakteristisch, daß die Entzündung
der Dämpfe, die sich über einer Flüssigkeitsoberfläche gebildet haben, in der
Regel vorübergehend ist. Dies weil die Verbrennung wesentlich schneller ab-
läuft als die Nachlieferung der brennbaren Dämpfe durch Verdampfung. Wird
bei der Flammpunktbestimmung im offenen Gefäß nach Cleveland [32] nach
Erreichen des Flammpunktes die zu prüfende Flüssigkeit weiter aufgeheizt,
und werden die Entzündungsversuche in kurzen zeitlichen Abständen fortge-
setzt, so wird eine tiefste Temperatur erreicht, bei der nach erfolgter Entzün-
dung der Dämpfe die Flamme nicht erlischt, sondern auf der Flüssigkeitsober-
fläche weiterbrennt. Bei dieser Temperatur - dem Brennpunkt - ist die Nach-
lieferung brennbarer Dämpfe durch Verdampfung groß genug, um die Verbren-
nung weiter zu unterhalten [10, S. 18; 27, S. 144, 494].
Der Brennpunkt läßt sich somit wie folgt definieren: Der Brennpunkt ist die
niedrigste Temperatur einer brennbaren Flüssigkeit, bei der nach erfolgter Ent-
zündung der überlagerten Dämpfe die Flamme nicht erlischt, sondern auf die
Flüssigkeitsoberfläche übergreift und weiterbrennt.
40 2 Brennbare Gase/Dämpfe

Tabelle 1.10. Beispiele Flammpunkte versus Brennpunkt

Produkt Siedetemp. °C Flp. C.c. °C Flp. O.c. °C Brennpunkt °C

Toluol 110 6 14 18
Ethylglykol (Cellosolv) 135 43 62 62
Butylglykolacetat 192 88 98 98
Hexadecan 280 135 142 152
Polyethylenglykol 600 244 280 320
Polyethylenglykol 1500 258 280
Marlotherm La 130 146 158
Marlotherm S a 203 220 240

a Wärmeträgeröl (Fa. Hüls Chemie)

Der Brennpunkt kann nur im offenen Gefäß bestimmt werden, da nach er-
folgter Entzündung der Dämpfe zur Unterhaltung der Flamme nicht nur die
Nachlieferung von brennbaren Dämpfen in genügender Menge notwendig ist,
sondern ebenso die Nachlieferung von Luft in genügender Menge. Ein ge-
schlossener Tiegel, bei dem Luftnachschub in den Verbrennungsraum unmög-
lich ist, ist deshalb ungeeignet zur Bestimmung von Brennpunkten.
Nicht in jedem Falle aber ist der Brennpunkt höher als der Flammpunkt o.c.,
in gewissen Fällen fallen Flammpunkt o.c. und Brennpunkt zusammen. Es be-
steht dabei eine Abhängigkeit von der Dampfdruckkurve.
In Thbelle 1.10 sind einige Beispiele (unberichtigte Werte) für Flammpunkte
c.c. und o.c. versus Brennpunkt vorgestellt.

2.3.2 Bestimmung des Brennpunktes

Die Bestimmung des Brennpunkts wird mit den gleichen Apparaturen durch-
geführt, wie die Bestimmung des Flammpunkts im offenen Gefäß (s. Kap.
2.2.2.1). Jedoch wird die Flüssigkeit nach Erreichen des Flammpunktes tempe-
raturprogrammiert weiter aufgeheizt (5 - 6 °C/min), und in 2°C-Schritten wer-
den weiter Entzündungsversuche vorgenommen, bis nach erfolgter Entzün-
dung die Flamme nicht mehr erlischt ( = unberichtigter, auf aktuellen Barome-
terstand bezogener Brennpunkt), sondern auf der Flüssigkeitsoberfläche für
eine Dauer von mindestens 5 s selbständig weiterbrennt. - In einigen Fällen
fallen Flammpunkt o.c. und Brennpunkt zusammen.
Beispiele für Standard-Vorschriften: ISO 2592, DIN 51376, ASTM D 92.

2.3.3 Kommentare, Besonderheiten

2.3.3.1 Abhängigkeit des Brennpunktes vom Barometerstand


Wie der Flammpunkt, so ist auch der Brennpunkt vom Barometerstand etwas
abhängig. Für die Berichtigung von unter Thgesumständen bestimmten Brenn-
2.4 Explosionsdruck/Explosionsheftigkeit 41

punkten werden die gleichen pauschalen Korrekturen vorgenommen, wie bei


im offenen Gefäß bestimmten Flammpunkten (s. dazu Kap. 2.2.3.1).

2.3.3.2 Aussagekraft des Brennpunktes


Der Brennpunkt kann Hinweise geben auf die Brandgefahr z. B. beim Auslau-
fen brennbarer Flüssigkeiten in mehr oder weniger freier Umgebung, während
der Flammpunkt in erster Linie auf das Vorhandensein einer explosionsfähi-
gen Atmosphäre hinweist.
Als wertvoll erwies sich die Kenntnis des Brennpunktes bei Wärmeträger-
flüssigkeiten, insbesondere auch bei solchen für Heizbäder in Laboratorien (s.
Thbelle 1.10). Der Brennpunkt allein genügt jedoch nicht für eine umfassende
Risikoabschätzung.
Eine brennbare Flüssigkeit kann aber unter Umständen schon bei Tempera-
turen unterhalb des Brennpunktes einen Brand unterhalten, z. B. dann, wenn
die brennbare Flüssigkeit von saugfähigem Material aufgenommrn wird, und
das saugfähige Material in der Art eines Dochtes die Verdampfung fördert.
Dieser Effekt wird z. B. ausgenutzt für die Prüfung auf Brennbarkeit von Flüs-
sigkeiten (vergl. dazu Kap. 3.2.2.3).

2.4 Explosionsdruck/Explosionsheftigkeit

In Kap. 2.1 wurde bereits darauf hingewiesen, daß die Verbrennungsgeschwin-


digkeit bei einem bestimmten Mischungsverhältnis von Brenngas mit Luft am
größten ist und daß sie zu den Explosionsgrenzen (Zündgrenzen) hin abnimmt.
Verfolgt man meßtechnisch einen solchen Verbrennungsablauf in einem ge-
schlossenen Behälter bei beliebiger Brenngaskonzentration in Luft (Abb. 1.28),
dann macht die Druckmessung nicht nur Angaben über den hierbei auftreten-

Zündung

~[barJ
CL dp zeitlicher
~
()
dt = Druckanstieg
I
:::J I
'-
l::J
(f) Pex
c
0
(f)
0 dp
0.-
x
W
0
0 Zeit [sJ
Abb. 1.28. Definition des Explosionsdruckes Pex und des zeitlichen Druckanstieges dp/dt
einer Explosion bei beliebiger Brenngaskonzentration
42 2 Brennbare Gase/Dämpfe

/bo,] PelC Methan - Explosion

'\ --l ~ ms

Abb. 1.29. Einfluß des Zündortes auf den zeitlichen Druckanstieg einer Methanexplosion

den Explosionsdruck Pex' das ist der Überdruck über dem Anfangsdruck, bei
dem das explosionsfähige Brenngas/Luft-Gemisch entzündet wird, sondern sie
gibt auch den zeitlichen Ablauf des Verbrennungsprozesses wieder. Dabei ist
der zeitliche Druckanstieg dp/dt ein Maß für die Flammengeschwindigkeit und
damit für die Explosionsheftigkeit. Der zeitliche Druckanstieg wird definiert
als der Anstieg im Wendepunkt des aufsteigenden Astes der Druck/Zeit-Kurve
der Explosion und ist gleich dem Quotienten aus Druckdifferenz und dazuge-
höriger Zeitdifferenz.
Der zeitliche Druckanstieg ist am größten (Abb. 1.29), wenn ein explosionsfä-
higes Gemisch in Raummitte entzündet wird. Bei einer Zündortverlagerung,
z. B. an den Behälterrand, kommt die Explosionsflamme sehr viel rascher mit
der abkühlenden Wand in Berührung. Die Folge ist ein verminderter zeitlicher
Druckanstieg und ein, wenn auch geringfügig, herabgesetzter Explosionsdruck.
Optimalwerte für die Explosionskenngrößen eines vorgegebenen Brenngases
(oder brennbaren Dampfes) erhält man daher in einem geschlossenen Behälter
von hinreichender Größe (V ~ 11) bei zentraler Zündortlage aus Messungen
über einen ausreichenden Konzentrationsbereich (Abb. 1.30). Sie werden defi-
niert als:
- Maximaler Explosionsdruck Pmax: Der bei der Explosion eines Brenn-
gas/Luft-Gemisches in optimaler Kon-
zentration auftretende höchste Druck-
wert in einem geschlossenen Behälter.
Maximaler zeitlicher Druckan- Der bei der Explosion eines Brenn-
stieg (dp/dt)max: gas/Luft-Gemisches optimaler Kon-
zentration auftretende höchste Wert
für den zeitlichen Druckanstieg in ei-
nem geschlossenen Behälter.
Obige Definitionen für die optimalen Explosionskenngrößen gelten auch für
die Explosionen von brennbaren Dämpfen in einem geschlossenen Behälter.
Die Maximalwerte stellen sich im Bereich der stöchiometrischen Gemischzu-
sammensetzung ein.
2.4 Explosionsdruck/Explosionsheftigkeit 43

I X [burJ
1Il Cl..QJ - 7 6 bur = muximuler
....... -

-, /
C , Explosionsdruck Pmux
o ~
"Vi x
.9u
o..:::J
X'-
W"O
\
o
Cl ...... [burlsJ
"01"0
Dl
400
- - 380 bur = mux zeitlicher
QJ I\: s Druckunstieg (dp/dtlmux
'-~
QJC
200
/. \
..co I•
=ux
u r\
t::::J
f!:!c5 o \ ...
0 2 4 6 1\01%1

Gaskonzentration
Abb. 1.30. Definition des maximalen Explosionsdrucks Pmax und des maximalen zeitlichen
Druckanstiegs (dp/dt)max bei optimaler Brenngaskonzentration

Von der Definition einer Explosion als selbständige FlammenfortpfIanzung


her sind also auch solche Reaktionen von Brenngas/Luft-Gemischen in ge-
schlossenen Behältern als Explosionen anzusehen, die bei einem sehr geringen
zeitlichen Druckanstieg nur eine schwache Druckäußerung zeigen. Es hat sich
eingebürgert, in solchen Fällen den Begriff Verpuffung zu gebrauchen.
Die maximalen Explosionskenngrößen sind mehr oder weniger vom Behäl-
tervolumen abhängig.
Während der maximale Explosionsdruck der herkömmlichen Brenngase
(brennbaren Dämpfe) im allgemeinen als annähernd konstant anzusehen ist
und nur von der Behältergeometrie abhängt, kann der maximale zeitliche
Druckanstieg je nach Art des brennbaren Stoffes und Behältervolumens sehr
unterschiedliche Werte annehmen.
Die Volumenabhängigkeit des maximalen zeitlichen Druckanstiegs eines
Brenngases (oder brennbaren Dampfes) beschreibt das "Kubische Gesetz"

(dp/dt)max'V1I3 = konst. = Ka .

Es besagt, daß das Produkt aus maximalem zeitlichem Druckanstieg multi-


pliziert mit der 3. Wurzel aus dem Behältervolumen eine Konstante ist. Es han-
delt sich bei dem Ka-Wert mit der Dimension [bar' m . s -1] um eine prüf- und
verfahrenstechnische Konstante [41], wenn
1. die optimale Gemischkonzentration eines Brenngases,
2. die gleiche Behälterform,
3. die gleiche Turbulenz der Brenngas/Luft-Gemische und
4. die gleiche Zündart und Zündenergie
zugrunde gelegt werden. Die Angabe des maximalen zeitlichen Druckanstiegs
ohne gleichzeitige Volumenangabe ist also für explosionstechnische Betrach-
tungen nicht ausreichend.
44 2 Brennbare Gase/Dämpfe

Abb.1.31. Geschlossener explosions fester 250 m3-Behälter

Im letzten Jahrzehnt sind zahlreiche Untersuchungen mit Brenngasen in ge-


schlossenen explosionsfesten Behältern bis zu V = 250 m3 Inhalt (Abb. 1.31)
durchgeführt worden, um obige Angaben über die Volumenabhängigkeit der
Explosionskenngrößen zu überprüfen.
Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß für die Bestimmung der Explo-
sionsgrenzen von Brenngasen und brennbaren Dämpfen Apparaturen von aus-
reichender Größe zu benutzen sind, um Wärmeentzug aus der Flamme an die
Gefäßwände und damit eine Fehlinterpretation der gemessenen Grenzwerte zu
vermeiden. Einer solchen Störung kann auch die Messung des maximalen Ex-
plosionsdrucks z. B. von Propan unterliegen, wie aus Abb. 1.32 zu ersehen ist.
Die Angaben beziehen sich auf Untersuchungsergebnisse in kugelförmigen
und zylindrischen Behältern von V = 0,005 - 250 m3 Inhalt. Sie erfolgten stets
über einen breiten Konzentrationsbereich bis hin zu den Zündgrenzen. Beim
Wirksamwerden der in Behältermitte angeordneten Zündquelle befanden sich
die Gemische im ruhenden Zustand. Zündart und Zündenergie wurden syste-
matisch verändert.
Man erkennt, daß grundsätzlich der maximale Explosionsdruck vom Ober-
flächen/Volumen-Verhältnis der Behälter abhängt, wobei der Einfluß der an-
gegebenen Zündenergie E von untergeordneter Bedeutung ist.
Haben Behälter eine Kugelform, dann steigt die optimale Druckwirkung mit
fallendem Oberflächen/Volumen-Verhältnis und folgt der Gleichung
o
Pmax = -0,0146-+8,32
V
2.4 Explosionsdruck/Explosionsheftigkeit 45
x
[bar J
0
E
CL E=lO - 10000 J -I~ E=10 - 100 J "E
.c<
u
:J 8,5
-0
(f)
c
0
(f)
8,0
.9-
CL
x
w 7,5
x
0 11

E >
7,0
0
Oberfläche 0
Voluenen V

Abb. 1.32. Einfluß der Behältergeometrie auf den maximalen Explosionsdruck von Propan
(Gemische im ruhenden Zustand entzündet)

Bei Ausschaltung des Wandeinflusses (O/V = 0) erreicht daher Propan einen


Höchstwert für den maximalen Explosionsdruck von Pmax = 8,3 bar.
Auch in zylindrischen Behältern ist bis zu einem Volumen von V = 2,4 m3
(O/V ~ 3,9 rn-I) ein ähnliches Verhalten der Druckäußerung zu beobachten.
Weil zusätzlich die Explosionsflamme vor dem Ende der Verbrennung die ab-
kühlende Behälterwand erreicht, werden niedrigere Druckwerte erreicht als in
Volumina mit Kugelform. Außerdem ist das Höhen/Durchmesserverhältnis
solcher Behälter (H/D = 1-1,8) von, wenn auch geringem Einfluß. In diesem
Fall gilt für den maximalen Explosionsdruck

o
Pmax = -0,0146-+7,95.
V

In zylindrischen Behältern mit nicht zu großem Volumen ist daher ein Höchst-
wert für den maximalen Explosionsdruck von Propan von Pmax = 7,9 bar zu
erwarten.
Ist hingegen der Quotient von Oberfläche zu Volumen klein (V~ 10 m3 ,
O/V :5 2,5 rn-I), dann verschwindet der Einfluß von Behältervolumen und
-formgebung, und der maximale Explosionsdruck von Propan erreicht immer
den Höchstwert von Pmax = 8,3 bar.
Je nach Behälterausführung schwankt daher der maximale Explosionsdruck
von Propan zwischen Pmax = 7,5 bar (zylindrischer 7 I-Behälter) und
Pmax = 8,3 bar (Behältervolumen V~ 10 m3). Verantwortlich hierfür ist, wie
gezeigt wurde, die Abhängigkeit der optimalen Druckäußerung vom Oberflä-
chen/Volumen-Verhältnis der Behälter, die sich bei zylindrischer Formgebung
besonders auswirkt. Die Bestimmung des maximalen Explosionsdrucks von
Brenngasen oder brennbaren Dämpfen im Labormaßstab sollte daher nur in
kugelförmigen Prüfapparaturen erfolgen.
Die Ergebnisse von Untersuchungen mit Methan und Wasserstoff in Behäl-
tern von V = 0,001 - 20 m3 Inhalt gelangen zu der gleichen Schlußfolgerung.
46 2 Brennbare Gase/Dämpfe

[bar]

8,5
x
~
a. 8,0
C1 _ _ _ _ _ _ _ _ _C1 _ _ _ _ _ _ _C1

CI
7,5

7,0 L-_L-_L-_-L-_--'----_--'-_---'
[bar. m. S-1] , - - - - - - - - - - - - - - ,
o V=20 I Kugel
CIV=38 I Zylinder-
750 behälter, ~/////,'l/'

H/D=l,18
~
I 500
~ "
250

OL-_L-_-L-_~_~_~~~
50 100
Zündenergie E

Abb. 1.33. Einfluß der Zündenergie E auf die Explosionskenngrößen von Propan
(Kondensatorentladung)

Die Gültigkeit des Kubischen Gesetzes, das, wie bereits bemerkt, die Volu-
menabhängigkeit des maximalen zeitlichen Druckanstiegs beschreibt, wurde
für Propan bestätigt und in Volumina von V:s 0,3 m3 die gasspezifische Kenn-
größe zu durchschnittlich Ko = 100 bar' m . s -1 bestimmt. Voraussetzung hier-
für ist, daß das Höhen/Durchmesser-Verhältnis von zylindrisch ausgeführten
Behältern in der Größenordnung von H/D = 1 liegt und die Energie der Zünd-
quelle (Induktions-Dauerfunkenstrecke, Kondensatorentladung) E = 100 J
nicht übersteigt. Bei höheren Zündenergien (Abb. 1.33) treten deutliche Abwei-
chungen von diesem Gesetz auf. Sie heben die Explosionskenngrößen in kugel-
förmigen Behältern eindeutig stärker als in zylindrischen an.
In großen Behältern nehmen die Propanexplosionen einen heftigeren Ver-
lauf als erwartet (Abb. 1.34). Bei Anwendung geringer Zündenergien (Induk-
tions-Dauerfunkenstrecke: E = 10 J) wird im 1 m 3-Behälter die gasspezifische
Kenngröße vereinzelt, bei höheren Zündenergien (explodierender Kupfer-
schmelzdraht: E = 100 J, pyrotechnische Zünder: E = 10 kJ) reproduzierbar
mehr als verdreifacht. Dabei liegt die Optimalkonzentration für den zeitlichen
Druckanstieg deutlich über der stöchiometrischen Gemischzusammensetzung
und nähert sich dieser in noch größeren Behältern (V = 10- 250 m 3). Dabei ist
die Zündenergie im Rahmen der Versuchsgenauigkeit von untergeordneter Be-
deutung.
2.4 Explosionsdruck/Explosionsheftigkeit 47

[bar]

.. 00

\\
0
7,5 0
0

x
E
Cl- 5,0

2,5 0

V= 250 m3 ----i. 0--- V=l m 3


300

200

100

0L--4~_ _~_ _-=~~~


o 2,5 5,0 7,5 [Vol%]
Propangehalt

Ab. 1.34. Explosionskenngrößen von Propan in Großbehältern (E = 1O-10000J)

Ursache hierfür sind vermutlich die Kompressionswirkungen von noch un-


verbranntem Gemisch vor der Flammenfront unmittelbar vor dem Ende der
Verbrennungsreaktion. Hierauf deuten die Oszillogramme für den zeitlichen
Druckverlauf von Propanexplosionen in einem Großbehälter hin (Abb. 1.35),
die schwingungs überlagert sind. Der gleiche Effekt ist auch in Kleinbehältern
(V = einige Liter) zu beobachten, wenn die Zündquelle in einem Gemisch von
überhöhtem Vordruck Pv wirksam wird.

x
I Zündung
0. "
-D [bar]
:::J
'-
"0
CI) 1b'-cFH--- E= 10 J
C 5
o
"üi E=10000 J --~r
o
0.
O~ ____~~~~L-__________~
W
X
o 1,0 [sJ
Zeit
Abb. 1.35. Einfluß der Zündenergie E auf den zeitlichen Druckverlauf von Propan im
250 m3-Behälter (Optimalkonzentration für den zeitlichen Druckanstieg)
48 2 Brennbare Gase/Dämpfe

1[ba~7][lL -----
~ ~~-_~-_~~~~~~~~~_8_'3~b_Cr
____ ____L -__7,8 bor __ ~
[bar. m· S-1J,.--------------------------------------.,
- - - - - - - 336 bor·m.s-'
300
E-1Q-l0000 J

200
E-1Q-l00 J

100 - - - - - 100 bcr.m.s-'

Behältervolumen V

Abb. 1.36. Einfluß des Behältervolumens V auf die Explosionskenngrößen von Propan
(Durchschnittswerte)

Aufgrund obiger Ausführungen stellt sich in Großbehältern (V ~ 1 m 3) von


annähernd kubischer Formgebung (H/D - 1) oder Kugelform für Propan eine
durchschnittliche gasspezifische Kenngröße von Ko = 336 bar' m . s -1 ein.
Bezüglich der Explosionskenngrößen von Propan muß daher zwischen dem
Klein- und dem Großbehälter unterschieden werden. Die für explosionstechni-
sche Betrachtungen zugrunde zu legenden Durchschnittswerte sind Abb. 1.36
zu entnehmen.
Methan reagiert weniger heftig, Wasserstoff hingegen heftiger als Propan
(Abb. 1.37). Werden die Gemische dieser Brennstoffe wiederum im ruhenden
Zustand durch eine Zündquelle (Induktions-Dauerfunkenstrecke) mit einem
Energieinhalt von E = 10 J entzündet, dann folgt in Volumina von
V = 0,001-20 m3 der maximale zeitliche Druckanstieg (dp/dt)max dem Kubi-
schen Gesetz. Ein anomales Verhalten der Explosionsheftigkeit wie im Falle
von Propan wurde nicht beobachtet.

-10 "'5
Zeit f
{'" 5 7
..

Abb.l.37. Zeitlicher Ablauf einer Methan- und einer Wasserstoffexplosion


in einer geschlossenen tl-Kugel (stöchiometrisches Gemisch)
2.4 Explosionsdruck/Explosionsheftigkeit 49

oX [bor /5] r - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - ,
-:-;E 8 Methan Pmox=7,1 bar KG =55 bar.m·s- 1
'_' 0 Propan Pm,,=7.8/8.3 bor KG =100/336 bor.m.s- 1
~ /2, Wasserstoff Pm,,=6.8 bor KG =550 bor.m.s- 1

~ '~/2,

; 103 r- ~........
~ f'....~.. ~
-6
2
2
10 r-
~~o
~"' ........
O"""'~/2,
o
:;:; "'..............
~
~ 1 G
; 10 ~-~I~--~I-~o_--~I-~lo---~
E 10 10 2
10 10 0 10' 10 2 [m 3 ]
Behö Itervolumen V

Abb.l.38. Maximaler zeitlicher Druckanstieg (dp/dt)max von Brenngasen als Funktion des
Behältervolumens V (H/D - 1)

Abbildung 1.38 zeigt für einige Brenngase die aus dem Kubischen Gesetz zu
erwartende Abnahme des maximalen zeitlichen Druckanstiegs mit steigendem
Behältervolumen. Dabei scheint es bemerkenswert, daß trotz geringer Zünd-
energie (E = 10 J) Propan in größeren Behältern (V 2:: 1 m3) in die unmittelba-
re Nähe von Wasserstoff rückt.
Wie gezeigt wurde, unterliegt vor allem die Druckmessung, weniger die Mes-
sung der Druckanstiegswerte dem Wandeinfluß der Behälter. Um ihn mög-
lichst gering zu halten, sind daher für die Bestimmung der Explosionskenngrö-
ßen brennbarer Stoffe im Labormaßstab stets kugelförmige Apparaturen zu
benutzen. Beträgt ihr Volumen V = 5 I, dann ist zu erwarten, daß in großvolu-
migen Behältern der Praxis der maximale Explosionsdruck um ca. 5OJo höher
ist als die Meßwerte angeben. Die volumenunabhängigen stoffspezifischen
Kenngrößen KG verschiedener Brenngase sind untereinander vergleichbar,
d. h. die Stoffordnung bleibt erhalten.

I Zündpunkt

[bar]

0-10% r.F.
x
v 40-50% ~F.
0.-

o 20 40 60 80 100 [msJ
Zeit
Abb. 1.39. Beeinflussung des zeitlichen Druckverlaufs von Methanexplosionen durch
die relative Feuchte der Verbrennungsluft in einem zylindrischen 7 I-Behälter
50 2 Brennbare Gase/Dämpfe

Der Wasserdampfgehalt in der Verbrennungsatmosphäre beeinflußt nur ge-


ring den zeitlichen Druckverlauf von Brenngasexplosionen, wie Abb. 1.39 am
Beispiel von Methan zeigt. Zunehmende relative Feuchte verlangsamt den Ex-
plosionsablauf.
Dieser Effekt ist jedoch nicht so groß, um für explosionstechnische Betrach-
tungen von Bedeutung zu sein.
Es ist eine Erfahrungstatsache, daß die Geschwindigkeit der meisten Reak-
tionen von der Temperatur abhängt. Temperaturerhöhung kann sowohl die Ge-
schwindigkeit erhöhen als auch herabsetzen. Daher kann es für sicherheitstech-
nische Betrachtungen von Bedeutung sein, den Einfluß der Temperatur auf die
Explosionskenngrößen zu kennen. Bekanntlich [42] verändert sich der Dampf-
druck von Flüssigkeiten mit der reziproken absoluten Temperatur. Dies gilt
auch für den maximalen Explosionsdruck von Brenngasen und brennbaren
Dämpfen, der in einem linearen Zusammenhang zu ihr steht (Abb. 1.40). Die-
jenigen brennbaren Flüssigkeiten, deren Dampfdruck bei Raumtemperatur
nicht ausreicht, um ein explosionsfähiges Dampf/Luft-Gemisch zu bilden,
wurden in definierten Mengen aus einer Mikroliterspritze in die entsprechend
vorerwärmte Apparatur (Abb. 1.11) eingedüst und der entstehende Partial-
druck mittels Feinmeß-Manometer bestimmt [43]. Dieses Verfahren ermöglicht
das Arbeiten über den gesamten Explosionsbereich.
Temperaturerhöhung um 100 oe vermindert den auf Raumtemperatur bezo-
genen maximalen Explosionsdruck um durchschnittlich 230/0, um 200 oe hin-

[bar J
o Propan
s Dimethylformamid
~ Pentan
CD Methanol
~ 8 • Wasserstoff
CL

<J)
o
Ci.
x
w
a; 6
Ci
E
'x
o
E

I I I I[mol.lt"·]
0,0054 0,0067 0,0080 0,0086
Sauerstoffkonzentration in Stickstoff

Abb. 1.40. Einfluß der Temperatur T auf den maximalen Explosionsdruck Pmax von brenn-
baren Gasen und Dämpfen (51-Kugel, E = 10 J)
2.4 Expiosionsdruck/Explosionsheftigkeit 51

gegen um durchschnittlich 38070. Verantwortlich hierfür ist die Abnahme der


absoluten Brennstoff- bzw. Sauerstoffkonzentration mit steigender Temperatur
(Abb.1.40).
Die aus der Gültigkeit des Kubischen Gesetzes resultierende gas spezifische
Kenngröße Ko verändert sich linear mit der Temperatur, wie Abb. 1.41 für ei-
nige charakteristische brennbare Gase und Dämpfe zeigt. Bei einigen von ih-
nen (Propan, Pentan, Toluol) ist die Zunahme dieses Wertes mit steigender
Thmperatur weitaus geringer als erwartet, weil offenbar einer Steigerung der
Reaktionsgeschwindigkeit die bereits erwähnte Abnahme der Reaktionspartner
entgegensteht. Bei anderen (Dimethylformamid, Octychlorid) überwiegt hin-
gegen der Einfluß der Abnahme der Sauerstoffkonzentration in Stickstoff.
Die lineare Abhängigkeit der Explosionskenngrößen von der Temperatur
bzw. vom Reziprokwert der absoluten Temperatur macht es durch Extrapola-
tion möglich, auch entsprechende, auf Raumtemperatur bezogene Angaben
für solche brennbaren Flüssigkeiten zu machen, die aufgrund des zu geringen
Dampfdrucks nur begrenzt oder gar keine explosionsfähigen Gemische bei die-
ser Temperatur bilden (Zahlenwerte s. Thbelle 1.11).
Wie die Zahlenangaben der Thbelle deutlich machen, liegen im allgemeinen
die Explosionskenngrößen der Lösemitteldämpfe in der Größenordnung derje-
nigen von Propan. Dieses Brenngas wird daher häufig als Ersatzbrenngas z. B.

80 I- L
r ---El ____ B _ _
-CJ

70 - I "
60- I
'.\
50 I-
~o~!
I :
8
~~:.~~jOformami:\
Pentan
8 Toluol
40 I-- ~I • OctjOchlorid •

30 I- ~I
"
20 ~I I I I I
o 50 100 150 200 ['e]
Temperatur T
I I
0,0086 0,0067 0,0061 0,0054 [mol.lt")
Sauerstoffkonzentration in Stickstoff

Abb. 1.41. Einfluß der Temperatur T auf die Stoffkonstante Ko von brennbaren Gasen und
Dämpfen (51-Kugel. E = 10 J)
52 2 Brennbare Gase/Dämpfe

Tabelle 1.11. Explosionskenngrößen von Brenngasen und brennbaren Dämpfen (51-Kugel,


E = 10 J, Normalbedingungen)

Brennbarer Stoff Pmax Ko Brennbarer Stoff Pmax Ko


[bar] [bar·m·s- I ] [bar] [bar·m·s- I ]

Acetophenon a 7,6 109 Methylenchlorid b 5,0 5


Acetylen 10,6 1415 Methylnitrit 11,4 111
Ammoniak b 5,4 10 Mobiltherm-light-Öl a 8,0 100
ß-Naphtol C 4,4 36 Neopentan 7,8 60
Butan 8,0 92 Octanol a 6,7 95
Dimethylformamid a 8,4 78 Octylchlorid a 8,0 116
Dimethylsulfoxid a 7,3 112 Pentan a 7,8 104
Ethana 7,8 106 Propan 7,9 100
Ether 8,1 115 Rohöl (Südafrika) 6,8-7,6 36-62
Ethylbenzol a 7,4 96 Schwefelkohlenstoff 6,4 105
Isopropanol a 7,8 83 Schwefelwasserstoff 7,4 45
Methan 7,1 55 Toluol a 7,8 94
Methanol a 7,5 75 Wasserstoff 6,8 550

a extrapolierte Werte
b E= loo-2ooJ
cT=2oo°C

für die experimentelle Erprobung der Wirksamkeit von konstruktiven Schutz-


maßnahmen gegen die Auswirkungen von Lösungsmitteldampfexplosionen
verwendet.
Wenden wir uns jetzt den Explosionskenngrößen von Mischgasen zu.
Werden dem relativ träge reagierenden Methan (Pmax = 7,1 bar, KG =
55 bar' m . s -I) deutlich heftiger reagierende Brenngase in Form von Wasser-
stoff (Pmax = 6,8 bar, KG = 550 bar'm 'S-I) oder Acetylen (Pmax = 10,6 bar,
KG = 1415 bar' m . s -I) zugesetzt (Abb. 1.42), dann verändert sich in Mischung
mit Luft der maximale Explosionsdruck der Mischgase proportional zu ihrer
Zusammensetzung. Die Explosionsdruckwirkung von Methan wird also ent-
weder geringfügig vermindert (Wasserstoff) oder nicht unwesentlich angeho-
ben (Azetylen). Ist also der maximale Explosionsdruck von zwei Brenngasen
(brennbaren Dämpfen) bekannt, dann kann der maximale Explosionsdruck
Pmax,M einer Mischung nach folgender Gleichung berechnet werden

Pmax,M = x'Pmax,1 +Y'Pmax,2 .


x prozentualer Anteil der einen Komponente mit dem maximalen
Explosionsdruck Pmax,l im Mischgas,
y prozentualer Anteil der anderen Komponente mit dem maxima-
len Explosionsdruck Pmax,2 im Mischgas.
Durch die Zumischung von Wasserstoff und Acetylen wird die gasspezifi-
sche Kenngröße KG von Methan zunächst zwar ebenfalls linear angehoben,
aber geringer als aufgrund der Mischungsregel zu erwarten. Methan phlegma-
tisiert offenbar den Explosionsablauf der beiden anderen Brenngase. Erst
2.4 Explosionsdruck/Explosionsheftigkeit 53

6-
5L-__L-1__~1__-J1__~

[bar. m • s-'] r------------/~---,


.& Wasserstoff
750 A Acetylen

~ 8

'(.> 500 /

~ 250 b!

.:::::::.:::::,._1>.
OL·__~__~__~L-~
100 75 50 25 o [Vol%]
o 25 50 75 100 [Vol%]
Methan
Wasserstoff bzw.Acetylen

Abb. 1.42. Explosionskenngrößen von Mischungen aus Methan mit Wasserstoff bzw.
Acetylen (51-Kugel, E = 10 J)

wenn diese im Überschuß vorhanden sind, ist ein überproportionaler Anstieg


zu beobachten.
Die üptimalkonzentrationen, bei denen sich die Explosionskenngrößen ein-
stellen, verschieben sich linear mit zunehmender Brenngaszumischung von
10 VolOJo (Methan) nach 35 Vol% (Wasserstoff) bzw. 15 Vol% (Acetylen) hin.
Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß die übliche Zündenergie (E = 10 J)
für die Zündgrenzen- und Explosionskenngrößenbestimmung zu gering ist, um
die Dämpfe von Methylenchlorid zu zünden. Werden solche Dämpfe mit sehr
viel leichter zündbarem Methanol oder Alkohol vermischt, verändern sich die
Explosionskenngrößen in Abhängigkeit vom MischungsverhäItnis gemäß
Abb.1.43.
Der maximale Explosionsdruck von Methanol bzw. Alkohol wird durch
Methylenchlorid-Zusatz unerwartet gering vermindert. Erst bei deutlichem
Methylenchlorid-Überschuß ist ein deutlicher Abfall gegen Null festzustellen.
Die Stoffkonstante Ko der beiden leicht entzündbaren Dämpfe wird hinge-
gen proportional zum Methylenchlorid-Zusatz herabgesetzt.
Trotz Brennbarkeit phlegmatisieren die Dämpfe von Methylenchlorid dieje-
nigen von Methanol und Alkohol. Ein ähnliches Verhalten der Explosions-
kenngrößen ist bei der Inertisierung von Brenngasen (brennbaren Dämpfen)
durch Inhibitoren zu beobachten.
54 2 Brennbare Gase/Dämpfe

[bor]

0-
~
7.5 r-

5.0 r-
._._\ '"

2.5f--- -,
~

0 I I I

[bor. m· s-']
'" Methanol
• Alkohol
150

iI
100
()

:<:

50

0
100 75 50 25 0 fVa'%j
0 25 50 75 100 Vol%
Methanol bzw.Alkohol
Methylenchlorid

Abb. 1.43. Explosionskenngrößen von Mischungen von Methanol bzw.


Alkohol mit Methylenchlorid (51-Kugel, T = 125 oe, E = 10 J)

Zufolge der Druckabhängigkeit vom Reaktionsmechanismus werden die Ex-


plosionskenngrößen auch vom Vordruck Pv beeinflußt. Das ist der Anfangs-
druck (Überdruck oder Unterdruck) beim Wirksamwerden der Zündquelle in
einem explosionsfähigen Gemisch optimaler Konzentration.
Eine Herabsetzung dieses Drucks unter den Normaldruck (Abb. 1.44) be-
wirkt eine proportionale Abnahme der Kenngrößen, bis schließlich die Fähig-
keit zur selbständigen Explosionsfortpflanzung aufhört. Dies tritt bei einem
bestimmten Grenzdruck ein, der für die Brenngase und brennbaren Dämpfe in
Mischung mit Luft in der Größenordnung von einigen 10mbar liegt;. Einerseits
müssen nach den Angaben von Abb. 1.14 bei sehr geringen Ausgangsdrücken
höhere Zündenergien als üblich angewendet werden, andererseits ist es interes-
sant, daß sie in diesem Bereich die Explosionskenngrößen nicht beeinflussen.
Bei Anhebung des Vordrucks über den Normaldruck hinaus bleibt grund-
sätzlich die proportionale Veränderung der Kenngrößen erhalten. Wird diese
jedoch bei Propan/Luft-Gemischen über Pv = 2 bar hinaus angehoben
(Abb. 1.45), dann tritt hinsichtlich der gasspezifischen Kenngröße Ko eine
"Unstetigkeit" auf, dahingehend, daß die Explosionen einen heftigeren Verlauf
als erwartet nehmen. Diese Unstetigkeit tritt bereits bei geringerem Vordruck
auf, wenn die Zündenergie erhöht wird (E> 10 J). Es ist dies der gleiche Effekt,
wie er bei Propanexplosionen beobachtet wurde (Abb. 1.34), die in Großbehäl-
tern (V~ 1 m3) bei Normaldruck ablaufen.
2.4 Expiosionsdruck/Explosionsheftigkeit 55

[bar]
o
o 0

7,5e- ~ ~ /"

E
o •
El •
propan.pen~tan
Wasserstoff
c'l'1'
El
~ 5,0- '/
~ b~'
2,5- , ~0~
o .~I I I

[bar. m· s·'] [bar. m· s·']


c
.3c 75
QJ
0...
c
0 50
Cl-
0
0:
25
~ "
0
0
Vordruck Pv

Abb. 1.44. Explosionskenngrößen brennbarer Stoffe im Unterdruckbereich (7I-Behälter,


H/D = 1)

[bar ] ,------------,~

20
x
o
E
n.

OL-__- L_ _ _ _L -_ _- L_ _~
[bar. m· s"J
750

500

250

OL-__- L_ _ _ _L -_ _- L_ _~
o 1,5 2,0 2,5 [bar]
Vordruck Pv

Abb.l.45. Explosionskenngrößen von Propan im Überdruckbereich (7 I-Behälter, H/D = 1)


56 2 Brennbare Gase/Dämpfe

[bar]
o V=l I Kugel
o V=54 I Behältcr.H/D=6
200 ,~

x
o ,~
d "
E
D- #,' ~.
100 r d""
0" " o~
./
,,:f ./
~d""'"

o 5 10 15 [bar]
Vordruck Pv

Abb. 1.46. Explosionskenngrößen von Methan im Überdruckbereich (E = 100 J)

Bei Methan wurde eine solche Unstetigkeit nicht beobachtet. In einem Be-
hälter von Kugelgestalt änderten sich bis zu einem Vordruck von Pv = 30 bar
der maximale Explosionsdruck Pmax und die gasspezifische Kenngröße KG
proportional.
In langgestreckten Behältern mit einem Höhen/Durchmesser-Verhältnis von
H/D > 5 hat man es bei Zündung in Behältermitte nur im Anfangsstadium des
Verbrennungsprozesses mit einer kugelförmigen Ausbreitung der Explosions-
flamme zu tun [23], die dann in axialer Richtung rasch zu den Behälterenden
wandert und hier ein bereits vorkomprimiertes Gemisch vorfindet. Dies führt
zu einer Steigerung der Explosionsheftigkeit.
In Abb. 1.46 sind die Explosionskenngrößen von Methan gegenübergestellt,
die in einem 11-Kugelbehälter und in einem langgestreckten 541-Behälter
(H/D = 6) bei gleicher Zündenergie (E = 100 J) gemessen worden sind [23].
Bei Normaldruck (Pv = 1 bar, abs.) wird zwar in dem langgestreckten Be··
hälter zufolge der größeren Verlustwärme der an sich in geschlossenen kubi-
schen Behältern zu erwartende maximale Explosionsdruck von etwas mehr als
7 bar nicht ganz erreicht, dennoch ist hier aufgrund des veränderten Verbren-
nungsablaufs mit ansteigendem Vordruck eine stärkere Zunahme des Explo-
sionsdrucks zu beobachten als im Kugelbehälter; bei einem Vordruck von
Pv = 20 bar tritt nahezu Verdopplung ein.
r---=
2.4 Explosionsdruck/Explosionsheftigkeit 57

[bor] ~ im ruhenden
ZUSlond entzün-
5 detes Gern isch

o 0 L - L -_ _ _ _ __

a. E
"'o"
2
1; [bor]
im schwach turbu-
c lenten Zustand ent-
o
"Vi zündetes Gemisch
o 5
0.
x
w
L
OL...L._ _ _ _ _ __
Cl>
Ci
E
"x
E [bar] im stark turbulenten
Zustand entzün-
detes Gemisch
5

O~ ____________ ~

I I I I I
o 250 500 750 [msJ
Zeit t

Abb.1.47. Einfluß der Thrbulenz auf den Ablauf von Methan-Explosionen im


1 m3-Behälter (Optimalkonzentration)

Ähnlich ist das Verhalten der gasspezifischen Kenngröße KG • Obgleich das


Kubische Gesetz Übereinstimmung in beiden Behältern fordert, sind im lang-
gestreckten Behälter, unabhängig vom Vordruck, knapp dreimal so hohe Werte
wie im 11-Kugelbehälter zu beobachten.
Es ist also auch die Behälterform in explosionstechnische Betrachtungen
einzubeziehen.
Bisher wurde davon ausgegangen, daß sich die explosionsfähigen Brenngas/-
bzw. Dampf/Luft-Gemische beim Wirksamwerden der Zündquelle im ruhen-
den Zustand befinden. Bei der sicherheitstechnischen Beurteilung von mögli-
chen Explosionsabläufen in der Industriepraxis hat man es jedoch häufig mit
bewegten, d. h. turbulenten Gasgemiscben zu tun. Obgleich bisher der Zusam-
menhang zwischen Turbulenz und Verbrennungsablauf noch nicht als geklärt
anzusehen ist, können aus den bisherigen Ergebnissen diesbezüglicher experi-
menteller Untersuchungen bestimmte Schlußfolgerungen gezogen werden.
Gegenüber den im ruhenden Zustand entzündeten Brenngas/Luft-Gemi-
sehen wird durch Turbulenz (zunächst unabhängig von der Art ihrer Erzeu-
gung) besonders die Druckanstiegsrate der Explosionen deutlich angehoben
(Abb. 1.47). Hingegen ist die Druckäußerung von diesem Einfluß weniger be-
troffen.
Dies wurde durch die Untersuchungen von Harris [44] mit Pentan in einem
1,7 m 3-Behälter bestätigt. Bei Gemischentzündung im ruhenden Zustand (ver-
gl. Tabelle 1.11) ergaben sich zunächst im überstöchiometrischen Bereich ähn-
lich überhöhte Explosionskenngrößen (Pmax = 8 bar, KG = 361 bar· m . s -1)
58 2 Brennbare Gase/Dämpfe

[bar]

x
c
9-
CI.. _0-' ~.

E
CL
7-- - im ruhenden Zustand
entzündet

61-

5L-__l-1__~1__~1L-~

500 I- /
400 I- 0/0
300

200/
I-

o
/
100 f= -- ----- ----------

o I I I -1
o 500 1000 1500 [U·min]
Drehzahl

Abb. 1.48. Einfluß der Thrbulenz auf den Ablauf von Pentan-Explosionen
im 1,7 m 3-Behälter [44] (3 VolOJo Pentan in Luft)

wie bei Propan (s. Abb. 1.34). Die Thrbulenzerzeugung erfolgte durch zwei im
Bereich der Behältermitte angeordnete Ventilatoren. Wie Abb. 1.48 zeigt, stei-
gen sowohl der maximale Explosionsdruck Pmax als auch der Ko-Wert mit zu-
nehmender Ventilatorendrehzahl als Maß für die Turbulenz linear an, wobei
die Druckäußerung, wie erwartet, nur gering diesem Einfluß unterliegt.
Förster und Steen [45] führten Untersuchungen mit turbulenten Pro-
pan/Luft-Gemischen stöchiometrischer Zusammensetzung in einem 0,055 m3_
und in einem 1,7 m3-Behälter durch. Für die Turbulenzanfachung benutzten
sie vier symmetrisch an der Behälterwand angebrachte Ventilatoren oder auch
vier Düsen, über die das Gemisch in den jeweiligen Behälter eingeblasen wur-
de. Es wurde zunächst festgestellt, daß nicht so sehr die Art der Thrbulenzer-
zeugung sondern der Behälterdurchmesser von ausschlaggebender Bedeutung
für die Korrelationslänge als Maß für den Wirbelballendurchmesser ist, der
mit zunehmendem Behältervolumen steigt. Zunehmende Turbulenzintensität
hebt fast linear den KG-Wert an. Angaben über das entsprechende Verhalten
des maximalen Explosionsdrucks werden nicht gemacht.
Unter Anlehnung an das genormte Untersuchungsverfahren für brennbare
Stäube (s. Kap. 3.3.3) kann die Turbulenz von Brenngasen auch durch Eindü-
sen von Gemisch z. B. in einen 1 m3-Behälter erzeugt werden. Hierbei wird in
2.4 Explosionsdruck/Explosionsheftigkeit 59

[bar] ,
I~"'A

h ~ß~ß:r-'G,.~~
~
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",' '\c----+bei starker
A : Turbulenz
I

300 _ i \ entzündet

§ ~G_G"
J?
bei mittlerer
-D 200 I- / ' -G~ \" - Turb~lenz
o
::J I
I A
entzundet

~ 100 I- G/'...0...0.L. \"


N 0 ..$~0....0 I 0iiIII0~... . 1- ~s~~~~nden
4 8 12 [Val %] entzündet
Methan - Gehalt

Abb.l.49. Einfluß der Thrbulenz auf den Explosionsbereich von Methan im 1 m 3-Behälter
(E = 10 J)

einem 5,41-Vorratsbehälter mit Schnellöffnungsventil unter einem Überdruck


von 20 bar das gleiche Gasgemisch erstellt wie im Explosionsbehälter selbst.
Nach dem Betätigen des Ventils am Vorratsbehälter strömt das Gemisch über
eine perforierte Halb-Ringdüse in den 1 m 3-Behälter ein und wird hier mög-
lichst gleichmäßig verteilt. Die Zündverzögerungszeit t v zwischen der Gasge-
mischeingabe und dem Wirksamwerden der Zündquelle (lnduktions-Dauer-
funkenstrecke: E = 10 J) ist ein Maß für die Thrbulenz, bei der das Brenn-
gas/Luft-Gemisch entzündet wird. Eine Zündverzögerungszeit von tv = 0,3 s
bedeutet demzufolge eine hohe, von t v = 0,6-0,9 s eine mittlere und von
t v = 1,5 s eine niedrige Gemischturbulenz.
Abbildung 1.49 zeigt die Verhältnisse für Methan. Weil unter turbulenten
Verbrennungsbedingungen das noch unverbrannte Brenngas viel schneller mit
der Flamme in Berührung kommt, als es bei sphärischer Ausbreitung der Fall
ist, steigert Durchwirbelung die Heftigkeit der Methan-Explosionen um den
nahezu neunfachen Betrag (es wird also nicht ganz die Heftigkeit von Wasser-
stoffexplosionen bei ruhend entzündetem Gemisch (Abb. 1.38) erreicht). Ver-
bunden hiermit ist eine Anhebung des Explosionsdrucks und eine geringfügige
Erweiterung des Explosionsbereiches. Die Verbrennung ist in solchen Fällen
nur annähernd kugelförmig und die Flammenfront stark verzerrt [41].
Im Gegensatz zur Thrbulenzerzeugung durch Ventilatoren wird mit abneh-
mender Zündverzögerungszeit t v (zunehmender Thrbulenz) der maximale Ex-
plosionsdruck Pmax von Brenngasen linear angehoben (Abb. 1.50), während
der Ko-Wert parabelförmig ansteigt.
60 2 Brennbare Gase/Dämpfe

[bar] , - - - - - - - - - ,

~==:================ }
im ruhenden
0..
E Zustand
8 entzündet
7-

6- Turbulenz:
hoch mittel niedrig
5L-_L-_~_~_~

[bar. m· s-J ,-------------------,


0
5001-

~~0
• Methan
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~
e. 400 f-
Q)
3:
I
"
300 f-
.~0
.~:
~

200 -

100 ---*-----------------
---~----------------

o I I I
o 0,5 1,0 1,5 [ms]
Zündverzögerungszeit t v

Abb. 1.50. Einfluß der Zündverzögerungszeit t v (Thrbulenz) auf die Explosionskenngrößen


von Brenngasen (Optimalkonzentration, E = 10 J)

Tabelle 1.12. Explosionskenngrößen brennbarer Stoffe, deren Gemische im stark turbulen-


ten Zustand entzündet wurden

Literaturangabe Brennstoff Behältervolumen V Turbulenzer- Pmax Ko


1m3] zeugung durch [bar] [bar'm 'S-I]

[44] Pentan 1,7 Ventilatoren 8,5 576


[45] Propan 1,7 Ventilatoren 8,5 536
Eigenversuche Propan 1,0 Eindüsen von 8,8 515
Gemisch

Nach Angaben von Tabelle 1.12 ist, unabhängig von der Art der Thrbulenz-
anfachung, eine recht gute Übereinstimmung bezüglich der von verschiedenen
Autoren gemessenen Explosionskenngrößen für den Fall festzustellen, daß die
Gemische brennbarer Stoffe im stark turbulenten Zustand entzündet wurden.
Danach ist für Propan und ähnlich reagierende Brenngase und brennbare
Dämpfe im Durchschnitt mit einem maximalen Explosionsdruck von Pmax =
8,6 bar und einer stoffspezifischen Kenngröße von Ko = 542 bar' m . s -1 zu
rechnen.
Wie Abb. 1.51 zeigt, ändert sich die prozentuale Anhebung der Explosions-
kenngrößen von Brenngasen durch starke Gemischturbulenz linear mit dem
2.4 Explosionsdruck/Explosionsheftigkeit 61

50D

Abb. 1.51. Prozentuale Anhebung der Explosionskenngrößen von Brenngasen (und brenn-
baren Dämpfen) durch starke Gemischturbulenz (E = 10 J)

Reziprokwert des KG-Wertes, bezogen auf Messungen bei ruhendem Gemisch


z. B. in einem 51-Behälter und eine nicht zu hohe Zündenergie (s. Abb. 1.33).
Der Explosionsablauf von brennbaren Stoffen mit geringer normaler Verbren-
nungsgeschwindigkeit (z. B. Methan) unterliegt somit viel stärker dem Turbu-
lenzeinfluß als derjenige von Brenngasen mit hoher normaler Verbrennungsge-
schwindigkeit (z. B. Wasserstoff). Der Darstellung kann auch die zu erwartende
Verstärkung des Explosionsablaufs infolge Thrbulenzeinfluß für beliebige
Brenngase entnommen werden, wenn deren Explosionskenngrößen bekannt
sind.
Die beschriebenen Einflußnahmen der Thrbulenz müssen bei der Festlegung
von konstruktiven Schutzmaßnahmen gegen die Auswirkungen von Explosio-
nen [1, 2] berücksichtigt werden.
Die Turbulenz ist auch eine der Ursachen für die Steigerung der Explosions-
heftigkeit in durch ein Rohr verbundenen Behältern von zunächst gleichem Vo-
lumen (Abb. 1.52). In solchen Fällen können sehr heftige Oszillationen des Ex-
plosionsablaufs auftreten. Nach dem Wirksamwerden der Zündquelle im er-
sten Behälter (Zündbehälter) entsteht dort zunächst eine laminare Flamme, die
schließlich in das Verbindungsrohr eintritt, sich beschleunigt und turbulent
wird.
Der dann in den zweiten Behälter eintretende Flammenstrahl stößt hier auf
ein Gemisch, das infolge Vorschubs des unverbrannten Gemisches vor der
Flammenfront bewegt, d. h. turbulent ist. Flammenstrahlzündung und Thrbu-
lenz bewirken einen sehr hohen zeitlichen Druckanstieg, der sich auch auf den
Zündbehälter auswirkt. Die Folge ist, daß im Rahmen der Versuchsgenauigkeit
in beiden Behältern die gleiche gasspezifische Kenngröße KG zu beobachten
62 2 Brennbare Gase/Dämpfe

Abb. 1.52. Laborapparatur für die Untersuchung des Explosionsablaufs in Behältern von
gleichem Volumen (V = 7 I), die durch ein Rohr verbunden sind

.s:41 [bar] 0- 7
13 0

:S Zweitbehölter

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0..

;0 Zündbehälter
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1ll=1ll-1ll
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Zündort:
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Stirnseite
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250 I- ~ I- I-

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ß"'~/
:.::" o I c;-0- 1
0 I
o 250 5000 250 5000 250 [mm]

Rohrleitungslönge I

0-30 mm 0-60 mm 0-90 mm

Explosionskenngrößen im geschlossenen
Einzelbehölter

Abb. 1.53. Explosionskenngrößen von Propan in durch Rohre verbundenen Behältern von
gleichem Volumen (V = 71, E = 10 J)
2.4 Explosionsdruck/Explosionsheftigkeit 63

ii [bar]
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.

.
;0
N 7,51--------------------------
~:
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C

"1 ~
7,Of-- •

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~ 250 Z""
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h .•
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~
....
:.:
125
------------~~~~-----
OL-_L-_~_~_-L~
o 25 50 75 100 [mm]
Durchmesser D der verbindenden Rohrleitung

------ Explosionskenngrößen im geschlossenen


Einzelbehälter

Abb. 1.54. Explosionskenngrößen von Propan als Funktion des Durchmessers D der verbin-
denden Rohrleitung gleichvolumiger Behälter (V = 71, 1 = 400 mm, E = 10 J)

ist (Abb. 1.53). Je weiter der Zündort im Zündbehälter vom Rohranfang ent-
fernt, je enger der Durchmesser D der verbindenden Rohrleitung und je länger
diese selbst ist, um so größer ist die Druckanstiegsrate. Der maximale Explo-
sionsdruck unterliegt hingegen nur dem Einfluß des Zündortes und des Rohr-
durchmessers. Bei günstigsten Versuchsbedingungen ist zufolge von Vorkom-
pressionseffekten im Zweitbehälter die Druckäußerung überhöht.
Abbildung 1.54 zeigt für Propan und eine konstante Rohrlänge die Explo-
sionskenngrößen als Funktion des Durchmessers D der verbindenden Rohrlei-
tung. Danach kann davon ausgegangen werden, daß bei gleichvolumigen Be-
hältern eine Überhöhung des Ko-Wertes gegenüber dem Einzelbehälter dann
nicht mehr gegeben ist (Zündort: Stirnseite, D = 120 mm), wenn der Durch-
messer der verbindenden Rohrleitung mindestens dem halben Durchmesser
der Grundfläche der miteinander verbundenen Behälter entspricht. Abkühlef-
fekte in der gemäß Abb. 1.52 langgestreckten Laborapparatur lassen in diesem
Fall einen maximalen Explosionsdruck von Propan in der Größenordnung von
Pmax = 7 bar erwarten.
Obige Ausführungen gelten grundsätzlich auch dann, wenn Behälter von un-
terschiedlichem Volumen durch eine Rohrleitung verbunden sind (Abb. 1.55).
Jedoch kann in diesem Fall der Einfluß von Vorkompressionseffekten in dem
Behälter, in den eine Explosion übertragen wird, von zusätzlichem Einfluß auf
den Explosionsablauf sein [46].
In Abb. 1.56 sind die Explosionskenngrößen von Methan für den Fall darge-
stellt, daß die Explosionen von dem kleineren Behälter (V = 1 m3) in den grö-
64 2 Brennbare Gase/Dämpfe

Abb.l.55. 1 m3-Behälter (Vordergrund) mit 5 m3-Behälter durch eine 10 m lange Rohrlei-


tung DN 100 verbunden [46]
[bar] ~
01 m J -
20 r-- Behälter

.
.5 m J -
Behälter
o
E
a.

r-- ~.
-.,.------- p :Einzel-
mox behälter

o L -_ _L-I_--, I

[bar. m . s -1 .z.iinQQr:t.
Stirnseite/
10000 _1 m J -
Behälter
~1:·
Stirnseite/
5 mJ -
Behälter

5000 - -

':::0/ 01
__
o
~
v/
~ 1000 L -..-c..:'.~- .-J

~o o
0

I
o -- - - - - ---- ---------- KG: EinzeI-
o 250 500 0 250 [mm] behälter

Durchmesser D der verbindenden Rohrleitung

Abb. 1.56. Explosionskenngrößen von Methan in durch Rohre verbundenen Behältern von
unterschiedlichem Volumen (V = 1 m 3 ;:::t 5 m3 , I = 10m, E = 10 J)
2.4 Explosionsdruck/Explosionsheftigkeit 65

ßeren Behälter (V = 5 m 3) sowie auch umgekehrt über eine 10 m lange Leitung


von unterschiedlichem Durchmesser übertragen werden. Der Zündort befindet
sich in möglichst großem Abstand vom Anfang der verbindenden Rohrleitung,
d. h. an der Stirnseite des jeweiligen Zündbehälters.
Wiederum ist der Rohrdurchmesser von entscheidendem Einfluß auf das ge-
samte Explosionsgeschehen. Nimmt er zu, dann steigert sich die Explosions-
wirkung in beiden Behältern.
Bei Explosionsübertragung aus dem 1 m3-Behälter in den 5 m 3-Behälter
(Abb. 1.56, links) liegen die Explosionskenngrößen in beiden Behältern in der
gleichen Größenordnung, wobei eine Verstärkung speziell des Ko-Wertes ge-
genüber den Werten festzustellen ist, die für den Einzelbehälter gelten.
Erfolgt umgekehrt die Übertragung der Methanexplosionen aus dem
5 m3-Behälter in den 1 m 3-Behälter (Abb. 1.56, rechts), dann werden im kleine-
ren Behälter sowohl die Druckanstiegsrate (der Ko-Wert) als auch der maximale
Explosionsdruck Pmax überdurchschnittlich angehoben. Vorkompression, Ge-
mischturbulenz und Flammenstrahlzündung sind die Ursachen hierfür.
Es wurden auch Brenngase mit einer gegenüber Methan höheren normalen
Verbrennungsgeschwindigkeit untersucht: Mischgas 7011,10 CH4/30% H 2 (Pro-
pan), Mischgas 30% CH4/70% H 2 (Stadtgas) und Wasserstoff. Der Durch-
messer der beide Behälter verbindenden Rohrleitung betrug D = 400 mm
(Abb. 1.57).
~"'...

\
[bar]
~

__.
~ Stirnseite/

-
.--
1 m3 -
20 I- Behälter

V-
Zii.ruI2rt.. Stirnseite/
5 m3 _

10 f- -
.. Behälter

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10000 I- -. f- \
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I 5000 f-
~~
I- 01 m 3-Behälter

...
.5 m3 -Behälter
~ "

o e-a- 0
I I I ----- f.
--_.
I I I I
10 5575 140 550 10 5575 140 550
K : Einzelbehälter [bar. m· s-~
c;

Abb.I.57. Explosionskenngrößen von Brenngasen in durch ein Rohr DN 400 verbundenen


Behältern von unterschiedlichem Volumen (V = 1 m3 .,t5 m3, 1= 10 m, E = 10 J)
66 2 Brennbare Gase/Dämpfe

Beim Wirksamwerden der Zündquelle im kleineren Behälter verstärkt sich


die Explosionsheftigkeit im größeren Behälter mit zunehmender normaler Ver-
brennungsgeschwindigkeit. Hingegen vermindert sich tendenzmäßig obige Ex-
plosionswirkung im 1 m 3-Behälter von Methan zum Wasserstoff hin, wenn
die Explosionen im größeren Behälter eingeleitet werden. Verantwortlich hier-
für ist wiederum das Zusammenspiel von Gemischturbulenz, Vorkompression
und Flammenstrahlzündung sowie die Rückwirkung des Explosionsablaufs im
Zweitbehälter auf denjenigen im Zündbehälter.
In Thbelle 1.13 sind alle Meßwerte aus Abb. 1.57 zusammengefaßt, während
Thbelle 1.14 für die Brenngase Methan bis Wasserstoff die durchschnittliche
prozentuale Zunahme beider Explosionskenngrößen enthält, bezogen auf die
Werte, die bei ruhendem Gemisch im Einzelbehälter gemessen wurden.
Die Angaben der Thbellen machen zwar deutlich, daß, wie erwartet, die Ex-
plosionsverstärkung in dem Behälter, in den die Explosion übertragen wird,
am größten ist; die Rückwirkung der hier stattfindenden Explosion auf den
Zündbehälter führt jedoch auch dort zu einer nicht unerheblichen Anhebung
der Explosionskenngrößen.
Folgende Schlußfolgerungen sind aus den bisherigen Erkenntnissen zu zie-
hen: Zum Vermeiden einer unerwünschten Verstärkung der Explosionsheftig-
keit in gleichvolumigen durch ein Rohr verbundenen Behältern (~ V± 100/0) ist
bei kurzer Leitungslänge deren Querschnitt möglichst groß zu wählen
(Abb. 1.53 und 1.54). Stimmen beide Behältervolumina nicht überein, ist unab-
hängig vom Durchmesser der Verbindungsleitung immer mit einer Explosions-
verstärkung zu rechnen (Abb. 1.56 und 1.57). Dies gilt besonders dann, wenn
Explosionen aus einem größeren in einen kleineren Behälter übertragen werden
(Thbelle 1.14). Gegebenenfalls werden explosionstechnische Entkopplungs-
maßnahmen (s. Teil 2, Abschn. 4.5) notwendig.

Tabelle 1.13. Explosionskenngrößen von Brenngasen in Behältern, die durch ein Rohr DN
400 verbunden sind (l = 10 m, Zündort: Stirnseite Zündbehälter , E = 10 J)

Meßwerte bezogen auf Einzelbehälter (ru- Durch ein Rohr DN 400 verbundene
hendes Gemisch) Behälter

V = 1-5m3 V= 1m3 V=5m3

Brenngas Versuchsan- Pmax Ko Pmax Ko Pmax Ko


ordnung [bar] [bar·m·s- 1] [bar] [bar·m·s- 1] [bar] [bar·m·s- 1]

Methan 1 m3 -+5 m3 7,1 55 10,4 880 10,4 2137


5 m3 -+ 1 m3 23,2 12800 10,0 1208
Propan a 1 m 3 -+5 m3 7,0 75 10,8 895 13,2 2326
5 m3 -+ 1 m3 24,0 9166 10,0 1208
Stadtgas b 1 m3 -+5 m3 6,9 140 12,8 1250 16,0 10687
5 m3 -+ 1 m3 28,0 8800 10,0 1208
Wasserstoff 1 m3 -+5 m3 6,8 550 13,2 800 16,8 10259
5 m3 -+ 1 m3 18,4 6400 10,0 1208

a Mischgas: 70Ofo CH4/30% H 2


b Mischgas: 30% CH 4170% H 2
2.4 Explosionsdruck/Explosionsheftigkeit 67

Tabelle 1.14. Durchschnittliche prozentuale Zunahme der Explosionskenngrößen von Me-


than, Propan, Stadtgas und Wasserstoff bei Explosionen in Behältern, die durch ein Rohr
DN 400 verbunden sind (I = 10 m; Zündort: Stirnseite Zündbehälter, E = 10 J)

V [m3] 5

Versuchs- Prozentuale durchschnittliche Verstärkung


anordnung
Pmax Ko Pmax Ko
[070] [%] [%] [%]

1 m3 -+5 m3 70 858 103 4021


5 m3 -+ 1 m3 273 10636 44 1223

Bisher sind Behältervolumina betrachtet worden, die vollständig und homo-


gen mit explosions fähigem Brenngas/Luft-Gemisch befüllt waren. Ist jedoch,
wie dies in der Praxis gegeben sein kann, mit einem örtlich begrenzten Auftre-
ten von explosionsfähigem Gemisch zu rechnen, so bestimmt die im Augen-
blick des Wirksamwerdens der Zündquelle gerade vorhandene Gemischmenge
den maximalen Explosionsdruck [41J, wobei ein fast linearer Zusammenhang
zwischen dem Befüllungsgrad und dem entsprechenden Druck besteht. Der
maximale zeitliche Druckanstieg vermindert sich entsprechend.
Die bisherigen Betrachtungen bezogen sich auf Mischungen von Brenngasen
(brennbaren Dämpfen) in Mischungen mit Luft. Es erhebt sich daher die Fra-
ge, wie sich die Explosionsgrenzen verändern, wenn brennbare Stoffe in Mi-
schung mit Sauerstoff auftreten.
Es wurde bereits darauf hingewiesen (Abb. 1.22), daß sich an der unteren
Zündgrenze von Brennstoff/Luft-Gemischen Sauerstoff im Überschuß befin-
det, der an der Verbrennung nicht teilnimmt, aber als Wärme verzehrender
Ballast wirkt. Wegen der nahezu gleichen kalorischen Eigenschaften verhält
sich der überschüssige Sauerstoff ähnlich wie der als Inertgas in der Luft ent-
haltene Stickstoff. Das bedeutet, daß ein Ersatz des Stickstoffs durch Sauer-
stoff die untere Zündgrenze nicht wesentlich verändert. D. h. die unteren Ex-
plosionsgrenzen von Brenngasen in Mischung mit Luft und mit Sauerstoff lie-
gen selbst bei Thmperaturerhöhung bemerkenswert dicht beieinander.
An der oberen Explosionsgrenze von Brenngas/Luft-Gemischen hingegen
besteht, bezogen auf die Brennstoffmenge, ein Sauerstoffmangel. Hier bewirkt
ein Ersatz des Stickstoffs durch Sauerstoff eine deutliche Verschiebung der
Zündgrenze zu höheren Konzentrationen hin (Thbelle 1.4).
Wegen der höheren Flammentemperaturen (zufolge des erhöhten Stoffum-
satzes) ergeben Brenngas/Sauerstoff-Gemische nicht nur einen höheren maxi-
malen Explosionsdruck, sondern auch eine starke Erhöhung der Reaktionsge-
schwindigkeit, die sich in einer starken Anhebung des maximalen zeitlichen
Druckanstiegs äußert.
Abbildung 1.58 zeigt für Methan in Mischung mit Sauerstoff den Einfluß
der Brenngaskonzentration auf die Explosionskenngrößen im Vergleich zur
Mischung mit Luft.
68 2 Brennbare Gase/Dämpfe

".
[bar]

.
~pmox=15,6 bar
x
/- -
/.
Cl. 15
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U
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I
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W

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0: 60'10 o in Mischung mit
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Luft

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Cl' _ in Mischung mit
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Vl 40·10 Sauerstoff
C

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o
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3
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200
400 LA"
o ,.' ',_ I
" K c =57 bar·m·s
I I
-1
I
"

o : 10 : 20 30 40 50 60 [Vol%]
I I !
I I Methangeholt
UEG OEG
Luft,02 Luft

Abb. 1.58. Einfluß des Methangehalts bei Mischung mit Luft und mit Sauerstoff auf die Ex-
plosionskenngrößen (51-Kugel, E = 10 J)

Danach bewirkt im Falle von Methan der Ersatz des Stickstoffs der Luft
durch reinen Sauerstoff eine Heraufsetzung des maximalen Explosionsdrucks
Pmax um 1200/0 und der brenngasspezifischen Kenngröße KG um ca. 2400%.
Die Explosionskenngrößen weiterer brennbarer Stoffe in Mischung mit Sau-
erstoff sind Tabelle 1.15 zu entnehmen.
Unabhängig von der Zusammensetzung der Verbrennungsluft ändert sich
aufgrund der ähnlichen physikalischen und chemischen Eigenschaften der ma-
ximale Explosionsdruck Pmax innerhalb der homologen Reihe Cn H 2n + 2 (Me-
than --+ Butan) im Rahmen der Versuchsgenauigkeit linear mit der Anzahl der
Kohlenstoffatome n (Abb. 1.59). Es gilt
für Mischung mit Luft Pmax = 0,49' n + 6,4
für Mischung mit Sauerstoff Pmax = 2,55' n + 13,0
Hieraus errechnet sich für Pentan (n = 5) und Normalbedingungen bei Mi-
schung mit Luft ein maximaler Explosionsdruck von Pmax = 8,9 bar und bei
Mischung mit Sauerstoff ein solcher von Pmax = 25,8 bar.
Für die gasspezifische Kenngröße existieren die oben angesprochenen Ge-
setzmäßigkeiten nicht. Sie ist unter Berücksichtigung der Tatsache, daß es
2.4 Explosionsdruck/Explosionsheftigkeit 69

Tabelle 1.15. Explosionskenngrößen brennbarer Stoffe in Mischung mit Sauerstoff (51-Ku-


gel, E = 10 J)

Brennbarer Stoff Bruttogleichung Pmax [bar]

Methan CH 4 15,6 13680


Ethan C 2H 6 19,0 12824
Propan C 3H s 20,9 12653
Butan C4H lO 23,3 12901
Ethylenbenzol CSH lO 17 1" 10416 a
Acetophenon CsHsO 1S:5 b 8755 b
Wasserstoff H2 10,4 >17000

a bezogen auf 150°C


b bezogen auf 225°C

[bar]

j-
-
/:
x 20 I-
0
E
a.
-'"
u
::J in Mischung
-0 mit Sauerstoff
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-"a.'" 15 r-
x
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n:
0
E
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:::E W
::J
(J)

0
E 10 I- in Mischung
mit Luft

~0~
0

5 I I I I
2 3 4 [n]
Cn H 2n + 2

Abb. 1.59. Explosionsdruck Pmax als Funktion der Kohlenstoffatome n


einer homologen Reihe (5 I-Kugel, E = 10 J)

äußerst schwierig ist, die sehr hohen Druckanstiegsraten in der 51-Laborappa-


ratur sauber bei Mischung der Brenngase mit Sauerstoff auszuwerten, mit
Ko = 13000 bar· m . s -1 als annähernd konstant anzusehen.
Wird also der Stickstoff der Luft durch Sauerstoff ersetzt, dann muß durch-
schnittlich damit gerechnet werden, daß der maximale Explosionsdruck um
den 2,6fachen Betrag, der Ko-Wert um den 130fachen Betrag verstärkt wird.
Es gibt gasförmige Verbindungen, die ohne Sauerstoff allein aufgrund ihrer
thermodynamischen und chemischen Eigenschaften durch eine Zündquelle zu
70 2 Brennbare Gase/Dämpfe

i
Q)
'Öl Ausgangsstoff
'-
Q)
c
W
Zerfallsprodukte

Reaktionsweg -
Abb. 1.60. Energiediagramm einer Zerfallsreaktion [47]

Tabelle 1.16. Explosionsgrenzen und Explosionskenngrößen von Acetylen bei Mischung


mit Luft (V = 201, E = 10 J)

UEG [VolOJo] OEG [Vol%] Pmax [bar]

2,8 76 (100)a 9,4 823

a Zersetzung

einer explosionsartigen Zerfallsreaktion gebracht werden können. Ein zerfall-


fähiges Gas zerfällt nicht spontan. Zur Einleitung der Reaktion ist die Zufuhr
eines bestimmten Energiebetrages der sogenannten freien Aktivierungsenthal-
pie ~GA erforderlich. Diese in Abb. 1.60 gezeigte Energieschwelle muß über-
wunden werden, damit die Reaktion ablaufen und die freie Reaktionsenthalpie
~Gr freigesetzt werden kann [47].
Zu solchen Gasen gehört das Acetylen, das bei Mischung mit Luft die in Ta-
belle 1.16 angegebenen Explosionsgrenzen und Explosionskenngrößen in einer
20 I-Apparatur von Kugelform hat, wenn eine Induktions-Dauerfunkenstrecke
mit einem Energieinhalt von E = 10 J als Zündquelle eingesetzt wird [48].
Der maximale Explosionsdruck von Acetylen ist also um ca. 250,70 höher als
derjenige von Propan bzw. der Lösungsmitteldämpfe. Die Explosionsheftigkeit
übersteigt diejenige von Wasserstoff um 500,70.
Es stellt sich nunmehr die Frage, welchen Zersetzungsdruck pz Acetylen
hat, und ob der zeitliche Druckanstieg dp/dt der Zersetzung dem Kubischen
Gesetz folgt, d. h. die Frage nach der Existenz einer zersetzungsspezifischen
Kenngröße Kz .
Eine Antwort hierauf geben die Ergebnisse systematischer Untersuchungen,
die in unterschiedlichen Volumina (V = 0,005 - 2,4 m\ bei unterschiedlichem
Vordruck (Pv:s 1400 mbar), dem Ausgangsdruck beim Wirksamwerden der
Zündquelle, und mit unterschiedlichen Zündarten durchgeführt wurden [49].
Betrachtet sei zunächst der Zersetzungsdruck pz (Abb.1.61).
Wie auf der linken Bildseite zu erkennen ist, unterliegt der Zersetzungsdruck
nur dem Einfluß des Behältervolumens V und, wie erwartet, des Vordruckes
Pv, hingegen nicht der Zündart und Zündenergie. Er ist unabhängig davon,
ob als Zündquelle eine Kondensatorentladung verwendet wird, die der Min-
2.4 Explosionsdruck/Explosionsheftigkeit 71

: 8.
[bor] r - - - - ; - - - - - - - - - , r--------1 ----------~
~ i
0 . V=O,005 m J .,
~ V=O,038 m J E
A V 24 J
'"o
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0. 125-:C:
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~ ~1~ A
2 E: ~ A/
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....... ~
~
il :........
N r;A"
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~ 7,5 - , .......... E=MZE
V 0 08 E=100 J
5 i I I A E=250 J

9001000110012001300HOO[mbor] 0 2,6 10 16,8 20 28,2 30 [m']


Oberfläche
Vordruck Py
Volumen

Abb, 1.61. Zersetzungsdruck von Acetylen

destzündenergie für den Zerfall entspricht, die mit steigendem Vordruck ab-
nimmt, ein durch eine KondensatorentIadung zum Zerknall gebrachter dünner
Cu-Schmelzdraht (E = 100 J) oder ein pyrotechnischer Zünder mit einem
Energieinhalt von E = 250 J.
Eindeutig ist im Gegensatz hierzu der Einfluß des Oberflächen/Volu-
men-Verhältnisses der Behälter, der im linearen Zusammenhang zum Zerset-
zungsdruck pz steht (rechte Bildseite). Durch Extrapolation gegen Null erhält
man in Abhängigkeit vom Vordruck diejenige Druckwirkung, die bei Aus-
schluß des Oberflächeneinflusses, d. h. in Großbehältern, optimal zu erwarten
ist.
Ein völlig anderes Verhalten zeigt der zeitliche Druckanstieg dp/dt des Ace-
tylen-Zerfalls (Abb. 1.62).
Hohe Zündenergien (linke Bildseite) stören vermutlich den idealen Ablauf
der Zersetzung. Es stellt sich daher in allen Behältern eine relativ niedrige
Druckanstiegsrate ein. Höchstwerte sind hingegen zu beobachten, wenn die
Zündenergie E in Form einer punktförmigen Kondensatorentladung der Min-
destzündenergie MZE für den Acetylenzerfall entspricht. Insgesamt gesehen
steigt der zeitliche Druckanstieg mit zunehmendem BehäItervolumen. Dies be-

[bor/s] ~ : 0 • V=O,005 m3 •
3 [bar/s] ..." , ""'-
~ : G • V==O,OJ8 m" .,; ~

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~
:c0':A V=2.4 m-.;
150 I- a. , " ' . . . . .
3......
200
' - " ........
....
0
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a. :g g • ~. '-..
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oll-'
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........
150 t-
"'
......
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i . / tj ....... ffi
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501- ~~....... E=MZE
~tj- ••
100 0Py =1000
I!>. py =1200 mb ar
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,,'
A
~ ~: OB[=100J Elp=1400mbar
o i 1_ L A E=250 J 50 v I I I 'cp I
90010001100,2001300,400[mbar] 0 10 16,8 20 28,2 30 [m']
Oberfläche
Vordruck Pv
Volumen

Abb. 1.62. Zeitlicher Druckanstieg dp/dt des Acetylen-Zerfalls


72 2 Brennbare Gase/Dämpfe

Tabelle 1.17. Optimale Zersetzungskenngrößen von


Acetylen in Abhängigkeit vom Vordruck Pv
(O/V = 0 rn-i, Pv:s0,5 bar)

Pv [bar] pz [bar] dp/dt [bar/s]

oa 9,8 182
0,2 11,5 230
0,4 13,1 278

a ~ Atmosphärendruck

deutet, daß für Acetylen eine zersetzungsspezifische Kenngröße Kz nicht an-


gegeben werden kann, weil das Kubische Gesetz genau das umgekehrte Verhal-
ten dieser Kenngröße verlangt. Wenngleich Kondensatorentladungen als Zünd-
quelle im Großbehälter nicht eingesetzt wurden, gilt es als wahrscheinlich
(rechte Bildseite), daß das Oberflächen/Volumen-Verhältnis auch die Druckan-
stiegsrate des Acetylen-Zerfalls beeinflußt. Durch Extrapolation gegen Null
kann wiederum derjenige zeitliche Druckanstieg dp/dt abgeschätzt werden, der
bei Ausschluß des Oberflächeneinflusses speziell in Großbehältern zu erwarten
ist.
Für den Zersetzungsdruck pz von Acetylen gilt daher bis zu einem Über-
druck von Pv = 0,5 bar:

o
pz = -0,1241-+8,25·Pv+ 9,8
V

Der zeitliche Druckanstieg dp/dt läßt sich nach der Gleichung

dp/dt =
o
-4,9-+240·pv+ 182
V
abschätzen.
Bei Ausschluß des Oberflächeneinflusses sind die in Tabelle 1.17 angegebe-
nen optimalen Zersetzungskenngrößen zu erwarten.
Bei Normalbedingungen entspricht zwar der Zersetzungsdruck pz von Ace-
tylen dem maximalen Explosionsdruck Pmax bei Mischung mit Luft, die Zer-
fallsreaktion verläuft hingegen wesentlich langsamer als eine Explosion.
Zusatzuntersuchungen im lI-Autoklaven [50] haben für einen Temperatur-
bereich von -16 0 bis +23 oe mit steigender Temperatur eine geringe Abnah-
me der Zersetzungskenngrößen ergeben. Dies ist vermutlich nicht auf den Tem-
peratureffekt, sondern die Abnahme der für einen Zerfall zur Verfügung ste-
henden Acetylenmenge zurückzuführen.
Wenden wir uns nun der Zersetzung von Ethylenoxid-Dampf zu. Umfangrei-
che Untersuchungen [51, 52] in Behältern von unterschiedlichem Volumen ge-
ben Auskunft über die Zersetzungskenngrößen. Betrachten wir zunächst ihr
Verhalten in Abhängigkeit von Temperatur T und Vordruck Pv über dem Nor-
2.4 Explosionsdruck/Explosionsheftigkeit 73

[bar]

0" 40

""
()

2 30
"U)

'"
C
:J
!j 20
"l' - - T=25 'e
N" ------- T= 100 'e
_._.- T=200 'e
OL-~ __ ~ __ ~ __ ~ ____ ~

[bar /5] ,------------,--.,------,

.g-j=o
"'"
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U) 75
c

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:J
q 50 E=MZE

"iii
N

25

0
0 2 3 4 [bar]
Vordruck Pv

Abb.l.63. Zersetzungskenngrößen von Ethylenoxid-Dampf in Abhängigkeit


von Temperatur T und Vordruck Pv (V = 20 I, ruhender Zustand)

maidruck in einer kugelförmigen 20 I-Apparatur (Abb. 1.63). Hierbei befindet


sich der Dampf beim Wirksamwerden der Zündquelle zunächst im ruhenden
Zustand.
Im Überdruckbereich verändert sich der Zersetzungsdruck pz linear mit
dem Vordruck Pv und fällt, wie bei den Brenngasen und brennbaren Dämp-
fen, mit zunehmender Temperatur (Abb. 1.63, oben). Er ist unabhängig von
der Zündenergie E.
Der zeitliche Druckanstieg der Zersetzung (Abb. 1.63, unten) unterliegt dem
gleichen Einfluß des Vordruckes Pv. Temperaturerhöhung bewirkt jedoch eine
Verstärkung der Heftigkeit des Zersetzungsablaufes. Ferner ist zu beachten,
daß diese Kenngröße zusätzlich von der aufgewendeten Zündenergie E beein-
flußt wird. Entspricht diese der Mindestzündenergie MZE, die eben gerade er-
forderlich ist, um eine Zersetzung einzuleiten, dann verläuft die Zersetzung
deutlich langsamer als in Gegenwart einer kräftigen Zünd quelle wie z. B. pyro-
technische Zünder (Abb. 1.64).
Auch im Unterdruckbereich fallen beide Zersetzungskenngrößen linear mit
dem Anfangsdruck des Ethylenoxid-Dampfes. Ein Grenzdruck, bei dem keine
Zersetzung mehr stattfindet, wurde in der 20 I-Apparatur für einen Tempera-
turbereich von T = 25 -100 oe nicht festgestellt. Bei einer erhöhten Tempera-
tur von 200 °e liegt er hingegen in der Größenordnung von 150 mbar [52].
74 2 Brennbare Gase/Dämpfe

Abb. 1.64. Pyrotechnischer Zünder mit einem Energieinhalt von E = 250 J

In einem 1 m 3-Behälter (Höhen/Durchmesser-Verhältnis -1) wurde ein


sehr ähnliches Verhalten der Zersetzungskenngrößen festgestellt:
Unabhängigkeit des Zersetzungsdrucks von der Zündenergie, lineares An-
steigen mit zunehmendem Vordruck und Fallen mit steigender Temperatur;
Abhängigkeit des zeitlichen Druckanstiegs der Zersetzung von der Zünd-
energie, lineares Ansteigen mit zunehmendem Vordruck und steigender
Temperatur.
Abbildung 1.65 vergleicht für zwei Temperaturen die in beiden Apparaturen ge-
messenen Zersetzungskenngrößen.
Es wird zunächst deutlich (Abb. 1.65, oben), daß der Zersetzungsdruck pz
im Rahmen der Versuchsgenauigkeit unabhängig vom Behältervolumen ist.
Um die Gültigkeit des Kubischen Gesetzes zu überprüfen, wurde in
Abb. 1.65, unten, auf der Ordinate anstelle des zeitlichen Druckanstieges dp/dt
das Produkt mit der dritten Wurzel aus dem Behältervolumen V aufgetragen.
Wie man erkennt, ist bei einem vorgegebenen Vordruck Pv die geforderte
Konstanz des Produktes nicht ganz erfüllt. Die Unterschiede zwischen der 20 1-
Apparatur und dem 1 m3-Behälter sind jedoch so gering, daß von der Exi-
stenz einer zersetzungsspezifischen Kenngröße Kz ausgegangen werden kann.
Es gelten daher die folgenden Gleichungen für die Abschätzung der volu-
menunabhängigen Zersetzungskenngrößen von Ethylenoxid-Dampf im ruhen-
den Zustand in Abhängigkeit von Temperatur (T ~ 200 0c) und Vordruck
(Pv ~ 4 bar) bei Vorhandensein einer kräftigen Zündquelle:
pz = (10-0,01714 T) Pv+6,7-0,01257 T
Kz = (0,01526 T+6,9) Pv+0,00457 T+5,09
Es wurde auch die Zersetzung von bewegtem, d. h. turbulentem Ethylenoxid-
Dampf untersucht. Die Turbulenz wurde durch rasches Einbringen begrenzter
2.4 Explosionsdruck/Explosionsheftigkeit 75

[bar]
6 V= 1 m J J o
o V= 0,02 m
40

E '" 250 J
30
N
"-
20
T=25 'C
T=100 'C

OL-~ __- L_ _- L_ _ ~ _ _ _ _~

[bar. m· s-J . - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - ,

o 1 2 3 4 [bar J
Vordruck Pv

Abb. 1.65. Einfluß des Behältervolumens V auf die Zersetzungskenngrößen


von Ethylenoxid-Dampf (ruhender Zustand)

Stickstoffmengen aus einem Vorratsbehälter über eine perforierte Halbringdü-


se in die Apparatur erzeugt. Die Zündverzögerungszeit zwischen dem Beginn
der Stickstoffeingabe und dem Wirksamwerden der Zündquelle (Pyrotechni-
sche Zünder: E = 250 J) ist ein Maß für die Turbulenz beim Beginn des Zerset-
zungsvorganges. Kurze Zündverzögerungszeiten bedeuten eine hohe, lange
Zündverzögerungzeiten eine geringe Thrbulenz des Ethylenoxid-Dampfes.
Der Stickstoff vermindert nur gering die Zersetzungskenngrößen [52].
Es hat sich zunächst in der 20 I-Apparatur (Abb. 1.66) ergeben, daß der Zer-
setzungsdruck pz nicht dem Einfluß der Turbulenz unterliegt und im Rahmen
der Versuchsgenauigkeit mit den Werten übereinstimmt, die bei der Zersetzung
von Ethylenoxid-Dampf im ruhenden Zustand beobachtet wurden.
Der zeitliche Druckanstieg dp/dt ist bei Turbulenz zwar deutlich höher (ver-
g1. Abb. 1.63), aber, und dies ist erstaunlich, unabhängig vom Turbulenzzu-
stand (hohe, mittlere und niedrige Turbulenz).
Wie bei ruhendem so bewirkt auch bei der Zersetzung von bewegtem Ethyle-
noxid-Dampf
eine Zunahme des Vordruckes eine lineare Zunahme der Zersetzungskenn-
größen und
eine Temperatursteigerung Abnahme des Zersetzungsdruckes und Zunah-
me des zeitlichen Druckanstiegs.
76 2 Brennbare Gase/Dämpfe

[bar] [bar] , - - - - - - - - - - ,
T=25 "C 8 V= 1 m 3 3
T=100 'C 40 _ 0 V= 0,02 m
40
T=200 'C /e
30 - e
Cl-
N
30
0.
N
e/
20- /
20
e
10 - / T=100 'C,E=250 J

,------/---;.<:>-.*--,
o L I I I

[bar. m.s-']
[bar /s]
400 - ~

1500 300 - e/
200- /
%I:<; 1000 e
100 /

500
o I I I I
o 2 3 4 [bar]
O'--_L-_-L-_--'----_---'--_--' Vordruck Pv
o 2 3 4 [bar]
Vordruck p v

Abb.1.66 Abb.167
Abb. 1.66. Zersetzungskenngrößen von Ethylenoxid-Dampf in Abhängigkeit von Temperatur
T und Vordruck Pv (V = 20 I, turbulenter Zustand)
Abb.l.67. Einfluß des Behältervolumens V auf die Zersetzungskenngrößen von Ethylen-
oxid-Dampf (turbulenter Zustand)

Auch im 1 m 3-Behälter war der Zersetzungs druck unabhängig davon, ob die


Zündquelle in ruhendem oder bewegtem Ethylenoxid-Dampf wirksam wurde,
und es bestand ebenfalls Unabhängigkeit des zeitlichen Druckanstiegs vom
Turbulenzzustand.
Abbildung 1.67 vergleicht, bezogen auf eine Temperatur von T = lOOoe, die
Zersetzungskenngrößen in unterschiedlichen Volumina. Auch im turbulenten
Zustand ist Unabhängigkeit des Zersetzungsdruckes pz vom Behältervolumen
gegeben (Abb. 1.67, oben). Für den zeitlichen Druckanstieg dp/dt (Abb. 1.67,
unten) ist exakt die Gültigkeit des Kubischen Gesetzes und damit die Existenz
einer zersetzungs spezifischen Kenngröße Kz nachgewiesen.
Unabhängig vom Behältervolumen gilt die für ruhenden Ethylenoxid-
Dampf angegebene Gleichung für die Berechnung des Zersetzungsdruckes pz
(s. S. 74) auch für den turbulenten Zustand.
Die ebenfalls volumenunabhängige stoffspezifische Zersetzungskenngröße
Kz und der daraus sich ergebende zeitliche Druckanstieg, bezogen auf ein vor-
gegebenes Behältervolumen, ist hingegen bei Turbulenz wie folgt abzuschätzen
Kz = (0,5027 T + 67) Pv + 0,244 T + 9,1 .
2.4 Explosionsdruck/Explosionsheftigkeit 77

Tabelle 1.18. Zersetzungskenngrößen von Propargylchlorid


(Y = 5 I, Normalbedingungen)

pz [bar] dp/dt [bar/s] dp/dt·y I/3


[bar·m·s- I ]

12 -100 -17,1

Aus der Literatur [54J ist bekannt, daß sich die Dämpfe von Propargylchlo-
rid in Abwesenheit von Sauerstoff zersetzen können. Untersuchungen im Un-
terdruckbereich in einer 5 I-Apparatur [55J haben die lineare Abhängigkeit der
Zersetzungskenngrößen vom Anfangsdruck bestätigt. Die Zündenergie war
von untergeordnetem Einfluß. Entsprechende Angaben über die zu erwarten-
den Kenngrößen bei Normalbedingungen macht Thbelle 1.18.
Weil die Versuche nicht in unterschiedlichen Volumina stattfanden, konnte
die Existenz einer zersetzungsspezifischen Kenngröße Kz nicht nachgewiesen
werden.
Auch ChlorlWasserstoff-Gemische sind bekanntlich in bestimmten Mi-
schungsverhältnissen zersetzungs fähig. Weil die Reaktionen mit einem starken
Knall verbunden sind, nennt man solche Gemische Chlorknallgas.
Diese Reaktion, entdeckt von Cruixhand (1801), zählt zu den ältesten photo-
chemischen Vorgängen und ist wegen ihres anfänglich sehr verwickelt erschei-
nenden Verlaufes ungewöhnlich häufig bearbeitet worden, zuerst von Draper
(1849) und dann von Bunsen und Roscoe (1856) [56-58J.
Abbildung 1.68 zeigt die Abhängigkeit der Zersetzungskenngrößen von Ge-
mischen aus Chlor und Wasserstoff, gemessen in einem zylindrischen 71-Be-
hälter mit einem Höhen/Durchmesser-Verhältnis = 1 (Zündenergie, E = 10 J).
Im Augenblick des Wirksamwerdens der Zündquelle befand sich das Gemisch
in Ruhe.

[1xIr I .--------o,--------r
I
Vl 8,5 bar =maximaler
Cl
Zersetzungsdruck Pz
§~
N
-+-.:.::: 5
OJ u
~::J
Q)<-
N-o
o
[ bar/51 .----r------,
I
.:.::: a:xxJ
u
::J
<- 6550 bar =maximaler zeitlicher
o a.1-+-
ffJJJ
-0 -0 s Druckanstieg (..QQ.\
Ln:tJ dti'max
2(0)
o o 50 [ ol%1
Chlor-Gehalt in Wasserstoff
Abb. 1.68. Zersetzungskenngrößen von Chlor/Wasserstoff-Gemischen
78 2 Brennbare Gase/Dämpfe

Tabelle 1.19. Sicherheitstechnische Kenngrößen von Gemischen von Chlor in Wasserstoff


(V=71, H/D= 1, E= 1OJ)

UZG [VoIOJo] OZG [VoIOJo] pz [bar] (dp/dt)max (dp/dt)max' V I/3


[bar/s] [bar·m·s- I ]

5 85 8,5 6550 1253

Maximale Zersetzungsauswirkungen stellen sich somit bei einer Konzentra-


tion von 50 VolOJo Chlor in Wasserstoff ein. Die unter den vorgegebenen Bedin-
gungen geltenden Zersetzungskenngrößen von Chlor in Wasserstoff sind ein-
schließlich der unteren Zersetzungsgrenze UZG bzw. der oberen Zersetzungs-
grenze OZG der Thbelle 1.19 zu entnehmen.
Chlor/Wasserstoff-Gemische reagieren somit, bezogen auf das vorgegebene
Apparatevolumen, heftiger als Wasserstoff/Luft-Gemische (Thbelle 1.11: Pmax
= 6,8 bar, (dp/dt)max = 2875 bar/s) aber weniger heftig als Wasserstoff/Sauer-
stoff-Gemische (Thbelle 1.15: Pmax = 10,4 bar, (dp/dt)max -15000 bar/s).
Ob für ChlorlWasserstoff-Gemische das Produkt aus maximalem zeitlichem
Druckanstieg und der 3. Wurzel aus dem Behältervolumen konstant und damit
eine zersetzungsspezifische Kenngröße Kz gegeben ist, ist z. Zt. nicht bekannt,
weil Untersuchungen in größeren Volumina nicht durchgeführt wurden.

2.5 Mindestzündenergie

Die Mindestzündenergie MZE von Brenngasen und brennbaren Dämpfen ist


eine sehr wichtige sicherheitstechnische Kenngröße, weil sie z. B. mitbestim-
mend ist für die Beurteilung der Zündwirksamkeit der für diese brennbaren
Stoffe bedeutsamen Zündquellen (elektrostatische Entladungen, mechanisch
erzeugte Funken).
Eine durch einen elektrischen Funken hervorgerufene Entzündung wird
dann als erfolgreich angesehen, wenn sich in dem den Funken umgebenden Ge-
misch eine Flamme selbständig fortpflanzt. Dann kommt es zu deutlich wahr-
nehmbarer Flammenerscheinung mit Druckaufbau. Somit muß die von der
Zündquelle abgegebene Energie von einem bestimmten Zeitpunkt an durch die
freiwerdende Reaktionswärme kompensiert werden. Entzündung ist daher
dann nicht gegeben, wenn nur in unmittelbarer Nähe der Zündquelle eine er-
zwungene Verbrennungsreaktion stattfindet.
Ob ein Funke zündet oder nicht, hängt bei vorgegebenem Gasgemisch von
der Intensität des Funkens ab, daneben aber noch von der Funkenentladung
selbst, z. B. von dem zeitlichen Strom- und Spannungsverlauf, vom Elektro-
denabstand und von anderen Einflüssen [11, 12,59].
2.5 Mindestzündenergie 79

Zündwilligste
Gemisch
+-
I QJ
w I
.Y
01 0,75
I
4-
QJ :;J
:0

~indest-
01 .L:
L
QJ -g 0
C ::;J
QJ : N
"'0
C zLinaenergie
:::::J MZE
N

Brenngasgehalt In Luft
Abb.1.69 Abb.1.70
Abb. 1.69. Definition der Mindestzündenergie MZE
Abb.1.70. Relative Zündhäufigkeit von 8,2 Vol"lo Methan in Luft (V = 381, 100 Versuche
pro Zündenergie E)

Die Mindestzündenergie MZE eines Brennstoffes ist der bei Veränderung


der Gemischzusammensetzung sich ergebende Minimalwert der Zündenergie
(Abb. 1.69). Die diesem Wert entsprechende Gemischzusammensetzung wird
als zündwilligstes Gemisch bezeichnet.
Wenn nicht anders vermerkt, bezieht sich die Mindestzündenergie auf das
zündwilligste Gemisch eines Brennstoffes in Luft von 1,013 bar Ausgangsdruck
und Umgebungstemperatur [60].
Die relative Zündhäufigkeit (Abb. 1.70) wird definiert als das Verhältnis der
Anzahl der Funken, die zur Entzündung des Gemisches geführt haben, zur Ge-
samtzahl der im gleichen Gemisch unter gleichen Bedingungen erzeugten Fun-
ken.
Die Mindestzündenergie wird mit Kondensatorentladungsfunken bestimmt,
deren Energie E aus der angelegten Spannung U und der Kapazität C nach der
Gleichung E = 0,5· C· U2 berechnet werden kann. Die Funkenstrecke des Ent-
lade kreises ist in Raummitte eines explosionsfesten und ausreichend großen
Zündgefäßes (im allgemeinen V> 1 1) angeordnet, um Wandeinflüsse auf den
Zündvorgang auszuschalten. Ein ebenfalls explosionsfestes Beobachtungsfen-
ster ist notwendig, um Entladungsfunken und Flammenerscheinung beobach-
ten zu können.
Durch systematische Veränderung der Zündenergie (im allgemeinen Energie-
halbierung) wird als Zündenergie E der Niedrigstwert bestimmt, bei dem ein
vorgegebenes explosions fähiges Gemisch eben gerade noch entzündet wird.
Hierbei ist zu beachten, daß die Zündenergie nicht nur von der Art und der
Zusammensetzung des Gemisches, sondern auch von der Elektrodenkonfigu-
ration der Funkenstrecke und den sonstigen Eigenschaften des Entladekreises
abhängt [60].
80 2 Brennbare Gase/Dämpfe

Ziindgefäß mit Funkenstrecke (U


HV Hochspannungsnetzgerät
~ Ladewiderstand
CL Spe icherkapaz ität linc I. Streukapaz i tät)
L Induktivität

Abb.I.71. Mindestzündenergiebestimmung durch spontanen Durchbruch einer Funken-


strecke [60]

Zunächst kann die Mindestzündenergie MZE durch spontanen Durchbruch


einer Funkenstrecke bestimmt werden (Abb.1.71).
Mit Hilfe einer Hochspannungsquelle HV wird die Kapazität CL (Speicher-
kondensator einschließlich sämtlicher Streukapazitäten der Anordnung) über
einen Ladewiderstand RL auf die Durchbruchspannung der Funkenstrecke
aufgeladen. Als günstigste Elektrodenform haben sich Kugeln von ca. 2 mm
Durchmesser bewährt. Bei spontan einsetzendem Durchbruch der Funken-
strecke wird dann die aufgeladene Kapazität CL' falls erforderlich über eine
Spule der Induktivität L, über die Funkenstrecke entladen. Um eine zu große
statistische Streuung der Werte für die Durchbruchspannung zu vermeiden,
wird empfohlen [60], die Funkenstrecke einer leichten UV-Strahlung geringer
Intensität auszusetzen.
Dieses Meßverfahren für die Bestimmung der Mindestzündenergie ent-
spricht im Prinzip dem ASTM-Verfahren [61].
Die Mindestzündenergie von Brenngasen und brennbaren Dämpfen kann
auch bestimmt werden durch 'friggerung eines 3-Elektroden-Systems.
Seine schematische Darstellung zeigt Abb. 1.72.

R2 TR R,
u
S
11

-::-
Triggerkreis
1
-::-

G Ziindgefäß c;. Speicher-


(I) Hauptelektroden kapazität
12) Hilfselektrode Induktivität
HV Hochspannungs- Ri.Hz Widerstände zur
netzgerät Strollbegrenzung
Il. ladeMiderstand TR Ziindtrafo

Abb.I.72. Mindestzündenergiebestimmung durch ltiggerung eines 3-Elektroden-Systems


2.5 Mindestzündenergie 81

Hierbei wird die Kapazität CL auf eine Spannung etwas unterhalb der
Durchbruchspannung der Funkenstrecke aufgeladen. Mit Hilfe einer Zündspu-
le und eines Triggerstromkreises wird zwischen der Hilfselektrode (2) und der
geerdeten Hauptelektrode (1) ein kurzer Hilfsfunken erzeugt, der die Haupt-
funkenstrecke zum Durchbruch zwingt. Hierbei muß sichergestellt sein, daß
die Energie des Hilfsfunkens vernachlässigbar klein gegenüber der Energie des
Hauptfunkens ist. Er darf daher im allgemeinen das zündwilligste Wasser-
stoff/Luft-Gemisch nicht entzünden. Dies kann durch einen geringeren Ab-
stand zwischen Hilfs- und Hauptelektrode sowie durch Einfügen eines hinrei-
chend großen Strombegrenzungswiderstandes R2 erreicht werden.
Bewährt haben sich Spitzenelektroden in Form von 2 mm-Rundstäben, die
in eine Spitze auslaufen. Zur einfachen Justierung werden die Elektroden der
3-Elektrodenanordnung einstellbar in einer ringförmigen Halterung aus nicht
leitfähigem Material (z. B. Keramik, PTFE, Isolationswert: _10 13 Q) gehal-
ten, die zum Zwecke der Einstellung aus dem Zündgefäß entfernt werden kann
(Abb. 1.73).
Eine wesentliche Verlustgröße für den Entzündungsvorgang ist die Wärme-
ableitung aus dem Funkenplasma, bzw. dem daraus entstehenden heißen Gas-
kern zu den metallenen Elektroden der Funkenstrecke. Größe, Form und Ab-
stand der Elektroden sind bestimmend hierfür. Abbildung 1.74 zeigt den Zu-
sammenhang zwischen Zündenergie und Elektrodenabstand.
Es existiert somit ein Grenzabstand da, bei dem die Gemischentzündung
die niedrigste Energie erfordert, der gas spezi fisch ist. Zu kleineren und zu grö-

Abb.1.73. 3-Elektroden-System im geöffneten 381-Explosionsgefäß montiert


82 2 Brennbare Gase/Dämpfe

[mJl

10 4

10 3
w
Zündbereich
UJ QJ

QJ
'2'
QJ
10 2
C
Cl QJ
'- "0
c
QJ
C
:~
N 10 1
QJ
-0
C
:=:1
N 10 0

G 10-1
0 5 10 [VoI%l
Elektrodenabstand d Methan- Gehalt in Luft
Abb.I.74 Abb.I.75
Abb.I.74. Zusammenhang zwischen Zündenergie E und Elektrodenabstand d
Abb. 1.75. Zusammenhang zwischen Zündenergie E und Methangehalt in Luft

Tabelle 1.20. Grenzabstand dG der Haupt-


funkenstrecke einiger Brennstoffe
(3-Elektroden-System)

Brennstoff dG [mm]

Methan 1,6
Propylen 1,5
Butan 1,4
Propan 1,3
Wasserstoff 0,5

ßeren Elektrodenabständen hin wird der Entzündungsvorgang erschwert. Um


Fehlinterpretationen des Wertes für die Mindestzündenergie zu vermeiden, ist
es zwingend erforderlich, bei ihrer Messung den Grenzabstand einzuhalten; Ta-
belle 1.20 macht einige Angaben.
Die Abb. 1.75 - 1.77 zeigen für die in Thbelle 1.20 genannten Brennstoffe den
Zusammenhang zwischen Zündenergie E und Brenngasgehalt in Luft.
Die zündwilligste Konzentration, bei der sich die Mindestzündenergie MZE
einstellt, liegt im Bereich des 0,9-1,4fachen (nach [59] im Bereich des
0,8 - 2fachen) des stöchiometrischen Gemisches, welches sich für organische
Verbindungen CmHnOo in Vol07o nach der Gleichung berechnen läßt [63]:
100
C St = - - - - - - - - -
1 +4,76 (m+n/4-o/2)
2.5 Mindestzündenergie 83

[mJ]
c:
Cl
"'S
co
10 4

10 3
,,
~

,
,, ,I
lLJ I
Zünd bereich
QJ
"Öl
'-
10 2 ,(>. ,
QJ
C I I

"/
QJ
-0
C I I
10 1
l/
:::J
N

10 0

10-1
0 5 10 [Vc(%]
Brenngas-Gehalt in Luft
Abb.1.76. Zusammenhang zwischen Zündenergie E und Propylen-, Butan-,
Propangehalt in Luft

QJ
"51
'-
QJ
C
QJ
"E
:::J
N

50 [Vol%]
Wasserstoff-Gehalt in Luft
Abb.l.77. Zusammenhang zwischen Zündenergie E und Wasserstoffgehalt in Luft
84 2 Brennbare Gase/Dämpfe

Tabelle 1.21. Mindestzündenergie MZE normal brennbarer Stoffe (Normalbedingungen)

Brennstoff MZE [mJ] Brennstoff MZE [mJ]

Methan 0,29-0,31 Pentan 0,22-0,28


Propylen 0,27 Benzol 0,21-0,22
Propan 0,24-0,27 Methanol 0,14
Butan 0,25-0,27 Schwefelwasserstoff 0,068
Ethan 0,25 Acetylen 0,019-0,051
Heptan 0,24 Wasserstoff 0,012 - 0,019
Hexan 0,23-0,25 Schwefelkohlenstoff 0,009-0,03

Tabelle 1.22. Grenzabstand da der Funkenstrecke und Mindestzündenergie schwerer- und


schwerbrennbarer Stoffe [65] (spontaner Durchbruch einer Funkenstrecke)

Brennstoff da MZE
[mm] [mJ]

Ethylacetat 3,5 0,52


Aceton 3,7 0,55
Ammoniak 14,5 14
Trichlorethylen 1,0 510
Trichlorethan 5,0 4800
Dichlormethan 9,0 9300

Die Mindestzündenergie MZE ist für eine Reihe von charakteristischen Brenn-
stoffen, basierend auf Eigenmessungen und Literaturangaben [59, 64], in Th-
belle 1.21 zusammengefaßt.
Die Mindestzündenergien der normalbrennbaren Stoffe liegen also inner-
halb eines Bereiches von MZE = 0,01-0,3 mJ und benötigen zu ihrer Bestim-
mung keine Induktivität im Entladestromkreis.
Bei schwerbrennbaren Gemischen mit sehr hohen Werten für die Mindestzün-
denergie wird diese deutlich durch Induktivitäten herabgesetzt. Sie bewirken eine
zeitliche Dehnung des Funkens, wodurch der Anteil der im Funken umgesetzten
Energie erhöht wird. Krämer [65, 66] hat dies bei der Ermittlung der Mindest-
zündenergie von schwerbrennbaren Chlorkohlenwasserstoffen bestätigt. Er ar-
beitete nach dem Meßprinzip des spontanen Durchbruchs einer Funkenstrecke
und verwendete Induktivitäten in dem Bereich von L = 2 - 30 mH. Krämer be-
zog auch schwerer- als normalbrennbare Stoffe in seine Untersuchungen ein und
fand ebenfalls spezifische Grenzabstände dG für die Elektrodenanordnung.
Entsprechende Zahlenangaben sind Thbelle 1.22 zu entnehmen.
Gegenüber den normalbrennbaren Stoffen liegt also di« Mindestzündenergie
von Ammoniak um deutlich mehr als eine Größenordnung und diejenige der
schwerbrennbaren Chlorkohlenwasserstoffe um mehr als 2-4 Größenordnun-
gen höher.
Krämer weist ferner darauf hin [65, 66], daß die Mindestzündenergie der
Chlorkohlenwasserstoffe durch den Zusatz von Stabilisatoren in Form von
normalbrennenden Flüssigkeiten selbst dann nicht erheblich herabgesetzt wird,
2.5 Mindestzündenergie 85

Tabelle 1.23. Mindestzündenergie von


Brennstoffen in Mischung mit Sauer-
stoff [64] (Normalbedingungen)

Brennstoff MZE [mJ]

Methan 0,0027
Propan 0,0021
Wasserstoff 0,0012
Acetylen 0,0002

wenn deren Anteil in der Gasphase weit unterhalb ihrer eigenen unteren Explo-
sionsgrenze liegt. Dies ist bei sicherheitstechnischen Betrachtungen zu berück-
sichtigen.
Unter ansonsten gleichen Bedingungen nehmen die Mindestzündenergien
mit steigendem Druck und steigender Temperatur ab. Temperaturerhöhung um
200°C vermindert diesen Grenzwert von Methan, Propan und Butan um ca.
eine Energiedekade [67].
Befindet sich die Zündquelle relativ zum umgebenden Gemisch nicht in Ru-
he, dann kann sich kein ungestörtes Temperaturgefälle ausbilden. Das vorbei-
strömende Gas führt Wärmeenergie ab, und die zur Entzündung führende
Mindestzündenergie steigt mit wachsender Strömungsgeschwindigkeit.
Wird der Stickstoff der Luft durch Sauerstoff ersetzt [64], dann wird die
Mindestzündenergie, je nach Brennstoff, um 1- 3 Energiedekaden herabge-
setzt (1abelle 1.23).
Es wurde auch die Mindestzündenergie von zersetzungsfähigen Stoffen un-
tersucht, die, wie bereits bemerkt, keinen Sauerstoff für die Zerfallsreaktion
benötigen [52, 55]. Als Meßmethode wurde im allgemeinen die Triggerung

[mJ]
I
:-5 Ethylenoxid Propnrgylchorid
I~ V= 1 0m'T=25°[
l;. oV=0,00Sm3 T=25°[
l.1.J 105
:11 0 v= 0:02m3 T=25-100 0 [
N I~ • V = 0,02m3 T =200 0 [ -
:L
.9! 104 I

jl)3, i\
E' :

o~
~::~0
:L 1cP
~0--~--~--1,~5--~2,0~-2~,5~[~oo~rl 0
Anfangsdruck
Abb.l.78. Mindestzündenergie von zersetzungsfähigen Stoffen (Triggerung eines 3-Elek-
troden-Sytems)
86 2 Brennbare Gase/Dämpfe

eines 3-Elektroden-Systems angewendet, bei Energien> 100 J allerdings auch


pyrotechnische Zünder mit abgestuftem Energieinhalt (Abb. 1.78).
Die Mindestzündenergie von Ethylenoxid (Abb. 1.78, links) fällt in halbloga-
rithmischer Darstellung linear mit dem Anfangsdruck PA, bei dem die Zünd-
quelle wirksam wird. Sie ist bei geringerem Anfangsdruck und bei gleicher
Temperatur (T = 25°C) im 1 m3-Behälter deutlich höher als in der 20 I-Appa-
ratur. Es zeichnet sich hier also offenbar ein Einfluß des Behältervolumens auf
die Mindestzündenergie ab. Er scheint bei hohen Anfangsdrücken nicht mehr
vorhanden zu sein, was jedoch noch zu bestätigen ist.
Temperaturanhebung auf T = 100 0 e ist im Rahmen der Versuchsgenauig-
keit in der 20 I-Apparatur nicht von Einfluß auf die Mindestzündenergie von
Ethylenoxid. Bei einer Thmperatur von T = 200 oe wird sie hingegen um knapp
eine Energiedekade herabgesetzt.
Der Volumeneinfluß ist vermutlich auch der Grund für die sehr niedrige
Mindestzündenergie von Propargylchlorid (Abb. 1.78, rechts). Auch sie fällt in
halblogarithmischer Darstellung linear mit steigendem Anfangsdruck.
Die Mindestzündenergie für den Acetylen-Zerfall (Abb. 1.79) ist hingegen
deutlich größer als die der beiden anderen zersetzungsfähigen Produkte. Nie-
drigstwerte erfordern die Ausschaltung der Induktivität im Entladestromkreis
[49]. Die Mindestzündenergie fällt proportional mit dem Vordruck und stimmt
im allgemeinen in beiden Apparaturen überein. Im Bereich des Normaldrucks
sind jedoch in der kleineren Apparatur (V = 5 I) höhere Grenzwerte festzustel-
len.
Thbelle 1.24 faßt für Normalbedingungen die Mindestzündenergie zerset-
zungsfähiger Stoffe in Abhängigkeit vom Prüfvolumen zusammen.

[J 1

oY=51
UJ 125 6V=3BI
N
L
.~ 100
Cl
t...
QJ
cQJ
75

\
u
C
:::1
......
N
CI)
QJ
50
U
c
L 25
~

O'------''-----L---'--"'''''-~
o 0,1 0,2 0,3

Vordruck Py
Abb. 1.79. Mindestzündenergie MZE des Acetylen-Zerfalls
(TIiggerung eines 3-Elektroden-Systems)
2.6 Zündtemperatur 87

Tabelle 1.24. Mindestzündenergie zersetzungsfähiger Stoffe in Abhängigkeit vom Prüfvo-


lumen V (Normalbedingungen)

Stoffart V [m 3] MZE [mJ] Bemerkungen

Acetylen 0,038 120000 ohne L


0,005 > 150000
Ethylenoxid 1,0 20000 mit L
0,002 -100
Propargylchlorid 0,005 <1 mit L

L Induktivität im Entladestromkreis

Die Mindestzündenergien der zersetzungs fähigen Produkte unterliegen sehr


stark dem Einfluß des Prüfvolumens V, dessen Veränderung sowohl den
Grenzwert herauf- als auch herabsetzt. Außerdem wirkt sich das Vorhanden-
sein einer Induktivität im Entladekreis unterschiedlich aus. Eine Stoffordnung
wie bei den Brenngasen und brennbaren Dämpfen ist daher zum augenblickli-
chen Zeitpunkt noch nicht gegeben.

2.6 Zündtemperatur

Die niedrigste Temperatur, bei der unter vorgegebenen Versuchsbedingungen


ein Brennstoff oder eine Brennstoffmischung zur Explosion gebracht wird,
wird als "Entzündungstemperatur TB" bezeichnet. Hieraus geht hervor, daß
diese Temperatur keine Stoffkonstante sein kann, sondern wie keine andere
Kenngröße von äußeren Parametern abhängt.
Alle angewendeten Methoden laufen darauf hinaus, den zu untersuchenden
gasförmigen oder flüssigen Brennstoff im ruhenden oder strömenden Zustand
in Rohren oder anders gestalteten Gefäßen Flächen von bekannter Temperatur
auszusetzen. Für die Beurteilung der Explosionsgefahren, die von solchen Stof-
fen ausgehen können, ist man gezwungen, eine Versuchsanordnung zu wählen,
die möglichst niedrige Entzündungstemperaturen aufweist. Hierüber gibt es eine
große Anzahl von zusammenfassenden Veröffentlichungen [10-12, 68, 69]. Es
ist daher wenig sinnvoll, die benützten Methoden erneut zu beschreiben. In den
folgenden Ausführungen wird jedoch auf die die Entzündungstemperatur beein-
flussenden, bedeutsamen Parameter näher eingegangen.

Formgebung der heißen Oberfläche


Es wurde experimentell nachgewiesen und bestätigt, daß eine ebene heiße Flä-
che ein angrenzendes Brenngas/Luft-Gemisch leichter erwärmt als eine konve-
xe Fläche. Eine konkave Fläche ist hingegen günstiger als eine ebene [12, 70].
Eine zweckmäßige Gestaltung der heißen Fläche ist daher die Wandung eines
Hohlkörpers, in dem sich das zu untersuchende Gemisch befindet.
88 2 Brennbare Gase/Dämpfe

Volumen des Zündbehälters


Der Einfluß der Größe des Zündbehälters aus Duranglas mit konkaver Ober-
fläche auf die Entzündungstemperatur darin befindlicher Brennstoff/Luft-Ge-
mische läßt sich beispielhaft aus Abb. 1.80 erkennen. Danach vermindert sich
im allgemeinen für die Brennstoffe die Thmperatur, die für ihre Entzündung
erforderlich ist, mit zunehmendem Zündbehältervolumen bis zu einem Inhalt
von 35 ml relativ stark; weitere Volumenvergrößerung verringert die Entzün-
dungstemperatur deutlich schwächer, und zwar linear in halblogarithmischer
Darstellung.

0,,:
[ °C]

tIYJ
w
t-
500
~
1---0 .~~
.... 0 __ '
L
::J
9__0 . Aceton
e IIJJ ' --0

1,,, ~l't!thQnol
QJ
Cl. I
E

--6_
.....
QJ

<Il
300
cn
c:: 8 __ 1
::J 200
"0
c:: o 1'-8 .Cl.
8 Ethylether
....c::
:::J
N 0
100 1 ---0 o (S2
W -I
~I
0 '" 1)1
10 10· 10 [ Liter]
Zündbehältervolumen V
Abb. 1.80. Entzündungstemperatur TE von Brennstoffen als Funktion des Zündbehältervo-
lumens V

Werkstoff des Zündbehälters


Einen ausgezeichneten Überblick über den Werkstoffeinfluß auf das Entzün-
dungsverhalten von Brennstoffen an heißen Oberflächen gibt Dietlen [72]:
Es ist bekannt, daß metallische Stoffe eine Verbrennungsreaktion beschleu-
nigen können. So ist es möglich, mit Platinasbest, Platinschwamm oder mit ei-
nem sehr feinen Platindraht von Zimmertemperatur bestimmte Brennstoff/
Luft-Gemische (z. B. Stadtgas, Knallgas) zu entzünden. Durch katalytische
Umsetzung des feinverteilten Platins wird das Gemisch erwärmt und die Reak-
tion beschleunigt, bis es zur Entzündung kommt.
Die Untersuchungen von Coward und Guest (Abb.1.8t, links) zeigen ande-
rerseits, daß katalytisch wirkende Oberflächen durchaus nicht zu niedrigeren
Entzündungstemperaturen führen müssen. Platin-Platten müssen wesentlich
höher aufgeheizt werden, um Erdgas/Luft-Gemische zu entzünden, als Nickel-
Platten von gleichen Abmessungen. Erklärt wird dies wie folgt: Die bereits bei
niederen Thmperaturen am Platin durch Vorreaktion entstehende Reaktions-
wärme wird an das umliegende Gasgemisch abgeführt. Bei höheren Thmpera-
2.6 Zündtemperatur 89


f-
w Coward u. Guest ~ Silver u. Paterson
1400 ~ ~=4m/s
....
L.
::J

21300 ~entan
QJ
Q
~
....~ 1200
Vl
CJ)
§ 1100
-a
c
....c~ 1000 waagerechte Metall-
platten
800

w 900 mOL--J__-L__~__~~__~
7.5 10 12,5 [Vol%] 0 2 3 4 5 [mm]

Erdgasgehalt Kugeldurchmesser
Abb. 1.81. Werkstoffeinfluß auf das Entzündungsverhalten von Brennstoffen an heißen
Oberflächen

turen sind dann die Platten durch eine Schicht verbrannten Gases von dem um-
gebenden Gas isoliert, für dessen Entzündung dann deutlich höhere Tempera-
turen aufgebracht werden müssen.
Silver und Paterson (Abb. 1.81, rechts) benutzten für ihre Zündversuche in
Brenngas/Luft-Gemischen auf bestimmte Temperaturen aufgeheizte Kugeln
von vorgegebenem Durchmesser mit einer Einschußgeschwindigkeit von zu-

'-"1---Y-I--""'---'
[Oe) .....---.,-

I
7001-
UJ ~......: __ 6(hlO~fOrm
f--
G,.-1- b _I
1
r--
'- I!J ", _ 0 _ 0 Methylenchlorid
::J

\ i
1-
d
'-
SOOI-
QJ \ I Ethan
CL
E o \ --g
I
~o-g...-;;" -
QJ
1-
VJ
C1I
c: 300-
i P'Tromid
::J
-0
c: 0 _ ?_<>_<>Ben~ldehYd
:::J 200-
N
4-
c: I
UJ I -

o L-_..l..-1_..l..-_1L...----11_ - - l
Glas . Kupfer
MeSSing Stuhl

Werkstoff
Abb. 1.82. Werkstoffeinfluß auf die Entzündungstemperatur im 200 ml-Erlenmeyer-Kolben:
Ausnahmeergebnisse [73]
90 2 Brennbare Gase/Dämpfe

nächst 4 m/s. Die Entzündungstemperaturen nahmen, wie erwartet, mit stei-


gendem Kugeldurchmesser ab, waren aber im Rahmen der Versuchsgenauigkeit
unabhängig vom Werkstoff. Erst bei höheren Einschußgeschwindigkeiten
(VK = 10-60 m/s) lagen die zur Entzündung erforderlichen Temperaturen der
Quarzkugeln deutlich höher als diejenigen der gealterten Platinkugeln ohne
katalytische Wirkung. Vermutlich wirkt sich hier das geringere Wärmeleitver-
mögen des Quarzes aus.
Streese [73] untersuchte das Entzündungsverhalten von 56 brennbaren Flüs-
sigkeiten mit unterschiedlichem chemischem Aufbau im 200 ml-Erlenmey-
er-Kolben. Er fand, daß in ca. 800/0 der untersuchten Stoffe eine Duranglas-
Oberfläche die niedrigste Entzündungstemperatur liefert. Besonders auffällige
Abweichungen sind in Abb. 1.82 dargestellt.
Sind die Entzündungstemperaturen niedriger als im Glasgefäß, dann sind in
der Regel Niedrigstwerte im Messinggefäß zu erwarten.
Bei allen hier angesprochenen Untersuchungsergebnissen ergab sich kein
eindeutiger Zusammenhang zwischen dem chemischen Aufbau eines brennba-
ren Stoffes und seinem Entzündungsverhalten an unterschiedlichen Oberflä-
chen verschiedener Werkstoffe, weil selbst verwandte Stoffe ein voneinander
differenziertes Verhalten haben können.

Bewegungszustand des Gemisches


Durch Strömungsvorgänge wird die Ausbildung eines Temperaturgefälles zwi-
schen dem Brennstoff/Luft-Gemisch und der heißen Oberfläche des festen
Körpers durch Wärmeableitung gestört. Daher steigt die Entzündungstempe-

1700

1650
u.J
r-
S 1600
e
-+-

QJ

~1550
QJ
-+-
<Il
g'1500
::1
"0
C
:::1
~1450
c
w

Anströmgeschwindigkei t v
Abb.1.83. Entzündungstemperatur TE von stöchiometrischen Pentan/Luft-Gemischen, die
gegen beheizte Kreiszylinder strömen [74]
2.6 Zündtemperatur 91

ratur mit steigender Strömungsgeschwindigkeit (und, wie erwartet, mit abneh-


mendem Zylinderdurchmesser) deutlich an [74] (Abb. 1.83).
Die niedrigsten Entzündungstemperaturen der Gemische werden daher im
ruhenden oder nahezu ruhenden Zustand der Gemische erhalten.

Konzentration der Brennstoff/Luft-Gemische


Das stöchiometrische Gemisch aus Brennstoff mit Luft ist im allgemeinen
nicht das Gemisch mit der niedrigsten Entzündungstemperatur. In der Regel
sind dies Gemische mit Brennstoffüberschuß, was vor allem für die Kohlenwas-
serstoffe gilt. Im allgemeinen ist dieser Einfluß nicht sehr groß, der Kurvenver-
lauf hängt jedoch von der Versuchsmethode ab. Zur Bestimmung des Nie-
drigstwertes der Entzündungstemperatur müssen daher die Untersuchungen
über einen ausreichend breiten Konzentrationsbereich durchgeführt werden.
Die Entzündungstemperatur hängt somit von einer ganzen Reihe von Para-
metern ab, und es ist schwierig, das Zündbehältervolumen (Abb. 1.80) und den
Werkstoff (Abb. 1.82) so zu wählen, daß sich, unabhängig von der Art des
Brennstoffes, immer Niedrigstwerte einstellen. Ein sinnvoller Kompromiß ist
die DIN-Norm 51749 [75]. Der aus ihr resultierende Thmperaturwert wird mit
Zündtemperatur Tz bezeichnet, um ihn von der an beliebige Versuchsmetho-
den gebundenen Entzündungstemperatur TE zu unterscheiden.
Als Zündtemperatur eines brennbaren Stoffes gilt die nach der in dieser
Norm festgelegten Arbeitsweise ermittelte niedrigste Thmperatur, bei der im
Prüfgerät (Abb. 1.84) eine Entzündung des brennbaren Stoffes im Gemisch mit
Luft festgestellt wird.

Wärmeisolierung
Heizwicklung
Keramikrohr
Metallmantel
HeiOlötstelle
Halterung

Abb. 1.84. Schematische Darstellung der Prüfapparatur zur Bestimmung


der Zündtemperatur Tz
92 2 Brennbare Gase/Dämpfe

Diese Prüfeinrichtung besteht im wesentlichen aus einem oben offenen


200 ml-Erlenmeyer-Kolben aus schwer schmelzbarem Glas (Duran, Pyrex), der
in einem elektrischen Ofen beheizt wird.
Bei jedem Zündversuch wird eine geringe Menge der zu untersuchenden
brennbaren Flüssigkeit mit einer Pipette oder Injektionsspritze in den Zündbe-
hälter eingebracht, bei gasförmigen Brennstoffen aus einem Probenbehälter in
ihn eingeblasen. Als Entzündung gilt eine Reaktion des Gemisches im Zündbe-
hälter unter deutlich wahrnehmbarer Flammenerscheinung und/oder
Druckäußerung, wenn diese während eines Zündverzuges von höchstens 5 min
einsetzt.
Weil diese Methode im allgemeinen Niedrigstwerte für die Zündtemperatur
liefert, kann nach ihren Meßwerten [22, 76] eine Klassifizierung der Brennstof-
fe im Hinblick auf ihr Entzündungsverhalten an heißen Oberflächen vorge-
nommen werden [77].
Jedoch sollten auch die Ausnahmen nicht außer acht gelassen werden.
Es wurde bereits darauf hingewiesen (Abb. 1.80), daß die Entzündungstem-
peratur bei halblogarithmischer Darstellung in Volumina ~ 35 ml linear mit
zunehmendem Zündbehältervolumen fällt. Dies bedeutet, daß die mit dem
200 ml-Erlenmeyer-Kolben nach dem DIN 51 749-Verfahren bestimmte Zünd-
temperatur in großvolumigen Behältern niedriger liegt. Um daher eine Ab-
schätzung der Zündtemperatur auch für solche Apparaturen durchführen zu
können, untersuchte Beerbover [68, 78] das Zündverhalten der verschiedenen
Brennstoffe in Volumina bis zu 50 I und fand einen Schnittpunkt bei {tOs cm3,
T = 75°C} (Abb. 1.85).
Danach kann die in einem Groß behälter V2 zu erwartende Zündtemperatur
TZ,2 aus der bekannten, in einem Volumen Vt bestimmten Zündtemperatur
T Z,t nach folgender empirischen Gleichung abgeschätzt werden

Tz 2 -- Tz, I -75 • Iog V2+ [75 - (Tz,I-75) ' 15]


.
, Oog VI -15) (log VI -15)

[°(1.-------,------,--------,---------,

600

soo
"-
"-
"-
.......
'- .......
~ "-
"''-cl 300 "-
.......
[ .......
E200 .......
ru .......
~ .......
u
~ 1~ __ ~ ~ ___________
----__
-=- -=- -=::- ==~ .......

o ~ ~ ~
~ w w
Zündbehältervolumen V Icm 3j
Abb. 1.85. Abschätzung der Zündtemperatur Tz in großvolumigen Behältern [78]
2.6 Zündtemperatur 93

Wie stark unter Umständen der Einfluß des Werkstoffes des Zündbehälters
auf die Zündtemperatur sein kann, zeigt das folgende Beispiel [72]: Im Rah-
men der Ursachenklärung einer Explosion in einem Durchlaufbackofen ergab
sich nach DIN 51794 eine Zündtemperatur des verwendeten Backfettes, die
deutlich über der höchsten im Ofen auftretenden Temperatur lag. Der Ersatz
des üblichen aus Glas bestehenden Erlenmeyer-Kolbens durch einen solchen
aus Stahlblech senkte die Zündtemperatur jedoch um 45°C und somit unter
die Ofentemperatur.
Es ist außerdem darauf hinzuweisen, daß Öle unterhalb der nach Norm ge-
messenen Zündtemperatur entzündet werden können, wenn mit schwacher
Luftstromüberlagerung gearbeitet wird. Auch geringe Anteile niedrig sieden-
der Bestandteile können den Temperatur-Grenzwert wesentlich beeinflussen
[69].
Die Berechnung der Zündtemperatur unter Zugrundelegung der Stoffeigen-
schaften ist z. zt. nicht möglich. Allenfalls lassen sich zur Verringerung des
Versuchsaufwandes Schätzwerte für Reinstoffe bestimmen. Für sicherheits-
technische Betrachtungen ist jedoch eine rechnerische Abschätzung nicht aus-
reichend [79].
Hingegen zeigt sich bei einfachen Stoffgruppen, wie bei homogenen Reihen
der n-Paraffine und n-Alkohole, eine deutliche Ordnung nach dem Molekular-
gewicht (Abb. 1.86). Mit wachsender Anzahl der C-Atome im Molekül nimmt
die Zündtemperatur zunächst deutlich ab, um bei entsprechend hohem Mole-
kulargewicht einen Niedrigstwert zwischen 200°C und 300°C zu erreichen
[10, 12].

[Oe 1

on-Paraffine

\.
600
.8. n-Alkohol

N 500
I-
.8.,.8.,.8.\
"-
:::J 400
4-
d '\~
"-
QJ
E
llO ~.8.
0 ........ _'"
QJ 0
4-
-0 200
'Q
c
:;:J
N
100

O~L-J-I.......L....J---L......I.....-'--'---I
23456789
Anzahl der (-Atome
Abb. 1.86. Zündtemperatur Tz als Funktion der Anzahl
der C-Atome im Molekül [12]
94 2 Brennbare Gase/Dämpfe

Gesättigte Kohlenwasserstoffe mit verzweigten Ketten zeigen das gleiche Ver-


halten wie die n-Paraffine, wenn die Zündtempertur nicht als Funktion der An-
zahl der C-Atome, sondern als Funktion einer mittleren Kettenlänge aufgetra-
gen wird [12].
Die Zündtemperaturen der Mischungen von 2 Brennstoffen liegen in der Re-
gel zwischen den Zündtemperaturen der Einzelkomponenten [10, 12,68]. Eine
lineare Interpolation ist nur in wenigen Fällen gegeben.
Wird der Stickstoff der Luft durch Sauerstoff ersetzt, dann wird die Zünd-
temperatur der Brennstoffe unterschiedlich stark herabgesetzt [10, 12] (z. B.
Methanol: Il. Tz == 1 °c, Ethylbromid: Il. Tz == 255 0C). Eine Stetigkeit inner-
halb der homologen Reihen ist nicht erkennbar. Die Änderung der Zündtem-
peratur läßt sich daher nicht allein dadurch erklären, daß die sich abspielenden
Brennstoff-Reaktionen in reinem Sauerstoff beschleunigt verlaufen [10, 12].
Die nach der DIN-Norm 51794 bestimmte Zündtemperatur bezieht sich auf
Normaldruck, dessen normale Schwankungen sicherheitstechnisch nicht von
Bedeutung sind. Vordruckerhöhung bis zu ca. 10 bar vermindert diesen Thmpe-
raturwert sehr rasch, der sich bei weiterer Druckerhöhung asymptotisch einem
Endwert nähert [12,68].
3 Brennbare Stäube

3.1 Einleitung

Die Brand- und Explosionsgefahren brennbarer Stäube sind weit weniger be-
kannt als die von brennbaren Gasen und Flüssigkeiten. Hierdurch kann es zu
Fehleinschätzungen kommen. Zur sicheren Handhabung von brennbaren Stäu-
ben in der Praxis ist daher die Kenntnis ihrer gefährlichen Eigenschaften not-
wendig [7]. Der verläßlichste Weg, sich über die Brand- und Explosionseigen-
schaften eines Staubes zu informieren, besteht darin, eine Probe zu untersu-
chen und das Prüfergebnis durch sicherheitstechnische Kenngrößen zu be-
schreiben.
Im folgenden werden ausgewählte Prüfmethoden und die aus ihnen resultie-
renden sicherheitstechnischen Kenngrößen sowie deren Einflußgrößen, sofern
diese hinreichend bekannt und für die Praxis bedeutsam sind, beschrieben, wo-
bei zwischen dem abgelagerten und dem aufgewirbelten Staub unterschieden
wird.

3.2 Abgelagerter Staub (G. Zwahlen)

In diesem Kapitel sind Prüfmethoden kurz beschrieben, wie sie zum Erkennen
des Gefahrenpotentials abgelagerter Stäube in der chemischen Industrie ange-
wendet werden. Die sicherheitstechnischen Eigenschaften, um die es im we-
sentlichen geht, sind folgende:

Entzündbarkeit und Brennbarkeit


Selbstentzündung
Exotherme Zersetzung
Explosivität

Die Mehrzahl dieser Thsts kann auch auf flüssige, pastöse oder granulierte
Stoffe angewendet werden. Es wird jedoch nur ausnahmsweise - wenn es sich
um Besonderheiten handelt - auf die Anwendung auf andere Stofformen
denn auf pulverförmige hingewiesen.
Die folgende Zusammenstellung von Testmethoden erhebt nicht den An-
spruch auf Vollständigkeit. Es gibt zu viele nationale und internationale Gre-
96 3 Brennbare Stäube

mien, die eigene Prüfvorschriften entwickelt und für ihre besonderen Zwecke
verbindlich erklärt haben, oft unterstützt durch die nationale oder internatio-
nale Gesetzgebung. Die dargestellten Tests genügen jedoch zur Erkennung des
Gefahrenpotentials eines abgelagerten pulverförmigen Stoffes.
Die im folgenden beschriebenen Prüfmethoden entsprechen dem, was heute
von der chemischen Industrie in der Schweiz und in Deutschland mehrheitlich
angewendet wird. Zusammenstellungen dieser Methoden finden sich auch in
folgender Literatur: [80,81, 99}.

3.2.1 Entzündbarkeit

Abgelagerte Stäube sind als "brennbare Stäube" anzusehen, wenn sie sich mit
einer Fremdzündquelle entzünden lassen, und der lokale Brand sich nach dem
Entfernen der Zündquelle selbständig ausbreitet.
Im Vorversuch zur Ermittlung des allgemeinen Zünd- und Brennverhaltens
einer Staubablagerung werden Schüttungen des Produktes der Einwirkung ver-
schiedener Zündquellen ausgesetzt, die bei Schadensfällen in der Praxis schon
wiederholt eine große Rolle gespielt haben: mechanisch erzeugte Funken (Cer-
eisenfunken), Zigarettenglut, brennendes Streichholz, Gasflamme (Abb. 1.87)
[159}.
Gegebenenfalls kann es angebracht sein, diese Prüfung bei erhöhter Staub-
temperatur zu wiederholen (z. B. bei 100°C), da oft große Unterschiede im
Verhalten der Stäube bei verschiedenen Temperaturen festgestellt werden kön-
nen (vergl. Kap. 3.2.2.2).

~,

Abb. 1.87. Entzündbarkeit von Staubablagerungen


3.2 Abgelagerter Staub 97

3.2.2 Brennverhalten

Im Falle eines brennbaren Staubes ist nicht nur seine Entzündbarkeit bzw. sein
Verhalten gegenüber verschiedenen Zündquellen von Bedeutung, sondern auch
das Erscheinungsbild des Brandes und die Geschwindigkeit, mit der sich der
Brand ausbreitet. Einfache Prüfungen geben Aufschluß über diese beiden
Kriterien: Die "Brennprüfung" und die "Prüfung auf Abbrenngeschwindig-
keit".
Die Prüfungen werden in einer ventilierten Laborkapelle durchgeführt, wo-
bei die Luftgeschwindigkeit am Standort der Prüfvorrichtung etwa 0,2 mls be-
trägt (in Richtung der Reaktionsfortpflanzung). Die Überlagerung mit einem
leichten Luftstrom ist notwendig, da beim Berühren des Produktes mit der
Zündquelle Inertgas entstehen und das Brennverhalten des Staubes beeinträch-
tigen kann.

3.2.2.1 Brennprüfung bei Raumtemperatur

Etwa 5 ml des gemahlenen und getrockneten Produktes werden auf einer feuer-
festen Unterlage als Streifen von ca. 4 cm Länge und 1-2 cm Breite aufge-
schüttet. Dies kann auf einer freiliegenden Keramikplatte geschehen, vorteil-

Prüfung auf Keram ikQlatte

Luftgeschw ind igkeit


• co . 0,2 m/s

Plat in droht (co. 1000'C )

Prüfung im Glasrohr

Schütt rinne Produktträger Unterlog~


Platindraht (co . 1000 'C )

Abb. 1.88. Brennprüfung


98 3 Brennbare Stäube

Tabelle 1.25. Brennprüfung: Zuordnung der Brennzahlen zum Prüfergebnis

Prüfergebnis Brenn- Referenzsubstanz


zahl bezogen auf 20 D e

keine Entzündung 1 Kochsalz


kurzes Entzünden und rasches Erlöschen }kdn<
Ausbreitung
2 Weinsäure
örtliches Brennen oder Glühen, höchstens 3 D+Lactose
eines Brandes
mit geringer Ausbreitung

Durchglühen ohne Funkenwurf (Glimm- 4 l-Amino-8-naph-


brand) oder langsame flammenlose Zer- thol-3, 6-disulfo-
setzung säure (H-Säure)
Abbrennen unter Flammenerscheinung Ausbreitung 5 Schwefel
oder Funkensprühen eines Brandes
sehr rasches Abbrennen unter Flammener- 6 Schwarzpulver
scheinung oder sehr rasche flammenlose
Zersetzung

hafter jedoch in einer speziellen Prüfanordnung (Abb. 1.88), durch welche eine
genügende Luftüberlagerung und der Abtransport der Verbrennungsgase ge-
währleistet wird. Hierzu bedarf es zusätzlicher Hilfsmittel: Eine Schüttrinne,
einen Produktträger (Stahlblech, nicht rostend), ein Glasrohr und eine wärme-
beständige isolierende Unterlage. Die Prüfsubstanz wird lose gehäuft in die
Schüttrinne gefüllt und mit dem Produktträger so zugedeckt, daß das Produkt
in der Mitte des nägers liegt. Beides zusammen wird umgedreht und die
Schüttrinne nach oben abgehoben. Der Träger mit dem Produkt wird in das
auf der Unterlage liegende Glasrohr eingeschoben.
Ein elektrisch beheizter, glühender Platindraht mit einer Temperatur von ca.
1000 oe wird am Ende der Aufschüttung während ca. 5 s in das Pulver einge-
taucht (Abb. 1.88).
Das Brennverhalten wird aufgrund des Reaktionsablaufes durch eine Bewer-
tungszahl (BZ, genannt Brennzahl) gemäß Thbelle 1.25 charakterisiert [82].

3.2.2.2 Brennprüfung bei erhöhter Temperatur


Die Brennbarkeiteines Produktes interessiert oft nicht nur bei Raumtempera-
tur, sondern auch bei erhöhter Temperatur, so z. B. bei nocknungsprozessen.
Es ist deshalb empfehlenswert, die Brennprüfung sowohl bei Raumtemperatur
als auch bei erhöhter Temperatur durchzuführen, sofern nicht schon bei
Raumtemperatur eine Brennzahl 6 festgestellt wird. Oft werden dabei wesentli-
che Unterschiede im Brennverhalten beobachtet (Thbelle 1.26).
Bei der Angabe von Brennzahlen ist deshalb immer die Prüftemperatur mit
anzugeben.
Zur Durchführung der Prüfung kann nach Kap. 3.2.2.1 verfahren werden,
mit dem Unterschied, daß das auf der keramischen Unterlage oder im Prüf-
rohr aufgeschüttete Produkt in einem Laborofen auf die gewünschte Prüftem-
peratur vorgewärmt wird.
3.2 Abgelagerter Staub 99

Tabelle 1.26. Beispiele unterschiedlicher Brennzahlen bei 20°C und 100°C

Produkt BZ bei 20°C BZ bei 100°C

Toluol-4-sulfosäurechlorid 2 5
Tetrahydrophthalsäureanhydrid 2 5
3-Hydroxychinaldin-4-carbonsäure 3 5
1-Diazo-2-naphthol-4-sulfosäure 2 6
Dextrin 3 5

Die Entzündung erfolgt mit Hilfe des glühenden Platindrahtes direkt im La-
borofen unter ausreichendem Luftangebot, oder die Prüfvorrichtung wird aus
dem Ofen genommen und in einer ventilierten Kapelle die vorgewärmte Probe
entzündet [80].

3.2.2.3 Brennprüfung von Flüssigkeiten und schmelzenden Stoffen

3.2.2.3.1 Allgemeines

Obwohl z. B. von organischen Flüssigkeiten im allgemeinen angenommen wer-


den darf, daß sie brennbar sind, sofern sie nicht zu viele flammhemmende
Strukturelemente oder Substituenten enthalten, wie z. B. Halogene, Sulfosäu-
regruppen, etc., ist es gelegentlich notwendig, ihre EntflammbarkeitiBrenn-
barkeit zu überprüfen. Eine Flüssigkeit läßt sich aber nicht in gleich einfacher
Weise auf Brennbarkeit prüfen wie ein Pulver. Bei Umgebungstemperatur läßt
sich eine Flüssigkeit nur dann direkt entzünden, wenn die Umgebungstem-
peratur - und damit die Flüssigkeitstemperatur - gleich oder größer dem
Brennpunkt ist (vgl. Kap. 2.3). In der Regel ist der Brennpunkt sehr viel höher
als die atmosphärische Umgebungstemperatur (Raumtemperatur), so daß
auch eine brennbare Flüssigkeit bei Raumtemperatur nicht entzündet werden
kann.
Dennoch gibt es eine einfache Brennprüfung für Flüssigkeiten, die sich sehr
gut bewährt hat. Sie besteht darin, daß Kieselgur, eine nicht brennbare, anorga-
nische Substanz (Si0 2), mit der zu prüfenden Flüssigkeit stark befeuchtet
wird, und dann die Mischung der Brennprüfung unterworfen wird. Brennbare
Flüssigkeiten lassen sich so auch bei einer Temperatur unterhalb des Brenn-
punktes (s. Kap. 2.3) und selbst unterhalb des Flammpunktes (s. Kap. 2.2) ent-
zünden. Dies beruht auf der Dochtwirkung (Petrollaterne!) des Kieselgurs, die
eine stärkere Verdampfung und damit eine Unterhaltung der entzündeten
Flamme bewirkt.
Die Beimischung von Kieselgur ist auch geeignet für die Brennprüfung von
festen Produkten mit niedrigem Schmelzpunkt [83]. Bei der Brennprüfung sol-
cher Substanzen gemäß Kap. 3.2.2.1 schmelzen diese im Kontakt mit der Zünd-
quelle, so daß in der Regel Brennzahl2 gefunden wird. Im Gemisch mit Kiesel-
gur wird dann in den meisten Fällen Brennzahl 5 gefunden. Auch hier beruht
der Effekt auf der Dochtwirkung des Kieselgurs (Kerze!).
100 3 Brennbare Stäube

3.2.2.3.2 Brennprüfung von Flüssigkeiten


1 g Kieselgur wird mit 1- 4 ml zu prüfender Flüssigkeit getränkt/vermischt.
Entzündungsversuche des Gemisches auf nicht brennbarer Unterlage (Uhrglas,
Keramikplatte) mit brennendem Streichholz. - Kann mit der Streichholzflam-
me keine Entzündung erreicht werden, können Zündversuche mit dem glühen-
den Platindraht zum Erfolg führen. Gegebenenfalls ist das Mischungsverhält-
nis Kieselgur/Flüssigkeit zu variieren (Tabelle 1 - 27).

Tabelle 1.27. Brennprüfung von Flüssigkeiten ohne und mit Beimischung von Kieselgur bei
20°C

Brennprü- Brennprü- Flammpunkt Brenn- Siede-


fung t.q.a fung mit c.c.oC punkt punkt
Kieselgur °C °C

Toluol brennt 6 18 110


Ethylglykol brennt 43 62 135
Butylglykolacetat brennt nicht brennt 88 98 192
Hexadecan brennt nicht brennt 135 152 280
Polyethylenglykol 600 brennt nicht brennt 244 320
Marlotherm L b brennt nicht brennt 130 158
Marlotherm Sb brennt nicht brennt 203 250

a Blindprobe, 5 ml Flüssigkeit ohne Kieselgur auf Uhrglas


b Wärmeträgeröl, Fa. Hüls Chemie

3.2.2.3.3 Brennprüfung von schmelzenden Produkten


1 g Kieselgur wird mit 3-4 g Prüfsubstanz vermischt und gemäß Kap. 3.2.2.1
und ggf. Kap. 3.2.2.2 geprüft (Thbelle 1.28).

Tabelle 1.28. Brennprüfung von schmelzenden Produkten ohne und mit Beimischung von
Kieselgur

Brennzahl t.q., Brennzahl mit Schmelz-


bei 20°C Kieselgur bei tempo
20°C °C

4-Nitrophenol 2 5 54
2-(2-Methoxyethoxy)-benzol-1-sulfonamid 2 5 129
Phthalsäureanhydrid 2 5 130
4-Hydroxyazobenzol 2 5 138
2-Chlor-5-aminophenol 2 5 158
Tetrahydrophthalsäureimid 2 5 170
5-Chlor-2-benzoxazolon 2 5 180

Ob bei Brennzahl 2 eine weitergehende Brennprüfung mit Beimischung von Kieselgur not-
wendig ist, hängt von der Problemstellung, resp. von der Risikoanalyse, ab
3.2 Abgelagerter Staub 101

3.2.2.4 Brennprüfung bei reduziertem Druck,


bzw. bei reduziertem Sauerstoffgehalt

Gelegentlich interessiert es, bis zu welchem reduzierten Druck, oder bis zu wel-
chem reduzierten Sauerstoffgehalt, ein Produkt der Brennzahl ~ 4 (s. Tabel-
le 1.25) sich noch entzünden läßt, bzw. noch eine Ausbreitung des lokal ausge-
lösten Brandes zeigt.
Für die Prüfung werden 5 -10 ml der Prüfsubstanz in einer Kristallisierscha-
le oder einem Uhrglas in einen Witt'schen Topf (Vol. ca. 11) gestellt und mit
dem glühenden, fest eingebauten Platindraht entzündet (Abb. 1.89).
Je nach Fragestellung wird vor den Entzündungsversuchen der Wittsche
Topf mittels Vakuumpumpe bis zum gewünschten reduzierten Druck partiell
evakuiert, wobei es vorteilhaft ist, bei dem konstanten reduzierten Druck einen
geringen Luftstrom durch den Wittschen Topf fließen zu lassen, oder man läßt
durch den Wittschen Topf ein N 2/O r Gemisch mit dem gewünschten OrGe-
halt (z. B. 92070 N2/8% O~ strömen. Beurteilung gemäß Tabelle 1.25.
Dieser Test kann auch verwendet werden als Screening-Test auf Deflagration
(vgl. dazu Kap. 3.2.4.6.2).

evakuierbarer
Gtasbehöller
(Wlltscher Topf

Abb. 1.89. Brennprüfung bei reduziertem Druck, bzw. bei reduziertem Sauerstoffgehalt

3.2.2.5 Prüfung auf Abbrenngeschwindigkeit

Die gern. Thbelle 1.25 bestimmte Brennzahl gibt zwar Auskunft darüber, ob
und ggf. mit welchem Erscheinungsbild sich ein Produkt entzünden läßt und
weiterbrennt, sie sagt aber kaum etwas darüber aus, wie schnell das Produkt
abbrennt, bzw. wie schnell der Brand sich ausbreitet. Dies bedeutet, daß die zu-
sätzliche Bestimmung der Abbrenngeschwindigkeit in bestimmten Fällen für
sicherheitstechnische Überlegungen von Bedeutung sein kann.
102 3 Brennbare Stäube

Schütl rinne

Abb. 1.90. Prüfung auf Abbrenngeschwindigkeit

Mit Hilfe einer speziellen Schüttrinne (Abb. 1.90) wird auf einer feuerfesten
(keramischen) Unterlage von dem getrockneten und gemahlenen Produkt ein
Streifen von 25 cm Länge aufgeschüttet. Der Streifen wird mit Hilfe des glü-
henden Platindrahtes an einem Ende entzündet. Mit einer Stoppuhr wird die
Zeit gemessen, die ein Produktstreifen von 20 cm Länge braucht um abzubren-
nen (Beginn der Zeitmessung, nachdem 3 cm des Streifens schon abgebrannt
sind). Auch diese Prüfung kann bei erhöhter Temperatur durchgeführt werden.
Ein Produkt gilt dann als leicht und schnell brennbar, wenn sich der Brand
in weniger als 90 s über den Produktstreifen von 20 cm ausdehnt [80].
In der speziellen Ausführungsform gemäß EG-Prüfrichtlinie A 10 wird die
Abbrenngeschwindigkeit über eine Strecke von 100 mm gemessen, beginnend
nachdem schon 80 mm abgebrannt sind. Ein Produkt wird als leichtentzünd-
lich beurteilt, wenn die Abbrennzeit bei einem von sechs Versuchen kleiner ist
als 45 s [30].

3.2.2.6 Brandfördemde Eigenschaften

3.2.2.6.1 Allgemeines

Ein Produkt ist brandfördernd, wenn es vermischt mit einem brennbaren Ma-
terial dazu führt, daß die Mischung schneller abbrennt als jede der beiden
Komponenten allein. Es kann sogar die brandfördernde Substanz allein un-
brennbar sein [85].
Als potentiell brand fördernd gelten vor allem solche Produkte, die chemisch
als Oxidationsmittel wirken können, insbesondere aber organische Peroxide
[84]. Der entsprechende englische Ausdruck ist denn auch "Oxidizing Proper-
ties". Das Kriterium ist aber ohne jede Rücksicht auf den Chemismus rein phä-
nomenologisch begründet.
Das Ausmaß der Wirkung einer brand fördernden Substanz auf die Ab-
brenngeschwindigkeit einer Mischung mit brennbarem Material ist abhängig
vom Mischungsverhältnis. Das optimale Mischungsverhältnis ist dasjenige, bei
dem die Mischung die größte Abbrenngeschwindigkeit hat.
3.2 Abgelagerter Staub 103

3.2.2.6.2 Prüfung auf brandfördernde Eigenschaften

a) Erläuterung
In der Prüfrichtlinie A 17 der Europäischen Gemeinschaften [30] ist eine Me-
thode beschrieben zur Prüfung von festen, pulverförmigen Produkten auf
"brandfördernde Eigenschaften". Es ist die erste allgemein anerkannte Prüf-
vorschrift. Dabei wird die zu prüfende Substanz in verschiedenen Mengenver-
hältnissen mit einem Cellulosepulver definierter Qualität vermischt und der
Prüfung auf Abbrenngeschwindigkeit (vgl. Kap. 3.2.2.5) unterworfen. Eine
Substanz wird als brandfördernd beurteilt, wenn beim Prüfverfahren die höch-
ste Abbrenngeschwindigkeit der geprüften Gemische größer oder gleich der
höchsten Abbrenngeschwindigkeit eines Referenzgemisches ist. Die Referenz-
mischung besteht aus Cellulose und Bariumnitrat im optimalen Verhältnis
(höchste, größte Abbrenngeschwindigkeit). Sie besteht üblicherweise aus 40070
(Masse) Cellulose und 60% (Masse) Ba(N0 3h.

b) Vorgehen
1. Die Abbrenngeschwindigkeit der Referenzmischung ist bekannt.
2. Zunächst wird ein Vortest durchgeführt, um das optimale Mischungsver-
hältnis einzukreisen. Dazu werden Mischungen aus Cellulose und Prüfsub-
stanz, beide von geforderter Qualität und Kornfeinheit, im Massenverhält-
nis 2: 8, 4: 6, 6: 4 und 8: 2 hergestellt. Die Mengen werden so gewählt, daß
je 30- 35 ml Mischung anfallen. Vor Herstellung der Mischungen werden
die Komponenten bei 105°C getrocknet.
3. Aus Gründen der eigenen Sicherheit wird mit Proben von ca. 4 ml je Mi-
schung die Brennprüfung gemäß Kap. 3.2.2.1 durchgeführt. Ist die Brenn-
zahl kleiner als 6, wird mit dem restlichen Material mit jedem Mischungs-
verhältnis die Abbrenngeschwindigkeit gemäß Kap. 3.2.2.5 bestimmt. Diese
Vorprüfung ergibt, bei welchem Mischungsverhältnis die größte Abbrennge-
schwindigkeit zu erwarten ist.
4. Mit diesem Mischungsverhältnis und mit jenen mit 10% mehr und mit 10%
weniger zu prüfender Substanz werden nun - mit getrockneten Materialien
- je ca. 150-200 ml Mischung hergestellt.
Mit jeder Mischung wird die Brenngeschwindigkeitsprüfung gemäß
Kap. 3.2.2.5 sechsmal durchgeführt. Die Resultate müssen innerhalb vorge-
gebener Toleranzen liegen (± 10%).
5. Falls dabei die höchste Abbrenngeschwindigkeit bei dem mittleren Mi-
schungsverhältnis liegt, ist die Prüfung beendet. Liegt sie beim niedrigeren
oder höheren Gehalt an zu prüfender Substanz, werden weitere Mischun-
gen, je nachdem mit mehr oder weniger Testsubstanzgehalt (10% Schritte)
hergestellt und analog geprüft. Kommt man so in die Nähe der Abbrennge-
schwindigkeit der Referenzmischung, werden Mischungen in Konzentra-
tionsschritten von 5 % hergestellt und geprüft.
6. Steht die Mischung mit der höchsten Abbrenngeschwindigkeit fest (schnell-
ste Einzelprüfung aus der Serie von 6 Prüfungen), wird diese verglichen mit
104 3 Brennbare Stäube

der Abbrenngeschwindigkeit der Referenzsubstanz:


max. Abbrenngeschwindigkeit der Prüfmischung (mm/s)
max. Abbrenngeschwindigkeit der Referenzmischung (mm/s) =Q
Wenn Q ~ 1 gilt das Produkt als brandfördernd. Wenn Q< 1 gilt das Pro-
dukt nicht als brandfördernd.

3.2.2.6.3 Kommentare, Bemerkungen, Besonderheiten


a) Einfluß der Teilchengröße
Teilchengröße (-verteilung) und Teilchenform sowohl der Cellulose wie auch
der zu prüfenden Substanz haben einen Einfluß auf die Abbrenngeschwindig-
keit. Die Prüfvorschrift enthält deshalb entsprechende Anforderungen.
Für die Cellulose: Faserlänge von mehr als 85070 zwischen 0,020 und
0,075 mm. Sie wird zudem durch ein Sieb von 0,125 mm Maschenweite gesiebt.
Für die Prüfsubstanz: Korngröße kleiner als 0,125 mm. Diese Anforderung
an die Teilchengröße der Prüfsubstanz gilt auch für das Bariumnitrat zum Her-
stellen der Referenzmischung.
Im Hinblick auf das Ba(N0 3h ist diese Spezifikation aber absolut ungenü-
gend, weil mit zunehmender Feinheit des Ba(N03}z, auch im Bereich
< 125 Ilm, die Abbrenngeschwindigkeit der Referenzmischung deutlich zu-
nimmt. Man kann also in einem relativ großen Bereich eine Referenzmischung
mit "beliebiger" Abbrenngeschwindigkeit herstellen. Es wäre deshalb absolut
notwendig, für das Ba(N0 3h nicht nur eine Korngrößenbegrenzung nach
oben festzulegen, sondern auch nach unten; d.h. es ist eine Korngrößenfrak-
/ion vorzuschreiben (z. B. 75 -125 Ilm).
b) Einfluß der Temperatur und der Luftfeuchtigkeit [86J
Der Einfluß der Produkttemperatur auf das Brennverhalten ist bekannt (vgl.
Kap. 3.2.2.2). Auch die Luftfeuchtigkeit beeinflußt indirekt die Brenngeschwin-
digkeit über die Gleichgewichtsfeuchtigkeit (Hygroskopizität) der Substanzen.
Ein höherer Feuchtigkeitsgehalt der Substanzen hat in der Regel einen die Ab-
brenngeschwindigkeit verringernden Einfluß. Für die Durchführung der Prü-
fung werden deshalb folgende Bedingungen vorgeschrieben [84]:
Produkttemperatur 20±5°C
Re!. Luftfeuchtigkeit 50%±10%
Für die Prüfung gemäß EG-Prüfrichtlinie A 17 [30] hat die Luftfeuchtigkeit
keine Bedeutung, da die verwendeten Produkte vor der Prüfung getrocknet
werden.
c) Einfluß der Schmelztemperatur
Ein niedriger Schmelzpunkt der zu prüfenden Substanz kann dazu führen, daß
diese während der Prüfung vorzu schmilzt und nun als Gemisch einer Flüssig-
keit mit Cellulose brennt. Dadurch kann eine deutlich höhere Abbrennge-
3.2 Abgelagerter Staub 105

schwindigkeit auftreten als bei einer Pulver/Pulver-Mischung und kann so eine


brandfördernde Eigenschaft vortäuschen.
Die Täuschung kann erkannt werden, indem die Prüfung mit einer Mi-
schung aus zu prüfender Substanz und Kieselgur - anstelle von Cellulose -
wiederholt wird. Ist mit dem unbrennbaren Kieselgur die Abbrenngeschwin-
digkeit immer noch größer als diejenige der Referenzmischung, bzw. gleich
oder größer als diejenige der optimalen Prüfsubstanz/Cellulose-Mischung, gilt
das Produkt nicht als brand fördernd. Die Erhöhung der Abbrenngeschwindig-
keit kam in diesem Falle durch die Dochtwirkung der Trägersubstanz (Cellulo-
se, Kieselgur) zustande (vgl. dazu Kap. 3.2.2.3).

d) Dejlagrationsgejahr
Produkte, die aufgrund ihrer stark oxidierenden Eigenschaften als brandför-
dernd eingestuft werden müssen, können durchaus auch zu deflagrationsge-
fährlichen Mischungen führen (vgl. dazu Kap. 3.2.4.6).

3.2.3 Selbstentzündung

Unter Selbstentzündung wird der Vorgang verstanden, bei dem eine Staub-
schüttung bei allseitiger Wärmeeinwirkung und Anwesenheit von Luft nach
vorangegangener Selbsterhitzung zur Entzündung kommt [81]. Die Umge-
bungstemperatur (Lagertemperatur), bei der es zur Selbstentzündung nach
vorangegangener Selbsterhitzung kommt, wird als Selbstentzündungstempera-
tur bezeichnet [10].
Die Selbsterwärmung eines Produktes beruht dabei auf der bei Lagertempe-
ratur bereits merklichen Oxydation mit Luftsauerstoff, wodurch pro Zeit- und

250
e2!.
=>
oe
~

~
-g
200 :~

j
Ji

150

100 +-__-.-__.....,..___,..-__-.-__S:;;;to:.:;ub;;;;m:;;;z:._
0.1 10 100 1000 10000 cm J

Abb. 1.91. Selbstentzündungstemperaturen zylindrischer Staubschüttungen in Abhängigkeit


von der Staubmenge [nach 159]
106 3 Brennbare Stäube

Mengeneinheit eine gewisse Wärmemenge freigesetzt wird. Wird diese nicht


vollständig an die Umgebung abgegeben, kommt es zu einer zunehmenden
Thmperatursteigerung. Diese aber hat eine Beschleunigung der Oxydationsre-
aktion zur Folge, was die Wärmeproduktion steigert und die Selbsterwärmung
weiter beschleunigt. Das führt schließlich zu einer Selbstentzündung.
Ob es zu einer Selbsterwärmung kommt, oder gar zu einer Selbstentzün-
dung, hängt somit vom Verhältnis der Wärmeproduktion zur Wärmeabfuhr ab
(Wärmebilanz). Die Umgebungstemperatur, bei der ein bestimmter Staub zur
Selbstentzündung kommt, ist deshalb nicht nur abhängig von der Staubart
(chemische Natur, Partikelgröße, Feuchtigkeitsgehalt, u.a.), sondern ebenso
von der Art der Lagerung, von Form und Größe der Staub schüttung und von
der Dauer der Wärmeeinwirkung. Ebenso aber auch vom Luftangebot bzw.
vom Luftnachschub. Mit zunehmendem Volumen setzt die Selbstentzündung
bei niedrigeren Thmperaturen ein (Abb.1.91).
Bei Angaben von Selbstentzündungstemperaturen sind deshalb immer auch
Form und Größe der Staubschüttung anzugeben (Methodenabhängigkeit).

3.2.3.1 Bestimmung der relativen Selbstentzündungstemperatur


nach Grewer
Man verwendet einen luftdurchströmten Ofen mit 6 Drahtkörbchen (Abb. 1.92
und 1.93), mit Thmperaturregelung und Registrierung für die Ofen- und Pro-
bentemperatur. Es können gleichzeitig 5 verschiedene Substanzen geprüft wer-
den [87].
a) Temperaturprogrammierte Prüfung
Etwa 7 - 8 ml der gemahlenen und getrockneten Prüfsubstanz und eine gleiche
Menge Graphitpulver als Referenzsubstanz werden in je einem feinmaschigen,
zylindrischen Drahtkörbchen im Warmluftstrom (2,Ollmin) mit 1 oe pro Mi-
nute bis 350 oe Ofentemperatur aufgeheizt. Die Thmperatur der Proben wird
kontinuierlich gemessen und aufgezeichnet. Wenn die Thmperatur der Prüf-
substanz die der Referenzsubstanz überschreitet, spricht man von Exotherrnie;
diese Temperatur wird angegeben. Steigt die Temperatur der Probe auf 400 oe
oder darüber, spricht man von Selbstentzündung, andernfalls von Selbsterhit-
zung [30].
b) Isoperibole Prüfung
In derselben Apparatur kann die Selbstentzündungstemperatur auch unter iso-
peribolen Bedingungen, d.h. bei konstanter Ofentemperatur, bestimmt werden.
Es wird die tiefste Ofentemperatur gesucht, bei der gerade noch eine exotherme
Wärmetönung festgestellt werden kann. Die isoperibole Prüfung gibt in der
Regel eine etwas niedrigere relative Selbstentzündungstemperatur als die tem-
peraturprogrammierte Prüfung. Bei der Berichterstattung sind deshalb immer
Methode und Arbeitsweise anzugeben.
3.2 Abgelagerter Staub 107

Drahtkörbchen 8 ml
mit PrOf-. resp.
Refere

beheiztes Gehäuse.

Abb. 1.92. Apparatur zur Bestimmung der relativen Selbstentzündungstemperatur


nach Grewer (schematisch)

Abb. 1.93. Apparatur zur Bestimmung der relativen Selbstentzündungstemperatur


nach Grewer (praktisch)
108 3 Brennbare Stäube

3.2.3.2 Bestimmung der relativen Selbstentzündungstemperatur


nach EG-Prüfrichtlinie A 16
3.2.3.2.1 Allgemeines
Die Prüfrichtlinie A 16 der Europäischen Gemeinschaften [30] beschreibt eine
besondere Methode zur Bestimmung der relativen Selbstentzündungstempera-
tur. Sie weicht von der Methode nach Grewer (Kap. 3.2.3.1) im wesentlichen da-
durch ab, daß 1. anstelle eines zylindrischen Drahtkörbchens ein würfelförmi-
ges als Probenbehälter verwendet wird, und 2. dadurch, daß der Probenbehäl-
ter nicht in eine luftdurchströmte Bohrung im Ofen eingesetzt wird, die etwa
dem Querschnitt des Probenbehälters entspricht, sondern der Probenbehälter
hängt frei im Ofenraum - Volumen ca. 2 I - eines luftdurchströmten Ofens.
Probenvolumen bei beiden Methoden ca. 8 ml.
Die Ergebnisse der Prüfungen nach EG-Prüfrichtlinie A 16 und der Prüfun-
gen nach Grewer weichen in der Regel kaum voneinander ab.

3.2.3.2.2 Vorgehen bei der Prüfung


Das mit der Prüfsubstanz gefüllte würfelförmige Drahtkörbchen aus nichtro-
stendem Stahldrahtgewebe, Maschenweite 0,045 mm, Kantenlänge 20 mm,
wird in den Ofenraum eines mit 2,0 l/min Luft durchströmten, elektrisch be-
heizten Ofens gehängt und mit 0,5 °C/min temperaturprogrammiert bis maxi-
mal 400 °C Ofentemperatur aufgeheizt. Als Prüfapparatur hat sich ein modifi-
zierter, mit Zwangsbelüftung versehener Ofen gemäß DIN 54836 bewährt
(Abb. 1.94). Die EG-Prüfvorschrift A 16 erlaubt auch einen Ofen mit natürli-
cher Luftzirkulation.

Tht>rmoplpmpnl
(Priifsubslanz)

Lufl ..inlrill
1[X:>0C:H-____ (longen haI)
Drahlkorb
(2Dx 20x20mm)
Prüfsubs\onz

H"'zu~
Äuß~r~s Kerom,krohr

Abb. 1.94. Apparatur zur Bestimmung der relativen Selbstentzündungstemperatur


nach EG-Prüfrichtlinie A 16 (schematisch)
3.2 Abgelagerter Staub 109

Die Temperaturen des Ofens und der Probe werden mit Thermoelementen
gemessen und als Temperatur/Zeit-Kurve aufgezeichnet. Die Selbsterwärmung
der Probe beginnt da, wo die Probentemperatur die Ofentemperatur über-
schreitet. Erreicht die Probentemperatur durch Selbsterwärmung 400 oe, gilt
dies als Selbstentzündung. Als relative Selbstentzündungstemperatur gilt die-
jenige Ofentemperatur, bei der die Probentemperatur 400 oe erreicht.

3.2.3.3 Warmlagerprüfung im Drahtkorb


Zur genaueren Beurteilung der Gefahren beim Umgang mit größeren Produkt-
mengen werden sogenannte Warmlagerversuche durchgeführt [159]. Während
die Ergebnisse der Prüfungen nach Grewer (Kap. 3.2.3.1) und nach EG-Prüf-
richtlinie A 16 (Kap. 3.2.3.2) nicht in jedem Fall unmittelbar für eine sichere
Prozeßführung in der Betriebspraxis dienen können, ergeben die Warmlager-
versuche in der Regel auch für die Betriebspraxis unmittelbar verwendbare Re-
sultate. Allerdings sind bei der Versuchsführung die Betriebsverhältnisse zu be-
rücksichtigen.
Bei der - wohl am häufigsten durchgeführten - Warmlagerprüfung wer-
den die zu untersuchenden Stäube in zylindrische Drahtkörbe gefüllt (Durch-
messer = Höhe) und in einem luftdurchströmten Heizschrank (ca. 21/min) mit
Entlastungsöffnung bei konstanter Ofentemperatur gelagert (isoperibole Ver-
hältnisse). Gewöhnlich werden Drahtkörbe von 400 ml Inhalt verwendet, gele-
gentlich auch von 100 ml, 1000 ml, 1600 ml Inhalt oder mehr. Mit zunehmen-
dem Volumen sinkt in der Regel die relative Selbstentzündungstemperatur
(Abb. 1.91). Wiederum wird der Temperaturverlauf in der Prüfsubstanz mit
dem Verlauf der Ofentemperatur verglichen.
Anstelle der zylindrischen Drahtkörbe werden auch würfelförmige verwen-
det [84].
Die Prüfung wird mit frischen Substanzproben bei abgestuften Temperatu-
ren so lange wiederholt, bis während 24 Stunden nach Erreichen der Ofentem-
peratur durch die Probe keine Exotherrnie mehr festgestellt werden kann.
Wenn bei einer bestimmten Ofentemperatur eine Exotherrnie beobachtet wird,
dehnt man die Prüfdauer so lange aus, bis das Maximum der Selbsterwärmung
erreicht oder durchlaufen ist. Der Bericht muß, außer dem Hinweis auf die
Form des Probenbehälters (zur Berechnung der Oberfläche des Probenvolu-
mens), Probenvolumen, Ofentemperatur, maximal erreichte Probentemperatur
und Induktionszeit (Zeit vom Erreichen der Ofentemperatur durch die Probe
bis zum Maximum der Probentemperatur) enthalten. Beim Ausbleiben einer
Selbsterwärmung wird die gesamte Prüfdauer angegeben. Je nach Anwendung
kann es vorteilhaft sein, die Ergebnisse einer Untersuchungsreihe graphisch
darzustellen, z. B. Selbstentzündungstemperatur in Abhängigkeit vom Proben-
volumen (bei konstanter Lagertemperatur) (Abb. 1.91), Induktionszeit in Ab-
hängigkeit von der Lagertemperatur (bei konstantem Volumen) (Abb. 1.95)
oder in Abhängigkeit vom Probenvolumen (bei konstanter Lagertemperatur).
Im Einzelfall ist zu definieren, was als Selbstentzündungstemperatur ver-
standen wird: Entweder diejenige tiefste Ofentemperatur (Umgebungstempera-
110 3 Brennbare Stäube

Warmlagerversuche mit C.I. Pig.-Gelb 13,resiniert


im 400 ml- Drahtkorb.

Zeit (min)

..'\
\
\
,
\
\
\
"
" "

70 80 90 100 "" ....


110 Temp.('C)

Abb. 1.95. Induktionszeit in Abhängigkeit von der Lagertemperatur


(bei konstantem Volumen)

tur), bei der gerade noch eine exotherme Wärmetönung festgestellt wird (auch
als Korbgrenztemperatur bezeichnet), oder diejenige Ofentemperatur, bei der
die Probentemperatur durch Selbsterhitzung 400 °C erreicht. Beides ist üblich.
Für vergleichende Zwecke sollte die für ein Probenvolumen von 1000 cm3
ermittelte Selbstentzündungstemperatur angegeben werden [84].

3.2.3.4 Warmlagerprüfung im offenen Dewargefäß

Bei diesem 'lest handelt es sich um eine spezielle Ausführungsform der im Kap.
3.2.4.4 beschriebenen "Wtirmestauprüjung im Dewargejäß". Im Zusammen-
hang mit der "Selbstentzündungsgejahr" wird er erfolgreich dann eingesetzt,
wenn es um wärmestauende Situationen im Kontakt mit Luft geht. Beispiele:
Aktivkohleadsorber zur Reinigung von Prozeßabluft, Bestimmung der zulässi-
gen maximalen Heißauslade- oder Heißabfülltemperatur für größere Behälter
(z. B. 1 m 3-Container), u.a.
Die Ausführung des 'lests ist im Kap. 3.2.4.4.3 beschrieben.
Die Warmlagerprüfung im offenen Dewargefäß erwies sich gegenüber den
Warmlagerprüfungen in Drahtkörben vergleichbarer Größe als deutlich emp-
findlicher.
3.2 Abgelagerter Staub 111

3.2.3.5 GUmmtemperatur
Die Glimmtemperatur eines Staubes ist eine Kenngröße, durch die die Zündge-
fahren flacher Staubschichten an heißen Oberflächen beschrieben werden. Sie
ist definiert [88] als die niedrigste Thmperatur einer erhitzten freiliegenden
Oberfläche, bei der auf dieser in 5 mm dicker Schicht abgelagerter Staub zur
Entzündung gelangt. Bei größeren Schichtdicken kann Glimmen unterhalb
dieser Glimmtemperatur einsetzen. Die Glimmtemperatur kann nur von sol-
chen Stoffen bestimmt werden, die sich nicht schon vor Erreichen der erforder-
lichen Thmperatur zersetzen, schmelzen oder verdampfen. Sie ist nicht nur von
der chemischen Struktur oder Zusammensetzung eines Stoffes abhängig, son-
dern auch von der physikalischen Beschaffenheit, wie Korngröße und Schütt-
dichte. Mit abnehmender Thilchengröße erniedrigt sich erfahrungsgemäß die
Glimmtemperatur (Thbelle 1.29 und 1.30).
Der Angabe einer Glimmtemperatur muß deshalb für eine zuverlässige In-
terpretation des Ergebnisses die Korngröße, die Schüttdichte und die Schicht-
dicke/Schichthöhe der geprüften Staub ablagerung hinzugefügt werden.

TabeUe 1.29. Beispiele für Glimmtemperaturen (aus VDE 0165/8.69)

Produkt Max. Teilchen- Hauptsächliche Schüttdichte Glimmtemp.


größe (j.lm) Teilchengr. (j.lm) kg/l oe
Phosphor, rot 150 30-50 0,99 305
Eisenpulver 500 100-150 1,6 240
Roggenmehl 200 30-50 0,31 325
Holzstaub (Buche) 150 70-100 0,22 315
Holzkohle 20 1-2 0,36 340
Naphthalin 300 80-100 0,53 schmilzt
Polyvinylchlorid 10 4-5 0,55 verkohlt

Tabelle 1.30. Abhängigkeit der Glimmtemperatur von der Korngröße und Schichthöhe des
abgelagerten Staubes [12]

Staub Siebfraktion Glimmtemperatur eC)

bei Schichthöhe 3 mm bei Schichthöhe 6 mm

Flammkohle <200j.lm 295 270


<70j.lm 270 230
Gaskohle <200j.lm 400 270
<70j.lm 270 245
Magerkohle <200j.lm 450 350
<70j.lm 340 280
112 3 Brennbare Stäube

3.2.3.5.1 Bestimmung der Glimmtemperatur


Für die Bestimmung der Glimmtemperatur liegt ein Normvorschlag der IEC
vor (International Electrotechnical Commission), der aber noch nicht in Kraft
gesetzt ist [89].
Als Prüfapparatur dient eine elektrisch beheizte Metallplatte, 0 200 mm,
Dicke ~ 20 mm, mit Thmperaturregelung und Registriervorrichtung für die
Platten- und Probentemperatur. Die Platte muß ohne aufgelegte Staubschicht
auf eine Temperatur von 400 °C aufgeheizt werden können. Mit Hilfe eines
Ringes wird eine Staubschicht bekannter Korngröße und bekannter Schütt-
dichte von 100 mm Durchmesser und 5 mm Dicke auf die Heizplatte aufge-
bracht. Zum Messen der Probentemperatur wird ein Thermoelement in einem
Abstand von 2-3 mm quer über die heiße Platte durch die Staubschicht paral-
lel zur Oberfläche der Platte gespannt. Die Meßstelle befindet sich über der
Plattenmitte (Abb. 1.96). Auch kontaktlose Messung der Probentemperatur ist
möglich.

Abb. 1.96. Apparatur zur Bestimmung der Glimmtemperatur (schematisch)

Es wird festgestellt, bei welcher niedrigster, konstant gehaltener Plattentem-


peratur die aufgelegte Probe zum Glimmen, Glühen oder Brennen kommt. Da-
bei wird ein mit dem Staubschichtthermoelement gemessener Thmperaturan-
stieg von 20°C oder darüber einer Entzündung gleichgesetzt. ltitt bei einer be-
stimmten Plattentemperatur innert 30 min keine Selbsterwärmung der Staub-
schicht auf, wird der Versuch abgebrochen und mit einer frischen Staubschicht
bei 10 °C höherer Plattentemperatur wiederholt.
3.2 Abgelagerter Staub 113

3.2.3.6 Pyrophorität
3.2.3.6.1 Allgemeines
Unter Pyrophorität versteht man die spontane Selbstentzündung einer Sub-
stanz im Kontakt mit Luft (innert 5 min) bei normalen atmosphärischen Um-
gebungstemperaturen (25± 10 D C). Stoffe, die sich erst nach Stunden und/oder
bei erhöhter Thmperatur selbst entzünden, gelten nicht als pyrophor (vgl. dazu
auch Kap. 2.6 und Einführung zu Kap. 3.2.3).
Ein spezieller Fall ist die Reibungspyrophorität. Sie liegt dann vor, wenn eine
Substanz beim Reiben sofort Funken bildet und sich entzündet (vgl. dazu auch
Kap. 3.2.5).
(Statische) Pyrophorität und Reibungspyrophorität können leicht festgestellt
werden. Wirklich gefährlich pyrophore Stoffe entzünden sich schon bei ge-
wöhnlicher Handhabung z. B. im Labor. Eine anerkannte Prüfmethode ist in
der EG-Prüfrichtlinie A 13 für feste und flüssige Stoffe gegeben [30].

3.2.3.6.2 Prüfung auf Pyrophorität nach EG-Prüfrichtlinie A 13


a) Pulverförmige feste Stoffe
1- 2 cm3 der zu prüfenden pulverförmigen Substanz werden aus ca. 1 m
Höhe auf eine nicht brennbare Unterlage geschüttet. Es wird beobachtet,
ob die Substanz sich beim Fallen oder nach Ablagerung innert 5 min ent-
zündet.
b) Flüssigkeiten
Ca. 5 ml der zu prüfenden Substanz werden in eine Porzellanschale von ca.
10 cm Durchmesser gegossen, welche eine Schicht Kieselgur von ca. 5 mm
Dicke enthält. Es wird beobachtet, ob sich die Prüfsubstanz innert 5 min
entzündet.
Der Test wird bis zu 6mal durchgeführt. Für die Beurteilung "pyrophor" ge-
nügt eine Entzündung.

3.2.3.6.3 Prüfung auf Reibungspyrophorität


Vor der Prüfung auf Reibungspyrophorität sollte abgeklärt sein, ob der zu prü-
fende Stoff explosionsgefährlich ist, und wenn ja, ob das Produkt schlagemp-
findlich ist, d.h. unter dem Fallhammer bei den entsprechenden Bedingungen
(vgl. Kap. 3.2.5.2) detoniert. Sofern dabei keine Detonation stattfindet, kann
gefahrlos auf Reibungspyrophorität geprüft werden. Andernfalls ist entspre-
chende Vorsicht walten zu lassen (vgl. dazu Kap. 3.2.5.3).

Vorgehen
Eine kleine Spatelspitze der Prüfsubstanz (ca. 0,5 ml) wird in eine Porzellan-
reibschale, 0 ca. 8 -12 cm, gegeben, und mit einem Pistill kräftig gerieben.
Reibungspyrophore Stoffe entzünden sich dabei, evtl. tritt nur starke Funken-
bildung auf.
114 3 Brennbare Stäube

3.2.4 Exotherme Zersetzung

Unter dem Einfluß erhöhter Temperaturen kann ein Produkt einer chemischen
Umwandlung unterliegen, die - im Gegensatz zur Selbstentzündung - auch
ohne Luftsauerstoff stattfindet. Die Reaktion kann endotherm oder exotherm
sein. Handelt es sich um eine exotherme Reaktion, spricht man von exothermer
Zersetzung. Sie ist - im Gegensatz zur endothermen Zersetzung - von großer
sicherheitstechnischer Bedeutung.
Bei einer solchen - endothermen oder exothermen - Zersetzungsreaktion
können Zersetzungsgase (Schwelgase) freigesetzt werden, die in geschlossenen
Apparaturen zu einem Druckanstieg und in der Folge zum Aufreißen oder Ber-
sten der Apparatur führen können. Die Zersetzungsgase können zudem brenn-
bar sein und somit ein Explosions-Risiko darstellen. Im Falle einer exothermen
Reaktion kann außerdem unter wärmestauenden Bedingungen eine Selbster-
wärmung stattfinden, die zu einer thermischen Explosion führt. Dabei ist, wie
bei der Selbstentzündung, auch bei der exothermen Zersetzung die Volumen-
resp. Mengenabhängigkeit zu beachten. Mit zunehmendem Volumen wächst
die Gefahr einer Wärmeakkumulation. Bei der Bestimmung einer Zersetzungs-
temperatur kann es sich immer nur um eine relative Zersetzungstemperatur
handeln. Der gefundene Wert ist in jedem Fall methodenabhängig und die
Übertragung auf betriebliche Verhältnisse oft problematisch. Bei allen Anga-
ben eines Temperaturwertes für die exotherme Zersetzung muß deshalb immer
die Bestimmungsmethode mit angegeben werden [90,91].

3.2.4.1 Prüfung auf exotherme Zersetzung im offenen Gefäß nach Lütolf

Es wird die niedrigste Temperatur bestimmt, bei der eine Substanz im offenen
Gefäß (Reagenzglas), unter sauerstoffarmen Bedingungen, exotherm reagiert
[92], bzw. bei der ein exothermes Wärmesignal festgestellt werden kann.

zur Gasuhr+-- zum Temperaturschretber

Thermoelement
P!otindroht Referenzsubstanz
(co. 1000 oe)

V
Thermoelement
Prüfsubstanz

Heizblock, temperaturgesteuert

Abb.1.97. Prüfung auf exotherme Zersetzung nach Lütolf (schematisch)


3.2 Abgelagerter Staub 115

Abb. 1.98. Prüfung auf exotherme Zersetzung nach Lütolf (praktisch)

Die verwendete Apparatur besteht aus einem elektrisch beheizten Ofen für
6 Reagenzgläser (Abb. 1.97 und 1.98) mit Temperaturregelung und Registrie-
rung der Ofen- und Probentemperatur.
a) Temperaturprogrammierte Prüfung
Etwa 2 g der zu prüfenden Substanz und 2 g Graphit als Referenzsubstanz wer-
den in je einem Reagenzglas in einem gemeinsamen Heizblock mit 2,5 °C/min
bis 350°C (500 0c) Ofentemperatur aufgeheizt. Die Temperatur des Ofens und
der Proben wird gemessen und aufgezeichnet. Eine Exothermie zeigt sich da-
durch an, daß die Temperaturkurve der Prüfsubstanz diejenige der Referenz-
substanz übersteigt (Abb. 1.99).
Bei der Berichterstattung wird angegeben:
die Temperatur der 1. Exotherrnie (englisch: on-set-temperature). Sie gibt
einen ersten allgemeinen Hinweis auf die thermische Stabilität;

.........- Temperatur der Prüfsubstanz


- - Temperatur der Ref~zsubstQnz

Temperatur [ 'e)

.......

I---t--+-----t- 1. Exothermie --+---:.. ,...~o....--t-t-t- TOfen


;/.>'";.

I--I--+-----t- <on-set-temp.}
______ _____::;- /
""_Iz"--I-+-+--+,-+--+-I---+-- -l

...- ......
v
Zelt [mln)
Abb. 1.99. Temperaturprogrammierte Prüfung auf exotherme Zersetzung
(Temperaturverlauf)
116 3 Brennbare Stäube

der maximale Temperaturunterschied zwischen Probe und Ofen als dTmax.


Er gibt einen ersten halb quantitativen Hinweis auf die Zersetzungsenergie;
die Ofentemperatur, bei der das dTmax erreicht wurde. Sie gibt einen Hin-
weis darauf, bei welcher Temperatur ungefähr die exotherme Zersetzungsre-
aktion ihre maximale Geschwindigkeit erreicht.
Aus dem Verlauf der ZeitiTemperaturkurve der Probe ist ersichtlich, ob die
exotherme Zersetzung langsam, rasch, spontan abläuft.
b) Isoperibole Prüfung
Wurde bei der temperaturprogrammierten Prüfung eine exotherme Reaktion
gefunden, dann wird die Substanz noch unter isoperibolen Bedingungen (kon-
stante Ofentemperatur) geprüft. Wiederum werden 2 g Substanz eingesetzt,
wobei die erste Prüftemperatur der Temperatur der 1. Exothermie der tempera-
turprogrammierten Prüfung entspricht. Die isoperibole Prüfung wird mit fri-
schen Proben in absteigenden Temperaturintervallen von 10 oe so lange wie-
derholt, bis die Substanz während 8 Stunden (in Spezialfällen auch länger) kei-
ne merkliche Exothermie mehr zeigt. Bei dieser Prüfung werden zwei typische
Verhaltensweisen unterschieden. Die Mehrzahl geprüfter Produkte zeigt ein
Verhalten, bei dem das Ausmaß und die Heftigkeit der Exothermie mit sinken-
der Ofentemperatur abnehmen (Abb. 1.100).
Eine Minderzahl der Produkte zeigt ein Verhalten, bei dem die Exothermie
zeitverzögert auftritt. Mit sinkender Ofentemperatur vergrößert sich zwar die
Zeitverzögerung, kaum aber - über einen großen Temperaturbereich - das
Ausmaß und die Heftigkeit der Exothermie. Man nennt dies ein autokatalyti-
sches Verhalten (Abb. 1.101).
Produkte, die ein auto katalytisches Zersetzungsverhalten zeigen, müssen be-
sonders sorgfältig sicherheitstechnisch untersucht werden, da unter betriebli-
chen Bedingungen die exotherme Zersetzung erst mit einer Zeitverzögerung
(Induktionszeit) von Thgen bis Wochen eintreten kann .

.......... Temperatur der Prüfsubstanz i a.., exotherme Reaktion


- Temperatur der Referenzsubstanz 130..;-.180·C
femperatur

ar.,
.180 : :;.....•.

.. '
o
.......
: I i ./ ... IL.O 0

I ! ! 13
/
I I:·
-~-r· I:
I

I·i·
I I

Zett
Abb. 1.100. Isoperibole Prüfung auf exotherme Zersetzung - Temperaturverlauf
(normales Verhalten)
3.2 Abgelagerter Staub 117

.......... Temperatur der Prüfsubstanz , a= exotherme Reaktion


Tem eratur f\ a
<
- Temperatur der Referenzsubstanz 14O.200·C

' - T lj-~--'--~-'---~-'-'-'-=-r~---r-~--,---~,--~-,---~,~- r----i!


i ! \ f\ a I i

200 1\ ;, a
I
I ii
100 ! I ; i
: :

160 1\

1~
: I

j
Zeit

Abb. 1.101. Isoperibole Prüfung auf exotherme Zersetzung - Temperaturverlauf


(autokatalytisches Verhalten)

Bei der Berichterstattung wird angegeben:


die niedrigste Ofentemperatur, bei der gerade noch eine exotherme Wärme-
tönung festgestellt wurde;
ein spezieller Hinweis, wenn ein autokatalytisches Zersetzungsverhalten be-
obachtet wurde, und gegebenenfalls ein Hinweis auf die Temperaturabhän-
gigkeit der Induktionszeit.
c) Prüfung des Einflusses von Werkstoffen und anderen Zuschlagstoffen
auf die exotherme Zersetzung
Vorgehen wie bei Kap. 3.2.4.1 a) und b). Den Prüfproben werden 100 mg eines
Werkstoffmaterials, z. BEisenpulver oder Späne aus nichtrostendem Stahl, zu-
gesetzt. Die Ergebnisse mit und ohne Zusatzmaterial werden verglichen. Auf die
gleiche Art kann der Einfluß beliebiger anderer Zuschlagstoffe geprüft werden.
d) Prüfung der Zersetzungsgase auf Brennbarkeit
Vorgehen wie bei Kap. 3.2.4.1 a). Während des Aufheizens werden die entste-
henden Gase oder Dämpfe in bestimmten Temperaturabständen, z. B. 50 oe,
mit einer Zünd quelle (glühender Platindraht, Gasflamme, Streichholz) auf ihre
Brennbarkeit geprüft (Abb. 1.97).
e) Messung der Menge der Zersetzungsgase
Vorgehen wie bei Kap. 3.2.4.1 a) mit folgenden Abweichungen: Ein Reagenz-
glas mit 1 g Produkt wird mit einem Gummizapfen, versehen mit Glasrohr und
Latexschlauch, verschlossen und in einen Heizblock von 350 0 e gestellt. Die
Gase werden über eine leere Waschflasche einem Gasometer (Gasuhr) zuge-
führt (Abb. 1.97 und 1.102). Nach wenigen Minuten ist in der Regel die Gasent-
wicklung abgeschlossen (Angabe der Gasmenge in IIkg bei Raumtemperatur).
Bei besonderen Fragestellungen wird die Gasentwicklung auch bei anderen Be-
dingungen gemessen, beispielsweise isoperibol 8 Stunden bei 250 oe.
118 3 Brennbare Stäube

Abb. 1.102. Exotherme Zersetzung, Messung der Menge der Zersetzungsgase

Die Übertragung der Ergebnisse der dargestellten Prüfmethoden auf be-


triebliche Verhältnisse ist wegen der relativen Unempfindlichkeit der Metho-
den nur unter Berücksichtigung einer angemessenen Sicherheitsmarge erlaubt.

3.2.4.2 Prüfung auf exotherme Zersetzung im Stickstoffstrom im Ofen


nach Grewer
Arbeitsweise und Vorgehen sind im Kap. 3.2.3.1 beschrieben. Anstelle des Luft-
stromes wird aber ein Stickstoffstrom durch den Ofen geleitet. Beobachtete
exotherme Signale sind deshalb nicht auf Oxidation (Verbrennung) zurückzu-
führen, sondern auf eine thermische Zersetzung.

3.2.4.3 Prüfung auf exotherme Zersetzung und Druckaufbau


im geschlossenen Gefäß (Miniautoklav)
Bei den Prüfungen auf exotherme Zersetzung im offenen Gefäß (s.
Kap. 3.2.4.1) tritt oft die Schwierigkeit auf, daß die exotherme Zersetzungsre-
aktion von endothermen physikalischen Vorgängen, wie Schmelzen, Sieden,
Gasentwicklung, überlagert wird, so daß gleichzeitig ablaufende exotherme
Reaktionen nicht erkannt werden. In solchen Fällen empfiehlt sich eine Prü-
fung im geschlossenen Gefäß, im Miniautoklav nach Kobler [93]. (Abb. 1.103).
Dabei kann neben der ZeitiTemperaturkurve auch die Zeit/Druckkurve aufge-
zeichnet werden. Der Test ist insbesondere geeignet für Stoffmischungen, wie
z. B. ausreagierte Reaktionsmassen mit flüchtigen Anteilen [94].
Der Miniautoklav, der einen Glaseinsatz für die Probe enthält (Korrosion,
katalyt. Effekte), ist mit einer Berstscheibe ausgerüstet, Berstdruck ca. 370 bar.
Prüfdruck für den Miniautoklav mindestens 500 bar. Die Messung der Proben-
temperatur erfolgt mit einem Thermoelement, die Messung des Druckes durch
ein Kapillarrohr und Umwandlung des Drucksignals in ein elektrisches Signal.
3.2 Abgelagerter Staub 119
Autoklov für :
I Prüf- I Referenz- ! Prüf-
!
I substonz I substanz substanz I
I I
(Graphit) I

Aluminium - Block
mit t'lt'ktrischen

Abb. 1.103. Prüfung auf exotherme Zersetzung und Druckaufbau im Miniautoklav nach
Kobler

3.2.4.3.1 Vorgehen bei der Prüfung


Eingewogene Probenmenge in der Regel 2,0 g. Prüfungen temperaturprogram-
miert und isoperibol. Sämtliche Variationen wie bei der Prüfung im offenen
Gefäß möglich (s. Kap. 3.2.4.1). Die Prüfung kann ohne Substanzverlust über
Siedetemperatur hinaus fortgesetzt werden. Aufzeichnung von Temperatur-
und Druckverlauf. Exotherme Signale sind in der Regel von Drucksignalen be-
gleitet (Abb. 1.104).

400 500
i
i I ! I I
I I 1
i

400
! I I iI
I
I I
300
i ! I I I I ,-
I
I Temperatur Prüfsubstanz
1/
I) '--;:Y I
300 r i
I
I
200

i
0/I ..:..,,\ Temperatur
~ \ R.f.r.nzsubstanz

vr
200 i I I
,.,
:
I
I
1 1'--"" )-L--f
v,
i I

.8 100 's
~100 I I I
Druck
I ! I
a.
/ 1 1/ I
.0<
u I
E
I I
n
~ I
Ci ~
I- I I

0 0 V I IJ- I
Z.it
o 0.5 1,5 ( hJ

Abb. 1.104. Temperaturprogrammierte Prüfung auf exotherme Zersetzung und Druckauf-


bau im Miniautoklav (Temperatur- und Druckverlauf)
120 3 Brennbare Stäube

Bei heftiger exothermer Zersetzungsreaktion ist Bersten der Berstscheibe


möglich. Bei Prüfungen im Autoklaven ist daran zu denken, daß unter Druck
a) chemische Reaktionen anders verlaufen können und b) andere chemische
Reaktionen ablaufen können als isobar bei normalem Atmosphärendruck.

3.2.4.3.2 Kommentare, Bemerkungen, Besonderheiten

a) Messung der Menge der Zersetzungsgase


Voraussetzungen: Man kennt das Leervolumen des Miniautoklaven, man kennt
die eingewogene Produktmenge.
Vorgehen: Nach der Prüfung wird der Miniautoklav in geschlossenem Zu-
stand auf Raumtemperatur abgekühlt und der Enddruck gemessen. Nach vor-
sichtiger Öffnung des Autoklaven muß das nun vorhandene Restleervolumen
bestimmt werden. Dies geschieht vorteilhaft so, daß aus einer Bürette der Pro-
benbehälter mit Flüssigkeit aufgefüllt wird. Die Flüssigkeit muß die Substanz-
rückstände benetzen, darf sie aber nicht lösen (z. B. eine Mischung aus Was-
ser/Ethanol, oder Wasser/Tensid). Von dem so gemessenen, an der Bürette di-
rekt abzulesenden Leervolumen wird das berechnete Volumen des Thermoele-
mentstutzens abgezogen. Es resultiert das gesuchte Restleervolumen. Mit Hilfe
des allgemeinen Gasgesetzes
p·V
- - = konstant ,
T
kann aus dem gemessenen Enddruck bei Raumtemperatur und den übrigen ge-
nannten, gemessenen oder berechneten Daten das Volumen der Zersetzungsga-
se bei Standardbedingungen (Raumtemperatur, Atmosphärendruck) pro 1 kg
Prüfsubstanz rechnerisch recht gut abgeschätzt werden.
Beispiel
Eingesetzte Probenmenge: 2,0 g
VI bestimmtes Restleervolumen (z. B. 5,0'10- 3 1)
V2 gesuchtes Volumen der pro eingesetzte Probenmenge gebildeten Zer-
setzungsgase (Standardbedingungen)
PI nach Versuchsende bei Raumtemperatur gemessener Enddruck (z. B.
15 bar)
P2 Atmosphärendruck = 1 bar
TI' T 2 Raumtemperatur.
Daraus folgt
V·P 50'1O- 3 1'15bar
V2 = _1_1 = ' = 75 . 10 - 3 I Zersetzungsgase,
P2 1 bar
gebildet pro 2,0 g Substanz. Daraus folgt
75 '10- 3 I
Volumen Zersetzungsgase = 3 = ca. 38 l/kg
2·10- kg
3.2 Abgelagerter Staub 121

b) Prüfungen unter Vordruck


Das normale Prüfprozedere (s. Kap. 3.2.4.3.1) verläuft unter Eigendruck.
Muß aus irgendeinem Grunde die thermische Stabilität unter Vordruck un-
tersucht werden, wird das für den Vordruck verwendete Gas aus einer Druck-
flasche vor Testbeginn in den Miniautoklaven eingefüllt, resp. aufgedrückt.

c) Prüfung auf OrEmpfindlichkeit oder in inerter Atmosphäre


Die Prüfung kann auch in inerter Atmosphäre, z. B. N2, oder in reaktiver At-
mosphäre, z. B. 02' durchgeführt werden. Eine Sauerstoffempfindlichkeit
kann leicht aus den Temperatur- und Druckverlaufskurven erkannt werden,
wenn die Prüfung unter 0rVordruck, z. B. 5 - 20 bar, oder Luftvordruck, z. B.
80 bar, durchgeführt wird.

d) Prüfung auf endotherme Zersetzung


Endotherme Zersetzungen sind bei der Prüfung im offenen Gefäß (s.
Kap. 3.2.4.1) oft nur sehr schwer erkennbar. Sie stellen auch kein thermisches
Risiko dar, können aber dennoch gefährlich sein, wenn dabei größere Mengen,
ggf. brennbare, Zersetzungsgase entstehen. Es besteht dann ein Druckrisiko
(Bersten der Apparatur) und ein Explosionsrisiko (Raumexplosion).
Endotherme Zersetzungen können in den meisten Fällen bei der Prüfung im
Miniautoklav daran erkannt werden, daß während der Prüfung kein exother-
mes Temperatursignal auftritt, dennoch aber nach Abkühlen des Autoklavs ein
signifikanter Enddruck größer als Atmosphärendruck gemessen wird.

3.2.4.4 Prüfung auf exotherme Zersetzung


unter wärmestauenden Bedingungen

3.2.4.4.1 Allgemeines

Die durch exotherme Zersetzung freigesetzte Energie wird nicht abgeführt


(adiabate Verhältnisse). Dadurch ergibt sich eine Selbsterwärmung der Sub-
stanz, wodurch die Zersetzungsreaktion bis zur maximalen Wärmeleistung be-
schleunigt wird. Bei genügend hoher Temperatursteigerung - sie ist abhängig
von der totalen Zersetzungsenergie - kann es zu einer thermischen Explosion
kommen (Abb.1.105) [95,96].
Ob es in der Praxis zu einer gefährlichen Wärmestausituation kommt, ist ab-
hängig vom Verhältnis der Wärmeproduktion zur Wärmeabfuhr (Wärmebi-
lanz).
Solange die Wärmeabfuhrkapazität bei Arbeitsbedingungen (Lagerbedin-
gungen) größer ist als die Wärmeproduktion, kommt es zu keiner gefährlichen
Situation. Nach Erreichen eines Gleichgewichtszustandes tritt nach einiger
Zeit Abkühlung ein. Überschreitet aber die Wärmeproduktion die Wärmeab-
fuhrkapazität bei der kritischen Temperatur des Systems, dann kommt es zu
einer Beschleunigung von Zersetzungsreaktion und Temperatursteigerung, wie
es in Abb. 1.106 an einem Beispiel dargestellt ist [97,90,91].
122 3 Brennbare Stäube

Temp. ('C)
Zeit für eine Teml'eraturerhöhung um 10 'C
./ ~
32h 16h eh 4h
160 --------t---

II
150 t- --, I

i
!
140

130 r----- I 1/
120 t-. I/

--
110 f--.
I
I
! V
I
I
~
100

90
o
J----L-----
10 20 30 40 50 60
Zeit(h)

Abb. 1.105. Beispiel für eine Selbsterwärmung durch exotherme Zersetzung


bis zur thermischen Explosion

Temp. ('C)

I
100

Ja Ja
80 / /
/ ,/
/

------
60
~

~
40

Umgebungs-
~---
Temp.: 20'C Zeit (h)
20
o 10 20 30 40

Abb.1.106. Selbsterwärmung durch exotherme Zersetzung. a) Kritischer, b) unkritischer


Temperaturverlauf im Zentrum eines freistehenden 150 I-Fasses bei verschiedenen Produkt-
temperaturen

Dabei wirkt sich die Bildung einer großen Menge brennbarer Zersetzungs-
gase gefahrerhöhend aus. Sie schafft ein zusätzliches Explosionsrisiko und
kann allein schon zum Aufreißen oder Bersten des Behälters führen.
Der zeitliche Temperaturverlauf und die kritische Temperatur sind abhängig
vom Volumen der Staubschüttung und von der Wärmeproduktion der Zerset-
zungsreaktion. Mit zunehmendem Volumen erniedrigen sich die kritische Wär-
meproduktion und die kritische Temperatur. Dies aus zwei Gründen:
3.2 Abgelagerter Staub 123

1) Bei Volumenvergrößerung nimmt die Oberfläche des Behälters (Kühlfläche)


in der 2. Potenz zu, die Menge des wärmeproduzierenden Stoffes aber in
der 3. Potenz.
2) Mit zunehmendem Volumen wird der Abtransport der produzierten Wärme
aus der Mitte des Behälters durch das eingefüllte Produkt an die Behälter-
wand schwieriger (Wärmeleitfähigkeit) (vgl. Thbelle 1.31) [97J.

Tabelle 1.31. Beispiel der Selbsterwärmung eines Produktes infolge exothermer Zersetzung
(Abhängigkeit der kritischen Bedingungen vom Volumen der Staubschüttung)

Volumen Kritische Kritische Charakteristische Zeit für nahezu


I Wärme- Temperatur adiabates Verhalten des Systems.
produktion °C Zeit bis zur thermischen Explosion
mW/kg

10000 2 37 20d
1000 10 48 4d
100 60 60 20h
10 280 73 Sh
1 1400 86 1h

3.2.4.4.2 Wärmestauprüfung im geschlossenen Dewargefäß


Für die Untersuchung des Verhaltens einer thermischen Zersetzung unter nahe-
zu adiabaten Bedingungen eignet sich der Test ,,wärmestau im Dewargefäß"
[98 - 1OOJ. Die zu prüfende Substanz wird in einem verschlossenen Dewargefäß
in einem Wärmeschrank bei konstanter Umgebungstemperatur gelagert. Übli-
cherweise werden Dewargefäße mit einem Nenninhalt von 200 ml verwendet,
ggf. solche mit größerem Volumen. Mit zunehmendem Volumen steigert sich
die Empfindlichkeit. Die Empfindlichkeit ist ungefähr gleich der Wärmeab-
fuhrkapazität des Dewars, denn kein Dewargefaß erfüllt die Anforderung hun-
dertprozentiger Adiabasie. Der Wärmeverlust findet vor allem durch Wärme-
leitung über die Gefäßwand statt. Die Empfindlichkeit eines üblichen Dewar-
gefäßes (200-500 ml) beträgt erfahrungsgemäß ca. 200-500 mW/kg [101, 91J.
Die zu prüfende Substanz wird in das Dewargefäß bis etwa 2 cm unter den
Rand eingefüllt und dieses mit einem Korkzapfen, durch den ein Thermoele-
ment in das Produkt eingeführt wird, verschlossen. Der Korkzapfen kann mit
einer dünnen Teflonfolie geschützt werden. Es ist vorteilhaft, die Prüfsubstanz
auf 10°-20°C unterhalb der Prüftemperatur vorzuwärmen (Vorsicht!). Das
Gefäß wird in einen auf Prüftemperatur vorgeheizten Ofen (Wärmeschrank)
mit Entlastungsöffnung gestellt. Die Thmperatur der Prüfsubstanz und diejeni-
ge des Ofens werden mit Thermoelementen gemessen und aufgezeichnet. Die
Ofentemperatur dient als Referenztemperatur. Eine Selbsterwärmung des Pro-
duktes zeigt sich dadurch, daß die Temperatur der Prüfsubstanz über diejenige
des Ofens ansteigt. Die Prüfung wird mit frischen Proben so lange bei jeweils
124 3 Brennbare Stäube

10 oe tieferer Thmperatur wiederholt, bis während 3 'lagen keine Exotherrnie


mehr festgestellt wird. Die tiefste Ofentemperatur, bei der gerade noch ein exo-
thermes Signal gefunden wird, wird als Dewar-Grenztemperatur bezeichnet.
In einer besonderen Ausführungsform kann - zur Vermeidung von Wärme-
verlusten - die Ofentemperatur der Probentemperatur nachgeführt werden.
Bei Produkten, die bei der Prüftemperatur einen nicht zu vernachlässigen-
den Dampfdruck haben, kann es vorteilhaft sein, die Untersuchung in druckfe-
sten Apparaturen durchzuführen [102, 10, 91, 94].
Die Berichterstattung muß Probenvolumen, Ofentemperatur, maximal er-
reichte Probentemperatur und Induktionszeit (Zeit vom Erreichen der Ofen-
temperatur durch die Probe bis zum Maximum der Probentemperatur) enthal-
ten. Beim Ausbleiben einer Selbsterwärmung wird die gesamte Prüfdauer an-
gegeben. Die graphische Darstellung der Abhängigkeit der Induktionszeit (~)
von der Ofentemperatur (T0) bei konstantem Volumen ergibt in den meisten
Fällen eine Gerade (Abb. 1.107; logarithmische Darstellung).

Zeit (min)
Wärmestauversuche mit
4-Nitrotoluol-2-sulfosäure .,=
im 200 ml- Dewargefäß .1.--
....
r--
--- ---
.-_._--
---1-

r---- ---- --1'\,.---+--1--+--(--[--1-


1

103§~~I\~~m~

--(-- . (---

--I---r----[--I--- --r- --1----


1 -1
1 (Maßstab: -T in K )
10~-+--4--4--+-~-+~-- __~~--+
100 120 140 160 Temperatur ('C)

Abb. 1.107. Selbsterwärmung durch exotherme Zersetzung. Abhängigkeit der Induktionszeit


von der Ofentemperatur (log. Darstellung)
3.2 Abgelagerter Staub 125

3.2.4.4.3 Spezialfall: Prüfung im offenen Dewargefäß

Eine thermische Zersetzung findet definitions gemäß ohne Beteiligung von


(Luft-)Sauerstoff statt. Ist an der (Zersetzungs-)Reaktion Sauerstoff beteiligt,
handelt es sich um eine Oxidation, die unter dem Stichwort "Selbstentzün-
dung" behandelt wurde (vgl. dazu Kap. 3.2.3).
In speziellen Fällen interessiert nun das oxidative Zersetzungsverhalten unter
zugleich wärmestauenden Bedingungen. Für diesen Zweck erwiesen sich Expe-
rimente im offenen Dewargefäß als besonders geeignet. Ihre Empfindlichkeit
ist größer als z. B. bei den vergleichbaren Warmlagerprüfungen im Drahtkorb
(vgl. Kap. 3.2.3.3).
Mit Erfolg angewendet wurden Wärmestauexperimente im offenen Dewar-
gefäß unter anderem bei folgenden Problemen:
Exothermieverhalten von Aktivkohlegranulaten aus Adsorbern für (Pro-
zeß-)Abluftreinigung.
Ermittlung der maximal zulässigen Abfülltemperatur heißer Produkte in
Großgebinde (z. B. Container a 1500 1).
Bestimmt wird die Grenztemperatur im offenen Dewargefäß (Luftkontakt),
ggf. mit zwangsweisem Luftnachschub. Diese Grenztemperatur kann erfah-
rungsgemäß bis über 50°C tiefer liegen, als die im geschlossenen Dewargefäß
erhaltene Grenztemperatur, oder auch als diejenige der Warmlagerprüfung im
Drahtkorb (vgl. Kap. 3.2.3.3).

Vorgehen
Bestimmung der Dewar-Grenztemperatur im geschlossenen Dewargefäß,
gemäß Kap. 3.2.4.4.2. Beim Experiment, bei dem die Grenztemperatur er-
reicht ist, Korkzapfen entfernen. Durch den Luftzutritt wird in vielen Fällen
eine starke Exotherrnie auftreten.
Bei niedrigeren Temperaturen als der Grenztemperatur des geschlossenen
Dewargefäßes kann nun entweder das Dewargefäß verschlossen in den auf
Prüftemperatur vorgeheizten Ofen eingesetzt werden, und dann nach Errei-
chen der Ofentemperatur durch die Probe der Zapfen entfernt werden, vor-
teilhafter wird die nicht vorgewärmte Prüfsubstanz im offenen Dewargefäß
in den vorgeheizten Ofen gestellt.
Ob bei diesem Vorgehen eine Exotherrnie erwartet werden muß oder nicht, läßt
sich aus einem Vergleich der Prüfungsergebnisse gemäß Kap.3.2.4.1 und
Kap. 3.2.3.1 abschätzen.

3.2.4.5 Differenztbermoanalyse (Mikrotbermoanalyse)

3.2.4.5.1 Allgemeines

Die Differenzthermoanalyse (DTA) ist eine empfindliche mikrothermoanalyti-


sche (mikrokalorimetrische) Methode, die durch temperaturprogrammierte
und/oder isotherme Messungen den Energieumsatz einer Zersetzungsreaktion
126 3 Brennbare Stäube

quantitativ und in Abhängigkeit von der Temperatur und/oder der Zeit zu be-
stimmen erlaubt [103]. Sie wird in offenen, in der Regel aber verschlossenen,
druckfesten Probenbehältern ausgeführt (Einsatzmengen: 5 - 50 mg). Die Er-
gebnisse quantitativer mikrothermoanalytischer Messungen eignen sich für
Berechnungen und Übertragungen auf Betriebsverhältnisse, z. B. die maximale
Wärmeproduktionsrate in Abhängigkeit von der Thmperatur, die Zersetzungs-
energie, die Zeit bis zur maximalen Wärmeleistung usw. [90]. Dazu ist zu be-
merken, daß auch die unter Kap. 3.2.4.1 bis 3.2.4.4 beschriebenen Methoden
differenzthermoanalytische Methoden sind, allerdings nicht mikrothermo-
analytische. Der Vorteil der mikrothermoanalytischen Methoden liegt in der
Möglichkeit der exakten quantitativen Messungen. Für die Beurteilung der
thermischen Sicherheit und Festlegung der Grenzbedingungen für physikali-
sche Prozesse wie Mahlen, Mischen, Thocknen, Lagern, Befüllen, etc. - sind
jedoch die Methoden gemäß Kap. 3.2.4.1 bis 3.2.4.4 vollauf genügend. Für die
Beurteilung der thermischen Sicherheit chemischer Reaktionen ist jedoch die
quantitative Mikrothermoanalyse vorzuziehen.
Je nach Ausführungsart der Mikrothermoanalyse wird von Differentialther-
moanalyse (DTA) oder Differentialscanningkalorimetrie (DSC) gesprochen
[94].
Bei einer DTA wird kontinuierlich die Thmperaturdifferenz zwischen der
Probe und einer Referenz gemessen und aufgezeichnet. Diese kann durch einen
Eichprozeß quantitativ in eine thermische Leistung umgerechnet werden. Bei
einer DSC-Analyse (Differential Scanning Calorimetry) wird die Temperatur-
differenz zwischen Probe und Referenz durch eine Zusatzheizung, deren Lei-
stung direkt gemessen und aufgezeichnet wird, ausgeglichen (Abb.1.108).
Messungen werden temperaturprogrammiert oder isotherm durchgeführt.

Max. Wärmeleistung Q
[W/kg]

3000

2500

2000
Zersetzung

1500 /IHR = - 1200 kJ /kg

1000

~
.t:.
500
Ö

__
lj
0r-__~~--------------~--------=-
Schmelzen

o 100 200 300 400


(Heizrate 4 'e/min ) Temperatur ['Cl

Abb. 1.108. Interpretierte DSC-Mikrothermoanalysekurve, tempemturprogrammierte


Messung, Energieumsatz Q in Funktion der Thmperatur T
3.2 Abgelagerter Staub 127

3.2.4.5.2 Zersetzungsenergie
Die integrierte Fläche unter dem Peak entspricht der umgesetzten Energiemen-
ge, bzw. der Zersetzungsenergie ßH R; im Beispiel Abb. 1.108 -1200 kJ/kg.
Daraus läßt sich durch Division durch die Wärmekapazität C p (spezifische
Wärme) der unter adiabaten Bedingungen durch Selbsterwärmung maximal
mögliche Temperaturanstieg ßTad rechnerisch abschätzen (ßT ad = ßHR/Cp)'
Im Beispiel Abb.1.108, mit der Annahme Cp = 1,8 kJ/(kg'K), ca. 670°C.
Man erhält so einen Hinweis auf die Tragweite eines Zersetzungsereignisses.

3.2.4.5.3 Wärmeproduktion in Abhängigkeit von der Temperatur


Wertvolle Ergebnisse erhält man aus isothermen Messungen (Ofentemperatur
= Probentemperatur = konstant). Aus den maximalen Wärmeproduktionsra-
ten von mindestens 3 isothermen Messungen läßt sich aufgrund der Arrhenius-
Gesetzmäßigkeit [97] in logarithmischer Darstellung die Wärmeproduktions-
rate Q in Abhängigkeit von der reziproken Temperatur als lineare Funktion
aufzeichnen (Abb. 1.109).
Aus den isothermen Messungen wird zudem auch ersichtlich, ob die maxi-
male Wärmeproduktion zeitverzögert auftritt, d.h. ein autokatalytisches Zer-
setzungsverhalten vorliegt.

Relatov hohe Re:atrv n,edr'ge


Akhvlerungsenergle Akhv,erungsenergle
EA: ca 125000 J/mo! EA : ca 45 000 J/mo!
Ma. Warmele,stung 0
- ---- - - ---_._._--
L
(W Ikg) ~

'.
1000 • Werle aus Isothermen Messunaen
- " .- .-
~- - --- +=-~ - E:-
100
- - L

! I 1 /;
./
, ,
,
10 -- :-"E;:~

./ I
,
1 I /i' 1 J! I I : i I II
~

, : ,
o,I ./ 1 I I 'I 1 I I I I I! 111 !
o 20 40 60 80 100 200 300 400
Temperatur ('Cl
(MaOstab: .!. in K-')
T

Abb. 1.109. Abhängigkeit der Wärmeproduktionsrate von der Temperatur


(Arrheniusdiagramm)
128 3 Brennbare Stäube

3.2.4.5.4 Aktivierungsenergie
Um eine exotherme Reaktion zu starten, muß dem System eine bestimmte
Energiemenge zugeführt werden, die Aktivierungsenergie. Ein relatives Maß
derselben läßt sich aus der Neigung der Geraden aus dem Arrheniusdiagramm
rechnerisch abschätzen.
In (Q/Q2)'R
[J/mol]
(1/T 1)- (1IT 2)
EA Aktivierungsenergie [J/mol]
Q Wärmeproduktionsrate [W/kg] , bzw. [J/(s' kg)]
Ql Wärmeproduktionsrate bei Temperatur TI
Q2 Wärmeproduktionsrate bei Temperatur T 2
R universelle Gaskonstante [8,314 J/(mol' K)]
T Temperatur [K]
Aus der Neigung der Arrheniuskurve ist ersichtlich, ob ein Produkt mehr emp-
findlich ist auf Temperaturschwankungen oder ob es mehr wärmestaugefähr-
det ist. Stoffe, die eine niedrige Aktivierungsenergie aufweisen (flache Neigung
der Kurve), sind stark wärmestaugefährdet. Stoffe, die eine hohe Aktivierungs-
energie aufweisen (steile Neigung der Kurve), sind empfindlich auf Tempera-
turschwankungen (z. B. Heizmediumtemperaturen), jedoch weniger wärme-
staugefährdet.

3.2.4.5.5 Zeit bis zur maximalen Wärmeproduktion


Aus der Arrheniuskurve lassen sich die Wärmeproduktionsraten für höhere
oder tiefere Temperaturen durch Extrapolation erhalten. In Verbindung mit
der Aktivierungsenergie lassen sich daraus - ausgehend von bestimmten An-
fangstemperaturen - die Induktionszeiten einer Zersetzungsreaktion unter
adiabaten Bedingungen, bzw. die Zeit bis zur maximalen Wärmeproduktion
(TMRad' time to maximum rate) durch die Näherungsformel

TMR = T~'Cp'R [s]


ad Q E
o' A
abschätzen.
TMRad Zeit bis zur maximalen Wärmeproduktion, ausgehend von
Temperatur To
T0 Anfangstemperatur [K]
Cp Wärmekapazität [J/(kg' K)], (spezifische Wärme)
R universelle Gaskonstante [8,314 J/(mol'K)]
Qo thermische Leistung bei To [W/kg], (Wärmeproduktionsrate)
EA Aktivierungsenergie [J/mol]
Die TMR gibt darüber Auskunft, ob in einer bestimmten Situation genügend
Zeit zur Verfügung steht, um bei einer anlaufenden Wärmestausituation Ge-
genmaßnahmen wirksam einzuleiten.
3.2 Abgelagerter Staub 129

Bei der Verwendung der ausgeführten Formel wird folgende Annahme im-
pliziert: Die Reaktion folgt einem kinetischen Gesetz nullter Ordnung. Diese
Einschränkung trifft auch für weitere Reaktionen zu, insofern der Einfluß der
Konzentration auf die Geschwindigkeit vernachlässigt werden darf, d.h. für
schnelle und stark exotherme Reaktionen in der Anfangsphase.
Im Fall von selbstbeschleunigenden Reaktionen (z. B. autokatalytische Zer-
setzungsreaktion) trifft selbstverständlich diese Annahme nicht zu. In diesem
Fall werden zu kurze Induktionszeiten vorausgesagt. Vom Standpunkt der
thermischen Sicherheit her sind die vorausgesagten Werte als konservative An-
näherung zu betrachten, d. h. auf der sicheren Seite.
Bemerkung: Die oben dargestellten rechnerischen Abschätzungsmethoden
sind für die meisten betrieblichen Prozesse, auch mit größeren Volumina, ge-
nügend, um die Gefahrensituation zu beschreiben und Gegenmaßnahmen zu
definieren. Für spezielle Fälle sind sie zu ungenau, z. B. für Fälle, bei denen
über eine große Temperaturdifferenz extrapoliert werden muß, oder wenn die
Extrapolation über Phasenumwandlungsprozesse (Schmelzen) hinübergeht. In
solchen Fällen muß der zeitliche Verlauf der (Zersetzungs-)Reaktion genauer
untersucht werden, eventuell durch Messungen mit hochempfindlichen Kalori-
metern bei den gewählten Prozeßbedingungen.
Für weitergehende Berechnungen mit größerer Exaktheit und an spezielle Si-
tuationen angepaßt, ist deshalb gründliches Studium der Fachliteratur notwen-
dig [z. B. 90, 91].

3.2.4.6 Deflagration
3.2.4.6.1 Allgemeines
Es gibt Stäube nichtexplosiver fester Stoffe, bei denen sich eine durch lokale
Erhitzung eingeleitete exotherme Zersetzungsreaktion auch in Abwesenheit
von (Luft-)Sauerstoff fortpflanzt. Die Zersetzungsreaktion breitet sich dann
mehr oder weniger schnell durch die gesamte Produktschüttung hindurch aus,
mit entsprechend hohem Temperaturanstieg und mit der Freisetzung von er-
heblichen Mengen Zersetzungsgasen. Ein solches Verhalten wird Deflagration
genannt [104, 105]. (Der Term Deflagration wird in der Sprengstofftechnik für
das Abbrennen von Explosivstoffen in freier Atmosphäre, ohne daß eine Deto-
nation stattfindet, verwendet. Hier bedeutet er die Fortpflanzung einer lokal
ausgelösten Zersetzungsreaktion auch in Nichtexplosivstoffen im Vakuum
bzw. in inerter Atmosphäre). Produkte, die deflagrieren können, werden
"selbstreaktive" Produkte (self reactive substances) genannt. Eine andere Defi-
nition für "selbstreaktive Stoffe" entbehrt der logischen Konsequenz (vgl. dazu
auch Kap. 3.2.5.5.1).
Eine Deflagration kann z. B. ausgelöst werden durch einen erhitzten Fremd-
körper (z. B. durch Reibung eines Fremdkörpers in einer Mühle, Mischer, För-
derschnecke, etc., welcher anschließend mit dem Produkt zusammen in einen
Container ausgeladen wird), sie kann sich aber auch ergeben aus einem lokal
ausgelösten Brand, indem der Brand wegen ungenügenden Luftzutritts in eine
130 3 Brennbare Stäube

Deflagration übergeht. Eine Deflagration kann weder durch Vakuum noch


durch Inertisierung verhindert werden, noch kann sie durch Ersticken unter-
brochen werden. Eine Deflagration kann nur durch Abführen der freigesetzten
Wärme, durch Abkühlung, unterbrochen werden. Für die Praxis heißt das:
Durch Fluten mit viel Wasser. Dabei muß aber die Benetzung sichergestellt
sein, evtl. durch Zusatz von Tensiden zum Wasser. Der Brand eines deflagra-
tionsgefährlichen Produktes kann deshalb mit CO 2 oder Löschschaum nicht
gelöscht werden, er pflanzt sich als Deflagration weiter fort. Der Rückstand
einer Deflagration (Deflagrationsasche) kann seinerseits durchaus brennbar
sein. Thitt Luft zu einer heißen Deflagrationsasche hinzu, kann diese spontan,
ja explosionsartig, in Flammen aufgehen (Sekundärereignis).
Da bei einer Deflagration große Mengen Zersetzungsgase in kurzer Zeit ent-
stehen können, besteht in allen Fällen, bei denen die Zersetzungsgase nicht ab-
geführt werden können, z. B. in geschlossenen Behältern oder in Apparaturen
mit ungenügenden Entlüftungsvorrichtungen, die Gefahr eines Druckaufbaus,
der zum Aufreißen oder Bersten des Behälters führen kann. Da außerdem die
Zersetzungsgase in der Regel brennbar sind, besteht zusätzlich ein Explosions-
risiko. - Der Wärmetransport im deflagrierenden Produkt erfolgt in erster Li-
nie durch Konvektion der heißen Zersetzungsgase. Durch gleichzeitige endo-
therme Veränderungen, z. B. Schmelzen des Produktes oder Verdampfen von
Restfeuchtigkeit, kann die Ausbreitung der exothermen Zersetzung verlang-
samt oder sogar verhindert werden [106].
Ob ein Stoff überhaupt deflagrationifähig sein kann, hängt von seiner Zer-
setzungsenergie und von der sog. "Starttemperatur" ab, d.h. der Temperatur,
auf die lokal erhitzt werden muß, damit die Zersetzung selbständig weiterläuft:
Energetische Voraussetzung. Ob ein deflagrationifähiger Stoff unter gegebe-
nen Bedingungen auch tatsächlich deflagrationsgefljhrlich ist, d.h. deflagriert,
hängt davon ab, ob die bei der lokalen Erhitzung durch die Zersetzungsreak-
tion freigesetzte Wärme wirkungsvoll auf das benachbarte Produkt übertragen
wird: Kinetische Voraussetzung.
Zu einem Deflagrationsereignis kommt es nur, wenn sowohl die energetische
wie auch die kinetische Voraussetzung erfüllt sind.
Die Prüfung auf Deflagrationsgefährlichkeit umfaßt somit immer zwei
Stufen:
1. Bestimmen der Zersetzungsenergie und der ungefahren Starttemperatur:
Energetische Prüfung.
2. Sofern die energetische Prüfung ein positives Resultat ergibt: Kinetische
Prüfung.
Die energetische Prüfung geschieht durch eine temperaturprogrammierte Dif-
ferenzthermoanalyse, z. B. qualitativ gemäß Kap. 3.2.4.1 (Exotherme Zerset-
zung, Prüfung im offenen Gefäß nach Lütolf), oder quantitativ durch eine mi-
krothermoanalytische DTA/DSC-Analyse gemäß Kap. 3.2.4.5.
Man erhält daraus einerseits die Zersetzungsenergie (als ATmax, resp. in
kJ/kg) und andererseits kann aufgrund der Lage der Meßsignale auf der Tem-
peraturachse die "Starttemperatur" grob abgeschätzt werden (Abb. 1.110).
3.2 Abgelagerter Staub 131

Wärme leistung exotherm


[W/kgl

4000

3000

2000

Bestimmen von: - Zersetzungstemperatur <D (experiment.)


- Zersetzungsenergie ®
Abb. 1.110. Differenzthermoanalyse. Energetische Prüfung auf Deflagrationsfähigkeit
(DSC)

Temperatur
400 ['Cl

300 ~'c:"", Starttemperatur


~T= 280 K
, .... , .T=180
K (experimentell)
erfordert /,' erforde rt
.... 'c:L.... kJ/~
mind. 21 350 mind.
200 500 kJ/ kg 325 kJ I kg
,........ genügt für
T. 215'C
resp. T= 315'C Produkttemp. 11, 120'C
100 ./
....'
". ...............
, ........
Produkttemp. I, 20'C
o
Abb. 1.111. Deflagrationsgefährlichkeit. Zusammenhang Zersetzungsenergie/
Starttemperatur

Damit ein Produkt überhaupt deflagrieren kann, muß die durch die freige-
setzte Zersetzungsenergie bewirkte Thmperaturerhöhung, berechnet für adiaba-
te Verhältnisse, die "Starttemperatur" überschreiten (T0 + dTad > "Starttempe-
ratur"). Diese Bedingung wird erfüllt bei genügend hohem dTad und genü-
gend hoher Ausgangstemperatur T 0 (Abb. 1.111).
Produkte, bei welchen die gemessene Zersetzungsenergie nicht ausreicht, um
durch Selbsterwärmung die Starttemperatur zu erreichen (bei der Prüfung
nach Lütolf, Kap. 3.2.4.1, wenn dThlax kleiner als 10070 der Starttemperatur in
°C; z. B. Starttemperatur ungefähr 250 °C, dThlax < 25°C), sind apriori nicht
deflagrationsfähig, und es kann auf eine Überprüfung der kinetischen Voraus-
setzung verzichtet werden. Im anderen Fall ist eine kinetische Prüfung notwen-
dig.
132 3 Brennbare Stäube

Dringender Verdacht auf Deflagrationsfähigkeit ergibt sich oft schon aus


der chemischen Struktur/Natur eines Stoffes, z. B. wenn im Molekül mehr als
eine Nitrogruppe vorhanden ist, oder wenn das Molekül Strukturelemente auf-
weist, von denen bekannt ist, daß sie weniger stabil sind [107]. Oder auch wenn
eine Mischung ein starkes Oxidationsmittel enthält. Es sei ausdrücklich be-
merkt, daß Mischungen nicht deflagrationsgefährlicher Einzelkomponenten
unter gewissen Voraussetzungen durchaus deflagrationsgefährlich sein können
(z. B. Nitratdünger, oder Mischungen organischer Buntpigmente mit Bleichro-
matpigmenten, vgl. dazu [104]).

3.2.4.6.2 Screening-Test auf Deflagration


Dieser Test wird in der Regel angewendet, wenn nur geringe Substanzmengen
zur Verfügung stehen (5 - 50 g), oder wenn im Zusammenhang mit der Brenn-
prüfung (s. Kap. 3.2.2.4 und Abb. 1.89) die Frage interessiert, bis zu welchem
reduzierten Luftdruck ein Produkt der Brennzahl ~ 4 (Thbelle 1.25) noch eine
Ausbreitung des lokal ausgelösten Brandes zeigt. Wird noch im Vakuum oder
in NrAtmosphäre durch die Fremdzündung eine sich fortpflanzende Zerset-
zung beobachtet, liegt Deflagration vor. Der lest wird oft - nicht ganz korrekt
- "Brennprüfung im Vakuum" genannt. Die Ergebnisse sind aber nur zuver-
lässig, wenn Deflagrationsgefahrlichkeit bejaht wird [80].
Vorgehen
5 - 10 ml der Prüfsubstanz werden in einer Kristallisierschale in einen Witt~
sehen Topf (Vol. ca. 11) gestellt und mit dem glühenden, fest eingebauten Pla-
tindraht entzündet.
Wenn die Probe brennt, wird der Topf evakuiert (Wasserstrahlpumpe). Rea-
giert das Produkt auch im Vakuum weiter, liegt Deflagration vor. Die Prüfung
wird wiederholt, indem die Zündung erst nach Evakuierung des Gefäßes er-
folgt. Läßt sich das Produkt im Vakuum "entzünden", so daß eine sich fort-
pflanzende Zersetzungsreaktion entsteht, liegt Deflagration vor.

3.2.4.6.3 Prüfung auf Deflagrationsgefährlichkeit im Deflagrationsrohr


(kinetische Prüfung) (vgl. auch [106])
Bemerkung: Vor einer Prüfung im Rohr sollte sichergestellt sein, daß das Prüf-
produkt nicht explosionsgefährlich ist.
a) Im Rohr befindet sich eine leicht verdichtete Produktprobe von ca. 200 ml.
Auslösen der Zersetzungsreaktion örtlich am oberen Rohrende mittels einer
Glühkerze (ca. 800°C), wie sie zum Vorwärmen in einem Dieselmotor ver-
wendet wird.. Die Ausbreitung der Zersetzungsfront wird visuell beobachtet
und mit Thermoelementen wird die lemperatur er faßt und aufgezeichnet
(Abb. 1.112 und 1.113).
b) Bei negativem Ergebnis folgt ein zweiter Versuch mit lokaler Zersetzungs-
auslösung am unteren Rohrende (Vorsicht: Eruptionen!). Wiederum visuel-
le Beobachtung und lemperaturregistrierung mit Hilfe von Thermoelemen-
ten (Abb.1.114).
3.2 Abgelagerter Staub 133

Glühkerze

Temp.
Thermoelemente ('Cl
3
., . \:. , ".

Glas ohr
-j;;l:;., 1
Zeit
~Pr~u'!.:s~u,-"b~s~o'C.'n~z_-1:r:::-c_,:,;/:,.::.. 1 [minI

Glu kerze

Abb. 1.112. Prüfung auf Deflagrationsgefährlichkeit im Deflagrationsrohr

Abb.113 Abb.1.114
Abb. 1.113. Prüfung auf Deflagrationsgefährlichkeit im Deflagrationsrohr, Zersetzung oben
ausgelöst
Abb. 1.114. Prüfung auf Deflagrationsgefährlichkeit im Deflagrationsrohr, Zersetzung un-
ten ausgelöst
134 3 Brennbare Stäube

c) Bei standardmäßiger Prüfung erfolgt die Auslösung der Zersetzungsreak-


tion in Gegenwart von Luft, da erfahrungsgemäß durch die Freisetzung von
Zersetzungsgasen die Reaktionsatmosphäre inertisiert wird. In gewissen
Fällen kann dadurch aber die Starttemperatur gegenüber im Vakuum oder
Inertgas etwas erniedrigt sein. Im Zweifelsfalle wird einfach und vorteilhaft
die Prüfung in Argonatmosphäre wiederholt.
d) Die Aufzeichnung des Temperaturverlaufes mit Hilfe von mindestens drei
Thermoelementen gibt zusätzliche Informationen:
Aus dem Maximum der Kurven T = f(t) ergibt sich ungefähr die bei
einem Deflagrationsereignis zu erwartende Temperatur, und damit ein
Hinweis auf die 'Itagweite und die Möglichkeit/Wahrscheinlichkeit der
Auslösung von Sekundärereignissen. Es wurden Temperaturen bis gegen
900 oe beobachtet.
Form und Staffelung der Kurven geben einen ersten Hinweis auf die De-
flagrationsgeschwindigkeit.
e) Es gibt eine Anzahl von Produkten, bei denen sich die Zersetzungsreaktion
nur von unten nach oben, nicht aber von oben nach unten fortpflanzt. Man
erhält daraus einen Hinweis, ob für den Wärmetransport die Zersetzungs-
gase maßgebend sind oder nicht. Die Wahrscheinlichkeit eines Deflagra-
tionsereignisses ist bei einem Produkt, das auch von oben nach unten defla-
griert, größer als bei einem, das nur von unten nach oben deflagriert.
f) Die Prüfung im Deflagrationsrohr wird üblicherweise zuerst bei Raumtem-
peratur durchgeführt. In vielen Fällen jedoch ist es angebracht, bei negati-
vem Ergebnis die Prüfung bei erhöhter Temperatur zu wiederholen, z. B. im
Hinblick auf 'Itocknungsprozesse. Zu diesem Zweck wird das mit dem Pro-
dukt gefüllte Rohr vor Testbeginn in einem Heizschrank - unter Überwa-
chung der Produkttemperatur - auf die gewünschte Prüftemperatur vorge-
wärmt.

3.2.4.6.4 Bemerkungen, Ergänzungen


a) Deflagrationsprüjung im Druckreaktor
Die Deflagrationsprüfung kann auch in einem entsprechend ausgerüsteten
Druckgefäß durchgeführt werden, vorteilhaft unter reduziertem Druck. An-
hand der Druckanstiegskurve läßt sich die Deflagrationsgeschwindigkeit gut
errechnen. Das dazu verwendete Druckgefäß sollte mindestens 500 bar aushal-
ten. Berstgefahr! [91, 108].
b) Deflagration von Flüssigkeiten
In wenigen Fällen wurde beobachtet, daß auch flüssige Stoffe deflagrieren
können, z. B. eine Reaktionsmasse (Nitrierung in Schwefelsäure), Schmelzen
von Produkten mit niedrigem Schmelzpunkt (um 60°C), Propargylchlorid.
Deflagration konnte nur beobachtet werden, wenn das flüssige Produkt unbe-
wegt, ungerührt war (keine Verteilung der Wärme), und wenn die lokale Erhit-
zung oben erfolgte. Beobachtet wurde eine Zersetzungsfront, die sich relativ
langsam von oben nach unten fortpflanzte.
3.2 Abgelagerter Staub 135

c) Deflagration von Gasen und Lösemitteldämpfen


Auch Gase und Lösemitteldämpfe können deflagrieren. Einzelne Deflagrati-
onsereignisse sind bekannt geworden. Deflagrationsgefährliche Gase und
Dämpfe lassen sich z. B. daran erkennen, daß ihre obere Explosionsgrenze
100 Vol.% beträgt.
Beispiele:
1,3-bis-(trifluormethyl)-benzol [1 09J ,
- Hydrazin.

3.2.4.7 Schwelgase

Schwelgase entstehen
- bei unvollständiger Verbrennung,
- bei endothermer oder exothermer Zersetzung,
- bei Deflagration,
- durch Pyrolyse.
Gefährlich können Schwelgase (Zersetzungsgase) dadurch werden, daß sie zu
einem Druckaufbau führen, und besonders dadurch, daß sie - wenn sie
brennbar sind - mit Luft explosionsfähige Gemische bilden. In den Schwelga-
sen können auch flüchtige Verunreinigungen aus den Produkten enthalten
sein, wie Lösemittelreste, Monomere, etc.
Im Zusammenhang mit der Schwelgasproblematik können folgende Fragen
interessieren:
entstehen überhaupt Schwelgase,
Menge der gebildeten Schwelgase,
Brennbarkeit der Schwelgase,
Schwelpunkt.
Ob Schwelgase entstehen und ob sie brennbar sind, kann mit oben schon dar-
gestellten Methoden nachgewiesen werden (s. dazu Kap. 3.2.4.1 und Abb. 1.97).
Die Menge der entstandenen Schwelgase kann, wie in Abschnitt 3.2.4.1 e)
beschrieben, abgeschätzt werden. Etwas genauer läßt sie sich durch Berech-
nung gemäß Kap. 3.2.4.3.2 a) und Abb. 1.103 bestimmen.
Oft ist von einem sog. Schwelpunkt die Rede [10, 159J. Der Schwelpunkt ist
die niedrigste Thmperatur, bei der die geprüfte Substanz Schwelgase (Zerset-
zungsgase) in solchen Mengen abgibt, daß die entstehenden Schwelgas/Luft-
Gemische durch Fremdzündung entzündet werden können.
Der Schwelpunkt ist in extremem Maße von der Bestimmungsmethode ab-
hängig. Eine genormte Methode gibt es nicht.
Verwendet werden können dazu die vorhin schon genannten Methoden (s.
Kap. 3.2.4.1 und Kap. 3.2.4.3.2 a). Beschrieben ist auch die Bestimmung in ei-
ner Flammpunktbestimmungsapparatur (vgl. dazu Kap. 2.2.3.8) analog einer
Flammpunktbestimmung (ohne Rühren). Bei Anwendung dieser Methode ist
beim temperaturprogrammierten Aufheizen darauf zu achten, daß die Tempe-
raturdifferenz zwischen Wand und Probenmitte klein ist.
136 3 Brennbare Stäube

Als Schwelpunkt wird unter Hinweis auf die Methode die tiefste Wandtem-
peratur angegeben, bei der die entstandenen Schwelgase mit Luft entzündet
werden konnten [81].

3.2.5 Explosivität

3.2.5.1 Allgemeines
Ein explosionsfähiger Stoff kann sich durch thermische Einwirkung, mechani-
sche Beanspruchung, durch Detonationsstoß oder ähnliche Einwirkungen spon-
tan zersetzen. Dabei kann in sehr kurzer Zeit eine große Menge hochgespannter
Gase freigesetzt werden, wodurch eine plötzliche Drucksteigerung (Explosion,
Detonation) hervorgerufen wird. Die Explosionsgefährlichkeit fester Stoffe wird
gemäß der Prüfrichtlinie A 14 der Europäischen Gemeinschaften [30] aufgrund
der Ergebnisse der folgenden drei festgelegten Prüfungen beurteilt:
a) Prüfung auf mechanische Sensibilität durch Schlagbeanspruchung (Schlag-
empfindlichkeit);
b) Prüfung auf mechanische Sensibilität durch Reibbeanspruchung (Reibemp-
findlichkeit );
c) Prüfung auf thermische Sensibilität durch extreme Wärmeeinwirkung
(Stahlhülsentest).
Zwischen diesen drei Prüfungen besteht kein unmittelbarer Zusammenhang.
Ein thermisch sensibler Stoff muß nicht zugleich auch mechanisch sensibel
sein und umgekehrt. Dagegen sind praktisch alle reibempfindlichen Stoffe
auch schlagempfindlich. Jedoch gibt es eine große Zahl von schlagempfindli-
chen Stoffen, die nicht reibempfindlich sind. Bei der Prüfung auf mechanische
Empfindlichkeit nur mit dem Fallhammer (Schlagempfindlichkeit) und nicht
auch mit dem Reibtest (Reibempfindlichkeit) ist die Gefahr klein, einen me-
chanisch empfindlichen, explosionsgefährlichen Stoff nicht als solchen zu
identifizieren. Die Sprengstoffgesetzgebung der einzelnen Länder fordert je
nachdem noch Prüfungen nach weiteren Methoden. Eine Zusammenstellung
der üblichen Methoden ist z. B. in [110] gegeben.
d) Druckgefäß-Thst: Auch dieser Test wird zu den Methoden zur Prüfung auf
Explosivität gerechnet. Er hat seit 1988 an Bedeutung zugenommen, weil
er von den japanischen Behörden für die Gefährlichkeitsklassierung sog.
"selbstreaktiver" Stoffe vorgeschrieben wird (Selbstreaktive Stoffe: vgl.
Kap. 3.2.4.6.1).
e) Stahlrohr-Test (Detonationsstoßempfindlichkeit).
Seit dem 1. Januar 1990 hat dieser Thst vermehrt Bedeutung erlangt. Seit
diesem Zeitpunkt ist der Stahlrohrtest für die UN-Gefahrenklassierung
Klasse 1, explosive Stoffe und Gegenstände mit Explosivstoffen, durch die
internationale Gesetzgebung für den Transport gefährlicher Güter vorge-
schrieben (RID, ADR, IMO, ICAO). Hintergrund dieser Neuregelung:
Bisher wurde mehrheitlich angenommen, daß Stoffe, die sowohl mecha-
nisch wie auch thermisch nicht empfindlich sind, d.h. weder aufgrund der
3.2 Abgelagerter Staub 137

Fallhammerprüfung, noch aufgrund des Stahlhülsentests als explosionsge-


fährlich klassiert werden müssen, überhaupt nicht explosionsgefährlich
sind. Die Erfahrung zeigte aber, daß solche Stoffe dennoch explosionsge-
fährlich sein können, daß sie empfindlich sein können auf Detonationsstoß.
Solche Stoffe sind z. B. 2,4-Dinitro-anisol und Ammoniumnitrat.
In der chemischen Industrie ist der Stahlrohr-Test insbesondere im Hinblick
auf die Prüfung chemischer Reaktionsmassen von Interesse.

3.2.5.2 Scblagempfindlicbkeit
Zersetzt sich ein Stoff unter festgelegten Versuchsbedingungen durch Einwir-
kung von Schlagenergie mit einem hörbaren Knall, dann ist er schlagempfind-
lich und gilt als explosionsgefährlich [111]. Als Prüfgerät wird ein Fallhammer
verwendet (Fallhammergewicht 49 N (5 kg), Fallhöhe 80 cm (nach Lütolf) [92],
oder Fallhammergewicht 98 N (10 kg), Fallhöhe 40 cm (nach Koenen) [110,
111]. In beiden Fällen beträgt die Schlagarbeit etwa 39 Nm (Abb. 1.115)).
Als Probenbehälter werden Kapseln aus Aluminiumfolie (nach Lütolf) oder
spezielle Stahlkapseln (nach Koenen) verwendet (übereinanderstehende Stahl-
zylinder, Durchmesser 10 mm, Hohlzylinder als Führungsring; die Probe be-
findet sich zwischen den Stahlzylindern). Der Thst wird auch auf Flüssigkeiten
angewendet.
Stoffe, die bei einem Fallgewicht von 10 kg und einer Fallhöhe von 40 cm
oder weniger (resp. 5 kg und 80 cm) detonieren (Knall), gelten als explosionsge-
fährlich.

--rT1r--,-F-"'!cllgewicht 49 N (5 kg) - BO cm
98 N (10kg) - 40 cm

Prüfsubst nz

Abb. 1.115. Prüfung auf Schlagempfindlichkeit (Fallhammer)


138 3 Brennbare Stäube

Es gibt Produkte, die sich ohne Knall, jedoch unter Erscheinung von Rauch,
Feuer, Funken, zersetzen. Hier ist eine weitergehende Prüfung auf Explosions-
gefährlichkeit angebracht.

3.2.5.2.1 Prüfung einer pulverförmigen Substanz nach Lütolf


100 mg getrocknete und schonend gemahlene Substanz werden zunächst in
0,01 mm dicke Aluminiumfolie gepackt und unter dem Fallhammer einer
Schlagbeanspruchung ausgesetzt. Der Versuch wird mit frischen Proben so oft
durchgeführt, bis ein Knall beobachtet wird, höchstens aber zehnmal. Wird bei
diesem Vorgehen ein Knall beobachtet, muß die Prüfung ohne die möglicher-
weise sensibilisierend wirkende Aluminiumfolie wiederholt werden
(Abb. 1.116). Zersetzt sich die Probe ohne Knall, jedoch unter Erscheinung von
Feuer, Funken, Rauch, ist auch dieses Ergebnis im Prüfbericht festzuhalten.
Wird für die Prüfung eine Stahlkapsel verwendet, insbesondere bei der Prü-
fung von Flüssigkeiten, ist speziell darauf zu achten, daß sich im Probenraum
zwischen den bei den Stahlzylindern kein Luftpolster befindet. Ein solches
kann als Folge der bei der Schlagbeanspruchung freigesetzten Kompressions-
wärme eine Detonation bewirken bzw. vortäuschen.

Abb.l.116. Prüfung auf Schlagempfindlichkeit (Detonation unter dem Fallhammer)

3.2.5.3 Reibempfindlichkeit
Die Prüfung auf Reibempfindlichkeit erfolgt mit einer von der Deutschen
Bundesanstalt für Materialprüfung (BAM) entwickelten Apparatur [112]. Es
3.2 Abgelagerter Staub 139

1
!

----
I Porzellons"ft

I
Probt
I
~{f.~ .. I -'

Porzellanplalfe

Abb.l.117. Prüfung auf Reibempfindlichkeit (schematisch)

Abb. 1.118. Apparatur zur Prüfung auf Reibempfindlichkeit (praktisch)

handelt sich dabei im wesentlichen um eine festeingespannte, feingerillte Por-


zellanplatte (25 x 25 x 5 mm) und einen gewichtsbelasteten Porzellanstift
(0 10 mm) (Abb. 1.117). Das zu prüfende getrocknete Produkt (der Test ist auf
Flüssigkeiten nicht anwendbar) wird zwischen Porzellanplatte und Porzellan-
stift eingebracht und unter festgelegten Bedingungen durch maschinelles Ver-
schieben der Porzellanplatte gerieben. Die Plattengeschwindigkeit beträgt ma-
ximal 7 cm/s (Probenmenge ca. 10 mm 3) (Abb. 1.118).
Dabei wird die Intensität der Reibbeanspruchung durch Ändern der Stiftbe-
lastung variiert. Die Kriterien für die Beurteilung sind: Keine Reaktion, teilwei-
se Reaktion, Entflammung, Knistern oder Knallen. Wird Entflammung, Kni-
stern oder Knallen bei einer Stiftbelastung :s 360 N (ca. 36 kg) festgestellt, so
gilt das Produkt als reibempfindlich und wird als explosionsgefährlich beur-
teilt (vgl. dazu auch Kap. 3.2.3.6.3).
140 3 Brennbare Stäube

3.2.5.4 Thermische Sensibilität (Stahlhülsen-Test)


Der Stahlhülsentest zur Prüfung auf thermische Sensibilität wurde von der
Deutschen Bundesanstalt für Materialprüfung (BAM) entwickelt [113].
Die zu prüfende Substanz wird in eine gezogene Stahlhülse von 30 ml Inhalt
unter festgelegten Bedingungen eingefüllt (nach EG-Prüfvorschrift A 14 mit
einem Stempel mit 80 N (ca. 8 kg) leicht verdichtet [30]), und diese durch Auf-
schrauben eines Düsenplättchens mit definierter Düsenöffnung (Bohrung) ver-
schlossen. Die Stahlhülse wird dann in einer speziellen Haltevorrichtung
(Schutzkasten aus Stahl) mit vier großen Teklubrennern erhitzt (Abb. 1.119).
Unter der extremen Hitzeeinwirkung kommt es zur Zersetzung des Produk-
tes. Die freigesetzten Zersetzungsgase strömen durch die Bohrung im Düsen-
plättchen ab. Vermögen die Zersetzungsgase nicht laufend abzufliessen, so ent-
steht Überdruck, und es kommt zur Deformation der Stahlhülse, zum Aufrei-
ßen der Hülse oder zur Explosion. Nach der Sprengstoffgesetzgebung liegt ei-
ne Explosion dann vor, wenn die Hülse in mindestens drei Bruchstücke zerlegt
wird. Nach der Prüfrichtlinie der Vereinten Nationen [114] wird das Thstergeb-
nis auch dann als Explosion gewertet, wenn die Hülse sehr stark zerfetzt ist,
ohne daß drei unzusammenhängende Bruchstücke entstanden sind. Die Prü-
fung umfaßt Versuche mit Düsenplättchen verschiedener Bohrungen. Als
Grenzdurchmesser wird der größte Durchmesser der Düsenbohrung bezeich-
net, bei dem wenigstens in einem von drei Versuchen das Ergebnis als Explo-
sion gewertet werden muß. Ist der Grenzdurchmesser ~ 2,0 mm, dann ist das
Produkt thermisch sensibel; es gilt als explosionsgefährlich und wird wie
schlag- oder reibempfindliche Produkte als Sprengstoff betrachtet. Für die
Durchführung der Thsts ist ein explosionssicherer Raum oder geeignetes Frei-
gelände notwendig, wobei der Thstverlauf ohne Personengefährdung beobach-
tet werden können muß.
Die Durchführung des Thsts und die Beurteilung der Thstergebnisse erfordert
einige Erfahrung. Verstopfung der Düsenöffnung oder falsche Positionierung
der Brenner können zu Fehlergebnissen bzw. zu Fehlbeurteilungen führen.

Stahl hülse kampl.


mit Prüfsubstanz Gewindering

Stahlhülse

rüfsubstanz
Zünd-
flamme
4 Gasbrenner

Abb. 1.119. Prüfung auf thermische Sensibilität (Stahlhülsen-Thst)


3.2 Abgelagerter Staub 141

3.2.5.5 Dmckgefäß-Test
3.2.5.5.1 Allgemeines
Der Druckgefäß-Thst ist in der Literatur beschrieben als ein Spezialtest zur Ge-
fährlichkeitsklassierung von organischen Peroxiden [115, 114]. Seit 1988 wird
er in Japan in leicht modifizierter Form aufgrund des revidierten "Fire Protec-
tion Law" als Pflichttest für "selbstreaktive Stoffe" (self reactive substances)
vorgeschrieben [116]. Es ist nicht klar, was unter "self reactive substances" ef-
fektiv verstanden wird. Denn bei der vorgeschriebenen Handhabung des Thsts
wird jedes organische Produkt, auch Nicht-Peroxide, bei Erhitzung auf genü-
gend hohe Temperatur "self reactive", d.h. es zersetzt sich. Als selbstreaktive
Stoffe müßten doch eigentlich diejenigen bezeichnet werden, die gemäß der
Charakterisierung in diesem Buche deflagrationsgefährlich sind (s.
Kap. 3.2.4.6.1). Sie reagieren schon bei niedriger Produkttemperatur selbst,
wenn eine Zersetzungsreaktion lokal ausgelöst wird. Die lokal ausgelöste Reak-
tion pflanzt sich selbständig durch die ganze Produktmenge fort. Beim Druck-
gefäß-Thst wird aber die Zersetzungsreaktion nicht lokal ausgelöst, vielmehr
wird die ganze Substanzmenge gleichmäßig bis zur spontanen Zersetzung er-
hitzt. Der Druckgefäß-Test ist deshalb ungeeignet, selbstreaktive, d.h. deflagra-
tionsgefährliche Stoffe zu erkennen!
Der Thst erlaubt aber, aufgrund des Volumens der Zersetzungsgase und der
Geschwindigkeit ihrer Freisetzung, die Stoffe in Gefährlichkeitsklassen einzu-
teilen, was allerdings nur dann sinnvoll ist, wenn damit bestimmte Handha-
bungsvorschriften verbunden sind. Der Thst wird aber durchaus auch als Ex-
plosivitäts-Test verstanden, werden doch Produkte bei entsprechendem Prü-
fungsergebnis als explosionsgefährlich klassiert [115].

3.2.5.5.2 Beschreibung des Tests


Der Thst wird in der modifizierten Version des J apanese Fire Protection Law
[116] beschrieben, da er zur Zeit wohl am häufigsten in dieser Version in der
Industrie durchgeführt wird.
In einem Druckgefäß, Gesamtvolumen ca. 200 ml, das sowohl mit einer Dü-
senplatte, als auch mit einer Berstscheibe ausgerüstet ist (Abb. 1.120), wird die
Prüfsubstanz bis zur totalen Zersetzung temperaturprogrammiert erhitzt. Da-
zu wird ein elektrisch beheizter Ofen verwendet (Abb. 1.121). Es wird, in Ab-
hängigkeit vom Durchmesser der Bohrung in der Düsenplatte, beobachtet, ob
die Berstscheibe birst. Berstdruck der Berstscheibe: 6 bar. Es werden Düsen mit
Bohrungen von 1,0 und 9,0 mm Durchmesser verwendet. (Version nach [115]
und [114]: Berstdruck der Berstscheibe ca. 5,5 bar; Düsen von 1,0-24mm
Durchmesser, abgestuft im wesentlichen in Schritten von 0,5 und 1,0 mm.)
142 3 Brennbare Stäube

n-t_ _",Ou"'Sl<!.!enpJ9tt~
Oochlung.

Zentners ander

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Of.n

Abb. 1.120. Druckgefäß-Test. Druckgefäß mit Berstscheibe und Düsenplatte (schematisch)

Abb.l.121. Druckgefäß-Thst. Ofen für drei Druckgefäße (praktisch)

3.2.5.5.3 Vorgehen bei der Prüfung

Der elektrisch beheizte Ofen wird auf die konstant zu haltende Solltemperatur
aufgeheizt (650°- 850 oe, durch Kalibrierung festzulegen).
5,0 g pulverförmige oder flüssige Substanz werden in einen zylindrischen
Probenbehälter aus Aluminium, Durchmesser 30 mm, Höhe 50 mm, eingefüllt
und in die Mitte des Druckgefäßes gestellt. Um den Aluminiumbecher in der
Mitte festzuhalten und so reproduzierbare Bedingungen zu schaffen, verwen-
den wir als Hilfsvorrichtung einen Zentrierständer (s. Abb. 1.120).
Das Druckgefäß wird, ausgerüstet mit der Düsenplatte und der Berstscheibe,
verschlossen und in den vorgeheizten Ofen gestellt. Unmittelbar anschließend
3.2 Abgelagerter Staub 143

wird die Berstscheibe mit kaltem Wasser bedeckt (ca. 20 ml), um ein Abfallen
des Berstdruckes durch Erhitzen der Berstscheibe während des Aufheizens zu
verhindern. Aufgrund der Kalibrierung ist die Ofentemperatur so eingestellt,
daß die Probe nun mit einer Heizrate von ca. 40°C/min bis auf mindestens
400°C aufgeheizt wird (vgl. dazu auch [117]).
In der Regel erfolgt dabei die totale thermische Zersetzung der Probe. Wer-
den dabei signifikante Mengen Zersetzungsgase innert kurzer Zeit freigesetzt,
vermögen sie entweder durch die Düsenöffnung abzufliessen, so daß die Berst-
scheibe nicht bricht, oder sie vermögen nicht abzufliessen, so daß es zu einem
genügend großen Druckaufbau kommt und die Berstscheibe bricht.

Beurteilung
a) Gemäß Japanese Fire Protection Law [116]
1) Düse 1,0 mm: Bruch der Berstscheibe weniger als 5mal von 10 Versuchen
~ Gefahrenklasse 3 (nicht gefährlich)
2) Düse 1,0 mm: Bruch der Berstscheibe mindestens 5mal von 10 Versu-
chen ~ Gefahrenklasse 2 (gefährlich)
3) Düse 9,0 mm: Bruch der Berstscheibe mindestens 5mal von 10 Versu-
chen ~ Gefahrenklasse 1 (sehr gefährlich)
Für die endgültige Klassierung gemäß japanischem Gesetz muß das Ergeb-
nis einer speziellen DSC-Mikrothermoanalyse (vgl. Kap. 3.2.4.5) mitberück-
sichtigt werden.
b) Gemäß RID [115]
Düse 9,0 mm, Probenmenge 10 g: Bruch der Berstscheibe mindestens 1mal
von 3 Versuchen ~ Produkt gilt als explosionsgefährlicher Stoff.

3.2.5.5.4 Kommentare, Bemerkungen, Besonderheiten


a) Wird der Druckgefäß-Test als Explosivitätstest betrachtet, ist er am ehesten
zu vergleichen mit dem Stahlhülsen-Test (vgl. Kap. 3.2.5.4). Wie beim Stahl-
hülsen-Test sind 3 Kriterien für das Ergebnis verantwortlich.
1) Die Zersetzungsenergie
2) Die Menge der Zersetzungsgase
3) Die Geschwindigkeit der Zersetzungsreaktion, resp. die Geschwindig-
keit, mit der die Zersetzungsgase freigesetzt werden.
Der Druckgefäß-Test ist somit ein "sanfter" Stahlhülsen-Test.
b) Der Druckgefäß-Test kann immerhin Hinweise auf die zu erwartende Trag-
weite eines Ereignisses geben, bei dem organisches Material in geschlosse-
nen Behältern Hitzeeinwirkung, z. B. Feuer, ausgesetzt ist. Er ist nicht ge-
eignet, deflagrationsgefährliche Stoffe zu erkennen.
c) Die für das Ergebnis des Druckgefäß-Tests maßgebenden drei Kriterien,
Zersetzungsenergie, Menge der Zersetzungsgase, Geschwindigkeit der Zer-
setzungsreaktion, sind in der Regel aufgrund von elementaren Standardprü-
fungen auf thermische Beständigkeit bekannt (vgl. Kap. 3.2.4), so daß das
Ergebnis des Druckgefäß-Tests vorausgesagt werden kann. Der Druckgefäß-
Test gibt in den meisten Fällen keine zusätzlichen Informationen, er ist in
144 3 Brennbare Stäube

den meisten Fällen überflüssig. Als 'lest auf Explosionsgefährlichkeit ge-


nügt er apriori nicht.
d) Als Spezialtest - wie z. B. für organische Peroxide - zur verfeinerten Cha-
rakterisierung eines an sich bekannten Verhaltens, ist er selbstverständlich
geeignet.

3.2.5.6 Detonationsstoßempfindlichkeit (Stahlrohr-Test)

3.2.5.6.1 Allgemeines
Auch der Stahlrohr-Test wurde von der Bundesanstalt für Materialprüfung,
BAM (Berlin), eingeführt [110].
Bei diesem 'lest wird der zu prüfende Stoff in ein Stahlrohr eingefüllt, eine
definierte Sprengstoffladung (Vorladung, Übertragungsladung) wird zusätz-
lich eingeführt, das Rohr verschlossen und die Sprengstoffladung mit einer
Sprengkapsel zur Detonation gebracht. Es wird geprüft, ob die 'lestsubstanz
von der Detonation des Sprengstoffes bzw. von der dadurch ausgelösten
Druckwelle erfaßt wird und selber auch detoniert.
Ist dies der Fall, wird die Prüfung im Stahlrohr wiederholt, jedoch ohne zu-
sätzliche Sprengstoffvorladung, sondern nur mit der Sprengkapsel. Genügt die
Sprengkapsel allein, die 'lestsubstanz zur Detonation zu bringen, gilt diese als
explosionsgefährlich und ist wie ein Sprengstoff zu behandeln, auch wenn sie
nach keinem andern der oben genannten 'lests (Kap. 3.2.5.2 bis 4) als explo-
sionsgefährlich klassiert werden muß. Beispiele für solche Stoffe: 2,4-Dinitro-
anisol, 2,4-Dinitro-toluol, 1-Chlor-2,4-dinitro-benzol, Ammoniumnitrat.
Detoniert eine Prüfsubstanz nur mit der zusätzlichen Sprengstoffladung,
nicht aber mit der Sprengkapsel allein, gilt sie aufgrund dieses Tests nicht als
explosionsgefährlich.
Der 'lest wird angewendet auf feste und flüssige Stoffe. Er kann insbesonde-
re auch angewendet werden auf chemische Reaktionsmassen.
Bei der ursprünglichen Version der BAM wurde für die~en 'lest als Standard
ein l"-Stahlrohr (33,3 mm äußerer Durchmesser, 4 mm Wandstärke, 300 mm
Länge) verwendet, ggf. ein 2"-Stahlrohr (60 mm äußerer Durchmesser, 5 mm
Wandstärke, 500 mm Länge) und unter besonderen Umständen ein 4"-Stahl-
rohr (114 mm äußerer Durchmesser, 8 mm Wandstärke, 1000 mrn Länge) [10].
Die zur Zeit international gültige Ausführungsform entspricht der Beschrei-
bung in den UN-Richtlinien [99]. Die folgende Beschreibung des Stahlrohrtests
stützt sich auf diese UN-Richtlinie, am Beispiel einer pulverförmigen Prüfsub-
stanz. Für flüssige, pastöse oder andere Formen der Prüfsubstanz wird auf die
Originalliteratur verwiesen.

3.2.5.6.2 Stahlrohr-Test mit Sprengstoffvorladung


Stahlrohr. 60 mm äußerer Durchmesser, 5 mm Wandstärke, 500 mm Länge.
Angeschweißter Boden von 6 mm Dicke. Aufschraubbare Verschlußkappe
(Abb. 1.122).
3.2 Abgelagerter Staub 145

Abb. 1.122. Stahlrohr-Test. Stahlrohr mit Übertragungsladung (Vorladung)


und Sprengkapsel (schematisch)

Sprengstoffvorladung (Obertragungsladung). Durch Pressen (1500 bar) zylin-


drisch geformter Sprengkörper (30 mm Durchmesser, 45-47 mm Länge) aus
50 g RDX/Wachs (RDX = Hexogen = Cyclotrimethylentrinitramin; 95 Teile
vermischt mit 5 Teilen Wachs). Aussparung für Einführung der Sprengkapsel.
Sprengkapsel. Nitropentasprengkapsel Nr. 8 (Cu), elektrisch zu zünden.
Vorgehen. Der zu prüfende Stoff wird als Pulver in das Rohr eingefüllt, die
Sprengstoffvorladung wird am oberen Ende des Rohres eingesetzt, so daß sie
von der Prüfsubstanz umgeben ist.
Das Rohr wird mit der Verschlußkappe verschlossen und die Sprengkapsel
durch die dafür vorgesehene Öffnung eingeführt (Abb. 1.122).
Das so vorbereitete Rohr wird vertikal in Sand eingegraben.
Die Zündung der Sprengkapsel wird elektrisch ausgelöst.
Bewertung. Das Ergebnis ist positiv, d.h. der Detonationsstoß der Vorladung
wurde weiter geleitet und brachte auch die Prübsubstanz zur Detonation,
wenn:
das Rohr vollständig fragmentiert ist
das Rohr am oberen Ende und am unteren Ende zerstört ist
das Rohr vom oberen Ende gemessen auf einer Länge von weniger als
21 cm zerstört ist, aber die Prüfsubstanz vollständig mit einer Geschwindig-
keit höher als Schallgeschwindigkeit reagiert hat.
Wiederholung des Tests. Bei negativem Ergebnis wird der Test einmal wieder-
holt. Ist auch der zweite lest negativ, ist die Prüfung beendet. Ist ein lest posi-
tiv, wird die Prüfung ohne Verwendung einer Vorladung wiederholt.
146 3 Brennbare Stäube

3.2.5.6.3 Stahlrohr-Test ohne Sprengstoffvorladung


Es wird gleich vorgegangen wie beim Test mit Vorladung, jedoch wird die Vor-
ladung weggelassen. Das Stahlrohr wird mit der Testsubstanz voll befüllt. Die
Sprengkapsel wird durch den Verschlußdeckel direkt in die Testsubstanz einge-
führt und unter den oben geschilderten Bedingungen zur Detonation gebracht.

Beurteilung. Es wird beobachtet, ob die Detonation der Sprengkapsel allein die


Detonation der Testsubstanz bewirkt. Die Kriterien für ein positives Ergebnis
sind die gleichen, wie sie unter Kap. 3.2.5.6.2, Bewertung, genannt sind.
Wird ein Stoff aufgrund dieses Tests positiv bewertet, muß er der UN-Stoff-
klasse 1, Explosive Stoffe (Explosives), zugeordnet werden.

3.3 Aufgewirbelter Staub

3.3.1 Was ist eine Staubexplosion?

Alle kohlenstoffhaltigen Stäube sind im aufgewirbelten Zustand explosionsfä-


hig [118]. Jeder Staub unterscheidet sich jedoch vom gleichen, in kompakter
Form befindlichen Stoff dadurch, daß er weitgehend zerkleinert ist. Diese qua-
litative Feststellung führt zu der quantitativen Aussage über die Korngröße ei-
nes Einzelteilchens bzw. die Korngrößenverteilung in einer bestimmten Staub-
menge.
In Abb. 1.123 sind solche Korngrößenverteilungen für zwei Stäube, die durch
Siebung erhalten worden ist, dargestellt; sie schwankt zwischen weiten Gren-
zen. Es hat sich nun als vorteilhaft erwiesen, für Vergleiche von sicherheits-
technischen Kenngrößen von verschiedenen aufgewirbelten Stäuben den soge-

0,1
1
~
0):
Cl)
t..:J

Cl)
50
E
E
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VI
VI 80
"D
C
.E
VI
..x::
u
:~
o Lycopodium
0:: t:. Cellulose

Korngröße
Abb.l.123. Korngrößenverteilung von zwei Stäuben
3.3 Aufgewirbelter Staub 147

nannten "Medianwert M" anzugeben. Es handelt sich hierbei um den


50OJo-Wert der Summenverteilungskurve für die unterschiedlichen Korngrößen.
Lycopodium hat einen Medianwert von M = 32 j.1m und Cellulose einen sol-
chen von M = 22 j.1m.
In technischen Prozessen kommt Staub als Produkt einer gewollten Herstel-
lung (Nutzstäube: z. B. durch Zerkleinerungsvorgänge, Versprühen und Ver-
dampfen von Flüssigkeiten, in denen Feststoffe gelöst sind, Filtrieren oder
Zentrifugieren) oder aber als Abfallprodukt (Abfallstäube: z. B. durch Freiset-
zen beim Herstellen von Nutzstäuben, Abrieb, Bearbeiten kompakter Materia-
lien) vor.
Die Form der einzelnen Teilchen ist außerordentlich vielfältig. Ihre Außenge-
stalt kann körnig (Abb. 1.124), flach und faserig (Abb. 1.125) oder auch spitz,
eckig, gezackt usw. sein. Die Größe der Staubteilchen ist in ein- und demselben
Gemisch im allgemeinen sehr verschieden. Ein hinsichtlich seiner Feststoffteil-
chenabmessungen homogener Staub existiert also praktisch nicht (Abb. 1.123),
und es ist auch äußerst schwierig, diesen herzustellen.
Die Eigenbewegung von aufgewirbeltem Staub bedingt örtliche und zeitliche
Konzentrationsveränderungen (Endmischungen), weil die festen Teilchen je
nach Größe sedimentieren. Die wichtigste Einflußgröße ist hier die Schwer-
kraft. Wegen des Reibungswiderstandes unterliegt das freifallende Staubteil-
chen nicht einer ständigen Beschleunigung, sondern erreicht relativ schnell
eine konstante Endgeschwindigkeit. Sie läßt sich angenähert nach dem Stokes-
schen Gesetz berechnen. Abbildung 1.126 zeigt für Raumtemperatur den Zu-
sammenhang zwischen der Fallgeschwindigkeit und der Teilchengröße für
unterschiedliche Dichte der Feststoffe.
Der Fachausschuß Staubtechnik im VDI [118] definiert Staub wie folgt:
"Als Staub werden feste Körperchen bezeichnet, die infolge ihrer Kleinheit in
strömungs freier Luft nach kurzer Beschleunigungsstrecke eine gleichmäßige
Fallgeschwindigkeit annehmen, die etwa 0,03 -100 cm/s beträgt, d.h. wesent-
lich geringer ist, als es den Fallgesetzen entspricht!'

Abb. 1.124. Mikroskopaufnahme von Lycopodiumstaub


148 3 Brennbare Stäube

Abb. 1.125. Mikroskopaufnahme von Cellulosestaub

1000
6= 2 g/cm 3
~ 100
E
.=!.
~
-w 10
-'"
cn
'6
c
j
-5
Vl
QJ
..<:!'
Ci 0,1
u...

0,01L.---'---'----'------'
1 10 100 1000 10000
Teilchengröße l!Jml
Abb. 1.126. Aufgewirbelter Staub: Zusammenhang zwischen
Teilchengröße und Fallgeschwindigkeit

Kurze Zeit später wurde vom Ausschuß "Brennbare Stäube" die folgende
Definition gegeben: "Staub ist ein zerteilter (disperser) Feststoff beliebiger
Form, Struktur und Dichte!'
In der Praxis ist es üblich, von Staub zu sprechen, wenn die Korngröße eines
Feststoffgemisches 100-500 11m beträgt. Als Feinstaub werden Gemische mit
einer Korngröße von 100- 300 11m bezeichnet und als Feinststaub solche mit
3.3 Aufgewirbelter Staub 149

Abb.l.127. Mikroskopaufnahrne von Flock: 6,7 dtex/O,9 rnrn

einer Korngröße von 30-100 J.1m. Anteile der Feststoffteilchen von< 30 J.1m
nennt Geck [118] den "Staub im Staube!' Sie können bis zu 48 Stunden in der
Schwebe bleiben.
Es sei noch darauf hingewiesen, daß man auch kurze Fasern als "Staub" be-
zeichnet, die durch Schneiden synthetischer Endlosfäden oder durch Mahlen
natürlicher oder synthetischer Faserstoffe hergestellt werden. Solche Feststoffe
(Abb. 1.127) sind unter dem Begriff "Flock" bekannt und werden durch ihr
Grammgewicht je 10 km Fadenlänge (die sogenannte dtex-Zahl [Titer)) und die
Schnittlänge I charakterisiert. Solche Fasern, die im aufgewirbelten Zustand
verbrennen können, werden in der Industrie vor allem in Beschichtungsanlagen
verarbeitet (Teppichherstellung, Fußbodenbelag, Autozubehör).
Staubexplosionsfähigkeit ist immer dann gegeben, wenn in einem Staub/
Luft-Gemisch nach der Entzündung durch eine geeignete Zündquelle eine selb-
ständige Flammenausbreitung (Abb. 1.128) in Verbindung mit einer Druckstei-
gerung auftritt.
Ein solcher Explosionsvorgang besteht aus einer chemischen Reaktion, bei
der sich die Reaktionsprodukte unmittelbar oder über komplizierte Zwischen-
reaktionen bilden. Der erforderliche Sauerstoff wird meistens nur mit der Ver-
brennungsluft zugeführt, wobei der Stickstoff als Ballast wirkt. Die Reaktions-
geschwindigkeit steigt anfangs immer mehr an. Wesentlich ist, daß bei den sich
ergebenden Wärmetönungen die Gesamtreaktion exotherm ist.
Als brennbare Stäube im Sinne der folgenden Ausführungen für den aufge-
wirbelten Staub gelten daher nur diejenigen Stäube, die den Luftsauerstoff zur
exothermen Reaktion benötigen. Für den Begriff "Explosion" existiert keine
einheitliche Definition; an dieser Stelle seien daher nur die wichtigsten wieder-
gegeben.
"Im engeren Sinne versteht man unter einer Explosion jede plötzliche Volu-
menvergrößerung anläßlich eines physikalischen oder chemischen Vorgangs"
(Beyersdorfer [118)).
150 3 Brennbare Stäube

Abb.l.128. Explosion eines Staub/Luft-Gemischs in freier Atmosphäre (4 kg Produkt)

Der VDI-Fachausschuß "Brennbare Stäube" definiert eine Explosion als


"eine so schnell verlaufende Verbrennung, daß die wärmebedingte Ausdehnung
der am Vorgang beteiligten Gase eine merk- und meßbare Drucksteigerung er-
gibt!'
Nach DIN-Norm 20163 ist eine Explosion "eine schnell ablaufende Umset-
zung von potentieller Energie in Ausdehnungs- und Verdichtungs arbeit oder in
beide Arbeiten unter Auftreten von Stoßwellen (Verdichtungsstößen)!'
In der überarbeiteten VDI-Richtlinie 2263 [7] ist eine Explosion "eine
schnell ablaufende Verbrennung mit einer merk- und meßbaren Drucksteige-
rung!'
Ursprünglich glaubte man [118], daß organische Stäube überhaupt nicht ex-
plosionsfähig sind. In einer Veröffentlichung von 1878 ist zu lesen: "Die
Bäcker pflegen sich in den Backstuben der Fliegen und Schaben auf die Weise
zu entledigen, daß sie scharf getrocknetes Mehl in die Luft werfen, und die
Mehlstaubwolke entzünden!' Man wunderte sich jedoch, daß häufig die Fen-
ster der Backstube herausgeschleudert wurden.
Da man Staubexplosionen nicht erklären konnte, suchte man häufig nach ei-
nem Brenngas als Ursache.
Als es im Jahre 1858 zu einer Staubexplosion in einer Stettiner Walzenmühle
kam, glaubte man an die Entzündung von alkoholischen Dünsten, die sich in
einer Dunstabzugsröhre aus gärendem Kleister gebildet haben sollten; andere
glaubten, daß bei der fauligen Zersetzung von Kleister Sumpfgas entstanden
war, das durch die Annäherung von Feuerfunken entzündet wurde.
Auch eine Explosion im Jahre 1890 in einer Braunkohlenfabrik erklärte man
durch die Explosion von Gasen, die beim Trocknen der Braunkohle entstanden
sein sollten.
3.3 Aufgewirbelter Staub 151

Selbst im Jahre 1917 glaubte man noch, die schwere Zuckerstaubexplosion


in Frankenthai durch die Entzündung von Kloakengasen erklären zu können,
die sich in der Nähe des Explosionsherdes gebildet haben sollten.
Als erster erkannte M. Faraday, daß ein organischer Staub explosionsfähig
sein kann. Er konnte nämlich nachweisen, daß die Heftigkeit der im September
1844 stattgefundenen schweren Grubenexplosion in den Hasswell-Kohlenberg-
werken in England auf die Mitexplosion von Kohlenstaub zurückgeführt wer-
den konnte, der durch eine primäre Schlagwetter-(Methan-)Explosion aufge-
wirbelt wurde. Diese Erkenntnis wurde später von Verpilleux (1875), Galloway
(1881), Hilt und Marggraf (1884) sowie von Treptow (1888) bestätigt.
In England hatte Galloway bereits 1881 vermutet, daß "Kohlenstaub in rei-
ner atmosphärischer Luft durch einen Schuß von Sprengstoff oder durch eine
lokale Methanexplosion aufgewirbelt, nicht nur unter dem unmittelbaren Ein-
fluß der Explosionsflamme zur Entzündung gebracht werden könne, sondern
auch, wenigstens in manchen Sorten, die auf diese Weise eingeleitete Verbren-
nung sich selbständig und bis auf unbegrenzte Entfernungen weiter zu tragen
vermöge!'
Zum gleichen Zeitpunkt hatten französische Forscher eine gegenteilige Mei-
nung: ,:Wir betrachten es als nachgewiesen, daß Kohlenstaub in Abwesenheit
von Methan keine ernste Gefahr bietet. Derselbe kann eine wichtige Rolle nur
insofern spielen, als er die Gefahr einer Wellenexplosion vergrößert!' Da sich
in Deutschland in der "Preußischen Schlagwetter-Commission" die Anhänger
der englischen und französischen Auffassung gegenüberstanden und sich nicht
einigen konnten, wurde 1822 beschlossen, eigene Versuche zur Kohlenstaubge-
fahr durchzuführen.
Tabelle 1.32 gibt Auskunft über die weitere Entwicklung.
Die experimentellen Untersuchungen der damaligen Zeit hatten also die
Zielsetzung zu klären, ob organische bzw. metallene Stäube explosionsfähig
sind oder nicht.
Eine besondere Bedeutung kommt den Arbeiten von Engler (1855) zu. Er
hat Ruß bzw. Holzkohle mit Methan bzw. Leuchtgas in jeweils nicht explo-
sionsfähigen Konzentrationen gemischt und hierbei gefunden, daß die Mi-

Tabelle 1.32. Entwicklung des Nachweises der Explosionsfähigkeit brennbarer Stäube

Jahr Name Untersuchungsergebnis

1844 M. Faraday Beweis, daß Kohlenstaub explosions fähig ist


1878 R. Weber Beweis, daß Mehl explosions fähig ist
1885 P. Engler Beweis, daß Gemische aus Brenngas und brennbarem Staub ex-
plosionsfähig sind
1891 R. Holtzwart Beweis, daß Braunkohlenstaub explosionsfähig ist
E. von Meyer
1891 R. Holtzwart Beweis, daß Staubwolken durch elektrische Funken entzündet
E. von Meyer werden können
1899 H. Stockmeier Beweis, daß Aluminium durch elektrische Funken entzündet
werden kann
152 3 Brennbare Stäube

schungen - sogenannte hybride Gemische - explosionsfähig sind. Stockmei-


er glaubte, daß dieser Effekt auch das Zündverhalten von Aluminiumbronze
beeinflußt. Er wies nach, daß sich mit der ihr eigenen hygroskopischen Feuchte
Wasserstoff/Luft-Gemische bilden können, so daß hybride Gemische mit Alu-
miniumbronze entstehen können. Erst gut hundert Jahre später machte Pell-
mont (1979) ausführliche Angaben über das Zünd- und Explosionsverhalten
von hybriden Gemischen.
Holtzwart und v. Meyer hatten experimentell nachgewiesen, daß die Gä-
rungsgase, die beim 'Itocknen von Braunkohle entstehen, nicht brennbar sind
und als Ursache für die bereits erwähnten Staubexplosionen ausscheiden. Der
Braunkohlenstaub selbst ist explosionsfähig (s. Thbelle 1.32).
Bereits zur Jahrhundertwende stellte man fest, daß organische und metalle-
ne Fein- und Feinststäube im aufgewirbelten Zustand zwar als explosionsfähig
angesehen werden müssen, bezogen auf die Zündbedingungen in der Praxis
aber nicht alle unbedingt explosionsgefährlich sind.
Weber und Stockmeier erkannten schon 1878 den Einfluß der Teilchengröße
auf die Gefährlichkeit von Staubexplosionen: Sie beobachteten, daß die leicht
zerstäubbaren Mehlsorten am heftigsten reagieren. Auch Weinmann kommt
1922 aufgrund der Ergebnisse seiner Versuche mit Zucker auf der bergfiskali-
schen Versuchsstrecke in Neunkirchen (Saar) zu der Schlußfolgerung, daß die-
ser Staub um so leichter zur Explosion gebracht werden kann, je feiner er ist.
Beyersdorfer [118] untersuchte 1925 die Zunahme der Gesamtoberfläche eines
Würfels bei abnehmender Kantenlänge: Er ging zunächst von 10 cm Kantenlän-
ge - d.h. von einem Volumen von V = 0,001 m 3 - und einer Oberfläche von
o = 0,06 m2 aus. Anschließend führte er eine Dezimalteilung parallel zu den 3
Koordinatenebenen durch und betrachtete die Summe der Oberflächen aller so
entstehenden Würfel in Abhängigkeit von der Kantenlänge (Abb. 1.129). Die Zu-
nahme der Gesamtoberfläche mit abnehmender Kantenlänge der Thilchen ist
also erheblich. Da jede Oberfläche die Eigenschaft hat, das sie umspülende

1m 2]
/~
/r
/r
1
/r
4r
10-2
1)3 102 10' 10° IIJIll]
Kantenlärge eines Würfels
Abb.l.tl9. Dezimalteilung eines Würfels von ursprünglich 10 cm Kantenlänge
3.3 Aufgewirbelter Staub 153

gasförmige Medium zu absorbieren, haben sehr feine Stäube eine hohe Ober-
flächenaktivität und reagieren demzufolge heftiger als grobe Stäube.
J aeckel [118] konnte zur gleichen Zeit den experimentellen Beweis für die
Richtigkeit dieser Behauptung erbringen. Bei der Vermahlung von Platten-
zucker in einer kleinen luftdicht verschlossenen Kugelmühle stellte er nach 24 h
einen deutlichen Unterdruck fest, den er mit der Absorption von Luft an den
neu entstandenen großen Oberflächen erklärte. Stäube haben damit eine große
Oberflächenaktivität. Je größer die Teilchen, desto geringer ist die Explosions-
gefährlichkeit.
Beyersdorfer hat zuerst die Gefahren des ruhenden abgelagerten Staubes er-
kannt, der nicht unmittelbar Ursache für eine Explosion sein kann. Wird der
Staub jedoch durch eine primäre Staubexplosion aufgewirbelt, so kann eine
nachfolgende sekundäre Staubexplosion verheerende Ausmaße annehmen. Er
berechnete für Zuckerstaub bei einer unteren Explosionsgrenze von 21 g/m 3,
wie hoch die maximale Ablagerung auf den 6 Begrenzungsflächen eines kubi-
schen Betriebsraumes sein darf, um beim Aufwirbeln eben gerade nicht explo-
sionsfähig zu sein (Abb. 1.130).
Je kleiner also ein Betriebsraum ist, um so geringer darf diese Staubablage-
rung sein. Wenige hundertstel Millimeter Schichthöhe reichen also aus, um ein
explosionsfähiges Staub/Luft-Gemisch zu bilden.
Die Gleichung
cl2s
Ll=-----
1/1 + 1/b + 1/h
Ll zulässige Schichthöhe
1 untere Explosionsgrenze
s Raumgewicht
1, b, h Länge, Breite, Höhe

]: 0,15.------,-----. Gefährlichkeit von ZuckerstaubablQ.9.lrung


§'
'-
QJ

~
Vi
~
"ifj
,:g
~
QJ

El'-
QJ
01
C
15
QJ Oo----~--~
o 2500 5000

Betriebsraumvolumen [m 3 ]
Abb. 1.130. Zuckerstaubablagerungen in kubischen Betriebsräumen, die beim Aufwirbeln
noch keine Explosionsgefahr darstellen (UEO = 21 g/m 3)
154 3 Brennbare Stäube

ergibt für nicht kubische Betriebsräume, daß die eben zulässige Schichthöhe
einer Staubablagerung in solchen Räumen geringer als in kubischen Räumen
und daß sie in niedrigen, langgestreckten Räumen geringer als in hohen, brei-
ten Räumen ist.
Beyersdorfer vermutete, daß die Explosion eines organischen Staubes letzt-
lich eine Gasexplosion ist. Er beobachtete, daß nach dem Einblasen von Zuk-
kerstaub in einer noch nicht explosions fähigen Konzentration in einem beheiz-
ten Raum die Temperatur zunächst sehr rasch um 10-15 oe abnimmt, um an-
schließend um einige Grade über die Ausgangstemperatur anzusteigen. Die be-
obachtete Temperaturerhöhung stammte im wesentlichen von der Wärme, die
durch das System Zuckerstaub/Gas als Folge einer Oxidation gebildet wurde.
Der Vorgang der Entzündung erfolgt demnach in zwei Phasen:
1. Zerstäubung des Zuckers und
2. Oxidation des Zuckers.
Sind Sauerstoffgehalt und Thmperatur hinreichend groß, so verursacht die frei-
werdende Reaktionswärme die Entzündung des Zuckerstaub/Luft-Gemisches.
Als weiteren Beweis dafür, daß die Explosionen von organischen Stäuben in
ihrer zweiten Phase Gasexplosionen sein müssen, führt Beyersdorfer an, daß
nur Brenngase mit einer Flamme brennen können. Nicht das feste oder flüssige
Stearin einer Kerze brennt, sondern der Stearin-Dampf. Obige Modellvorstel-
lungen über den Beginn der Reaktion, bzw. der Reaktionsablauf selbst, sind
für Metallstäube nicht gültig. Die Verbrennungsprodukte einer Alumini-
um-Staubexplosion ähneln in ihrer Form und Größe den Einzelteilchen des
verbrannten Staubes. Bei einer vor der Verbrennung eingetretenen Verdamp-
fung könnte dies aber kaum der Fall sein. Die Verdampfungstemperatur des
Aluminiums ist so hoch, daß die Bildung von Metalldampf bei der Zündung
nicht wahrscheinlich ist. Dies gilt in verstärktem Maße für Zirkonstaub, der
eine noch viel höhere Verdampfungstemperatur hat.
Messungen haben ergeben, daß bei Aluminium-Staubexplosionen im Ver-
gleich zu organischen Stäuben überhöhte Explosionsdrücke auftreten. Dem-
nach wird der entstehende Druck durch die Ausdehnung der Restgase, insbe-
sondere des Stickstoffs, infolge der hohen Verbrennungstemperatur bestimmt.
Bei den Metallstäuben ist Lichtstrahlung für die Übertragung der freiwer-
denden Energie von großer Bedeutung. Gliwitzky und Leuschke [118] haben
experimentell nachgewiesen, daß aufgewirbelte Metallstaub/Luft-Gemische al-
lein durch intensive Lichtstrahlung, also ohne Wärmeleitung und Konvektion,
zur Explosion gebracht werden können.
Da auch spezielle, sehr leicht entzündliche organische Stäube entweder
durch die Lichtstrahlung einer Blitzlampe oder die einer Staubexplosion selbst,
wenn das zu entzündende Staub/Luft-Gemisch und das entzündete Staub/
Luft-Gemisch durch eine Glasscheibe voneinander getrennt sind, entzündet
werden können, ist wahrscheinlich, daß die Lichtstrahlung bei Staubexplosio-
nen an der Energieübertragung beteiligt ist.
Zehr [118] bestätigt die Vorstellungen von Beyersdorfer über den Verbren-
nungsmechanismus brennbarer Stäube und stellt fest, daß die Verbrennung
3.3 Aufgewirbelter Staub 155

fester Stoffe eine Reaktion ist, die an der Oberfläche unter Beteiligung des
Sauerstoffs in der umgebenden Luft abläuft. Die Brennstoffe reagieren hierbei
unter Flammenerscheinungen, d.h. in der Flamme verbrennen die zuvor ver-
dampften oder ausgeschwelten und durch Konvektion mit Sauerstoff ver-
mischten Gase.
Nach einer Fremdzündung oder Selbstentzündung (bei Vorliegen der Vor-
aussetzung für eine Wärmezündung) pflanzt sich der in einem Staub/Luft-Ge-
misch eingeleitete Verbrennungsvorgang derart fort, daß die bei der Verbren-
nung eines kleinen Volumenteils freiwerdende Energie auf die benachbarten
Volumenteile und die in ihnen enthaltenen Staubpartikel übertragen wird, wo-
bei - neben der Konvektion - die Lichtstrahlung einen wesentlichen Anteil
des Energietransports übernimmt. Die Verbrennung von je 10 g läßt die Tempe-
ratur im Volumenelement bei Schwefel um 135 K, bei Magnesium um 240 K
und bei Aluminium um 340 K steigen. Die Reaktion setzt sich so nach allen
Seiten mit einer relativ hohen Geschwindigkeit fort. Das Reaktionsvermögen
von brennbaren Stäuben in Mischung mit Luft hängt daher von den jeweiligen
Staubeigenschaften ab.
Zu sehr ähnlichen Vorstellungen gelangte man bei den Untersuchungen über
den Mechanismus von Kohlenstaubexplosionen [118]. Ursprünglich nahm
man an, daß auch solche Explosionen überwiegend in der Gasphase ablaufen;
die durch die Entzündung des Kohlekorns freigesetzten flüchtigen Bestandteile
sollten wesentlich an der Reaktion beteiligt sein. Dagegen vertraten andere For-
scher die Meinung, daß Oxidationsprozesse an der Oberfläche der Kohleteil-
chen selbst den Reaktionsablauf bestimmen.
In den letzten Jahren setzte sich mehr und mehr die Ansicht durch, daß so-
wohl die freigesetzten flüchtigen Bestandteile als auch die feste Kohlesubstanz
den Explosionsablauf bestimmen. Lediglich im Anfangsstadium einer Explosion
scheinen nur die flüchtigen Bestandteile entscheidend zu sein. Dies läßt sich durch
experimentelle Untersuchungen des In- und Auslandes bestätigen, wobei man
davon ausgeht, daß die Verbrennung der Kohleteilchen in 3 Phasen verläuft:
Aufheizung des Korns und Pyrolyse (flüchtige Bestandteile und Teerpro-
dukte werden gebildet und freigesetzt),
Zündung und Verbrennung der Pyrolyse-Produkte und
Zündung und Verbrennung des Koks- und Kohlerestes.
Die zeitliche Aufeinanderfolge dieser drei Phasen hängt vor allem von der
Korngröße und der Aufheizungsgeschwindigkeit ab. Howard und Essenhigh
[118] haben bei Aufheizungsgeschwindigkeiten von ca. 104 K/min bei Einzel-
körpern im mm-Bereich eine deutliche Trennung von Entgasung und Verbren-
nung festgestellt. Bei kleineren Teilchendurchmessern und höheren Aufheizge-
schwindigkeiten kam es dagegen bereits zu einer Entzündung des Kornrandes,
bevor die Entgasung merklich einsetzte.
Bei Kohlenstaubexplosionen liegt die Aufheizgeschwindigkeit schätzungs-
weise im Bereich von 106 - 109 K/min. Bei feinen Teilchen kann man davon
ausgehen, daß der Mechanismus von Kohlenstaubexplosionen mit den genann-
ten drei Phasen beschrieben wird.
156 3 Brennbare Stäube

3.3.2 Häufigkeit von Staub explosionen

Staubexplosionen sind seit etwa 200 Jahren bekannt, und zwar seit damit be-
gonnen wurde, das Getreide in Windmühlen zu vermahlen. Die erste, als solche
erkannte Staubexplosion ereignete sich nach den Aufzeichnungen der Thriner
Akademie der Wissenschaften am 14. Dezember 1785 in Italien. Es handelte
sich hierbei um eine Mehlstaubexplosion in Thrin [118].
Abbildung 1.131 zeigt die erste authentische Fotografie vom Mühlenbrand
nach einer Getreidestaubexplosion in den USA im Jahre 1853.
In den folgenden 100 Jahren ereigneten sich fünf weitere aufsehenerregende
Mehl- und Getreide-Staubexplosionen (Tabelle 1.33).
Im Zusammenhang mit der im Jahre 1887 stattgefundenen Silospeicher-
explosion in Hameln (Abb. 1.132) schrieb die VDI-Zeitschrift: "Das Ereignis
steht auf dem Kontinent ohne Beispiel da; jede Vorstellung von der gewaltigen,
zerstörenden Kraftwirkung fehlte bisher!'
Mit zunehmender Industrialisierung und als Folge der Umstellung von
Klein- auf Großbetriebe stieg die Zahl der Staubexplosionen. So ereigneten

Abb.1.131. Mühlenbrand nach einer Getreide-Staubexplosion in den USA im Jahre 1853

Tabelle 1.33. Staubexplosionen 1785 - 1887

Jahr Ort Anlage Staubart Schaden

1785 Turin Lagergebäude Mehl Lagergebäude zerstört


1858 Stettin Walzen-Mühle Getreide Mühlengebäude zerstört
1860 Milwaukee Mühle Mehl
1864 Mascoutah Mühle Mehl
1869 Deutschland Mühle Erbsenmehl Mühle örtlich beschädigt
1887 Hameln Silospeicher Getreide Silo und Gebäude zerstört
3.3 Aufgewirbelter Staub 157

Abb.1.132. Neue Wesermühle in Hameln nach der Getreide-Staubexplosion 1887

Tabelle 1.34. Staubexplosionen in den USA 1900-1952

Anzahl der [070 I Staubart


Explosionen

191 24,8 Getreide


129 16,7 Holz
113 14,6 Futtermittel
101 13 ,1 Mehl
43 5,5 Stärke
37 4,8 Kork
26 3,3 Zucker
25 3,2 Plastik
24 3,1 Schwefel
24 3,1 Malz
14 1,8 Rinde
42 5,4 Verschiedene

sich bis zum Jahre 1922 in den USA und Kanada 217 Staubexplosionen im Zu-
sammenhang mit organischen Stäuben in Mühlen, Elevatoren und Silos, Stär-
kefabriken, Zuckerraffinerien sowie in Anlagen, in denen z. B. Aluminium,
Schokolade, Papier, Gummi oder Gewürze verarbeitet werden.
Eine neuere amerikanische Statistik von 1900-1952 über die Staubarten
weist 769 Explosionen mit einem Schaden von 88 Mio. Dollar aus (Th-
belle 1.34).
Insgesamt waren dabei 464 Tote und 1229 Verletzte zu beklagen.
Aber nicht nur die Industrie war von Staubexplosionen betroffen. Während
einer einzigen Ernteperiode wurden in Pacific Northwest (USA) 300 Staub-
explosionen in Dreschmaschinen registriert, mit einem Schaden von mehr als
1 Mio. Dollar.
158 3 Brennbare Stäube

Abb. 1.133. Auswirkungen einer Zuckerstaubexplosion

Abb.l.134. Nachfolgebrand in einer Möbelfabrik nach einer Holzstaubexplosion [119]

Aus Deutschland sind zwischen 1890 und 1922 allein 66 Zuckerstaubexplo-


sionen von mittlerem und katastrophalem Ausmaß dokumentiert. Eine der
schwersten ereignete sich in Frankenthal am 16. März 1917. Sechs Arbeiter
wurden getötet, der Sachschaden war erheblich (Abb. 1.133).
Aber auch in anderen Industriezweigen kam es in dieser Zeit häufig zu
Staubexplosionen. Über insgesamt 77 Ereignisse im Zusammenhang mit Koh-
lenstaub, Farbstoff, Ruß und Aluminium liegen Aufzeichnungen vor. Allein
die Kohlenstaubexplosionen forderten 404 Tote und 275 Verletzte.
Vor rund 40 Jahren erschien ein bis heute noch umfassendes Werk von Geck
[119]. Der Verfasser, der sein eigenes Unternehmen durch eine Holzstaubexplo-
sion mit Nachfolgebrand (Abb. 1.134) verlor und selbst eine schwere Zucker-
staubexplosion überlebte, beschreibt in seinem Buch 116 Staubexplosionen in
verschiedenen Industriezweigen nach Ursache und Wirkung. Er gelangt in sei-
3.3 Aufgewirbelter Staub 159

Abb. 1.135. Silogruppe nach einer Staubexplosion

nem Werk zu der bemerkenswerten und noch heute gültigen Schlußfolgerung,


daß sich jeder Staub in jedem Betrieb anders verhalten kann, weil viele Fakto-
ren seiner betrieblichen Umwelt auf ihn einwirken können.
In den Jahren 1976-1978 häuften sich in den USA die Getreidestaubexplo-
sionen in Silos. Solche Siloexplosionen zerstören ganze Silogruppen (Abb.
1.135). In zahlreichen Symposien wurden und werden die Ursache und Wir-
kungen von Staubexplosionen sowie wirksame Schutzmaßnahmen diskutiert.
In der Bundesrepublik Deutschland sind heute Staubexplosionen häufig
[120-122]. Jedoch sind nicht alle Schadensfälle in ihren Auswirkungen so gra-
vierend wie die Mehlstaubexplosion in der Bremer Rolandmühle im Jahre 1979
(Abb. 1.136) mit 14 Toten, 17 Verletzten und einem Sachschaden von 100 Mio.
DM. Ein im Probenraum im Kellergeschoß eines Speichers entstandener Brand
breitete sich durch die Holzdecke und Durchbrüche für Fördereinrichtungen in
der darüberliegenden Betondecke entlang dieser Einrichtungen zum Oberge-
schoß hin aus. Abgelagerter Staub wurde aufgewirbelt, und eine erste, wenn
auch schwächere Staub explosion war die Folge. Sie lief über eine Förderbrücke
in den Mehlspeicher und führte dort zu einer Kettenreaktion mit Folgeexplo-
sionen in verschiedenen Gebäudeteilen [123] .
Bei Schweiß- und Bauarbeiten wurde aufgewirbelter Staub entzündet. Die
zunächst langsam anlaufende Staubexplosion entwickelte sich zu einer Ketten-
reaktion, wobei die Siloanlage völlig zerstört wurde (Abb. 1.7), und die 12
Menschen das Leben kostete [123] .
Eine Analyse von 426 Schadensereignissen, die vom Berufsgenossenschaft-
lichen Institut für Arbeitssicherheit in St. Augustin durchgeführt wurde, gibt
eine gute Übersicht über die an den Staubexplosionen beteiligten Staubarten,
Anlagen und möglichen Zündursachen [120-122] .
160 3 Brennbare Stäube

Abb.1.136. Bremer Rolandmühle nach einer Mehlstaubexplosion (1979)

Fast ein Drittel aller Staubexplosionen ereigneten sich im Zusammenhang


mit Holzstäuben (Abb. 1.137), jede vierte Explosion ereignete sich in der Nah-
rungsmittel- und Futtermittelindustrie. Diese Zahlenwerte decken sich angenä-
hert mit denjenigen, die in den USA für den Zeitraum von 1900-1952 (1abel-
le 1.34) erfaßt worden sind. Sowohl in der Bundesrepublik Deutschland als
auch in den USA fanden die meisten Staubexplosionen in den beiden genann-
ten Industriezweigen statt. Die Prozentangaben von Abb. 1.137 sind somit
repräsentativ.

[%]
°v
..., 40
c
~ 31
'" 30
Q)
0
..., 20
~

c
Q)
N
0
'"0.. 10

0
Holz Nahrungs- Metalle Kunst- KOhle/ Papier Sonstige
und Futter- stoffe Torf
mittel
Staubarten
Abb. 1.137. An 426 Staubexplosionen beteiligte Staubarten
3.3 Aufgewirbelter Staub 161

20
[%}

2c 15
«
L-
QJ
Ci 10
...,
:J
C
QJ
N
0
L-
5
a.
0

Anlagengruppe

Abb. 1.138. An 426 Staubexplosionen beteiligte Anlagengruppen

28
[%]
0ii)
~

c 15
~ 15

«
L
QJ
0 10
.3
c
QJ
N
2 5
Q.

Zündque!lenart

Abb. 1.139. An 426 Staubexplosionen beteiligte Zündquellenarten

Abbildung 1.138 zeigt den prozentualen Anteil der von den Staubexplosio-
nen betroffenen Staubgruppen. Jede fünfte Staubexplosion ereignet sich also
in einem Silo oder Bunker.
In Entstaubungs-, Mahl- und Förderanlagen ist etwa gleichhäufig mit Staub-
explosionen zu rechnen.
Abbildung 1.139 zeigt den prozentualen Anteil der Zündquellenarten als Ur-
sache für Staubexplosionen. Es sollte an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben,
daß es häufig sehr schwer ist, die tatsächliche Zündursache zu ermitteln. Ein
Teil der Angaben kann sich daher nur auf Vermutungen stützen, indem von
mehreren Möglichkeiten die mit der höchsten Wahrscheinlichkeit angegeben
wird. Man geht davon aus, daß "mechanisch erzeugte Funken" mit 28070 als
häufigste Zündquelle in der Industriepraxis anzusehen sind. Hierunter fallen
162 3 Brennbare Stäube

Schleif-, Reib- und Schlagvorgänge. Es ist daher nicht verwunderlich, daß sich
die neuere Forschung speziell mit der Wirksamkeit dieser Zündart in Staub/
Luft-Gemischen befaßt hat. Die übrigen bedeutsamen Zündquellen treten of-
fenbar mit ungefähr gleicher Häufigkeit auf.
Die bisherigen sicherlich unvollständigen Angaben über Staubexplosionen
mögen für einen Überblick über die seit 200 Jahren bekannte Gefährlichkeit
von brennbaren Stäuben bei ihrer Herstellung, Verarbeitung oder Förderung
genügen. Die oft vertretene Meinung, daß in einer staubverarbeitenden Anlage
keine Gefahr besteht, wenn es jahre- oder jahrzehntelang zu keiner Explosion
kam, ist häufig widerlegt worden.
Die Thtsache, daß rund 36070 aller Staubexplosionen auf menschliches Versa-
gen, Leichtsinn, Fahrlässigkeit oder Gleichgültigkeit zurückzuführen sind,
macht deutlich, daß eine wirksame Belehrung und Aufklärung des Betriebs-
personals unerläßlich ist. In diesem Sinne hat das vom US-Innen- und Land-
wirtschaftsministerium entworfene Plakat (Abb. 1.2) noch heute seine volle Be-
rechtigung.

3.3.3 Prüfapparaturen

Staubexplosionen haben mit Gasexplosionen in bezug auf chemische Vorgänge


und die damit verbundene Wirkung gewisse Gemeinsamkeiten. Es können des-
halb manche Vorstellungen von den sich bei Gasexplosionen abspielenden Vor-
gängen auf Staubexplosionen übertragen werden. In physikalischer Hinsicht
besteht aber zwischen einem Gas und einem Staub ein wesentlicher Unter-
schied, der zu Schwierigkeiten bei der Erforschung der Explosionsvorgänge in
Staub/Luft-Gemischen führt.
Gas/Luft-Gemische sind molekulardispers, d.h. wir haben es mit einem Ne-
beneinander von Molekülen zu tun, die sich in ihrer Größe nur wenig vonein-
ander unterscheiden. Bei einem Staub/Luft-Gemisch handelt es sich dagegen
um ein Nebeneinander von grobdispersen Staubteilchen und Gasmolekülen,
bei denen das Gewicht der festen Teilchen das der Moleküle um Größenord-
nungen übertrifft. Der grobdisperse Zustand eines Staub/Luft-Gemisches ist,
wie bereits bemerkt (Abb. 1.126), nicht beständig. Mit dem Augenblick der
Herstellung und Entstehung des Gemisches beginnt die Entmischung, die mit
dem Absetzen auf dem Boden endet.
Die Schwierigkeiten für die experimentellen Untersuchungen explosionsfähi-
ger Staub/Luft-Gemische bestehen nicht nur darin, ein einigermaßen gleich-
mäßiges und wiederherstellbares Gemisch in der Versuchsapparatur zu erzeu-
gen, sondern auch darin, die Zündquellen stets bei gleicher Turbulenz der
Staub/Luft-Gemische wirksam werden zu lassen. Von den Brenngasen
(Abb. 1.140) her ist bekannt, daß sie weniger die auftretenden Druckwerte,
wohl aber entscheidend die Druckanstiegsgeschwindigkeit beeinflussen. Staub-
aufwirbelung und Zündquelle müssen daher synchronisiert werden, um bei ei-
nem vorgegebenen Staub reproduzierbare und bei verschiedenen Staub arten
vergleichbare Meßwerte zu erhalten.
3.3 Aufgewirbelter Staub 163


-0

i ==-. ~.&
t--::-•..•
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I
.9
$
Zündung im ruhenden
~
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Zustand '~


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w
• 1--.
:J

niedrig I--A
<-
0 hoch mittel
Turbulenz bei Zündung

Abb. 1.140. Einfluß der Thrbulenz auf die Explosionskenngrößen von Brenngasen

Bei dem Versuch, im Laboratorium Staubexplosionen künstlich zu erzeugen


und die dabei ablaufenden Vorgänge zu erfassen, stieß man zunächst, um obi-
ge Forderung zu erfüllen, auf erhebliche Schwierigkeiten. Da diese in kleineren
Versuchsapparaturen eher erfüllbar erschienen, wurden die wichtigsten Kenn-
größen für die Beurteilung der Explosionsgefahren von Stäuben in solchen
kleinen Versuchseinrichtungen bestimmt. Diese bestanden häufig aus Glas, da-
mit man sich auch visuell von der Homogenität der Staub/Luft-Gemische
überzeugen konnte.
Vital [118] war einer der ersten, der im Jahre 1875 vergleichende Versuche
über die Gefährlichkeit verschiedener Staubarten durchführte. Er blies eine
Staubwolke durch eine Gasflamme in ein langes Rohr, an dessen anderem Ende
eine Holundermarkkugellag. Aus der Art und der Länge der Explosionsflam-
me und der durch den Explosionsdruck erreichten Flugweite der Kugel schloß
er auf die "relative Gefährlichkeit" des untersuchten Staubes.
Weber benützte ungefahr zur gleichen Zeit für seine Untersuchungen von
Mehlstaub die in Abb. 1.141 gezeigte Apparatur. Der auf einem Sieb ausgebrei-
tete Staub fällt durch Erschütterung in ein darunter befestigtes Explosionsge-
fäß mit einer Zündquelle (in Abb. 1.141 nicht gezeigt). Durch Veränderung der
Umdrehungsgeschwindigkeit des Stiftrades, der Hubhöhe und der Maschen-
weite des Siebes wurden Staubströme verschiedener Dichte erzeugt und diese
soweit vermindert, bis eben gerade noch Entflammung eintrat. Weber be-
stimmte auf diese Weise die untere Explosionsgrenze von Mehl zu 25 g/m3 •
164 3 Brennbare Stäube

Abb. 1.141. Versuchseinrichtung für die Bestimmung der unteren


Explosionsgrenze von Mehl nach Weber

Tiffanel und Dürr [118] bedienten sich im Jahre 1911 zur Bestimmung der
relativen Gefährlichkeit einiger Staubarten der photographischen Methode.
Mit einem Sauerstoffstrom bliesen sie eine abgewogene Staubmenge in eine
Benzinflamme und photographierten Länge und Größe der Explosionsflamme
von Mehl, Zucker und Lycopodium.
Abbildung 1.142 zeigt die von Bauer im Jahre 1917 entwickelte Apparatur
für die Bestimmung der unteren Explosionsgrenze von Aluminiumstaub. Sie
besteht aus einem senkrecht stehenden Rohr m mit einem im unteren 'Jeil ange-
ordneten Elektromotor mit Flügelwerk n, einer Zündquelle und dem lose auf-
gelegten Deckel p. Die untere Explosionsgrenze von Aluminium wurde zu ca.
400 g/m 3 bestimmt.
Die von Steinbrecher [118] entwickelte Apparatur zur Ermittlung der unte-
ren Explosionsgrenze von Industriestäuben (Abb. 1.143) unterscheidet sich von
der vorstehend beschriebenen durch eine einmalige Staubaufwirbelung mittels
eines Luftstoßes. Die Verbrennungskammer mit einem Inhalt von 0,1351 be-
steht aus einem vertikalen, zylindrischen Glasrohr, das oben halbkugelförmig
abgeschlossen ist. Sie enthält die Zündquelle und ein Thermoelement.
Der zu untersuchende Staub wird zunächst unmittelbar vor dem Explosions-
raum abgelagert, durch einen Luftstoß aufgewirbelt und im Zylinder verteilt.
Bei diesen Zündversuchen wurde das Glas häufig zerstört.

Abb. 1.142. Versuchseinrichtung zur Bestimmung der unteren


Explosionsgrenze von Aluminium nach Bauer
3.3 Aufgewirbelter Staub 165

Die Chemisch-Technische Reichsanstalt [118] verwendete in den Jahren


1933 -1935 die in Abb. 1.144 gezeigte Apparatur für die Bestimmung der Ex-
plosionsfähigkeit von Staub/Luft-Gemischen. Der zunächst im unteren Teil der
Apparatur abgelagerte Staub wird durch einen einmaligen Luftstoß aufgewir-
belt und über eine Düse im Explosionsraum verteilt. Als Zündquelle diente ein
Brückenglühzünder ohne Köpfchen. Diese Methode hat gezeigt, daß vor allem
Zirkonstaub über einen weiten Konzentrationsbereich explosions fähig ist.
Eckhoff [124] benutzt als Zündquelle die Flamme eines Sauerstoff-Acety-
len-Brenners, um eine Entscheidung darüber treffen zu können, ob ein Staub
als explosionsfähig anzusehen ist oder nicht (Abb. 1.145) und um das Risiko
einer Fehlbeurteilung auszuschließen.
Die Gefährlichkeit eines brennbaren Staubes wird nicht nur durch die Explo-
sionsfähigkeit oder die Explosionsgrenzen beurteilt, sondern auch durch die
Stärke der Explosion und den Druckanstieg bestimmt. In diesem Zusammen-
hang ist also die Kenntnis des optimalen Explosionsdruckes und der dazugehö-
rigen Druckanstiegsgeschwindigkeit von besonderem Interesse. Hierfür sind
aber geschlossene Apparaturen notwendig.
Mason und Thylor [118] verwendeten 1937 als Explosionskammer ein zylin-
drisches Glasgefäß von 0,7 I Inhalt (Abb. 1.146) und erzeugten das Staub/
Luft-Gemisch nach dem bereits von Steinbrecher (Abb. 1.143) beschriebenen
Prinzip. Im oberen Teil der Apparatur befand sich ein Flansch für den An-
schluß eines mechanischen Indikators, mit dem der zeitliche Druckverlauf der
Staubexplosionen gemessen werden konnte.

F.'1F==~R- Geloch/es Papier

,...........I!-- _____-Zündunq

Inholl: 0, 'J5l

luf'l!Jehäller

Abb.1.143 Abb.1.144
Abb. 1.143. Versuchseinrichtung zur Bestimmung der unteren Explosionsgrenze nach Stein-
brecher
Abb. 1.144. Versuchseinrichtung der Chemisch-Technischen ReichsanstaIt für die Untersu-
chung der Explosionsfähigkeit von Staub/Luft-Gemischen
166 3 Brennbare Stäube

Steel
tube

In!xJJf:o,m
bZw. O,75Zl
Luflbdlölfer

Acetylene
burner
Air

Abb.l.145 Abb.l.146
Abb. 1.145. Versuchs einrichtung zur Bestimmung der Explosionsfähigkeit von Staub/Luft-
Gemischen nach Eckhoff
Abb. 1.146. Apparatur für die Bestimmung des zeitlichen Druckverlaufs von Staubexplosio-
nen nach Mason und Thylor

Trostel und Frevert entwickelten eine Methode (Abb. 1.147), bei der ein Luft-
stoß von oben auf eine in einem Näpfchen abgelagerte Staubprobe trifft. Auf
diese Weise wird ein Staub/Luft-Gemisch in dem nunmehr kugelförmigen Ex-
plosionsgefäß von 1,4 I Inhalt erzeugt. Auch hierbei erfolgt die Messung des
zeitlichen Druckverlaufs der Staubexplosionen mit Hilfe eines mechanischen
Indikators (Maihak).

Manooeter

'-==,*===..!:=--lt1cuum
Abb.l.147. Apparatur für die Bestimmung des zeitlichen Druckverlaufs von
Staubexplosionen nach Trostel und Frevert
3.3 Aufgewirbelter Staub 167

Abb.1.148. BAM-Apparatur zur Bestimmung des zeitlichen


Druckverlaufs von Staubexplosionen

Die Bundesanstalt für Materialprüfung in Berlin (BAM) hat für Staubunter-


suchungen eine sehr ähnliche Apparatur (Abb. 1.148) verwendet. Anfänglich
wurde der maximale Explosionsdruck lediglich mit Blei-Druckmeßdosen be-
stimmt. Nachdem sich jedoch herausstellte, daß die Flammentemperatur von
Einfluß auf das Meßergebnis ist, wurde ein mechanischer Indikator für die
Aufzeichnung des zeitlichen Druckverlaufs verwendet. Da das Staubeinblas-
verfahren im Explosionsgefäß einen geringen Überdruck erzeugt, muß die Ku-
gel vor Versuchsbeginn evakuiert werden, um sicherzustellen, daß die Staubex-
plosionen bei einem Ausgangsdruck von 1 bar (abs.) eingeleitet werden.
Abbildung 1.149 zeigt die in der Registrierung des zeitlichen Druckverlaufs
modifizierte Apparatur. Die metallene Kugel hatte ein Volumen von 1,7 I, der
zeitliche Druckverlauf der Staubexplosionen wurde über einen Membranspie-
gei in Verbindung mit einem photographischen Registriergerät aufgezeichnet.
Als Zündquelle verwendete man selbstgefertigte "Köpfchen-Zünder", die we-
gen ihrer thermitähnlichen Zusammensetzung keinen Sauerstoff benötigen.
Diese Zündart ist sehr effektiv, weil mit ihr auch die schwer entzündlichen
Stäube zur Explosion gebracht werden können.
Ungefähr zur gleichen Zeit wurde vom US-Bureau of Mines die sogenannte
"Hartmann-Apparatur" (Abb. 1.150) entwickelt. Es handelt sich hierbei um
ein geschlossenes Explosionsgefäß zylindrischer Form von 1,2 I Inhalt, in das
der zu untersuchende Staub durch eine Induktionsdauerfunkenstrecke (oder
Glühwendel) geblasen wird, wobei die Druck- bzw. Druckanstiegswerte mit ei-
nem mechanischen Indikator oder piezoelektrisch gemessen werden können.
168 3 Brennbare Stäube

Abb.1.149. Verbesserte BAM-Apparatur mit Metallkugel und


optischer Registriereinrichtung für Staubuntersuchungen

Oruckoufnehmer

Abb. 1.150. Hartmann-Apparatur für Staubuntersuchungen

Lütolf konzipierte eine "modifizierte Hartmann-Apparatur" (Abb.1.151).


Sie ist aus Pyrex gefertigt; die Heftigkeit einer Staub explosion wird mittels ei-
nes Klappdeckels in zwei Stufen gemessen. Diese Versuchseinrichtung ähnelt
sehr der in Abb. 1.144 gezeigten Apparatur der Chemisch-Technischen Reichs-
anstalt.
Da Unzulänglichkeiten bei den Untersuchungen von brennbaren Stäuben in
kleinen Apparaturen und die in diesen Apparaturen gemessenen Explosions-
kenngrößen die in der Industriepraxis aufgetretenen Wirkungen von Staub-
explosionen nicht erklären konnten, wurde ein Verfahren entwickelt [125], das
3.3 Aufgewirbelter Staub 169

Induktions-
~~==~~7~Ru~

P)!rex-Rohr
Elektroden

Abb.1.151. Modifizierte Hartmann-Apparatur für Staubuntersuchungen

die Berechnung des maximalen Explosionsdruckes eines Staubes aus der Ver-
brennungstemperatur erlaubte. Danach war zu erwarten, daß der maximale
Druck der meisten Stäube in der Größenordnung von 8 -12 bar liegt. Die in
den bisher beschriebenen geschlossenen Apparaturen gemessenen Druckwerte
erreichten dagegen oft nicht einmal die Hälfte der theoretischen Werte. Nur
mit einem größeren Volumen des Explosionsgefäßes und einem verbesserten
Staubaufwirbelverfahren schien daher die theoretische Voraussage verifizier-
bar zu sein.
Gliwitzky [118] benützte 1938 für seine Untersuchungen ein Explosionsge-
fäß von 431 Inhalt (Abb. 1.152). Die Staubaufwirbelung wurde durch Flügelrä-
der erreicht. Dabei war es unbedingt nötig, die Staubaufwirbelung und den
Zündvorgang - mit Brückenglühzündern - zu synchronisieren, um reprodu-
zierbare Meßwerte zu erhalten. Diese Apparatur wurde sowohl für die Bestim-
mung der Explosionsgrenzen als auch für die Messung des zeitlichen Druck-
verlaufs von Staubexplosionen eingesetzt. Die in ihr gemessenen optimalen
Druckwerte sind mit den theoretischen Werten vergleichbar.
Im Gründungsjahr 1967 des Ausschusses "Brennbare Stäube" der chemi-
schen Industrie - dem Mitarbeiter der Firmen BASF, Bayer, Hoechst AG und
Ciba-Geigy AG angehören - gelang die reproduzierbare Herstellung großvo-
lumiger, praktisch homogener Staubwolken durch rasches Ausblasen von
Staub aus unter Druck stehenden Vorratsbehältern in Verbindung mit Verdü-
sungseinrichtungen (Abb. 1.153).
Damit waren die Grundvoraussetzungen für Staubexplosionsuntersuchun-
gen in deutlich größeren Behältern als bisher geschaffen.
Dieses neue Verfahren wurde erstmalig [126] in Verbindung mit einem explo-
sionsfesten zylindrischen Behälter von 1 m 3 Inhalt (Höhen/Durchmesser-Ver-
hältnis == 1) angewendet und wie folgt vorgegangen (Abb. 1.154);
170 3 Brennbare Stäube

b
Abb. 1.152. Apparatur für die Bestimmung der Explosionsgrenzen und Explosionskenngrö-
ßen von Staubexplosionen nach Gliwitzky. a Geöffnete Apparatur; b geschlossene Appara-
tur

Abb.1.153. Herstellung eines Kohlenstaub/Luft-Gemisches durch rasches Ausblasen von


Staub aus unter Druck stehenden Vorratsbehältern (1967)
3.3 Aufgewirbelter Staub 171

Zeit t
~
Abb. 1.154. Schematische Darstellung des neuen Verfahrens für die Untersuchung
des Ablaufs von Staubexplosionen (1967)

Der zu untersuchende Staub wird zunächst in abgewogener Menge in einem


Staubvorratsbehälter von 5,41 Inhalt mit sprengkapselbetätigtem Ventil unter
einem Luftdruck von 20 bar Überdruck für den Explosionsversuch bereitgehal-
ten. Er tritt nach dem Öffnen des Ventils über ein perforiertes Halbrohr
(13 Bohrungen von 6 mm Durchmesser) in den Explosionsraum ein und wird
hier nach einer bestimmten Zündverzögerungszeit t v zwischen dem Beginn der
Staubeingabe und dem Wirksamwerden der Zündquelle zur Explosion ge-
bracht.
Bei obigen Untersuchungen werden paarweise in Raummitte angeordnete
energiereiche pyrotechnische Zünder mit einem Energieinhalt von jeweils 5 kJ
(Gesamtenergieinhalt 10 kJ) verwendet (Abb.1.155). Die genannten Zünder
von 1,2 g Gewicht haben folgende Zusammensetzung: 400/0 Zirkonium, 30%
Bariumnitrat, 30% Bariumperoxid. Diese Zündart bietet die Gewähr, daß auch
die schwerentzündlichen Stäube als explosionsfähig erkannt werden.
Zielsetzung der nicht widerstandslosen Einführung dieser hochenergeti-
schen Zündquelle in die Prüfpraxis ist das Erkennen der Explosionsfähigkeit
eines Staubes und bedeutet nicht unbedingt, daß ein unter diesen Zündbedin-
gungen zur Explosion gebrachtes brennbares Produkt bei seiner Herstellung,
Verarbeitung oder Förderung auch tatsächlich explosionsgefahrlich ist.
Der zeitliche Druckverlauf der Staubexplosionen im 1 m3-Behälter wird mit
Druckmeßketten (im allgemeinen piezoelektrische Druckmeßketten) in Verbin-
dung mit einem Oszillographen aufgezeichnet und ausgewertet. Abbildung
1.156 zeigt den 1 m3-Prüfbehälter in schematischer Darstellung und prakti-
scher Ausführung.
Wie bei Brenngasexplosionen (Abb. 1.28) ist auch bei Staubexplosionen in
geschlossenen Behältern der Explosionsdruck Pex und der zeitliche Druckan-
stieg dp/dt bei beliebiger Staubkonzentration ein Maß für die Explosionshef-
tigkeit.
172 3 Brennbare Stäube

Abb. 1.155. Pyrotechnische Zünder als Zündquelle für Staubuntersuchungen:


Gesamtenergieinhalt E = 10 kJ. a Anlieferungszustand, b bei Aktivierung

Die bei der Explosion eines brennbaren Staubes auftretenden Höchstwerte


- maximaler Explosionsdruck Pmax und
- maximaler zeitlicher Druckanstieg (dp/dt)max werden aus
systematischen Versuchen über einen breiten Konzentrationsbereich bestimmt
(Abb. 1.157). Sie können bei optimalen Staubkonzentrationen auftreten, die
für beide Explosionskenngrößen unterschiedlich sind.
Die stöchiometrische Gemischzusammensetzung liegt bei den brennbaren
Stäuben im allgemeinen zwischen 100 und 300 g/m3 [12]. Dagegen treten im
Gegensatz zu den Brenngasen optimale Explosionswirkungen bei der zwei- bis
dreifachen Menge auf, d.h., nach Staubexplosionen treten oft unverbrannte
und koksartige Reste auf.
Von entscheidendem Einfluß auf die beiden oben genannten Explosions-
kenngrößen ist die Thrbulenz der Staub/Luft-Gemische beim Wirksamwerden
Staub -
vorrats-
beIiiller

b
Abb.1.156. 1 m3-PrüfbehäIter für die Untersuchung des Ablaufs von Staubexplosionen.
a Schematische Darstellung; b praktische Ausführung

I bar]
I X !-- 1- 1081x1r =rro.xmaler
~a..QJ 10 ' Explosionsdruck Pmax

!/
o
.Vi ...:.::
.9u
Cl.::J
~{:j 5
11
o
01 ... Ibar/s]
\:JI\:J 400 ~- - 432 bar =max. zeitlicher
s Druckanstieg (dpldtlmax
j /f 1\
'-v!
QJC
.co 200
/ 1\
Fl-
u...:.::
~~
~c5 o
o 1000 Ig/m3]
Staubkonzentration
Abb. 1.157. Definition des maximalen Explosionsdruckes Pmax und des maximalen
zeitlichen Druckanstiegs (dp/ dt)max bei optimaler Staubkonzentration
174 3 Brennbare Stäube

[barJ
-=8'------ ~---~ 10
y---
\
-
L: \
Cl I
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d I 5
)( \
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N Cl Turbulenz I
CL @±:
> '"
"ON
a.E hoch mitte!
I
niedrig
:5 ~ I
_N
::::l
C
:::J
c- 0 I
L '"

o~------~~~~--------~ 300
10 l-Behälter ~
\
~I
'T
Vl \ ~11
E 200
\ ;tl ~
.:.
1l 5,4l-Behälter 1\ .~,

~
-
( j)
100
~'~
\
"'-....,
Turbulenz, \ I

°o
I
\

hoch mittel gering \

0,6 [sJ I I
0,6 0,9 [5]
Zündverzögerungszeit t V
ZundverzogerungszE'd t v

Abb.1.158 Abb.159
Abb. 1.158. Explosionskenngrößen von brennbaren Stäuben als Funktion der Zündverzöge-
rungszeit lv
Abb. 1.159. Einfluß des Staubvorratsbehältervolumens und der Zündverzögerungszeit t v
auf die Explosionskenngrößen von Cellulose

der Zündquelle (vg1. Abb. 1.158 am Beispiel von zwei beliebig ausgewählten
Stäuben). Hiervon ist besonders der maximale zeitliche Druckanstieg
(dp/dt)max betroffen, der deutlich mit abnehmender Zündverzögerungszeit t v
- als Maß für die Thrbulenz - kontinuierlich zunimmt. Für die Staubexplo-
sionsprüfung mußte daher eine konstante Zündverzögerungszeit von t v = 0,6 s
festgelegt werden, die bei der Bestimmung der Explosionskenngrößen zwin-
gend einzuhalten ist.
Diese Festlegung gilt natürlich nur für den 1 m3-Behälter bei Anwendung
von Staubvorratsbehältern mit einem Inhalt von 5,41. Da zu diesem Zeitpunkt
der Vorratsbehälter praktisch entleert ist, ist eine ungefähre Angabe der Staub-
konzentration beim Wirksamwerden der Zündquelle möglich.
Es kann nun - speziell bei brennbaren Stäuben mit einem sehr niedrigen
Schüttgewicht - vorkommen, daß der ursprünglich normierte 5,41-Staubvor-
ratsbehälter nicht ausreicht, um die vorgeschriebenen Untersuchungen für die
Bestimmung der optimalen Explosionskenngrößen über einen breiten Konzen-
trationsbereich durchzuführen. In diesem Fall muß zu einem größeren Staub-
vorratsbehälter von z. B. 10 I Inhalt übergegangen und durch entsprechende
Wahl der Zündverzögerungszeit 1v dafür gesorgt werden, daß im Rahmen der
3.3 Aufgewirbelter Staub 175

Versuchsgenauigkeit die gleichen Ergebnisse erhalten werden wie mit dem klei-
neren Vorratsbehälter. Abbildung 1.159 verdeutlicht, daß - bei gleichem
'ITeibmitteldruck (Luft von 20 bar) - der größere Staubvorratsbehälter eine
höhere Thrbulenz der Staub/Luft-Gemische erzeugt, bezogen auf eine konstan-
te Zündverzögerungszeit. Hierdurch wird der maximale zeitliche Druckanstieg
(dp/dt)max beeinflußt. Der maximale Explosionsdruck Pmax ist dagegen von
der Volumenvergrößerung des Staubvorratsbehälters praktisch nicht betroffen.
Um daher zu Explosionskenngrößen zu gelangen, die - im Rahmen der Meß-
genauigkeit - mit denjenigen des kleineren Staubvorratsbehälters überein-
stimmen, muß bei Anwendung des 101-Vorratsbehälters die Zündverzöge-
rungszeit auf 4 = 0,9 s angehoben werden~
Werden die vorgeschriebenen Zündverzögerungszeiten von t y = 0,6 s (5,41-
Vorratsbehälter) bzw. t y = 0,9 s (101-Vorratsbehälter) nicht konsequent einge-
halten, dann kann keine angenäherte Staub konzentration angegeben werden,
weil das gewünschte Staub/Luft-Gemisch entweder noch nicht völlig erstellt
(ty <0,6 s bzw. 0,9 s) oder bereits dem Prozeß der Entmischung bzw. Sedimen-
tation (4)0,6 s bzw. 0,9 s) unterworfen ist.
Der 1 m3-Behälter hat sich als Prüfinstrument für Staubuntersuchungen be-
währt, und das Verfahren ist international genormt [127] und den Verhältnis-
sen in der Praxis angepaßt.
Geht man vom 1 m3-Behälter zu größeren geschlossenen Behältern über, so
ist der maximale Explosionsdruck Pmax von der Volumenveränderung weitge-
hend unbeeinflußt. Der maximale zeitliche Druckanstieg (dp/dt)max vermin-
dert sich dagegen - wie bei den Brenngasen - nach dem sogenannten Kubi-
schen Gesetz:
(dp/dt)max'VI/3 = konst. = Kst
KSt ist eine auf die brennbaren Stäube bezogene prüf- und verfahrenstechni-
sche, volumenunabhängige Kenngröße mit der Dimension [bar' m . s -I].
In Abb. 1.160 sind die in verschiedenen Volumina gemessenen Explosions-
kenngrößen brennbarer Stäube denjenigen des genormten 1 m3-Behälters ge-
genübergestellt. Unabhängig von der Explosionsbehältergröße stimmen also
die Werte für den maximalen Explosionsdruck Pmax - im Rahmen der Meß-
genauigkeit - überein. Sie werden allenfalls durch die Behälterform beein-
flußt.
In kugelförmigen Behältern werden, wie von den Brenngasen her erwartet
(vgl. Abb. 1.32), höhere Drücke beobachtet als in Behältern zylindrischer
Form. Da das Höhen/Durchmesser-Verhältnis des 1 m3_ bzw. 10 m3-Behälters
== 1 und dasjenige des 2,4 m3-Behälters 1,55 beträgt, erklärt dies die in diesem
Behälter gemessenen etwas geringeren Druckwerte.
Wie ferner Abb. 1.160 entnommen werden kann, ist auch der Wert für die
staub spezifische Kenngröße KSt der verschiedenen brennbaren Stäube unab-
hängig vom Behältervolumen.
Obige Übereinstimmung beider Explosionskenngrößen (Pmax, KsJ in ge-
schlossenen Behältern von verschiedenen Volumina gilt jedoch nur dann, wenn
das eingangs beschriebene Staubuntersuchungsverfahren korrekt angewendet
176 3 Brennbare Stäube

e
[bar) 0 V = 2,4 m' e//e
... 9_ eV =10rr? /
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pmax.: 1 m3 - Behiilter
[bar.m.s1r----------/'

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o 100 200 300 [bar·m·s- 1 )
Kst : 1m3- Behälter
Abb. 1.160. Vergleich der Explosionskenngrößen brennbarer Stäube in unterschiedlichen
Volumina (V = 1 m3 : ein 5,41-Staubvorratsbehälter; V = 2,4 m3 : zwei 5,41-Staubvorrats-
behälter; V = 10 m 3 : zehn 5,41-Staubvorratsbehälter)

wird. Dies bedeutet, daß für solche Untersuchungen eine dem Explosionsbehäl-
tervolumen proportionale Anzahl an 5,41-Staubvorratsbehältern mit sprengkap-
selbetätigtem Ventil verwendet wird, der Staub aus allen Vorratsbehältern über
Ringdüsen im Explosionsraum verteilt wird und die Zündquelle in Form von py-
rotechnischen Zündern mit einem Gesamtenergieinhalt von E = 10 kJ, t y = 0,6 s
nach Beginn der Staubeingabe in Raummitte wirksam wird. Zulässig ist auch -
wie bereits erwähnt - die Verwendung der entsprechenden Anzahl von 101-
Staubvorratsbehältern mit sprengkapselbetätigtem Ventil in Verbindung mit ei-
ner Zündverzögerungszeit von t y = 0,9 s. Jedes Abweichen von diesen Bedin-
gungen (verändertes Volumen und veränderte Anzahl der Staubvorratsbehälter,
geänderter Treibmitteldruck, Änderung des Ventils am Austrag des Staubvor-
ratsbehälters, Änderung der Ringdüse für die Staubverteilung) kann die Explo-
sionskenngrößen - speziell den KSt-Wert - so beeinflussen, daß selbst bei
Einhaltung der vorgeschriebenen Zündverzögerungszeiten keine Übereinstim-
mung mehr mit den Meßwerten des 1 m 3-Behälters besteht. Sollen solche abge-
änderten Systeme für Staubuntersuchungen eingesetzt werden, so müssen die
Zündverzögerungszeiten so gewählt werden, daß für eine Vielzahl von Stäuben
nachgewiesen werden kann, daß im Rahmen der Versuchsgenauigkeit die glei-
chen Ergebnisse erzielt werden wie im genormten 1 m3-Behälter.
3.3 Aufgewirbelter Staub 177

Tabelle 1.35. Zusammenhang zwischen KSt-Wert


und Staubexplosionsklasse

Staubexplosionsklasse

>0-200 St 1
201-300 St 2
>300 St 3

Bei der Vielzahl der in der Industrie produzierten und verarbeiteten Stäube
ist es sinnvoll, nach der Explosionsheftigkeit, dem KseWert, eine Einteilung in
Staubexplosionsklassen vorzunehmen und danach vor allem die konstruktiven
Schutzmaßnahmen gegen die Auswirkungen von Staubexplosionen auszule-
gen. Es handelt sich hierbei (Thbelle 1.35) um definierte Bereiche, die durch be-
stimmte Kst-Werte begrenzt werden.
Die ehemals eingeführte Staubexplosionsklasse St 0 (nicht staubexplosions-
fähig) wurde fallengelassen, weil es Produkte gibt - z. B. chemisch nicht reine
Stäube, mit anorganischen Zuschlagstoffen vermischt -, deren Gemische eine
höhere Zündenergie als die genormte Prüfzündenergie (E = 10 kJ) benötigen.
Besonders zu vermerken ist, daß die Angabe der Staubexplosionsklasse nur
eine Aussage über den zu erwartenden Verlauf einer Staubexplosion macht, kei-
nesfalls über das Zündverhalten eines Staubes. Relativ schwach reagierende
Stäube können besonders leicht, heftig reagierende Stäube dagegen schwer ent-
zündlich sein. Somit enthält die Angabe der Staubexplosionsklasse auch keines-
falls eine Aussage über die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer Staubexplosi-
on oder über die zu erwartenden Explosionsauswirkungen in der Industriepraxis.
Erwähnt sei noch, daß Vergleichsversuche ergeben haben, daß die Explo-
sionskenngrößen (Pmax' KSt) unabhängig von den Zündbedingungen, wie er-
wartet, in der "Hartmann-Apparatur" (Abb. 1.140) deutlich niedriger sind als
im 1 m 3-Behälter. Eine eindeutige Zuordnung besteht nicht [41, 126]. Die
Aussage der "modifizierten Hartmann-Apparatur" (Abb. 1.151) unterschätzt,
aber auch überschätzt teilweise die Staubexplosionsklasse.
Die Verwendung von Großbehältern für die Bestimmung der Explosions-
kenngrößen brennbarer Stäube ist mit einem hohen Zeit- und Produktaufwand
verbunden. Es stellt sich daher die Frage, bis zu welchem Mindestvolumen das
erwähnte Kubische Gesetz im Zusammenhang mit Staubuntersuchungen gilt.
Der systematischen Entwicklungsarbeit von Siwek [128, 129] ist die Lösung
dieser Problemstellung zu verdanken. Er untersuchte bei unterschiedlichen
Zündbedingungen das Explosionsverhalten von zahlreichen brennbaren Stäuben
in kugelförmigen Apparaturen von einigen Litern Inhalt mit entsprechend ver-
kleinertem Staubvorratsbehälter (aber auch in der Hartmann-Apparatur) und
verändertem 1teibmitteldruck und veränderten Zerstäubungsanordnungen.
Bei Verwendung der jeweils günstigsten Zerstäubungsanordnung (im allge-
meinen Ringdüse) gelangte er zu der grundlegenden Erkenntnis (Abb. 1.161),
daß sich mit zunehmendem Prüfvolumen die Angleichung der staubspezifi-
schen Kenngröße KSt an die Werte des genormten 1 m 3-Behälters verbessert.
178 3 Brennbare Stäube

[bor. m· S - 1 ] r - - - - - - - - - - - - . . . .
700

600 • Grenz - K St - Wert ",e---


... ,
~" 500 ""
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, _ _10 I Kugel

~ 400 ~~~ ,,'


~~ " 5 I Kugel
o
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,
Vi
~ 200 ;~,/'
~/ ' Hartmonn-Apparatur: 1,3 I
......
,~._._._._._._.-.

100 200 300 400 500 [bor. m· s-j


K SI: 1 m 3 -Behälter

Abb. 1.161. Vergleich der KscWerte in den Laborapparaturen mit denen im genormten
1 m3-Behälter

Ferner existieren sogenannte "Grenz-Kst-Werte", bei deren Überschreiten sich


im Durchschnitt die Explosionsheftigkeit in der jeweiligen Laborapparatur
praktisch nicht mehr steigern läßt. Diese Beobachtung ließ vermuten, daß
brennbare Stäube in Abhängigkeit von deren Explosionsheftigkeit ein Mindest-
volumen benötigen, um sich hinsichtlich der Explosionsschnelligkeit voll ent-
falten zu können.
Abbildung 1.162 zeigt den Einfluß, den das Oberflächen/Volumen-Verhält-
nis der Laborapparaturen auf das Meßergebnis nimmt. Durch Extrapolation
läßt sich abschätzen, daß für die Bestimmung der Explosionskenngrößen
brennbarer Stäube ein Mindestvolumen von V = 161 erforderlich ist, um Über-
einstimmung mit den Werten der Großapparatur zu erreichen.

OberflöchenlVolumen- Verhältnis
Abb. 1.162. Abhängigkeit des "KscGradienten" Laborapparatur zu
1 m3-Behälter vom Oberflächen/Volumen-Verhältnis der Prüfapparaturen
3.3 Aufgewirbelter Staub 179

b
Abb.l.163. 201-Laborapparatur für die Untersuchung des Explosionsverhaltens
von brennbaren Stäuben. a Schematische Darstellung; b praktische Ausführung
180 3 Brennbare Stäube

Explosion
~x

Normaldruck
Vorvakuum
o ---i---.j...---
o 60 [ms]

Staubeinblas -
ventil öffnet
J Zeit t

Abb.1.164. 201-Laborapparatur: Schematische Darstellung


des Untersuchungsverfahrens

Die aus diesen Erkenntnissen entwickelte Laborapparatur von 20 I Inhalt


(Abb. 1.163) arbeitete im Prinzip nach dem gleichen Verfahren wie der genorm-
te 1 m 3-Behälter (Abb. 1.156), jedoch wurde der Staubvorratsbehälter auf
600 ml verkleinert. Die Staubverteilung erfolgt wiederum über eine perforierte
Ringdüse (112 Bohrungen von 3 mm Durchmesser). Da der kleinere Staubvor-
ratsbehälter sehr rasch entleert ist, beträgt die Zündverzögerungszeit zwischen
dem Beginn der Staubeingabe und dem Wirksamwerden der Zündquelle (in
Raummitte angeordnete pyrotechnische Zünder mit einem Gesamtenergiein-
halt von E = 10 kJ) t v = 60 ms. Vor Versuchsbeginn ist eine Vorevakuierung
auf einen Absolutdruck von Pv = 400 mbar notwendig, um sicherzustellen,
daß eine Staubexplosion bei Normaldruck eingeleitet wird (Abb.1.164).
In Abb. 1.165 sind für eine Vielzahl von Stäuben die in der 201-Laborappa-
ratur und im genormten 1 m3-Behälter gemessenen Explosionskenngrößen ge-
genübergestellt, wobei in beiden Einrichtungen die gleichen Zündquellen ver-
wendet wurden. Da sich verfahrensbedingt die Meßwerte der Großapparatur
auf einen Anfangsdruck von Pv = 0,1 bar beziehen, mußten diese auf Nor-
maIdruck korrigiert werden, um obigen Vergleich durchführen zu können.
Daraus sind die folgenden Schlußfolgerungen zu ziehen:
In der Laborapparatur sind zwar die Werte für den maximalen Explosions-
druck Pmax etwas niedriger als in der Großapparatur (Einfluß des Oberflä-
chen/Volumen-Verhältnisses vgl. Abb. 1.32); beide Meßwerte sind jedoch
mittels Korrekturgraphen miteinander vergleichbar.
Die Werte für die staubspezifische Kenngröße KSt stimmen in beiden Ap-
paraturen bis hinauf zu den sehr heftig reagierenden Metallstäuben
(KSt = 700 bar' m . s -1) überein.
Dies gilt auch für brennbare Stäube der gleichen Art, die sich lediglich hin-
sichtlich ihres Medianwertes voneinander unterscheiden (vgl. Abb. 1.166). In
diesem Fall wurden allerdings die in der Laborapparatur gemessenen Druck-
werte entsprechend korrigiert.
Den Angaben von Abb. 1.167 kann die Standardabweichung bei der Explo-
sionskenngrößen für die Labor- und Groß apparatur entnommen werden. Sie
3.3 Aufgewirbelter Staub 181

.. [bar] 0 Transparente Pulver


D EP /PES
l'>. a1u-hoIIig.
Pliver
Pulver
JeBf!!'7 //
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5,0 -
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I
o0~----:5~P----:[::-'bo.r]
Pmox : 1m3-Behölter

[bar-m-s~"'-----'------"
o Tron_ent. PlAver 0 /
D EP / PES Pliver /
l'>. a1u-haltige Pulver
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I
"KlO [oor·m-s-1 ]
KSt :1m 3-BehäLter
Abb.l.165 Abb.l.l66
Abb. 1.165. Vergleich der Explosionskenngrößen brennbarer Stäube in der 201-Laborappa-
ratur und im genormten 1 m3-Behälter
Abb. 1.166. Vergleich der Explosionskenngrößen von Beschichtungspulvern in der 201-La-
borapparatur und im genormten 1 m3-Behälter

bezieht sich auf die Anwendung der üblichen Prüfzündquelle. Danach ist der
maximale Explosionsdruck Pmax - unabhängig von der Schnelligkeit einer
Staubexplosion - sehr genau meßbar. Dagegen nimmt die Meßgenauigkeit
der staub spezifischen Kenngröße KSt zu kleinen Werten hin prozentual relativ
stark ab. Absolut gesehen ist die Standardabweichung jedoch annähernd
gleich.
Die 201-Laborapparatur hat sich für die Untersuchung von brennbaren
Stäuben als Prüfinstrument weltweit bewährt. Für einige, wenn auch wenige,
brennbare Stäube, im allgemeinen mit schlechtem Fließverhalten, wurden je-
182 3 Brennbare Stäube

L:
.8
"6f-
\ Pyrotechnische Zünder

J
E=10oooJ

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600

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20l-KUJel &. I
E 1m3_ Behälter St3
"- 400
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SI2

V)
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200

.......
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I
o0 15 3Ö StO
Standardabweichung J !:!:%l
Abb.l.167. Standardabweichung für die Explosionskenngrößen brennbarer Stäube

doch in dieser Apparatur deutlich geringere Kenngrößen gemessen als in der


Großapparatur. Um den Staubaustrag zu verbessern, wurde eine spezielle
Pralldüse (Abb. 1.168) entwickelt [130].
Sie besteht aus zwei aus rostfreiem Stahl gefertigten, unterschiedlich geform-
ten Prallplatten, die nach dem Betätigen des Schnellöffnungsventils am Staub-
vorratsbehälter für eine homogene Gemischverteilung im Explosionsraum sor-
gen. Eine ähnliche Einrichtung hat sich bereits bei Untersuchungen über das
Explosionsverhalten von Flock im 1 m3-Behälter bewährt, weil der Austrag
dieses Produktes (Abb. 1.127) aus dem 5,41-Staubvorratsbehälter über die übli-
che Ringdüse praktisch nicht möglich ist.
Abbildung 1.169 vergleicht für zahlreiche Stäube die mit der Ring- und
Pralldüse in der 201-Laborapparatur gemessenen Explosionskenngrößen bei
Anwendung der Normzündverzögerungszeit (tv = 60 ms) und der Normzünd-
quelle (E = 10 kJ).
Das Explosionsgeschehen ist somit unabhängig von beiden Staubvertei-
lungsanordnungen, und die Zuordnung der brennbaren Produkte in die Stau-
bexplosionsklassen ist eindeutig.
Es soll nicht unerwähnt bleiben, daß mit Cellulose nur durch Zumischung
von 5 Gew.OJo Aerosil Übereinstimmung mit den Werten des 1 m3-Behälters er-
reicht wurde. Daher ist zu empfehlen, bei faserigen Produkten oder solchen,
die zum Agglomerieren neigen, Kontrollversuche mit einigen Gew.% Aerosil
durchzuführen.
Falls nicht anders erwähnt, beziehen sich die folgenden Ausführungen auf
Untersuchungsergebnisse im 1 m 3-Behälter und in der 201-Laborapparatur,
die nach dem beschriebenen Normverfahren bei definierten Zündverzöge-
rungszeiten bei Anwendung der üblichen Prüfzündenergie (E = 10 kJ) erhalten
wurden.
3.3 Aufgewirbelter Staub 183

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>-f.tI - ._ .-1-_~'1- -
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Abb. 1.168. PraIldüse für den Staub austrag in der 201-Laborapparatur.


a Schematische Darstellung; b praktische Ausführung
184 3 Brennbare Stäube

12r------,----,----r---,--~

~
CI
B 9

00 3 6 9 12 ~

Pmax,Ringdüse
[bar]
KSt,Ringdüse lbormlsJ
Abb. 1.169. Einfluß der Staubverteilungsanordnung auf die Explosionskenngrößen in der
201-Laborapparatur

3.3.4 Explosionsgrenzen

Staub/Luft-Gemische sind wie Brenngas/Luft-Gemische (s. Kap. 2.1) nur in-


nerhalb eines bestimmten Konzentrationsbereiches explosionsfähig, der von
der unteren Explosionsgrenze UEG und der oberen Explosionsgrenze OEG
eingeschlossen wird.
Von besonderem Interesse für die Praxis ist die untere Explosionsgrenze
UEG, die für viele technische Stäube zwischen 15 und 60 g/m3 liegt. Die obere
Explosionsgrenze ist mit OEG = 2-6 kg/m 3 sehr hoch.
Im allgemeinen wird die untere Explosionsgrenze brennbarer Stäube nach
dem Normverfahren [127] im geschlossenen 1 m 3-Behälter oder in der 201-La-
borapparatur (Abb. 1.168) experimentell durch Explosionsversuche bestimmt
und hierbei die vorgeschriebenen Zündverzögerungszeiten t v in Verbindung
mit der Prüfzündenergie von E = 10 kJ eingehalten. In diesem Fall sind die
Grenzwerte im Rahmen der Versuchsgenauigkeit unabhängig vom Prüfvolu-
men (Abb. 1.170) und auch unabhängig davon, ob in der Laborapparatur die
übliche Ringdüse (Abb. 1.163) oder die Pralldüse (Abb. 1.168) für die Staubver-
teilung verwendet wird [130].
Experimentelle Untersuchungen haben ergeben (Abb. 1.171), daß die untere
Explosionsgrenze brennbarer Stäube über weite Bereiche unabhängig von der
aufgewendeten Zündenergie E ist (Staub A - C). Erst wenn diese sich einem
Wert nähert, bei dem keine Staubexplosionen mehr möglich sind, hebt sich der
Konzentrationswert leicht an. Lediglich bei Stäuben mit einer relativ hohen un-
teren Explosionsgrenze (Staub D) ist diese stark von der Zündenergie beein-
flußt.
Beschichtungspulver mit einem Medianwert von M = 27 - 39 ~m haben un-
abhängig von ihrer Harzbasis (Epoxidharz, Polyesterharz, Polyurethan und
Mischungen aus den beiden zuerst genannten Produkten) eine konstante unte-
3.3 Aufgewirbelter Staub 185

.-. 100
m
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Abb.1.170. Vergleich der unteren Explosionsgrenze UEO


brennbarer Stäube im 1 m3-Behälter und in der 201-Laborapparatur (Normverfahren)

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I
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10 100 104 [ mJ )
Zündenergie E

Abb.1.171. Einfluß der Zündenergie E auf die untere Explosionsgrenze


UEO brennbarer Stäube

re Explosionsgrenze von UEG = 30 g/m 3 [131]. Dies gilt auch dann, wenn der
organische Anteil der Partikel von 990/0 auf 70% sinkt. Beträgt er 400/0, dann
wird der Grenzwert auf UEG = 60 g/m 3 angehoben. Zumischungen von bis
zu 6% Aluminiumpulver verändern die untere Explosionsgrenze nicht.
Flock (Abb. 1.127) ist eine monophile Stapelfaser, die in einem Titerbereich
von etwa 0,9- 22 dtex und einer Länge im Bereich von 0,5 - 2,5 mm liegt. Die
folgenden Ausführungen beziehen sich auf Flock aus Polyamid 66, Poly-
amid 6, Acryl, Viskose, Polyester, Baumwolle im Titerbereich von 0,6 - 6,7 dtex
und im Längenbereich von 0,5 -1,5 mm. Der Flock lag geschnitten und gemah-
len vor.
Wegen des niedrigen Schüttgewichts von Flock war es notwendig, die explo-
sionstechnischen Untersuchungen in der Prüfapparatur von V = 1 m 3-Inhalt
(Abb. 1.156) vorzunehmen. Weil das Austragen dieses Produktes über die übli-
186 3 Brennbare Stäube

Tabelle 1.36. Zusammenhang zwischen der unteren


Explosionsgrenze UEO von Flock und dem Produkt
aus Titer und Schnittlänge 1 (Normverfahren)

Titer x 1 [dtex' mml

0,54 15
3,30 30
4,90 60
6,70 125
8,50 250

che Ringdüse wegen der Verstopfungsgefahr Schwierigkeiten bereitete, wurde


hierfür die Pralldüse (Abb. 1.168) verwendet, nachdem nachgewiesen wurde
[132, 133], daß sich hierdurch das Explosionsverhalten von Flock nicht wesent-
lich verändert.
Die Untersuchungen haben ergeben, daß weniger die Art des Flocks als viel-
mehr das Produkt aus Titer und Schnittlänge (Maßzahl für das Gewicht eines
Flockpartikel) das Explosionsgeschehen bestimmt. Es hat im Zusammenhang
mit Flock die gleiche Bedeutung wie bei den brennbaren Stäuben der Median-
wert M.
Tabelle 1.36 macht deutlich, daß mit zunehmendem Produkt aus Titer und
Schnittlänge die untere Explosionsgrenze ansteigt.
Acryl-Flock (0,6 dtex/O,9 mm bzw. 1,3 dtex/O,5 mm) hat mit UEG = 15 g/m 3
eine sehr niedrige untere Explosionsgrenze.
Obige Angaben beziehen sich auf die übliche Prüfzündenergie von
E = 10 kJ. Wird sie vermindert (Abb. 1.172), dann ist ihr Einfluß auf die Anhe-
bung des Grenzwertes ähnlich wie bei den brennbaren Stäuben (Abb. 1.171),
jedoch ausgeprägter.

~.--------.---------,--------,--------.

m
E
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'00 101 10 2 103 10 4
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Abb.l.I72. Einfluß der Zündenergie E auf die untere Explosionsgrenze UEO von Flock
3.3 Aufgewirbelter Staub 187

1,00
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o .Il> 13 Glorner t.!!-
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c
0,25 r- Wiemonn~\ ~0
\ CI>

0 I 1 1 '(I
0 100 200 300 400 ['e]
Temperatur T

Abb. 1.173. Einfluß der Temperatur T auf die untere Explosionsgrenze UEO brennbarer
Stäube. Vergleich Rechnung [134]/Meßergebnisse [67]

Die untere Explosionsgrenze brennbarer Stäube fällt linear mit steigender


Temperatur, stellt Glarner [67) fest. Wiemann [134) bestätigt dies für weitere
Industriestäube und gibt für die Abschätzung des Temperatureinflusses die
Gleichung an
UEG (T) = UEG (To)' [1-0,0027 (T-To»).
Hierin ist UEG (T0) die bei der Bezugstemperatur T0 gemessene untere Explo-
sionsgrenze UEG. In Abb. 1.173 ist die Rechnung von Wiemann verglichen mit
den Meßergebnissen von Glarner, und es deutet sich eine Allgemeingültigkeit
des Abschätzverfahrens an.
Identifiziert man nun den auf die Konzentration Null bezogenen Tempera-
turwert mit der sogenannten "theoretischen adiabaten Flammentemperatur
T F", dann ist festzustellen, daß dieser mit T F == 400 oe um mehr als die Hälfte
niedriger liegt als bei den Brenngasen (Abb. 1.17: T F == 926°C). Der Einfluß
der Temperatur auf die untere Explosionsgrenze brennbarer Stäube ist daher
deutlich stärker als bei den Brenngasen. Als Ursache hierfür kann vermutlich
die für eine selbständige Flammenfortpflanzung in Staub/Luft-Gemischen er-
forderliche geringere Mindestzündtemperatur angesehen werden. Für die end-
gültige Abklärung sind sicherlich noch weitere Untersuchungen erforderlich .
. Aufgrund obiger Ausführungen bewirkt der Temperatureinfluß bei brennba-
ren Stäuben mit einer auf Raumtemperatur bezogenen hohen unteren Explo-
sionsgrenze eine stärkere Herabsetzung dieses Grenzwertes als bei solchen mit
einer niedrigen unteren Explosionsgrenze.
Zehr [135) war einer der ersten, der sich mit der Berechnung der unteren Ex-
plosionsgrenze auf thermochemischem Wege befaßte. Voraussetzungen für
dieses Rechenverfahren sind die:
Kenntnis der chemischen Zusammensetzung (Brutto formel) eines Staubes
und die
Kenntnis der Verbrennungswärme dieses Produktes.
188 3 Brennbare Stäube

Er ging davon aus, daß die Flammentemperatur eines Staub/Luft-Gemisches


im Bereich der unteren Explosionsgrenze 1000 oe betragen muß, um eine selb-
ständige Flammenfortpflanzung zu erreichen und errechnete diejenige Staub-
menge, die in der Volumeneinheit verbrannt werden muß, damit die freiwerden-
de Wärme unter Berücksichtigung der Wärmekapazität der Verbrennungspro-
dukte und der Ballaststoffe ausreicht, um eine Temperaturerhöhung von 0 oe
auf die genannten 1000 oe zu erreichen.
Auf der Basis obiger Überlegungen veröffentlichte Schönwald [136] ein ver-
einfachtes Verfahren zur Berechnung der unteren Explosionsgrenze brennbarer
Stäube, das nur die Kenntnis des Brennwertes Ho (der Verbrennungswärme),
nicht dagegen der Zusammensetzung des Staubes erfordert. Die Berechnungs-
gleichung hat die allgemeine Form
B
UEG=A+-
Ho
A und B sind Konstanten, die von der Staubart abhängen, z. B.
technische Stäube: Organische Produkte wechselnder Zusammensetzung,
- Brennstoffstäube: Holz, Torf, Braun- und Steinkohle und
- anorganische brennbare Stäube, z. B. Metallstäube.
Mit 18 brennbaren Produkten, die obigen Staubgruppen zuzuordnen sind,
wurde durch experimentelle Untersuchungen nach dem Normverfahren [127]
die Gültigkeit obiger Gleichung überprüft. Die Gegenüberstellung von Rech-
nung und Experiment ist Abb. 1.174 zu entnehmen [130].
Teilweise ist also Übereinstimmung zwischen Rechenwert und Experiment
festzustellen. Dies gilt vor allem für hohe Brennwerte, d.h. für niedrige untere
Explosionsgrenzen. In einigen Fällen sind die Rechenwerte sicherheitstech-

lE;1 125.----,---,---,---,--."
~

I I
I // I

o /
/
-
/
/
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o Q/
0/
/
501- / -
/
o <IC/ o technische Stäube
09 $> 6. Brennstoffstäube
25- / o anorg. brennbare
/ Stäube
/
0/ I I I I
o 25 50 75 100 125
UEG :experimenteU bestimmt 19/m3 ]
Abb.1.174. Gegenüberstellung der berechneten und experimentell gemessenen
unteren Explosionsgrenze UEG brennbarer Stäube
3.3 Aufgewirbelter Staub 189

nisch bedenklich höher, vermutlich weil der Reaktionsmechanismus nicht be-


rücksichtigt wird.
Es wurde bereits bemerkt (s. S. 185), daß trotz Abnahme des organischen
Anteils von Beschichtungspulvern von 99070 auf 70%, d.h. trotz Abnahme des
Brennwertes, die untere Explosionsgrenze unbeeinflußt ist. Bei einer Herabset-
zung des organischen Anteils von 99% auf 40% wird
die experimentell gemessene untere Explosionsgrenze von UEG = 30 g/m 3
auf UEG = 60 g/m 3 heraufgesetzt,
die thermodynamisch berechnete untere Explosionsgrenze hingegen von
UEG = 38 g/m3 auf UEG = 107 g/m 3 angehoben.
Diese Beispiele zeigen, daß die Berechnung der unteren Explosionsgrenze
brennbarer Stäube nur mit Einschränkungen (Brennwert Ho::S; 30 kJ/g) mög-
lich ist und daß die Gefahr der Fehlinterpretation des Rechenergebnisses bei
Übertragung in die Praxis besteht.
Abbildung 1.175 zeigt abschließend das Verhalten der unteren Explosions-
grenze UEG von Mischungen aus nicht explosionsfähigem Granulat mit explo-
sionsfähigem Feinstaub.
Wie erwartet, wird der Konzentrationsgrenzwert sehr stark vom Mischungs-
verhältnis beeinflußt und nähert sich mit zunehmendem Feinstaubanteil des-
sen unterer Explosionsgrenze. Explosionsgefahr solcher Mischungen ist nach
den Angaben von Abb. 1.175 immer dann vorhanden, wenn der im Gemisch
enthaltene Feinstaub für sich allein explosionsfähig ist [137].

[g/m 3 ] I
I
g; I

] 750 e- \

c3 500 - \

~ 250- 0~0
~ 0 I I~'
100 75 50 25 [%]
o 25 50 75 [%]

nicht expl.MC-Granulat
Mischungsverhältnis explosionsf.MC-Feinstaub

Abb.l.175. MethyIcellulose. Untere Explosionsgrenze UEG von Mischungen


aus nicht explosionsfähigem Granulat mit explosionsfahigem Feinstaub
190 3 Brennbare Stäube

3.3.5 Explosionsdruck/Explosionsheftigkeit

Eine Einflußgröße, die sich bestimmend auf das Explosionsverhalten eines


vorgegebenen brennbaren Staubes und damit auf seine volumenunabhängigen
Explosionskenngrößen
- maximaler Explosionsdruck Pmax und
- staubspezifische Kenngröße KSt
auswirkt, ist der Medianwert M (Abb. 1.123), wie Abb. 1.176 für vier wahllos
herausgegriffene Staubarten [137,138,139] bei Anwendung des beschriebenen
Normverfahrens zeigt.
Feine Stäube reagieren heftiger als grobe Stäube, wobei sich der Medianwert
M besonders auf die Explosionsheftigkeit (die staubspezifische Kenngröße
Kst) und weniger auf den maximalen Explosionsdruck auswirkt. Um daher
das Explosionsverhalten verschiedener Produkte voneinander unterscheiden
zu können, und für eine eindeutige Klassifizierung in Staubexplosionsklassen
(Thbelle 1.35) ist für die Prüfung die Herstellung einer definierten Kornfrak-
tion < 63 IJ.m erforderlich. Dieses Prüfergebnis beschreibt die mit einem vor-
gegebenen brennbaren Produkt zu erwartenden optimalen Explosionskenn-
größen.
Zunehmender Medianwert M setzt daher auch die Explosionskenngrößen
von Beschichtungspulvern [131] herab, die mit abnehmendem organischem
Anteil zusätzlich vermindert werden (Abb. 1.177). Handelsübliche Pulver sind
bei einem maximalen Explosionsdruck von Pmax = 8 bar der Staubexplosions-
klasse St 1 zuzuordnen. Zumischungen bis zu 6% an Aluminium zu diesen
Produkten verändern den maximalen Explosionsdruck nicht, heben aber die
staubspezifische Kenngröße Kst leicht an (Abb. 1.178).
Thbelle 1.37 faßt die Explosionskenngrößen transparenter Beschichtungspul-
ver mit einem organischen Anteil von 990/0 zusammen.

[bar] [bar-m-s-l
Para formaldehyd
<I>
Vi
o Methytcellulose
~
0 I')
~
E 400 Q)

a. 7,5 Q) A Polyaethyten Vi 111


111
~
111
111 e PVC 0
0 Q) ~
::J 0 111
'-
"0
'- 300 c::
Cl 0
111 c:: N -iij
c::
0
c::
Q) Vi 0
-iij Ci
0
~
200 x
N Q)
Ci Q) .0
x a. ::J
w 111 0
X .0
::J 100 Vi Vi
0
E ....
0

'" 0
0 63 100 200 300 [}Jm] 0 63 100 200 300 [}Jm]
Medianwert M
Abb.l.176. Einfluß des Medianwertes M auf die Explosionskenngrößen brennbarer Stäube
~orD1verfahren)
3.3 Aufgewirbelter Staub 191

10

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5
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0

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.. 1,lJ%
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Ll 100 -
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l/)
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:.:::

00 I I I 0 I
20 40 60 0 2 4
Medianwert M [fJml Aluminiumgehalt [%]

Abb.l.l77 Abb.l.178
Abb. 1.177. Einfluß des Medianwertes M auf die Explosionskenngrößen von Beschichtungs-
pulvern
Abb.l.178. Explosionskenngrößen aluminiumhaltiger Beschichtungspulver

Tabelle 1.37. Explosionskenngrößen von transparenten Beschichtungspulvern


mit einem organischen Anteil von 99%

Harzbasis M [~m] Pmax [bar]

Epoxidharz 27 7,5 161


Polyurethan 29 7,8 150
Polyester 35 7,8 140

Abbildung 1.179 zeigt den Zusammenhang zwischen den Explosionskenn-


größen und dem Produkt aus Titer und Schnittlänge [132, 133] für Flock.
Betrachtet man die oberen Begrenzungskurven, so nehmen der maximale
Explosionsdruck Pmax und die staubspezifische Kenngröße KSt mit zunehmen-
dem Produkt aus Titer und Schnittlänge ab, und man erhält einen ähnlichen
Verlauf, wie er bei den brennbaren Stäuben in Abhängigkeit vom Median-
wert M (Abb. 1.176) festgestellt worden ist. Obiger Darstellung ist ferner zu
entnehmen, daß bei einem Titer-Schnittlängen-Produkt von > 10 dtex' mm
keine Explosionsgefahr mehr gegeben ist.
192 3 Brennbare Stäube

10 T

~
.0

S-
~ o 0
-
~
a..E

O~------_~I------~
200
o Scmttflock
o " "-Präpar.
b. Mar/flock

00 5,0 1)

Titer x Schnittlänge [dtexmnl


Abb.l.179. Zusammenhang zwischen den Explosionskenngrößen und
dem Produkt aus Titer und Schnittlänge von Flock

Gemäß Definition der Staubexplosionsklassen ist Flock also der Staubex-


plosionsklasse St 1 (KSt :s 200 bar' m . s -I) zuzuordnen, wobei sich der Zu-
sammenhang gemäß Thbelle 1.38 ergibt.
Der Medianwert M (bzw. das Produkt Titer X Schnittlänge) ist nur richtung-
weisend für das Explosionsverhalten eines Staubes, da auch die Kornverteilung
unterhalb und oberhalb des Medianwertes mitbestimmend für die Heftigkeit
des Explosionsablaufes sein kann, wie die Angaben von Thbelle 1.39 am Bei-
spiel von Aluminium-Staub deutlich machen [140].
Die untersuchten Produkte haben einen praktisch übereinstimmenden Me-
dianwert M. Sie unterscheiden sich jedoch deutlich hinsichtlich der staubspezi-
fischen Kenngröße KSt voneinander, nicht hingegen bezüglich des maximalen

Tabelle 1.38. Zusammenhang zwischen den Explosionskenngrößen


von Flock und dem Produkt aus Titer und Schnittlänge I

Titerxi [dtex'mm] Pmax [bar] KSt [bar'm's- I ]

0,54 9,0 140


1,70 8,4 88
3,30 7,5 52
6,70 6,3 21
3.3 Aufgewirbelter Staub 193

Tabelle 1.39. Einfluß des Medianwertes M und der spezifischen Kornoberfläche auf die
Explosionskenngrößen von Aluminium-Staub

M him] Spez. Kornoberfläche Pmax [bar] KSt [bar·m·s- t ]


[cm2/g]

12 30000 12,4 1000


12 43000 12,4 1311
15 48000 12,4 1400

Explosionsdruckes Pmax- Als Ursache ist anzusehen, daß die Korngrößenver-


teilung unterhalb und oberhalb des Medianwertes von Einfluß auf die spezifi-
sche Kornoberfläche des Aluminium-Staubes ist, die nach den Angaben von
Abb. 1.180 in einem linearen Zusammenhang zur Schnelligkeit des Explosions-
ablaufes (zum KscWert) steht. Es ist daher günstiger, wenn auch mit einem
deutlich höheren Prüfaufwand verbunden, die spezifische Kornoberfläche als
Vergleichsgröße heranzuziehen.
Aluminium-Feinstaub (M -1 J,lm) kann also bei einem maximalen Explo-
sionsdruck von Pmax = 12,4 bar eine sehr hohe staubspezifische Kenngröße
(Kst - 2000 bar· m . s -1) haben. Dieser Metallstaub reagiert daher sehr heftig
und ist im allgemeinen der Staubexplosionsklasse St 3 zuzuordnen [140].

[bar]

E
12,5f-

12,Of-
/-------
/-
a.

11,51-

11,0
l- 1
1 1 1 1

/-
[bar.m.s-J

1500 -
/-
/ '
in 1000 I-
~

500 f-

o
-1I J L 11
o 10 20 30 40 50 60 [cmJ'g]
spezifische Kornoberflöche x 10-3

Abb. 1.180. Einfluß der spezifischen Kornoberfläche von Aluminium


auf die Explosionskenngrößen
194 3 Brennbare Stäube

Tabelle 1.40. Explosionskenngrößen von Gummistaub


(M = konst. = 83 lLm)

Charge Pmax [bar] KS1 [bar'm's-1j

1 7,4 123
2 7,2 97
3 8,0 125
4 7,3 140

Auch bei der Prüfung von Gummistaub [141] wurde beobachtet (Thbel-
le 1.40), daß trotz gleichen Medianwertes M die verschiedenen Chargen unter-
schiedlich heftig reagieren.
Die Kornanalyse hat eindeutig ergeben, daß die Nichtübereinstimmung der
Explosionskenngrößen auf die unterschiedliche Kornverteilung < 83 f..I.m und
damit deren Einfluß auf die spezifische Kornoberfläche zurückzuführen ist.
Es gibt nun Stäube, die sich bereits beim Austritt aus der Ringdüse in das
Explosionsgefäß selbst entzünden können, wie z. B. roter Phosphor. Die Ex-
plosion tritt daher vor dem Wirksamwerden der Zündquelle ein und damit bei
einer deutlich geringeren Zündverzögerungszeit (höheren Thrbulenz) als vorge-
schrieben. Eine Bestimmung der Explosionskenngrößen nach dem Normver-

[bar1

_!.6bar
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....' - - II
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[bar·m.s-1] r--------",S7,..,.0-bar-.-m·-s-"',~-.-----,

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100 r- I 11..J
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I I
°O~------~------~~--'
10 20 [Vol %1
02 - Gehalt in N2
Abb. 1.181. Bestimmung der Explosionskenngrößen von rotem Phosphor durch Extrapola-
tion aus den Meßwerten in sauerstoffarmer Atmosphäre
3.3 Aufgewirbelter Staub 195

fahren ist also nicht ohne weiteres möglich. Weil einerseits bei Verminderung
des Sauerstoffgehaltes in der Verbrennungsluft die Neigung zur Selbstentzün-
dung abnimmt, und andererseits ein linearer Zusammenhang zur staubspezifi-
schen Kenngröße Kst (Abb. 1.181) besteht, gelingt es, diese Kenngröße durch
Extrapolation zu bestimmen, aber auch den maximalen Explosionsdruck Pmax
abzuschätzen. Kontrollversuche ohne Selbstentzündung bei normaler Luftzu-
sammensetzung bestätigen das Ergebnis des oben beschriebenen Extrapola-
tionsverfahrens.
In Thbelle 1.41 sind die nach dem Normverfahren gemessenen Explosions-
kenngrößen einer Reihe von brennbaren Feinstäuben zusammengefaßt.
Siwek [142] untersuchte das Explosionsverhalten von Klärschlamm-Trocken-
gütern. Allgemein gültige Gesetzmäßigkeiten zu erarbeiten, erwies sich als sehr
schwierig, weil, wie bei den Beschichtungspulvern (Abb. 1.177), neben dem
Medianwert auch der organische Anteil der Produkte von Einfluß ist. Einige
Hinweise gibt Thbelle 1.42.
Fallender Medianwert hebt, wie erwartet, zunächst die Explosionskenngrö-
ßen an. Gleichzeitig wirkt sich explosionsverstärkend die Zunahme des organi-
schen Anteils aus. Weil er bei dem Feinstaub (M = 44 Ilm) deutlich niedriger
ist als bei den anderen Produkten, tritt die eigentlich zu vermutende Steigerung
der Explosionsheftigkeit nicht ein.

Tabelle 1.41. Explosionskenngrößen brennbarer Feinstäube (Normverfahren)

Staubart Pmax [bar] KSt [bar'm 'S-I]

Staubexplosionsklasse St 1
PVC 8,5 98
Milchpulver 9,7 130
Polyethylen 8,8 131
Kohlenstaub 8,2 135
Metallseifen 8,4 140
Gummi 7,4 140
Zichorie 8,5 157
Toner 7,5 166
Harz 8,9 174
Braunkohle 10,0 176
Staubexplosionsklasse St 2
Cellulose 9,8 229
Holz 10,5 238
organ. Peroxid 9,0 273
Schleiflack 10,5 286
Staubexplosionsklasse St 3
Bromphenoxim 11,9 342
Pigmente 10,7 344
Moschus (nitriert) 10,0 360
Paraformaldehyd 9,6 405
roter Phosphor -6,0 -570
Aluminium 12,5 2000
196 3 Brennbare Stäube

Tabelle 1.41. Explosionskenngrößen von Klärschlamm-Trockengütern (Normverfahren)

M Organ. Anteil Pmax KS!


[11m] [Gew.OJo] [bar] [bar·m·s- I ]

200 58,1 5,2 16


125 63,0 5,1 20
88 75,6 7,7 81
44 46,9 7,7 69

Bei den Zahlenangaben der Thbellen 1.41 und 1.42 handelt es sich nur um
Richtwerte, da auch die Konfiguration der Staubpartikel von Einfluß auf das
Explosionsgeschehen sein kann. Weitere Kenngrößen können [143J entnom-
men werden. Hierbei sind die Grenzen der Anwendbarkeit im Hinblick auf die
verschiedenen Prüfmethoden (1 m 3-Behälter (Abb. 1.156), modifizierte Hart-
mann-Apparatur (Abb.1.151), insbesondere aber die Abhängigkeit von der
Korngröße (Abb. 1.176) zu beachten. So gibt das Thbellenwerk z. B. für Para-
formaldehyd die folgenden Explosionskenngrößen an:
M = 27IJ.m, Pmax = 10,7 bar, KSt = 222 bar·m·s- t •

Eigenuntersuchungen [138J ergaben hingegen bei einem etwas geringeren Me-


dianwert:
M = 19IJ.m, Pmax = 9,6 bar, KSt = 405 bar·m·s- t •
Das Produkt ist also im 1. Fall in die Staubexplosionsklasse St 2, im 2. Fall
in die verschärfende Staubexplosionsklasse St 3 einzustufen.
Bei sicherheitstechnischen Betrachtungen, insbesondere im Hinblick auf die
Dimensionierung von Maßnahmen des konstruktiven Explosionsschutzes, ist
daher dringend zu empfehlen, sich nicht auf die Thbellenangaben zu verlassen,
sondern die Explosionskenngrößen eines vorgegebenen brennbaren Produktes
(bzw. mehrerer brennbarer Produkte) nach dem Normverfahren zu bestimmen.

40 [%)

St1 St2 St 3
==
j 30
.2'
'S
,ftI
:r::
20

100 200 300


KSfWert

Abb. 1.181. Häufigkeit der Staubexplosionsklassen (mehr als 500 untersuchte Stäube)
3.3 Aufgewirbelter Staub 197

Systematische Untersuchungen der Explosionskenngrößen von mehr als 500


brennbaren Stäuben führten zu der in Abb. 1.182 dargestellten Häufigkeit der
staubspezifischen Kenngrößen bzw. der Staubexplosionsklassen. Danach ist
die Mehrzahl von ihnen in die Staubexplosionsklasse St 1 einzustufen.
Abbildung 1.183 zeigt die Häufigkeit des maximalen Explosionsdruckes
Pmax für ebenfalls mehr als 500 untersuchte brennbare Produkte. Danach erge-
ben sich für jede Staubexplosionsklasse optimale Druckwerte, die besonders
häufig auftreten und mit steigender Staubexplosionsklasse zunehmen.
Jaeger [144) bestimmte die Flammentemperatur einer Reihe von brennbaren
Stäuben in der 201-Laborapparatur (Abb. 1.163). Er benutzte hierfür Mantel-
Miniaturthermoelemente von unterschiedlichem Leiterdurchmesser, die in
Raummitte angeordnet waren (Abb. 1.184). Die Flammentemperatur T wird
durch Extrapolation gegen den Leiterdurchmesser Null-mm bestimmt. Um die
Temperaturmessung nicht zu beeinflussen, wurde von der üblichen, ebenfalls
in Raummitte angeordneten Zündquelle (E = 10 kJ) abgegangen und eine sol-
che mit einem Energieinhalt von E = 250 J verwendet. Die Untersuchungen
erfolgten bei mittlerer (iv = 60 ms) und bei geringer Gemischturbulenz
(tv = 120 ms) über einen breiten Staubkonzentrationsbereich.

Staubexplosionsklasse :
o St 1
a St 2
Il. St 3 516 Stäube

[%]

]!
~ 30
,"
::J

:z::

<6 6 -7 >7-8 >8-9 > 9-10 >10


J;". [bar]

Abb. 1.183. Zusammenhang zwischen maximalem Explosionsdruck Pmax und Staubexplo-


sionskiasse (mehr als 500 untersuchte Stäube)
198 3 Brennbare Stäube

Behälterwand 20 I - Kugel

~ O,25mm
~ O,34mm
~ O,SOmm

1I2R

Ther moelemente

Abb.l.184. Thmperaturmeßanordnung für die 201-Laborapparatur

Unabhängig von dieser ergaben sich maximale Flammentemperaturen T max


grundsätzlich bei der optimalen Konzentration für den maximalen Explosions-
druck Pmax' zu dem ein linearer Zusammenhang besteht (Abb.1.185). Auch
die maximale Flammentemperatur von Propan, das ebenfalls in die Untersu-
chungen einbezogen wurde, fügt sich in diese Gesetzmäßigkeit ein.
Für die gemessene maximale Flammentemperatur gilt die Gleichung:
T max = 242·Pmax .
Sie liegt um ca. 20070 niedriger als die für den isochoren Zustand berechnete:
Tmax = 289·Pmax .

- - gemessene
----- zu erwartende
j max.F1ammen-
tempo Tmax
- • - berechnete ""
5 ""."".
o ~ "
:g,
Irr... "". ""
2000 r- . "" ", •
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JQ)
1500-:'/({
'"11
JJ
~
11
Ci
E • (;) Kohlenstaub + Propan
'xc • EI Lycopodium
.. 6 Malsstärke
E
1000~___~I·__~~r~ln_u_vl_n~I____~I~~~
6,0 6,5 7,0 7,5 8,0 [bar]
maximaler Explosionsdruck Pmax
Abb. 1.185. Maximale Flammentemperatur Tmax brennbarer Stäube (von Propan) als Funk-
tion des maximalen Explosionsdruckes Pmax (201-Laborapparatur)
3.3 Aufgewirbelter Staub 199

Jaeger weist darauf hin, daß ein Fehler durch Strahlungs ableitung bei seinen
Versuchen unvermeidbar war, der ca. 180-2OO°C betragen kann, und nimmt
daher an, daß für die tatsächlich zu erwartende maximale Flammentemperatur

Tmax = 266· Pmax


anzusetzen ist.
Es ist noch darauf hinzuweisen, daß der maximale zeitliche Temperaturan-
stieg (dT/dt)max immer bei der Optimalkonzentration für den maximalen zeit-
lichen Druckanstieg (dp/dt)max zu beobachten war und von diesem wiederum
linear abhing. Ein Zusammenhang zur maximalen Flammentemperatur be-
steht jedoch nicht.
Aus Abb. 1.176 geht hervor, daß Teilchen oberhalb eines Grenzkörnungs-
durchmessers von ca. 400 J.lm im allgemeinen (auch in Gegenwart einer sehr
kräftigen Zündquelle) nicht mehr zur Explosion gebracht werden können. Es
ist jedoch zu beachten, daß aus Grobanteilen durch Abrieb Feinstaub entste-
hen kann und daß, hierauf wurde bereits hingewiesen (Abb. 1.175), Explosions-
gefahr immer dann gegeben ist, wenn die im nicht explosionsfähigen Grob-
staub enthaltene Menge an explosionsfähigem Feinstaub für sich allein die un-
tere Explosionsgrenze überschreitet. Ist dies der Fall (Abb. 1.186), so ist, je
nachdem, ob der oben genannte Grenzkörnungsdurchmesser wesentlich (Me-
thylcellulose) oder nur unwesentlich (Polyethylen) überschritten wird, eine Bei-
mengung von 100/0 bzw. 5% des Feinstaubes zum Grobstaub ausreichend, um

10
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B

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0 nicht explo-
300 rr------.------,= sionsfdhig
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d
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200

-'-
Vl
100
~

°m 0 [~
M' h h'lt . nicht expl. Grobstaub
ISC ungsver anis: expl. Feinstaub
Abb.l.186. Explosionskenngrößen von Mischungen aus Grobstaub mit Feinstaub
200 3 Brennbare Stäube

das Feinstaub/Grobstaub-Gemisch zur Explosion zu bringen, wobei sich be-


reits im Grenzbereich ein relativ hoher maximaler Explosionsdruck einstellt.
Diese Betrachtungen gelten natürlich nur für homogene Feinstaub/Grob-
staub-Gemische. Werden solche Gemische z. B. pneumatisch in ein Silo (oder
einen Behälter) transportiert, dann tritt relativ rasch eine Entmischung ein,
und bereits bei einem Feinstaubanteil von 11110 - 2% kann ein mehr oder weni-
ger leicht entzündliches Feinstaub/Luft-Gemisch entstehen [145].
Die Ansicht, daß wasserhaltige Produkte mit einer Feuchte von einigen Pro-
zenten nicht mehr explosions fähig sind, widerlegt Abb. 1.187, wobei sich zeigt,
daß eine deutliche Verringerung der Explosionsheftigkeit in der Regel erst bei
relativ hohem Wassergehalt eintritt. Viele Produkte mit einem Wassergehalt
von mehr als 10% lassen sich schlechter aufwirbeln (dispergieren), wobei die
Bildung explosionsfähiger Staub/Luft-Gemische aus abgelagertem Staub ab-
nimmt.
Lösungsmittelhaltige Produkte haben dagegen ein deutlich abweichendes
Verhalten, wie Abb. 1.188 am Beispiel von zwei Pharmastäuben zeigt. Im Falle
des ethanolhaltigen Staubes nehmen, wie im Falle der wasserhaltigen Produk-

[bar)

(M._,...l
55""1
.o.~
OTobIaSlllluntIM.
• TorI M· 50,...

[ txr·m·"1"'------:::---"-----""

25
R'oduktfeuchle ("101 R-oduktfeuchle

Abb.l.187 Abb.l.188
Abb.l.187. Wasserhaltige Produkte: Einfluß der Produktfeuchte auf die Explosionskenn-
größen
Abb. 1.188. Lösungsmittelhaltige Pharma-Produkte. Einfluß der Produktfeuchte auf die Ex-
plosionskenngrößen
3.3 Aufgewirbelter Staub 201

te, die Explosionskenngrößen mit zunehmender Produktfeuchte zunächst ab,


um bei hoher Feuchtigkeit wieder anzusteigen. Als Ursache hierfür muß man
annehmen, daß das Produkt mit zunehmendem Ethanolanteil mehr und mehr
seinen Staubcharakter verliert, weil es agglomeriert und nicht mehr wirbelfähig
ist. Es bildet sich bei noch höherer Feuchtigkeit im Explosionsraum ein explo-
sionsfähiges Ethanol/Luft-Gemisch, das dann durch die Zündquelle zur Ex-
plosion gebracht wird. Da Aceton viermal leichter verdampft, sind die beob-
achteten Effekte bei acetonhaltigen Produkten sehr viel deutlicher. Die Höhe
der Werte für die Explosionskenngrößen deutet an, daß bei einer Produkt-
feuchte von ~ 150,10 das stöchiometrische Gemisch von Aceton im Explosions-
raum überschritten wird.
Obige Feststellungen sind von wesentlicher sicherheitstechnischer Bedeu-
tung für die Beurteilung von Explosionsgefahren, die beim Verarbeiten von lö-
sungsmittelhaltigen brennbaren Stäuben (z. B. in Wirbelschichttrocknern) ent-
stehen können.
Der Explosionsablauf von aufgewirbeltem, brennbarem Staub in geschlosse-
nen Behältern wird ferner vom Vordruck Pv beeinflußt, dem Ausgangsdruck,
bei dem die Zündquelle wirksam wird. Wie Abb. 1.189 am Beispiel von drei
willkürlich ausgewählten Produkten zeigt, besteht eine lineare Abhängigkeit.

[bar] I 'YP
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7,5 r- ~~.
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""E 5,0 r- .~'-,,: ° Melamin-
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a. Lycopodium

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I
I

0 I I I
0 0,5 1,0 1,5 [bar,abs]
Vordruck Pv
Abb. 1.189. Einfluß des Vordruckes Pv auf die Explosionskenngrößen brennbarer Stäube
202 3 Brennbare Stäube

Gleichzeitig steigt auch die optimale Staub konzentration für die Explosions-
kenngrößen mit zunehmendem Vordruck an. Die lineare Abhängigkeit des ma-
ximalen Explosionsdruckes Pmax gilt auch bei deutlich überhöhtem Vordruck
Pv (Abb. 1.190). Die staubspezifische Kenngröße KSt hingegen verflacht sich
[146, 147], und es scheint sich anzudeuten, daß dies um so eher geschieht, je
höher der Medianwert ist.
Abbildung 1.191 vergleicht den Quotienten aus den Explosionskenngrö-
ßen, die bei einem vorgegebenen Vordruck gemessen wurden (Pmax,p) Kst,p)'
mit den Werten, die sich bei Normaldruck ergaben. Wie man sieht, steigt, aus-
gehend vom Normaldruck, der maximale Explosionsdruck im Rahmen der
Versuchsgenauigkeit proportional zum Vordruck an. Dies gilt vermutlich auch
für noch höhere Anfangsdrücke (Pv > 5 bar, abs.). Im Falle der staubspezifi-
schen Kenngröße ist diese Proportionalität hingegen nur bis zu einem Vor-
druck von ca. Pv = 2 bar, abs. gegeben, dessen weitere Anhebung zu keiner
wesentlichen Verstärkung der Explosionsheftigkeit mehr führt.
Ob wie bei den Brenngasen (S. 54) auch bei den brennbaren Stäuben bei ei-
nem Grenzdruck von einigen 10 mbar eine Staubexplosion nicht mehr möglich
ist, wurde bisher noch nicht systematisch untersucht. Man kann aber davon
ausgehen.
Da in der Industriepraxis brennbare Stäube häufig bei hohen Temperaturen
hergestellt, verarbeitet oder gefördert werden, ist es für ihre sicherheitstechni-
sche Beurteilung erforderlich, die Temperaturabhängigkeit der Explosions-

[bar] ,,
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0 2 3 4 5 [bar,abs]
Vordruck Py

Abb.l.190. Einfluß des Vordruckes Pv auf die Explosionskenngrößen brennbarer Stäube


3.3 Aufgewirbelter Staub 203

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0 : j ., Lycopodium M=30 ).Im
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Abb. 1.191. Quatient der Explosians-


[bar,abs] kenngrößen brennbarer Stäube als
Vordruck Pv Funktion des Vordruckes Pv

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12 -

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4 ~I I I I I Abb. 1.192. Lycopodium. Einfluß der


0,005 0,0075 0,01 0,0125 0,015 0,0175 [mol.T'] Temperatur auf den maximalen Ex-
02-Konzentration in N 2 plosionsdruck Pmax
204 3 Brennbare Stäube

kenngrößen zu kennen. Abbildung 1.192 (oben) zeigt am Beispiel von Lycopo-


dium diese Thmperaturabhängigkeit des maximalen Explosionsdruckes, wenn
die Explosionen bei Normaldruck (Pv = 1 bar, abs.) bzw. bei einem bestimm-
ten Vordruck (Pv = 1,6 bar, abs.) eingeleitet werden. Die optimale Druckäuße-
rung vermindert sich also, ähnlich wie bei den Brenngasen (Abb. 1.40), linear
mit dem Reziprokwert der absoluten Temperatur, und die Druckhöhe ist wie
erwartet abhängig von dem Vordruck, bei dem die Zündquelle wirksam wird.
Ursache für die beobachtete Thmperaturabhängigkeit des maximalen Explo-
sionsdruckes ist die sich ebenfalls verändernde, nach den idealen Gasgesetzen
errechenbare Sauerstoffkonzentration in Stickstoff (Abb. 1.192, unten).
Unabhängig von einer Thmperatur- oder Vordruckänderung entscheidet al-
lein die Sauerstoffkonzentration darüber, welcher maximale Explosionsdruck
sich in einem geschlossenen Behälter einstellt.
Dies wurde auch für zahlreiche andere Produkte experimentell nachgewiesen
[67, 134J.
Abbildung 1.193 (oben) vergleicht den normierten maximalen Explosions-
druck brennbarer Stäube mit der normierten absoluten Thmperatur. Es bedeu-
ten:

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I 8 _:Melamin Polymer
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a. a. 0,7

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0,5 '--_--'-_ _-'-_---'-_ _-'


0,5 0,625 0,75 0,875
TRt
T
Abb. 1.193. Normierter maximaler Explosionsdruck brennbarer Stäube
als Funktion der normierten absoluten Thmperatur
3.3 Aufgewirbelter Staub 205

Pmax,Rt den bei absoluter Raumtemperatur T Rt gemessenen maximalen Ex-


plosionsdruck und
Pmax,T den bei erhöhter absoluter Temperatur T gemessenen maximalen
Explosionsdruck.
Wie man sieht, folgen die von Glarner [67] untersuchten brennbaren Pro-
dukte, wiederum unabhängig von Thmperatur- oder Vordruckänderung, im
Rahmen der Versuchsgenauigkeit der gleichen Gesetzmäßigkeit. Bei bekann-
tem, auf Raumtemperatur und einen bestimmten Vordruck bezogenen maxi-
malen Explosionsdruck kann dessen Thmperaturabhängigkeit daher nach der
Gleichung abgeschätzt werden (Abb. 1.193, unten):

TRt
Pmax,T = Pmax,Rt ( 0,88 -+0,12) .
T
Aus den Untersuchungen von Wiemann [134] mit anderen brennbaren Stäuben
resultiert die folgende Gleichung für die Temperaturabhängigkeit des maxima-
len Explosionsdruckes:

TRt
Pmax,T = Pmax,Rt ( 0,91 -+0,09) .
T
'frotz der Thtsache, daß Glarner die Untersuchungen in der 201-Laborappa-
ratur (Abb. 1.163) und Wiemann im 1 m 3-Behälter (Abb. 1.156) durchführten,
ergeben beide Gleichungen praktisch übereinstimmende Rechenwerte
(Abb. 1.193, unten) und deuten auf Allgemeingültigkeit hin.
Die Thmperaturabhängigkeit des maximalen Explosionsdruckes brennbarer
Stäube kann für die Industriepraxis von besonderer Bedeutung sein. Eine häu-
fig an Zerstäubungstrocknungsanlagen angewendete konstruktive Schutzmaß-
nahme ist die Explosionsdruckentlastung. Wegen der meist sehr großen Volu-
mina bestehen jedoch oft Schwierigkeiten, die erforderlichen Druckentia-
stungsflächen unterzubringen. Da sich einerseits, wie noch an anderer Stelle
gezeigt werden wird, der Flächenbedarf mit abnehmendem maximalem Explo-
sionsdruck vermindert und andererseits die relativ hohen 'frocknungstempera-
turen einen relativ niedrigen Explosionsdruck zur Folge haben (Abb. 1.192),
besteht hier die Möglichkeit einer Flächeneinschränkung gegenüber den hier-
für gültigen Richtlinien.
In Abb. 1.194 ist am Beispiel von vier Stäuben für Normaldruck das Verhal-
ten der staubspezifischen Kenngröße KSt bei Temperaturerhöhung gezeigt.
Diese Kenngröße steht wiederum in linearem Zusammenhang zur Sauerstoff-
konzentration in Stickstoff. Wie man sieht, existieren Stäube (Lycopodium,
Braunkohle), bei denen Thmperaturerhöhung eine Abnahme der staubspezifi-
schen Kenngröße zur Folge hat. Bei anderen (Erbsenmehl) wirkt sich eine Tem-
peraturerhöhung überhaupt nicht aus.
Hier kompensiert die Reaktionsbeschleunigung durch die Temperaturerhö-
hung die durch Verminderung der Sauerstoffkonzentration erwartete Abnah-
me der staubspezifischen Kenngröße. Bei anderen Produkten (Farbstoff) be-
206 3 Brennbare Stäube

100

:xi/, 75 A _ _--=-A---A

50

o Lycopodium
25 o Braunkohle
A Erbsenmehl
I!l Farbstoff
o~ __ ~ __ ~ __ ~ __ ~ __ ~

0,005 0,006 0,007 0,008 0,009 [mol·n


02-Konzentration in N 2

473 373 323 273 [K]


absolute Temperatur

Abb. 1.194. Staubspezifische Kenngröße KSt als Funktion der 02-Konzentration in N 2 bzw.
der absoluten Temperatur T (Normaldruck)

dingt Temperaturerhöhung einen linearen Anstieg der betrachteten Kenngröße.


Der Reaktionsablauf wird beschleunigt, der hemmende Effekt der Sauerstoff-
konzentrationsminderung wird jedoch nicht kompensiert.
Glarner [67] bezog weitere brennbare Stäube in seine Untersuchungen ein
und kommt zu der Schlußfolgerung:
bei relativ heftig reagierenden Stäuben
(KSt > 100 bar· m . s -1) eine Abnahme,
bei weniger heftig reagierenden Stäuben
(Kst - 100 bar· m . s -1) keine Veränderung und
bei schwach reagierenden Stäuben
(KSt < 100 bar· m . s -1) eine Zunahme
der staubspezifischen Kenngröße KSt • Wiemann [134] weist jedoch auch auf
Ausnahmen von dieser Regel hin.
Insgesamt gesehen ist der Einfluß einer bei Normaldruck vorgenommenen
Temperaturerhöhung bis zu 300 oe auf die staubspezifische Kenngröße relativ
gering und für die Industriepraxis nicht von Bedeutung. Ein Wechsel der
Staubexplosionsklasse ist nicht zu erwarten.
Wird zusätzlich zur Temperatur auch der Vordruck geändert (Abb.1.195),
dann unterliegt Lycopodium einer ähnlichen Einflußnahme, wie sie bereits im
3.3 Aufgewirbelter Staub 207

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P, = 1 txr·obs /

A~/
100

/ \\Jrdruck
nimmt zu
lycopodiJm

200

100 -

0.005 0,01 [ moll I )


Sauerstoffkonzentration in Sti:kstoff
Abb. 1.195. Staubspezifische Kenngröße KSt als Funktion des 0rGehaltes in N2
(Vordruck veränderlich)

Zusammenhang mit dem maximalen Explosionsdruck (Abb. 1.192) festgestellt


wurde: Einzig und allein die Sauerstoffkonzentration in Stickstoff entscheidet
über die Höhe der staubspezifischen Kenngröße Kst . Im Falle von Erbsenmehl
(Abb. 1.194) ist im Rahmen der Versuchsgenauigkeit keine Einflußnahme fest-
zustellen [67], während das Explosionsgeschehen von Melamin-Polymer von
Druck und Temperatur abhängt.
Aufgrund der bisherigen Erfahrung deutet sich an, daß das im Zusammen-
hang mit Lycopodium beschriebene Verhalten der staubspezifischen Kenngrö-
ße den relativ heftig reagierenden und leicht bzw. normal entzündlichen Stäu-
ben zuzuschreiben ist. Stäube, die relativ schwach reagieren und schwer ent-
zündlich sind, zeigen dagegen ein ähnliches Verhalten wie das Melamin-Poly-
mer.
Die bisherigen Betrachtungen bezogen sich auf geschlossene Behälter, die
vollständig mit homogenem Staub/Luft-Gemisch befüllt waren. Ist dagegen
nur eine Teilbefüllung (in Optimal konzentration) vorhanden (Abb. 1.196), so
verändert sich der maximale Explosionsdruck annähernd linear und die staub-
spezifische Kenngröße exakt linear mit dem Füllgrad.
208 3 Brennbare Stäube

[wJ~--------~--------~

J 5

[bar.rn.s' J r---------...,----------,

~ 100

50 [%1
Befüllungsg'Od

Abb. 1.196. Einfluß des Füllgrades auf die Explosionskenngrößen brennbarer Stäube

Für das Entzünden von Staub/Luft-Gemischen in den beschriebenen Prüf-


behältern wird, wie eingangs bereits bemerkt, eine sehr kräftige Zündquelle
(Abb. 1.155: Pyrotechnische Zünder, Energieinhalt E = 10 kJ) verwendet. Das
Auftreten einer so hohen Energie als Zündquelle in der Industriepraxis ist un-
wahrscheinlich. Eine so hohe Energie ist, wie ebenfalls erwähnt, in der Prüf-
praxis aber erforderlich, um möglichst alle brennbaren Stäube auch tatsächlich
als explosions fähig zu erkennen. Es stellt sich daher die Frage, ob die bei der
Staubexplosionsprüfung angewendete, sehr hohe Zündenergie die Explosions-
kenngrößen brennbarer Stäube beeinflußt. Abbildung 1.197 zeigt, daß dies
nicht der Fall ist. Es handelt sich hierbei ausschließlich um Produkte, deren
Gemische durch Kondensatorentladungen leicht oder normal entzündlich sind.
Für den Explosionsablauf dieser Stäube ist es gleichgültig, ob sehr schwache
(Mindestzündenergie) oder sehr hohe Zündenergien als Zündquelle angewen-
det werden. Obige Feststellung, die aufgrund eigener Erfahrung für
800/0 - 90% aller brennbaren Produkte und auch für Beschichtungspulver,
selbst bei geringem oragnischem Anteil (Abb. 1.198), gilt, widerspricht der An-
nahme, daß das Explosionsgeschehen brennbarer Stäube vor allem von der
Zündenergie abhängt.
3.3 Aufgewirbelter Staub 209

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Abb.l.197. Einfluß der Zündenergie E auf die Explosionskenngrößen von leicht oder nor-
mal entzündlichen Stäuben

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100 101 10 2 108
Zündenergie
Abb.l.198. Einfluß der Zündenergie E von Beschichtungspulvern bei niedriger Gemischtur-
bulenz in der 201-Laborapparatur (zündwilligste Staubkonzentration)
210 3 Brennbare Stäube

Flock [132] gehört, wie noch gezeigt werden wird, zu den normal bis leicht
entzündlichen Produkten. Deshalb ist der Einfluß der Zündenergie auf das Ex-
plosionsgeschehen unterschiedlich (Abb. 1.199). Während die Explosionskenn-
größen von Feinflock (dtex'mms 1,7) unbeeinflußt sind, nimmt vor allem die
staubspezifische Kenngröße von Grobflock (dtex' mm > 1,7) mit fallender
Zündenergie ab. Genauere Untersuchungen mit schwer entzündlichen brenn-
baren Stäuben haben dies bestätigt (Abb. 1.200): Herabsetzung der Zündener-
gie vermindert in halblogarithmischer Darstellung die staubspezifische Kenn-
größe linear; der maximale Explosionsdruck bleibt im allgemeinen von diesem
Einfluß unberührt. Lediglich bei sehr schwer entzündlichen Stäuben (Farb-
stoff) zeigt sich eine abnehmende Tendenz. 10070 - 20070 aller brennbaren Pro-
dukte gehören erfahrungsgemäß in diese Staubgruppe.

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Zi.ß:lenergie E
Abb.I.199 Abb.l.200
Abb. 1.199. Einfluß der Zündenergie E auf die Explosionskenngrößen von Flock
Abb. 1.200. Einfluß der Zündenergie E auf die Explosionskenngrößen von schwer entzündli-
chen Stäuben
3.3 Aufgewirbelter Staub 211

3.3.6 Mindestzündenergie

Die Kenntnis der Mindestzündenergie MZE brennbarer Stäube ist für die Beur-
teilung der Gefahrensituation in staubverarbeitenden Anlagen von großer Be-
deutung, weil sie den Umfang und damit den finanziellen Aufwand von
Schutzmaßnahmen gegen das Entstehen und die Auswirkungen von Staubex-
plosionen bestimmen kann. Dies gilt vor allem bei Anwendung der vorbeugen-
den Schutzmaßnahme ,yermeiden von wirksamen Zündquellen" (Abb.1.5,
[7]), insbesondere für Zündphänomene der statischen Elektrizität (Funkenent-
ladungen, Büschelentladungen, Gleitstielbüschelentladungen, Schüttkegelent-
ladungen). Sie kann auch, gemeinsam mit der Zündtemperatur (s. Kap. 3.3.7),
für die Abschätzung der Sauerstoffgrenzkonzentration in Stickstoff (bei der
keine Staubexplosion mehr möglich ist) die Zündwirksamkeit von mechanisch
erzeugten Funken (Kurzzeit-Schleif- und Langzeit-Reibvorgänge) sowie die Be-
rechnung der Grenzspaltweite von engen parallel verlaufenden Spalten (bei der
eine Explosionsübertragung gerade noch verhindert wird) herangezogen wer-
den.
Franke [148, 149] entwickelte als einer der ersten im Jahre 1968 eine Appara-
tur für die Bestimmung der Mindestzündenergie von Fettkohle. Er benutzte
hierfür die Methode der ,,'Iriggerung eines 3-Elektrodensystems" (Abb. 1.72) in
Verbindung mit der "modifizierten Hartmann-Apparatur" (Abb. 1.151) als Ex-
plosionsgefäß. Dieses Verfahren wird auch heute noch mit Erfolg angewendet.
Franke fand, daß durch Zuschalten von Induktivitäten in den Entladekreis die
Funkendauer wie erwartet verlängert und hierdurch die Mindestzündenergie
MZE von Fettkohle deutlich herabgesetzt wird (Abb. 1.201). Weil man früher
der Ansicht war, daß sich Staub/Luft-Gemische sehr viel schwerer entzünden
lassen als Brenngas/Luft-Gemische [150], wurden die weiterführenden Unter-
suchungen mit zeitlich gedehnten Kondensatorentladungen durchgeführt.

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Funkendauer t
Abb.I.201. Mindestzündenergie MZE als Funktion der Funkendauer t [148]
212 3 Brennbare Stäube

Pellmont [151] bestimmte nach der gleichen Methode für die Erzeugung von
Kondensatorentladungsfunken die Mindestzündenergie von technischen
brennbaren Produkten im 1 m 3-Behälter (Abb.1.156) und Glarner [67] in der
201-Laborapparatur (Abb. 1.163). Die genauen, umfangreichen und systemati-
schen Untersuchungen waren u.a. die Grundlage für die Prüfrichtlinie [152],
die nach redaktioneller Überarbeitung durch Siwek im Jahre 1987 erschien.
Als Mindestzündenergie eines brennbaren Staubes im Gemisch mit Luft gilt
der niedrigste Wert der kapazitiv gespeicherten Energie, die bei der durch eine
Induktivität im Entladekreis zeitlich gedehnten Kondensatorentladung über ei-
ne Funkenstrecke eben gerade ausreicht, das zÜDdwilligste Gemisch aus Staub
und Luft zu entzünden. Wenn nicht anders angegeben, bezieht sich die Min-
destzündenergie auf die zündwilligste Konzentration eines brennbaren Staubes
in Luft von 1,013 bar Anfangsdruck und Raumtemperatur.
Die Mindestzündenergie kann nach folgenden Verfahren bestimmt werden:
Triggerung eines 3-Elektroden-Systems (Abb.1.72),
- spontaner Durchbruch einer Funkenstrecke (Abb.1.71) und
- Triggerung durch bewegte Elektroden [152].
Die Abb. 1.202 und 1.203 zeigen den Einfluß der Versuchszahl pro Energie auf
das statistische Übergangsgebiet für die Zündwahrscheinlichkeit von zwei un-
terschiedlich entzündbaren Stäuben bei zündwilligster Staubkonzentration. Bei
der Bestimmung der Mindestzündenergie der leichter entzündlichen Cellulose
(MZE = 20 mJ) sind mindestens 5 Versuche pro Energie erforderlich, dagegen
mindestens 10 Versuche beim schwerer entzündlichen Erbsenmehl
(MZE = 200 mJ). Eine Erhöhung der Versuchszahl führt in beiden Fällen zu
keiner weiteren Herabsetzung des Energiegrenzwertes.
Um die Mindestzündenergie eines brennbaren Staubes zu bestimmen, geht
man deshalb von einer Kondensatorentladungsenergie mit einer hundertpro-
zentigen Zündwahrscheinlichkeit aus. Dann wird für eine konstante Staubkon-
zentration durch Energiehalbierung derjenige Energiewert ermittelt, bei dem
bei 5 aufeinanderfolgenden Versuchen keine Staubexplosion mehr auftritt. Aus
entsprechenden Versuchen über einen breiten Konzentrationsbereich wird auf
diese Weise die zündwilligste Staubkonzentration (Abb. 1.69) bestimmt und bei
dieser die Versuche so lange fortgesetzt, bis bei 10 aufeinanderfolgenden Ver-
suchen eben gerade keine Entzündung mehr festzustellen ist. Ist die Aussage
über die zünd willigste Konzentration nicht eindeutig, so müssen die Zündver-
suche auf der Basis von 10 Nichtzündungen, ebenfalls über einen breiten Kon-
zentrationsbereich, durchgeführt werden. Die Mindestzündenergie MZE eines
brennbaren Staubes ist dann um 100070 höher als diejenige Energie, die eben
gerade zu keiner Entzündung des zünd willigsten Gemisches mehr führte. Nach
dem beschriebenen Verfahren erhält man ein sinnvolles, zuverlässiges und ver-
gleichbares Meßergebnis. Eine genauere Bestimmung der Mindestzündenergie
brennbarer Stäube ist mit vertretbarem Aufwand kaum möglich.
Glarner [67] bestätigte die Beobachtung von Franke (Abb.1.201), wonach
sehr kurze Kondensatorentladungsfunken in Staub/Luft-Gemischen deutlich
weniger zündwirksam sind als zeitlich gedehnte Funken. Er fand (Abb. 204),
3.3 Aufgewirbelter Staub 213

100
,l
~
L

~
..c:.
.Io! • 5.Vers.!Energie
~ 50 10. Vers.! Energie
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ZÜ'ldenergie E [m JJ
Abb. 1.202. Cellulose: Einfluß der Anzahl der Versuche/Energie auf die Mindestzündenergie
(zünd willigste Staub konzentration)

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V~
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-

• 5 Vers. I Energie

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I
610 " I "
020 " I "
/~,," / 040 " I "
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10 2 10 3
Zündenergie E [mJ 1
Abb. 1.203. Erbsenmehl: Einfluß der Anzahl der Versuche/Energie auf die Mindestzünd-
energie (zündwilligste Staubkonzentration)

daß Zu schaltung von Induktivitäten in den Entladekreis im Bereich von


L = 1,32 - 46,4 mH keinen Einfluß auf die Mindestzündenergie brennbarer
Stäube hat. Die Mindestzündenergie von Melamin Polymer "ohne Induktivi-
tät" konnte nicht bestimmt werden, weil die Zündanordnung mit E = 100 J
nach oben begrenzt war.
Es wurde bereits an anderer Stelle (s. Abb. 1.158) darauf hingewiesen, daß
die Turbulenz der Staub/Luft-Gemische von wesentlichem Einfluß auf das Ex-
plosionsgeschehen ist. Dies gilt auch für die Zündwirksamkeit von zeitlich ge-
dehnten Kondensatorentladungen. Das z. zt. einzige Maß für die 'TIubulenz
von Staub/Luft-Gemischen in geschlossenen Explosionsbehältern ist die Zünd-
verzögerungszeit t y zwischen dem Beginn der Staubeingabe und dem Wirk-
214 3 Brennbare Stäube

übliche Indyktiviti;it
f
1)6 I I

I
I Melcmin
10 5 -
I
I
10 4 ~ -
I
......
E
~~
10 3 -
I Erbsel'/11ehl
Iß ß--
w 10 2 -
N I. ß
~
d
10 1

10 0 'I"'" ~ I
02550
Induktivität L ImHl
Abb. 1.204. Einfluß der Induktivität L im Entladekreis
auf die MindestzÜDdenergie MZE brennbarer Stäube

samwerden der Zündquelle: Kurze Zündverzögerungszeiten bedingen eine ho-


he, lange Zündverzögerungszeiten eine niedrige Gemischturbulenz. Nach dem
bisherigen Erkenntnisstand kann zwar eine angenäherte Angabe der Staubkon-
zentration nur bei der vom Volumen des Explosionsgefäßes abhängigen Zünd-
verzögerungszeit für die Explosionskenngrößenbestimmung gemacht werden;
neuere Untersuchungen, auf die an späterer Stelle näher eingegangen wird, ha-
ben jedoch ergeben, daß die Konzentration sich nicht wesentlich ändert, wenn
die Zündverzögerungszeit in dem bei Staubuntersuchungen üblichen Rahmen
verändert wird.
In Abb. 1.205 ist für Lycopodium die Zündenergie E abhängig von Zündver-
zögerungszeit tv und Staubkonzentration für die 201-Laborapparatur darge-
stellt. Man erhält, wie bei den Brenngasen (Abb. 1.75 -1.77), einen parabelför-
migen Zusammenhang zwischen der Zündenergie E und der Staubkonzentra-
tion, der mit zunehmender Zündverzögerungszeit verflacht. Ferner steigt die
zündwilligste Staubkonzentration mit abnehmender Thrbulenz an. Die Min-
destzündenergie MZE nimmt dagegen hyperbolisch ab. Dies konnte durch Ver-
suche mit 5 weiteren Stäuben bestätigt werden (Abb.1.206, obere Abszisse).
Praktisch die gleiche Abhängigkeit wird im 1 m3-Behälter (Abb. 1.206, untere
Abszisse) erhalten, wenn entsprechend höhere Zündverzögerungszeiten ge-
wählt werden. Dies bedeutet, daß die Mindestzündenergie brennbarer Stäube
in beiden Prüfapparaturen im Rahmen der Versuchsgenauigkeit überein-
stimmt.
3.3 Aufgewirbelter Staub 215

ImJ]
o0 co 8 Basis: 5 NichtzündungEll
tv=40ms
e ..... Basis:20 Nichtzündungen
10'

V
10 3
W
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....
(l) 10 1
C
(l)
U
C
:~
N 10'

10°
0 500 1000

Staubkonzentration

Abb. 1.205. Lycopodium: Zündenergie E als Funktion der Zündverzögerungszeit t v und der
Staubkonzentration (201-Laborapparatur)

e"O"".---e
[mJ] o Lichtschutzmittel
EI Lycopodium
.!> Cellulose
o Erbsenmehl \. ' "
e Fettkohle

EI A\ (!]

0\ \8~""
\~
.!>_.!>_~

\ ~ 8

o 50 100
20 Itr.- Laborapparatur
I I
o 0,5 1,0 es]
1 m3 - Behälter
Zündverzögerungzeit t v

Abb. 1.206. Mindestzündenergie MZE als Funktion der Zündverzögerungszeit in Behältern


unterschiedlicher Volumina

Interessant ist ferner die Feststellung (Abb. 1.206), daß speziell bei den leicht
entzündlichen Produkten (MZE:o:; 10 mJ) der Energiegrenzwert zunächst un-
abhängig von der Zündverzögerungszeit ist und erst bei höherer Gemischtur-
bulenz ansteigt.
216 3 Brennbare Stäube

Niedrigstwerte für die Mindestzündenergie brennbarer Stäube in geschlosse-


nen Behältern stellen sich also bei Zündverzögerungszeiten ein, die deutlich
über der Prüfzündverzögerungszeit für die Explosionskenngrößen liegen. In
der 201-Laborapparatur hat daher die Bestimmung dieses Wertes bei einer
Zündverzögerungszeit von t v = 120 ms zu erfolgen, im 1 m3-Behälter bei einer
solchen von t v = 1,2 s in Verbindung mit 5,41-Staubvorratsbehältern. Vorrats-
behälter mit einem Volumen von 10 I benötigen eine Zündverzögerungszeit von
t v = 1,8 s.
Glarner [67] hat zwar nachgewiesen, daß der Elektrodenwerkstoff (Wolf-
ram, rostfreier Stahl, Messing, Aluminium, Blei) keinen nennenswertem Ein-
fluß auf das Zündverhalten brennbarer Stäube nimmt; zunehmender Abstand
der Hauptelektroden vermindert jedoch die Mindestzündenergie brennbarer
Stäube (Abb. 1.207). Dies gilt auch für steigenden Elektrodendurchmesser.
Bei kritischer Betrachtung der in der Literatur angegebenen Meßwerte für
die Mindestzündenergie von brennbaren Stäuben fällt auf, daß häufig Anga-
ben über den Medianwert M bzw. die Kornverteilung fehlen. Auf diese Weise
entsteht der Eindruck, daß diese Parameter von keinem nennenswertem Ein-
fluß sind. Dies ist nicht der Fall (Abb. 1.208): Je feiner ein Staub ist, um so
leichter lassen sich seine Gemische durch eine zeitlich gedehnte Kondensator-

[mJ]
Optische
......... Aufheller
.......
10 6 10 5

10 5 , I Melomin
• w
N
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10 4

Q)
"", Polyäthylen
'Xl 4 L.
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I
10 1
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• ~y«px:lilJTl
10 0
0 5 6
Elektrodenabstand
Abb.l.207 Abb.l.208

Abb.l.207. Einfluß des Elektrodenabstandes auf die Mindestzündenergie MZE brennbarer


Stäube
Abb. 1.208. Mindestzündenergie MZE brennbarer Stäube als Funktion des Medianwertes M
3.3 Aufgewirbelter Staub 217

entladung entzünden. Bei Aluminium, Polyethylen und Klärschlamm (fallender


organischer Anteil vermindert, zunehmender erhöht den Energiegrenzwert
[142]) ändert sich deren Entzündbarkeit mit der 3. Potenz des Medianwertes.
Damit wurde die Modellrechnung von Kalkert [153] bestätigt. Dies gilt nicht für
den optischen Aufheller, dessen Mindestzündenergie mittels pyrotechnischer
Zünder mit abgestuften Energien bestimmt wurde. Diese Zündart hat eine ande-
re Zündwirksamkeit (Abb. 1.64 und 1.155) als zeitlich gedehnte Kondensatorent-
ladungen. Um das Zündverhalten eines brennbaren Staubes zu charakterisieren,
ist es daher notwendig, seinen Feinstaubanteil (M -10 f.Lm) zu prüfen.
Umfangreiche systematische Untersuchungen der Mindestzündenergie von
Flock [132] haben in Analogie zu den brennbaren Stäuben ergeben, daß eben-
falls ein parabelförmiger Zusammenhang zwischen der Zündenergie und der
Flockkonzentration besteht (Abb. 1.209), der zusätzlich von Gemischturbulenz
beeinflußt wird. Niedrige Turbulenz, d.h. eine erhöhte Zündverzögerungszeit,
ergibt Niedrigstwerte für den Energiegrenzwert. Wird anstelle des Medianwer-
tes M das Produkt aus Titer und Schnittlänge als Vergleichsgröße verwendet,
dann besteht, wie bei den brennbaren Stäuben, ein linearer Zusammenhang zur
Mindestzündenergie MZE von Flock. Flockart (Schnitt- oder Mahlflock) oder
Faserart sind hier von untergeordneter Bedeutung.
Zeeuven und van Laar [154] haben in der modifizierten Hartmann-Appara-
tur (Abb. 1.151) den Einfluß untersucht, den die Wasserfeuchte der Stäube auf
die Mindestzündenergie nimmt. Sie haben gefunden (Abb. 1.211), daß speziell

10 3

<i
I
7 I
10 2 I I
-.. " mittlere Turbulenz I
I •
\
\
I
I
u.J \ I
10 1
Q)
"Öl
'tY
'- o Schnittflock 5
Q)
cQ) [:, Mahl flock :gc
10°
j
"Cl
C
:::J
N
~c
10-1 ~
1,6 dtex·mm

10-2 10-2"'""----"'-----..1--1-
0 500 1000 o 5,0 10
Flock -Konzentration [g/m 3 ) Titer x Schnittlönge [dtexmmJ
Abb.1.209 Abb.• 1.210

Abb. 1.209. Zündenergie E als Funktion der Thrbulenz und der Flockkonzentration
Abb. 1.210. Mindestzündenergie MZE von Flock als Funktion des Produktes aus Titer und
Schnittlänge
218 3 Brennbare Stäube

bei höherem Wassergehalt dieser deutlich ausgeprägter sein kann als der Ein-
fluß des Medianwertes (Abb. 1.208). Siwek [130] stellte in der 20 I-Laborappa-
ratur (Abb. 1.163) bis zu einer Feuchte von F = 10 Gew.OJo einen linearen Zu-
sammenhang zur Mindestzündenergie MZE fest (Abb. 1.212), der sich für die-
sen Bereich auch aus Abb. 1.211 andeutet. Das Zündverhalten der brennbaren
Stäube muß daher mit auf Gewichtskonstanz getrockneten Produkten unter-
sucht werden.
Aus vorangegangenen Ausführungen lassen sich die folgenden Untersu-
chungsbedingungen für die Bestimmung der Mindestzündenergie brennbarer
Stäube ablesen:
gespitzte Elektroden aus rostfreiem Stahl von 2 mm Durchmesser,
Abstand der Hauptelektroden: 6 mm,
Induktivität im Entladekreis: L ~ 1,32 mH,
kein zusätzlicher Widerstand im Entladekreis und
auf Gewichtskonstanz getrockneter Feinstaub (M - 10 ~m).
Abbildung 1.213 zeigt, daß in diesem Fall die Zündwilligkeit der brennbaren
Stäube das statistische Übergangsgebiet für die Zündwahrscheinlichkeit beein-
flußt. Das genannte Gebiet erweitert sich also mit steigendem Energiegrenz-
wert und kann bei sehr schwer entzündlichen Produkten (MZE> 100 J) sogar
drei Energiedekaden betragen. Dies gilt auch für die Mindestzündenergie von
Flock (Abb. 1.214). In Analogie zu den brennbaren Stäuben erweitert sich die-
ses Gebiet mit steigender Mindestzündenergie. Dies macht nochmals deutlich,
warum für die Prüfung von brennbaren Produkten auf Explosionsfähigkeit die
erwähnten hohen Prüfenergien (E = 10 kJ) angewendet werden müssen.

[mJ]
[mJ]

• Mais
• Mehl
... Tapioca
10°'--_....1_---'1'--_..J..1_---' 10°'----'---'----'---'----'
o 5 10 15 [Gew%l o 4 6 B [G~w·I.]
Wass~rf~ucht~ Wass~rf~ucht~

Abb.l.211 Abb.l.212
Abb. 1.211. Mindestzündenergie MZE brennbarer Stäube als Funktion der Feuchtigkeit (mo-
difizierte Hartmann-Apparatur)
Abb. 1.212. Mindestzündenergie MZE brennbarer Stäube als Funktion der Feuchtigkeit
(201-Laborapparatur)
3.3 Aufgewirbelter Staub 219

~ 100
~
1ii
..lc:
[%J
J::.
u
~ • Antioxicbnt (EHImin = 1mJ
~ 50
u • Lycopodium .. = 2 ..
III
<- • Cellulose = 10 ..
J::. • Erbsenmehl =100"
~
"0 o Hindestzündenergie MZE
C
:~

N Ol~~~~--~----.---~r----r----.---~
10-3 10-2 10-1 10 0 101
Zündenergie E [J ]
Abb. 1.213. Einfluß der Mindestzündenergie brennbarer Stäube (Zündenergie E) auf das sta-
tistische Übergangsgebiet für die Zündwahrscheinlichkeit

.....
~
J::.
u
~
~ 50
u
III
<-
J::.
d
3
"0
C

-----...J OMroestzünd-
:~
N i } - - - - ( l I } - - - { . I I I - - - - - - G I)..
10 4 energie MZ E
10°
Zündenergie E
Abb. 1.214. Einfluß der Mindestzündenergie von Flock (Zündenergie E) auf das statistische
Übergangsgebiet für die Zündwahrscheinlichkeit

Tabelle 1.43 gibt Hinweise für die Mindestzündenergie MZE brennbarer


Stäube und enthält zusätzlich die Explosionskenngrößen. Weitere Angaben
sind [143] zu entnehmen. Die Mindestzündenergie brennbarer Stäube erstreckt
sich damit nach dem heutigen Erkenntnisstand über einen sehr breiten Ener-
giebereich (0,01 mJ ::5 MZE::5 500.103 mJ), und es besteht kein Zusammen-
hang zum maximalen Explosionsdruck Pmax bzw. zur staubspezifischen Kenn-
größe Kst . Es gibt Stäube, die nach Einleitung einer Explosion zwar schwach
reagieren, aber entweder einen sehr niedrigen (Netzschwefel) oder einen sehr
hohen (Aktivkohle) Energiegrenzwert haben. Dies gilt auch für sehr heftig rea-
gierende Stäube. Bromphenoxim ist sehr schwer, Aluminium dagegen sehr
leicht durch eine zeitlich gedehnte Kondensatorentladung zur Explosion zu
220 3 Brennbare Stäube

Tabelle 1.43. Mindestzündenergie MZE und Explosionskenngrößen brennbarer Stäube

Staub art M Pmax KSt MZE


[11m] [bar] [bar·m·s- I ] [mJ]

Aktivkohle <10 7,3 72 500'103


Bromphenoxim <20 11,9 342 250'103
Tinopal 43 6,8 69 80'103
Zichorie 40 8,5 157 100
Erbsenmehl, grün 27 9,1 109 100
Klärschlamm (76"10 org. Anteil) 89 7,5 71 50
Maisstärke -10 9,0 200 10
Paraformaldehyd 19 9,6 405 5
Wachs <20 8,4 185 5
Polyester 35 7,8 140 5
Celluloseacetat 31 7,5 116 5
Beschichtungspulver (60"10 anorg. Anteil) 40 5,6 90 5
Herbizid 21 8,4 168 2
Lycopodium 32 7,0 134 2
Antioxidant 18 9,0 214 1
Epoxidharz 27 7,5 161 1
Polyurethan 29 7,8 150 1
Aluminium <10 11,4 625 -0,1
Netzschwefel 31 6,1 116 -0,01

bringen. Die Mindestzündenergien von Aluminium und von Netzschwefellie-


gen in der Größenordnung derjenigen von Propan und Butan bzw. derjenigen
von Wasserstoff (s. Thbelle 1.21).
Auch die Mindestzündenergien der sogenannten "transparenten Beschich-
tungspulver" [131] sind relativ gering, und der Energiegrenzwert von Polyester-
harz wird durch Zusatz von Aluminiumpulver wie erwartet herabgesetzt
(Abb. 1.215).
In Tabelle 1.44 sind die Explosionskenngrößen von Flock den gemessenen
Mindestzündenergien gegenübergestellt. Wie die Darstellungen in Abb. 1.179
und 1.210 erwarten lassen, fällt die Explosionsheftigkeit und steigt die Min-
destzündenergie mit zunehmendem Produkt aus Titer und Schnittlänge.
Abbildung 1.216 zeigt die Häufigkeit der gemessenen Mindestzündenergien
von ca. 200 untersuchten Stäuben, die für einen großen Teil (- 350/0) in der
Größenordnung von MZE s 10 mJ liegen. Die Häufigkeit nimmt mit fallender

Tabelle 1.44. Mindestzündenergie und Explosionskenngrößen von Flock

Titer x I [dtex' min] Pmax [bar] KSt [bar.m.s -I] MZE [J]

0,54 9,0 140 0,020


1,7 8,4 88 0,200
3,3 7,5 52 4,000
6,7 6,3 21 > 100
3.3 Aufgewirbelter Staub 221

100 I

10- D ...

~
--. ohne Alumini.m
E
mit 6 %. Alumirlum
Z",,;sclU1g

w n- -
N
~ C ll. Basis: 5 NichtzüncI.Jngen
• .\ .. :20 ..

_L
0,11------'-------1
o 1000 2000
Staubkonzentration [g/m 3]
Abb. 1.215. Einfluß von Aluminiumzusatz auf die Mindestzündenergie MZE von Polyester

MZE [mJ]
Abb. 1.216. Häufigkeit der Mindestzündenergie MZE von ca. 200 untersuchten
brennbaren Stäuben

Entzündbarkeit zunächst ab, um dann erneut anzusteigen. Letzteres scheint


nach bisherigen Erkenntnissen für Mischungen aus leicht und schwer entzünd-
lichen Stäuben bzw. für Mischungen aus organischen und anorganischen Stäu-
ben zu gelten.
Aufgrund der bisherigen Ausführungen ist die Bedeutung der Mindestzünd-
energie brennbarer Stäube für sicherheitstechnische Beurteilungen unbestrit-
ten; ihre Bestimmung bedarf jedoch eines hohen Versuchsaufwandes. Es galt
daher zu prüfen, ob man nicht auf eine einfachere Weise zu einer Aussage
kommt, zumal kein Zusammenhang zwischen den Explosionskenngrößen und
222 3 Brennbare Stäube

[bar)

8
~
u
~!IJ
c:
.12 4
!IJ
-§.
)(
W

0
t2
0 25 50 75 100 [ms)
Zeit
Abb.1.217. Definition der Zeitkenngrößen

der Mindestzündenergie (Thbelle 1.43) erkennbar ist. Aufgrund früherer Unter-


suchungen [155, 156] wurde von Schmalz vorgeschlagen, nach einem Zusam-
menhang zwischen der Mindestzündenergie und der Induktionszeit bzw. der
Verbrennungsdauer zu suchen. Dieser tatsächlich gefundene Zusammenhang
wurde von Pellmont [151] für den 1 m 3-Behälter und von Glarner [67] für die
201-Laborapparatur für solche Produkte bestätigt, deren Explosionskenngrö-
ßen (Pmax' Kst) von der Zündenergie (Abb. 1.197 -1.199) unabhängig sind. Die
Zeitkenngrößen sind wie folgt definiert (Abb. 1.217):
Die Verbrennungsdauer t 1 ist die Zeit zwischen dem Entzünden eines Ge-
misches und dem Überschreiten des Druckmaximums einer Staubexplo-
sion.
Die Induktionszeit t2 ist diejenige Zeit, die zwischen der Gemischentzün-
dung und dem Schnittpunkt der Tangente maximaler Steigung mit der Ab-
szisse, dem Ausgangsdruck für eine Staubexplosion, vergeht.
Die oben definierten Zeitkenngrößen gelten grundsätzlich für jede beliebige
Staubkonzentration. In den folgenden Ausführungen sind jedoch immer die
Minimalwerte (tl min' t 2min) gemeint.
Für eine Groß~ahl v~n brennbaren Stäuben, die im 1 m3-Behälter und in
der 201-Laborapparatur untersucht wurden, konnte tatsächlich nachgewiesen
werden (Abb. 1.218), daß in doppeltlogarithmischer Darstellung ein eindeutig
linearer Zusammenhang zwischen der Mindestzündenergie MZE und der mini-
malen Induktionszeit bzw. der minimalen Verbrennungsdauer besteht, wenn
die Werte der zuletzt genannten Zeitkenngrößen auf die übliche Prüfzündver-
zögerungszeit (tv = 0,6 s bzw. tv = 60 ms) und Prüfzündenergie (E = 10 kJ) für
die Explosionskenngrößen bezogen werden. Liegen diese Kenngrößen in der
1 m3_ oder 201-Prüfapparatur unterhalb von 50 ms, so kann angenommen
werden, daß der Staub sehr leicht entzündlich ist. Ähnliche Zusammenhänge
bestehen auch für eine erhöhte Prüfzündverzögerungszeit (niedrige Turbu-
lenz). Aus diesem Grunde besteht, ähnlich wie bei den brennbaren Stäuben,
3.3 Aufgewirbelter Staub 223

[mJI [mJlr-------------o------~

1m3 Großapparatur I
tv = 0,6 s II
°1
::: /
o

102

/
c
W
N
~ 10 1
,
o

I
D
o
I
o

I
,I o
I 201- loborapparatur

-1 I I I
I
I -1
,I tv= O,06s

101~0--~Z5~-~~~no----2~~--[m~sl 10 1L,-0----:J~-"L,.----L...-----I---J

Minimale Induktionszeit t min z, Minimale Verbrennungsdauer t 1. min

Abb. 1.218. Zusammenhang zwischen der Mindestzündenergie brennbarer Stäube und der
minimalen Induktionszeit t 2,min im 1 m 3-Behälter bzw. der minimalen Verbrennungsdauer
tt,min in der 201-Laborapparatur

10 4

10 3
--,

10 2

w
N
10 1
2:

10 0

10-1

10-2
50 100 200 300 400
Induktionszeit t2 [msl
Abb. 1.219. Zusammenhang zwischen Mindestzündenergie MZE von Flock und minimaler
Induktionszeit t 2•min im 1 m 3-Behälter (niedrige Gemischturbulenz)
224 3 Brennbare Stäube

auch für Flock in doppeltlogarithmischer Darstellung ein linearer Zusammen-


hang zwischen der minimalen Induktionszeit t 2,min und der Mindestzündener-
gie MZE (Abb. 1.219), der es ebenfalls erlaubt, den Energiegrenzwert auf ein-
fache Weise abzuschätzen [132].
Zusammenfassend ist festzustellen: Bei der Mindestzündenergie handelt es
sich um eine Ordnungsgröße, die es erlaubt, das Zündverhalten brennbarer
Stäube (von Flock) gegenüber gemäß Definition [152] zeitlich gedehnten Kon-
densatorentladungen zu vergleichen. Die Untersuchungen haben im Gegensatz
zu früheren Annahmen ergeben, daß sich eine nicht unerhebliche Anzahl von
brennbaren Stäuben sehr leicht entzünden läßt (Abb. 1.216). Daher besteht
kein wesentlicher Unterschied zum Mindestzündenergiebereich der Brenngase
bzw. brennbaren Dämpfe (Abb. 1.220).
Die bisherigen Ausführungen zur Mindestzündenergie beziehen sich auf
Normalbedingungen, d.h. auf Normaldruck und Raumtemperatur. Es stellt
sich nun die Frage, welchen Einfluß zusätzliche Parameter haben.
Vogl [157] untersuchte in einem pneumatischen Fördersystem DN 200, wie
sich die Fördergeschwindigkeit VF auf die Mindestzündenergie von Maisstärke
auswirkt (Abb. 1.221). Es wurde wiederum der bekannte parabelförmige Zu-
sammenhang zwischen der Staub konzentration und der Zündenergie E erhal-
ten, die mit zunehmender Fördergeschwindigkeit bei konstanter zündwilligster
Staub konzentration ansteigt.

Melamin
[mJ]

10 4 Methylenchlorid
Trichlorethon

10 3
w
N
:;:
.~ 2 Erbsenmehl
(Jl 10
L..
<ll
C Maisstaerke
<ll Ammoniak Flock
"0
10 1
C
::::3
...,N Lycopodium
(Jl
<ll
10 0 Antioxidantien
"0
c Methan
5i Propan
10- 1 Aluminium

10- 2 Wasserstoff
Schwefel-
kohlenstoff

10- 3 LJ LJ
Gasel brennbare
Dämpfe Stäube

Abb. 1.220. Vergleich der Mindestzündenergien von brennbaren Stäuben und Brenngasen
(brennbaren Dämpfen) (Normalbedingungen)
3.3 Aufgewirbelter Staub 225

[mJ]
.§[ m/s
o'
,;;1
00 VF'=15
VF'=20
8 VF'=25
m/s
m/s
1250 ~i I!l VF'=32 m/s

:31
W
1000 00.·'" =MZE
Q) ~I··
c:n
L
Q) ~I

~~()
c 750

1:/
Q)

"c
::::J
N
500 :~A
250
,\::0,-1
o ,--"
0
""'--,,0

2 3 4
Stau b kon zen tra t ion sb erei eh

100-150 330-380 [g/m 3 ]


200-250 400-460

Abb. 1.221. Zündenergie E von Maisstärke in einem pneumatischen Fördersystem DN 200


als Funktion der Staub konzentration und der Fördergeschwindigkeit vF

[mJ]
w
N
::E
.~
375
c:n
L
Q)
C
Q) 250
" C
::::J
N
......
(f)
Q)
125

"c
::E OL-__~__~____~__~~~
10 15 20 25 30 [m/s]
Fördergesehwindigkeit VF
Abb. 1.222. Mindestzündenergie MZE von Maisstärke in einem pneumatischen Fördersy-
stern DN 200 als Funktion der Fördergeschwindigkeit vF

Abbildung 1.222 zeigt den gemessenen Zusammenhang zwischen der Min-


destzündenergie MZE und der Fördergeschwindigkeit VF im Vergleich zu der
nach Vorschrift bei niedriger Gemischturbulenz gemessenen Mindestzündener-
gie. Sie steigt bei Fördergeschwindigkeiten von VF> 10 m/s zunächst exponen-
tiell an, um sich anschließend verflachend linear zu verändern. Es besteht hier
226 3 Brennbare Stäube

eine Parallele zum Verhalten der Mindestzündenergie in geschlossenen Behältern


(Abb. 1.206), deren Zunahme bei den leicht bis normal entzündlichen Stäuben
(Lichtschutzmittel, Lycopodium, Cellulose) ebenfalls erst von einer bestimmten
Gemischturbulenz an (Zündverzögerungszeit 4) zu beobachten ist.
Als Grund für das Ansteigen der Mindestzündenergie mit zunehmender
Fördergeschwindigkeit muß angesehen werden, daß sich das die Zünd quelle
umgebende Gemisch nicht "quasi in Ruhe" (niedrige Gemischturbulenz) befin-
det, sondern mehr und mehr bewegt ist. Daher kann sich kein ungestörtes Tem-
peraturgefälle ausbilden. Das vorbeiströmende Staub/Luft-Gemisch führt
Wärmeenergie ab, und die zur Entzündung erforderliche Mindestzündenergie
steigt.
Ein weiterer Parameter, der einen wesentlichen Einfluß auf das Zündverhal-
ten brennbarer Stäube nimmt, ist die Temperatur. Für entsprechende Untersu-
chungen wurde eine beheizbare 201-Laborapparatur entwickelt (Abb. 1.223),
die das Arbeiten bei Betriebstemperaturen bis 250°C ermöglicht. Der Ver-
suchsablauf ist der gleiche, wie in Abb. 1.164 dargestellt. Jedoch ist zu beach-
ten, daß je nach Versuchstemperatur die erforderliche Vorevakuierung unter-
schiedlich ist, z. B.:
- bei einer Versuchstemperatur von 100°C: pv = 380 mbar bzw.
- bei einer Versuchstemperatur von 200 °C: pv = 250 mbar.
Durch diese Maßnahme ist sichergestellt, daß, unabhängig von der Versuchs-
temperatur, die Einleitung der Staubexplosionen grundsätzlich bei Normal-
druck erfolgt.
Glarner [67] untersuchte das Zündverhalten einer Reihe von brennbaren
Stäuben unterschiedlicher Herkunft und hat beobachtet (Abb. 1.224), daß mit

Abb. l.223. Beheizbare 201-Laborapparatur für die Bestimmung der Mindestzündenergie


brennbarer Stäube bei überhöhter Thmperatur
3.3 Aufgewirbelter Staub 227

steigender Temperatur die Mindestzündenergie von schwer entzündlichen


Stäuben (z. B. Melamin) deutlich stärker abnimmt als bei ohnehin leicht ent-
zündlichen Produkten (z. B. Lycopodium). Er stellte fest, daß sich die in dop-
peltlogarithmischer Darstellung ergebenden Geraden in einem Punkt treffen,
der durch die Koordinaten (1ooooe, 0,088 mJ) gegeben ist. Der auf eine Tem-
peratur von 1000 oe bezogene Energiegrenzwert aller untersuchten Stäube be-
trägt damit übereinstimmend MZE = 0,088 mJ.
Da aus heutiger Sicht, wie eingangs bemerkt, der Mechanismus einer Staub-
explosion grob als Abbrand der flüchtigen Bestandteile an der Kornoberfläche
erklärt werden kann (s. Kap. 3.3.1), bedeutet Glarners Interpretation, daß die
ausgetriebenen Schwelgase ein ähnliches Zündverhalten gegenüber zeitlich ge-
dehnten Kondensatorentladungen haben. Dies ist eine Parallelität zum Zünd-
verhalten der homologen Brenngase der Alkane, die ebenfalls eine ähnliche
Mindestzündenergie (MZE = 0,24-0,31 mJ) haben.
Die in Abb. 1.218 dargestellten Abhängigkeiten gelten auch bei Veränderung
der Temperatur. Um eine Bestimmung der Zeitkenngrößen bei erhöhter Tempe-
ratur zu vermeiden, ist es gemäß Abb. 1.224 einfacher, die Temperaturabhän-
gigkeit der Mindestzündenergie eines Staubes durch eine Gerade wiederzuge-
ben, die durch die Koordinaten {25 oe, MZE) und {1ooo oe, 0,088 mJ) gekenn-
zeichnet ist. Dies ist eine einfache und sehr rasche Methode, um die Energiede-
kade, in der die Mindestzündenergie eines brennbaren Produktes liegt, mit ge-
ringem Aufwand zu bestimmen.

10 6
o Melamin
6. Klärschlarrrn
10 5

10 4

10 3
-.
.s 10 2
lJ.J
N
2
10 1

10 0

10-1

10-2
10 'KlO [OCI
Tempemtur T
Abb. 1.224. Einfluß der Temperatur T auf die Mindestzündenergie MZE brennbarer Stäube
228 3 Brennbare Stäube

Abbildung 1.225 zeigt für einen leicht (Lycopodium), für einen normal (Erb-
senmehl) und für einen schwer entzündlichen Staub (Melamin-Polymer) den
Zusammenhang zwischen dem Vordruck Pv und der Mindestzündenergie
MZE. Für den Vordruckbereich (Pv = 1-1,6 bar(abs.» ist kein Einfluß fest-
stellbar, während im Unterdruckbereich (Pv< 1 bar(abs.» die Zündwilligkeit
der Stäube abnimmt. Dies ist verständlich, weil sich auch mit abnehmendem
Vordruck die zündwilligste Staub konzentration vermindert, was eine Zunahme
des Energiegrenzwertes erwarten läßt. Im Falle von Melamin konnte zwar we-
gen Überschreitens der maximalen Energie der Zündanordnung eine solche
Einflußnahme nicht festgestellt werden, dennoch kann man annehmen, daß
bei einer weiteren Verminderung des Vordruckes (Pv < 0,6 bar(abs.» die Min-
destzündenergie ebenfalls ansteigt [67J.
1reten also in Anlagen mit brennbaren Stäuben natürliche Schwankungen
um den Normaldruck auf, so braucht bei Sicherheitsbetrachtungen eine Verän-
derung ihres Zündverhaltens nicht berücksichtigt zu werden.
Die bisherigen Ausführungen beziehen sich auf die Zündwirksamkeit von
zeitlich gedehnten Kondensatorentladungen, die durch Zuschalten einer In-
duktivität in den Entladekreis erzeugt werden. Glarner zeigt (Abb. 1.204), daß
durch diese Maßnahme die Mindestzündenergie der von ihm untersuchten
Stäube gegenüber dem Zustand "ohne Induktivität im Entladekreis" deutlich
herabgesetzt wird. Dies gilt auch für die Mindestzündenergie des feinen und
relativ leicht entzündlichen Acryl-Flocks [132J, die bei Vorhandensein einer In-
duktivität im Entladekreis um 2 Energiedekaden niedriger ist (Abb. 1.226).
10 6 r - - - - - , - - - - - - - ,

384
,
._.~~;O
ohne Induktivität

~ 10 0

~bsenmeh~

10 1
0,02

100!------!----~ 10-2 L--_ _ _' - -_ _----'


o 1 2 o 500 1000
Pv [bar,absl Flock-Konzentration Ig/m 3]
Abb.l.225 Abb.l.226
Abb. 1.225. Mindestzündenergie MZE brennbarer Stäube als Funktion des Vordruckes Pv
Abb. 1.226. Einfluß der Induktivität im Entladekreis auf die Mindestzündenergie von Acryl-
Flock (0,6 dtex/O,9 rnrn)
3.3 Aufgewirbelter Staub 229

Aus diesen Untersuchungen könnte die Schlußfolgerung gezogen werden,


daß reine Kondensatorentladungen sehr viel weniger zündwirksam in
Staub/Luft-Gemischen sind als zeitlich gedehnte. Es stellt sich daher die Frage
nach der Allgemeingültigkeit dieser Aussage. Die Beantwortung dieser Frage-
stellung ist insbesondere für die Beurteilung der Zündwirksamkeit von elektro-
statischen Entladungen von großem Interesse, weil deren zeitlicher Ablauf eher
mit demjenigen einer rein kapazitiven Kondensatorentladung vergleichbar ist.
Zur Überprüfung wurde für eine ganze Anzahl von brennbaren Stäuben die
Mindestzündenergie nach Vorschrift [152], jedoch mit Induktivität (untere
Meßgrenze: 1 mJ) und ohne Induktivität im Entladekreis (untere Meßgrenze
2 mJ bei Normalbedingungen) bestimmt. Das Ergebnis ist in Thbelle 1.45 zu-
sammengefaßt.
Es gibt also brennbare Stäube (Erbsenmehl-+Polyurethan), deren Gemische
sich durch rein kapazitive Kondensatorentladungen, wie bisher vermutet, ein-
deutig schwerer entzünden lassen als durch zeitlich gedehnte Entladungen, ge-
folgt von Produkten, bei denen die Funkendauer nur einen geringen (Epoxid-
harz) oder vermutlich keinen Einfluß auf die Mindestzündenergie (Antioxi-
dant-+Netzschwefel) hat.
Die Gemische der zuletzt genannten Staubgruppe sind als besonders leicht
entzündlich anzusehen. Antioxidanten, die bei der Brennprüfung die Brenn-
zahl 2 (kurzes Anzünden und rasches Verlöschen) ergaben, lassen sich an der
Produktoberfläche durch rein kapazitive Kondensatorentladungen in der Grö-
ßenordnung der Mindestzündenergie entflammen (Abb. 1.227).
Diese neue Feststellung, daß Stäube ähnlich leicht entzündbar wie Brenn-
gase (Methan, Propan, Wasserstoff) sein können, macht ein Überdenken der
Sicherheitsphilosophie bezüglich der Anwendung der Schutzmaßnahme ,;Ver-
meiden von wirksamen Zündquellen" [7] im Zusammenhang mit sehr zünd-

Tabelle 1.45. Mindestzündenergie brennbarer Stäube mit und ohne Induktivität im Entlade-
kreis (Normalbedingungen)

Meßanordnung Mit Induktivität Ohne Induktivität

Staubart M hlm] MZE [mJ]

Erbsenmehl 50 100 2000


Maisstärke <10 10 500
Technocel 27 10 500
Polyester 35 5 10
Lycopodium 22 2 20
Chlortoluron 45 2 10
Herbizid 21 2 10
Polyurethan 29 1 10
Epoxidharz 27 1 5
Antioxidant 18 1 <2
4-Hydroxyazobenzol <20 <1 <2
Aluminium <10 <1 <2
Netzschwefel 31 <1 <2
230 3 Brennbare Stäube

Abb.l.227. Entzündung der Produktoberfläche eines Antioxidanten durch eine kapazitive


Kondensatorentladung (E = 10 mJ)

freudigen Produkten notwendig, wenn die Mindestzündenergie bei Anwen-


dung zeitlich gedehnter und rein kapazitiver Kondensatorentladungen
MZE<10mJ ist.

3.3.7 Zündtemperatur

Die Kenngröße "Zündtemperatur Tz" beschreibt das Zündverhalten des auf-


gewirbelten Staubes an heißen Flächen. Sie ist definiert als die niedrigste Tem-
peratur an einer solchen Fläche, an der das zündwilligste Gemisch des betref-
fenden Staubes mit Luft gerade noch entzündet wird [7,158J.
Heiße Oberflächen sind nach dem bisherigen Erkenntnisstand zu 6% als
wirksame Zündquelle an den in der Praxis auftretenden Staubexplosionen be-
teiligt (s. Abb. 1.139). Es hat sich ferner gezeigt, daß die Zündtemperatur und
die Mindestzündenergie für die
Beurteilung der Zündwirksamkeit von mechanisch erzeugten Funken in
Brennstoff/Luft-Gemischen,
Berechnung der Grenzspaltweite von ebenen parallelen Spalten sowie die
Abschätzung der Sauerstoff-Grenzkonzentration in Stickstoff
herangezogen werden können. Dies macht die Bedeutung der sicherheitstech-
nischen Kenngröße "Zündtemperatur" für die Beurteilung von Zündgefahren
in Industrieanlagen deutlich.
3.3 Aufgewirbelter Staub 231

Abb. 1.228. Godbert-Greenwald-Apparatur für die Bestimmung der Zündtemperatur Tz


brennbarer Stäube (schematische Darstellung). 1 Gestell, 2 Heizung, 3 Thermoelement,
4 Prüfraum, 5 Staubkammer, 6 Elektroventil, 7 Druckgefäß, 8 Absperrhahn

Für die Bestimmung der Zündtemperatur von brennbaren Stäuben stehen


die folgenden Prüfapparaturen zur Verfügung:
Der Godbert-Greenwald-Ofen (Abb. 1.228) besteht aus einem vertikal ange-
ordneten, elektrisch beheizten Quarzgut-Rohr. Eine kleine Staubmenge
(0,1- 3,5 g) wird mittels eines in Grenzen veränderlichen Luftstoßes
(V = 50- 300 cm3 , p = 1,1-1,6 bar(abs.» von oben in das Rohr von vorgege-
bener Temperatur eingeblasen. Bei Gemischentzündung ist unten am offenen
Ende des Ofens visuell ein Flammenaustritt zu beobachten.
Die Verweilzeit der Staub/Luft-Gemische im Godbert-Greenwald-Ofen ist
relativ kurz. Um sie zu verbessern, wurde eine Apparatur mit doppelt beheizter
Rohrlänge entwickelt. Durch diese Maßnahme wird i. allg. eine durchschnittli-
che Herabsetzung der Zündtemperatur um ca. 4,60/0 erreicht [158].
Eine weitere Apparatur für die Bestimmung der Zündtemperatur von aufge-
wirbeltem brennbarem Staub wurde von der Bundesanstalt für Materialprü-
fung (Berlin) entwickelt [159]. Sie ist unter dem Namen "BAM-Ofen" bekannt
geworden (Abb. 1.229).
Diese Apparatur besteht im wesentlichen aus dem waagrecht gelagerten
Rohrofen mit Explosionsklappe. Der zu prüfende Staub, etwa 1- 2 ml, wird
mittels eines Gummigebläses von Hand gegen die erwärmte parabolische Prall-
fläche geblasen. Thermoelemente messen während des Versuchs die Tempera-
tur des Heizmantels und der Prallfläche. Die Meßgenauigkeit beträgt ±5%.
Bei den Zündversuchen wird in der Weise vorgegangen, daß der Ofen zunächst
auf eine Temperatur von 600 oe aufgeheizt wird. Dann wird die Heizung aus-
geschaltet und bei sinkender Temperatur in Schritten von 50 oe der Staub in
vorgegebener Menge eingeblasen. Tritt bei einer bestimmten Temperatur keine
Entzündung mehr ein (als Entzündung wird gewertet, wenn nach dem Anspre-
chen der Explosionsklappe Flammenaustritt (Abb. 1.230) zu beobachten ist),
232 3 Brennbare Stäube

Ol on H., .ung I ISOOW 1

Kla •

"'ollnoch.

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Abb.1.229. BAM-Apparatur für die Bestimmung der Zündtemperatur brennbarer Stäube


(schematische Darstellung)

Abb.l.230. Entzündung eines Staub/Luft-Gemisches im BAM-Ofen

dann wird der Ofen nochmals auf die nächste Stufe aufgeheizt und die Zünd-
temperatur wiederum bei sinkender Ofentemperatur in Schritten von 10°C be-
stimmt.
Niedrigstwerte für die Zündtemperatur werden nur dann erhalten, wenn die
beschriebenen Zündversuche mit systematisch abgestuften Staubmengen
durchgeführt werden. In diesem Fall sind die Meßwerte im BAM-Ofen im all-
gemeinen um durchschnittlich 6,71110 niedriger als in der normalen, und um
5,1 % niedriger als in der verlängerten Godbert-Greenwald-Apparatur [158].
3.3 Aufgewirbelter Staub 233

~==~ Staub

Explosionsklappe

Abb.l.231. Modifizierter BAM-Ofen (158) (schematische Darstellung)

Um die Vorzüge beider Apparaturen für die Bestimmung der Zündtempera-


tur zu vereinen und ihre Nachteile auszuschalten, wurde ein "modifizierter
BAM-Ofen" (Abb. 1.231) entwickelt [158].
Der Explosionsraum dieser Apparatur ist nicht mehr wie ursprünglich mit
dem Totvolumen verbunden und durch die Explosionsklappe gegen die Atmo-
sphäre abgeschlossen. Sie spricht erst bei Entzündung eines Staub/Luft-Gemi-
sches an, die durch ein zusätzlich im Explosionsraum angeordnetes Thermo-
element erkannt wird. Das Handgebläse wurde durch das Staubeinblassystem
des Godbert-Greenwald-Ofens (Abb. 1.228) ersetzt.
Die in der modifizierten BAM-Apparatur gemessenen Zündtemperaturen
liegen um durchschnittlich 4,1070 niedriger als im herkömmlichen BAM-Ofen
[158].
In beiden BAM-Apparaturen kann es durch abgelagerten Staub zu Schwel-
gasentstehung kommen, die oft als Ursache für die Entzündung angesehen
wird. Sie erfolgt jedoch im allgemeinen mit einer deutlichen zeitlichen Verzö-
gerung, so daß eine Fehlinterpretation der Zündtemperatur vermieden werden
kann. Bei der qualitativen Vorprüfung von Stäuben auf Explosionsfähigkeit in
der modifizierten Hartmann-Apparatur (Abb. 1.151) wird als Zündquelle eine
heiße Oberfläche in Form einer Glühwendel mit einer Thmperatur von
T Gl = 12OO°C (Abb. 1.232) zur Verschärfung der Zündbedingungen gegenüber
einem zunächst benutzten Induktionsdauerfunken eingesetzt [82].
Die aus Kanthal AL (Cr. Al. 20.5) bestehende Wendel hat einen Drahtdurch-
messer von 1,2 mm, was einem Querschnitt von 1,13 mm2 entspricht. Der
Draht ist gestreckt 470 mm lang und hat bei 20°C einen Leitungswiderstand
von 0,6 O. Die Wendel hat 10 Windungen mit einem Durchmesser von
13,5 mm und wird elektrisch beheizt. Glarner [67] hat durch systematische Ver-
suche nachgewiesen, daß keinerlei Zusammenhang zwischen der Glühwendel-
zündtemperatur und der Mindestzündenergie eines Staubes besteht
(Abb. 1.233). Der sehr leicht durch elektrische Funken zündbare Farbstoff B
(MZE = 1 mJ) benötigt für die Entzündung seiner Gemische eine Glühwendel-
temperatur von knapp TGI = 1000 °C. Erbsenmehl, das deutlich schwerer ent-
234 3 Brennbare Stäube

Abb. 1.232. Glühwendel als Zündquelle für die modifizierte Hartmann-Apparatur


(TGI = 1200°C)

1600
o Far bs toff B
I oe J • Erbsenmehl

MZE .= 1mJ

..
-- --- - . .. . . " .'
MZE =100 mJ

1000 2000 191m3)


Staubkonzentration
Abb. 1.233. Einfluß der Glühwendeltemperatur T GI auf den Zündbereich brennbarer Stäube
mit unterschiedlicher Mindestzündenergie MZE

zündlich ist (MZE = 100 mJ), kann dagegen bei einer Glühwendeltemperatur
von T GI = 700 oe über einen breiten Konzentrationsbereich zur Explosion ge-
bracht werden.
Glarner hat hingegen einen eindeutigen linearen Zusammenhang der für ei-
ne Entzündung der Staub/Luft-Gemische notwendigen Glühwendeltemperatur
und der Zündtemperatur, gemessen im BAM-Ofen (Abb. 1.229), gefunden. Sei-
ne eindeutige Aussage ist, daß bei der vorgeschriebenen Glühwendelprüftem-
peratur von TGI = 1200 oe nur solche Stäube als explosionsfähig erkannt wer-
den, deren Zündtemperatur T BAM::; 540 oe ist. Da brennbare Stäube auch eine
höhere Zündtemperatur haben können, ist bei Anwendung der Glühwendel als
3.3 Aufgewirbelter Staub 235

Prüfinstrument eine mögliche Fehleinschätzung der Aussage über die Explo-


sionsfähigkeit eines Staubes anzunehmen. Seine Mindestzündenergie ist für
diesen Zündvorgang also ohne Bedeutung.
Die Zündwirksamkeit einer heißen Oberfläche ist daher mit derjenigen einer
elektrischen Entladung nicht vergleichbar.

3.3.8 Anwendung der sicherheitstechnischen Kenngrößen

Die Bestimmung der in den Kap. 3.3.4-3.3.7beschriebenen und definierten si-


cherheitstechnischen Kenngrößen erfolgt bei Optimalversuchsbedingungen.
Die Explosionskenngrößen eines brennbaren Produktes
untere Explosionsgrenze UEG,
- maximaler Explosionsdruck Pmax und
- staubspezifische Kenngröße KSt
beziehen sich auf trockenen Feinstaub (M < 63 ~m), der in Optimalkonzentra-
tion in einem geschlossenen Behälter bei mittlerer Gemischturbulenz durch
eine energiereiche Zündquelle (E = 10 kJ) zur Explosion gebracht wird.
Bezüglich der sicherheitstechnischen Kenngrößen, die das Zündverhalten
eines brennbaren Produktes beschreiben, ist zu unterscheiden zwischen der
Mindestzündenergie MZE, die mit trockenem Feinstaub (M - 10 ~m) in Ge-
genwart von zeitlich gedehnten Kondensatorentladungen untersucht wird,
während für die Ermittlung der Zündtemperatur Tz wiederum trockener Fein-
staub (M< 63 ~m) erforderlich ist.
Die vorgenannte Produktvorbereitung für die Normprüfverfahren erlaubt
einen Vergleich des Explosions- und Zündverhaltens der brennbaren Stäube.
Die Produkteigenschaften der in der Industriepraxis hergestellten, verarbei-
teten und transportierten brennbaren Stäube weichen hiervon jedoch häufig
ab. Die Folge ist gegenüber den Bestimmungsverfahren ein erschwertes Zünd-
verhalten und ein im allgemeinen weniger heftiger Explosionsablauf. Dies
kann den Aufwand von vorbeugenden und konstruktiven Explosionsschutz-
maßnahmen [7] vermindern. Voraussetzung für die Anwendung der sicher-
heitstechnischen Kenngrößen, die der betrieblichen Praxis entsprechen, in Ver-
bindung mit den genannten Schutzmaßnahmen, ist jedoch die genaue Kennt-
nis und gesicherte Einhaltung der Randbedingungen, die für das Produkt über
den gesamten Produktionszeitraum gelten.
Die Kenntnis der Mindestzündenergie MZE ist mitbestimmend für die An-
wendung der vorbeugenden Schutzmaßnahme ,;Vermeiden von wirksamen
Zündquellen" [7]. Sie kann, wie bei den Brenngasen, sehr niedrig sein
(Abb. 1.220). Weil Funkenentladungen von aufgeladenen MetaIlteilen im all-
gemeinen kapazitiv sind, ist es für die Risikobeurteilung hilfreich, diese Kenn-
größe auch mit rein kapazitiven Funken zu bestimmen (Thbelle 1.45). Ferner ist
zu beachten, daß zunehmende Korngröße (Abb. 1.208) und Wasserfeuchte
(Abb. 1.211 und 1.212) den Energiegrenzwert deutlich anheben, d.h. die Ent-
zündbarkeit eines Staubes ist gegenüber den Angaben des Norm-Prüfverfah-
rens erschwert.
236 3 Brennbare Stäube

Um die vorbeugende Schutzmaßnahme ,;Vermeiden von explosionsfähigen


Staub/Luft-Gemischen" [7] anwenden zu können, muß die nach dem Norm-
verfahren für die Explosionskenngrößenbestimmung ermittelte untere Explo-
sionsgrenze UEG bekannt sein, die sich bei gröberem Produkt zu höheren Wer-
ten hin verschiebt (Abb.1.171 und 1.172).
Besteht Zündgefahr und kann, einschl. der "Inertisierung", keine der vor-
beugenden Schutzmaßnabmen angewendet werden, muß zum "konstruktiven
Explosionsschutz" [7] übergegangen werden. Für ihn sind die Explosionskenn-
größen maßgebend.
Mit zunehmender Korngröße und Wasserfeuchte und mit abnehmender Thil-
befüllung mit explosions fähigem Gemisch werden
- der maximale Explosionsdruck Pmax und
- die staubspezifische Kenngröße KSt
herabgesetzt (Abb.1.176, 1.177, 1.179, 1.187 und 1.196).
Dies gilt nicht nur bei erwartetem Vorhandensein eines homogenen
Staub/Luft-Gemisches im zu schützenden Behälter nach dem Normverfahren,
sondern auch dann, wenn beim pneumatischen Befüllen selbst mit Feinstaub
ein inhomogenes Staub/Luft-Gemisch entsteht (1abelle 1.46).
Die verringerte Explosionsheftigkeit durch die angesprochenen einflußneh-
menden Parameter erfordert naturgemäß einen geringeren Flächenbedarf bei
Anwendung der "Explosionsdruckentlastung" und des Löschaufwandes bei
Anwendung der "Explosionsunterdrückung" als konstruktive Schutzmaßnah-
men [7].
Diese Hinweise mögen zunächst genügen. An späterer Stelle wird auf diese
Problematik nochmals näher eingegangen.

Tabelle 1.46. Einfluß der Staubverteilung auf die Explosionskenngrößen brennbarer Stäube
in einem geschlossenen 25 m3-Behälter

Staubverteilung Homogen Inhomogen a

M Pmax K St Pmax K St
Staubart 111m] [bar] [bar·m·s- I ] [bar] [bar·m·s- I ]

Cellulose 27 8,4 170 5,9 21


Maisstärke 14 8,5 211 5,4 26
a optimale Produktbeladung, Luftmenge Q = 13,5 m3/min
4 Hybride Gemische

4.1 Brennbarer Staub/Brenngas

4.1.1 Einleitung

Bei der Herstellung oder Verarbeitung von lösungsmittelhaItigen Produkten


oder durch Schwelgasaustritt aus überhitzten staubförmigen Produkten kön-
nen gleichzeitig brennbarer Staub und Brenngas bzw. brennbarer Dampf in der
Verbrennungsluft auftreten. Es handelt sich hierbei um Gemische von zweierlei
Herkunft, und man spricht in diesem Zusammenhang von hybriden Gemi-
schen.
Erste Untersuchungen hat, wie bereits bemerkt (s. Thbelle 1.32), Engler im
Jahre 1885 durchgeführt. Er hat Ruß bzw. Holzkohle mit Methan bzw. Leucht-
gas in jeweils nicht explosionsfähigen Konzentrationen gemischt und hierbei
gefunden, daß die Mischungen explosionsfähig sind. Diese Problematik war
zwar zunächst in Vergessenheit geraten, hat aber im Laufe der Zeit immer mehr
an Bedeutung gewonnen.
Erst im Jahre 1974 hat Franke im Zusammenhang mit sicherheitstechni-
schen Problemen des Bergbaus den Einfluß von Methan-Zumischungen auf
die Mindestzündenergie von Fettkohlenstaub in der modifizierten Hartmann-
Apparatur (Abb. 1.151) untersucht [149]. Er stellte fest (Abb. 1.234), daß be-
reits geringe Methangehalte (unterhalb der unteren Explosionsgrenze) den
Energiegrenzwert deutlich herabsetzen.
Ungefähr zur gleichen Zeit wurden zur Abklärung der Ursache für die
schweren Auswirkungen einer Staubexplosion [139] Untersuchungen zur Ex-
plosionskenngrößenbestimmung von PVC-Staub bei zusätzlichem Vorhanden-
sein von Methan in der Verbrennungsluft durchgeführt (Abb. 1.235). Eine we-
sentliche Verstärkung der Explosionsheftigkeit des relativ schwach reagieren-
den PVC-Staubes wurde selbst bei Methangehalten unterhalb der unteren Ex-
plosionsgrenze beobachtet.
Es gibt ferner PVC-Stäube, die sich aufgrund ihrer Korngröße (M = 124 J,.Lm)
selbst durch eine sehr hohe Prüfzündenergie (E = 10 kJ) nicht zur Explosion
bringen lassen. Bereits das Vorhandensein von nur 1 Vol% Methan in der Ver-
brennungsluft läßt jedoch einen ausgeprägten Explosionsbereich des hybriden
Gemisches erkennen (Abb. 1.236). Weiterer Methanzusatz verstärkt die staub-
spezifische Kenngröße Kst deutlich.
Weitere Untersuchungen [41] haben ergeben, daß auch die Explosionsheftig-
keit von Kohlenstaub dadurch erheblich gesteigert werden konnte, daß der Ver-
238 4 Hybride Gemische

[mJJ ~
1
t alO ...
1
150
Fettkct-lenstaub I
~---- r----i
100 \ I
JO
1
1

20
I1

u...
N
:E

10

Abb. 1.234. Einfluß des Methangehalts auf die Mindestzündenergie MZE


von Fettkohlenstaub. Nach Franke (1974)

~thon(turW«CJ ohf'll!'
P\'C-5to.b

~r
250
~~
f
'"'"
0

Methanant..l in der Verbren"""9Sluft

Abb. 1.235. Explosionskenngrößen von Mischungen aus PVC-Staub mit Methan


4.1 Brennbarer Staub/Brenngas 239

.
(L0
[bor]

//./

-
6

[bari.)

250

PVC-Staubl<onzentralion

Abb. 1.236. Explosionskenngrößen von Mischungen aus nicht explosionsfahigem


PVC-Staub mit Methan

brennungsatmosphäre Methan zugemischt wurde, ohne daß das Methan/Luft-


Gemisch selbst explosionsfähig war.
Explosionsereignisse in der Industrie (z. B. in Wirbelschichttrocknern oder
bei Eingeben von staubförmigen Produkten in Behälter), an denen hybride Ge-
mische mit Lösungsmitteln beteiligt waren, ließen es sinnvoll erscheinen, dieses
Gebiet systematisch zu erforschen [151, 67, 153, 134, 160].

4.1.2 Explosionsgrenzen

Das Verhalten der unteren Explosionsgrenze UEG von hybriden Gemischen ist
für die Praxis im Hinblick auf Sicherheitsbetrachtungen von Fabrikationsanla-
gen von großer Bedeutung. In Abb. 1.237 ist das Verhalten der unteren Explo-
sionsgrenze von drei brennbaren Stäuben in Abhängigkeit vom Propangehalt
in der Verbrennungsluft dargestellt [151].
Mit steigendem Brenngasgehalt ist eine lineare Abnahme der unteren Explo-
sionsgrenze der Feststoffe bis zum Erreichen des Grenzwerts von Propan
selbst, der mit UEG = 1,25 VolOJo zufolge des Zündenergieeinflusses niedriger
ist als der nach dem Normverfahren bestimmte Wert, festzustellen.
240 4 Hybride Gemische

(91m3 ]
I
I
I
I
I
150 I
I
I
I
I
I

l'"
UJ
:::>

0,5 (Val%]

Prop;r1-Gehalt in Luft

Abb. 1.237. Untere Explosionsgrenze von hybriden Gemischen


aus brennbaren Stäuben mit Propan

t;
W
::J
Q)
N
PVCjC 3 Hs
C
Q) LactosejC 2Hs 0
L..
O'Q) FettkohlejCH+
(/)..c
C ::J Gas-Flammkohle
0:0 jCH+
.~ U1 ~Rlosionsfähig
CiL..
X Q)
w6
~-g
Q) C
..... Q)
C L..
::J..c

....
Q)

L..
Q)

'E
0,25 0,50 0,75 0
L..
a
C
0,25 0,50 0,75 1
normierte untere Explosionsgrenze UEG: Brenngas (Dampf)
Abb. 1.238. Normierte Darstellung der unteren Explosionsgrenze von hybriden Gemischen
aus brennbarem Staub mit Brenngas (brennbarem DampO

Um die unteren Explosionsgrenzen anderer Stoffpaarungen [134, 151, 160]


miteinander vergleichen zu können, ist eine normierte Darstellung erforderlich,
in der die Konzentrationsangaben jeweils auf den Wert der unteren Explosions-
grenze der reinen Komponente bezogen sind (Abb. 1.238). Weitere Hinweise
sind [153] zu entnehmen.
4.1 Brennbarer Staub/Brenngas 241

Es zeigt sich also in der Regel bezüglich der unteren Explosionsgrenze von
hybriden Gemischen im Rahmen der Untersuchungsgenauigkeit ein linearer
Zusammenhang, wie er nach dem Gesetz von Le Chatelier (Abb. 1.21) zu er-
warten ist und auch für die hybriden Gemische anderer Komponenten nachge-
wiesen wurde [153].
Bei der Mischung von nicht explosionsfähigem PVC mit Propan bzw. von
explosionsfähigem PVC mit Methan (Abb. 1.238) rechts) ergibt sich jedoch ei-
ne Abweichung von dieser Regel; man findet hier einen hyperbolischen Zusam-
menhang zu Lasten des nicht explosionsfähigen Bereiches. Dieser Effekt ist
sehr wahrscheinlich durch die relativ schwere Entzündbarkeit des PVC-Stau-
bes, wohl aber auch durch das relativ träge reagierende Methan verursacht. Die
Aufstellung einer allgemein gültigen Gesetzmäßigkeit ist daher zum jetzigen
Zeitpunkt nicht möglich.
Immerhin bestätigen aber die neueren Versuche, was von Engler bereits im
Jahre 1885 ausgesprochen wurde: Staub- und Brenngas/Luft-Gemische in nor-
malerweise nicht explosions fähigen Konzentrationen können sich bei gemein-
samem Auftreten zu explosionsfähigen hybriden Gemischen addieren. In sol-
chen Gemischen sind daher bei einer vorgegebenen Staubkonzentration unter-
halb der unteren Explosionsgrenze zum Erreichen des Explosionsbereichs um
so geringere Brenngas- bzw. Dampfkonzentrationen erforderlich, je niedriger
deren untere Explosionsgrenze ist.
Auch Stäube, die zum Beispiel aufgrund ihrer Korngröße selbst durch eine
sehr kräftige Zündquelle nicht zur Explosion gebracht werden können
(Abb. 1.236 und 1.238), sind unter Umständen bei Brenngaszusatz bzw. Zusatz
von brennbarem Dampf explosionsfähig.

4.1.3 Explosionsdruck/Explosionsheftigkeit

Die Kenntnis der Explosionskenngrößen von hybriden Gemischen aus brenn-


barem Staub mit Brenngasen (brennbaren Dämpfen) ist besonders für die Aus-
legung von konstruktiven Schutzmaßnahmen gegen die Auswirkungen von Ex-
plosionen [7] wichtig. Es ist notwendig, solche Untersuchungen nach dem für
die Prüfung von Stäuben geltenden Normverfahren [127] in Gegenwart der üb-
lichen kräftigen Zündquelle (E = 10 kJ) durchzuführen. Weil Propan im allge-
meinen das Explosionsverhalten der Lösungsmitteldämpfe hat (s. Tabel-
le 1.11), wird es häufig aus versuchstechnischen Gründen als "Ersatzbrenngas"
für sie verwendet.
Abbildung 1.239 zeigt den Einfluß, den eine zusätzliche Anreicherung der
Verbrennungsatmosphäre mit Propan auf den Explosionsdruck Pex und den
zeitlichen Druckanstieg dp/dt von Cellulose ausübt. Ein zunehmender Brenn-
gasgehalt bewirkt also eine kontinuierliche Anhebung der Kenngrößen, sogar
dann, wenn das Propan/Luft-Gemisch selbst noch nicht explosionsfähig
(0,9 VoIOJo) ist.
Abbildung 1.240 verdeutlicht die Abhängigkeit der Explosionskenngrößen
von hybriden Gemischen eines deutlich schwächer als Cellulose reagierenden
242 4 Hybride Gemische

""l~....---;

X
o..OJ
5

I /},
J /-o ohne C3 Hs
+O,9Vol%C3 HS
+2,1Vol%C 3Hs
o + 4,5 Vol%C 3Hs

° ._--~----~----~--~

125
Staub konzentration

Abb. 1.239. Einfluß des Propangehalts in Luft auf die Explosionskenngrößen von Cellulose
(1 m 3-Behälter)

400
'"
:r:
u'"
~300
~
~ 200
N
.0

y.:.Vl 100

Propangehalt in Luft
Abb. 1.240. Explosionskenngrößen von hybriden Gemischen aus Farbstoff-Staub und Pro-
pan im Vergleich zu demjenigen turbulenter Propan/Luft-Gemische
4.1 Brennbarer Staub/Brenngas 243

Propangehalt in Luft

Abb. 1.241. Einfluß des Propangehalts in Luft auf die Explosionskenngrößen


brennbarer Stäube

Farbstoff-Staubes (Pmax = 5,4 bar, KSt = 20 bar· m . s -1) mit Propan vom
Brenngasgehalt im Vergleich zum Explosionsverhalten von turbulenten Pro-
pan/Luft-Gemischen. Hierbei entspricht die Gemischturbulenz des Brennga-
ses derjenigen des Staubes nach dem Normverfahren [127]. Danach werden
durch Brenngaszusatz die Explosionskenngrößen des Farbstoff-Staubes in die
Größenordnung derjenigen von Propan angehoben, und die Staubexplosions-
klasse wird verschärft. Ferner wird die obere Explosionsgrenze des Brenngases
in Gegenwart von brennbarem Staub wie erwartet herabgesetzt.
Abbildung 1.241 zeigt den Zusammenhang zwischen Propangehalt und Ex-
plosionskenngrößen von Stäuben, die heftiger als Farbstoff-Staub (Abb. 1.240)
reagieren. Brenngaszusatz verändert den maximalem Explosionsdruck nur un-
wesentlich. Die staubspezifische Kenngröße Kst unterliegt dagegen einem star-
ken Einfluß: Sie wird mit zunehmendem Propangehalt linear angehoben und
fällt erst nach Überschreiten der optimalen Brenngaskonzentration. Insgesamt
gesehen liegt wiederum die staubspezifische Kenngröße aller drei Stäube im
Bereich der gasspezifischen Kenngröße Ko des zugemischten, im turbulenten
Zustand entzündeten Propan. Der Explosionsablauf der in reiner Luft heftig
reagierenden Produkte (opt. Aufheller) wird durch Brenngaszusatz weniger
stark beeinflußt als derjenige der schwächer reagierenden (Erbsenmehl). Dies
wurde auch für andere brennbare Stäube unterschiedlicher Herkunft bei Mi-
schung mit Propan experimentell nachgewiesen (1abelle 1.47).
244 4 Hybride Gemische

Tabelle 1.47. Explosionskenngrößen brennbarer Stäube und hybrider Gemische mit Propan
(Optimalkonzentrationen)

Bemerkungen Ohne Propan Mit Propan

Pmax KSt Pmax KSt


Staubart [bar] [bar·m·s- 1] [bar] [bar·m·s- 1]

Maxatase oa 03 9,0 400


PVC (M = 125 11m) 03 oa 9,4 502
Shredderabfall 4,4 8 8,2 482
Farbstoff 5,4 20 9,0 450
PVC (M = 22 11m) 7,8 37 9,9 520
Carbantren 7,6 88 9,4 500
Erbsenmehl 8,3 100 9,4 417
Diazo 8,8 150 9,5 462
Cellulose 8,9 153 9,7 505
opt. Aufheller 9,4 300 10,1 475
org. Pigment 9,6 300 10,4 500

a bezogen auf E = 10 kJ

Für die in der Tabelle 1.47 angegebenen hybriden Gemische erhält man
durchschnittlich
- einen maximalen Explosionsdruck von Pmax = 9,5 bar ± 60/0 und
- eine staubspezifische Kenngröße von KSt = 474±8,1 0J0.
Die genannten Kenngrößen entsprechen im Rahmen der Versuchsgenauigkeit
recht gut denjenigen von Propan bei mittlerer Gemischturbulenz (Pmax =
9,5 bar, Ko = 430 bar·m·s- 1).
Bei der Projektierung von konstruktiven Schutzmaßnahmen gegen die Aus-
wirkungen von Staubexplosionen muß also berücksichtigt werden, daß sich in
Gegenwart von Brenngasen oder brennbaren Dämpfen, die ein dem Propan
ähnliches Explosionsverhalten haben, die Einstufung in Explosionsklassen
verschärft (Thbelle 1.48).

Tabelle 1.48. Einfluß des Propanzusatzes zur Verbrennungsluft auf die Klassifizierung von
Stäuben nach Staubexplosionsklassen (Pmax:S 10 bar)

Propangehalt [VoIOJo] 0 1,25 =UEG 2,5 4,25 3

Staubart KSt [bar·m·s- 1] Staubexplosionsklasse

Farbstoff 20 Stl St1 St2 St3


Erbsenmehl 100 Stl Stl/St2 St2/St3 St3
Cellulose 220 St2 St2lSt3 St3 St3
opt. Aufheller 300 St2/St3 St3 St3 St3

a Optimalkonzentration
4.1 Brennbarer Staub/Brenngas 245

Die Heraufsetzung der Staubexplosionsklasse erfolgt somit spätestens beim


Überschreiten der unteren Explosionsgrenze des der Verbrennungsluft zuge-
mischten Brenngases oder brennbaren Dampfes. Ist deren Optimalkonzentra-
tion vorhanden, werden alle Stäube in die höchste Staubexplosionsklasse ein-
gestuft. Dies gilt unabhängig vom gemessenen maximalen Explosionsdruck,
der für die in Thbelle 1.48 angegebenen Produkte innerhalb des Bereichs von
Pmax = 5,4-9,4 bar liegt.
Wie verändern sich beispielsweise die Explosionskenngrößen von Cellulose,
wenn außer Propan auch Butan oder Methan der Verbrennungsluft zugeführt
werden? Um den entsprechenden Vergleich durchführen zu können, sind in
Abb. 1.242 die Optimalkonzentrationen für die Brenngase normiert.
Es zeigt sich erneut, daß sich der maximale Explosionsdruck nicht stark ver-
ändert und daß die staubspezifische Kenngröße Kst linear von der Brenngas-
konzentration abhängt, die jedoch teilweise von der Art des zugemischten
Brenngases beeinflußt wird. Propan und Butan wirken sich deutlich stärker
auf die Explosionskenngrößen von Cellulose aus als Methan. Ursache hierfür
ist, daß Propan und Butan bei mittlerer Gemischturbulenz heftiger reagieren
(Pmax = 9,5 bar, Ko = 430 bar· m . s -1) als Methan (Pmax = 8,8 bar, Ko =
313 bar·m·s- 1).

[barl

V o
.
.
~--
o~"
.....
~D
"',
6
0

,
,
..

9'" 0 Propan
o Butan
e. Methan
,
',/li

°
o~--~--~------~------~
0,29 0,5 1,0 1,5

Normierte Brenngaskonzentration

Abb. 1.242. Einfluß der Art des Brenngaszusatzes in der Verbrennungsluft


auf die Explosionskenngrößen von Cellulose
246 4 Hybride Gemische

Optimal konzentration

o~ __ ~~~ ______ ~ ______ ~

o 0,29 0,5 1,0 1,5

Normierte Brenngaskonzentration

Abb. 1.243. Optimale Staubkonzentration hybrider Gemische aus Cellulose mit Brenngasen

Abbildung 1.243 zeigt das Verhalten der optimalen Staubkonzentration des


maximalen Explosionsdrucks und der staubspezifischen Kenngröße hybrider
Gemische aus Cellulose mit verschiedenen Brenngaszusätzen. Wiederum wur-
de für die Brenngaskonzentration die bereits bekannte normierte Darstellung
gewählt. In der Regel vermindert sich also die Optimalkonzentration für den
maximalen Explosionsdruck Pmax linear mit zunehmender Brenngaskonzen-
tration. Bezüglich der staubspezifischen Kenngröße Kst ist dies erst nach deut-
lichem Überschreiten der unteren Explosionsgrenze der Fall.
Zusammenfassend ist festzustellen, daß sich die Optimalwerte für den maxi-
malen Explosionsdruck hybrider Gemische aus brennbarem Staub mit Brenn-
gasen (Lösungsmitteldämpfen) bei Brenngaskonzentrationen etwas oberhalb
der unteren Explosionsgrenze einstellen, während optimale staubspezifische
Kenngrößen KSt bei der Optimalkonzentration des Brenngaszusatzes erhalten
werden. Sie stimmen im allgemeinen mit den gasspezifischen Kenngrößen KG
überein, können aber auch bis zu 150/0 höher liegen.

4.1.4 Mindestzündenergie

Überall dort, wo in der Industriepraxis mit dem Auftreten von hybriden Gemi-
schen aus brennbarem Staub mit Brenngas bzw. brennbarem Dampf gerechnet
wird, stellt sich häufig die Frage, wie sich die Mindestzündenergie solcher Ge-
mische gegenüber denjenigen der reinen Staub/Luft-Gemische verändert.
Franke [149] führte als einer der ersten Untersuchungen mit Kohlenstäuben
und Methan in der "modifizierten Hartmann-Apparatur" (Abb. 1.151) durch.
Er fand grundsätzlich im Rahmen der Versuchsgenauigkeit in halblogarithmi-
scher Darstellung (Abb. 1.244) einen linearen Zusammenhang zwischen dem
4.1 Brennbarer Staub/Brenngas 247

[mJ] o Fettkohle A
CI Fettkohle 8
o <!!. Gasflammkohle A
'" Gasflammkohle 8

W
N
::::;

0,1 L--.l._......1..._...l-_"",-="---l
o 2 3 4 [Vol%]
Methangehalt
Abb. 1.244. Einfluß des Methangehalts in der Verbrennungsluft
auf die Mindestzündenergie MZE von Kohlenstäuben [149)

Methangehalt in der Verbrennungsluft und der Mindestzündenergie, deren


Verhalten von der Kohlenstaubart abhängt.
Die Mindestzündenergie von Gasflammenkohle nimmt mit steigendem Me-
than-Gehalt rasch ab und erreicht bei etwas über 3 VolOJo (d.h. deutlich unter
der unteren Explosionsgrenze von Methan: UEG = 4,8 Vol %) die Mindest-
zündenergie von Methan in Mischung mit Luft. Franke führt dies auf den An-
teil der flüchtigen Bestandteile (ca. 35%), die das Zündverhalten der Kohle be-
stimmen, zurück. Sie werden bei Aufheizung des Kohlekorns im Bereich des
Funkens zum Teil ausgetrieben, reagieren mit dem Sauerstoff der Luft und ver-
größern so den Energieinhalt der Zündquelle, wobei die Reaktion des vorhan-
denen Methans, ähnlich wie bei der Aureole einer Wetterlampe, zusätzlich für
eine zeitliche und räumliche Verstärkung dieses Vorganges beiträgt. Eine Ab-
hängigkeit der Mindestzündenergie von der Funkendauer wurde nicht gefun-
den. Das Untersuchungsergebnis wurde in einem größeren 701-Explosionsbe-
hälter bestätigt.
Die Fettkohlenstäube unterscheiden sich durch die Inertanteile; ihre Min-
destzündenergie ist abhängig von der Funkendauer (Abb. 1.201). Die Mindest-
zündenergie der hybriden Gemische mit Methan nimmt ebenfalls rasch ab, er-
reicht jedoch erst bei ca. 5 Vol % (d.h. im Bereich der unteren Explosionsgrenze
von Methan) die Mindestzündenergie von Methan selbst. Franke nimmt an,
daß für dieses Verhalten die flüchtigen Bestandteile (ca. 28%) ebenfalls mitver-
antwortlich sind: Bei längerer Funkendauer werden mehr flüchtige Bestandtei-
le ausgetrieben, die ähnlich wie bei Gasflammenkohle den Zündvorgang beein-
flussen.
Franke kommt zu der Schlußfolgerung: "Die Zündbarkeit von Kohlen-
staub/Luft-Gemischen wird mit zunehmendem Gehalt an flüchtigen Bestand-
teilen und abnehmendem Anteil an Inerten bei Methankonzentrationen unter
der unteren Explosionsgrenze erhöht~
248 4 Hybride Gemische

Pellmont [151] untersuchte im 1 m3-Behälter (Abb. 1.156) den Einfluß von


Propanzusatz zur Verbrennungsluft auf die Mindestzündenergie einer Reihe
von technischen Stäuben unterschiedlicher Herkunft (Abb. 1.245).
Das Untersuchungsergebnis von Franke (Abb. 1.244) wurde zunächst bestä-
tigt: Es zeigt sich, daß die Mindestzündenergie eines Staubes das Zündverhal-
ten seiner hybriden Gemische bestimmt, wobei sich in halblogarithmischer
Darstellung ein linearer Zusammenhang mit der Menge zusätzlichen Brennga-
ses gefunden wurde. Im Gegensatz zu Frankes Ergebnissen ist das Brenngas
richtungweisend. Alle Geraden schneiden sich in dem Punkt, der der Mindest-
zündenergie des Brenngases (Propan) entspricht. Bei Kenntnis der Mindest-
zündenergie eines brennbaren Staubes und des zusätzlich vorhandenen Brenn-
gases und dessen zündwilligster Konzentration bietet sich also eine einfache
Möglichkeit, das Zündverhalten der hybriden Gemische zu beschreiben.
Gleichzeitig vermindert sich die zündwilligste Staub konzentration in hybriden
Gemischen linear mit zunehmendem Brenngasanteil [151]. Es gilt daher die
Schlußfolgerung, daß weniger energiereiche Funken (E < MZE), die normaler-
weise nicht in der Lage sind, explosionsfähige reine Staub/Luft-Gemische zu
entzünden, bei hybriden Gemischen zu Explosionen führen können. Aber

\
[ffiJ 1 Cl o Farbstoff M= 20)-lffi
"Cellulose M= 27llffi
A F\)l)Öthylen M=125}lffi
10'
~ PVC M= 20IJffi
Cl PVC M=1251Jffi
D ----- Propan ohne Sfoub

\\
10' '"

10' c
.Q

r
12
1::
\", QJ
~
0
10'
""
C
I

LU
8.
N ~
~

10'

0~
1()0 0

Pnopangehalt

Abb. 1.245. Mindestzündenergie MZE hybrider Gemische


aus brennbarem Staub mit Propan
4.2 üctanol-NebellPropan 249

nicht nur die Zündbarkeit von Staub wird durch Brenngaszusatz erhöht, son-
dern auch die Zündwilligkeit bestimmter Propan/Luft-Gemische kann durch
Zusatz von sehr zündfreudigem Staub erhöht werden, wie aus Abb. 1.245 her-
vorgeht. Eine Zündenergie von E == 100 mJ ist erforderlich, um Pro-
pan/Luft-Gemische etwas oberhalb der unteren Explosionsgrenze zu entzün-
den. Dagegen sinkt die notwendige Zündenergie auf E == 10 mJ in Gegenwart
von Farbstoff-Staub mit einer sehr niedrigen Mindestzündenergie. Die Frage
nach der Zündfähigkeit hybrider Gemische kann daher im Zusammenhang mit
zusätzlich vorhandenem Propan oder ähnlich zündfreudigen Brenngasen oder
brennbaren Dämpfen wie folgt beantwortet werden:
Bei der Verarbeitung von normal oder schwer entzündlichen Stäuben
(MZE ~ 10 mJ) darf der Brenngasanteil die untere Explosionsgrenze errei-
chen, ohne daß die Mindestzündenergie Werte annimmt, die der Äquiva-
lentenergie elektrostatischer Büschelentladungen entspricht.
Bei der Verarbeitung von sehr leicht entzündlichen Stäuben (MZE::::; 10 mJ)
bewirkt bereits ein geringer Zusatz von Brenngas (Lösungsmitteldampf) ei-
ne Verschärfung der Gefahrensituation. Wenn auch noch nicht experimen-
tell nachgewiesen, so ist doch eine Entzündung von solchen hybriden Gemi-
schen durch elektrostatische Büschelentladungen denkbar.
Die beiden oben beschriebenen Mindestzündenergiebereiche für die brenn-
baren Stäube sind bezüglich des Zündverhaltens ihrer hybriden Gemische
nicht eindeutig voneinander getrennt. Hier sind zusätzlich sicherheitstech-
nische Überlegungen im Hinblick auf die Zündgefahr durch elektrostati-
sche Büschelentladungen notwendig.
Überschreitet dagegen der Brenngasanteil bzw. der Anteil an brennbaren
Dämpfen deren untere Explosionsgrenze deutlich, so ist immer mit einer
leichten Entzündbarkeit der hybriden Gemische und damit mit der Zündfä-
higkeit von elektrostatischen Büschelentladungen zu rechnen.

4.2 Octanol-Nebel/Propan

Förster und Steen [161] untersuchten das Explosionsverhalten von hybriden


Gemischen aus Octanol-Nebel mit Propan in einem 1,7 m 3-Behälter. Für die
Nebelerzeugung wurde Octanol verwendet, weil es einen vernachlässigbaren
Dampfdruck hat. Die Versuche wurden nur mit explosionsfähigen Zumischun-
gen von Propan zur Verbrennungsluft, aber bei verschiedenen Gemischturbu-
lenzen durchgeführt. Abbildung 1.246 zeigt beispielhaft für die Thrbulenzin-
tensität von u' = 1,55 m/s und eine Nebelkonzentration von 17 - 25 g/m 3
~ 0,3 - 0,5 VolOJo den Zusammenhang zwischen der
- nebelspezifischen Kenngröße KN bzw. der
- Flammengeschwindigkeit vf,N der hybriden Gemische
und dem Propangehalt im Vergleich zu den entsprechenden Kenngrößen von
Propan «dp/dt)C3H g, Vf) selbst. Die Meßwerte wurden durch gestrichelte
250 4 Hybride Gemische

~
u 750
~I+-'
~
'li
N
500
.0

250

20

>-
'li
N
.0
Z
..: 10
>

Propangehalt

Abb.l.246. Explosionskenngrößen von Octanol-Nebel/Propan/Luft-Gemischen im Ver-


gleich zu Propan/Luft-Gemischen [161] (Thrbulenzintensität u' = 1,55 m/s)

Linien ergänzt. Man findet eine ähnliche Abhängigkeit von der Brenngaszumi-
schung, wie sie in Abb. 1.240 für Farbstoff-Staub dargestellt ist:
bei unterstöchiometrischer Propanzumischung liegen die Kenngrößen der
hybriden Gemische höher als diejenigen von Propan selbst,
bei stöchiometrischer Propanzumischung erreichen die Kenngrößen des hy-
briden Gemisches diejenigen von Propan und
bei überstöchiometrischer Propanzumischung wird, sehr wahrscheinlich
bei zusätzlichem Vorhandensein von Octanol-Nebel, die obere Explosions-
grenze von Propan eingeschränkt.
Aufgrund dessen ist zu erwarten, daß bei Vorhandensein eines stöchiometri-
schen Propan/Luft-Gemisches der maximale Explosionsdruck von Octanol-
NebellPropan/Luft-Gemischen demjenigen von Propan, bezogen auf die vor-
gegebenen Versuchsbedingungen, entspricht.
Es deutet sich daher an, daß das Explosionsverhalten von hybriden Gemi-
schen aus brennbarem Nebel mit Brenngasen vergleichbar ist mit solchen, die
aus brennbaren Stäuben mit Brenngasen entstehen.
5 Rohrleitungen

5.1 Brenngase

Bei der Entzündung eines explosionsfähigen ruhenden Brenngas/Luft-Gemi-


sches in Raummitte eines geschlossenen kubischen Behälters breitet sich die
Flammenfront kugelförmig aus. Sie legt den größten Thil ihres Weges ohne
nennenswerten Druckaufbau zurück (Abb. 1.35). Es läßt sich bei optimaler Ge-
mischkonzentration abschätzen, daß der Flammenradius auf 70% des Behäl-
terradius anwachsen muß, um einen Überdruck von Pex = 0,05· Pmax - 0,4 bar
zu erreichen. Wenn auch nicht ganz korrekt, ist festzustellen, daß die Flamme
erst kurz vor der Behälterwand "merkt", daß sie eingeschlossen ist [11, 41,
161). Der Verbrennungsablauf in Rohren wird hingegen von ausgeprägten axia-
len Strömungsvorgängen überlagert.
Betrachtet sei zunächst der Strömungsvorgang in einem Rohr ohne zusätzli-
che Verbrennungsreaktion [162, 163). Hierbei kann es sich um laminare oder
turbulente Strömung handeln. Der Übergang von der laminaren zur turbulen-
ten Strömung hängt von der dimensionslosen Reynoldschen Zahl ab
v·D
Re=-
v
v mittlere Geschwindigkeit
D Rohrdurchmesser
v kinematische Zähigkeit.
Für Re<21oo hat man immer mit laminarer Strömung zu rechnen; das Ge-
schwindigkeitsprofil ist bei kreisrunden Rohren parabelförmig.
Die kritische Geschwindigkeit Vkrit, bei der der Umschlag in turbulente
Strömung erfolgt, ist jene Geschwindigkeit, die dem Wert

Re = Vkrit.· D = 2100
v
entspricht. Das Geschwindigkeitsprofil folgt näherungsweise einem Potenzge-
setz, d.h. die Thrbulenz wirkt weitgehend ausgleichend.
Der Wert 2100 ist eine untere Grenze, unterhalb der selbst bei starken Strö-
mungen nur der laminare Zustand stabil ist. Laminare Strömungen sind
jedoch auch bei hohen Re-Zahlen (z. B. Re< 40000) möglich. Die geringste
Störung bedingt jedoch einen sofortigen Umschlag. Allgemein kann gesagt
252 5 Rohrleitungen

werden, daß unter sonst gleichen Bedingungen der Umschlag von der lamina-
ren Strömung in den turbulenten Zustand um so eher erreicht wird, je rauher
die Rohrwand ist. Bei der Strömung von Gasen in Rohren von technischem
Durchmesser (D = einige 100 mm) erfolgt der Umschlag in den turbulenten
Bereich bereits bei Strömungsgeschwindigkeiten von 0,1 bis 1,0 m/s, ein Be-
reich also, der demjenigen der normalen Verbrennungsgeschwindigkeiten der
Brenngase entspricht.
Diese Feststellung ist von wesentlicher Bedeutung für die Betrachtung von
Verbrennungsvorgängen (Explosionsvorgängen) in Rohren.
Hinsichtlich des Explosionsablaufes von Brenngasen in Rohren [164-166J,
z. B. von Methan in kurzen Rohren von technischem Durchmesser
(Abb.1.247), muß man mit zwei Grenzfällen rechnen.

Entzündung von explosionsjähigem Gemisch am offenen Ende eines


am anderen Ende geschlossenen Rohres
Die Flamme läuft zunächst gleichmäßig in das mit Gasgemisch befüllte Rohr
hinein; es verbrennt das gesamte Gemisch in der Rohrstrecke. Weil das Ver-
brannte frei abströmen kann, ist zunächst zu erwarten, daß die "normale Ver-
brennungsgeschwindigkeit vn " nicht überschritten wird, d.h. die Explosionsge-
schwindigkeit Vex (die "sichtbare" Flammengeschwindigkeit) müßte mit ihr
übereinstimmen. Bei der wirklichen Verbrennung ist dies jedoch nur im An-
laufstadium der Fall. Mit fortschreitender Verbrennung wird der Gasgemisch-
inhalt im Rohr zu Eigenschwingungen angeregt, und die Gasbewegung ist nicht
mehr laminar, sondern turbulent. Die Folge ist eine Erhöhung der Explosions-
geschwindigkeit, wobei die Flammenfront nicht eben, sondern gewölbt ist. Die
Brennfläche F ist größer als der Rohrquerschnitt f. Damit ist die Explosionsge-

[m/s]
Rohrleityng'
,. o einseitig offen
>" Zdg.om geschl.Ende
'" geschlossen
~ 150 Zdg.on einem Ende
~
Ol ~ einseitig offen
'ö Zdg.om offenen Ende
c:
.~

'5
CI)
100
Q)
Ol
CI)
c:
o
.~ 50
Ci.
x
w

Methangehalt in Luft
Abb.l.247. Explosionsgeschwindigkeit Vex als Funktion des Methan-Gehalts
(DN 300, I = 10 m; Gemisch im ruhenden Zustand entzündet)
5.1 Brenngase 253

schwindigkeit Vex um den Faktor F/f größer als die normale Verbrennungsge-
schwindigkeit vn
F
V ex = -Vn •
f
Unter normaler Verbrennungsgeschwindigkeit Vn ist die Geschwindigkeit zu
verstehen, mit der unverbranntes Gemisch senkrecht in eine stationäre Flamme
eintritt und chemisch umgesetzt wird [11].

Entzündung von explosionsflihigem Gemisch am geschlossenen Ende


eines am anderen Ende offenen Rohres
Hier sind die Verhältnisse bei Verbrennungsvorgängen verwickelter. Die Explo-
sionsgeschwindigkeit Vex ist wesentlich größer als bei Lage des Zündortes am
offenen Ende, weil wegen der starken Volumenzunahme bei der Verbrennung
das Unverbrannte eine Geschwindigkeit, die sog. Verdrängungsgeschwindigkeit
vv' annimmt, die 80"70-90"70 der Explosionsgeschwindigkeit betragen kann.
Es verbrennt nur ein Jeil (theoretisch 1/7) des Gasgemischinhalts im Rohr,
während der Rest zunächst unverbrannt aus dem offenen Mundloch ausgesto-
ßen und die nacheilende Flamme außer halb des Rohres entzündet wird. Die
Ursache für die hohe Geschwindigkeit ist aber nicht die Verdrängung allein,
sondern auch die von der hohen Verdrängungsgeschwindigkeit Vv angeregte
Turbulenz, die sich in einer weiteren Vergrößerung der Brennfläche F äußert.
Damit gilt für die Explosionsgeschwindigkeit Vex die Gleichung
F
V ex = _·V n +vv ,
f
wobei zufolge der sehr viel stärkeren Einflußnahme der Thrbulenz

( ~) Zündort geschl. Ende ~ (~) Zündort offenes Ende

ist und der Flammenbewegung meist Schwingungen überlagert sind.

Entzündung von explosionsflihigem Gemisch an einem Ende


eines beidseitig geschlossenen Rohres
Auch hier wird die Explosionsgeschwindigkeit Vex von der normalen Verbren-
nungsgeschwindigkeit Vn des Gemisches, von der spezifischen Flammenober-
fläche F/f sowie der Verdrängungsgeschwindigkeit Vv beeinflußt. Somit gilt
wiederum

Dabei hat im ersten Jeil des Verbrennungsvorganges die Explosionsge-


schwindigkeit infolge zunächst hoher Verdrängungsgeschwindigkeit hohe Wer-
254 5 Rohrleitungen

~------------------ ~m --------------------~
1--- -- -5 m ------------_ -- 25 m - - -t-' m

l cindquelle

lrindbehaller

Meßbohrungen

Abb. 1.248. Einrichtung für die Untersuchung des Verbrennungsablaufs von Gasen
in Rohren verschiedenen Durchmessers (DN 100 - DN 400, 1= 30 m)

te; im letzten Teil wird sie kleiner, weil die Verdrängungsgeschwindigkeit zum
geschlossenen Rohrende hin gegen Null abnimmt, so daß sich auch die Thr-
bulenz vermindert, d.h. die Flamme durchläuft einen Bereich abnehmender
Reynoldscher Zahlen. Wiederum überlagern sich Schwingungen.
Diese Betrachtungen mögen genügen, um den Ablauf von Brenngasexplo-
sionen in Rohren unter den verschiedenen Versuchsbedingungen phänomeno-
5.1 Brenngase 255

logisch zu erklären. Die wirklichen Verhältnisse bei der Verbrennung explo-


sionsfähiger Brenngas/Luft-Gemische sind sehr viel komplizierter.
Durch Abb. 1.247 wird für Methan, dessen Gemische im ruhenden Zustand
entzündet werden, bestätigt, daß Höchstwerte für die Explosionsgeschwindig-
keit V ex in einseitig offenen Rohren bei Lage des Zündortes am geschlossenen
Ende auftreten. Maximalwerte sind etwas oberhalb der stöchiometrischen Zu-
sammensetzung zu beobachten.
Weitere Informationen über den Verbrennungsablauf von Gasen wurden
sowohl in Versuchseinrichtungen mit technischen Rohrdurchmessern
(Abb. 1.248) als auch in Rohren mit großem Durchmesser (Abb. 1.249) gewon-
nen.
Die Existenz der bei den vorgenannten Grenzfälle für den Explosionsablauf
in einseitig offenen Rohren wurde auch für eine Rohrleitung von 1600 mm
Durchmesser (~2 m2) Querschnitt bestätigt. Abbildung 1.250 zeigt für Pro-
pan in Optimalkonzentration bei Gemischentzündung im ruhenden Zustand
den Einfluß, den die Zündortlage auf die Explosionsgeschwindigkeit nimmt.
Wie erwartet, wurden auch in der Großrohrstrecke Höchstwerte für die
Explosionsgeschwindigkeit (vmax = 150 m/s) bei Einleitung der Zündung am
geschlossenen Rohrende erhalten, während ein deutlich geringerer Wert
(v max = 4 m/s) bei Einleitung der Explosion am offenen Ende zu beobachten
war.
Abbildung 1.251 vermittelt einen Eindruck von den Vorgängen am Mund-
loch des Rohres im Falle einer Propanexplosion.
Nachdem allgemein nachgewiesen wurde, daß maximale Explosionsge-
schwindigkeiten in einseitig geschlossenen Rohren bei Anordnung der Zünd-
quelle am geschlossenen Rohrende auftreten, ist in Abb. 1.252 zusammenfas-
send dargestellt, welchen Einfluß die Rohrnennweite auf den Explosionsver-
lauf von Methan und Propan bei Vorhandensein der Optimalkonzentration

Abb.l.249. Rohrleitung DN 2500, I = 140m


256 5 Rohrleitungen

- -1- . - . - ~-- _. - . - . -.f:


E
.-
~
>~
[m/s ZiiruIW;. -
am geschlossenen Ende /
+ il ZiiruIW;.
1

I 2~t ::-:: -,-.~J


100 ,,/ am offenen Ende

o 2,5 5,0 7,5 [m]


Rohrlänge I

Abb,1.2S0. Propan: Explosionsgeschwindigkeit V ex als Funktion der Rohrlänge I (DN 1600,


1= 10 m, Optimalkonzentration, Gemischentzündung im ruhenden Zustand)

Abb.l.2S1. Propanexplosion in einseitig offener Rohrleitung DN 1600, 1= 10 m (Zündort:


geschlossenes Rohrende)

und einer schwachen Zündquelle (Zündkerze) nimmt. Danach nimmt mit zu-
nehmender Rohrnennweite - mit zunehmendem Rohrdurchmesser - ganz
allgemein die Geschwindigkeit der Methan- und Propanexplosionen zu. Ober-
halb einer Nennweite von DN 2: 400 ist zumindest im Anlaufstadium (l::5 30 m)
keine wesentliche Veränderung mehr festzustellen, wenn die Gemische im
ruhenden Zustand entzündet werden.
Abbildung 1.253 vermittelt einen visuellen Eindruck von den Auswirkungen
einer Methanexplosion am Mundloch der DN 2500-Rohrleitung (Abb. 1.249)
nach der Entzündung von 400 m 3 explosionsfahigem Gemisch.
Zufolge eines sehr großen Oberflächen/Volumen-Verhältnisses und von
Schwingungsüberlagerungen ist die Geschwindigkeitsentwicklung von Methan
5.1 Brenngase 257

[m/sJ hWIllm.
'" DN100,1=30m ._
150 - III DN200,1=30m "..-:
'" DN400,1=30m :/'"
• DNl400,1=40m / /
• DN2500,1=80m Let
100r- /~ •

""
....
•--;?J
.iji
501- ~~1lI
/~~"
~
Cl

c
.j o ~ I "'-....,.",_ III
.r:
~ [m/sJ fr2Rgn
g' Rohrleitung
g 150 I- einseitig offen,
·iii Zündquelle am
o geschl.Ende
Ci.
x
w 100 -
Abb. 1.252. Einfluß des Rohrdurchmessers
DN auf die Explosionsgeschwindigkeit Vex
(Optimalkonzentration, Gemischentzün-
dung im ruhenden Zustand durch Zünd-
kerze)

Rohrlänge I

Abb.l.253. Rohrstrecke DN 2500: Explosion von 400 m3 explosionsfähigem Methan/Luft-


Gemisch (Optimalkonzentration, Gemischentzündung im ruhenden Zustand durch Zünd-
kerze)
258 5 Rohrleitungen

[m/5] :c

I
; 600 GI~c::
> N
.. GI
..... ~E
-oE
~ 500 : :5~

I
CI NL>-

j.
'ö o eMethan e
·i 400 A.6.Propan I/
.c Rohrleitung JiI./
o DN400,1=30m
gj 300 einseitig offen
CI Zündquelle
Ul
am geschl.Ende A
§
'iij
200 ,
o :l~.6./ .6. "
~
w
100 / e ,A" ,,0
-----::.,.. ' ,0-" ....
_ ... -~:: ... &" ... -
~::::.$=~~-
20 [m]
Rohrlänge I
Abb. 1.254. Einfluß der Zündquelle auf die Explosionsgeschwindigkeit Vex von Methan und
Propan (Gemischentzündung im ruhenden Zustand)

und Propan in Rohren DN< 400 nicht mehr kontinuierlich steigend, sondern
diskontinuierlich. Vermindert man den Rohrdurchmesser weiter, so nimmt die
Explosionsgeschwindigkeit mehr und mehr ab, bis sich bei einem endlichen
kleinen Durchmesser eine Flamme überhaupt nicht mehr fortpflanzt. Dieser
kritische Durchmesser, auf den an späterer Stelle näher eingegangen wird, liegt
für beide Brenngase im mm-Bereich.
Kräftige Zündquellen, z. B. der Flammenstrahl einer Brenngasexplosion aus
einem Kugelgehäuse [41], steigern die Explosionsgeschwindigkeit von Methan
und Propan wiederum in einseitig offenen Rohren erheblich (Abb. 1.254) und
die Schallgeschwindigkeit wird deutlich überschritten.
Nun kann die Explosionsgeschwindigkeit nicht unbegrenzt anwachsen. Die
Reaktionsgeschwindigkeit ist nämlich nicht die einzige Größe, welche die
Flammengeschwindigkeit bestimmt; aus der Brennzone wird einerseits durch
Leitung Wärme auf das unverbrannte Gemisch übertragen, andererseits dif-
fundieren aktive Thilchen in das unverbrannte Gemisch und dieses in die
Brennzone hinein. Wärme- und Diffusionsstrom können hierbei aber nicht
über eine gewisse Grenze anwachsen, die einer mittleren Molekelgeschwindig-
keit von einigen km/s entspricht. Um dies zu erreichen, ist ein erhebliches
Druckgefälle in Richtung der Rohrachse notwendig, das zu einer Kompression
des noch unverbrannten Gemisches vor der Flammenfront führt. Diese Kom-
pression kann sich zu einer Stoßwelle entwickeln, die mit Überschallgeschwin-
digkeit fortschreitet, wobei die Brennzone mit der Front dieser Welle gekoppelt
ist. Dieser Vorgang wird Detonation genannt. Ihre Geschwindigkeit ist nicht
größer als die vorgenannte thermische Geschwindigkeit von einigen km/s [11].
Detonationsgeschwindigkeiten werden erreicht (Abb. 1.255, oben), wenn den
in Abb. 1.248 gezeigten einseitig offenen Rohren ein 0,8 m 3-Zündbehälter vor-
gesetzt ist, in dem die Zündquelle in Form z. B. einer Zündkerze angeordnet
5.1 Brenngase 259

[ / ] ,----{!)..--E1-E1r-----.
m S Detonation

1500

x 1000

-
Q)
;>

~ 500
Cl

c:
.~
oe
O~L- __- L______~____~
()
U1
Q)
Cl .-------4..-De-to-n~7ion.&. 8-D-e-to~on
U1
c:
o
'(jj
o 1500
Ci DN2DO DN400
x
w
1000 .&.

Rohrleitungen
500 einseitig offen.
. . '.,/11>. __11>._8
.&./
Zündquelie im
Zündbehaelter
O~~~_~ _ _ _~_ _~
o 10 20
Rohrlänge I
Abb.1.255. Brenngase: Explosionsgeschwindigkeit vex als Funktion der Rohrlänge I
(strömendes Gemisch, Zündquelle: Zündkerze)

ist. Die in diesem Behälter einsetzende Ausdehnung der Verbrennungsgase


setzt das unverbrannte Brenngas/Luft-Gemisch vor der Flammenfront nicht
nur hier, sondern auch in der nachgesetzten Rohrleitung in Bewegung. Nach
dem Übertritt der Flamme aus dem Zündbehälter wird das strömende Brenn-
gas/Luft-Gemisch im Rohr durch einen Flammenstrahl entzündet.
Selbstverständlich ist auch die Art des Brenngases von Einfluß auf den An-
laufweg bis zum Erreichen der Detonationsgeschwindigkeit, die bei den her-
kömmlichen Brenngasen bei Mischung mit Luft in der Größenordnung von
2 km/s liegt. Ganz allgemein verkürzen sich die vorgenannten Anlaufwege mit
abnehmendem Rohrdurchmesser deutlich (Abb. 1.255, unten), wobei der Deto-
nationsbereich enger gefaßt ist als der Explosio~bereich.
Wird dem Zündbehälter (Abb. 1.248) eine druckdicht verschlossene Rohrlei-
tung nachgesetzt, dann werden, wie bereits angesprochen, die Verdrängungsge-
schwindigkeit des unverbrannten Gemisches vor der Flammenfront und damit
auch die Explosionsgeschwindigkeit behindert. In Gegenwart einer schwachen
Zündquelle (Zündkerze) haben daher, im Gegensatz zu einseitig offenen Roh-
ren, Propanexplosionen selbst in engen Rohrquerschnitten Geschwindigkeiten
von nur einigen 10 m/s (Abb. 1.256). Diese Behinderung besteht jedoch nahezu
nicht mehr bei Vorhandensein einer kräftigen Zündquelle im Zündbehälter
(Flammenstrahl). Auch in der geschlossenen Rohrleitung wird Detonationsge-
schwindigkeit, begünstigt durch enge Rohrquerschnitte, erreicht.
260 5 Rohrleitungen

[m/5] .-0-.
___-_-..- - - - - - ,
LJ..>O<,WlJ. Detonation Detonation

~ 1500
>
.....
"Qj
.x.

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i3 1000 • :c
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Cl> .. .5
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-Ne

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C
o ~E
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w
500 '" • DN100
0 . DN200
Rohrleitung geschlossen
Zündquelle im
Zündbehaelter
~m~ (;)
: ;;"--(;)""""';:fjj=fjj-fjj.:;::::::o.tB
o
o 10 20 [m]
Rohrlänge I

Abb. 1.256. Einfluß der Zündart und des Rohrdurchmessers DN auf die Explosionsge·
schwindigkeit Vex (strömende Gemische)

Thbelle 1.49 faßt für verschiedene Brenngase unterschiedlicher normaler Ver-


brennungsgeschwindigkeit Vn und Rohrdurchmesser DN die gemessenen An-
laufwege bis zum Erreichen der Detonationsgeschwindigkeit zusammen.
Sie sind, wie erwartet, in geschlossenen Rohren länger als in einseitig offe-
nen. Steigende normale Verbrennungsgeschwindigkeit und fallender Rohr-
durchmesser verkürzen die Anlaufwege, die zum Erreichen der Detonationsge-
schwindigkeit notwendig sind. Bei Wasserstoff ist ein solcher Einfluß im Rah-
men der Versuchsgenauigkeit nicht vorhanden.

Tabelle 1.49. Bis zum Einsetzen der Detonation von der Flamme zu durchlaufende Rohr-
strecke für verschiedene Brenngase in Mischung mit Luft (strömende Gemische, Optimal-
konzentration)

Brenngase CH4 C3Hs H2


vn [m/s] 0,37 0,44 2,67

Rohrleitung DN Anlaufweg zum Erreichen der Detonations·


[mm] geschwindigkeit Im]

einseitig 100 9,0 7,5 7,5


offen 200 15,0 12,5 7,5
400 >30,0 22,5 7,5
beidseitig 100 15,0 12,5 10,0
geschlossen 200 30,0 22,5 10,0
400 >30,0 30,0 10,0
5.1 Brenngase 261

Die Zahlenangaben in Tabelle 1.49 können nur richtungweisend sein und be-
ziehen sich auf die vorgegebene Versuchsanordnung (Abb. 1.248). Andere Ein-
richtungen können hiervon abweichende Werte ergeben.
Es sei noch erwähnt, daß sich sowohl in einseitig offenen als auch geschlos-
senen Rohren DN 125 bzw. DN 200 (I = 20/40 m) Propan in Mischung mit
Luft ebenfalls zu einer Detonation entwickelt, wenn eine kräftige Zündquelle
(explodierender Cu-Schmelzdraht E-1oo J) inmitten der Rohrleitungen ange-
ordnet ist. Die Optimalkonzentration beträgt in diesem Fall 3,5 VoIOJo.
Eine Sonderstellung nehmen die normalerweise nicht detonationsfähigen
Methan/Luft-Gemische ein. Während im Normalfall bei einer stationären De-
tonation, deren Geschwindigkeit über lange Rohrstrecken konstant ist, Stoß-
welle und Flammenfront aneinander gekoppelt sind, können bei instationären
Detonationen (um solche handelt es sich bei Methan) Stoßwelle und Brennzo-
ne wieder auseinanderlaufen und die Detonation zum Abbruch zwingen.
Scholl [167] untersuchte den Ablauf von Methanexplosionen im Außenraum
eines 30 m langen und geschlossenen Ringrohres (Außendurchmesser:
473,1 mm, Innendurchmesser: 339,7 mm, Wanddicke: 11-12 mm). Die Gemi-
sche wurden im ruhenden Zustand durch einen elektrischen Funken am ge-
schlossenen Rohrende eingeleitet. Bei Normaldruck (Pv = 0 bar) wurden le-
diglich maximale Explosionsgeschwindigkeiten von V rnax = 50 m/s beobachtet.
Anhebung des Vordruckes auf Pv = 2 bar ergab hingegen eine Detonation
(vrnax = 2000 m/s), und das der Zündquelle gegenüberliegende Leitungsende
wurde zerstört (Abb. 1.257).
Andernorts [168] wurde der Ablauf von Erdgas-Explosionen in einem
7"-Rohr (Wanddicke: 8 mm) untersucht, dessen Rohrlänge abschnittweise bis
zu 300 m verlängert wurde (Abb. 1.258). Dieses Brenngas hat im Rahmen der
Versuchsgenauigkeit die gleichen Explosionskenngrößen wie Methan bei ge-
ringfügig verschobener Optimalkonzentration. Die Gemische wurden im ru-
henden Zustand durch die aus dem Zündgehäuse austretende Flamme einer
Wasserstoffexplosion stöchiometrischer Zusammensetzung entzündet.

Abb.1.257. Durch Detonation zerstörtes Ende eines Ringrohres [167]


262 5 Rohrleitungen

L-co.50.100.200 u.300 m

Zündgehäu.e 1000
100 cm J

Druckgeber

perforierte. Rohr Analyse

Abgas

Abb. 1.258. Anordnung für die Untersuchung des Explosionsablaufs von Erdgas/Luft-
Gemischen in abschnittweise verlängerten 7"-Rohren

[m/s] ,---- ~ - - - - - - - - ,
:3~
".c ~

2~~
)( 1250 " .c
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1000
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0X\\~bgaSSChieber
i 0/ 0\'.
offen

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Cl

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750

500
~i/· 0\
'0;
o ~,. ~gasschieber .~
Ci geschlossen . Stoß;;;ile-
~ 250

o~ __ __ __ __ __
~ ~ ~ ~ ~~

o 50 100 150 200 250 [m]


Gesamtrohrlänge
Abb. 1.259. Explosionsgeschwindigkeit V ex von Erdgas in abschnittweise verlängerten
7"-Rohren (Optimalkonzentration im ruhenden Zustand, Flammenstrahlzündung)

Abbildung 1.259 zeigt für Optimalkonzentration in Abhängigkeit von der


Abgasschieberstellung die Explosionsgeschwindigkeit vex als Funktion der Ge-
samtrohrlänge 1. Zu beachten ist, daß sich bei "quasi offenem" Rohr die Zünd-
quelle im Bereich des geöffneten Abgasschiebers befand. 100 m Gesamtrohr-
länge sind notwendig, damit die Erdgasverbrennung im geschlossenen System
detonationsähnlichen Charakter hat. Weil nach dem Wirksamwerden der
Zündquelle im einseitig offenen Rohr ein Teil der Verbrennungsgase über dem
geöffneten Schieber in die freie Atmosphäre abströmen kann, ist in diesem Fall
zum Erreichen dieses Zustandes eine Gesamtrohrlänge von ca. 125 m notwen-
5.1 Brenngase 263

dig. Er ist aber nicht stabil und geht in längeren Rohren wiederum in eine Ex-
plosion über, die schließlich verlöscht. In 300 m langen Leitungen läuft nur
noch eine Stoßwelle durch das unverbrannte Gemisch am Rohrende, das hier
erneut entzündet werden konnte. Bei ausreichender Vorverdichtung des Erd-
gas/Luft-Gemisches in dieser grundsätzlich geschlossenen 7"-Leitung
(Pv = 1,5 - 3,0 bar) oszillierte die Explosion mit einer Frequenz von
10- 20 Hz, und ein Verlöschen der Flamme wurde unterbunden. Detonations-
ähnliche Verbrennungsabläufe oder Detonationen wurden im Gegensatz zu
den Beobachtungen von Scholl in relativ kurzen Rohren [167] nicht beobach-
tet.
Die Explosionsgeschwindigkeit Vex ist, wie gezeigt wurde, eine wichtige
Kenngröße, um den Ablauf von Brenngasexplosionen in Rohren zu charakteri-
sieren. In der Regel erhält man bei solchen Explosionsversuchen eine Reihe
von Meßwerten (Abb. 1.252), die neben dem Rohrdurchmesser auch von der
Brenngaskonzentration und dem Meßort abhängen. Die maximale Explosions-
geschwindigkeit Vmax wird daher als der höchste Geschwindigkeitswert defi-
niert, der sich aus Messungen über einen breiten Konzentrationsbereich bei
Optimalkonzentration, bezogen auf ein vorgegebenes Rohrsystem und be-
stimmte Versuchsbedingungen (Zündortlage und Zünd energie, im ruhenden
oder strömenden Zustand entzündetes Gemisch (Abb. 1.255», ergibt. Beide
Kenngrößen treten daher an die Stelle des zeitlichen Druckanstiegs dp/dt
(Abb. 1.28) und des maximalen zeitlichen Druckanstiegs (dp/dt)max
(Abb. 1.30), die u.a. den Explosionsablauf in geschlossenen Behältern beschrei-
ben.
Auch der Explosionsdruck Pex ist bei Explosionen in Rohren konzentrati-
ons- und meßortabhängig. In Analogie zu oben wird daher der maximale Ex-
plosionsdruck Pmax als der höchste Überdruckwert auf die Rohrwand defi-
niert, der bei Optimalkonzentration in einem vorgegebenen Rohrsystem bei be-
stimmten Versuchsbedingungen gemessen wird.
Umfangreiche Untersuchungen mit Methan, Propan und Wasserstoff in ein-
bzw. beidseitig offenen Rohren haben unabhängig von der Art des Brenngases,
dem Rohrdurchmesser und der Rohrlänge ergeben, daß zwischen dem auf die
Rohrwand senkrecht zur Ausbreitungsrichtung wirkenden maximalen Explo-
sionsdruck Pmax und der maximalen Explosionsgeschwindigkeit Vmax ein nahe-
zu linearer Zusammenhang besteht (Abb. 1.260).
Wegen des diskontinuierlichen Explosionsablaufs infolge von Schwingungs-
überlagerungen ist die Streuung der Meßwerte jedoch nicht unerheblich. Für
die Abschätzung der maximalen Druckäußerung gilt die Gleichung
Pmax = 0,0135 ·vmax ·
In geschlossenen Rohrsystemen ist der maximale Explosionsdruck, unabhän-
gig von der maximalen Explosionsgeschwindigkeit, additiv um durchschnitt-
lich 5 bar höher, d.h. es gilt die Abschätzungsgleichung
Pmax = 0,0135·vmax +5
für vmax > 0 m/s.
264 5 Rohrleitungen

[bar]
)( Rohrleityngen einseitig und beidseitig offen
"E 25 Methan
0- Propan
.:.: Wasserstoff
0
'"
.t; 20

0/0
CI)
c
0
'iii
0 15
Ci
x
W
L
Cl> 10
Ci
E
'x 5
0
E

mjs
maximale Explosionsgeschwindigkeit V max

Abb. 1.260. Brenngase: Zusammenhang zwischen der maximalen Explosionsgeschwindig-


keit vmax in Rohren und dem maximalen Explosionsdruck Pmax

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"2
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J
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[bar)

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""u2
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c 50
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)(

~22/:.7
UJ

0
0 300 [bar.m.slJ

KG-Wert

Abb. 1.261. Druck auf die Rohrwand und den Abschlußflansch, der dem Zündort gegen-
überliegt, im Falle einer Quasidetonation bzw. Detonation (l = 30 m, strömendes Gemisch)
5.1 Brenngase 265

Allgemein kann man sagen, daß bei einer Explosion (v rnax < 500 m/s) 10 bar
nicht überschritten werden, während bei detonationsähnlichem Ablauf oder
Detonationen (vrnax > 1000 m/s) 25 - 30 bar kurzzeitig auf die Rohrwand wir-
ken.
Umfangreiche Untersuchungen haben ergeben, daß Rohre, die für einen
Nenndruck von 10 bar Überdruck ausgelegt sind, die im Detonationsfall sehr
kurzfristig auftretenden Spitzendrücke überstehen, ohne zu bersten.
Besonders hohe Drücke stellen sich dann ein, wenn eine Detonation gegen
eine feste Wand, z. B. gegen den Abschlußflansch in einer Rohrleitung, läuft
(Abb. 1.261). Die Stoßwelle wird reflektiert. Der Druck auf den Abschluß-
flansch ist dann ca. dreimal so hoch wie der Druck auf die Rohrwand hinter
der Detonation.
Interessant ist die Feststellung, daß die Druckbelastung des Abschlußflan-
sches bei Wasserstoff deutlich niedriger ist als bei Methan und Propan. Als Ur-
sache hierfür ist anzusehen, daß im Falle der langsamer brennenden Kohlen-
wasserstoffe vor dem Eintreffen der Detonationsfront im Bereich des Flan-
sches eine druckverstärkende Vorkompression vorhanden ist. Derart hohe
Druckäußerungen sind daher auch im Explosionsfall zu beobachten, wenn
nämlich die Flammenfront in eine entsprechend hohe Vorkompression des Ge-
misches hineinläuft.
Abschließend sind in der Bilderfolge Abb. 1.262 die verschiedenen Stadien
des Verbrennungsablaufs von Propanexplosionen bis zum Umschlag in eine
Detonation mittels Schlierenaufnahmen [164, 165] wiedergegeben.
Zusammenfassend ist festzustellen, daß bei befürchteten Explosionen von
Brenngasen in Rohren besonders dann, wenn strömende (turbulente) Gemische
vorhanden sind und die Gefahr besteht, daß die Explosion von einem Lei-
tungsteil, gegebenenfalls über Querschnittveränderungen, in einen anderen
Leitungsteil übertragen wird, der Explosionsablauf weitgehend von Verdrän-
gungs- d. h. Strömungseffekten und den damit verbundenen Turbulenzände-
rungen der Gemische abhängig ist. Die normale Verbrennungsgeschwindigkeit
ist in diesen Fällen von untergeordneter Bedeutung, d.h. der Verbrennungsab-
lauf ist nahezu unabhängig von der Art des Brenngases und kann besonders
in Rohren mit engen Querschnitten nach relativ kurzen Anlaufwegen in eine
Detonation (bzw. Quasidetonation) umschlagen.
266 5 Rohrleitungen

c d

Abb.l.262. Verschiedene Stadien des Verbrennungsablaufs einer Propanexplosion [164,


165]. a Langsam (laminar) fortschreitende Verbrennung; banlaufende Thrbulenz; c turbu-
lent zerklüftete Flammenfront (hohe Strömungsgeschwindigkeit); d entstehende Stoßwellen
vor der Flammenfront (Überschallgebiet)
5.2 Brennbare Stäube 267

5.2 Brennbare Stäube

Bei Untersuchungen über den Ablauf von Staubexplosionen in Rohren war es


vor Versuchsbeginn früher üblich, das Produkt auf dem Rohrboden (oder auf
Konsolen) zu lagern. Eine brisante primäre Brenngasexplosion wirbelte den
abgelagerten Staub auf und entzündete das so entstandene Staub/Luft-Ge-
misch. Hierbei ergaben sich Schwierigkeiten bei der Konzentrationsangabe, die
sich im allgemeinen auf die vor dem Wirksamwerden der Zündquelle in das
Rohr eingebrachte Staub menge bezog. Ungefähr im Jahre 1968 wurde damit
begonnen, für die Herstellung explosionsfähiger Staub/Luft-Gemische in Roh-
ren das ursprünglich für geschlossene kubische Behälter vereinbarte und ge-
normte Staubuntersuchungsverfahren [127] anzuwenden. Zu folge der sich ein-
stellenden relativ homogenen Staubwolke (Abb. 1.153) war damit eine angenä-
herte Angabe der Staub konzentration möglich. Die folgenden Ausführungen
beziehen sich auf die Ergebnisse von Untersuchungen [141, 169, 170], die nach
dem vorgenannten Verfahren in Rohren mit zunächst relativ kleinen Quer-
schnitten durchgeführt wurden.
Für die Staubexplosionsversuche standen Stahlrohrleitungen (Nenndruck
PN 25) zur Verfügung, deren Gesamtlänge durch Zusammenflanschen von je-
weils 5 m langen Rohrteilstücken systematisch verändert werden konnte
(Abb. 1.263). Für jedes Rohrteilstück war ein 5,41-Staubvorratsbehälter vorge-
sehen, in dem das brennbare Produkt in abgewogenen Mengen vor Versuchs be-
ginn unter einem Luftdruck von 20 bar bereitgehalten wurde. Nach dem Akti-

Abb. 1.263. Rohrleitung DN 400 (I = 40 m) für Staubexplosionsversuche vorbereitet


268 5 Rohrleitungen

vieren der sprengkapselbetätigten Ventile trat der Staub über eng an der Rohr-
wand liegende, perforierte 3/4"-Verteilungsrohre in das Rohrinnere ein und er-
zeugte hier ein homogenes Staub/Luft-Gemisch. In jedem Rohrteilstück waren
die Staubverteilungsrohre diametral gegeneinander versetzt. Weil die Teilvolu-
mina z. T. sehr klein sind (DN 200: 0,16 m3/5 m Rohr), sind auch die benötig-
ten Staubmengen sehr gering und daher sehr rasch in das Rohrinnere einge-
bracht. Aus diesem Grund wurde die Zündverzögerungszeit zwischen dem Be-
ginn der Staubeingabe und dem Wirksamwerden der Zündquelle (pyrotechni-
sche Zünder mit einem Energieinhalt von E = 10 kJ) zu 1v = 0,3 s optimiert.
Die Staub/Luft-Gemische im Rohrinnern werden also bei einer deutlich höhe-
ren Thrbulenz entzündet als nach dem Normverfahren (vgl. Abb. 1.158).
Für die Untersuchungen standen zahlreiche brennbare Stäube zur Verfü-
gung, deren nach dem Normverfahren [127] gemessene staubspezifische Kenn-
größe in dem Bereich von 85 (Kohlenstaub) bis 550 bar· m . s -I (Aluminium-
staub) bei einem maximalen Explosionsdruck von Pmax = 7,6-12 bar lag.
Schon bald zeigte sich, daß das über den Explosionsablauf der Brenngase
in Rohren Gesagte (s. Kap. 5.1) auch für die brennbaren Stäube gilt: Heftigste
Explosionswirkungen sind in einseitig offenen Rohren bei Lage des Zündortes
am geschlossenen Ende zu beobachten. Dies gilt besonders dann, wenn die
Zündquelle in einem vorgesetzten Zündbehälter (Abb.1.248) wirksam wird,
d.h. wenn die turbulenten und strömenden Staub/Luft-Gemische in der eigent-
lichen Rohrleitung durch einen Flammenstrahl zur Explosion gebracht werden.
Abbildung 1.264 zeigt für diesen Fall den Einfluß, den der Rohrdurchmesser
DN bei konstanter Rohrlänge (l = 20 m) auf die Abhängigkeit der Explosions-
kenngrößen von der staubspezifischen Kenngröße KSt nimmt.
Wie bei den Brenngasen begünstigen auch im Falle der brennbaren Stäube
enge Rohrquerschnitte den Ablauf von Explosionen. Die Explosionskenngrö-
ßen werden mit fallendem Rohrdurchmesser und, wie erwartet, auch mit zu-
nehmender staubspezifischer Kenngröße deutlich angehoben. Wegen der bes-
seren Abkühlungsmöglichkeit ist der maximale Explosionsdruck in Rohren
DN 200 niedriger als in Rohren DN 400.
Aufgrund dessen konzentrierten sich die weiteren Untersuchungen auf die
Rohrleitung DN 400. Abbildung 1.265 zeigt für Puderzucker (Pmax = 9,3 bar,
KSt = 160 bar·m·s- I), daß in 40m langen, sowohl einseitig als auch beidsei-
tig geschlossenen Rohren detonations ähnliche Abläufe auftreten. Zwar ist ge-
genüber der einseitig geschlossenen Rohrleitung im druckdichten Rohr wegen
Herabsetzung der Verdrängungsgeschwindigkeit zum Rohrende hin die Explo-
sionsgeschwindigkeit niedriger, wegen des fehlenden Ausschubs wird jedoch
mehr Staub umgesetzt, und demzufolge ist der Explosionsdruck höher. Ursa-
che für die hohe Druckäußerung im Bereich des Zündortes (I = 0 m) ist die
nochmalige Reflektion des am gegenüberliegenden Flansch auftretenden Ex-
plosionsdruckes.
Staub explosionen in Rohren zeigen also ein ähnliches Verhalten wie Gasex-
plosionen. Sie sind besonders heftig, wenn sie durch den Flammenstrahl einer
in einem vorgeschalteten Behälter ablaufenden Staubexplosion entzündet wer-
den, d.h. wenn der Staub nicht nur aufgewirbelt wird, sondern das Gemisch
502 Brennbare Stäube 269

x
0 [bar] Rohrleitung einseitig
E
0.. offen
20 Zündquelle:
"'u" Flammenstrahl am
2 geschl.Rohrende
"0
l1l
15
c
0
°Ui 10
0
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x
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x
0
E 0
~ [m/sJ Detonation
E
>
,: 2000
.c
u
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Q)
cn 1500
U1
c
0
°Ui 1000
0
0.
x 500
w
x
0
E 0
0
K St

Abb.1.264. Einfluß des Rohrdurchmessers DN auf die Abhängigkeit der Explosionskenn-


größen von der staubspezifischen Kenngröße KSt (1 = 20 m, strömende Gemische)

[bar]
30 I-
)(

0.. " 25 r-
.::L
o
...:J 20 I-
"0
l1l
C 15 I-
o
°üi
o 10 r-
0.
x 51-
w
o I I I I I I I

[m/s]

0/
Rohrleitung: /
)(
>" 2000 -
° einseitig offen
• beidseitig geschlossen
/0
._
3i Zundquelle: Flammen-
{3 1500 _ strahl am geschl. ).
~ Rohrende
g' •
c 1000 - 0,/
o~ 'j~
% 5001- ~i-:::::-
~ i:;:::::::;~
o I I I I I L I
o 5 10 15 20 25 30 35 [m]
Rohrlänge I

Abb. 1.265. Explosionskenngrößen von Puderzucker in einem einseitig und beidseitig ver-
schlossenen Rohr DN 400 von 40 m Länge (strömende Gemische)
270 5 Rohrleitungen

sich noch zusätzlich im strömenden Zustand befindet. Als Orientierungshilfe


möge Abb. 1.266 dienen. Dort sind für einen technischen Durchmesser von
400 mm der maximale Explosionsdruck Pmax und die maximale Explosionsge-
schwindigkeit Vmax bei verschiedener Länge in Abhängigkeit von der staubspe-
zifischen Kenngröße Kst für den Fall einer Flammenstrahlzündung dargestellt.
Es zeigt sich, daß im Vergleich zu den Brenngasen die Rohrlänge von sehr viel
entscheidenderem Einfluß auf das Explosionsgeschehen ist. Bei Längen von
20-40 m können Explosionen brennbarer Stäube, deren staubspezifische
Kenngrößen Kst >2oo bar·m·s- 1 ist (Holz-, Pigment-, Aluminiumstaub) in
eine Detonation umschlagen, mit Geschwindigkeiten, die in der Größenord-
nung von 2000 mls liegen. Die hierbei auftretenden Druckäußerungen entspre-
chen denjenigen von Gasdetonationen.
Unter Detonation von brennbaren Stäuben wird hier ein Verbrennungspro-
zeß verstanden, der über längere Strecken mit einer konstanten Geschwindig-
keit und konstantem Detonationsdruck abläuft. Ob es sich dabei um stabile
Detonationen oder Quasidetonationen handelt, kann z. zt. noch nicht ent-
schieden werden. Die Anlaufwege zum Erreichen der sehr hohen Geschwindig-
keiten sind im Falle der brennbaren Stäube ungefähr doppelt so lang wie bei
den Brenngasen, Übereinstimmung der gas- und der staubspezifischen Kenn-
größe vorausgesetzt. Die hierfür notwendige optimale Staubkonzentration
liegt mit i. allg. 100-250 g/m3 deutlich niedriger als in kubischen Behältern
(Abb.1.157).

[bar]
11
E
Q. 20
~
0
2
"C
15
UI
C
0
·iii 10
0
0..
)(
w 5
0
11 [rn/5] Rohrleitungen
E eln.eltlg
>
3i 2000 geschlossen
Zündquene:
~
0
UI
Flommen-
GI 1500 strahl
01 am geschlo
UI
c Rohr-
0
°iii 1000 ende
0
ä.
)(
w 500
0
0
Abb. 1.166. Rohr DN 400. Einfluß der Rohrlänge I auf die Abhängigkeit der Explosions-
kenngrößen von der staubspezifischen Kenngröße KSt (strömende Gemische)
5.2 Brennbare Stäube 271

Gemäß Abb. 1.267 steht der maximale Explosionsdruck Pmax auch von
Staubexplosionen in Rohren (vgl. Abb. 1.260) in einem quasi linearen Zusam-
menhang zur maximalen Explosionsgeschwindigkeit Vmax und ist nahezu un-
abhängig von der Staubart. Die Streuung der Meßwerte ist bedingt durch die
unterschiedlichen Überlagerungen des zeitlichen Ablaufs der Reaktionen. Es
gelten die gleichen Abschätzungsgleichungen für den maximalen Explosions-
druck, wie sie auf S. 263 für die Brenngase angegeben wurden.
Sind Behältern, in denen mit dem Auftreten von Staubexplosionen zu rech-
nen ist, lange Rohrleitungen mit Krümmern oder Abschlußflanschen nachge-
setzt, so ist hier mit ähnlich hohen Druckäußerungen zu rechnen, wie in
Abb. 1.261 gezeigt.
Vogl [171] untersuchte den Explosionsablauf unterschiedlich heftig
reagierender brennbarer Stäube der Staubexplosionsklasse St 1 (Kst:S
200 bar'm 'S-I) in einer pneumatischen Saug-Flug-Förderanlage DN 200
(Abb. 1.268) unter praxisnahen Bedingungen bei Fördergeschwindigkeiten
VF= 15-30m/s.

~
c.E [bar1 . - - -- -- - - - - -
KSt
-'"
u 20 + - 1
::J
'- Kohlenstaub : 85 [bar,rn,s- 1
'tJ
Vl
C
Methyleellulose : 130
o Puder zucker : 160
'Vi
.9 10 Holzstäube : 230
c.
x
UJ Pigmente : 300
'-
QJ
Aluminium : 550
Ö 01lL.l~....I...-_--I--_.J..----'-----'
E
g o 500 1000 1:«) 2000 [m/s1
E maximale Explosionsgeschwindigkeit V mox

Abb.1.267. Brennbare Stäube: Zusammenhang zwischen der maximalen Explosionsge-


schwindigkeit vrnax und dem maximalen Explosionsdruck Prnax in Rohren

Abb. 1.268. Pneumatische Saug-Flug-Fördereinrichtung DN 200 (Förderlänge I = 38 m)


272 5 Rohrleitungen

Bei Gemischentzündung im Bereich der Produktaufgabe strömen die Ver-


brennungsgase über die Luftansaugöffnung des Fördersystems ungehindert in
die freie Atmosphäre ab. In Analogie zu den Brenngasen (Abb.1.247 und
1.250: Zündquelle am offenen Ende eines Rohres) entwickelt sich, unabhängig
von der Staubart, eine relativ langsam ablaufende Staubexplosion zum Zyklon
hin. Bei einem Explosionsdruck von einigen zehntel Bar liegt die mittlere Ex-
plosionsgeschwindigkeit etwas oberhalb der Fördergeschwindigkeit.
Wesentlich heftiger war der Explosionsablauf bei Verlegung der Zündquelle
in die Mitte der Förderleitung, d.h. in die Mitte des Rohrbogens (s. Abb. 1.268).
Begonnen wurde mit einer Förderlänge I = 38 m und der Explosionsablauf
von Maisstärke (Pmax = 9,4 bar, Kst = 217 bar·m·s- 1) untersucht. Nach Über-
schreiten der sogenannten "Anlaufphase" beim 7. Leitungsmeter sowohl zur
Produktaufgabe als auch zum Zyklon hin werden Explosionsdruck und Explo-
sionsgeschwindigkeit sprunghaft angehoben und die abschnittweise gemittelte
Flammenlaufzeit deutlich verkürzt. Bei einer Förderlänge I = 46 m war die
"Anlaufphase" erst beim 11. Leitungsmeter beendet. Verlängerung der Förder-
leitung beiderseits des Zündortes um 4 m verlängert die Anlaufphase offen-
sichtlich um den gleichen Betrag. Dieser Effekt, der auch eine Verkürzung der
Anlaufphase bei entsprechend verminderter Förderlänge erwarten läßt, wurde
bei Untersuchungen von Staubexplosionen in Rohren nach dem Normverfah-
ren (Produkteingabe aus Vorratsbehältern) bisher nicht beobachtet.
Die Fördergeschwindigkeit Vp ist bei einer Förderlänge von I = 38 m bestim-
mend für die Höhe der Explosionskenngrößen von Maisstärke in Abhängigkeit
vom Laufweg L. Bei Verlängerung auf I = 46 m werden hingegen Explosions-
druck und Explosionsgeschwindigkeit nur im Rahmen der Versuchsgenauig-
keit durch die Fördergeschwindigkeit verändert. Um unabhängig vom Einfluß
der Fördergeschwindigkeit zu sein, wird in Abb. 1.269 die gegenseitige Abhän-
gigkeit der Explosionskenngrößen betrachtet.

[bar]
gegen die Förderrichtung f in Förderrichtung

x
40 • .!lli2.QQ 1=38'm 1=46 m
Maisstärke
c1! o vF=15 m/s • vF=15-30 m/s
b. vF=20 m/s
.::L
u 30 o vF=25 m/s
:::l
L
-0
° vF=30 m/s
Vl
c
20
0,
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0
0..

x o,~

..
b.,
W 10
0 0 "'0
~.
0
[rn/sJ 1000 750 500 250 0 250 500 750 1000 [rn/sJ
Explosionsgeschwindigkeit vex
Abb. 1.269. Explosionsdruck Pex als Funktion der Explosionsgeschwindigkeit Vex (Zünd ort:
Mitte Rohrbogen)
5.2 Brennbare Stäube 273

Der Explosionsdruck verändert sich zwar proportional zur Explosionsge-


schwindigkeit, wird aber sprunghaft angehoben, wenn diese die Schallge-
schwindigkeit bzw. die doppelte Schallgeschwindigkeit überschreitet. Auch
diese Einflußnahme wurde bisher bei Untersuchungen nach dem Normver-
fahren (Abb. 1.267) nicht festgestellt. Sie gilt auch für Weizenmehl (Pmax =
8,5 bar, KSt = 114 bar' m . s -1) und Lycopodium (Pmax = 8,4 bar, KSt =
154 bar' m . s -1). Allerdings erreichte die Explosionsgeschwindigkeit beider
Produkte nur den Bereich der doppelten Schallgeschwindigkeit.
Abbildung 1.270 vergleicht für alle untersuchten brennbaren Stäube den so-
wohl in (Zyklon) als auch gegen die Färderrichtung (Produktaufgabe) gemes-
senen Explosionsdruck Pex und die Explosionsgeschwindigkeit Vex in Abhän-
gigkeit vom Laufweg L für eine Färderlänge I = 46 m.

[bar] \
x
"
30 r-
°
DN200.1=46 m
vF=15 - 30 m/s
- ° Maisstärke
'" Lycopodium /0
0.. o Weizenmehl
- °
10 r-L>
.::,::
\

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Cf)
3 r- o, -
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° ",-::;0
0.. 1r-
-""'::::A
w
X
",~o
0 I I I 10 I I
[m] 18,75 12,5 6,25 0 6,25 12,5 18,75 [m]
Laufweg L

x [m/s] \ DN2001=46 m ° Maisstärke /


>" 30 / '" Lycopodium
750 vF =15 - m s r- 0 Weizenmehl

i 500~:<\
§ '-."'"
c-
/0 ",,/0
/~"
'üj 00", ° C?0
o 250- "o~ " I- /°...00
3" "a~o ~a'/
o I I AI 18" I I
[m] 18,75 12,5 6,25 0 6,25 12,5 18,75 [m]
Laufweg L

i
Zündort
..:::::., Produktaufgabe

Rohrbogen

Abb. 1.270. Explosionsdruck Pex und Explosionsgeschwindigkeit V ex als Funktion vom


Laufweg L
274 5 Rohrleitungen

Der Explosionsdruck der Produkte folgt einer e-Funktion, während sich die
Explosionsgeschwindigkeit proportional zum Laufweg verändert. Ihr Druck-
und Geschwindigkeitsverhalten in beiden Richtungen ist bei überhöhtem Ex-
plosionsdruck von Maisstärke im Bereich der Produktaufgabe ähnlich.
Die Flammenlaufzeit der brennbaren Stäube zwischen dem Zündort und der
Produktaufgabe ist größer als zum Zyklon hin. Dies kann durch einen zeitver-
zögerten Explosionsanlauf im Zündquellenbereich erklärt werden, weil die Ex-
plosionsausbreitung gegen die Förderrichtung von einem höheren Explosions-
druck ausgeht als in Förderrichtung. Außerhalb dieses Bereiches stimmen die
abschnittweise gemittelten Flammenlaufzeiten für jedes Produkt im Rahmen
der Versuchsgenauigkeit in beiden Richtungen überein.
In Thbelle 1.50 sind die aus den Untersuchungen resultierenden maximalen
Explosionskenngrößen der Produkte zusammengefaßt und in Abb. 1.271 gra-
phisch dargestellt. Die Erfahrung lehrt, daß der nach dem Normverfahren in
kubischen Behältern gemessene maximale Explosionsdruck von wesentlichem
Einfluß auf die Druckentwicklung von Staub explosionen in Rohren ist. Daher
wurden die bei den maximalen Explosionsgeschwindigkeiten gemessenen ma-
ximalen Druckwerte von Weizenmehl (Pmax = 8,5 bar) und von Lycopodium
(Pmax = 8,4 bar) auf den bei gleicher Explosionsgeschwindigkeit mit Maisstär-
ke (Pmax = 9,4 bar) zu erwartenden Explosionsdruck angehoben.
Ist die staubspezifische Kenngröße Kst > 150 bar· m . s -1, wird der maximale
Explosionsdruck wiederum sprunghaft angehoben und erneut die höhere
Druckwirkung der Explosionen zur Produktaufgabe hin bestätigt. Dies gilt
auch für die maximale Explosionsgeschwindigkeit, aber mit einem deutlich ge-
ringeren Einfluß der Explosionsrichtung. Es gelten folgende empirische Glei-
chungen:
Maximaler Explosionsdruck Pmax in Förderrichtung:
Kst ::5; 150 bar·m ·S-1: Pmax = 0,05· KSt
KSt > 150 bar·m ·S-1: Pmax = 0,324· KSt -41,67
Maximaler Explosionsdruck Pmax gegen die Förderrichtung:
Kst ::5; 150 bar·m ·S-1: Pmax = 0,05· Kst
Kst > 150 bar·m ·S-1: Pmax = 0,4413· KSt -55,06

Tabelle 1.50. Maximale Explosionskenngrößen brennbarer Stäube in pneumatischer Saug-


Flug-Förderanlage DN 200 bei 48 m Förderlänge (vp = 15 - 30 m/s, Pmax = 9,4 bar)

Maximalwerte In Förderrichtung Gegen die Förderrichtung

Staubart K St Pmax vmax Pmax vmax


[bar-m·s- I ] [bar] [m/s] [bar] [m/s]

Weizenmehl 114 6,3 459 5,1 419


Lycopodium 154 8,2 537 12,9 646
Maisstärke 217 28,6 1041 40,7 1061
5.2 Brennbare Stäube 275

Maximale Explosionsgeschwindigkeit Vmax in und gegen die Förderrich-


tung:
Kst:S 150 bar' m . s -1: vmax = 4,2' KSt
Kst > 150 bar·m·s- 1: vmax = 6,59·KSt -368.
Auch die Flammenlaufzeiten zwischen dem Zündort und dem Zyklon bzw. der
Produktaufgabe fallen linear mit zunehmender staubspezifischer Kenngröße
[171].
Die optimalen Staubkonzentrationen für das Einstellen der Höchstwerte der
Explosionskenngrößen sind mit < 300 g/m3 in der pneumatischen Saug-Flug-
Förderanlage DN 200 deutlich niedriger als bei Untersuchungen nach dem
Normverfahren in kubischen Behältern mit > 500 g/m3•
Die bisherigen Erkenntnisse basieren zwar auf Explosionsversuchen mit
Produkten der Staubexplosionsklasse St 1, aber mit einem Staub im oberen
Grenzbereich (Maisstärke: KSt = 217 bar·m·s- 1) ergaben sich Explosionsge-
schwindigkeiten von -1000 m/s in Verbindung mit Explosionsdrücken von ei-
nigen 10 bar, d.h. detonations ähnliche Abläufe. Man kann daher davon ausge-
hen, daß dies unter gleichen Bedingungen hinsichtlich Förderrohrdurchmesser,

x
c [bar]
E DN2001=46 m

.f'
0..
vF =15-30 m/s •
.Y 40
()
:J °
Pm.,.9,4 b"(N~Wrl1
in Förderrichtung
'-
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(f) 30 • gegen die
c
0
0Cij
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0 20
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x0 10 0--,"0
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0

x
>E [m/s]
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(f)
c
o
(f)
o
0..
x
W
x
o
E
o 50 100 150
staubspezifische Kenngröße K St
Abb. 1.271. Maximale Explosionskenngrößen als Funktion der staubspezifischen
Kenngröße KSt (Zündort: Mitte Rohrbogen)
276 5 Rohrleitungen

Förderlänge und Zündortlage auch für Produkte der Staubexplosionsklassen


St 2 und St 3 gilt. Rückschlüsse auf den Explosionsablauf in längeren Förder-
leitungen DN 200 (> 46 m) können z. Zt. noch nicht gezogen werden, weil
noch zu wenig über den Einfluß der bereits erwähnten "Anlaufphase" auf das
Explosionsgeschehen bekannt ist (s. auch Thil In, Kap. 8).
Ob in einem explosionsfähigen Staub/Luft-Gemisch eine stabile, selbsterhal-
tende Detonation überhaupt existieren kann, ist zwar umstritten, aber zu ver-
muten, weil bei den bisherigen Untersuchungen (Abb. 1.266) über größere
Rohrlängen sehr hohe und im Rahmen der Versuchsgenauigkeit konstante Ex-
plosionsgeschwindigkeiten (Detonationsgeschwindigkeiten) beobachtet wur-
den. Um hier eine Klärung herbeizuführen, untersuchten Zhang und Grönig
[172] das Reaktionsverhalten von Maisstärke/Sauerstoff-Gemisch in einem
Rohr von 141 mm Innendurchmesser und 17,4 m Länge. Der zu untersuchende
Staub wurde in einer der gewählten Staubkonzentration entsprechenden Men-
ge zunächst gleichmäßig auf dem Rohrboden verteilt und anschließend von der
aus einem Verwirbelungsrohr mit 580 Bohrungen kommenden Gasströmung
aufgewirbelt. Als Zündquelle diente an einem Rohrende die Flamme eines stö-
chiometrischen Knallgas-Gemisches im abgetrennten Zündrohr, die über eine
20 mm-Bohrung in das eigentliche Rohr eintrat. Zhang und Grönig konnten
auf diese Weise zum ersten Mal den Nachweis einer stabilen, sich selbst erhal-
tenden Detonation von Maisstärke in Mischung mit Sauerstoff erbringen. Bei
einer Detonationsgeschwindigkeit von knapp 2000 m/s lag der Detonations-
druck im stabilen Verbrennungsgebiet in dem Bereich von 37 -678 bar. Nach
Umbau ihrer Versuchsanlage werden Zhang und Grönig auch das Explosions-
verhalten von Staub/Luft-Gemischen hinsichtlich der Möglichkeit des Entste-
hens stabiler Detonationen untersuchen. Liegen diese Untersuchungsergebnis-
se vor, kann davon ausgegangen werden, daß die seit langer Zeit erhoffte Klar-
heit über den Druck- und Geschwindigkeitsverlauf in engen Rohren entzünde-
ter Staub/Luft-Gemische geschaffen wird.
Weniger umfassend sind die Erkenntnisse über den Ablauf von Staubexplo-
sionen in Rohren mit großen Durchmessern (Abb. 1.249). Auch in diesem Fall
wurde für die Herstellung der Staub/Luft-Gemische das Normverfahren ange-
wendet. Der brennbare Staub wurde jedoch aus unter Druck stehenden, wech-
selseitig an der Rohrwand angeordneten 101-Staubvorratsbehältern ausge-
bracht und über die übliche perforierte Halbringdüse (Abb. 1.156) verteilt. Als
Zündquelle dienten entweder pyrotechnische Zünder mit einem Energieinhalt
von 10 kJ oder aber die Flamme einer örtlich begrenzten Brenngasexplosion
(im allgemeinen Methan oder Propan) in einem Zündvolumen, welches durch
eine dünne Folie vom eigentlichen Rohr getrennt war. Die Zündverzögerung
nach dem Beginn der Staubeingabe betrug im allgemeinen t y = 0,9 s.
Zunächst zeigte sich, daß die Verdrängungsgeschwindigkeit des noch unver-
brannten Gemisches vor der Flammenfront auch in Rohren von großem
Durchmesser von wesentlicher Bedeutung auf das Explosionsgeschehen ist
(Abb. 1.272). Im einseitig geschlossenen Rohr steigert sich die Verdrängungsge-
schwindigkeit ungehindert zum offenen Mundloch hin, d.h. die Explosionsge-
schwindigkeit nimmt, abhängig von der Staubart, stetig zu. Sie geht hingegen
5.2 Brennbare Stäube 277

[m/s} Kohlenstaub:
Pmax =7.6 bar,K St =85 bar.rn .s-1
400 o Rohrleitung einseitig offen
• Rohrleitung beidseitig geschlossen

300
x
~
> 200
+'
'Qi
-a, 100
:0
c
'j
.r::
~ [m/s} r - - - - - - - - - - - - - - z 1 n
<ll Puderzucker: /
01 Pmax =9,3 bar
~ 400 Kst =160 bar.rn.s- 1
.~ ~Rohrleitung einseitig ~
o offen /
~ 300 ... Rohrleitung beidseitig
w geschlossen /~
200 ... ~,-...,;/1;
'X''\
I, .~.
'A
100 ~--
~ ",.,-4"
OL-____L-____L -__~L'~'~~
o 10 20 30 [m]
Rohrlänge

Abb.1.272. Explosionsgeschwindigkeit Vex brennbarer Stäube in einseitig und beidseitig


verschlossenen Rohren (DN 1400 von 40 m Länge)

gegen Null, wenn das der Zündquelle gegenüberliegende Rohrende verschlos-


sen ist. Ein entsprechendes Verhalten zeigt auch die Explosionsgeschwindig-
keit. Der maximale Explosionsdruck lag im einseitig offenen Rohr zwischen
0,5 bar (Kohlenstaub) und 2,1 bar (Puderzucker) und im geschlossenen Rohr
in der Größenordnung von 5 bar.
Tabelle 1.51 macht als Orientierungshilfe Angaben über die in Rohren von
großem Durchmesser zu erwartenden Explosionskenngrößen in Abhängigkeit
von den nach dem Normverfahren im kubischen Behälter gemessenen Explo-
sionskenngrößen.

Tabelle 1.51. In Rohren DN der Rohrlänge I zu erwartende Explosionskenngrößen in Ab-


hängigkeit von der nach dem Normverfahren gemessenen Explosionskenngrößen (Rohrlei-
tung einseitig offen, Zündquelle am geschlossenen Ende)

Normverfahren Rohrleitung

Pmax K S1 DN I Pmax vmax


[bar] [bar'm 'S-I] [mm] [m] [bar] [m/s]

7,6 -iOO 1400 20 0,2 125


7,6-9,3 -iOO-200 1400 40 0,5 -2,1 300-500
8,0-9,0 100-300 1600 iO 0,4-0,8 150-220
7,6 -100 2500 40 1,5 500
278 5 Rohrleitungen

Die Angaben der Tabelle machen deutlich, daß, wie zu erwarten, auch der
Einfluß der Rohrlänge I auf das Explosionsgeschehen in Rohren von großem
Durchmesser besteht. Die festgestellten Explosionswirkungen sind gegenüber
Rohren mit engen Querschnitten geringer. Dies ist sicherlich auf die verschie-
denen Untersuchungsverfahren, d.h. auf die unterschiedliche Gemischturbu-
lenz beim Wirksamwerden der Zündquelle zurückzuführen.
Abbildung 1.273 vermittelt einen Eindruck der Flammenausbreitung von
Staubexplosionen im Nahbereich des Mundlochs eines einseitig offenen
1600mm-Rohres von 10m Länge, in dem jeweils 10kg Staub~500g/m3 zur
Explosion gebracht worden sind. Die Ausdehnung der Flamme des zunächst
unverbrannt aus dem Mundloch ausgestoßenen und die durch nacheilende
Flamme entzündeten Staub/Luft-Gemisches ist, bezogen auf diejenige einer

b
Abb. 1.273. Flammenausbreitung von Staubexplosionen im Nahbereich des Mundlochs eines
10 m langen 1600 mm-Rohres. a Pharmaprodukt, b organisches Pigment
5.3 Hybride Gemische 279

Propanexplosion (Abb. 1.251), nicht nur anhaltender und umfangreicher, son-


dern sie führt auch die katastrophalen Folgen einer Sekundärexplosion vor
Augen.
Zusammenfassend ist daher festzustellen, daß auch der Verbrennungsablauf
von Staub/Luft-Gemischen weitgehend von Verdrängungseffekten und damit
verbundenen TurbulenZänderungen des noch unverbrannten Gemisches vor
der Flammenfront bestimmt wird. Besonders in engen Rohren können bei strö-
menden Gemischen und Flammenstrahlzündung aus einem vorgesetzten Be-
hälter Staubexplosionen in Quasidetonationen oder Detonationen mit erhebli-
chen Druckwirkungen umschlagen. Die Anlaufwege bis zum Erreichen der
sehr hohen, über längere Strecken konstanten Geschwindigkeit sind im Falle
der brennbaren Stäube jedoch länger als bei den Brenngasen. An Abschluß-
flanschen oder Krümmern können überhöhte Druckwerte auftreten.

5.3 Hybride Gemische

Im Kap. 4.1 wurde über den Einfluß berichtet, den eine Zumischung von Brenn-
gas zur Verbrennungsluft auf den Ablauf von Staubexplosionen in kubischen
Behältern nimmt. Bereits bei Vorhandensein geringer Brenngasgehalte unterhalb
der unteren Explosionsgrenze wurde die Explosionsheftigkeit der brennbaren
Stäube deutlich verstärkt. Es konnte daher angenommen werden, daß eine ähn-
liche Einflußnahme auch bei Staubexplosionen in Rohren gegeben ist.
Bruderer [173] führte entsprechende Untersuchungen mit hybriden Gemi-
schen aus Maisstärke und Propan in Rohren DN 200 von 30 m Länge durch.
Er wendete für die Herstellung der Staub/Luft-Gemische grundsätzlich das
Normverfahren [127] an und verteilte den Staub über längs der Rohrwand an-
geordnete perforierte Rohre. Die Versuche fanden in Luft oder aber in Gegen-
wart von bestimmten Propangehalten in der Verbrennungsluft statt. Als Zünd-
quelle dienten am Rohrende angeordnete pyrotechnische Zünder mit einem
Energieinhalt von E = 10 kJ. Das Untersuchungsergebnis faßt Tabelle 1.52 zu-
sammen.

Tabelle 1.52. Explosionskenngrößen hybrider Gemische aus Maisstärke mit Propan in ein-
seitig offener Rohrleitung DN 200 von 30 m Länge (Zündquelle am geschlossenen Rohr-
ende)

Maisstärkekonzentration Propankonzentration Pex vex


[g/m 3] [Vol%] [bar] [m/s]

250 0 1,3 224


2 1,9 316
3 5,0 561
500 0 1,0 202
2 1,1 285
3 2,2 505
280 5 Rohrleitungen

Zusätzliches Vorhandensein von Propan in der Verbrennungsluft verstärkt,


wie erwartet, die Explosionsheftigkeit von Maisstärke-Staubexplosionen selbst
dann, wenn die Zumischung im Bereich der unteren Explosionsgrenze
(2 Volll,1o) liegt. Höchstwerte für die Kenngrößen der hybriden Gemische sind
bei der vor Versuchsbeginn bestimmten, relativ niedrigen optimalen Staubkon-
zentration von 250 g/m3 festzustellen.
Durch obige Aussage werden die Ergebnisse früherer Untersuchungen [41,
174] bestätigt, die in Rohren DN 1400 bzw. DN 2500 mit hybriden Gemischen
aus Kohlenstaub und Methan durchgeführt wurden. Sie ergaben, daß bis zu
Methangehalten von s7 Vol% (auch unterhalb der unteren Explosionsgrenze
von 5 Vol %) eine Zunahme des Explosionsdruckes und der Explosionsge-
schwindigkeit der reinen Kohlenstaubexplosion festzustellen ist, während hö-
here Methangehalte zu einer Dämpfung des Explosionsablaufs führen. Wird
Methan in kubischen Behältern zur Verbrennungsluft zugeführt (Abb. 1.235,
1.236), dann zeigt sich eine ähnliche Einflußnahme auf den Ablauf von Staub-
explosionen.
6 Zusammenfassung

Beim Umgang mit brennbaren Stoffen, die in drei Gruppen eingeteilt werden
können
Gase, Dämpfe/Nebel (Flüssigkeiten),
- brennbare Stäube und
- hybride Gemische aus den beiden oben genannten Stoffgruppen
kann Brand- und Explosionsgefahr gegeben sein. Für die Beurteilung der Ent-
zündungsgefahr solcher Stoffe, im allgemeinen in Mischung mit Luft, und
FestIegung von Schutzmaßnahmen gegen das Entstehen und die Auswirkun-
gen von Explosionen müssen bestimmte sicherheitstechnische Kenngrößen be-
kannt sein. Dies sind im allgemeinen keine physikalischen Konstanten, sondern
auf spezielle Prüfverfahren bezogene Größen, die von zusätzlichen Parametern
beeinflußt werden können. Daher gehört in der Regel zum Zahlenwert auch die
Angabe der Bestimmungsmethode.
Die Stoffeigenschaften allein sind noch kein ausreichender Hinweis auf die
Art der zu treffenden Schutzmaßnahme. In die Betrachtungen müssen daher
immer die Verfahrens- und Anlagengegebenheiten einbezogen werden, an de-
nen sich der Umfang der experimentellen Untersuchungen in konsequenter Zu-
sammenarbeit zwischen dem Prüfer und dem Anwender orientiert.
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Teil 2

Generelle Schutzmaßnahmen gegen das Entstehen


und die Auswirkungen von Explosionen
1 Einleitung

Seit brennbare Stoffe im technischen Maßstab verarbeitet, hergestellt oder ge-


fördert werden, kommt es immer wieder zu Explosionen (Abb. 1.6, 1.7). Die
Druckwirkungen und ausbrechende Feuer sind Ursache vieler Schäden an Fa-
brikationsanlagen und Gebäuden (Abb. 2.1). Häufig sind sogar Menschenle-
ben zu beklagen. Die Sicherheitstechnik hat die Aufgabe, solche Schäden zu
verhindern oder doch zu beschränken [1]. Sie soll dabei nicht aufgrund stei-
gender Unfallzahlen den Sicherheitsrnaßstab korrigieren, sondern aufgrund
der Analyse vorausschauend handeln [2].
Gase und Dämpfe sind explosionsfähig, wenn sie in der Apparatur zur Be-
stimmung der Explosionsgrenzen (Abb. 1.10 [3]) oder in einer anderen geeigne-
ten Apparatur (Abb. 1.11) in Gegenwart einer Zündquelle mit einem Energiein-
halt von ca. E = 10 J eine selbständige Flammenausbreitung haben.

Abb. 2.1. Fabrikationsraum nach einer Staubexplosion mit Nachfolgebrand


294 1 Einleitung

Dies gilt auch für die Beurteilung der Explosionsfähigkeit von Stäuben,
wenn die Untersuchungen in einem geschlossenen 1 m3-Behälter (Abb.1.156)
nach dem vereinbarten und genormten Verfahren [4] in Gegenwart einer Zünd-
quelle mit einem Energieinhalt von E = 10 kJ durchgeführt werden. Diese sehr
hohe Zündenergie ist in der 201-Laborapparatur (Abb. 1.163) von Einfluß auf
das Zündverhalten besonders der schwer entzündlichen brennbaren Stäube.
Daher ist nach Untersuchungen von Siwek (Abb. 2.2 [5]) in der Kleinapparatur
eine Prüfzündenergie von E = 2 kJ anzuwenden, um eine übereinstimmende
Aussage über die Staubexplosionsfähigkeit eines Produktes in beiden Appara-
turen zu erhalten.
Es ist jedoch darauf hinzuweisen, daß einige wenige brennbare Stoffe für ei-
ne selbständige Flammenausbreitung eine höhere Zündenergie benötigen, als
oben angegeben.
Der Explosionsschutz umfaßt die Explosionsgefahren beim Umgang mit
brennbaren Stoffen, die eine gefahrdrohende Menge explosionsfähiger Atmo-
sphäre bilden können, und die Beurteilung der Wirksamkeit von Schutzmaß-
nahmen zur Vermeidung dieser Gefahren. Das Unfallrisiko soll mindestens so
weit beschränkt werden, daß es vertretbar ist.
Welche Menge an explosionsfähiger Atmosphäre ist als gefahrdrohend anzu-
sehen? Dies ist nach Angaben der Explosionsschutz-Richtlinien [6] der Fall,
wenn 10 I explosions fähige Atmosphäre unabhängig von der Raumgröße in ge-
schlossenen Räumen in zusammenhängender Menge auftreten. Nach einer
Faustregel gilt, daß in solchen Häusern explosionsfähige Atmosphäre von
mehr als einem Zehntausendstel des Raumvolumens, d.h. 10 I in 100 m\ als
gefahrdrohend anzusehen ist. Diese Angaben sind, was häufig vergessen wird,
richtungweisend. Auch kleinere Mengen können gefahrdrohend, größere hin-
gegen ungefährlich sein. In die Betrachtungen ist immer die Art und der Ort
des Entstehens einer explosionsfähigen Atmosphäre, und ob und wie sie um-
schlossen ist, einzubeziehen.

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MZE:1-m3.ßeoolter/tv=O.6s (J]
Abb. 2.2. Vergleich der Mindestzündenergie MZE schwer entzündlicher Stäube
im 1 m3-Behälter und in der 20 l-Laborapparatur
1 Einleitung 295

Die folgenden Ausführungen beschreiben die Maßnahmen gegen das Entste-


hen und die Auswirkungen von Explosionen. Die Explosionsschutz-Richtlini-
en [6] unterscheiden zwischen dem primären Explosionsschutz und dem se-
kundären Explosionsschutz. Diese Maßnahmen sind wie folgt aufgegliedert:
Primtirer Explosionsschutz
Maßnahmen, welche eine Bildung gefährlicher explosionsfähiger Atmo-
sphäre verhindern oder einschränken
• Vermeidung oder Einschränkung von Stoffen, die explosionsfähige
Gemische zu bilden vermögen
• Verhinderung oder Einschränkung der Bildung explosionsfähiger Ge-
mische im Innern von Apparaturen
•• Konzentrationsbegrenzung
•• Inertisierung
• Verhinderung oder Einschränkung der Bildung gefährlicher explo-
sionsfähiger Atmosphäre in der Umgebung von Apparaturen
• Überwachung der Konzentration in der Umgebung von Apparaturen.
Sekundärer Explosionsschutz
Maßnahmen, welche die Entzündung gefährlicher explosionsfähiger At-
mosphäre verhindern
• Zoneneinteilung explosionsgefährdeter Bereiche
• Umfang der Schutzmaßnahmen
• Zündquellenarten und Schutzmaßnahmen
Konstruktive Schutzmaßnahmen, welche die Auswirkungen einer Explo-
sion auf ein unbedenkliches Maß beschränken
• Explosionsdruckfeste Bauweise
• Explosionsdruckentlastung
• Explosionsunterdrückung
• Flammendurchschlagsichere Einrichtungen.
Der primäre Explosionsschutz verhindert das Entstehen von Explosionen da-
durch, daß gefährliche explosionsfähige Atmosphäre gar nicht erst entstehen
kann, oder aber stark eingeschränkt wird. Das Vermeiden von wirksamen
Zündquellen ist nicht in jedem Fall erforderlich. Dieser Schutzmaßnahme soll-
te im allgemeinen Vorrang gegeben werden. Ist ihre Anwendung nicht möglich,
und ist mit dem Auftreten gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre zu rech-
nen, dann müssen Vorkehrungen getroffen werden, um alle wirksamen Zünd-
quellen sicher auszuschalten. Hierbei ist die Zoneneinteilung (s. S. 5) zu beach-
ten. Auch durch diese 1. Maßnahme des sekundären Explosionsschutzes wird
das Entstehen von Explosionen verhindert.
Kann weder die Bildung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre noch
das Auftreten wirksamer Zündquellen unterbunden werden, dann müssen kon-
struktive Schutzmaßnahmen angewendet werden. Durch diese 2. Maßnahme
des sekundären Explosionsschutzes wird zwar das Entstehen von Explosionen
in Apparaturen nicht verhindert, ihre Auswirkungen jedoch auf ein unbedenk-
liches Maß beschränkt.
296 1 Einleitung

Die nur für die brennbaren Stäube geltende VDI-Richtlinie 2263: Staubbrän-
de und Staubexplosionen: "Gefahren-Beurteilung-Schutzmaßnahmen" [7J un-
terscheidet hingegen zwischen dem vorbeugenden Explosionsschutz und dem
konstruktiven Explosionsschutz und ist wie folgt gegliedert:

Vorbeugender Explosionsschutz
Vermeiden von explosionsfähigen Staub/Luft-Gemischen
Vermeiden von Staubexplosionen durch Inertisierung
Vermeiden von wirksamen Zündquellen.

Konstruktiver Explosionsschutz
Explosionsfeste Bauweise für den maximalen Explosionsdruck
Explosionsfeste Bauweise für den reduzierten Explosionsdruck in Verbin-
dung mit Explosionsdruckentlastung
Explosionsfeste Bauweise für den reduzierten Explosionsdruck in Verbin-
dung mit Explosionsunterdrückung
Explosionstechnische Entkopplung von Systemen bzw. Explosionsabbruch.
Die Maßnahmen des vorbeugenden Explosionsschutzes dieser Richtlinie ver-
hindern das Entstehen von Staubexplosionen und sind daher identisch mit den
Maßnahmen des primären Explosionsschutzes und der 1. Maßnahme des se-
kundären Explosionsschutzes der Explosionsschutz-Richtlinien.
Der konstruktive Explosionsschutz, der die Auswirkungen von Explosionen
auf ein unbedenkliches Maß herabsetzt, stimmt in beiden Richtlinien überein,
denn der Einsatz "flammendurchschlagsicherer Einrichtungen" [5J ist eben-
falls eine "explosionstechnische Entkopplung" [7J.
Die Anwendung von Schutzmaßnahmen im Falle befürchteter Brenngas-,
(Dampf-) oder Staubexplosionen in einer Anlage (Apparatur) setzt die Beurtei-
lung ihrer Wirksamkeit voraus, die aber nur dann möglich ist, wenn das Ent-
stehungs-, Zünd- und Explosionsverhalten eines brennbaren Stoffes bekannt
ist. Die im Teil I beschriebenen sicherheitstechnischen Kenngrößen entscheiden
darüber, welche und in welchem Umfang eine der oben angegebenen Schutz-
maßnahmen anzuwenden ist.
2 Vorbeugender Explosionsschutz

2.1 Vorbemerkung

Eine Verbrennungsreaktion benötigt einen brennbaren Stoff, den Sauerstoff


der Luft und eine Zündquelle mit ausreichender Energie, wie das Gefahrendrei-
eck in Abb. 2.3 zeigt. Fehlt eine dieser drei Bedingungen, dann kann es zu kei-
ner Explosion kommen.
Zerstören kann man das Gefahrendreieck dadurch, daß man entweder
das Entstehen von explosionsfähigen Gemischen vermeidet oder
den Sauerstoff der Luft durch ein Inertgas ersetzt, im Vakuum arbeitet oder
Inertstaub verwendet bzw.
das Auftreten von wirksamen Zündquellen verhindert.
Man faßt die oben genannten drei Schutzmaßnahmen unter dem Begriff "vor-
beugender Explosionsschutz" [6] zusammen. Ihre konsequente Anwendung
macht das Entstehen von Explosionen unmöglich.

Brennstoff Abb. 2.3. Gefahrendreieck

2.2 Vermeiden von explosionsfähigen Gemischen

2.2.1 Brenngase, brennbare Dämpfe

Explosionsfähige Brenngas- bzw. Dampf/Luft-Gemische können vermieden


werden, wenn es gelingt, einen brennbaren Stoff durch einen unbrennbaren zu
ersetzen. So können z. B. brennbare Lösungs- oder Reinigungsmittel durch
298 2 Vorbeugender Explosionsschutz

wäßrige Lösungen, brennbare Druckübertragungsflüssigkeiten durch Halocar-


bonöle und brennbare pulverförmige Füllstoffe durch unbrennbare Füllstoffe
ausgetauscht werden. Dies sind allerdings Maßnahmen, die nur begrenzt an-
wendbar sind [6].
Durch Begrenzen der Menge an brennbarem Stoff und damit dessen Kon-
zentration kann die Bildung explosions fähiger Atmosphäre in gefahrdrohender
Menge innerhalb von Apparaturen verhindert oder eingeschränkt werden. Bei
Anwendung dieser Maßnahme muß die Konzentration der brennbaren Stoffe
gesichert unterhalb der unteren oder oberhalb der oberen Explosionsgrenze ge-
halten werden. Hierfür ist eine geeignete Überwachung notwendig. Es ist noch
darauf hinzuweisen, daß bei Konzentrationen oberhalb der oberen Explosions-
grenze zwar im Innern der Apparatur keine Explosionsgefahr besteht, daß
aber bei ungewolltem Austritt solcher Gemische durch Vermischung mit Luft
in der Umgebung der Apparatur explosionsfähige Gemische entstehen können
[6, 8].
Liegt die Temperatur an der Flüssigkeitsoberfläche von brennbaren Flüssig-
keiten stets genügend weit (ca. 5 K) unterhalb des Flammpunktes, dann ist
ebenfalls keine Explosionsgefahr gegeben. Dies gilt auch bei Temperaturen
oberhalb des oberen Explosionspunktes. In diesem Fall tritt Sättigung in un-
mittelbarer Nähe der Flüssigkeitsoberfläche ein, und es ist stets mit Gemisch-
konzentrationen oberhalb der oberen Explosionsgrenze zu rechnen. Bei vielen
Arbeitsprozessen lassen sich durch die Wahl geeigneter Betriebsbedingungen
auch in der gesamten Apparatur Satt-Dampf-Konzentrationen aufrechterhal-
ten. In manchen Fällen, z. B. bei der Lagerung, nimmt die Konzentration je-
doch nach oben hin ab, so daß das Gemisch in bestimmten Abständen von der
Flüssigkeitsoberfläche explosionsfähig sein kann. Erst nach extrem langen
Wartezeiten in wenig atmenden Lagerbehältern, bei deutlich über dem oberen
Explosionspunkt liegenden Oberflächentemperaturen, liegt die Konzentration
im gesamten Lagerbehälter oberhalb der oberen Explosionsgrenze [6].
In der Praxis wird i. allg. bevorzugt die Konzentrationsbegrenzung auf den
Bereich unterhalb der unteren Explosionsgrenze (s. Teilt, Kap. 2.1) angewen-
det.
Auch durch Lüftungsmaßnahmen kann das Entstehen gefährlicher explo-
sionsfähiger Atmosphäre verhindert werden. Durch die Art der Lüftung muß
gewährleistet sein, daß an keiner Stelle und zu keiner Zeit eine solche Atmo-
sphäre entsteht. Ständiges, konstantes Belüften von Betriebsräumen kann dies
nur dort sicher verhindern, wo eine Abschätzung der maximalen Menge auf-
tretender Brenngase und brennbarer Dämpfe möglich und die Lage ihrer Quel-
len und Ausbreitungsbedingungen ausreichend bekannt ist.
In Räumen oberhalb der Erdgleiche ohne spezielle Be- und Entlüftungsöff-
nungen ist normalerweise durch natürliche Belüftung und bauliche Gestaltung
ein Luftwechsel von mindestens n = t h -1 gegeben. Die Luftmenge in solchen
Räumen wird also einmal in der Stunde erneuert. Für Kellerräume ist ein Luft-
wechsel von n = 0,4 h -1 anzunehmen, weil i. allg. in solchen Räumen eine ge-
ringere Konvektion herrscht. Durch Anbringen zusätzlicher Zu- und Abluft-
öffnungen lassen sich die angegebenen Werte ungefahr verdoppeln. Am ein-
2.2 Vermeiden von explosionsfähigen Gemischen 299

fachsten sind die Verhältnisse überschaubar, wenn die pro Zeiteinheit ausströ-
mende Menge eines brennbaren Stoffes bekannt ist und die freiwerdenden Ga-
se und Dämpfe sich mit dem Zuluftstrom gleichmäßig vermischen. In der Re-
gel sind die Verhältnisse jedoch nicht so einfach, sondern die tatsächlichen
Strömungsverhältnisse im Raum müssen berücksichtigt werden. Besonders bei
Gasen und Dämpfen, die schwerer als Luft sind, ist die Beurteilung, ob natürli-
che Lüftung als Schutzmaßnahme gegen das Entstehen gefahrdrohender Men-
gen explosionsfähiger Atmosphäre ausreicht, nur einem Lüftungsfachmann
vorbehalten. Die alleinige Anwendung dieser Maßnahme ist in den seltensten
Fällen ausreichend [6, 8, 9].
Die Thchnische Lüftung ermöglicht im Vergleich zur natürlichen Lüftung die
Anwendung größerer Luftmengen und eine gezieltere Luftführung in um-
schlossenen Räumen oder Apparaturen. Ihre Wirksamkeit (Ventilatoren, Lüf-
tungskanäle, Leitbleche, Zu- und Abluftöffnungen) müssen durch sachkundi-
ges Personal geprüft sein. Der Einsatz der Thchnischen Lüftung unterliegt be-
stimmten Voraussetzungen, die ebenso wie die Berechnung des Mindestvolu-
menstromes für die Zu- bzw. Abluft [6, 8] zu entnehmen ist. Bei Chargenbe-
trieb muß die Lüftung von geschlossenen Räumen mit möglichen zeitabhängi-
gen Quellenströmen gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre (z. B. bei
Kammertrocknern) den gegebenen Betriebsbedingungen angepaßt werden.
Der Einsatz von Gaswarngeräten für das Einleiten von Maßnahmen des pri-
mären Explosionsschutzes ist möglich in Verbindung mit manueller oder auto-
matischer Auslösung von Schutzmaßnahmen oder auch von Notfunktionen
zur Stillegung der Anlage [6]. Sie müssen von einer durch die Berufsgenossen-
schaft anerkannten Prüfstelle auf Funktionsfähigkeit für den vorgesehenen
Anwendungszweck einzeln oder als Baumuster geprüft sein. Die Funktionsfä-
higkeit muß vom Hersteller durch ein auf dem Gerät angebrachtes Kennzei-
chen bestätigt sein. Gemäß Gebrauchsanleitung ist eine regelmäßige Wartung
notwendig. Die Anzeigefähigkeit ist durch ein Prüfgas zu testen. Jederzeit muß
ein Eingreifen von Hand in den von der Warnanlage gesteuerten automati-
schen Ablauf möglich sein. Dieser Eingriff ist jedoch nur von den vom Be-
triebsleiter als sachkundig benannten Personen vorzunehmen. Die Gaswarnan-
lagen sind nach ihrer Einrichtung in bestimmten Zeitabständen auf ihre Funk-
tionsfähigkeit zu prüfen. Der Alarmpunkt des Gerätes muß auf eine Konzen-
tration mindestens so weit unterhalb der unteren Explosionsgrenze eingestellt
sein, daß nach Alarmgabe die in der Betriebsanweisung festgelegten Maßnah-
men durchführbar sind, die die Bildung gefahrdrohender Mengen explosions-
fähiger Atmosphäre noch sicher verhindern können. Allgemeingültige Hinwei-
se für die örtliche Anordnung der Sensoren (Meßköpfe) können nicht gegeben
werden. Dies ist von Fall zu Fall zu entscheiden [6, 8, 9].

2.2.2 Brennbare Stäube

Wie bei den Brenngasen können explosionsfähige Staub/Luft-Gemische da-


durch vermieden werden, daß das brennbare Produkt durch ein unbrennbares
300 2 Vorbeugender Explosionsschutz

ersetzt wird. Weil die Zumischung des unbrennbaren Produktes jedoch in der
Größenordnung von 50 Gew."'o liegt, ist die Anwendung dieser Schutzmaßnah-
me aus produktionstechnischen Gründen nicht relevant.
Für brennbare Stäube haben die Explosionsgrenzen wegen der Wechselwir-
kung zwischen abgelagertem und aufgewirbeltem Staub nicht die gleiche Be-
deutung wie bei den Brenngasen und brennbaren Dämpfen. Die Staubkonzen-
tration kann durch Aufwirbelung, Ablagerungen oder Absetzen von aufgewir-
beltem Staub ganz wesentlich verändert werden. Sowohl durch Aufwirbeln von
abgelagertem Staub können explosions fähige Gemische entstehen (s.
Abb. 1.130) als auch durch Absetzen von solchen Gemischen, deren Konzentra-
tion zunächst oberhalb der oberen Explosionsgrenze lag.
Gelingt es, die Staubkonzentration außerhalb des Explosionsbereichs
(Zündbereichs) zu halten, so werden Staubexplosionen verhindert. Diese Maß-
nahme kann allein oder ergänzend zu anderen Schutzmaßnahmen angewendet
werden. Sie hängt von der Verfahrenstechnik und den entsprechenden sicher-
heitstechnischen Kenngrößen (leilt, Kap. 3.3.4) ab. Weil die obere Explosions-
grenze i. allg. nicht von sicherheitstechnischem Interesse ist, kommt in diesem
Zusammenhang der unteren Explosionsgrenze (Abb.2.4) eine besondere Be-
deutung zu.
In Einzelfällen ist die Konzentrationsbegrenzung als alleinige Schutzmaß-
nahme möglich, wenn in Anlagen oder Anlagenteilen (z. B. in Raumluftabsau-

[bar]

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zündfähig

Abb. 2.4. Lycopodium: Explosionskenngrößen als Funktion der Staubkonzentration


im Bereich der unteren Explosionsgrenze
2.2 Vermeiden von explosions fähigen Gemischen 301

gungen oder in Reinluftleitungen nach Filtereinrichtungen) eine konstante


Staubkonzentration gewährleistet ist, die deutlich unter der unteren Explo-
sionsgrenze des Feinstaubes (M < 63 Ilm) liegt. Im Laufe der Zeit muß jedoch
mit Ablagerungen von Staub gerechnet werden. Bei Aufwirbelungen dieser
Produktablagerungen können explosionsfähige Gemische in gefahrdrohender
Menge entstehen. Durch regelmäßige Reinigung kann diese Gefahr vermieden
werden [7].
Eine einfache summarische Betrachtung, z. B. der Gesamtmenge des Stau-
bes, bezogen auf das Gesamtvolumen einer Anlage (eines Behälters), gibt we-
gen einer möglichen Inhomogenität der Staubverteilung unter Umständen
nicht die tatsächlichen Konzentrationsverhältnisse in jedem Thilvolumen wie-
der. So zeigt die rechnerische Ermittlung der durchschnittlichen Konzentrati-
on, z. B. in Sprühtrocknern herkömmlicher Ausführung, daß i. allg. die untere
Explosionsgrenze der verarbeiteten Produkte nicht erreicht wird. Wie die Er-
fahrung zeigt, muß dennoch mit dem Auftreten explosionsfähiger
Staub/Luft-Gemische im Turmkonus und den nachgeschalteten Apparaturen
der ltocknungsanlage (Zyklon, Filtereinrichtungen) gerechnet werden [6, 7].
In pneumatischen Dichtstromförderanlagen ist in der Regel die Überschrei-
tung der oberen Explosionsgrenze in der Förderleistung durch die Beladung
des Förderstroms mit Produkt gegeben. Untersuchungen [10] mit einem Staub-
abscheidefilter, in das eine Rohrleitung DN 400 einmündet, haben ergeben,
daß bei der Explosion von Polyethylen-Feinstaub (M = 26 Ilm, Pmax = 7,5 bar,
KSt = 140 bar' m . s -1) in dem explosionsdruckentlasteten Filtergehäuse die
Explosion in der Rohrleitung nach Lauflängen von ca. 20 m verlöscht, wenn
die Staubkonzentration zwischen 2-3 kg/m 3 oder mehr beträgt. Beim An-
und Abfahren sowie beim Eintritt des Produktstromes in Filter, Zyklone oder
ein Silo ist das Entstehen von staubexplosionsfähigen Gemischen möglich.
Hier können zusätzliche Maßnahmen des vorbeugenden oder konstruktiven
Explosionsschutzes erforderlich sein.
Das Entstehen von gefahrdrohenden Mengen von explosionsfahigen Staub/
Luft-Gemischen kann auch durch Begrenzung des Korndurchmessers (Über-
schreiten des Grenzkörnungsdurchmessers) verhindert werden (Abb. 1.176),
d.h. daß praktisch kein Feinstaub mehr vorhanden ist. Hierbei ist jedoch zu
beachten, daß bei der Herstellung, Verarbeitung oder Förderung des Produktes
durch mechanische Beanspruchung Feinstaub entstehen und bei ausreichender
Anreicherung (Abb. 1.186) mit dem Grobstaub explosionsfähige Gemische bil-
den kann.
Um die Aufwirbelung eines Staubes zu erschweren und damit explosionsfä-
hige Konzentrationen zu vermeiden, kann es in der Praxis sinnvoll sein, das
Entstehen von Feinstaub durch Besprühen mit Flüssigkeit, z. B. mit Wasser
oder speziellen Ölen [11], zu verhindern.
Bei brennbaren Stäuben bieten Lüftungsmaßnahmen i. allg. nur dann einen
ausreichenden Schutz, wenn der Staub an der Entstehungsstelle abgesaugt und
zusätzliche Staubablagerungen sicher vermieden werden [6].
302 2 Vorbeugender Explosionsschutz

2.2.3 Hybride Gemische

Bei hybriden Gemischen, dem gleichzeitigen Auftreten von brennbarem Staub


und Brenngas (Lösungsmitteldampf), kann das Unterschreiten der unteren Ex-
plosionsgrenze als Schutzmaßnahme gegen das Entstehen explosionsfähiger
hybrider Gemische i. allg. nicht angewendet werden. Mit steigender Zumi-
schung von Brenngas (Lösungsmitteldampf) wird die untere Explosionsgrenze
des aufgewirbelten Feststoffes herabgesetzt und umgekehrt (Abb. 1.237 und
1.238). Man kann daher annehmen, daß es in der Praxis kaum möglich ist, eine
gesicherte Angabe über die untere Explosionsgrenze einer Stoffpaarung zu ma-
chen.

2.3 Vermeiden von Explosionen durch Inertisierung

2.3.1 Vorbemerkung
Inertisieren heißt, durch ein bestimmtes Verfahren ein zunächst explosionsfähi-
ges Gemisch in ein nicht entzündbares zu überführen, um so den primären [6]
bzw. vorbeugenden Explosionsschutz [7] zu erreichen. Dies kann durch die Zu-
gabe von gasförmigen Inertstoffen (z. B. Stickstoff, Kohlendioxid, Edelgase,
halogenierte Kohlenwasserstoffe), Wasserdampf oder auch von pulverförmi-
gen Inertstoffen zur Verbrennungsatmosphäre erreicht werden.
Stickstoff und Kohlendioxid verdünnen das System und verringern so die
Konzentration der reaktiven Partner. Beim Wirksamwerden der Zündquelle
nehmen die Inhibitoren (Stoff, der einen chemischen Vorgang hemmt oder un-
terbindet) die entstehende Reaktionsenergie auf, das System erwärmt sich
nicht mehr so stark und die Reaktionsgeschwindigkeit nimmt ab. Bei entspre-
chend hohem Inertgasanteil ist schließlich keine selbständige Flammenfort-
pflanzung mehr gegeben. Es handelt sich hierbei also im wesentlichen um phy-
sikalische Vorgänge [12].
Auch Wasserdampf kann als Inertisierungsmittel eingesetzt werden. Seine
Wirksamkeit beruht gleichfalls auf dem Verdünnungs- und dem Kühleffekt
(Aufnahme von Wärmeenergie). Es ist der Einfluß der Kondensation zu be-
rücksichtigen.
Halogenierte Kohlenwasserstoffe haben ebenfalls eine gute Inertisierungsfä-
higkeit. Der Name "Halon" [13] leitet sich vom englischen "halogenated Hy-
drocarbon" durch Zusammenziehung der ersten und letzten Buchstaben der
beiden Worte ab. Es handelt sich um ein zunächst flüssiges Löschmittel, das
unter Druck in Behältern gehalten wird und beim Übertritt in die Atmosphäre
verdampft. Der Dampf ist bei Raumtemperatur nicht brennbar. Die Bezeich-
nungen der Halone beruhen auf der folgenden Nomenklatur:
1. Zahl: Anzahl der Kohlenstoffatome,
2. Zahl: Anzahl der Fluoratome,
3. Zahl: Anzahl der Chloratome,
4. Zahl: Anzahl der Bromatome,
5. Zahl: Anzahl der Jodatome.
2.3 Vermeiden von Explosionen durch Inertisierung 303

Das bekannte "Halon 1301" besitzt folglich:


1 Kohlenstoffatom,
3 Fluoratome und
1 Bromatom.
Dieses Inertisierungsmittel wirkt auf chemischem Weg, d.h. es greift in den Re-
aktionsablauf einer Explosion ein. Es handelt sich daher um einen antikataly-
tischen Effekt. Der Verdünnungs- und Kühleffekt ist von untergeordneter Be-
deutung [12]. Wegen der bekannten Umweltprobleme verliert dieses Inertisie-
rungsmittel zunehmend an Bedeutung.
Pulverförmige Löschmittel haben eine ausgezeichnete Inertisierungsfähig-
keit, wenn es gelingt, sie im zu schützenden Raum gleichmäßig zu verteilen und
diese Verteilung aufrechtzuerhalten. Über ihren Reaktionsmechanismus ist we-
nig bekannt. Jedoch scheinen der antikatalytische, der Verdünnungs- und der
Kühleffekt auf den Inertisierungsvorgang, d.h. physikalisch-chemische Vor-
gänge, von Bedeutung zu sein.

2.3.2 Brenngase

2.3.2.1 Inertisiemng mit Stickstoff


Stickstoff ist ein in der Industriepraxis häufig verwendetes Inertgas zum Ver-
meiden explosionsfähiger Brenngas/- (Lösungsmitteldampf/-) Luft-Gemische.
Bei der Inertisierung der Verbrennungsluft mit diesem Inertgas wird das Sauer-
stoff/Stickstoff-Verhältnis zugunsten des Stickstoffs verändert. Die Mindest-
zündenergie steigt sehr rasch an (Abb.2.5, [14]).
Die Sauerstoff-Grenzkonzentration SGK wird daher als diejenige maximale
Konzentration des Sauerstoffgehaltes der Luft, bezogen auf das Gesamtge-
misch brennbarer Stoff+ Luft + Inertgas, definiert, die nicht überschritten wer-
den darf, um bei unbekannter Konzentration des brennbaren Stoffes und des
Inertgases in Gegenwart einer Zündquelle mit einem Energieinhalt von
E = 10 J eine Explosion gerade noch zu verhindern [15].
Nach den Angaben von Abb. 2.5 sind die gemäß Definition als "inert" anzu-
sehenden Brenngas/Inertgas/Luft-Gemische bei höheren Zündenergien
(E> 10 J) entzündbar. Man kann aber davon ausgehen, daß bei Ausschluß von
trivialen Zündquellen (z. B. unbefugtes Rauchen, Schneiden, Schweißen, Um-
gang mit offenem Feuer) der Energieinhalt von in der Industriepraxis mögli-
chen Zündquellen geringer ist als derjenige der Prüfzündquelle für die Bestim-
mung der Sauerstoff-Grenzkonzentration.
Die Sauerstoff-Grenzkonzentration in einem Brenngas/Inertgas/Luft-Ge-
misch wird experimentell bei Variation der Brenngaskonzentration und der
Sauerstoff/Stickstoff-Konzentration in explosionsfesten Behältern hinreichen-
der Größe (Abb. 1.11, 1.156, 1.163) ermittelt. Die Gemische befinden sich beim
Wirksamwerden der Zündquelle im ruhenden Zustand.
Durch Zugabe von Stickstoff zur normalen Verbrennungsluft werden die
Verbrennungsgeschwindigkeit und damit
304 2 Vorbeugender Explosionsschutz

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Sau erstoffjStickstoff- Verhä Itn is
Abb. 2.5. Einfluß des Sauerstoff/Stickstoffverhältnisses auf die Mindestzündenergie von
Propan (Definition der Sauerstoff-Grenzkonzentration SGK)

- der Explosionsdruck Pex und


- der zeitliche Druckanstieg dp/dt (Abb. 1.28)
herabgesetzt. Dies wirkt sich naturgemäß auch auf
- den maximalen Explosionsdruck (Abb. 1.30) und auf
- die gasspezifische Kenngröße Ko
aus, wie Abb. 2.6 am Explosionsverhalten der Mischgase aus Methan und Was-
serstoff zeigt. Die Verminderung des maximalen Explosionsdruckes ist bei
Brenngasen mit einer niedrigen normalen Verbrennungsgeschwindigkeit (Me-
than: Mischgas 100/0 CH4/H~ deutlich größer als bei solchen mit einer ho-
hen normalen Verbrennungsgeschwindigkeit (Wasserstoff: Mischgas
0/100 CH4/H2). Abnehmender Sauerstoffgehalt setzt hingegen die gasspezifi-
sche Kenngröße kontinuierlich herab.
Gemäß Abb. 2.7 ist ferner zu berücksichtigen, daß steigender Stickstoffge-
halt in der Verbrennungsluft die obere Explosionsgrenze OEG stark vermin-
dert, wodurch der Explosionsbereich eingeengt wird. Die Gemische im Bereich
der unteren Explosionsgrenze UEG benötigen bei der Inertisierung mit Stick-
stoff die größten Inertgaskonzentrationen, um das Entstehen einer Explosion
zu verhindern.
Einerseits wird die Sauerstoff-Grenzkonzentration SGK mit zunehmendem
Wasserstoffgehalt im Mischgas linear herabgesetzt (Abb.2.8, oben, [16]), an-
dererseits stellte Schmalz [17] fest, daß in halblogarithmischer Darstellung
2.3 Vermeiden von Explosionen durch Inertisierung 305

[bar]

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Methan/Wasserstoff-Verhältnis

Abb.2.6. Einfluß des Sauerstoffgehalts in Stickstoff auf die Explosionskenngrößen von


Mischgasen aus Methan und Wasserstoff (V = 20 I, E = 10 J)

CH 4 [Vol%] UEG OEG


H 2 [Vol%]

Misch gaskonzen tration

Abb.2.7. Einfluß des Sauerstoffgehalts in Stickstoff auf den Explosionsbereich von Misch-
gasen aus Methan und Wasserstoff (V = 20 I, E = 101)
306 2 Vorbeugender Explosionsschutz

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Methan jWasserstoff- Verhä Itn is

Abb. 2.8. Einfluß der Mischgaszusammensetzung auf die Sauerstoff-Grenzkonzentration


SGK und die Mindestzündenergie MZE

ebenfalls ein linearer Zusammenhang zwischen der Mindestzündenergie MZE


und der Mischgaszusammensetzung besteht (Abb. 2.8, unten).
Die Sauerstoff-Grenzkonzentration der Mischgase hängt daher eindeutig
von deren Mindestzündenergie ab. Dieser Zusammenhang ist in halblogarith-
mischer Darstellung linear. Eine Abhängigkeit des Sauerstoff-Grenzwertes von
der Zündtemperatur Tz besteht nicht. Bei annähernd gleicher Zündtemperatur
(CH 4 : Tz = 595°C, H 2 : Tz = 560°C) benötigt Wasserstoff zur Vermeidung
von Explosionen einen sehr viel höheren Stickstoffzusatz zur Verbrennungsluft
als Methan. Um daher beide Einflußnahmen gleichzeitig zu berücksichtigen,
wurde in Abb. 2.9 die Sauerstoff-Grenzkonzentration SGK für die Mischgase
und andere der Literatur entnommene brennbare Stoffe [15] als Funktion des
Produktes aus Mindestzündenergie und der reduzierten Temperatur aufgetra-
gen.
Man erhält in halblogarithmischer Darstellung eine Gerade, die die Meßer-
gebnisse recht gut wiedergibt und für die die Gleichung gilt:

SGK = 5.logMZE.Tz+273 +124


273 '
2.3 Vermeiden von Explosionen durch Inertisierung 307

[Vol%]
::.:
(!)
Vl 12,5 f-
c
0
:;:;
....
0
L.

C
10,0 f-
GI
N
c
0 7,5 I-
~
N
C
GI

-
L.
(!) 5,0 f-
I
....0
UI 2,5 f-
L.
GI
:J
0
Vl 0 I I
0,01 0,1 1,0 [mJ]
Tz+ 273
MZE x 273
Abb.2.9. Sauerstoff-Grenzkonzentration SGK von Brenngasen in Stickstoff als Funktion
des Produktes aus Mindestzündenergie MZE und reduzierter Thmperatur

Bei Kenntnis der i. allg. für sicherheitstechnische Betrachtungen notwendigen


Mindestzündenergie MZE und der Zündtemperatur Tz kann daher die Sauer-
stoff-Grenzkonzentration SGK von Brenngasen und brennbaren Dämpfen in
Stickstoff nach obiger Gleichung berechnet werden. Eine entsprechende Ge-
genüberstellung ist Thbelle 2.1 zu entnehmen.
Wenn man berücksichtigt, daß die experimentelle Bestimmung der Sauer-
stoff-Grenzkonzentration teilweise in unterschiedlichen Apparaturen nach ver-
schiedenen Verfahren durchgeführt wurde, dann ist die Übereinstimmung zwi-
schen den Meß- und den Rechenwerten als gut zu bezeichnen.
Da in der Industriepraxis die vorbeugende Schutzmaßnahme "Inertisieren
durch Stickstoff" häufig bei Temperaturen angewendet wird, die deutlich ober-
halb der Raumtemperatur liegen, hat Wiemann [18] den Einfluß der Tempera-
tur auf die Sauerstoff-Grenzkonzentration für mehrere Brenngase in einem ex-
plosionsfesten und beheizbaren 44 I-Behälter in Gegenwart einer Zündquelle
mit einem Energieinhalt von E = 10 J sorgfältig und umfassend untersucht
(Abb.2.1O, links).
Die Sauerstoff-Grenzkonzentration vermindert sich linear mit steigender
Temperatur. Der Gradient ist im Rahmen der Versuchsgenauigkeit unabhängig
von der Art des Brenngases. Ursache hierfür ist die Erweiterung des Explo-
sionsbereiches und damit die Herabsetzung der unteren Explosionsgrenze (s.
Abb. 1.16). Sie benötigt, wie bereits bemerkt, den größten Anteil an Stickstoff
zum Vermeiden von Explosionen. Daher besteht auch ein linearer Zusammen-
hang zwischen der normierten und temperaturabhängigen unteren Explosions-
grenze UEG(T) und der bei der betreffenden Thmperatur gemessenen Sauer-
stoff-Grenzkonzentration (Abb.2.10, rechts).
308 2 Vorbeugender Explosionsschutz

Tabelle 2.1. Gemessene und berechnete Sauerstoff-Grenzkonzentration SGK von Brennga-


sen und brennbaren Stoffen in Stickstoff [15, 16]

Brennbarer Stoff MZE x reduzierte Temperatur SGK [VoIOJo]


[mJ]
gemessene berechnet

Wasserstoff 0,034 5,0 5,0


75/25 H 2/CH 4 0,092 7,0 7,2
50/50 HiCH4 0,23 9,0 9,2
25/75 HiCH4 0,50 10,0 10,9
Methan 0,90 12,0 12,1
Kohlenmonoxid 0,045 5,6 5,7
Ethylen 0,26 10,0 9,4
Pentan 0,43 12,1 10,6
Hexan 0,45 12,1 10,7
Cyclopropan 0,48 11,7 10,8
Butan 0,58 12,1 11,2
Benzol 0,61 11,2 11,3
Propan 0,68 11,8 11,6
Propylen 0,75 11,5 11,8

12,5 r

10,0 I-
:::::::'0 __
:&. _ _

o Methan
0--
A _ _~::::::~

t?
(5 7,5 r
A Propan
6 Wasserstoff
>

"'---
5,Or _~

6 ___
6
2,5 I-

o 1 1 1 1 1 1 1
o 50 100 150 200 250 [·e] 0,7 0,8 0,9 1,0
Temperatur T normierte UEG[T]
Abb.2.10. Abhängigkeit der Sauerstoff-Grenzkonzentration SGK von Brenngasen von der
Thmperatur T und der normierten unteren Explosionsgrenze UEG(T)
2.3 Vermeiden von Explosionen durch Inertisierung 309

Für die Thmperaturabhängigkeit der Sauerstoff-Grenzkonzentration SGK


von Brenngasen bei der Inertisierung mit Stickstoff gilt daher die Gleichung

SGK(T) = SGK(25 oq-9,S·10- 3 (T-25)


mit
Tz +273
SGK(25oq = 5 . log MZE· + 12,4 .
273
Thmperaturerhöhung um 100 oe gegenüber Raumtemperatur vermindert daher
die Sauerstoff-Grenzkonzentration von Brenngasen (brennbaren Dämpfen) um
ca. 1 VolOJo.
Auch steigender Vordruck Pv, Ausgangsdruck für eine Explosion, erweitert
i. allg. den Zündbereich (Abb. 1.15). Hiermit verbunden ist eine deutliche An-
hebung der oberen und eine, wenn auch geringe Herabsetzung der unteren Ex-
plosionsgrenze. Man kann daher erwarten, daß mit zunehmendem Vordruck
der Sauerstoff-Grenzwert geringer beeinflußt wird als durch die Thmperatur.
Auch Acetylen/Luft-Gemische können durch Stickstoff inertisiert werden
(Abb. 2.11, [19]). Der Explosionsbereich wird mit abnehmendem Sauerstoffge-
halt in der Verbrennungsluft bei geringer Veränderung der unteren Explosions-
grenze stark eingeengt. Die Sauerstoff-Grenzkonzentration beträgt
SGK = 4 VolOJo.
Die für die Bestimmung der Sauerstoff-Grenzkonzentration bei der Inerti-
sierung mit Stickstoff verwendete übliche Zündquelle mit einer Energie von
E = 10 J entzündet Methylenchlorid-Dampf/Luft-Gemische bei Normalbedin-
gungen nicht. Hierfür sind stärkere Zündquellen [E ~ 50 J] notwendig. Wird
jedoch das Sauerstoff/Stickstoff-Verhältnis der Verbrennungsluft zugunsten
des Sauerstoffs systematisch verändert, kann es zu Explosionen in Gegenwart

[Vol%]
20

N
z 15
.!:
+'
Explosionsbereich
"0 10
.c
Ql
(!)
I
N 5 SKG
0

o~~ __ __ __ __ __
~ ~ ~ ~ ~~~~

o 10 20 30 40 50 60 70 [Vol%]
Acetylen-Gehalt
Abb. 2.11. Einfluß des Sauerstoffgehaltes in Stickstoff auf den Explosionsbereich
von Acetylen
310 2 Vorbeugender Explosionsschutz

der vorgenannten Zündquelle kommen. Aus Gründen der Prozeß-Sicherheit


wurden daher in der beheizbaren 51-Apparatur (Abb. 1.11) in einem Tempera-
turbereich von 50- 80 oe entsprechende Untersuchungen zur Festlegung des
Sauerstoff-Grenzwertes durchgeführt [20].
Weil beide Explosionskenngrößen sich linear mit der reziproken absoluten
Temperatur (Abb. 1.40) bzw. mit der absoluten Temperatur (Abb. 1.41) verän-
dern, gelten für Normaldruck und Raumtemperatur die folgenden Explosions-
kenngrößen bei Mischung von Methylenchlorid-Dampf mit Sauerstoff:
- Maximaler Explosionsdruck Pmax = 18,5 bar
- Gasspezifische Kenngröße Kst = 7000 bar' m . s -1 .
Der Explosionsbereich erstreckt sich von ca. 10-80 VolOJo. Methan/Sauer-
stoff-Gemische reagieren ungefähr doppelt so heftig (Tabelle 1.15).

O2 [Vol%] UEG OEG


N2 [Vol%]

.~ 75
c 25
-+-'
:0
-c
L- 50
>
ID
50
I
N
35
z 65
"- N
21
0 79
0
100 0 25 50 75 [Vol%]
Methylenchlorid-Dampfgehalt
O2 [Vol%] ,..---_ _ _ _ _ _ _--,
N2 [Vol%]

(fl 75
c
-+-'
25-

nicht explosionsföhig
o I I I
1000 25 50 75 ['e]
Temperatur
Abb.2.12. Methylenchlorid-Dampf: Explosionsbereich (oben) und Temperatureinfluß auf
das 02/NrGrenzgemisch (unten) (E = 10 J)
2.3 Vermeiden von Explosionen durch Inertisierung 311

Ausgehend von reiner Sauerstoffatmosphäre (Abb. 2.12, oben) engt sich der
Explosionsbereich von Methylenchlorid-Dampf mit zunehmendem Stickstoff-
gehalt in der Verbrennungsluft ein. Im Gegensatz zum Verhalten von Methan,
Propan, Wasserstoff und Acetylen bleibt die untere Explosionsgrenze nicht na-
hezu konstant, sondern verschiebt sich deutlich zu höheren Werten hin. Die ur-
sprüngliche Dreiecksform (Abb. 2.11) ist nicht mehr gegeben. Bei der vorgege-
benen Temperatur sind bei einer Zusammensetzung der Verbrennungsluft aus
35 Vol"lo Sauerstoff und 65 Vol% Stickstoff Explosionen nicht mehr möglich,
wobei die Gemische im Bereich der stöchiometrischen Zusammensetzung den
größten Anteil an Inertgas benötigen. Mit steigender Temperatur verschiebt
sich dieses Sicherheits-Grenzgemisch linear zugunsten des Stickstoffs
(Abb. 2.12, unten). Man kann davon ausgehen, daß Methylenchlorid-Dampf in
Mischung mit normaler Luft bei einer Thmperatur von ca. 100 oe durch eine
Energie von E = 10 J entzündet wird [21].
Der Thbelle 2.2 ist der Einfluß der Thmperatur T auf die Sauerstoff-Grenz-
konzentration SGK von Methylenchlorid-Dampf zu entnehmen, die, bezogen
auf das Gesamtgemisch Methylenchlorid-Dampf + Sauerstoff + Stickstoff, bei
unbekannter Dampf- und Stickstoffkonzentration zum Vermeiden von Explo-
sionen nicht überschritten werden darf.
Der Abfall des Sauerstoff-Grenzwertes mit steigender Thmperatur ist linear
und mit 13,5 Vol% pro 100 oe Temperaturerhöhung deutlich größer als bei den
herkömmlichen Brenngasen (s. S. 307 und 308).
Abschließend sei ausdrücklich darauf hingewiesen, daß sich die Zahlenanga-
ben der Thbelle 2.2 auf eine Zündquelle mit einer Energie von E = 10 J bezie-
hen. Stärkere Zündquellen haben Sicherheits-Grenzgemische mit geringeren
Sauerstoff-Gehalten als hier angegeben.
Auch für das Vermeiden von Zerfallsreaktionen, die des Sauerstoffs nicht
bedürfen, ist Stickstoff ein Inertisierungsmittel. Siwek [22] führte entsprechen-
de Untersuchungen mit Ethylenoxid-Dampf in der 201-Laborapparatur
(Abb. 1.163) durch. Abbildung 2.13 zeigt den Zusammenhang zwischen der
Zündenergie E in Form einer zeitlich gedehnten Kondensatorentladung, bei der
eben keine Zersetzung eintritt, und dem Mischungsverhältnis aus Ethylenoxid-
Dampf mit Stickstoff einerseits und der Temperatur T andererseits.
Wie erwartet, erfordert zunehmender Stickstoffgehalt im Ethylenoxid-
Dampf höhere Zündenergien, die zusätzlich von der Temperatur T beeinflußt
werden. Der Verlauf der Begrenzungskurven ist typisch (vgl. Abb. 2.5).

Tabelle 2.2. Einfluß der Temperatur T auf die Sauer-


stoff-Grenzkonzentration SGK von Methylenchlo-
rid-Dampf bei der Inertisierung mit Stickstoff
(E=1OJ)

Kenngröße Temperatur T [0C]

20 50 60 80 100

SGK [VolOJo] 20,3 15,8 14,0 11,3 9,5


312 2 Vorbeugender Explosionsschutz

S
.§ 105
w 104
N
::2:
103
v

w
Q)
"Öl
10 2
Q;
c:
Q) 10 1
"C Py • 1000 mbar.abs
c:
:::J
N
10 0
100 75 50 100 70 40
0 25 50 0 30 60
Mischungsverhältnis EOIN 2
Abb. 2.13. Einfluß der Zündenergie E und der Thmperatur T auf den Zersetzungsbereich von
Ethylenoxid-Dampf bei Inertisierung mit Stickstoff

Siwek definiert als Stickstoff-Grenzkonzentration StGK denjenigen Stick-


stoff-Gehalt im Ethylenoxid-Dampf, bei dem sich, bezogen auf eine vorgege-
bene Zündenergie E, das Gemisch im ruhenden Zustand gerade noch nicht zer-
setzt.
Einerseits steigt bei konstanter Thmperatur der Stickstoff-Grenzwert mit zu-
nehmendem Vordruck Pv' um sich asymptotisch einem Endwert zu nähern
(Abb. 2.14, oben), andererseits wird er bei konstantem Vordruck Pv linear von
der Temperatur beeinflußt (Abb. 2.14~ unten).
Obige Aussage gilt für eine konstante Zündenergie E für die Einleitung des
Zerfalls. Sie verändert die Stickstoff-Grenzkonzentration StGK in halbloga-
rithmischer Darstellung linear, und es gilt die Gleichung
StGK(E) = StGK(1 J) + 5,5 log E .
StG~) ist der auf eine beliebige Zündenergie E bezogene Stickstoff-Grenz-
wert.
Erhöhung der Zündenergie von E = 1 J auf E = 50 J hebt die Stick-
stoff-Grenzkonzentration um durchschnittlich 26070, eine solche von E = 50 J
auf E = 250 J dagegen nur um 9% an. Daher wird empfohlen, in der Praxis
diejenigen Grenzwerte für die Inertisierung von Ethylenoxid-Dampf mit Stick-
stoff anzuwenden, die sich auf eine Zündquelle in Form einer zeitlich gedehn-
ten Kondensatorentladung mit einem Energieinhalt von E = 50 J beziehen. Ei-
nige aus den experimentellen Untersuchungen [22] resultierende Richtwerte
sind Thbelle 2.3 zu entnehmen.
Es wurde bereits darauf hingewiesen (Abb.2.14, oben), und dies geht auch
aus den Zahlenwerten der Thbelle 2.3 hervor, daß sich von einem bestimmten
Vordruck Pv an die Stickstoff-Grenzwerte nicht mehr verändern. Es lassen
sich daher maximale Stickstoff-Grenzkonzentrationen StGKmax angeben
(Abb. 2.15), die unabhängig vom Vordruck Pv gelten und nur von der Tempe-
ratur T beeinflußt werden, wobei gilt:
StGKmax = 0,16 T+29 .
2.3 Vermeiden von Explosionen durch Inertisierung 313

[Vol%] :-"

12
I~
75 r- 1c
IE
1'-
:~ ___0-0-0T=200'C
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0
50 r- 1 0'"
.--13-13-1:1 T=1 OO'C
1 /13 -1:1
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25 r- ~
1
...
c 1
1
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Q)
o 1 I I I I
N
c: o 2000 4000 6000 8000 [mbar]
o
~
N
Vordruck Pv
c:
~ [Vol%]
<.!>
l
'+-
<:> py =1000 mbar(abs)
o 75 r- A py =2000 mbar(abs)
+'
(J)
~

....u
Cf) 50 r-
~.
A~:~
25 r- <:>~
0 I I I
0 50 100 150 [oe]
Temperatur T
Abb.1.14. Einfluß des Vordrucks Pv und der Thmperatur T auf die Stickstoff-Grenzkonzen-
tration StGK von Ethylenoxid-Dampf (E = konst. = 50 J)

Tabelle 1.3. Stickstoff-Grenzkonzentration StGK von Ethylenoxid-Dampf


in Abhängigkeit von Vordruck Pv und Temperatur T [22] (E = 50 J)

T [0C] 40 100 200

Pv [mbar] StGK [VolOJo]

1000 20 30 45
3000 40 55
5000 35 45 60
7000 35 45 60
314 2 Vorbeugender Explosionsschutz

50

250 440 500

T [Oe]

Abb.2.15. Maximale Stickstoff-Grenzkonzentration StGKmax in Ethylenoxid-Dampf als


Funktion der Thmperatur T (E = 50 J)

Interessant ist die Andeutung, daß eine Thmperatur, die der Zündtemperatur
von Ethylenoxid-Dampf entspricht (T = 440°C), eine 100OJoige Befüllung der
Apparatur mit Stickstoff erfordert.
Für die Bestimmung der Mindestzündenergie von Ethylenoxid-Dampf
(Abb.1.78, Thbelle 1.24) und der Stickstoff-Grenzkonzentration werden zeit-
lich gedehnte Kondensatorentladungen verwendet, d.h. im Entladekreis befin-
det sich eine Induktivität. Es wurde im Zusammenhang mit den brennbaren
Stäuben (Thbelle 1.45) gezeigt, daß rein kapazitive kurzzeitige Funkenentla-
dungen (ohne Induktivität im Entladekreis) deutlich weniger zündwirksam
sein können. Dies wurde auch für Ethylenoxid-Dampf bestätigt [23].
Abbildung 2.16 zeigt für eine Thmperatur von T = 100°C den in der 20 l-La-
borapparatur (Abb. 1.163) gemessenen Zusammenhang zwischen der Mindest-
zündenergie MZE und dem Vordruck Pv. Wie man zunächst erkennt, ist im
Falle zeitlich gedehnter Kondensatorentladungen der Abstand der Hauptelek-
trode des 3-Elektroden-Systems (Abb. 1.73) von nicht allzu großem Einfluß auf
den Energie-Grenzwert. Ähnliche Meßwerte werden erhalten, wenn anstelle der
Induktivität ein Serienwiderstand von 3 -10 KD in den Entladekreis geschaltet
ist. Im Gegensatz dazu sind kurzzeitige kapazitive Funken ca. eine Energiede-
kade weniger zündwirksam. Der Einfluß des Vordruckes auf die Verminderung
der Mindestzündenergie ist geringer. Weil i. allg. in der Praxis nur mit dem
Auftreten zeitlich nicht gedehnter Funken zu rechnen ist, kann erwartet wer-
den, daß die in Thbelle 2.3 angegebenen Stickstoff-Grenzkonzentrationen in
Gegenwart solcher Zündquellen niedriger sind.
Auch ChlorlWasserstoff-Gemische können durch die Zugabe von Stickstoff
inertisiert werden [24]. Ähnlich wie bei den normalen Brenngasen liegen die
unteren Zersetzungsgrenzen von Chlor in den verschiedenen aus Wasserstoff
und Stickstoff bestehenden Mischgasen bemerkenswert dicht zusammen
(Abb.2.17).
2.3 Vermeiden von Explosionen durch Inertisierung 315

[mJ] 1

:-u
I"
..... •
o 1-0 "'-....
\:0 "'-...
\\ IE "-........
\:z .,
10

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N 1\
:::;: 102
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III
C
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C 1 \
::J 1 0 •

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11 \ ' '"
(/)
III
'0 101 1 ~0---0.
1
.~ 1
:::;: I

o d=6 mm.mlt Induktivität im Entl.-Kreis


• d=l mm.mit Induktivität im Entl.Kreis
• d=l mm •.I2bnJ: Induktivität 1m Entl.Kreis
d = Abstand der Hauptelektroden
T = 100 'e

100~__~____~~~~~~~
o 1000
Vordruck Pv

Abb.2.16. Einfluß der Funkenart und des Vordrucks Pv auf die Mindestzündenergie E von
Ethylenoxid-Dampf

N
a.
~
u
;J

TI Mischgas;
IJ)
Ol
C in HZ
:J
70'/, NZ
N
SO'" NZ in HZ

'"
If)
40'/, Nz in HZ
20 'J. N2 in HZ
<lJ
N H2

[borl5]

a!- 4000
uro
.~ 3000
Vi
c
ö

2 2000
0

~
.lI
1000
E
111
N

Chlor -Gehalt in H2 /Nr Gemisch

Abb.2.17. Zersetzungskenngrößen von Chlor in Wasserstoff-Stickstoff-Gemischen (V = 71,


E = 10 J)
316 2 Vorbeugender Explosionsschutz

[Vo!'/~ ,-----,---,--,--..,---,-----,---,-----,--.,----,

70

I '"
c 50
!ii
-<:
Q)
CD
N
Z

0
e tJ 20 )J IIJ 50 €O 70 80 90 [yo! '/J

Chlorgehalt in H2 /N 2-Gemisch

Abb. 2.18. Zersetzungsbereich von Chlor/Wasserstoff/Stickstoff-Gemischen


(V = 7 I, E = 10 J)

Der Ersatz von Wasserstoff durch Stickstoff wirkt sich daher besonders auf
die Einschränkung der oberen Zersetzungsgrenze aus und vermindert die Zer-
setzungskenngrößen. Abbildung 2.18 veranschaulicht die Breite des Zerset-
zungsbereichs [24]. Bei einem Stickstoffgehalt von 700/0 im Gesamtgemisch ist,
bezogen auf die vorgegebene Energie der Zündquelle, keine Zersetzungsgefahr
mehr gegeben. Die untere Zersetzungsgrenze ist praktisch unbeeinflußt von
Stickstoffzusatz und benötigt für die vollständige Inertisierung einen höheren
Anteil als die ansonsten als gefährlich anzusehenden Gemische optimaler Zer-
setzungskenngrößen.
Einzelheiten, speziell im Hinblick auf den Einfluß von Temperatur, Druck
und Art des Inhibitors auf die Grenzwerte solcher Gemische, sind [25] zu ent-
nehmen.

2.3.2.2 Inertisierung durch andere Inhibitoren


Es ist bekannt [26], daß auch andere Inhibitoren für die Inertisierung von
Brenngas/Luft-Gemischen eingesetzt werden können, wie Abb.2.19 an drei
Beispielen zeigt. Der Restsauerstoff-Gehalt im Gesamtgemisch (die Sauerstoff-
Grenzkonzentration), bei dem keine Explosion mehr stattfindet, hängt von der
Art des Inertisierungsmittels und damit von seiner Wirksamkeit ab. Er steigt
im Falle von Propan bei Normalbedingungen von 11 Vol% (Stickstoff) über
13,5 Vol% (Kohlendioxid) bis zu 18 Vol% (halogenierte Kohlenwasserstoffe)
an. Nochmals wird deutlich, daß bei einer "Inertisierung" nicht unbedingt not-
wendig ist, den gesamten Sauerstoff-Gehalt der Luft zu verdrängen.
Gemäß Abb. 2.20 ist ferner zu berücksichtigen, daß bei der Verwendung von
Stickstoff (und auch von Kohlendioxid) Gemische im Bereich der unteren Ex-
plosionsgrenze die größten Inertgaskonzentrationen benötigen. Bei Anwen-
dung der halogenierten Kohlenwasserstoffe gilt dies jedoch für den stöchiome-
2.3 Vermeiden von Explosionen durch Inertisierung 317

10

300~~~-----+----~-----r--~

100 Hr---I-~~"-I-.c---+---I---!
+
o --l_ _ _...l-_.!:.~-='-+ + -

o ! 10
i
20 30 i
:
40 i
I

I~ertgaszusatz zum Propan1-uft-Gemi~ch [\t!l%)


: :
20.4 18 13,5 11
Restsauerstott-Gehalt im GQsamtgemisch [\t!l%)
Abb. 2.19. Einfluß der Art des Inertgases auf die Explosionskenngrößen von Propan

[VcI'IJ r--------,---------,

luft
20 I 21
"
~
.E i
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..
'?
2.
N
15 't 20
0 o

t! -+

10 19
0 [YoI'IJ o 5
Propan-Gehalt Propan-Gfllalt

Abb. 2.20. Einfluß der Art des Inertisierungsmittels auf den Explosionsbereich von Propan
318 2 Vorbeugender Explosionsschutz

trisehen Bereich. Eine Begründung hierfür kann wie folgt gegeben werden: Die
Wirksamkeit von Stickstoff (und auch von Kohlendioxid) beruht im wesentli-
chen, wie bereits bemerkt, auf dem Verdünnungs- bzw. dem Kühleffekt, wäh-
rend Halon aktiv in den Verbrennungsvorgang eingreift und antikatalytisch
wirkt.
Wiemann [18] bestätigte durch sehr umfangreiche und sorgfältige Untersu-
chungen in einer explosionsfesten 441-Explosionskammer in neuerer Zeit obi-
ge Thndenzen. Außerdem inertisierte er Methan/Luft-Gemisch mit
Argon,
Helium,
Stickstoff,
Kohlendioxid,
Schwefelhexafluorid und mit
Halon 1211 bzw. 1301
und bezog auch Propan/Luft-Gemische in die Untersuchungen ein.
Wiemann fand für beide Brenngase den in Abb. 2.21 gezeigten linearen Zu-
sammenhang zwischen der Sauerstoff-Grenzkonzentration SGK und dem Ver-
hältnis von Luft-Stickstoff zu Inertgas. Der Inertgasanteil fällt mit zunehmen-
der Wirksamkeit des Inertisierungsmittels (Argon-+halogenierte Kohlenwas-
serstoffe). Gleichzeitig steigt die Sauerstoff-Grenzkonzentration und mit ihr
auch der Stickstoffgehalt in Luft an. Die festen Volumenverhältnisse von Luft-
Stickstoff zu Inertgas verhindern bei beliebiger Zumischung von Methan oder
Propan Explosionen.

[Vol%].------------,

15 -
:>::
(!)
Vl
c:
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~ [Vol%] . - - - - - - - - - - - - ,
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10 I-

z" 8 lIi
5 I I I I I
30 40 50 60 70 80 N2 [Vol%]
70 60 50 40 30 20 Inertg.[Vol%]
Verhältnis von Luft-Stickstoff zu Inertgas

Abb. 2.11. Sauerstoff-Grenzkonzentration SGK von Brenngasen als Funktion


des Mischungsverhältnisses von Luft-Stickstoff zu Inertgas [18) (T = SO°C)
2.3 Vermeiden von Explosionen durch Inertisierung 319

Folgende Erklärung wird für die unterschiedliche Wirkung der Inertgase ge-
geben (Abb. 2.22): Mit zunehmender molarer Masse bzw. molarer Wärmeka-
pazität des Luft-Stickstoff/lnertgas-Verhältnisses steigt die inertisierende Wir-
kung zu den mehratomigen Inertgasen hin. Aus den bereits genannten Grün-
den folgen die halogenierten Kohlenwasserstoffe dieser Tendenz nicht. Bei Be-
trachtung der spezifischen Wärmekapazität bzw. der Wärmeleitfähigkeit erge-
ben sich hingegen annähernd konstante Werte für diese physikalischen Kenn-
größen, die im Falle von Helium anomal hoch sind und daher herausfallen.
Bisher wurden Brenngase mit einer relativ niedrigen und nicht sehr vonein-
ander verschiedenen normalen Verbrennungsgeschwindigkeit betrachtet. Was-
serstoff hat mit SGK = 4,5 VolOJo eine niedrige Sauerstoff-Grenzkonzentration.
Berücksichtigt man auch die Mischgase, dann besteht bei der Inertisierung mit
Stickstoff ebenfalls ein linearer Zusammenhang zwischen dem Sauerstoff-
Grenzwert und dem Verhältnis von Luft-Stickstoff zu Stickstoff (Abb. 2.23).
Steigende Verbrennungsgeschwindigkeit vermindert die Sauerstoff-Grenzkon-
zentration und hebt den Stickstoffbedarf an.

[Vol%]
Halone W

15 I- ~0~
:>::: /&0
'-' 10 - 0
Vl

5-
[Vol%]
0 I I I e Mischgas aus CH 4 und H2
0 0,25 0,5 0,75 15 f-
normierte molare Masse
0A
/oe
:>:::
[Vol%] '-' 10 -
o Methan Vl
.!> Propan
Halone W

15 -
~
.,...--0-
5- 0/e
rf,
I I~
IN UM U
:>:::
'-' 10 - 0 0 I I I I
Vl
10 20 30 40 50 N2 (Luft)[Vol%]
90 80 70 60 50 N2 [Vol%]
5-
Verhä Itnis Luft-Stickstoff zu Stickstoff

0 I I I I I I
0 0,25 0,5 0,75 2,5 0,43 0,31 [m/s]
normierte molare Wärmekapazität normale Verbrennungsgeschwindigkeit

Abb.2.22 Abb.2.23

Abb. 2.22. Sauerstoff-Grenzkonzentration SGK von Brenngasen als Funktion der molaren
Masse und Wärmekapazität des Luft-Stickstoffllnertgas-Verhältnisses [18] (T = 50°C)

Abb. 2.23. Sauerstoff-Grenzkonzentration SGK von Brenngasen als Funktion des Verhält-
nisses von Luft-Stickstoff zu Stickstoff (T = 50°C)
320 2 Vorbeugender Explosionsschutz

Wiemann [18] untersuchte ferner den Einfluß der Temperatur auf die Sauer-
stoff-Grenzkonzentration der verschiedenen Inertgase und fand grundsätzlich
eine Verminderung nach der Gleichung
SGKT = SGKRt - a (T- Rt) .
SGKT Sauerstoff-Grenzkonzentration bei der Temperatur T
a Temperaturkoeffizient
SGKRt Sauerstoff-Grenzkonzentration bei Raumtemperatur Rt
Zahlenangaben für den Temperaturkoeffizienten a sind Thbelle 2.4 zu entneh-
men.

Tabelle 2.4. Temperaturkoeffizient ader Sauerstoff-Grenzkonzentration SGK von Brenn-


gasen in Abhängigkeit vom Inertgas [18]

Brenngas Methan Propan Wasserstoff

Inertgas SGKRt a'103 SGKRt a'103 SGK Rt a'loJ


[VoIOJo] [VoIOJo'K- 1] [VoIOJo] [VoIOJo'K- 1] [VoIOJo] [VoIOJo'K-I]

N2 11,6 9,8 11,1 9,4 4,7 7,5


SF6 15,5 7,5 15,9 5,0
CO2 14,2 7,0 13,6 7,4
He 11,1 5,0
Halon 1301 17,6 5,0
Ar 9,4 1,4
Halon 1211 17,5 1,1

Der Temperaturkoeffizient a wird also nicht nur von der Art des Inertgases
sondern auch von der Art des Brenngases beeinflußt.
Siwek [27J untersuchte das Inertisierungsverhalten von Argon im Vergleich
zu Stickstoff im Unterdruckbereich (py = 0,1-1 bar, abs.) für Wasserstoff bei
Raumtemperatur. Die Sauerstoff-Grenzkonzentration ergab sich mit SGK = 5
Volll7o als unabhängig von den Versuchsbedingungen.
Acetylen kann durch Zugabe des Brenngases Methan "inertisiert" und damit
ein Zerfall vermieden werden. Diesbezügliche Erkenntnisse [28] beruhen auf
Untersuchungen in einer kugligen 51-Apparatur (Abb. 1.11) in Gegenwart ei-
ner Zündquelle in Form eines durch eine kräftige Kondensatorentladung zur
Zerstörung gebrachten dünnen Kupferdrahtes (E = 100 J). Abbildung 2.24
zeigt, daß das Grenzgemisch von Acetylen zu Methan, bei dem gerade noch
keine Zersetzung stattfindet, mit zunehmendem Vordruck Py, dem Ausgangs-
druck, linear zugunsten des Methans verändert wird. Allerdings ist in diesem
Zusammenhang der Einfluß von Behältervolumen und -form auf das Zerset-
zungsverhalten von Acetylen (Abb. 1.61 und 1.62) zu berücksichtigen.
2.3 Vermeiden von Explosionen durch Inertisierung 321

60
40
40 Keine
60 Zersetzung
20
80
o
100 0'-----0......5--1.......0--1......5--[b-'ar ]

Vordruck Pv
Abb. 2.24. Einfluß des Vordruckes Pv auf das Grenzgemisch von Acetylen und Methan. bei
dem eben gerade noch keine Zersetzung erfolgt

2.3.2.3 Inertisieren durch Zugabe von Feststoffen


Scholl [29] hat nachgewiesen, daß Inertisierung von Brenngasen auch durch
Zugabe von inerten, pulverförmigen Feststoffen zur Verbrennungsluft möglich
ist, vorausgesetzt, sie sind gleichmäßig verteilt.
Er verwendete für seine Untersuchungen die in Abb. 2.25 gezeigte Appara-
tur, die eine homogene Feststoffverteilung im zu inertisierenden Brenn-
gas/Luft-Gemisch möglich machte. Durch entsprechende Wahl der Gemisch-
menge wurde dafür gesorgt, daß das zuvor auf dem Abdecksieb über der Ku-
gelschicht gelagerte Pulver im 600 cm3-Explosionsraum gleichmäßig verteilt
wurde. Unmittelbar nach Abstellen der Gemischzufuhr wurde die Zündquelle
(lnduktions-Dauerfunkenstrecke: E = 10 J) für die Dauer von 1 s in dem quasi
ruhenden Brenngas/Feststoff/Luft-Gemisch wirksam.
Scholl verwendete für seine Untersuchungen handelsübliche Löschpulver
mit einem Kornanteil von 30070 - 50070 < 20 IJ,m und wasserabweisenden Zusät-
zen in Verbindung mit Mischgasen aus Methan und Wasserstoff in abgestuften
Volumenverhältnissen in Mischung mit Luft. Das Untersuchungsergebnis ist in
Abb. 2.26 dargestellt.
Pulverförmige Inertisierungsmittel haben also im aufgewirbelten Zustand ei-
ne hervorragende Wirksamkeit. Dies gilt besonders für solche auf der Basis
von Kaliumchlorid und Ammoniumphosphat. Während für die Inertisierung
von Propan/Luft-Gemischen (~Mischgaszusammensetzung 70 VolOJo CH4/
30 VolOJo H 2) ein Zusatz von 44 VolOJo Stickstoff, 34 VolOJo Kohlendioxid bzw.
6 VolOJo Halon 1211 (Abb. 2.19) benötigt wird, erfordern Löschpulver je nach
Zusammensetzung lediglich 0,23 - 0,7 VoIOJo. Ähnlich wie bei den halogenier-
ten Kohlenwasserstoffen haben die Gemische von annähernd stöchiometri-
scher Zusammensetzung den größten Löschpulverbedarf.
322 2 Vorbeugender Explosionsschutz

- -+-;:,--.,- ..----',.....-i~- FlJIlIm>s/~

L6«M>i/fel lII>d
..~blH 1Nmi!Sdl

&~b/e$ Oetritdt

Abb.2.25. Apparatur für die Bestimmung des für eine Inertisierung


notwendigen Feststaubanteils in Brenngas/Luft-Gemischen

o ~I')
tD riN'
c
[Vol%]
~ Löschpulver-Basis:
.2 o KCIjNH.H, PO.
!l
"'" 1,5 !!l KHC0 3
U. ,",CI )
c 0N'HCO~~
t 1,0 c::JSi02 ~<!>
.s'"
c
0
~~8
JJc 0,5 • 8~!!l
.2 ~ ~ ffi:;::::::::::::- 0
"'"
-0 0
C
5j 100 75 50 25 CH 4 [Vol%]
0 25 50 75 H2 [Vol%]
Mischgaszusammensetzung

Abb.2.26. Für eine Inertisierung notwendiger Anteil an Feststoffen


in Mischgas/Luft-Gemischen

2.3.2.4 Anwendung von Vakuum


Es wurde bereits darauf hingewiesen (Abb. 1.44), daß die Explosionskenngrö-
ßen brennbarer Gase und Dämpfe (maximaler Explosionsdruck Pmax' gasspe-
zifische Kenngröße KG) proportional vom Vordruck Pv' d.h. also vom Aus-
gangsdruck für eine Explosion, verändert werden. Durch Herabsetzen dieses
Ausgangsdruckes unter den Atmosphärendruck kann daher erreicht werden,
daß entweder
keine Explosion mehr stattfindet (dies ist i. allg. bei einem Vordruck von
einigen 10mbar der Fall) oder
2.3 Vermeiden von Explosionen durch Inertisierung 323

der maximale Explosionsdruck unter dem Atmosphärendruck bleibt (dies


ist im Zusammenhang mit den herkömmlichen Brenngasen und brennbaren
Dämpfen in Mischung mit Luft bei einem Vordruck von Pv s 0,1 bar (abs.)
der Fall).
Gleichzeitig steigt die Mindestzündenergie (Abb. 1.14) an. Je größer der Unter-
schied ist, um so höher ist das Sicherheitsniveau.

2.3.3 Brennbare Stäube


2.3.3.1 Inertisierung mit Stickstoff
Die Sauerstoff-Grenzkonzentration SGK brennbarer Stäube ist definiert als die
experimentell bestimmte Sauerstoffkonzentration, bei der in einem Staub/
Luft-Inertgas-Gemisch gerade keine Staubexplosion mehr möglich ist [30]. Sie
ist eine staub- und inertgasspezifische Kenngröße.
Der Sauerstoff-Grenzwert wird nach dem vereinbarten und genormten
Staubuntersuchungsverfahren [31] im explosionsfesten 1 m 3-Behälter be-
stimmt: Rasches Ausbringen von Staub aus einem unter einem Luftdruck von
20 bar stehenden 5,41-Staubvorratsbehälter, Verteilen über eine perforierte
Halbringdüse und Wirksamwerden der Zündquelle (pyrotechnische Zünder
mit einem Gesamtenergieinhalt von E = 10 kJ) nach einer definierten Zündver-
zögerungszeit von t v = 0,6 s nach Beginn der Staubeingabe. Hierbei wird die
Staubkonzentration systematisch verändert und der Sauerstoffgehalt in der
Verbrennungsatmosphäre schrittweise herabgesetzt, bis eben gerade keine
Staubexplosion mehr stattfindet. Dies ist durch eine hinreichende Anzahl von
Kontrollversuchen zu bestätigen.
Wie bei den Brenngasen (Abb. 2.6) wird auch der Explosionsbereich der
brennbaren Stäube durch Zugabe von Stickstoff eingeengt (Abb. 2.27). Der Er-
satz von Sauerstoff durch Stickstoff wirkt sich dabei besonders auf die obere
Explosionsgrenze OEG aus, die gesenkt wird. Die untere Explosionsgrenze
UEG bleibt dagegen unabhängig vom Sauerstoff/Stickstoff-Verhältnis erhal-
ten. Brennbare Stäube benötigen wie die Brenngase im Bereich der unteren Ex-
plosionsgrenze den größten Anteil an Schutzgas.
Gleichzeitig werden die Explosionskenngrößen, die den Ablauf von Staubex-
plosionen in geschlossenen Behältern beschreiben
- Explosionsdruck Pex und
- zeitlicher Druckanstieg dp/dt
herabgesetzt, wie Abb.2.28 (links) anhand eines praktischen Beispiels zeigt.
Betrachtet man dagegen das Verhalten der optimalen Explosionskenngrößen
- maximaler Explosionsdruck Pmax und
- staubspezifische Kenngröße KSt
mit abnehmendem Sauerstoff-Gehalt in Stickstoff (Abb. 2.28, rechts), so kann
man folgendes feststellen:
Der maximale Explosionsdruck Pmax vermindert sich zunächst gering, um
anschließend im Bereich der Sauerstoff-Grenz konzentration sprunghaft ab-
zufallen.
324 2 Vorbeugender Explosionsschutz

UEG OEG---
[Vol%] r<;"e-"~----------,
20 I I /
8 1 A/A /

o \ / - - SGK /)"

8/
Explosionsbereich , //

i
z 15 fIjJ

IN
t~
'\ /0
o 10 ~ /0
0_0 - - - SGK A Farbstoff A
8 Farbstoff 8
o Farbstoff C Abb.2.27. Einfluß des Sauerstoffgehalts in
Stickstoff auf den Explosionsbereich von
Farbstoff-Feinstäuben (V = 1 m3 , 1v = 0,6 s,
I I I E = 10kJ)
250 500
Staubkonzentration

[bar]

x 5
~

[bar/s]

~ 100H--o.o;=~0=====±----------~
- 0 ______ ti 100 1-----+---~,4!':it----l

""'-"---1
~
:.::

.g- 0

o '~.-!~~" _ _..J o....__+i!"_""""'__"'-..J


o 500 [g/m 3] o 10 20 [Vol%]
Staubkonzentro.tion 02 in N2

Abb. 2.28. Einfluß des Sauerstoffgehalts in Stickstoff auf die Explosionskenngrößen von
Polyethylen-Staub (M < 25 11m) (V = 1 m 3, t y = 0,6 s, E = 10 kJ)

Die staubspezifische Kenngröße Kst wird linear mit abnehmendem Sauer-


stoffgehalt herabgesetzt. Der Schnittpunkt mit der Abszisse ist der gesuchte
Sauerstoff-Grenzwert.
Bei einem Sauerstoff-Gehalt von 10 Vol% in Stickstoff sind keine Polyethylen-
Staubexplosionen mehr möglich.
2.3 Vermeiden von Explosionen durch Inertisierung 325

Tabelle 2.5. Sauerstoff-Grenzkonzentration SGK brennbarer Stäube


(M<63 11m, V = 1 m3, t v = 0,6 s, E = 10 kJ)

Staubart SGK Staubart SGK


[VolOJo] [VolOJo]

Birnenholz 16,0 Amino-antrachinon 11,5


Cadmiumstearat 14,0 Antracen 11,1
Bromphenoxim 14,0 Holzstaub 11,0
Sulfo-antrachinon 13,5 Polyethylen 10,0
Bariumstearat 13,4 lminodibenzyl 10,0
Holz-Schleifstaub 13,0 Pflanzenschutzmittel 10,0
Bariumlaurat 11,7 Bisphenol A 9,5
Magnesiumstearat 11,6 Dimethylterephthalat 9,0
Zinkbehenat 11,6 Paraformaldehyd 6
Zinkstearat 11,5 Aluminium 5

Obige Aussagen über das Verhalten der Explosionskenngrößen bei der Iner-
tisierung der Verbrennungsluft mit Stickstoff gelten auch für andere Stäube
[30]. In Thbelle 2.5 ist die gemessene Sauerstoff-Grenzkonzentration SGK für
einige Stäube angegeben, die grundsätzlich auf Feinstäube (M< 63 J.1m) zu be-
ziehen ist.
Weitere Angaben siehe [30].
Während die Korngröße von nicht unerheblichem Einfluß auf das Explo-
sionsgeschehen ist (Abb. 1.176), scheint dies nicht den Sauerstoff-Grenzwert zu
betreffen, wie die folgenden Zahlenangaben zeigen:
Paraformaldehyd: M = 23 J.1m, SGK = 7,0 Vol%, M = 11 J.1m,
. SGK=6 Vol%
Braunkohle: M = 52 J.1m, SGK = 12,5 Vol% M = 19 J.1m,
SGK = 12,0 Vol% [18].
Im Falle der Klärschiamm-1fockengüter hat sich ergeben [32], daß der Sauer-
stoffgrenzwert bei der Inertisierung mit Stickstoff mit steigendem organischem
Anteil deutlich fällt.
Zusammenfassend ist daher festzustellen, daß bei den meisten organischen
Stäuben eine Herabsetzung des Sauerstoffgehalts (gegenüber Luft) um unge-
fähr die Hälfte eine vollständige Inertisierung bewirkt. Es gibt aber auch Aus-
nahmen (Bisphenol A~Paraformaldehyd).
Die Sauerstoff-Grenzkonzentration brennbarer Stäube muß mangels einer
Gesetzmäßigkeit bisher von Fall zu Fall experimentell bestimmt werden. Den-
noch deuten sich Tendenzen [33] an, daß
der Sauerstoff-Grenzwert um so höher ist, je schwächer ein Produkt rea-
giert (Abb. 2.29) und daß
der Sauerstoff-Grenzwert ebenfalls um so höher ist, je höher die im BAM-
Ofen gemessene Zündtemperatur Tz ist (Abb. 2.30).
Eine annähernde Abschätzung oder Bestimmung der Sauerstoff-Grenzkonzen-
tration brennbarer Stäube bei der Inertisierung der Verbrennungsluft ist auf-
grund dieser Aussagen jedoch nicht möglich. Weil die Vermutung nahe lag,
326 2 Vorbeugender Explosionsschutz

I
0
8
300
S

\
0

0
o .
00 ~I
200 [Oe]
20l-Laborap.rl~.a-1
I
o 80 I
S
,
o

8/
tur
0\ 0 tIi; I
I

0\·0 -,.3,....,
I
~

J6 V
L..
G) G) 400 8
o o~ ~ °
800 G) I!
E ßb, I
.e! 6 I
I
"0 G)
c
'::J
N 11m3-Groß - I
______ ______ ___ ß . aP.Qaratur I
O~ ~ ~~

300
o 10 20 [\tll%) 0 5 10 15 20 [\tll%)
02- Grenz konzentration in Nz 02- Grenzkonzentration in Nz
Abb.2.29. Abb.2.30.

Abb.2.29. Zusammenhang zwischen staub spezifischer Kenngröße KSt und der Sauerstoff-
Grenzkonzentration in Stickstoff (V = 1 m3)
Abb. 2.30. Zusammenhang zwischen der Zündtemperatur Tz und der Sauerstoff-Grenzkon-
zentration in Stickstoff (V = 1 m3)

daß eine ganze Anzahl von Parametern von Einfluß sind, untersuchte Siwek
[34] die Abhängigkeit der Sauerstoff-Grenzkonzentration einer Reihe von
i. allg. leicht entzündlichen Stäuben von der Zündenergie E im 1 m 3-Behälter
und bestimmte zusätzlich sowohl die Zündtemperatur Tz im BAM-Ofen
(Abb. 1.229) als auch die Mindestzündenergie MZE', bezogen auf eben gerade
keine Gemischentzündung bei der vorgegebenen Zündverzögerungszeit von
t v = 0,6 s. Ungefähr zur gleichen Zeit führte Wiemann [18] mit im allgemei-
nen schwer entzündlichen Produkten ebenfalls im 1 m 3-Behälter ähnliche Un-
tersuchungen durch. Seine Angaben über die Zündtemperatur Tz beziehen
sich auf die Godbert-Greenwald-Apparatur (Abb. 1.228). Die Mindestzünd-
energie MZE' wurde jedoch nicht gemessen. Nach Abb. 2.31 besteht in halblo-
garithmischer Darstellung ein linearer Zusammenhang zwischen der Sauer-
stoff-Grenzkonzentration SGK und der Zündenergie E bei im Rahmen der Ver-
suchsgenauigkeit gleichen Gradienten. Bei bekanntem, auf die Prüfzündener-
gie (E = 10 kJ) bezogenen Sauerstoff-Grenzwert ist es daher durch Ziehen von
Parallelen möglich, für alle von Wiemann untersuchten Stäube die Abhängig-
keit der Sauerstoff-Grenzkonzentration von der Zündenergie und die Mindest-
zündenergie MZE' abzuschätzen.
2.3 Vermeiden von Explosionen durch Inertisierung 327

[Vol%] r ; r - - - - - - - - - - - - , - - - - ,
20 .~:--'-:~-------!------ Luft

G ~ A I

15~ G 0~~
~ I
10 AGasfiammkohle G ~
o Uvitex I
G Paraformaldehyd $"
I'~
5 A Wiemann
o G Siwek
l~
11"
:2
Q.N
1]

O~---Ln---~-~~_~__~~__~
10-1 10 4 [J]
Zündenergie
Abb.2.31. Sauerstoff-Grenzkonzentration SGK brennbarer Stäube als Funktion der Zünd-
nergie E (V = 1 m3 , t v = 0,6 s)

Abbildung 2.32 (oben) zeigt den Zusammenhang zwischen der Sauerstoff-


Grenzkonzentration und der gemessenen [Siwek] bzw. der extrapolierten Min-
destzündenergie MZE' [Wiemann] mit der Zündenergie E als zusätzlichem Pa-
rameter. Der Anstieg der sich ergebenden parallel verlaufenden Geraden hängt
davon ab, ob die Produkte leicht bis normal [Siwek] bzw. schwer entzündlich
[Wiemann] sind.

[Vol%]
o Cl. Siwek
20 -
"" ...... Wiemenn

TZ =400-61 O'C

10 2 [ J]

5 I I I

10- 2 10-1 10° 10'


• Tz +273
MZE ---ri3

Abb.2.32. Sauerstoff-Grenzkonzentration SGK als Funktion der Mindestzündenergie MZE'


und ihres Produktes mit der reduzierten Temperatur (V = 1 m3 , t v = 0,6 s)
328 2 Vorbeugender Explosionsschutz

Überlagert werden die Untersuchungsergebnisse vom Einfluß der Zündtem-


peratur Tz, die im einen Fall (Siwek) nahezu konstant, und im anderen Fall
(Wiemann) über einen breiten Bereich ansteigt. Um daher beide Einflußnah-
men gleichzeitig zu berücksichtigen, ist in Abb. 2.32 (unten) die Sauer-
stoff-Grenzkonzentration SGK als Funktion des Produktes aus Mindestzünd-
energie MZE' und reduzierter Temperatur für alle 3 Zündenergien dargestellt.
Man erhält also in halblogarithmischer Darstellung Geraden, die recht gut die
erhaltenen Versuchsergebnisse wiedergeben, wobei folgende Gleichung gilt:

SGK= 181ogMZE,Tz +273 2,7IogE+12,8


, 273
Bei bekannter, auf die vorhandene Gemischturbulenz bezogene Mindest-
zündenergie MZE' [J], bei der gerade eine Entzündung eintritt, Zündtempera-
tur Tz und Zündenergie E [kJ] kann die Sauerstoff-Grenzkonzentration SGK
nach obiger Gleichung abgeschätzt werden.
Die Abweichung der Meßwerte von den Rechenwerten beträgt maximal
±4OJo. Weil einerseits die im BAM-Ofen gemessene Zündtemperatur um durch-
schnittlich 6,7% niedriger ist als in der Godbert-Greenwald-Apparatur
(s. S. 232), und andererseits hierdurch die reduzierte Temperatur nur gering ver-
ändert wird, ist es unerheblich, welche Zündtemperatur für die Berechnung
verwendet wird.
Die Sauerstoff-Grenzkonzentration brennbarer Stäube bei Inertisierung mit
Stickstoff kann auch in der 201-Laborapparatur (Abb. 1.163) gemessen wer-
den. Hierfür ist bekanntlich eine Zündverzögerungszeit zwischen dem Beginn
der Staubeingabe und dem Wirksamwerden der Zündquelle (pyrotechnische
Zünder mit einem Gesamtenergieinhalt von E = 10 kJ) von ty = 60 ms zu wäh-
len.
In Analogie zur 1 m3-Großapparatur (Abb. 2.28) werden durch Zugabe von
Stickstoff zur Verbrennungsluft die Explosionskenngrößen herabgesetzt
(Abb. 2.33). Gleichzeitig wird der Explosionsbereich eingeengt, wobei der Sau-
erstoffgehalt im Bereich der unteren Explosionsgrenze am stärksten zu vermin-
dern ist, um eine Staubexplosion zu verhindern.
Während das Verhalten des maximalen Explosionsdrucks Pmax ähnlich wie
im 1 m3-Behälter ist, nähert sich die staubspezifische Kenngröße Kst asympto-
tisch der Abszisse, und es stellt sich eine deutlich niedrigere Sauerstoff-Grenz-
konzentration ein als in der Groß apparatur (Abb. 2.34).
Ursache für das empfindlichere Verhalten der Laborapparatur gegenüber
der Großapparatur ist der Einfluß der Energie der Zündquelle. Die für die
Staubexplosionsprüfung verwendeten pyrotechnischen Zünder mit einem Ge-
samtenergieinhalt von E = 10 kJ sind für den 1 m 3-Behälter eine punktförmi-
ge Zündquelle, in der 20 l-Laborapparatur erfassen sie dagegen beim Wirksam-
werden den gesamten Explosionsraum. Mit einer ganzen Anzahl von brennba-
ren Stäuben in beiden Apparaturen durchgeführte Vergleichsversuche [33] er-
gaben folgenden durchschnittlichen Zusammenhang für die Sauerstoff-Grenz-
konzentration
SGK: 1 m3-Behälter = 1,64'SGK: 201-Laborapparatur.
2.3 Vermeiden von Explosionen durch Inertisierung 329

Ibarl
[bar]
•II
o~I
o 8

/1 '
1/
5
5

~I,
M
Cl!'

f
I
0
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= 12.6Vol·/·lhn~ 0

[bar·rn-s·']
0~8 I,

,'
I

I:,
500 G 1m3 - GroßapparatlJ"
o 201 - Laborapparatur
400

-,
-a-I'b 100
ilI
:.:: I
:31
I
I
I
500
0
0
I'
20 [Vol%]
Staubkon2l!l1tration Oz-Gehalt in Nz

Abb.2.33 Abb•• 2.34

Abb. 2.33. Einfluß des Sauerstoffgehalts in Stickstoff auf die Explosionskenngrößen von
Schädlingsbekämpfungsmittel in der 201-Laborapparatur
Abb. 2.34. Einfluß des Behältervolumens auf die Sauerstoff-Grenzkonzentration von Schäd-
lingsbekämpfungsmittel

Der Sauerstoff-Grenzwert in der Großapparatur liegt damit um 64OJo höher als


in der Laborapparatur. Um die in der zuletzt genannten Apparatur bestimmten
Sauerstoff-Grenzkonzentrationen in der Praxis anwenden zu können, müssen
diese gemäß obiger Gleichung korrigiert werden, da nach [31] nur solche Ap-
paraturen für Staubprüfungen zulässig sind, in denen die gleichen sicherheits-
technischen Kenngrößen von aufgewirbeltem Staub gemessen werden wie im
genormten 1 m 3-Behälter.
Die angegebene Gleichung für die Umrechnung der Sauerstoff-Grenzwerte
ist unbefriedigend, weil sie sich auf Durchschnittswerte bezieht. Es stellte sich
daher die Frage nach einer äquivalenten Zündenergie, die für die Bestimmung
der Sauerstoff-Grenzkonzentration in der 201-Laborapparatur anzuwenden
ist, um die Grenzwerte des 1 m 3-Behälters zu erreichen. Im Gegensatz zu den
Angaben von [30] wird dies von Siwek verneint [5]. Er stellte fest (Abb.2.35),
daß in halblogarithmischer Darstellung in der 201-Laborapparatur der lineare
Zusammenhang zwischen der Zündenergie E und dem Sauerstoff-Grenzwert
für Energien E > 250 J (vgl. Abb. 2.31) nicht mehr gegeben ist und sich keines-
330 2 Vorbeugender Explosionsschutz

Abb. 2.35. Sauerstoff-Grenzkonzentration SGK brennbarer Stäube als Funktion der Zünd-
energie E in der 201-Laborapparatur (tv = 60 ms)

~VOI;J ~;~;~~:----------i------
:3 15 "'E '" ........... 0 ____:

c~ ~
E
0
-___
~
~"''' __
___
~
--"1

~
~ 10- 1lf
> >
eJI~_
..............l
I,..,
~ 0 • Erbsenmehl .. E
~ A ... Cellulose Acetat I : H
~ 5- EI. Paraformaldehyd ;§ : ~
2 ~I~

~ 0 I I I I '.ti~
~ 10 2 10' 10 0 10' 10 2 10 3 10 4 [J]
Zündenergie E

Abb. 2.36. Sauerstoff-Grenzkonzentration brennbarer Stäube als Funktion der Zünd energie
E und des Behältervolumens V (mittlere Gemischturbulenz)

falls bei der in [30, 35] vorgeschlagenen äquivalenten Prüfzündenergie von


E = 1-2 kJ die 1 m3-Grenzwerte einstellen. Dies gilt auch für zahlreiche an-
dere brennbare Produkte.
In einem weiteren Schritt wurde daher die Sauerstoff-Grenzkonzentration in
Abhängigkeit von der Zündenergie für Energien E ~ 250 J auch für diejenigen
brennbaren Stäube in der 201-Laborapparatur bestimmt, die bereits in der
Groß apparatur (Abb. 2.32) untersucht wurden. Abbildung 2.36 zeigt beispiel-
haft die Gegenüberstellung der erhaltenen Meßwerte für drei Produkte.
Die Sauerstoff-Grenzkonzentration ist, wie man erkennt, bis zu einer Zünd-
energie von E = 250 J unabhängig vom Behältervolumen V. Durch Extrapola-
tion auf die in der Großapparatur angewendete Prüfzündenergie von
E = 10 kJ erhält man in beiden Apparaturen einen übereinstimmenden Sauer-
stoff-Grenzwert.
2.3 Vermeiden von Explosionen durch Inertisierung 331

Die Bestimmung der Sauerstoff-Grenzkonzentration brennbarer Stäube in


der 201-Laborapparatur hat daher zunächst bei zwei Zündenergien von
Es 250 J zu erfolgen. Anschließend ist in halblogarithmischer Darstellung
(Abb. 2.36) eine Extrapolation dieser Meßwerte auf eine Zündenergie von
E = 10 kJ vorzunehmen. Dieses Verfahren gewährleistet Übereinstimmung mit
den Werten nach dem Normverfahren im 1 m3-Behälter.
Es wurde bereits gezeigt (s. Abb. 1.206), daß der Zusammenhang zwischen
der Mindestzündenergie MZE und der Gemischturbulenz (der entsprechenden
Zündverzögerungszeit tv) unabhängig vom Behältervolumen ist. Wird daher
die Mindestzündenergie MZE' [J1, bei der eben gerade eine Entzündung der
Staub/Luft-Gemische erfolgt, bei mittlerer Thrbulenz in der 201-Laborappara-
tur gemessen, dann kann bei zusätzlicher Kenntnis der Zündtemperatur Tz
die Sauerstoff-Grenzkonzentration auch nach der auf S. 328 für die Groß-
apparatur angegebenen Gleichung berechnet werden.
Die bisherigen Angaben über die Sauerstoff-Grenzkonzentration brennbarer
Stäube bei der Inertisierung der Verbrennungsluft mit Stickstoff beziehen sich
auf mittlere Thrbulenz, bei der die Explosionskenngrößen bestimmt werden.
Wie verändern sich nun die Grenzwerte, wenn sie auf niedrige Gemischturbu-
lenz bezogen werden, wie sie z. B. bei der Ermittlung der Mindestzündenergie
vorhanden ist?
Auch für diesen Fall besteht in der 201-Laborapparatur für eine Reihe von
Feinstäuben (Abb. 2.37) in halblogarithmischer Darstellung ein linearer Zu-
sammenhang zwischen dem Sauerstoff-Grenzwert und der Zündenergie, wenn
diese E s 250 J ist.
Die Darstellung ermöglicht zunächst die Abschätzung der Mindestzünd-
energie von
- Aluminium-Feinstaub zu MZE' == 0,0001 J und von
- Netzschwefel zu MZE' == 0,00001 J.
Die Sauerstoff-Grenzwerte, bezogen auf eine Zündenergie von E = 10 kJ, wur-
den durch Extrapolation bestimmt. Bezeichnet man den bei mittlerer Gemisch-
turbulenz erhaltenen Sauerstoff-Grenzwert mit SGKm und den bei niedriger

r::~~~~~--------
~ig 10 _ -----_____
------~==::___-;::::m--:----- ~ ~G ........ .... "
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[3
Erbsenmehl
Cellulose
e Lycopodium
t::l.............
--
...
................ ~
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- ~ Aluminium ................ ,ga.
.ll c:::J Netzschwefel II
b 0 I I I I I I
~ 10- 3 10- 2 10' 10° 10' 10 2 10 3 [J]
Zündenergie E
Abb.l.37. Sauerstoff-Grenzkonzentration SGK brennbarer Stäube als Funktion
der Zündenergie E bei niedriger Gemischturbulenz in der 201-Laborapparatur
332 2 Vorbeugender Explosionsschutz

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Vi
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100'( •
QJ 200'( •
~
ro
VI
40
250 500 750 1000
Staubkonzentration (g/m 3)
Abb. 2.38. Einfluß des Sauerstoffgehalts in Stickstoff und der Thmperatur auf die Sauer-
stoff-Grenzkonzentration von Lycopodium

[Vol%]
: Braunkohle[37]
I
I
16 I
I
.f.I~-A
~
G
(f) 14
c II -""
o
:;::;
o
~ [Vol%]
(I) : Torf[38]
N '><1
C °1
o 14 - 21
.Y ~I

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N 01
C EI
(I)
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G °1
ZI 0
I
4-
4- 10 I I I I I I
o
+'
~ [Vol%]
(I) : Kohlenstaub[39]
:J I
~ 16
!~
I EI
I
14 I
I
I
I
12~~ __~__~~__- L_ _~~
o 2 3 4 5 6 [bar.abs]
Vordruck Pv
Abb.2.39. Einfluß des Vordrucks Pv auf die Sauerstoff-Grenzkonzentration SGK
brennbarer Stäube
2.3 Vermeiden von Explosionen durch Inertisierung 333

Gemischturbulenz erhaltenen mit SGKn , dann ergibt sich folgende Gegen-


überstellung:
Erbsenmehl: SGKm = 11,8 VoIOJo,SGKn = 11,8 VolOJo
Cellulose: SGKm = 10,0 Vol%,SGKn = 10,6 Vol%
Lycopodium: SGKm = 9,OVol%,SGKn = 8,8 Vol%
Aluminium: SGKm = 6,5 Vol%,SGKn = 6,2 Vol%
Netzschwefel: SGKm = 3,8 Vol%,SGKn = 3,8 Vol%.

Im Rahmen der Versuchsgenauigkeit besteht also Unabhängigkeit der Sauer-


stoff-Grenzkonzentration der untersuchten Feinstäube (M < 63 f.1m) von der
Gemischturbulenz. Dies ist darauf zurückzuführen, daß der Bereich der unte-
ren Explosionsgrenze einerseits den größten Anteil an Stickstoff für die Inerti-
sierung benötigt (Abb. 2.27), aber andererseits nicht sicherheitsrelevant von der
Gemischturbulenz abhängt. Dies entspricht auch den Untersuchungsergebnis-
sen von Glarner [35].
Zusammenfassend ist daher festzustellen, daß die im 1 m 3-Behälter und in
der 201-Laborapparatur nach Vorschrift gemessenen Sauerstoff-Grenzkonzen-
trationen Minimalwerte sind, die wie im Fall der Brenngase (Abb. 2.9) von der
Mindestzündenergie und der Zündtemperatur der Produkte abhängen.
Da in der Industriepraxis die Schutzmaßnahme "Inertisierung durch Stick-
stoff", z. B. bei Mahl- und 'Irocknungsvorgängen, häufig bei Thmperaturen an-
gewendet wird, die deutlich oberhalb der Raumtemperatur liegen, hat Glarner
[35] für 3 Feinstäube (Lycopodium, Erbsenmehl, Melamin) den Einfluß der
Temperatur auf die Sauerstoff-Grenzkonzentration in der 201-Laborapparatur
(Abb. 1.223) untersucht.
Abbildung 2.38 zeigt am Beispiel von Lycopodium den Einfluß von Sauer-
stoffgehalt und Thmperatur auf den Explosionsbereich. Zunehmende Tempera-
tur erweitert den Explosionsbereich und vermindert daher die Sauerstoff-
Grenzkonzentration. Glarner fand für einen Thmperaturbereich von Raumtem-
peratur bis 200 °C eine lineare Abnahme des Grenzwertes, die für alle Produkte
durchschnittlich 1,8 Vol % pro 100 0 C Thmperaturerhöhung beträgt.
Uneinheitlich, wie im Falle der Brenngase, sind die Aussagen, die sich auf
den Einfluß des Vordruckes Pv, dem Ausgangsdruck für eine Staubexplosion,
auf den Sauerstoff-Grenzwert bei der Inertisierung der Verbrennungsluft mit
Stickstoff beziehen. Theoretisch ist eine Herabsetzung der Sauerstoff-Grenz-
konzentration dann zu erwarten, wenn durch den Vordruck die untere Explo-
sionsgrenze eines Staubes vermindert, und eine Heraufsetzung, wenn sie er-
höht wird. Diesbezügliche Untersuchungen wurden nach dem Normverfahren
im 1 m 3-Behälter durchgeführt.
Schuber [36] fand für Erbsenmehl und Lycopodium und einen Vordruckbe-
reich von Pv = 1,4-2,2 bar, abs. keine erkennbare Veränderung. Die Untersu-
chungen von Wiemann mit Braunkohle ([37], Abb. 2.39) ergaben eine Abnah-
me der Sauerstoff-Grenzkonzentration bei gleichzeitiger Anhebung der unte-
ren Explosionsgrenze. Der Sauerstoff-Grenzwert von Thrf [38] und eines spezi-
ellen Kohlenstaubes [39] wird hingegen mit steigendem Vordruck angehoben.
Ursache für diese uneinheitlichen Aussagen könnte sein, daß die Anwendung
334 2 Vorbeugender Explosionsschutz

des Normverfahrens [31) bei Vordruck Schwierigkeiten bereitet. Hierauf deutet


die Thtsache hin, daß im Falle der Brenngase die gasspezifische Kenngröße KG
mit zunehmendem Vordruck linear ansteigt (Abb. 1.46), im Falle der brennba-
ren Stäube (Abb. 1.191) hingegen nicht, was eigentlich zu erwarten ist.

2.3.3.2 Inertisieren durch andere Inhibitoren


Wiemann [18) untersuchte nach dem Normverfahren im 1 m3-Behälter die
Sauerstoff-Grenzkonzentration von Braunkohle in Abhängigkeit von der Art
des Inertisierungsmittels. Das auf eine Thmperatur von 150 oe bezogene Unter-
suchungsergebnis zeigt Abb. 2.40. Zwischen der Sauerstoff-Grenzkonzentra-
tion SGK und dem Mischungsverhältnis aus Luft-Stickstoff zu Inertgas be-
steht wie bei den Brenngasen (Abb. 2.21) ein linearer Zusammenhang. Der In-
ertgasanteil fällt mit zunehmender Wirksamkeit des Inertgases (Stickstoff-+
Wasserdampf-+Kohlendioxid). Gleichzeitig steigt der Sauerstoff-Grenzwert
und damit auch der Stickstoff-Gehalt in Luft an.
Wiemann [18) macht auch Angaben über den Einfluß der Temperatur auf
den Sauerstoff-Grenzwert verschiedener brennbarer Produkte und unterschei-
det zwischen Stickstoff und Kohlendioxid als Inertisierungsmittel (Abb.2.41).
Grundsätzlich ist, unabhängig von der Art des Inertgases, ein linearer Abfall
des Sauerstoff-Grenzwertes mit steigender Thmperatur festzustellen, und es gilt
wie bei den Brenngasen die Gleichung
SGK(T) = SGK(Rt) - a (T- Rt) .
SGK(T) Sauerstoff-Grenzkonzentration bei der Temperatur T
a Thmperaturkoeffizient
SGK(Rt) Sauerstoff-Grenzkonzentration bei Raumtemperatur Rt
Zahlenangaben für den Thmperaturkoeffizienten a sind Thbelle 2.6 zu entneh-
men.

[Vol%]
T=150·C
14 t-

13 I- o
0/

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12 -

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'"
o 0'"N

10~ __~I Z__- L :r: l _Ü_~


l _ _~
40 45 50 55 N2 (Luft)[Vol%]
60 55 50 45 Inertgas[Vol%]
Verhältnis von Luft-Stickstoff zu Inertgas

Abb. 2..40. Sauerstoff-Grenzkonzentration SGK von Braunkohle als Funktion


des Mischungsverhältnisses von Luft-Stickstoff zu Inertgas [18]
2.3 Vermeiden von Explosionen durch Inertisierung 335

----------.
[Vol%] 0 __

-
0 __0

12

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o ~_ _ _ _L -_ _~

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L 0 ____
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o
(f) ~.
15 '-

.sp-rühmggermilch
12 I I I
o 50 100 150 ['e]
Temperatur T
Abb. 2.41. Einfluß der Temperatur T und des Inertisierungsmittels auf die Sauerstoff-Grenz-
konzentration SGK brennbarer Stäube [18]

Sowohl die Staub art als auch das Inertisierungsmittel sind von Einfluß auf
den Temperaturkoeffizienten a.
Bei der Inertisierung mit Stickstoff wird (unter Hinzuziehung weiterer Er-
gebnisse aus [18]) je 100 C Temperaturerhöhung der Sauerstoff-Grenzwert der
0

brennbaren Stäube um durchschnittlich 1,3 Vol % und der Brenngase um


durchschnittlich 0,91 Vol% herabgesetzt. Im Vergleich zu den Brenngasen (s.
Thbelle 2.4) ist der Temperatureinfluß also etwas ausgeprägter.

Tabelle 2.6. Temperaturkoeffizient der Sauerstoff-Grenzkonzentration SGK von brennba-


ren Stäuben in Abhängigkeit vom Inertgas [18]

Inertgas N2 CO 2

Staubart SGKRt a'103 SGK Rt a'103


[VoIOJo] [VoI0J0'K- 1] [VoIOJo] [VoIOJo' K- 1]

Braunkohle 12,8 14,0 14,4 10,0


Buche 14,0 18,7 15,9 10,7
Sprührnagermilch 15,7 6,7 17,2 6,7
336 2 Vorbeugender Explosionsschutz

Tabelle 2.7. Einfluß des Inertisierungsmittels auf die Sauerstoff-


Grenzkonzentration SGK brennbarer Stäube [5] (Normalbedin-
gungen)

Inertgas N2

Staubart SGK [VolOfo]

Lycopodium 11,0 15,0


HDPE 11,5 15,0
Kohle 14,0 17,0
Erbsenmehl 15,5 17,0

Auch Siwek [5] untersuchte nach dem Normverfahren im 1 m3-Behälter die


inertisierende Wirkung von Kohlendioxid im Vergleich zu Stickstoff mit dem
in der Thbelle 2.7 zusammengefaßten Ergebnis.
Werden die Untersuchungsergebnisse von Wiemann [18] und Siwek [5] zu-
sammengefaßt, dann ergibt sich der folgende durchschnittliche Zusammen-
hang zwischen der Sauerstoff-Grenzkonzentration SGK: CO 2 bei der Inerti-
sierung mit Kohlendioxid und der Sauerstoff-Grenzkonzentration SGK: N 2
bei der Inertisierung mit Stickstoff, bezogen auf Normalbedingungen
SGK:C02 = 1,19 SGK:N2 •

Mit Kohlendioxid in der 201-Laborapparatur nach dem Normverfahren mit


Kohlendioxid durchgeführte Kontrollversuche ergaben folgende Abhängigkeit
zur Großapparatur
SGK: 1 m3-Behälter = 1,80 SGK:201-Laborapparatur.
Der Einfluß der kräftigen Zündquelle (E = 10 kJ) wirkt sich hier in der Labor-
apparatur ähnlich aus wie bei der Inertisierung mit Stickstoff (s. S. 329). Um
daher Grenzwerte zu erhalten, die mit denen des 1 m 3-Behälters übereinstim-
men, ist es notwendig, zunächst diese bei Zündenergien von Es 250 J zu be-
stimmen und anschließend in halblogarithmischer Darstellung (Abb. 2.36) eine
Extrapolation gegen die Prüfzündenergie von E = 10 kJ vorzunehmen.

2.3.3.3 Maßnahmen bei Anwendung der Inertisierung


Wird die Schutzmaßnahme Inertisierung durch gas- oder dampfförmige Inhi-
bitoren in der Praxis zum Schutz von Behältern, Apparaten oder Anlagen an-
gewendet, so ist sie so zu überwachen, daß die höchstzulässige Sauerstoffkon-
zentration nicht überschritten wird [30]. Hierbei ist besonders zu beachten
[40]:
Auswahl einer geeigneten Meßgröße
(Sauerstoffkonzentration, Inertgasmenge)
Auswahl der geeigneten Meßtechnik
(z. B. Meßprinzip, Querempfindlichkeit, Fehlergrenzen, Eigenzeit des Meß-
gerätes, Zeitverzögerung der Anzeige durch den Abstand zwischen Meßge-
rät und Entnahmestelle)
2.3 Vermeiden von Explosionen durch Inertisierung 337

Auswahl des geeigneten Meßortes, der unter Beachtung der Strömungsver-


hältnisse die für die Sauerstoffkonzentration ungünstigsten Zustände er-
faßt. Gegebenenfalls können mehrere Meßorte erforderlich sein.
Für den Stör fall sind geeignete Maßnahmen festzulegen:
Stillegen der Anlage bei der höchstzulässigen Sauerstoffkonzentration bzw.
bei Unterschreiten der für eine einwandfreie Inertisierung erforderlichen
Inertgasmenge. Das Stillegen soll in der Regel automatisch erfolgen.
Auswahl der geeigneten Alarmschwelle, bei deren Überschreiten geeignete
Gegenmaßnahmen (automatisch, mechanisch) eingeleitet werden können.
Bei intermittierender Messung ist ferner darauf zu achten, daß
vollständig in sich geschlossene Systeme mit stets definierter und reprodu-
zierbarer Gasführung vorliegen (Gefahr: Reinigungsöffnungen),
vorher in einer ausreichend langen Fahrperiode sichere Betriebsbedingun-
gen für die Inertisierung festgelegt werden,
nach jeder Änderung der Anlage die Betriebsbedingungen für die Inertisie-
rung überprüft und gegebenenfalls neu festgelegt werden,
der Inertisierungsgrad der in Frage kommenden Anlagenteile bei allen Be-
triebszuständen bekannt ist und
ein Ausfall des Inertisierungsmittels durch Alarm gemeldet wird.
Weitere Hinweise sind [30] zu entnehmen.
Eine gegen das Entstehen von Staubexplosionen ausreichende Inertisierung
ist keine Schutzmaßnahme zum Vermeiden von Bränden einer exothermen Zer-
setzung oder einer Deflagration abgelagerten Staubes.

2.3.3.4 Inertisieren durch Zugabe von Feststoffen


Wie bei den Brenngasen (Abb.2.26) kann auch die Inertisierung von brennba-
ren Stäuben durch Zugabe von inerten pulverförmigen Feststoffen durchge-
führt werden. Dies geschieht in der Form, daß das brennbare Produkt mit dem
Inertstaub gut vermischt wird [33].
Bei der Inertisierung der Verbrennungsluft mit Stickstoff (Abb. 2.42) wird
bei Veränderung des Sauerstoff/Stickstoff-Verhältnisses zugunsten des Stick-
stoffs die Mindestzündenergie der brennbaren Stäube rasch angehoben [35].
Wird hingegen z. B. Erbsenmehl durch ein Löschpulver auf der Basis von Am-
moniumphosphat (TropoIar) inertisiert (Abb. 2.43), dann steigt die Mindest-
zündenergie MZE der Brennstaub/lnertstaub-Gemische mit zunehmendem In-
ertstaubanteil ebenfalls sehr schnell an. Aus diesem Grund wird derjenige
Inertstaubanteil im Gesamtgemisch als Inertstaub-Grenzkonzentration defi-
niert, bei der in Gegenwart der Prüfzündquelle mit einem Gesamtenergieinhalt
von E = 10 kJ eben gerade keine Gemischentzündung mehr stattfindet. Wegen
nicht vorhandener Gesetzmäßigkeiten muß die genannte Grenzkonzentration
von Fall zu Fall bestimmt werden. Solche Untersuchungen erfolgen wiederum
nach dem Normverfahren im explosionsfesten 1 m 3-Behälter (Abb. 1.156).
Wie die Sauerstoff-Grenzkonzentration bei der Inertisierung durch gasför-
mige Medien hängt auch die Inertstaub-Grenzkonzentration von der aufge-
wendeten Zündenergie E ab (Abb. 2.44).
338 2 Vorbeugender Explosionsschutz

1)7

1)6
~
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N

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"0
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m .2Q. !!2
0 10 20 °2 30
M' h h··lt· Erbsenmehl IGew. %1
N2/02 -Verhältnis [Vol%/Vol%l ISC ungsver a ",5: Tropolar [Gew. %1
Abb.2.42 Abb.2.43

Ibarl.~..
o' . " [J

Cl

cl 5

o ---1.-.0·.- - -

o E= 10J
Cl E= 100J Abb. 2.42. Mindestzündenergie MZE brennbarer
IJ E=10000J
Stäube als Funktion des Stickstoff/Sauerstoff-
Verhältnisses
Abb. 2.43. Mindestzündenergie MZE von Erbsen-
mehl als Funktion des Mischungsverhältnisses
mit lfopolar
Abb. 2.44. Einfluß der Zündenergie E auf die In-
ertstaub-Grenzkonzentration von Cellulose

Cellulose IGew. %1
Mischungsverhältnis : Tropolar IGew. %1

Abb.2.44.
2.3 Vermeiden von Explosionen durch lnertisierung 339

Tabelle 2.8. Wirksamkeit verschiedener Inertstäube bei der lnertisierung von brennbaren
Stäuben (V = 1 m3 , E = 10 kJ)

Brennbarer Staub Wirksamkeit des Inertstaubes

Günstig Ungünstig

Kohlenstaub NH4H 2P04 KHC0 3


Zucker NaHC0 3 KCI
Dextrin NaHC0 3 KCI
Organ. Pigment NH 4H 2P0 4 NaCI
Aluminium NaHC0 3 NaCI

Tabelle 2.9. lnertstaub-Grenzkonzentration IGK von Inertstäuben (V = 1 m3 , E = 10 kJ)


Brennbarer Staub M Inertstaub M IGK
[Ilm] [Ilm] [Gewl1!o]

Methylcellulose 70 CaS04 < 15 70


Cellulose 22 NH 4H 2 P0 4 29 65
Steinkohle (Fett-) 20 CaC0 3 14 65
Steinkohle (Fett-) 20 NaHC0 3 35 65
Organ. Pigment <10 NaH 4H 2P0 4 29 65
Aluminium <10 NaHC0 3 35 65
Dextrin <63 KHC0 3 25 55
Zucker 30 NaHC0 3 35 50
Erbsenmehl 25 NH 4H 2P0 4 29 40

In der Großapparatur hat sich ergeben, daß fallende Zündenergie den


Grenzwert für die Inertstaub-Zumischung vermindert. Ist daher in der Praxis
in zu schützenden Behältern oder Apparaten mit weniger energiereichen Zünd-
quellen zu rechnen, dann genügt bereits eine Zumischung von ca. 20 GewOJo,
um z. B. die Gemische von Cellulose ausreichend zu inertisieren.
Wie die Inertgase haben auch inerte Feststoffe eine unterschiedliche Wirk-
samkeit bei der Inertisierung brennbarer Stäube [41], wie aus den Angaben der
Tabelle 2.8 hervorgeht.
In Tabelle 2.9 ist abschließend die Inertstaub-Grenzkonzentration IGK in
brennbaren Stäuben angegeben, die bei Anwendung der bei Staubuntersuchun-
gen üblichen kräftigen Zündquelle für eine vollständige Inertisierung erforder-
lich ist.
Im allgemeinen sind also Inertstaubzusätze von mehr als 50 Gew% für eine
Inertisierung notwendig. Ist jedoch in der Industriepraxis mit weniger energie-
reichen Zündquellen zu rechnen, so sind gemäß Abb. 2.44 deutlich geringere
Inertstaubmengen ausreichend.
Siwek [5] führte Vergleichsuntersuchungen in der 201-Laborapparatur nach
dem Normverfahren (Abb. 1.163, 1.164) durch. Abbildung 2.45 zeigt den Ein-
fluß der Zugabe von Tropolar zum Erbsenmehl auf den Zündbereich. Ähnlich
340 2 Vorbeugender Explosionsschutz

~r-;;
0..... ()' .
:si :si 100/0 -
QI QI
.~~
:c
QI

~~0
QI
1110.
.co
.t .= 50150
-e:in
±:
:f QI
25/75
Inertstaub-
- - - - -GrenZkOnzenträhon
~
CI
C
=> 0/100 L...._......._---L._ _. l . . - _...... _~.
.c
u
111 o 500 1000 1500 2000 Ig/m3]
i: Staubkonzentration
Abb. 2.45. Einfluß des Mischungsverhältnisses von Erbsenmehl zu Inertstaub (ftopolar) auf
den Zündbereich (V = 20 I, E = 10 kJ)

[bar 1 I
<ll't>..
~
5 "'\
OL-______ ~ ____ ~ __ ~

[bar-rn -s-11 1

50
~o
" 0, _
oL-________L...-~6--l Erbsenmehl [Gew.%1
Mischungsverhältnis : Tropolar [Gew%1
1M .50. ~ JL
o 50 15 100

Abb. 2.46. Explosionskenngrößen von Erbsenmehl als Funktion des Mischungsverhältnisses


mit Thopolar (V = 20 I, E = 10 kJ)

wie bei der Stickstoffinertisierung ist nur eine geringe Beeinflussung der unte-
ren Explosionsgrenze bei starker Einschränkung der oberen Explosionsgrenze
festzustellen. Gleichzeitig vermindern sich die Explosionskenngrößen (maxi-
2.3 Vermeiden von Explosionen durch Inertisierung 341

Tabelle 2.10. Inertstaub-Orenzkonzentration lOK brennbarer Feinstäube in


Mischung mit Ammoniumphosphat (TropoIar)

Prüfvolumen V [m 3] 1,0 0,02


Zündenergie E [kJ] 10 1

Staubart lOK [OewOJo]

Lycopodium 6S 70
Technocel 40 40
Erbsenmehl 40 40
Maisstärke 40 40
Weizenmehl 30 30

maler Explosionsdruck Pmax' staubspezifische Kenngröße KsJ und enden bei


der Inertstaub-Grenzkonzentration von 75 Gew% Tropolar (Abb. 2.46).
Ein Vergleich mit den Zahlenangaben der Thbelle 2.9 zeigt, und dies wurde
auch für andere brennbare Stäube nachgewiesen, daß die Inertstaub-Grenz-
konzentration in der Kleinapparatur um ca. 500/0 höher als in der Großappara-
tur ist. Dies ist wiederum auf den Einfluß der kräftigen Zündquelle mit einem
Gesamtenergieinhalt von E = 10 kJ zurückzuführen.
Siwek führte daher Untersuchungen mit unterschiedlichen brennbaren Stäu-
ben und verschiedenen Zündenergien (E< 10 kJ) in der 201-Laborapparatur
zur Feststellung der Inertstaub-Grenzkonzentration IGK durch und bestimmte
die äquivalente Zündenergie zu E = 1 kJ, die zu übereinstimmenden Werten
mit der Großapparatur führt (Thbelle 2.10).

2.3.3.5 Anwenden von Vakuum


Es wurde bereits darauf hingewiesen (Abb.1.191), daß sich die Explosions-
kenngrößen brennbarer Stäube (maximaler Explosionsdruck Pmax' staub spezi-
fische Kenngröße Kst) in geschlossenen Behältern proportional zum Vordruck
(Pv ~ 2 bar, abs.), d.h. also vom Ausgangsdruck für eine Explosion, beeinflußt
werden. Durch Herabsetzen des Ausgangsdruckes unter den Atmosphären-
druck kann daher erreicht werden, daß entweder
keine Staubexplosion mehr stattfindet (dies ist i. allg. bei einem Vordruck
von einigen 10 mb ar der Fall) oder
der maximale Explosionsdruck unter dem Atmosphärendruck bleibt (dies
ist im Zusammenhang mit den organischen Stäuben bis zur Staubexplo-
sionsklasse St 2 (Abb. 1.183) i. allg. bei einem Vordruck von Pv = 0,1 bar,
abs. der Fall).
Gleichzeitig steigt die Mindestzündenergie an (Abb. 1.225). Je größer der Un-
terdruck ist, um so höher ist, wie bei den Brenngasen, das Sicherheitsniveau.
Diese Schutzmaßnahme gegen das Entstehen von Staubexplosionen wird häu-
fig an Vakuum-Schaufeltrocknern angewendet. Ihr Vakuum muß meßtech-
nisch überwacht sein und im Störfall (z. B. Lufteinbruch) durch eine andere
Schutzmaßnahme (z. B. Inertisierung oder Vermeiden von wirksamen Zünd-
quellen) ersetzt werden.
342 2 Vorbeugender Explosionsschutz

2.3.4 Hybride Gemische

Die Versuchsbedingungen für die Bestimmung der Sauerstoff-Grenzkonzentra-


tion der Einzelkomponenten von hybriden Gemischen aus brennbarem Staub
mit Brenngasen nach dem Normverfahren sind sehr unterschiedlich. Während
Staub/Luft-Gemische bei mittlerer Thrbulenz durch eine Zündquelle in
Form von pyrotechnischen Zündern mit einem Gesamtenergieinhalt von
E = 10 kJ entzündet werden, wird in
Brenngas/Luft-Gemischen bei ruhendem Zustand eine Zünd quelle in Form
einer Kondensatorentladung oder eines Induktions-Dauerfunkens mit einer
Energie von ca. E = 10 J wirksam.
Es galt daher, zunächst zu klären, wie sich die kräftigere Zündquelle und die
Gemischturbulenz auf den Sauerstoff-Grenzwert der Brenngase auswirkt. Sol-
che Untersuchungen erfolgten in der Großapparatur (Abb. 1.156) mit Propan
nach dem üblichen, für die Stäube geltenden Prüfverfahren. Als Inertisie-
rungsmittel wurde Stickstoff verwendet [33].
In einem ersten Schritt wurden die Propan/Luft-Gemische im ruhenden Zu-
stand einer Zündquelle in Form von pyrotechnischen Zündern (E = 10 kJ) aus-
gesetzt. In einem zweiten Schritt wurde zunächst im Explosionsbehälter und
unter einem Druck von 20 bar im 5,41-Vorratsbehälter mit sprengkapselbetä-
tigtem Ventil ein definiertes Propan/Luft-Gemisch vorbereitet. Nach Ventilbe-
tätigung erfolgte die Verteilung und Verwirbelung dieses Gemisches in der
Groß apparatur über die übliche perforierte Halbringdüse, und die Zündquelle
(E = 10 kJ) wurde nach einer Zündverzögerungszeit von tv = 0.6 s wirksam.
Verminderung des Sauerstoffanteils bewirkt, wie erwartet (Abb. 2.47), keine
Veränderung der unteren Explosionsgrenze UEO, wohl aber eine deutliche Ein-
schränkung der oberen Explosionsgrenze OEG. Der Gemischzustand beein-
flußt zwar geringfügig den Zündbereich, nicht jedoch die Sauerstoff-Grenz-
konzentration, die SGK = 10 VolOJo beträgt. Allerdings ist der Einfluß der bei

UEG

i~ßmb~;. ,~
[Vol%l

15 ·r ~0
1,. (6_(-
.. ~ 02 - Grenzkonzentration
W - -------------
o Gemische ruhend gezündet
5 A Gemisch turbulent gezündet

(3 He -Konzentration
Abb.2.47. Einfluß der Sauerstoffkonzentration in Stickstoff auf den Zündbereich und die
Sauerstoff-Grenzkonzentration von ruhend und turbulent entzündeten Propan/Luft-Gemi-
schen
2.3 Vermeiden von Explosionen durch Inertisierung 343

Tabelle 2.11. Einfluß der Zündenergie E auf die Sauerstoff-


Grenzkonzentration SGK ruhend und turbulent entzündeter
Brenngas/Luft-Gemische im 1 m 3-Behälter

Zündenergie E [kJ] 0,01 10

Brenngas SGK [Vol 070 I

Propan 11,8 10,0


Butan 12,1 10,0
Methan 12,0 10,5

Staubuntersuchungen verwendeten, sehr energiereichen Zündquelle


(E = 10 kJ) auf den Grenzwert zu berücksichtigen, der mit 11,8 Vol07o deutlich
höher liegt, wenn die bei Brenngasuntersuchungen übliche Zündenergie von
E = 10 J eingesetzt wird (Tabelle 2.1). Dies gilt nach den Angaben von Thbelle
2.11 auch für andere Brenngase.
Die kräftigere Zündquelle (E = 10 kJ) vermindert also gegenüber der Norm-
zündquelle (E = 10 J) den Sauerstoff-Grenzwert um durchschnittlich 2 Vol%.
Abbildung 2.48 zeigt für den Fall des gemeinsamen Auftretens von Erbsen-
mehl und Propan das Verhalten der Explosionskenngrößen der Einzelkompo-
nenten und ihrer hybriden Gemische bei Stickstoff-Inertisierung. Die Sauer-
stoff-Grenzkonzentration des Staubes liegt mit 15,5 Vol07o deutlich höher als
diejenige des Brenngases mit 10 Vol%.

,1300 /-

~~l::i
200 /./

10 15 20 [\t)l%]
01 -Konzentration
Abb. 2.48. Explosionskenngrößen von hybriden Gemischen aus Erbsenmehl und Propan als
Funktion des Sauerstoffgehalts in Stickstoff
344 2 Vorbeugender Explosionsschutz

Die Reduzierung des Sauerstoff-Gehalts bewirkt, unabhängig vom Propan-


gehalt, zunächst geringe und im Bereich der Sauerstoff-Grenzkonzentration ei-
ne sprunghafte Veränderung des maximalen Explosionsdruckes Pmax. Sie be-
einflußt wie beim alleinigen Vorhandensein von Staub die staubspezifischen
Kenngrößen KSt linear, wenn die Propankonzentration im Bereich der unteren
Explosionsgrenze liegt, und nähert sich wie beim alleinigen Vorhandensein von
Propan asymptotisch der Abszisse, wenn die Brenngaszumischung hochpro-
zentig ist.
Dies gilt auch dann (Abb. 2.49), wenn der Sauerstoff-Grenzwert des Staubes
(Cellulose) mit 10,5 Vol% ungefähr demjenigen des zugemischten Brenngases
(propan) mit 10,0 Vol % entspricht.
Insgesamt ist festzustellen (Abb. 2.50), daß sich die Sauerstoff-Grenzkonzen-
trationen der brennbaren Stäube auf diejenigen des zusätzlich vorhandenen
Propans zubewegen, um sich dann, bei höheren Brenngaskonzentrationen, von
diesen wieder zu entfernen. Der Propanwert wird um so eher erreicht, je niedri-
ger der Sauerstoff-Grenzwert des brennbaren Staubes ist. Dies kann bereits bei
Propangehalten unterhalb der unteren Explosionsgrenze (Antioxidant, Cellu-
lose) der Fall sein.
Obige Feststellung gilt ganz allgemein sowohl für das Vorhandensein von be-
liebigen brennbaren Stäuben (Abb. 2.50) als auch von beliebigen Brenngasen
(Abb. 2.51). Um im zuletzt genannten Fall einen Vergleich durchführen zu kön-

[bar]

~
5 rI~O
o Staub ohne (3 Ha
• +0,9Vol% (3 Ha
• +2,7Vol% [3 Ha

Oeo I I

[bar.rn·5' J •

)jJ
b.

400

300
,:['
200

100

10
I
15 20 [\\)I%J
~tL
1015
I
20 [Vol%J

O2 -Konzentration

Abb. 2.49. Explosionskenngrößen von hybriden Gemischen aus Cellulose und Propan als
Funktion des Sauerstoffgehalts in Stickstoff
2.3 Vermeiden von Explosionen durch Inertisierung 345


I ~.

J" h/-
[Vol%l "'-.

----------
--~---

§ 15[ I /-
~ i /-
i~
12_

\fi
"t:J

~ 15
12!
11---
9t~~L_-----~~~~-
I =t I I

OZ-~kcn2l!ll1r.:/·
./
! /" Cellulose
~~.~.-----~-
9L I I I I
o UEG 2 4 6 [1A:JI.%l

Propan -Konzentration

Abb. 2.50. Sauerstoff-Grenzkonzentration hybrider Gemische aus brennbaren Stäuben und


Propan als Funktion der Brenngaskonzentration

UEG:
Brenngase Optimalkcnzentration,
[\bl %1 Brenngase 11>

i~/D
1
.4'" - I/~
14
13

j;":i ./

f
I 12 ~.I" _.A Methan

11 ~~f':-Grenzkonzentr
~--~." I -Metha:1
110~ '~";'~o" ! -Butan, Propan
~ 9L tIj I I
o 0,5 1,0
Norrrierte Brenngaskonzentration

Abb. 2.51. Sauerstoff-Grenzkonzentration hybrider Gemische aus Cellulose mit verschiede-


nen Brenngasen als Funktion der normierten Brenngaskonzentration

nen, wurden die Konzentrationsangaben auf die Optimalkonzentrationen für


die Explosionskenngrößen normiert.
Zusammenfassend ist festzustellen: Bei hybriden Gemischen aus brennba-
rem Staub und brennbaren Gasen oder Dämpfen ist die Sauerstoff-Grenzkon-
zentration bestimmt durch den Brennstoff mit dem niedrigsten Grenzwert. Es
ist daher nicht erforderlich, den Sauerstoff-Grenzwert von hybriden Gemi-
346 2 Vorbeugender Explosionsschutz

sehen zu bestimmen, wenn die entsprechenden Werte der Einzelkomponenten


bekannt sind.
Wiemann [18] bestätigte die bisherigen Erkenntnisse. Er untersuchte eben-
falls im 1 m3-Behälter den Einfluß, den die Temperatur auf die Sauerstoff-
Grenzkonzentration von hybriden Gemischen aus Kohle und Methan nimmt
(Abb. 2.52). Beide Staub arten haben in normaler Verbrennungsluft nahezu den
gleichen Sauerstoff-Grenzwert, der, unabhängig von der Temperatur, mit zu-
nehmendem Methangehalt linear abfällt und etwas oberhalb der jeweiligen
temperaturbezogenen unteren Explosionsgrenze von Methan dessen Sauer-
stoff-Grenzkonzentration erreicht.
Vergleichsversuche wurden auch in der 201-Laborapparatur durchgeführt
[33], in der die Sauerstoff-Grenzkonzentration der Brenngase bei Inertisierung
mit Stickstoff durch den Einfluß der kräftigeren Zündquelle (E = 10 kJ) ge-
genüber den Angaben der Großapparatur (Tabelle 2.11) herabgesetzt wird (Ta-
belle 2.12).
[Vol%] , - - - - - - - - ,
20 - u
.
!J
0
o 0
I[) N
.!!- .!!-
~ • Methan
o • Gasflammkohle
,~ ~ ... Fettkohle
5C/J 15-
c __0

----
,2 ____
~

-----1
iii
] 16._ _ • ~ ___

§
~
10 - ...
~~---
i-'
UI I
g:
4)

C5 $->:
~
2
~:
81
g:
ßI
o~ J I I =>i =>i
5L-~~-J__~~-L~~
C/J 0 1 2 3 4 [Vol%]
3,4
Methon-Konzentration
Abb. 2.52. Sauerstoff-Grenzkonzentration SGK von hybriden Gemischen aus Kohle
und Methan als Funktion des Brenngaszusatzes und der Temperatur [18]

Tabelle 2.12. Einfluß des Prüfvolumens V auf die Sauerstoff-


Grenzkonzentration von Brenngasen bei turbulenter Gemischent-
zündung (E = 10 kJ)

V [m 3] 1,0 0,02

Brenngas SGK [VolOJo]

Propan 10,0 7,6


Butan 10,0 7,6
Methan 10,5 8,0
2.3 Vermeiden von Explosionen durch Inertisierung 347

Für die Brenngase besteht daher, bezogen auf die vorgegebene Zündenergie,
folgender durchschnittlicher Zusammenhang
SGK: 1 m 3-Behälter = 1,32 SGK:201-Laborapparatur.
Im Durchschnitt liegt der Sauerstoff-Grenzwert in der Großapparatur um 320/0
höher als in der Laborapparatur. Der Einfluß des Prüfvolumens ist somit bei
den Brenngasen nur halb so groß wie bei den brennbaren Stäuben (vgl. S. 327).
Dies hat zur Folge, daß die Sauerstoff-Grenzkonzentration von z. B. Cellulose
mit 10,5 Vol % in der Groß apparatur über und in der Laborapparatur mit 6
Vol% deutlich unter derjenigen von Propan liegt. Ferner sind im Gegensatz zu
den Abb. 2.48 und 2.49 keine sprunghaften Veränderungen des maximalen Ex-
plosionsdrucks festzustellen (Abb. 2.53), und die staubspezifische Kenngröße
nähert sich auch bei geringem Propanzusatz asymptotisch der Abszisse. Aber
auch in diesem Fall zeigt sich (Abb. 2.54), daß die Sauerstoff-Grenzkonzentra-
tion des hybriden Gemisches bestimmt wird durch den Brennstoff mit dem
niedrigsten Grenzwert, nämlich Cellulose.

[bar1
o Staub ohne [3 Ha A [3 Ha ohne Staub
• +1Vol % [3Ha - +SVol% [3Ha
- + 3Vol % [3Ha • +7 Vol% [3Ha

x
5
/fJ IJ:
~

i/
er'"

0 VI li/
1-.-' I

[bar·m·s-'1

JI
Vi
~ 50

0
.LU I
5 10 15 [Vol%] 5 10 15 [Vol%]
Oz -Gehalt n Nz
Abb.2.53. Explosionskenngrößen hybrider Gemische aus Cellulose und Propan als Funk-
tion des Sauerstoff-Gehalts in Stickstoff in der 201-Laborapparatur
348 2 Vorbeugender Explosionsschutz

lJEG Optinalkonzentration
Brenngase Brenngase
(Vol%]
I

c
12
c)" / ./B
~
~
11
V~ .~
.'
~ 10
I ~I
,I
N
C
~ I
l!J
I
c5'
o y..L-PrnROO
r.'
,,'.( 02-Grenzkonzentr
8
M tha I - Methan
~,' • II -Butan,Propan

,'Jf
'.' I
I
6e-..w:o.._"''''' I
51 U I
0,5
!
1,0

Normierte Brenngaskonzentration

Abb. 2.54. Sauerstoff-Grenzkonzentration von hybriden Gemischen aus Cellulose


mit verschiedenen Brenngasen als Funktion der normierten Brenngaskonzentration
in der 201-Laborapparatur

Allerdings sind die Grenzwerte hybrider Gemische zu folge der unterschiedli-


chen Einflußnahmen der kräftigen Zündquelle (E = 10 kJ) in der 201-Labor-
apparatur auf die Sauerstoff-Grenzkonzentration der brennbaren Stäube und
Brenngase nicht vergleichbar mit denen der Großapparatur. Dies ist auch nicht
erforderlich, weil, wie bemerkt, für die Beurteilung der Gefahrensituation in
der Praxis nur die Sauerstoff-Grenzwerte der Einzelkomponenten bekannt sein
müssen.
Diese aber können für die Brenngase in der 201-Laborapparatur bestimmt
werden. Es ist ausreichend, die Gemische im ruhenden Zustand der Zündquelle
(pyrotechnische Zünder mit einem Energieinhalt von E = 10 kJ) auszusetzen,
wobei die gemessenen Sauerstoff-Grenzwerte nach obiger Gleichung zu korri-
gieren sind. Die Sauerstoff-Grenz konzentrationen der brennbaren Stäube müs-
sen hingegen nach dem in Kap. 2.3.3.1 beschriebenen Verfahren (Bestimmung
der Sauerstoff-Grenzwerte bei zwei Prüfenergien E :s 250 J mit anschließender
Extrapolation auf E = 10 kJ) ermittelt werden.
Ansonsten gelten die in Kap. 2.3.3.3 für die brennbaren Stäube gemachten
Ausführungen für die Überwachung der höchstzulässigen Sauerstoffkonzen-
tration in Anlagen, die durch die Schutzmaßnahme "Inertisierung" abgesi-
chert sind, auch für hybride Gemische.
2.4 Vermeiden von wirksamen Zündquellen 349

2.4 Vermeiden von wirksamen Zündquellen

2.4.1 Vorbemerkung

Explosionen können nur dann entstehen (Abb. 2.3), wenn ein brennbarer Stoff,
Luft-Sauerstoff und eine wirksame Zündquelle gleichzeitig auftreten. Sie kön-
nen daher verhindert werden, wenn es gelingt, Zündquellen zu vermeiden, die
aufgrund ihrer Eigenschaften, z. B. Energie, Temperatur und Einwirkdauer, in
der Lage sind, Brennstoff/Luft-Gemische zu entzünden. Die Frage nach den
in der Praxis möglichen Zündquellen hat schon immer eine wichtige Rolle ge-
spielt und wird in den Fachgremien häufig diskutiert.
Die Anwendung der Schutzmaßnahme ,;Vermeiden von wirksamen Zünd-
quellen" [6, 7] setzt gute Kenntnisse voraus und muß begründet sein. In diesem
Zusammenhang ist zu unterscheiden zwischen:
'Itivialen Zündquellen (z. B. unbefugtes Rauchen, Schweißen, Schneiden,
Umgang mit offenen Flammen) und
gegenüber dem normalen Betriebsablauf bei Betriebsstörungen zu erwarten-
de Zündquellen (z. B. Fremdkörper oder Stiftbruch in Mühlen, Glimmnester).
Die trivialen Zündquellen können in einem modern geführten Betrieb durch
organisatorische Maßnahmen (z. B. Erlaubnissehein) sicher ausgeschlossen
werden. Gelingt dies auch für die betriebsüblich zu erwartenden Zündquellen,
z. B. durch explosionsgeschützte bzw. staubexplosionsgeschützte elektrische
Anlagen und Betriebsmittel, Einhaltung sicherheitstechnisch vorgegebener
Temperaturen, einwandfreie elektrostatische Erdung und durch die Nichtver-
wendung von mechanischen Antrieben mit hoher Drehzahl bzw. hoher Lei-
stung, so wird dies nach dem Stand der Erkenntnisse als ausreichende Schutz-
maßnahme gegen das Entstehen von Explosionen angesehen. Für jede Anlage
muß daher geprüft werden, mit welchen Zündquellen zu rechnen ist, und ob
sie sicher ausgeschaltet werden können. Hierzu zählen die in den Explosions-
schutz-Richtlinien [6] angegebenen 13 Zündquellenarten. Im folgenden wer-
den die bedeutsamen Zündquellen charakterisiert.

2.4.2 Mechanisch erzeugte Funken

Während über die Häufigkeit des Auftretens von mechanisch erzeugten Fun-
ken als Zündquelle für Brenngas- bzw. Lösungsmitteldampf-Explosionen keine
verläßlichen Angaben vorhanden sind, werden sie in der staubverarbeitenden
Industrie zu knapp 30070 (Abb. 1.139) als Ursache für Staubexplosionen nach
dem bisherigen Erkenntnisstand angesehen.
Über den Zündmechanismus bzw. die Zündwirksamkeit von solchen Funken
in Brennstoff/Luft-Gemischen ist bis heute noch keine befriedigende theoreti-
sche Beschreibung bekannt. Daher konnte auch nicht entschieden werden, ob
bzw. unter welchen Bedingungen die Entzündung eines vorgegebenen Brenn-
gas/- oder Staub/Luft-Gemisches zu erwarten ist. Eine Antwort auf diese für
350 2 Vorbeugender Explosionsschutz

die Industriepraxis so wichtige Frage wurde daher auf experimentellem Weg


gefunden [42, 43].
Für diese Untersuchungen wurde ein explosions fester zylindrischer 381-Be-
hälter (Abb. 2.55) mit einem Höhen/Durchmesser-Verhältnis = 1,2 verwendet.
Zahlreiche mit Flanschen versehene Durchführungen im Behältermantel dien-
ten der Aufnahme der Meßtechnik und der Halterung für die Einrichtungen
zur Erzeugung von mechanischen Funken im Innern des Behälters.
Die vollautomatische Steuerung des Versuchsablaufs wurde mittels eines
programmierbaren Steuergerätes mit Steckplatte vorgenommen. Das Gerät er-
laubt beliebige Steuerprogramme für den Versuchs- und Meßablauf, aber auch
einen handgesteuerten Ablauf.
Brenngase wurden über Nadelventile (Abb. 2.56) dem Behälterinnern zuge-
führt, die Gemischherstellung erfolgte nach dem bekannten Partialdruckver-
fahren. Zusatzleitungen waren für die Gemischentspannung und die Be- und
Entlüftung vorgesehen. Kontrollversuche mit dem leeren Behälter mit mehre-
ren Brenngasen ergaben die erwarteten Werte für die Explosionsgrenzen und
-kenngrößen.
Die Staubuntersuchungen erfolgten nach dem vereinbarten und genormten
Verfahren [4]: Rasches Ausbringen von Staub aus einem unter Luftdruck von
20 bar stehenden 0,91-Staubvorratsbehälter (Abb. 2.57), Staubverteilung im
Explosionsraum über zwei perforierte Halbringdüsen und Wirksamwerden der
Zündquelle (pyrotechnische Zünder mit einem Energieinhalt von E = 10 kJ) zu

Abb. 2.55. Explosionsfeste 38 I-Apparatur für die Untersuchung der Zündwirksamkeit von
mechanisch erzeugten Funken in Brennstoff/Luft-Gemischen
2.4 Vermeiden von wirksamen Zündquellen 351

Abb.2.56. Nadelventile für die Brenngaszuführung in den 38 I-Behälter (und Kabelzufüh-


rungen)

Abb. 2.57. O,91-Staubvorratsbehälter mit Schnellöffnungsventil am 38 I-Behälter angeordnet


352 2 Vorbeugender Explosionsschutz

[ms)
o Lycopodium
A Kohlenstaub

A.;""A
+-LLJ 100 I-
A ~
".. I Zündverzägerungs-
=ffi 80 ~___ _ ~ zeit für BestimllUlQ
~ ~---l der Explosions-
g' ~ kenngrößen
::J
lii 50 r-
~
.0-

O~--~I--~I~I~~
o 250 500 750 [gI m3)
errechnete
Staubkonzentration ce
Abb. 2.58. Zusammenhang zwischen der errechneten Staubkonzentration ce
und der Entleerungszeit t E des O,91-Staubvorratsbehälters (V = 381)

einer vorgegebenen Zündverzögerungszeit. Diese muß t y = 80 ms für die Be-


stimmung der Explosionskenngrößen und t y = 150 ms für die Bestimmung
der Mindestzündenergie brennbarer Stäube betragen [42, 43], um Übereinstim-
mung mit den Werten des 1 m 3-Behälters (Abb. 1.156) bzw. der 201-Laborap-
paratur (Abb. 1.163) zu erreichen.
Die Berechnung der Staub konzentration erfolgt i. allg. aus der in einen Ex-
plosionsbehälter eingegebenen Staubmenge. Es bleibt also unberücksichtigt,
ob der Staubvorratsbehälter beim Wirksamwerden der Zündquelle entleert ist
oder nicht. Die Entleerungszeit hängt jedoch vom Schüttgewicht der Produkte
ab, wie Abb.2.58 am Beispiel von Lycopodium (y = 367 kg/m3) und Kohlen-
staub (y = 530 kg/m3) zeigt.
Es stellte sich daher die Frage nach der tatsächlichen Staub konzentration,
und ob sie von der Zündverzögerungszeit beeinflußt wird. Es wurden zwei me-
chanisch arbeitende Staubmeßgeräte entwickelt [43].
Absaugmethode (Abb. 2.59): Der Staub wird aus dem Zündquellenbereich
über einen Thbus zu einer vorgegegenen Zeit abgesaugt.
Einfangmethode (Abb. 2.60): Der Staub wird im Zündquellenbereich zum
gewünschten Zeitpunkt in einem Auffangbehälter gesammelt.
Die systematischen Staubkonzentrationsmessungen haben ergeben, daß bei
kurzen Zündverzögerungszeiten (hohe Gemischturbulenz) die Werte der "Ein-
fangmethode" deutlich über denjenigen der "Absaugmethode" lagen. Die freie
Ausbreitung der Staubstrahlen aus den Bohrungsöffnungen der Halbringdüse
wird durch den Auffangbehälter selbst behindert. Es wird also mehr Staub ein-
gefangen als eigentlich vorgesehen. Bei langen Zündverzögerungszeiten (nied-
riger Gemischturbulenz) stimmen hingegen beide Meßmethoden im Rahmen
der Versuchsgenauigkeit überein.
2.4 Vermeiden von wirksamen Zündquellen 353

Abb. 2.59. Staubkonzentrationsmeßgerät "Absaugmethode"

Abb.2.60. Staubkonzentrationsmeßgerät "Einfangmethode"

Abbildung 2.61 vergleicht für zwei brennbare Stäube die im Zündquellenbe-


reich des 38 I-Behälters nach der Absaugmethode gemessene Staubkonzentra-
tion cg mit der errechneten ce und der Zündverzögerungszeit ty als zusätzli-
chem Parameter. Die Gemischturbulenz ist in dem interessierenden Bereich
von t y = 80-150 ms im Rahmen der Meßgenauigkeit von untergeordneter Be-
deutung, so daß davon auszugehen ist, daß Meß- und Rechenwerte überein-
stimmen.
Damit war der Beweis erbracht, daß die 38 I-Apparatur (Abb. 2.55) für die
Untersuchung der Zündwirksamkeit von mechanisch erzeugten Funken in
Brennstoff/Luft-Gemischen geeignet ist.
Zündstein-Reibfunken sind aufgrund der Erfahrung besonders geeignet, um
Explosionen einzuleiten. Diese Funkenart wurde daher zunächst in Verbin-
dung mit der in Abb. 2.62 gezeigten Apparatur für die Zündversuche verwen-
det.
354 2 Vorbeugender Explosionsschutz

S" I g/m 3 )
c:
.2
"2
..... 1000
~
N
c:
o
.>0:: o Lycopodium
.g 750
12 t::. Kohlenstaub t::.
VI

500 --ce _:=:._~,4


t::.~
250
o 50 100 150 lmsl
Zündverzögerungszeit tv

Abb. 2.61. Zusammenhang zwischen der gemessenen Staubkonzentration cg und der Zünd-
verzögerungszeit t v einerseits und der errechneten Staubkonzentration ce (V = 38 I)

Zundstem
_--llt~:$Etit-D_OP_P._lh_
ubmo_g_n._t_ _ _ _IHI=!:=.:.::=~~;;;:::;RelbPlatte
~1OmmW\>
I".es"ngfuhrung

EI. Zuleitung

Abb.2.62. Anordnung für die Erzeugung von Zündstein-Reib funken


(schematische Darstellung)

Sie besteht aus einem Doppelhubmagneten. Die Reibfunken entstehen bei


einmaliger Betätigung des Magneten beim Vorwärtshub durch Vorbeiziehen
der Reibfläche (Schlichtfeile) am festgehaltenen Zündstein [42, 43]. Optimale
Funkenhelligkeit ergab sich bei einer Anpreßkraft von PA = 9 kp (Abb. 2.63).
Um die Zündwirksamkeit solcher mechanisch erzeugten Funken in Brenn-
stoff/Luft-Gemischen beurteilen und vergleichen zu können, ordnet man ih-
nen eine elektrische Äquivalentenergie EA zu.
Hierunter ist diejenige Energie einer zeitlich gedehnten Kondensatorentla-
dung zu verstehen (s. Teil 1, Kap. 3.3.6), die die gleiche Zündwirksamkeit in ei-
nem vorgegebenen Brennstoff/Luft-Gemisch hat wie ein bestimmter mechani-
scher Funken. Das Vorgehen sei am Beispiel des Zündstein-Reib funkens er-
klärt.
2.4 Vermeiden von wirksamen Zündquellen 355

Abb.2.63. Zündstein-Reib funken optimaler Helligkeit

Abbildung 2.64, links zeigt für Butan den Zusammenhang zwischen der
elektrischen Zündenergie E und dem Brenngasgehalt, in den der Zündbereich
des Zündstein-Reib funkens eingezeichnet ist. Man erhält somit für diese Fun-
kenart im unterstöchiometrischen Bereich eine elektrische Äquivalentenergie
von EÄ.u = 105 mJ und im oberstöchiometrischen Bereich eine solche von
EÄ.o = 2'1~ mJ.
Die Reduzierung der Zündwirksamkeit dieses mechanischen Funkens bei
hohem Brenngasanteil ist durch die Verminderung des Sauerstoffanteils im Ge-
misch zu erklären, die die Funkenverbrennung beeinträchtigt. Weil Methan bei
annähernd gleicher Mindestzündenergie MZE eine deutlich höhere Zündtem-

Im JI ImJ ]
EÄ,u
MethanMZEo 0,31 mJ
10 4 10 4 Tz = 595 0 (

103 103
u.J

.!!!
0>
102 102
~

'"c:
~'"c: 10 1 101
,"
N

10 0 100

10- 1 I I I 10- 1
0 2,5 5,0 \5 I \bI %1 4 I Val %1
(4 H10 - Geh alt ,n Luf t (H 4 - Geha lt i n L fut

Abb.2.64. Definition der elektrischen Äquivalentenergie EÄ am Beispiel des Zündstein-


Reibfunkens in Brenngas/Luft-Gemischen
356 2 Vorbeugender Explosionsschutz

peratur Tz als Butan hat, sind die elektrischen Äquivalentenergien wesentlich


niedriger (Abb. 2.64, rechts). Werden daher die Untersuchungen auch in ande-
ren Brenngasen durchgeführt, dann stellt man fest (Abb. 2.65), daß mit zuneh-
mender Zündtemperatur die elektrische Äquivalentenergie fällt, wobei sich in
halblogarithmischer Darstellung zwei Zündgrenzgeraden ergeben, von denen
speziell diejenige des unterstöchiometrischen Bereichs für die Praxis von be-
sonderer Bedeutung ist. Es zeigt sich also, daß sowohl die elektrische Mindest-
zündenergie MZE als auch die Zündtemperatur Tz die Zündwirksamkeit eines
mechanischen Funkens in Brenngas/Luft-Gemischen beeinflussen.
Wird der Zündstein-Reibfunken Staub/Luft-Gemischen ausgesetzt
(Abb. 2.66), dann verläuft die Verbindungsgerade für den Zündbereich hori-
zontal, weil durch die Staubeingabe und -aufwirbelung, im Gegensatz zu den
Brenngasen, die Sauerstoffkonzentration im Gemisch nicht verändert wird. Bei
mittlerer Turbulenz der Lycopodium/Luft-Gemische (ty = 90 ms) hat der
Zündstein-Reibfunken die gleiche Zündwirksamkeit wie die Energie einer zeit-
lich gedehnten Kondensatorentladung von E = EA = 100 mJ. Wie die elektri-
schen Funken (Abb. 1.205 und 1.206) haben auch die mechanischen Funken ih-

ImJ]

'K)4
[mJ]

10 3
:« 10 4 I tv =60ms
u.J I
I
I
0\ I
QI
10 2 I

'g' \
I.LJ
I
I
I
I
I

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J!! --p QJ \

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c
10 1
E--A,o
b
\
• Cl
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.~ \ c 10 2
:« \ 0
QJ
"'0
10 0 C
überstöchiome - \ ::J
trisch \ N
10 1
10-1 \
\
0\
10 0 0~----:5~00"""---""'[:-g/...Jm31
10-2
0 500 1°C]
Zürdtemperatu- TZ Staubkonzentration
Abb.2.65 Abb.2.66

Abb.2.65. Zündstein-Reib funken in Brenngas/Luft-Gemischen: Elektrische Äquivalentener-


gie EA als Funktion der Zündtemperatur Tz
Abb.2.66. Definition der elektrischen Äquivalentenergie EA am Beispiel der Zündstein-
Reibfunken in Lycopodium/Luft-Gemischen
2.4 Vermeiden von wirksamen Zündquellen 357

Ig/m3) Ighn~
c: JY!Qllodium Cellulose
0
1500 1500
...
~
1:
GI
N 1000 1000
c:
0
.lC
.c
...
::J
0
Vl
500 500

0 0
0 50 100 150 [ms) 0 50 100 150 [ms)

Zündver zögerungszeit tv
Abb.2.67. Einfluß der Zündverzögerungszeit t" (Gemischturbulenz) auf den Zündbereich
von Zündstein-Reibfunken in Staub/Luft-Gemischen

re beste Zündwirksamkeit in schwach turbulenten Gemischen (Abb. 2.67), d.h.


bei relativ hohen Zündverzögerungszeiten, auf die sich die Energieangaben der
folgenden Ausführungen beziehen.
Auch für die brennbaren Stäube zeigt sich in halblogarithmischer Darstel-
lung mit zunehmender Zündtemperatur ein linearer Abfall der elektrischen
Äquivalentenergie, wenngleich, wie bei Staubuntersuchungen üblich, mit einer
geringeren Genauigkeit als bei den Brenngasen. Abbildung 2.68 zeigt diesen
Zusammenhang für eine Reihe von Brenngasen und brennbaren Stäuben; es er-

500 [Oe)

Tz
Abb. 2.68. Zündgrenzgerade von Zündstein-Reib funken in Brennstoff/Luft-Gemischen
358 2 Vorbeugender Explosionsschutz

gibt sich also eine Zündgrenzgerade, die im Rahmen der Versuchsgenauigkeit


unabhängig von der Art des Brennstoffes ist. Diese Feststellung gilt, wie noch
gezeigt wird, auch für alle anderen Arten von mechanischen Funken.
Schleiffunken entstehen, wenn Werkstoff relativ kurzzeitig (Schleifzeit
t s = 20 - 50 ms) z. B. eine keramikgebundene Scheibe (K 100) berühren. In die-
sem Fall wurde die in Abb. 2.69 gezeigte Versuchseinrichtung benutzt. Sie be-
steht im wesentlichen aus dem Amboß mit Werkstoffproben (4-6 mm-Stifte)
und der Schleifscheibe sowie dem Antrieb (Abb.2.70). Die Anpreßkraft PA
konnte durch unterschiedliche Magnetspannungen innerhalb eines Bereichs
von PA = 0,2-9,5 kp systematisch verändert werden [42, 43].
In einem ersten Schritt wurde die Wirksamkeit von Zündstein-Schleiffunken
untersucht und visuell bei konstanter Scheibendrehzahl n die optimale Funken-
helligkeit (Abb. 2.71) und experimentell die optimale Scheibendrehzahl n
(Abb. 2.72) bestimmt. Wie man sieht, ist der Funkenbereich in Methan/Luft-
Gemischen weitergefaßt als in Wasserstoff/Luft-Gemischen. Auf diese Weise
wurden die günstigsten Versuchsbedingungen festgelegt.

"'f~,·h",t,..·: Körnung K 'IX)

Hubmagnet

~
Drehrichtung

Abb. 2.69. Anordnung für die Erzeugung von Schleiffunken (schematische Darstellung)

Abb. 2.70. Antrieb für die Schleifscheibe


2.4 Vermeiden von wirksamen Zündquellen 359

IUmiii'l
J:!ill!Q.!!.
4000
0-0
Funkenberetch

1
-I1
3000 o-c
Zundbereich

j
c:
::c
Cj
tlOO I
N
.J;;
C1.I
L... 0
"'C
c:
C1.I IU,ml;;'1
.0 WQ!.sersloff
b C1.I
.J;; 4000
u
Vl
3000

O L..-_..I.-_-'-_--'-_----J
o 25 50 75 IVoI%1
Br enngasgehalt in Luft
Abb.2.72. Funken- und Zündbereiche
von Zündstein-Schleiffunken in Brenn-
gas/Luft-Gemischen als Funktion der
Drehzahl n (PA = 3,75 kp)
c

Abb.2.71. Einfluß der Anpreßkraft auf die Helligkeit von Zündstein-Schleiffunken


(n = 1000 U ·min l ). a PA = 2 kp; b PA = 3,75 kp; C PA = 6 kp
360 2 Vorbeugender Explosionsschutz

In gleicher Weise wurde mit Werkstoffen aus


- Titan (Abb.2.73) und
- Zirkon (Abb. 2.74)
vorgegangen. Für die Untersuchungen der Zündwirksamkeit von Stahl-Schleif-
funken standen die in der Tabelle 2.13 angegebenen Stiftwerkstoffe zur Verfü-
gung [44].
Für alle der vorgenannten Werkstoffe wurde aus Messungen über einen brei-
ten Konzentrationsbereich die elektrische Äquivalentenergie EÄ im unterstö-
chiometrischen Bereich bestimmt. Während sich die Brenngas/Luft-Gemische
(MZE = 0,012-0,31 mJ, Tz = 365 °-595°C) im ruhenden Zustand befanden,

Abb•.2.73. Titan-Schleiffunken

Abb.2.74. Zirkonium-Schleiffunken

Tabelle 2.13. Kennzeichnung der für die Zündversuche mit Stahl-


Schleiffunken verwendeten Stift-Werkstoffe

Bezeichnung Werkstoff-Nr. gemäß [44] Abb.

St 37 Baustahl 2.75
St 79 1.1750 2.76
V2A 1.4435 2.77
2.4 Vermeiden von wirksamen Zündquellen 361

Abb. 2.75. St37-Schleiffunken

Abb. 2.76. St 79-Schleiffunken

Abb.2.77. V2A-Schleiffunken
362 2 Vorbeugender Explosionsschutz

10'1 I I I I I
200 300 400 SOO 600 700 (OC 1
Zündtemperatur Tz
Abb.2.78. Schleif-(Reib-)Funken: Elektrische Äquivalentenergie EÄ
als Funktion der Zündtemperatur Tz der Brennstoffe

wurden die Staub/Luft-Gemische (MZE = 0,01- 5000 mJ; Tz = 250°- 550 oe


auf den BAM-Ofen bezogen) bei niedriger Gemischturbulenz den mechanisch
erzeugten Funken ausgesetzt. Für diesen Fall (Abb. 2.78) ergeben sich im Rah-
men der Versuchs genauigkeit parallel verlaufende Zündgrenzgeraden, die von
der Art des funkenerzeugenden Werkstoffes abhängig sind. Gemischentzün-
dung ist immer dann zu erwarten, wenn die Mindestzündenergie (Äquivalent-
energie) eines brennbaren Stoffes unterhalb, keine Entzündung, wenn sie ober-
halb der Geraden liegt. Es zeigt sich deshalb, daß sich Brennstoff/Luft-Gemi-
sche durch Stahlfunken bei niedriger Zündtemperatur (z. B. Tz = 300 0c)
selbst dann entzünden lassen, wenn sie eine hohe Mindestzündenergie haben.
Ist dagegen eine hohe Zündtemperatur gegeben, dann können solche Gemische
nur entzündet werden, wenn die Mindestzündenergie sehr niedrig ist.
Für die in der Praxis besonders interessierenden Stahl-Schleiffunken ergibt
sich daher der in der Tabelle 2.14 angegebene Zusammenhang zwischen der
Zündtemperatur Tz und der Mindestzündenergie MZE, bei dem Zündgefahr
gegeben ist.

Tabelle 2.14. Stahl-Schleiffunken: Abhängigkeit der Mindestzündenergie MZE von der


Zündtemperatur Tz bei Zündgefahr (t, = 20 ms)

Tz [OCl a 250 300 350 400 450 500 550


MZE [mJ] s1000 s150 s30 s6 s1,0 sO,15 sO,03

a bezogen auf BAM-Apparatur


2.4 Vermeiden von wirksamen Zündquellen 363

Interessant ist die folgende Feststellung; Es gelang zwar, wie aufgrund der
Angaben obiger Thbelle zu erwarten ist, die Gemische von Wasserstoff
(Tz = 560°C, MZE = 0,012mJ) und Netzschwefel (Tz = 250°C, MZE =
0,01 mJ) zu entzünden, in einigen Fällen, die dies erwarten lassen, jedoch
nicht. Allenfalls wurden örtlich Abflammungen festgestellt, die ohne Durch-
zündung durch die gesamte Apparatur wieder verlöschten. Dieser Effekt wird
der Zusatzturbulenz zugeschrieben, die den Brennstoff/Luft-Gemischen durch
die Scheibenrotation aufgezwungen wird. Sie hebt die Explosionskenngrößen
z. B. von Propan (Abb.2.79) kontinuierlich an. Dies gilt auch für Cellulose
(Abb. 2.80), wenn man für eine Zündverzögerungszeit von tv = 150 ms die Ex-
plosionskenngrößen speziell im Bereich der unteren Explosionsgrenze, d.h. im
Bereich der zündwilligsten Staub konzentration für mechanisch erzeugte Fun-
ken bei stillgesetzter und rotierender Scheibe vergleicht. Thrbulenzerhöhung
bedeutet aber ganz allgemein (s. Abb.1.221 und 1.222) Verminderung der
Zündwirksamkeit von Zündquellen. Die Untersuchungen wurden daher nicht
mit Brenngas/Luft-Gemischen im ruhenden und mit Staub/Luft-Gemischen
im schwach turbulenten Zustand, sondern bei erhöhter Gemischturbulenz
durchgeführt, deren Einfluß bei den sehr zündwirksamen Werkstoffen (Zünd-
stein, Titan, Zirkon) von untergeordneter Bedeutung ist.
Es bestehen keine Unterschiede hinsichtlich der Zündwirksamkeit von Stahl-
Kurzzeit- und Stahl-Langzeit-Schleiffunken (ts = 5000 ms).

11 /9/44/87
[bar) I
I

-
I
9 I
I
I
I

B -
=-~-"!'i_-----'O--:
o -9 6 I
~
E 7 -
c..

6 -
I

5 I I I i
~_L...--..J._--L._....J.._....I

I
I
I
70 r- I
I

50 ~~,__~,___~,~i__~
o 1000 2000 3000 IIYJJ [U.miii1j
Sc:heibendrehzahl n
Abb.2.79. Einfluß der Scheibendrehzahl auf die Explosionskenngrößen
von Propan (V = 381, E = 10 kJ)
364 2 Vorbeugender Explosionsschutz
[barl . - - - - - - - - - ,
X
QJ
a.
xu ~~~I
./0
I
::J
L-
l7l 5 0 Iv = 150ms
co
'Vi Scheibe shllgesetzl A t v = 120 ms
o o Iv = BO ms
Ci.
~ ScheJbe rotierend. t v = 150 ms
o
.....
~ [barlsl
1~~~~
off
a.
-0

0'1
QJ
:;:::
III
§
xu
100 N
::J
L-
a

0L...lL-----''--------'
o 500 [g/m 3 1
Staubkonzentrotion
Abb. 2.80. Einfluß der Zündverzögerungszeit t v und der Scheibendrehzahl n
auf die Explosionskenngrößen von Cellulose (V = 381, E = 10000 J)

Eine mit "Densit Inducast" bezeichnete Gießmasse auf Zementbasis [45]


wird im Bergbau unter Thge als Verschleißschutz in Rohkohlebunkern einge-
setzt. Dieser Werkstoff besteht aus Korund, Mullit, Tielit und Glas. Eine sol-
che Scheibe wurde in der in Abb. 2.69 gezeigten Versuchsanordnung anstelle
der keramikgebundenen Schleifscheibe für die Erzeugung zunächst von
Schleiffunken benutzt. Titan-Schleiffunken bestätigten die in Abb. 2.78 ange-
gebene Zündgrenzgerade. Die in Thbelle 2.13 angegebenen Stahlwerkstoffe er-
gaben hingegen keine Entzündung von Brenngas/- (Tz = 360°-590°C,
MZE = 0,012-0,31 mJ) bzw. von Staub/Luft-Gemischen (Tz = 350°-500°C,
MZE = 10-10'103 mJ). Speziell wurden die Gemische von Methan und Koh-
lenstaub durch Kurzzeit-Schleiffunken nicht entzündet.
Abbildung 2.81 zeigt abschließend für Lycopodium-Schleif-(Reib-)Funken
die statistischen Übergangsgebiete für die Zündwahrscheinlichkeit. Sie sind,
mit Ausnahme von Titan, relativ schmal und machen deutlich, daß Staubun-
tersuchungen nicht wie Brenngasuntersuchungen in einem eng abgestuften
Konzentrationsbereich durchgeführt werden können. Sie sind daher weniger
genau.
Stahl-Schleiffunken (Abb. 2.78) haben unter den aufgeführten Beispielen ei-
ne relativ schlechte Zündwirksamkeit. Bezogen auf eine Zündtemperatur von
Tz == 400 °C entzünden sie nur die Gemische von solchen brennbaren Stoffen,
deren Mindestzündenergie MZE< 10 mJ ist. Hierdurch läßt sich das häufige
2.4 Vermeiden von wirksamen Zündquellen 365

I~
i
N OL.......i~oe--.J:!-----'-_.....
o 100
StQUbkonzenITtt~n
200 Igfm3J

Abb. 2.81. Statistisches Übergangsgebiet für Schleif-(Reib-)Funken


in Lycopodium/Staub/Luft-Gemischen

Auftreten der Zündquelle "mechanisch erzeugte Funken" in der staubverarbei-


tenden Industrie nicht erklären. Daher wurde zur Untersuchung der Zünd-
wirksamkeit von Stahl-Reibfunken übergegangen. Sie entstehen bei längerem
Reiben von Stahl gegen Stahl und längeren Reibzeiten von t R = 0,5 - 5 s. Bei
diesen Untersuchungen wurde daher in der Anordnung gemäß Abb. 2.69 die
keramikgebundene Schleifscheibe durch eine solche aus Stahl von verschiede-
nem Werkstoff (Thbelle 2.13) ersetzt. Zusätzlich gelangten Werkstoffkombina-
tionen zur Anwendung, die ein namhafter Mühlenhersteller in der Praxis be-
nutzt.
Abbildung 2.82 zeigt für ausgewählte Werkstoffkombinationen die nach
Reibzeiten von t R == 1 s auftretenden Funken.
Zunächst wurde festgestellt, daß die Reibfunken aller zur Verfügung stehen-
den Werkstoffkombinationen Wasserstoff/Luft-Gemische entzünden. In den
Gemischen aus Butan, Propan und Methan erwiesen sich jedoch nur die fol-
genden Kombinationen als zündwirksam [43]:
- Scheibenwerkstoff: St37, Stiftwerkstoff: St79
- Scheibenwerkstoff: V2A, Stiftwerkstoff: St79.
Das Versuchsergebnis ist unabhängig davon, ob die 4 mm-St 79-Stifte gehärtet
oder ungehärtet sind. Auch der Übergang zu 6 mm-Stiften ergab keine Verän-
derung obiger Feststellung.
Durch die Reibfunken aller Werkstoffkombinationen wurden auch Netz-
schwefel- und Aluminiumstaub/Luft-Gemische aufgrund ihrer geringen Min-
destzündenergie, wenn auch sehr unterschiedlicher Zündtemperaturen entzün-
det, und zwar unabhängig davon, ob die geriebenen Stifte einen Durchmesser
von 4 oder 6 mm hatten.
Im Zusammenhang mit allen anderen leicht bis normal entzündlichen
brennbaren Stäuben (Tz = 310°-400°C, MZE = 1-50 mJ) wurde ein ähnli-
366 2 Vorbeugender Explosionsschutz

a b
Abb.2.82. Stahl-Reibfunken. aScheibe: V2A, Stift: St79; b Scheibe 000-70, Stift: 1.2842

ches Zündverhalten bestimmter Werkstoffkombinationen wie in den Gemi-


schen von Butan, Propan und Methan festgestellt. Allerdings ergaben sich wie-
derum eindeutig nur örtliche Flammenerscheinungen ohne vollständige Explo-
sionsentwicklung, was auf den Einfluß der Zusatzturbulenz durch die Schei-
benrotation zurückzuführen ist.
Auch für die Stahl-Reib funken fällt die elektrische Äquivalentenergie EÄ li-
near mit steigender Zündtemperatur Tz (Abb. 2.83).
Abbildung 2.84 vergleicht die elektrische Äquivalentenergie EÄ von Stahl-
Schleif- und Reib funken. Reibfunken können also um ca. 1 Energiedekade
zündwirksamer sein (Tabelle 2.15). Ursache ist vermutlich die durch die Stifter-
wärmung erhöhte Starttemperatur der Funken.
Damit wird zwar das Auftreten der oben erwähnten Zündquelle in der staub-
verarbeitenden Industrie wahrscheinlicher; diese Aussage ist jedoch an be-
stimmte Werkstoffe (V2A, St37, St79) gebunden, und eine Entzündung der
Staub/Luft-Gemische ist nur bei sehr niedriger Gemischturbulenz zu erwarten.
Langzeit-Reibversuche wurden auch mit einer Scheibe aus "Densit Inducast"
[45] in Verbindung mit den in der Thbelle 2.13 genannten Werkstoffen durchge-
2,4 Vermeiden von wirksamen Zündquellen 367

[mJI
Brenng~
• Zündung
10 4 Stäube
.. Zündung

UJ 103
... Flammener-
scheinungen
CII
Cl

.. rJ.
I-
CII
c
CII
C
CII
101
Ci
>
':;
:«C" 100

1Ö1
Stiftwerksloff : St 79
Scheibenwerkstoff : V2A
1Ö2
0 2SO 500 700 [Oe)

Zündtemperatur Tz
Abb.2.83. Elektrische Äquivalentenergie EÄ von Stahlreibfunken als Funktion
der Zündtemperatur Tz der Brennstoffe

lmJl

Keine Entzündung

1i.J<C 103
cu
'Öl
"-
cu
c
.2:!
c
cu
Cl
>
'5
er
:<C
Entzündung

101 ~------~------~~------~
200 300 400
Zündtemperatur Tz
Abb.2.84. Vergleich der elektrischen Äquivalentenergie EÄ von Stahl-Schleif-
und Reibfunken
368 2 Vorbeugender Explosionsschutz

Tabelle 2.15. Stahl-Reibfunken: Abhängigkeit der Mindeszündenergie MZE von der Zünd-
temperatur Tz bei Zündgefahr (tR = 0,5 - 5 s)

Tz [0C]a 250 350 400 450 500


MZE [mJ) ::; 1,5'1(f ::;500 ::; 100 ::; 15 <3

a bezogen auf BAM-Apparatur

Abb.2.85. Reibfunken: 4 mm-V2A-Stift gegen Densit-Inducast-Scheibe

führt. Solche Reibfunken (Abb. 2.85) erwiesen sich in Wasserstoff/Luft-Gemi-


schen als zündwirksam.
Die Entzündung von anderen Brennstoff/Luft-Gemischen schwerer Ent-
zündlichkeit trat zunächst nicht, dann aber nach einer höheren Versuchszahl
ein. Ursache waren von den Stiften herrührende V2A-Einschlüsse auf der
Reiboberfläche, wie eindeutig festgestellt werden konnte. Dies bedeutet, daß
die Werkstoffkombination V2A gegen V2A vorhanden war.
Es wurde auch die Zündwirksamkeit von Scblagfunken in Brennstoff/Luft-
Gemischen in Verbindung mit der in Abb. 2.86 gezeigten Apparatur unter-
sucht. Die Schlageinrichtung besteht aus der rotierenden Schlagscheibe, dem
sogenannten Hammer, und, identisch mit der Schleifeinrichtung, dem Antrieb
mit dem Hubmagneten für die Materialproben in Form von Schlagplatten.
In die Schlagscheibe können wahlweise 2 oder 4 gegenüberliegende Schlag-
stifte eingesetzt werden. Aus mechanischen Gründen war es notwendig, die
Schlagstifte durch Federn abzustützen. Der Federdruck ist einstellbar und hö-
her als die Anpreßkraft der Schlagplatte.
2.4 Vermeiden von wirksamen Zündquellen 369

Hubmagnet

--IH---+ ---t-+-I-~~t-a~-+t1t'"tT=='-+-.
Sch
Amboß

Abb. 2.86. Anordnung für die Erzeugung von Schlagfunken (schematische Darstellung)

Begonnen wurde mit der Untersuchung der Zündwirksamkeit von Alumini-


um/Rost-Schlagfunken in Brennstoff/Luft-Gemischen. Bereits bei den ersten
Zündversuchen zeigte sich, daß sich eine Gemischentzündung besonders dann
erreichen läßt, wenn
auf der Schlagscheibe 2 Aluminium- und 2 Stahl stifte in wechselnder Rei-
henfolge angeordnet sind und
der Rost auf den Schlagplatten durch Außenlagerung bei Temperaturen
> 0 oe taufeucht hergestellt wird [43].
Zur Festlegung der optimalen Versuchs bedingungen wurde zunächst in Was-
serstoff/Luft-Gemischen gearbeitet, und der Neigungswinkel a des Ambosses

~gierung_2_

VI
VI
o Zündberelc h
.D
E
« 10

QJ
.x:
c:
'3 5
Vl
01
c:
:::J
01
'w
Z Anpresskraft Amboß : PA = 6 kp -1
o Drehzahl Schlagscheibe : n = 5000 U, min
o 10 20 30 40 [Val %1 Federk ra ft Alu - Stifte : PA, S = 10 kp
Wasserstoff - Geholt Federkraft Fe- Stifte . PA.S = 7 kp
Abb.2.87. Einfluß des Neigungswinkels a des Ambosses auf den Zündbereich von Alumini-
um/Rost-Schlagfunken in Wasserstoff/Luft-Gemischen
370 2 Vorbeugender Explosionsschutz

(Abb. 2.87) und anschließend die Drehzahl n der Schlagscheibe, die Anpreß-
kraft PA des Ambosses und die Anpreßkraft PA,s der Schlag stifte systematisch
verändert (Abb. 2.88). Die unter den als optimal erkannten Bedingungen sich
einstellenden Schlagfunken, allerdings mit einem "hellen", weniger zündwirk-
samen Rost, zeigt Abb. 2.89.

IU.min1} Ikp} Vl Ikp}


a..~-
4000
c a..~ 75 15 I-
ClJ
.0
'w <=
.c 3000 0
.c
u E
VI
01 ~ 5,0
E
.c 2000 ~
....
u
'0... E
..
-fff
V1

-. c
Cl 1000
..>:
111
111 2,5
..>:
111
Vl
N ~ ~
.c Cl. a.
ClJ c e:
es 0
~
0
~
o ,--_",--1_____1_--,
0 20 40 IVd %} 0 40 IVaI %} o 20 40 IVal %}
Was serstaff - Gehalt

PA = 3,5kp n = mJU·min 1 n = 3000U·min1


PA,S = 9 kp PA,S = 9 kp PA = 3,5 kp

Abb. 2.88. Einfluß der Schlagscheibendrehzahl n, der Anpreßkraft des Ambosses und der
Anpreßkraft der Schlagstifte auf den Zündbereich von Aluminium/Rost-Schlagfunken in
Wasserstoff/Luft-Gemischen (a = 6°, AnpreßzeitiAmboß: t A = 30 ms)

Abb. 2.89. Aluminium/Rost-Schlagfunken (heller Rost)


2.4 Vermeiden von wirksamen Zündquellen 371

Aluminium/Rost-Schlagfunken entzündeten die Gemische von


- Methan, Propan, Propylen, Butan, Wasserstoff,
- Netzschwefel und Aluminium-Feinstaub.
Es wurden auch reine Stahl-Schlagfunken ohne Rostbelag der Schlagplatte un-
tersucht und hier die folgenden Werkstoffkombinationen verwendet:
- Schlagstifte: St37, St79 (gehärtet),
- Schlagplatte: St 37, St 79 (gehärtet).
St 37 -Schlagstifte ergaben in Kombination mit den Schlagplattenwerkstoffen
keine Funken. Bei St 79-Schlagstiften waren dagegen grundsätzlich rötliche
schwache Funken zu erkennen, die jedoch nur Wasserstoff/Luft-Gemische in
Gegenwart der St 79-Schlagplatte entzündeten. Es ist dies die gleiche Werk-
stoffkombination, die sich auch im Zusammenhang mit den Stahl-Schleif- und
Reibfunken als sehr zündwirksam erwies.
Die optimalen Versuchsbedingungen für Titan/Rost-Schlagfunken
(Abb. 2.90) wurden nach dem gleichen Verfahren wie bei Aluminium/Rost-
Schlagfunken festgelegt. Im Gegensatz zur zuletzt genannten Funkenart war
jedoch Rost, wie er bei Trockenlagerung im Labor entsteht, besonders zünd-
willig.

Abb. 2.90. Titan/Rost-Schlagfunken


372 2 Vorbeugender Explosionsschutz

Mit dieser Funkenart wurden


Brenngas/Luft-Gemische bis zu einer Zündtemperatur von Tz = 560 ° C
und einer Mindestzündenergie bis zu MZE = 0,31 mJ
und
Staub/Luft-Gemische bis zu einer Zündtemperatur von Tz = 550°C und
einer Mindestzündenergie von MZE = 10 mJ
entzündet.
Titan/Schlagfunken ohne Rostbelegung der Schlagplatten entzündeten hin-
gegen nur Wasserstoff/- und Butan/Luft-Gemische.
Schlagfunken haben je nach Art des funkenerzeugenden Werkstoffes eine
sehr unterschiedliche Zündwirksamkeit, wie visuell die Abbildungen 2.89, 2.90
zeigen, was sich auch im Verlauf der entsprechenden Zündgrenzgeraden aus-
drückt (Abb.2.91). Sie deckt sich im Falle der Titan/Rost-Schlagfunken mit
derjenigen für Titan-Schleiffunken (Abb.2.78). Aluminium/-Rost-Schlagfun-
ken sind dagegen weniger zündwillig. Die Mindestzündenergien MZE der
Brennstoffe, bei denen bei vorgegebener Zündtemperatur Tz Entzündung zu
erwarten ist, sind Thbelle 2.26 zu entnehmen.

[m)1 , - - - - - - - - - - - ,

Keine Entzündung

\.
\Titan I Rost- Schlag funken

101 .-
~lu/Rost-
\ •
-5cu
Vl
Schlagfunken \
'C

~ 10
0
Entzündun;" \

1Ö1 .I ~. --'-_-'-----'

200 300 400 500 600 700 [OC]


Zündtemperatur Tz
Abb. 2.91. Vergleich der Zündgrenzgeraden von Aluminium/Rost- und
Titan/Rost-Schlagfunken

Tabelle 2.16. Aluminium/Rost-Schlagfunken: Abhängigkeit der Mindeszündenergie MZE


von der Zündtemperatur Tz bei Zündgefahr (Anpreßzeit Amboß: tA = 30 ms)

Tz [OCl" 250 300 350 400 450 500 550


MZE [mJ] s5 s2 s1,3 sO,6 sO,3 sO,17 sO,1

" bezogen auf BAM-Apparatur


2.4 Vermeiden von wirksamen Zündquellen 373

Müller [46] bestätigte obige Untersuchungsergebnisse nach einer Alumini-


um-Staubexplosion in einer Hammermühle und verwendete
ein der Mühle entnommenes und entsprechend geformtes gehärtetes
Schlagmesser für die Schlagstifte und
ein der Mühle ebenfalls entnommenes deformiertes Gitterrost als Schlag-
scheibe.
Schlagfunken dieser Werkstoffkombination entzündeten die Gemische von
Aluminiumstaub (Tz = 570°C, MZE = 0,1 mJ), der Staubablagerungen im
Mühlenbereich entnommen wurde.
Verglichen mit den Zahlenangaben der Thbellen 2.14/2.15 haben Alumini-
um/Rost-Schlagfunken i. allg. eine deutlich geringere Zündwirksamkeit als
Stahlreibfunken und auch als Stahl-Schleiffunken. Für den Zündtemperatur-
bereich Tz ~500°C deutet sich an, daß Schlagfunken Brennstoff/Luft-
Gemische etwas leichter entzünden als Schleiffunken.
Die Zündwirksamkeit der mechanisch erzeugten Funken nimmt aufgrund
obiger Ausführungen in der folgenden Reihenfolge ab:
Zündstein-Reib- und Schleiffunken,
Zirkon-Schleiffunken,
Titan-Schleif- und Schlagfunken,
Stahl-Reibfunken,
Stahl-Schleiffunken,
Aluminium/Rost-Schlagfunken.
In der Industriepraxis ist normalerweise mit dem Auftreten von Stahlfunken
zu rechnen. Diese Funkenarten haben unter den oben aufgeführten Beispielen
aber eine relativ schlechte Zündwirksamkeit. Dies erklärt nicht das vermutete
häufige Auftreten der Zündquelle "mechanisch erzeugte Funken" in der staub-
verarbeitenden Industrie, wenn man berücksichtigt, daß von Stahl-Reibfunken
nur dann eine Zündgefahr ausgeht, wenn bestimmte Werkstoffkombinationen
und gleichzeitig eine niedrige Gemischturbulenz vorhanden sind.
Der beste Weg, mechanisch erzeugte Funken als Zündquelle in der Industrie-
praxis auszuschalten, besteht darin, ihr Auftreten zu verhindern. Für eine Rei-
he von Werkstoffpaarungen wurden daher durch visuelle Beobachtung Grenz-
kurven für das Entstehen von Schleif- und Reibfunken, abhängig von der An-
preßkraft PA der 4 mm-Stifte gegen die mit Umfangsgeschwindigkeit va rotie-
rende Scheibe, aufgenommen. Abbildung 2.92 zeigt den entsprechenden Zu-
sammenhang für Schleiffunken in Gegenwart einer keramikgebundenen
Schleifscheibe (Körnung 100). Umfangsgeschwindigkeiten in der Größenord-
nung von 1 mls lassen keine, oder nur bei außerordentlich hohen Anpreßkräf-
ten, Stahlfunken erwarten. Bei anderen Stiftwerkstoffen nimmt die für eine
Funkenerzeugung benötigte Anpreßkraft in der Reihenfolge Titan--+Zir-
kon--+Zündstein ab, und auch bei geringen Umfangsgeschwindigkeiten
(va -1 mls) ist mit sichtbaren Funken zu rechnen. Stahl-Reibfunken
(Abb. 2.93) benötigen höhere Anpreßkräfte, die Grenzkurven sind praktisch
unabhängig vom Werkstoff, und bei geringen Umfangsgeschwindigkeiten sind
ebenfalls sichtbare Funken auszuschließen.
374 2 Vorbeugender Explosionsschutz

I kpl Stiftwerkstoff ,
o St 37
o V2A
'" St79

0...< 5

Keine sichtbaren Funken

Ikpl
:tif~;k~:~n\\
• Zirkon Sichtbare Funken
.. Titan

0...< 5-

Keine sichtbaren Funken .~. .-.


..- - - .. _ ..

o L_____._~~=·~~~··~~~·--==~====~~
0,1 1,0 10,0 Im/51
Vu

Abb. 2.92. Grenzkurven für das Entstehen von Schleiffunken

[ kpl Scheiben -
werkstoff:
0...<t: 5 St 37

o
10
~

r--
'ß>0' Sichtlx!re Funken
V2A

o
Keine sichtbaren Fun~en~C=
10
o t:.

0...<t: 5 r-- o\..~~ Sichtbare Funken


St 79
~&
Keine sichtooren Fun~eno~_cnt:.
o
1,0 10,0 [rn/51
Vu
Shftwerkstoff: 0 St 37 ° V2A t:. St 79
Abb. 2.93. Grenzkurven für das Entstehen von Reibfunken
2.4 Vermeiden von wirksamen Zünd quellen 375

Diese Untersuchungsergebnisse bestätigen die bisherige Annahme über die


Zündgefahr, die von mechanisch erzeugten Funken ausgehen kann. Die Analy-
se eingetretener Schadensfälle hat nämlich zu folgender Meinung über die
Zündfähigkeit von Stahlfunken aus rotierenden Stahlteilen in Staub/Luft-Ge-
mischen geführt:
vu s 1 m/s: Es bestehen keine Zündgefahren.
vu = 1-10 m/s: Es müssen von Fall zu Fall Überlegungen angestellt wer-
den, bei denen produkt- und materialspezifische Daten zu
berücksichtigen sind.
- vu > 10 m/s: Es besteht in jedem Fall Zündgefahr.
Das Zündverhalten von Stahl-Schleif- und Reibfunken wurde auch bei über-
höhter Temperatur untersucht. Hierfür wurde der 38 I-Explosionsbehälter, mit
Ausnahme des beweglichen Verschlußdeckels, mit Elektrothermal-Bändern
umwickelt und die Temperaturregelung über einen stufenlosen Intervallgeber
mit einer Meßgenauigkeit von ± 1 oe vorgenommen (Abb. 2.94). Diese Anord-
nung ermöglichte das Arbeiten bis zu Temperaturen von 100 0 e [43].
Einerseits haben die Untersuchungen bei Raumtemperatur ergeben (1abelle
2.14), daß sich durch Schleiffunken, die bei kurzen Schleifzeiten (ts = 20 ms)
entstehen, Butan/Luft-Gemische (Tz = 365 oe, MZE = 0,27 mJ) aber nicht
Methan/Luft-Gemische (Tz = 595 oe, MZE = 0,31 mJ) entzünden lassen.

Abb.2.94. Anordnung für die Untersuchung des Zündverhaltens von mechanisch erzeugten
Funken bei überhöhter Temperatur
376 2 Vorbeugender Explosionsschutz

Andererseits wurde bei Kurzzeit- und Langzeit-Schleiffunken (ts = 5000 ms)


keine unterschiedliche Zündwirksamkeit festgestellt. Es lag daher nahe, die
Zündversuche mit den beiden genannten Brenngasen bei überhöhter Tempera-
tur durchzuführen.
Für die Erzeugung von Schleiffunken (Abb. 2.69) wurde die übliche kera-
mikgebundene Schleifscheibe (Körnung 100) verwendet. Die Schleifzeit wurde
auf t s = 5000 ms begrenzt. Aus den in der Tabelle 2.13 angegebenen Werkstof-
fen waren die 6 mm- und zu Kontrollzwecken auch die 4 mm-Stifte gefertigt.
Zunächst ergab sich, daß die für eine Gemischentzündung notwendigen
Schleifzeiten mit steigender Temperatur deutlich abnahmen. Der Werkstoff
V2A erwies sich als weniger zündwirksam als der Werkstoff St79 [43]. Weil
bei hohen Schleifzeiten eine Mitwirkung der deutlich erwärmten Stiftoberflä-
che an dem Zündvorgang nicht ausgeschlossen werden konnte, wurde hierfür
in Abb. 2.95 die Zündart F/O, bei eindeutiger Funkenzündung hingegen die
Zündart Fangegeben.

[Vol%]
I Methan
9 I
----.l----!----------------- Zünd willigste
8 I' Konzentration

7
II "CI
I
I
QJ
N
6 I
C I
QJ I
"-
C'I
5 ~---+~--------~
"C
c
::::J [Vol%]
N I Butan Zündwilligste
""'' ' ' ' ' ' '
-
4 -~---------------
QJ
"-
CL!
3 I 0
c
=> I
2 I
I

: ~
o
o 'Xl 40 50 [ o(]
Temperatur T
Abb.2.95. St79-Schleiffunken: Einfluß der Thmperatur auf die untere Zündgrenze
in Brenngas/Luft-Gemischen
2.4 Vermeiden von wirksamen Zündquellen 377

Unabhängig von der Brenngasart fällt also die untere Zündgrenze bei Vor-
handensein von Stahl-Schleiffunken als Zündquelle linear mit steigender Tem-
peratur. Wie erwartet, erfordern Butan/Luft-Gemische für eine Entzündung
eine Temperatur von 10°C, Methan/Luft-Gemische hingegen eine solche von
40°C. Infolgedessen hebt sich die elektrische Äquivalentenergie EA
(Abb. 2.96) sehr rasch an. Thtsächlich fällt sie geringer aus, weil mit der Tempe-
raturerhöhung auch die Mindestzündenergie herabgesetzt wird [35].
Für die Erzeugung von Stahl-Reibfunken (Abb.2.69) wurde grundsätzlich
eine St37-Reibscheibe verwendet. Der Einfluß dieser Zündquelle auf die Tem-
peraturabhängigkeit der unteren Zündgrenze der Brenngase ist Abb. 2.97 zu
entnehmen.
Anders als bei den Schleiffunken (Abb. 2.95) wird bei Reibfunken, praktisch
unabhängig vom Stift-Werkstoff, die untere Zündgrenze hyperbolisch herabge-
setzt und nähert sich im Falle von Methan bei 100°C und von Butan bei 40°C
offenbar einem Grenzwert. Daher wirkt sich die Temperatur weniger stark
und, wie aufgrund der Kurvenverläufe zu erwarten, auch weniger definiert auf
die Heraufsetzung der elektrischen Äquivalentenergie aus als bei den Schleif-
funken (Abb.2.96, [43]).
Stahl-Schleif- und -Reib funken entzünden die Gemische von Netzschwefel
und Aluminiumstaub aufgrund der sehr niedrigen Mindestzündenergie, wenn

ImJ I

o Methan

UJ
l:>. Butan

-1
10
o 50 [o()
Temperatur T
Abb.2.96. Schleiffunken: Elektrische Äquivalentenergie EA in Brenngas/Luft-Gemischen
als Funktion der Temperatur T
378 2 Vorbeugender Explosionsschutz

[Vol%]
Methan
9

7
ClJ
N
c: 6
QJ
"-
Cl
"C 5
c:
::J
N [Vol%l
Butan Zündwilligste
-···0·································

'6:0> Zi~
Konzentnation

~
4

2 Stiftwerkstoft:
o St 1.1740
6 St 37
° St 1.2842
CJ V2A
o
o 50 [OC]
Temperatur T
Abb.2.97. Reibfunken: Einfluß der Temperatur T und des Stiftwerkstoffes auf die untere
Zündgrenze in Brenngas/Luft·Gemischen

auch unterschiedlicher Zündtemperatur, .problemlos. Dies gilt nicht für die


brennbaren Stäube
- Lycopodium (Tz = 370°C, MZE = 2mJ) und
- Cellulose (Tz = 350°C, MZE = 10mJ).
Es traten zwar örtliche AbfIammungen jedoch ohne volle Explosionsentwick·
lung auf. Dies wurde der Zusatzturbulenz, die durch die Scheibenrotation ent-
wickelt wurde, zugeschrieben (Abb.2.79/2.80). Man konnte daher davon aus·
gehen, daß sich eine Verbesserung der Zündwirksamkeit durch Temperaturer-
höhung besonders auf die Gemische dieser Produkte auswirkt. Zusätzlich
wurde
- Erbsenmehl (Tz = 420°C, MZE = 100 mJ)
in die Zündversuche einbezogen.
Trotz aller Anstrengungen und einer erhöhten Versuchszahl gelang es bis zu
einer Temperatur von 100°C nicht, die Zündwirksamkeit von Stahl·Schleif-
und ·Reibfunken zu verbessern. Die in Abb.2.78 und Abb.2.84 angegebenen
Grenzkurven gelten auch bei überhöhter Temperatur. Dies ist vermutlich dar·
auf zurückzuführen, daß bei Heraufsetzung der Temperatur Mindestzündener·
2.4 Vermeiden von wirksamen Zündquellen 379

gie und untere Explosionsgrenze der brennbaren Stäube weniger stark herabge-
setzt werden als bei den Brenngasen [35].
Zusammenfassend ist also festzustellen, daß die Art der funkenerzeugenden
Werkstoffe neben der Mindestzündenergie MZE und der Zündtemperatur Tz
darüber entscheidet, ob beim Auftreten von Schleif-, Reib- und Schlagfunken
mit der Entzündung von Brennstoff/Luft-Gemischen zu rechnen ist. Tempera-
turerhöhung bis zu 100°C verbessert die Zündwirksamkeit von Schleif- und
auch von Reibfunken in Brenngas/-(Lösungsmitteldampf-)Luft-Gemischen,
nicht hingegen in Staub/Luft-Gemischen.

2.4.3 Heiße Oberflächen

Heiße Oberflächen werden in der staubverarbeitenden Industrie nur zu 60/0 als


Ursache für Staubexplosionen angesehen. Sie können durch direkten Kontakt
sowohl Explosionen auslösen als auch abgelagerten brennbaren Staub entzün-
den. Als betriebsmäßig heiße Oberflächen sind anzusehen: Oberflächen von
Apparaten, Heizeinrichtungen, Trockner, Dampfleitungen oder auch elektri-
sche Betriebsmittel [6, 7]. Neben den betriebsmäßig bedingten heißen Oberflä-
chen können bei Störfällen auch mechanische Vorgänge durch Reibung zu ge-
fährlichen Temperaturen führen, z. B. in Motoren, Ventilatoren, mechanischen
Förderorganen, Mühlen, Mischern, Gleit- und Wälzlagern. Dies gilt auch für
das Einklemmen metallener Fremdkörper zwischen Mischerblatt und Mischer-
wand.
Bei längerem Reiben von Stahl gegen Stahl entstehen heiße Oberflächen
(Abb. 2.98 und 2.99).
Die Frage, ob derart heiße kleine Oberflächen überhaupt Brennstoff/Luft-
Gemische entzünden, wurde durch Vorversuche mit 4- 8 mm-Stiften beant-
wortet, die in einem Infrarotheizer (Abb. 2.100) auf eine bestimmte Temperatur

Abb.2.98. Heiße Oberflächen nach dem Reiben von 4 mm-St37-Stiften


gegen eine St37-Reibscheibe (tv = 2 s)
380 2 Vorbeugender Explosionsschutz

Abb.2.99. Heiße Oberflächen nach dem Reiben von 6 mm-V2 A-Stiften gegen eine V2A-
Reibscheibe (tv = 7 s)

Abb.2.100. Erwärmen eines Stiftes im Infrarotheizer


2.4 Vermeiden von wirksamen Zündquellen 381

vorerwärmt und nach dem Herausziehen (Abb. 2.101) einer berührungslosen


Temperaturmessung unterworfen wurden [43]. Bei der Untersuchung des
Zündverhaltens brennbarer Stäube erfolgte anschließend die Berieselung der
erwärmten Stiftoberfläche mit Produkt (Abb. 2.102), und man beobachtete, ob
Abflammung eintrat (Abb.2.103) oder nicht. Das Zündverhalten von explo-
sionsfähigen Brenngas/Luft-Gemischen wurde in einem explosionsdruckentla-
steten 110 cm3-Gefäß untersucht (Abb.2.104), in das der vorerwärmte Stift
sehr rasch eingefahren wurde [43].
Die in der BAM-Apparatur (Abb. 1.229 und 1.230) gemessene Zündtempera-
tur Tz brennbarer Stäube (es wurden 8 Produkte innerhalb eines Zündtempe-
raturbereichs von Tz = 330-500°C untersucht) steht in einem linearen Zu-
sammenhang zur Stift-Zündtemperatur Tst (Abb. 2.105), bei der Abflammung
erfolgt. 4 mm-Stifte (erwärmte Stiftoberfläche F s = 1,0 cm2) benötigen eine
um ca. 5OJo höhere Zündtemperatur als 6 mm-Stifte (erwärmte Stiftoberfläche
F s = 1,6 cm2). Insgesamt gesehen liegen diese Temperaturen um deutlich
100% höher als die nach Vorschrift gemessene Zündtemperatur.

Abb. 2.101. Erwärmter Stift nach Aufheizung


382 2 Vorbeugender Explosionsschutz

Abb.2.102. Berieseln des in diesem Fall noch kalten Stiftes mit Produkt

Abb.2.103. Abflammen von Lycopodium am erwärmten Stift


2.4 Vermeiden von wirksamen Zündquellen 383

Abb.2.104. In das 110 cm 3-Explosionsgefäß einfahrender Stift

( °C]
Stiftwerkstoff: V2A
...

,7
1300 Stiftdurchmesser
(OC]
Stithoerf<stoff, V2A,SHI St79
... 6mm
A Bmm
Slif!l!!!rchmesser,
o 4mm Jii
·6mm
~ +-
L..
:::;) 1200
1000

§'
L.. 0
L..
:::;)
+- QJ
0 a.

-'"
L.. E

:f'
QJ
a. QJ
+-
E 'C
J!! c: A
1100

-
::::;)
'E
:::>
900 N
I
N +-
I
+-
~
~
1000 I I
800
200 300 400 ( °Cl 300 400 500 (OC]

Zündtemperatur Tz Zündtemperatur Tz
im SAM -Ofen der Brenngase
Abb.2.10S Abb.2.106

Abb. 2.105. Stift-Zündtemperatur T St brennbarer Stäube als Funktion der nach Vorschrift
gemessenen Zündtemperatur Tz
Abb. 2.106. Stift-Zündtemperatur T St brennbarer Gase als Funktion der nach Vorschrift ge-
messenen Zündtemperatur Tz
384 2 Vorbeugender Explosionsschutz

Für die Brenngase wurde ein parabelförmiger Zusammenhang gefunden


(Abb.2.106). Weil es nicht gelang, mit auf 1300 oe erwärmten 4 mm-Stiften
Butan/Luft-Gemische (Tz = 365°C) zu entzünden, wurden 8 mm-Stifte (er-
wärmte Stiftoberfläche F s = 2,3 cm2) in die Untersuchungen einbezogen. Sie
haben eine um ca. 4070 niedrigere Stiftzündtemperatur als 6 mm-Stifte. Brenn-
gas/Luft-Gemische benötigen, bezogen auf die vorgegebenen Versuchsbedin-
gungen, für ihre Entzündung durch heiße Stiftoberflächen eine um ca. 200 oe
höhere Temperatur als brennbare Stäube. Diese haften an der Oberfläche, wo-
durch der Zündvorgang begünstigt wird, während er durch Konvektionsströ-
mungen und dem damit verbundenen Energietransport im Falle der Brenngase
behindert wird.
Frühere Untersuchungen mit 7 mm-Heizzündern (erwärmte Oberfläche
3,2 cm2) wurden damit bestätigt (Abb. 2.107) [47]. Bei einer Temperatur von
11 00 ° e gelang die Entzündung von Wasserstoff/Luft-Gemischen (Tz
= 560°C), nicht, hingegen aber von Methan/Luft-Gemischen (Tz = 595°C).

Abb.2.107. Auf 1100°C erwärmte Oberfläche eines 7 mm-Heizzünders


2.4 Vermeiden von wirksamen Zündquellen 385

[°(1
I
I
I
1400 I- I
I
I

1300 I-
~!
r~
V;
""'"' 1200
'}.
1100 I- Il.(H4 I Heizzünder
o H2 I

I I I: I
11XX>
0 2 3 4 Icm2]
FS
Abb.2.108. Stift-Zündtemperatur TSI von Methan und Wasserstoff
als Funktion der erwärmten Stiftoberfläche Fs

Nach den Angaben von Abb. 2.108 besteht für Wasserstoff ein linearer Zu-
sammenhang zwischen der Stift-Zündtemperatur T St und der erwärmten
Oberfläche F s . Man kann davon ausgehen, daß die Heizzünder-Temperatur
1150°C betragen muß, um auch Methan/Luft-Gemische zu entzünden. Mit
weiter zunehmender erwärmter Oberfläche nähert sich die Temperatur, die für
eine Gemischentzündung erforderlich ist, der nach Vorschrift gemessenen
Zündtemperatur (s. Abb. 1.84).
Grundsätzlich war damit nachgewiesen, daß auch sehr kleine erwärmte
Oberflächen (Fs = 1-2,3 cm 2) bei entsprechender Temperatur Brennstoff!
Luft-Gemische entzünden. Es stellte sich daher die Frage, ob dies auch für die
in Abb.2.98 und 2.99 gezeigten heißen Oberflächen gilt, die beim Reiben von
Stahl gegen Stahl in Verbindung mit der Versuchsanordnung Abb. 2.69 entste-
hen.
In einem ersten Schritt wurde für verschiedene Stahl-Werkstoff-Kombinatio-
nen in Abhängigkeit von Reibzeit t R berührungslos die maximal sich einstel-
lende Stifttemperatur T opt (Abb.2.109 zeigt dies beispielhaft) mit dem in
Abb. 2.110 angegebenen Ergebnis bestimmt [43].
Unabhängig vom Reibscheibenwerkstoff fallen die deutlich über 1000 oe lie-
genden Temperaturen in der Reihenfolge St37-+V2A-+St79. Beim gegenseiti-
gen Reiben von St 1.7131 (einem sogenannten praxisnahen Werkstoff) treten
noch höhere Temperaturen auf. In Verbindung mit Grauguß-Reibscheiben sind
dagegen die Stifttemperaturen wesentlich niedriger.
Für die Zündversuche wurden nur solche Werkstoffkombinationen und
Brennstoffe verwendet, von denen aufgrund der Vorversuche bekannt war, daß
eine Entzündung durch Reibfunken nicht eintrat. Ferner hat sich ergeben, daß
die Entzündung von Brenngas/- und von Staub/Luft-Gemischen nur möglich
ist, wenn nach der optimalen Reibzeit die Reibscheibe automatisch abgebremst
und der geriebene Stift abgehoben wird, d.h. wenn die durch die rotierende
Reibscheibe verursachte Zusatzturbulenz möglichst ausgeschaltet wird.
386 2 Vorbeugender Explosionsschutz
[OC).-----------------,
Scheibe: 5137 (Bauslahl),
Sliftdurchmesser: 4mm
PA =9kp, n= 3000 U' min'

1500

Stiftwerkstoff:
e V2A
LI>. St37
e St79.ungehärtet
• St79. gehärtet
0 500
[ms)

Abb.2.109. Stifttemperatur T verschiedener Werkstoffe als Funktion der Reibzeit t R

iOCl Reibscheibe,
1400 5137 V2A SI 79 5137 V2A SI79
..:
a.
, •.0

1200

1100

1000 ..............."-'-'L... L..-=....IQL,~ L-I"'-"'........L...

Slift- ~ ;:s g::


werkstoff ~ > Vi

Slifldurchmesser: 4 mm Slifldurchmesser, 6 mm

Abb.2.110. Optimale Stifttemperaturen T opt beim Reiben von Stahl gegen Stahl

Heiße Oberflächen, die beim Reiben von St37- bzw. St 1.7131-Stiften gegen
eine St37-, V2A- bzw. St 1.7131-Reibscheibe entstehen, erwiesen sich als zünd-
wirksam in den Gemischen von Brennstoffen, deren Zündtemperatur in dem
Bereich von Tz = 365°-500°C liegt. Alle anderen Werkstoffkombinationen
waren weniger zündwirksam. Die Mindestzündenergie (MZE = 0,27 - 2 J) ist
für diesen Zündvorgang ohne Bedeutung.
2.4 Vermeiden von wirksamen Zündquellen 387

Von besonderem praktischem Interesse ist das Zündverhalten von heißen


Oberflächen in Staub/Luft-Gemischen. Zwischen der Zündtemperatur, bis zu
der eine vorgegebene Werkstoff-Kombination zündwirksam ist, und der Stift-
Oberflächentemperatur besteht kein Zusammenhang [43]. Die Reibstelle eines
Stiftes ist jedoch starken Veränderungen (Abb. 2.111) unterworfen.
Daher wurden
neben der optimalen Stift-Temperatur T opt am oberen Stiftrand
der Reibstellendurchmesser DR ,
die Länge s der Zone der Anlauffarben und
der Temperaturabfall d T an der Reibscheibe
gemessen. Aus diesen Kenngrößen resultiert eine

zündwirksame Stiftoberfläche Topt' DR • s


dT

deren Abhängigkeit von der Zündtemperatur der brennbaren Stäube, bis zu der
Gemischentzündung erfolgt Abb. 2.112 zeigt.
Ist daher die Stifttemperatur ~ 11 00 °e, werden mit 4 mm-Stiften Staub/
Luft-Gemische bis zu einer Zündtemperatur von 420 oe und mit 6 mm-Stiften
bis zu einer Zündtemperatur von 500 oe problemlos entzündet.
Heiße Oberflächen treten in der Industriepraxis als Zündquelle nicht auf,
wenn die Umfangsgeschwindigkeiten Vu (Abb. 2.113) niedrig gehalten werden
(vu -1 m/s). Um ein Glühen zu erzwingen, benötigen St 79-Stifte bei mittleren
Geschwindigkeiten (vu -10 m/s) größere Anpreßkräfte als die anderen Stahl-
werkstoffe. Bei höheren Geschwindigkeiten (vu > 30 m/s) ist hingegen ein
Werkstoffeinfluß nicht mehr gegeben.

Abb.2.111. St37-Stifte von 4 mm- und 6 mm-Durchmesser nach dem Reiben durch eine
Stahlscheibe
388 2 Vorbeugender Explosionsschutz

[ oe]
QJ
..0 Keine Zündung
::J
:d A
+-
V1
r:..: Zündung
::J
400 0
"B....
QJ
c-
E Topt. ;.1100°C
J!!. o 4 mm - Stifte
"0
c A 6mm - Stifte
:::J
N 300
1 10 100 [mm]
Topt X DR X s
6T
Abb. 2.112. Zusammenhang zwischen der "zündwirksamen Stiftoberfläche" und der Zünd-
temperatur brennbarer Stäube

[kp] ~~i~-:

0..« 5 i-
\._~"hon wer 5

St37
-.1/
Kein Glühen
I
0
10 DA
0..« 5 - \O'A
~a>~-me.
Glühen
V2A

Kein Glühen
I
0
10 A
c~ Glühen
0..« 5 - c~ St79

Kein Glühen
0 1
1.0 10.0 Im/51
Vu
Stiftwerkstoff: oSt" c V2A A St79

Abb. 2.113. Grenzkurven für das Entstehen von heißen Oberflächen


2.4 Vermeiden von wirksamen Zündquellen 389

!
1111I1111111 11111111 I11111111111111111
123
Abb. 2.114. Nach einer Staubexplosion aus einem Mühlenbunker entnommener
Fremdkörper (T> l00Q°C)

Man kann daher zusammenfassen: Heiße Oberflächen, selbst mit geringer


Ausdehnung, haben eine deutlich bessere Zündwirksamkeit als z. B. Stahl-
Schleif- und -Reib funken. Zündgefahr ist, unabhängig von der Zündtempera-
tur und nach dem bisherigen Erkenntnisstand auch unabhängig von der Min-
destzündenergie, immer dann gegeben, wenn die Oberflächentemperatur
2: 1100 0 C beträgt. Allerdings behindert Thrbulenz den Zündvorgang.
Obige Feststellung macht es notwendig, den Zündvorgang von Staub/Luft-
Gemischen, z. B. in Mahlanlagen der staubverarbeitenden Industrie, zu über-
denken. Bei sehr leicht entzündlichen Produkten, besonders mit niedriger Min-
destzündenergie (MZE< 10 mJ), ist Zündgefahr durch Stahl-Reib- und
Schleiffunken und heiße Oberflächen gegeben. Im Falle der normal bis schwer
entzündlichen Produkte (MZE> 10 mJ) sind die genannten Zündquellen zu-
folge der Mühlenturbulenz nicht wirksam. Allerhöchstens ist im An- bzw. Aus-
laufzustand dieses Aggregats eine Gemischentzündung denkbar. Gelangen je-
doch erhitzte Fremdkörper (Abb. 2.114) in ein beruhigtes Staub/Luft-Gemisch
im Mühlenbunker, dann ist, unabhängig von seiner Zündtemperatur
(Tz::S; 600 0 C), mit der Einleitung einer Staubexplosion zu rechnen. Nicht die
mechanisch erzeugten Funken (Abb. 1.139), sondern heiße Oberflächen sind
vermutlich die häufigste Zündquelle in der staubverarbeitenden Industrie.

2.4.4 Zündwirksamkeit von mechanisch erzeugten Funken


und heißen Oberflächen bei vermindertem Sauerstoffgehalt

Die experimentell bestimmte Sauerstoffkonzentration in einem Brennstoff!


Luft-Gemisch, bei der eben gerade keine Explosion mehr möglich ist, wird, wie
bekannt, mit "Sauerstoff-Grenzkonzentration" bezeichnet. Sie wird nach
Normverfahren für die Brenngase in Gegenwart einer elektrischen Zündquelle
390 2 Vorbeugender Explosionsschutz

mit einem Energieinhalt von E = 10 J (s. Kap. 2.3.2.1) und für die brennbaren
Stäube mit pyrotechnischen Zündern mit einem Gesamtenergieinhalt von
E = 10 kJ (s. Kap. 2.3.3.1) bestimmt. Bei den mit den genannten Zündenergien
gemessenen Sauerstoff-Grenzwerten dürfen daher die für die Praxis bedeutsa-
men Zündquellen nicht mehr zündfähig sein. Weil Stickstoff häufig als Inhibi-
tor verwendet wird, stellte sich die Frage, wie es um die Zündwirksamkeit von
mechanisch erzeugten Funken und heißen Oberflächen bestellt ist, wenn der
Sauerstoffgehalt abschnittweise durch Ersatz mit Stickstoff herabgesetzt wird.
Es wurden daher die Sauerstoff-Grenzkonzentrationen mit diesen Zündquellen
ermittelt und mit denen des Normverfahrens verglichen.
Ritter [42] führte als erster solche Untersuchungen mit Schleif-, Reib- und
Schlagfunken durch. Hierfür benutzte er jedoch nicht, wie in der Praxis i. allg.
zu erwarten, Stahl als Funkenerzeuger, sondern deutlich zündwirksamere
Werkstoffe. Abbildung 2.115 zeigt am Beispiel von Methan den Einfluß, den
mechanisch erzeugte Funken auf den Zündbereich nehmen, wenn der Sauer-
stoffgehalt schrittweise vermindert wird. Er wird, abhängig von der Funkenart,
unter Beibehaltung der unteren und Herabsetzung der oberen Explosionsgren-
ze eingeengt. Die Sauerstoff-Grenzkonzentration fällt in der Reihenfolge
Titan/Rost-Schlagfunken: SGK = 16,4 Vol%,
- Titan-Schleiffunken: SGK = 13,5 VolOJo und
- Zündstein-Reibfunken: SGK = 12,6 Vol%,
wobei aber der nach dem Normverfahren bestimmte Grenzwert (SGK =
12,1 VoIOJo) nicht erreicht wird. Ritter bestätigte dies mit einer Ausnahme auch
für andere Brenngase (Tabelle 2.17).
Wie in normal zusammengesetzter Verbrennungsluft, so haben auch bei her-
abgesetztem Sauerstoffgehalt Zündstein-Funken die beste Zündwirksamkeit,
was sich aus den niedrigen Grenzwerten ergibt.

[Vol%]

20,0
N
Z
c 17,5

0
..c
Q) 15,0
Cl
I
N
0
12,5

10,0
0 2,5 5,0 7,5 10,0 12,5 [Vol%]
Methan-Gehalt
Abb. 2.115. Einfluß des Sauerstoffgehalts in Stickstoff auf den Zündbereich
mechanisch erzeugter Funken in Methan [42]
2.4 Vermeiden von wirksamen Zündquellen 391

Tabelle 2.17. Sauerstoff-Grenzkonzentration SGK in Stickstoff von Brenngasen bei An-


wendung verschiedener Zündquellen

Brenngas H2 C4H 1O C3H s CH 4

Zündquelle SGK [Vol%]

Zündstein-Reibfunken (Abb. 2.63) 6,7 12,1 12,0 12,6


Zündstein-Schleiffunken (Abb. 2.71) 5,0 12,1 12,0 12,6
Titan-Schleiffunken (Abb. 2.73) 5,9 13,1 13,1 13,5
Titan/Rost-Schlagfunken (Abb. 2.90) 8,4 15,1 16,0 16,4
Kondensatorentladung, E = 10 J [15] 5,0 11,5 11,8 12,1

Es wurde bereits im Zusammenhang mit den Schleiffunken gezeigt, daß die


durch die Scheibenrotation verursachte zusätzliche Gemischturbulenz
(Abb. 2.79 u. 2.80) von Einfluß auf das Zündgeschehen sein kann. Abbildung
2.116 zeigt, daß dies auch für Zündstein-Schleiffunken bei vermindertem Sau-
erstoffgehalt gilt. Abnehmende Scheibendrehzahl erhöht die Zündfähigkeit
und setzt i. allg. die Sauerstoff-Grenzkonzentration, wie auch im Falle der Ti-
tan-Schleiffunken, herab. Jedoch ist in diesem Fall (Abb. 2.117) die Anpreß-
kraft PA der Titan-Stifte gegen die Schleifscheibe von zusätzlichem Einfluß
auf das Zündverhalten [43].
Heiße Oberflächen, die beim Reiben von Stahl gegen Stahl entstehen
(Abb. 2.98 u. 2.99), können Brenngas/- und auch Staub/Luft-Gemische
(Abb. 2.105 u. 2.106) unabhängig von ihrer Zündtemperatur (und Mindestzün-
denergie) entzünden. Durch Abbremsen der Scheibe und Abheben des Stiftes
beim eigentlichen Zündversuch ist die zusätzlich erzeugte Gemischturbulenz
von untergeordneter Bedeutung. Untersuchungen bei schrittweise herabgesetz-
ter Sauerstoffkonzentration mit Werkstoffkombinationen, die gemäß
Abb. 2.110 höchste Stifttemperaturen haben, ergaben relativ hohe Grenzwerte
[43]:
- Butan: SGK = 17 VoIOJo,
- Lycopodium: SGK = 17 VolOJo und
- Cellulose: SGK = 16 VoIOJo.
Bei Betrachtung der Zahlenangaben von Thbelle 2.17 und den
Abb. 2.115 - 2.117 zeigt sich, daß sich die mit den verschiedenen Zündquellen
gemessenen Sauerstoff-Grenzkonzentrationen in Brenngas/Luft-Gemischen
bei der Inertisierung mit Stickstoff dem Grenzwert des Normverfahrens "nä-
hern oder mit ihm übereinstimmen. Die Energie der Normzündquelle ist daher
mit E = 10 J richtig gewählt. Sie deckt auch die in der Praxis i. allg. nicht zu
erwartenden sehr wirksamen Zündqu~llen ab.
Im Falle der brennbaren Stäube liegen hingegen die entsprechenden Grenz-
werte deutlich höher, als sie nach dem Normverfahren ermittelt wurden
(Abb. 2.116 und 2.117). Allerdings bezieht sich diese Aussage auf Produkte mit
relativ hohen Normwerten. Daher wurden weitere sehr leicht entzündliche
Stäube in die Untersuchungen einbezogen. Die unter optimierten Versuchsbe-
392 2 Vorbeugender Explosionsschutz
(Vol%] r - - - - - - . - - - - r - - - - - - . - - - - - - ,
ZO

15
N
Z

.E;;;

§ o-_o-r!!"-~- -Butan: E=10J ----- -- ---

~ 10 - ---- --- -. -. - -.- --- CeUulose: E=10kJ ....... -.-..----


'-
"E ---- -- -- - - - - -- - - LycoJXXlium: E=10kJ---- - - - ---
gj
e Butan
~N t:. CeUulose
c:: o Lycopodium
~ 5
1.!J
I
N
o

O~----~------~------~----~
o 1000 2000 3000 [U.min-1]
Drehzahl der Schleifscheit.e
Abb. 2.116. Zündstein-Schleiffunken: Einfluß der Scheibendrehzahl auf die Sauerstoff-
Grenzkonzentration verschiedener Brennstoffe

[\t1%l
ZO

15
N
Z
.E;;;
§ - - - - - - - - - - - Butan: E=lOJ - - - --

I
10 - ---- - - -- - - --- CeUuIose:E:1lkJ·--
-. -- ----- • •.• •• . •.•. LycopodUn:E:lO kJ ..

e Butan
~ A Cellulose
N
o Lycopodiun
~
1.!J
5
I
N
o

o ol--.....I..--'--~~~~~-:-:-'[
kpl Abb.2.117. Titan-Schleiffunken: Einfluß der
Anpreßkraft PA auf die Sauerstoff-Grenzkon-
zentration verschiedener Brennstoffe
2.4 Vermeiden von wirksamen Zündquellen 393

Tabelle 2.18. Sauerstoff-Grenzkonzentration SKG brennbarer Stäube bei Inertisierung mit


Stickstoff und Anwendung verschiedener Zündquellen (optimierte Versuchsbedingungen)

Zündquelle Zündstein- Zündstein- Zirkon- Titan- Heiße


Schleif- Reib- Schleif- Schleif- Ober-
funken funken funken funken flächen

Staubart MZE Tz SGK a SGK IV01 0/0]


[mJ] [0C] [VoIOJo]

Cellulose 10 350 10 14,0 16,0 16,0


Lycopodium 2 370 9 14,0 18,0 17,0
Aluminium <1 550 7 16,0 17,0 17,0 16,0 17,0
Netzschwefel <1 250 4 18,Ob 12,0 12,0 12,0 12,0

a Normverfahren
b Staub behindert Funkenbildung

dingungen mit den verschiedenen Zündquellen erhaltenen Sauerstoff-Grenz-


konzentrationen faßt Thbelle 2.18 zusammen.
Wie man sieht, wird die Zündwirksamkeit selbst sehr kräftiger mechanisch
erzeugter Funken und heißer Oberflächen mit sinkendem Sauerstoffanteil
stark eingeschränkt, und in Übereinstimmung mit den Brenngasen Propan-+
Methan (Thbelle 2.17) ist bei einem Sauerstoffgehalt in Stickstoff von:;; 120/0
eine Entzündung von Staub/Luft-Gemischen nicht mehr möglich. Dies gilt
auch dann, wenn wie bei Netzschwefel die Mindestzündenergie MZE, die
Zündtemperatur Tz und die nach Vorschrift gemessene Sauerstoffgrenzkon-
zentration sehr niedrig sind.
Nach Ritter [42] ist die Endtemperatur eines Partikels erreicht, wenn pro
Zeiteinheit die freiwerdende Oxidationswärme die Wärmeverluste durch Kon-
vektion und Strahlung übersteigt, so daß sich das Partikel erwärmt. Die Oxida-
tion geht in zwei Schritten vor sich:
Verzunderung eines noch festen Partikels unter Bildung einer ebenfalls
noch festen Oxidhaut und Erhitzung bis zur Schmelztemperatur.
Verbrennung nach dem Schmelzen des Metallkerns und i. allg. auch der be-
reits gebildeten Oxidhaut und weitere Erhitzung bis zur Maximaltempera-
tur.
Ritter zeigt ferner, daß die zur Erhitzung der Partikel und zum Schmelzen not-
wendigen Wärmemengen gegenüber der Verbrennungswärme klein sind. Nach
dem Schmelzen wird die Geschwindigkeit der Verbrennung von der Sauerstoff-
aufnahme der Partikeloberfläche und damit der Diffusionsgeschwindigkeit des
Luftsauerstoffs in der Grenzschicht bestimmt. Bei vermindertem Sauerstoffge-
halt in der Verbrennungsluft wird offensichtlich die Sauerstoffaufnahme einge-
schränkt. Die Folge ist eine geringere Verbrennungswärme und damit eine ge-
ringere Maximaltemperatur der Partikel, die schließlich nicht mehr zündfähig
ist.
Berücksichtigt man, daß einerseits in der Industriepraxis i. allg. mit Stahl-
funken zu rechnen sein wird, und andererseits die Untersuchungen sich auf
394 2 Vorbeugender Explosionsschutz

mechanisch erzeugte Funken beziehen, die deutlich zündwirksamer sind


(Abb.2.78), dann ist bezüglich der brennbaren Stäube folgende Schlußfolge-
rung zulässig: Bei Ausschaltung von Selbsterhitzungs-, Zersetzungs- und De-
flagrationsvorgängen als Zündquelle ist eine Apparatur (Anlage) als ausrei-
chend inertisiert gegenüber der Zündwirksamkeit von mechanisch erzeugten
Funken und heißen Oberflächen anzusehen, wenn der Sauerstoffgehalt in
Stickstoff sicher [30] :s 12 VolOJo gehalten wird. Dies gilt unabhängig von der
nach Vorschrift gemessenen Sauerstoff-Grenzkonzentration eines Produktes.
Der Einfluß der Temperatur auf den Sauerstoff-Grenzwert (Abb. 2.41, Thbelle
2.6) ist natürlich zu beachten.

2.4.5 Glimmnester

Glimmnester werden zu 10% in der staubherstellenden und -verarbeitenden In-


dustrie als Ursache für Staubexplosionen angesehen (Abb. 1.139). Erste Unter-
suchungen über ihr Zündverhalten gehen in das Jahr 1975 zurück [48].
Hierfür wurde ein 1 m3-Container mit Fallrohr (Hosenstück) verwendet
(Abb. 2.118) und nach dem Öffnen der druckluftgesteuerten Klappe der ge-
samte Querschnitt des Fallrohres freigegeben.
Zunächst wurde bei ständigem Vorhandensein einer Zündquelle in Raum-
mitte des Containers (Dauerfunkenstrecke mit einem Energieinhalt von
E = 10 J) geprüft, ob es auch beim Abwurf großer brennbarer Farbstoffmen-

l-_----Fall,rohr (Hosenstück )

~_----I)ren,nbar-er Staub
~----- Glühwendel

druckluftgesteuerte
Kloppe

~_~ Container ( V ~ 1 m3 )

Abb. 2.118. Apparatur für die Untersuchung des Zündverhaltens


von Glimmnestern (schematische Darstellung)
2.4 Vermeiden von wirksamen Zünd quellen 395

gen zu einer Explosion kommt. Dies konnte bestätigt werden. Ca. 1 Sekunde
nach dem Betätigen der Klappe trat Gemischentzündung ein. Die Explosions-
heftigkeit nahm mit steigender Staub menge (M = 0,5 -10 kg) zu.
In einem weiteren Schritt befand sich auf dem Containerboden ein Glimm-
nest des gleichen Farbstoffs. Gemischentzündung des abgeworfenen Produktes
trat nur dann ein, wenn die Reinigungstür am Container geöffnet, d.h. wenn
Luftzutritt gewährleistet war. Ein verstärkter Brand war andernfalls die Folge.
Bei einer abschließenden Versuchsreihe wurde mit Hilfe einer Glühwendel
(T = 1200 °C, Einwirkdauer: 0,5 -1 min) im Produkt auf der Klappe ein
Glimmnest erzeugt. Beim anschließenden Abwurf (M = 3 - 9 kg) trat mit dem
vorerwähnten Farbstoff und mit Cellulose Gemischentzündung ein, deren Ex-
plosionsheftigkeit deutlich höher war als bei den Versuchen mit der Funken-
strecke. Bei anderen Produkten war dies nicht der Fall, jedoch wurden nach
dem Versuch auf dem Containerboden stets ausgedehnte Glimmnester beob-
achtet.
Interessant ist, daß ein handelsüblicher Flammenrneider mit überhöhter An-
sprechempfindlichkeit am Übergang Fallrohr/Container bei keinem der Versu-
che ein Glimmnest detektierte, allenfalls die nachfolgende Staubexplosion.
Zokoll [49] führte in einer ähnlichen Apparatur (Abb. 2.119: die Reinigungs-
tür war durch einen Folienabschluß ersetzt) zur Abklärung der Ursache von
Staubexplosionen in Milchtrocknern Zündversuche mit Glimmnestern durch.

Abb.2.119. Apparatur für die Untersuchung des Zündverhaltens von Glimmnestern [491
(praktische Ausführung)
396 2 Vorbeugender Explosionsschutz

Auch er untersuchte zunächst die Zündwirksamkeit der Versuchsanordnung


und brachte mit einer in unterschiedlicher Entfernung vom Behälterboden an-
gebrachten Glühwendel abgeworfenes Vollmilchpulver und abgeworfene Mais-
stärke sowie gemahlene Maiskeime und Sonnenblumenabrieb zur Explosion.
Bei den anschließenden Zündversuchen, bei denen sich im abgeworfenen
Produkt (Magermilchpulver, Tz = 460°C; Vollmilchpulver, Tz = 430°C) ein
Glimmnest (T = 550°-600°C) befand, wurde keine Gemischentzündung fest-
gestellt, auch dann nicht, wenn das Glimmnest über einen im Fallrohr einge-
bauten Stern zerschlagen wurde.
Zur Optimierung der Versuchsbedingungen wendete Zokoll für die Gemisch-
erstellung anschließend das vereinbarte und genormte Verfahren [4] an und be-
stimmte zur Festlegung der Versuchsturbulenz zunächst die Mindestzündener-
gie von Magermilchpulver, die sich mit MZE = 168 mJ nach einer Zündverzö-
gerungszeit von t v = 900 ms nach Beginn der Staubeingabe, d.h., wie erwartet,
bei relativ niedriger Gemischturbulenz einstellte. Dann wurde der Versuchsab-
lauf so synchronisiert, daß sich das Glimmnest nach 900 ms in der Behälter-
mitte befand.
Zunächst wurden nicht brennende Magermilchpulver-Glimmnester
(Abb. 2.120) mit einer Innentemperatur von 700°- 800°C abgeworfen, aber oh-
ne Erfolg. Er stellte sich auch dann nicht ein, wenn das Glimmnest nach Ab-
stellen des Gebläses offen brannte (Abb. 2.121) und die Glimmnesttemperatur
860°- 940 ° C betrug. Erst beim Anfachen über mehrere Minuten, bei denen be-
rührungslos Temperaturen in den heißesten Glimmnestspalten von
11800-1200°C gemessen wurden, kam es zur Gemischentzündung
(Abb. 2.122), jedoch erst nach dem Aufschlag auf dem Boden.

Abb.2.120. Kompaktes Magermilch-Glimmnest mit einer Temperatur von ca. 750 oe


2.4 Vermeiden von wirksamen Zündquellen 397

Abb.2.121. Offen brennendes Magermilchpulver mit einer Temperatur von ca. 900 oe

Abb. 2.122. Gemischentzündung bei einer Magermilch-Glimmnesttemperatur von ca.


1200 oe

Befanden sich dagegen die Glimmnester auf dem Boden der Apparatur und
wurde Magermilchpulver aus dem Fallrohr abgeworfen, kam es selbst dann zu
einer Gemischentzündung, wenn die Glimmnesttemperatur ca. 900 oe betrug,
ohne daß die Glimmnester sichtbar brannten.
Zokoll kommt zu der Schlußfolgerung, daß es von der Größe des Glimmne-
stes, vom Staubangebot und den Umgebungsbedingungen abhängt, ob eine
Explosion eingeleitet wird oder nicht.
398 2 Vorbeugender Explosionsschutz

Alfert [50] untersuchte die Zündwirksamkeit von Holz-, Holzkohle- und


Korkstaub-Glimmnestern beim pneumatischen Transport in ein 236 m 3-Silo.
Er prüfte zunächst das Entflammungsverhalten der Glimmnester im freien Fall
ohne Vorhandensein von Staub mit dem in Abb. 2.123 dargestellten Ergebnis.
Holzkohle: Es war nur eine schwache Zunahme der Lichtemission im freien
Fall beobachtet worden. Beim Aufschlag auf dem Siloboden entstand ein
Funkenregen gelb- und weißglühender Teilchen. Entflammung fand nicht
statt.
Korkstaub: Entflammung wurde sowohl auf halber Höhe des Silos beob-
achtet als auch einige Zeit nach dem Aufschlag auf dem Boden.
Holzstaub: Dieses Glimmnest verhielt sich unterschiedlich. Entweder zer-
brach es unmittelbar nach der Freigabe unter Bildung eines Feuerballs, oder
aber der Feuerball entstand in der oberen Hälfte des Silos. Es konnte aber
auch vorkommen, daß das Glimmnest zum Siloboden durchfiel und dort
entflammte oder auch nicht.
Bei der anschließenden gemeinsamen pneumatischen Einförderung von Mais-
stärke und Glimmnest in das Silo, bei der allerdings dessen Freigabe erst 2 s
nach Abstellen der Pneumatik erfolgte, wurden folgende Beobachtungen ge-
macht:
Holzstaub: Gemischentzündung mit Nestvolumina von 1-1,51 erfolgte zu
ca. 600/0 entweder im oberen Teil des Silos oder nach dem Aufschlag auf
dem Siloboden.

2J

'0

11

"
" e•• • HolJ:kohl.

" ::;~:. KorkUtvb

10

Abb. 2.123. Orte der Entflammung von freifaJlenden


Glimmnestern in einem 236 m3-Silo [50]
2.4 Vermeiden von wirksamen Zündquellen 399

Korkstaub: Gemischentzündung mit Nestvolumina von 0,5 - 2,0 I wurde


nicht beobachtet, jedoch kam es nach Versuchsende zu Bränden im Bereich
des Silobodens.
Holzkohle: Sehr starke Glimmnester waren nötig, um eine Gemischentzün-
dung nach mechanischer Zerstörung oder nach Aufschlag auf dem Boden
zu erreichen.
Die Beobachtung, daß es erst nach dem Aufprall eines Glimmnestes auf dem
Boden zu einer Gemischentzündung kommt, haben sowohl Zokoll [49] als
auch Pinkwasser [51] gemacht. Letzterer ließ in einem 1 m langen Glasrohr
Holzkohle-Glimmnester (V = 25 cm3 , T = 700 0c) durch Nahrungsmittel-
Staub/Luft-Gemische fallen. Durch Produkterwärmung von 20° auf 150 0 e
wurde die Zündhäufigkeit von
- Weizenstärke von 21070 auf 40% und von
- Halbweißmehl von 15% auf 46%
angehoben. Stets wurde Gemischentzündung jedoch erst nach dem Aufprall
auf den Boden beobachtet.
Zur ergänzenden Klärung der Frage, wie hoch die Thmperatur von Gegen-
ständen sein muß, um Staub/Luft-Gemische zu entzünden, ließ Alfert [50] auf-
geheizte Stahlzylinder von 20 mm Durchmesser und 20 bzw. 30 mm Länge in
Maismehl-Staub/Luft-Gemische eines 5,8 m 3-Filters fallen. Gemischentzün-
dung trat ein, wenn die längeren Zylinder eine Temperatur von 950 oe hatten,
keine hingegen, wenn die kürzeren Zylinder von gleicher Thmperatur verwendet
wurden.
Pinkwasser [52] untersuchte auch das Zündverhalten von Glimmnestern in
einer pneumatischen Förderleitung DN 100/110 von 80 m Länge. Aus Vorver-
suchen in reiner Luft ergab sich zunächst bei Fördergeschwindigkeiten von
VF = 10- 20 m/s, daß selbst glimmende Partikel von 1 g Gewicht nach 68 m
Flugweg noch einwandfrei detektiert werden konnten. Er stellte ferner fest
(Abb.2.124), daß bei hoher Produktbeladung des Förderstromes

[Kg/m 3 ] °
~
0\00 Weißmehl,M=54 ).Im
Putzereiabfälle,M=120 ).Im
g' 0,75 v,=20 m/s
::J
"0

0,
o 0
Z 0,50 \

~o: J
0,25 "'---
~ 0 0

OL-__~__~____~~~
o 25 50 75 [mJ
Partikel-Flugweite
Abb. 2.124. Flugweite von Putzereiabfall-Glimmnestern in einer pneumatischen Förderlei-
tung DN 100/110 in Abhängigkeit vom geförderten Produkt [52]
400 2 Vorbeugender Explosionsschutz

(M -1 kg/m 3) durch die abkühlende Wirkung des kalten Förderproduktes das


Glimmnest, speziell in Weißmehl, nach kurzen Flugweiten bereits nicht mehr
sichtbar war. Bei geringer Produktbeladung, d.h. im explosionsfähigen Be-
reich, erhöhten sich die Flugweiten erheblich in Abhängigkeit vom geförderten
Produkt; eine Gemischentzündung mit 10 g schweren Glimmnestern wurde
dennoch nicht erreicht. Pinkwasser zieht aus den Ergebnissen seiner Untersu-
chungen den Schluß, daß beim An- und Abfahren von pneumatischen Förder-
einrichtungen kritische Bedingungen bezüglich Explosionsgefahr bestehen
können.
Alfert [50] ergänzte diese Untersuchungen durch Fördern von Holzkohle-
Glimmnestern in ein 5,8 m 3-Filter. Untersuchungen in reiner Luft ergaben zu-
nächst, daß selbst 50 cm3 große Glimmnester auch bei kurzen Förderlängen
(11 m) nur als kleine Partikel « 1 cm3) im Filter ankamen. Selbst wenn Mais-
stärkemehl in explosionsfähiger Konzentration gemeinsam mit einem großen
Glimmnest (ca. 0,5 I) gefördert wurde, war weder in der Förderleitung noch im
Filtergehäuse eine Gemischentzündung festzustellen. Bei der Förderung von
feinem Holzstaub wurde hingegen nur eine Staubexplosion im Filter beobach-
tet.
Die Untersuchungen bestätigen die Möglichkeit der Entzündung von Staub/
Luft-Gemischen durch Glimmnester, weniger in pneumatischen Förderleitun-
gen, wohl aber in Behältern und Silos, in die sie mit dem Produkt eingetragen
werden, oder wenn sie dort vorher bereits vorhanden sind. Die Versuchsergeb-
nisse sind schwer reproduzierbar und zeigen keinen Zusammenhang zu sicher-
heitstechnischen Kenngrößen, wie z. B. der Zündtemperatur der Produkte, der
sogar angezweifelt wird. Aufgrund der mit heißen Oberflächen erhaltenen Un-
tersuchungsergebnisse (Abb. 2.105 u. 2.112) ging Jaeger dennoch von einer sol-
chen Abhängigkeit aus und unternahm den Versuch, sie im Laborversuch zu
erarbeiten [53, 54].
Jaeger traf zunächst eine Produktauswahl und befand eine Reihe von brenn-
baren Stäuben als "glimmnestbildungsfähig", die entweder die Brennklasse 4
(Durchglühen ohne Funkenflug) oder 5 (Brennen unter Flammenerscheinung)
hatten. Er schloß Netzschwefel (Abb. 2.125) und Cellulose von den weiterfüh-
renden Versuchen aus, weil das Glimmen mit einer offenen Flamme verbunden
war.
Mittels berührungsloser Thmperaturmessung wurde dann die Oberflächen-
temperatur von 5 Glimmnestern zu T = 400°-710°C und anschließend bei
leichter Luftanfachung (ohne Flammenentstehung) zu T = 600°-950°C be-
stimmt (Abb.2.126).
Die Zündversuche mit relativ kleinen Glimmnestoberflächen erfolgten in der
201-Laborapparatur, in die das ausgewählte Glimmnest mit Hilfe eines speziell
konstruierten 'll'ansportschlittens eingefahren wurde (Abb.2.127). Der Ver-
suchsablauf war so synchronisiert, daß die nach Vorschrift in der Apparatur
erstellten Staub/Luft-Gemische dem Glimmnest bei niedriger Thrbulenz ausge-
setzt waren. Ihre Mindestzündenergie lag in dem Bereich von
MZE = <1-32·103 mJ und die in der BAM-Apparatur gemessene Zündtem-
peratur in dem Bereich von Tz = 250°-580°C.
2.4 Vermeiden von wirksamen Zündquellen 401

Abb.2.125. Prüfung von Netzschwefel auf Glimmnestbildungsfähigkeit

Abb. 2.126. Holzmehl-Glimmnest bei leichter Luftanfachung


402 2 Vorbeugender Explosionsschutz

Abb. 2.127. 201-Laborapparatur mit Einrichtung für den Eintransport von Glimmnestern

Es wurde mit nacheinander ablaufenden sogenannten "Untersuchungskrite-


rien" für die Entzündung eines Staub/Luft-Gemisches durch ein vorgegebenes
Glimmnest gearbeitet:
1. Kriterium: Einfahren des Glimmnestes.
2. Kriterium: Schwache Luftanfachung des Glimmnestes (Abb. 2.128).
3. Kriterium: Abwerfen des Glimmnestes (Abb.2.129).
4. Kriterium: Erneutes Aufwirbeln des Staubes mit dem Glimmnest.

Abb.2.128. Anfachen der Glimmnestoberfläche


2.4 Vermeiden von wirksamen Zündquellen 403

Abb.2.129. Abwerfen des Glimmnestes

Tabelle 2.19 gibt in Abhängigkeit von Glimmnesttemperatur T GI und Glimm-


nestoberfläche F o an, nach welchem Untersuchungskriterium Entzündung ei-
nes Staub/Luft-Gemisches von vorgegebener Zündtemperatur Tz eintrat.
Trotz Versuchsdurchführung über einen breiten Staubkonzentrationsbereich
gelang nur die Entzündung der Gemische von Netzschwefel mit einer sehr
niedrigen Zündtemperatur (Tz = 250°C). Hierfür war eine Glimmnestober-
fläche von Fo = 20cm2 bei einer Glimmnesttemperatur von T GI = 500 0 e er-
forderlich. Bei kleinerer Oberfläche reichte eine Temperatur von T GI = 900 oe

Tabelle 2.19. Zündverhalten von Glimmnestern in Staub/Luft-Gemischen in der 201-La-


borapparatur

T OI [0C)a 520/870 500/900 710/900

Fo Tz Gemischentzündung nach Kriterium

10 250 4 4 3
>320 Keine Entzündung

20 250 1
>320 Keine Entzündung

a 1. Temperaturwert: Ohne Luftanfachung; 2. Temperaturwert: Mit Luftanfachung.


404 2 Vorbeugender Explosionsschutz

nicht aus, um beim Einfahren des Glimmnestes eine Entzündung herbeizufüh-


ren. Es mußte entweder abgeworfen oder erneut mit dem Netzschwefel aufge-
wirbelt werden.
Wichtige Erkenntnisse bezüglich der Explosionsheftigkeit der Staubexplo-
sionen konnten aus der gleichzeitig durchgeführten Messung des zeitlichen
Druckverlaufs gezogen werden: Erfolgte die Gemischentzündung beim Einfah-
ren des Glimmnestes, dann lagen die Explosionskenngrößen unter, beim Ab-
werfen im Bereich und beim erneuten Aufwirbeln über denen des Normverfah-
rens, bezogen auf die vorgegebene niedrige Gemischturbulenz. Die Wirkung
der bei diesem Verfahren angewendeten pyrotechnischen Zünder (E = 10 kJ)
als Zündquelle wurde teilweise überschritten.
Es ergab sich somit der Zwang zum Übergang zu deutlich größeren Glimm-
nestoberflächen. Hierbei wurde wie folgt vorgegangen: Nach Eintragen des
noch kalten Produktes in Würfel von bekannter Oberfläche (Abb. 2.130) und
Einleitung des Glimmvorganges mittels der Flamme eines Bunsenbrenners
wurde das Glimmnest nach Entnahme an den Elektrodendurchführungen des
Verschlußdeckels der 201-Laborapparatur gehalten (Abb.2.131).
Für die anschließenden Zündversuche (es wurde wiederum bei leichter Luft-
anfachung gearbeitet) standen die Glimmnester von zwei Produkten
(TGJ = 900°C) zur Verfügung. Ihre Zündwirksamkeit wurde, abhängig von
der Glimmnestoberfläche Fo , in den Gemischen von 10 brennbaren Stäuben
unterschiedlicher Zündtemperatur Tz untersucht und jeweils die untere Zünd-
grenze Zu und die obere Zündgrenze Zo bestimmt.
Ein Einfluß der Produktart, aus dem das Glimmnest erzeugt war, zeigte sich
nicht. Unter der Voraussetzung gleicher Zündtemperatur war im Rahmen der
Versuchsgenauigkeit die Breite des Zündbereichs unabhängig davon, ob ein
Glimmnest in seinem eigenen Staub/Luft-Gemisch oder dem eines anderen
Staubes wirksam wurde.
Abbildung 2.132 zeigt für zwei brennbare Stäube die Zündbereichsbreite in
Abhängigkeit von der Oberfläche eines Glimmnestes.
Die untere Zündgrenze Zu ist unabhängig, die obere Zündgrenze Zo hinge-
gen abhängig von Glimmnestoberfläche und Staubart. Ferner engt sich die
Zündbereichsbreite mit zunehmender Zündtemperatur Tz ein. Weil die Min-
destzündenergie von Holzmehl zu MZE< 10 mJ und von Orasol Gelb 3 R zu

Abb. 2.130. Würfel mit definierten Oberflächen für die Glimmnesterzeugung


2.4 Vermeiden von wirksamen Zünd quellen 405

Abb. 2.131. Am Verschlußdeckel der 201-Laborapparatur gehaltenes Glimmnest

Zu Zo
Icm 2]

Holzmehl
TZ: 480 oe
0
LI.. 125
aJ
.c
u 100
E
.....
<- Drosol Gelb 3R
aJ
..0 75
.....Vl
0

aJ
/' T
Z
'30'OI
c::
E 50 ....l.J~ Glimmnesttemperotur
E TGL : 900 oe
'-=' 25

OL..-_....L..._---L._--I'-----J
o 500 1000 1250 [g 1m3 ]

stau bkonz ent ra tion


Abb. 2.132. Zusammenhang zwischen Glimmnestoberfläche Fo und Zündbereich
für zwei brennbare Stäube
406 2 Vorbeugender Explosionsschutz

MZE = 32 J bestimmt wurde, kann sie für den betrachteten Zündvorgang nicht
von Bedeutung sein. Glimmnestoberfläche Fo und Zündtemperatur Tz ent-
scheiden darüber, ob eine Entzündung zu erwarten ist oder nicht. Abbildung
2.132 zeigt die gegenseitige Abhängigkeit.
Jaeger konnte damit erstmalig nachweisen, daß sich die Zündtemperatur Tz
brennbarer Stäube, bis zu der Gemischentzündung erfolgt, linear mit zuneh-
mender Oberfläche F o eines zusammenhängenden Glimmnestes anhebt. Mit
einer Glimmnestoberfläche, die einem Würfel mit der Kantenlänge von 3,7 cm
entspricht, lassen sich alle Staub/Luft-Gemische entzünden, die im Anwen-
dungsbereich des BAM-Ofens liegen. Diese Angaben beziehen sich auf eine
Glimmnesttemperatur von TGI = 900 0 C. Höhere Temperaturen würden die
Zündgrenzgerade in Abb. 2.133 anheben, niedrigere sie absenken.
Um in der Industriepraxis Brände und Explosionen als Folge von Glimmne-
stern zu verhindern, ist ihre Früherkennung über Kohlenmonoxid-Messungen
notwendig. Diesbezügliche sehr umfangreiche und systematische Untersuchun-
gen mit einem Trockenentstauber werden in [55] beschrieben. Solche Einrich-
tungen sind im Steinkohlenbergbau an zentralen Stellen mit hohem Stauban-
fall zur Reinigung der Luft eingesetzt. Die Glimmnestentstehung in solchen
Trocknern ist nicht auszuschließen, wie die aufgetretenen offenen Brände zei-
gen.
Die Untersuchungen in einem Versuchstrockner haben ergeben, daß die je
Zeiteinheit entwickelte Kohlenmonoxidmenge linear von der Fläche eines Koh-
lenstaub-Glimmbrandes abhängt. Bei einem Luftvolumenstrom von
10000 m 3/h entwickelt eine glimmende Fläche von
0,12 m 2 eine CO-Menge von 41/h und von
- 0,30 m2 eine CO-Menge von 101/h.

[·e]
600
N
f-
'- 500
....,::J
0
'-
CI)
0.-
400
E Entzündung von
....,
CI)

300
-0 Staub /Luft-Gemischen
C
:::J
N
200
Glimmnesttemperatur: TG1 =900·C

100

0
0 cm 2 ]
Glimmnestoberflöche Fa
Abb. 2.133. Zündtemperatur brennbarer Stäube, bis zu der Gemischentzündung erfolgt als
Funktion der Glimmnestoberfläche F0
2.4 Vermeiden von wirksamen Zündquellen 407

Betriebsversuche auf Bergwerken haben ergeben, daß bei Kenntnis der Luftvo-
lumenströme und richtiger Anordnung der Meßsonden für die Gasprobenent-
nahme das Erkennen von Kohlenstaub-Glimmbränden in Groß-ltockenent-
stäubern durch kontinuierliche Überwachung mit Kohlenmonoxid-Meßgeräten
möglich ist.
In die Untersuchungen wurden auch Beschäumungsversuche zur Bekämp-
fung eines möglichen Brandes in einem Trockenentstäuber einbezogen.
Aus den Versuchsergebnissen resultieren wertvolle Hinweise für die Anwen-
dung des Verfahrens zum Erkennen von Glimmbränden aus anderen Industrie-
zweigen.

2.4.6 Statische Elektrizität

Elektrostatische Aufladungen können durch die von ihnen hervorgerufenen


Entladungsvorgänge eine Zündgefahr für explosionsfahige BrennstoffiLuft-
Gemische darstellen. Diese Zündart wird zu ca. 9070 (Abb. 1.139) als Ursache
für Explosionen in der staubverarbeitenden Industrie angesehen.
Damit elektrostatische Entladungen als mögliche Zündquelle wirksam sein
können, müssen immer die gleichen Vorgänge ablaufen: Zwei Oberflächen,
von denen mindestens eine hochisolierend ist, sind voneinander zu trennen. In
der Praxis sind solche Trennungsvorgänge sehr häufig. So kann sich ein
Mensch beim Gehen aufladen, wenn Schuhe oder Fußboden nicht leitfahig
sind. Wird Staub aus einem Sack entleert oder durch ein Rohr gefördert, könn-
ten Pulver, Sack oder Rohr sich aufladen. Dies kann auch bei Sieb- oder Strö-
mungsvorgängen, beim Abrollen von Papier- oder Plastikfolienbahnen oder an
Treibriemen oder Förderbändern geschehen [56]. Abbildung 2.134 zeigt die
schematische Darstellung solcher Vorgänge.

Abb.2.134. Schematische Darstellung elektrostatischer Auf- und Entladungsvorgänge [56]


408 2 Vorbeugender Explosionsschutz

Am Anfang eines jeden Aufladungsvorganges steht ein Trennungsprozeß,


der zwangsläufig immer zwei Orte der Ladungsakkumulation, i. allg. Produkt
und die betreffenden Anlagenteile, zur Folge hat. Die Geschwindigkeit der La-
dungstrennung und Ladungsableitung bestimmt die Höhe der akkumulierten
Ladung. Wird sie so hoch, daß das resultierende Feld den Wert der Durch-
bruchfeldstärke in Luft von ca. 3 MV/m erreicht, dann ist mit Entladungsvor-
gängen und damit auch mit einer Entzündungsgefahr von explosionsfähigen
Brennstoff/Luft-Gemischen zu rechnen.
Abbildung 2.134 kann nicht nur zur Analyse von Gefahren durch statische
Elektrizität, sondern auch zur Diskussion von Schutzmaßnahmen gegen ihr
Entstehen benutzt werden. Ziel dieser Maßnahmen muß es sein, die Ladung
auf einem Produkt oder Anlagenteil so zu vermindern, daß Entzündung ge-
fährlicher explosionsfähiger Atmosphäre ausgeschlossen wird. Dies kann z. B.
geschehen durch
Verringerung der Ladungstrennraten, z. B. durch Begrenzung der Förderge-
schwindigkeit,
Steigerung der Ladungsrelaxation, z. B. durch Verwenden nicht aufladbarer
Produkte und Erdung,
Kenntnis möglicher Entladungsarten und -energien.

Entzündungsgefahr durch elektrostatische Entladungen ist immer dann gege-


ben, wenn die frei werdende Energie gleich oder größer ist als die Mindestzünd-
energie eines brennbaren Stoffes. Hierbei ist zu beachten, daß dieser Grenzwert
für brennbare Stäube mit einer Induktivität im Entladekreis bestimmt wird.
Dies ist für die Brenngase von untergeordneter Bedeutung, kann es aber im
Falle der brennbaren Stäube sein (s. Teil 1, Kap. 3.3.6).
Die Wahrscheinlichkeit, daß sich explosionsfähige Atmosphäre durch eine
Entladung entzündet, ist zu folge des erforderlichen gleichzeitigen Zusammen-
treffens von hinreichender Energie, explosionsfähigem Brennstoff/Luft-Ge-
misch und geeigneter Gemischturbulenz gering. Es kann daher der Fall sein,
daß eine durch elektrostatische Aufladung gefährdete Anlage jahrelang ohne
Schwierigkeiten in Betrieb ist, bis es dann zu einem Explosionsereignis kommt.
Bei elektrostatischen Entladungsvorgängen unterscheidet man zwischen fol-
genden für die Praxis bedeutsamen Entladungsarten:
Funkenentladung,
Büschelentladung,
Gleitstielbüschelentladung,
Schüttkegelentladung und
gewitterblitZähnliche Entladung
mit unterschiedlichen Energieinhalten, die wie folgt charakterisiert sind:
Funkenentladungen (Abb.2.135, [57, 58]) finden immer zwischen Elektroden
statt, z. B. zwischen einem isolierten, aufgeladenen Metallteil und einem geer-
deten Metallteil. Die Aufladung kann erzeugt werden durch direkten Kontakt,
z. B. mit aufgeladenem Schüttgut oder durch Influenz, also Ladungstrennung
im elektrischen Feld. Praktische Beispiele hierfür sind ein isoliert angeordneter
Stützkorb in einem Schlauchfiltergehäuse oder ein Sieb- oder Lochboden in ei-
2.4 Vermeiden von wirksamen Zündquellen 409

Abb. 2.135. Zeitlich gedehnte Kondensatorentladung mit einem Energieinhalt von E = 1 mJ

ner nicht leitfähigen Dichtung. Aus Kapazität C und Spannung U kann nach
der Gleichung

die Energie der Entladung berechnet werden.


Mit Funkenentladungen können Brenngas-, Lösungsmitteldampf-, Staub/
Luft-Gemische und damit auch hybride Gemische entzündet werden.
Solche Entzündungen können vermieden werden, wenn alle leitfähigen Ge-
genstände, die sich gefährlich aufladen können, elektrostatisch geerdet werden
(Ableitwiderstand nicht größer als 106 g).
Büschelentladungen (Abb.2.136) können beim Annähern einer Elektrode
mit großem Krümmungsradius an Ladungsansammlungen, z. B. auf einem
Nichtleiter, entstehen. Es kommt an dessen Oberfläche zu Teilentladungen,
und man beobachtet in der Umgebung der Elektrode leuchtende büschelförmi-
ge Entladungs kanäle. Solche Entladungen werden bei einer Vielzahl von Ar-
beitsvorgängen wie z. B. Mahlen, Sieben, Rühren, Mischen, Abscheiden und
pneumatischem Transport erzeugt.
Zündversuche mit dieser Entladungsart in Brenngas/Stickstoff/Luft-Gemi-
sehen haben ergeben, daß sie so zünd willig sind wie eine Kondensatorentla-
dung mit einem Energieinhalt von ca. 5 mJ. Die Zündfähigkeit für die Brenn-
gase (Lösungsmitteldämpfe) wurde nachgewiesen. Man sollte daher erwarten,
daß Staub/Luft-Gemische mit einer besonders niedrigen und von der Indukti-
vität im Entladekreis unabhängigen Mindestzündenergie (MZE:s 5 mJ) durch
Büschelentladungen entzündet werden. Der experimentelle Beweis hierfür
konnte bisher jedoch nicht erbracht werden, was vermutlich darauf zurückzu-
führen ist, daß diese Entladungsform in Brenngas/Luft-Gemischen ein anderes
Ausbreitungsverhalten hat als in Staub/Luft-Gemischen [59].
410 2 Vorbeugender Explosionsschutz

Abb. 2.136. Büschelentladung

Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, daß es in der Industrie Staubex-


plosionen mit nicht identifizierter Zündursache gibt. Die Mindestzündenergie
dieser Produkte ist unabhängig von der Induktivität im Entladekreis und be-
trägt MZE< 10 mJ. Weil andere Zündquellen auszuschließen waren, liegt die
Vermutung nahe, daß die Zündursache in einem Zusammenhang mit Büschel-
entladungen steht. Auch sei die Frage erlaubt, ob nicht eine Entladung im Be-
reich der Schüttgutoberfläche zu einer Entflammung (Abb. 1.227) mit an-
schließender Entzündung eines darüber befindlichen explosions fähigen Staub/
Luft-Gemisches führt. Nach dem augenblicklichen Erkenntnisstand ist daher
i. allg. die Anwendung der Schutzmaßnahme ,,vermeiden von wirksamen
Zündquellen" gesichert nicht möglich, wenn die brennbaren Stäube eine sehr
niedrige Mindestzündenergie haben, die zusätzlich unabhängig von der Induk-
tivität im Entladekreis ist.
Physikalische Büschelentladungen, die kontinuierlich zwischen zwei Elek-
troden entstehen, wurden hinsichtlich ihrer Zündwirksamkeit in Staub/Luft-
Gemischen von Vogl [60] untersucht. Er benutzte für seine Untersuchungen die
bekannte modifizierte Hartmann-Apparatur (Abb. 2.137) in Verbindung mit
brennbaren Stäuben mit einer nach Vorschrift gemessenen Mindestzündener-
gie von MZE = < 1 - 20 mJ.
Vogl arbeitete zunächst bei konstanter Feldstärke (E = 12 kV/cm) und fand
Unabhängigkeit der Zündwirksamkeit dieser Entladungsart von der Elektro-
denform und davon, ob dabei mit positiver bzw. negativer Elektrode gegen Er-
de die Versuche durchgeführt wurden. Er fand (Abb. 1.138) eine der Mindest-
zündenergie entsprechende Äquivalentenergie von MZE = EÄ::510 mJ.
2.4 Vermeiden von wirksamen Zündquellen 411

Abb. 2.137. Physikalische Büschelentladung zwischen spitzen Elektroden mit einem Abstand
von d = 30mm

l.i..l [mJ]
N
E =konst= 12 kV / cm
L
.5!! 15
Cl
L-
Q)
C
Q)
-0
C
10 •
:::J
N
-+-
Vl
Q) 5
-0
C
L
0
0 10 20 [mm]
Etek trodenabstand d
Abb.2.138. Zündwirksamkeit von physikalischen Büschelentladungen in
Staub/Luft-Gemischen (E = konst. = 12 kV/cm)

Anschließend wurde die Zündwirksamkeit von physikalischen Büschelentla-


dungen bei der für die Durchbruchspannung minimal erforderlichen Potential-
differenz zwischen spitzen Elektroden und zwischen Kugelelektroden unter-
sucht (Abb. 2.139). Die Zündwilligkeit von Spitzenelektroden war bei geringem
Elektrodenabstand deutlich niedriger als bei der Verwendung von Kugelelek-
troden. Bei großem Elektrodenabstand bestehen hingegen keine Unterschiede.
Die elektrische Äquivalentenergie wurde in diesem Fall zu MZE = EÄ~20mJ
bestimmt.
412 2 Vorbeugender Explosionsschutz

LU [mJ)
N o Kugelelektrode
L
o Spitzenelektrode
.9:1 15
Cl
'-
<lJ
C
<lJ
-0 10
C
::J

/0'"0'"0
N
4-
V1 5
<lJ
-0
o
c
L
0
0 10 20 [mm)

Elektrodenabstand d
Abb. 2.139. Zündwirksamkeit von physikalischen Büschelentladungen in Staub/Luft-Gemi-
schen (Versuche bei minimal erforderlicher Potentialdifferenz)

Physikalische Büschelentladungen haben also in Staub/Luft-Gemischen eine


höhere elektrische Äquivalentenergie als die in Brenngas/Luft-Gemischen für
elektrostatische (sicherheitstechnische) Büschelentladungen festgestellte.
Die von Vogl angewendete Versuchstechnik hat sich bewährt und die erhalte-
nen Untersuchungsergebnisse waren gut reproduzierbar. Es bietet sich daher
an, sie auch für Versuche zur Frage der Zündwirksamkeit von elektrostatischen
Büschelentladungen in Staub/Luft-Gemischen einzusetzen, um restlose Klar-
heit bezüglich der Äquivalentenergie zu erhalten.
Gleitstielbüschelentladungen' (Abb. 2.140, [61]) entstehen bei Trenn- und in-
tensiven Reibvorgängen aus nicht leitfähigen dünnen Schichten, die auf leitfä-

Abb. 2.140. Gleitstielbüschelentladung


2.4 Vermeiden von wirksamen Zündquellen 413

higen Unterlagen, z. B. Metall, aufgebracht sind. Die Entladungsform ist im


Innern von nicht leitfähig ausgekleideten Luftstrahlmühlen, nicht leitfähig
ausgekleideten Zyklonen und nicht leitfähig ausgekleideten Förderrohren be-
obachtet worden. Sie hat einen Energieinhalt von ca. 1 J und ist daher grund-
sätzlich in der Lage, Brennstoff/Luft-Gemische zu entzünden. Gleitstielbü-
schelentladungen können durch den Einsatz leitfähiger Werkstoffe vermieden
werden.
Schüttkegelentladungen (Abb.2.141, [57, 58]) können beim Fördern von
hoch aufladbaren, grobkörnigen Produktmengen mit hohen Geschwindigkei-
ten in Behältern und Silos entstehen. Die Entladung erfolgt an der Oberfläche
des hoch aufgeladenen Schüttkegels zu leitfähigen Anlagenteilen hin. Ist zu-
sätzlich Feinstaub vorhanden, kann Staubexplosionsgefahr gegeben sein. Es
kann angenommen werden, daß diese Entladungsform Anlaß für einige Explo-
sionsereignisse in der Praxis in Verbindung mit Holz, Zucker, Stärke, Mais-
quellmehl und Kunststoffpulver mit einer relativ niedrigen Mindestzündener-
gie war.
Während dieses Buch geschrieben wurde, fanden Untersuchungen im Groß-
maßstab statt [62, 63], um das Entstehen von Schüttkegelentladungen, ihren
zeitlichen und räumlichen Verlauf und ihre Zündwirksamkeit zu untersuchen.
Hierbei traten beim pneumatischen Eintrag von grobkörnigen, hochisolieren-
den Schüttgütern über eine Förderleitung DN 100 (l = 15 m) in ein
53 m3-Stahlsilo solche Entladungen bei einer Fördermenge von M = 700 kg/h
auf. Ihre Äquivalentenergie wurde zu EÄ - einigen 10 mJ abgeschätzt. Die
Versuche sind noch nicht abgeschlossen.
Das Auftreten von Schüttkegeln beim alleinigen Vorhandensein von Fein-
staub wird nach dem bisherigen Erkenntnisstand verneint.

Abb. 2.141. Schüttkegelentladungen

Daß gewitterblitzartige Entladungen (Abb. 2.142) aus einer aufgeladenen


Staubwolke zu einem geerdeten Gegenstand auftreten, ist bekannt: nach dem
heutigen Stand der Erkenntnisse ist es aber unwahrscheinlich, daß in techni-
414 2 Vorbeugender Explosionsschutz

Abb. 2.142. Gewitterblitzentladung

Tabelle 2.20. Elektrostatische Entladungsarten, umgesetzte Energie und Maßnahmen gegen


das Entstehen solcher Entlastungen [57, 58]

Entladungsart Voraussetzung für Umgesetzte Zündfähig gegen- Maßnahmen


die Entstehung Energie über den gegen Entstehen
[mJ] Gemischen von

Funkenentladung ungeerdeter leitfä- maximal 1<f Brenngasen, erden


higer Gegenstand brennbaren
Dämpfen, brenn-
baren Stäuben
Büschel- leitfähige Elektro- maximal 5 Brenngasen, Aufladung des
entladung de mit großem brennbaren Nichtleiters ver-
Krümmungsradius Dämpfen, brenn- mindern
im elektrischen baren Stäuben a
Feld
Gleitstielbüschel- sehr hohe Aufla- maximal 103 Brenngasen, Kombination leit-
entladungen dung vorzugswei- brennbaren fähig/nicht leitfä-
se an Kombina- Dämpfen, brenn- hig oder Aufla-
tion leitfähi- baren Stäuben dung des Nichtlei-
ger/nicht leitfähi- ters vermindern
ger Werkstoffe
Schüttkegel- schnelle Anhäu- - 10 Brenngasen, Aufladung des
entladungen fung hochaufgela- brennbaren Schüttgutes ver-
denen Schüttgutes Dämpfen, brenn- mindern
baren Stäuben
Gewitterblitz- sehr hohe räumli- - 106 Brenngasen, Aufladung des
entladungen che Ladungsan- brennbaren Nichtleiters ver-
sammlung in gro- Dämpfen, brenn- mindern oder
ßen Volumina baren Stäuben Durchmesserbe-
grenzung auf
D~3m

a Bisher noch nicht nachgewiesen


2.4 Vermeiden von wirksamen Zündquellen 415

schen Anlagen solche Entladungen erzeugt werden können. Sowohl ihre Ab-
messungen als auch die Aufladung sind im Vergleich zur Natur zu gering.
Es gilt als experimentell nachgewiesen [64, 65J, daß in zylindrischen Behäl-
tern bis zu 3 m Durchmesser und beliebiger Höhe gewitterblitzartige Entladun-
gen nicht zu erwarten sind. In größeren Behältern sind Zündgefahren nicht ge-
geben, wenn im gesamten Bereich die Feldstärke unterhalb von 500 kV . m- 1
liegt.
Thbelle 2.20 faßt die bedeutsamen Entladungsarten und die Anhaltswerte
für die umgesetzte Energie sowie die Maßnahmen gegen Zündgefahr zusam-
men. Sie ist nur dann gegeben, wenn die Mindestzündenergie der genannten
Brennstoffe kleiner ist als die freigesetzte Energie oder dieser entspricht.
Weitere Einzelheiten sind [66-68J zu entnehmen. Von großem Interesse sind
die Ausführungen in [69J über "Bemerkenswerte Ereignisse mit Stäuben niedri-
ger Mindestzündenergie". Die Verfasser weisen nach, daß es bei zunächst als
harmlos anzusehenden Störungen des Betriebsablaufs, bei geringen Abwei-
chungen von den vorgeschriebenen Betriebsbedingungen, vom vorgeschriebe-
nen Arbeitsablauf oder von der Form bzw. Verpackung der Einsatzstoffe zur
Entzündung solcher Gemische durch elektrostatische Zündquellen kommen
kann.

2.4.7 Photothermische Strahlungswirkung

Das bekannteste Beispiel für die Möglichkeit, Explosionen durch Lichtstrah-


lung auszulösen, ist die Reaktion zwischen Chlor und Wasserstoff (Chlorknall-
gas) unter Einwirkung des Sonnen- oder Kunstlichtes hinreichender Energie.
Dieser Vorgang ist eine photochemische Reaktion.
Für explosionsfähige Brenngas/Luft-Gemische, die Licht- und Wärmestrah-
lung nicht, oder rucht in ausreichendem Maß absorbieren, kann die Gegenwart
von Festkörpern geeigneter Art, Größe und Form, z. B. Staubteilchen und Foli-
en, eine Explosion durch Strahlung einleiten.
Für explosionsfähige Staub/Luft-Gemische, die aus zahlreichen, in Luft di-
spergierten Feststoffteilchen bestehen, spielen diese Zündmöglichkeiten natur-
gemäß eine große Rolle. Bei Staubexplosionen sind die Feststoffteilchen absor-
bierendes und gemeinsam mit Luft explodierendes Medium zugleich.
Leuschke [70J untersuchte systematisch die durch photothermische Strah-
lungswirkungen bedingten Erhitzungs- und Entzündungsvorgänge.
Er fand zunächst, daß dünne Folien aus Gold, Silber oder Aluminium im
cm-Abstand von handelsüblichen Blitzlampen schmolzen oder verbrannten.
Dieser Vorgang wurde durch Berußen begünstigt.
Wurden solche Untersuchungen nicht in Luft sondern in Brenngas/Luft-
Gemischen durchgeführt, dann gelang die Entzündung sowohl von Brennga-
sen (Acetylen-+Propan) als auch von brennbaren Dämpfen (Schwefelkohlen-
stoff-+Benzol) mit sowohl brennbaren als auch mit nicht brennbaren Thilchen.
416 2 Vorbeugender Explosionsschutz

Letztere waren um so zündwirksamer, je größer die vorhandene Menge war.


Am leichtesten entzündeten sich Brenngas/- bzw. Dampf/Luft-Gemische mit
einer niedrigen Mindestzündenergie und Zündtemperatur.
Durch Blitzlampen konnten auch in Staubablagerungen Glimmbrände er-
zeugt werden. Leuschke fand den in Abb. 2.143 dargestellten Zusammenhang
zwischen der Energie eines Elektronenblitzes und dem Maximalabstand, bei
dem ein Glimmbrand von abgelagertem Zirkonstaub ausgelöst wurde.
Er fand auch im Zusammenhang mit anderen Staubablagerungen (Alumini-
um, Magnesium, Titan) ein positives Ergebnis. Bei Braunkohle, Gasflamm-
kohle und Lignit zeigten sich Verfärbungen und Verschwelungen. Ablagerun-
gen von Holz, Kork, Puderzucker und Schwefel wurden hingegen nicht entzün-
det.
Auch Staub/Luft-Gemische können durch intensive Lichtstrahlung entzün-
det werden, und zwar sowohl metallene (Zirkon, Titan, Aluminium) als auch
organische Produkte (Gasflammkohle, Holz, Lycopodium, Kork).
Staubexplosionen waren auch dann zu beobachten, wenn an Stelle der Blitz-
lampen die von brennenden Staubwolken emittierte Strahlung als Zündquelle
wirkte. Hierbei wurden zwei explosionsfähige Staub/Luft-Gemische durch
Glasscheiben voneinander getrennt und gleichzeitig nebeneinander aufgewir-
belt. Die vom entzündeten Gemisch ausgehende Strahlung wurde auf diese
Weise durch die Glasscheiben auf das andere Gemisch. übertragen. Leuschke
beobachtete, daß nur die zündwirksame Strahlung der mit hohen Thmperatu-
ren brennenden Metallstäube (Zirkon, Titan, Aluminium, Magnesium) ihre ei-
genen, aber auch die Gemische von Carbonyleisen, Eisen und Gasflammkohle
entzündete.
Die Möglichkeit der zündfähigen Strahlungsübertragung brennender Staub-
wolken auf getrennt davon aufgewirbeltes explosionsfähiges Gemisch hat nicht

g' [cm]
::J

.,'"
::J

~ 20
"0
C
~
..Cl
E 15
.~
.,
(3

'ö 10

"0
C
2., 5
..Cl
o
15
E o~ __~__~__~~~
'x
o o 250 500 750 [~
::0
Blitzenergie

Abb.2.143. Maximalabstand für die Glimmbranderzeugung von abgelagertem Zirkonstaub


als Funktion der Blitzenergie [70]
2.5 Zusammenfassung 417

nur sicherheitstechnisches Interesse, sondern ist auch von wissenschaftlicher


Bedeutung, weil solche Vorgänge eine wichtige Rolle bei der Flammenausbrei-
tung in homogenen Staubwolken haben.
Lichtstrahlung kann daher, und dies hat Leuschke nachgewiesen, eine Zünd-
quelle für Explosionen sein.

2.5 Zusammenfassung

Die Anwendung von Maßnahmen des vorbeugenden Explosionsschutzes ver-


hindern das Entstehen von Explosionen in der Praxis. Hierfür gibt es eine Rei-
he von Möglichkeiten.
Eine dieser Möglichkeiten ist die Konzentrationsbegrenzung. Gelingt es in
einer Anlage, die Brennstoffkonzentration sicher außer halb des Explosionsbe-
reichs zu halten, werden Explosionen verhindert. Wegen der Wechselwirkung
von aufgewirbeltem und abgelagertem Staub hat diese Maßnahme für die
brennbaren Stäube eine geringere Bedeutung als für die Brenngase.
Gemäß Inhalt der geltenden Richtlinien gehört die Inertisierung zu den
Maßnahmen, welche die Bildung gefährlicher explosions fähiger Atmosphäre
verhindern. Dies kann durch Zugabe von gasförmigen Inertstoffen zur Ver-
brennungsluft der zu schützenden Apparatur geschehen. Die Inertisierung bie-
tet von allen vorbeugenden Schutzmaßnahmen die beste Sicherheit gegen das
Entstehen von Explosionen. Deshalb nimmt sie im Rahmen des vorbeugenden
Explosionsschutzes eine hervorragende Stellung ein.
Bei Durchführung der Inertisierung in der Praxis ist die Kenntnis der vom
Inhibitor abhängigen Sauerstoff-Grenzkonzentration wichtig, bei der eben kei-
ne Explosion mehr möglich ist. Sie wird nach vorgeschriebenen Verfahren mit
unterschiedlichen Zündenergien für die Brenngase (brennbaren Dämpfe) und
brennbaren Stäube experimentell bestimmt und ist temperatur- und vor-
druckabhängig.
Bei der Inertisierung mit Stickstoff sind, unabhängig von der gemessenen
Sauerstoff-Grenzkonzentration, die Gemische der normal entzündlichen
Brenngase und beliebig entzündlichen brennbaren Stäube bei einem Sauer-
stoffgehalt von < 12 VolOJo durch sehr zündwirksame mechanisch erzeugte
Funken und heiße Oberflächen, wie sie beim Reiben von Stahl gegen Stahl ent-
stehen, nicht mehr entzündbar. Für Glimmnester ist dies noch nicht nachge-
wiesen. Zwar hat Walther [71] erkannt, daß Selbstentzündungsvorgänge noch
bei einem Sauerstoffgehalt unterhalb der Sauerstoff-Grenzkonzentration mög-
lich sind, ob aber hierdurch Staub/Luft-Gemische bei herabgesetztem Sauer-
stoffgehalt in der Verbrennungsatmosphäre entzündet werden, wurde bisher
nicht nachgewiesen.
Inertisierung kann auch durch Anwenden von Vakuum oder durch Zugabe
von inerten Feststoffen zur Verbrennungsatmosphäre von Brenngas/Luft-Ge-
mischen oder zu brennbarem Staub erreicht werden.
418 2 Vorbeugender Explosionsschutz

Die Anwendung der Schutzmaßnahme ,;Vermeiden von wirksamen Zünd-


quellen" hat nach sachkundigem Ermessen in begründeten Fällen zu erfolgen.
Sie erfordert eine sachkundige Beurteilung der Zündwirksamkeit von mecha-
nisch erzeugten Funken, heißen Oberflächen, Glimmnestern, elektrostatischen
Entladungen und gegebenenfalls thermochemischer Strahlungswirkung. Die in
den letzten Jahren aufgrund umfangreicher Forschungsarbeiten gewonnenen
Erkenntnisse reichen jedoch aus, um auch diese Maßnahme in die Praxis um-
setzen zu können.
3 Konstruktiver Explosionsschutz

3.1 Vorbemerkung

Konstruktive Explosionsschutzmaßnahmen sind immer dann erforderlich,


wenn das Ziel, Explosionen zu vermeiden, durch Anwendung von Maßnahmen
des vorbeugenden Explosionsschutzes nicht oder nicht mit hinreichender Si-
cherheit erreicht werden kann. Solche Maßnahmen verhindern nicht, wie be-
reits bemerkt, das Auftreten einer Explosion, sondern beschränken ihre Aus-
wirkungen auf ein unbedenkliches Maß. Hierdurch wird sichergestellt, daß
Personen nicht zu Schaden kommen, und es wird erreicht, daß die zu schützen-
de Anlage nach einer Explosion nach kurzer Zeit wieder betriebsfähig ist. Man
unterscheidet in den einschlägigen Richtlinien [6, 7] zwischen folgenden kon-
struktiven Schutzmaßnahmen:
Explosionsfeste Bauweise für den maximalen Explosionsdruck,
explosionsfeste Bauweise für den reduzierten maximalen Explosionsdruck
in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung und
explosionsfeste Bauweise für den reduzierten maximalen Explosionsdruck
in Verbindung mit Explosionsunterdrückung.
Außerdem muß grundSätzlich die Übertragung einer Explosion auf andere An-
lagenteile bzw. solche, die durch Maßnahmen des vorbeugenden Explosions-
schutzes abgesichert sind, oder in Betriebsräume hinein durch
- explosionstechnische Entkopplung von Systemen oder Explosionsabbruch
sicher verhindert werden.
Welche der genannten Maßnahmen auch angewendet wird, alle gefährdeten
Anlagenteile müssen "explosionsfest" gebaut sein und dem im Explosionsfall
zu erwartenden Explosionsdruck standhalten.
Zwischen dem Ablauf von Brenngas- und von Staubexplosionen bestehen
zwar keine wesentlichen Unterschiede, wohl aber hinsichtlich der Explosionsfe-
stigkeit der jeweils verwendeten Behälter und Apparaturen [72]. Sie sind im all-
gemeinen bereits als "Druckbehälter" konzipiert bzw. aus rotationssymmetri-
schen Bauteilen hergestellt, wenn mit dem Auftreten von Brenngas/- bzw. Lö-
sungsmitteldampf/Luft-Gemischen gerechnet wird. Solche Behälter und Ap-
parate haben daher bereits eine für bestimmte Anwendungsfälle ausreichende
Explosionsfestigkeit, oder sie kann, falls erforderlich, durch Verstärkungen er-
reicht werden. Die Arbeitsdrücke in Behältern und Apparaten, in denen explo-
sionsfähige Staub/Luft-Gemische auftreten können, liegen im allgemeinen in
dem Bereich von - 20 bis + 40 mbar und sind relativ leicht (z. B. mit ebenen
420 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Wänden) ausgeführt. Sie entsprechen daher nicht der "Druckbehälterverord-


nung" [73] und sind normalerweise für die Anwendung konstruktiver Schutz-
maßnahmen ungeeignet, die, wie bereits bemerkt, eine explosionsfeste Bauwei-
se erfordern, wobei zwischen "explosionsdruckfest" und "explosionsdruck-
stoßfest" zu unterscheiden ist (Abb.2.144).
Der explosionsdruckfeste Behälter hält der zu erwartenden Druckäußerung
stand, ohne sich zu verformen. Für seine Auslegung und Herstellung sind die
Berechnungs- und Bauvorschriften für Druckbehälter [74] anzuwenden. Als
Berechnungsdruck wird entweder der maximale Explosionsdruck oder der re-
duzierte maximale Explosionsdruck (s. Kap. 3.31) zugrunde gelegt.
Der explosionsdruckstoßfeste Behälter beruht auf einer vor 16 Jahren ent-
wickelten Idee [75 -77], für Behälter und Apparate, in denen selten z. B. mit
Staubexplosionen zu rechnen ist, eine Bauweise zu entwickeln, die zwischen
dem seit 100 Jahren besonders in der chemischen Industrie angewendeten und
aus rotationssymmetrischen Teilen bestehenden "Druckbehälter" und dem so-
genannten "drucklosen Behälter" liegt. Hierbei werden die für Druckbehälter
geltenden Regeln soweit wie möglich angewendet, in einzelnen Punkten jedoch
Abweichungen zugelassen, um mit einer kostengünstigeren Bauweise das ange-
strebte Ziel des Nichtaufreißens zu erreichen. Der wesentliche Unterschied zwi-
schen dem explosionsfesten und explosionsdruckstoßfesten Behälter besteht
darin, daß letzterem eine höhere Ausnutzung der Materialfestigkeit zugestan-
den wird. In diesem Fall wird für ferritischen Stahl ein Festigkeitskennwert von
1,0 anstelle von 1,5 angesetzt und im Explosionsfall die Materialfestigkeit bis
zur Streckgrenze ausgenutzt. Für austenitischen Stahl gilt das gleiche, d.h. die
Materialfestigkeit wird im Explosionsfall bis zu 2% Dehngrenze in Anspruch
genommen. Für den Zusammenhang zwischen Explosionsdruckstoßfestigkeit
und Explosionsdruckfestigkeit gilt die Faustregel
explosionsdruckstoßfest = 1,5 x explosionsdruckfest.
Ist also ein Behälter als Druckbehälter für einen zulässigen Betriebsüberdruck
von 6,0 bar gebaut, dann beträgt seine Explosionsdruckstoßfestigkeit 9,0 bar.

§plosionsfeste
~p'paroturen

Explosionsdruckfest : Qcplpsionsdruckstossfest:
Sicherheitsbeiwert gegen Sicherheitsbeiwert gegen
Festigkeitskennwert= 1,5 Festigkeitskennwert = 1,0

Abb. 2.144. Möglichkeiten für die Ausführung explosionsfester Apparaturen


arn Beispiel duktiler Werkstoffe
3.1 Vorbemerkung 421

Dieser Behälter widersteht im geschlossenen Zustand z. B. den Explosionen ei-


nes Großteils der organischen Stäube (Abb. 1.183). Steht ein solcher Behälter
für einen zulässigen Betriebsüberdruck von 2,0 bar zur Verfügung, dann kann
er z. B. in Verbindung mit der konstruktiven Schutzmaßnahme Explosions-
druckentlastung bis zu einem reduzierten maximalen Explosionsüberdruck
von Pred,max = 3,0 bar eingesetzt werden. Bei explosionsdruckstoßfesten Behäl-
tern ist bei Explosionsbelastung in Ausnahmefällen mit auftretenden bleiben-
den Verformungen zu rechnen. Bis zur Berstfestigkeit besteht jedoch immer
noch ein erheblicher Sicherheitsabstand, der je nach Stahl 60-900/0 beträgt.
Explosionsdruckstoßfeste Behälter sind vom Hersteller einer Wasserdruck-
prüfung zu unterziehen. Eine Explosionsdruckprüfung an Prototypen ist in al-
len jenen Fällen zulässig, wenn sie sich infolge ihrer Bauform rechnerisch nicht
erfassen lassen und eine Wasserdruckprüfung nicht möglich ist. Weitere Ein-
zelheiten sind [78] zu entnehmen.
Die Anwendung konstruktiver Schutzmaßnahmen erfordert im Explosions-
ereignisfall eine automatische Abschaltung, speziell bei den brennbaren Stäu-
ben der Produktzu- und -abführung und der Aspiration. Es muß jedoch fest-
gehalten werden, daß es trotz aller konstruktiven und sonstigen Maßnahmen,
die nach dem Stand der Technik getroffen werden, eine absolut sichere Anlage
nicht gibt und nicht geben wird [79, 80]. Es verbleibt immer ein Restrisiko, wel-
ches zahlenmäßig kaum exakt zu erfassen ist. Ob es "vertretbar" ist, hängt vor
allem von der Erfahrung und den Erkenntnissen aus systematischen experi-
mentellen Untersuchungen ab. Es wird im wesentlichen beeinflußt von
den bewußt in Kauf genommenen Risiken, z. B. fehlerhaftem Verhalten der
Menschen bei Bedienungs- und Überwachungsfunktionen,
dem technischen Versagen der getroffenen Schutzmaßnahme und
der bei der Sicherheitsanalyse nach dem derzeitigen Wissensstand nicht er-
kannten Gefahren.
Derartige Risiken, die sinngemäß auch für die Maßnahmen des vorbeugenden
Explosionsschutzes gelten, können einerseits nicht beliebig reduziert oder
durch erhebliche zusätzliche Maßnahmen kompensiert werden. Andererseits
dürfen Produktivität und Wirtschaftlichkeit nicht auf Kosten der als notwen-
dig erachteten Schutzmaßnahmen gehen. Dort, wo sie als untragbar hoch an-
gesehen werden, muß gegebenenfalls auf die Durchführung eines Prozesses
verzichtet werden. Es ist daher die Beantwortung der Frage nach dem rechten
Maß, der sich die Verantwortlichen der Sicherheitsdienste mitunter täglich zu
stellen haben.
422 3 Konstruktiver Explosionsschutz

3.2 Explosionsfeste Bauweise für den maximalen Explosionsdruck

3.2.1 Explosiondruckfeste Bauweise

Zum Schutz gegen die Druckwirkungen von Explosionen können Behälter und
Apparate für den maximalen Explosionsdruck explosionsdruckfest ausgelegt
werden. Es handelt sich hierbei um solche, die bei voller Anwendung der
Berechnungs- und Bauvorschriften für Druckbehälter [74] vorwiegend aus ro-
tationssymmetrischen 'leilen gebaut, geprüft und mit einem Fabrikschild verse-
hen sind. Für die Brenngase und brennbaren Dämpfe sind daher Behälter und
Apparate für einen Prüfüberdruck zu konzipieren, der mindestens dem achtfa-
chen des absoluten Arbeitsdruckes entspricht [6].
Weil die Betriebsdrücke in staubverarbeitenden Behältern relativ niedrig sind
( - 20 bis + 40 mbar), fallen sie aus dem Geltungsbereich der Druckbehälter-
verordnung heraus. Der anzuwendende maximale Explosionsdruck ist weder
der zulässige Betriebsdruck noch der Betriebsüberdruck, der entstehen kann.
Wäre dies der Fall und entspräche der maximale Explosionsdruck dem zulässi-
gen Betriebsüberdruck, dann würde der im Explosionsfall zu erwartende Ex-
plosionsdruck den "zulässigen Betriebsdruck" um den acht- bis zehnfachen
Wert übersteigen. Sind aber derartige Behälter Druckbehälter im Sinne der
Druckbehälterverordnung, weil in ihnen wegen der Betriebsweise ein "Be-
triebsüberdruck" herrscht, so ist deren zulässiger Betriebsdruck nicht dem ma-
ximalen Explosionsdruck gleichzusetzen. Die explosionsfeste Bauweise erfor-
dert vor der Inbetriebnahme eine Wasserdruckprüfung gemäß [74].
Die angesprochene konstruktive Schutzmaßnahme basiert auf dem nach
vereinbarten und genormten Verfahren für Brenngase, Lösungsmitteldämpfe
und brennbare Stäube in geschlossenen Behältern gemessenen maximalen Ex-
plosionsdruck. In der Praxis kann dieser Wert sowohl unterschritten (z. B. Ab-
weichung von der Optimalkonzentration, erhöhte 'lemperatur, 'leilbefüllung
der zu schützenden Anlage, Unterdruck) als auch überschritten (z. B. bei er-
höhtem Vordruck oder Sauerstoff-Gehalt) werden (s. auch 'leili, Kap. 3.3.5).
Ist der zu erwartende Explosionsdruck niedriger als der nach Vorschrift gemes-
sene maximale Explosionsdruck, so kann einer der beiden Drücke bei der Pro-
jektierung der zur Diskussion stehenden konstruktiven Schutzmaßnahme zu-
grunde gelegt werden. Ist dagegen der zu erwartende Explosionsdruck höher
als der nach Vorschrift gemessene maximale Explosionsdruck, so gibt der zu
erwartende Explosionsdruck den Ausschlag [81].
Trotz Anwendung der explosionsfesten Bauweise für den maximalen Explo-
sionsdruck muß hier, wie auch bei den in den folgenden Ausführungen be-
schriebenen konstruktiven Schutzmaßnahmen, alles getan werden, um wirksa-
me Zündquellen auszuschalten, weil Produktionsausfall und Produktionsver-
lust unerwünscht sind.
3.2 Explosionsfeste Bauweise für den maximalen Explosionsdruck 423

3.2.2 Explosionsdruckstoßfeste Bauweise

Zum Schutz von Behältern und Apparaten vor der Druckwirkung von Explo-
sionen können diese für den maximalen Explosionsdruck auch explosions-
druckstoßfest ausgeführt sein. Dies sollte nur dann geschehen, wenn nur selten
mit Explosionen zu rechnen ist [78].
Es handelt sich hierbei um Behälter und Apparate, bei denen die für Druck-
behälter geltenden Regeln soweit wie möglich angewendet werden, in einzelnen
Punkten aber auch abgewichen wird. Dies gilt vor allem für die Verwendung
von ebenen Wänden und für eine höhere Ausnutzung der Materialfestigkeit.
Da auch in diesen Behältern und Apparaten, in denen explosionsfähige
Staub/Luft-Gemische auftreten können, der Betriebsüber- und -unterdruck im
allgemeinen sehr gering ist, unterliegen sie nicht dem Geltungsbereich der
"Druckbehälterverordnung~'
In der Regel ist eine Wasserdruckprüfung beim Hersteller durchzuführen
[78]. Der Prüfdruck soll bei
Walz- und Schmiedestählen und Aluminium den 0,9fachen,
- bei Stahlguß und Gußeisen den 1,3fachen und
- bei Gußeisen mit Lamellengraphit (Grauguß) den 2fachen
Wert des Berechnungsdruckes betragen.
Eine Explosionsdruckprüfung ist an Prototypen von Apparaten oder Bau-
teilen erforderlich, die sich infolge ihrer Bauform rechnerisch nicht erfassen
lassen und bei denen eine Wasserdruckprüfung nicht möglich ist. Die Höhe des
angewendeten Explosionsprüfdruckes soll mindestens das 1,tfache des Berech-
nungsdruckes betragen.
Bei den folgenden Beispielen für eine Explosionsdruckprüfung, die sich
nicht immer auf den maximalen Explosionsdruck beziehen, sondern auch
Auskunft über die Explosionsfestigkeit von Apparaturen geben, wurde, ausge-
hend von der unteren Explosionsgrenze, die Konzentration von Propan oder
eines brennbaren Staubes schrittweise angehoben und so die Druckwirkung sy-
stematisch erhöht.
Der in Abb. 2.145 gezeigte 50 I-Glasbehälter wird in der Praxis als Destillier-
blase oder Vorlage eingesetzt [82]. Obgleich eine Sicherheitseinrichtung gegen
zu hohen Innendruck vorhanden war, interessierte die Explosionsfestigkeit sol-
cher Behälter, die zum Zweck einer Splitterschutzwirkung mit einem farblosen
Lack beschichtet waren.
Bei einem zunächst durchgeführten statischen Berstversuch wurde der Ku-
gelbehälter bei einem Überdruck von p = 3,9 bar zerstört. Dies gilt auch für
Explosionsdruckbelastung. Eine Schutzwirkung gegen davonfliegende Glas-
splitter durch die außen aufgebrachte Beschichtung wurde nicht beobachtet.
Bei der Diskussion über Reaktorsicherheit (Abb.2.146) interessierte der
Berstdruck bei dynamischer Explosionsbelastung [83]. Der statische Berst-
druck des Klöpperbodens als schwächster Teil betrug 76 bar. Der Zer knall er-
folgte jedoch erst bei einem Explosionsdruck von Pex = 158 bar eines unter
Vordruck zur Explosion gebrachten stöchiometrischen Wasserstoff/Luft-Ge-
misches (Abb. 2.147) und damit ungefähr beim zweifachen Rechenwert.
424 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb.2.145 Abb.2.146

Abb. 2.145. Beschichteter 50I-Glasbehälter vor Explosionsversuch


Abb.2.146. 240 I-Reaktor für Berstversuche unter Explosionsbedingungen vorbereitet

Abb. 2.147. Bruchstücke des 240 I-Reaktors nach Berstversuch (rechts im Bild zum Vergleich
ein 60 I-Reaktor)
3.2 Explosionsfeste Bauweise für den maximalen Explosionsdruck 425

Einem Explosionsdruck von Pex = 1,3 bar widerstand die in Abb. 2.148
(oben) gezeigte Siebmaschine, während bei einem solchen von Pex = 2,4 bar
unter starken Flammenerscheinungen außer halb das Oberteil abgerissen und
das Maschinengehäuse verformt wurde (Abb.2.148, unten [84]).
Die Abb. 2.149 und 2.150 zeigen Apparate, die explosionsdruckstoßfest für
einen Überdruck von p = 10 bar gebaut sind.

b
Abb.2.148. Siebmaschine vor (a) und nach (b) Explosionsbelastungsversuch
426 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb. 2.149. Mühlengehäuse, explosionsdruckstoßfeste Ausführung [72]

Abb. 2.150. Doppel-Zellenradschleuse in explosions druck stoßfester Ausführung [72]


3.2 Explosionsfeste Bauweise für den maximalen Explosionsdruck 427

a b
Abb.2.151. 1 m3-Kleincontainer für Schüttgut. a Anlieferungszustand, b nach Explosions-
druckprüfung

Abb. 2.152. Container, der längere Zeit einem Brand ausgesetzt war,
nach Explosionsdruckprüfung
428 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abbildung 2.151, links zeigt einen Kleincontainer für Schüttgut mit ebenen
Flächen und Abb. 2.151, rechts den gleichen Container nach Belastung durch
eine Aluminium-Staubexplosion mit einem maximalen Explosionsdruck von
Pmax = 10,8 bar [85J. Die Wände haben sich zwar verformt, der Container ist
jedoch nicht aufgerissen. Er kann daher als explosionsdruckstoßfest bis
p = 9,8 bar angesehen und z. B. zum Abfüllen von staubexplosionsgefährlichen
Produkten aus konstruktiv geschützten Mahlanlagen eingesetzt werden. Die
Explosionsfestigkeit bleibt auch dann erhalten, wenn der Container mehrere
Jahre im Betrieb für verschiedene Schüttgüter eingesetzt wird. Eine Reihe von
Staubexplosionsereignissen in der Praxis hat gezeigt, daß der geprüfte Contai-
ner voll den zu stellenden Anforderungen genügt.
War der Container im Zusammenhang mit einem Deflagrationsereignis für
längere Zeit einem Brand ausgesetzt, dann widerstand er immer noch einem
Explosionsdruck von Pex = 6 bar [86J und wurde bei Pex = 11 bar zerstört
(Abb.2.152).
Das gute Prüfergebnis gilt auch für ähnliche Schüttgutcontainer anderer
Hersteller [57J.
Die Angaben in Thbelle 2.21 [88J machen deutlich, wie durch Explosions-
druckprüfungen Schwachstellen erkannt werden und wie durch systematische
Entwicklungsarbeit die Explosionsfestigkeit der Bauelemente eines Bandförde-
rers deutlich erhöht werden konnte.
Durch die getroffenen Maßnahmen konnte also die Explosionsdruckstoß-
festigkeit der Bauelemente der Bandförderer von weniger als 1,3 bar auf
p = 5,1 bar angehoben werden.

Tabelle 2.21. Ergebnis der Explosionsdruckprüfung der Bauelemente eines Bandförderers


[88] (p~ Verformung, jedoch keine Zerstörung; pz~Zerstörungs-Explosionsdruck)

Bauelement p [bar] pz [bar]

A Herkömmliches Bauelement mit Inspektionstüren 0,16-0,18


B Herkömmliches Bauelement ohne Inspektionstüren 1,3
(Abb. 2.153) (2 mm Wanddicke)
C Mit Winkeleisen verstärktes Bauelement (3 mm Wanddicke) 2,3
D Bauelement mit Flacheisen unterlegt (Abb. 2.154) (4 mm 3,2
Wanddicke, Schrauben M12)
E Bauelement mit Profilverstärkung (3 mm Wanddicke, Schrau- 2,7 4,1
ben M12)
F Bauelement ohne Profilverstärkung (Abb. 2.155) (3 mm 5,1 6,5
Wanddicke, Schrauben M16)
3.2 Explosionsfeste Bauweise für den maximalen Explosionsdruck 429

Abb.2.153. Herkömmliches Bauelement Bnach Explosionsdruckbelastung mit


Pex = 1,3 bar

Abb.2.154. Verstärktes Bauelement D nach Explosionsdruckbelastung mit Pex = 3,2 bar


430 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb.2.155. Verstärktes Bauelement F nach Explosionsdruckbelastung mit Pex = 6,5 bar

Die Anwendung der konstruktiven Schutzmaßnahme "Explosionsdruckent-


lastung" erforderte für die in Abb. 2.156 gezeigte Wirbelschichtapparatur den
Nachweis einer Explosionsdruckstoßfestigkeit von p = 2 bar Überdruck. Bei
einer Explosionsdruckbelastung von Pex = 3,6 bar wurden zwar die Dichtun-
gen herausgedrückt, ansonsten ergaben sich keine Beanstandungen [89].

Abb. 2.156. Wirbel schicht-Apparatur mit einer Explosionsdruckstoßfestigkeit von p> 2 bar
3.2 Explosionsfeste Bauweise für den maximalen Explosionsdruck 431

a b

Abb.2.157. 11 m 3-Entstauber nach Explosionsdruckprüfung. a Nach Explosionsbelastung


mit Pex = 0,5 bar, b nach Explosionsbelastung mit Pex = 2,3 bar

Auch für einen 11 m3-Entstauber wurde zwecks Anwendung der "Explo-


sionsdruckentlastung" der Nachweis einer Explosionsfestigkeit von p = 2 bar
Überdruck verlangt [90]. Bereits bei einem geringen Explosionsdruck von
Pex = 0,5 bar öffnete die Inspektionstür herkömmlicher Ausführung unter
Verbiegen des Türrahmens und der Türhalterung (Abb.2.157, links). Nach
konstruktiver Verbesserung (Abb.2.157, rechts) widerstand der Entstauber
einer Explosionsdruckbelastung von Pex = 2,3 bar ohne Beanstandungen.
Abbildung 2.158 zeigt abschließend eine Fabrikationsanlage in explosions-
druckstoßfester Bauweise für den maximalen Explosionsdruck.
Auch Rohrleitungen, mit denen Behälter untereinander verbunden sein kön-
nen, müssen explosionsfest gebaut sein. Es gilt folgende auf Erfahrung beru-
hende Regel: Bei befürchteten Explosionen sind Stahl- oder Edelstahlrohre in
PN 6, bei befürchteten Detonationen in PN 10 ausreichend bemessen. Dies
wird durch die folgenden Ergebnisse von Explosionsdruckprüfungen bestätigt.
Siwek [91] untersuchte die Explosionsfestigkeit von pneumatischen Förder-
rohren DN 100, die für einen Druck von PN 10 ausgelegt waren. Ausgehend
von einem 2,4 m3-Zündbehälter, befand sich nach dem 11. Leitungsmeter ein
90~Krümmer mit einer nachgesetzten 7 m langen Leitung (Abb.2.159).
Die Leitung widerstand im Detonationsfall (Propan) bei einer Geschwindig-
keit von ca. 2000 mls einer kurzzeitigen Druckwirkung von 35 bar, die im
Krümmer bei halber Explosionsgeschwindigkeit doppelt so hoch war.
432 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb.2.158. Fabrikationsanlage in explosionsdruckstoßfester Bauweise


für den maximalen Explosionsdruck

Abb.2.159. Pneumatische Förderleitung DN 100 (PN 10) für Explosionsdruckprüfung


vorbereitet
3.2 Explosionsfeste Bauweise für den maximalen Explosionsdruck 433

Ähnlich gute Prüfergebnisse wurden mit Kunststoffrohren DN 125 aus Poly-


ethylen mit Kohlenstaubzusatz von 20 m bzw. 40 m Länge erhalten
(Abb. 2.160). Bei Detonationsgeschwindigkeit (Propan) und einer Druckäuße-
rung von 58 bar ergaben sich keine Beanstandungen. Allerdings hielt zum Teil
die Verschweißung der Flanschverbindung nicht (Abb.2.161, [92]).
Negative Erfahrungen machte Bruderer [93] mit einer 23 m langen Aspira-
tionsleitung DN200 von 2,5 mm Wandstärke, die im abschließenden Krüm-
merbereich bei einem Detonationsdruck von 77 bar zerbarst (Abb. 2.162), wie
bei den anschließenden Versuchen mit einer entsprechenden Leitung PN 10
festgestellt wurde.
Scholl [94] prüfte die Explosionsfestigkeit von 5 m langen gefalzten Rohrlei-
tungen von verschiedenem Durchmesser (Abb. 2.163) in Verbindung mit 20 m
langen, vorgesetzten und einseitig verschlossenen Leitungen von gleichem
Querschnitt, in denen die Explosionen eingeleitet wurden. Außerdem standen
Rohre zur Verfügung, bei denen zwecks Festigkeitserhöhung die gefalzte
Längsnaht zusätzlich gelötet war. Das Prüfergebnis faßt Tabelle 2.22 zusam-
men.

a b

Abb. 2.160. Kunststoffrohre von 20 m (a) und 40 m Länge (b) für Explosionsdruckprüfung
vorbereitet
434 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb. 2.161. Gerissene Flanschverschweißung nach Detonationsbelastung

Abb. 2.162. Zerstörte Aspirationsleitung von 2,5 rnrn Wandstärke nach Detonations-
belastung
3.2 Explosionsfeste Bauweise für den maximalen Explosionsdruck 435

Abb.2.163. Längsgefalzte Rohrleitung DN400 (94)

Tabelle 2.22. Ergebnis der Explosionsdruckprüfung von gefalzten Rohrleitungen (94) (v ex


bzw. Pex: Verformung möglich, jedoch keine Zerstörung; v~x bzw. P~x: Zerstörung)

DN Wanddicke Bauart vex v~x Pex P~x


[mm) [mm) [m/ s) [m/s) [bar) [bar)

140 0,75 gefalzt 250 555 1,8 4,8


240 250 500 0,2 3,3
400 0,88 118 500 0,6 3,3
600 278 333 0,6 1,9
140 0,75 gefalzt 295 418 1,7 3,2
240 und 333 500 0,8 3,1
400 0,88 gelötet 333 418 0,9 3,0
600 333 500 0,9 2,3

Die geprüften gefalzten Rohre widerstehen bei einer Explosionsgeschwindig-


keit von V ex - 300 m/s einer Druckwirkung von Pex - 1 bar. Erhöhung der Ex-
plosionsgeschwindigkeit auf VI ex - 500 m/s führt bei einem Explosionsdruck
von pIex - 3 bar zu deren Zerstörung (Abb. 2.164). Das Rohr mit dem großen
Durchmesser (DN 6(0) hat offenbar eine geringere Explosionsfestigkeit, die
insgesamt gesehen durch die zusätzliche Lötung nicht beeinflußt wird.
Detonationen bzw. detonationsähnliche Vorgänge in geschweißten Rohren
DN 1001200 mit einer Wandstärke von 2 mm ergaben hingegen keine Beanstan-
dungen.
Die Explosionsfestigkeit des in Abb. 2.165, oben gezeigten, spiralförmig ge-
falzten Ventilationsrohres aus Stahlblech mit einer Wandstärke von 1,2 mm
war deutlich höher als diejenige der von Scholl [94] untersuchten Rohre [95] .
436 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb. 2.164. Längsgefalzte Rohrleitung DN 400 nach Explosionsdruckbelastung mit 3,3 bar

Sie überstanden eine Druckbelastung von 7,3 bar und wurden erst bei einem
Explosionsdruck von 9,5 bar zerstört (Abb.2.165, unten).
Die Verbindung explosionsfester Anlagenteile erfordert häufig elastische
Manschettenverbindungen in entsprechender Explosionsfestigkeit. Sie ist rech-
nerisch kaum nachzuweisen, so daß auch in diesem Fall eine Explosionsdruck-
prüfung notwendig ist [96, 97]. Abbildung 2.166 zeigt eine solche Prüfappara-
tur, bestehend aus einem zweiteiligen 1 m 3-Behälter, dessen abzudichtender
Spalt von der zu prüfenden Manschette umschlossen ist. Sie besteht aus 5 mm
dicken Neoprenstreifen, die zu einem Ring verklebt sind (Einzelheiten s. [97]).
Die Manschette widerstand einem Explosionsdruck von 2,9 bar und wurde
bei einem solchen von 3,3 bar einschließlich der Spannringe stark verformt
(Abb. 2.167). Durch Verstärkung der Spannringe wurde erreicht, daß die Man-
schette eine Druckbelastung von 6,9 bar überstand. Das Zerplatzen der Man-
schettenverbindung erforderte einen Explosionsdruck von 9,5 bar (Abb. 2.168).
Die angeführten Beispiele mögen als Beweis genügen, daß sich die Anwen-
dung der Explosionsprüfung bewährt hat. Sie ermöglicht nicht nur die Über-
prüfung der zu fordernden Explosionsfestigkeit von Behältern, Apparaten und
Rohrleitungen bei Anwendung von konstruktiven Schutzmaßnahmen, sondern
sie zeigt auch Schwachstellen und vor allem die Grenzen der dynamischen Be-
lastbarkeit auf, die durch entsprechende Maßnahmen verbessert werden kön-
nen.
Die folgenden Ausführungen beziehen sich nicht auf die Explosionsfestig-
keit von Rohren, sondern auf die Auswirkungen eines Leitungsbruchs auf die
Umgebung.
3.2 Explosionsfeste Bauweise für den maximalen Explosionsdruck 437

b
Abb. 2.165. Spiralförmig gefalztes Ventilationsrohr DN 385 vor Explosionsdruckprüfung
(a), nach Explosionsdruckbelastung mit 9,5 bar (b)

Bei der sicherheitstechnischen Beurteilung von parallel verlegten überirdi-


schen Rohrleitungen, die sowohl gasförmige als auch flüssige Produkte führen,
wurde in einem Gutachten davon ausgegangen, daß der Bruch einer Leitung
den Bruch einer parallel verlaufenden Leitung nach sich ziehen kann. Daher
wurde ein gegenseitiger Sicherheitsabstand von 2,50 m empfohlen. Weil solche
Sicherheitsabstände unüblich sind und in der Praxis auch nicht eingehalten
werden können, wurden zur Abklärung entsprechende Untersuchungen durch-
geführt [98].
438 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb. 2.166. Anordnung für die Prüfung von Abb.2.167. Manschettenverbindung nach
Manschettenverbindungen auf Explosions- Explosionsdruckbelastung mit 3,3 bar
festigkeit

Abb.2.168. Zerstörte Manschettenverbindung nach Explosionsdruckbelastung mit 9,5 bar


3.2 Explosionsfeste Bauweise für den maximalen Explosionsdruck 439

Abb. 2.169. Rohrbündel für Berstversuche mit unter Druck stehenden Rohren

Hierfür stand ein Rohrbündel (Abb. 2.169) zur Verfügung. Es bestand aus
einem zentral liegenden längeren Rohr DN250 von 6,3 mm Wandstärke, das
unter einem Luftdruck von 25 bar stand. Der Abstand der umliegenden acht
Rohre DN80-DN200 betrug 120 mm. Sie waren mit Wasser gefüllt und stan-
den unter dem zulässigen Betriebsdruck für Heizöl, Rohbenzin, Cyclohexan
und Paraxylol von 38-100 bar. Der Leitungsbruch des inneren Rohres wurde
durch Aktivieren einer Sprengschnur in einer Umfangs- oder Längskerbe
(Abb. 2.170) simuliert.
Bei einem ersten Versuch mit Umfangriß wurde überhaupt keine Beschädi-
gung der umgebenden Rohre festgestellt. Die Wirkung eines Leitungsbruchs

Abb. 2.170. Sprengschnur für Riß auslösung in Längskerbe


440 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb.2.171. Wirkung eines Längsrisses auf die umgebenden Rohre

mit Längsriß, wie er auch in der Praxis beobachtet wurde, zeigt Abb.2.171.
Das gerissene Innenrohr hatte sich zwar um ca. 320 mm durchgebogen und
demzufolge auch unter mechanischer Einwirkung speziell das unter 100 bar
stehende benachbarte 80 mm-Rohr, das jedoch keine Risse erkennen ließ.
Damit war experimentell nachgewiesen, daß beim Bersten eines Gasrohres
zwar mit einem Verbiegen oder Verformen der benachbarten Rohre, nicht hin-
gegen mit ihrem Bruch zu rechnen ist.
Eine Festigkeitsprüfung von unterirdisch verlegten Ethylen-Leitungen, die
für einen Betriebsdruck von 100 bar vorgesehen sind, ist mittels Wasserdruck-
probe nicht möglich. Bereits kleinste Wassermengen können zu Betriebsstörun-
gen und Schwierigkeiten bei der Weiterverarbeitung des Ethylens führen. Man
entschloß sich daher, die Auswirkungen eines Leitungsbruchs bei 120 bar zu
untersuchen [99].
Hierfür wurde ein 100 m langes, beidseitig mit einem Kümpelboden ver-
schlossenes Rohr DN250 in der Mitte mit einer Sollbruchstelle (Kerbe) verse-
hen. Nach Anbringen der Sprengschnur erfolgte das Absenken in einen vorbe-
reiteten 1,25 m tiefen Graben, der anschließend mit Erdreich zugeworfen wur-
de. Ein Hochdruckverdichter sorgte für den erforderlichen Versuchsdruck von
120 bar. Anschließend erfolgte der Berstversuch.
Bei den Versuchen mit Luft (Abb. 2.172) sind die Auswirkungen senkrecht
zur Rohrachse weitgehend unabhängig von der Länge (l = 0,21-1,0 m) und
der Lage der Sollbruchstelle (Rohroberseite, zur Seite, Rohrunterseite). Die
Erdrnassen werden 30- 50 m weit fortgeschleudert. Die Krater haben eine Län-
ge von 10-14m und eine Breite von ca. 6m (Abb.2.173). Der senkrecht zur
Leitung gemessene Druck beträgt
in 10m Entfernung 10mbar,
in 30 m Entfernung 5 mbar und
in 50 m Entfernung 2,5 mbar.
3.2 Explosionsfeste Bauweise für den maximalen Explosionsdruck 441

Abb. 2.172. Erdauswurf bei Sollbruchstelle Rohrunterseite (ca. 600 ms nach Leitungsbruch)
442 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb.2.173. Krater nach Berstversuch mit Sollbruchstelle an der Rohrunterseite

Abb.2.174. Erd- und Wasserauswurf bei Sollbruchstelle Rohroberseite

Während das Bersten bei der Luftdruckprüfung von einem pilzförmigen Erd-
auswurf (Abb. 2.172) begleitet ist, wird beim Bersten eines unter einem Wasser-
druck von 120 bar stehenden Rohres DN250 ein mehr oder weniger gerichteter
Strahl beobachtet (Abb. 2.174). Bei größerer Auswurfhöhe ist die Auswurfwei-
te wesentlich geringer als bei den Berstversuchen mit Luft. Die Kraterlänge und
-breite betrug lediglich ca. 0,7 m (Abb.2.175).
Aus den beschriebenen Versuchen resultieren wichtige Hinweise für die zu
treffenden Sicherheitsrnaßnahmen bei der Druckprüfung von Rohrleitungen.
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 443

Abb. 2.175. Krater nach Berstversuch


mit Wasser

3.3 Explosionsfeste Bauweise für den reduzierten maximalen


Explosionsdruck in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung

3.3.1 Vorbemerkung

Der Begriff "Explosionsdruckentlastung" umfaßt im weiteren Sinn alle Maß-


nahmen, die dazu dienen, beim Entstehen oder nach einer gewissen Auswei-
tung einer Explosion die ursprünglich abgeschlossene Apparatur kurzfristig
oder bleibend in ungefährliche Richtung zu öffnen. Die Frage lautet also: Wie
kann man den Folgen von Explosionen in Behältern oder Silos, die nicht für
den vollen maximalen Explosionsdruck konzipiert sind, begegnen?
Die konstruktive Schutzmaßnahme "Explosionsdruckentlastung" verhin-
dert den Aufbau eines unzulässig hohen Explosionsdruckes im Innern von Be-
hältern, Apparaturen, Silos und Rohrleitungen durch rechtzeitige Freigabe de-
finierter Öffnungen. Explosionsdruckentlastungseinrichtungen begrenzen da-
her den Explosionsdruck durch Entlassen von unverbranntem Gemisch und
von Verbrennungs gasen in die freie Atmosphäre auf einen Wert unterhalb der
Festigkeit der Apparatur. Diese Schutzmaßnahme erfordert daher grundsätz-
lich eine explosionsfeste Bauweise im Sinne der Ausführungen des Kap. 3.2.
Die zu schützenden Apparaturen sind daher "explosionsdruckfest" oder "ex-
plosionsdruckstoßfest" zu bauen. Weil jedoch die entsprechend dimensionierte
444 3 Konstruktiver Explosionsschutz

[ bar]
6 ='
~red ~p) =0,5 = 25 barls = reduzierter zeitlicher
a red \ t red 0.D2 Oruckanstieg

o ....._...-c.
Zünd- atre d=O,02s [sl
zeitpunkt
Abb. 2.176. Definition der reduzierten Explosionskenngrößen bei
Explosionsdruckentlastung (beliebige Brennstoffkonzentration)

Explosionsdruckentlastungseinrichtung die Druckreduzierung übernimmt, ist


für die Berechnung der Festigkeit nicht der maximale Explosionsdruck Pmax'
sondern der reduzierte maximale Explosionsdruck Pred,max zugrunde zu legen.
Er ist wie folgt definiert:
Bei Explosionen in explosionsdruckentlasteten Behältern und beliebiger
Brennstoffkonzentration ist der reduzierte Explosionsdruck Pred und der ihm
zugeordnete reduzierte zeitliche Druckanstieg (dp/dt)red (Abb. 2.176) ein Maß
für die Explosionsheftigkeit. Höchstwerte (Abb.2.177):
- Reduzierter maximaler Explosionsdruck Pred,max und
- reduzierter maximaler zeitlicher Druckanstieg (dp/dt)red,max
werden aus Versuchen über einen breiten Konzentrationsbereich bestimmt. Sie
können bei Optimalkonzentrationen auftreten, die denen des geschlossenen
Behälters entsprechen, können sich aber auch von diesen unterscheiden.
Im Gegensatz zum geschlossenen Behälter (Abb. 1.30, Abb. 1.157) tritt also
für die Beschreibung des Explosionsablaufs in einem druckentlasteten Behälter
der reduzierte maximale Explosionsdruck an die Stelle des maximalen Explo-
sionsdruckes und der reduzierte maximale zeitliche Druckanstieg an die Stelle
des maximalen zeitlichen Druckanstiegs.
Es ist darauf zu achten, daß sämtliche dem Explosionsdruck ausgesetzten
Teile der durch Explosionsdruckentlastung zu schützenden Anlage, z. B. Ar-
maturen, Schaugläser, Einstieg- und Reinigungsöffnungen sowie Rohrverbin-
dungen, in die Festigkeitsüberlegungen einbezogen werden. Altanlagen müssen
aufgrund von entsprechenden Berechnungen verstärkt werden.
Spricht eine Explosionsdruckentlastung an, so kann damit eine örtlich und
zeitlich begrenzte Luftverunreinigung verbunden sein. Diese Schutzmaßnahme
ist daher ungeeignet, wenn in den zu schützenden Behältern giftige, ätzende
und damit die Umwelt schädigende Produkte vorhanden sind. Das Schutzziel
muß in diesem Fall durch Anwendung einer anderen konstruktiven (oder vor-
beugenden) Schutzmaßnahme erreicht werden.
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 445

[bar)

I "',
o.7SbJr:reduzierli!r maxincier
~ 0,75 ~- Explosionsdruck Pred.Imx
Co

~ 0,50
~~
... 0
.l!l.i:} 0,25
......
-2~
o~--~--~--~--~--~

[ barIsI

o~--~--~--~--~--~
o
Brennstoffkonzentration

Abb.2.177. Definition der reduzierten maximalen Explosionskenngrößen bei Explosions-


druckentlastung (optimale Brennstoffkonzentration)

3.3.2 Behälter

3.3.2.1 Ausführungen von Explosionsdruckentlastungseinrichtungen


ExplosionsdruckentIastungseinrichtungen können sowohl für einmalige Ver-
wendung, z. B. als Berstscheiben, oder auch für den wiederholten Einsatz, z. B.
als Explosionsscheibe oder Explosionsklappe, ausgeführt sein.
Berstsicherungen enthalten Berstscheiben, die beim Ansprechen aufreißen
oder krümelig zerfallen, bzw. als massearme duktile Membranen beim Weg-
fliegen keinen Schaden anrichten können. Bei Betrieb im Unterdruckbereich ist
im allgemeinen eine Vakuumstütze notwendig. Die dadurch entstehende Quer-
schnitts minderung ist zu berücksichtigen. Im Explosionsfall wird nach der
Zerstörung die gesamte Entlastungsfläche freigegeben, die dann offen bleibt.
Ein unzulässiger Unterdruck kann somit nicht entstehen. Um ein vorzeitiges
Ansprechen infolge Materialermüdung zu verhindern, ist zu empfehlen, Berst-
scheiben nach bestimmten Betriebszeiten zu erneuern. Es ist abhängig vom
Lastwechsel und Arbeitsdruck sowie vom Temperatur- und Abnutzungsverhal-
ten. Folgende Vorteile stehen jedoch im Vordergrund [100]:
- Relativ geringe Herstellungskosten,
446 3 Konstruktiver Explosionsschutz

lagenunabhängige Anordnung,
Dichtheit im Über- und Unterdruckbereich,
zufolge der geringen Masse praktisch keine Beeinflussung des Entlastungs-
vorganges und
geringer Platzbedarf.
Für spezielle Anwendungsfälle gibt es nicht verformungs fähige spröde Berst-
scheiben aus harzimprägniertem Graphit (Abb. 2.178).
Ihr Einsatzbereich liegt zwischen den Nennweiten DN 25 - DN 600 mit stati-
schen Ansprechdrücken Pstat ~ 0,1 bar und Temperaturen von - 20 0 bis
+ 130 oe bei sehr guter Korrosionsbeständigkeit. Die Ansprechgenauigkeit be-
trägt im allgemeinen ± 100/0. Solche Berstscheiben können Lastwechsel bis zu
75% ertragen. Sie werden überwiegend in ebener runder Ausführung verwen-
det [101].
Verformungsfähige Berstscheiben werden z. B. aus Kunststoff (Abb.2.179)
hergestellt. Eine wichtige Voraussetzung für das einwandfreie Arbeiten ist ein

Abb.2.178. Graphit-Berstscheibe mit Vakuumstütze [101]

a------ b
Abb.2.179. Berstscheibe aus Kunststoff-Folie vor dem Ansprechen (a),
nach dem Ansprechen (b)
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 447

[bar] 0 gitterverstärkte Monarflex-Folie


" 0,04 mm Aluminium-Folie
0,7 00,1 mm Polyethylen-Folie
~
a. 0,6
.Y.
o
~
L..
'0 0,5
.r:
o
.,a.
Ql
0,4
c
« 0,3
L..
Ql
.r:
.,
o
:;:;
0,2
.,o
..-

inverser Durchmesser 6
Abb.2.180. Statischer Ansprechdruck P,tat von Kunststoff-Folien als Funktion des inversen
Durchmessers UD der Entlastungsöffnung

definierter statischer Ansprechdruck Pstat, bei dem der Entlastungsvorgang


einsetzt. Er kann für runde Berstscheiben [102J für einen vorgegebenen Werk-
stoff anhaltsmäßig nach folgender Gleichung vorausberechnet werden:
d'o B K
Pstat=n=D

Pstat statischer Ansprechdruck,


d Dicke der Berstscheibe,
OB Zugfestigkeit des Werkstoffs,
D Durchmesser der Entlastungsfläche und
K Werkstoffkonstante.

Eine Überprüfung dieser Gleichung mit Berstscheiben aus verschiedenen


Werkstoffen (Abb. 2.180) bei scharfkantiger Begrenzung der Entlastungsfläche
zeigt eine sehr gute Übereinstimmung zwischen Rechnung und Experiment
[103J.
Es gilt für

0,04 mm Aluminium-Folie: Pstat = 0,064 und für


D

- 0,1 mm Polyethylen-Folie: Pstat = 0 : .


448 3 Konstruktiver Explosionsschutz

a b
Abb.2.181. Monarflex-Plastik-Folie vor (a) und nach dem Ansprechen (b)

Monarflex ist eine gitternetzverstärkte Plastikfolie von erhöhter Reißfestigkeit


(Abb. 2.181, [104]), für die der folgende Zusammenhang zwischen dem stati-
schen Ansprechdruck Pstat und dem Durchmesser D [mJ der Entlastungsfläche
gilt
0,136
Pstat=n'

Thbelle 2.23 gibt Richtwerte für K-Faktoren bei Vorhandensein einer scharf-
kantigen Einspannvorrichtung.
Auch der statische Ansprechdruck von rechteckigen Berstscheiben mit ei-
nem Verhältnis von Länge zu Breite ~ 2 kann nach der angegebenen Gleichung
abgeschätzt werden, wenn der äquivalente Durchmesser der ihnen zugeordne-
ten runden Fläche eingesetzt wird [1 05J .
Die aufgrund der vorgegebenen Gleichung vermutete Proportionalität zwi-
schen dem K-Faktor einerseits und der Foliendicke d bzw. der Anzahl der La-
gen ist eindeutig (Abb. 2.182) belegbar. Innerhalb des untersuchten Bereichs ist
der statische Ansprechdruck einer Berstscheibe von vorgegebenem Werkstoff
und Durchmesser unabhängig davon, ob sie aus einem Stück besteht oder aus
einer entsprechenden Anzahl von Folienlagen zusammengesetzt ist.
Trotz der aufgezeigten Zusammenhänge sei davor gewarnt, für die Festle-
gung des statischen Ansprechdruckes einer Berstscheibe nur die Rechnung zu-
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 449

Tabelle 2.23. K-Faktoren runder Berstscheiben verschiedener Werkstoffe


bei scharfkantiger Einspannvorrichtung

Werkstoff d K-Faktor
[mm] [bar'm]

Polyethylen 0,1 0,040


0,2 0,075
0,4 0,156
Aluminium 0,04 0,064
0,10 0,250
0,20 0,500
Monarflex 0,136
Durabla (schwarz) 0,5 0,156
1,00 0,426
Acidit (grau) 0,5 0,240
1,0 0,468
Klingerit (rot) 0,5 0,258
1,0 0,474

/
[bar- m]

0,4 -
Ll. 0 Polyeth}!en-Folie
... / Ll. Aluminium-Folie
53 0,3 -

/A
0-- __
.:f.
o
u... 0,2-
I
:.:: o
,Ll.
O,1f- A 0--
, 0-
I 0-
Oil>~-I I I I
o 0,1 0,2 0,3 0,4 [mm]
Foliendicke d

[bar-m] /

5 O.15~ /"///

~o
O,10f- /
_/0
~ /./0
:.:: 0,051- /-/
/,0 0 0,1 mm Polyeth}!en-Folle
",,/,." _ 0,15 mm Polyeth}!en-Folle
01/.... I I I I
o 1 2 345
Anzahl der Lagen z
Abb.2.182, K-Faktoren als Funktion der Foliendicke d
und der Anzahl der Lagen Z
450 3 Konstruktiver Explosionsschutz

grunde zu legen. Es muß vielmehr trotz gleichen Werkstoffs innerhalb der ein-
zelnen Folienbahnen
zu folge der Walzvorgänge mit einer unterschiedlichen Zerreißfestigkeit so-
wie
mit gewissen Abweichungen hinsichtlich der Membrandicke
gerechnet werden, d.h. der statische Abdrückversuch ist unerläßlich. Dazu
wird für zwei, besser drei Nennweiten (DN 2=: 200 mm) aus mindestens fünf
Einzelmessungen durch Mittelung der statische Ansprechdruck bestimmt.
Ebenfalls durch Mittelung aus allen Versuchen wird der K-Faktor berechnet,
aus dem sich dann für einen vorgegebenen Durchmesser D der Berstscheibe
durch Rechnung der Wert für den statischen Ansprechdruck Pstat ergibt.
Für die Abdrückversuche ist eine Einspannvorrichtung zu verwenden, die in
der Praxis Anwendung finden soll, da die Abrundung von Kanten gemäß
Abb. 2.183 den statischen Ansprechdruck beeinflußt. Scharfkantige Einspann-
vorrichtungen ergeben kleinere Ansprechwerte als abgerundete Kanten.
Grundsätzlich ist es für den Entlastungsvorgang im Explosionsfall nicht
ausreichend, nur den statischen Ansprechdruck einer Berstscheibe zu betrach-
ten, der sich auf eine Belastungsgeschwindigkeit von < 1 bar/s bezieht. Sie ist
im allgemeinen höher und führt zu einem verspäteten Ansprechen
(Abb. 2.184), dem sogenannten dynamischen Ansprechdruck Pdyn, der mit zu-
nehmendem zeitlichem Druckanstieg ansteigt. Diese Einflußnahme ist um so
größer, je niedriger der statische Ansprechdruck ist [106] und bei Graphit
praktisch nicht vorhanden. Sie ist bei großen Entlastungsflächen geringer als
bei kleinen. Der dynamische Ansprechdruck ist bei den in den folgenden Aus-
führungen angegebenen Gleichungen und Nomogrammen für die Berechnung
der Größe von Explosionsdruckentlastungsflächen berücksichtigt.
Bei Explosionsbelastung der in Abb.2.185 gezeigten vorgewölbten Kunst-
stoff-Berstscheibe DN 900 mit Sollbruchstellen trat das erwartete apfelsinen-

.---------,----,---------" Plexiglas:
1.0mm

;;; AI-Folie'
Vi 0.2mm
; J I----b....-=---+---I'------j
Belastung

1-
~

-0
-5 150 '
'0."
~ 2 f----+--/---+----1
<{ Membrane
l'
,~ AI-Folie
;;; Qlmm
"' I f----+----+----1

o 5 10 [mmJ
Radius der Abrundung

Abb. 2.183. Einfluß der Einspannung auf den statischen Ansprechdruck von Berstscheiben
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 451

s, [bar]
~
~
o
....
:::J
pvc
"..co 2mm

.,a.c~
«

zeitlicher Druckanstieg * [bar /s]

Abb. 2.184. Dynamischer Ansprechdruck Pdyn von Berstscheiben als Funktion des zeitli-
chen Druckanstieges dp/dt (quadratische Öffnung 500 x 500 mm)

b
Abb.2.185. Vorgewölbte Kunststoff-Berstscheibe DN 900 vor (a) und nach Explosionsbela-
stung (b)
452 3 Konstruktiver Explosionsschutz

förmige Öffnen nicht auf, sondern das Entlastungselement zerbrach [24]. Die-
ses Ergebnis macht deutlich, daß eine lYpenprüfung solcher Explosions-
druckentlastungseinrichtungen unumgänglich ist.
Weil Aluminium eine sehr geringe Zugfestigkeit hat und leicht mit gleichmä-
ßiger Qualität hergestellt werden kann, ist es besonders geeignet für Berstschei-
ben mit niedrigem Ansprechdruck. Die Obergrenze für die Arbeitstemperatur
beträgt 100°C. Kupfer-Berstscheiben haben eine geringe Knickfestigkeit und
sind weniger korrosions fest. Sie können bis ca. 120 °C angewendet werden.
Nickel hat eine hohe Knickfestigkeit bei erhöhten Temperaturen, wodurch eine
Anwendung bis 450°C möglich ist. Bei Thntal-Berstscheiben tritt zwischen
150 °C und der höchsten Arbeitstemperatur von 250 °C nur eine geringe Verän-
derung des Ansprechdruckes auf. Sie sind gegen chemischen Angriff in saurer
Atmosphäre sehr beständig, jedoch weniger beständig unter basischen Bedin-
gungen. Palladium ist bis zu Temperaturen von 300°C oxydationsbeständig
und widersteht einer Vielzahl von korrodierenden Einflüssen. Abbildung 2.186
zeigt eine solche Metallberstscheibe.
Um die Hauptnachteile der einfachen Berstscheibe (relativ große Empfind-
lichkeit gegen Abrieb, wechselnde Beanspruchung und erhöhte Temperatur)
möglichst auszuschalten, wurde von einem Hersteller eine dreiteilige Berst-
scheibe (Abb. 2.187) entwickelt, die bis ca. 200°C einsetzbar ist. Sie besteht aus
drei miteinander verschweißten Teilen: Schutzhaube, Berstscheibe und Vaku-
umstütze. Sie wird auch rechteckig ausgeführt und gegebenenfalls mit einem
Signalteil ausgerüstet (Abb.2.188), um im Explosionsfall durch Unterbruch
eines Ruhestromes eine Fabrikationsanlage automatisch stillzusetzen [107] .
Hierbei ist jedoch darauf zu achten, daß die Elektroinstallation, z. B. durch
einen Funken bei Leitungsbruch, nicht in der Lage ist, Brennstoff/Luft-Gemi-
sche zu entzünden [69].

Abb. 2.186. Metall-Berstscheibe mit zugehörigem Scheibenhalter


3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 453

Abb. 2.187. Dreiteil-Berstscheibe in schematischer Darstellung. 1 Schutzhaube, 2 Berstschei-


be, 3 Vakuumstütze; Dreiteil-Berstscheibe nach Ansprechen

Abb.2.188. Dreiteilberstscheibe mit integriertem Signalteil

Speziell bei der Anwendung von Berstscheiben aus verformungs fähigen


Werkstoffen mit geringem Ansprechdruck zeigt sich, daß in folge Witterungs-
und anderer betrieblich bedingter Einflüsse öfters Auswechslungen vorgenom-
men werden müssen. Günstiger ist daher die Anwendung von festen Scheiben,
die in Gummiklemmprofilen (Abb. 2.189, oben) gehalten sind. Eine Explosion
drückt die Scheiben, die durch ausreichend feste Drahtseile (mindestens 10 mm
dick) gesichert sind, heraus. Ist zusätzlich eine Halterung vorhanden, dann
wirkt die Entlastungseinrichtung wie eine Explosionsklappe (Abb.2.189, un-
ten, [108] .
454 3 Konstruktiver Explosionsschutz

b
Abb. 2.189. Entlastungseinrichtung: Scheibe in Gummiklemmprofil. a Gummiklemmprofil;
b als Explosionsklappe ausgeführt

Für runde Scheiben von 5 mm Dicke ist der Zusammenhang zwischen dem
statischen Ansprechdruck Pstat und dem Durchmesser D durch folgende Glei-
chung gegeben [109]
K 0,071
Pstat D .
== D ==

Durch dünnere Scheiben (z. B. 1,6 mm) verringert sich die Werkstoffkonstante
(z. B. K == 0,059), wodurch der statische Ansprechdruck herabgesetzt wird.
Durch das Trägheitsmoment und das Öffnungsverhalten der Explosions-
scheiben wird der Entlastungsvorgang, unabhängig von der Brennstoffart, be-
hindert. Ihre Entlastungsfähigkeit ist nach den Angaben von Abb. 2-190 ent-
sprechend geringer als die einer Berstscheibe von gleicher EntlastungsfIäche.
Dies bewirkt einen höheren reduzierten maximalen Explosionsdruck P~ed.max
im zu schützenden Behälter, der (wie auch die Entlastungsfähigkeit E F :
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 455

[borl'-~----------------'

Entlastungsfähigkeit =
F, x 100
--F-Z- [%]

.x
~
~c:
o o Messwerte·
'Vi t-
o
Ci.
x
UJ
\t~~i~

t-
i,----r
1, ~F=FI
~x~~~~~~~loppe

I r I I::j
F, FZ [m Z ]
Entlostungsflöche F

Abb. 2.190. Definition der Entlastungsfähigkeit Ep z. B. einer Explosionsklappe

[%] ,
w
... :
:
:
1':E----:=;~·r-----
c 0 C I

~o 40 ~ <I........ _~ a..~ !I
~ ~~ I

~ 0 Ll. Scheibe In Klemmprofil


(J,4 Expl.-;Klappe i? Klermprofil
20L-____~1_ _ _L-1_ _-L~____~
" [bar]
~ ,
52
,,
I. i
e-e:
wo 1, 5 I-----------------~~z.t--------
4'

~~:
~~
~E 1,0-
"E
.o..!! (J~O i
'ii~
-5.~ 0,6- o i F=konstant
(/)
··x PStat=~ i
E O,3L-____~I_G=_5_1_1_LkI9~/_m_2__L_J_Li:~~~
,;
~
"0. 0,1 0,25 0,50 1,0 1,5 [bar]
Pred.max.: Berstscheibe

Abb.2.191. Entlastungsfähigkeit E p und reduzierter maximaler Explosionsdruck p'red,max


von Scheiben in Gummiklemmprofilen als Funktion des reduzierten maximalen Explosions-
drucks Pred,max von Berstscheiben
456 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb. 2.191, oben) im allgemeinen mit zunehmendem auf eine Berstscheibe be-
zogenen reduzierten maximalen Explosionsdruck angehoben wird (Abb.2.191,
unten). Diesem Einfluß ist, bei unveränderter Entlastungsfläche durch Erhö-
hung der Behälterfestigkeit p wie folgt zu begegnen:
Scheibe in Gummiklemmprofil:
p = P;ed, max = 1,245' p~~;!ax für Pred, max S 1,5 bar
Explosionsklappe in Gummiklemmprofil:
p = P;ed,max = 1,52'p~~;~ax für Pred,maxs2 bar
Ist dies nicht möglich, d. h. ist die Behälterfestigkeit p vorgegeben, dann ist die
Entlastungsfläche F so zu vergrößern, daß sich folgender reduzierter maxima-
ler Explosionsdruck Pred, max bei freier ungehinderter Entlastung einstellt:
Scheibe in Gummiklemmprofil:
p = 0,56'P~:max für Pred,maxs 1,5 bar
Explosionsklappe in Gummiklemmprofil:
p = 0,327' P~~;max für Pred,max S 2 bar
In Abb. 2.192 sind beispielhaft für einen brennbaren Staub und ein Volumen
von V = 10 m 3 die gegenüber einer Berstscheibe notwendigen Flächenvergrö-

[bar] V=10 m3

Pmax=9 bar, Kst =200 bar·m '5-',


PStat=O,l bar
2, 00 I----o--------------Ö-B.;;.~t;ch_;.j"b_;,--
1 50 r-~. - Scheibe In

0\_"". ~!~~:~~:m-
J "'" , Gummiklemm-

t
0. \,\ '\ profil

1,001-

~
~ O,50r \ 0,\
" " profil

ro 0,25 - [ [\ [o~
0,1 0 '-----'-_'---'-<>----''---'----'
0,10 0,25 0,50 1,00 2,50 5,00 [m 2 ]
Entlastungsfläche F

0,5 1,0 2,0 3,0 [m]


Durchmesser D
Abb. 2.192. Scheibe und Explosionsklappe in Gummiklemmprofll: Behälterfestigkeit p als
Funktion der EntIastungsfläche F (Vergleich mit einer Berstscheibe)
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 457

ßerungen für beide Explosionsscheiben angegeben. Man erkennt, daß wie er-
wartet der Flächenmehrbedarf mit zunehmender Behälterfestigkeit deutlich
nillt und, je nach Entlastungseinrichtung, bei einer Behälterfestigkeit von
p = 1,5 - 2,0 bar nicht mehr erforderlich ist.
Ein ähnliches Verhalten haben Explosionsklappen üblicher Bauart
(Abb. 2.193 [110)) mit einer flächenbezogenen Masse von 48,7 kg · m- 2 • Entla-
stungsfähigkeit Ep und der im zu schützenden Behälter sich einstellende über-
höhte reduzierte maximale Explosionsdruck P;ed,max nehmen mit steigendem,
auf eine Berstscheibe bezogenen reduzierten maximalen Explosionsdruck zu
(Abb. 2.194). Es deutet sich an, daß zumindest im vorgegebenen Anwendungs-
fall dieses Verhalten unabhängig von der Größe der Explosionsklappe und
vom Behältervolumen ist.

b
Abb.2.193. 0,5 m2-Explosionsklappe (a) und 1,0 m2-Explosionsklappe (b)
458 3 Konstruktiver Explosionsschutz

... [%]
...'Gi
l.LI

.Y.
Cl
:c
~., 0
Itl
Cl
50 -
....,o
C
:l
ö~
........
11 11
o V=10 m J
;;
C o 11 Va25 mJ
l.LI 30L-________1L-______ ~

[bar]

4
2

1,0

0,5

0,2 L..-_ _ _ _- - ' -_ _ _ __:_'


0,1 1,0 [bar]
P red,max.: Berstscheibe
Abb. 2.194. Entlastungsfähigkeit EF und reduzierter maximaler Explosionsdruck p'red,max
von Explosionsklappen als Funktion des reduzierten maximalen Explosionsdrucks Pred max
von Berstscheiben '

Für die Erhöhung der Behälterfestigkeit p gilt daher


, 174 0,777
P = Pred, max = , . Pred, max
und für die Vergrößerung der Entlastungsfläche F bei vorgegebener Behälter-
festigkeit P
Pred,max = 0,49·p1,287 •
In Abb. 2.195 ist, bezogen auf die Behälterfestigkeit P, der Flächenbedarf der
Explosionsklappe demjenigen einer Berstscheibe für einen brennbaren Staub
und ein Volumen von V = 10 m3 gegenübergestellt.
Zunehmende Behälterfestigkeit vermindert wiederum den Flächenmehrbe-
darf der Explosionsklappe. Wie der entsprechende Vergleich mit den Explo-
sionsscheiben (Abb. 2.192) zeigt, hängt die Behinderung des Entlastungsvor-
ganges nicht unwesentlich von der Art der Entlastungseinrichtung ab. Einer-
seits haben Explosionsscheiben im niedrigen Druckbereich gegenüber Berst-
scheiben einen größeren Flächenmehrbedarf als die Explosionsklappe, ande-
rerseits ist bei einer Behälterfestigkeit von p - 2 bar für die Explosionsklappe
noch eine Flächenvergrößerung notwendig, im Falle der Explosionsscheiben
hingegen nicht.
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 459

[bar]
V=10 rn'
Pmax=9 bor. Kst =200 bor·rn .s-'.
PStat=O.1 bor
2,00 ---<>-.-------------------------
\ \ 0 Berstscheibe

1,50 o • • Explosions-
0.. \ \ kloppe

\\
+J
·iii 1,00
~
0'1
:;:;
In

\\
Q)
"-
'- 0,50
Q)
+J
:0
..c

\"
Q)
m 0,25

0,1 0 L...-.--1.._.l.--...J...o-lII--'--......J
0,10 0,250,501,00 2,505,OO[m 2 ]
Entlastungsfläche F

0,5 1,0 2,0 3,0 [m]


Durchmesser D
Abb. 2.195. Explosionsklappe: Behälterfestigkeit p als Funktion der Entlastungsfläche F
(Vergleich mit Berstscheibe)

Zusammenfassend ist festzustellen, daß bei der Anwendung von Explosions-


scheiben oder Explosionsklappen entsprechend ihrer Entlastungsfähigkeit ent-
weder die Behälterfestigkeit zu erhöhen oder die Entlastungsfläche zu vergrö-
ßern ist. Hierfür ist es notwendig, den Zusammenhang zum reduzierten maxi-
malen Explosionsdruck zu kennen, der sich bei Berstscheiben einstellt. Unter-
suchungen nur mit einem Brennstoff bei optimalen Konzentrationsbedingun-
gen sind für die allgemeine Beurteilung der Wirksamkeit solcher Entlastungs-
einrichtungen nicht ausreichend. Sie sind zusätzlich auf mechanische Festig-
keit zu prüfen.
Explosionsklappen verschließen in der Regel nach ihrem Ansprechen im Ex-
plosionsfall die Entlastungsöffnung. Durch Abkühlen der heißen Verbren-
nungsgase kann sich daher im zu schützenden Behälter (Silo) ein Unterdruck
einstellen, der zur Verformung führt (Abb. 2.196). Um dies zu verhindern, sind
Unterdruck-Sicherungen vorzusehen [111], die einen unzulässig hohen Unter-
druck vermeiden. Die hierfür erforderliche Ansaugfläche ist in Abhängigkeit
vom zu schützenden Behältervolumen (Silovolumen) und seiner Beulfestigkeit
Abb. 2.197 zu entnehmen.
Der Explosionsdruckentlastungsvorgang ist nicht nur begleitet von den
Druck- und Flammenauswirkungen außerhalb des zu schützenden Behälters,
sondern bewirkt auch einen Rückstoß (Newtonsches Reaktionsprinzip). Hier-
460 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb. 2.196. Verformtes Silo mit Explosionsklappe


nach einer Staubexplosion

Beulfestigkeit
1,0 25 mbor
,-, 50 mbor
N
E ./
100 mbor

Ql
/' 200 mbor
.r:
:0
;;=
ü
0,1 V
C7>
::J
0 500 mbor
VI

«
C / V
CL>
0,01 / /'
E
0
VI
.:;,{.
L.
.~
1../
0,001
10 100 1000
Behälter-[Silo]-Volumen [m 3 ]
Abb.2.197. Nomogramm zur Bestimmung der Ansaugfläche
von Unterdruck-Sicherungen an Behältern (Silos) (111)
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 461

durch können Behälter und Apparate aus ihren Verankerungen gerissen und
sogar umgeworfen werden, auch dann, wenn die Behälter explosionsfest für ei-
nen vorgegebenen reduzierten maximalen Explosionsdruck gebaut sind.
Mehrere Veröffentlichungen [112-115] befassen sich mit der angesproche-
nen Problemstellung. Ritter berechnete die Rückstoßkräfte nach einer thermo-
dynamischen Methode, bei der der Ausströmvorgang selbst berücksichtigt
wird. Die experimentellen Untersuchungen führten schließlich zu der folgen-
den Berechnungsgleichung, bezogen auf einen statischen Ansprechdruck der
Entlastungseinrichtung in Form von Berstscheiben von Pstat = 0,1 bar
FR = a·100·F·Pred,max·
FR Rückstoßkraft [KN] ,
a Dynamikkoeffizient,
F Entlastungsfläche [m2] ,
Pred,max reduzierter maximaler Explosionsdruck [bar].
Der Dynamikkoeffizient a ist je nach Versuchsanordnung Schwankungen
unterworfen. Für die Praxis ist es ausreichend, ihn 1,19 zu setzen. Die experi-
mentell gemessenen flächenbezogenen Rückstoßkräfte liegen damit in der Mit-
te des thermodynamischen und stationär berechneten Wertes (Abb.2.198).

1000 .------r-----r-.nn

Ne
--z
~ 500

--
L.L.
0 ::
L.L.

o ~~----~------~
o 5 10
Pred ,max [bar]
Abb.2.198. Gemessene und errechnete flächenbezogene Rückstoßkraft FR
bei Explosionsdruckentlastung
462 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Dies gilt nicht bei Vorhandensein von Ausblasrohren, die der Entlastung nach-
gesetzt sind. In diesem Fall deutet sich eine Annäherung an die stationäre Be-
rechnungsmethode an. Dieses Phänomen läßt sich durch die Betrachtung der
Ausströmbehinderung aus dem explosionsdruckentlasteten Behälter erklären
[113).
Das Rückstoßmoment auf den explosionsdruckentlasteten Behälter kann
durch gegenüberliegende gleichgroße Entlastungsöffnungen kompensiert wer-
den.
Interessant sind die Beobachtungen von Brunner [113). Er stellt für einen
vorgegebenen Brennstoff und ein bestimmtes Behältervolumen fest, daß, wie
erwartet, der reduzierte maximale Explosionsdruck mit zunehmender Entla-
stungsfläche asymptotisch fällt. Anders verhalten sich dagegen die Rückstoß-
kräfte. Sie steigen zunächst an, erreichen bei einer "optimalen Entlastungsflä-
che" eine "optimale Rückstoßkraft", um anschließend zu größeren Entla-
stungsflächen hin wieder abzufallen. Für mehrere brennbare Stäube wurde
festgestellt, daß der dazugehörige reduzierte maximale Explosionsdruck
3,3 bar beträgt. Bei sehr großen Entlastungsflächen nähert sich bei freier Ent-
lastung die Druckwirkung immer mehr dem statischen Ansprechdruck der
Entlastungseinrichtung. Daher nähert sich auch die Rückstoßkraft einem Mi-
nimalwert, um anschließend linear proportional zur Entlastungsfläche wieder
zuzunehmen.
Brunner [113) untersuchte auch das Tragwerkverhalten von zwei Stahlträ-
gern bei Explosionsdruckentlastung eines 10 m3-Behälters. Die Masse dieser
Träger konnte durch Aufschichten einer oder mehrerer Lagen von Betonplatten
verändert werden. Die Bruchgrenze des einen Systems wurde nach den übli-
chen statischen Methoden zu 77 KN und eines zweiten Systems zu 35 KN be-
rechnet. Beide Systeme widerstanden jedoch einer Rückstoßkraft von 110 KN
bei einer bleibenden Verformung von 19 bzw. 33 mm. Dieses Untersuchungser-
gebnis zeigt die Reserven von duktilen Werkstoffen bei relativ kurz dauernder
Stoßbelastung gegenüber der statischen Berechnungsmethode auf.
Für die praktische Auslegung der einen explosionsdruckentlasteten Behälter
stützenden Baukonstruktion ist daher nicht nur die berechnete maximale
Rückstoßkraft allein, sondern auch deren zeitlicher Ablauf maßgebend [113).
Zur Berücksichtigung wird der vom Rückstoß übertragene Impuls auf einen
flächengleichen Rechteckimpuls gleicher Impulsdauer zurückgeführt [141).
Hierbei läßt sich für den quasi statischen Lastfall ein "Belastungsfaktor b" de-
finieren FR
b=--
FR,max
Er ist das Verhältnis aus der sich ergebenden Rückstoßkraft als Maß für die
Höhe des Rechteckimpulses und der maximal auftretenden Rückstoßkraft
FR,max.
Für die Praxis kann b = 0,52 gesetzt werden. Die zu berücksichtigende Rück-
stoßkraft (statische Ersatzlast) berechnet sich daher wie folgt
FR = 0,52 ·119· F·Pred,max =0,62· F· Pred,max .
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 463

Die Berücksichtigung des Schwingungsverhaltens der Baukonstruktion kann


für den Fall der im Bauwesen üblichen duktilen Werkstoffe der Tragwerke
ebenfalls durch den angegebenen Faktor 0,52 als baudynamischer Belastungs-
faktor beschrieben werden. Sollten sich unter diesen Lastfällen aufgrund des
Schwingungsverhaltens der Baukonstruktion nicht tolerierbare plastische Ver-
formungen der Tragwerke ergeben, ist die oben angegebene statische Ersatzlast
aus Sicherheitsgründen um 50070 zu erhöhen.
Weitere Einzelheiten zu "Rückstoßkräfte" sind den genannten Veröffentli-
chungen zu entnehmen.
Die Schutzmaßnahme Explosionsdruckentlastung ist in erster Linie für Be-
hälter und Apparaturen entwickelt worden. Sie sorgt dafür, daß die zu schüt-
zende Anlage nicht aufreißt und Menschen nicht gefährdet werden. Auch Räu-
me können bei ausreichender Festigkeit der sie umgebenden Wände durch die-
se Maßnahme abgesichert werden, aber nicht die Personen, die sich darin auf-
halten. Die Apparaturen in solchen Räumen müssen in diesen Fällen fernbetä-
tigt werden und ein Betreten während des Betriebes ist zu untersagen. Die Ex-
plosionsdruckentlastung dient nur dem Schutz des Gebäudes. Sie kann bei-
spielsweise über Fenster, Außenwände oder das Dach des zu schützenden
Raumes erfolgen. Durch eine ausreichend bemessene Schutzzone im Bereich
der Druckentlastungseinrichtung außerhalb des Raumes muß eine Gefährdung
von Menschen ausgeschlossen sein. Als Werkstoff für Druckentlastungsflä-
chen sollte wegen der Splitterwirkung weder Fensterglas (Abb.2.199) noch
ähnliches Material verwendet werden. Zu bevorzugen sind Werkstoffe, die
(ähnlich Sicherheitsglas; Abb. 2.200) krümelig zerfallen [116].

Abb. 2.199. Fensterglas nach Explosionsbelastung


464 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb. 2.200. Sicherheitsglas mit Sollbruchstelle nach Explosionsbelastung

In Sonderfällen kann es angebracht sein, auch Räume ohne fernbetätigte


Anlagen oder Gebäude bzw. deren Teile mit Druckentlastungseinrichtungen zu
versehen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach dem dynami-
schen Ansprechverhalten von Fensterglas. Die Untersuchungen erfolgten in
Verbindung mit einem langgestreckten 20 m3-Behälter, an dessen Stirnseite
0,5-1 ,5 m2-Glasscheiben von 2-6 mm Dicke montiert waren (Abb. 2.201).
Die Druckbelastung wurde durch langsam ablaufende (Explosionsgeschwin-
digkeit im Scheibenbereich einige m/s) und heftig ablaufende Propanexplosio-
nen (Explosionsgeschwindigkeit im Scheibenbereich einige 10 m/s) erzeugt
[117].
Die Abhängigkeit des dynamischen Ansprechdruckes Pdyn von der Schei-
bendicke und der Fensterfläche F folgt innerhalb des untersuchten Bereichs
den Gleichungen
langsamer Explosionsablauf
Pdyn = (-0,025 F +0,053)d+O,022 F-O,047

heftiger Explosionsablauf
Pdyn = (-0,0357 F+O,09)d+O,058 F-O,134 .

Abbildung 2.202 macht nicht nur deutlich, daß speziell bei dickeren Scheiben
und heftigem Explosionsablauf die Fensterfläche deutlich später freigegeben
wird als bei langsamem Explosionsablauf, sondern auch, daß selbst bei großen
Fenstern geringerer Dicke (2 mm) der dynamische Ansprechdruck den Schwel-
lenwert überschreitet, bei dem nicht unerhebliche Gebäudeschäden zu erwarten
sind.
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 465

Abb.2.201. 1,5 m2-Glasscheibe vor Explosionsbelastung

[bar]
F=1 5 m 2

0,1751- om = 0,1 - 1.3 bar/s

n"O
~ O)150~
• m= 0,4 - 4.0 bar /s /

.Y
u •

~2 0,125 I- EXPI:=t~~gse~ /
~ ablauf
CO-
~ 0,100 I- •

i
!.
0,075- / 0/
.~ /
o 0,050- 0
~ ~angsamer
,/0 Explosions-
0,025 - •/ ablauf
o
__~<2.I:!.Qq~I}_Q!J_l~9b!!w. _ft'1~~I:!.~I}'~§D9~.0.!~_
Türen ,Fenstern und Dächern
OL-__L-~L--J__~__~__-"
o 2 3 4 5 [mm]
Scheiben dicke d
Abb. 2.202. Dynamischer Ansprechdruck Pdyn von Glas als Funktion der Scheibendicke d
466 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Es wurde bereits auf Splitterwirkung von Fensterglas im Explosionsfall hin-


gewiesen. Dies kann durch Aufziehen von Splitterschutz-Film (z. B. Resistant-
Film P 66, d = 0,05 mm) verhindert werden.
Splitterschutz-Film hat im Vergleich zu Polyethylen-Folien (Thbelle 2.23)
einen relativ hohen statischen Ansprechdruck [118]
0,238
Pstat=D'

der jedoch bei Explosionsbelastung zufolge Beeinflussung durch Wärmestrah-


lung herabgesetzt wird. 'Trotzdem wird
bei Anordnung des Films auf der dem Druck ab gewandten Seite z. B. einer
2 mm-Glasscheibe deren statischer Ansprechdruck im Rahmen der Ver-
suchsgenauigkeit nicht beeinflußt (Schwächung des Films durch scharfkan-
tige Glassplitter), während
bei Anordnung auf der dem Druck zugewandten Seite der statische An-
sprechdruck der Glasscheibe um ca. 500/0 angehoben wird.
Davonfliegende Splitter wurden nur im zuletzt betrachteten Fall beobachtet.
Um beurteilen zu können, ob die Splitterwirkung von verglasten Betriebs-
räumen bei einer Explosion außerhalb durch Splitterschutz-Film herabgesetzt
werden kann, wurden Untersuchungen mit Druckstoßbelastung durchgeführt
[119].
Hierfür wurde ein explosionsdruckentlasteter 2 m3-Behälter verwendet. Der
Entlastung (DN 400) war ein 7,5 m langes Ausblasrohr nachgesetzt, dessen
Mundloch auf das Zentrum eines 0,86 m 2 großen, in vorgegebener Entfernung
im Boden verankerten Fensterrahmens mit 2 mm-Glas gerichtet war
(Abb. 2.203). Als Brenngas fand Propan Anwendung. Abbildung 2.204 zeigt
den Zusammenhang zwischen dem Außendruck und der Entfernung des Fen-
sterrahmens vom Mundloch der Ausblasleitung einerseits und dem Scheiben-
bruchbereich andererseits.
Bei Nichtvorhandensein von Splitterschutz-Film ging die Scheibe bis zu ei-
ner Entfernung von 20 m zu Bruch (Abb. 2.205). Der an dieser Stelle auftreten-
de Druck entsprach ungefähr dem statischen Ansprechdruck der Glasscheibe.
Bei Anordnung von Splitterschutzfilm auf der dem Druck abgewandten Sei-
te trat eine Zertrümmerung der Glasscheibe, bei verminderter Splitterwirkung
hingegen nur bis zu einer Entfernung von 10 mein (Abb.2.206).
Bei Auftrag des Splitterschutzfilms auf der dem Druck zugewandten Seite
der Scheibe wurde wiederum der Scheibenbruchbereich bei erhöhter Splitter-
wirkung erweitert.
Zusammenfassend ist daher festzustellen, daß Splitterschutz-Film, auf der
der Druckbelastung abgewendeten Scheibenseite aufgetragen, bei verminderter
Splitterwirkung den Scheibenbruchbereich deutlich einengt.
Bei einer im Störfall im Betriebsraum auftretenden Explosion werden im all-
gemeinen die Fassadenverkleidungen (Abb. 2.207) zerstört. Das in Abb. 2.208
gezeigte Beton-Fassadenelement ist sicherlich keine Lösung für diese Problem-
stellung. Scholl [120] untersuchte daher zur Beurteilung der Gebäudefestigkeit
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 467

-"

Abb. 2.203. Versuchsanordnung: Druckstoßbelastung von Fensterrahmen

I druckO~~'::w.seite I )
Film
druckzugew.Seite

I---- Glas ohne F i l m - - j

[mbar] , - - - - - - - - - - - - ,

a.
0>

.z.,
C
200
o
Gi
.,.,
.0

2
~ 100
o
...
:l
o
d=2 mm
F=O,86 m 2

o~ __ ~ __ ~ __ ~ __ ~

o [m]
Entfernung vom Mundloch des Ausblasrohres

Abb. 2.204. Einfluß von Splitterschutz-Film auf das Bruchverhalten von Glas
468 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb. 2.205. Unbeschichtetes Glas in 20 m Abb. 2.206. Auf druckabgewendeter Seite


Entfernung vom Mundloch des Ausblasroh- beschichtetes Glas in 12 m Entfernung vom
res (p = 35 mbar) Mundloch des Ausblasrohres (p = 83 mbar)

Abb.2.207. Fassadenverkleidung nach Ex- Abb. 2.208. 2 m2-Beton-Fassadenelement


plosion in einem Betriebsraum (G = 500 kg) nach Belastung durch eine Pro-
panexplosion
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 469

Bauelemente bei dynamischer Belastung. Er benutzte hierfür eine 100 m lange


Rohrleitung ON 1600 mit einem in 5 m Entfernung vom Mundloch angeordne-
ten Rahmengerüst als Träger für die Bauelemente. Die Belastungsversuche
wurden mit explosions fähigen Methan/Luft-Gemischen durchgeführt. Scholl
fand, daß die Verformung von Wandelementen (Sandwich-Fassadenwände),
wie erwartet, von der Stützweite abhängt. Beträgt sie 3 m, dann werden sie be-
reits bei einer dynamischen Belastung von 0,23 bar durchgebogen. Wird die
Stützweite auf 1,5 m verringert, dann ergeben sich bei der vorgenannten Bela-
stung nur unwesentliche Verformungen (Abb. 2.209), während bei einer Bela-
stung mit 0,46 bar Einknicken zu beobachten ist (Abb.2.210).
Weitere Einzelheiten auch über das Verhalten von Dachelementen bei dyna-
mischer Belastung sind dem angegebenen Bericht zu entnehmen.
Günstig für die Explosionsdruckentlastung von Räumen verhalten sich auch
speziell entwickelte Leichtmetall-Bauelemente [121].
Bei Fensterelementen (Abb.2.211) entspricht der dynamische Ansprech-
druck Pdyn der Verglasung den auf S. 463 angegebenen Berechnungsgleichun-
gen. 5 mm Sekuritglas hat gegenüber 5 mm Normalglas einen um ca. 150/0 ge-
ringeren Ansprechdruck.

Abb. 2.209. Wandelement mit Stützweite Abb.2.210. Wandelement mit Stützweite


1,5 m (p = 0,23 bar) 1,5 m (p = 0,46 bar)
470 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb.2.211. Verglastes 0,81 m2 -Leichtmetall- Abb.2.212. 2,3 m2-Leichtmetall-Fassaden-


Fensterelement element

Leichtmetall-Fassadenelemente (Abb.2.212) geben bei einem zeitlichen


Druckanstieg einer Propanexplosion im Fassadenbereich von
dpfdt = 0,25 -1,0 barfs die Entlastungsöffnung bei einem dynamischen An-
sprechdruck von Pdyn = 0,04-0,06 bar frei. Ihre Flugweite beträgt lediglich ei-
nige Meter.

3.3.2.2 Dimensionierung von Explosionsdruckentlastungsöffnungen


3.3.2.2.1 Brenngase
Donat erkannte frühzeitig die Vielschichtigkeit der Problematik "Explosions-
druckentlastung von Behältern bei befürchteten Brenngasexplosionen"
[122-125]. Er berechnete im Jahr 1966 nach den zu dieser Zeit vorhandenen
10 Berechnungsverfahren für konstante Bedingungen die erforderliche Entla-
stungsfläche für einen 5 m 3-Behälter mit dem in Abb.2.213 angegebenen Er-
gebnis. Bei einer maximal möglichen Entlastungsfläche von 400 mm Durch-
messer lagen nur zwei der Flächen in diesem Bereich, eine lag deutlich darun-
ter, während die restlichen sieben Flächen sehr viel größer waren. Die allgemei-
ne Gültigkeit dieser Berechnungsverfahren mußte daher angezweifelt werden.
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 471

P$lal ~ ',0 bor


p, z 40 bor
I ,IOO'C

... ,o,ßI
B~hÖltrrd,,(h' mit 6 Anschlußslu/nn
und 1 Mannloch

Abb.2.213. Berechnung der für ein Brenngas notwendigen Explosionsdruck-


entlastungsfläche nach zehn Literaturangaben 1966 [125]

Um daher der Industrie eine praktikable Lösung dieses Problems anbieten


zu können, ging Donat davon aus, daß im Falle der Brenngase das "Kubische
Gesetz"

(dp/dt)max, v1 . vl /3 = (dp/dt)max' v2 . VY3 = KG

nicht nur für einen geschlossenen, sondern auch für einen explosionsdruckent-
lasteten Behälter gilt

(dp/dt) Pred,max,V . V1I3


1 t
= (dp/dt)
P red,max,V2
. V21I3 = KG,Pred,max

Danach kann man annehmen, daß für einen konstanten Ansprechdruck einer
Berstscheibe als EntIastungseinrichtung und für einen konstanten reduzierten
maximalen Explosionsdruck auch die spezifische EntIastungsfläche

f=~
V
diesem Gesetz folgt

f 1 'V1I3
1 -- f 2' v2II3
472 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Es ist daher nicht nur möglich, bei Kenntnis der für ein Volumen VI experi-
mentell bestimmten Entlastungsfläche F I die erforderliche Entlastungsfläche
F 2 für ein Volumen V2 zu berechnen, sondern man kommt auch mit deutlich
kleineren Entlastungsöffnungen aus als z. B. bei proportionaler Umrechnung.
Die in den letzten Jahrzehnten bei der Bergbau-Versuchsstrecke (Dortmund-
Derne) und der Ciba-Geigy AG (Basel) erhaltenen Untersuchungsergebnisse
über die Explosionsdruckentlastung von Brenngasen wurden nach dem heuti-
gen Erkenntnisstand einer erneuten Auswertung unterzogen.
Es handelt sich hierbei um Versuche, die in explosionsdruckentlasteten Be-
hältern von 1-30m3-Inhalt (Abb.2.214-2.216), teilweise auch in einem Be-
tonbunker von 60 m3-Inhalt (Abb. 2.217) durchgeführt wurden [126] . Der sta-
tische Ansprechdruck der Entlastungseinrichtung in Form von Berstscheiben
betrug Pstat = 0,1 - 0,5 bar.
Die gasspezifische Kenngröße KG der verwendeten Brenngase, gemessen in
Volumina < 1 m 3, war wie folgt abgestuft:
Methan: KG = 55 bar·m·s- I,
Propan: KG = 100 bar · m . s - I,
Stadtgas: KG = 140 bar·m·s- I,
Wasserstoff: KG = 550 bar · m . s -I .

Abb.2.214. Explosionsdruckentlasteter 1 m3-Behälter


3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 473

Abb. 2.215. Explosionsdruckentlasteter


10 m3-Behälter

Abb. 2.216. Explosionsdruck-


entlasteter 30 m3-Behälter
474 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb.2.217. Propanexplosion im explosionsdruckentlasteten 60 m3-Behälter

Der maximale Explosionsdruck lag in dem Bereich von Pmax = 6,8 - 7,6 bar.
Die Explosionsdruckentlastungsversuche erfolgten stets über einen breiten
Konzentrationsbereich.
Die folgenden Ausführungen beziehen sich zunächst auf explosions-
druckentlastete Brenngasexplosionen mit Gemischentzündung bei Normal-
druck im ruhenden Zustand und einen statischen Ansprechdruck der Berst-
scheiben von Pstat = 0,1 bar.
Nach Angaben von Abb.2.218 hängt der Flächenbedarf bei Explosions-
druckentlastung (z. B. Propan) von der in der Zündquelle freigesetzten Energie

x
c
E
11 [bar]
O-~

.::.:
ü
::J
1,5-
\\ \
.LI.<>
• E=10J
Ll.E=100J
L
-0 \ \\ <> E=10kJ
rn
c
o
'00
1,0- .LI. <>
o
'-""'<>
"~•
0-
X
W 0,51-
X
o
E OL-__L-I__~I__~I__~
-0
Q)
L o 0,25 0,50 0,75 [m 2 ]
Entlastungsfläche F
Abb. 2.218. Einfluß der Zündenergie E auf den Flächenbedarf von Propanexplosionen im
2 m3-Behälter (Pstat = 0,1 bar). Gemisch im ruhenden Zustand entzündet
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 475

E ab und nimmt in der Reihenfolge


Induktions-Dauer-Funkenstrecke: E = 10 J,
- Kondensatorentladung: E = 100 J,
- Pyrotechnische Zünder: E = 10 kJ
zu. Die folgenden Betrachtungen beziehen sich daher auf die bei Brenngas-
(Lösungsmitteldampf-) Untersuchungen übliche Zündenergie von E = 10 J
(Dauerfunkenstrecke).
Zunächst wurden in einem ersten Schritt die für die verschiedenen Behälter-
volumina erhaltenen und auf einen bestimmten reduzierten maximalen Explo-
sionsdruck Pred,max bezogenen Entlastungsflächen F nach dem Kubischen Ge-
setz auf ein 1 m3-Volumen umgerechnet. Das Auswertungsergebnis ist für alle
Brenngase ähnlich und für Propan in Abb. 2.219 beispielhaft dargestellt.
In doppeltlogarithmischer Darstellung deutet sich zwar für einen gewissen
Bereich ein linearer Zusammenhang zwischen Druckwirkung und Fläche an,
die erwartete Übereinstimmung des Flächenbedarfs für die verschiedenen Be-
hältervolumina ist jedoch nicht vorhanden, der vielmehr, bezogen auf einen
konstanten reduzierten maximalen Explosionsdruck, bis zu einem Volumen
von 10 m3 zunächst zu- und dann wieder abnimmt. Ursache hierfür könnte
sein, daß sich bei dieser Behältergröße die beim Ansprechen der Berstscheibe
unter dem Druckgefälle einsetzende, die Gemischturbulenz erhöhende und da-
mit die Brennfläche, d.h. die Flammengeschwindigkeit vergrößernde Gasströ-
mung im Behälterinnern besonders günstig auswirkt [126].
Aus Abb.2.219 geht ferner hervor, daß die angesprochene Linearität für
Drücke und Pred,max > 1 bar verlassen wird, und daß für kleine Entlastungsflä-
chen (F < 0,1 m2) eine eindeutige Zuordnung nicht mehr vorhanden ist.
Man hat sich also dessen bewußt zu sein, daß die Ergebnisse von Explo-
sionsdruckentlastungsversuchen mit Brenngasen einen relativ großen Streube-

[bar] r - - - - - - - - - - - - - - - - - ,

6,,~
D ",
2,0 -----------------------':---~~-\-----------------------

1 0 _______________________ ___
,
0,8 - Ergebnisse:
~ ~~\--------------------
0.0.
'\.
o V=1 m3 0 ~ ".0.
0,6 - 0 V=2 m3 00 \.0.
.0. V=10 m3 CO \
0,4 - 0 V=30 m; 0 .0.
o V=60 m '.0.
nach kubischem Gesetz 0 \.
0,2 - auf 1 ml umgerechnet 00 \

0,1 ':-_...LI-:--_.l-I....JI'---'I_.l-I_....JI'---_.l.I_L...l..~L
0,01 0,02 0,040,06 0,1 0,2 0,4 O,60,8[m 2 ]
0,08 F

Abb. 2.119. Propan: Reduzierter maximaler Explosionsdruck Pred,max


als Funktion der Entlastungsfläche F (E = 10 J, Pstat = 0,1 bar)
476 3 Konstruktiver Explosionsschutz

reich haben. Mit Hilfe der einhüllenden Geraden kann jedoch der Zusammen-
hang zwischen Entlastungsfläche F und reduziertem maximalem Explosions-
druck für Pred,max ~ 2 bar beschrieben werden. Hierbei wird in Kauf genom-
men, daß
für Behältervolumina, die von V = 10 m 3 abweichen, ggf. kleinere Entla-
stungsflächen ausreichend sind und
für eine Druckwirkung von Pred,max > 1 bar die errechneten Flächen etwas
größer sind als die experimentell bestimmten (gestrichelter Bereich).
Unter dieser Voraussetzung gilt für die untersuchten Brenngase die folgende
allgemeine Gleichung für den Zusammenhang zwischen der Entlastungsfläche
F und dem reduzierten maximalen Explosionsdruck Pred,max' der der zu for-
dernden Mindest-Explosionsfestigkeit p [79] des zu schützenden Behälters ent-
spricht:
F = a· Pred,
-b
max

Die Faktoren sind Thbelle 2.24 zu entnehmen.


Während der Exponent des reduzierten maximalen Explosionsdruckes im
Rahmen der Versuchsgenauigkeit unabhängig von der Art des Brenngases ist,
nimmt der Faktor b gemäß Abb. 2.220 in halblogarithmischer Darstellung line-
ar mit steigender gasspezifischer Kenngröße KG , d.h. mit zunehmender Ver-
brennungsgeschwindigkeit, zu.
Damit gilt für
Behältervolumina von V ~ 1000 m 3 ,
einen maximalen Explosionsdruck von Pmax = 6,8 - 7,5 bar,
eine gasspezifische Kenngröße von Ko ~ 550 bar· m· s -I ,
einen statischen Ansprechdruck der Entlastungseinrichtung in Form einer
Berstscheibe von Pstat = 0,1 bar und
einen reduzierten maximalen Explosionsdruck von Pred,max ~ 2 bar
unter Einbezug des zu schützenden Behältervolumens V die folgende empiri-
sche Gleichung für die Berechnung der Entlastungsfläche F von Brenngasen
in Abhängigkeit vom reduzierten maximalen Explosionsdruck Pred,max:
F = (0 , 1265 log KG
-00567)
, p-O,5817.
red,max V /
2 3

Tabelle 2.24. Faktoren für die Berechnung des Flächenbedarfs von


Brenngasen bei Gemischentzündung im ruhenden Zustand
(Pmax=6,8-7,6bar, Pstat=0,1 bar, E= 10J)

Brenngas KSt a b
[bar·m·s- I ]

Methan 55 0,164 0,5720


Propan 100 0,200 0,5797
Stadtgas 140 0,212 0,5900
Wasserstoff 550 0,290 0,5850
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 477

0,3

0,2

E=10J
p =0,1 bar
Stat.
0,1
:::
.. 2
5 5; "i
li !!
:::::E D.. (I) ~
~ LO---::'55::--c'1~~O:-,Ic,.14""O:---5=-:~~0:-;:['="bar. m .s~
Kc
Abb. 2.220. Faktor ader Berechnungsgleichung für den Flächenbedarf als Funktion
der gasspezifischen Kenngröße Ko

Der Flächenbedarf für Propan und Wasserstoff kann auch aus dem in
Abb. 2.221 angegebenen Nomogramm abgeschätzt werden. Hierfür wird auf
der Abszisse des rechten leils des Nomogramms zunächst der Wert für das Vo-
lumen V gesucht. Von dort geht man senkrecht nach oben bis zum Schnitt-
punkt mit der Isobaren, die den gewünschten Wert für den reduzierten maxi-
malen Explosionsdruck Pred,max (entsprechend der vorgesehenen Behälterfe-
stigkeit p) angibt. Von hier wird eine Parallele zur Abszisse bis zum Schnitt-
punkt mit der im linken Nomogrammteil gelegenen geneigten Geraden gezo-
gen, die alle Punkte des gleichen Brenngases verbindet. Der Abszissenwert die-

Pred.m;;,,p.
[bar]

0,2
0,4
0,6
1,0
1,5
2,0

100 10 100 1000

Abb. 2.221. Explosionsdruckentlastung Brenngase: Nomogramm für die Abschätzung des


Flächenbedarfs (Gemische im ruhenden Zustand entzündet, P,tat = 0,1 bar)
478 3 Konstruktiver Explosionsschutz

ses Schnittpunktes gibt unmittelbar die Größe der erforderlichen Entlastungs-


fläche F an, die nach den Angaben von Abb. 2.222 im Bedarfsfall auch in
mehrere Einzelflächen aufgeteilt werden kann.
Stellt sich andererseits für ein vorgegebenes Behältervolumen V bei festge-
legter Entlastungsfläche F die Frage nach der Mindest-Behälterfestigkeit p
(nach dem reduzierten maximalen Explosionsdruck Pred,ma0, dann gilt
p = Pred,max = (0,0778 log KG -0,0932)F- 1,719·V1,146.
Die Berechnungsgleichungen und das Nomogramm berücksichtigen, wie be-
reits bemerkt, den Einfluß des dynamischen Ansprechdruckes der Berstschei-
ben auf den Entlastungsvorgang.
Die bisherigen Betrachtungen beziehen sich auf einen statischen Ansprech-
druck der Entlastungseinrichtung in Form einer Berstscheibe von Pstat =
0,1 bar. Grundsätzlich läßt eine Erhöhung dieses Ansprechdruckes eine Zu-
nahme des Flächenbedarfs erwarten.
Im 1 m3-Behälter wurde für Methan beobachtet (Abb.2.223, oben), daß
nur große Entlastungsflächen den reduzierten maximalen Explosionsdruck
linear verändern. Bei kleinen Flächen durchläuft die Druckwirkung zunächst
ein Maximum und anschließend ein Minimum, um dann erst bei relativ hohen
Ansprechdrücken stetig anzusteigen. Dieser Effekt, der auch von Rarris und
Briscoe mit Pentan in einem 1,7 m 3-Behälter beobachtet wurde [127], vermin-
dert sich mit zunehmender normaler Verbrennungsgeschwindigkeit der Brenn-
gase und ist bei Wasserstoff und auch in größeren Behältern (V ~ 10m3) nicht
beobachtet worden. Er ist auf die Thrbulenzverstärkung des noch unverbrann-
ten Gemisches durch den Entlastungsvorgang zurückzuführen. Dies hat zur
Folge (Abb.2.223, unten), daß für den 1 m3-Behälter für den Bereich von
0,1 bar> Pstat < 1,0 bar keine eindeutige Zuordnung von Entlastungsfläche F
und reduziertem maximalem Explosionsdruck Pred,max besteht.

[bar]

\
0

3-
o F=n x DN6DD
.0.
..
tP F=n x DN8DO
o F=n x DN1000

'"
~
a.
2-
0

\.
1- "-..0.
o~.o.
' - 0• .0.
0 I J I I I~o_ 0
0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 [m 2 ]
F

Abb.l.lll. Methan: Reduzierter maximaler Explosionsdruck Pred max als Funktion


der Entlastungsfläche F bei Flächenaufteilung (V = 30 m3, Pstat ='0,1 bar)
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 479

[bar]

o 0,2-
0,4

0,3 - 0-

~:::::-S~
_0
0----
~

° ° Methan
0,11-- o Propan
" Stadtgas
° Wasserstoff
O~_L-I~I__~I__~I__~

[m 2 ] ,-----------:::;;;;>"'"-----,

}
0 __ 0
p =0,5 bar
,,~
red.mal(.
0,3
, , -0:'----_ ___
O-~
0_°
}
lJ... 0,2
0--0 - p =2.0 bar
red.max.

0,1 A- 4=:::============
ö::::=",b'--

PS!at.
Abb.2.223 Abb.2.224

Abb. 2.223. Einfluß des statischen Ansprechdruckes Pstot von Berstscheiben auf den Flä-
chenbedarf von Methan im 1 m3-Behälter
Abb. 2.224. Einfluß des statischen Ansprechdruckes Pstot von Berstscheiben auf den Flä-
chenbedarf von Brenngasen im 1 m3-Behälter

Wendet man auf die Versuchsergebnisse bei erhöhtem statischem Ansprech-


druck das gleiche Auswerteverfahren an wie für Pstat = 0,1 bar und wird der
reduzierte maximale Explosionsdruck nach oben auf Pred,max = 2 bar be-
grenzt, dann fällt die oben angesprochene Anomalie in den Streubereich (s.
Abb.2.219). Für diesen Fall ändert sich nach den Angaben von Abb.2.224
(oben) der Faktor a der Gleichung
F = a' Pred,max
-b

linear mit sich veränderndem statischem Ansprechdruck Pstat der Berstscheibe


am 1 m 3-Behälter, und die Steigung ist unabhängig von der Art des Brennga-
ses. Dies bedeutet (Abb. 2.224, unten), daß die Flächenzunahme LlF gegenüber
einem statischen Ansprechdruck von Pstat = 0,1 bar wie folgt nur vom redu-
zierten maximalen Explosionsdruck abhängt:

LlF = 0,1754'Pr~g:~;; (Pstat -0,1) .


480 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Hieraus folgt ganz allgemein für den Zusammenhang zwischen der Entla-
stungsfläche Fund
der gasspezifischen Kenngröße: Ko =s; 550 bar' m . s -1 ,
dem reduzierten maximalen Explosionsdruck: Pred,max =s; 2 bar,
dem statischen Ansprechdruck der Berstscheibe:
Pstat =s; 0,5 bar bzw.
dem zu schützenden Behältervolumen: V =s; 1000 m 3
die allgemeine Gleichung

F = [(0,1265 log Ka -0,0567) p;g:~~ +0,1754 p;&~;; (Pstat -0,1)]V2/ 3•


Die bei Erhöhung des statischen Ansprechdruckes erforderliche, auf einen vor-
gegebenen reduzierten maximalen Explosionsdruck bezogene prozentuale Flä-
chenvergrößerung fällt daher mit zunehmender gasspezifischer Kenngröße
K o·
Die mit Propan in Volumina V ~ 1 m 3 festgestellte überhöhte gasspezifische
Kenngröße (s. Abb. 1.36) ist für die Explosionsdruckentlastung ohne Bedeu-
tung, weil sie sich erst gegen Ende der Verbrennung einstellt (s. Abb. 1.35) und
der Entlastungsvorgang deutlich früher in das Explosionsgeschehen eingreift.
Wird obige Gleichung für andere Brenngase angewendet als die genannten,
dann sind deren Explosionskenngrößen grundsätzlich in Volumina V< 1 m 3
in Gegenwart einer Zünd quelle in Form einer Dauerfunkenstrecke mit einem
Energieinhalt von E = 10 J zu bestimmen.
Bei zu schützenden Behältern ist für die Bemessung von Entlastungsflächen
im Normalfall das Leervolumen zugrunde zu legen. Sind Einbauten vorhanden
(z. B. Filterschläuche oder Filtertaschen), so muß geWährleistet sein, daß der
Entlastungsvorgang von den Einbauten nicht behindert wird. Daher dürfen
z. B. Filterschläuche die Entlastungsfläche nicht verdecken [128]. Im Zweifels-
fall muß die Entlastungsfähigkeit (Abb. 2.190) nachgewiesen werden.
Beim Ansprechen der Explosionsdruckentlastung ist selbst bei relativ klei-
nen Behältern mit dem Austreten von noch explosionsfähigem Gemisch, Flam-
menerscheinungen und Druckentwicklung zu rechnen. Das zunächst unver-
brannte Gemisch wird vor der Entlastungsöffnung entzündet. Wird daher die
Explosionsdruckentlastung an Behältern oder Apparaten in Gebäuden ange-
wendet, so ist es zum Schutze der Räume und Personen zwingend notwendig,
sie über ein Abblasrohr (Ausblasrohr) in ungefährliche Richtung ins Freie zu
führen. Allerdings werden hierdurch die Explosionswirkung und damit die
Druckwirkung im zu schützenden Behälter angehoben [129]. Diese Verstär-
kung des Explosionsablaufs steht im ursächlichen Zusammenhang mit der Be-
einflussung des primären Explosionsablaufs im Behälter selbst und durch den
sekundären Explosionsablauf im Ausblasrohr (Abb. 2.225).
Nach dem Ansprechen der Berstscheibe wird das zunächst gemischfreie Aus-
blasrohr durch Vorschub von noch unverbranntem Brenngas/Luft-Gemisch
vor der Flammenfront mit explosionsfähigem Gemisch befüllt, das anschlie-
ßend durch den aus dem zu schützenden Behälter austretenden Flammenstrahl
entzündet wird. Die Druckwirkung der Sekundärexplosion behindert den Ab-
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 481

(~\=55b~r
~ /red.
Cl
Pred. =2,4 bar
C
::J
_______________________________________ ungehinderte
"0
~
C m J -Behälter Entlastung
:::J

(~)r:~60 b~r
L.
0 N
.0
'--' ..c:
0
.,; 0
e c
a. I/) r---~~-~--~-~--~---------------------------- Entlastung
E , mJ-Behälter Pred. =2,2 bar über
0
l()
1-----_ . . ._------------------------ Abblasrohr

Jt
Abblasrohr
Zeit -
[ms]

Abb.l.125. Zeitlicher Druckverlauf einer Propanexplosion im explosionsdruckentlasteten


1 m3-Behälter ohne und mit 6 m-Ausblasrohr (F = 0,03 m2, Pstat = 0,15 bar)

- --
5,0

2,5
V
<; 2,0
f,..-- I........ Abblasrohr:

L------ - v" ;0 330m/s,I;o3m

----
t! ~ ..........

.l: / - - V" < 330m/s,I>3m


1,0
0 /
:;;
oS
..Q
V ......
0,5
«
..Q

...................
E
...11- ,/'"
..................

0,1
0,1 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,5 2,0
p". ohne Abblasrohr [bar]

Abb. 2.226. Brenngase: Einfluß von Abblasrohren auf den reduzierten maximalen Explo-
sionsdruck p'red,max im zu schützenden Behälter

strömvorgang und erhöht gegenüber der freien Entlastung z. B. bei dem in


Abb. 2.225 gezeigten Beispiel
- den reduzierten Explosionsdruck Pred um 125070 und
- den reduzierten zeitlichen Druckanstieg (dp/dt)red um 373%.
Besonders stark ist die Anhebung der reduzierten maximalen Explosionskenn-
größen, wenn die Explosionsgeschwindigkeit im Ausblasrohr die Schallge-
schwindigkeit erreicht. Dies ist dann zu erwarten [130], wenn die Rohrlänge
ungefähr 3 m und mehr beträgt. Die Überwindung des Leitungswiderstands ist
also für die betrachteten Vorgänge von untergeordneter Bedeutung. Bestim-
482 3 Konstruktiver Explosionsschutz

mend für die Höhe des reduzierten maximalen Explosionsdruckes p/red,max im


Behälter bei Explosionsdruckentlastung über Ausblasrohre ist der reduzierte
maximale Explosionsdruck Pred,max bei freier Entlastung. Entsprechende Zah-
lenwerte können Abb. 2.226 entnommen werden.
Entsprechend der zu erwartenden Anhebung der Druckwirkung im zu
schützenden Behälter ist dessen Explosionsfestigkeit p wie folgt zu erhöhen
Abblasrohrlänge I< 3 m: p = p'red, max = 1,24 pO,8614
red, max

Abblasrohrlänge I;::: 3 m: p = P~,max = 2,48 P~~:ax .


Ist hingegen die Behälterfestigkeit p = p'red,max vorgegeben, dann ist die Entla-
stungsfläche F so groß zu wählen, daß sich der folgende reduzierte maximale
Explosionsdruck Pred,max bei freier (ungehinderter) Entlastung einstellt
Abblasrohrlänge 1< 3 m: Pred,max = 0,779 P~ci~~ax
Abblasrohrlänge 1;:::3 m: Pred,max = 0,1723 P~~ax .
Ist es nicht möglich, die Behälterfestigkeit zu erhöhen, so kann dem Abblas-
rohreinfluß durch Vergrößerung der Entlastungsfläche begegnet werden. Das
entsprechende Vorgehen wird an einem Beispiel in Abb. 2.227 erklärt.
Bei befürchteten Propanexplosionen benötigt ein 10 m 3-Behälter von
p = 0,5 bar Explosionsfestigkeit eine Entlastungsfläche von F = 1,36 m 2 • Bei
Anwendung von kurzen Ausblasrohren wird der reduzierte maximale Explo-
sionsdruck auf p'red,max = 0,68 bar, von langen Ausblasrohren auf

-1
p sta t.=7,6 bar,K G =100 bar.m.s
3
V=10 m ,PStat. =0,1 bar
[bar]
..----r,,
.
.~----
, 1;>3 m:p;.d.ma,z1,73 bar
1,5 ,,, ,,
""E ,
,,
,,
,,
,,
,,,,
.,; 1,0 ""
~.

~
a. -,
CXl'
1',

0,5
Irl&.:i
W! ~l
,I~
~ ct,;:-~ 1<3 m: p'
.. :
=0,68 bar
red.max.
.
tUt
I LU I I
~ freie Entlastung
0
0 0,5 1,0 1,36 [m 2 ]
0,65 1,12 1,5
F
Abb.2.227. Einfluß der Abblasrohrlänge 1 auf die Entlastungsfähigkeit EF
einer Berstscheibe von F = 1,36 m2
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 483

p'red,max = 1,73 bar angehoben. Die Entlastungsfähigkeit Ep (s. Abb. 2.190) der
vorgegebenen Fläche wird daher eingeschränkt, und es gilt für

l< 3 m: E = 1,12'100 = 82,411,10 bzw. für


p 1,36
1~3 m: E p = 0,65'100 = 47,8%
1,36
Damit der reduzierte maximale Explosionsdruck im zu schützenden Behälter
0,5 bar nicht überschreitet, muß die Entlastungsfläche von F = 1,36 m2 auf
F = 1,68 m2 (23,5%) bzw. F = 5,5 m2 (304,4%) angehoben werden.
Untersuchungen [129] haben ergeben, daß bei Verdoppelung des Durchmes-
sers des Abblasrohres gegenüber der Entlastungsfläche (d.h. bei Vervierfa-
chung des Querschnitts) bei Halbierung des Explosionsdruckes im Rohr die
Druckwirkung im zu schützenden Behälter nicht nennenswert vermindert
wird.
Treten im zu schützenden Behälter (Räumen) nur begrenzt explosionsfähige
Gemische auf, so ist zu berücksichtigen, daß, wie im Falle der brennbaren
Stäube (Abb. 1.196), zwischen dem Befüllungsgrad und den Explosionskenn-
größen im geschlossenen Behälter ein quasi linearer Zusammenhang besteht.
Unter Zugrundelegung eines maximalen Explosionsdruckes von 7,6 bar bei
vollständiger Befüllung ist also bereits mit dem Ansprechen der Entlastungs-
einrichtung mit dem statischen Ansprechdruck von 0,1 bar (0,5 bar) zu rech-
nen, wenn der Behälter (der Raum) nur zu 1,3% (6,6%) mit optimalem explo-
sionsfähigem Gemisch befüllt ist. Daher ist bei großflächiger Entlastung der
reduzierte maximale Explosionsdruck nahezu unabhängig vom Befüllungs-
grad, während bei kleinflächiger Entlastung eine nicht unerhebliche Drucker-
höhung eintritt [126].
Da in der Industriepraxis häufig bewegte, d.h. mehr oder weniger turbulente
Brenngas/Luft-Gemische vorhanden sein können, stellt sich die Frage nach
dem Einfluß der Turbulenz auf den Flächenbedarf.
Hinweise geben Untersuchungen mit Propan im 2 m3-Behälter [131]. Hier-
bei wurde im Prinzip das für die brennbaren Stäube geltende Untersuchungs-
verfahren ([31], Abb. 1.156) angewendet. Vor Versuchsbeginn befand sich in
zwei 5,4I-Vorratsbehältern mit sprengkapselbetätigtem Ventil das gleiche ex-
plosionsfähige Propan/Luft-Gemisch unter einem Druck von 20 bar wie im
Explosionsbehälter vorgegeben, in dem nach Ventilbetätigung das Gemisch
über perforierte Ringdüsen verteilt wurde. Nach einer Zündverzögerung von
1v = 0,6 s (mittlere Gemischturbulenz) bzw. t v = 0,3 s (starke Gemischturbu-
lenz) wurde die Zündquelle wirksam. Es handelte sich hierbei um eine Konden-
satorentladung mit einem Energieinhalt von E = 100 J. Den aus Messungen
über einen breiten Konzentrationsbereich resultierenden Flächenbedarf zeigt
Abb.2.228.
Es deutet sich gegenüber dem ruhenden Zustand ein geringerer Flächenbe-
darf an, wenn die Gemische bei mittlerer Gemischturbulenz entzündet werden
und der reduzierte maximale Explosionsdruck Pred.max s 2 bar ist. Dies kann
484 3 Konstruktiver Explosionsschutz

[bar]
\\ \ Gemische bei
--0- ruhendem Zustand
1,5r--
\\ \
000 ----0---- mittlerer Turbulenz
\~\.\
- ' - 0 - ' - starker Turbulenz
x
o \ entzündet
E \
-ci 1,0 r tt o{>\

'co
~
0. ~ ,~
0,5 r- \'0
.................. ~
-"'0 ........,;;;;:·-0--0
O~ __~I__~I__~I____~I__~I~
o 0,25 0,50 0,75 1,0 1,25 [m 2 ]
F
Abb.2.228. Einfluß der Thrbulenz von Propan/Luft-Gemischen auf den Flächenbedarf
(V = 2 m 3 , E = 100 J, Pstat = 0,1 bar)

durch Verminderung oder sogar Ausbleiben des im ruhenden Gemischzustand


häufig auftretenden, im allgemeinen relativ hohen 2. Druckmaximums erklärt
werden. Bei starker Gemischturbulenz ist hingegen für einen reduzierten maxi-
malen Explosionsdruck von Pred,max ~ 1 bar der Flächenbedarf gegenüber den
im ruhenden Zustand entzündeten Gemischen um ca. 20070 höher und stimmt
im Rahmen der Versuchsgenauigkeit bei geringerer Druckwirkung mit diesen
Gemischen überein.
Ein sehr ähnliches Verhalten ist bei Anwendung von pyrotechnischen Zün-
dern mit einem Energieinhalt von E = 10 kJ zu beobachten.
Zusammenfassend ist daher zumindest für Propan und lösungsmitteldämp-
fe bzw. für weniger heftig reagierende Brenngase festzustellen, daß der Flä-
chenbedarf, der für im ruhenden Zustand entzündete Gemische erforderlich
ist, auch den für leicht bewegte Gemische abdeckt. Dies gilt bei großflächiger
Entlastung auch für hohe Gemischturbulenz.
Einige Erfahrungen sind auch über den Einfluß vorhanden, den der Vor-
druck Pv auf den Explosionsdruckentlastungsvorgang im ruhenden Zustand
entzündeter Brenngas/Luft-Gemische nimmt ([132], Tabelle 2.25).

Tabelle 2.25. Einfluß des Vordruckes Pv auf den reduzierten maximalen


Explosionsdruck Pred,max im 1 m 3-Behälter bei konstanter Entlastungsfläche
von F = 0,16m2 (Pstat = 1,4 bar, E = 1OJ)

Pv [bar] 0 0,5 1,0


Pmax [bar] 7,0 10,5 14,0

Brenngas Pred,max [bar]

Methan 1,5 1,7 1,8


Propan 1,6 1,8 1,9
Wasserstoff 2,0 4,4 5,3
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 485

Verdoppelung des Vordruckes Pv hebt also den reduzierten maximalen Ex-


plosionsdruck Pred max von Wasserstoff um deutlich mehr als den doppelten
Betrag an, während im Falle von Methan und Propan lediglich eine ca. 20OJoige
Verstärkung zu beobachten ist.
Hattwig [133] untersuchte in einem 0,005 m3_ und in einem 0,25 m 3-Behäl-
ter (Abb. 2.229) das Explosionsdruckentlastungsverhalten von Methan bis zu
einem Vordruck von Pv = 25 bar abs. Die in diesen Behältern von ihm verwen-
deten Entlastungsflächen wurden nach dem Kubischen Gesetz auf ein Volu-
men von V = 1 m 3 umgerechnet und sind in Abb. 2.230 in Abhängigkeit vom
Gesamtdruck, der sich aus reduziertem maximalem Explosionsdruck Pred,max
und dem Vordruck Pv zusammensetzt, bzw. vom Vordruck Pv selbst graphisch
dargestellt.
Die Übereinstimmung von zwei Kurvenzügen (Pv = 1 bar, abs. bzw. Pv =
10 bar, abs.) macht zunächst deutlich, daß im Rahmen der Versuchsgenauigkeit
das Kubische Gesetz für die Flächenumrechnung gültig ist. Man erhält auch
bei Vordruck die üblichen Druck-Flächen-Kurven: Fallen des Gesamtdruckes
mit zunehmender Entlastungsfläche.
Es existieren ferner Entlastungsflächen, die mit steigendem Vordruck zuneh-
men (gestrichelte Gerade), bei deren Überschreiten sich der Gesamtdruck nicht
mehr verändert und im Bereich des statischen Ansprechdruckes liegt. Diese
Fläche beträgt für einen Vordruck von Pv = 25 bar, abs. F = 0,3 m2 •
Betrachtet man für den oben genannten Fall die Abhängigkeit des Gesamt-
druckes vom Vordruck (Abb. 2.231, oben), so ist sie dann als linear anzusehen,
wenn der statische Ansprechdruck um ca. 100% über dem Vordruck liegt. Ist

Abb.2.229. 0,25 m3-Explosionsgefäß für die Untersuchung des Explosionsdruck-


entlastungsverhaltens von Methan bei Vordruck [133]
486 3 Konstruktiver Explosionsschutz

[bar,abs] \ o '" Cl c V=O,005 m 3 _c p y =l bar,abs


60 • • - V=O,250 m3 • py =5 bar,abs
> I- "'\0 . Cl py=10 bar,abs
0. \ '" p y =15 bar,abs
+~ 50 I- 0 0 p y =25 bar,abs

;
o...'e.
.:::l.
40f-.
b
'.0.
'" '0, o ...... o.. pC/ _ _ _ _ _ _ _ _ _
o o o
'A ... 6_.,C,o._A ___ "' ___ "' ___ .o.
o
0------ 36
2 30 - " ,/ ~----- 29 ~
::8 • liI'iiI / ~..
E 20 - ' . oIi'ftIi'.~Cl_._ _~ _ _._Cl ___ Cl 0----- 20 0
o '",' ~
~ ......;~...... _ _. _ - . - - . c
10:-~ / 0------ 10 o.v,
- '\, ".,_~ •. c . c _ c - _ - - , p - - - _ - c - - - c 0---"-- 6,5
o ! I 1 I
o 0,25 0,50 0,75 [m 2 ]
Entlastungsfläche F bezogen auf V = m3
Abb.2.230. Gesamtdruck Pred,max+Pv von Methanexplosionen als Funktion
der Entlastungsfläche F und des Vordruckes Pv [133]

[bar,abs]

0.

+"
>
30 -

20
F> 0,3 m'/ PsIai:
9

/~
"
E
.,;
o.~
. o 550 % >.Pv
o 100 % > Pv
A 100 % > Pv
10 o 93 ,. > Pv
o44%>pv

0 I I

[bar,abs] • Behälter verschlossen/


c? 0 Behälter explosions-
150 - drucken tl astet
+"
"
J
~
~
100- ./.
~ II 50f- ./ r
~>0,3m~PSlal_=1_
00% > P v
__
o.E / __0

o e-'?--~ I I
o 5 10 15 20 [bar,abs]
Vordruck Pv

Abb.2.231. Gesamtdruck von Methanexplosionen als Funktion


des Vordruckes Pv im 1 m3-Behälter
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 487

dies nicht gegeben, dann wird der Gesamtdruck herauf- (Pv = 1 bar, abs.) bzw.
herabgesetzt (Pv = 25 bar). Dies erklärt die teilweise erhebliche Streuung der
Meßwerte.
Abbildung 2.231, unten vergleicht die Entlastungswirkung mit dem im ge-
schlossenen Behälter zu erwartenden Gesamtdruck, der unter den vorgegebe-
nen Bedingungen (F = 0,3 m2 , Pstat = 100"70 >Pv) um 75% herabgesetzt wird.
Die Druckreduzierung kann durch prozentuale Herabsetzung des statischen
Ansprechdruckes über dem Vordruck vergrößert werden.
Diese Erkenntnisse sollten nur auf Behältervolumina in der Größenordnung
von 1 m3 und weniger angewendet werden, bei Flächenumrechnung nach dem
Kubischen Gesetz. Der Vordruck darf Pv = 25 bar, abs. nicht übersteigen.
Damit ist die Explosionsdruckentlastung unter Vordruck entzündeter Me-
than/Luft-Gemische weniger problematisch als ursprünglich angenommen.
Eine Übertragbarkeit dieser Untersuchungsergebnisse auf andere, heftiger
reagierende Brenngase ist z. Zt. nicht möglich. Einerseits ist davon auszugehen,
daß die Flächen, bei deren Überschreiten kein Einfluß des Vordruckes auf den
Gesamtdruck mehr festzustellen ist, von der gasspezifischen Kenngröße Ko
abhängen, andererseits wurde bereits bei Propan und einem Vordruck von
Pv > 2 bar ein anomaler Anstieg des maximalen zeitlichen Druckanstiegs
(s. Abb. 1.45) festgestellt und bei Wasserstoff auch bei geringerem Vordruck
eine überhöhte Druckwirkung (Thbelle 2.25), was auf den Beginn detonations-
ähnlicher Vorgänge schließen läßt.

3.3.2.2.2 Brennbare Stäube


Heinrich [134-136] stellte sich im Jahre 1966 die Aufgabe, eine Gleichung zu
entwickeln, die die Ergebnisse der weltweit mit brennbaren Stäuben durchge-
führten Explosionsdruckentlastungsversuche mit brennbaren Stäuben unter
Berücksichtigung der wichtigsten Einflußgrößen auf allgemeine physikalisch-
chemische Gesetzmäßigkeiten zurückführt. Damit sollte eine Ordnung der
vielfältig vorhandenen Untersuchungsergebnisse angestrebt werden, möglichst
unter Verwendung der Meßgrößen in Laborapparaturen, um Explosionsdruck-
entlastungs flächen zu errechnen.
Er ging unter ansonsten gleichgehaltenen Bedingungen bei Vorhandensein
homogener Staub/Luft-Gemische eines Produktes in einem Behälter mit dem
Volumen V von folgender Gleichung für den Zusammenhang zwischen der
Entlastungsfläche F und dem reduzierten maximalen zeitlichen Druckanstieg
(dp/dt)red,max einerseits und dem reduzierten maximalen Explosionsdruck
Pred,max andererseits aus

F = V (dp/dt)red,max,v
a V2 RT/M VPred,max (Pred, max - Pe)
V Behältervolumen [m3],
R allgemeine Gaskonstante = 8,31 Joule,
M mittleres Molekulargewicht von Luft = 29 g/Mol.,
488 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Pe Druck, gegen den entlastet wird, im allgemeinen Atmosphären-


druck und
a dimensionslosen Zahl, die 0,8 bei scharfkantiger Begrenzung der
Entlastungsöffnung ist.
Heinrich ging wie Donat (s. Kap. 3.3.2.2.1) davon aus, daß auch bei explosions-
druckentlasteten Behältern, bezogen auf den gleichen reduzierten maximalen
Explosionsdruck, die Umrechnung eines in einem Volumen Vt gemessenen
maximalen zeitlichen Druckanstiegs (dp/dt)red,max, Vt auf ein Volumen V2
nach dem Kubischen Gesetz erfolgen kann. Durch entsprechende Umformung
der Ausgangsgleichung erhielt er

F = V1I3
t
(dp/dt)red,max,V! • V22/ 3
a V2RT/M VPred,max (Pred,max-pJ
Damit war erstmalig nachgewiesen, daß die Berechnung einer Entlastungsflä-
che F für einen vorgegebenen brennbaren Staub in unterschiedlichen Volumina
möglich ist, wenn entsprechende Meßwerte, z. B. aus einer Laborapparatur, be-
kannt sind.
Weil seinerzeit nur die geschlossene Hartmann-Apparatur (Abb.1.150) für
Staubuntersuchungen zur Verfügung stand, setzte Heinrich in obige Gleichung
anstelle des reduzierten maximalen zeitlichen Druckanstiegs den in dieser Ap-
paratur aus Messungen über einen weiten Konzentrationsbereich bestimmten
maximalen zeitlichen Druckanstieg (dp/dt)max ein. Begründet wurde dies mit
der Überlegung, daß im Augenblick des Ansprechens der Berstscheibe die
Druckanstiegsgeschwindigkeit des noch verbliebenen unverbrannten Restgemi-
sches durch zusätzliche Thrbulenz um so mehr angehoben wird, je schwächer
es reagiert. Es wurde daher erwartet, daß das Einsetzen des in der geschlosse-

Abb.2.232. Nomogramm für die Bestimmung der Entlastungsfläche von Staubexplosionen


in Behältern (nach Heinrich 1966)
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 489

nen Apparatur gemessenen Maximalwertes einen Sicherheitsabstand zwischen


der errechneten und der tatsächlich benötigten Entlastungsfläche zur Folge
hat. Diese Gesichtspunkte führten zu dem in Abb. 2.232 gezeigten Nomo-
gramm, das bei Kenntnis des maximalen zeitlichen Druckanstiegs (dp/dt)max
eines Produktes in der geschlossenen Hartmann-Apparatur für ein vorgegebe-
nes Volumen V die Ermittlung der für eine vorgegebene Behälterfestigkeit p
(~dem reduzierten maximalen Explosionsdruck Pred,max> benötigten Entla-
stungsfläche F ermöglicht.
Ungefähr im gleichen Zeitraum wurden Explosionsdruckentlastungsversu-
che mit brennbaren Stäuben in Behältern von V = 1-60 m3-Inhalt durchge-
führt [137]. Die Herstellung der für diese Versuche benötigten homogenen
Staub/Luft-Gemische erfolgte durch rasches Ausblasen von brennbarem Pro-
dukt aus Vorratsbehältern (Abb. 2.233 - 2.236). Der statische Ansprechdruck
der Berstscheiben wurde im Bereich von Pstat = 0,1-0,5 bar systematisch ver-
ändert.
Die bei diesen Untersuchungen erhaltenen Ergebnisse machten es möglich,
die Nomogrammangaben von Abb. 2.232 zu überprüfen. Hierbei zeigten sich
teilweise erhebliche Unterschiede zwischen der gemessenen und der errechne-
ten Entlastungsfläche, die teils zu klein, teils zu groß war. Dies wurde vor allem
darauf zurückgeführt, daß das Nomogramm keinerlei Angaben über den expe-
rimentell nachgewiesenen Einfluß des statischen Ansprechdruckes der Berst-
scheiben auf den Explosionsdruckentlastungsvorgang macht.
Als erste Konsequenz versuchte Heinrich, durch die Einführung von Korrek-
turfaktoren (0,5-1,0), mit denen der maximale zeitliche Druckanstieg in der
Hartmann-Apparatur zu multiplizieren war, eine bessere Anpassung der Re-
chenwerte an die Meßwerte zu erreichen und damit die Laborapparatur als
Meßprinzip für die Bestimmung von Druckentlastungsflächen zu erhalten.
Dies gelang zwar teilweise, war aber insgesamt gesehen unbefriedigend.

Abb.2.233. Staubexplosion in einem druckentlasteten 1 m3-Behälter


490 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb.2.234. Staubexplosion in einem druckentlasteten 10 m3-Behälter

Abb. 2.235. Staubexplosion in einem druckentlasteten 30 m3-Behälter


3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 491

Abb. 2.236. Staubexplosion in einer druckentlasteten 60 m3-Kammer

Heinrich kehrte daher zur Ausgangsgleichung (S. 487) zurück, die man für
ein konstantes Volumen V wie folgt darstellen kann
1
F = m ' -:r=======
VPred. max (Pred. max - 1)
und wies die Gültigkeit dieser Beziehung anhand vorhandener experimenteller
Untersuchungsergebnisse nach, wie in den Abb. 2.237 und 2.238 beispielhaft
gezeigt wird.
Aus dem Anstieg in der Geraden

m= (dp/dt)red! max , v
aV2RT/M
kann demzufolge ohne weiteres der reduzierte maximale zeitliche Druckanstieg
für ein vorgegebenes Volumen und einen bestimmten statischen Ansprech-
druck ermittelt werden. Heinrich ging also davon aus, daß unter diesen Bedin-
gungen diese Kenngröße unabhängig von der Größe der Entlastungsfläche ist,
was jedoch nicht experimentell bestätigt wurde. Trotz dieser Thtsache wurde ei-
ne recht gute Anpassung der Rechenwerte an die Meßwerte mit vertretbaren
Unterschieden erreicht [137] .
Weil der Geradenanstieg der direkten Messung nicht zugänglich ist, sondern
umfangreiche Untersuchungen notwendig sind, wurde eine andere Bezugsgrö-
ße gesucht. Hierfür bot sich der maximale zeitliche Druckanstieg (dp/dt)max
im 1 m 3-Behälter an, der nach einem zwischenzeitlich vereinbarten und ge-
normten Verfahren [31] bestimmt wurde. Heinrich standen nicht nur Eigen-
messungen zur Verfügung, sondern aufgrund der damaligen guten Zusammen-
arbeit auch diejenigen anderer Prüfstellen. Er rechnete den in explosions-
druckentlasteten Behältern für einen brennbaren Staub gemessenen reduzier-
ten maximalen zeitlichen Druckanstieg nach dem Kubischen Gesetz auf ein Vo-
492 3 Konstruktiver Explosionsschutz

oiS
V
V
16
Frm2J
F
o,4
V
(m 11

V
12
o

V
V
8

/
0.2

.1/
o

0 V
o Q2 Q4 Q6 as 1.0 1.2 2 3
l!Vp,.. (p,.. .p,) I/,,'-Pm-7-(lI-m-·-'-lI."j
Abb.2.237 Abb.2.238

Abb.2.237. Entlastungsfläche F von PAN-Staub als Funktion der inversen Wurzel aus dem
reduzierten Explosionsdruck Pred~Pred,max [136] (V = 5 m 3, Pstat = konst.)
Abb. 2.238. Entlastungsfläche F von Braunkohlenstaub als Funktion der inversen Wurzel
aus dem reduzierten Explosionsdruck Pred ~ Pred,max [136] (V = 500 m 3 , P'tat = konst.)

lumen von V = 1 m3 um und stellte ihn in Relation zum maximalen zeitlichen


Druckanstieg in diesem Behälter (Abb. 2.239).
Mit zunehmendem statischem Ansprechdruck der Berstscheibe verschiebt
sich der in Abb. 2.239 gezeigte Kurvenzug zu höheren Werten hin. Damit war
dem Einfluß des Ansprechdruckes Rechnung getragen.
Die auf diese Weise in Abhängigkeit von der Explosionsheftigkeit eines
brennbaren Staubes bestimmten Werte für den reduzierten maximalen Explo-
sionsdruck setzte Heinrich in die Endgleichung (S. 488) ein und entwickelte
ein neues Nomogramm für den Flächenbedarf (Abb. 2.240, Beispiel:
Pstat = 0,1 bar).

2oor-----.-----~~~------------.---__.
.. BAH
o Berggewerkschaftliche
Versuchsstrecke

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(dPel/d1)mol (bar/sI

Abb.2.239. Reduzierter maximaler zeitlicher Druckanstieg (dp/dt)Pred (~ (dp/dt)red,max) als


Funktion des maximalen zeitlichen Druckanstiegs (dPex/dt)max (~(dp/dt)max [136]
(V = 1 m 3, Beispiel P,tat = 0,1 bar)
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 493

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Abb.2.240. Nomogramm für die Bestimmung der Entlastungsfläche F von Staubexplosio-


nen in Behältern in Abhängigkeit von der staubspezifischen Kenngröße KSt (Beispiel:
Pstat = 0, 1 bar)

Zur gleichen Zeit wurde auf der Basis der in [137] beschriebenen Untersu-
chungsergebnisse ein weiteres Nomogramm entwickelt (Abb.2.241, Beispiel:
Pstat = 0,1 bar), das den Flächenbedarf in Abhängigkeit von der Staubexplo-
sionsklasse beschreibt. In diesem Fall wurden die experimentell für einen
brennbaren Staub in einem vorgegebenen Volumen bestimmten Druck-Flä-
chen-Kurven nach dem Kubischen Gesetz (s. Kap. 3.3.2.2.1) auf andere Volumi-
na umgerechnet.
Beide Nomogramme gelten für brennbare Stäube mit einem maximalen Ex-
plosionsdruck von Pmax = 10 bar (Staubexplosionsklassen St 1 und St 2) bzw.
Pmax = 12 bar (Staubexplosionsklasse St 3).
Für die Bestimmung der Entlastungsfläche F wird auf der Abszisse des rech-
ten Teils des Nomogramms der Wert für das Volumen V gesucht. Von dort geht
man senkrecht nach oben bis zum Schnittpunkt mit der Isobaren, die den ge-
wünschten Wert für den Entlastungsdruck angibt, der der Behälterfestigkeit
entspricht. Von hier wird eine Parallele zur Abszisse bis zum Schnittpunkt mit
der im linken Nomogrammteil gelegenen geneigten Geraden gezogen, die alle
Punkte der gleichen staubspezifischen Kenngröße Kst bzw. der gleichen
Staubexplosionsklasse verbindet. Der Abszissenwert dieses Schnittpunktes gibt
für Berstsicherungen unmittelbar die Größe der erforderlichen Druckentla-
stungsfläche an, die im Bedarfsfall wie bei den Brenngasen (Abb. 2.222) in Ein-
zelflächen aufgeteilt werden kann.
494 3 Konstruktiver Explosionsschutz
OruckwerW ~ Absolutdrüdcen

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~~}~~+H~~~H+~~ ~~~H+m--+~+H~~~~H~~:
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11111 j I I I 11 • I I U IIllI
10 0.1 1 10 100

Abb. 2.241. Nomogramm für die Bestimmung der Entlastungsfläche F von Staubexplosio-
nen in Behältern in Abhängigkeit von der Staubexplosionsklasse (Beispiel: Pstat = 0,1 bar)

Wie gezeigt wurde, ist das mathematische Vorgehen bei der Entwicklung der
Nomogramme unterschiedlich. Daher können sich bei der Flächenberechnung
Unterschiede ergeben, die jedoch sicherheitstechnisch vertretbar sind.
Umfangreiche Untersuchungen haben ergeben, daß bei zu hohen Werten für
den reduzierten maximalen Explosionsdruck die Streuung der Meßwerte stark
zunimmt. Die Nomogramme sind daher auf 2 bar ~ 3 bar, abs. begrenzt.
Die Nomogrammdarstellungen wurden schließlich in die VDI-Richtlinie
3673 "Druckentlastung von Staubexplosionen" [138] übernommen
(Abb. 2.242), die ebenfalls Nomogramme für einen statischen Ansprechdruck
von Pstat = 0,2 bar bzw. Pstat = 0,5 bar enthält.
Mit dem Erscheinen dieser Richtlinie wurde die seinerzeit häufig gestellte
Frage nach der "ausreichenden Bemessung von Explosionsdruckentlastungs-
öffnungen an Behältern und Apparaten" beantwortet. Dr. G. Leuschke von der
Bundesanstalt für Materialprüfung in Berlin hat sich als Obmann des entspre-
chenden VDI-Arbeitskreises bei ihrer Erstellung große Verdienste erworben.
Die Anwendung der Richtlinien in der Praxis hat sich, auch im Ausland, in
mehr als 10 Jahren bewährt [139].
Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß der Rechenansatz von Heinrich
und von Donat davon ausgeht, daß für die Veränderung des reduzierten maxi-
malen zeitlichen Druckanstiegs und damit für die Veränderung der Entla-
stungsfläche mit dem Behältervolumen das Kubische Gesetz gilt. Eine Über-
prüfung der in den Jahren 1966-1973 durchgeführten Explosionsdruckentla-
stungsversuche [137] zeigt, daß dies nicht der Fall ist.
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 495
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()lVUOC 1121.511.1::541.121.012 .• E.. ,II-",Od~."1IJ
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VEREIN
DEUTSCHER Druckentlastung von Staubexplosionen
VDI3673
INGENIEURE Pressure Release of Dust Explosions
Decharge de la pression ,lt,ulg.be/.,w'f.oltlon
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Vorwort Introdllction Pr.fllc.
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der des FEM, "FcdCl1ltion Euro- membcl1ofSection 11 ofthe dc I. scclion 1I de la Fcderalion
ptenn~ de la Manutention",Sek· "Fedcl1I!ion Europeenne de la Euro~nnc de la Manulcnlion

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lion ll,haben ..... ährendihrerVoll· Manulenlion" (FE.M) havc de- ont dccidc,.i leur reunion pleniere
versammlung in Malmö (Juni cidtd allheir Plenaf)' Meeling in dc Malmö (juin 1982), d'ad"p'N
1982) beschlossen, die Richtlinie Malmö (June 1982) 10 adopl the lc~ rccommandalions du VDI ~ur

VDI 3673 "DruckenLiaslung yon VDI Guidcline on Ihe "Pn:ssun: la "dCI,nIC dc la pression des
Slaube~plosionen" anzuerkennen release of dust cKplos;ons" (Ref. coups de poussiert» (rH.
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VDI3613), VDI3673).
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Scction 11 oflhc FEM alwdecided La scelion 11 dc la FEM a e,ale· I
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VOI-Kommission Reinhallung der lurt


Auncr.yBO,uekentLasLyno

VOI-Handbuch Reinhllitung der luft, Blind 6 Reg'S!CI·N, 10

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Abb.2.242. Deckblatt der VDI-Richtlinie 3673 "Druckentlastung von Staubexplosionen"

Abbildung 2.243 macht nämlich am Beispiel von Kohlenstaub deutlich, daß


die Umrechnung des mit kleineren Behältern festgestellten Flächenbedarfs auf
einen 60 m 3-Behälter keinesfalls die erwartete Deckungsgleichheit zwischen
den reduzierten maximalen Explosionskenngrößen und der Entlastungsfläche
F ergibt und der errechnete Flächenbedarf teils über, teils unter den Meßwerten
des Großbehälters liegt. Die Streuung ist daher wie bei den Brenngasen
(Abb. 2.219) nicht unerheblich.
Bei Betrachtung der Volumenabhängigkeit des Explosionsdruckentlastungs-
vorgangs, bezogen auf einen konstanten reduzierten maximalen Explosions-
druck (Abb.2.244), steigt der Flächenbedarf zunächst stärker (V ::510 m3) und
anschließend schwächer als das Kubische Gesetz es erwarten läßt. Der redu-
zierte maximale zeitliche Druckanstieg fällt hingegen unstetig. Dies gilt im
Prinzip auch für andere heftiger als Kohlenstaub reagierende brennbare Stäube
wie z. B. Dextrin (Abb. 2.245).
496 3 Konstruktiver Explosionsschutz

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Entlostungsfläche F
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1 2 3 I )
Entlostungsflö'che F Versuche: 1966 -1973

Abb. 2.243. Kohlenstaub: Reduzierte maximale Explosionskenngrößen als Funktion der


nach dem Kubischen Gesetz auf ein Volumen von V = 60 m3 umgerechneten Entlastungs-
fläche F (Pm"" = 7,7 bar, Kst = 85 bar-m -S-I, Pstat = 0,1 bar)

1m2 ) I bar/s)
Kohlenstaub
-1
Pmax =7,7 bar,KSt =85 bar·m· s
Pred,max=o.4bar; PSlat=O,1 bar
x
~
1cP l 1
u.
0.1'" 10
~

-1
1cP
~ 0

10 1cP 101 102 IJ) 100 1m3)


Behältervolumen Y
Versuche 1966-1973

Abb. 2.244. Kohlenstaub: Flächenbedarf F und reduzierter maximaler zeitlicher Druckan-


stieg (dp/dt)mi,max als Funktion des Behältervolumens V
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 497

[ m2] . - - - - - - - - - - - , [bor/s] Dextrin


-- -1
/ Pmox =a9bor, KSt =200barms
/
,
Pred,mox =1 bar. PStot =0,1 bar

g
~1
u.. .g-1=5 10

Behäl tervolumen V Versuche 1966 -1973

Abb. 2.245. Dextrin: Flächenbedarf F und reduzierter maximaler zeitlicher Druckanstieg


(dp/dt)red,max als Funktion des Behältervolumens V

Aus diesen Erkenntnissen konnte zwar der Schluß gezogen werden, daß die
nach den Nomogrammen [138] bestimmten Entlastungsflächen auf der siche-
ren Seite liegen, der Nachweis der Gültigkeit des Kubischen Gesetzes auf den
Entlastungsvorgang war jedoch nicht erbracht. Hierfür gibt es eine Reihe von
Ursachen.
Erst in neuerer Zeit wurde bewiesen, daß das genannte Gesetz die Abhängig-
keit der Explosionskenngrößen (Pmax, Kst ) vom Volumen in geschlossenen Be-
hältern nur dann beschreibt (Abb. 1.160), wenn für die Herstellung der homo-
genen Staub/Luft-Gemische eine dem Volumen proportionale Anzahl von
5,41- oder 10 l-Staubvorratsbehältern verwendet wird, die vor Versuchsbeginn
unter einem Luft-Vordruck von 20 bar stehen, die Staubverteilung im Explo-
sionsbehälter über eine perforierte Ringdüse erfolgt und wenn die Zündquelle
nach definierten Zündverzögerungszeiten wirksam wird. Abgesehen davon,
daß die seinerzeit verwendeten explosionsdruckentlasteten Behälter nicht ex-
plosionsfest für den maximalen Explosionsdruck konzipiert waren, und daher
die Explosionskenngrößen der verwendeten brennbaren Stäube im geschlosse-
nen Zustand nicht kontrolliert werden konnten, wichen die Gemischerstel-
lungssysteme hinsichtlich der Anzahl der Staubvorratsbehälter von obiger For-
derung ab, teils wurde auch mit einem Treibmitteldruck von 40 bar gearbeitet
und andere Zündverzögerungszeiten als vorgeschrieben gewählt. Es bestanden
auch Unsicherheiten bezüglich der Dimensionierung der Entlastungsflächen
für Großbehälter, weil die Versuche in den Jahren 1966-1973 nur bis zu einem
Volumen von V = 60 m 3 durchgeführt wurden.
Dies waren die Gründe für den Beginn eines neuen Forschungsvorhabens
mit explosionsdruckentlasteten Volumina von V = 2,4 - 250 m 3 (Abb. 1.31).
Um die Explosionskenngrößen auch im geschlossenen Zustand bestimmen zu
können, waren alle Behälter explosionsfest für den maximalen Explosions-
druck gebaut [140].
498 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Die Entlastungsflächen waren grundsätzlich mit Polyethylen-Folie mit ei-


nem statischen Ansprechdruck von Pstat = 0,1 bar verschlossen, der vor Ver-
suchsbeginn durch Abdrücken mit Luft nachgewiesen wurde.
Als Zündquelle dienten immer in Raummitte angeordnete pyrotechnische
Zünder mit einem Energieinhalt von E = 10 kJ.
Einerseits war es das Ziel, die beabsichtigten Druckentlastungsversuche mit
je einem brennbaren Staub durchzuführen, der in den oberen Grenzbereich der
Staubexplosionsklasse St 1 (Kst = 200 bar' m . s -1) und der Staubexplosions-
klasse St 2 (Kst = 300 bar' m . s -1) fällt. Andererseits war es, wie leicht einzu-
sehen ist, aus versuchstechnischen Gründen mit Ausnahme des 2,4 m3-Behäl-
ters nicht möglich, die geforderte Anzahl der Staubvorratsbehälter, vor allem
am 250 m 3-Behälter, einzusetzen. Es ergab sich daher der Zwang, ein neues
Staub/Luft-Gemisch-Erstellungsverfahren auf der Basis von größeren Vorrats-
behältern als üblich zu entwickeln.
Hierfür wurden langgestreckte 501-Staubvorratsbehälter verwendet, an de-
ren unterem Ende ein Berstscheibenventil DN 100 (Abb.2.246) angeflanscht
war (Einzelheiten s. [140]). Diesem Ventil war über einen 90~Krümmer eine
Kugeldüse (Abb. 2.247) für die Staubverteilung im Explosionsbehälter nachge-
setzt.

Abb.2.247. Kugeldüse für die Staub-


verteilung

Abb. 2.246. 501-Staubvorratsbehälter mit


Berstscheibenventil DN 100
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 499

Bei einem Treibmitteldruck von 20 bar Luft und einer maximal möglichen
Befüllung mit 12,5 kg Cellulose oder 25 kg Maisstärke war dieser Vorratsbehäl-
ter nach knapp 1 sentleert (Abb. 2.248). Die durchschnittliche Ausbreitungsge-
schwindigkeit der Staubwolke (Abb. 2.249) betrug ca. 30 m/s. Mit dem Ergeb-
nis dieser Voruntersuchungen galt die Eignung des beschriebenen Gemischer-
stellungssystems als nachgewiesen.
Begonnen wurde mit dem geschlossenen 10 m 3-Behälter. Nach Angaben
von Abb. 2.250 und 2.251 hängt der Zusammenhang zwischen der Zündverzö-
gerungszeit t v und vor allem der staubspezifischen Kenngröße KSt nicht nur

1.5 r--------,.-----,.--------,

±:

~
:0
'-

]
°o~---~m~----~~----~~
Staubmenge
Abb. 2.248. Ausströmzeit des 501-Staubvorratsbehälters als Funktion
der Staubart und der Staubmenge (PLuft = 20 bar)

Abb.2.249. Ausstoß von 12,5 kg Cellulose aus einem 501-Staubvorratsbehälter


500 3 Konstruktiver Explosionsschutz

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Abb. 2.250. Zusammenhang zwischen maximalem Explosionsdruck Pmax und Zündverzöge-
rungszeit t v im geschlossenen 10 m 3-Behälter (501-Staubvorratsbehälter)

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§ 2001-
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0,5 1,0 \ 0 0,5 1.0 1.5
tv [51 tv [51
Abb. 2.251. Zusammenhang zwischen staubspezifischer Kenngröße KSt und der Zündverzö-
gerungszeit t v im geschlossenen 10 m 3-Behälter (501-Staubvorratsbehälter)
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 501

von der Staub art (Maisstärke, Cellulose), sondern auch von der Anzahl der
Vorratsbehälter ab, die für die Herstellung der Staub/Luft-Gemische eingesetzt
wurden. Hieraus ergeben sich diejenigen Zündverzögerungszeiten, bei denen
sich die gewünschten staub spezifischen Kenngrößen im oberen Grenzbereich
der Staubexplosionsklasse St 1 und St 2 einstellen. In gleicher Weise wurde mit
einem weiteren Staub (Aminophenazon) und 101-Staubvorratsbehältern in
Verbindung mit der Pralldüse (Abb. 1.168) für die Staubverteilung verfahren.
Hieraus ergaben sich durch entsprechende Wahl der Zündverzögerungszeit
t v (Thbelle 2.26), unabhängig von der Staub art, sehr genaue Ausgangsbedin-
gungen
Staubexplosionsklasse St 1: Pmax = 9,2 bar±2,5D7o, KSt = 203±3,4%,
Staubexplosionsklasse St 2: Pmax = 8,9 bar±2,3%, KSt = 301 ±5,6%
für die anschließenden Explosionsdruckentlastungsversuche. Der hierbei aus
Messungen über einen breiten Konzentrationsbereich bestimmte Flächenbe-
darf ist Abb. 2.252 zu entnehmen.
Wie man erkennt, sind die Druck-Flächenkurven im Rahmen der Versuchs-
genauigkeit nicht nur unabhängig von der Staubart, sondern auch von dem
System, mit dessen Hilfe die Staub/Luft-Gemische erstellt werden, wenn die
Zündverzögerungszeiten so gewählt werden, daß sich im geschlossenen Behäl-
ter die gewünschten staub spezifischen Kenngrößen einstellen.
Diese wichtige, den Versuchsaufwand mindernde Feststellung wurde für Cel-
lulose und Maisstärke auch für den 25 m 3-Behälter bestätigt [140].
Die Untersuchungen mit dem geschlossenen und explosionsdruckentlasteten
250 m 3-Behälter (Abb.2.253) wurden dann nur noch mit Maisstärke bei den
entsprechenden Zündverzögerungszeiten durchgeführt.
Umrechnung der für die kleineren Behälter bestimmten Druck- und
Druckanstiegsflächenkurven nach dem Kubischen Gesetz auf den Großbehäl-
ter (Abb. 2.254: Beispiel Staubexplosionsklasse St 1) ergibt nicht, wie eigentlich
erwartet, Übereinstimmung mit den Meßwerten des 250 m 3-Behälters. Daher

Tabelle 2.26. Für die Explosionsdruckentlastungsversuche mit dem 10 m3-Behälter gewähl-


te Zündverzögerungszeiten 1v in Abhängigkeit vom Staub/Luft-Gemisch-Erstellungssystem

Staubart M Volumen der Anzahl der Staubver- 1v


[Ilm) Staubvor- Staub- teilung [s)
ratsbehälter vorrats- über
[l) behälter

Cellulose 26 10 6 Pralldüse 1,4 9,4 200


50 1 Kugeldüse 1,0 9,2 199
2 0,5 9,5 200
Maisstärke :S 10 50 1 Kugeldüse 0,6 9,0 200
2 0,45 9,1 201
1 0,40 9,0 286
2 0,40 9,1 297
Aminophenazon 21 10 4 Pralldüse 1,1 8,9 217
0,8 8,7 319
502

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3 Konstruktiver Explosionsschutz

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o 0,2 0,4 0,6 1m2 ) o 0,2 0,4 0,6 1m 2)
En tla stun gsf lache F Entlastungsf löche
a b

Abb.2.252. 10 m 3-Behälter: Reduzierte maximale Explosionskenngrößen als Funktion der


Entlastungsfläche für die Staubexplosionsklasse St 1 (a) und die Staubexplosionsklasse St 2
(b) (Pstat = 0,1 bar)

Abb.2.253. Maisstärke-Staubexplosion im explosionsdruckentlasteten 250 m 3-Behälter


(F = 3,14 m2 , P stat = 0,1 bar)
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 503

I bar]

x 1,5 -
d
E
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0-'-

0,5

Ibarls]

OL-____ ~ ____ ~ ____ -L~

o 4
F
Abb.2.254. Umrechnung des Flächenbedarfs des 2,4-25 m 3-Behälters nach dem Kubischen
Gesetz auf den 250 m3-Behälter (Staubexplosionsklasse St 1, Pst.t = 0,1 bar)

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Pmax =9 bar " I
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KSt= 200bar·m·s

" , 1 ~'1 Pred,max. =1, 5 bar


'/
• IJ/

0,1 L-.-------"--------L------=3:--...J 0,1 • t


1 10 100 [m 1 1 100
V V
Abb. 2.255. Zusammenhang zwischen Behältervolumen V und Flächenbedarf: Vergleich
Meßwerte/Kubisches Gesetz (Pst.t = 0,1 bar)
504 3 Konstruktiver Explosionsschutz

ist auch die Zunahme des Flächenbedarfs F mit steigendem zu schützendem


Behältervolumen V stärker als das genannte Gesetz es erwarten läßt
(Abb. 2.255). Dies deuten auch die Explosionsdruckentlastungsversuche der
Frühzeit (Abb. 2.244 u. 2.245) an. Der reduzierte maximale zeitliche Druckan-
stieg (dp/dt)red,max (Abb. 2.256) ändert sich hingegen teils schwächer als erwar-
tet, teils ist die Gültigkeit des Kubischen Gesetzes gegeben.
Ähnliche Schlußfolgerungen ergeben sich im Zusammenhang mit der Staub-
explosionsklasse St 2 [140].
Bei der Entwicklung einer empirischen Gleichung, die den Flächenbedarf
homogener Staub/Luft-Gemische beschreibt, wurde wie folgt vorgegangen:
Bezogen auf einen konstanten reduzierten maximalen Explosionsdruck
Pred,max besteht in doppeltlogarithmischer Darstellung zwischen dem Behälter-
volumen V und der Entlastungsfläche F ein linearer Zusammenhang. Dies gilt
nach Angaben von [140] für Volumina von V = 2,4 - 250 m 3 und die Staubex-
plosionsklassen St 1 und St 2. Extrapolation auf V = 1 m 3 und Auftragen der
so bestimmten Entlastungsflächen in Abhängigkeit von der staubspezifischen
Kenngröße Kst ergibt Abb.2.257, oben. Es gilt daher für diesen Behälter
F = m'Kst ,
wobei
m = 29'10-
, 4 p-O,569
red,max (Abb. 2.257, unten),
d.h.
F -0569 K
= 2,.
9 10 -4 Pred:max' St·

[ barls1 [barls1
Prnax =9 bar
. - -1
50 Kst =200 bar· m· s 50
Pred)ßax. =0,5 bar

x
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Kubisches Gesetz

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KSt = 200 bar.m. s
..
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...., ... Pred.max. =1,5 bar

.... G

1 1
1 10 100 Im31 1 10 100 [lTh
V V
Abb. 2.256. Zusammenhang zwischen Behältervolumen V und reduziertem maximalem zeit-
lichem Druckanstieg (dp/dt)red,max: Vergleich Meßwerte/Kubisches Gesetz (Pst.t = 0,1 bar)
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 505

m=2.9'10-;Op -0.589
red.max.

E
2

1L-__~~~~~~~~~
0,1 0,5 1,0 1,5 2,0 [bar]
0,75
P red.max.
Abb.2.257. Entwicklung einer Gleichung für die Berechnung des Flächenbedarfs homoge-
ner Staub/Luft-Gemische (V = 1 m3 , P,tat = 0,1 bar)

Weil sich einerseits die Entlastungsfläche mit durchschnittlich yO,753 verän-


dert, und andererseits dem Einfluß des maximalen Explosionsdruckes Pmax
auf den Flächenbedarf durch Multiplizieren mit dem Faktor Pmax/9 Rechnung
zu tragen ist, gelangt man zu der Endgleichung
F = 3,264'1O- 5 'p;;;3:::X'Pmax' KSt ' yO,753

Sie gilt für


Volumina VS10000m3 ,
Behälter mit einem Höhen/Durchmesser-Verhältnis von < 2,
statischen Ansprechdruck von Pstat = 0,1 bar der Entlastungseinrichtung
in Form einer Berstscheibe,
reduzierten maximalen Explosionsdruck von Pred,max S 2 bar
und eine
staubspezifische Kenngröße Kst S 800 bar' m . s -1 •
Abbildung 2.258 zeigt eine gute Übereinstimmung von Rechnung und Expe-
riment.
Die Entlastungsfläche kann auch wie üblich (s. S. 507) dem Nomogramm
in Abb. 2.259 entnommen werden, wenn der maximale Explosionsdruck
Pmax = 9 bar beträgt.
506 3 Konstruktiver Explosionsschutz

[bar] I
I I
I

I
,, ---- Rechnung
I I I Messwerte [140]
\
•\ •
I
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I I
1,5 r-Ie e V=2,4 ~l
\
I \ • V=10 m
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\ • V=25 ml

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\
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I ....
o I I I I I
o 0,25 0,50 0,75 [m 2 ] 0 2,5 5,0 7,5 [m 2 ]
F F
Abb.2.258. Staubexplosionsklasse St 1: Vergleich des errechneten Flächenbedarfs homoge-
ner Staub/Luft-Gemische mit dem gemessenen (Pmax = 9 bar, P,tat = 0,1 bar)

Bei gleichem Vorgehen wird der aus der VDI-Richtlinie 3673 [138] sich erge-
bende und auf der Gültigkeit des Kubischen Gesetzes beruhende Flächenbe-
darf F durch folgende empirische Gleichung beschrieben
F = 6,02·10-5·p;3:~~ ·Pmax · KSt · V2I3 •

Sie gilt ebenfalls für einen statischen Ansprechdruck der Berstscheibe von
Pstat = 0,1 bar.
Die neueren Untersuchungen [140] ergeben (Abb.2.260) für Kleinbehälter
einen geringeren, für sehr große kubische Behälter hingegen einen größeren
Flächenbedarf als in der VDI-Richtlinie 3673 vorgesehen.
Wie bei den Brenngasen (Abb.2.224, S. 478) ist bei Erhöhung des statischen
Ansprechdruckes Pstat der Berstscheibe die Flächenzunahme LlF im Rahmen
der Versuchsgenauigkeit unabhängig von der Art der brennbaren Stäube, d.h.
von ihrer staubspezifischen Kenngröße Kst , und wird nur vom reduzierten
maximalen Explosionsdruck Pred,max bestimmt, wobei gilt
LlF = 0,27· p;3:~ (Pstat - 0, 1) .
Einerseits fällt bei Erhöhung des statischen Ansprechdruckes, unabhängig von
der Brennstoffart, der zusätzliche Flächenbedarf LlF mit steigendem reduzier-
tem maximalem Explosionsdruck (Abb. 2.261); er ist andererseits im Falle der
brennbaren Stäube höher als im Falle der Brenngase. Damit geht die auf S. SOS
angegebene Gleichung für die Berechnung des Flächenbedarfs homogener
Staub/Luft-Gemische bei Berücksichtigung des statischen Ansprechdruckes
Pstat der Berstscheibe über in

F = [3,264·1O-5Pr~3:~:X PmaxKSt +0,27 ·p;3:inax (Pstat -0,1)]· yo,753


Die Gleichung gilt für Pstat S 1 bar. Sie wurde, einschl. des Nomogramms
(Abb. 2.259), in die überarbeitete VDI-Richtlinie 3673 (141] übernommen, weil
die Untersuchungsergebnisse, aus denen die Gleichung entwickelt wurde, sich
maximaler Explosionsüberdruck Pmox =9 bor statischer Ansprechüberdruck P'dat =0,1 bor
-' '- KSt [borm·s- 1J- ~edmax=P [bar] w
1'- W
10: -"- ~ 25
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1000 100 10 1 0,1 0,ü1 0,1 10 100 1000 10000

Entlostungsfldche F [m 2j Behö'ltervolumen V [m 3 j '"
ö'
::s
Abb. 2.259. Nomogramm für die Bestimmung der Entlastungsfläche F für kubische Behälter des Volumens V und Berstscheiben als Entlastungsein- '"0-
richtung (homogene Staub/Luft-Gemische) a
()

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508 3 Konstruktiver Explosionsschutz

[m 2 ] o VD13673: Kubisches Gesetz


• Versuche[140] ... ~

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" ··Pmax=9 bar -1 .6. ~ Brenngase
/' KSt = 200 bar.m.s ci o • brennbare

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1 10 100 [m 3 ] o 0,5 1,0 1,5 [bar]
V Pred.mox.
Abb.2.260 Abb.2.261
Abb.2.260. Flächenbedarfsvergleich: VDI-RL 3673 (Kubisches Gesetz)/Versuche [145]
(Pred,max = 1 bar, P,tat = 0,1 bar)

Abb. 2.261. Flächenzunahme F bei Explosionsdruckeritlastung von brennbaren Stäuben und


Brenngasen bei Erhöhung des statischen Ansprechdruckes Pstat von Berstscheiben

nicht nur auf der auch experimentell nachgewiesenen Gültigkeit des Kubischen
Gesetzes für geschlossene Behälter abstützen, sondern auch sehr viel genauer
sind als die in [140] beschriebenen Explosionsdruckentlastungsversuche der
Frühzeit.
Bisher wurden homogene Staub/Luft-Gemische in explosionsdruckentlaste-
ten Behältern betrachtet, die nach dem vereinbarten und genormten Verfahren
erstellt und nach einer definierten Zündverzögerungszeit, d.h. bei annähernd
konstanter Gemischturbulenz, entzündet wurden. Daher wurde zunehmend
Kritik laut. Sie bezog sich auf das Nichtvorhandensein von realen Einfüll- und
Aufwirbelbedingungen in Behältern und Apparaten der Praxis (z. B. Mahlan-
lagen, Wirbelschicht- und Zerstäubungstrockner, Abscheidern usw.). Die hier-
bei entstehende Gemischturbulenz ist entscheidend für die Heftigkeit von
Staubexplosionen und damit ihre Druckwirkung. Einerseits wurde befürchtet,
daß dies größere Entlastungsflächen erfordert. Dagegen spricht die jahrzehn-
telange positive Erfahrung mit der Schutzmaßnahme "Explosionsdruckentla-
stung" in der Praxis. Andererseits wurde auch vermutet, daß man mit kleine-
ren Entlastungsflächen auskommt als erwartet, wofür es einige Hinweise gibt.
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 509

Weil es die einhellige Meinung der Fachwelt ist, daß es in absehbarer Zeit
nicht möglich sein wird, die Gemischturbulenz in praxisnahen Apparaten und
Behältern zu beschreiben und eine Beziehung zum Explosionsablauf herzustel-
len, war dieser Weg ungeeignet, um der Kritik zu begegnen.
Hingegen ist die pneumatische Produkt be füllung von Behältern, bei der in-
homogene Staub/Luft-Gemische entstehen, eine häufig in der Praxis anzutref-
fende Einfüllmethode. Entsprechende Explosionsdruckentlastungsversuche
[142, 143] wurden in Volumina von V = 10- 250 m3 Inhalt (Abb.2.262 bis
Abb. 2.264) durchgeführt. Als Schüttgut wurden drei brennbare Stäube (Wei-
zenmehl, Technocel, Maisstärke) mit unterschiedlichem Schüttgewicht und ei-
ner nach dem Normverfahren voneinander verschiedenen Explosionsheftigkeit
verwendet, die axial zentral über ein Förderrohr vom Durchmesser
DF = 0,09 m in die zur Verfügung stehenden kubischen Behälter ohne Einbau-
ten gefördert wurden. Die volumenabhängigen Fallhöhen h sind Abb. 2.265 zu
entnehmen.
Als Zündquelle dienten die bei Staubuntersuchungen üblichen, in Raum-
mitte angeordneten pyrotechnischen Zünder mit einem Energieinhalt von
E = 10 kJ.

Abb.2.262. Explosionsdruckentlasteter 10 m3-Behälter


mit pneumatischer Fördereinrichtung (H/D = 1)
510 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb. 2.263. Explosionsdruckentlasteter 25 m3-Behälter


mit pneumatischer Fördereinrichtung (H/D = 1,2)

Abb.2.264. Explosionsdruckentlasteter 250 m3-Behälter


mit pneumatischer Fördereinrichtung (H/D = 1)
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 511

Im}

o L...-_ _-'1_..J..1_ _ _'--1-:i


10 50 100 500 1m 3]
Behältervolumen V
Abb. 2.265. Fallhöhe h als Funktion des Behältervolumens V

Der statische Ansprechdruck der Berstscheiben betrug grundsätzlich


Pstat = 0,1 bar.
Zunächst zeigte sich bei konstant gehaltener Entlastungsfläche F und kon-
stant gehaltenem Luftvolumenstrom Q (Beispiele: Abb. 2.266), daß optimale
Explosionswirkung nur bei vorhandener optimaler Produktbeladung M opt er-
reicht wird, die vom Schüttgewicht des geförderten Produktes abhängt
(Abb. 2.267). Trotz systematischer Veränderung der Zündverzögerungszeit t v
zwischen dem Beginn der Förderung und dem Wirksamwerden der Zündquelle
ist die Streubreite der Meßwerte erheblich. Eine hohe Versuchszahl ist daher
für die Festlegung eines Meßpunktes notwendig.
In allen Behältern bewirkt eine Zunahme des Luftvolumenstroms Q bei opti-
maler Beladung M opt und konstanter Entlastungsfläche F ein lineares Anstei-
gen der reduzierten maximalen Explosionskenngrößen, wie Abb. 2.268 bei-
spielhaft zeigt.
Im Gegensatz zu den homogenen Gemischwolken ist bei inhomogenen Ge-
mischen der Zusammenhang zwischen dem reduzierten maximalen Explo-
sionsdruck Pred,max und der Entlastungsfläche F in halblogarithmischer Dar-
stellung linear (Abb.2.269). Technocel (KSt = 170 bar' m' s -1) reagiert im
25m 3-Behälter heftiger als Maisstärke (Kst = 228 bar'm's- 1), was aufgrund
der nach dem Normverfahren gemessenen Explosionskenngrößen unerwartet
ist, wohl aber dem Einfluß des Schüttgewichtes auf die Gemischbildung zuzu-
schreiben ist. Bei der Versuchsauswertung (Abb. 2.270, oben) wurde dies durch
entsprechende Anhebung der Entlastungsfläche, d.h. zur sicheren Seite hin,
berücksichtigt [141].
512 3 Konstruktiver Explosionsschutz

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5 10 15 20 o t. 8 12
a Produktbeladung M [kg I m3 1 b Produktbeladung M [kg I m3 ]

Abb.2.266. Pneumatische Produkteinförderung in den 25 m 3-Behälter: Reduzierte Explo-


sionskenngrößen als Funktion der Produktmenge M. a Maisstärke: F = 0,031 m2 ,
Q = 12,1 m3/min; b Technocel: F = 0,031 m 2, Q = 13,5 m 3/min

[kg/m 3]

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0 100 200 300 400 500 600 [kg/m3 ]
Schüttgewicht
Abb.2.267. Optimale Produktbeladung M opt als Funktion des Schüttgewichts bei pneuma-
tischer Produkteinförderung in kubische Behälter
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 513

[bar! [bar!
o F. 0,018 m2 o F. 0,031 m2

~
4 " F.O,031m2 ~o " F .0,13 m2

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o F.O,13m 2 o F. O,28m 2
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0 5 10 [m'/mm! 0 5 'K) [m 3/mll1!
Luftmenge Q Luftmenge Q
a b
Abb.2.268. Pneumatische Produkteinförderung in den 25 m 3·Behälter: Reduzierte maxima·
le Explosionskenngrößen von Maisstärke (a) und Technocel (b) als Funktion des Luftvolu·
menstroms Q (optimale Beladung)

Abb.2.269. Pneumatische Produkteinförderung: Reduzierter maximaler Explosionsdruck


Pred,max als Funktion der Entlastungsfläche F (Q = 15 m 3/min, Pstat = 0,1 bar)
514 3 Konstruktiver Explosionsschutz

[m 2 ]r-------------------.
Pred.ma=:.'Pstat=O,1bor Gi /

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.... korrigierte
Werte
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o 100 200 [bar.m.s-J

[m 2] Staubexplosionsklasse Stl
o p'.dma'X'a,lbar
.. Prod:mai.l,Obar 0 --
1,0
.p d~:~2.0~
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lL. o
0,5 - /.. _ _ _ _ _ .. _ _

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~.----.--
__ ~~_~_~

10 25 100 250 [m 3 ]
Behältervolumen V
Abb. 2.270. Pneumatische Produkteinförderung: Entlastungsfläche F als Funktion der
staubspezifischen Kenngröße KSt und des Behältervolumens V (Q = 15 m3/min,
MopvPstat = 0,1 bar)

Der aus diesen Untersuchungen resultierende Flächenbedarf F (Abb. 2.270,


unten) verflacht mit zunehmendem zu schützendem Volumen um so mehr, je
höher der reduzierte maximale Explosionsdruck Pred,max' d.h. je höher die Be-
hälterfestigkeit p ist.
Ordnet man dem zu schützenden Volumen V den Inhalt eines Zylinders vom
Höhen/Durchmesser-Verhältnis = 1 zu, dann gilt für den äquivalenten Zylin-
der-Durchmesser D z

Dz~ ~4~V.
Vergleicht man bei konstantem reduziertem maximalem Explosionsdruck die
gemessene Flächenveränderung mit dem Behältervolumen, dann besteht im
Rahmen der Untersuchungsgenauigkeit ein linearer Zusammenhang zum Man-
tellVolumenverhältnis (M/V = 4/Dz) des zugeordneten Zylinders. Es gilt die
folgende allgemeine empirische Gleichung für die Entlastungsfläche F inho-
mogener Staub/Luft-Gemische in kubischen Behältern
4
F = (a·log Pred,max- b) --c·log
D
Pred max+d
'z
3,3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 515

Die Konstanten abis d hängen linear von der staubspezifischen Kenngröße


KSt ab; die Geraden gehen durch den Koordinatenursprung, Hieraus folgt

4
F= [ (2,1S'logPredmax-1,S)--S,SlogPredmax+3,7] '10 -3 'Kst ,
. D . z
Einerseits wurden in [142, 143] beschriebene Untersuchungen bei einem För-
derrohr-Durchmesser DF = 0,09 m durchgeführt. Andererseits kann man da-
von ausgehen, daß seine Verringerung zur Abnahme, und seine Vergrößerung
zur Zunahme des Flächenbedarfs führt. Wird dies berücksichtigt, dann geht
obige Gleichung über in

F ~ [(8,6'IOg p.... _ -6) ~z - 5,5 log PmJ.-+ 3,7]-0,011' Ks.' 0" .


Sie folgt nach den Angaben von Abb. 2.271 recht gut den Meßwerten. Die sich
'für größere Volumina errechnenden etwas erhöhten Entlastungsflächen sind
sicherheitstechnisch gewollt.
Die Gültigkeit der Gleichung ist an folgende Voraussetzungen gebunden:
axiale zentrale Gutstromeinförderung über ein Förderrohr vom Durchmes-
ser DF [m] in einen kubischen Behälter (H/D < 2) ohne Einbauten,

[m 2 ] , - - - - - - - - - - - - ,
StaubexRlos;onsklgsse stJ
2.5 -Pmox=9 bar-

0_---0
Pred.max.

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0.1 bar

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2,0 bar

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§ [m 2 ] , - - - - - - - - - - - - - - - ,
U; Stgubexplosionsklasse St2 P red.mox.
o 2.5 - -p =9 bar- __ 0 0,1 bar
:;:::;
C
max~_o-- •
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W 0-

1,0 7~·
/ • __ -o---~ 1,0 bar

""., '-:;:0>

0.25 e~~->__
_-O----~ 2,0 bar

Messwerte
lf ----- Rechnung
0.1'--_-'--
I _ _-,I_ _,--I_ ___=___,

10 25 100 250 [m 3 ]
Behä Itervolumen V
Abb. 2.271. Flächenbedarf bei pneumatischer Produkteinförderung in kubische Behälter:
Vergleich Meßwerte/Rechnung (Dz = 0,09 m, Q = 15 m 3/min, Pstat = 0,1 bar)
516 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Begrenzung des Luft-Volumenstroms auf Q = 1S m 3/min,


Behältervolumina V:S 10000 m 3 ,
Begrenzung des maximalen Explosionsdruckes auf Pmax = 9 bar und der
staubspezifischen Kenngröße auf Kst = 300 bar' m . s -1 ,
Begrenzung des reduzierten maximalen Ansprechdruckes auf Pred,max =
2 bar und des statischen Ansprechdnickes der Berstscheibe auf Pstat =
0,1 bar.
Die erforderliche Entlastungsfläche kann auch den Nomogrammen in
Abb. 2.272 entnommen werden. Hierbei wird zunächst auf der Abszisse für die
gewünschte Staubexplosionsklasse der Wert für den dem zu schützenden Be-
hälter zugeordneten inversen äquivalenten Zylinderdurchmesser D z gesucht.
Von dort geht man senkrecht nach oben bis zum Schnittpunkt mit der Isoba-
ren, die den Wert für den reduzierten maximalen Explosionsdruck Pred,max (die
Explosionsfestigkeit p des zu schützenden Behälters) angibt. Von hier wird eine
Parallele zur Abszisse bis zum Schnittpunkt mit der Ordinate, der gesuchten
Entlastungsfläche F, gezogen.
Zunehmender Luftvolumenstrom hebt die Druckwirkung linear an
(Abb. 2.268). Daher können durch Extrapolation auch Angaben für den Flä-
chenbedarf für einen höheren Luft-Volumenstrom (Q = 30 m 3/h) als den bei
den Untersuchungen angewendeten gemacht werden. Abbildung 2.273 ver-
gleicht für Maisstärke und verschiedene Volumin:a den reduzierten maximalen
Explosionsdruck Pred,max als Funktion der Entlastungsfläche F.
Danach vermindert sich mit zunehmender Entlastungsfläche F der Einfluß
des Luftvolumenstroms auf die Drnckwirkung und ist nicht mehr vorhanden,
wenn diese in der Größenordnung des statischen Ansprechdruckes der Berst-

[m 2 ] . - - - - - - - - - - - - - - .
StcubexplosiQnsklcsse 5t1
Pmex " 9 bar -
2,0
u.. 1,5
Q)
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u
1,5
g,c 1,0
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1 6Qr
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o 0,1 0,2 0,3 0,4 [m-']
I I I I I I I I
104 10 3 102 10' [m3 ] 104 10 3 102 10' [m3 ]
Behä Itervolumen V Behältervolumen V

Abb.2.272. Nomogramm für die Bestimmung der Entlastungsfläche kubischer Behälter mit
inhomogenen Staub/Luft-Gemischen (DF = 0,09 m, Q~ 15 m 3/min, optimale Beladung,
Pstat = 0,1 bar)
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 517
(bar) r----------------------,

~ 4
E
e\ \ \ •

0\ e ~\ 0A0 It. \
3
Q =1Sm /min
e • • Q=30m3/mln
\
\ A ~
o ~~t':'~~ __"-__ _____ __~__
~ ~ ~ ~ ~ 0,1
Entlastungsfläche F

Abb. 2.273. Einfluß des Behältervolumens und der Luftmenge Q auf den Zusammenhang
zwischen reduziertem maximalem Explosionsdruck Pred,max und Entlastungsfläche F für
Maisstärke (optimale Beladung)

scheibe liegt. Durch entsprechendes Einsetzen von Pred,max = Pstat = 0,1 bar in
die vorgenannte Gleichung kann diese Fläche errechnet werden. Im Anwen-
dungsfall ist zu empfehlen, den Luftvolumenstrom nicht größer als
Q = 50 m 3/min und die Behälterfestigkeit nicht kleiner als p = 0,25 bar zu
wählen.
Die Art der Gemischwolke in kubischen Behältern (Abb.2.274) entscheidet
bei Explosionsdruckentlastung über den Flächenbedarf, der bei inhomogenen
Staub/Luft-Gemischen, wie sie bei der pneumatischen Produkteinförderung
entstehen, deutlich geringer ist als bei homogenen Gemischen nach dem
Normverfahren. Ursache ist das "Zusammenbrechen" der Explosionskenngrö-
ßen ([144], Thbelle 2.27).
Besonders bei Großbehältern (Abb.2.275) ist daher die Flammenausbrei-
tung im Nahbereich der Entlastungsöffnung deutlich geringer als bei homoge-
nen Staub/Luft-Gemischen (Abb. 2.253).
In der Regel hat die Bemessung der Explosionsdruckentlastungsöffnung ku-
bischer Behälter nach der Gleichung (dem Nomogramm) für homogene
Staub/Luft-Gemische zu erfolgen. Hiervon kann abgewichen werden, wenn in
der Praxis die Befüllung solcher Behälter bei axialer zentraler Einführung des
Gutstromes durch pneumatischen Transport vorgenommen wird und wenn die
vorgenannten Voraussetzungen (s. S. 515/516) erfüllt sind.
Bei Behältern ohne Einbauten ist bei der Bemessung von Druckentlastungs-
flächen im Normalfall das Leervolumen zugrunde zu legen. Sind Einbauten
vorhanden (z. B. Filterschläuche und Filtertaschen), so kann in der Regel das
Hüllvolumen der Filterelemente vom Leervolumen abgezogen werden [128]. Es
muß jedoch gewährleistet sein, daß der Entlastungsvorgang durch Einbauten
nicht behindert wird. Daher dürfen z. B. Filterschläuche die Entlastungsfläche
nicht verdecken. Im Zweifelsfall muß die Entlastungsfähigkeit experimentell
nachgewiesen sein.
518 3 Konstruktiver Explosionsschutz
..-
[m 2 ] homQgen~ Slaub LLuft-Gemis!;b~
+-'
(/)
- Normverfahren - Q.)
(f)
(f)
0
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(f)
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0 - Normverfahren -
Q.)
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X
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inhomogene SlaubLLuft-Gemis~b!: ..0
- Flugförderung - :J
0
0,1 +-'
(/)
1O' [m 3 ]
Behältervolumen V
Abb. 2.274. Einfluß der Art der Gemischwolke auf den Flächenbedarf (Pred max = 1 bar,
D z = 0,09 m, Q = 15 m3Imin, Pstat = 0,1 bar) ,

Tabelle 2.27. Einfluß der Staubwolkenart auf die Explosionskenngrößen im geschlossenen


Behälter (E = 10 kJ)
Gemischerstellung Normverfahren Pneumatisches Befüllen

Staub art Behältervolumen Pmax KSt Pmax KSt


[m3] [bar] [bar·m·s- 1] [bar] [bar·m·s- 1]

Technocel 25 8,9 170 5,9 21


Maisstärke 25 9,0 228 5,5 26
Technocel 250 8,9 170 4,3 8
Maisstärke 250 9,0 228 1,3 6
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 519

Abb. 2.275. Flammenausbreitung im Nahbereich der Entlastungsöffnung des 250 m3-Behäl-


ters bei inhomogenem Maisstärke/Luft-Gemisch (F = 0,79 m2)

Wird die Explosionsdruckentlastung an Behältern oder Apparaten in Ge-


bäuden angewendet, so ist es zum Schutz der Räume und Personen
(Abb. 2.233 - 2.236) zwingend notwendig, sie über ein Ausblasrohr (Abblas-
rohr) in ungefährliche Richtung ins Freie zu führen (Abb. 2.276).
Allerdings können dadurch wie bei Brenngasexplosionen (s. S. 481) Explosions-
heftigkeit und Druckäußerung im zu schützenden Behälter erheblich angehoben
werden. Diese Verstärkung steht wiederum im ursächlichen Zusammenhang mit
der Beeinflussung des primären Explosionsablaufs im Behälter selbst durch den
sekundären Explosionsablauf im Ausblasrohr (s. Abb. 2.225).
Nach dem Ansprechen der Entlastung wird das zunächst staubfreie Abblas-
rohr durch den Vorschub von noch unverbranntem Gemisch vor der Flammen-
front mit explosionsfähigem Gemisch befüllt, das anschließend durch den aus
dem zu schützenden Behälter austretenden Flammenstrahl entzündet wird. Die
Druckwirkung der Sekundärexplosion (Abb. 2.225) behindert den Abström-
vorgang und erhöht deutlich den reduzierten maximalen Explosionsdruck.
Dies wird durch zahlreiche Untersuchungen [129, 138, 145 -148] bestätigt. Zur
Bestätigung der bisherigen Erkenntnisse wurden Untersuchungen in einem ex-
plosionsdruckentlasteten 1 m 3-Behälter durchgeführt. Den Entlastungsflä-
chen (F = 0,07110,2 m 2) waren Ausblasrohre von gleichem Querschnitt in
abgestuften Längen (1 = 2 - 6 m) nachgesetzt (statischer Ansprechdruck der
Berstscheibe Pstat = 0,1 bar, Abb.2.277). Bei einem konstanten maximalen
Explosionsdruck von Pmax = 9 bar wurde die staubspezifische Kenngröße im
Bereich von KSt = 100- 250 bar· m . s - t systematisch verändert und für die
Gemischerstellung das Normverfahren für homogene Staub/Luft-Gemische
angewendet.
520 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb. 2.276. Ausblasrohre, die Entlastungsöffnungen von Filtergehäusen nachgesetzt sind

Abb.2.277. Explosionsdruckentlasteter 1 m3-Behälter (F = 0,071 m2) mit 6 mAusblasrohr

Zunehmende Ausblasrohrlänge verstärkt, wie erwartet, den reduzierten Ex-


plosionsdruck Pred (Abb. 2.278). Ähnlich verhält sich der reduzierte zeitliche
Druckanstieg (dp/dt)red' Hierbei gilt es, die Verschiebung der Optimalkonzen-
tration, bei der sich die Höchstwerte einstellen, zunächst zu geringeren und
dann zu höheren Werten hin zu beachten. Man erhält also nur dann eine ein-
deutige Aussage über die Verstärkung des Explosionsablaufs im zu schützen-
den Behälter, wenn die Untersuchungen über einen breiten Konzentrationsbe-
reich erfolgen.
In halblogarithmischer Darstellung (Abb. 2.279) ändern sich die maximale
Explosionsgeschwindigkeit Vmax und der maximale Explosionsdruck Pmax im
Ausblasrohr linear mit der Rohrlänge und hängen zusätzlich von der staubspe-
zifischen Kenngröße Kst ab. Die genannten Explosionskenngrößen fallen mit
zunehmender Entlastungsfläche.
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 521

[bar] F=0071 00 2 0
2,5 0 7 . ohne Ausblasrohr
01= 2m
.0. 1= 4m
.o.~1=6m
.0.

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~ ~ ~~~

250 500 750 1000 [g/m 3 ]


Stau bkon zen tration

Abb.2.278. Einfluß der Länge I von Ausblasrohren auf die Verstärkung


des reduzierten Explosionsdruckes Pred von Maisstärke-Staubexplosionen
(V = 1 m3, Pmax = 9 bar, KSt = 200 bar·m·s- I )

Bei kleiner Entlastungsfläche (F = 0,071 m2) und kurzen Ausblasrohren


(1 - 2 m) ist die Verstärkung des reduzierten maximalen Explosionsdruckes
Pred,max relativ gering (Abb.2.280). Bei Verlängerung hebt sich die Druckwir-
kung an, und zwar um so mehr, je geringer die staubspezifische Kenngröße ist.
Bei großen Entlastungsflächen (F = 0,2 m2) ist das umgekehrte Verhalten zu
beobachten. Mit zunehmender Ausblasrohrlänge wird die Druckäußerung zu-
nächst deutlich verstärkt, um anschließend zu verflachen. Durch dieses Unter-
suchungsergebnis wurden frühere Erkenntnisse [129] bestätigt, wonach einer-
seits der "Ausblasrohreffekt" von der Größe der Entlastungsfläche abhängt, er
aber andererseits bereits bei sehr kurzen Rohrlängen eintritt.
Betrachtet man den Zusammenhang zwischen reduziertem maximalem Ex-
plosionsdruck Pred,max ohne Ausblasrohr, d.h. bei freier Entlastung, und dem
reduzierten maximalen Explosionsdruck p'red,max mit Ausblasrohr in doppelt-
logarithmischer Darstellung (Abb.2.281, oben), dann ergeben sich Geraden
mit der Entlastungsfläche F und der Ausblasrohrlänge I als Parameter. Gegen-
über der freien Entlastung ist, wie bereits bemerkt, die Entlastungsfähigkeit
einer Berstscheibe um so mehr eingeschränkt, je geringer der Druck ist.
Deckungsgleichheit der Geraden, die sich auf die gleiche Ausblasrohrlänge 1,
aber auf verschiedene Entlastungsflächen F beziehen, wird nicht erreicht.
522 3 Konstruktiver Explosionsschutz

~ [m/sJ F==Q,071 rn 2 ~2
> 0

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KSt
?i 400 f- 0 100 bar-rn_5 1
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1 2 4 6 [m] 1 2 4 6 [mJ
Ausblasrohrlänge

Abb. 2.279. Maximale Explosionskenngrößen im Ausblasrohr als Funktion


der Rohrlänge 1 (V = 1 m3 , Pmax = 9 bar, Pstat = 0,1 bar)

Um dennoch der Praxis eine vereinfachte Lösung dieses Problems anzubie-


ten, ist bereits in der alten VDI-Richtlinie 3673 "Druckentlastung von Staub ex-
plosionen" [138] ein Nomogramm (Abb. 2.281, unten) enthalten, das zwischen
Ausblasrohrlängen von I s 3 m und I> 3 m unterscheidet. Seine allgemeine
Gültigkeit nicht nur für den 1 m\ sondern auch größere Behälter, Siebma-
schinen, Filtergehäuse und auch Mühlen wurde im letzten Jahrzehnt experi-
mentell nachgewiesen [146-148]. Dem beschriebenen "Ausblasrohreffekt" ist
durch Erhöhung der Behälterfestigkeit p oder Vergrößerung der Entlastungs-
fläche F zu begegnen. Er ist bei einem reduzierten maximalen Explosionsdruck
von Pred,max -7 bar nicht mehr vorhanden.
Entsprechend der zu erwartenden Zunahme der Druckwirkung im zu schüt-
zenden Behälter ist dessen Explosionsfestigkeit p nach folgenden Gleichungen
für homogene Staub/Luft-Gemische zu erhöhen
Ausblasrohrlänge I s 3 m: p = P;ed, max = 1,84 P~~~:~ax
Ausblasrohrlänge I> 3 m: p = P;ed, max = 3,00 P~~~;~ax .
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 523

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° 250 bor.m.s1
0,1"-----"'-----'-_-1-_-' 0,1'--_--'-::_ _-'-_-::_--::--'
o 2 4 6 [m] 0,1 7 [bar]
Ausblasrohrlänge I red.max.Explosionsdruck P,.ed.ma~hne Ausblasrohr

Abb.2.280 Abb. 2.2.281

Abb. 2.280. Reduzierter maximaler Explosionsdruck Pred,max als Funktion der Ausblasrohr-
länge 1 (V = 1 m 3 , Pmax = 9 bar, Pstat = 0,1 bar)
Abb. 2.281. Reduzierter maximaler Explosionsdruck p' red max mit Ausblasrohr als Funktion
des reduzierten maximalen Explosionsdruckes Pred,m~ ohne Ausblasrohr (homogene
Staub/Luft-Gemische)

Ist hingegen die Behälterfestigkeit p = p/red,max vorgegeben, dann ist die Entla-
stungsfläche F so groß zu wählen, daß sich der folgende reduzierte maximale
Explosionsdruck Pred,max bei freier (ungehinderter) Entlastung einstellt:

Ausblasrohrlänge I< 3 m: Pred,max = 0,3936' P;;d:~ax


Ausblasrohrlänge I> 3 m: Pred, max = 0,1002 P;;d~~! .
Das Vorgehen ist das gleiche wie das in Abb. 2.227 für die Brenngase beschrie-
bene.
Bisher wurden Ausblasrohre betrachtet, deren Querschnitt dem der Entla-
stungsfläche entspricht. Sie müssen die Explosionsfestigkeit des zu schützen-
den Behälters haben. Bei Rohrlängen von mehr als 3 m ist zu empfehlen, diese
in PN 6 oder in PN 10 auszuführen. Dies ist eine Grundvoraussetzung für die
Anwendung der Schutzmaßnahme ExplosionsdruckentJastung.
524 3 Konstruktiver Explosionsschutz

In neuerer Zeit wird immer wieder die Frage diskutiert, ob nicht durch eine
Erweiterung des Ausblasrohres gegenüber der Entlastungsfläche eine weniger
starke Anhebung der Druckwirkung im zu schützenden Behälter erreicht wer-
den kann. Zur Klärung wurden Versuche mit dem 1 m 3-Behälter (Abb.2.277)
durchgeführt und der Entlastungsfläche F = 0,071 m2 (ON 300) unterschied-
lich lange Ausblasrohre ON 500 nachgesetzt, deren Querschnitt um den Faktor
2,8 größer war. Das Normverfahren für homogene Staub/Luft-Gemische und
der statische Ansprechdruck der Berstscheibe mit p = 0,1 bar wurden beibehal-
ten.
Bei niedriger staub spezifischer Kenngröße (Kst = 100 bar' m . s -1; Abb.
2.282, oben) ist die Druckwirkung im 1 m 3-Behälter bei erweitertem Ausblas-
rohr insgesamt gesehen höher als bei gleichem Querschnitt von Ausblasrohr
und Entlastungsfläche. Kurze Ausblasrohre (Abb. 2.282, unten) setzen, bezo-
gen auf eine staubspezifische Kenngröße von Kst = 200 bar' m . s -1, den redu-
zierten maximalen Explosionsdruck gegenüber der freien Entlastung herab.
Bei verlängerten Rohren ist die Druckwirkung unabhängig davon, ob eine Aus-
blasrohrerweiterung vorhanden ist oder nicht. Sehr ähnlich verhalten sich
brennbare Stäube mit der staubspezifischen Kenngröße Kst = 250 bar' m . s -1 •

[bar] F=O,071 m2
....
..
.r. Ausblasrohr
o
....
1,5 o DN300
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o
.DN500
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I...".-J
o 2 4 6 [rn]
Ausblasrohrlänge I
Abb. 1.181. Einfluß einer Ausblasrohrerweiterung auf die Verstärkung der Druckwirkung
(V = 1 m3, Pmax = 9 bar, P,tat = 0,1 bar)
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 525

Unabhängig vom Ausblasrohrquerschnitt liegen die in diesen Rohren gemes-


senen Explosionskenngrößen (Abb. 2.283) in der gleichen Größenordnung.
Wie zu erwarten, ist jedoch bei erweitertem Rohr deren Abhängigkeit von der
Rohrlänge geringer.
Zusammenfassend ist daher festzustellen, daß eine Erweiterung des Quer-
schnitts des Ausblasrohres gegenüber der Entlastungsfläche nicht den ge-
wünschten Erfolg hatte. Lediglich bei heftiger reagierenden brennbaren
Produkten und kurzen Ausblasrohren ist eine den Druck mindernde Einfluß-
nahme zu erwarten. Eine allgemein gültige diesbezügliche Aussage ist z. zt.
noch nicht möglich. Werden anstelle von Berstscheiben Explosionsklappen
(G - 50 kg/m 2) mit Ausblasrohren als Entlastungseinrichtung an Behältern
mit homogenen Staub/Luft-Gemischen eingesetzt (Abb. 2.284), dann tritt bis
zu Ausblasrohrlängen von I = 8 m keine Verstärkung des reduzierten maxima-
len Explosionsdruckes ein [110]. Voraussetzung ist (Abb.2.285), daß der Ab-

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o [m/s]
E K =100 bar.rn.s l K =200 ba/rn. sI
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Aysblgsrohr
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In 1,0
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w 0,5 c-
x
o

E o L..---L_--I---L--:--'. I I I
1 2 4 6 [m] 1 2 4 6 [m]
Ausblasrohrlänge
Abb. 2.283. Einfluß einer Ausblasrohrerweiterung auf die Explosionskenngrößen im Rohr
(V = 1 m 3, Pmax = 9 bar, Pstat = 0,1 bar)
526 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb.2.284. Staubexplosion im 25 m3-Behälter mit 0,5 m2-Explosionsklappe


mit nachgesetztem Ausblasrohr

C =0· 0.55

Ausblaskanal
Abb. 2.285. Dimensionierung des Abstandes c einer Explosionsklappe
von der Innenwand eines Ausblaskanals (Ausblasrohrs)
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 527

stand c von der Mitte der längeren Seite ader Entlastungseinrichtung zur In-
nenwand des Ausblasrohres (Ausblaskanals) der Gleichung
c = 0,55 a
folgt. Der Querschnitt des Ausblasrohres ist also deutlich größer als der der
wirksamen Entlastungsfläche der Explosionsklappe. Ursache ist, daß nach
dem Ansprechen einer Explosionsklappe der Vorschub von noch unverbrann-
tem Gemisch in das Ausblasrohr dosiert, die Staubkonzentration gering gehal-
ten und daher die volle Ausbildung einer Sekundärexplosion verhindert wird.
Zwar ist der Behinderung des Entlastungsvorgangs einer solchen Entlastungs-
einrichtung durch Vergrößerung der Behälterfestigkeit oder Entlastungsfläche
zu begegnen (Abb.2.195). Trotzdem kann bei entsprechender Entlastungsfä-
higkeit die zu fordernde Erhöhung der Explosionsfestigkeit des zu schützenden
Behälters geringer sein als bei Berstscheiben (Abb.2.281).
Ist obige Voraussetzung nicht erfüllt, dann gelten für die Verstärkung der
Druckwirkung die Gleichungen für Berstscheiben (S.522/523), bezogen auf
den reduzierten maximalen Explosionsdruck, der sich bei Vorhandensein einer
Explosionsklappe ohne Ausblasrohr einstellt, oder es sind entsprechende expe-
rimentelle Untersuchungen notwendig.
Ist in explosionsdruckentlasteten kubischen Behältern mit dem Auftreten
von inhomogenen Staub/Luft-Gemischen zu rechnen, wie sie bei pneumati-
scher Produktbefüllung entstehen [142, 143], dann ist, im Gegensatz zu homo-
genen Gemischen die Wirkung von Ausblasrohren auf die Anhebung des redu-
zierten maximalen Explosionsdruckes im zu schützenden Behälter erheblich
eingeschränkt (Abb. 2.286) und erstreckt sich nur auf den Bereich von
Pred,max = 0,1- 2 bar. Um diesen Einfluß auszuschließen, ist zu empfehlen, die
Entlastungsfläche entweder so groß zu wählen, daß die Druckwirkung dem

v: ~
... V -tmm -----{< 3
/' l/
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V'/
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--- ---

ß - - r----

V 0,2 0,4 0,6 0,8 1 2


reduzierter maximaler Explosionsüberdruck
ohne Ausblasrohr Pred,max [bar J

Abb.2.286. Reduzierter maximaler Explosionsdruck p/red,max mit Ausblasrohr als Funktion


des reduzierten maximalen Explosionsdruckes Pred,max ohne Ausblasrohr (inhomogene
Staub/Luft-Gemische)
528 3 Konstruktiver Explosionsschutz

statischen Ansprechdruck der Berstscheibe (Pstat = 0,1 bar) entspricht (in die-
sem Fall ist man auch unabhängig vom Luftvolumenstrom Q) oder, daß der
reduzierte maximale Explosionsdruck und damit die Behälterfestigkeit
Pred,max = P ~ 2 bar ist. Dies ist bei den ohnehin notwendigen, sehr kleinen
Entlastungsflächen (Abb. 2.270) problemlos.
Unabhängig davon, ob in kubischen Behältern mit homogenen oder inho-
mogenen Staub/Luft-Gemischen zu rechnen ist, sollten Ausblasrohre mög-
lichst kurz und gerade verlegt sein. Runde Ausblasleitungen sind aus Festig-
keitsgründen eckigen vorzuziehen.
Bei einer z. B. in der Nähe einer Entlastungseinrichtung vorhandenen In-
spektiollsöffnung müssen Deckel und Verschluß der Ausblasrohrfestigkeit und
daher der Behälterfestigkeit entsprechen.
Um das Eindringen von Regen und Schnee in die Ausblasleitungen zu ver-
hindern, sind leichte Abdeckungen, z. B. Folien oder Scheiben in Gummi-
klemmprofilen (Abb. 2.189) zulässig; sie müssen bei sehr niedrigen Drücken
(sO,l bar) abgeworfen werden.
Gesteigerte Gemischturbulenz, Vorkompression und großflächige Flammen-
strahlzündung können in Behältern, die durch Rohre verbunden sind, wie bei
den Brenngasen (Abb. 1.53 - 1.57) so auch bei den brennbaren Stäuben zu einer
deutlich überhöhten Explosionsheftigkeit führen. Dies bedeutet, daß Glei-
chung und Nomogramm für homogene Gemische unterdimensionierte Entla-
stungsflächen ergeben, wenn eine Explosion aus einem Behälter über ein Rohr
in einen anderen Behälter übertragen wird. Die Schutzmaßnahme Explosions-
druckentlastung kann in solchen Fällen nach dem augenblicklichen Erkennt-
nisstand wie folgt angewendet werden:
Die Entlastungseinrichtung ist grundsätzlich für einen sehr niedrigen stati-
schen Ansprechdruck (Pstat S 0,2 bar) auszulegen.
Bei gleich großen Behältern (V ± 100/0) sind bei möglichst hoher Explo-
sionsfestigkeit beide Behälter nach der Gleichung (dem Nomogramm für
homogene Gemische) zu entlasten.
Bei unterschiedlich großen Behältern ist zunächst eine möglichst hohe Ex-
plosionsfestigkeit anzustreben und nach den Gleichungen (dem Nomo-
gramm) für homogene Gemische zu entlasten. Besteht keine Möglichkeit,
den kleineren Behälter zu entlasten (z. B. dann, wenn eine Staubexplosion
aus einer Mühle über eine längere Rohrleitung in ein größeres Filter über-
tragen wird), dann ist dieser explosionsfest für den vollen maximalen Ex-
plosionsdruck auszulegen und die für den größeren Behälter bestimmte
Entlastungsfläche zu verdoppeln. Für diesen Fall folgt der sich einstellende
reduzierte maximale Explosionsdruck p'red,max der Gleichung

Pred, - 0294'pO,9417
' max - , red, max

und ist unabhängig vom Behältervolumen und der staubspezifischen Kenn-


größe Kst (Abb. 2.287).
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 529

[bar]
"E
0

0,75 I-
I", I",
ii
-- ... /
E E
0.- 0>

t;g·
c 0 0
-'<2 .0 .0
0 0. 0,51- 0 0
::J Q.
0
0 ,..,0
.§/
L. N
-0-0 11 11
Ul L.

'"0 '" '"•"'


.K
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'"
'üj c V=20 m3
'" 0,25 -
-o ..c
Q. 0 bo ... V=50 m3
~:.2
x
,u..
o ,-
0
• V=100 m3
./
~.
E Ji
-0
'"
L.
0,1 .l./~
OboO I I I I
0,1 0,25 0,5 0,75 1,0 1,5 2,0 [bar]
reduzierter maximaler Explosiondruck p
red,mox.

Abb.2.287. Reduzierter maximaler Explosionsdruck p'red,max bei Flächenverdopplung im


Vergleich zum reduzierten maximalen Explosionsdruck Pred,max bezogen auf homogene
Staub/Luft-Gemische

Verdoppelung des aus der Gleichung für homogene Staub/Luft-Gemische sich


errechnenden Flächenbedarfs setzt den reduzierten maximalen Explosions-
druck daher um 700/0 herab. Dies wird als ausreichende Sicherheit für die Ex-
plosionsdruckentlastung von Staubexplosionen angesehen, wenn sie aus einem
explosionsfesten kleineren Behälter in einen entlasteten größeren übertragen
werden.
Die Gleichungen für homogene und inhomogene Gemische gelten ohne Ein-
schränkung, wenn eine Flammenfortpflanzung in der verbindenden Rohrlei-
tung und daher eine Flammenstrahlzündung im nachgesetzten Apparat durch
Maßnahmen der explosionstechnischen Entkopplung (s. Kap. 4.5) sicher unter-
bunden wird. Dies ist bei Leitungslängen > 6 m zu empfehlen.
Siwek [149] untersuchte in einem 1,2 m3-Behälter mit dem Höhen/Durch-
messer-Verhältnis von H/D = 2 (Abb. 2.288) den Einfluß des Vordruckes Pv
auf das Explosionsdruckentlastungsverhalten homogener Staub/Luft-Gemi-
sche (Abb. 2.289).
Er arbeitete mit Entlastungsflächen von F = 0,03 - 0,28 m2 bis zu einem
Vordruck von Pv = 10 bar, abs. Der für die verwendeten brennbaren Stäube
nach dem Normverfahren bestimmte maximale Explosionsdruck betrug
durchschnittlich Pmax = 7,7 bar. Die staubspezifischen Kenngrößen lagen im
Bereich von KSt = 102 - 310 bar' m . s -1. Die Zündquelle (pyrotechnische Zün-
der mit einem Energieinhalt von E = 10 kJ) befand sich in Raummitte.
Die zunächst im geschlossenen Behälter durchgeführte Explosionskenngrö-
ßenbestimmung ergab, daß bei annähernd gleichem maximalem Explosions-
druck (Pmax = 8 bar) die staubspezifischen Kenngrößen durchschnittlich hal-
biert wurden. Dies ist sicherlich der langgestreckten Form des 1,2 m 3-Behäl-
ters (Abb. 2.288) zuzuschreiben.
530 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb.2.288. 1,2 m3-Behälter für Explosions- Abb.2.289. Kohlenstaubexplosion in explo-


druckentlastungsversuche mit vorkompri- sionsdruckentlastetem 1,2 m3 -Behälter
mierten brennbaren Stäuben (H/D = 2) (F = 0,03 m3 , pv = 6 bar, abs.)

Bei den anschließenden Explosionsdruckentlastungsversuchen lag der stati-


sche Ansprechdruck der Berstscheiben 50% über dem Vordruck Pv, der stets
im Rahmen der Versuchsgenauigkeit im linearen Zusammenhang zu den redu-
zierten maximalen Explosionskenngrößen
reduzierter maximaler Explosionsdruck Pred,max (gemeint ist der Explo-
sionsüberdruck über dem Vordruck Pv bei üptimalkonzentration) und
reduzierter maximaler zeitlicher Druckanstieg (dp/dt)red,max
stand, für die folgende empirischen Gleichungen gelten
Pred,max'= (207·1O- 3KS_011)F
t,
7,63.!O-4' K S;o,818. p
v
(dp/dt)red,max = 5,38 .10- 5 K~i326. F I ,9.!O-l. KS;O,92. Pv
wobei Pv in bar, abs. einzusetzen ist.
Abbildung 2.290 zeigt für einen brennbaren Staub die Druck- und Druck-
anstiegs-Flächen-Kurven bei unterschiedlichem Vordruck Pv, während
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 531

Abb. 2.291 den entsprechenden Flächenbedarf für unterschiedlich heftig rea-


gierende brennbare Produkte vergleicht. Man erhält also auch bei Vordruck
den typischen Verlauf der Kurven, die die reduzierten maximalen Explosions-
kenngrößen als Funktion der Entlastungsfläche F beschreiben.
Siwek untersuchte auch, wie sich eine Herabsetzung des statischen An-
sprechdruckes der Berstscheiben auf 200/0 über dem Vordruck auf den Flä-
chenbedarf auswirkt und fand (Abb. 2.292, oben), daß dies nur bei kleinen
Entlastungsflächen von Bedeutung ist.
Verlagerung des Zündortes auf den Boden des langgestreckten 1,2 m3-Be-
hälters ergab bei dem schwächer reagierenden Staub (KSt = 102 bar' m . s -1)
mit 18% eine deutlich höhere Verstärkung der Druckwirkung gegenüber
dem Zündort "Raummitte" als der heftiger reagierende Staub (KSt =
310 bar·m·s- 1) mit 7,3%.
Für die zu wählende Explosionsfestigkeit einer explosionsdruckentlasteten
unter Vordruck stehenden Apparatur ist die Summe aus Vordruck Pv und re-
duziertem maximalem Explosionsdruck Pred,max maßgebend, die bei einer vor-
gegebenen Entlastungsfläche F aufgrund der Rechnung zu erwarten ist. Es
stellt sich daher die Frage, wie groß diese zu wählen ist, damit im Explosions-
fall der aus Vordruck Pv und statischem Ansprechdruck Pstat zusammengesetz-
te Gesamtdruck p = Pv + Pstat nicht überschritten wird. M.a'w.: Für welche
Fläche F ist die Druckwirkung Pred,max s dem statischen Ansprechdruck Pstat?

[bar] ' - - A - - P ma
-- x -=7-.6-ba-r,K-s-.=-'-74-ba-r.-m-.s""",'

.. py =2.5 bar.ab.
22,S - \ A Py =5 bar.ab.
A A Pv =, 0 bar,ab.
x
o

"
E
"li 15,0 t- A ' " Ps•a • =0.5· Py
a.~
A
"' ......... A _ _ _
7,5 t- .................... A _ A __A
" _ _ .. _ A __A_A

O~~IL-~IL-:"--jl==~·t~~~..~
[bar /5] .-"""'\C--------------,
600

.'_"_ _
A
x
E 400

--A___
..;
~ A A .........
'\ A ___
-a:---I+'
"0"0 ............... A __
---- 200 .a., .............. A

.a. __ ... _ _ _ • _ _ _ !
O~_~_~_~_~_~~~
o 0,05 0,10 0,15 0,20 0,25 [m 2 ]
EnUastungsftHche F
Abb. 2.290. Reduzierte maximale Explosionskenngrößen als Funktion der Entlastungsfläche
F und des Vordruckes Pv (V = 1 m3 , H/D = 2, Zündort Raummitte)
532 3 Konstruktiver Explosionsschutz

[bar] 0 Pmox =7,4 bar,K st =102 bar·m.5 1


\
6.Pmox =7,6 bar,K St =174 bar.m.s- 1
30

'- "'_ --0


~
\ o~m", =8,2 bar,K s, =310 bar,m.'"
x
E
~
20 - '" 0,
0.
o '" °___ 0

10 I- 0'- 0--0____
"' ___ '" --6.

0 I I I ~~o
[bar /s] ,
0",- PV=10 bar,abs
ps,", =O,5'p v
750 f--- 0 ........ 0 _ _ _
x
E °__ 0
~ 500 -
--------
%1=0
------- 250 I-

0
0 0,05 0,10 0,15 0,20 0,25 [m 2 ]
EnUastungsfiöche F

Abb. 2.291. Reduzierte maximale Explosionskenngrößen bei konstantem Vordruck Pv als


Funktion der Entlastungsfläche F und der Staub art (V = 1 m3 , H/D = 2, Zündort Raum-
mitte)

[bar]

30f---
x
E 20 I-
0.
~

10

0
0 0.05 0,10 0,15 0,20 0,25 [m 2 ]
Entlastungsfläche F

o
Vi
0.
11 x
E
-g
0."

Abb. 2.292. Einfluß des statischen Ansprechdruckes Pstat und der staubspezifischen Kenn-
größe KSt auf den Flächenbedarf (V = 1,2 m3 , H/D = 2, Zündort Raummitte)
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 533

Geht man von der Gleichung aus, die die Abhängigkeit des reduzierten ma-
ximalen Explosionsdruckes Pred,max von der Entlastungsfläche F bzw. der
staubspezifischen Kenngröße Kst beschreibt und löst sie nach F auf, dann
folgt
3 -1 5 ] -0,495' K~?17
F = [ 10,291'10 ':St . ·Pred.max

für einen statischen Ansprechdruck der Berstscheibe von 50070 über dem Vor-
druck und die Zündortlage Raummitte. Setzt man in dieser Gleichung
Pred.max = 0,5' Pv, dann erhält man den in Abb. 2.292 (unten) gezeigten Zusam-
menhang zur staub spezifischen Kenngröße KSt ' Wird daher die Entlastungs-
fläche
F~ 1,2.10- 5 • K§f8

gewählt, dann entspricht der reduzierte maximale Explosionsdruck dem stati-


schen Ansprechdruck oder ist geringer. Der sich aus der Summierung des Vor-
druckes Pv und des statischen Ansprechdruckes Pstat ergebende Gesamtdruck
(die zu fordernde Explosionsfestigkeit p des Behälters) verändert sich nicht
mehr. Dies gilt unabhängig vom Vordruck Pv'
Die maximal mögliche Entlastungsfläche im Deckel des vorgegebenen
1,2 m 3-Behälters (D = 0,91 m, H = 1,82 m) beträgt F = 0,66 m 2 • Daher ist obi-
ge Forderung nur bis zu einer staubspezifischen Kenngröße von ca. KSt =
240 bar' m . s -1 (F = 0,62 m 2) erfüllbar.
Obige Betrachtungen gelten für
einen maximalen Explosionsdruck von Pmax == 8 bar und eine staubspezifi-
sche Kenngröße im Bereich von KSt = 100 - 300 bar' m . s -1 ,
Zündortlage Raummitte,
einen Vordruck von Pv::5 10 bar, abs. und für einen
statischen Ansprechdruck, der um 50070 über dem gewählten Vordruck liegt,
in Verbindung mit einem langgestreckten 1,2 m 3-Behälter mit einem Höhen/
Durchmesser-Verhältnis = 2. In beschränktem Umfang ist die Anwendung obi-
ger Erkenntnisse auch auf andere ähnlich geformte Volumina V zulässig. In
diesem Fall sind die aus den Gleichungen sich ergebenden Entlastungsflächen
F mit dem Faktor 0,753 zu potenzieren. Besteht die Gefahr einer Gemischent-
zündung am Behälterboden, dann sind die errechneten Werte für den reduzier-
ten maximalen Explosionsdruck um mindestens 12% anzuheben. Vor der An-
wendung der Gleichung auf kubische Behälter mit einem Höhen/Durchmes-
ser-Verhältnis H/D = 1 sei wegen der festgestellten starken Herabsetzung der
staubspezifischen Kenngrößen im langgestreckten 1,2 m 3-Behälter gewarnt.
Bisher wurden explosionsdruckentlastete Behälter bei vollständiger Befül-
lung mit homogenem Staub/Luft-Gemisch betrachtet. Ist dagegen Teilbefül-
lung [156] vorhanden (Abb. 2.293, oben), dann vermindert sich der reduzierte
maximale Explosionsdruck Pred.max, wenn auch nicht proportional zum Befül-
lungsgrad. Hält man diesen jedoch konstant (Abb. 2.293, unten), dann gilt fol-
gende empirische Gleichung für den reduzierten maximalen Explosionsdruck
534 3 Konstruktiver Explosionsschutz

[bar]
F=O,13 m 2
2,5 I-
F=O'20m~/
F=O,28 m
2,0 l-
x

r;----
o 0

;1,51- /
D-1!.1,OI- ~
o /0
0,5 -/0/
0~t:.1-- I I
o 25 50 75 [%]
Befüllungsgrad BG

[bar]

x 2
o
I-
E

[bar]
p : 100% Befüllung
red.max.

Abb. 2.293. Einfluß des Befüllungsgrades eines explosionsdruckentlasteten Behälters mit


Staub/Luft-Gemisch auf die Druckwirkung (V = 6,5 m3 , Pstat = 0,1 bar)

p'red,max, der sich abhängig vom Befüllungsgrad BG (> 10070) und der Druck-
wirkung Pred,max bei vollständiger Gemischbefüllung einstellt

P~ed,max = (log BG-1)' Pred,max •


Obige Ausführungen beziehen sich auf einen über Berstscheiben von verschie-
denem Durchmesser (Pstat = 0,1 bar = konstant) entlasteten 6,5 m 3-Behälter
(Abb. 2.294). Durch Einspannen eines sehr dünnen Polyethylenschirmes in ver-
schiedenen Ebenen wurden Teilvolumina erstellt und nach dem vereinbarten
und genormten Verfahren mit Staub/Luft-Gemischen befüllt. Die Normzünd-
quelle (E = 10 kJ) befand sich grundsätzlich in Raummitte des jeweiligen Teil-
volumens. Brennbare Stäube im oberen Grenzbereich der Staubexplosionsklas-
sen St 1 und St 2 ergaben mit abnehmendem Befüllungsgrad keine signifikan-
ten Unterschiede bezüglich der Herabsetzung des reduzierten maximalen Ex-
plosionsdruckes [150].
Die Gleichung zu Abb. 2.294 für die Druckreduzierung mit abnehmendem
Befüllungsgrad gilt sicherlich für Behälter mit einigen 10 m 3 Inhalt. Ob dies
auch für sehr große Volumina (V ~ 100 m 3) der Fall ist, kann z. Zt. nicht ent-
schieden werden.
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 535

Abb.2.294. Explosionsdruckentlasteter 6,5 m3-Behälter für Untersuchungen mit explo-


sionsfähigen Teilvolumina (F = 0,28 m2 , PSI't = 0,1 bar, Staubexplosionsklasse St 2,
BG = 100070)

Die Begrenzung der Entlastungsöffnungen der Behälter war bisher scharf-


kantig. Aellig [146] ging davon aus, daß der in diesem Fall sich einstellende,
den Entlastungsvorgang behindernde "Einschnüreffekt" beim Durchtritt von
verbranntem und noch unverbranntem Staub durch abgerundete Gestaltung
der Entlastungsöffnung reduziert werden kann. Er untersuchte in einem explo-
sionsdruckentlasteten 2 m 3-Behälter Produkte der Staubexplosionsklassen St 1
und St 2 und fand, daß durch diese Maßnahme tatsächlich der reduzierte maxi-
male Explosionsdruck um ca. 20070 herabgesetzt wurde. Leider ist die Anzahl
der Versuche zu gering, vor allen Dingen fehlen entsprechende Untersuchun-
gen in entlasteten Großbehältern, um allgemein gültige Aussagen machen zu
können.

3.3.2.2.3 Hybride Gemische

Ist in der Praxis mit dem gleichzeitigen Auftreten von aufgewirbeltem brennba-
rem Staub und Brenngasen oder Lösungsmitteldämpfen zu rechnen, spricht
man von hybriden Gemischen. Für geschlossene Behälter (Abb. 1.241) wurde
bei zusätzlicher Anwesenheit von Propan in der Verbrennungsluft nachgewie-
sen, daß solche Gemische, unabhängig von der Staubart, durchschnittlich die
folgenden Explosionskenngrößen haben
maximaler Explosionsdruck Pmax = 9,5 bar±60J0 und
staubspezifische Kenngröße Kst = 474 bar' m . s - t ± 8, 10J0
536 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Explosionsdruckentlastungsversuche in einem 2 m 3-Behälter (Abb.2.295,


oben) mit unterschiedlich heftig reagierenden brennbaren Stäuben (Cellulo-
se/organisches Pigment) in Gegenwart von Propan zeigen, daß zwar wie erwar-
tet der Flächenbedarf hybrider Gemische größer ist als der der Einzelprodukte
bei Mischung mit Luft, daß er aber wiederum unabhängig von der Staubart
ist. Nicht ganz wird die Druck-Flächen-Kurve erreicht, die aufgrund der oben
genannten Explosionskenngrößen hybrider Gemische zu erwarten ist. Eine gu-
te Übereinstimmung zwischen erwartetem und gemessenem Flächenbedarf
fand hingegen Bruderer [151] bei Untersuchungen mit einem explosions-
druckentlasteten 0,5 m 3-Behälter mit Maisstärke und zusätzlichem Vorhan-
densein von Propan (Abb. 2.295, unten).
Für beide Behälter erfordern Propan/Luft-Gemische, wenn diese im ruhen-
den Zustand entzündet werden, größere Entlastungsflächen als hybride Gemi-
sche. Weil einerseits die Untersuchungen mit solchen Gemischen nach dem ver-
einbarten und genormten Verfahren bei mittlerer Gemischturbulenz durchge-
führt wurden, und andererseits Propan selbst bei diesem Turbulenzzustand ei-
nen deutlich geringeren Flächenbedarf hat (Abb. 2.228), sind die unterschiedli-
chen Druck-Flächen-Kurven zu erklären.
Für die Berechnung der Entlastungsflächen von Behältern, in denen mit hy-
briden Gemischen aus brennbaren Stäuben der Staubexplosionsklassen St 1

[bar] r-r--r\1J":(J~-'\""'---.\-o-ce-IIU-la-se------'
0 arg.Plgment
\
1 5 '- (J Cellulose/org.Pigment
0 \ \ 11
,I ~\ ' . + Propan
x \ ' : - \ - Pmax =9,5 bar.
E 1 0 '0 :I \ . Kst =474 bar.m .s-1
J
~
,I- \ \. \ \ '\:.-Propan: Gemisch im
0 "\. ~"\. ruhenden
'- ·IJ~.... ....... Zustand
0,51- o

o
'"0.

I
'0 . . .
-.::::: ...........
.............. _

I
entzündet

I
Y=2
I
mJ~-
I
.-.-
I
o 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 [m 2 ]

[bar]

1,5
x
0

.E
.,;
n.~
1,0

0,5 Y=O,5 m J
<> Mai.stärke <>_
~ Maisstärke + Propan
O~ __ ~ __ ~ __- L_ _ ~ _ _ _ _~

o 0,025 0,05 0,075 0,10 0,125 [m 2 ]


Entlastungsfläche F

Abb. 2.295. Flächenbedarf von hybriden Gemischen aus brennbarem Staub mit Propan
(Pstat = 0, 1 bar)
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 537

und St 2 mit brennbaren Gasen oder Dämpfen zu rechnen ist, die eines dem
Propan ähnliches Explosionsverhalten haben, ist daher in der Gleichung für
homogene Staub/Luft-Gemische (S. 506) unter Berücksichtigung einer Sicher-
heitsspanne
- der maximale Explosionsdruck Pmax = 10 bar und
- die staubspezifische Kenngröße KSt = 500 bar' m . S-1
zu setzen.
Gegebenenfalls sind die Explosionskenngrößen der zur Diskussion stehen-
den hybriden Gemische nach dem Normverfahren [152, 153] zu bestimmen.

3.3.3 Langgestreckte Behälter (Silos)

3.3.3.1 Brennbare Stäube


Langgestreckte Behälter (Silos) sind dadurch gekennzeichnet, daß ihre Höhe
größer als der Durchmesser, bei unrunder Grundfläche größer als der äquiva-
lente Durchmesser ist. Diese Eigenschaft bedingt, daß sich mit zunehmender
Höhe die Flammenausbreitung beschleunigt.
Einerseits sind Silos und Bunker zu 20070 die am häufigsten von Staubexplo-
sionen betroffenen Anlagengruppen (Abb. 1.138), andererseits zeigt die Aus-
wertung von solchen Explosionsereignissen, daß die meisten Silowände der
Druckwirkung standhielten, obwohl spezielle Explosionsdruckentlastungsein-
richtungen nicht vorhanden waren und die Entlastung nur über Einfüll- und
Einstiegöffnungen erfolgen konnte. Die Silodecken wurden bei solchen Staub-
explosionen allerdings im allgemeinen leicht bis total zerstört. Es stellte sich
daher die Frage nach der Größe der erforderlichen Entlastungsflächen, die
durch die Ergebnisse systematischer Untersuchungen [156, 157] beantwortet
werden konnte.
Ein horizontal verlegtes Stahlsilo (Abb. 2.296) und ein vertikal angeordnetes
Betonsilo (Abb.2.297) von 1600 mm Durchmesser und 10 m Höhe
(V = 20 m 3, Höhen/Durchmesser-Verhältnis H/D = 6,25) standen hierfür zur
Verfügung. Die unterschiedlichen stirnseitig bzw. auf der Silodecke angeordne-
ten Entlastungsflächen (DN 500- DN 1600) wurden vor Versuchsbeginn mit
Polyethylen-Folie mit einem statischen Ansprechdruck von Pstat = 0,1 bar ver-
schlossen.
Es wurde zunächst mit homogenen Staub/Luft-Gemischen gearbeitet und
für die Gemischerstellung das vereinbarte und genormte Verfahren [31] ange-
wendet (Abb. 2.298). Die für die Versuche eingesetzten brennbaren Stäube
hatten eine abgestufte Explosionsheftigkeit (maximaler Explosionsdruck
Pmax = 8,2-9,1 bar, staubspezifische Kenngröße Kst = 135-241 bar'm ·S-I).
Die Untersuchungen erfolgten stets über einen breiten Konzentrationsbereich
mit Kontrolle des Versuchsergebnisses bei Optimalkonzentration.
Als Zündquelle dienten die üblichen pyrotechnischen Zünder mit einem Ge-
samtenergieinhalt von E = 10 kJ.
538 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb.2.296. Horizontal verlegtes 20 m3-Stahlsilo: H/D = 6,25. a Gesamtansicht; b Mais-


stärke-Staubexplosion
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 539

a b
Abb. 2.297. Gesamtansicht des 20 m3-Betonsilos (a), im Falle einer Maisstärke-Staubexplo-
sion (b) (H/D = 6,25)

Abb. 2.298. Perforierte Halbringdüsen für die Staubverteilung nach dem Normverfahren im
20 m3-Betonsilo
540 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Wie zu erwarten (Abb. 2.299), sind Siloanordnung (horizontal/vertikal) und


Zündortlage von Einfluß auf das Explosionsgeschehen. Zündortverlagerung
von der entlasteten Silodecke zum geschlossenen Siloboden läßt den reduzier-
ten maximalen Explosionsdruck Pred,max zunächst deutlich ansteigen. Je nach
Siloanordnung fällt er anschließend wieder oder wird nochmals leicht angeho-
ben. Interessant ist die Beobachtung, daß die Druckwirkung auf die entlastete
Silodecke, d.h. entgegen der Explosionsrichtung, bis zu 200/0 höher sein kann
als auf die Silowand.
Siloanordnung und Zündortlage sind auch von Einfluß auf die maximale
Explosionsgeschwindigkeit vex,max' die im horizontalen Silo am größten ist.
Weil beide Versuchsparameter sich uneinheitlich auf das Explosionsgesche-
hen auswirkten, wurden die Untersuchungen mit den Zündortlagen "Silomit-
te" und "geschlossener Siloboden" weitergeführt.
Hierbei zeigte sich zunächst, daß die Staubart von untergeordneter Bedeu-
tung für die Explosionsgeschwindigkeit ist. Um daher Tendenzen aufzuzeigen,
wurde eine Mittelwertbildung vorgenommen (Abb. 2.300). Wie zu erwarten,
nimmt die maximale Explosionsgeschwindigkeit vex,max mit Anwachsen der

[bar]
x
c
3 -------!!--_
~....
E
.,; 2 ____ ~_ .. _~
horizontale Siloanordnung
ct" 1 0 0 Meßort: Silowand
o •- Meßort: EntlasteteSilodecke

[bar]
x 3- ------
2 '--:':::=--D~'''''''''
c
E ~~
.,;
cl: 1 - vertikale Siloanordnung ~
o I

[m/s] ~orizontale Silo-


60 ooo~n~g

J 40~O~
x

20 0 __
vertikale Silo- ----
anordnung
OL-______~________~
Siloboden Silomitte Silodecke
( geschlossen) (entlastet)
Zündort
Abb. 2.299. Reduzierter maximaler Explosionsdruck Pred,max und maximale Explosionsge-
schwindigkeit vex,max als Funktion von Zündort und Siloanordnung (F = 0,2 m2 , Cellulose,
Pstat = 0,1 bar)
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 541
150.---------,------,

Abb.2.300. Maximale Explosionsgeschwindigkeit vex,max als Funktion der Entlastungsflä-


che F bei den Zündortlagen "Silomitte" (a) und "geschlossener Siloboden" (b) (V = 20 m 3 ,
H/D = 6,25, P,tat = 0,1 bar)

Entlastungsfläche zu. Sie hängt zusätzlich von der Zündortlage ab und ist bei
horizontalem Explosionsablauf deutlich höher als bei vertikalem. Dies ist ver-
mutlich darauf zurückzuführen, daß im zuletzt genannten Fall das Gewicht der
homogenen Staubwolke über der Flammenfront die Verdrängungsgeschwin-
digkeit des noch unverbrannten Gemisches und daher die Ausbreitungsge-
schwindigkeit der Flammen behindert. Der unterschiedliche Explosionsablauf
in horizontalen langgestreckten "Räumen" kann auch für die Erklärung von
Explosionsschäden an Gebäudeteilen wie z. B. Silokeller, Treppenhäuser usw.
genutzt werden. Diese Aussagen sind vor allem für Maßnahmen zur Flammen-
ausbreitungsbekämpfung und Explosionsdruckentlastung über Wände und
Decken von Bedeutung, wenn diese als Kombinationen vorkommen.
Ferner ist festzustellen (Abb. 2.301), daß sich für jeden untersuchten brenn-
baren Staub vier verschiedene Druck-Flächen-Kurven ergaben, die sich im all-
gemeinen gegenseitig durchdringen. Die folgenden Betrachtungen beziehen
sich daher auf den "einhüllenden Kurvenzug", der den optimalen Flächenbe-
darf angibt. Er wird in Abb. 2.302 verglichen mit dem kubischen Behälter von
gleichem Volumen [140]. Bei kleinflächiger Entlastung (F< 0,4 m2) ist der re-
duzierte maximale Explosionsdruck im Silo niedriger als im kubischen Behäl-
ter, weil im Silo die Flamme nach der Einleitung der Staubexplosion sehr viel
rascher die abkühlende Wand erreicht. Bei großflächiger Entlastung
(F> 0,4 m2) liegen dagegen die reduzierten maximalen Druckwerte im Silo
eindeutig höher als im kubischen Behälter. Silos haben also einen größeren
Flächenbedarf als kubische Behälter. Wie er sich mit dem Höhen/Durchmes-
ser-Verhältnis verändert, war das Ziel weiterführender Untersuchungen
[158-160] im vertikalen Betonsilo (Abb.2.297).
542 3 Konstruktiver Explosionsschutz

[bar]
2,5f-- Pm " =8,2 bar,K" =135 bar.m.s-'

~ ~ ~
2,0 f-- \0 'E,g
_-\0 ~~
..Q ..Q
x
c
E 1 5f--
-ci

- .0'-...
Q) , • 0 • horizontales Silo
o.~
~\0 _ vertikales Silo
1,Of-- ' '\

O,5f-
o ~
o I I
• 'iii--
T
o 0,5 1,0 1,5 [m 2 JO
Entlastungsfläche F
Abb. 2.301. Einfluß von Silo anordnung und Zündortlage auf den Flächenbedarf brennbarer
Stäube (V = 20m3, H/D = 6,25, Pstat = 0,1 bar)

3
~:PmQX =8,2 00r; KSt =135 tor-m·s-1

~ 2

~
;1

00 0,5 1,0 1,5 2,0


F 1m 2)

'Z
CI

==x
CI
E

1
Q.

0,5 10 1,5 2.0


F ' 1m 2)

Abb.2.302. Flächenbedarfsvergleich: Silo (H/D = 6,25)/kubischer Behälter (H/D = 1)


(V = 20m3, Pstat = 0,1 bar)
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 543

Durch Verfüllen mit nicht explosionsfähigem Polyethylen-Granulat wurden


unterschiedliche freie Volumina (V = 23 m3~V = 1,25 m3) mit voneinander
verschiedenem Höhen/Durchmesser-Verhältnis (H/D = 6,25~H/D = 1,25) er-
stellt.
Die für die Versuche verwendeten brennbaren Feinstäube hatten eine abge-
stufte Explosionsheftigkeit (Pmax = 7,8 - 9,2 bar, KSt = 70 - 230 bar' m . s -1),
und für die Erzeugung homogener Staubwolken wurde wiederum das Norm-
verfahren [31] angewendet.
Die Meßergebnisse wurden wie folgt (Abb. 2.303) ausgewertet:
Doppeltlogarithmische Darstellung des reduzierten maximalen Explosions-
druckes Pred,max als Funktion der Entlastungsfläche F für einen jeden
brennbaren Staub (Abb. 2.303, oben).
Entnahme der für bestimmte abgestufte reduzierte maximale Druckwerte
(Pred,max = 0,25 - 3 bar) erforderlichen Entlastungsfläche F.
Auftragen des Flächenbedarfs als Funktion der staubspezifischen Kenngrö-
ße der brennbaren Stäube, bezogen auf einen konstanten reduzierten maxi-
malen Explosionsdruck und ein konstantes Volumen (Abb. 2.303, unten),
mit anschließender Bestimmung der Entlastungsfläche F für die Staubex-
plosionsklasse St 1 (KSt = 200 bar' m . s -1) und die Staubexplosionsklasse
St 2 (KSt = 300 bar·m·s- 1) durch Extrapolation.
Abbildung 2.304 vergleicht das Ergebnis dieser Auswertung mit dem entspre-
chenden Flächenbedarf kubischer Behälter (H/D = 1).

0,
[ ban
Beispiel:V= 20 m'· H/D=6.25
~ Maisstärke
3.01----- ~

!1.0
~
a.~
0,0-.......
O~ I- ------
O.101L..._ _ _ _ _ _....L_ _ _ _----.J
~ W [~
Entlastungsfläche F

7r
[mi)
I I
V=konstant
i
1/ I

-~ !
0,5- "J!
. .r6",.
,'t-l"
/-€l
~
~
I
I~"l:
l:g".
I-"Ei
~

I
I
II
J:; ~(. .~ l,g.jij I
o '?~. I ~ I~::E: I
o 100 200 300
Kst[bar.m.s-·)

Abb. 2.303. Auswerteverfahren der bei verschiedenem H/D-Verhältnis erhaltenen Meßwerte


544 3 Konstruktiver Explosionssehutz

[ barI
V=4m' V=~8m'
e H/D=l

. r~D.\2S
)(

~ 1,0
-----
~
~D"
-------- ----------------
-----~--
AH/D=l,8

~A
QJ
0-'-

0,1 I I I
0,1 0,2 0.3 0,6 0' 0.2 0,3 0.5 [mi)

[bar)
V=11,5m' V=20m'
• H/D=l • H/D=l
"'""c.. ~a~ 0 H/D=3,6 a HlD=6,25

~ ----:::~~,,----------------
1,0

0-'- '-~~a

a Entlastungsfläche F

(bar]
V=4m' V= 5,S m'
eH/D=l

~
"'H/D=l

..
)(
oH/D=l,25 A H/D=1,8
E
-g 1,0 ------------ ---.-----

~
0-'-

(barjr----------------,
V=11,5m' V=20m'
• H/D=1 • H/D=1
Abb. 2.304. Reduzierter maximaler Ex-

j\Or~
plosionsdruek Pred,max als Funktion
der Entlastungsfläehe F für niehtkubi-
sehe Volumina bezogen auf die Staub-
explosionsklasse St 1 (a) und die Staub-
explosionsklasse St 2 (b)
O,1_L-_-:L:---:~I_:l:-----l.I:---:!-:-I----:I:----:--:-: (Pstat = 0> 1 bar)
<11 0,2 <13 Q6 1.0 2.0 3,0 (m']

b Entlastungsfläche F

Es wird zunächst bestätigt (vgl. Abb. 2.302), daß, unabhängig von Staub-
explosionsklasse und Höhen/Durchmesser-Verhältnis, für eine relativ hohe Be-
hälterfestigkeit (Pred,max> 1,5 bar) der nichtkubische Behälter einen geringeren
Flächenbedarf hat als der kubische Behälter. Bei geringerer Behälterfestigkeit
(Pred,max< 1,5 bar) tritt hingegen der umgekehrte Fall ein, wobei der Vergleich
zeigt, daß die Flächenzunahme in Abhängigkeit vom Höhen/Durchmesser-
Verhältnis nur geringfügig dem Einfluß der Staubexplosionsklasse unterliegt.
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 545

Eine entsprechend vorgenommene Mittelwertbildung führt zu der in


Abb. 2.305 für konstante Höhen/Durchmesser-Verhältnisse dargestellten pro-
zentualen Flächenvergrößerung L1F von langgestreckten Behältern gegenüber
kubischen Behältern in Abhängigkeit vom reduzierten maximalen Explosions-
druck Pred.max' und es gilt die empirische Gleichung
L1F = (-430,5 'log Pred.max + 75,8) log H/D.
Eine Flächenvergrößerung ist also bereits dann notwendig, wenn das Hö-
hen/Durchmesser-Verhältnis H/D> 1 ist. Weil dies für die Praxis nicht prakti-
kabel ist, wurde beschlossen, diesen Einfluß erst bei einem Höhen/Durchmes-
ser-Verhältnis H/D~2 zu berücksichtigen.
Für langgestreckte Behälter (Silos) mit homogenen Staub/Luft-Gemischen
nach dem Normverfahren setzt sich daher die Entlastungsfläche FL zusammen
aus der auf einen vorgegebenen reduzierten Explosionsdruck Pred.max bezogenen
Entlastungsfläche F der kubischen Behälter mit gleichem Volumen (s. S. 506)
und der auf den gleichen reduzierten maximalen Druckwert bezogenen und vom
Höhen/Durchmesser-Verhältnis abhängenden Flächenvergrößerung L1F.
FL = F+L1F
= F+F (-4,305 log Pred,max+0,758) log H/D
Nach Angabe von Abb. 2.306 wird hierdurch eine recht gute Übereinstim-
mung zwischen Rechnung und Experiment erreicht.
Die Gleichung für die Entlastungsfläche F L von langgestreckten Behältern
gilt nach dem augenblicklichen Erkenntnisstand nur für brennbare Stäube mit
einem maximalen Explosionsdruck von Pmax ~ 9 bar und
einer staubspezifischen Kenngröße von KSt ~ 300 bar' m . s -1 •

Staubexl!losionsklassen St.1 und St.2


1.25
- Pmax" 9 bar· PStat. =0,1 bar-

1.00

)( 0.15
'"
E
-0
o..P!. 0.50

0.25
HlO; 1,5 2 3 4 5 6
0
0 [%J

Flächenvergrösserung AF gegenüber
kubischen Behältern
Abb.2.305. Prozentuale Flächenvergrößerung LlF langgestreckter Behälter (Silos) gegenüber
kubischen Behältern (homogene Staubwolken)
546 3 Konstruktiver Explosionsschutz

[bar] I Staubexplasiansklasse St, \


\
Staubexplosions-
klQsse St2
- - - - Gleichung H/D<2
, °
,
\

Meßwerte H/D<2

\,
1,5 ~\ _._ .-
'0.
Gleichung H/D -6 .25
\ \ • Meßwerte H/D=6.25
\ .
.,
x
\\ ~ ~.
'.
0
E 1,0 ~
-ci
~ \
~\ ~.
0..
b '.
\0', ' .'-.- \
0,5
, 0 .....
,
~, ' ...
0 ......

0
0 0,5 1,0 0,5 1,0
Abb. 2.306. Vergleich Meßwerte/Rechnung für den Flächenbedarf eines kubischen und eines
nichtkubischen 20 m 3-Behälters mit homogenen Staubwolken (Pmax ~ 9 bar, Pstat = 0,1 bar)

Werden solche Behälter (Silos) für eine Explosionsfestigkeit von p ~ 1,5 Über-
druck ausgelegt, dann gilt für die Berechnung der Entlastungsfläche die Glei-
chung für kubische Behälter, d.h. das Höhen/Durchmesser-Verhältnis braucht
nicht berücksichtigt zu werden.
Ausblasleitungen (Abb. 2.307) scheinen nicht den Einfluß auf die Verstär-
kung der Explosionswirkung zu haben wie erwartet. Hierauf deuten Untersu-
chungsergebnisse hin (Abb. 2.308), die mit 9 m langen Ausblasrohren erhalten
wurden, die einer Entlastungsfläche DN 500 des horizontal angeordneten Silos
nachgesetzt waren. Trotz unterschiedlicher Zündortlagen lag die Druckverstär-
kung deutlich niedriger als in [141] für lange Ausblasrohre (1)3 m) für kubi-
sche Behälter angegeben.

Abb.2.307. Horizontal angeordnetes Silo mit 9 mAusblasleitung nach Entlastungsfläche


DN500
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 547

- 10
a
,....---------~---,

.0
~

+-
'E
"tJ
QJ
L-
a..
0,1
0,1 1,0 10
Pred: ohne Ausblasleitung [bar]
Abb.2.308. Anordnung gemäß Abb.2.307. Reduzierter Explosionsdruck Pred mit Ausblas-
leitung als Funktion des reduzierten Explosionsdruckes Pred ohne Ausblasleitung von Cellu-
lose, 1=9 m

Bei kurzen Ausblasleitungen (l = 1,5 m) trat keine Explosionsdruckverstär-


kung ein. Allerdings ist darauf hinzuweisen, daß die Untersuchungen mit ge-
genüber der Optimalkonzentration von Cellulose (500 g/m3) deutlich vermin-
derten Staubkonzentrationen (125 g/m3 bzw. 185 g/m 3) durchgeführt wurden.
Die zuletzt genannten Versuchsbedingungen wurden auch gewählt, um bei
horizontaler Siloanordnung (F = 0,2 m2) den Einfluß des Befüllungsgrades
auf die reduzierten Explosionskenngrößen von Cellulose zu untersuchen. Die
Zündquelle befand sich am geschlossenen Siloende, die Gemischzonen wurden
durch Einspannen einer dünnen Folie über den gesamten Siloquerschnitt er-
stellt.
Anders als in kubischen Behältern (Abb. 2.293) bleiben, ausgehend von der
vollständigen Befüllung, die Kenngrößen bis zu einem Befüllungsgrad von
50010 im Rahmen der Versuchsgenauigkeit konstant (Abb. 2.309). Die staubspe-
zifische Kenngröße entspricht bei der höheren Staub konzentration trotz Entla-
stung derjenigen des geschlossenen kubischen Behälters und ist bei der gerin-
geren Staub konzentration nur halb so groß, bezogen auf den gegenüber den
Optimalkonzentrationen verminderten Wert. Erst bei einem geringeren Befül-
lungsgrad « 50%) werden die reduzierten Kenngrößen linear herabgesetzt,
d.h. ein wesentlicher Teil des Gemischinhalts wird vor der Flammenfront aus
der Entlastungsöffnung ausgestoßen und damit der Verbrennung im Silo selbst
entzogen.
Bei den bisher dargestellten Untersuchungsergebnissen und Tendenzen wur-
de davon ausgegangen, daß im Gesamtvolumen (oder Teilvolumen) der langge-
streckten Behälter (Silos) ein homogenes, nach dem Normverfahren erstelltes
Staub/Luft-Gemisch vorhanden ist, das bei einer definierten Turbulenz, die
sich aus einer festgelegten Zündverzögerungszeit t v ergibt, durch die Norm-
zündquelle (E = 10 kJ) entzündet wird,
548 3 Konstruktiver Explosionsschutz

I barl

"
?,-:'
"C
QJ
~2

06~o 1

Ibarls ll----;::::::::::~
"
3
o 125g/m
"C

/
~ 10 " " 185 g/m 3

~ Abb. 2.309. Einfluß des Befüllungsgrades des

~OAo~~':~~~~~~~~~~~~~:1
horizontalen Silos auf die reduzierten Explo-
sionskenngrößen von Cellulose (F = 0,2 m2 ,
__ P,tat = 0,1 bar)
o 50 1% I
Befüllungsgrad
Bei Füllvorgängen in der Praxis hat man es häufig mit anderen Mechanis-
men der Staubwolkenerzeugung zu tun. Eine oft angewandte Füllmethode ist
die pneumatische Befüllung. Die bei zentraler, vertikaler Gutstromeinförde-
rung entstehende inhomogene Staubwolkenbildung zeigt Abb.2.310.
Um auch für diesen Fall eine Aussage über den Flächenbedarf brennbarer
Stäube machen zu können, wurden ent~prechende Untersuchungen [142, 159]
5
Beginn des
.c Gutstrames
u
.~
GI 4 11
h Ende des Gutstrames
.c 11
"
CI)
I:
11 5110auslauf Wandnllhe
~ 11
11
nI Sliomitte-Wandnähe
.:::C 3
GI
N
:
I
'\
'~~
\ ,I, "\.
I
,.,.IV,.,~,.," I \II 5110zentrum
C
0
1 'H~r\1 \~
: f
,'
.:.:
I:
IV ~ \ _._.- ElnfOllberelch Wandnähe
GI 2 1 \
.:.: 1
Ö
I :. ~r· "
~
.c 1
1
l:iV\I/VI Vi \ ,"I
'\
t . .i" "';
\
::I
nI I
•.,
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(jj 1 .1 \\\/\.
: !V .......••••\"V\ "V',."'"\,
' f•
.
,,J'".. "-.. "''i''_r. ,--v"""" V""' ... """"\_ • " .. ' - - - ..
0
0 10 20 30
FOllzelt [MInI

Abb. 2.310. Konzentrationsverteilung inhomogener Staubwolken bei zentraler, vertikaler


Gutstromeinförderung
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentiastung 549

mit dem vertikal angeordneten 20 m 3-Silo durchgeführt. In einem ersten


Schritt wurden die Produkte axial, zentral eingeführt, in einem weiteren erfolg-
te der Produktabwurf aus einem Zyklon über eine Zellenradschleuse
(Abb. 2.311). Die Explosionskenngrößen der für die Explosionsversuche ver-
wendeten brennbaren Feinstäube faßt einschließlich ihres Schüttgewichtes Ta-
belle 2.28 zusammen.
Die sehr große Genauigkeit der Explosionskenngrößen sagt aus, daß sie sich
während der gesamten Versuchsperiode nur im Rahmen der üblichen und er-
warteten Schwankungen veränderten.
Der statische Ansprechdruck der die Entlastungsöffnungen verschließenden
Berstscheiben betrug grundsätzlich P stat = 0,1 bar und der Förderrohrdurch-
messer Dp = 0,09 m.

,r-:;t-- -----,
, I
I I
Entlastungsschlot
"
lI I
: . . I
~

I I
I -
f140mm rl+---i

Gebliis.! Aufgabe- Schloum-


a beliilter filter

b
Abb. 2.311. Versuchsanordnung: Pneumatische Befüllung eines druckentiasteten
20 m3-Silos. a Schematische Darstellung, b praktische Ausführung
550 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Tabelle 2.28. Schüttgewicht und Explosionskenngrößen der für die Siloversuche verwende-
ten brennbaren Stäube

Staubart M Schüttgewicht Pmax KSt


[11m] [kg/m 3] [bar] [bar·m·s- 1]

Weizenmehl 38 567 8,1 ±5OJo 78±5%


Lichtschutzmittel 75 495 8,6 ± 5% 150± 5%
Maisstärke <10 613 9,0±4% 226±8,2%

Als Zünd quelle dienten wiederum pyrotechnische Zünder mit einem Ge-
samtenergieinhalt von E = 10 kl.
Bei Konstanthaltung von Zündort (Silomitte), Entlastungs fläche
(F = 0,5 m2) und Luftvolumenstrom (Q = 15,6 m3Imin) wurde zunächst zur
Festlegung der optimalen Versuchsbedingungen der Einfluß untersucht, den
die Produktbeladung M auf die reduzierten Explosionskenngrößen nimmt
(Abb.2.312).
Ähnlich wie bei der pneumatischen Produktbefüllung von kubischen Behäl-
tern (Abb.2.266) unterliegen die reduzierten Explosionskenngrößen erhebli-
chen Schwankungen, und eine Tendenz zur Zündverzögerung tv zwischen dem

[ barl
[borl

1,0 ~ o
o
0'" '0
o
o
~ 0,5- -
o 0.

'0
"'0 o
o 0 o
QJ o
a.'-
0,5 r-- O~ ___ _____
~I ~I ___ ~

o t y =1Os
ot y =20s [bar/si 1

'" t y = 325

o 1
L..-_.L . - _.....
1_---'1'-----'
'0
[bar/51 r - - - - - - - - - - - , QJ
L
:;:::: 10 r-- -
20 r-- ::e0.
'0
~
a :s
---I
0",

0. ......
2='.~
10 I-
'" 00 0 0 0
_ 0 I'" I
O'---...J.....-....i...----I.----'
I o~ ___~~I_ _ _O~JI~_ _~~
o 5 10 15 [kg/m 3 J o 5 10 [kgAn 1
Produktbeladung M Produktbelo.dung M
a b
Abb.2.312. Reduzierte Explosionskenngrößen von Maisstärke (a) und Lichtschutzmittel (b)
als Funktion der Produktbeladung M (Zündort: Silomitte, F = 0,5 m2 , Q = 15,6 m3Imin)
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 551

Beginn der Produkteingabe und dem Wirksamwerden der Zündquelle ist nicht
eindeutig erkennbar. Eine sehr hohe Versuchszahl war für die Bestimmung der
Optimalwerte (einhüllende Kurvenzüge) notwendig. Höchstwerte für die redu-
zierten Explosionskenngrößen treten nur bei optimaler Produktbeladung auf,
die bei der schwereren Maisstärke mit Mopt = 12,5 kg/m3 deutlich höher liegt
als beim leichteren Lichtschutzmittel mit M opt = 8,5 kg/m3 • Damit wurden die
Angaben von Abb. 2.267 bestätigt.
In einem weiteren Schritt wurde mit der am heftigsten reagierenden Mais-
stärke eine Verschiebung des Zündortes auf dem Silodurchmesser von der Silo-
mitte zur Silowand (Abb. 2.313) und von der entlasteten Silodecke zum ge-
schlossenen Siloboden hin (Abb. 2.314) vorgenommen und untersucht, wie sich
dies auf das Explosionsgeschehen bei optimaler Produktbeladung des Luftvo-
lumenstroms auswirkt.
Beide Untersuchungsergebnisse führen zu der eindeutigen Schlußfolgerung,
daß sich bei Anordnung der Zündquelle auf der Siloachse in Silomitte Höchst-
werte für die reduzierten Explosionskenngrößen
- reduzierter maximaler Explosionsdruck Pred,max und
- reduzierter maximaler zeitlicher Druckanstieg (dp/dt)red,max
einstellen. Bei dieser Zündortlage wurden daher die Explosionsdruckentla-
stungsversuche weitergeführt und der Einfluß untersucht, den der Luftvolu-
menstrom Q auf die oben genannten Kenngrößen nimmt. Er ist für alle unter-
suchten brennbaren Stäube, unabhängig von der Entlastungsfläche, linear
(Abb.2.315).
Bildet man den Quotienten aus der staubspezifischen Kenngröße von Wei-
zenmehl und den beiden anderen brennbaren Stäuben, und multipliziert man
die reduzierten maximalen Druckwerte dieser Produkte mit den entsprechen-
den Faktoren, dann zeigt sich Übereinstimmung (Abb.2.316, oben).
Die Druckwirkung im 20 m3-Silo verändert sich also proportional zu den
staubspezifischen Kenngrößen. Dies gilt nur bedingt für den reduzierten maxi-
malen zeitlichen Druckanstieg (Abb.2.316, unten).
Abbildung 2.317 vermittelt einen visuellen Eindruck von diesen Untersu-
chungen, aus denen die in Abb. 2.318 gezeigten Druck-Flächen-Kurven resul-
tieren.
Die beobachteten maximalen Explosionsgeschwindigkeiten vex,max im verti-
kalen 20 m3-Silo sind ähnlich gering wie beim Vorhandensein homogener
Staub/Luft-Gemische (Abb. 2.300), unterliegen aber nur geringfügig dem Ein-
fluß der Entlastungsfläche. Entgegen der Förderrichtung wird sie von
vex,max = 14 m/s (Weizenmehl) über vex,max = 24 m/s (Lichtschutzmittel) auf
vex,max = 35 m/s (Maisstärke) entsprechend der nach dem Normverfahren vor-
gegebenen Explosionsheftigkeit angehoben. Dies gilt zunächst auch für den
Explosionsanlauf vom Zündort in Silomitte zum geschlossenen Siloboden
(Abb.2.319). Im weiteren Verlauf ist jedoch die Schnelligkeit des Explo-
sionsablaufs uneinheitlich, wobei Weizenmehl-Staubexplosionen (KSt =
78 bar'm 'S-1) im allgemeinen rascher ablaufen als Maisstärke-Staubexplosio-
nen (KSt = 226 bar'm 'S-1),
552 3 Konstruktiver ExploslOnsschutz
.

[barll .

o~/l o I

I QJ
Vl

1:=~
0,5

[bar/SII

~1O·~Jr o I
10 Silomitte
OxO 0,5 x 0 entlastete
Zündort Silodecke

Abb.2.313 Abb.2.314

[barl'-~- ---
o Maisstärke .R

~ .
~Qx=a6bQr:K~f=150
öLlChtsch-Mitt . max=9,OoorK -726
o Weizerrnehl el:
m::::~KSt=7~b
~r.m/s
·m/s
orm/s

• Maisstärke
.... Lichtsch.-Mittel ; Messwerte x 0,35
o Weizenmehl ; Messwerte x 0,52
Messwerte

o
[tor/si =:::::=-l_-..JL--1_---1_

12 13 15 [mJ/minl
Luftmenge Q
Abb.2.315 Abb.2.316
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 553

Pmox =8-9txr
o KSt =50 lxir'm/s
6 KSt =1lO IxIrm/s
[] KSt =200 barm/s
o KSt :300 lxirml s
Ps tat =0,1 bar
a =15-16 ml /mil

Abb.2.317 Abb.2.318
Abb.2.317. Maisstärke-Staubexplosion beim pneumatischen Befüllen des druckentlasteten
20 m3-Silos
Abb. 2.318. Druck-Flächen-Kurven bei pneumatischer Produktbefüllung des 20 m3-Silos
(H / D = 6,25, Q = 15 m3/ min, Pstat = 0,1 bar)

Aus den Untersuchungen [142] resultieren sehr genaue Kenntnisse über den
Flächenbedarf von kubischen (RIO = 1) und langgestreckten Behältern
(RIO = 6,25) bei Vorhandensein von inhomogenen Staub/Luft-Gemischen,
wie sie bei der pneumatischen Produkteinförderung entstehen. Der entspre-
..
Abb. 2.313. Einfluß einer Zündortverschiebung von der Silomitte auf der Siloachse zur Silo-
wand auf die reduzierten Explosionskenngrößen von Maisstärke (F = 0,5 m2 ,
Q = 15,8 m3I min, optimale Beladung)
Abb. 2.314. Einfluß einer Zündortverschiebung auf der Siloachse von der entlasteten Silo-
decke zum geschlossenen Siloboden auf die reduzierten Explosionskenngrößen von Mais-
stärke (F = 0,5 m2 , Q = 15,8 m3/ min, optimale Beladung)
Abb. 2.315. Reduzierte maximale Explosionskenngrößen als Funktion des Luftvolumen-
stroms Q (Zündort: Silomitte, F = 0,5 ml , optimale Beladung)
Abb. 2.316. Normwerte reduzierter maximaler Explosionskenngrößen als Funktion des Luft-
volumenstroms Q (Zündort: Silomitte, F = 0,5 m2, optimale Beladung)
554 3 Konstruktiver Explosionsschutz

[rn/51

40 e- (J
° Maisstärke 'Pmax =9,0 bar; KSt=226 barm/s
LichtschcMittel: Pmax =8,6 bar; KSt=150 barm/s -

0"",
• Weizenmehl : Pmax =8,1 bar; KSt = 78 bar·m/s
3Qe-

°
/(J 0_0---0 -
Messort:~-4m-

.
20 e-
~.--.-.- -
10 .~

OL-______L - I_ _ _ _ _ _L - I_ _ _ _ ~

[rn/sI I I
Messort : 4m - 2m

0/:-0"""0_0
40 e- -

30 e- -

o \ -

10 I-- Pstot =0,1 bar 0",""----0.,,P -

OL-______ ~I~ _ _ _ _ _ _~I_ _ _ _ _ _~

o 0,5 1,0
Entlastungsfläche F
Abb.2.319. Maximale Explosionsgeschwindigkeit vex,max als Funktion der Entlastungsflä-
che F (Q = 15 m 3/rnin, optimale Beladung)

Stgybexplosions
~

p (9 bar,p =0,1 bar


mox Stat

xc
E
..,;
a.~

6
,5
H/D: 1,5
OL-__ I __ ~ ~
0 =?,09
__ I
_ L_ _
m
~

o 0,5 1,0 1,5 [m 2 ]O [%]


F Flächenvergrößerung A F
gegenüber
kubischen Behältern

Abb. 2.320. Einfluß des Höhen/Durchmesser-Verhältnisses H/D von Behältern mit inhomo-
genen Staubwolken auf den Flächenbedarf F und die Flächenvergrößerung LlF
(Q = 15 m 3/min)
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 555

chende Vergleich (Abb. 2.320, links) zeigt, daß im Gegensatz zu homogenen


Staub/Luft-Gemischen (Abb.2.302) auch langgestreckte Behälter (Silos) mit
einer Explosionsfestigkeit von p = Pred,max > 1,5 bar einer Flächenvergröße-
rung bedürfen. Obgleich keine Untersuchungen bei verschiedenen Höhen/
Durchmesser-Verhältnissen bekannt sind, wurde in Kenntnis der Verhältnisse
bei homogener Gemischbefüllung (Abb. 2.305) durch vergleichende Betrach-
tungen und Umrechnungen die folgende Gleichung für die prozentuale Flä-
chenvergrößerung LlF inhomogener Staub/Luft-Gemische in langgestreckten
Behältern entwickelt:
LlF = 107,15 . log p;J:~ax 'log H/D .
Sie ist größer (Abb. 2.320, rechts) als bei homogenen Staubwolken
(Abb. 2.305).
Für langgestreckte Behälter (Silos) mit inhomogenen Staub/Luft-Gemi-
schen, wie sie bei axialer, zentraler Guteinförderung entstehen, setzt sich daher
die Entlastungsfläche FL zusammen aus der auf einen vorgegebenen reduzier-
ten maximalen Explosionsdruck bezogenen Entlastungsfläche F des kubischen
Behälters mit gleichem Volumen (s. S. 515) und der auf den gleichen reduzier-
ten maximalen Explosionsdruck bezogenen und vom Höhen/Durchmesser-
Verhältnis abhängenden Flächenvergrößerung LlF
FL = F+LlF
-F+F'10715'p-d
- ,
1,27 'logH/D
re,mu

= F (1 + 1,0715 p;J:~ax'log H/D)


Nach Angabe von Abb. 2.321 wird hierdurch eine gute Übereinstimmung zwi-
schen Rechnung und Experiment erreicht.

[bar]
StgubeXDIQsjQosklgsse St1

.
o H/O<2
'" H/D=2
}
.
1,0 o H/D=4 Gleichung
o H/D=6.25
"
D
"E
..; 1,5 ~o ~
.s:
"
0.'- D~ g

0,5

0
:~
0 0,5 1,0 1,5 [m 2 ]O 0,5 1,0 1,5 [m 2 ]
Entlastungsfläche F
Abb.l.311. Vergleich Meßwerte/Rechnung für den Flächenbedarf eines kubischen und
nichtkubischen 20 m3-Behälters mit inhomogenen Staubwolken
(Pmaxs9bar, Q = 15 m3/min, Pstat = 0,1 bar)
556 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Die Gleichung für die Entlastungsfläche FL langgestreckter Behälter mit in-


homogenen Staubwolken gilt für
Volumina V< 10000 m3
einen maximalen Explosionsdruck von Pred,max ~ 9 bar
einen reduzierten maximalen Explosionsdruck von Pred,max ~ 2 bar und
eine maximale Silo höhe von H = 10m.
Die bei pneumatischer Produktbefüllung (Q = 15,5 m 3/min) festgelegten re-
duzierten maximalen Explosionskenngrößen liegen, bezogen auf ein Volumen
von 20 m 3 (Abb. 2.322), mit Ausnahme sehr kleiner Entlastungsflächen immer
noch deutlich über denjenigen des kubischen Behälters und etwas unter denje-
nigen des Silos mit homogenen Staub/Luft-Gemischen. Wird der Luftvolu-
menstrom auf Q = 21 m 3/min erhöht (Abb.2.323), dann ist im Silo Überein-
stimmung mit den reduzierten maximalen Explosionskenngrößen nach dem
Normverfahren (homogene Staubwolken) zu erwarten, d.h. die Art der Staub-
wolke ist nicht mehr von Bedeutung für das Explosionsgeschehen. Dies kann
nur bedeuten, daß das inhomogene Staub/Luft-Gemisch eine höhere Turbu-

[barl
• Silo : inhomogene Staubwolke
o Silo : homogene Staub'tlOlke
6 Kubischer 8ehä!ter:VOI-Verfahren
[bar!
Normverfahren
1,77 -------- ----...JrJ
x
Pmox " 9 bar d
E ,,/ I
KSt =226 bar-m/s al- 1,S
~ /' I
LJ-
OJ
c...
Pstat = 0,1 bar c...
0..
o
/' I
I
0..
0/ II
1,0 L...-_ _ _-L.._ _ _ _U

[bar/sI
37 -------------~

0 ,," I

0'"" ... " II


~30
[bar/sl E

30 ---1-20
0.1 . . . 0/
0/ II
~ I
~2O I
I
E 10 I
LJ-
~ 10
I
I
o L...-_ _ _-L.._ _ _ _
-------
~_J.

%I=t 0 10 15 20
'----" 0
F Luftmenge Q
Abb.2.322 Abb.2.323
Abb. 2.322. Einfluß der Staubwolkenart auf die reduzierten maximalen Explosionskenngrö-
ßen als Funktion der Entlastungsfläche F (V = 20 m 3, Q = 15,5 m 3Imin)
Abb. 2.323. Reduzierte maximale Explosionskenngrößen als Funktion des Luftvolumen-
stroms Q im Vergleich zum Normverfahren (V = 20 m 3, F = 0,5 m2 , Q = 15,5 m 3/min)
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 557

lenz als das homogene hat. Bei weiterer Erhöhung des Luftvolumenstroms ist
nicht auszuschließen, daß die Explosionsheftigkeit der homogenen Staubwol-
ken (Normverfahren) übertroffen wird.
Bisher wurden relativ kleinvolumige Silos mit einer Silo höhe von maximal
H = 10 m betrachtet, und es stellt sich die Frage nach Übertragung der Er-
kenntnisse auf großvolumige Silos mit einer Silohöhe von H> 10 m [161]. AI-
fert macht Angaben über entsprechende Untersuchungsergebnisse beim pneu-
matischen Transport von Maisstärke (einem Produkt im oberen Grenzbereich
der Staubexplosionsklasse St 1) über eine pneumatische Förderleitung von
D F = 150 mm Durchmesser bei annähernd optimaler Produktbeladung eines
Luftvolumenstroms von Q = 40 m 3Imin in ein explosionsdruckentlastetes
- Silo von V = 236 m 3-Inhalt (H = 22,1 m, H/D = 6) (Abb. 2.324) und in ein
- Silo von V = 500 m 3 (H = 25,2 m, H/D = 5).
Obgleich sich die in [142] beschriebenen Untersuchungen mit inhomogenen
Staubwolken auf einen Luftvolumenstrom von maximal Q = 15 m 3Imin bezie-
hen, werden wegen des gefundenen linearen Zusammenhangs zu den reduzier-
ten maximalen Druckwerten auch Angaben über den durch Extrapolation für
einen höheren Luftvolumenstrom von Q = 30 m3Imin erforderlichen Flächen-
bedarf kubischer Behälter gemacht. Daher sind auch Rückschlüsse auf das Ex-
plosionsgeschehen bei noch höheren Luftvolumenströmen, wie sie bei den
Großsiloversuchen angewendet wurden, möglich.

Abb.2.324. Maisstärke-Staubexplosion im explosionsdruckentlasteten 236 m3-Silo [161]


558 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Bei Berücksichtigung der Gleichung für den zusätzlichen Flächenbedarf LlF


langgestreckter Behälter kann dann die EntIastungsfläche FL der Silos berech-
net werden, die in Abb.2.325 (oben) den deutlich höheren Meßwerten gegen-
übergestellt ist.
In solchen Silos beschleunigt sich die Flammenausbreitung mit zunehmen-
der Silohöhe H, und der Faktor a des nochmaligen zusätzlichen Flächenbe-
darfs (Abb. 2.325, unten) ändert sich linear mit der Differenz zur Silohöhe
H = 10m:
a=0,1073 (H-10)+1
= 0,1 (H -10) + 1 = 0,1 H .
Bei Vorhandensein inhomogener Staubwolken in langgestreckten Behältern
mit einer Höhe von H> 10m ist daher die Basisgleichung (s. S. 515) mit dem
Faktor 0,1 H zu multiplizieren, und es gilt für den Flächenbedarf kubischer Be-
hälter

D -5,5 log Pred.max + 3,7] ·0,0011 Kst · H· DF


F = [(S,610g Pred.max -6) _I
z

I K____--,
[m 2 ] ~ L.6 ~ L-
11 ].0 u]
-c:o
I '"
N I tO
-
.., ci • I'l ö
~5 Ji
1"'1
1I~'ii~ ~ II~
E E 0 E
c;t ~ 1 >0.
>a.a.
~ 1

o 0 6 Rechnung
u:-' ~O •• Ä Meßwerte[161]
6_6-Q 5
0 __ _
0 06
22
0_0-06
H/D:
0
0 10 20 30 40 [m 3 Imin]

co
C
::J

.,""
:::E
0

co
c
::J

.,"
.c
u
a::
3

2
70" 0=0,1 073(H-1 0)+1
(>

lL.J lL.J
0
0 5 10 [m]
(H-10)
Moisstärke: Pm". =9 bor.K St =200 bor. m .s-1

Abb. 2.325. Flächenbedarf FL für Silohöhen H> 10m:


Inhomogene Staubwolken (DF = 0,15 m, Pstat = 0,1 bar)
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 559

Tabelle 2.29. Entlastungsfläche FL von Silos mit inhomogenen Staub/Luft-Gemischen und


einer Silohöhe H> 10 m (DF = 0,15 m, Q = 15 m3/min, Pstat = 0,1 bar; Vergleich: Meßwer-
te/Rechenwerte)

Staubwolke inhomogen homogen

V D FDach H H/D Pred,max F L , gemessen * F L , errechnet FL , errechnet


(m3) (m) (m2) (m) (bar) (m2) (m2) (m2)

236 0,80 5,7 4,9 7,8


3,7 10,8 22,1 6,0
1,25 3,6 2,8 4,01
500 5,0 19,6 25,2 5,0 0,60 8,8 8,1 18,6

* Bezogen auf Q = 40 m 3/min


Die notwendige Flächenvergrößerung L1F für langgestreckte Behälter (s. S. 555)
F L =F+L1F
= F (1 + 1,0715 Pr~J:~ax log H/D)
bleibt erhalten.
Thbelle 2.29 vergleicht die für vorgegebene reduzierte maximale Druckwerte
gemessenen und gemäß Gleichungen für einen Luftvolumenstrom von
Q = 15 m3Imin errechneten Explosionsdruckentlastungsflächen F L •
Für inhomogene Staubwolken sind die Rechenwerte je nach Druckwirkung
um 9-290/0 niedriger als die Meßwerte wegen des bei den Großsiloversuchen
angewendeten höheren Luftvolumenstroms von Q = 40 m 3Imin.
Homogene Staub/Luft-Gemische benötigen eine um 600/0 -130% größere
Entlastungsfläche, und die vorgegebene Dachfläche F Dach ist, bezogen auf die
vorgegebenen Druckwerte, ausreichend bemessen.
Obige empirische Gleichung ist gültig für
Silovolumina von V ~ 10000 m 3,
einen maximalen Explosionsdruck von Pmax ~ 9 bar und eine staubspezifi-
sche Kenngröße von Kst ~ 300 bar' m . s -1 und einen
reduzierten maximalen Explosionsdruck von Pred,max ~ 2 bar.
Bei Produktabwurf aus einem Zyklon über eine Zellenradschleuse in das
20 m 3-Silo (Abb. 2.311 u. 2.326) wird nach Angabe von Tabelle 2.30 einerseits
der reduzierte maximale Explosionsdruck, wenn auch im Rahmen der Ver-
suchsgenauigkeit, vermindert, während andererseits der reduzierte maximale
zeitliche Druckanstieg deutlich herabgesetzt wird. Die Zündortlage im Silo
(Silomittelgeschlossener Siloboden) ist in diesem Fall ohne Bedeutung.
Die Darstellung in Abb.2.327 macht für Maisstärke die bereits erwähnten
Unterschiede zum Normverfahren und der pneumatischen Direktbefüllung
deutlich. Das zuerst genannte Verfahren besitzt also nicht unerhebliche Reser-
ven.
Es ist jedoch zu beachten, daß die Art der Produkteingabe in das 20 m 3-Si-
10 von wesentlichem Einfluß auf das Entzündungsverhalten der entstehenden
Staubwolken ist, wie Schuber [162, 163] zeigt. Er untersuchte die Mindestzünd-
560 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb.2.326. Staubexplosion beim Abwurf von Maisstärke in das 20 m 3-Silo (F = 1,27 m2)
Pstat = 0, 1 bar)

Tabelle 2.30. Einfluß des Staubeinförderungsverfahrens auf die reduzierten maximalen Ex-
plosionskenngrößen im 20 m 3-Silo (Zündort: Silomitte, F = 1,27 m 2 , Pstat = 0,1 bar)

Staubart Weizenmehl Lichtschutzmittel Maisstärke

Pmax (bar) 8,1 8,6 9,0


KSt (bar·m·s- 1) 78 150 260
M a (kg/s) 1,5 0,93 2,0
Einförderungsverfahren Pred,max (dp/dt)red,max Pred,max (dp/dt)red,max Pred,max (dp/dt)red,max
(bar) (barls) (bar) (bar/s) (bar) (barfs)

Produktabwurf 0,10 0,48 0,19 1,4 0,20 2,3


Pneumatische
Einförderung b 0,25 3,8 0,30 8,8 0,38 14,4

a Produktmenge bezogen auf Produkteingabe aus Zyklon


b bezogen auf Q = 15 m 3/min

energie von schwer entzündlichem Polyethylengrieß mit unterschiedlichem


Feinstaubanteil mit dem in Abb. 2.328 gezeigten Ergebnis. Unabhängig von der
Förderart nimmt mit zunehmender Feinstaubkonzentration die Zündenergie
stetig ab und erreicht im Bereich von 0,5 -1,0 kg/m 3 Niedrigstwerte. Weitere
Erhöhung der Feinstaubkonzentration hebt den Grenzwert wieder an. Dies gilt
erstaunlicherweise unabhängig von der Zündortlage entlang der Siloachse und
auch des Silodurchmessers. Die Mindestzündenergie der bei direkter pneuma-
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 561

[00rl [barls
Pmox " 9 bar
KSt =226 bar·mls
F =1.Z7 m2
x Pstot =0,1 bar
CI
E
-ai 0,6
0..'-

A B ( A B

Abb.2.327. Einfluß des Staub/Luft-Gemisch-Erstellungsverfahrens auf die reduzierten ma-


ximalen Explosionskenngrößen von Maisstärke im 20 m3-Silo (H/D = 6,25, M = 2 kg/s,
Q = 15 m3Imin). A ~ Normverfahren, B ~ Pneumatische Direktbefüllung, C ~ Befüllung
aus Zyklon

tischer Produkteinförderung sich einstellenden Staubwolke ist wegen ihrer


überhöhten Gemischturbulenz um den 10fachen Wert größer als die nach Vor-
schrift gemessene Mindestzündenergie des Feinstaubes (MZE = 5 mJ). Bei
Produktabwurf ist dagegen wegen der geringeren Turbulenz der Staubwolke
deren Mindestzündenergie identisch mit der Mindestzündenergie des Feinstau-
bes selbst (s. auch Abb. 1.206).

1000 ... - - - - - - - - - - - - - - - - ,

500
EI
1---"~------------1

--.

7
E

~ 100 -. 0

(lJ 50 .----
c:
(lJ
""CI
c:
:::::l o Pol yethylen 1000 M}
N pneum. Förderung
• Polyethylen 1000 Z
,,/ r,. Polyethylen 1000M }
Zyklon
10 j" I I ... Polyethylen 1000Z
o 0,5 1,0 1,5 2.0 3
Feinstoubkonzentrotion CF Ikg/m )
Abb. 2.328. Zündenergie E als Funktion der Feinstaubkonzentration CF und der Förderart
(V = 20m 3 , H/D = 6,25)
562 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb. 2.329. Mit einer Zündenergie von E = 10 mJ eingeleitete Staubexplosion beim pneuma-
tischen Füllen des 20 m 3-Silos mit Polyethylen-Grieß und einem Feinstaubanteil von 720/0
[162] (F = 1,27 m2)

Parallel zu den Zündversuchen bestimmte Schuber auch den zeitlichen


Druckverlauf der Staubexplosionen. Abbildung 2.329 machte zunächst deut-
lich, daß die Flammenausbreitung im Bereich der Entlastungsfläche unabhän-
gig davon ist, ob eine sehr geringe Zündenergie oder die der Normzündquelle
(Abb. 2.317: E = 10 kJ) eingesetzt wird. Einer Abnahme der Explosionsheftig-
keit bei Produktabwurf gegenüber der pneumatischen Direkteinförderung
«dp/dt)red,max = 3 barls -+ (dp/dt)red,max = 1,7 bar/s) steht im Gegensatz zu den
Angaben von Thbelle 2.30 eine Anhebung der reduzierten maximalen Druck-
werte (Pred,max = 0,24 bar -+ APred,max = 0,3 bar) gegenüber. Dies hängt vermut-
lich damit zusammen, daß einerseits Hauptziel dieser Untersuchungen die
Zündversuche waren, und andererseits die Versuchszahl bei Feinstaubkonzen-
trationen cF>0,5 kg/m 3 zu gering ist, so daß nur Tendenzen aufgezeigt wer-
den konnten.
Die Explosionsgeschwindigkeit entgegen der Förderrichtung (Abb. 2.330)
nimmt im Rahmen der Versuchs genauigkeit, unbeeinflußt von der Förderart,
mit steigender Feinstaubkonzentration linear zu und liegt in der gleichen Grö-
ßenordnung wie bereits festgestellt (s. S. 554).
Man kann zusammenfassen, daß bei Produktabwurf gegenüber der pneu-
matischen Direkteinförderung in ein Silo bei deutlich herabgesetztem maxima-
lem zeitlichem Druckanstieg die reduzierten maximalen Druckwerte im glei-
chen Bereich liegen. Bei zentraler Befüllung im freien Fall können daher für
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 563

30r----------------,

00
20

-
'iii
E
(A

x
>OJ 10
o pneum. FörderUng} 1000 M
(~)
• Zyklon
~ pneum.FÖrderUng} 1000 Z
A Zyklon
OL--...I....---I...---L----' Q pneum.Förderung 1001 Z
o 0,5 1,0 1,5 2,0 3
Feinstoubkonzentrotion (F !kg/m ]
Abb.2.330. Explosionsgeschwindigkeit entgegen der Förderrichtung als Funktion der Fein-
staubkonzentration CF (V = 20 m3 , H/D = 6,25, F = 1,27 m2)

die Bestimmung der Entlastungsfläche für Volumina bis V = 10000 m3 die


Berechnungsgrundlagen für inhomogene Gemische gewählt werden. Hierfür
ist in der Gleichung und den Nomogrammen für den Förderleitungsdurchmes-
ser DF der Durchmesser des Fallrohres bzw. der äquivalente Durchmesser des
Eintragsystems (Zellenradschleuse, Redler) einzusetzen. Allerdings sollten wie
bei den beschriebenen Untersuchungen die Entlastungsfläche mindestens 40070
der Silodecke betragen und die Produktmenge 8000 kg/h nicht übersteigen. In
allen anderen Fällen sind die Berechnungsgrundlagen für homogene Staubwol-
ken mit größeren Entlastungsflächen zu wählen. Sie decken größere Risiken ab.
Im Rückblick auf die erste VDI-Richtlinie 3673 "Druckentlastung von Staub-
explosionen" [138] ist festzustellen, daß seinerzeit als Diskussionsgrundlage
nur Untersuchungsergebnisse mit brennbaren Stäuben in explosionsdruckent-
lasteten Behältern von 1- 60 m3 Inhalt und Kenntnisse über den Ablauf von
Staubexplosionen in Rohren DN 100- DN 2500 zur Verfügung standen. Der
kubische Behälter war durch ein Höhen/Durchmesser-Verhältnis von H/D = 5
nach oben begrenzt. Für langgestreckte Behälter (Silos) mit einem größeren
Höhen/Durchmesser-Verhältnis wurde empfohlen, abhängig von der Explo-
sionsfestigkeit die gesamte Dachfläche für die Entlastung vorzusehen. Dies
wurde von Kritikern dieser Richtlinie wohl übersehen. Thotz mangelnder
Kenntnisse, speziell über den Ablauf von Staubexplosionen in Silos, hat sie sich
bei ihrer Anwendung in der Praxis für die Dimensionierung von Entlastungs-
öffnungen in mehr als einem Jahrzehnt bestens bewährt.
Anschließende Explosionsdruckentlastungsversuche der Neuzeit führten
nicht nur zu der Erkenntnis, daß der kubische Behälter nach oben durch ein
564 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Höhen/Durchmesser-Verhältnis von H/D < 2 zu begrenzen und bei Explo-


sionsdruckentlastung zwischen homogenen und inhomogenen Staubwolken zu
unterscheiden ist, sondern auch, daß der Flächenbedarf von langgestreckten
Behältern (Silos) von deren Höhen/Durchmesser-Verhältnis abhängt.
In der Regel hat die Berechnung der Explosionsdruckentlastungsflächen
nach den Berechnungsgrundlagen für homogene Staub/Luft-Gemische zu er-
folgen. Die Basisgleichung für kubische Behälter (s. S. 506) gilt für
Volumina V< 10000 m3 ,
brennbare Stäube der Staubexplosionsklassen St 1 - St 3 mit einem maxi-
malen Explosionsdruck von Pmax ~ 12 bar,
einen statischen Ansprechdruck der Berstscheibe von Pstat ~ 1 bar und für
einen reduzierten maximalen Explosionsdruck von Pred,max ~ 2 bar.
Die Gleichung für den zusätzlichen Flächenbedarf langgestreckter Behälter
(Silos) (s. S. 545) gilt unter ansonsten gleichen Bedingungen nur für
- brennbare Stäube der Staubexplosionsklassen St 1 und St 2 mit einem
maximalen Explosionsdruck von Pmax ~ 9 bar.
Hiervon kann abgewichen werden, wenn in der Praxis die Befüllung kubischer
und langgestreckter Behälter (Silos) bei axialer, zentraler Einführung des Gut-
stromes durch pneumatischen Transport erfolgt, d. h. wenn inhomogene
Staubwolken entstehen. Die Basisgleichung für kubische Behälter (s. S. 515)
gilt für
Volumina V<10000m3 ,
brennbare Stäube der Staubexplosionsklassen St 1 und St 2 mit einem ma-
ximalen Explosionsdruck von Pmax < 9 bar,
Begrenzung des Luftvolumenstroms auf Q = 15 m3/min (wird die Entla-
stungsfläche F so gewählt, daß der reduzierte maximale Druckwert dem
Ansprechdruck der Berstscheibe entspricht: Q< 30 m3/min (s. Abb.
2.273»,
einen statischen Ansprechdruck der Berstscheibe von Pstat ~ 0, 1 bar und
Begrenzung des reduzierten maximalen Explosionsdruckes auf Pred,max
~2 bar.

Die Gleichung für den zusätzlichen Flächenbedarf (s. S. 555) gilt für
- Volumina V< 10000m3 und
- eine maximale Silohöhe von H = 10 m.
Bei größeren Silohöhen (H> 10m) ist von der veränderten Basisgleichung für
kubische Behälter auszugehen (s. S. 558); die Gleichung für den zusätzlichen
Flächenbedarf (s. S. 555) bleibt erhalten.
Bei Produktabwurf in ein Silo gelten die Berechnungsgrundlagen für inho-
mogene Staubwolken unter folgenden Bedingungen:
Volumina V ~ 10000 m\
- Entlastungsfläche F > 40070 der Silodecke und
- abgeworfene Staubmenge M ~ 8000 kg/h.
In allen anderen Fällen gelten die Berechnungsgrundlagen für homogene
Staub/Luft-Gemische.
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 565

[bar]
75 % der Silodecke f ü r /
Entlastung vorgesehen
1,25 - DF =0.09 m °
Q=1000 mJ/min/
1,OOr-
homogene
StaUbWOlke/o
~ 0,751-
Q.
X
W
° /
1i 0,501- / /r>
~2 0,25 r- /:homogene
Staubwolke
oo
b.
1 ----------------- P Pmax =9 bar,
I I I I SIal
KSI =200 bar· m .s-l
o 2 4 6 8 10
Höhen/Durchmesser - Verhältnis H/D

Abb.2.331. Mindestexplosionsfestigkeit p eines 500 m3-Silos als Funktion


des Höhen/Durchmesser-Verhältnisses H/D und der Art der Staubwolken-
bildung

Da für Silos aufgrund der baulichen Vorgaben im allgemeinen die Explo-


sionsdruckentlastung nur über die Silodecke erfolgen kann und aufgrund des
Platzbedarfes für Fördereinrichtungen u.ä. oft nicht der gesamte Querschnitt
zur Verfügung steht, ergeben sich Mindest-Explosionsfestigkeiten (Abb. 2.331),
die
von der Art der Staubwolkenbildung,
dem reduzierten maximalen Explosionsdruck Pred,max'
der staubspezifischen Kenngröße Kst ,
der auf der Silodecke zur Verfügung stehenden Entlastungsfläche und
dem Höhen/Durchmesser-Verhältnis
abhängen. Je größer das Höhen/Durchmesser-Verhältnis ist, um so höher ist
die zu fordernde Silofestigkeit.
Werden anstelle von Berstscheiben andere Entlastungseinrichtungen einge-
setzt, dann muß ihre Entlastungsfähigkeit bekannt sein und die Silo festigkeit
erhöht bzw. die Entlastungsfläche vergrößert werden.
Staubexplosionsversuche [154-156] mit auf die Entlastungsöffnung aufge-
legten Betondeckeln (lose aufgelegt, fest vergossen (Abb. 2.332) oder mit
Scharnieren (Abb. 2.333» haben ergeben, daß hierdurch der reduzierte maxi-
male Explosionsdruck gegenüber Berstscheiben deutlich angehoben wird
(Abb. 2.334).
Dies ist vor allem auf die Behinderung des Entlastungsvorgangs, d. h. auf die
Ausströmverhältnisse zurückzuführen und weniger auf die Erhöhung des stati-
schen Ansprechdruckes der Entlastungseinrichtungen. Ihre Entlastungs-
fähigkeit liegt, je nach Deckelausführung, zwischen 20070 und 31 %.
566 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb. 2.332. Fest vergossener Betondeckel als Entlastungseinrichtung auf dem Silodach

Abb. 2.333. Betondeckel mit Scharnieren


3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 567
3r-------,--------,--------,--------,
Weizen: Pmax =8,2 txJr; KSt =135 oor-m·s-1

lündort : Silo mitte

a
.0 2

~ ____ ~t~e~l....!es.!.. ~n_ _ _

=~e~d~keI: l~e =auiel~ = -=


E
-ai Betondeckel mit S<ramier
0: - =

· _ _ _...(,
~_.....o~
Fdie: Pstot =0,1 l:or
o~o----~~~----~~-----+.~----~·
2,0
F
Abb. 2.334. Entlastungsfähigkeit von Betondeckeln als Entlastungseinrichtung für Silos

3.3.3.2 Brenngase

Über den Explosionsablauf von Brenngasen in explosionsdruckentlasteten


langgestreckten Behältern ist wenig bekannt. Erste Hinweise geben Untersu-
chungsergebnisse mit Propan in einem horizontal angeordneten, stirnseitig
entlasteten 7,85 m3-Explosionsbehälter (H/D = 10) bei verschiedenen Zünd-
ortlagen (Abb. 2.335).
Es wurde mit Entlastungsflächen DN 100- DN 400 bei einem statischen An-
sprechdruck der Berstscheibe von Pstat = 0,1 bar gearbeitet.
Die Explosionsdruckentlastungsversuche erfolgten stets über einen breiten
Konzentrationsbereich. Als Zündquelle diente im allgemeinen eine Induktions-
Dauerfunkenstrecke.

Abb.2.335. 7,85 m3-Explosionsbehälter (H/D = 10) mit stirnseitiger Entlastung DN 400


568 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Im Bereich der unteren und der oberen Zündgrenze von Propan wurden
auch höhere Zündenergien eingesetzt.
Abbildung 2.336 zeigt für den Bereich der Optimalkonzentration (4-4,5
Vol-% Propan) die Abhängigkeit der Explosionsgeschwindigkeit Vex von der
Zündortlage, die durch die Beeinflussung der Verdrängungsgeschwindigkeit
des noch unverbrannten Gemisches vor der Flammenfront durch die Versuchs-
bedingungen erklärt werden kann.
Bei Einleitung der Propanexplosionen am entlasteten Rohrende wird das
Abströmen der Verbrennungsgase mit abnehmender Entlastungsfläche mehr
und mehr behindert, d.h. die Anlaufgeschwindigkeit nimmt zu. Im weiteren
Verlauf wird die Verdrängungsgeschwindigkeit zum geschlossenen Ende auf
Null herabgesetzt und die End-Explosionsgeschwindigkeit ist unbeeinflußt von
der Größe der Entlastungsfläche. Bei Zündortlage Rohrmitte wird einerseits
die Verdrängungsgeschwindigkeit zum geschlossenen Rohrende wiederum her-
abgesetzt, und die Geschwindigkeit der Explosion ist im Rahmen der Versuchs-
genauigkeit erneut unabhängig von der Entlastungsfläche. Zum entlasteten
Rohrende hin wird hingegen die Verdrängungsgeschwindigkeit um so mehr
heraufgesetzt, je größer die Entlastungsfläche ist, und die Explosionsge-
schwindigkeit nimmt entsprechend zu.

>
.[m/s]
";i
o F=O,0079 m2
I:>. F=O,031 m2
~ o F=O,126 m2
.<:
o

.
U>
Q)
01
c:
o
'00
o
Ci
x
w
J..
"
.!!
c:
«

o I I I
geschlossenes Rohrmitte entlastetes
Rohrende Rohrende
Zündort
Abb.2.336. Einfluß der Zündortlage im 7,85 m3-Explosionsbehälter (H/D = 10) auf die
Explosionsgeschwindigkeit Vex von Propan (4-4,5 VoIOJo)
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 569

Werden die Propan/Luft-Gemische am geschlossenen Rohrende entzündet,


bewirkt zunächst eine Vergrößerung der Entlastungsfläche (Zunahme der Ver-
drängungsgeschwindigkeit) Erhöhung der Explosionsgeschwindigkeit. Dies
gilt im weiteren Verbrennungsablauf auch für die große Entlastungsfläche,
während im Falle der beiden kleinen Flächen die Verdrängungsgeschwindigkeit
behindert und damit die Explosionsgeschwindigkeit herabgesetzt wird.
In doppeltlogarithmischer Darstellung besteht für den Bereich der Optimal-
konzentration (4-4,5 Vol-OJo) wiederum, abhängig von der Zündortlage, ein li-
nearer Zusammenhang zwischen dem reduzierten maximalen Explosionsdruck
Pred,max und der Entlastungsfläche F (Abb. 2.337). Höchstwerte sind, im Ge-
gensatz zur bisherigen Erkenntnis, bei Anordnung der Zündquelle am entlaste-
ten Rohrende zu beobachten. Eine weitere Anomalie ergab sich dahingehend,
daß bei kleinen Entlastungsflächen (F ~ 0,031 m 2) im Bereich der oberen Ex-
plosionsgrenze (bei Zündortlage Rohrmitte auch im Bereich der unteren Ex-
plosionsgrenze) überhöhte reduzierte maximale Druckwerte, im allgemeinen
begleitet von einer überhöhten Explosionsgeschwindigkeit, auftraten. Wie die
Oszillogramme des zeitlichen Druckverlaufs der Propanexplosionen aufwei-
sen, ist zu vermuten, daß sich die von der Zündquelle ausgehende Flammen-
front nicht kugelförmig, sondern gerichtet zu oder von der Entlastungsfläche
aus ausbreitet. Die Verbrennung des Restgemisches erfolgt dann unter dem sich
zwischenzeitlich eingestellten Explosionsdruck (Vordruck). Dieser Effekt trat
bei der großen Entlastungsfläche (F = 0,126 m~ nicht auf. Wie bei den brenn-
baren Stäuben (Abb. 2.302) zeichnet sich für den vorgegebenen Druckbereich
ab, daß der langgestreckte 7,85 m 3-Behälter (H/D = 10) einen geringeren Flä-
chenbedarf hat als ein kubischer Behälter (H/D = 1) von gleichem Volumen.
Auch eine Flächenvergrößerung ist erst für reduzierte maximale Druckwerte in
der Größenordnung von Pred,max < 2 bar zu erwarten.

[bOr]r-----~--------------,

B~..............
3,0 r-
~~o~ H/~=1

"
~ 1,0 r- Ziln.QQd;.
~R~
~
0"" \
\
\
\
\
Cl. ~ • entl.Rohrende } ~0 \
• Rohrmitte -6Vol% Propan ~ \
\
• geschl.Rohrende
0,3 r- o entl.Rohrende } \
o Rohrmitte 4-4,5Vol% Propan
~ geschl.Rohrende
0,1 I I I
0,0001 0,0079 0,031 0,126
Entlastungsfläche F
Abb. 2.337. Reduzierter maximaler Explosionsdruck Pred max als Funktion der Entlastungs-
fläche F (V = 7,85 m3 , H/D = 10, Pstat = 0,1 bar) .
570 3 Konstruktiver Explosionsschutz

3.3.4 Explosionsdmckentlastung von Räumen

Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß die Schutzmaßnahme Explosions-


druckentlastung in erster Linie für Behälter und Apparate entwickelt wurde.
Räume dürfen bei ausreichender Festigkeit der sie umgebenden Wände durch
diese Maßnahme nur dann abgesichert werden, wenn die Apparaturen in ihnen
fernbetätigt sind und ein Betreten der Räume während des Betriebes untersagt
ist.
In Sonderfällen kann es z. B. in der staubverarbeitenden Industrie bei unver-
meidbarem überhöhtem Staubangebot zweckmäßig sein, auch Räume ohne
fernbetätigte Anlagen oder Gebäude bzw. leile von Gebäuden mit Druckent-
lastungsflächen zu versehen. Werden z. B. Silozellen in ,~etterschutzräume"
(Siloböden) entlastet, dann wird empfohlen, auch diese Räume zu explosions-
druckentlasten. Auch Silokeller, Verbindungsgänge und Treppenhäuser können
als Nachbarräume von Silozellen als gefährdet angesehen werden. An solche
Explosionsdruckentlastungseinrichtungen sind bezüglich Ausführung und
Werkstoffauswahl die gleichen Anforderungen zu stellen, wie in Kap. 3.3.2.1
beschrieben.
Für die Entlastungsflächen F von rechteckigen Räumen gilt [165]
F=P'L j 'L2
VPbem
Es bedeuten:
L t ,L2 ,L3 Abmessungen des Gebäudes bzw. des Gebäudeabschnit-
tes [m] wobei L t < L2 < L3 und L 3 < 3 . VL t • L2 ist,
ß eine Konstante. Für organische Produkte ist ß = 6,8, für
Metallstäube ist P = 10,5.
Pbem Bemessungsdruck = zulässiger Überdruck innerhalb des
Gebäudes bzw. Gebäudeabschnittes (KN/m2).
Die Entlastungsöffnungen sind möglichst in der Nähe potentieller Zündquel-
len anzuordnen oder gleichmäßig auf der Raumoberfläche zu verteilen. Thbelle
2.31 faßt Richtwerte für typische Berstdrücke PB von Gebäudeteilen zusam-
men.
Tabelle 1.31. Typische Berstdrücke PB von Gebäudeteilen [164]

Gebäudeteil PB (bar)

Fensterscheiben (Abb. 2.202) 0,02-0,20


Türen 0,02-0,05
Wandverglasung (Drahtglas) 0,06-0,07
leichte Trennwände, leichte Dächer 0,06-0,15
freistehende Backsteinwände 0,07-0,15
unbewehrte Betonwände (20 cm dick) 0,15-0,20
Beton- und Stahlbetongebäude (erdbebenfest) 0,80-1,5
Industriegebäude in leichter Metallgerippebauweise 0,20-0,30
Industriegebäude in schwerer Metallgerippebauweise 0,30-0,40
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 571

Tabelle 2.32. Vergleich des Flächenbedarfs FOleichung für rechteckige Räume mit dem Flä-
chenbedarf Fhomogen für homogene Staub/Luft-Gemische (Pbern = Pred,max = 0,1 bar)

Staubart bzw. Staubexplosions- Organisch Metall. St 1 St 2 St 3


klasse

Lj L2 L3 V H/D Fo~eiChUng Fh~Ogen


[m] [m] [m] [m 3] [m] [m]

2 3 6 36 2,2 12,9 19,9 8,7 13,1 34,9


4 5 12 240 2,4 43,0 66,4 39,5 59,0 157,9
5 6 15 450 2,4 64,5 99,6 62,6 96,0 255,1

Zur Beurteilung der Aussagekraft obiger Gleichung wird die sich hieraus für
organische und metallische Stäube ergebende Entlastungsfläche FGleichung für
Gebäudeabschnitte unterschiedlicher Abmessungen und einen Bemessungs-
druck von Pbem = 0,1 bar = Pred,max in Tabelle 2.32 verglichen mit dem Flä-
chenbedarf FhomOgen, der bei Anwendung der Berechnungsgleichungen für ho-
mogene Staub/Luft-Gemische notwendig ist. Die Angaben für die Staubexplo-
sionsklassen St 1 und St 2 beziehen sich auf einen maximalen Explosionsdruck
von Pmax = 9 bar und der Staubexplosionsklasse St 3 auf einen solchen von
Pmax = 12 bar und eine staubspezifische Kenngröße von Kst = 600 bar' m . s - 1•
Wie man sieht, liegen, unabhängig vom Berechnungsverfahren, die Entla-
stungsflächen für brennbare Produkte der Staubexplosionsklassen St 1 und
St 2 in der gleichen Größenordnung.
Für Metallstäube (Staubexplosionsklasse St 3) liefert dagegen die Gleichung
für die Entlastung rechteckiger Räume deutlich niedrigere Flächen. Um daher
eine wirksame Explosionsdruckentlastung von Gebäudeteilen, in denen z. B.
mit dem Auftreten von Aluminium-Feinstäuben zu rechnen ist, möglich zu ma-
chen, ist die Konstante ß mindestens zu verdoppeln.
Kann auf der Oberfläche eines Gebäudeabschnittes die für einen Bemes-
sungsdruck Pbem errechnete Fläche F nicht untergebracht werden, sondern nur
die kleinere Fläche F', dann müssen die belasteten Strukturelemente auf einen
Bemessungsdruck P'bem verstärkt werden, um dem zu erwartenden erhöhten
reduzierten maximalen Druckwert standzuhalten, wobei gilt

Pbem = Pbem [F'F]2 .

3.3.5 Gefahren durch Flammen und Druck

Explosionsdruckentlastung ist immer mit Flammenausbreitung (Abb. 2.338)


und Druckwirkung verbunden. Ursache hierfür ist nach dem Ansprechen der
Entlastungseinrichtung der Ausschub von noch unverbranntem Brennstoff in
572 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb. 2.338. Flammenausbreitung einer Staubexplosion im Nahbereich


der 2 m2-Entlastungsöffnung eines 60 m3-Behälters
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 573

die freie Atmosphäre mit anschließender Entzündung des im Außenraum ent-


stehenden Brennstoff!Luft-Gemisches durch den aus der Entlastungsöffnung
austretenden Flammenstrahl. Die einschlägigen Richtlinien fordern eine "Ex-
plosionsdruckentlastung in ungefährliche Richtung ohne Personengefähr-
dung". Kenntnis der Flammenlängen und Druckwirkung ist daher für die Lö-
sung dieser explosionstechnischen Problemstellung notwendig.
Für die Beurteilung der Gefahrensituation durch Flammen in der Umge-
bung explosionsdruckentlasteter kubischer Behälter (Höhen/Durchmesser-
Verhältnis < 2) wurden zahlreiche Film- und Video aufnahmen systematisch
ausgewertet [166]. Folgende Ausführungen beziehen sich auf eine Zündortlage
in Behältermitte, einen statischen Ansprechdruck der Berstscheibe von
Pstat = 0,1 bar und Vorhandensein der Optimalkonzentration der Brennstoff!
Luft-Gemische.
Die maximale Flammenlänge Lp,H homogener Staub/Luft-Gemische (nach
dem Normverfahren erstellt) erhöht sich bei Kleinbehältern von einigen m3
Inhalt mit zunehmender Entlastungsfläche, d.h. mit fallendem reduziertem
maximalem Explosionsdruck. In Großbehältern von einigen 10 m3 Inhalt ist
hingegen ein solcher Einfluß nicht festzustellen. Tendenzmäßig haben ferner
entzündete Gemische der Staubexplosionsklasse St 2 gegenüber St I-Stäuben
etwas geringere Flammenlängen. Sie erhöhen sich mit zunehmendem entlaste-
tem kubischem Behältervolumen V für einen reduzierten maximalen Explo-
sionsdruck von Pred,max ::5 1 bar gemäß Angaben von Abb. 2.339 nach der
Gleichung
Lp,H = 8. VO,3
Hybride Staub/Propan/Luft-Gemische haben die gleiche Flammenlänge wie
reine Staub/Luft-Gemische.

[mJ
o homogene Staub/Luft-Gemische } K ~300 bor.m_s-1
x • inhomogene Stoub/Luft-Gemische (OF~0.09m,Q~'5 m3/min) St

°.---
c
E Propan/Luft-Gemische 0
.... /j.

-'

...----0 ~~o
Cl>
C'"
:0
C
Cl>
10' :--:
E 6..
E
0
G::
o ~,o _________ •
x
0
6.
E
10 0
10
Behöltervolumen V

Abb.2.339. Maximale Flammenlängen FL max explosionsdruckentlasteter


kubischer Behälter (Zündort: Behältermitie, Pstat = 0,1 bar)
574 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Wie die Explosionsdruckentlastungsversuche bei pneumatischer Produktbe-


füllung erwarten lassen, nimmt die maximale Flammenlänge inhomogener
Staub/Luft-Gemische mit steigendem Volumen V nach folgender Gleichung
(Abb.2.339) ab
LF,max = 15,11 V-O,25.
Unabhängig von der Staubwolkenart ändert sich daher die Flammenlänge
ungefähr mit der dritten Wurzel aus dem entlasteten Behältervolumen, wenn
man berücksichtigt, daß die vorgenannten Gleichungen empirisch gewonnen
wurden.
Für die maximale Flammenlänge von Propan/Luft-Gemischen (Abb. 2.339)
gilt
LF,max = 3,1 yO,402.
Bei deutlich kürzeren Flammen ist die Volumenabhängigkeit stärker als bei ho-
mogenen Staub/Luft-Gemischen.
Erste, wenn z. Zt. auch nur richtungweisende Angaben über die Druckwir-
kung von Staubexplosionen außerhalb kubischer Behälter im Bereich der Ent-
lastungsfläche macht das Battelle-Institut [167, 168). Ihr zeitlicher Druckver-
lauf ist gekennzeichnet durch zwei Druckmaxima, hervorgerufen durch den
Entlastungsvorgang selbst (primärexplosion) und die nachfolgende Entzün-
dung des außen entstandenen Staub/Luft-Gemisches (Sekundärexplosion). Sie
werden einerseits von der staubspezifischen Kenngröße Kst und andererseits
von der Zündortlage im Behälter beeinflußt (Abb. 2.340, oben). Höchstwerte,
die in spezifischen Abständen (Größenordnung einige Meter) zu beobachten
sind, können sowohl bei der Primär- als auch bei der Sekundärexplosion ent-
stehen.
Abbildung 2.340, unten zeigt für zwei staubspezifische Kenngrößen Kst die
Abhängigkeit des maximalen Außendruckes Pmax,A vom Behältervolumen V,
die für einen reduzierten maximalen Explosionsdruck Pred,max < 1 bar durch
folgende empirische Schätzgleichungen beschrieben wird

Kst = 100 bar·m·s- 1; Pmax,A = 40·yO,37 [mbar) bzw.


Kst = 200 bar·m·s- 1; Pmax,A = 61,7·yO,261 [mbar).
Es scheint sich anzudeuten, daß abnehmende Explosionsheftigkeit (fallende
staubspezifische Kenngröße KSt) den maximalen Außendruck für Volumina
V< 60 m3 vermindert und für Volumina V ~ 60 m3 verstärkt. Dies könnten
frühere Außendruckmessungen von Staubexplosionen im druckentlasteten
250 m3-Behälter bei zwei Meßortentfernungen von der Entlastungsfläche
[140) bestätigen (Abb.2.341).
Der maximale Außendruck des heftiger reagierenden St 2-Staubes ist gegen-
über dem weniger heftig reagierenden St 1-Staub mit fallendem reduziertem
maximalem Explosionsdruck, d.h. mit zunehmender Entlastungsfläche zu-
nächst größer. Bei Unterschreiten eines reduzierten maximalen Explosions-
druckes von 1 bar tritt Umkehrung ein. Sie kann man dadurch erklären, daß
speziell bei großflächiger Entlastung (Pred,max < 1 bar) nach dem Ansprechen
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 575

[mbar] o V=O,3m J ,K st =200 bar· m.s- 1

40 1>.,/ \ Zündort: I
< 1,- 0 Bereich der Entlastung
o.G " o \ 0 I>. Behältermitte
.Y. 30 '\ ,",0 Behälterwand
0
2
"0
" 0~F=O'14 rr?-
c 20 0_. ~ PStat=O,25 bor

""
Q) '0 ...
l:'
::J
'. '.t:J....... 0
<{ 10 0......
.... ..... []
.... ... A 0
.........A
"'"-'-'-0_'-0
0
0 [m]
Entfernung R
[mbar] o KSt =100 bor.m.s-1
< • KSt =200 bar.m.s-1

0.
"E" Pr.d.mo~ 1 bar

Abb. 2.340. Explosionsdruck sekundärer


Staubexplosionen im Außenraum
druckentlasteter Behälter [167, 168]

Behältervolumen V

der Berstscheibe für den Ausstoß von unverbranntem Staub/Luft-Gemisch in


die freie Atmosphäre im Falle des St 1-Staubes gegenüber dem St 2-Staub mehr
Zeit zur Verfügung steht.
Die Außendruckmessung von Staubexplosionen explosionsdruckentlasteter
Behälter ist schwierig, die Meßwerte sind schwer zu reproduzieren und haben
eine relativ große Streubreite. Die vorgenannten Abhängigkeiten entsprechen

[bar]
Messorlentfernung:

\'f
n
o St1- Staub
ä St2- Staub

\\\\
~
}0
11>;" o
°O~------1~O------~~-
20 J) 40 50 60 70 80 [mbar J
Abb.2.341. Außendruck p von Staubexplosionen der Staubexplosionsklassen St 1 und St 2
im 250 m 3-Behälter (Pstat = 0,1 bar)
576 3 Konstruktiver Explosionsschutz

dem augenblicklichen Erkenntnisstand und müssen noch durch weitere Unter-


suchungen bestätigt werden.
In [141] wird daher für homogene Staub/Luft-Gemische der Staubexplo-
sionsklasse St 1, einen reduzierten maximalen Explosionsdruck Pred,max
S 1 bar und einen statischen Ansprechdruck der Berstscheibe Pstat = 0,1 bar
unter Berücksichtigung der Entlastungsfläche F folgende Gleichung für die
Abschätzung des maximal auftretenden Außendruckes Pmax,A kubischer Be-
hälter als richtungweisend angegeben
°
Pmax,A -- ,2'pred,max . pO,l. yO,I8 .
Dieser Druck tritt im Abstand
Rs = 0,25' LF,H
von der Entlastungsfläche auf. Für größere Abstände r vermindert sich der Au-
ßendruck Pr nach der Gleichung
1,5

Pr = Pmax,A' ~s
[ ]
.

In Verbindung mit dem 0,3 m3-Behälter ergab sich bei Propanexplosionen der
gleiche Einfluß der Zündortlage auf den Außendruck der Primär- bzw. Sekun-
därexplosion wie bei den brennbaren Stäuben (Abb. 2.340, oben). Höchstwerte
stellen sich in geringerer Entfernung von der Entlastungsfläche ein und liegen
in der gleichen Größenordnung oder höher als bei Staubexplosionen.
Untersucht wurde auch der zeitliche Temperaturverlauf der Explosionen in-
homogener Staub/Luft-Gemische, die bei pneumatischer Einförderung von
Maisstärke in den über Berstscheiben entlasteten 250 m3-Behälter entstehen
[142]. Unabhängig vom Leiterdurchmesser (D = 0,15-0,34 mm) zeigten die in
Behältermitte angeordneten ChromellAlumel-Mantel-Miniatur-Thermoele-
mente zum gleichen Zeitpunkt die gleichen Höchstwerte für die Thmperatur
an. Dies ist auf den sehr geringen reduzierten maximalen zeitlichen Druckan-
stieg (dp/dt)red,max < 1 bar/s zurückzuführen.
Nach Angabe von Abb. 2.342 ist (bei konstantem Luftvolumenstrom Q) ein
erstes Temperaturmaximum zeitlich identisch mit dem Auftreten des Druck-
maximums, gefolgt von einem sich ca. 10 s später einstellenden zweiten Tempe-
raturmaximum, das mit abnehmender Entlastungsfläche fällt. Es charakteri-
siert den nach der Staubexplosion, trotz raschem Abstellen der Produktzufüh-
rung, entstehenden Nachbrand, der durch Ansaugen von Luft mit größer wer-
dender Entlastungsfläche begünstigt wird.
Je geringer der Luftvolumenstrom Q ist (Abb.2.343), um so höher ist die
Nachbrandtemperatur, vermutlich weil bei höheren Luftvolumenströmen zu-
folge erhöhter Gemischturbulenz eine bessere Verbrennung stattfindet und we-
niger Produkt für den Nachbrand zur Verfügung steht.
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 577

1000 Pe~ 6,6 Si


Q =12,9m 3/min
0,2 ; ..... : ....... Tmax =810 0 (

, I
F = 0,79 m2
500 : . - Pex = 0,13 bar
0,1

o
L.J
o 10 20 30 t[ 51
o Pex
1000 7,25 = 12,9 m3/min
I- r:m:: ..... _. Tmax =760 Q

-
0,8 0 (

L.. F = 0,2 m2
::::I 500
d
L..
QJ
0- o
E o 10 20 30 t [sI
~
1000 Q = 12,9m3/min
0,8
F = 0,07 m2
500

o~.&oI:o,.;::..Lo~:.lo..............L._---L_--+
o 10 20 30 t[sl
Abb. 2.342. Zeitlicher Druck- und Thmperaturverlauf inhomogener Maisstärke-Staubwolken
(V = 250 m3, P,tat = 0,1 bar , Pex = Pred.max>

1500

o a = 9,3 m3/min
o Q = 12,9 m3/min
u oa = 16,9 m3/min
~
1000
)(
c:I
,.3
L.
::l
-0
L.
QJ
0.
E 500
~
QJ
Ci M = 13,1 kgl m3
.S
)(

~
0
0 2
red. max. Explosionsdruck Pred,max [bar)

Abb.2.343. Maximale Thmperatur Tmax des Maisstärke-Nachbrandes als Funktion des re-
duzierten maximalen Explosionsdruckes Pred,max inhomogener Staubwolken (V = 250 m 3 ,
P,tat = 0,1 bar)
578 3 Konstruktiver Explosionsschutz

3.3.6 Explosionsdruckentlastung von Rohrleitungen

Vor ca. 30 Jahren ist es bei Explosionsereignissen in Rohrsystemen der Praxis


trotz Vorhandensein von Druckentlastungseinrichtungen immer wieder zu er-
heblichen Schäden gekommen, so daß Zweifel über die Wirksamkeit derartiger
Einrichtungen aufgekommen sind. Aus diesem Grunde galten eingehende sy-
stematische Untersuchungen [16, 169-171] dem Ziel, die zweckmäßigste Aus-
führung von Druckentlastungseinrichtungen für Rohrsysteme zu entwickeln
und ihre günstigste Einbaustelle zu bestimmen. Die folgenden Ausführungen
gelten sowohl für Brenngase, Lösungsmitteldämpfe als auch für brennbare
Stäube.
Es hat sich gezeigt, daß bei Brenngasexplosionen eine Explosionsdruckent-
lastung senkrecht zur Längsachse eines Rohres nicht möglich ist. Nach dem
Ansprechen der Berstscheibe (mit einem im allgemeinen geringen statischen
Ansprechdruck) kann sich der Explosionsablauf bis zur Detonation steigern.
Methanexplosionen haben z. B. in geschlossenen 30 m langen Leitungen
DN 200- DN 300 bei Entzündung am geschlossenen Rohrende eine maximale
Explosionsgeschwindigkeit von einigen 10 mls und einen maximalen Explo-
sionsdruck von Pmax = 8 bar. Durch Anbringen einer seitlichen Entlastung
entsprechend dem Rohrquerschnitt in einiger Entfernung vom Zündort wird
die Explosionsgeschwindigkeit auf Vmax = 1000 mls und der maximale Explo-
sionsdruck auf Pmax = 30 bar angehoben.
Bei Staubexplosionen ist eine wirksame Explosionsdruckentlastung von
Rohrsystemen aufgrund der Richtwirkung der Explosion nur dann gegeben
(Abb. 2.344), wenn auf der Rohrwand in kleinen Abständen (1 - 2 m) Entla-
stungseinrichtungen (Berstscheiben) von ausreichender Größe angeordnet
sind. Weil es in solchen Fällen jedoch zwingend erforderlich ist, die im Explo-
sionsfall auftretenden Flammenerscheinungen zu berücksichtigen, können
derart druckentlastete Systeme im allgemeinen nur an Freianlagen eingesetzt
werden.
Erfolgt der Verschluß der Entlastungsöffnung, z. B. auf einem Bandförde-
rer, durch Explosionsklappen (Abb. 2.345), so ist der Einfluß des Klappenge-
wichtes auf das Explosionsgeschehen und damit auf den reduzierten maxima-
len Explosionsdruck zu beachten (Abb. 2.346: 1v = 0,3 s ~ hohe Gemischturbu-
lenz, t v = 0,5 s~mittlere Gemischturbulenz). Je höher das Gewicht der Explo-
sionsklappe ist, um so höher ist auch die Explosionswirkung im Bandförderer,
wobei auch in diesem Fall (Abb.2.347) die Flammenausbreitung im Nahbe-
reich der Entlastungsöffnung erheblich ist [88].
Ist die Anordnung von Druckentlastungseinrichtungen über die gesamte
Länge der Rohrleitung nicht möglich, z. B. dann, wenn sie in Betriebsräume
verlegt werden müssen, so ist es zwingend notwendig, solche Rohrsysteme ent-
sprechend explosionsfest auszulegen. Die Erfahrung und die bisherigen experi-
mentellen Ergebnisse zeigen, daß die Festigkeit der Rohrleitungen einschließ-
lich der Flanschenverbindungen ausreichend ist, wenn sie bei befürchteten
Brenngas- und Staubexplosionen für einen Nenndruck von mindestens PN 6
und im Detonationsfall für einen solchen von mindestens PN 10 bemessen
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 579

Abb. 2.344. Rohrleitung mit Druckentlastungseinrichtungen auf der Rohrwand. a Prakti-


sche Ausführung, b Holzstaubexplosion

sind. Solche Rohrleitungen überstehen auch die kurzzeitig überhöhten Druck-


spitzen von detonationsähnlichen Vorgängen oder von Detonationen. An Ab-
schlußflanschen bzw. Krümmern können jedoch durch Vorkompression der
Gemische vor der Flammenfront wesentlich höhere Druckwerte (Abb.1.261)
als im übrigen Rohr selbst auftreten, so daß hier über Berstscheiben Explo-
sionsklappen oder Federventile zu entlasten ist. Es muß aber berücksichtigt
werden, daß das Ansprechen einer solchen Entlastungseinrichtung unter Ex-
plosionsbelastung aufgrund der durch die Freigabe der Entlastungsöffnung
verursachten Vorschubeffekte zu einer Steigerung der Explosionsgeschwindig-
580 3 Konstruktiver Explosionsschutz

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i- 0 o'----°....J·~'------20----'lhgl
ExploslOflsklapperY;jeWlcht

Abb. 2.345. Bauelement für Bandförderer Abb. 2.346. Einfluß des Explosions-
mit Explosionsklappe klappengewichts auf die reduzierten
maximalen Explosionskenngrößen

Abb.2.347. Maisstärke-Staubexplosion im Bauelement für Bandförderer mit Explosions-


klappe
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 581

keit und damit des Explosionsdruckes führt. Dies geschieht um so rascher, je


geringer der statische Ansprechdruck ist. Dieser ist somit entsprechend hoch
zu wählen (Pstat = 0,5 - 2 bar), um die Ausbildung von detonationsähnlichen
Vorgängen oder von Detonationen als Folge des Entlastungsvorgangs nicht zu
begünstigen. Einerseits entlasten solche endständigen Entlastungseinrichtun-
gen nicht das gesamte Rohrsystem, sondern bewahren die Abschlußflansche
vor einer Zerstörung. Andererseits müssen sie einer Explosions- bzw. Detona-
tionsbelastung widerstehen und entsprechend geprüft sein. Dies kann z. B. in
Verbindung mit der in Abb. 1.248 gezeigten Prüfanordnung geschehen. Abbil-
dung 2.348 zeigt den Zusammenhang zwischen der Explosionsgeschwindigkeit
und der Länge einer Rohrleitung DN 400 bei der Prüfung von ehemals her-
kömmlichen Explosionsklappen mit
Hebel, unterschiedlichem Gegengewicht und Berstmembrane,
- Fallhebel, Gewicht und Berstmembrane und
- mit auf dem Gegenflansch aufliegendem Deckel.
Deutlich ist gegenüber dem druckdicht verschlossenen Rohrzustand die Explo-
sionsgeschwindigkeitszunahme (verbunden mit einer Druckerhöhung in der
Rohrleitung) beim Ansprechen der Entlastungseinrichtungen zu erkennen. Im
ungünstigsten Fall würde im einseitig offenen Rohr die zu erwartende detonati-
onsähnliche Verbrennungsgeschwindigkeit erreicht.
Die geprüften herkömmlichen Explosionsklappen gaben im allgemeinen zu
Beanstandungen Anlaß.

o~~--~----~----~

Abb. 2.348. Einfluß von endständigen Explosionsklappen auf die Explosionsgeschwindig-


keit in Rohrleitung DN 400
582 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Die beweglichen Deckel wurden unter der Wirkung des Explosionsdruckes


abgerissen (Abb. 2.349), davongeschleudert und waren eine zusätzliche Gefahr
für die Umgebung.
Explosionsdruckentlastung muß über den vollen Rohrquerschnitt erfolgen.
Wird eine Explosionsklappe über eine Reduzierung des Rohrdurchmessers an
die Hauptleitung angeschlossen (Abb. 2.350), dann sind zufolge Vorkompres-
sion und Flammenstrahlentzündung (auch bei Vorhandensein einer Berstschei-
be) die Explosionswirkungen besonders groß. Die Entlastungseinrichtung wird
zerstört und ist völlig unwirksam. Dies gilt auch für Teilentlastungen
(Abb.2.351), wie die Praxis zeigt.
Aus den negativen Prüfergebnissen ergab sich der Zwang zur Entwicklung
mechanisch festerer Entlastungseinrichtungen. Im Falle der in Abb. 2.352
(links) gezeigten gewichtbelasteten Explosionsklappe DN 300 wurden, im Ge-
gensatz zu den meisten herkömmlichen Explosionsklappen, Explosionsklap-
penteller und gewichttragender Hebel voneinander getrennt und von einer
Sperr klinke gehalten. Nach dem Auslösen der Klinke dämpfen Gummipuffer
den gegenseitigen Aufprall. Die Dichtung im Gegenflansch besteht aus einem
einvulkanisierten Buna-Ring. Abb.2.352, rechts zeigt eine ähnliche Ausfüh-
rung für eine Rohrnennweite DN 400.
Grundsätzlich können Rohrenden auch über einen federnden Abschluß ab-
gedichtet bzw. entlastet werden. Unter der Wirkung des Explosionsdruckes
gleitet der bewegliche Deckel über Stahlbolzen und bringt Federn in Spannung,

Abb. 2.349. Explosionsklappen DN 400 nach Explosionsbelastung


3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 583

Abb. 2.350. Explosionsklappe an verengtem Rohrquerschnitt.


a Vor Explosionsprüfung, b nach Explosionsprüfung

so daß über den entstehenden Ringspalt zum Gegenflansch hin Druckentla-


stung möglich wird. Druckverteilung und entgegengerichtete Federkraft be-
stimmen die Weite des Öffnungsspaltes. Da sich beide Größen laufend ändern,
federt der Abschlußdeckel.
Auch diese Entlastungseinrichtungen genügten zunächst nicht den gestellten
Anforderungen. Durch systematische Entwicklungsarbeit und vor allem durch
eine mechanisch festere Bauweise gelang es aber, brauchbare Sicherungsele-
mente als endständige Entlastungseinrichtung für Rohre zu entwickeln
(Abb. 2.353).
Aus obigen Ausführungen ergeben sich somit die folgenden Forderungen für
endständige Entlastungseinrichtungen an Rohrsystemen, an deren mechani-
sche Festigkeit wesentlich höhere Anforderungen zu stellen sind als an Explo-
sionsklappen von Behältern:
Wahl eines relativ hohen statischen Ansprechdruckes (entsprechend der Fe-
stigkeit der Rohrleitung), um Geschwindigkeits- und Drucksteigerungen
nicht zu begünstigen,
584 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb.2.351. Teilentlasteter Abschlußflansch mit Explosionsklappe,


im Ereignisfall fortgeschleudert

Nachweis der Funktionsfähigkeit durch Explosions- bzw. Detonationsver-


suche und
Druckentlastung in Längsrichtung der Rohrleitung über den vollen Quer-
schnitt.
Kann die Explosionsrichtung nicht vorausgesagt werden, so empfiehlt sich bei
Richtungsänderung des Rohrleitungsverlaufes eine doppelte Entlastung in H-
Kreuzform.
Die in Abb. 2.352 und 2.353 gezeigten endständigen Entlastungseinrichtun-
gen erfüllen die häufig gestellte Forderung nach einem gasdichten Rohrab-
schluß nach einem Explosionsereignis.
3.3 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsdruckentlastung 585

Abb. 2.352. Endständige Explosionsklappen ausreichender Festigkeit für Rohrleitungen

Abb. 2.353. Endständige Federventile ausreichender Festigkeit für Rohrleitungen


586 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Es ist besonders darauf hinzuweisen, daß bei Explosionsdruckentlastung der


Rohrenden in Ausblasrichtung ein Gefahrenkegel gegeben und bei der Planung
zu berücksichtigen ist.
Ungewollte Explosionen treten immer wieder bei Nichtbeachten der Vorgän-
ge beim Ausspülen von Rohrleitungen mit Gasen bei der Außer- bzw. Inbe-
triebnahme in Verbindung mit dem unbeabsichtigten Entstehen explosionsfä-
higer Brenngas/Luft-Gemische auf.
Das Ausspülen einer Rohrleitung hängt wesentlich von der Dichte des Spül-
gases und des auszuspülenden Gases ab. Bei Gasen gleicher Dichte wird der
Charakter einer Rohrströmung vorwiegend durch die Reynoldssche Zahl be-
stimmt, eine dimensionslose Größe des Verhältnisses von Trägheits- zu Rei-
bungskräften. Bei turbulenter Strömung tritt bei Gasen gleicher Dichte keine
vertikale Schichtung zwischen dem in der Rohrleitung ursprünglich vorhande-
nen Gas und dem Spülgas auf. Meßbare Konzentrationsunterschiede in der
Vertikalen sind daher bei zeitlich einander entsprechenden Meßwerten nicht zu
erwarten.
Bei Gasen unterschiedlicher Dichte ist die Richardsonsche Zahl, das Verhält-
nis von Auftriebs- bzw. Schwerkraft zur Trägheitskraft, von ausschlaggebender
Bedeutung für den Ablauf des Spülvorgangs. Ist die Auftriebs- bzw. Schwer-
kraft größer als die Trägheitskraft, dann schichtet sich das leichtere über das
schwerere Gas bzw. das schwerere unter das leichtere Gas. Asymmetrie der
Strömungsprofile und erhebliche Konzentrationsunterschiede sind die augen-
fälligsten Kennzeichen des Ausspülvorgangs bei Medien unterschiedlicher
Dichte.
Eine schwere Explosion mit erheblichem Personenschaden, die sich beim
Umbau einer Rohrleitung zufolge Nichterkennens von durch Überschichten
entstandenen explosionsfähigen Brenngas/Luft-Gemisch ereignete, war Anlaß
für Untersuchungen des Austausches bzw. Verdrängens des in Rohrleitungen
DN 1400 und DN 2500 enthaltenen Gases durch ein anderes. Einzelheiten der
Ergebnisse sind in [178] beschrieben: Wird ein leichtes Gas durch ein schwere-
res Gas verdrängt, muß die Konzentrations-Meßstelle vor der Entlüftung unter
der oberen Rohrwand angeordnet sein. Beim Ausspülen eines schweren durch
ein leichtes Gas muß die Konzentrations-Meßstelle vor der Entlüftung an der
Rohrsohle angebracht sein.

3.4 Explosionsfeste Bauweise für den reduzierten


maximalen Explosionsdruck in Verbindung mit Explosionsunterdrückung

3.4.1 Aufbau einer Explosionsunterdrückungsanlage

Explosionsunterdrückungsanlagen [16, 175, 177, 179-186] sind Einrichtun-


gen, die den Aufbau eines unzulässig hohen Druckes bei Brenngas-(Lösungs-
mitteldampf-) und Staubexplosionen in Behältern (die nicht explosionsfest für
den maximalen Explosionsdruck konzipiert wurden) verhindern sollen. Sie be-
3.4 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsunterdrückung 587

wahren den zu schützenden Behälter (die zu schützende Anlage) vor einer Zer-
störung und die im Anlagenbereich befindlichen Personen vor Schaden.
Explosionsunterdrückungsanlagen engen den Wirkungsbereich von Explo-
sionsflammen bereits im Anfangsstadium eines Verbrennungsvorgangs ein.
Hierdurch kann z. B. in Betriebsräumen mit nicht zu vermeidendem überhöh-
tem Staubangebot eine oft zu beobachtende Raumexplosion verhindert wer-
den. Die Explosionsunterdrückung ist wichtig, wenn mit toxischen und die
Umwelt schädigenden Brennstoffen gerechnet wird und daher die Explosions-
druckentlastung nicht angewendet werden kann. Vorausgesetzt wird allerdings,
daß die Explosionskenngrößen für den geschlossenen Behälter (maximaler
Explosionsdruck Pmax), brenngasspezifische bzw. staubspezifische Kenngrö-
ßen KG , KSt ) innerhalb des Anwendungsbereiches solcher Explosionsunter-
drückungsanlagen liegen. Explosionsunterdrückung ist unabhängig vom
Standort der zu schützenden Anlagen möglich. Allerdings ist der Wartungsbe-
darf (Ansprechverhalten der Explosionsdetektoren, Kontrolle des Treibmittel-
drucks in den Löschmittel-Vorratsbehältern und der Elektronik) höher als bei
durch die beiden anderen konstruktiven Schutzmaßnahmen abgesicherten An-
lagen. Dies ist vermutlich der Grund dafür, daß sich diese konstruktive und,
wie noch gezeigt werden wird, sehr effektive Maßnahme nur langsam durch-
setzt, obgleich sie in der Praxis schon häufig ihre Wirksamkeit unter Beweis
gestellt hat.
Explosionsunterdrückungsanlagen (Abb. 2.354) bestehen aus einem die an-
laufende Explosion erkennenden Detektorsystem und den unter Druck stehen-
den Löschmittelbehältern, deren Schnellöffnungsventile durch das Detektorsy-
stem über eine Steuer- und Überwachungszentrale betätigt werden. Der Lösch-
mittelinhalt wird in möglichst kurzer Zeit in den zu schützenden Behälter ent-
leert und der zu erwartende maximale Explosionsdruck Pmax bei optimalen
Konzentrationsbedingungen deutlich auf einen reduzierten maximalen Explo-
sionsdruck Pred,max vermindert (Abb. 2.355).

EXplosions-Detektoren

Steuer- u. Oberwachungszentral
mit Stromversorgung u. Batterie

Abb. 2.354. Aufbau einer Explosionsunterdrückungsanlage


588 3 Konstruktiver Explosionsschutz

p = Ansprechdruck des
A Unterdrückungssystems
<-
cl
..0

x
u
::;)
<-
"'0
VJ
c: normaler Explosionsablauf
o
"Vi
o
Ci
Jj

--~-
Zeit t.
unterdrückter [ms]
Explosionsablauf

Abb. 2.355. Zeitlicher Druckverlauf einer normal ablaufenden und einer "unterdrückten"
Explosion in einem Behälter

Explosionsunterdrückungsanlagen überwachen sich selbst und behalten bei


Netzausfall über einen bestimmten Zeitraum ihre Funktionsfähigkeit bei. Die
Steuer- und Überwachungszentrale hat folgende Aufgaben:
Inbetriebnahme der gesamten Explosionsunterdrückungsanlage,
Notabschaltung der durch Explosionsunterdrückung abgesicherten Fabri-
kationsanlage im Explosionsfall,
Stromversorgung über das Netz bzw. über eine Notstrombatterie,
Ladungskontrolle der Notstrombatterie,
Prüfung der externen Verdrahtung einschließlich Erdschlußkontrolle der
Stromkreise,
automatischer Fehlalarm,
optischer und akustischer Alarm bei Auslösung des Explosionsunter-
drückungssystems und
Überwachung der Explosionsdetektoren auf Funktionsfähigkeit.

3.4.2 Wirkungsweise von Explosionsunterdrückungsanlagen

Explosionsunterdrückungsanlagen wurden während des zweiten Weltkrieges in


England entwickelt. Abbildung 2.356 zeigt die historische Darstellung eines
solchen Systems.
Sogenannte "halbkugelförmige Unterdrücker" (Volumen 0,5 - 51) standen
für die Unterdrückung von Brenngasexplosionen zur Absicherung von kleinen
Behältervolumina zur Verfügung (Abb. 2.357). Durch den Abbrand eines pyro-
technischen Satzes wird durch die in der Halbkugel erzeugte Hochdruck-
schockwelle die Sollbruchstelle geöffnet und das im allgemeinen flüssige
Löschmittel (Monochlormonobrommethan, ein Vertreter der halogenisierten
3.4 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsunterdrückung 589

EIN TY~ I SC:HEI\ Ztl( :4S Milln eJeundtn


I OOO ·CALLON!N·8 EHXL TEil OrlJck : O,06J cUü

ZONDUNC Zell · SO M,IIIsekunden


Ztil 0 M,II,ukuAdtn
Oruck ' 0.091 ort;
Druck ; 0.00 cU"

ANS~IIEC:HEN DU DETEKTOIIS
Zft' J5 M,II, seJu,,"k1t n ZeH 55 M,II's elcundf' '''
Oruck 0,1155 O(cl
Orudt · 0.01 4 "cU:

IECIHN 0111 UHTIIIOIIOC:KUHC UNTEIIOIIOC:KUNC aUNOIT


Zelt 40 M, lIlSdund ~ n Zel( 60 M.II.'dundtn
Oruck 0.0385 atu Oruck 0.1 " Alu

Abb. 2.356. Historische Darstellung der Wirksamkeit einer Explosionsunterdrückungs-


anlage

Kohlenwasserstoffe) in kurzer Zeit verteilt. Solche Unterdrücker sind im In-


nern des zu schützenden Behälters angeordnet. Voraussetzung für eine gute
Wirksamkeit ist eine gegenüber der Verbrennungsgeschwindigkeit deutlich hö-
here Ausbreitungsgeschwindigkeit der Löschmittelwolke.
Ungefähr im Jahr 1960 stand für die versuchstechnische Erprobung eine au-
ßen am Behälter zu montierende ,,5 l-Schnellausblaseflasche mit Prallblechzer-
stäuber" für die Löschmittelverteilung zur Verfügung (Abb. 2.358). Das 3"-Ven-
til bestand aus einer Berstscheibe mit Sollbruchstelle und der Stickstoff-Treib-
mitteldruck betrug P N2 = 20 bar. Aus Sicherheitsgründen wurde dieses Lösch-
system weiterentwickelt (Abb. 2.359). Der das Löschmittel enthaltende Vorrats-
behälter war gegen das Ventil durch eine dünne Membrane verschlossen. Dar-
unter befand sich ein in Wasser gehaltener Zünder und wiederum eine Berst-
590 3 Konstruktiver Explosionsschutz

a b
Abb. 2.357. Halbkugelförmige Unterdrücker im Betriebszustand und nach dem Ansprechen
(a) sowie Ausbreitung der Löschmittelwolke (b) (zeitlicher Bildabstand: 30 ms)

Abb.2.358. 51-Schnellausblasflasche mit 3"-Ventil und Prallblechzerstä'uber


3.4 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsunterdrückung 591

d ne

se '(

Abb.2.359. 61-Löschmittelbehälter mit 31/-Ventil

scheibe mit Sollbruchstelle. Zu Beginn des Löschvorgangs wurden durch


Aktivierung der Sprengkapsel Membrane und Berstscheibe zerstört. Es konnte
bis zu einem Stickstoff-Theibmitteldruck von PN2 = 40 bar gearbeitet werden.
Die Energie des Zünders mußte allerdings, dies haben die Versuchsergebnisse
gezeigt, verstärkt werden (Abb. 2.360), damit die Berstscheibe voll öffnet und
die Unterdrückungsfähigkeit dieses Systems verbessert wird.

Abb. 2.360. Geöffnete Berstscheiben des Löschmittelbehälters gemäß Abb. 2.359 bei schwa-
cher Initiierung (links) und starker Initiierung (rechts)
592 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb. 2.361. 5l-Löschmittelbehälter mit Abb.2.362. 5l-Löschmittelbehälter mit zwei


sprengschnurbetätigtem 3"-Ventil sprengkapsel betätigten 3/ 4"-Ventilen

Die Entwicklung endete zunächst mit dem 5 I-Löschmittelbehälter mit


sprengschnurbetätigtem 3"-Ventil mit einem Stickstoffdruck von maximal
PN2 = 60 bar (Abb.2.361).
Zur ungefähr gleichen Zeit stand für die Versuchsfelderprobung auch ein 5 1-
Löschmittel-Vorratsbehälter mit Steigrohr und zwei sprengkapsel betätigten
3/4"-Ventilen (Abb.2.362) zur Verfügung.
Beide Löschmittelbehälter erfüllen die geltenden Vorschriften bzw. Regeln
der Technik. Das 3"-System wird bis zu einem Treibmitteldruck von P N2 =
60 bar, das 3/4"-System bis zu einem solchen von P N2 = 120 bar betrieben.
Die den anlaufenden Explosionsvorgang erkennenden und den Unter-
drückungsvorgang in einem Behälter auslösenden Explosionsdetektoren
(Abb. 2.354) müssen weitgehend trägheitslos dem zeitlichen Druckverlauf einer
Explosion folgen. Man unterscheidet drei Arten:
1. thermoelektrische Detektoren,
2. optische Detektoren und
3. Druckdetektoren.
Thermoelektrische Detektoren scheiden im allgemeinen aus, weil sie auf direk-
te Wärmeübertragung durch die heißen Verbrennungsgase ansprechen. Sie
könnten selbst bei hoher Ansprechempfindlichkeit nur dann wirksam sein,
wenn sie im Bereich der Zündquelle lägen, ein Ort, der meist unbekannt ist.
3.4 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsunterdrückung 593

Abstand Flammenmetder _ Zündquelle: 500mm


[~J'-------------~--------------~
-+Pex= 0,8 bar

~
,~N 300~------------~------~~----~

~
.2'
GI

~
.oL-------------~--------------~
o 500
Staubkonzentration

Abb. 2.363. Anzeigeverzögerung optischer FlammenrneIder bei Staubexplosionen


in einem 1 m3-Behälter

Bei Anwendung von optischen Detektoren ist speziell im Hinblick auf Staubex-
plosionen zu beachten, daß die Staubwolke zwischen der Einbaustelle des De-
tektors und der Zündquelle durch Strahlungsabsorption zu erheblichen Melde-
verzögerungen führt. Wie Abb. 2.363 zeigt, treten bei höheren Staubkonzentra-
tionen in Abhängigkeit von der Absorptionsfähigkeit des Staubes so hohe An-
zeigeverzögerungen zwischen dem Wirksamwerden der Zündquelle und dem
Erkennen der Explosion auf, daß bei Cellulose die Explosionsunterdrückung
erst eingeleitet werden kann, wenn der Explosionsdruck im Behälter bereits
Pex ::::: 0,8 bar beträgt, im Fall von Lykopodium sogar erst, wenn der Explo-
sionsdruck Pex ::::: 1,8 bar erreicht hat.
Wie gezeigt wird, ist hier eine wirksame Unterdrückung der Explosion nicht
mehr möglich. Eine zusätzliche Unsicherheit ist durch die betrieblich bedingte
Verschmutzungsgefahr der aktiven Oberfläche der optischen Detektoren gege-
ben, die die Meldeverzögerung zusätzlich heraufsetzen kann. Solche Detekto-
ren sind daher problematisch.
Da sich der Explosionsdruck einer anlaufenden Explosion im Behälter all-
seitig und gleichmäßig mit Schallgeschwindigkeit ausbreitet, ist der Druckde-
tektor am geeignetsten. Solche Membran-Detektoren (Abb. 2.364, oben) regi-
strieren mit hinreichender Sicherheit eine anlaufende Explosion und geben in
Verbindung mit der Melde- und Steuereinheit den Zündimpuls für die Betäti-
gung der Ventile des Löschmittelbehälters. Membrandetektoren haben sich in
der Industriepraxis bereits hinreichend bewährt.
Auch piezoelektrische, piezoresistive Detektoren sowie Detektoren auf
DMS-Basis mit relativ kleinen aktiven Oberflächen (Abb.2.364, unten) sind
bereits mit entsprechenden Verstärkereinheiten in der Industriepraxis erprobt
worden [185-187].
Während es bei den bisher verwendeten Systemen nur möglich war, unab-
hängig von der Schnelligkeit des Druckanstiegs, Druckwerte beim Überschrei-
ten des Grenzwertes zu erfassen, kann heute auch der zeitliche Druckanstieg
594 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb.2.364. Druckdetektoren für die Auslösung von Explosions-


unterdrückungsanordnungen

einer Explosion selbst als Auslösekriterium verwendet werden [188 -190]. Dies
ermöglicht Selektierung der in den zu schützenden Behältern auftretenden
Druckverläufe. Durch die logische Verknüpfung beider Auslösekriterien
(Druck mit zeitlichem Druckanstieg) in der Auswerteelektronik ist es möglich,
die Art der auftretenden Druckäußerung selbständig zu erkennen und einen
automatischen Entscheid darüber zu treffen, ob ein Löschvorgang eingeleitet
3.4 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsunterdrückung 595

werden muß oder nicht. Hierdurch wird die Möglichkeit von Fehlauslösungen,
z. B. durch betriebliche Druckschwankungen oder Fahren gegen einen Schie-
ber, weitgehend eingeschränkt.
Die Detektoren müssen, hierauf sei nochmals ausdrücklich hingewiesen,
dem zeitlichen Druckverlauf der Explosion unter Temperatureinfluß trägheits-
los folgen und den Unterdrückungsvorgang im ms-Bereich einleiten. Andern-
falls kann es zu einem verminderten Löschvorgang oder zum verspäteten An-
sprechen eventueller explosionstechnischer Entkopplungsmaßnahmen kom-
men. Aus der Prüfpraxis gewinnt man zeitweilig den Eindruck, daß nicht obige
Forderung, sondern der Wunsch nach dem Einsatz in explosionsgefährdeten
Bereichen Vorrang hat.
Die den Explosionsunterdrückungsvorgang auslösenden Druckdetektoren
müssen gegenüber dem Behältergut und vor allem gegenüber äußeren Einflüs-
sen (Stöße, Vibrationen) unempfindlich sein. Deshalb werden sie üblicherweise
in Duoschaltung eingesetzt, d.h. zwei um 90 0 versetzte Detektoren müssen
gleichzeitig den Auslösedruck für das Unterdrückungssystem erreichen, der
ferner überprüfbar sein sollte. Die Detektorsysteme müssen außerdem beim
Arbeiten im Schutzbereich außer Betrieb gesetzt und gegenüber Auslösung ge-
sichert werden können.
Bei der Projektierung von Explosionsunterdrückungsanlagen für den Behäl-
terschutz geht es im wesentlichen um die Frage nach dem wirksamsten Lösch-
mittel für die Unterdrückung von Brennstoffexplosionen.
Grundsätzlich besteht der in Abb. 2.365 gezeigte Zusammenhang zwischen
dem Ansprechdruck PA des Unterdrückungs systems und dem reduzierten ma-
ximalen Explosionsdruck Pred,max' demjenigen Explosionsdruck, der sich un-
ter optimalen Konzentrationsbedingungen für einen Brennstoff nach dem
Wirksamwerden eines Explosionsunterdrückungssystems im zu schützenden
Behälter einstellt. Steigender Ansprechdruck PA bedingt daher auch eine Zu-
nahme des reduzierten maximalen Druckwertes Pred,max' Ein Löschmittel ist
daher als besonders gut zu bezeichnen, wenn eine Anhebung des Ansprech-

[bar)

weniger gut
4 wirkendes
" löschmiHr!!

~~
~ "" I
gut wirkendes
___ ~~" ~ löschmitll!l
~------

0,1 0,2 0,3 Q4 [bar)

Ansprechdruck PA
Abb. 2.365. Wirksamkeit von Löschmitteln für Explosionsunterdrückungsanlagen
596 3 Konstruktiver Explosionsschutz

drucks des Explosionsunterdrückungssystems eine möglichst geringe Zunahme


des reduzierten maximalen Explosionsdrucks gegenübersteht. Nur Löschmittel
mit der besten Wirksamkeit erfüllen diese Forderung. Eine Explosion ist im
allgemeinen als erfolgreich unterdrückt anzusehen, wenn es gelingt, den maxi-
malen Explosionsdruck Pmax bei einem Ansprechdruck PA = 0,1 bar auf einen
reduzierten maximalen Explosionsdruck von Pred,max < 1 bar zu vermindern.
Dies bedeutet, daß Behälter und Apparate, die durch Explosionsunter-
drückung geschützt werden, im Sinne der Ausführungen von 3.1 explosionsfest
für einen Überdruck in der Größenordnung von 1 bar zu bauen sind.
Als Löschmittel finden allgemein in der Praxis Anwendung:
halogenierte Kohlenwasserstoffe,
- Wasser und
- pulverförmige Löschmittel.
Über ihre hemmende Wirkung auf den Explosionsvorgang wurde bereits im
Kap. 2.3.1 berichtet.
Für die Versuche zur Bestimmung der Unterdrückungsfähigkeit verschiede-
ner Löschmittel standen in der Frühzeit (1965) noch keine Druckdetektoren
ausreichender Festigkeit mit einstellbarem Ansprechdruck zur Verfügung. Da-
her erfolgte die Löschmitteleingabe aus einem 51-Löschmittelbehälter mit ei-
nem sprengkapsel betätigten Ventil bei einem Stickstoff-Treibmitteldruck von
P N2 = 60 bar (Abb.2.362) konstant 100 ms nach dem Wirksamwerden der
Zündquelle in ein Herbizid-Staub/Luft-Gemisch optimaler Konzentration im
1 m 3-Behälter bei systematischer Veränderung der Löschmittelmenge und
-verteilungsanordnung (Abb.2.366 und 2.367, links) [191].
Halon (Monochlormonobrommethan) erwies sich als "unterdrückungsun-
wirksam". Der reduzierte maximale Explosionsdruck wird sogar gegenüber
dem maximalen Explosionsdruck, unabhängig von der Löschmittelmenge, an-
gehoben.
Das Löschpulver Tropolar auf der Basis von Ammonphosphat hatte nur ei-
ne geringe Wirksamkeit, wenn es über die Fächerdüse verteilt wurde. Sie war
deutlich günstiger, wenn der Austrag über die geschlitzte Kugeldüse erfolgte

a b
Abb.2.366. Löschmiuelverteilungsanordnungen für Unterdrückungsanordnungen.
a Fächerdüse, b geschlitzte Kugeldüse
3.4 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsunterdrückung 597

[bar]

---~---~---~---~---
x
o
E

7,5

5,0
.-.
~ D._D. ___ D. ___ D. __

o-o~
"
cf: Tropolar ~.
o Kugeld.4mm Bohr.o~
2,5 .Kugeld.5mm Bohr. ~o
D. Facherdüse ".

~ Halon: Kugeldüse
~__ 4 mm Bohrung

.-.
~--
D._D._!:::::::! __
0-0,"-
..........•
60
",",0_ ....-:;
• 0
30 Löschmitteleingabe ' - - .
100 ms nach 7
OL-__~__~__~__~__~
o 2 3 4 [kgJ o 50 100 150 200 [msJ
Löschmittelmenge Löschmitteleingabe nach 1
Abb.2.367. Einfluß der Löschmittelart, -menge, und -verteilungsanordnung auf die Unter-
drückungsfähigkeit im 1 m3-Behälter (Herbizid-Staub/Luft-Gemisch optimaler Konzentra-
tion) (Versuche 1965)

und 4 kg Löschpulver im Vorratsbehälter enthalten waren. Größere Löschmit-


telmengen (5 kg) verschlechterten den Löscheffekt zu folge der zu geringen
Menge an Treibmittel.
Auch Wasser erwies sich als günstig, wenn es über eine sogenannte "Lechler-
düse" ausgebracht wurde.
In einem weiteren Schritt (Abb.2.367, rechts) wurden die Löschmittel Ge-
weils 4 kg) in bestimmten Zeitabständen nach dem Wirksamwerden der Zünd-
quelle ins Staub/Luft-Gemisch in den 1 m 3-Behälter eingegeben, und zwar aus
einem 51-Löschmittelbehälter mit zwei 3/4"-Ventilen zur Verbesserung der Un-
terdrückung. Bis zu 50 ms nach Aktivierung der Zündquelle war das Unter-
drückungssystem voll wirksam, d.h. eine Druckwirkung der Explosion war
nicht festzustellen. Wurden die Löschmittel zu einem späteren Zeitpunkt einge-
geben, dann zeigte sich deutlich ihre Unterdrückungsfähigkeit, die sich in der
Reihenfolge
Halon --+ Wasser -+ Tropolar
zusehends verbesserte.
Aufgrund dieser Untersuchungsergebnisse wurde sowohl für das 3/4"-Sy-
stem als auch für das 3"-System eine Löschmittelmenge von 4 kg je 51-Lösch-
mittelbehälter festgesetzt, die über Kugeldüsen auszutragen ist.
598 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Obiges Untersuchungsergebnis wurde durch Unterdrückungsversuche im


1 m 3-Behälter mit Kohlenstaub (Abb.2.368, links) und Methan (Abb.2.368,
rechts) bestätigt. Der Eintrag des Löschmittels geschah bei verschiedenen An-
sprechdrücken PA eines entsprechend eingestellten Druckdetektors.
Mit Halon (und auch mit anderen halogenierten Kohlenwasserstoffen, z. B.
Halon 1211) gelang sowohl mit dem 3/4"-System als auch mit dem 3"-System
die Unterdrückung von Kohlenstaubexplosionen und im ruhenden Zustand
entzündeten Methan/Luft-Gemischen (gekennzeichnet durch niedrige redu-
zierte maximale Explosionskenngrößen) nur bei geringem Ansprechdruck.
Wird das Halon verspätet, d.h. bei einem überhöhten Ansprechdruck in den
1 m 3-Behälter eingegeben, so kann die Explosion sehr viel heftiger werden
und sich auch eine höhere Druckwirkung einstellen als ohne Unterdrückungs-
system. Aber selbst bei sehr niedrigem Ansprechdruck ist eine wirksame Un-
terdrückung nicht gesichert. Diese Aussage gründet sich auf Versuche zur Un-
terdrückung von Propanexplosionen bei stöchiometrischer Zusammensetzung
des im ruhenden Zustand entzündeten Propan/Luft-Gemisches in einer
60 m3-Kammer mit einer Funkenstrecke (E ca. 10 J) als Zündquelle. Die Kam-
mer war aus Sicherheitsgründen mit einer Entlastungsfläche (F = 4 m2) verse-
hen, die mit Berstscheiben und einem statischen Ansprechdruck von
Pstat = 0,5 bar verschlossen war. Das Halon (Chlorbrommethan) wurde in drei
Kugelvorratsbehältern zu je 60 kg (Abb. 2.369, oben) bereitgestellt. Der An-
sprechdruck des Unterdrückungssystems betrug PA = 0,05 bar. Bei diesem

[bar]
31-
x
c
E
,; 2-
~ "
1-

x
3/ 4 0

Kohlenstaub
_systemj
E 37.5 Kst=84 bar o m's-1

/
,;
__~ 25
0.1 ....
"C"C
- - 12,5 ~ --~
__ / '%
e __
"e, / "
o~~~~ __~__~~~
o 0,2 0,4 0,6 0,8 [bar] o 0,1 0,2 0,3 0,4 [bar]
Ansprechdruck PA des Unterdrückungssystems
Abb.2.368. Einfluß der Löschmittelart und des Theibmitteldruckes PN2 auf die Wirksam-
keit von Unterdrückungssystemen (V = 1 m3, 4 kg Löschmittel)
3.4 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsunterdrückung 599

Abb.2.369. Folgen eines Halon-Unterdrückungsversuches einer Propanexplosion


in einer 60 m3-Kammer (Kugelvorratsbehälter mit 3"-Ventil für 60 kg Halon)

Versuch zeigte sich das Halon nicht nur als unwirksam (es stellte sich der durch
die Entlastungseinrichtung bedingte, volle reduzierte maximale Explosions-
druck in der 60 m 3-Kammer ein), sondern es zersetzte sich außerhalb im Be-
reich der Entlastungsöffnung (Abb. 2.369, unten) und führte zu schweren
Druckschäden in der Umgebung. Eine wirksame Unterdrückung von Staub-
explosionen mittlerer Explosionsheftigkeit gelang in dem vorgegebenen Volu-
men ebenfalls nicht.
Die beschriebenen negativen halonspezifischen, weniger von der Art des Ha-
lons abhängigen Eigenschaften lassen die Anordnung von Explosionsunter-
drückungsanlagen auf Halonbasis in der Praxis problematisch erscheinen. Aus
heutiger Sicht sollte sie aus Umweltschutzgründen völlig unterbleiben.
600 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Löschpulver auf Ammonphosphat-Basis (Abb.2.368) haben gegenüber an-


deren Löschpulvern (Natriumbicarbonat, Kaliumsulfat, Natriumchlorid) im
allgemeinen die beste Unterdrückungsfähigkeit. Die Fluorverbindungen des
Aluminiums, Magnesiums und Kaliums haben allerdings eine ähnliche Lö-
schwirksamkeit, nicht hingegen die entsprechenden Bariumverbindungen.
Werden solche pulvrigen Löschmittel angewendet, dann besteht hinsichtlich
des Ansprechdruckes und damit des Auslösezeitpunktes des Explosionsunter-
drückungssystems ein sehr viel größerer Spielraum als bei Halon. 1Totz glei-
cher Basis können Löschpulver unterschiedlich wirksam sein [192]. Daher ist
die Eignung eines vorgesehenen Löschmittels für einen vorgegebenen Anwen-
dungsfall durch Explosionsunterdrückungsversuche nach einem vereinbarten
und genormten Verfahren [193] in einem hinreichend großen explosionsfesten
Behälter (V> 1 m3) grundsätzlich nachzuweisen.
Für beide Unterdrückungssysteme (Abb.2.361 u. 2.362) gilt (Abb.2.368),
daß mit steigendem Stickstoff-1Teibmitteldruck die reduzierten maximalen Ex-
plosionskenngrößen deutlich herabgesetzt werden, d.h. ihre Löschwirksamkeit
verbessert sich. Unter der Voraussetzung, daß in beiden Löschmittelbehältern
jeweils 4 kg Löschmittel enthaken sind, beträgt der 1Teibmitteldruck beim
3/4"-System: PN2 = 120 bar,
- 3"-System: PN2 = 60 bar.

Unter diesen Bedingungen (Abb.2.370) ist im 1 m3-Behälter die Unter-


drückungsfähigkeit im Rahmen der Untersuchungsgenauigkeit unabhängig
von der Systemart.
Bedingt durch die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Löschpulverwolke von
einigen 10 m/s haben hinsichtlich der zu erwartenden Explosionsheftigkeit ei-
nes Brennstoff/Luft-Gemisches Explosionsunterdrückungsanordnungen An-
wendungsgrenzen.
Die diesbezüglich vor mehr als 20 Jahren erhaltenen Untersuchungsergeb-
nisse von systematischen Unterdrückungsversuchen in einem 20 m3-Behälter
(Abb.2.371) mit Brenngasen und brennbaren Stäuben verschiedener Explo-
sionsheftigkeit sind heute noch gültig.
Abbildung 2.372 zeigt für brennbare Stäube (oben) und Brenngase (unten)
den Zusammenhang zwischen dem reduzierten Explosionsdruck Pred,max nach
beendeter Unterdrückung und dem Ansprechdruck PA des 3/4"-Systems.
Danach wird es, unabhängig von der Brennstoffart, trotz Bereitstellung grö-
ßerer Mengen des günstigsten Löschpulvers mit steigendem Wert für die staub-
bzw. gas spezifische Kenngröße immer schwieriger, die Explosion erfolgreich zu
unterdrücken, wenn man hierunter eine Herabsetzung des maximalen Explo-
sionsdruckes Pmax unter Pred,max = 1 bar versteht. Das 3"-System verhielt sich
ähnlich, hatte aber bei überhöhtem Ansprechdruck eine etwas bessere Lösch-
wirksamkeit. Aufgrund dessen können Unterdrückungssysteme nur dann
wirksam für den Schutz von Behältern eingesetzt werden, wenn
bei einem maximalen Explosionsdruck von Pmax ~ 10 bar die staubspezifi-
sche Kenngröße homogener Staub/Luft-Gemische KSt ~ 300 bar· m . S-1
ist,
3.4 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsunterdrückung 601

a b
Abb.2.370. Löschpulverausstoß (4 kg) aus den Explosionsunterdrückungsanordnungen
80 ms nach Ventilbetätigung. a 3"-System, PN2 = 60 bar; b 3/ 4"-System, PN2 = 120 bar

und wenn
bei im ruhenden Zustand entzündeten Brenngas/Luft-Gemischen die gas-
spezifische Kenngröße nicht größer ist als Ko = 100 bar' m . s - 1 (Propan,
Lösungsmitteldämpfe).
Staubexplosionen lassen sich daher leichter unterdrücken als Brenngasexplo-
sionen.
Brennstoffexplosionen von einer der genannten Anwendungsgrenzen über-
schreitenden Explosionsheftigkeit lassen sich in Behältern über den gesamten
Konzentrationsbereich nicht mehr wirksam unterdrücken (Abb. 2.373). Allen-
falls können die Schutzsysteme im Bereich der unteren (und auch der oberen)
Explosionsgrenzen einschränkend eingesetzt werden, und zwar bis zu Konzen-
trationen, deren Kenngrößen ungefähr den Anwendungsgrenzen entsprechen.
602 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb.2.371. 20 m3-Behälter für Unterdrückungsversuche vorbereitet

[bar] Norm- .0. 10 LM-Behölter:


verfahre; Ksi300 bar. m. S-1
4 o 8 LM-Behölter:
K =200 bar. m. S-1
SI
x /
o 3
E .0. 0
,;
a:" 2 /0/ / 0 6 LM-Behölter:
/~
) /' K =85 bar.m.s-1

0--
t:i. 0 SI
-- -----;/-----------------
o 0
OL-__-L__ ____L __ _~

J
~

[ bar] 10 LM-Behölter: 8 LM-Behölter:


4 Kc =140 bar.m 'S- 1 0 Kc =100 bar.m.s- 1

im ruhenden
x Zustand
E
o 3 entzündet
,;
cf 2 o
/ 6 LM-Behölter:
------oa-----:o-L~~~':'-~~- bar· m· s-1
0 .......... 0 - -
o~
OL-__ ~ ___L_ __L_ _ ~

o 0,25 0,50 0, 75 [bar]


Ansprechdruck PA
Abb.2.372. Wirksamkeit des 3/4"-Unterdrückungssystems gegenüber Staub- (oben) und
Brenngas-Explosionen (unten) im 20 m 3-Behälter (Löschpulver)
3.4 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsunterdrückung 603

bar]
Stadtgas:
KG=140 bar. m. s-1
o ohne Unterdrückung
9 • mit Unterdrückung:
p Sial =0,1 bar=konst.

-1
·s

250 500
Brenngas-Konzentration Staubkonzentration

Abb.2.373. Unterdrückung von Brennstoff-Explosionen außerhalb des Anwendungsberei-


ches von Unterdrückungsanordnungen (V = 1 m3, 3/4"-System)

Da man es in der Industriepraxis häufig mit bewegten, d.h. turbulenten


Brenngas/Luft-Gemischen zu tun hat, ist es zwingend notwendig, den Einfluß
zu beachten, den die Turbulenz der Brenngas/Luft-Gemische beim Wirksam-
werden der Zündquelle auf den Unterdrückungseffekt nimmt. Es ist bekannt
(Abb. 1.49 u. 1.50), daß hierdurch die Explosionskenngrößen, speziell die Ex-
plosionsheftigkeit und damit die gasspezifische Kenngröße Ko , mehr oder we-
niger angehoben werden.
Die Angaben von Abb. 2.374 beruhen auf der Anwendung des Normverfah-
rens [31] für brennbare Stäube auf Brenngasuntersuchungen: Vorgabe eines
Brenngas/Luft-Gemisches gleicher Konzentration im 1 m3-Behälter und 51-
Vorratsbehälter mit Spreng-Ventil unter einem Vordruck von 20 bar. Nach Ven-
tilbetätigung entspricht eine Zündverzögerungszeit von
ty = 0,3 s hoher Gemischturbulenz,
- t y = 0,6 s mittlerer Gemischturbulenz und
- ty = 1,2 s geringer Gemischturbulenz.
Wie man erkennt, ist eine Unterdrückung (PA = 0,1 bar, Pred,max ~ 1 bar) eben
noch möglich, wenn die gasspezifische Kenngröße Ko des turbulenten Gemi-
sches ohne Unterdrückung Ko = 200 bar' m . s -1 nicht übersteigt. Dies ist ein
erneuter Beweis dafür, daß Brenngasexplosionen schwieriger unterdrückbar
sind als Staubexplosionen. Die Explosionsunterdrückung kann also zum
Schutz von Behältern nur dann angewendet werden, wenn Methan/Luft-Gemi-
sche geringer und mittlerer Turbulenz oder Propan/Luft-Gemische geringer
Turbulenz vorliegen.
Bei der Projektierung von Explosionsunterdrückungsanlagen für den Behäl-
terschutz geht es im wesentlichen um die Beantwortung der Frage: Wie groß
ist der bereitzustellende Löschmittelbedarf (die bereitzustellende Löschmittel-
menge), um die Explosionen eines vorgegebenen Brennstoffs in einem be-
stimmten Behältervolumen wirksam zu unterdrücken? Die Beantwortung die-
604 3 Konstruktiver Explosionsschutz

[bar) [bar) r----------,


+-- I
- - - + .........-.J ohne Unlenlrückung

äE ~
i 5 "0'
11
E 5 1---\-----:;i;~::-L7l
IL.- IL.-

o L -_ _ _ _ _ _ _ _....J milUnterdrückung
o~------------~ PA' 0,1 bar
Iballn.s1j .-....,~!---- .........
-"-.- - - ,
• •..,....
Löschpulver, Amrnon •
phosphat

."
+ Methan
(KG)ruhend=55bar.rnil (KGJ ruhend =75 barmil

-
~ 250 t---~-----1
t=
~ 250 1---\----0>"<;:-----1
'cl 200
I
Cl 200
~ ~

o L _ _ _-=:!t:::::::J
hoch mittel gering hoch mittel gering
Turbulenzgrad der Brenngas/Luft-Gemische

Abb. 2.374. Explosionsunterdrückung turbulenter Methan- und Propan/Luft-Gemische


(V= 10m3 , E= 1OJ)

ser Frage ist aufgrund der Ergebnisse von systematischen Versuchen mit im ru-
henden Zustand entzündeten Methan- bzw. Propan/Luft-Gemischen und
brennbaren Stäuben der Staubexplosionsklasse St 1 und St 2 in Behältervolu-
men von V = 1 - 60 m 3 unter der Voraussetzung möglich, daß
5 I-Vorratsbehälter unter den angegebenen Stickstoff-Treibmitteldrücken
stehen und
das jeweils günstigste Löschpulver (4 kg) angewendet wird.
Beispielhafte Untersuchungsergebnisse zeigt Abb. 2.375.
Die Anzahl der für eine Unterdrückung notwendigen Löschmittelbehälter
(der Löschmittelbedart) verändert sich also nicht proportional zum Behälter-
volumen V, sondern wird durch das Kubische Gesetz bestimmt, und es gilt
z = k'V2/ 3
Der Faktor k ist eine auf ein zu schützendes Volumen von V = 1 m 3 bezogene
fiktive Anzahl an Löschmittelvorratsbehältern. Er ist grundSätzlich abhängig
(im Falle der 51-Löschmittelbehälter unabhängig) vom Unterdrückungssystem
und wird vor allem von der gas- bzw. staub spezifischen Kenngröße beeinflußt.
Angaben macht Thbelle 2.33.
Die gemäß Thbelle 2.33 für ein vorgegebenes Behältervolumen errechnete
Anzahl z der Löschmittelbehälter ist grundsätzlich nach oben aufzurunden.
3.4 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsunterdrückung 605

100

so ~! 1 111 1

=
Brennbare Stäube: KSt 200 ba,rns1} p. _01 b P. 1bar
.cl =
Brenngas Propan: KG 100baJ:rns-1 "A-' ar, red·
:a.c 2S
.,
.n
e'" ~
~ 10 /
~\OB.Vt
I

'":ü
"0
N
:c e./
y
" 2.5

V
N
c: /'
<i

10

Behältervolumen V

Abb.2.375. Löschmittelbedarf bei Explosionsunterdrückung von Propan und St 1-Stäuben


in Behältern von unterschiedlicher Größe (Löschpulver)

Sie sind möglichst gleichmäßig auf der Oberfläche des zu schützenden Behäl-
ters zu verteilen, dessen Festigkeit mindestens p = 1 bar betragen muß. Ist sie
höher, dann kann bei Kenntnis des Zusammenhangs zwischen reduziertem ma-
ximalem Druckwert und Ansprechdruck dieser über PA = 0,1 bar hinaus an-
gehoben werden.
Es wurde bereits darauf hingewiesen (Abb. 1.35 u. 1.36), daß in Volumina
V> 1 m3 der zeitliche Druckanstieg von Propanexplosionen bei Optimalkon-
zentration anomal angehoben wird. Die Folge ist eine überhöhte gasspezifische
Kenngröße Ko . Abbildung 2.376 erklärt, warum sich trotzdem Propanexplo-
sionen leichter als Explosionen der Staubexplosionsklasse St 2 unterdrücken
lassen.
Während die Druckentwicklung im Falle der turbulent entzündeten Staub/
Luft-Gemische sehr rasch nach dem Wirksamwerden der Zündquelle einsetzt,
geschieht dies bei im ruhenden Zustand entzündeten Propan/Luft-Gemischen
erst zu einem deutlich verspäteten Zeitpunkt. Weil das Explosionsunter-
drückungssystem zufolge des geringen Ansprechdruckes (PA = 0,1 bar) sehr
frühzeitig in den Verbrennungsablauf eingreift, kann es zu den vorerwähnten
überhöhten Druckanstiegsraten gar nicht erst kommen.

Tabelle 2.33. k-Faktoren für die Berechnung der Anzahl z


der 5-I-Löschmittelbehälter in Abhängigkeit von der Brenn-
stoffart

Brennstoff

Methan 0,81
Propan, Lösungsmitteldämpfe 1,08
Stäube: Staubexplosionsklasse St1 1,08
Stäube: Staubexplosionsklasse St2 1,40
606 3 Konstruktiver Explosionsschutz

1
-'-
CI
.0
10

5
x
a..OJ
0
0 0.5
Zeit t
Abb. 2.376. Zeitlicher Druckverlauf von turbulent entzündeten Staub/Luft- und im ruhen-
den Zustand entzündeten Propan/Luft-Gemisch im geschlossenen 25 m3-Behälter

Methanexplosionen bei mittlerer Gemischturbulenz und Propanexplosionen


bei niedriger Gemischturbulenz (Abb. 2.374) entsprechen hingegen dem zeitli-
chen Druckverlauf von Stäuben der Staubexplosionsklasse St 2, deren k-Faktor
daher für die Berechnung des Löschmittelbedarfs turbulenter Brenngas/Luft-
Gemische in obige Gleichung einzusetzen ist. Explosionen hybrider Gemische
(Abb. 1.241) können nur dann wirksam unterdrückt werden, wenn der Gehalt
an Brenngasen (Lösungsmitteldämpfen) in der Verbrennungsluft bei Stäuben
der Staubexplosionsklasse St 1 50070 und der Staubexplosionsklasse St 2 25%
der unteren Explosionsgrenze gesichert nicht überschreitet.
Ist, wie z. B. in der Zerstäubertechnik, nur mit teilweiser Befüllung der zu
schützenden Apparatur mit explosionsfähigem Staub/Luft-Gemisch (Zerstäu-
berkonus) zu rechnen, kann die Berechnung der für eine Unterdrückung not-
wendigen Löschmittelbehälter auf das explosionsfahige Thilvolumen bezogen
werden. Dies ergaben Untersuchungen [194] mit brennbaren Stäuben im
oberen Grenzbereich der Staubexplosionsklassen St 1 und St 2 bei Optimal-
konzentration in einem 6,5 m 3-Behälter, dessen explosionsfähiges Teilvolumen
durch Einspannen dünner Polyethylen-Folien systematisch verändert wurde
(Abb. 2.377).

5 Versuchsergebnis: ",,,,'
PA =0,1 bar ,,,,'"
4 I- Ammonphosphat,'" ,,"
Pr.d.m~J.bar,'" , ...
3- .... ' ", ...... '
// ","

.,
L.
2-
, ,... ,"'0
.//
"N 1 _'0
, ......
klasse Stl
0 Stoubexplosions-
1-
Rechnung: Z=K V 3
:cc • Staubexplosions-
N
c: OL-__~
I __~klasse
____St2
L -__~ V ~ explosionfähigem Teilvolumen
o
c(
25 50 75 [%]
Befüllungsgrad
Abb.2.377. Unterdrückung von Staubexplosionen bei Befüllung von Thilvolumina mit
explosions fähigem Gemisch optimaler Konzentration (V = 6,5 m3)
3.4 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsunterdrückung 607

Die Verbindungsleitungen zwischen den Schnellöffnungsventilen und den


das Löschmittel im zu schützenden Behälter verteilenden Kugeldüsen müssen
möglichst kurz und ausreichend explosionsfest sein. Sind aus technischen
Gründen, vor allem in Verbindung mit dem 3/4"-Unterdrückungssystem, län-
gere Verbindungsleitungen erforderlich [195], dann wird unter der Vorausset-
zung des günstigsten Löschpulvers zwar bis zu einer Länge von 1000 mm der
Löscheffekt nur relativ gering eingeschränkt (Abb. 2.378), bei Längen, die über

a -- __ ~~ _______-

[bor] r------/
~---,

/-
"
o
E
0,75 1-
-
-g 0,5-
Q.~

O, 25 0 Propen (Im ruh enden Zustend


- en t zündet)
o Steubexplosionsklesse St 1
- Stoub.xplosionsklosse St2
o I I I I

[bar /s]

7,5 l-
c
x
E
-ci
~ 5-
~
Q.I+-'
"0"0
'-----'"
2,51- Abb. 2.378. Einfluß der Schlauchlänge I
zwischen dem 3/4"-Ventil und der Kugel-
düse auf die Unterdrückung von Propan-
0 I I I I
und Staubexplosionen im 2 m 3-Behälter.
0 200 400 600 800 [mmJ a Versuchsanordnung I = 1000 mm,
b Schlauchlänge b Versuchsergebnisse
608 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb.2.379. Schnellkupplung für Schlauchverbindung mit dem 3/4"-Ventil

600 mm hinausgehen, ist jedoch zu empfehlen, die Unterdrückungsfähigkeit


durch Versuche zu prüfen. Außerdem ist die Verwendung von "Schnellkupp-
lungen" (Abb. 2.379) zulässig.
Bei den bisher beschriebenen Explosionsunterdrückungsanordnungen ragt
die das Löschmittel verteilende Kugeldüse in den zu schützenden Raum hinein.
Dies ist in der Praxis häufig unerwünscht, speziell dann, wenn in der betreffen-
den Apparatur bei der Verarbeitung von brennbaren Stäuben des öfteren ein
Produktwechsel vorgenommen wird. In solchen Fällen sind bewegliche Kugel-
düsen, sogenannte Teleskopkugeldüsen (Abb. 2.380), zu empfehlen. Die Kugel-
düse befindet sich zunächst außerhalb des zu schützenden Raumes und ist von
ihm durch eine Membrane getrennt. Bei einer Explosion, d.h. nach dem An-
sprechen der Schnellöffnungsventile des Löschmittelbehälters, schnellt die Dü-
se mittels Treibmitteldruck nach vorn, zerstört die Membrane und der Lösch-
vorgang beginnt. Die Mechanik bedingt eine zeitliche Verzögerung des Beginns
des Explosionsunterdrückungsvorgangs, was eine Erhöhung des reduzierten
maximalen Explosionsdruckes im Behälter, wenn auch im allgemeinen in ei-
nem vertretbaren Maß, zur Folge hat.
Bisher wird die Unterdrückung von bei Normaldruck entzündeten Brenn-
stoff/Luft-Gemischen beschrieben. Zunehmender Vordruck Pv hebt im allge-
meinen die maximalen Explosionskenngrößen von Brenngasen (Abb. 1.46) und
von brennbaren Stäuben (Abb. 1.189) linear an. Die Bekämpfung der zu unter-
drückenden Explosionen wird dadurch zunehmend schwieriger. Abbildung
2.381 zeigt für einen Staub (Osperin-Derivat), der sich allerdings im Hinblick
auf die Abhängigkeit der Explosionsheftigkeit vom Vordruck anomal verhält
(keine Linearität), daß es auch bei überhöhtem Vordruck möglich ist, mit
Löschpulver Explosionen noch wirksam zu unterdrücken. Selbst bei Wasser als
Löschmittel ist noch ein gewisser Löscheffekt zu beobachten.
Insgesamt gesehen müssen jedoch in solchen Fällen die zu schützenden Be-
hälter eine höhere Explosionsfestigkeit (p> 1 bar) haben. In welchem Maße die
Behälterfestigkeit heraufzusetzen ist, muß durch Versuche geklärt werden.
Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß Staubexplosionen in geschlosse-
nen Behältern nur wirksam unterdrückt werden können, wenn (ausgehend vom
3.4 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsunterdrückung 609

Abb.2.380. Thleskopkugeldüsen für die Löschmittelverteilung. a 3/4"-Unterdrückungs-


system, b 3"-Unterdrückungssystem

Normaldruck) die staubspezifische Kenngröße KSt ~ 300 bar· m . s -I ist. Es


stellte sich daher die Frage, ob es möglich ist, Explosionen organischer Peroxi-
de wirksam zu unterdrücken, die bereits oberhalb von 50 oe zur Exothermie
neigen.
Für ein solches Produkt, das durch eine staubspezifische Kenngröße von
Kst = 275 bar·m·s- I (maximaler Explosionsdruck Pmax = 9,0 bar) gekenn-
zeichnet ist, nahm die Unterdrückungsfähigkeit der Löschmittel in der erwarte-
ten Reihenfolge
Ammonphosphat -+ Wasser -+ Kaliumsulfat -+ Halon 1211
ab, eine Unterdrückung gelang jedoch nicht. Selbst im günstigsten Fall betrug
der reduzierte maximale Druck Pred,max = 4,5 bar, und die Explosionsheftig-
keit wurde nur auf ein Drittel jenes Wertes vermindert, der ohne Unterdrük-
kungssystem zu erwarten ist.
610 3 Konstruktiver Explosionsschutz

(bar( (bar) , - - - - - - - - , - - - - - - - - - - - . ,
ohne
Explosionsunterdrückung
~.

E
~ -ci
~ 101------r~~-~ ;. S l - - - - r + - - - - - \

0 0
(bar/s( ( bar/s)

/ '\-
,(
CI Löschmittel :
E Wasser
)(
-ci
CI
E e
100
~Iö ~SO

OL-_ _ _--.J.._ _ __ _
o
v
Vordruck P (absolut)
1

lS
.---- (bar)
Ammonphosphnt - Pulver

Abb.2.381. Einfluß des Vordruckes Pv auf die Unterdrückung von Osperin-Derivat-Staubl


Luft-Gemischen im 1 m3-Behälter (3/4"-Unterdrückungssystem)

Sie gelang erst dann, wenn ein maximaler Explosionsdruck von Pmax = 7,7
bar und eine staubspezifische Kenngröße von Kst = 170 bar' m . s -1 vorgege-
ben war. Der reduzierte maximale Explosionsdruck liegt in solch einem Fall in
der Größenordnung von Pred,max = 1 bar. Entsprechend wird die Explosions-
heftigkeit vermindert. Grundsätzlich können also auch Unterdrückungssyste-
me für die Bekämpfung von Explosionen organischer Peroxide eingesetzt wer-
den. Die Anwendungsgrenze dieser Schutzmaßnahme ist jedoch in diesem Fall
eingeschränkt. Zur Abklärung sind grundsätzlich Versuche in hinreichend gro-
ßen Behältern (z. B. V = 1 m3) notwendig.
Bei Anwendung der bisher beschriebenen Explosionsunterdrückungssyste-
me in Verbindung mit 51-Löschmittelbehältern zum Schutz von Volumina mit
100 oder 200 m 3 Inhalt werden, je nach Größe und Brennstoffart, zwischen 23
und 48 Löschmittelbehälter benötigt. Nicht nur ihre Anzahl, sondern auch die
Montage ist mit nicht unerheblichen Kosten verbunden. Die Hersteller solcher
Unterdrückungsanordnungen machten daher große Anstrengungen, um nicht
nur die Löschwirksamkeit der Systeme zu verbessern, sondern auch die bisheri-
ge Anwendungsgrenze bezüglich des zu schützenden Behältervolumens von
V = 100 m 3 deutlich heraufzusetzen.
Das bisherige 3/4"-System (Abb. 2.362) wurde durch einen 501-Löschmittel-
behälter mit HRD-DN 80-Ventil (Abb. 2.382, oben) ersetzt [196, 201]. Nach Be-
3.4 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsunterdrückung 611

b
Abb.2.382. 501-Löschmittelbehälter mit nachgesetzter Kugeldüse (a) und Ventilzustand vor
und nach Betätigung (b)

tätigung durch einen Druckgasgenerator wird ein Entriegelungskolben zurück-


geschoben und die Ventil klappe freigegeben. Vorteil ist, daß der gesamte Ven-
tilquerschnitt für den Löschmittelausstoß zur Verfügung steht (Abb. 2.382, un-
ten). Eine Kugeldüse (29 Bohrungen von 14 mm Durchmesser) sorgte für die
Löschmittelverteilung.
Das im Löschmittelbehälter enthaltene und unter einem Stickstoff-Treibmit-
teldruck von PN2 = 100 bar stehende Löschpulver (35 kg Ammonphosphat)
war in ca. 0,7 s ausgetragen. Die zunächst sich kugelförmig und anschließend
keilförmig ausbreitende Löschpulverwolke (Abb. 2.383) hatte eine Ausbrei-
tungsgeschwindigkeit von ca. 50 m/s.
612 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb. 2.383. Löschpulverwolke 0,3 s nach Ventilbetätigung

Unterdrückungsversuche mit homogenen Staub/Luft-Gemischen (Normver-


fahren) in einem 25 m 3-Behälter erforderten für eine erfolgreiche Bekämpfung
von
Stäuben im oberen Grenzbereich der Staubexplosionsklasse St 1 zwei 50 1-
Löschmittelbehälter und von
Stäuben im oberen Grenzbereich der Staubexplosionsklasse St 2 vier 501-
Löschmittelbehälter.
Dies bedeutet eine Herabsetzung des k-Faktors für die Berechnung des Lösch-
mittelbedarfs in Abhängigkeit vom Volumen nach dem Kubischen Gesetz ge-
genüber dem herkömmlichen 3/4"-System von k = 1,08 auf k = 0,35 bzw. von
k = 1,4 auf k = 0,47. Die Anzahl der für eine Unterdrückung (PA ~ 0, 1 bar,
Pred,max ~ 1 bar) notwendigen Löschmittelbehälter wird durch das neue Sy-
stem um 68070 bzw. 86% reduziert.
Um die Wirksamkeit des herkömmlichen 3"-Systems (Abb. 2.361) zu verbes-
sern, wurde bei Beibehaltung des sprengschnurbetätigten 3"-Ventils das Volu-
men des Löschmittelbehälters auf 20 (Abb. 2.384) bzw. 45 I (Abb. 2.385) vergrö-
ßert [197-201]. Abbildung 2.386 zeigt das sprengschnurbetätigte 3"-Ventil
nach Aktivierung.
Zur Optimierung beider Systeme wurden zunächst im 10 m3-Behälter und
im 25 m 3-Behälter Unterdrückungsversuche mit homogenen Staub/Luft-Ge-
mischen der Staubexplosionsklassen St 1 und St 2 bei unterschiedlichen Lösch-
pulvermengen (Ammonphosphat) und Stickstoff-Treibmitteldrücken durchge-
führt, aus denen folgende Festlegungen resultieren:
201-Löschmittelbehälter: 16 kg Löschpulver, PN2 = 60 bar
- 451-Löschmittelbehälter: 35 kg Löschpulver, PN2 = 60 bar.
3.4 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsunterdrückung 613

Abb. 2.384. 201-Löschmittelbehälter mit Abb.2.385. 451-LöschmittelbehäIter mit


sprengschnurbetätigtem 3"-Ventil sprengschnurbetätigtem 3"-Ventil

Abb.2.386. Sprengschnurbetätigtes 3"-Ventil nach Aktivierung

Wie aus dem abschließenden Untersuchungsergebnis (Abb. 2.387) zu erkennen


ist, wird zwar durch Vergrößerung der Löschmittelbehälter die für eine erfolg-
reiche Unterdrückung notwendige Anzahl deutlich herabgesetzt, eine weitere
Verbesserung der Wirksamkeit, so war zu vermuten, läßt sich jedoch nur durch
Vergrößerung des Ventilquerschnitts erreichen.
Es wurde daher zu einem 451-Löschmittelbehälter mit einem 51/-Ventil
(Abb.2.388) übergegangen, der mit 35 kg Löschpulver (Ammonphosphat)
be füllt war, das wiederum unter einem Stickstoff-Treibmitteldruck von PN2 =
60 bar stand.
o~--~~--~--~--~
o 10 20 30 40 [I]
Löschmittelvorratsbehältervolumen

Abb.2.387. Anzahl z der für eine Unterdrückung notwendigen


Löschmittelbehälter als Funktion ihres Volumens

Die Explosionsunterdrückungsversuche konnten in einem 250 m 3-Behälter


(Abb. 2.389) erfolgreich abgeschlossen werden. Das Ergebnis zeigt Abb. 2.390.
Auch im Großbehälter besteht der erwartete Zusammenhang zwischen dem
Ansprechdruck PA des verbesserten Unterdrückungssystems und den reduzier-
ten maximalen Explosionskenngrößen (Pred,max' (dp/dt)red,max)' Staubexplosio-
nen benötigen je nach Staubexplosionsklasse 7 -10 Löschmittelbehälter von
451 Inhalt, und selbst bei einem relativ hohen Ansprechdruck von PA = 0,2 bar
liegt der reduzierte maximale Explosionsdruck immer noch unterhalb von
Pred,max = 1 bar. Bei Anwendung des herkömmlichen 3"-Unterdrückungssy-
sterns wären mindestens 43 - 56 Löschmittelbehälter von 5 1 Inhalt erforderlich,
um den gleichen Unterdrückungseffekt zu bekommen. Durch diese neue, ver-
besserte Explosionsunterdrückungsanordnung konnte, wie beim 3/4"-System,
eine wesentliche Verminderung der für eine Bekämpfung von Brennstoffexplo-
sionen benötigten Anzahl an Löschmittelbehältern erreicht werden.
Wie Abb. 2.390 ebenfalls zeigt, ist für die Unterdrückung von Propanexplo-
sionen, wenn die Gemische im ruhenden Zustand entzündet werden, auch im
Großbehälter ein geringerer Löschmittelbedarf erforderlich als bei Staubexplo-
3.4 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsunterdrückung 615

Abb.2.388. a 45 l-Löschmittelbehälter mit 5"-Ventil, b Siebdüse für


die Löschpulververteilung

sionen. Dies hat ebenfalls seine Ursache im Explosionsablauf (Abb. 2.376).


Während sich der Explosionsdruck turbulent entzündeter Staub/Luft-Gemi-
sche bereits unmittelbar nach dem Wirksamwerden der Zündquelle zunächst
langsam und dann rasch zum Enddruck entwickelt, vergehen bei den Propan/
Luft-Gemischen im 250 m3-Behälter ca. 600 ms bis zu einer deutlich meßba-
ren Druckäußerung, die den Unterdrückungsvorgang auslöst. Geschieht dies
nicht, so kommt es erst nach weiteren 400 ms, d.h. gegen Ende der Verbren-
nung, zu der bereits erwähnten schnellen zeitlichen Druckänderung, die zum
überhöhten Wert für die gasspezifische Kenngröße KG führt.
616 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb.2.389. 250 m3-Behälter mit Staub- und 451-Löschmittelbehältern bestückt

[bar 1 Propan: Pmax =8,3barKG =384 bar· ms -1


l:>.
St1-Stoub:Pmax =7,9 bar,KSt =2OObar·m·s -1
o
~ 0,8 1-. St2-Stoub:Pmax =a,6bar,Ks/.• m .s

.,,-0,6 r- ~ ~o
o..~ --'.~l:>.
0,41- .~~o ~
o~~A
0,2 I- ~
l:>.

O~------~I------~I------~
[barls1

8
x / . 10 LM-Behälter
o
E
~- 6

~I"'"
U U 4
.~·~o 7LM-8etrilte~
2
l:>.-
___-l:>.
__ 0 5 LM-8ehälter
~l:>.

O~~----~------~------~
o 0,1 0,2 [bar 1
PA

Abb.2.390. Reduzierte maximale Explosionskenngrößen im 250 m3-Behälter als Funktion


des Ansprechdruckes PA des Unterdrückungssystems
3.4 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsunterdrückung 617

100 . - - - - - - - - - - - - - - - - - - ,
PA :! 0.1 bar
N 60 Pred.1IDX :! 1.0 bar
D
!;;
;ä4O 6

~
~ 20
5.41-LM- BI!hä1tei
mit 3" - Vl!fltil
~
i
~ 10 ~: :

I: jf
07
j :~. IL~__ _r u_Ot_5_"_-VI!" " 'lnt~i
!;; 451-LM-Bl!hältl!r

..L.'

1 10 100 Im3l
zu schützendes Behältervolumen V
2 2
Propan : Z=1I1JoVT ... Propan : Z=0.1lVJ
2
St1- Stäube: Z=1.oeVT • St1-Slöube: Z =0.1S oV3
2 2
St2 -Sftiube: Z =\40 V"3"0
• St2-Slöube:Z=0.25VT
Abb. 2.391. Einfluß des Löschmittelbehältervolumens auf den Löschmittelbedarf
in Abhängigkeit vom zu schützenden Behältervolumen

Alle systematischen Explosionsunterdrückungsversuche in unterschiedli-


chen Behältervolumina kamen zum Ergebnis, daß das bekannte Kubische Ge-
setz die Abhängigkeit des Löschmittelbedarfs vom zu schützenden Behälterin-
halt bestimmt. Abbildung 2.391 macht deutlich, daß das verbesserte 3"-Unter-
drückungssystem gegenüber dem herkömmlichen eine Verminderung der für
eine erfolgreiche Bekämpfung von Brennstoffexplosionen notwendigen Anzahl
an Löschmittelbehältern um mehr als 800/0 erlaubt.
Insgesamt gesehen wird durch die in ihrer Wirksamkeit verbesserten her-
kömmlichen Unterdrückungssysteme die Anwendung dieser konstruktiven
Schutzmaßnahmen vor allem an größeren Behältern (V> 10m3) nicht nur er-
leichtert, sondern es werden auch Erstellungskosten gesenkt. Tabelle 2.34 be-
schreibt die nach dem heutigen Erkenntnisstand der Praxis zur Verfügung ste-
henden Explosionsunterdrückungssysteme und gibt die k-Faktoren an, die die
Berechnung der erforderlichen Anzahl z an Löschmittelbehältern in Abhängig-
keit vom zu schützenden Behältervolumen V nach dem Kubischen Gesetz
(s. S. 604) erlaubt.
618 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Tabelle 2.34. Beschreibung der Explosionsunterdrückungssysteme und Angabe der k-Fak-


toren für die Bestimmung des Löschmittelbedarfs

Löschmittelbehältervolumen [I] 5 5 20 50 45
Löschpulvermenge [kg] 4 4 16 35 35
PN2 [bar] 60 120 60 100 60
Ventildurchmesser [mm] 76 2x 19 76 80 127

Brennstoff k-Faktor

Methan 0,81 0,81 O,35 a O,26 a O,P


Propan 1,08 1,08 0,47 0,35 0,13
St 1-Stäube 1,08 1,08 0,47 0,35 0,18
St 2-Stäube 1,40 1,40 0,58 0,47 0,25

a extrapolierte Werte

Einerseits beziehen sich die in Thbelle 2.34 angegebenen k-Faktoren auf die
Verwendung der günstigsten Löschmittel (im allgemeinen ein Löschpulver auf
Ammonphosphat-Basis), andererseits auf im ruhenden Zustand entzündete
Brenngas/Luft-Gemische. Ist innerhalb der Anwendungsgrenzen (Abb. 2.374)
mit turbulenten Gemischen zu rechnen, hat die Berechnung des Löschmittelbe-
darfs, unabhängig von der Brenngasart, nach den Angaben für St 2-Stäube zu
erfolgen.
Es ist zu empfehlen, die beschriebenen Explosionsunterdrückungssysteme
nach den Angaben von Thbelle 2.35 selektiv für abgestufte Bereiche des zu
schützenden Behältervolumens einzusetzen.
Abbildung 2.392 zeigt die praxisnahe Anwendung des 5"-Unterdrückungs-
systems an einem Zerstäubungstrockner.
Siwek [202] unterdrückte erstmalig inhomogene Staub/Luft-Gemische, wie
sie beim pneumatischen Thansport (Förderrohrdurchmesser Dp = 0,09 m) in
kubische Behälter von 25 m3 und 250 m3 Inhalt entstehen. Er fand für Stäube
der Staubexplosionsklasse St 1 (optimale Beladung bei einem Luftvolumen-
strom von Q = 14 m3/h) den folgenden Zusammenhang zwischen der Anzahl
z der für eine erfolgreiche Explosionsbekämpfung erforderlichen 201-Lösch-
mittelbehälter mit 3"-Ventil und dem Behältervolumen V
z = 0,2' VO,5 •
Der Aufwand an Löschmittelbehältern konnte durch Anwendung des 5"-Sy-
sterns weiter verringert werden.

Tabelle 2.35. Zusammenhang zwischen Explosionsunterdrückungssystem und zu schützen-


dem Behältervolumen

M-Behältervolumen [I] 5 5 20 50 0 45
Ventildurchmesser [mm] 76 2x 19 76 80 127
BehäItervolumen [m3] <5 <5 5-30 5-30 >30
3.4 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsunterdrückung 619

Abb. 2.392. Anordnung eines 451-Löschmittelbehälters mit 5n -Ventil am Zerstäuberkonus

Nach Angabe von Tabelle 2.34 ist zu erwarten, daß für die Staubexplosions-
klasse St 2 gilt
z-O,3 VO. 5•
Dies ist allerdings experimentell noch zu bestätigen.
Inhomogene Staub/Luft-Gemische bedürfen also eines geringeren Lösch-
aufwandes und die Anzahl der erforderlichen Löschmittelbehälter verändert
sich auch weniger mit dem zu schützenden Behältervolumen als bei homoge-
nen Staub/Luft-Gemischen.
Folgende Ausführungen informieren über das Vorgehen bei der Projektie-
rung von Explosionsunterdrückungsanlagen, die bis zu Behältervolumina von
V = 1000 m3 gesichert eingesetzt werden können.
Eine Grundvoraussetzung für die Planung von Explosionsunterdrückungs-
einrichtungen ist die Kenntnis der sicherheitstechnischen Kenngrößen, die das
Explosionsverhalten eines Brennstoffs in den Behältern einer Fabrikationsan-
lage beschreiben. Es sind dies:
- der maximale Explosionsdruck Pmax und
- die staubspezifische Kenngröße KSt bzw. die gasspezifische Kenngröße KG •
Sie werden nach vereinbarten und genormten Verfahren bestimmt, und es ist
zu prüfen, ob der bei ihrer Ermittlung angewendete Turbulenzzustand der
Brennstoff/Luft-Gemische den tatsächlichen Gegebenheiten in der Praxis ent-
spricht. Hierbei ist auch der An- und Abfahrzustand zu berücksichtigen.
620 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Ergibt sich aus diesen Überlegungen, daß die genannten sicherheitstechni-


schen Kenngrößen innerhalb des Anwendungsbereiches der Explosionsunter-
drückungssysteme liegen, und ist die Wirksamkeit des ausgewählten Löschmit-
tels experimentell nachgewiesen, dann kann mit der eigentlichen Planung be-
gonnen werden.
Besteht eine Fabrikationsanlage aus mehreren, für einen bestimmten Über-
druck konzipierten explosionsfesten Behältern, die durch ebenfalls explosions-
feste Rohrleitungen verbunden sind, dann ist für jeden von ihnen eine Explo-
sionsunterdrückungsanlage, bestehend aus den beiden Detektoren in Duo-
schaltung und der jeweils benötigten Anzahl an Löschmittelvorratsbehältern,
zu projektieren. Unterdrückungseinrichtungen müssen also selektiv arbeiten.
Gegebenenfalls sind explosionstechnische Entkopplungsmaßnahmen (mecha-
nische Flammensperren, Löschmittelsperren, Schnellschluß-Schieber) zu tref-
fen.
Dann erfolgt die Festlegung der Einbauorte für die beiden Druckdetektoren,
die den Explosionsunterdrückungsvorgang auslösen. Ihre Anordnung muß bei
der Herstellung und Verarbeitung von brennbaren Stäuben außerhalb der ma-
ximal möglichen Produktfüllhöhe im Mantel des Behälters und zum Zweck der
Überwachung allgemein zugänglich erfolgen. Die Funktionsfähigkeit der
Druckdetektoren darf durch Produktanbackungen nicht beeinträchtigt wer-
den. Der Ansprechdruck ist unter Berücksichtigung der gewählten Behälter-
festigkeit und der Wirksamkeit des Unterdrückungssystems so einzustellen,
daß betriebliche Druckschwankungen zu keinen Fehlauslösungen führen.
Abschließend ist zu prüfen, ob die für eine wirksame Explosionsunter-
drückung erforderliche Anzahl an Löschmittelbehältern problemlos annä-
hernd gleichmäßig auf dem Mantel des zu schützenden Behälters unterge-
bracht werden kann. Auch hierbei gilt es zu beachten, daß ihre Anbringung au-
ßerhalb der maximal möglichen Füllhöhe von brennbaren Stäuben zu erfolgen
hat und daß die Funktionsfähigkeit der Schnellöffnungsventile durch überhöh-
te Thmperaturen nicht beeinträchtigt wird. Der ungehinderte Eintritt des
Löschmittels in den zu schützenden Raum muß gewährleistet sein. Bei durch
Unterdrückung abgesicherten Filtergehäusen müssen die Löschmittelbehälter
daher im Bereich des freien Volumens, nicht dagegen im Filterbereich angeord-
net sein.
Besteht die Absicht, die Behälter von Altanlagen durch Explosionsunter-
drückung abzusichern, dann ist im Bedarfsfall durch zusätzliche konstruktive
Maßnahmen sicherzustellen, daß diese dem zu erwartenden reduzierten maxi-
malen Explosionsdruck standhalten.
Es wurde bereits darauf hingewiesen (Kap. 2.3.23), daß bestimmte Löschpul-
ver im aufgewirbelten Zustand eine sehr viel bessere Inertisierungsfähigkeit ha-
ben als andere Inhibitoren. Weniger als 1 Vol % sind notwendig, um z. B. das
Entstehen von Propanexplosionen zu unterbinden. Siwek [203 - 205] hat nach-
gewiesen, daß diese geringen Löschpulvermengen auch ausreichen, um Zerset-
zung von Ethylenoxid-Dampf zu verhindern. Er vermutete daher, daß die Ex-
plosionsunterdrückungssysteme gemäß Thbelle 2.34 auch in der Lage sind, eine
Zersetzung von Ethylenoxid-Dampf wirksam zu bekämpfen. Der Zersetzungs-
3.4 Explosionsfeste Bauweise in Verbindung mit Explosionsunterdrückung 621

druck pz ist unabhängig von Behältervolumen und Dampf-Thrbulenz und


wird nur von Vordruck Pv und Thmperatur T bestimmt (Abb. 1.66 u. 1.67).
Der zeitliche Druckanstieg dp/dt folgt im Rahmen der Versuchsgenauigkeit
dem Kubischen Gesetz (V = 0,02-10 m\ wenn man von gewissen versuchs-
bedingten Abweichungen absieht. Er ist einerseits in sich zersetzendem turbu-
lentem Ethylenoxid-Dampf deutlich höher als in ruhendem, andererseits aber
unabhängig vom Thrbulenzzustand (hohe, mittlere, niedrige Thrbulenz). Zu-
sätzlich sind wiederum Vordruck und Thmperatur von Einfluß.
Bei Verwendung von Löschpulvern auf der Basis von Ammonphosphat kön-
nen grundsätzlich beide herkömmlichen Unterdrückungs systeme (S l-Lösch-
mittelbehälter mit 3/4"- bzw. 3"-Ventil) eingesetzt werden, wie Untersuchungen
im 1 m3-Behälter ergeben haben. Der Ansprechdruck der Unterdrückungsan-
ordnung, bis zu dem Unterdrückung von turbulentem Ethylenoxid-Dampf bei
einem Vordruck von Pv = 300 mbar gelang (reduzierter Zersetzungsdruck
Pred,Z~ 1 bar), betrug beim 3/4"-System PA = 0,2 bar und beim 3"-System
PA = 0,4 bar. Der reduzierte zeitliche Druckanstieg (dp/dt)red lag in beiden
Fällen in der gleichen Größenordnung. Die etwas geringere Wirksamkeit des
3/4"-Systems läßt sich dadurch erklären, daß das Löschpulver aus beiden Ku-
geldüsen in den Bereich oberhalb und unterhalb der Zündquelle eingetragen
wird, während das 3"-Ventil des oben auf dem 1 m3-Behälter aufgesetzten
Löschmittelbehälters unmittelbar auf die Zündquelle gerichtet ist. Die Unter-
drückungsversuche wurden daher mit der zuletzt genannten Unterdrückungs-
anordnung weitergeführt und auch auf einen 10 m3-Behälter (Abb. 2.393) aus-
gedehnt.
Das Untersuchungsergebnis, bezogen auf einen Vordruck von Pv =
3000 mbar im 1 m3-Behälter und Pv = 2000 mbar im 10 m3-Behälter (aus

250m3 Ausblasrohr Sicherheits-


Behälter berstscheibe
1 Sicherheitsberstscheibe
Löschmil1el 2 2O-l- Löschmittelbehälter /3'
behälter 3 4S-l-Löschmittelbehälter/S'

--
5O-l-\brrots-
Heissm- behälter für
Stickstoff
Zündung - l : : : 1 - - - -
Manometer
EO -

Heissluft
® Drucksensor
• Drucksensor mit Auslösung des Unterdrückungsvorgangs

Abb. 2.393. Versuchsanordnung zur Unterdrückung der Zersetzung von Ethylenoxid-Dampf


im 10 m3-Behälter (schematische Darstellung)
622 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Festigkeitsgründen konnte bei keinem höheren Vordruck gearbeitet werden),


zeigt für den turbulenten Zustand von Ethylenoxid-Dampf bei einer Tempera-
tur von T = 100°C Abb.2.394.
Bei Anwendung der 3"-Unterdrückungsanordnung in Verbindung mit 201-
Löschmittelbehältern gelingt es im 1 m3-Behälter selbst bei einem Ansprech-
druck von PA = 0,4 bar den Zersetzungs druck von pz = 22,3 bar auf einen
reduzierten Druckwert von Pred,Z = 1 bar herabzusetzen. Im 10m3-Behälter
wird mit 2 Löschmittelbehältern eine Zersetzungsdruckreduzierung von
pz = 14 bar auf Pred,Z = 1 bar noch bei einem Ansprechdruck von PA =
0,3 bar erreicht. Ein 451-Löschmittelbehälter mit 5"-Ventil hat die gleiche
Wirksamkeit. Entsprechend wird der reduzierte zeitliche Druckanstieg
(dpfdt)red der Zersetzung von 280 barls bzw. 130 barfs in die Größenordnung
von einigen 10 barfs herabgesetzt.
Eine Analyse aller mit Ethylenoxid-Dampf erhaltenen Untersuchungsergeb-
nisse läßt nach Siwek die Schlußfolgerung zu, daß der in Abb. 2.394 für den
10 m3-Behälter angegebene Zusammenhang zwischen den reduzierten Zerset-
zungskenngrößen und dem Ansprechdruck sich auch bei Vorhandensein eines
Vordruckes von Pv = 3000 mbar nicht wesentlich verändert.

[bar /s]
o Ein 20Itr.LM-Behälter /
3" -Ventil
• Zwei 20Itr.LM-Behälter
451- 3"-Ventil
... Ein 45Itr. LM
: ZBehälter0
5"-Ventil

~I"'" 30-
\J\J /
---...- O.
15 -
/ ... /
........
o I I I I
o 0,1 0,2 0,3 0,4 [bar]
Ansprechdruck PA
Abb.2.394. Reduzierte Zersetzungskenngrößen von Ethylenoxid-Dampf als Funktion des
Ansprechdruckes PA des Unterdrückungssystems (turbulenter Zustand)
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 623

Abb.2.395. Auf Ethylenoxid-Reaktor angeordnetes 5"-Unterdrückungssystem

Temperaturanhebung von T = 200°C erhöht den reduzierten Zersetzungs-


druck um durchschnittlich 150/0.
Man kann zusammenfassen: Für eine erfolgreiche Zersetzungsunterdrük-
kung von ruhendem oder turbulentem Ethylenoxid-Dampf bis zu einem Vor-
druck von Pv = 3000 mb ar und Temperaturen von T = 200°C in Behälter-
volumina von 1-10 m3 (Ansprechdruck des Unterdrückungssystems PA<
0,2 bar, reduzierter Zersetzungsdruck Pred,Z :::.;; 1 bar) kann die erforderliche
Anzahl an Löschmittelbehältern mit 3"- oder 5"-Ventil nach dem Kubischen
Gesetz berechnet werden. Unter Berücksichtigung eines Sicherheitszuschlages
gelten die in Tabelle 2.34 angegebenen k-Faktoren für brennbare Stäube der
Staubexplosionsklasse St 2. Die zu fordernde Behälterfestigkeit p setzt sich ad-
ditiv zusammen aus dem Vordruck Pv und dem bestimmten reduzierten Zer-
setzungsdruck von im allgemeinen Pred,Z = 1 bar. Abbildung 2.395 zeigt die
Anwendung des 5"-Systems in der Praxis.

3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch

3.5.1 Vorbemerkung

Immer dann, wenn Behälter, Maschinen oder Apparate z. B. in Anlagen der


staubverarbeitenden Industrie durch Rohrleitungen verbunden sind, besteht
die Gefahr einer Staubexplosionsübertragung aus einer längeren Rohrleitung
in eine durch konstruktive Schutzmaßnahmen abgesicherte Apparatur. Flam-
624 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb. 2.396. Übertragung einer Staubexplosion aus einer Rohrleitung DN 400 in ein explo-
sionsdruckentlastetes 14 m3-Filtergehäuse

menstrahlzündung (evtl. unter Vorkompression) kann trotz Explosionsschutz


zu Beschädigung oder Zerstörung der Apparatur führen. Hinter der in
Abb.2.396 gezeigten Flamme verbirgt sich ein trotz überdimensionierter Ex-
plosionsdruckentlastung völlig zerstörtes Filtergehäuse. Um dies zu verhin-
dern, sind Rohrleitung und Filtergehäuse gegeneinander zu "entkoppeln".
Der Einsatz von explosionstechnischen Entkopplungseinrichtungen [7, 206]
ist auch immer dann notwendig (Abb. 2.397), wenn in einer Anlage der durch
vorbeugenden Explosionsschutz (Vermeiden des Entstehens von Explosionen)
abgesicherte Teil vom durch konstruktiven Explosionsschutz (Schutz vor der

o
ANLAGETEIL 1 ANLAGETEIL 2
Konstruktiver r--------------,
I I Vorbeugender
Explosionsschutz I I EXllosionsschutz
I
Detektoren I
I
Zündquelle _} Mindestabstand
I

Ir=:
I

f
T.
Entkopplungsemrlchtung

selbstlöti;j wirkeOemdbetötigL
ZeUenrodschieuse Löschmittelsperre
ExJlosionsscrutzventil Sclll1!llschlussschieber. -klappe
Entlastungsschlot Explosionsschutzventil
Abb.2.397. Prinzip der Wirksamkeit explosionstechnischer Entkopplungseinrichtungen
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 625

Druckwirkung von Explosionen) abgesicherten Teil sicher voneinander ge-


trennt werden muß. Solche Einrichtungen können entweder selbsttätig oder
fremdbetätigt (aktiviert durch Druck- oder Flammendetektoren) wirksam sein.
Man kann daher zusammenfassen: Alle Maßnahmen der explosionstechni-
schen Entkopplung müssen eine Explosionsübertragung sicher unterbinden,
d.h. sie müssen "zünddurchschlagsicher" sein. Daher wird zum besseren Ver-
ständnis zunächst über das Zünddurchschlagverhalten von Brenngasen, brenn-
baren Stäuben und hybriden Gemischen durch verschiedene mechanische
Flammensperren berichtet.

3.5.2 Untersuchungen über den Zünddurchschlag

Der Begriff "Zünddurchschlag" steht im engen Zusammenhang mit der in der


Praxis häufig eingesetzten Zündschutzart "Druckfeste Kapselung". Erste Un-
tersuchungen führte Beyling [207] im Jahr 1906 mit Methan (Schlagwettern)
durch, um elektrische Betriebsmittel mit zündfähigen Funken und/oder hohen
Temperaturen in explosionsfähiger Atmosphäre im Bergbau und schließlich
allgemein in der Industrie gefahrlos einsetzen zu können. Die Zündquellen
sind in diesem Fall so in ein Gehäuse einzuschließen (Abb. 2.398), daß eine Ex-
plosion sicher auf den gekapselten Raum beschränkt bleibt. Dies ist dann der
Fall, wenn die Spalte zwischen den ebenen Flanschen der beweglichen Gehäu-
seteile und bei der Durchführung von Motor- und Schalterwellen durch die Ge-
häusewand hinsichtlich ihrer Weite w und Länge ls so bemessen sind, daß eine
Durchzündung (~Zünddurchschlag) sicher verhindert wird. Solche Gehäuse
(Abb. 2.399) müssen, um dem Explosionsdruck zu widerstehen, explosionsfest
gebaut sein [207].

explosions fähige
Atmosphäre

Funken,
Erwärmung mit nachfolgender
möglicher Explosion

Abb. 2.398. Zündschutzart "Druckfeste Kapselung"


626 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb. 2.399. Druckfest gekapseltes Gehäuse: Spalt zwischen parallelen Flächen

Solche Betriebsmittel benötigen vor ihrem Einsatz in der Praxis die Zulas-
sung einer anerkannten PrüfsteIle. Die Prüfkriterien bezüglich Zünddurch-
schlagsicherheit beziehen sich auf entsprechende Abmessungen von Spalten,
die mit genormten Prüfapparaturen für Brenngase und brennbare Dämpfe ge-
messen werden.
Für die Untersuchung des Zünddurchschlagverhaltens von Brenngasen
(brennbaren Dämpfen) wird die in Abb. 2.400 schematisch dargestellte Prüfan-
ordnung verwendet. Ein Zündbehälter VI mit vorgegebenem Volumen ist von
einem deutlich größeren Zweitbehälter V2 umgeben. Ein Ringspalt mit der
Spaltlänge Is verbindet beide Behälter, die vor Versuchsbeginn mit explosions-
fähigem Gemisch befüllt sind. Als ZündqueIIe dient im allgemeinen eine in
Spaltnähe angeordnete Dauer-Funkenstrecke (E = 10 J). Ausgehend von einer
Spaltweite, die zu einem Zünddurchschlag führt, wird diese so lange in kleinen
Schritten herabgesetzt, bis es eben gerade zu keiner Entzündung des Außenge-
misches mehr kommt. Dieser Grenzwert hängt von der Brenngaskonzentration
in Luft ab. Zur Bestimmung seines MinimaIwertes sind daher die Untersuchun-
gen über einen breiten Konzentrationsbereich durchzuführen. In diesem Zu-
sammenhang wurde der Begriff der Grenzspaltweite wg eingeführt. Man ver-
steht hierunter diejenige Spaltweite, die bei einer vorgegebenen SpaltIänge Is
bei einer Explosion des "zünddurchschlagwiIIigsten Gemisches" eines Brenn-
gases (oder brennbaren Dampfes) Entzündung des Außengemisches eben gera-
de verhindert.
Die GrenzspaItweite "entkoppelt" daher den Raum, in dem mit einer Explo-
sion zu rechnen ist, von der ihn umgebenden explosions fähigen Atmosphäre.
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 627

Abb.2.400 Abb.2.401
Abb.2.400. Schematische Darstellung der Versuchsanordnung zur Bestimmung der Min-
destabmessungen von Spalten gegenüber Brenngasexplosionen. VI Zündbehälter, V2 Zweit-
behälter, F Funkenstrecke, I, Spaltlänge, w Spaltweite
Abb.2.401. IEC-Normspaltweiten-Prüfgerät. a 20 cm3-Zündbehälter, b Zweitbehälter,
c Stellschraube, d Druck-Korrektur-Gefäß, e Filter, f Flanschbreite = Spaltlänge I,

International anerkannt ist das Normspaltweiten-Prüfgerät, das in den Ver-


öffentlichungen der "International Electrotechnical Commission" [208] be-
schrieben wird (Abb.2.401).
Der Zündbehälter hat ein Volumen von 20 cm3 und ist über einen Ringspalt
(konstante Spaltlänge 15 == 25 mm) mit dem Zweitbehälter b von 2,41 Inhalt
verbunden. Die Spaltweite kann in Stufen von 0,02 mm verändert werden. Die
Zündquelle (elektrische Funken) befindet sich in Spaltebene, 14 mm vom
Spaltrand entfernt. Die Brenngaskonzentration wird in der Gesamtapparatur
meßtechnisch überwacht.
Bei systematischer Veränderung der Brenngaskonzentration wird zunächst
die zündwilligste Konzentration und anschließend die größtmögliche zünd-
durchschlagsichere Spaltweite für den Fall bestimmt, daß bei 10 aufeinander-
folgenden Explosionen im Zünd behälter eben gerade keine Entzündung des
Außengemisches eintritt.
Bezogen auf Normalbedingungen (20°C, 1 bar, abs.) wird der Begriff
"Normspaltweite wn" verwendet, um das Zünddurchschlagverhalten verschie-
dener Brenngase und brennbarer Dämpfe untereinander vergleichen (Stofford-
nung) und eine Auswahl der Explosionsgruppe für elektrische Betriebsmittel
der Zündschutzart "Druck feste Kapselung" (Thbelle 2.39) vornehmen zu kön-
nen. Thbelle 2.36 macht einige Angaben über die zünddurchschlagwilligste
Konzentration Cz von Brenngasen und brennbaren Dämpfen.
628 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Tabelle 2.36. Zündwilligste Konzentration Cz und Normspaltweite wn


von Brenngasen und brennbaren Dämpfen [208]

Brennstoff Cz [VolOJo] wn [mm]

Vinylidenchlorid 10,5 3,91


1,2-Dichlorethan 9,5 1,80
Methan 8,2 1,14
Propan 4,2 0,92
Methanol 11,0 0,92
Diethylether 3,5 0,87
Ethylen 6,5 0,65
Acetylen 8,3 0,37
Schwefelkohlenstoff 8,5 0,34
Wasserstoff 27,0 0,29

Brenngase und brennbare Dämpfe haben ein sehr unterschiedliches Zünd-


durchschlagverhalten, und die Normspaltweite überstreicht einen relativ brei-
ten Wertebereich.
Abbildung 2.402 zeigt schematisch das SMRE-Prüfgerät (Safety in Mines
Research Establishment) [209J.
Der Zündbehälter (VI = 81) ist über einen Ringspalt (ls = 25,4 mm) mit
dem außen mit einer Kunststoff-Folie umschlossenen Zweitbehälter verbun-
den. Ihr Aufreißen hat den Zweck, einen in diesem Behälter entstehenden
Überdruck und damit eine Verfälschung des Versuchsergebnisses zu vermei-
den. Die Zündquelle befindet sich wiederum in Spaltebene, 10 mm vom Spalt-
rand entfernt.
Wird die Grenzspaltweitenbestimmung (bei 20 aufeinanderfolgenden Explo-
sionen im Zündbehälter keine Entzündung des Außengemisches) bei Normal-
bedingungen (20 oe, 1 bar, abs.) durchgeführt, dann entsprechen im Rahmen
der Untersuchungsgenauigkeit die Prüfergebnisse den Angaben der Tabelle
2.36.

Kunststoffmontel -..re~r::;mijbttl~~

vers(h"essbarer_--I+--Il-~~~""t~
spalt
Zündquelle Zweltbehalter V2

Zundbehöl ter V1

Abb.2.402. SMRE-Spaltweiten.Prüfgerät
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 629

9,1 Vol '/, Methan in Luft


VI
C1J
Cl
~ 1'/.1 , - - - - - - . . , - - - - - - , - - - - - - , - - , , . . . , ....
u
VI
..c __ experimentelle Werte
!:! I
:1 statistische Werte
-g
'0
ts = 25mm
::1
N
VI 50
C1J
'0

1,0 1,1 \2 \3 Imml


Spaltweite w

Abb.2.403. Vergleich der experimentellen und der statistischen Grenzspaltweite von Methan
(Zündbehälter VI = 61, Zweitbehälter V2 = 1 m3)

Der Bereich des Zünddurchschlags wird von demjenigen des Nichtzünd-


durchschlags durch einen Kurvenzug abgegrenzt, der von rein zufälligen Er-
scheinungen abhängt (Abb. 2.403). Man verzeichnet in diesem Übergangsge-
biet eine bestimmte Häufigkeit der Explosionsübertragung, die von 1000/0 auf
0% abfällt, wenn die Spaltweite w in kleinen systematischen Schritten bei kon-
stanter Versuchszahl vermindert wird.
Der S-förmige Verlauf des Kurvenzuges und der Wunsch nach einer einheit-
lichen Festlegung der Grenzspaltweite eines Brenngases oder brennbaren
Dampfes waren der Grund dafür, daß vor ca. 30 Jahren in England vorgeschla-
gen wurde, die Gesetze der mathematischen Statistik anzuwenden. Man defi-
nierte die sog. "statistische Grenzspaltweite" als jene Spaltweite, bei der die
Wahrscheinlichkeit der Entzündung des Außengemisches 1: 106 gegeben ist.
Abbildung 2.403 macht die Unterschiede zwischen der experimentell bestimm-
ten Grenzspaltweite (w g = 1,2 mm) und der errechneten statistischen Grenz-
spaltweite (wg,stat = 1,09 mm) für Methan bei einer Spaltlänge von ls = 25 mm
deutlich.
Das angegebene Rechenverfahren für die Bestimmung der Grenzspaltweite
setzte sich jedoch, wohl wegen des hohen Versuchsaufwandes, international
nicht durch.
Bisher wurde die Normspaltweite und ihre Bestimmungsverfahren betrach-
tet. Es wird in diesem Fall bei Normalbedingungen und einer konstanten Spalt-
länge gearbeitet. Die folgenden Ausführungen beziehen sich daher auf das Ver-
halten der Grenzspaltweite, wenn von diesen Bedingungen abgewichen wird.
Wie bereits bemerkt, hat die Brennstoffkonzentration eines brennbaren Ga-
ses (Dampfes) einen entscheidenden Einfluß auf sein Zünddurchschlagverhal-
ten. Jeder Brennstoff hat bei einer konstanten, deutlich oberhalb der Grenz-
spaltweite liegenden Spaltweite einen Konzentrationsbereich, der von der unte-
ren Zünddurchschlaggrenzkonzentration Cu und der oberen Zünddurchschlag-
630 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Slöchiomel r,
Gemisch

[mm]

1,4 2
1,3
1,2

~
1,0
.! I ~ 0,8
'Qj

~
. . ,,).. i ,
Ci
1,2 1-----+-1,. :...>dBJZ~~1
I I
:
Wg
2.
'Qj
0,6
a. I : .

: hl ~
Ul ,!,
unddurc schlag ==Cl 0,4
i : i
I ' .
~ 0,2
l : I
;c :
z (0'
1,1
IVol·I.1 o2 3 4 5 10 20 304050 [Vol %]
Methangehalt in Luft Brenngasgehalt im Gemisch
Abb.2.404 Abb.2.405
Abb. 2.404. Einfluß der Spaltweite w auf den Zünddurchschlagbereich von Methan/Luft-
Gemischen (Zündbehälter VI = 61, Zweitbehälter V2 = 1 m 3 , I, = 25 mm)
Abb.2.405. Zünddurchschlagbereich verschiedener Brenngase (Zündbehälter VI = 100 m3,
Zweitbehälter V2 = 250 I, I, = 15 mm), 1 Propan, 2 Methan, 3 Mischgas (30 VolOJo Methan
+ 70 VolOJo Wasserstoff), 4 Stadtgas, 5 Wasserstoff, -' - stöchiometr. Gemisch

grenzkonzentration Co eingeschlossen wird, innerhalb dessen ein Zünddurch-


schlag, d.h. eine Entzündung des Außengemisches im Zweitbehälter eintritt
(Abb. 2.404). Dieser Bereich engt sich mit abnehmender Spaltweite ein, um bei
gleichzeitiger Annäherung die "zünddurchschlagwilligste Konzentration cz"
zu erreichen. Sie kann der Zusammensetzung der stöchiometrischen Gemische
entsprechen (Abb. 2.405), aber auch einen geringeren Anteil an Brenngas ha-
ben.
Der Wert für die Grenzspaltweite wird ferner entscheidend von der Zündort-
lage beeinflußt (Abb. 2.406).
Im Falle von Methan sind, wie zu erwarten, Niedrigstwerte für die zünd-
durchschlag sichere Spaltweite (ws ~ wg) dann zu beobachten, wenn die Explo-
sionen in Spaltnähe eingeleitet werden. Mit zunehmender Entfernung des
Zündortes vom Spalt steigt der Grenzwert an, und Höchstwerte ergeben sich
bei Einleitung der Explosionen in Raummitte. Dieser Einfluß nimmt deutlich
von Methan über Propan und Stadtgas zum Wasserstoff hin, d.h. mit steigen-
der normaler Verbrennungsgeschwindigkeit (vn = 37 cmls -+vn = 267 m/s) ab.
Auch die Art der Zündquelle kann von Bedeutung für das Zünddurchschlag-
verhalten von Brenngasen durch enge Spalte sein. Im Jahre 1950 wurde auf ei-
ner Zeche des Ruhrgebietes bei einem Störungskurzschluß das Austreten von
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 631

Mitte Behälter
[mm]

• Zünddurchschlog
3'"
2,0
o ~n llinddurchschlog
.....
(l)
1,5
"w
3
::,
d 1,0
Cl.
VI
0,5

° 02 0,4 0,6 0,8 1,OxO


Zündort ouf dem Durchmesser
Abb.2.406. Einfluß der Zündortlage auf die zünddurchschlagsichere Spaitweite Ws ver-
schiedener Brenngase (Zündbehälter VI = 51, Zweitbehälter V2 = 1 rn 3, Is = 25 rnrn)

hellglühenden Teilchen aus den Spalten eines schlagwettergeschützten, druck-


fest gekapselten elektrischen Betriebsmittels beobachtet. Es stellte sich daher
die Frage, ob durch diese Erscheinung die Sperrwirkung der betriebsmäßig
vorhandenen, gegenüber Methan/Luft-Gemischen zünddurchschlagsicheren
Gehäusespalte aufgehoben wird. Man sprach in diesem Zusammenhang von
Partikelzünddurchschlag.
Zur grundsätzlichen Klärung dieser Frage erfolgten umfangreiche Untersu-
chungen [210], und ein sog. Fahrschalter in Plattenschutzkapselung "nach
Entfernen der oberen Abdeckhaube" (Abb.2.407, oben) in der Mitte einer ex-
plosionsdruckentlasteten 40 m 3-Explosionskammer (Abb.2.407, unten) mon-
tiert. Die Spaltweite der aus Aluminiumblech gefertigten Plattenpakete betrug
bei einer Spaltlänge von 18 = 50 mm w = 0,3 mm und war daher übertragungs-
sicher in Methan/- und Stadtgas/Luft-Gemischen. Trotzdem ergaben Kupfer-
Schmelzdrahtexplosionen (U = 545 V, I = 2,5 - 5 KA) im Fahrschalter in
100 mm Entfernung vom Plattenpaket Entzündung des Außengemisches bei-
der Brenngase. Die Zündhäufigkeit betrug ca. 30070. Diese Tatsache gab Veran-
lassung zu systematischen Zündversuchen mit Veränderung des Werkstoffs des
Spaltes und des Schmelzdrahtes.
Abbildung 2.408 zeigt die grundsätzliche Versuchsanordnung. Es wurde so-
wohl mit einem als auch mit einer größeren Anzahl von Spalten mit einer Spalt-
weite von w = 0,1 mm und w = 0,3 mm gearbeitet. In 100 mm Abstand von der
oberen Sperrenanordnung befand sich der Schmelzdraht. Die Abschmelzzeit
betrug je nach Werkstoff (Schmelzdraht-Querschnitt q = 1,5-3,1 mm2)
t 8 = 5 - 10 ms. Zusatzversuche ergaben, daß der kurzzeitige Lichtbogen nur
dann von Einfluß auf die Entzündung des Außengemisches ist, wenn sich der
Schmelzdraht in unmittelbarer Nähe des Spaltes (der Spalte) befand.
Das in Methan/Luft-Gemischen (9,5 Vol% Methananteil) und Stadtgas/
Luft-Gemischen (23 Vol% Stadtgas anteil) erhaltene Versuchsergebnis (Thbelle
2.37) war unabhängig von der Spaltweite und auch davon, ob im Fahrschalter
explosionsfähiges Gemisch enthalten war oder nicht.
632 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb.2.407. Fahrschalter mit oben entfernter Abdeckhaube vor dem Plattenpaket (a) und
explosionsdruckentlastete 40 m3-Explosionskammer (b)

Kam es bei den mehr als 500 Zündversuchen zu einer Entzündung des Au-
ßengemisches, dann geschah dies zeitlich unverzögert, d.h. unmittelbar nach
der Schmelzdrahtexplosion.
Der Partikeldurchmesser wurde zu Dp = 0,1-0,01 mm bestimmt. Die Parti-
kelgeschwindigkeit war werkstoffabhängig und lag in dem Bereich von
Vp = 3-66 m/s.
Schmelzdrahtexplosionen von Eisen ergaben, unabhängig vom Spaltwerk-
stoff, immer eine Entzündung der Stadtgas/Luft-Gemische. Hierfür ist nach
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 633

Abb. 2.408. Schematische Darstellung der Versuchsanordnung


zur Untersuchung des Partikelzünddurchschlags

Silver [210], bezogen auf den gegebenen Partikeldurchmesser und die -ge-
schwindigkeit, eine Partikeltemperatur von mindestens 1300 oe notwendig. Sie
wird, bedingt durch die hohe Schmelztemperatur des Eisens von
T s = 1525 oe, nicht nur überschritten, sondern durch die Reaktion mit Sauer-
stoff noch zusätzlich erhöht. Wegen der gegenüber Stadtgas höheren Mindest-
zündenergie und Zündtemperatur wurden Methan/Luft-Gemische nicht ent-
zündet.
Auf diese Weise kann die 30OJoige Zünddurchschlaghäufigkeit von Kupfer-
partikeln (Schmelztemperatur T s = 1083 0c) beim Durchgang durch Alumini-
umflansche in den Gemischen bei der Brenngase (Thbelle 2.37) zunächst nicht

Tabelle 2.37. Ergebnis der Partikelzünddurchschlagversuche in Brenngas/Luft-Gemischen


(w = 0,1 bzw. 0,3 mm, U = 545 V, 1= 2,5 - 5 kA)

Werkstoff Zünddurchschlag-Häufigkeit [0/0]

Schmelzdraht Spalt Methan Stadtgas

Eisen Aluminium 0 100


Eisen 0 100
Messing 0 100
Kupfer Aluminium 30 30
Eisen 0 0
Kupfer 0 0
Aluminium Aluminium 100 100
Eisen 100 100
Messing 100 100
634 3 Konstruktiver Explosionsschutz

erklärt werden. Weil zu damaliger Zeit keine Möglichkeit bestand, den Entzün-
dungsvorgang mit einer Hochgeschwindigkeitskamera aufzunehmen, ent-
schloß man sich zu photographischen Aufnahmen mit offener Kamera ohne
Vorhandensein von Brenngas/Luft-Gemisch.
Bei 70070 von 100 Aufnahmen ergab sich das in Abb. 2.409 gezeigte Erschei-
nungsbild (wie auch beim Durchgang von Eisenpartikeln durch Spalte ver-
schiedener Werkstoffe) einer geraden Flugbahn rötlich leuchtender Partikel.
Bei 30% der Aufnahmen (Abb. 2.410) zeigten sich gekrümmte Flugbahnen mit
am Ende helleuchtenden Knoten. Hierbei müßte es sich also um das Erschei-
nungsbild handeln, das zur Gemischentzündung führt, die wie folgt zu erklä-
ren ist: Es fiel auf, daß die vorher glatten Kanten der Aluminiumspalte auf der
zum Schmelzdraht zugekehrten Seite mit zunehmender Versuchszahl (mikro-
skopisch nachgewiesen) Anreißungen hatten, die bei deri anderen Werkstoffen

Abb.2.409. Austritt von nicht zündfähigen Kupferpartikeln aus Aluminium-Spalten

Abb. 2.410. Austritt von zündfähigen "Kupferpartikeln" aus Aluminium-Spalten


3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 635

(Eisen, Kupfer) nicht auftraten. Die vom Schmelzdraht erzeugten Kupferparti-


kel schlagen danach aus den Aluminium-Flanschen Flitter heraus, heizen sie
auf, tragen sie in das Außengemisch, wo sie wegen der hohen Affinität des
Aluminiums zum Sauerstoff spontan reagieren (Knoten am Bahnende) und
zur Zündquelle werden. Dies erklärt auch, warum Schmelzdrähte aus Alumini-
um, unabhängig vom Spaltwerkstoff, bei jedem Versuch zur Entzündung des
Außengemisches führten (Tabelle 2.37).
Befindet sich hingegen vor dem oberen, aus Aluminium bestehenden Plat-
tenschutzpaket des Fahrschalters (Abb.2.407, oben) eine Abdeckhaube
(Abb. 2.411), dann ist das Betriebsmittel zünddurchschlagsicher, weil die mit
Aluminium behafteten Kupferpartikel hier aufprallen, sich abkühlen und nicht
mehr zündwirksam sind.
Gleiche Wirkung haben als Winkelflansch ausgebildete Spalte zwischen Ge-
häusedeckel und -unterteil druckfest gekapselter elektrischer Betriebsmittel
oder sogenannte Sperrleisten.
Von Wörmann und Groh [211] wurde der Einfluß von Kurzschlußlichtbögen
auf die Grenzspaltweite von Brenngasen untersucht. Ein Zündbehälter für die
Lichtbogenerzeugung (V 1 = 0,1 m3) war über einen ebenen Spalt (Spaltlänge
ls = 25 mm) mit dem Zweitbehälter (V 2 = 0,2 m3) verbunden. Die Grenzspalt-
weite von Methan betrug wg = 1,17 mm. Wie Abb. 2.412 zeigt, werden bei
Vorhandensein eines Lichtbogens 100 mm vom Spalt entfernt in Abhängigkeit
von dessen Standzeit Zünddurchschläge bei Spaltweiten erhalten (die Zünd-
durchschlagwahrscheinlichkeit fällt mit abnehmender Spaltweite), die deutlich
unter der genannten Grenzspaltweite liegen.
Wörmann und Groh gelangten schließlich zu dem Endergebnis, daß durch
elektrische Lichtbögen in druck fest gekapselten Betriebsmitteln, die bei einer
Spaltlänge von ls = 25 mm nach Norm gemessenen Grenzspaltweiten wie folgt
herabgesetzt werden:
Methan: wg = 1,17 mm--+wL = 0,3 mm,
Wasserstoff: wg = 0,29 mm--+wL = 0,22 mm.
Sie fanden ferner, daß Kupferteilchen des Elektrodenabbrands keinen Zünd-
durchschlag von Methan/Luft-Gemischen hervorrufen. Bei Lichtbögen zwi-
schen Aluminium-Elektroden erwies sich hingegen eine Spaltweite von
w = 0,06 mm als nicht übertragungssicher.

Abb.2.411. Abdeckhaube für Plattenschutzpaket nach Partikel-Zünddurchschlagversuchen


636 3 Konstruktiver Explosionsschutz
N
[%] /
+'
~ Uo=O,5kV,'u=5kA ~. rf"'0,/
.~ 0 w=O,6mm 0 ,0 g/
c 75 f-- 0 w=O,5mm ' ,/
~ D. w=O,4mm / /0
e 's=25mm 0 /0 D.
ii 50 I- / /0 d'
~
1/
0 0 ;"

13g' D.

i
0 D./

25 f-- /0/0 D./D./c:'"

~ OL-___~lo__~~~'_D._/
__~,___~'___~I~~
:;:l 0 25 50 75 100 125 [ms]
Lichtbogenstandzeit t L

Abb. 2.412. Zünddurchschlagwahrscheinlichkeit von Methan/Luft-Gemischen als Funktion


der Lichtbogenstandzeit t s im ZündbehäIter [211]

Den in [211] gemachten Bemerkungen über den Partikelzünddurchschlag


muß jedoch widersprochen werden. Historisch gesehen bezieht er sich auf Par-
tikel, die bei "Leiterdraht-Explosionen" und nicht beim "Elektrodenabbrand"
entstehen. Im zuerst genannten Fall ist für die Betrachtung des Zünd durch-
schlages nicht nur der Werkstoff des Schmelzdrahtes wichtig, sondern auch
der Spaltwerkstoff. Kupfer-Partikel, die aus Aluminiumspalten (Siluminspal-
ten) austreten, entzünden Methan/Luft-Gemische. Zink-Partikel in Verbin-
dung mit Messing-Spalten entzünden Stadtgas/Luft-Gemische [210]. Die
Sperrleiste ist zum Vermeiden von solchen Partikeln als Zündquelle nicht
"sachlich falsch", sondern eine wichtige Gegenmaßnahme. Bereits bei den Ver-
suchen im Jahr 1953 wurde erkannt, daß durch Lichtbogenenergie die Sperr-
wirkung von Spalten aufgehoben werden kann und durch die Ergebnisse an-
schließender Schwelversuche mit Kunststoffen im Lichtbogen bestätigt [212].
Abbildung 2.413 zeigt für vier Brenngase die Grenzspaltweite wg als Funkti-
on vom Volumen des Zündbehälters für eine konstante Spaltlänge I, = 25 mm
und Zündortlage Spaltnähe. Sie ist weitgehend volumenabhängig und steigt
nur, wenn die Volumina sehr klein sind (V< 20 cm3) zu größeren Werten hin
zu folge des ungünstigen Oberflächen/Volumen-Verhältnisses (Energieabgabe
an die Wand) an.
Beim Arbeiten mit größeren Zündbehältervolumina muß ein entsprechend
großes Zweitbehältervolumen gewählt werden, um eine Verfälschung der ge-
messenen Grenzwerte durch Vordruckeffekte in diesem Behälter zu vermeiden.
Die Zusammenhänge zwischen der Grenzspaltweite wg und der Spaltlänge
I, sind in Abb.2.414 wiedergegeben. So zeigt sich im Falle von Methan bei
einem schneidenförmigen Spalt (I, = 0 mm) immer noch ein verhältnismäßig
ho her Wert für die Grenzspaltweite von wg = 0,65 mm. Andere Brenngase
(brennbare Dämpfe) haben ein ähnliches Verhalten.
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 637

2.0
[mm] ,------------------,
E •

~- ,
E
1,5
301
Methan

3<31
1,5 Methan
....--
~
"(jj
1,0
--- Propan
- .l':!
"Cü 10
~~ropan
~ _-----

~=~~~~-
3

_0
Stadtgas 3
==0-
0 ~ A
==0-
0
0,5
O'5r~ 0--_
VI
N
0_°--'0 WJsserstoff VI
C 0 N
C , Wasserstoff
~
...'"
l!J
0 l!J o "--___--.J._ _ _ _--'
100 o 25 [mm]
Volumen Zünd behälter [cm 3) Spaltlänge I g

Abb.2.413 Abb.2.414
Abb. 2.413. Einfluß des Volumens des Zündbehälters auf die Grenzspaltweite wg von
Brenngasen (I. = 25 mm)
Abb.2.414. Einfluß der Spaltlänge I. auf die Grenzspaltweite wg von Brenngasen (Zünd-
behälter VI = 100 cm3, Zweitbehälter V2 = 250 I)

Mit zunehmender Spaltlänge verändert sich die Grenzspaltweite nicht ver-


hältnisgleich. Es stellen sich vielmehr bei Spaltlängen von ls = 25 - 50 mm, ab-
hängig vom Brenngas, Höchstwerte ein, die nicht überschritten werden können
und mit Löschabstand W max bezeichnet werden. Unterhalb des Löschabstands
kann durch einen Spalt bestimmter Länge eine Explosionsübertragung verhin-
dert werden. Oberhalb muß selbst bei überdimensionierter Spaltlänge mit einer
Explosionsübertragung gerechnet werden; eine Explosion pflanzt sich selb-
ständig im freien Querschnitt fort. Thbelle 2.38 macht Angaben über die
Löschabstände verschiedener Brenngase.
Je höher also die normale Verbrennungsgeschwindigkeit ist, um so geringer
ist der Löschabstand.
Temperaturerböbung (Abb. 2.415) bewirkt ein nahezu lineares Abfallen der
Grenzspaltweite. Dieser Einfluß ist beim Wasserstoff weniger ausgeprägt als
bei den anderen Brenngasen und brennbaren Dämpfen. Er erlaubt, durch Ex-

Tabelle 2.38. Löschabstände wmax für den


Zünddurchschlag von Brenngasen durch
Spalte zwischen parallelen Flächen (Zünd-
behälter VI ~ 100 cm3, Zündortlage: Spalt-
höhe)

Brenngas wmax [mm]

Methan 1,3
Propan 1,0
Stadtgas 0,6
Wasserstoff 0,3
638 3 Konstruktiver Explosionsschutz

[mml

1,0

0,8
3'"
Äthylen
C1J
:t:: 0,6
C1J
3
==0
0..
0,4
'"
N
c
Wasserstoff
C1J
'- 0,2
l::J

0
0 50 100 150 200 [OC I
Ausgangs te mpera tur
Abb.2.415. Grenzspaltweite wg von Brenngasen und brennbaren Dämpfen als Funktion der
Temperatur T [213] (Zündbehälter VI == 20 cm3, I, == 25 mm)

trapolation auch die Grenzspaltweite für solche organischen Verbindungen für


Raumtemperatur zu bestimmen, deren Dampfdruck bei Normalbedingungen
nicht ausreichend für das Entstehen des zünddurchschlagwilligsten Gemisches
ist [213].
Auch Erhöhung des Vordrucks vermindert die Grenzspaltweite (Abb. 2.416).
Sie verändert sich innerhalb eines Druckbereiches von Pv = 300-1500 mbar
(abs.) linear mit dem inversen Vordruck. Weil die Geraden durch den Koordi-
natenursprung gehen (unendlich hoher Vordruck), kann diese bei Kenntnis des
Grenzwertes für ein beliebiges Brenngas (brennbarer Dampf) bei Normalbe-
dingungen für jeden anderen Vordruck berechnet werden.

4,0

E
E 3,0
3 '"
C1J
+- 2,0
"w3
+-
Ci
0..

'" 1,0
N
C
C1J
'-
l::J
0
0 2 3 4
1 -1
x 10 3 [mbar I
pv
Abb.2.416. Grenzspaltweite wg von Brennstoffen als Funktion des inversen Vordruckes Pv
(Zündbehälter V I == 20 cm 3 , I, == 25 mm)
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 639

J ,,,Ir

$rUc. ·Gn ff'Ili


'rvt. NllblUNr~
'.1.,.

Abb.2.417. Versuchsanordnung zur Bestimmung des Einflusses der Feuchtigkeit


von Methan/Luft-Gemischen auf die Grenzspaltweite. a Zündbehälter: VI = 0,11;
b Zweitbehälter: V2 = 61

Auch der Einfluß der relativen Gemischfeuchte auf das Zünddurchschlag-


verhalten von Methan/Luft-Gemischen wurde systematisch untersucht [214].
Ein Zündbehälter von VI = 0,11 Inhalt war über einen Ringspalt von
ls = 12,7 mm Länge mit einem Zweitgehäuse (V 2 = 61) verbunden. Die Zünd-
quelle (E = 10 J) befand sich in Spaltnähe (Abb. 2.417).
Bei einer konstanten Spaltweite von w = 1,08 mm deutlich oberhalb der
Grenzspaltweite (Zünddurchschlaghäufigkeit 100(70) haben "trockene Me-
than/Luft-Gemische" den engsten Zünddurchschlagbereich (Abb. 2.418,
oben). Mit zunehmender relativer Feuchte erweitert er sich zunächst, um an-
schließend wieder abzunehmen. Die Grenzspaltweite wg (Abb.2.418, unten)
hingegen ist bis zu einer relativen Feuchte von ca. 60% unbeeinflußt und wird
anschließend zwar gering aber deutlich größer.
Da alle besprochenen Vorgänge im Zündbehälter relativ rasch verlaufen, ist
das Phänomen des Zünddurchschlags unabhängig vom Werkstoff, aus dem die
Flammensperre besteht. Die Grenzspaltweiten in einem Eisen- und in einem
Aluminium-Gehäuse (Verhältnis der Wärmeleitfähigkeiten - 1 : 4) stimmen
überein. Damit hat sich die von Beyling [207] ausgesprochene Vermutung der
Wärmeabgabe als Sperrursache nicht bestätigt.
Wie gezeigt wurde, ist die nach dem festgelegten Verfahren (Abb. 2.401) be-
stimmte "Normspaltweite wn " nicht der niedrigste Wert aller denkbaren siche-
ren Spaltweiten. Sie kann unter- als auch überschritten werden. Die Norm-
spaltweite dient daher in erster Linie zur Klassifizierung der Stoffe und Gemi-
sche und zur Auswahl von Prüfgemischen für die Beurteilung und Prüfung von
elektrischen Betriebsmitteln der Zündschutzart "Druckfeste Kapselung" auf
Zünddurchschlagsicherheit (Tabelle 2.39).
640 3 Konstruktiver Explosionsschutz

[Vol %1
Cl
.9 /"-?-+-+_.-+~
2._
..c: 3 -
u
VI
..c:
u
L..
::1..c:
-0 u
-0 . - - w=1,08mm
e ~

/+
:::1 QJ
N .0 o I I I

[mml

0,98 r-
......
QJ ~% r- + +
'Qj
3 0,94 ~-+-+-+-+-+
±:;
cJ
:7l-
N 0,92
eQJ
L.. ~
L!J 0 -' L I I

0 LU 40 60 80 [%1

relative Feuchte
Abb. 2.418. Einfluß der relativen Feuchte von Methan/Luft-Gemischen
auf das Zünddurchschlagverhalten Os = 12,7 mm)

Die nach der Normspaltweite vorgenommene Stoffordnung bleibt im allge-


meinen auch dann erhalten, wenn jeweils nur ein Parameter für die Bestim-
mung der zünddurchschlagsicheren Spaltweite verändert wird [213].
Die Einteilung in Explosionsgruppen gilt auch für die Beurteilung der
Schutzart "i" Eigensicherheit, d.h. für die Beurteilung der Zündfähigkeit von
elektrischen Funken. Für den Zusammenhang zwischen der Normspaltweite
Wn, die eben gerade einen Zünddurchschlag verhindert, und dem Mindest-

Tabelle 2.39. Gruppeneinteilung von Brenngasen und brennbaren Dämpfen nach der
Normspaltweite Wo [215]

Explosionsgruppe Beispiel

I Sondergruppe: Methan
HA >0,9 Propan
Butan
HB sO,9 Ethylen
~O,5 Dioxan
He <0,5 Acetylen,
Schwefelkohlenstoff,
Wasserstoff
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 641

[mml

10 0 ~ Methan

~
Propan

~
r::
5
V
11'"
.l!! 4 AzelYfen
-, !7-
.Qi I-Sc hwefelkohlenstoff
~ 3 F= Wasserstoff
Cia.
CII 2
E
::;
z

2 3 4 5 10 2 [mAl
Mindestzünclstrom Iz

Abb.2.419. Zusammenhang zwischen Normspaltweite wn


und Mindestzündstrom Iz von Brenngasen

zündstrom Iz , der eben gerade zur Gemischentzündung notwendig ist, besteht


in doppeltlogarithmischer Darstellung der in Abb. 2.419 gezeigte lineare Zu-
sammenhang. Eine hohe Normspaltweite (Methan) entspricht einem hohen,
eine niedrige Normspaltweite (Wasserstoff) einem geringen Mindestzünd-
strom. Dies gilt auch für die Mindestzündenergie MZE, die sich wie folgt aus
dem Mindestzündstrom Iz errechnen läßt [213]
MZE = 0,5'C'U2 = 0,85'L'I;
C Kapazität
U Spannung
L Induktivität

Auch das Zünddurchschlagverhalten von Mischgasen aus Methan und Wasser-


stoff durch enge parallele Spalte wurde untersucht (Abb. 2.420). Unabhängig
von der Spaltlänge 18 besteht ein linearer Zusammenhang zwischen der Grenz-
spaltweite wg und der Zusammensetzung des Mischgases [216]. Enthält es
70 Vol % Methan und 30 Vol % Wasserstoff, dann werden recht genau die Grenz-
werte von Propan und bei einem Gehalt von 30 Vol % Methan und 70 Vol %
Wasserstoff die Grenzwerte von Stadtgas erhalten. Dies ist der Grund für die
Verwendung solcher Mischgase als Ersatzbrenngase in der Frühzeit der Explo-
sionstechnik für experimentelle Untersuchungen. Sie simulieren nicht nur das
Zünddurchschlagverhalten der genannten Brenngase, sondern auch ihr Zünd-
und Explosionsverhalten, jeweilige Optimalkonzentrationen vorausgesetzt.
Um sicherzustellen, daß die bei Schalt- und Kurzschlußlichtbögen in Luft
entstehenden Stickoxide die Sperrsicherheit von Spalten an Gehäusen der
Zündschutzart "Druckfeste Kapselung" nicht aufheben, untersuchten Wör-
mann und Groh [211] ihren Einfluß auf die Grenzspaltweite wg einer Reihe
von Brenngasen (Abb.2.421).
642 3 Konstruktiver Explosionsschutz

[mm]
o I s=5mm
1,25 6 Is=25mm

2
"Qi
....
~

"5
a.
rn
N

~ 0,5
(!)

0,25

Mischgas-Zusammensetzung

Abb. 2.420. Grenzspaltweite wg von Mischgasen aus Methan und Wasserstoff


(Zündbehälter VI = 61, Zweitbehälter V2 = 1 m3)

[mm]

0,51-
- - - 0 - - - 0 ______- - - - -
__ 0 -0

oL-_l....-I_l....-I_.l.......-I_.L........1---J
o 2 3 4 [Vol%]
N0 2 - Zusatz

Abb.2.421. Grenzspaltweite wg von Brenngasen bei Zusatz von Stickoxiden [211]


(Normalbedingungen, 18 = 25 mm)
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 643

Das Stickoxid NO hat ein großes Bestreben, sich mit dem Luftsauerstoff zu
Stickstoffdioxid N02 zu verbinden
2NO+0 2-+N0 2 •
Es entstehen braune Dämpfe, die die Grenzspaltweite der untersuchten Brenn-
gase im Rahmen der Untersuchungsgenauigkeit linear anheben. Gleichzeitig
verschiebt sich wegen des höheren Sauerstoffangebotes in der Verbrennungsat-
mosphäre die zünddurchschlagwilligste Konzentration gegenüber Luft zu
höheren Brenngaskonzentrationen hin.
Es ist bekannt, daß der Zerfall von Acetylen verhindert werden kann, wenn
es mit einem Fremdgas verdünnt wird. Je größer der prozentuale Anteil z. B.
von Methan im Gemisch ist, um so höher ist der Grenzdruck, bei dem Zerset-
zung eintritt (Abb. 2.24). Im Zusammenhang mit der gefahrlosen Beseitigung
acetylenhaltiger Abgase stellte sich daher die Frage, wieviel Acetylen im Me-
than allerhöchstens enthalten sein darf, damit eine für Propan geprüfte me-
chanische Flammensperre sicher den Rückschlag einer Explosion vom Misch-
gasbrenner einer Verbrennungsanlage in das Abluftsystem verhindert [217].
Wie erwartet (Abb.2.422, links) wird durch Zusatz von Acetylen zum Methan
die Grenzspaltweite wg' bei gleichzeitiger Verschiebung der zünddurchschlag-
willigsten Konzentration zu höheren Werten hin, herabgesetzt. Unabhängig
von der Spaltlänge 18 (Abb. 2.422, rechts) fällt zunächst die Grenzspaltweite wg
linear mit zunehmendem Acetylenanteil im Gemisch. Ist dieser ~ 30 VoIOJo,
dann ist, ähnlich wie bei Wasserstoff (Abb. 2.414), ein Spaltlängeneinfluß nicht
mehr vorhanden. Es zeigt sich ferner, daß ein aus 80 Vol % Methan und 20
Vol% Acetylen zusammengesetztes Mischgas das gleiche Zünddurchschlagver-
halten wie Propan hat.
Schuber [218] ist ein umfassendes Wissen über die Grenzspaltweite wg
brennbarer Stäube zu verdanken. Er benutzte als Zündbehälter die in

~ 1,Or-
2
"4j
...,~
"0
6}O,5 r-
o 100/0 CH 4 /C 2 H2 '" wc:Propon
'" 80/20 CH 4 /C 2 H
060/40 CH 4 /C 2 H2
o I I I o I I I I
o 3,75 7,5 10,75 LVol%] 100 90 80 70 60 50 CH4 [Vol%]
Mischgasgehalt
o 10 20 30 40 50 <;~[Vol%]
Mischgaszusammensetzung

Abb. 2.422. Zünddurchschlagverhalten von Mischgasen aus Methan und Acetylen durch
parallele Spalte (Zündort: Spaltnähe)
644 3 Konstruktiver Explosionsschutz

b
Abb. 2.423. 42 I-Apparatur für die Untersuchung des Zünddurchschlagverhaltens von brenn-
baren Stäuben durch enge parallele Spalte. a Schematische Darstellung; b praktische Aus-
führung

Abb. 2.423 gezeigte Apparatur von 421 Inhalt mit Ringspalt in abgestuften
Spaltlängen von ls = 0- 50 mm.
Für die Herstellung der homogenen Staub/Luft-Gemische wurde das verein-
barte und genormte Untersuchungsverfahren [31] angewendet. Die zum 1 m 3_
Normbehälter äquivalente Zündverzögerungszeit zwischen dem Beginn der
Staubeingabe und dem Wirksamwerden der Zündquelle (E = 10 kJ) ergab sich
im geschlossenen Zustand zu t v = 0,12 s (Abb. 2.424).
Als Zweitbehälter wurde der 1 m 3-Behälter (Abb.2.425) gewählt und die
Staub/Luft-Gemische ebenfalls nach dem Normverfahren [31] erstellt.
Zunächst ,:eigte sich, daß die übliche Zündenergie der pyrotechnischen Zün-
der von E = 10 kV im Zündbehälter auf E ~ 250 J herabgesetzt werden mußte,
um eine Entzündung des Außengemisches durch die Zündquelle selbst zu ver-
hindern.
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 645

[bar)

4001-

3001-
N
...:t 2001-
+--
I/l
:.::: Abb. 2.424. Vergleich der Explosionskenngrößen
brennbarer Stäube im 421-Zündbehälter (iv = 0,12 s)
und im 1 m3-Normbehälter (tv = 0,6 s)

Schuber ging davon aus, daß, wie im Falle der mechanisch erzeugten Funken
(Abb.2.78), auch das Zünddurchschlagverhalten brennbarer Stäube von Min-
destzündenergie MZE und Zündtemperatur Tz bestimmt wird. Er verwendete
daher für seine Untersuchungen 12 brennbare Produkte innerhalb eines Min-
destzündenergiebereichs von MZE< 1 - 5000 mJ und Zündtemperaturbereichs
von Tz = 260°-580°C.

Abb.2.425. Anordnung des 421-Zündbehälters im 1 m3-Zweitbehälter


646 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Die anschließenden sehr systematischen Zünddurchschlagversuche bei


gleicher und unterschiedlicher Staubkonzentration im Zünd- und im Zweit-
behälter,
gleicher und unterschiedlicher Gemischturbulenz (veränderter Zündverzö-
gerungszeit t v) im Zünd- und Zweitbehälter,
veränderter Zündortlage und
verschiedenen Zündenergien
ergaben, mit einer Ausnahme, Niedrigstwerte für die Grenzspaltweite, wenn
(im Gegensatz zu den Brenngasen (Abb. 2.406» die Staubexplosionen in
Raummitte des Zündbehälters eingeleitet wurden und niedrige Gemischturbu-
lenz vorhanden war. Die Zündenergie (E s 250 J) war nicht von Einfluß.
Unter dieser Voraussetzung besteht in Analogie zu den Brenngasen auch für
die brennbaren Stäube
ein angenähert parabelförmiger Zusammenhang zwischen der Spaltweite w
und der Staubkonzentration (Abb. 2.426),
ein vom Zündverhalten der brennbaren Stäube abhängiges statisches Über-
gangsgebiet für die Zündwahrscheinlichkeit (Abb. 2.247), dessen Breite der
doppelten Grenzspaltweite entspricht,
ein nicht verhältnisgleiches Ansteigen der Grenzspaltweite mit zunehmen-
der Spaltlänge (Abb. 2.248), d.h. es existieren ebenfalls Löschabstände, bei
deren Überschreiten Sperrwirkung auch bei großer Spaltlänge nicht mehr
vorhanden ist,
und
Flammenaustritt aus Spalten trotz Sperrwirkung.
Schuber verglich nun die Normspaltweite wn der Brenngase mit den von ihm
gemessenen Grenzspaltweiten wg der brennbaren Stäube für eine Spaltlänge
von ls = 25 mm und fand einen eindeutigen Zusammenhang zur Mindest-
zündenergie, nicht aber zur Zündtemperatur. Betrachtete er hingegen die Ab-
hängigkeit der genannten Grenzwerte vom Produkt aus Mindestzündenergie
MZE und reduzierter Thmperatur, dann ergab sich in doppeltlogarithmischer

[mm)

4
0

Ho,,,m.,
o mit1e1
/
0
[mm)

6 -
I
I ·Y
Kohl,",,,.b tj
.TurtJulenz6 mittel"

I
Turbulenz • niedrig
medrlg

- \:,-.:/ .
~
~ 3 • E;10J E=250J
.....
~_._.
QJ
5

. ._._..............-
.2! "Qj
"Qj 2
.....~ ~c::I
Ci c. 4 - '--6
C. Vl
Vl
I I I
0 3
0 500 1000 1500 [g/m 3 ) 0 250 500 750 [g/m 3 )
Staubkonzentration stau bkonzentration
Abb.2.426. Spaltweite w als Funktion der Staubkonzentration (ls = 1S mm)
'S07
3.5 Exp1osionstechnische Entkopp1ung und Exp1osionsabbruch 647
[%] 0 [%] 0
"',"'. .,
MZE=20mJ
~Og ," ) "'""",,",I,
MZE=100mJ 0
:I:
.0-
TZ = 400o( =
TZ SOOo( 0
'ijj
.x
CI
;;::
50 50 e-
"
'0
.r:: 0

I
8'
:E
/0
~
"E
0
"c:
'0
'0

'"
0
0 0,5
0/0
1,0 1,5 [mm]
o L--i,/ 1,5
I
2,0
I

2,5 [mm]
N '0
w W

Abb.2.427. Zünddurchsch1aghäufigkeit H brennbarer Stäube als Funktion der Spaltweite w


(ls = Omm)

I~: rf____
-----"'------=::::;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;~2 Kohlenstaub II

~ :f~--se'
~o
'-::===<>
- 1 Maisstörke
Lycopodium

or I I I I
o ~ ro ~ 40 Imml

Spaltlänge ls

Abb. 2.428. Grenzspaltweite wg brennbarer Stäube als Funktion der Spaltlänge 15 (Zündort:
Raummitte Zündbehälter)

Darstellung die in Abb. 2.429 gezeigte Gerade, für die unabhängig von der
Brennstoffart gilt
0,157
w = W = 101' ( MZE·Tz+273 )
g n' 273

Lediglich Benzanthron (ein Produkt mit niedrigem Schmelzpunkt, dessen


Kondensationsproduktablagerungen den Spalt verengten) und Wasserstoff mit
niedriger Mindestzündenergie (MZE = 0,019 mJ), hoher Zündtemperatur
(Tz = 560°C) und hoher normaler Verbrennungsgeschwindigkeit
(vn = 2,67 m/s) fügen sich nicht ganz in die Gesetzmäßigkeit ein.
Das Nichtvorhandensein eines Zündbehältervolumeneinflusses bei den
Brenngasuntersuchungen (V 1 = 20 cm3) und den Staubuntersuchungen
(V 1 = 421) ist nach Schuber darauf zurückzuführen, daß nach den Angaben
von Abb.2.413 der Inhalt der IEC-Normspaltweiten-Prüfgeräte (Abb.2.401)
so gewählt wurde, daß ein solcher Einfluß auf die Normspaltweite noch nicht
zu erwarten ist.
648 3 Konstruktiver Explosionsschutz

::::
5 ~'-~--~-----------------------~~--~
~ ~ ~ A
~ 0 0 Benzanthron
j ~ ct_~~
~_ Co+- >.
..
E ~:E Bl~
E -5 UJ tü. o~
'8 o~SOO '<Y
r:ß 00

o
Wasserstoff

0,1 L - - _ - - J ._ _.....J.._ _...J...._ _..I.-_ _~_ ___JL...__.......J

1Ö2 1Ö 1 100 101 102 103 104 10 5


TZ + 273
MZE· [ mJ 1
273
Abb.2.429. Normspaltweite wn und Grenzspaltweite wg von Brennstoffen als Funktion des
Produktes aus Mindestzündenergie MZE und reduzierter Thmperatur (ls = 25 mm)

Es ist der große Verdienst von Schubers Untersuchungen, daß bei Kenntnis
der Mindestzündenergie MZE und der Zündtemperatur Tz für die vorgegebe-
ne Spaltlänge ls = 25 mm die Normspaltweite Wn von Brenngasen und die
Grenzspaltweite wg von brennbaren Stäuben berechnet werden kann. Bei
Übereinstimmung der beiden sicherheitstechnischen Kenngrößen, die das
Zündverhalten beschreiben, ist unabhängig von der Brennstoffart der gleiche
Grenzwert zu erwarten. Die in den "Explosions schutz-Richtlinien" [6] vertrete-
ne Meinung, wonach die Grenzspaltweite brennbarer Stäube größer ist als die
der Brenngase, ist damit widerlegt.
Schuber untersuchte mit der gleichen Apparatur (Abb. 2.245) auch das
Zünddurchschlagverhalten von hybriden Gemischen aus brennbarem Staub
mit Propan. Hierfür war es zunächst notwendig, die Grenzspaltweite Ws des
Brenngases bei Gemischentzündung im ruhenden und turbulenten Zustand
(erzeugt durch entsprechende Wahl der Zündverzögerungszeit 1v im Zünd-
und Zweitbehälter) zu bestimmen. Das Ergebnis faßt Thbelle 2.40 zusammen.
Bei im ruhenden Zustand entzündeten Gemischen ist der Niedrigstwert für
die Grenzspaltweite Ws (~der Grenzspaltweite Wg) wie erwartet bei der Zünd-
ortlage "Spaltrand", bei Gemischturbulenz, wie bei den brennbaren Stäuben,
bei der Zündortlage "Raummitte" zu beobachten. Das Ergebnis ist unabhängig
von der Zündenergie (E = 101250 J) und dem Thrbulenzgrad (mittel, niedrig).
Für die Zünddurchschlagversuche wurden brennbare Stäube mit deutlich
unterschiedlichen Grenzspaltweiten wg verwendet.
Bereits bei geringen Propanzusätzen zur Verbrennungsluft nimmt die zünd-
durchschlagwilligste Staubkonzentration im hybriden Gemisch deutlich ab, um
sich bei hohen Propanzusätzen asymptotisch einem Endwert zu nähern
(Abb.2.430). Der Staubanteil wird also zunehmend vom Brenngasanteil ver-
drängt.
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 649

Tabelle 2.40. Propan: Einfluß des Zündortes und der Gemischturbulenz auf die zünddurch-
schlagsichere Spaltweite Ws und die zünddurchschlagwilligste Konzentration Cz
(E = 10/250 J)

Zündort Raummitte Spaltrand

Gemischzustand Ws [mm] Cz [VolOJo] Ws [mm] Cz [VolOJo]

ruhend 1,0 4,0 0,75 4,5


turbulent 0,5 4,25 0,75 5,25

Abbildung 2.431 zeigt den Zusammenhang zwischen der Propankonzentra-


tion und der zünddurchschlagsicheren Spaltweite ws' Bei Netzschwefel mit
einer niedrigeren Grenzspaltweite als Propan steigt der Grenzwert mit zuneh-
mender Propankonzentration kontinuierlich an. Im Fall der beiden anderen
Stäube mit einer gegenüber Propan höheren Grenzspaltweite wird ein Mini-
mum bei ungefähr dem halben Wert der zünddurchschlagwilligsten Propan-
konzentration durchlaufen.
Es besteht in diesem Zusammenhang eine Parallele zum Verhalten der Sau-
erstoff-Grenzkonzentration von hybriden Gemischen (Abb. 2.51). Eine Abhän-
gigkeit vom Explosionsablauf wurde nicht festgestellt.
Die Grenzspaltweite wg hybrider Gemische, d.h. der Niedrigstwert für die
zünddurchschlagsichere Spaltweite ws, wird bestimmt von der Komponente
mit dem niedrigsten Grenzwert.
Beyling [207] führte im Jahr 1906 den Begriff "Rohrschutzkapselung" ein.
Er war der Meinung, daß Rohre von 12 mm Durchmesser in der Lage sind, die
aus einem druck fest gekapselten Raum austretenden heißen Explosionsgase

e N
DU
.Y
-§-5
E,~
VJE
OJ
.....
OJ~

'"
giji
~ -0
' j 't:
enD
EE
L
~,§
L e
:: 0 • NetzschwefeLE=10J,niedrige Gemischturbulenz
::J~
-0 d ... Maisstörke, E=10J, niedrige Gemischlurbulenz
-0'-
,e 1:: • KahlenstaubE=250J,mittlere Gemrschturbulenz
i.:.:.l gj 1 2 4 [Val %J

Pro pankonzentr ati on


Abb. 2.430. Einfluß der Propankonzentration auf die zünddurchschlagwilligste Staubkon-
zentration im hybriden Gemisch Os = 15 mm)
650 3 Konstruktiver Explosionsschutz

.•
Zünddurchschlagfreudigstes
Propan/Luft Gemisch

Imm: l~--"i!
• I • NetzschY.efel :E=10J ,niedrige Gemischturbulenz
... Maisstürke: E=10J,niedrige Gemischturbulenz
• Kohlenstaub E =250J, mittlere Gemischturbulenz

o, I I II turbulenz
o 1 2 3 4 IVol %1
Propankonzentration
Abb. 2.431. Einfluß der Propankonzentration auf die zünddurchschlagsichere Spaltweite Ws
hybrider Gemische (ls = 15 mm)

derart abzukühlen, daß sie außen anstehende Schlagwetter (explosionsfähige


Methan/Luft-Gemische) nicht entzünden. Weil einerseits, sellJst bei großen
Rohrlängen, die Versuche erfolglos waren und andererseits engere Rohre nicht
von Interesse waren, wurde die Rohrschutzkapselung als Schutzmaßnahme fal-
lengelassen. In der Folge wurde dann der Zünddurchschlag von Brenn-
gas/Luft-Gemischen durch Rohre eingehend untersucht [219]. Verwendet wur-
de zunächst die in Abb. 2.432 gezeigte Versuchsanordnung, bei der das Zünd-
gehäuse (VI = 0,2 1) über durchbohrte Stahlbolzen (Bohrungsdurchmesser d B ,
Rohrlänge I) mit dem Zweitbehälter (V2 = 6 I) verbunden war.
Es zeigte sich sehr bald, daß (ähnlich wie bei den Spaltuntersuchungen) eine
Explosionsübertragung am leichtesten stattfand, wenn sich die Zündquelle (In-
duktions-Dauer-Funkenstrecke: E = 10 J) in der Nähe der Bohrung befand.
Für diesen Fall und Methan ist die Abhängigkeit der sicheren Rohrlänge I vom
Bohrungsdurchmesser dB Thbelle 2.41 zu entnehmen.
Ebenfalls in Analogie zu den Spaltuntersuchungen (Abb. 2.414, Abb.2.428)
ändert sich die sichere Rohrlänge nicht verhältnisgleich zum Bohrungsdurch-
messer, und es deutet sich wiederum ein Löschabstand an, dessen Existenz mit
einer etwas veränderten Versuchsanordnung (Abb. 2.433) nachgewiesen wurde.
Ein Rohrdurchmesser von dR = 4 mm erforderte, wie zu erwarten, eine
Rohrlänge von I = 100 mm, um übertragungssicher gegenüber Methan-Explo-
sionen zu sein. Bei einem solchen von dR = 5 mm wurde selbst bei Rohrlängen
von 1 = 3000 mm immer ein Flammendurchschlag in das Zweitgehäuse beob-
achtet. Weiterführung der Zünddurchschlagversuche mit anderen Brenngasen
ergaben die in Tabelle 2.42 zusammengefaßten Löschabstände d max für enge
Bohrungen bzw. Rohre.
Wiederum wird der Einfluß der normalen Verbrennungsgeschwindigkeit der
Brenngase auf den Löschabstand deutlich.
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 651

lund~ VI · O' I
l'lfi ~j t~s# V,. 601

Abb. l.431. Apparatur zur Untersuchung des Zünddurchschlags von


Brenngas/Luft-Gemischen durch Bohrungen

Die Untersuchungen ergaben aber auch, daß die Abhängigkeit der sicheren
Rohrlänge vom Rohrdurchmesser (Tabelle 2.41) zusätzlich vom Volumen des
Zündgehäuses, nicht aber vom Rohrwerkstoff (Stahl/Glas) abhängt.
Die Sperrwirkung von 4 mm Rohren gegenüber Methanexplosionen wurde
aufgehoben, wenn sie als Wendel (Gesamtlänge 1= 1000 mm) ausgeführt wa-
ren, wobei Wendeldurchmesser und Windungszahl die Übertragungshäufigkeit
beeinflußten [219].
Schuber [218] untersuchte mit seiner Apparatur (Abb.2.245) ebenfalls das
Zünddurchschlagverhalten von Propan und brennbaren Stäuben durch Boh-
rungen.

Tabelle 1.41. Zusammenhang zwischen dem


Bohrungsdurchmesser d B und der sicheren Boh-
rungslänge für das zünddurchschlagwilligste
Methan/Luft-Gemisch (Zündgehäuse V I = 0,21,
Zweitgehäuse V2 = 61)

d B [mm] Sichere Bohrungslänge 1 [mm]

1,5 5
2,0 25
3,0 50
3,5 70
4,0 100
652 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb.2.433. Apparatur zur Untersuchung des Zünddurchschlags von Brenngas/Luft-Gerni-


schen durch enge Rohre (Zündgehäuse V I = 0,21, Zweitgehäuse V2 = 0,41)

Tabelle 2.42. Löschabstände dmax für den


Zünddurchschlag von Brenngasen durch
Rohre (Zündgehäuse VI = 0,21, Zweitge-
häuse V2 = 0,4 I)

Brenngas dmax [rnrn]

Methan 4
Propan 3
Stadtgas 2
Wasserstoff 1

Anstelle des Spaltringpaares wurde zwischen den Flanschen beider Kugel-


hälften des 42 I-Zünd behälters ein Metallring eingelegt, der symmetrisch mit
12 Gewindebohrungen von 3/8" Durchmesser für die Aufnahme durchbohrter
Stahlbolzen vorgegebener Länge versehen war (Abb. 2.434).
Schuber verwendete für seine Untersuchungen solche brennbaren Stäube,
deren Grenzspaltweite (wg = 0,2-1,25 mm) bei einer Spaltlänge von 18
= 25 mm in der Größenordnung von derjenigen von Propan (wg = 0,5 mm)
liegt.
Für eine möglichst hohe Übertragungshäufigkeit war es im Falle der brenn-
baren Stäube notwendig, alle 12 Bohrungen einzusetzen, im Fall von Propan
war eine Bohrung ausreichend.
Die Zündortlage "Bohrungsrand" lieferte wie erwartet für Propan, die
Zündortlage "Raummitte" für die brennbaren Stäube bei konstanter Boh-
rungslänge Niedrigstwerte für den zünddurchschlagsicheren Bohrungsdurch-
messer.
Der Zusammenhang zwischen dem Bohrungs-Grenzdurchmesser d g und der
Länge der Bohrung IB ist für die oben genannten günstigsten Versuchsbedin-
gungen in Abb. 2.435 dargestellt.
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 653

Abb. 2.434. Für Zünddurchschlagversuche mit engen Bohrungen


vorbereiteter 421-Zündbehälter

ir 'mmJ .---------~~--~~-----o---l
8 lycopodium } niedrige Turbulenz
L-
<lJ Zündort ' Raummitte
VI
VI 6 Zündbehälter
<lJ
E Netzschwefel nB = 12

A-_--0----------0--
____
~ --/
~--~A----
I L
VI ~ 4
C7l ::J
c:: "0
::J N
L- c:: 2 Propan ruhend
L <lJ
o L-
Zündort : Nähe Bohrung
co l:l
o OL---l.L..O--2.L..O--30"----4...0--S...0-'-m-m--'J nB = 1

Lünge der Bohrung l B


Abb. 2.435. Bohrungs-Grenzdurchmesser von Propan und brennbaren Stäuben als Funktion
der Länge der Bohrung IB (nB = Anzahl der Bohrungen)
654 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb.2.436. Flammenaustritt aus zünddurchschlagsicheren 8 mm-Bohrungen einer Lycopo-


dium-Explosion

Bei einer Länge der Bohrung von IB - 50 mm stellt sich der Löschabstand
dg,max ein, der für
Lycopodium dg,max = 10 mm,
- Netzschwefel dg,max = 4 mm und
- Propan dg,max = 1,5 mm
beträgt. Der für das Brenngas angegebene Grenzwert liegt deutlich unter den
Angaben von Thbelle 2.42, bedingt durch das deutlich größere Volumen de~
Zündbehälters.
Auch bei zünddurchschlagsicheren Bohrungsabmessungen werden im Au-
ßenraum des Zweitbehälters Flammenerscheinungen beobachtet (Abb. 2.436).
Zusammenfassend ist festzustellen, daß sich der Löschabstand von Brennga-
sen und brennbaren Stäuben, oberhalb dessen eine selbständige Flammenfort-
pflanzung eintritt, im mm-Bereich liegt. Bei Staubexplosionsgefahr ist daher
eine Sicherung gegen Flammendurchschlag nicht leichter realisierbar als bei
der Explosionsgefahr durch Brenngase oder brennbare Dämpfe [6].
Es ist bekannt, daß auch Schichtgüter die Flammenfortpflanzung von
Brenngas-Explosionen aufzuhalten vermögen. Zielsetzung von systematischen
Untersuchungen mit kugelförmigem Schichtgut war es zu prüfen, ob das
Zünddurchschlagverhalten von Brenngasen ähnlichen Gesetzmäßigkeiten un-
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 655

tAbgas

Zünd· Funk.n5/ro,ko
lsololor

Uc/lIP
Glo.kugoln Siob 11: Mo!C~~,. QS mm
• 111 • QS6
V: /.0
2.~

Br.nng..

"
b

Mischdii~

Luft

Abb.2.437. Apparatur für die Untersuchung des Zünddurchschlagverhaltens


von Brenngasen durch kugelförmiges Schichtgut

terliegt, wie sie aus den Untersuchungen über die Wirksamkeit von Spalten
zwischen parallelen Flächen und geraden Rohren als Flammensperre resultie-
ren [220].
Die Versuche wurden mit der in Abb. 2.437 gezeigten Apparatur durchge-
führt. Das Zündgehäuse a (VI = 0,61) ist über eine Kugelschicht (gehalten
durch ein ebenes Drahtsieb) mit dem Zweitbehälter b (V 2 = 61) verbunden.
Die Zünddurchschlagsicherheit einer solchen Flammensperre setzt sich aus
der Wirksamkeit des Haltesiebes und der Kugelschicht zusammen. Bei den zu':,
nächst durchgeführten Versuchen ohne Schichtgut ergab sich, im Gegensatz
zum Zünddurchschlag durch Spalte und Rohre, daß eine Explosionsübertra-
gung um so leichter erfolgt, je weiter die Zündquelle (Induktions-Dauerfun-
kenstrecke: E = 10 J) vom Haltesieb entfernt und je größer seine Maschenweite
ist. Ein Einfluß des Drahtwerkstoffes wurde nicht festgestellt. Für die weiter-
führenden Untersuchungen befand sich daher die Zündquelle im Deckelbe-
reich des Zündgehäuses.
In Abb. 2.438, links ist für Glaskugeln und verschiedene Brenngase der Zu-
sammenhang zwischen der sicheren Schichthöhe h s' bei der eben gerade keine
Explosionsübertragung stattfindet, und dem Kugeldurchmesser D dargestellt.
Um den Zünddurchschlag zu begünstigen, wurden solche Drahtgewebe als Trä-
ger des Schichtgutes ausgewählt, deren Maschenweite ein Durchfallen der zu
untersuchenden Kugelschicht eben gerade verhinderte.
Zunehmende normale Verbrennungsgeschwindigkeit (Methan--+Wasserstoff)
erfordert eine größere sichere Schichthöhe hs ' die zusätzlich vom Volumen des
656 3 Konstruktiver Explosionsschutz

[mmJ [mmJ Propan Wasserstoff


o
.s;;.'" 50 '"
.s;;. Kugel-

"
.s;;.
:0
~150
:0
- <> D=lmm
durchmesser

:5 40 :5 o D=2mm
ii :§ 6.D=6mm
~ 30
CI) ~100 _oD=7mm

"\; ~
"
I ~ i
~ g 50
~ 10 ~
e
~
~
e
~
~
~ ~
<: <:
~ Kugeldurchmesser D ~ Volumen des Zündgehäuses V,

Abb. 2.438. Zünddurchschlagsichere Schichthöhe hs von Brenngasen als Funktion


von Kugeldurchrnesser D und Volumen des Zündgehäuses VI (Glaskugeln)

Zündgehäuses abhängt (Abb. 2.438, rechts). Ferner deuten sich für den Kugel-
durchmesser DAnwendungsgrenzen von Schichtgut als Flammensperre an. Im
Falle von Wasserstoff sind nur 1 mm-Kugeln zünddurchschlagsicher.
Um den Einfluß des Werkstoffs zu untersuchen, wurden neben Glas- auch
Blei- und Aluminium-Kugeln (Verhältnis der Wärmeleitfähigkeiten: 1 : 43 : 259)
verwendet und im Rahmen der Versuchsgenauigkeit kein Einfluß auf die siche-
re Schichthöhe festgestellt.
Die relative Feuchte von Methan/Luft-Gemischen hat einen ähnlichen Ein-
fluß auf die Zünddurchschlaghäufigkeit bei eben gerade noch nicht sicherer
Schichthöhe wie bei den Spaltuntersuchungen: Einem raschen Anstieg folgt
ein Abfall zu hohen Feuchtegehalten hin.
Auch der Einfluß von strömenden Methan/Luft-Gemischen wurde bis zu
Geschwindigkeiten von ca. 1 m/s mit 5 mm-Kugeln untersucht. Erfolgt Ent-
zündung "in Strömungsrichtung" (Gemisch strömt aus dem Zünd- in das
Zweitgehäuse) verdreifacht sich die sichere Schichthöhe. Sie ist hingegen kon-'
stant bei Entzündung "entgegen der Strömungsrichtung" (Gemisch strömt aus
dem Zweit- in das Zündgehäuse). Dieses Untersuchungsergebnis wurde erwar-
tet und war wiederum unabhängig vom Kugelwerkstoff.
In der Praxis können im allgemeinen nicht bewegte und nicht einer häufigen
Nachprüfung bedürfende elektrische Betriebsmittel durch Einbetten in körni-
ges Material gegen umgebende explosionsfähige Atmosphäre zünddurch-
schlagsicher gemacht werden. Man spricht in diesem Zusammenhang von der
Zündschutzart Sandkapselung "Q". Um auch diesen Fall zu erfassen, wurden
mit der in Abb. 2.439 gezeigten Apparatur Zünddurchschlagversuche durchge-
führt.
Das Zweitgehäuse b (V = 61) diente der Gemischherstellung, während im
Zündgehäuse a (V = 0,61) die Zündquelle (Induktions-Dauer-Funkenstrecke:
E = 10 J) innerhalb des Schichtgutes angeordnet war. Die Untersuchungen
wurden wiederum mit Glas- und auch mit Bleikugeln durchgeführt. Der Zu-
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 657

t Abgas

Ventil
Schauglas

Mischdii~

b L"" "

V~rt~l/erdiJ~

Ve>nti/
Gthause a V. 0.6/

Abb. 2.439. Apparatur für die Bestimmung der sicheren Schichthöhe h,


bei Anordnung der Zündquelle im Schichtgut

sammenhang zwischen der zünddurchschlagsicheren Schichthöhe hs über der


Zündquelle und dem Kugeldurchmesser ist für verschiedene Brenngase
Abb. 2.440 zu entnehmen.
Es überraschte zunächst, daß eine Kugellage mit einem von der Brenngasart
abhängigen Kugeldurchmesser ausreichend war, um eine Gemischentzündung
oberhalb der Kugelschicht zu verhindern. Die Versuchszahl wurde daher von
20 auf 100 erhöht und das Versuchsergebnis bestätigt, das wiederum unabhän-
gig vom Kugelwerkstoff war. Vergrößerung dieses Kugeldurchmessers hat er-
wartungsgemäß einen Anstieg der zünddurchschlagsicheren Schichthöhe hs
zur Folge. Außerdem erkennt man, daß wiederum der Möglichkeit der Verhin-

Vl
..c

~ [mmJ
:0 D~
......c
"
0> C
"fi~ 40 ....'0 0.
:C-ai
2
.... " 0
o :::J Vi cl:

l
UlCJ'
V -g 30 E 60

Lf\~"1~
L..::J
"'N
..c
o ...
.~~ 20
" ...
:;::'"
o.a
10
!
~::::J
...o
:::J 1.o_ 6oLo ----
'0
'0
O~o~-~ __~____~__~~
C
::::J
N
o 2 4 6 8 [mmJ
Kugeldurchmesser D
Abb. 2.440. Zünddurchschlagsichere Schichthöhe h, über der Zündquelle
als Funktion des Kugeldurchmessers D für verschiedene Brenngase
658 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Tabelle 2.43. Löschabstände dK max für den


Zünddurchschlag von Brenngasen durch ku-
gelförmige Schichtgüter

Brennstoff dK,max [mm]

Methan 7
Propan 6
Stadtgas 4
Wasserstoff -2

derung einer Flammenfortpflanzung durch Schichten aus kugelförmigem Ma-


terial Grenzen gesetzt sind, die unabhängig von der Schichthöhe allein durch
den Kugeldurchmesser gegeben ist. Es existieren also wiederum Löschabstän-
de. Werden sie überschritten, findet immer eine Flammenfortpflanzung statt,
gleichgültig wie hoch die Schichthöhe ist. Die aus den Untersuchungen resul:
tierenden maximalen Kugeldurchmesser dK,max' die bei entsprechender
Schichthöhe eben gerade noch Sperrwirkung haben, sind in Abhängigkeit von
der Art des Brenngases Tabelle 2.43 zu entnehmen.
Die Betrachtungen in Tabelle 2.43 gelten natürlich nur für die vorgegebene
Funkenenergie von E = 10 J und keinesfalls für deutlich höhere Energien oder
gar Lichtbögen.
Abbildung 2.441 zeigt einen zum Anlassen von Diesellokomotiven im Kohle-
bergbau benötigten Akkumulator, der dadurch gegen Methanexplosionen ab-
gesichert ist, daß die spannungführenden Teile in kugelförmiges Schichtgut
eingebettet wurden.
Abbildung 2.442 zeigt beispielhaft für Methan den Zusammenhang zwi-
schen
sicherer Spaltweite wg und Spaltlänge I,
- sicherem Rohrdurchmesser d R und Rohrlänge I und
- sicherem Kugeldurchmesser d K und Schichthöhe h s •
Unabhängig von der Sperrenart existieren, wie bereits bemerkt, für jede Sperr-
anordnung Löschabstände, die von der Art des Brenngases bestimmt werden

Abb.2.441. Akkumulator für Diesellokomotiven in kugelförmiges Schichtgut eingebettet


(Verschlußdeckel entfernt)
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 659

fmml
10 ""'-'''''''-r7--r7-r7"T"7"?T7"'''''-''''''-:,..,..,,...,,-r7"""7""71-r7-rT"7""T1

2 ~~~F-~-1----~-----+----~
Wmox • 1.2 mm

o 20 40 60 80 100 fmml
Schichthöhe h.
Rohrlänge I
Spa/tlänge I
Abb. 2.442. Zünddurchschlagsichere Abmessungen mechanischer Flammensperren gegen-
über Methanexplosionen

(Abb. 2.443). Sie sind um so geringer, je höher die gasspezifische Kenngröße


Ko ist. Es erscheint bemerkenswert, daß die Verhältniszahlen zwischen den
Werten für die gerade noch sichere Spaltweite (Thbelle 2.38), den gerade noch
sicheren Rohrdurchmesser (Thbelle 2.42) und den eben noch sicheren Kegel-
durchmesser (Thbelle 2.43) annähernd gleich sind. Die unterschiedlichen Maß-
nahmen sind also eng miteinander verwandt.
Man hat es daher bei der Gemischentzündung nach einer mechanischen
Flammensperre mit zwei Entzündungsphänomenen zu tun:

=
1-)
.!;
Z
I
A: I J
~

...c 2.5
~
..a
es
.c
u \0
111
'0
..J
QS

1125

D,I
10 50 100 500 I.........

KG-Wert

Abb. 2.443. Löschabstände von mechanischen Flammensperren gegenüber Brenngasexplo-


sionen
660 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Befindet man sich oberhalb des Löschabstandes, muß grundsätzlich mit


einer Explosionsübertragung gerechnet werden, selbst, wenn die Sperre sehr
lang ist, weil sich die Explosionsflamme selbständig im freien Querschnitt fort-
pflanzen kann.
Befindet man sich unterhalb des Löschabstandes, dann pflanzt sich eine
Verbrennung durch den freien Querschnitt der Sperren eben noch nicht fort,
d. h. bei einer bestimmten Länge (Spaltlänge 1, Rohrlänge 1, Schichthöhe h s )
können sie eine Explosionsübertragung unterbinden. Da für ein bestimmtes
Brenngas und ein vorgegebenes Volumen des Zündgehäuses der Strömungs-
widerstand jeder Sperrenart experimentell nachgewiesen [220J konstant und
unabhängig von ihren gerade noch sicheren Abmessungen ist, kann die Sperr-
wirkung wie folgt erklärt werden: Die im Zündgehäuse bei der Verbrennung
frei werdende Energie ist zwar grundsätzlich ausreichend, um das in seiner
Umgebung vorhandene explosionsfähige Gemisch zu entzünden, wenn nicht
ein Teil dieser Energie dazu verwendet werden müßte, den Widerstand zu über-
winden, den die Öffnungen der Flammensperre der Verbrennung entgegenset-
zen. Die durch Überwindung des Strömungswiderstandes vernichtete Wärme-
energie muß eben gerade so groß sein, daß die verbleibende, aus den Spalten,
Rohren oder kugelförmigen Schichtgütern austretende Restenergie in Form
von heißen Gasstrahlen das außen anstehende Gemisch gerade nicht entzün-
det. Wie die systematischen Untersuchungen ergeben haben, ist dieser Vorgang
unabhängig von der Wärmeleitfähigkeit des Sperrenwerkstoffs. Zufolge der
sehr kurzen Durchgangszeiten der heißen Verbrennungsgase können wesent-
liche Wärmemengen vom Kern der Strahlen durch Wärmeleitung an die Sper-
renanordnungen nicht abgegeben werden, was auch rechnerisch leicht nachzu-
weisen ist. Bei nicht vorhandener Sperrwirkung ist daher der Zünddurchschlag
ein Problem der Wiederentzündung.
Bewiesen wurden die vorherigen Ausführungen mit der in Abb. 2.444 gezeig-
ten Versuchsanordnung. Sie besteht aus dem 0,8 l-Zündgehäuse a, das wahlwei-
se über Spalte, Rohre und kugelförmige Schichtgüter mit dem explosions-
druckentlasteten 9l-Zweitgehäuse b in Verbindung steht [221, 222J.
Für die Thmperaturmessung im Zündgehäuse und im Zweitgehäuse in festge-
legten Abständen von der jeweiligen Sperrenanordnung wurden 3 Mantel-Mi-
niatur-Thermoelemente mit einem Leiterdurchmesser von 0,05-0,1 mm ver-
wendet. Um eine möglichst geringe Anzeigeverzögerung zu erhalten, wurde zu-
nächst die Ummantelung der Elemente durch elektrischen Kurzschluß entfernt
und die Elementenden nach dem Punktschweißverfahren unter einem Mikro-
skop verbunden (Abb. 2.445). Durch Nichtvorhandensein einer "Elementku-
gel" wurde daher eine zusätzliche Verfälschung der Temperaturmessung ver-
mieden.
Beim Hineinschießen in eine Umgebungstemperatur von T = 1000 °C betrug
der zeitliche Thmperaturanstieg dT/dt bei einem Leiterdurchmesser von
0,05 mm 10 °C/ms und einem solchen von 0,1 mm 4,4 °C/ms. Die Bestimmung
der tatsächlichen Thmperatur erfolgte durch Extrapolation auf einen unendlich
dünnen Leiterdurchmesser.
GHniscltkomnw
V.2551
_.-
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 661

....... Lllff

~':::rch. ~------a..+-=".Zündgf'hiJus• •a·


',' ::::::.:L--------Ic,1

",0'

Piezoeleklrisches
Druckelemeni

Zündgehäuse

Geschwindigkeits-
messung
-< .a·

ZündfunkM- I ) Schichtgut
strecke
Temperaturmessung ......
•or der FlamtnM-
sperre ~SSSS:~

Flammen-
sperre

Temperatur -
messung hinltlr 11) Rohre
der Flammen-
sperre

Zweitgehäuse ~
.b" Enllastungsflöche 111) Spalte

Abb. 2.444. Versuchsapparatur für die Bestimmung des Energieabfalls in mechanischen


Flammensperren
662 3 Konstruktiver Explosionsschutz

a b
Abb.2.445. Mikroskopaufnahmen der für die Thmperaturmessung verwendeten Mantel-Mi-
niatur-Thermoelemente ohne Ummantelung. a Leiterdurchmesser 0,05 mm; b Leiterdurch-
messer 0,1 mm

Zusätzlich wurde im Zündgehäuse eine Messung der Explosionsgeschwin-


digkeit durchgeführt und in einem 1. Schritt die sicheren Sperrenabmessungen
gegenüber Methanexplosionen experimentell bestimmt.
Eine Spaltweite von w = 1,0 mm erwies sich erst bei einer Spaltlänge von
I = 25 mm als zünddurchschlagsicher. Abbildung 2.446 macht für diesen Fall
einerseits den Abfall der im Zündgehäuse gemessenen Explosionstemperatur
von T = 1700 oe in den Spalten und andererseits die hieraus resultierenden
Temperaturprofile im Zweitgehäuse bei vorhandener und nicht vorhandener
Sperrwirkung deutlich (bei erwarteter Explosionsübertragung war nur das
Zündgehäuse mit Gemisch befüllt). Zu einem tendenzmäßig sehr ähnlichen
Meßergebnis gelangt man mit Rohren und kugelförmigen Schichtgütern als
Flammensperre.
Aus Abb. 2.447 sind die Temperaturprofile der Verbrennungsgase von Me-
than im Außengemisch für verschiedene Flammensperren und den Fall zu erse-
hen, daß eine Explosion aus dem 0,8 I-Zündgehäuse eben gerade nicht mehr
übertragen wird. Entsprechende Zahlenangaben über die
mittlere Explosionsgeschwindigkeit vex,rn im Zündgehäuse,
Geschwindigkeit vG der Verbrennungsgase innerhalb der Flammensperren,
Maximaltemperatur T rnax der Verbrennungsgase unmittelbar nach den
Sperren und die
Einwirkdauer t E (Verweilzeit) der erhöhten Temperatur im Außengemisch
sind Tabelle 2.44 zu entnehmen.
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 663

Spaltweite w· 7,0 mm

1500
° t-5mm
+ t-15mm
• t-25mm
.....
....~ 1000

o 20 40 60 80 100
Abstand von der Ftammensperre [mm J

Abb, 2.446. Thmperaturabfall der Verbrennungsgase von Methan in Abhängigkeit von der
Spaltlänge und daraus resultierende Thmperaturproflle

Temperatur im Zündbehölter V1 =081


---l----1----1----T----r---
:1--4-+.----1-0 Schichtgut : dK =5 mm, hs =9 mm
+ Spalt: w= t2mm, Is= 25mm
• Rohr: dR = 2,5 mm, IR =50 mm

o 20 40 60 80 100 120 140 160


Abstand von der Flammensperre [mmJ

Abb. 2.447. Thmperaturproflle der Verbrennungsgase von Methan nach eben gerade eine
Explosionsübertragung verhindernden mechanischen Flammensperren

Tabelle 2.44. Kenngrößen der Verbrennungsgase von Methan im Außengemisch bei eben
sicheren Flammensperren (Zündgehäuse: 0,81)

Sperrenart vex,m va Tmax tE


[m/s] [m/s] [0C] [ms]

kugelförmiges Schichtgut 0,62 1,5 500 600


Spalt 0,96 40 1400 400
Rohr 3,60 1000 1700 200
664 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Es besteht also eine Wechselbeziehung zwischen der Explosionsgeschwindig-


keit vex,m im Zündgehäuse einerseits und der Geschwindigkeit Vo der Verbren-
nungsgase innerhalb der Flammensperre andererseits, ihrer Maximaltempera-
tur T max und Einwirkdauer t E auf das Außengemisch. Je höher die Explo-
sionsgeschwindigkeit ist, um so höher ist die Geschwindigkeit der Verbren-
nungsgase in der Sperre. Je kürzer deren Einwirkdauer ist, um so höher darf
die Maximaltemperatur im Außengemisch sein, die eben gerade noch nicht zu
einer Entzündung des Außengemisches führt. Hierbei kann die für Methan an-
gegebene Zündtemperatur deutlich überschritten werden. Die Folgen sind bei
Spalten und Rohren auch experimentell nachgewiesene sichtbare Flammen-
erscheinungen ohne Entzündung des Außengemisches.
Man kann zusammenfassen, daß jede Maßnahme, die zu einer Veränderung
des zeitlichen Explosionsablaufs im Zündgehäuse führt, auch die sicheren Ab-
messungen einer Flammensperre beeinflussen kann, wie die folgenden Beispie-
le zeigen:

Zünddurchschlag durch Rohre und Schichtgüter


Volumenvergrößerung des Zündgehäuses führt nach dem Kubischen Gesetz zu
einer Verlangsamung des Explosionsablaufs und damit zu einer Herabsetzung
der Geschwindigkeit der Verbrennungsgase in der Sperre bzw. zu einer Erhö-
hung ihrer Verweilzeit im Außengemisch. Die sichere'Rohrlänge und die siche-
re Schichthöhe werden angehoben, eventuell der sichere Rohrdurchmesser und
der sichere Kugeldurchmesser vermindert.
Zünddurchschlag durch Ringspalte
Ein Volumeneinfluß ist bei ausreichender Größe des Zündgehäuses nicht fest-
zustellen, weil hierdurch der spezifische Öffnungsquerschnitt vergrößert und
der bei der günstigsten Zündortlage "Spaltrand" ohnehin verlangsamte Explo-
sionsablauf die Geschwindigkeit der Verbrennungsgase im Spalt nicht wesent-
lich verändert. Wird hingegen der Zündort zur Behältermitte verlagert, ver-
stärkt sich die Explosionsheftigkeit und damit auch die Geschwindigkeit der
Verbrennungsgase. Hiermit verbunden ist ein Anwachsen des Strömungswider-
standes und auch der Energieabnahme, d.h. die Grenzspaltweite der meisten
Brenngase erhöht sich.

3.5.3 Entkopplungsmaßnahmen

3.5.3.1 Mechanische Flammensperren


3.5.3.1.1 Vorbemerkung
Die im Kap. 3.5.2 beschriebenen Erkenntnisse über die Wirksamkeit von engen
Durchtrittsquerschnitten werden für die Konstruktion von Flammensperren
angewendet, die an einer vorher bestimmten Stelle eine Explosion abbrechen
oder ihre Weiterleitung verhindern sollen.
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 665

wmmOßßmJIUßIIOJIIIUßIUllmC· ~IION}<

FIotntnttlhllCf • Flammanfilterspal1Weite je nach Medium 0.7 mm


~poll u~
O.5mm
().3mm

Abb. 2.448. Schematische Darstellung einer 2-fach-Bandsicherung [2241

Wichtigster Bauteil flammendurchschlagsicherer Armaturen ist die soge-


nannte Bandsicherung (Abb. 2.448, [223, 224]). Sie entstehen durch paralleles
Aufrollen je eines glatten und gewellten Bandes, so daß Scheiben mit einer
Vielzahl von gleich großen Kanälen mit dreieckigem Querschnitt gebildet wer-
den. Durch Veränderung der Riffeltiefe entstehen unterschiedliche Spaltweiten
(w = 0,3-0,9 mm) bei gleicher Spaltlänge von im allgemeinen I = 10-20 mm.
Je nach Art der flammendurchschlagsicheren Apparatur werden zwei oder drei
Filterscheiben zu einem Sicherungselement zusammengefaßt.
Es ist besonders darauf hinzuweisen, daß die Flammenfilterspaltweiten
nicht den bereits erwähnten "Normspaltweiten" (Tabelle 2.36) entsprechen, die
Stoffkonstanten bezogen auf ein vorgegebenes Prüfverfahren (Abb. 2.401)
sind. Ist allerdings eine Sperrenanordnung für ein Brenngas (oder brennbaren
Dampf) mit vorgegebener Normspaltweite geprüft und zugelassen, dann kann
sie für alle Brennstoffe mit gleicher oder größerer Normspaltweite eingesetzt
werden.
Je nach Verwendung und Einbauart unterscheidet man
Explosionssichere Armaturen: Sie müssen den Flammendurchschlag im
Falle einer Explosion unterbinden und dem auftretenden Explosionsdruck
standhalten.
Dauerbrandsichere Armaturen: Sie müssen bei einer Explosion nicht nur
den Flammendurchschlag verhindern, sondern auch für eine bestimmte
666 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Zeit einem Abbrand standhalten. Es sei denn, es wird durch gezielte Maß-
nahmen (z. B. automatische Löschanlagen) dafür Sorge getragen, daß es zu
keiner längeren Flammenstanddauer im Sperrenbereich kommt.
Detonationssichere Armaturen: Sie müssen einen Flammendurchschlag
auch im Falle einer Detonation verhindern und entsprechendem Druck
standhalten. Die Druckfestigkeit solcher Armaturen muß also wesentlich
höher sein als die der explosionssicheren Armaturen.
Immer werden die engen Durchtrittsquerschnitte der in den folgenden Ausfüh-
rungen beschriebenen Sperrenanordnungen vom Zünddurchschlagvermögen
des Brenngases oder brennbaren Dampfes bestimmt. Davy-Siebe, engmaschige
Drahtnetze, Stahlwolle entsprechen wegen ihrer ungenügend definierten
Durchtrittskanäle und nicht ausreichender mechanischer Festigkeit nicht mehr
den heutigen Anforderungen und sollten in der Industrie nicht mehr angewen-
det werden.

3.5.3.1.2 Explosionssichere und detonationssichere Flammensperren


Explosions- und Detonationssicherungen haben, wie bereits bemerkt, die Auf-
gabe, an einer vorher bestimmbaren Einbaustelle, z. B. in einer Rohrleitung,
den Reaktionsablauf abzubrechen und durch Verhinderung eines Flammen-
durchschlags nachgesetzte Anlagenteile, die nicht konstruktiv abgesichert sind,
vor Schaden zu bewahren. Man spricht in diesem Zusammenhang von stati-
schen (trockenen) Flammensperren.
Der typische Aufbau und die praktische Ausführung von Explosionssiche-
rungen ist Abb. 2.449 zu entnehmen. Sie bestehen aus Bandsicherungen
(Abb. 2.448) in 2- bis 3fach-Schichtung, wo die Betriebsbedingungen das Ent-
stehen einer Detonation (und eines Nachbrandes) mit Sicherheit ausschließen.
Dies bedeutet, daß die maximale Explosionsgeschwindigkeit gesichert V max
- 500 m/s und der maximale Explosionsdruck Pmax = 9-10 bar nicht über-
schreiten darf. Explosionssicherungen dürfen nur als Flammensperre für Ex-
plosionen von solchen Medien eingesetzt werden, deren Normspaltweite größer
oder gleich der im Prüfgutachten angegebenen Normspaltweite ist. Wenn sol-
che Bandsicherungen in gewissen Zeitabständen gereinigt werden müssen, ist
darauf zu achten, daß die dreieckigen Durchtrittsquerschnitte nicht verformt
werden.
Liegen Betriebsbedingungen vor, bei denen nach einer Explosion mit Nach-
brand des Gemisches im Sperrenbereich gerechnet wird, ist ein Temperaturfüh-
ler (Abb. 2.450) vorhanden, der über eine Meldeeinheit Abstell-, Umschalt-
oder Löschfunktionen auslöst.
Speziell für thermische Nachverbrennungsanlagen wurde die in Abb.2.451
gezeigte Flammensperre für große Volumenströme in Verbindung mit geringen
Druckverlusten entwickelt. Der Durchmesser der Sperrenanordnung ist gegen-
über jener der Rohranschlüsse stark vergrößert.
Bei Verschrnutzung der Sicherung nimmt der Druckverlust zu, und über eine
Differenzdruckmessung in Verbindung mit einer Steuereinheit wird die Flam-
mensperre mittels Dampf gereinigt, bis der normale Betriebszustand erreicht
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 667

il!'J(pIoslonsdruck f e~ tes Gehdu se

U_-- - Ofllnuno tur HerOU$nohme der


Flomm~M ,cMrun9

I
6 a

b
Abb.2.449. Explosionssicherungen für enge (a) und weite (b) Rohrquerschnitte [224]

ist. Danach wird die Dampfeinsprühung automatisch abgestellt. Ein Tempera-


turfühler hat die gleiche Aufgabe, wie für Abb. 2.450 beschrieben.
Bandsicherungen (Abb. 2.448) können auch Staubexplosionen entkoppeln.
Sie verhindern nicht nur die Flammenausbreitung von Staubexplosionen aus
explosionsdruckentlasteten Apparaturen (so z. B. aus einem explosionsdruck-
entlasteten Silo in den darüberliegenden Siloboden (Wetterraum» und daher
auch eine Sekundärexplosion im Außenraum, sondern ebenfalls die Ex-
plosionsübertragung in Entlastungsflächen nachgesetzten Abblasrohren
(Abb. 2.276).
Systematische Zünddurchschlagversuche mit unterschiedlichen Bandsiche-
rungen verschiedener Spaltweite w (Dreieckhöhe) und Spaltlänge I in Verbin-
dung mit homogenen Gemischen brennbarer Stäube unterschiedlichen Zünd-
668 3 Konstruktiver Explosionsschutz

z ur TNV · Anlog(l' T
(moglIch. Z"nd ,
quoll.1

Tnc-rmo'lIhlN
(aJQ<>IQSSil?n 'ur
20n. "0 " I

von Abgo s
obQcbendt'r
Anlago

Abb. 2.450. Explosionssicherung mit Thermofühler für die Auslösung von Löschfunktionen
bei Dauerbrandgefahr (224)

durchschlagverhaltens ergaben [225], daß Sperrwirkung nur mit Bandsiche-


rungen in 2fach-Schichtung zu erreichen ist. Sie ist für brennbare Stäube mit
einer Normspaltweite wn ;::: 1,5 mm (Abb. 2.249), d.h. für Produkte mit einer
Mindestzündenergie MZE;::: 5 mJ und Zündtemperatur Tz;::: 400 oe (z. B.
Maisstärke) gegeben, wenn bei Nichtvorhandensein von Abblasrohren die
Spaltweite w = 0,9 mm (l = 10 mm) und bei Vorhandensein bis zu 6 m Länge,
z. B. nach Bandsicherungen explosionsdruckentlasteter Behälter in Betriebs-
räurnen, die Spaltweite w = 0,7 mm (I = 10 mm) beträgt.
Aus systematischen Zünddurchschlagversuchen mit brennbaren Stäuben un-
terschiedlicher staubspezifischer Kenngrößen in Verbindung mit einem 1m3_
und 60 m3-Behälter resultiert der gemäß Abb. 2.452 im zu schützenden Behäl-
ter bei Entlastung über 2fach-Bandsicherungen mit vor- oder nachgesetzter
Berstscheibe mit einem statischen Ansprechdruck Pstat = 0,1 bar auftretende
reduzierte maximale Explosionsdruck Pred,max bzw. die Entlastungsfähigkeit E F
im Vergleich zur Entlastungswirkung von Berstscheiben. Einerseits ist das Un-
tersuchungsergebnis unabhängig vom Behältervolumen, d. h. allgemeingültig,
andererseits behindern 2fach-Bandsicherungen wie Abblasrohre (Abb.2.281)
oder Explosionsklappen (Abb.2.192) den Explosionsdruckentlastungsvor-
gang. Diesem Einfluß ist entweder durch Erhöhung der Behälterfestigkeit p in
Abhängigkeit vom reduzierten maximalen Explosionsdruck Pred,max bei freier,
ungehinderter Entlastung wie folgt zu begegnen:
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 669

00ft1p1 I 'M(N1'Qturbttgr.n~ lH'cX Men I


'I A
Ii y
Q.f&CI,,,A - - - - - - - - - - - ...,
~ - -- -- ------1 ,
t I 1/
11 1
11 1
:1
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__ ____ JL . __
S,c.h".UUhl~nlPlnrl(.hhl"O

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CfIIl09!t(ht
~""dQU.U .. 1

Je aNS." "tI I
" !b'lo( .... ld.·

Abb.2.451. Explosionssicherung für thermische Nachverbrennungsanlagen [224].


a Schematisch; b praktische Ausführung

Spaltweite w = 0,9 rnrn, Is = 10 rnrn, ohne Abblasrohr:


P = 2, 31'po,4on
red, max für Pred,max ~ 2 bar
Spaltweite w = 0,7 rnrn, Is = 10 rnrn, Abblasrohrlänge ~ 6 m:
P = 3, 41' pO,3462
red,max für Pred,max ~ 0,7 bar .
670 3 Konstruktiver Explosionsschutz

D.[bar]
11
0>
C
::J
3
I-
Q)
..c
ü
Cf)
-0
C
o
m
x 0,3
o
+
I
I
E I
I
,; I
~

[%]
"-
w 75
+'
Q)
~
0>
50
..c
:0
'I-
Cf)
0> +
c 25 I
I
I
I
::J Spaltweite: : :
+'
Cf) 3 } I I
o o w=O,9mm,V=1 m 3 ohne Ausblasrohr
:;::; • w=O,9mm,V=60 m
c .c.w=O,7mm,V=1 m3 , Ausblosrohrlönge ~ 6m
w
10L-______L -_ _ _ _~-L~~~
0,1 0,3 [bar]
p : Berstscheibe
red.max.

Abb.2.452. 2fach-Bandsicherungen: Reduzierter maximaler Explosionsdruck P;ed,max und


Entlastungsfähigkeit EF als Funktion des reduzierten maximalen Explosionsdrucks Pred,max
einer Berstscheibe (homogene Staub/Luft-Gemische)

Oder bei Vorgabe der Behälterfestigkeit P ist die Entlastungsfläche F so zu ver-


größern, daß sich bei freier, ungehinderter Entlastung folgender reduzierter
maximaler Explosionsdruck Pred,max einstellt [141]:
Spaltbreite w = 0,9 mm, ls = 10 mm, ohne Abblasrohr:
Pred,max -- 0, 128· P2,456 f··ur p ~ 3 bar
Spaltweite w = 0,7 mm, ls = 10 mm, Abblasrohrlänge ~ 6 m:
- 0, 0288. P2,889
Pred,max - für P ~ 3 bar.
Bei freier (ungehinderter) Entlastung über Berstscheiben gilt für den maxima-
len Explosionsdruck Pmax brennbarer Stäube im Abblasrohr in Abhängigkeit
vom im zu schützenden Behälter zu erwartenden reduzierten maximalen Ex-
plosionsdruck Pred,max:
Pmax = 0,61'Pred,max
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 671

Erfolgt die Explosionsdruckentlastung hingegen über 2fach-Bandsicherungen,


wird nicht nur eine Explosionsübertragung in das Abblasrohr verhindert, son-
dern auch der hier auftretende maximale Druck pi max wie folgt um mehr als
80"70 reduziert:
p:nax = 0,108' Pred,max
Aus Abb. 2.452 geht außerdem hervor, daß bei Anwendung von 2fach-Bandsi-
cherungen als Entlastungseinrichtung bezüglich des reduzierten maximalen
Explosionsdruckes im zu schützenden Behälter eine Obergrenze von
Pred,max = 3 bar zu berücksichtigen ist. Wird dieser Druck überschritten, ist
bei Vorhandensein von Abblasrohren mit Zünddurchschlag zu rechnen. Dies
gilt nicht nur für homogene, sondern auch für inhomogene Staub/Luft-Gemi-
sche und ist bei Anwendung der Berechnungsgleichungen (Nomogramme) für
kubische und langgestreckte Behälter der VDI-Richtlinie 3673 "Druckentla-
stung von Staubexplosionen" [141] zu beachten. Beträgt die Flammenfilter-
spaltweite w = 0,9 mm (1 = 10 mm), darf der reduzierte maximale Explosions-
druck bei freier (ungehinderter) Entlastung Pred,max = 2 bar nicht übersteigen.
Dies entspricht auch der oberen Anwendungsgrenze der genannten Richtlinie.
Bei Anwendung einer Flammenfilterspaltweite w = 0,7 mm (1 = 10 mm) darf
der reduzierte maximale Explosionsdruck bei freier (ungehinderter) Entla-
stung hingegen nicht größer sein als Pred,max = 0,7 bar.
Im Bergbau geschieht die Absaugung von Grubengas in der Weise, daß
durch über Tage befindliche Gebläse das Methan aus besonderen Bohrlöchern,
Gasstrecken oder Gasröschen in eine Sammelleitung und von dort durch die
Schachtleitung nach über Tage gesaugt wird. Hat das Grubengas/Luft-Ge-
misch nur einen geringen Luftanteil (d.h. liegt es über der oberen Explosions-
grenze von Methan), wird es einem Verbraucher, z. B. einer Kesselfeuerung, zu-
geführt (Abb. 2.453).

Verbr aucller Not-Fackel

- Zünddurchsch!agslcherung -

8J : Sicherheits-
Schnellschluflventil
Zünddurchschlag -
SIcherung

Schnellgasprüfer

Abb.2.453. Schematische Darstellung einer Grubengasabsaug-Anlage über Thge


672 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb.2.454. Explosionssicherung aus Plattenschutzpaketen für Rohrleitung DN 300

Ist der Luftanteil sehr hoch und eine Weiterverwendung nicht möglich, wird
das Grubengas über eine Ausblasleitung ("Fackel" auch bei Nichtbrennen ge-
nannt) in die freie Atmosphäre ausgeblasen. Wird der Explosionsbereich von
Methan erreicht, erfolgt Gebläseabschaltung und Notabfackelung über den na-
türlichen Auftrieb. Weil aufgrund der Erfahrung Zünd quellen nicht ausge-
schlossen werden können (z. B. Blitzschlag), war die Anordnung von Explo-
sionssicherungen vor dem Gebläse zur Grube hin und in der "Fackel" notwen-
dig [226].
Zunächst war vorgesehen, die Absicherung zur Grube hin mit sogenannten
Plattenschutzpaketen (Abb. 2.454) vorzunehmen. Es handelt sich hierbei um
Blechpakete von 50 mm Länge (SpaltIänge I = 50 mm), bei denen der Abstand
zwischen den 1 mm-Blechen die Spaltweite bestimmt. Je nach Rohrnennweite
wurden 4, 12 oder 20 solcher Plattenpakete verwendet, d.h. der Querschnitt der
Explosionssicherung war gegenüber dem Rohranschluß erweitert.
Die Zünddurchschlagversuche mit unterschiedlichen Rohrlängen (quasi of-
fen und druckdicht verschlossen) wurden mit Mischgasen aus Methan und
Wasserstoff (Abb. 2.420) durchgeführt und diejenige Zusammensetzung be-
stimmt, bei der eben gerade kein Zünddurchschlag erfolgte.
Zunächst zeigte sich, daß bei druckdichtem Rohrabschluß die Wahrschein-
lichkeit des Zünddurchschlags ab- und bei quasi offenem Rohrabschluß zu-
nimmt. Das Untersuchungsergebnis faßt Tabelle 2.45 zusammen.
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 673

Tabelle 2.45. Sicherheitsfaktoren f, von Plattenschutzpaketen unterschiedlicher Spaltweitf


w gegenüber Methanexplosionen (Spaltlänge I = 50 mm)

DN Anzahl der w f, f, bei Explo·


[mm] Platten pakete [mm] sionsanlauf

150 4 0,51 1,4 29m


350 20 0,54 1,0 11 m
250 12 0,67 <1 2m
300 12 0,65 <1 Om

Unabhängig vom Rohrdurchmesser DN fällt mit zunehmender Spaltweite w


der Sicherheitsfaktor fs und die Anlauflänge der Explosion vor der Flammen-
sperre, bis zu der Sperrwirkung vorhanden ist.
Wird einerseits berücksichtigt, daß bei einer Spaltlänge von I = 50 mm der
Ringspalt eines kubischen Behälters bei einer Spaltweite von w = 1,3 mm
zünddurchschlagsicher gegenüber Methanexplosionen ist (Abb. 2.414, Tabelle
2.38), hierfür aber andererseits bei gleicher Spaltlänge als Rohrsicherung eine
um ca. 50070 geringere Spaltweite notwendig ist, dann zeigt dies, daß Flammen-
sperren in Rohrleitungen anderen Gesetzmäßigkeiten unterliegen.
Weil auch Schichtgüter in der Lage sind, Explosionen aufzuhalten, wurden
für den Bergbau Flammensperren aus kugelförmigem Schichtgut für Rohr-
nennweiten von 50-600 mm Durchmesser entwickelt.
Die Prüfung wurde ebenfalls mit Mischgasen aus Methan und Wasserstoff
durchgeführt, und die in Tabelle 2.43 angegebenen Löschabstände bezüglich
des Kugeldurchmessers für die verschiedenen Brenngase (Methan-'Stadtgas
(Mischgas 30170 CH 4H 2» bestätigt [226].

A
Schmll A - 8
(~ KuglJnJ

Si~bgewebe

Siebfolie

J---+- Verstllrl<ungs-
rippen

I
'-.
8 d. ·6mm . h, ·gOmm }
d" ·5mm. h, 'SOmm Glaskugelful/ung

Abb.2.455. Flammensperre aus kugelförmigem Schichtgut gegen Methanexplosionen


674 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Der grundsätzliche Aufbau einer solchen Explosionssicherung ist aus


Abb. 2.455 zu ersehen.
Als Träger für das Schichtgut dient ein Siebgewebe (Drahtdicke - 3 mm) von
10 mm Maschenweite mit einem aufgelegten engmaschigen Sieb (Drahtdicke
- 1 mm, Maschenweite - 2 mm). Es verhindert das Durchfallen von kugelför-
migem Schichtgut. Es folgt die eigentliche Flammensperre, wiederum gefolgt
von engmaschigem Sieb und Traggewebe. Die Siebabdeckungen müssen fest
miteinander verbunden sein, damit das Schichtgut nicht aufgewirbelt wird.
Zum Erreichen ausreichender Stabilität befinden sich beiderseits der Sperre
Verstärkungsrippen. Damit sich oben zwischen Schichtgut und Gehäusewand
kein Spalt bildet, der die Sperrwirkung vermindern oder sogar aufheben kann,
wird der Rohrquerschnitt überschüttet.
Die in Abb. 2.455 für beide Kugeldurchmesser d K angegebenen Schicht-
höhen hs ergeben sich durch Verdoppelung der Summe aus experimentell be-
stimmter und der um ca. 40070 höheren statistischen sicheren Schichthöhe.
Die oben beschriebene Explosionssicherung wird nicht nur für die Absiche-
rung von Rohren und Gasausblaseleitungen (Abb. 2.453) eingesetzt, sondern
kann auch bei Berücksichtigung der Angaben von Tabelle 2.43 als Flammen-
sperre für andere Brenngase verwendet werden.
Ist das Verhältnis von Rohrleitungsdurchmesser zu Rohrleitungslänge
H/D > 20, dann ist damit zu rechnen, daß eine Brenngasexplosion in eine De-
tonation übergeht. Abgesehen vom höheren Zünddurchschlagvermögen ist die
mechanische Festigkeit von Explosionssicherungen zu folge der deutlich höhe-
ren Druckbelastung nicht ausreichend. Für diesen Fall sind Detonationssiche-
rungen (Abb. 2.456) einzusetzen.

Abb.2.456. Detonationssicherung [224]


3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 675

Sie bestehen aus Bandsicherungen in 3fach-, in speziellen Fällen auch 4fach-


Schichtung. Ein Stoßfang (Detonationsbremse) setzt die hohe Druck- und Ge-
schwindigkeitsenergie herab, reißt die Flammenfront auf und überführt die De-
tonation in eine Explosion, die dann von der Flammensperre aufgehalten wird.
Für die Spaltweite gelten die gleichen Bemerkungen wie sie für Explosionssi-
cherungen gemacht wurden.
Detonationssicherungen sind zünddurchschlagsicher gegenüber Explosio-
nen und Detonationen, jedoch nicht bei anhaltendem Abbrand. Um ihn zu
verhindern, muß entweder die Rohrleitung zwischen einer möglichen Zünd-
quelle und der Einbaustelle entsprechend lang sein (1abelle 2.46), oder es sind
Maßnahmen wie bei Explosionssicherungen (Abb. 2.450) notwendig.
Weitere Einzelheiten sind der Literatur [223, 224] zu entnehmen.

Tabelle 2.46. Mindestlänge 1 von


Rohrleitungen vor Detonationssi-
cherungen DN zur Nachbrandver-
meidung [224]

DN[mm] 1 [m]

15 0,5
20 1,0
25 1,5
32 2,0
40 3,0
50 4,0
65 6,0
80 8,0
100-200 10,0

3.5.3.1.3 Dauerbrandsichere Flammensperren


Dauerbrandsicherungen werden immer als Endsicherungen eingesetzt, z. B. zur
Absicherung der Atmungsöffnung oberirdischer lösungsmittelenthaltender
Behälter (Tanks). Im Gegensatz zu Überdruck- oder Unterdruckventilen [223,
224] handelt es sich um Be- und Entlüftungshauben, wenn Vergasungsverluste
von untergeordneter Bedeutung sind.
Der prinzipielle Aufbau einer dauerbrandsicheren Armatur ist in Abb. 2.457
dargestellt. Ihre Wirksamkeit beruht immer darauf, daß entweder
die Schutzhaube im Falle eines Abbrandes rückstandslos verbrennt
(Abb.2.457, oben) oder
ein Schmelzbolzen durch Wärmeeinwirkung schmilzt, wodurch die metalli-
sche Schutzhaube, betätigt durch ein Gegengewicht (oder eine Spannfeder),
aufklappt (Abb.2.457, unten).
676 3 Konstruktiver Explosionsschutz

(l->~=;t=~R:":7r- Uberd ruck v n Li I

Schutzhaube

Schmelz-
bolzen

b
Abb. 2.457. Dauerbrandsichere Flammensperren. a Schutzhaube verbrennt;
b metallische Haube klappt auf

Die Flammensperren sind so konstruiert, daß sie die beim Abbrand entstehen-
de Reaktionswärme unter allen Betriebsbedingungen ohne Beeinträchtigung
der Sperrwirkung abführen. Abbildung 2.458 zeigt das Schema eines flüssig-
keitsbelasteten Membranventils ohne statische Flammensperre, das den Effekt
der dynamischen Flammensperre [223, 224] nutzt und dauerbrandsicher ist
Es besteht aus Ventilsitz und Ventilaufsatz mit eingespannter Membrane. Sie
wird entsprechend dem Ventilöffnungsdruck kontrolliert über eine Schwim-
meranzeige, mit frostsicherer Flüssigkeit belastet, die oben über eine flammen-
durchschlagsichere Öffnung mit der Atmosphäre in Verbindung steht
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 677

Abb.2.458. Dauerbrandsicheres flüssigkeitsbelastetes Überdruck-Membranventil [224]

Ist der Druck im Thnk größer als der der Flüssigkeitssäule, hebt sich die
Membrane an, und der Thnk wird entlüftet. Kommt es zur Entzündung des
ausströmenden Gemisches, ist die Ausströmungsgeschwindigkeit größer als die
normale Verbrennungsgeschwindigkeit; ein Flammenrückschlag ist daher nicht
möglich (dynamische Flammensperre). Bei kleinem Luftvolumenstrom brennt
die Flamme unmittelbar am Spalt. Die Flamme erwärmt die Membrane, die
sich infolge ihrer Elastizität noch besser an den Ventilsitz anpaßt. Hierdurch
wird der Spalt verkleinert, d.h. die Ausströmgeschwindigkeit des Gemisches
und damit auch die Sicherheit auf Flammendurchschlag erhöht. Außerdem
wird die Membrane durch die Belastungsflüssigkeit so gekühlt, daß eine Funk-
tionsbeeinflussung durch Reaktionswärme nicht gegeben ist.
Bei Grubengasabsauganlagen (Abb.2.453) kann
bei nicht explosionsfähigem, deutlich über der oberen Explosionsgrenze
von Methan liegendem Grubengas ein Brand am Mundloch einer Gasaus-
blasleitung entstehen oder
bei explosionsfähigem Methan/Luft-Gemisch eine Explosion bis zur Ein-
baustelle der Flammensperre in der Gasausblasleitung zurückschlagen.
Sehr ähnlich liegen die Verhältnisse in den Gasausblasleitungen von Thnkschif-
fen [227, 228], die im allgemeinen durch Bandsicherungen abgesichert sind.
Bei der Beladung von Thnkschiffen hat sich ergeben, daß der Öldampfgehalt
in Luft in solchen Leitungen (ON 200-1200) und damit auch im Laderaum im
allgemeinen bis zu einer 40070 - 500J0igen Beladung explosionsfähig ist, bei wei-
678 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Se/lauslösung Elek/rische Auslösung


Löschmillel: cO, Löschmillel: Halone I Pulver
,
~
l " Wärmefühler

Löschdüse - Löschdüse

E:r:!!ll-+-- Flammensperre -;----I!E!::5I


I
Löschlei/ung I Löschle/lung
I
I
I
I Lösch-
millel
: .j.
2' V· _..J... __ --.--" :
2'V.-~-- _____ J
Handauslösung

Abb. 2.459. Schematische Darstellung abbrandgesicherter mechanischer Flamrnensperren in


Brenngas-Ausblasleitungen

terer Beladung wird die obere Explosionsgrenze überschritten. Bis zu


10000 m 3/h Öldampf/Luft-Gemisch können ausgestoßen werden.
In beiden und ähnlich gelagerten Fällen in der Industrie ist es nicht nur er-
wünscht, Nachfolgebrände im Sperrenbereich, sondern auch am Mundloch
der Gasausblasleitung zu löschen. Dieses Ziel kann erreicht werden durch die
Kombination von mechanischen Flammensperren mit automatischen Lösch-
einrichtungen, wie dies in Abb. 2.459 gezeigt wird, vorausgesetzt, der Abstand
zwischen dem Mundloch der Gasausblasleitung und der Einbaustelle der
Flammensperre beträgt einige Meter.
Grundsätzlich können alle bekannten Löschmittel, auch Kohlendioxid und
Wasser, zum Löschen verwendet werden. Wie jedoch aus Abb. 2.460, links her-
vorgeht, sind für die Bekämpfung von Fackelbränden von mit Luft nicht ver-
dünnten Brenngasen Löschpulver auf der Basis von Ammonphosphat sehr viel
wirksamer als z. B. Stickstoff. Es ist in 51-Vorratsbehältern mit sprengkapsel-
betätigtem Ventil (Abb. 2.362) unter einem Stickstoff-Treibmitteldruck von
PN2 = 120 bar gelagert und wird über eine horizontal angeordnete Fächerdüse
(Abb.2.366, links) in die Gasausblasleitung eingebracht. In den Löschmittel-
behältern ist weniger Löschpulver (2 kg) als ursprünglich vorgesehen (5 kg)
enthalten, weil bei "Unterfüllung" die größere Theibmittelmenge für eine
günstigere Löschmittelverteilung sorgt. Bei konstantem Volumenstrom
(Q = 3000 m 3/h) und Leitungsdurchmesser (ON 300) stehen Löschmittelbe-
darf und gasspezifische Kenngröße Ko (normale Verbrennungsgeschwindig-
keit) in einem linearen Zusammenhang. Dies gilt praktisch auch bei Verände-
rung des Leitungsdurchmessers (Abb. 2.460, rechts). In diesem Fall wurden,
wie bei größeren Durchtrittsquerschnitten der Gasausblasleitung üblich, unter-
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 679

;;;
;g
15 .-------.----J SAI-Behäller
PN2=120 bar 101-Behiilter,
Skg Ammonphosphat löschpulver
~
.0
~
1;
PN;120 bar
VI ::E
e10~~~~~----~ 10,--------.--------,--------,
j
~ ... 5.41-Behälter
.- 2 leg Amrnonpl1os-
~ phQt-löschpulver
,~ PN2 =120 bar
~ 5 t---------;;.-'f-------j
;;;
"t:I

ii
N
c:
«
o ~o-----:5:.::00:------::1000::::----:-1
1....1

Durchmesser der GasQusblaseleitung

Durchmesser der Gasausblaseleitung : 3DDmm


Brenngasmenge : 3000 m3/h
Abb. 2.460. Löschmittelbedarf für die Bekämpfung von Fackelbränden (Brenngase mit Luft
nicht verdünnt)

füllte 101-Löschmittelbehälter mit sprengkapselbetätigtem Ventil für die Lö-


schung von Rohgasfackelbränden (die gasspezifische Kenngröße KG~ den
Öldämpfen auf Thnkschiffen) verwendet.
Die für einen bestimmten Ausblasleitungsdurchmesser und Volumenstrom
festgelegte Löschmittelmenge ist in jedem Fall auch ausreichend, um bei Vor-
handensein von explosionsfähigem Brenngas/Luft-Gemisch einen Nachbrand
im Sperrenbereich rasch zu bekämpfen.

3.5.3.2 Nasse Flammendurchschlagsicherungen


Anstelle der trockenen Explosions- und Detonationssicherungen können auch
sogenannte Thuchsicherungen im allgemeinen mit Wasser als Thuchflüssigkeit
eingesetzt werden. Die nach dem Siphonprinzip gestalteten Flüssigkeitsver-
schlüsse (Abb. 2.461) sind so konstruiert, daß das mit Sperrflüssigkeit befüllte
Gehäuse die Gasräume voneinander trennt. Die Flüssigkeit nimmt den Druck-
stoß auf und löscht die Flamme.
Den Zusammenhang zwischen der sicheren Thuchhöhe hs und den im
Thuchtopf gemessenen Explosionskenngrößen von Propan und Wasserstoff
zeigt Abb. 2.462, links. Hierbei wird angenommen, daß eine Explosion am
Mundloch der Ausblasleitung eingeleitet wird. Wie man sieht, sind jedem Wert
für die sichere Thuchhöhe hs ganz bestimmte, den Explosionsablauf im Thuch-
topf charakterisierende Kenngrößen (Pmax' (dp/dt)max) zugeordnet. Bedingt
680 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Anordnung B -:rtT
, I' '
Anordnung A

, I,
I
-;--1'
,, ,,
.

NW20O,I:3m

~~~·l':"i,
I 1

+ Von der Anlage

t
11

I!, ~---

V=125 I

Wasser

NW400

Abb. 2.461. Thuchsicherung mit unterschiedlicher Anordnung der Ausblasleitung

Ibarl ,------"T-----, 1.... 1 . - - - - - , - - - - . ,

+ Anonlnung A
• AnanhmgB

100 1---/----+-----4
lbar/sl , - - - - - , - - - - - ,
..e
\
.c::
o
Vi Propao/l.uft-
Gemische

50 INm/hl

Gemischmenge (explosibell

so ImmJ
Sichere Tauchhöhe h s
a b
Abb.2.462. Einfluß der Explosionsheftigkeit (a) und des Volumenstroms (b) auf die sichere
Thuchhöhe h s
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 681

durch die Massenträgheit der Flüssigkeitssäule haben Wasserstoffexplosionen


eine geringere Tauchhöhe als z. B. Propanexplosionen, um eine Explosions-
übertragung sicher zu verhindern. Ein Einfluß der Ausblasleitungsanordnung
besteht nicht.
Für nasse Explosionssicherungen gilt also nicht die an sich für mechanische
Flammensperren gültige Konvention, daß die für den Explosionsabbruch eines
bestimmten Brenngases oder brennbaren Dampfes konzipierten Sperren gegen
Explosionen mit erhöhtem Zünddurchschlagverhalten keine Sperrwirkung
haben.
Die bisherigen Betrachtungen bezogen sich auf im ruhenden Zustand ent-
zündete Brenngas/Luft-Gemische. Sind sie bewegt (Abb.2.462, rechts), so er-
höht sich, begünstigt durch das in der Thuchung selbst vorhandene Gemisch,
die sichere Tauchhöhe hs •
Die Sperrwirkung einer Tauchsicherung wurde auch für den Fall untersucht,
bei dem Explosionsübertragung aus einer Rohrleitung erfolgt [229]. Rohre
ON 200 bis zu 40 m Länge wurden dem Gemischeintritt der 1801-Thuchsiche-
rung (Abb. 2.463) vorgesetzt, während sich das vertikal abgehende Ausblasrohr
in der Thuchung befand.

Abb.2.463. 1801-Thuchsicherung Abb. 2.464. Versuchsanordnung: Thrbulente


Gemischentzündung
682 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Als Brenngas wurde Propan verwendet. Durch entsprechende Wahl der Ver-
suchsbedingungen (Zündseite entlastet und druckdicht verschlossen, turbulen-
te Gemischentzündung durch Vorsatz eines 440 I-Behälters (Abb. 2.464» wur-
den sowohl Explosionen als auch Detonationen (bei jeweils sehr unterschiedli-
chen Optimalkonzentrationen) in den Flüssigkeitsverschluß übertragen. Die im
Thuchtopf gemessenen Kenngrößen sind (doppeltlogarithmisch) linear vonein-
ander abhängig (Abb. 2.465), je höher die Explosionsheftigkeit um so niedriger
die sichere Thuchhöhe hs • Dies gilt auch dann, wenn zur Verschärfung der
Situation der Zündbehälter (Abb. 2.464) auf 2 m 3 vergrößert wird. Allerdings
wird dann der maximale Explosionsdruck in der Sicherung von Pmax = 28 bar
auf Pmax = 64 bar angehoben. Um Sperrwirkung zu erreichen, benötigen De-
tonationen daher eine geringere Thuchhöhe als Explosionen.
Es wurde nun versucht, die sichere Thuchhöhe durch den Einbau von "Schi-
kanen" (Abb. 2.466) zu beeinflussen.
Unabhängig von der Siebart (und Bohrung: 3,5 und 6 mm) verminderte sich
die sichere Thuchhöhe bei schwacher Explosionsbelastung von hs = 50 mm
auf hs = 20 mm und blieb bei Detonationsbelastung und Verdoppelung des
maximalen Explosionsdruckes mit hs = 10 mm konstant. Dementsprechend
war auch der Wasserausstoß (Abb. 2.467) gegenüber dem Zustand "ohne Sieb-
einbauten" deutlich höher. Nach allen Detonationsversuchen (Gesamtwasser-
höhe H = 210- 250 mm ~ h = 10- 50 mm) war Sperrwirkung nicht mehr gege-
ben.
Nach Angabe von Abb.2.465 stellen sich optimale sichere Thuchhöhen bei
schwacher Explosionsbelastung (ohne Rohrvorsatz) ein. Daher wurde für die-
sen Fall der Einfluß der Strömungsgeschwindigkeit in der Thuchsicherung auf

[bar] Sichere Tauchhöhe :co


x
c
/;. hs =50mm :l
o hs =40mm :;::; 0\
a.E 101 o hs =10mm ~ ~
.::L. I/)
u 2 -g
....
::J "iij
~
::::1
1'.!.
""0
VJ
,§ c5/3..c:

,§/O
C "!.
o 2 E -
11
U 2
"00 "v 0 ~ "iij
1/
U1
o 0 ~ C7I
I/)
"0
a. 10 ::,C
X N ~ N
w E
~

~ E
.... o c I/)

c
Q) JI.
/;.
~
E '"
11

E
"xo -1
10~ __~~__~~__~~__~__~
E
10 0 104 [bar/s]
maximaler zeitlicher Druckanstieg (d P)
dt max
Abb. 2.465. Propan: Maximaler Explosionsdruck Pmax als Funktion des maximalen zeit-
lichen Druckanstiegs (dp/dt)max in der 1801-Thuchsicherung (Angabe der sicheren Thuch-
höhe h,)
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 683

Abb. 2.466. Siebeinbauten für die Thuchsi- Abb.2.467. Wasserausstoß aus der Thuchsi-
cherungen. a Sieb kragen; b Siebtopf cherung bei Detonationsbelastung
(H = 230mm, h = 30mm)

die sichere Tauchhöhe hunter Einbezug der Siebeinbauten untersucht. Am


günstigsten verhielt sich ein Siebtopf mit 6 mm-Bohrungen (Abb.2.468).
Weil zunehmende Strömungs geschwindigkeit v die Explosionsheftigkeit in
der Tauchsicherung erhöht, nimmt bei nicht vorhandenen Siebeinbauten die si-
chere Thuchhöhe hs nicht verhältnisgleich zu, sondern nähert sich einem End-
wert. Noch heftiger ist, wie bemerkt, der Explosionsablauf bei vorhandenen
Siebeinbauten, so daß die sichere Thuchhöhe insgesamt gesehen niedriger ist.

[mm].---------------~
o

----.
150


/ .
5°1 mit Sieb topf: Bohrung 6mm

__~__~____L-~~ Abb. 2.468. Sichere Thuchhöhe h, von


°
O~
Propan als Funktion der Strömungsge-
0,125 0,25 0,275 [m/s] schwindigkeit v (Einfluß von Siebeinbau-
Strömungsgeschwindigkeit V ten)
684 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Bisher wurden die zünddurchschlagwilligsten Propan/Luft-Gemische "in


Strämungsrichtung" entzündet. Die Untersuchungen bei Zündortlage "entge-
gen der Strämungsrichtung" wurden ohne und auch mit 15 m-Zusatzrohr
durchgeführt, das auch der Gasausblasleitung (Abb. 2.469) nachgesetzt war.
Das Versuchsergebnis zeigt Abb. 2.470.
Unabhängig davon, ob sich die Zündquelle auf der Seite des horizontalen
oder vertikalen Rohranschlusses befand, wurden (mit einer Ausnahme) ähnli-
che, sichere Tauchhähen festgestellt wie bei Zündortlage "in Strämungsrich-
tung". Das Zusatzrohr macht wiederum den Thuchtopf sicherer.
Weil sich gezeigt hat (Abb. 2.465), daß heftigere Explosionen (Detonationen)
eine geringere sichere Thuchhähe haben, wurde versucht, durch den Einbau
von Blenden in die vorgesetzte Rohrleitung einen solchen Ablauf zu erzwingen
[230). Diese Untersuchungen hatten jedoch nicht den gewünschten Erfolg.
Die oben beschriebenen Zusammenhänge gelten nur für die gemäß
Abb. 2.463 vorgegebene 180 I-Thuchsicherung und sind keinesfalls zu verallge-
meinern. Sie machen aber die Einflußnahmen deutlich, denen die sichere
Thuchhähe unterliegt. Um Sperrwirkung zu erreichen, bedürfen schwache

[mm]
~o
150
o
_ / Zündort:horiz.Rohr-

100
l'.~
Cl> o ohne Zusatzrohr -
..c _ mit 15m Zusotzrohr
:0
..c
..c
o
~ [mm)

150 I-

100 r-
/~ r~ ~ ~:r-
0 ____-
anschluß

50 / - / -

0:-- 0 I I I
o 0.125 0.25 0.275 [m/sJ
Strömungsgeschwindigkeit v
Abb.2.469 Abb.2.470
Abb.2.469. Zündort: Vertikaler Rohranschluß mit 15 m Zusatzrohr
Abb. 2.470. Propan: Sichere Tauchhöhe hs bei Zündortlage "entgegen der Strömungsrich-
tung" (mit Siebtopf: 6 mm Bohrung)
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 685

Explosionen einer deutlich höheren Thuchung als Detonationen. Die Detona-


tionsprüfung gilt daher nur der Prüfung der Gehäusefestigkeit, die im vorlie-
genden Anwendungsfall mindestens p = 60 bar betragen muß. Vor- und nach-
gesetzte Rohre machen die Sperrenanordnung sicherer. Mit zunehmendem Ge-
mischvolumenstrom wird die nasse Flammensperre unsicherer, d. h. die Tau-
chung muß erhöht werden. Zu beachten ist ferner, daß speziell nach Detona-
tionsbelastung durch Wasserausstoß Sperrwirkung für eine nachfolgende
Explosion nicht mehr vorhanden ist. Auch bei Thuchsicherungen besteht die
Gefahr des Nachbrennens, der wie im Falle der Explosionssicherungen
(Abb. 2.450) begegnet werden kann.
Wenn man auch mit relativ geringen Tauchungen auskommt, um eine
Explosions- oder Detonationsübertragung zu verhindern, muß nach dem au-
genblicklichen Erkenntnisstand für jeden Anwendungsfall eine 1Ypenprüfung
der nassen Flammensperren durchgeführt und der Volumenstrom festgelegt
werden.

3.5.3.3 l.öschmittelsperre

3.5.3.3.1 Beschreibung

Den im Kap. 3.5.3.1 beschriebenen mechanischen Flammensperren mit sehr


engen Durchtrittsquerschnitten haftet die Gefahr der Verschmutzung an. Sie
müssen in bestimmten zeitlichen Abständen gereinigt werden. Ihre Verwen-
dung ist daher im allgemeinen nur in brenngasführenden Rohrleitungen mög-
lich. Daher wurde für staubführende (aber auch für brenngasführende) explo-
sionsgefährdete Rohrleitungen die automatisch arbeitende "Löschmittelsper-
re" (Abb. 2.471) entwickelt.
Ihre Wirksamkeit beruht darauf, daß eine Explosion in einer Rohrleitung
durch einen optischen Flammenmelder (Abb. 2.472) erkannt wird, dessen Aus-
löseimpuls (über eine Steuer- und Überwachungszentrale) im ms-Bereich
Schnellöffnungsventile von Löschmittelbehältern betätigt, wodurch der Weg

Abb. 2.471. Schematische Darstellung einer automatischen Löschmittelsperre


686 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb. 2.472 Abb. 2.473


Abb.2.472. Infrarot-Detektor für Löschmiuelsperre
Abb. 2.473. Fächerdüse für Löschmiuelverteilung bei LöschmiUelsperren

für das Löschmittel über Fächerdüsen (Abb. 2.473) oder gegebenenfalls auch
Teleskop-Fächerdüsen (s. Abb. 2.380) in das Rohrinnere freigegeben wird.
Da es bei Explosionen in Rohren darum geht, die sich ausbreitende Explo-
sionsflamme zu erkennen und abzulöschen, stellt der optische Flammenmelder
das geeignete Auslöseelement für die Sperrenanordnung dar. Druckdetektoren
sind im vorliegenden Fall nicht brauchbar, da es beim Explosionsablauf in
Rohren keine eindeutige Zuordnung zwischen Flammen- und Druckfront gibt.
Optische Detektoren auf Infrarot-Basis haben sich bewährt. Allerdings ist zu
beachten, daß die Flammenfront von Brenngasexplosionen im Bereich der Ex-
plosionsgrenzen im Gegensatz zur stöchiometrischen Zusammensetzung eine
geringe Intensität hat. Um daher unerwünscht hohe Meldeverzögerungen zu
vermeiden, sind die optischen Detektoren hochempfindlich eingestellt. Dies
erhöht die Gefahr zur Fehlauslösung bei Thgeslichteinfall in ein Rohrsystem.
Wegen der gegenüber Gasexplosionen erfahrungsgemäß sehr viel stärkeren
Flammenintensität kann bei Staubexplosionen mit optischen Flammenmel-
dern gearbeitet werden, die weniger empfindlich eingestellt und daher gegen-
über Tageslicht unempfindlich sind.
Wie noch gezeigt werden wird, können automatische Löschmittelsperren Ex-
plosionen in Rohren mit großen und engen Querschnitten an einer definierten,
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 687

vorher bestimmbaren Stelle abbrechen, den Explosionsablauf auf einen be-


stimmten Leitungsteil begrenzen und die Explosionswirkungen mindern. Der
Vorteil dieser Sperrenart gegenüber den mechanischen Flammensperren be-
steht vor allem darin, daß der in Rohren immer störende Druckverlust vermie-
den wird.

3.5.3.3.2 Entwicklung und Anwendung

Im Jahr 1965 wurde erstmalig die in Abb. 2.474 gezeigte Löschmittelsperre von
der Firma TOTAL, Foerstner & Co. (Ladenburg) entwickelt.

Abb. 2.474. Erstentwickelte Löschmittelsperre für Rohrleitungen mit großen Querschnitten


und Löschpulverausstoß
688 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Sie bestand aus einem 51-HRD-Löschmittelbehälter mit einem sprengkap-


selbetätigten Ventil (HRD = High Rate Discharge (Abb. 2.363» mit 5 kg
Löschmittel (Halon, Löschpulver), das unter einem Stickstoff-Treibmitteldruck
von PN2 = 60 bar stand. Die Löschmitteleingabe in die Rohrleitung erfolgte
über eine entsprechende Anzahl von 5, 7 und 10 mm-Düsen, jeweils über einen
Halbring mit einem Löschmittelbehälter verbunden.
Mit obiger Sperrenanordnung gelang zum ersten Mal der Abbruch von
Gichtgasexplosionen (maximaler Explosionsdruck Pmax = 5 bar, gasspezifi-
sche Kenngröße Ka -15 bar·m·s- 1) mit einer überhöhten, mittels Blende er-
reichten Explosionsgeschwindigkeit von vmax = 200 m/s. Hierbei wurde er-
kannt, daß nicht nur 7 mm-Düsen, sondern auch "unterfüllte" Löschmittelbe-
hälter mit nur der halben Löschmittelmenge (PN2 = 60 bar) die beste Lösch-
wirksamkeit haben. Der spezifische Löschmittelbedarf F betrug 2,5 kg/m 2
(Kaliumbikarbonat-Löschpulver) bzw. 5 kg/m 2 (Halon) [231].
Dieses positive Untersuchungsergebnis führte zu der Idee zu prüfen, ob diese
Sperrenart auch die wesentlich heftiger ablaufenden Grubenexplosionen (Me-
than-, Methan/Kohlenstaub- und Kohlenstaub-Explosionen) erfolgreich be-
kämpfen kann. Dies hätte Vorteile gegenüber der Wirksamkeit der bekannten
Gesteinstaub- und Wassertrog-Explosionssperren, die durch den der Flammen-
front vorauseilenden Druck aktiviert werden. Bei sehr langsamem Explosions-
ablauf reicht der Druck u. U. nicht aus, um das Löschmittel zu verteilen, bei
sehr raschem Explosionsablauf ist, wenn die Flammenfront den Sperrenbe-
reich erreicht, das Löschmittel noch nicht ausreichend verteilt. Die Wirksam-
keit der üblichen Untertage-Sperren ist daher zweifelhaft.
Scholl [29] war der erste, der systematische Untersuchungen mit Löschmit-
telsperren durchführte [232-240], und ihm gelang auf Anhieb in einer Rohr-
leitung DN 1400 (l = 20 m) mit der in Abb. 2.474 gezeigten Löschmittelsperre
die Ablöschung einer Methanexplosion (vex,Sperre = 70 m/s) mit 6,5 kg/m 2 und
der Explosionen eines aus 80070 Methan und 20% Wasserstoff zusammenge-
setzten Mischgases (vex,Sperre = 200 m/s) mit 10 kg/m 2 eines Löschpulvers auf
der Basis von Natriumbikarbonat bei voller Löschmittelbehälterbefüllung.
Halogenierte Kohlenwasserstoffe benötigten die doppelte Löschmittelmenge.
Die sehr viel bessere Löschwirksamkeit der Pulver war damit bestätigt. Die Bil-
derfolge Abb.2.475 vermittelt einen visuellen Eindruck von diesen ersten
Löschversuchen.
Scholl erkannte, daß für die Wirksamkeit der automatischen Löschmittel-
sperre die folgenden Einflußnahmen auf den Explosionsablauf von Bedeutung
sind:
Vorinertisierung des vor der Flammenfront über den Sperrenbereich vorge-
schobenen noch unverbrannten Gemisches,
Herabsetzung der Explosionsgeschwindigkeit vor der Sperre durch Behin-
derung der Verdrängungsgeschwindigkeit des noch unverbrannten Gemi-
sches vor der Flammenfront durch die quasi starre Löschmittelwand und
Ablöschen der Flammenzone beim Erreichen der Löschmittelsperre.
Nach diesem ersten positiven Untersuchungsergebnis wurde das Ansprechver-
halten einer ganzen Reihe optischer Detektoren (IRlUV) gegenüber Methan-
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 689

a b
Abb.2.475. Ungehinderte (a) und abgelöschte (b) Explosion des Mischgases 80120 CH4/H 2
690 3 Konstruktiver Explosionsschutz

explosionen untersucht und auch die Flammenspektren gemessen. Die An-


sprechverzögerung (einschließlich Steuer- und Überwachungszentrale) lag zwar
bei stöchiometrischer Zusammensetzung im ms-Bereich, erhöhte sich aber
deutlich zu den Explosionsgrenzen hin. Am günstigsten verhielt sich der in
Abb.2.472 gezeigte Infrarot-Detektor. Für eine Methankonzentration von
6,5 - 11 ,0 VolOJo betrug sie 1 ms, im Bereich der Explosionsgrenzen einige
10ms.
Mit Erfolg wurde auch ein geschwindigkeitsabhängig arbeitendes Melde-
system geprüft. Innerhalb einer Meßstrecke von 5 m wird mit Hilfe von zwei
optischen Detektoren die Explosionsgeschwindigkeit gemessen und über ein
Schaltgerät so umgesetzt, daß die in einem bestimmten Abstand in Explosions-
richtung angeordnete Löschmittelsperre zu einem vorgegebenen Zeitpunkt vor
dem Eintreffen der Flammenfront aktiviert wird.
Auch thermoelektrische Detektoren können für das Auslösen von Löschmit-
telsperren eingesetzt werden. Ein entsprechendes Auslösegerät in Verbindung
mit den bereits erwähnten, sehr rasch ansprechenden Mantel-Miniatur-Ther-
moelementen (Abb. 2.445) wurde von der Fa. Philips entwickelt (Abb. 2.476).
Es ist so ausgelegt, daß für die Betätigung der Ventile der Löschmittelbehälter
eine bestimmte maximale Temperaturanstiegsgeschwindigkeit vorhanden sein
muß, um zu verhindern, daß betriebliche Temperaturschwankungen zu einer
ungewollten Löschmittelfreigabe führen. Das Gerät hat eine durch das Meß-
prinzip bedingte und auch erwünschte geschwindigkeitsabhängige Meldeverzö-
gerung. Es er faßt, und dies ist sein Vorteil, den gesamten Explosionsbereich
von Methan.
Beide zuletzt genannten explosionsgeschwindigkeitsabhängig arbeitende
Auslösegeräte der Jahre 1966/1967 sind, aus welchen Gründen auch immer,
leider nicht weiterentwickelt worden.
Scholl führte nun seine Untersuchungen in der auf 1= 40 m verlängerten,
einseitig offenen Rohrleitung DN 1400 (Abb.2.477) weiter.

Abb. 2.476. Philips-Thermoelektrisches Auslösegerät für Löschmiuelsperren


3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 691

Abb.2.477. Rohrleitung DN 1400 von 40 m Länge

Die für die Untersuchungen mit Kohlenstaub benötigten homogenen Staub/


Luft-Gemische wurden nach dem Normverfahren [31] in der gesamten Rohrlei-
tung erstellt: Rasches Ausblasen von Staub über perforierte Halbringdüsen aus
Staubvorratsbehältern mit sprengkapselbetätigtem Ventil. Durch systematische
Veränderung der ausgestoßenen Staubmenge wurde die Staubkonzentration
variiert. Die Entzündung der Kohlenstaub/Luft-Gemische erfolgte durch eine
Methanexplosion optimaler Konzentration in einem durch eine Folie abgeteil-
ten kleinen Teilvolumen am geschlossenen Rohrende zu einem definierten Zeit-
punkt.
Bei der Untersuchung von Methan/Kohlenstaub-Explosionen wurde in glei-
cher Weise verfahren, wobei der zusätzliche Methananteil in der Verbrennungs-
luft maximal 3 Vol % betrug.
Die Löschmittelsperre (Abb. 2.474) befand sich beim 31. Leitungsmeter. Ver-
besserung ihrer Löschwirksamkeit um ca. 10% konnte durch den Übergang zu
Viertelringen, jeweils mit einem Löschmittelbehälter verbunden (Abb. 2.478),
erreicht werden. Die Ringe waren unmittelbar auf der Rohrleitung so ver-
schweißt, daß sich ihre 7 mm-Bohrungen direkt über den entsprechenden Boh-
rungen in der Rohrwand befanden.
Aus Voruntersuchungen ergab sich zunächst:
Für die Bekämpfung der relativ langsam ablaufenden Explosionen inho-
mogener Methan/Luft-Gemische unter der Rohrfirste (Konzentrationsge-
fälle: Rohrboden = 2-5 Vol%, Rohrfirste = 32-42 Vol%) mit Natriumbi-
karbonat-Löschpulver waren unterfüllte Löschmittelbehälter (2 kg) deut-
lich wirksamer als vollbefüllte Behälter (5 kg).
Für die Inertisierung von Kohlenstaub war eine Vermischung mit 70 Gew%
Natriumbikarbonat-Löschpulver und mit 50 Gew% Gesteinstaub notwen-
dig, um eine selbständige Explosionsfortpflanzung in der Rohrleitung
DN 1400 zu unterbinden.
Bei den eigentlichen Versuchen zur Bekämpfung von Methan-, Methan/Koh-
lenstaub- und Kohlenstaubexplosionen wurde daher
Natriumbikarbonat-Löschpulver in Verbindung mit vollbefüllten (5 kg)
und unter füllten 51-Löschmittelbehältern (2 kg) eingesetzt und die
692 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb.2.478. Gegenüber Abb.2.474 verbesserte Löschmittelsperre und Pulverausstoß

Löschpulververteilung auch über Fächerdüsen mit einem Ausströmwinkel


von 180 0 (Abb. 2.473 u. 2.479) vorgenommen, verbunden mit jeweils einem
Löschmittelbehälter.
Das Untersuchungsergebnis faßt Thbelle 2.47 zusammen.
Durch dieses Untersuchungsergebnis wurde zunächst die deutlich bessere
Löschwirksamkeit unterfüllter Löschmittelbehälter erneut bestätigt. Unabhän-
gig von der Brennstoffart und der Explosionsgeschwindigkeit (ohne ausgelöste
Sperre) im Sperrenbereich von vex,sperre-200m/s hat die Löschmittelvertei-
lung über die Fächerdüse den geringsten spezifischen Löschpulverbedarf. Da-
mit war es Scholl erstmalig gelungen, alle Arten von Grubenexplosionen mit
einem Löschpulver wirksam zu bekämpfen.
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 693

Abb. 2.479. Löschpulverausstoß aus Fächerdüse


694 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Tabelle 1.47. Rohrleitung DN 1400: Spezifischer Löschpulverbedarf in Abhängigkeit von


der Art der Löschpulvereingabe und Löschmittelbehälterbefüllung (5l-LM-Behälter mit ei-
nem 3/4"-Ventil, PN2 = 60 bar, NaHCOrLöschpulver)

Brennstoff vex,sperre LM-Behälter Löschpulvereingabe Spez. Lösch-


[m/s] über pulverbedarf
[kg/m2]

Methan 170 vollbefüllt 7 mm-Bohrungen 33

unterfüllt 14,5

Fächerdüse 10

Methan! 200-300 vollbefüllt 7 mm-Bohrungen 39


Kohlenstaub
unterfüllt 20

Fächerdüse 10

Kohlenstaub 200-300 vollbefüllt 7 mm-Bohrungen 36

unterfüllt 20

Fächerdüse 8

Die bisherigen Ausführungen beziehen sich auf ein handelsübliches Lösch-


pulver auf der Basis von Natriumbikarbonat. Zwischenzeitlich war von den
Explosionsunterdrückungsversuchen bekannt geworden, daß Ammonphos-
phat-Löschpulver eine sehr gute Unterdrückungs fähigkeit hatten. Daher wurde
in die weiterführenden Untersuchungen dieses Löschmittel und auch Wasser
einbezogen (Thbelle 2.48).
Wie man sieht, kann auch Wasser für die Explosionsbekämpfung verwendet
werden. Jedoch hat ein Löschpulver auf Ammonphosphatbasis die beste
Löschwirksamkeit und erfordert den geringsten spezifischen LöschmitteIbe-
darf.
Faßt man zusammen, so besteht die günstigste Löschanordnung aus 5 1-
Löschmittelbehältern mit einem sprengkapselbetätigten Ventil. Sie enthalten

Tabelle 1.48. Rohrleitung DN 1400: Einfluß der Art des Löschmittels auf den spezifischen
Löschmittelbedarf (5l-LM-Behälter (unterfüllt) mit einem 3/4"-Ventil, PN2 = 60 bar, Fä-
cherdüse)

Löschmittel NH4H 2P 04 NaHC0 3 H 20

Brennstoff vex,Sperre [m/s1 Spezifischer Löschmittelbedarf [kg/m2]

Methan 170 10 10 13
Methan/ 200-300 8 10 10
Kohlenstaub
Kohlenstaub 200-300 5 8 8
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 695

2 kg Löschpulver auf der Basis von Ammonphosphat unter einem Stickstoff-


Treibmitteldruck von PN2 = 60 bar, das über Fächerdüsen in das Rohrinnere
ausgetragen wird. Der spezifische Löschmittelbedarf fällt vom Methan über
Methan/Kohlenstaub zum Kohlenstaub hin. Es wurde erwartet, daß hybride
Gemische aus Methan und Kohlenstaub einen höheren Löschmittelbedarf als
reine Kohlenstaubexplosionen haben.
Welchen Einfluß hat nun eine Veränderung des Rohrleitungsquerschnitts
auf den spezifischen Löschpulverbedarf? Zur Beantwortung dieser Frage wur-
de unter Beibehaltung des Versuchsverfahrens zu entsprechenden Untersu-
chungen in der 5 m2-Rohrleitung von 140 m Länge (Abb. 1.249) übergegangen
und die Löschmittelsperre beim 45. Leitungsmeter angeordnet. Bei diesem
Standort lagen die Explosionsgeschwindigkeiten mit vex,Sperre - 200 m/s in der
gleichen Größenordnung wie in Rohrleitung DN 1400.
Bereits die ersten mit Methan durchgeführten Löschversuche machten es er-
forderlich, die 51-Löschmittelbehälter mit 4 kg Löschpulver zu befüllen und
den Stickstoff-Treibmitteldruck auf PN2 = 120 bar heraufzusetzen. Mit 14 Be-
hältern ~ 11,2 kg/m 2 gelang der erfolgreiche Explosionsabbruch. Mit diesem
Ergebnis wurde die entsprechende Zahlenangabe für die Rohrleitung DN 1400
in Tabelle 2.48 im Rahmen der Versuchsgenauigkeit bestätigt. Dies bedeutet,
daß in Rohren mit großem Durchmesser bei gleicher Explosionsgeschwindig-
keit der spezifische Löschmittelbedarf unabhängig vom Rohrquerschnitt ist.
Eine weitere Verbesserung erbrachte der Übergang zu 51-Löschmittelbehäl-
tern mit zwei sprengkapselbetätigten 3/4"-Ventilen, ebenfalls mit 4 kg Lösch-

Abb.2.480. Aus 51-Löschmittelbehältern mit Doppelventil


bestehende Löschmittelsperre für 5 m2-Rohrleitung
696 3 Konstruktiver Explosionsschutz

700 1 II
~
e .r·-·....J·'
I - - - 9 Val.· 'I, C H4

/
250g/mJ Kohlenstaub
·5 250g/mJ Kohlenstaub
~:a • 3 Val.· 'I, CH,
500 /
{i P _ 2.4 bar. •
&~ 400 P _ 3,4 bar

'=- ~~
I
<
P - 1,9 barl ~
i~ le
::: :c I~
~~ Ij
~ ·a
"t.l1
liii
I
~ I

9000
Rohrlänge 111 in m

Abb.2,481. Ablauf von Methan-, Methan/Kohlenstaub- und Kohlenstaubexplosionen


in der 5 m2-Rohrleitung

pulver befüllt und unter einem Treibmitteldruck von PN2 = 120 bar stehend
(Abb. 2.480). Durch diese Maßnahme wurde die Löschpulverausstoßzeit unge-
fähr halbiert und der 'spezifische Löschpulverbedarf gegenüber den Angaben
von Thbelle 2.48 um ca. 35070 herabgesetzt.
Es stellt sich ferner die Frage nach der Änderung des spezifischen Löschpul-
verbedarfs bei Verdoppelung der Explosionsgeschwindigkeit. Weil sie auf
Grund der Ergebnisse der Grundlagenversuche beim 90. Leitungsmeter auftritt
(Abb. 2.481), wurde die Löschmittelsperre an diesen Standort verlegt. Das Er-
gebnis der Löschversuche faßt Thbelle 2.49 zusammen.
Verdoppelung der Explosionsgeschwindigkeit verlangt also eine Verdoppe-
lung des spezifischen Löschpulverbedarfs, um Explosionen erfolgreich in
Großrohrleitungen abzubrechen. Er erhöht sich (Kohlenstaub-+Methan/Koh-
lenstaub-+Methan) im Verhältnis 1: 1,5: 2.
Die oben angesprochenen Untersuchungen haben einerseits ergeben, daß
sich der spezifische Löschpulverbedarf in Rohren mit großen Querschnitten
proportional mit der an der Sperre erwarteten Explosionsgeschwindigkeit ver-
ändert. Proportionalität herrscht aber auch zwischen Explosionsgeschwindig-
keit und Explosionsdruck (Abb. 1.260). Daher besteht ein linearer Zusammen-
hang zwischen dem am Einbauort der Sperre erwarteten Explosionsdruck und

Tabelle 2.49. Rohrleitung DN 2500: Einfluß der Explosionsgeschwindigkeit vex,Sperre auf


spezifischen Löschpulverbedarf (51-Löschmittelbehälter mit Doppelventil, je 4 kg Ammon-
phosphat-Löschpulver, PN2 = 120 bar, Pulveraustrag über Fächerdüse)

vex,Sperre [m/s] -200 -400

Brennstoff Spez. Löschpulverbedarf [kg/m2]

Methan 6,4 12,8


Methan/Kohlenstaub 4,8 9,6
Kohlenstaub 3,2 6,4
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 697

[ kgl

/ o Methanexplosionen
o Kohlenstaubexplosionen

/
0
t:. Methan/Kohlenstaub-Explosionen
Streckenquerschnitt: ~ 5 m2
- Explosionsgeschwindigkeit : ~ 4OOm/s
t:.

/
51-Löschmittelbehälter mit zwei
3/4" -Ventilen
Ammonphosphat- Löschpulver

!
o 0
p = 120 bar
N2

I I I I
1 2 3 4 [tnrl
Pex: Löschmittelsperre

Abb, 2.482. Spezifischer Löschpulverbedarf als Funktion des an der Löschmittelsperre


zu erwartenden Explosionsdruckes Pex

der spezifischen Löschpulvermenge, die für einen erfolgreichen Explosions-


abbruch notwendig ist (Abb. 2.482).
Vor Weiterführung der Versuche war es notwendig, das offene Mundloch der
5 m2-Rohrleitung aus Umweltschutzgründen mit einem Schalldämpfer zu ver-
sehen. Hierdurch wurde mit Methan in Optimalkonzentration bereits beim 60.
Leitungsmeter eine Explosionsgeschwindigkeit von 400 m/s erreicht und die
Löschmittelsperre an diese Stelle verlegt.
Die weiterführenden Versuche hatten die Zielsetzung, die Anzahl der Lösch-
mittelbehälter herabzusetzen, indem zu 12,3 I-Behältern mit zwei sprengkapsel-
betätigten lI/-Ventilen (Abb. 2.483) übergegangen wurde. Der Löschpulveraus-
trag erfolgte wiederum über Fächerdüsen.

Abb.2.483. Aus 12,31-Löschmittelbehältern mit 1"-Doppelventilen bestehende Löschmittel-


sperre für 5 m2-Rohrleitung
698 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Zwölf solcher Löschmittelbehälter (jeweils befüllt mit 6 kg Ammonpho-


sphat-Pulver bei einem Stickstoff-Theibmitteldruck von PN2 = 120 bar) waren
im Gegensatz zu sechzehn 51-Behältern mit 3/4"-Doppelventilen für die wirk-
same Bekämpfung von Methanexplosionen notwendig. Dies entspricht einem
spezifischen Löschpulverbedarf von 14,4 kg/m2 •
Kryolith-Löschpulver hatte, wie im Zusammenhang mit der konstruktiven
Schutzmaßnahme "Explosionsunterdrückung" erwähnt, eine besonders gute
Unterdrückungsfähigkeit. Dies wurde auch für Löschmittelsperren bestätigt
und der spezifische Löschpulverbedarf für die Bekämpfung von Methanexplo-
sionen auf 12 kg/m2 gesenkt. Wegen des hohen Schüttgewichts waren aller-
dings nur 5 kg Kryolith in den 12,3 I-Behältern enthalten.
Je nach Explosionsart (Methan, Methan/Kohlenstaub, Kohlenstaub) befand
sich zwar der optische Detektor in unterschiedlichen Entfernungen von der
Sperre, Scholl wies jedoch in einer Abschlußversuchsreihe in der 5 m2-Rohr-
leitung nach [238J, daß bei dem für Methanexplosionen geltenden Abstand
Flammenmelder/Sperre und spezifischem Löschpulverbedarf auch Methan/
Kohlenstaub- und Kohlenstaubexplosionen mit einer Explosionsgeschwindig-
keit von ca. 400 m/s wirksam bekämpft werden. Dies gilt auch für inhomogene
Kohlenstaub/Luft-Gemische (Rundumstreuung von Hand vor Versuchsbeginn
in der Rohrleitung: vex,Sperre-130 m/s) und im allgemeinen auch für das Ab-
flammen von Methanfirstenschichten (vex,Sperre - 40 m/s). Diese Feststellungen
sind wichtig für den gedachten Untertage-Einsatz dieser Sperrenart.
Die Wirksamkeit der Löschmittelsperre wurde auch durch praxisnahe Unter-
tage-Explosionsversuche in Strecken bis zu 8 m2-Querschnitt bestätigt. Der
spezifische Löschmittelbedarf mußte jedoch um ca. 40"70 erhöht werden.
Aus diesen Untersuchungen resultierte die sogenannte "Auslösesperre".
Durch Auswahl entsprechender Photozellen wurde ein selektiv arbeitender UV-
Flammen-Detektor entwickelt, der unabhängig von äußeren Einflüssen (Gru-
bengeleucht) arbeitet [241J.
Für kritische Einsätze der Grubenwehr wurde eine "Mobile Auslösesperre"
entwickelt [242J. Eine Batterie sorgt nicht nur für die Notstromversorgung bei
Netzausfall, sondern auch für einen netzunabhängigen Einsatz. Sie besteht aus
fünfzig 12,31-Löschmittelbehältern mit 1"-Doppelventil, jeweils befüllt mit
8 kg Ammonphosphat-Pulver unter einem Stickstoff-Theibmitteldruck von
PN2 = 120 bar und Löschpulververteilung über Fächerdüsen (Abb. 2.484).
28 Löschmittelbehälter sind auf einer Einheit, während auf der anderen 22 Be-
hälter und die Energieversorgung angeordnet sind. Diese Sperre ist auch als
"Mehrfachlöschsystem" geeignet, eine vorgegebene Anzahl von nacheinander
erfolgenden Explosionen (z. B. in Verbindung mit einem Grubenbrand) wirk-
sam zu bekämpfen.
Beide Sperrenarten wurden untertägig auf Betriebssicherheit, vor allem im
Hinblick auf die Selektivität der Auslöseelektronik, mit Erfolg erprobt und
auch eine eventuelle Personengefährdung durch die aktivierten Löschsysteme
in die Untersuchungen einbezogen [243J.
Bei Thilschnitt-Vortriebsmaschinen mit im allgemeinen hoher Leistung be-
steht Entzündungsgefahr des beim Lösevorgang freigesetzten Methans. Um sie
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 699

Abb. 2.484. Mobile Auslösesperre [242]

zu vermindern, wurde eine spezielle Explosionslöschanlage entwickelt [244]. In


ca. 3 m Abstand von der Schneidkopfspitze befinden sich die den Schneidkopf
überwachenden UV-Detektoren (Abb. 2.485, oben). Die Verteilung des Lösch-
pulvers aus 12,31-Löschmittelbehältern erfolgt symmetrisch radial um die ge-
samte Schneideinheit, d.h. senkrecht zur Längsachse. Dieses Löschsystem, das
auch als "Mehrfachlöschanlage" arbeitet, wurde erfolgreich in einer 20 m2_
Bogenstrecke in explosionsfähigen Methan/Luft-Gemischen verschiedener
Konzentrationen bei unterschiedlichen Zündortlagen getestet (Abb. 2.485,
unten).

Behälter mit HRD-Läschmitlelbehöllern und Düsen

Abb. 2.485. Schematische Darstellung der automatischen Löschanlage an Thilschnitt-Vor-


triebsmaschinen (a) und radiale Verteilung des Löschpulvers (b) [244]
700 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Auch voll ausgebildete Puderzucker-Staubexplosionen wurden in der Rohr-


leitung DN 1400 mit Erfolg beim 30. Leitungsmeter abgebrochen [233]. Ver-
doppelung der staubspezifischen Kenngröße und damit auch des Explosions-
druckes im Sperrenbereich gegenüber Kohlenstaub erfordern für eine Explo-
sionsgeschwindigkeit von 300 m/s einen doppelten spezifischen Löschpulver-
bedarf als den in Tabelle 2.47 für Kohlenstaub angegebenen.
In vielen praktischen Fällen ist es nicht möglich, Silozellen, wie gefordert,
unmittelbar oder über Ausblasrohre in ungefährliche Richtung in die freie At-
mosphäre zu explosionsdruckentlasten. Oben auf dem Silo befindet sich häu-
fig eine Art ,~etterschutzraum" (auch "Siloboden" genannt), der zum Zweck
der Silobesichtigung und -reinigung begangen oder auch befahren werden
muß. Eine Explosionsdruckentlastung erfolgt daher in den genannten Silobo-
den, der durch Druck- und Flammenentwicklung gefährdet ist. Untersuchun-
gen [245, 246] mit einem simulierten explosionsdruckentlasteten Siloboden
(V = 100 m3 , F = 9 m 2 , Pstat = 0,08 bar), der auf ein explosionsdruckentlaste-
tes 20 m3-Silo (H/D = 6,25, F = 1,54 m2 , Pstat = 0,1 bar) aufgesetzt war
(Abb. 2.486), haben bewiesen, daß dies durch den Einsatz einer Löschmittel-
sperre im Bereich der Siloentlastung (Abb. 2.487) verhindert werden kann.
Es handelt sich hierbei um drei Löschmittelbehälter von 10 I (51) Inhalt mit
3"-Doppelventilen, die mit 7 kg (4 kg) Löschpulver auf der Basis von Ammon-
phosphat (Treibmitteldruck PN2 = 120 bar) befüllt und unter einem Winkel

Abb.2.486. 20 m3-Betonsilo mit aufgesetztem 100 m3-Siloboden


3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 701

Abb.2.487. Löschmittelsperre im rnnern des Silobodens im Bereich der Siloentlastung

von 120 0 gegeneinander versetzt waren. Die Löschpulververteilung erfolgte


wiederum über Fächerdüsen, und die entsprechenden Leitungen waren so ge-
formt, daß sie auf die Siloentlastung gerichtet waren. Der die Sperre aktivie-
rende optische FlammenrneIder befand sich in einer Entfernung von 4 m in der
Silowand.
Für die Untersuchungen wurden homogene Maisstärke-Staub/Luft-Gemi-
sche u.a. in Optimalkonzentration verwendet, ein Produkt, das bei einem ma-
ximalen Explosionsdruck von Pmax - 9 bar dem oberen Grenzbereich der
Staubexplosionsklasse St 1 zuzuordnen ist. Die Zündquelle (E = 10 kJ) war in
Silomitte und am geschlossenen Siloende angeordnet.
Das hinsichtlich der maximalen Explosionsgeschwindigkeit V max und des re-
duzierten maximalen Explosionsdruckes Pred,max erhaltene Untersuchungser-
gebnis einschließlich des Abschlußversuches ohne Löschmittelsperre faßt Ta-
belle 2.50 zusammen.
Die Löschmittelsperre beeinflußt also kaum die maximale Explosionsge-
schwindigkeit Vmax im Silo, setzt aber hier den reduzierten maximalen Explo-
sionsdruck Pred,max um ca. 30070 und im Siloboden um ca. 70% herab.

Tabelle 2.50. Wirksamkeit einer Löschmittelsperre im Bereich des Silodaches auf die maxi-
malen Explosionskenngrößen von Maisstärke in Optimalkonzentration

Meßort Silo Siloboden

Zündort Spez. Löschpulver- vrnax Pred,rnax Pred,rnax Bemerkungen


menge [kg/m2] [m/s] [bar] [bar]

Silomitte 10,4 27 0,42 0,09 keine Flamme


geschlossenes 6,0 229 0,41 0,09 schwache Flamme
Siloende 10,4 225 0,41 0,09 keine Flamme
a
235 0,59 0,28 Siloboden zerstört

a ohne Löschmittelsperre
702 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Während bei der geringeren spezifischen Löschpulvermenge (6,0 kg/m2) im


Siloboden eine kurzzeitige Flamme beobachtet wird (Abb. 2.488,links), ist bei
erhöhter Pulvermenge (10,4 kg/m2) keine Flammenerscheinung sichtbar
(Abb.2.488, rechts).
Die Abb. 2.489 vermittelt einen visuellen Eindruck von diesen Untersuchun-
gen.
Die vorstehenden Ausführungen haben bestätigt, daß der Einsatz von
Löschmittelsperren nicht nur in Rohrleitungen mit großen Querschnitten, son-
dern auch zur Verhinderung des Explosionsübertritts aus einem Silo in den Si-
loboden von hervorragender Wirksamkeit ist. Diese Sperrenart begrenzt nicht
nur den Ablauf speziell von Staubexplosionen und mindert Explosionsauswir-
kungen, sondern beschränkt auch, ähnlich wie mechanische Flammensperren
(Abb. 2.452), die Flammenausdehnung wesentlich.
Die Anwendung der Löschmittelsperre ist keineswegs auf weite Rohrquer-
schnitte beschränkt, sondern auch für enge Rohrquerschnitte geeignet. Ihre
Entwicklung war ähnlich (Abb. 2.490).
Im Jahr 1966 gelang erstmalig der Abbruch von langsam ablaufenden Me-
thanexplosionen (vex,Sperre = 60 m/s) in einer Rohrleitung DN 300 allein durch
die Eingabe von Stickstoff über 7 mm-Düsen (Abb. 2.490, oben) aus drei 51-
Vorratsbehältern mit einem 3/4"-sprengkapselbetätigten Ventil und einem
neibmitteldruck von PN2 = 60 bar [233], allerdings nicht bei höheren Explo-
sionsgeschwindigkeiten. Bei weiterführenden Löschversuchen mit Methan und
einer überhöhten Explosionsgeschwindigkeit von vex,Sperre = 400 m/s erwies
sich nicht nur ein Löschpulver (NaHC03) dem Halon (CF2CIBr) überlegen,
sondern auch der unter füllte Löschmittelbehälter dem vollbefüllten. Damit
wurden die an Rohrleitungen mit großem Durchmesser gewonnenen Erkennt-
nisse bestätigt.
Scholl [29] unterbrach auch in der nunmehr auf 60 m verlängerten Rohrlei-
tung DN 300 mit der verbesserten Löschmittelsperre (Abb. 2.490, Mitte) deto-
nationsähnliche Abläufe von Methan.
Danach ruhte die Entwicklung zugunsten der Löschmittelsperre für große
Rohrdurchmesser bis zum Jahr 1970.
Die Untersuchungen wurden dann zunächst mit brennbaren Stäuben
(staubspezifische Kenngröße Kst = 100-550 bar·m·s- 1) in Rohrleitungen
DN 400-700 mit homogenen Gemischen (Normverfahren) weitergeführt und
die Sperrenanordnung gemäß Abb. 2.490 (unten) angewendet. Für die Lösch-
mittelbevorratung wurden die gleichen Behälter verwendet, wie sie für die
Explosionsunterdrückung (Abb. 2.362) eingesetzt werden:
51-Löschmittelbehälter mit einem 3/4"-Ventil, die an Rohrleitungen mit en-
geren Rohrquerschnitten (:s DN 400) angewendet werden und mit 2 kg des
geeignetsten Löschmittels befüllt sind, sowie
51-Behälter mit 3/4"-Doppelventilen für größere Rohrquerschnitte
(> DN 400) mit jeweils 4 kg des geeignetsten Löschmittels.
Als Löschmittel wurde Löschpulver verwendet, vorzugsweise auf Ammonpho-
sphat-Basis. Die Löschmittelbehälter stehen unter einem Stickstoff-neibmittel-
druck von PN2 = 120 bar. Auf Halon als Löschmittel wurde wegen der bereits
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 703

a b
Abb. 2.488; Flammenerscheinungen im Siloboden bei Anwendung unterschiedlicher spezifi-
scher Löschpulvermengen. a 6,0 kg/m2; b 10,4 kg/ m 2 (50 Bilder/ s)
704 3 Konstruktiver Explosionsschutz

a b
Abb. 2.489. Löschpulveraustritt bei vorhandener (a) und Flammenaustritt bei nicht vorhan-
dener Löschmittelsperre (b) aus der Entlastung des Silobodens

erwähnten negativen Eigenschaften verzichtet. Zur Löschpulververteilung die-


nen vertikal angeordnete Fächerdüsen (Abb. 2.473).
In Abb. 2.491 sind die Explosionskenngrößen von brennbaren Stäuben in
einer Rohrleitung DN 400 und 20 m Länge für den Fall des ungehinderten
Explosionsablaufs demjenigen gegenübergestellt, der sich bei Vorhandensein
einer wirksamen Löschmittelsperre beim 10. Leitungsmeter (Flammenmelder:
1. Leitungsmeter) ergeben. Danach gelingt es nicht nur, wie gewünscht, die Ex-
plosionsflammen auf den Streckenbereich zwischen Zündort und Löschmittel-
sperre zu begrenzen, sondern auch das Auftreten von sehr heftig ablaufenden
Explosionen oder gar von detonationsähnlichen Vorgängen (Aluminiumstaub)
im weiteren Verlauf nach der Sperrenanordnung zu unterbinden.
Die sehr systematischen Untersuchungen haben ergeben (Abb. 2.492), daß
der für einen Explosionsabbruch notwendige spezifische Löschmittelbedarf
wie bei Großrohrleitungen linear der an der Einbaustelle der Löschmittelsperre
erwarteten Explosionsgeschwindigkeit anzupassen ist. Besonders bei hohen
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 705

c
Abb. 2.490. Entwicklung der Löschmittelsperre für enge Rohrquerschnitte. a Löschmittelein-
gabe über 7 rnrn-Düsen (vgl. Abb.2.474); b Löschmitteleingabe über 7 rnrn-Bohrungen (vgl.
Abb.2.478); c Löschmitteleingabe über Fächerdüsen (vgl. Abb. 2.47312.479)
706 3 Konstruktiver Explosionsschutz

lbarl . - - - - - - , - - - - " " " ' , . . . . . , -ohne


löschmittelsperr.

20

tO /-----*A:-~"""~~

löschmiHelspene beim
-lO.StrecJcenmeter

Im/si ,------,-----r..,...,,.....,

1000 I------+<:V""A:-~'"'"

Abb.2.491. Rohrleitung DN 400: Wirksamkeit einer


Löschmittelsperre gegenüber Staubexplosionen

1'..' l1/JJ Stäube


5,41 Behälter mit
1 31(Ventil
~ 2 kg Löschpulver

iCii FNz='21l bar

'i..
tOO

..
..
g'
5,41 BehöI1er mit
E 2 31'·Ventilen
~
E
," 'kg Löschpul....
~:I20bar
~ 50
u
~
1u
.
",'
~ ..!..-
'E
----...,>
.g 0
W 0 300
'm'"
Explosionsgeschwindigkeit an der Sperre Vex

Abb. 2.492. Spezifischer Löschmittelbedarf als Funktion


der Explosionsgeschwindigkeit an der Sperre für brennbare Stäube
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 707

Geschwindigkeiten haben wegen der größeren Löschpulvermenge Löschmittel-


behälter mit 4 kg Löschpulver eine deutlich günstigere Wirksamkeit als solche
mit 2 kg. Die für eine vorgegebene Explosionsgeschwindigkeit an der Sperre
zur Erzwingung des Explosionsabbruchs notwendige spezifische Löschpulver-
menge ist auch für enge Rohrquerschnitte konstant und unabhängig vom Lei-
tungsdurchmesser. Hieraus ergeben sich die Zahlenangaben der Tabelle 2.51
für die erforderliche Anzahl der Löschmittelbehälter in Abhängigkeit von der
Explosionsgeschwindigkeit Vex für die verschiedenen Rohrnennweiten DN.
Als Orientierungshilfe für die Dimensionierung solcher Flammensperren
möge der Hinweis dienen, daß in Rohrleitungen DN 200-400 und 20 m Länge
beim 10. Leitungsmeter, d.h. an der Sperrenanordnung, die folgenden Explo-
sionsgeschwindigkeiten homogener Staub/Luft-Gemische (Normverfahren
[31]) zu erwarten sind:
Staubexplosionsklasse St 1 (Kst :5 200 bar· m . s -1):
Vex :5 300 m/s,
Staubexplosionsklasse St 2 (Kst :5 201- 300 bar· m· s -1):
Vex = 301-400 m/s,
Staubexplosionsklasse St 3 (Kst :5 300 bar· m . s -1):
vex > 400 m/s.
Für größere Rohrquerschnitte (Abb. 1.264) verschieben sich die Werte nach un-
ten. Die automatischen Löschmittelsperren können auch mit Erfolg gegen Ex-
plosionen von Methan, Propan, Lösungsmitteldämpfen (in speziellen Fällen
auch Wasserstoff) eingesetzt werden. Wie Abb. 2.493 zeigt, ist die hierfür erfor-
derliche Löschpulvermenge deutlich größer als diejenige, die im Falle von
Staubexplosionen notwendig ist. Entsprechende Angaben macht Tabelle 2.52.
Die Zahlenangaben der Tabelle beziehen sich auf im ruhenden Zustand
entzündete Brenngas/Luft-Gemische. In Rohren mit engen Querschnitten
DN 100-400 haben beim 10. Leitungsmeter (der Einbaustelle der Sperre) Me-
thanexplosionen eine Geschwindigkeit von maximal 50 m/s und Propanexplo-

Tabelle 2.51. Brennbare Stäube: Mindestanzahl der erforderlichen Löschmittel-


vorratsbehälter für Löschmittelsperren (Sperre: 10. Leitungsmeter , Flammen-
meider: 1. Leitungsmeter)

V ex : Sperre [m/s1 300 400 500 600

DN [mm1 51-Löschmittel- Erforderliche Anzahl


behälter mit der Löschmittelbehälter

200 einem 1 1 2 2
300 3/4"-Ventil 1 2 4 5
400 1 4 6 8
500 zwei 2 2 3 4
600 3/4"-Ventilen 2 3 4 5
700 3 4 6 7
708 3 Konstruktiver Explosionsschutz

5,4 I Behälter mit


2 3l4'-Ventilen
4kg Löschpulver
PN2"120bar

V
.. .I
&1
§A ~e , , ; '
rA'! '?"'o.~"'''
I
'SP\e ,
~A
'\j,

"
---- '
t",
.I .'
300 [mls]

Explosionsgeschwindigkeit an der Sperre Vex

Abb.2.493. Vergleich des spezifischen Löschmittelbedarfs für Brenngase und brennbare


Stäube als Funktion der Explosionsgeschwindigkeit an der Sperre

sionen von maximal 100 m/s (Abb. 1.252). Sie wird auf ca. 150 m/s angehoben,
wenn anstelle einer schwachen (Induktions-Dauerfunkenstrecke) eine kräftige-
re Zündquelle (Flammenstrahl) vorhanden ist (Abb. 1.254). Schallgeschwindig-
keit wird bei Entzündung von Methan- und Propan/Luft-Gemischen im strö-
menden, d.h. turbulenten Zustand erreicht (Abb. 1.255). Dies gilt allerdings
nur für Rohre DN ~ 400. Bei geringerem Rohrdurchmesser ist hingegen mit de-
tonationsähnlichen Abläufen zu rechnen. Scholl [29] hat zwar auch für diesen

Tabelle 2.52. Methan/Propan: Mindestanzahl der erforderlichen Löschmittel-


vorratsbehälter für Löschmittelsperren (Sperre: 10. Leitungsmeter , Flammen-
meider: 1. Leitungsmeter; Gemische im ruhenden Zustand entzündet)

vex : Sperre [m/s] 200 300 400

DN[mm] 51-Löschmittel- Erforderliche Anzahl der


behälter mit Löschmittelbehälter

200 einem 2 2 3
300 3/4"-Ventil 2 3 6
400 2 3 12
500 zwei 3 4 6
600 3/4"-Ventilen 3 6 9
700 4 8 12
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 709

Abb. 2.494. Löschmittelsperre für Aspirationsleitung

Fall und Methan die Möglichkeit des Einsatzes von Löschmittelsperren nach-
gewiesen, entsprechende Versuche mit Propan fehlen jedoch zur Zeit.
Abbildung 2.494 zeigt die praktische Ausführung einer Löschmittelsperre
für eine Aspirationsleitung.
Statistisch (Abb. 1.138) sind Elevatoren in der staubverarbeitenden Industrie
zu 10070 von Explosionen betroffen. Solche Einrichtungen (Abmessungen:
230 X 270 mm, Wanddicke: 2 mm) widerstehen im allgemeinen Explosions-
drücken von - 2 bar. Weitere Drucksteigerung führt zu Rißbildung an den
Kanten, Verformungen und schließlich zur Zerstörung (Abb. 2.495) [247]. Dies
kann durch den Einsatz von Löschmittelsperren ebenso verhindert werden, wie
z. B. ein Explosionsübertritt in ein nachgeschaltetes Silo, wie die nachfolgen-
den Ausführungen zeigen.
Die Wirksamkeit solcher Sperrenanordnungen wurde mit einem verstärkten
Gurtelevator von 30 m Förderhöhe, dessen Elevatorschächte als Rohre ausge-
bildet waren (Schacht-Rohrdurchmesser: 390 mm, Rücklauf-Rohrdurchmes-
ser: 300 mm), erprobt (Abb. 2.496).
In Förderrichtung befand sich unmittelbar nach dem Elevatorfuß und dem
Elevatorkopf je eine Löschmittelsperre (zwei gegenüberliegend angeordnete
51-Löschmittelbehälter mit 3/4"-Doppelventil, mit 4 kg Ammonphosphat-
Löschpulver unter einem Stickstoff-Treibmitteldruck von PN2 = 120 bar be-
füllt). Zusätzlich waren Elevatorkopf und -fuß durch einen weiteren Löschmit-
telbehälter mit einem 3/4"-Ventil abgesichert (Abb. 2.497). Die Löschpulverver-
teilung im Elevator erfolgte über Teleskop-Fächerdüsen [248, 249]. Der opti-
sche Flammenrneider für die Sperre am Fuß befand sich beim 7,5ten Schacht-
meter und für den Kopf beim 22,56ten Schachtmeter.
Die Löschmittelsperren waren zunächst immer aktiv. Ungernahlenes Soja-
Extraktionsschrot wird wegen seines hohen Medianwertes (M = 1000 ~m) und
710 3 Konstruktiver Explosionsschutz

a b

Abb.2.495. Durch Staubexplosionsversuche verformter (a) und zerstörter (b) Elevator

a b
Abb.2.496. Gesamtansicht des Gurtelevators (a) und des Becherwerkes (b)
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 711

Abb. 2.497. Verstärkter Elevatorfuß mit Löschmittelsperre (oben)

geringen Feinstaubanteils (3 GewOJo < 63 J,1m) nach dem Normverfahren [31]


als nicht staubexplosionsfähig eingestuft. Nach mehrminütigem Fördern
(150 kg) im Elevator über den Fördergut-Rücklauf mit einer Gurtgeschwindig-
keit von 3,5 m/s wurde jedoch der Feinstaub freigesetzt und eine selbständige
Explosionsfortpflanzung festgestellt. Gleiche Beobachtungen wurden beim
pneumatischen Transport von ähnlich grobem Polyethylen-Grieß mit geringem
Polyethylen-Feinstaubanteil (Abb. 2.328) gemacht. Der Explosionsablauf war
hingegen deutlich heftiger, wenn 120 kg gemahlenes Soja-Extraktionsschrot
(maximaler Explosionsdruck Pmax = 7,9 bar, staubspezifische Kenngröße
Kst = 90 bar' m . s -I) gefördert wurde. Höchstwerte für die Explosionskenn-
größen ergaben sich bei Anordnung der Zündquelle (E = 10 kJ) inmitten des
Förder-Schacht-Rohres, d.h. beim 15. Rohrmeter. Diese Zündortlage wurde für
die weiterführenden Versuche beibehalten.
Weil es versuchstechnisch sehr schwierig war, allein durch das Fördergut
unterschiedliche Feinstaubmengen freizusetzen, wurden im Förder- und Rück-
schacht nach dem Normverfahren [31] zusätzlich homogene Staubwolken
von Nahrungsmittel-Feinstäuben (Weizenabfallstaub: Pmax = 7,4 bar, KSt =
70bar ' m ' s- l ; Maisstärke: Pmax = 9,1 bar, KSt = 203 bar · m · s- I ) grundsätz-
lich über einen weiten Konzentrationsbereich erstellt und auch ohne Fördergut
gearbeitet. Das Untersuchungsergebnis ist in Thbelle 2.53 zusammengefaßt.
712 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Tabelle 2.53. Maximaler Explosionsdruck Pmax und maximale Explosionsgeschwindigkeit


vmax brennbarer Stäube im Elevator bei aktiven Löschmittelsperren (Zündort: 15. Schacht-
rohrmeter, Gurtgeschwindigkeit 3,5 m/s)

Meßort Fuß Förderschacht Kopf Rückschacht

Fördergut Zusätzlicher Feinstaub a Pmax Pmax Vmax Pmax [bar]


[bar] [bar] [ms]
Pmax [bar] KSt [bar·m·s- I ]

Soja, 0,24 0,30 12,0 0,21 0,24


gemahlen
Soja, 7,9 90 0,66 0,72 16,7 0,50 0,55
ungemahlen 7,9 130 1,05 1,16 30,0 0,53 0,69
ohne 7,4 70 0,69 0,75 17,4 0,52 0,55
Fördergut 7,9 90 1,0 1,57 20,3 0,61 0,68
9,1 203 2,0 2,8 48,0 0,61 0,59

a Kenngrößen nach Normverfahren [31]

Optimale Explosionskenngrößen im Förderschacht stellten sich immer bei


Vorhandensein explosionsfähiger Atmosphäre in der Gesamtanlage ohne För-
dergut im Becherwerk ein. Sie stiegen mit zunehmender Explosionsheftigkeit
des Feinstaubes. Während sich der Explosionsdruck über den ganzen Elevator
ausbreitete, wurden Explosionsflammen nur, wie erwartet, im Förderschacht,
nicht hingegen im Rück-Schacht (bzw. Produkt-Rücklauf) beobachtet. Dies
bedeutet, daß die Löschmittelsperre bei allen Versuchen als Flammensperre
wirkte. Abbildung 2.498, oben vermittelt einen Eindruck von diesen Untersu-
chungen im Vergleich zur Flammenausbreitung in einem explosionsdruckent-
lasteten Elevator (Abb. 2.498, unten).
Aufgrund obiger Ausführungen wurden Abschlußversuche ohne Löschmit-
telsperren und ohne Fördergut, jedoch mit laufendem Becherwerk durchge-
führt. Thbelle 2.54 vergleicht die hierbei gemessenen Explosionskenngrößen
mit denen bei Vorhandensein einer Sperrenanordnung.
Die Anordnung beider Löschmittelsperren vermindert deutlich beide Explo-
sionskenngrößen in der Gesamtanlage und verhindert eine Explosionsübertra-
gung in den Rückschacht mit einer Explosionsgeschwindigkeit von einigen
10 m/s bei ungehindertem Explosionsablauf. Dies gilt vor allem für das Pro-
dukt im oberen Grenzbereich der Staubexplosionsklasse St 1 (Maisstärke) mit
einer relativ hohen Druckäußerung im Elevatorfuß.
Bezogen auf eine konstante maximale Explosionsgeschwindigkeit ist die
Druckwirkung im Elevator-Förderschacht deutlich höher als in einer vergleich-
baren geraden, einseitig offenen Rohrleitung bei Zündortlage am geschlosse-
nen Rohrende (Abb. 2.499).
Aus den Untersuchungen resultiert die Forderung (Thbelle 2.53), daß durch
Löschmittelsperren geschützte Elevatoren explosionsfest für einen Überdruck
von 3 bar zu bauen sind, wenn brennbare Stäube der Staubexplosionsklasse St 1
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 713

a b
Abb. 2.498. Elevatorkopf bei Absicherung durch eine Löschmittelsperre (a) und durch
Explosionsdruckentlastung (b)

Tabelle 2.54. Maximaler Explosionsdruck Pmax und maximale Explosionsgeschwindig-


keit vmax brennbarer Stäube im Elevator ohne und mit Löschmittelsperre (Zündort:
15. Schachtrohrmeter, Gurtgeschwindigkeit 3,5 m/s)

Meßort fuß Förderschacht Kopf Rückschacht

Pmax KSt Bemerkungen Pmax Pmax vmax Pmax [bar]


[bar] [bar.m. S-I] [bar] [bar] [m/s]

7,9 90 ohne Sperren 1,3 1,7 27,3 0,9 0,9


mit Sperren 1,0 1,57 20,2 0,61 0,68
9,1 203 ohne Sperren 5,8 4,0 200 2,6 1,4
mit Sperren 2,0 2,8 48,0 0,61 0,59
714 3 Konstruktiver Explosionsschutz

x
c
[bar]

I.
E

.::<. 3 Förderschacht

'""":=:
ü • DN390.1~30m
::J
..... 0 ohne}
-0

.0 .""
Cf)
C
o 2
Cf)
o
0..
X
1. ~A
W
X I
::
4 b. Rohr!eitung ON400
1=40m,(einseitig
offen,Zündort:
o • / " "'-Jo

E OL-__~____~g_eS_Ch_I.R_OLhr_en~de_)~
o 50 100 150 [m/sJ
max.Explosionsgeschw. v max

Abb. 2.499. Maximaler Explosionsdruck Prnax als Funktion der maximalen Explosionsge-
schwindigkeit vrnax von Nahrungsmittelstäuben im Elevator-Förderschacht und einer gera-
den Rohrleitung

gefördert werden. Übersteigt die Förderhöhe 30 m, so sind alle 30 m zusätzliche


Sperrenanordnungen mit vor- und nachgesetzten optischen Flammenrneidern
vorzusehen. Dies gilt in der Praxis auch für den Rückschacht. Die für die Pro-
jektierung von Löschmittelsperren notwendige Anzahl von 5 l-Löschmittelvor-
ratsbehältern (mit 3/4"-Doppelventil) ist in Abhängigkeit vom Schachtrohr-
durchmesser Abb. 2.500 zu entnehmen, während Abb. 2.501 die schematische
Darstellung eines entsprechend abgesicherten Gurtelevators zeigt.

i
« O!:----...".I,,------,J
o ~5 W
Querschnitt des Schachtrohnes [m2]
I I I I I I
o 400 600 800 1OCO [mm)
Durchnesser des Schachtrohres

Sperrenanordnung :Alle 30m


Abb.2.500. Anzahl von 51-Löschmittelbehältern für Löschmittelsperren als Funktion des
Schachtrohrdurchmessers (p = 3 bar)
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 715

Abb.2.501. Schematische Darstellung eines durch Löschmittelsperren


abgesicherten Gurtelevators

Funkenlöschanlagen (Abb. 2.502) sind zwar nicht in der Lage, voll ausgebil-
dete Staubexplosionen in Rohren wirksam zu bekämpfen, können aber helfen,
die Zündursache zu vermeiden [250-252].
Die z. B. bei der Holzverarbeitung entstehenden Funken sind im allgemeinen
nicht sehr energiereich und verlöschen auf ihrem Weg in die pneumatischen
Förderanlagen. Energiereiche Funken und auch Glimmnester können aber zum
Risiko werden, wenn sie in kritische Anlagenbereiche, z. B. Späne- und Staub-
abscheider, hineingetragen werden. Es wird durch verschärfte Emissions-
Schutzforderungen erhöht, wenn anstelle der ehemals benutzten Zyklone fil-
ternde Abscheider gefordert werden. In solcher Apparatur ist nicht nur Brand-
gefahr, sondern zufolge des Auftretens explosionsfähiger Staub/Luft-Gemi-
sche auch Explosionsgefahr gegeben.
Die Funkenlöschanlage besteht aus einem geeigneten Funkendetektor, der
beim Auftreten von Funken, z. B. in einer pneumatischen Förderanlage, über
eine Funkenmeldezentrale das Einsprühen von im allgemeinen Wasser aus Spe-
zialdüsen in einem räumlichen Abstand und somit das Verlöschen der Funken
bewirkt. Ein an die Wasserversorgung (7 bar) angeschlossenes Magnetventil
716 3 Konstruktiver Explosionsschutz

FunkenmelderI

Abb.2.502. Schematische Darstellung einer Funkenlöschanlage [251)

sorgt für eine kurzzeitige Wassereingabe (6-10 s), d.h. die Wirksamkeit der
Anlage bleibt ständig aufrechterhalten. Solche Anlagen haben sich in der In-
dustriepraxis bewährt. Einzelheiten über die Anwendungsmöglichkeiten sind
[250) zu entnehmen.

3.5.3.4 Explosionsschutzventil
Vor mehr als 25 Jahren sah sich die Firma Rickenbach & Co (CH-St. Gallen)
vor die Aufgabe gestellt, für den Schutz privater und öffentlicher Schutzraum-
bauten gegen die Druckwellen von atomaren Explosionen ein Schutzventil zu
entwickeln mit folgenden Anforderungen:
Eine relativ hohe Druckfestigkeit bei möglichst geringer Ventilmasse zum
Erreichen einer maximalen Beschleunigung und damit einer kurzen
Schließzeit.
Der die Schließzeit bestimmende Ventilweg war so zu wählen, daß ein vor-
gegebener Durchflußwiderstand nicht überschritten wird.
Der Zentrale Sicherheitsdienst der Ciba-Geigy AG (Basel) schlug im Jahr 1971
vor, auf der damaligen Berggewerkschaftlichen Versuchsstrecke (Dortmund-
Derne) ein solches "Ventex-Ventil" auf Zünddurchschlag und Explosionsdruck-
belastung zu prüfen (Abb. 2.503).
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 717

Abb. 2.503. Versuchsanordnung eines Ventex-VentiIs


für Schutzbauten im Staubexplosionsfall (1971)

....,
Cl

b
Abb. 2.504. Grundsätzlicher Aufbau des Explosionsschutzventils Ventex.
a Praktische Ausführung; b schematische Darstellung
718 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Das Prüfergebnis war verblüffend: Bei Kohlen- und Aluminium-Staubexplo-


sionen schloß das Ventil nicht nur ohne Flammenaustritt in den Außenraum
selbsttätig, sondern widerstand auch einem Explosionsdruck von 7,5 -10 bar.
Seine Funktionsfähigkeit wurde durch die Explosionsbelastung nicht be-
einträchtigt. Damit war der Weg vom "Schutzraum-Ventex-Ventil" zum
"Explosionsschutzventil-Ventex" frei [254], das in enger Zusammenarbeit
mit der Fachgruppe Explosionstechnik im Zentralen Sicherheitsdienst und
den Ingenieurdiensten der Ciba-Geigy AG (Basel) zu dem in Abb. 2.504 gezeig-
ten Ventil entwickelt wurde, das in der Praxis als Entkopplungseinrichtung
wirkt.
Es enthält einen in Ventil-Längsrichtung beweglichen, durch Federkraft in
MittelsteIlung gehaltenen, ellipsoidförmigen Schließ körper, der im Explosions-
fall durch den Druck, der der Flammenfront vorauseilt, durch Verschieben in
Explosionsrichtung auf einen mit einer gummielastischen Dichtung versehe-
nen Ventilsitz gedrückt wird und die Rohrleitung verschließt. Gleichzeitig wird
der Schließ körper arretiert. Das Schließen wird über einen Endschalter signali-
siert. Der Schließvorgang benötigt aufgrund der Erfahrung einen Differenz-
druck vor und hinter dem Ventil von - 0,1 bar, bzw. eine Explosionsgeschwin-
digkeit > 25 m/s. Die Explosionsschutzventile Ventex DN 100- 500 arbeiten
im allgemeinen in beiden Strömungsrichtungen als Flammensperre und sind
für den waagerechten, gegebenenfalls für den vertikalen Einbau in Rohrleitun-
gen bestimmt [253, 254].
Ein Sonderfall ist das Explosionsschutzventil Ventex DN 700 (Abb. 2.505),
das bei veränderter Schließarretierung für eine Explosionsfestigkeit von p =
5 bar konzipiert wurde und nur in einer Richtung schließt.
Alle Ausführungen der Explosionsschutzventile werden zunächst vom Her-
steller im Stoßwellenrohr einer Typenprüfung auf Druckbelastbarkeit von
p = 9 bar Überdruck unterzogen.
Die anschließende Prüfung auf Zünddurchschlag und Ansprechverhalten er-
folgt im allgemeinen in Verbindung mit dem Ventil vor- und nachgesetzten
Rohrleitungen (Abb. 2.506).
Zum Erreichen unterschiedlicher Explosionsheftigkeit wird die Länge der
dem Ventil vorgesetzten Rohrleitung (Bild 2.506: Vordergrund) systematisch
verändert und der Rohranfang entweder druckdicht verschlossen oder nur lose
abgedeckt. Hier befindet sich auch (Ausnahme Zünddurchsch1agversuche) die
Zündquelle. Als Prüfmedium beiderseits des Ventils gelangt zunächst Propan
und anschließend das als sehr zünddurchschlagfreudig bekannte Lycopodium
zur Anwendung. Dies bedeutet im Erfolgsfall, daß die Explosionsschutzventile
bei einer Explosion von brennbaren Stäuben als Flammensperre eingesetzt
werden können, die eine gegenüber Propan gleiche oder größere Grenzspalt-
weite (Abb. 2.429) haben. Bei hybriden Gemischen sollte die untere Explo-
sionsgrenze des zusätzlich in der Verbrennung enthaltenen Brenngases (brenn-
baren Dampfes) nicht überschritten werden. Diese Einschränkung ist notwen-
dig, weil es noch nicht gelungen ist, Anerkennung der Prüfergebnisse für Pro-
pan bzw. weniger zünddurchschlagfreudigere Brenngase seitens der amtlichen
Institutionen zu erhalten.
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 719

b
Abb. 2.505. Explosionsschutzventil Ventex DN 700 (a) mit veränderter Schließarretierung (b)

Abb. 2.506. Prüfanordnung für Explosionsschutzventil


Ventex DN 400 (Rohrleitung DN 400, I = 30 m)
720 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Das Ventil sollte je nach Anwendungsfall 5 -12,5 m entfernt (bei hybriden


Gemischen 5 - 8 m) vom durch konstruktiven Explosionsschutz abgesicherten
Behälter (bei Explosionsdruckentlastung ist der statische Ansprechdruck der
Entlastung Pstat ~ 0,2 bar zu wählen) in der Rohrleitung angeordnet werden.
Detonationen müssen wegen der überhöhten Druckbelastung vermieden wer-
den.
Wie bereits bemerkt, ist ein bestimmter Explosionsdruck vor dem Ventil
notwendig, um den Schließvorgang einzuleiten. Dies ist aber nicht die einzige
Bedingung, wie die beispielhaften Prüfergebnisse in Abb. 2.507 ausweisen.
Unabhängig von der Einbauart besteht vielmehr ein Zusammenhang zwi-
schen dem dynamischen Ansprechdruck Pdyn des Ventils (gekennzeichnet
durch den zum Schließzeitpunkt vor dem Ventil auftretenden Explosions-
druck) und dem Impuls I (gekennzeichnet durch die Einwirkdauer des Explo-
sionsdruckes). Bedingt durch die Massenträgheit des Schließkörpers fällt einer-
seits der dynamische Ansprechdruck mit abnehmendem Impuls. Ist ein ventil-
spezifischer Mindestimpuls nicht vorhanden (er ist häufig versuchstechnisch
schwer zu reproduzieren), schließt das Ventil nicht [253]. Andererseits werden
kurze Schließzeiten nur bei hohem dynamischem Ansprechdruck erreicht. Es
existiert daher nicht "eine" konstante Schließzeit.

[bar] I:>. alte Bauart [bar]


I:>. Typenbezeichnung:
5- o neue Bauart 0309.129.1
• Zünddurch-
f
0."0 (I:>.)
schlag: Ventil- I:>.
1l 0,2
:::l
bereich 0,2-
L-
"0
.c
()
Q)

0..
U)
0,' Zündort: 0,1-
c Ventilbereich
« o.c>
o
.Y.
()
:::l
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"0
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Impuls I U)
Impuls I
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Zeichen erklärung siehe oben
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"0 o0 o I I I
o 175 350 525 [ms] o 125 250 375 [ms]
Schließzeit t s Schließzeit t s
a. b
Abb. 2.507. Schließverhalten von Explosionsschutzventilen Ventex DN 200 bei waagerechter
(a) und vertikaler Anordnung (b) (Propan/Luft-Gemische)
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 721

[bar) (0)

0.9 Twenbezeic:hnung:

i
/
0309.129.3

Zündortenlfernung
~ 0.8 vom Ventil :
0."
o 36.6 m
.x 0.7 '" 30.6 m
u
018.7 m
2 • • Zünddurchschlog
"C
.t: 0.6
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ß

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.,
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0.3
(0)
'E
0
~ 0.2
"C

0.005 0 .010 0.015 [bor . s)


b Impuls I

a
Abb. 2.508. Waagerechte Anordnung eines Explosionsschutzventils Ventex DN 200 in einer
pneumatischen Ring-Förderleitung (a) und Prüfergebnisse mit Maisstärke (b) (Förderge-
schwindigkeit vF = 20 m/s)

Besonders günstig war die Sperrenwirkung eines Explosionsschutzventils


Ventex DN 200 in einer pneumatischen Ring-Förderleitung DN 200 (1 = 40 m)
gegenüber Maisstärke-Staubexplosionen (Abb. 2.508).
Sperrwirkung war immer dann nicht vorhanden, wenn sich im Ventilbereich
ein Explosionsdruck von Pex = 0,03 - 0,06 bar (I < 0,0007 bar' s) einstellte.
Dies geschah, wenn überhaupt, bei einer Staubkonzentration von ::5 200 g/m3 •
Unabhängig von Zündortlage und Staub konzentration war bei allen anderen
Versuchen Sperrwirkung gegenüber Maisstärke-Staubexplosionen gegeben.
Wiederum fällt der dynamische Ansprechdruck mit abnehmendem Impuls. Im
Gegensatz zur bisherigen Erkenntnis (Abb. 2.507) nimmt die Schließzeit t s mit
fallendem dynamischem Ansprechdruck Pdyn (Zündortentfernung vom Ventil:
18,7--+36,6 m) ab (Tabelle 2.55).
Bedingt durch die Luftvolumenstromüberlagerung sind die in der Pneuma-
tik gemessenen Schließzeiten deutlich niedriger als bei der Prüfung mit Propan
(Abb. 2.507).
Auch nach einer Dauerförderung mit ungetrockneter Maisstärke (Restfeuch-
te 12 GewOJo) bei hoher Staubkonzentration zum Erreichen einer bewußten
Ventilverschmutzung wurde keine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit als
722 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Tabelle 2.55. Explosionsschutzventil Ventex DN 200:


Durchschnittliche Schließzeit t s, m bei waagerechter
Anordnung in pneumatischer Ring-Förderleitung DN
200 (Maisstärke, vF = 20 m/ s)

Ztindortentfernung vom Ventil [m]

18,7 30,6 36,6

ts,m [ms]

124 94 44

Flammensperre festgestellt [254] . Beim praktischen Einsatz ist aber zunächst


in kurzen und dann längeren zeitlichen Abständen Überprüfung und Wartung
zu empfehlen.
Speziell die Untersuchungsergebnisse mit dem Explosionsschutzventil in der
pneumatischen Färderleitung zeigen, daß es bei zu schwachem Impuls, verbun-
den mit einem zu geringen Explosionsdruck, zu einem Zünddurchschlag über
die Einbaustelle hinaus kommen kann. Ist dieser Unsicherheitsbereich nicht to-
lerierbar, so kann das Ventil auch fremdbetätigt werden und ist damit über den
gesamten Explosionsbereich einsetzbar. Hierfür sind jedoch entgegen der Ex-
plosionsrichtung optische Detektoren in der Rohrleitungswand oder aber
Druckdetektoren am konstruktiv abgesicherten Behälter notwendig.
Beim Explosionsschutzventil Ventex DN 200 P (Abb. 2.509) wird die für das
Schließen benötigte Fremdenergie in Form von Druckluft aus einem Versor-
gungsnetz kontinuierlich bereitgehalten. Es schließt bei Betätigung eines ma-

I(,,"~' ~.,


.... , Or... ~ . !'t

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..
.. .

Abb.2.509. Fremdbetätigtes Explosionsschutzventil Ventex DN 200 P


3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 723

Eltlet< ImIIuIsloontakt NCkbthdltt'


,r. SignalisitNng

.I
Stt lung • Zu.
Fülcsttllcnopl

KugtldUB SprtngkapSllbtlllligt.. Vtntil


Vlntl,x -V.ntil

Abb. 2.510. Fremdbetätigtes Explosionsschutzventil durch Druckbeaufschlagung aus Stick-


stoff-VorratsbehäItern

gnetischen Verriegelungssystems. Seine Schließzeit beträgt für einen Treibmit-


teldruck von PT = 3 - 6 bar t s = 68 ms.
Fremdbetätigung kann auch durch Druckbeaufschlagung im Ventilbereich
aus einem Stickstoff-Vorratsbehälter (Treibmitteldruck PN2 = 120 bar) in
Richtung der Rohrachse über eine bei der Explosionsunterdrückung übliche
Kugeldüse (Abb. 2.366, rechts) erfolgen (Abb. 2.510).
Die Schließzeiten t s faßt Tab. 2.56 zusammen.
Explosionsschutzventile, die fremdbetätigt sind, wirken im allgemeinen nur
in einer Richtung. Sie haben den Vorteil, daß sie auch dann funktionsfahig
bleiben (den Unsicherheitsbereich ausnehmend), wenn der auslösende Detek-
tor einmal versagen sollte. Abbildung 2.511 zeigt zum Schutz eines Abluft-
systems in die Rohrleitungen eingebaute Ventex-Explosionsschutzventile.

Tabelle 2.56. Schließzeiten t s fremdbetätigter ExplosionsschutzventiIe-Ventex


(PN2 = 120 bar)

DN [mm] Volumen N 2" Vorrats behälter [I] t s [ms]

200 5 40
300 10 49
500 10 163
724 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb. 2.511. Explosionsschutzventile Ventex zum Schutz eines Abluftsystems

3.5.3.5 Schnellschlußschieber
Eine weitere Entkopplungsmaßnahme sind Schnellschlußschieber. Es handelt
sich um fremdbetätigte Systeme, die für ihre Auslösung eines geeigneten De-
tektors mit einer entsprechenden Steuereinheit (Eigenzeit im ms-Bereich) be-
dürfen. Wird an einem Behälter eine konstruktive Schutzmaßnahme angewen-
det, dann kann im Explosionsfall die Betätigung des dem Behälter in einer
Rohrleitung nachgesetzten Schnellschlußorgans über eine Berstscheibe mit
Signalgebung oder den bei Explosionsunterdrückung üblichen Druckdetektor
mit entsprechend geringem Ansprechdruck erfolgen. Geschieht dies mittels ei-
nes in der Rohrwand angeordneten optischen Detektors, so muß dieser einen
von der erwarteten Explosionsgeschwindigkeit und Schließzeit abhängigen Ab-
stand von der Einbaustelle des Schnellschlußschiebers haben, deren Wirksam-
keit im allgemeinen unabhängig von der Einbaulage ist.
Schnellschlußschieber müssen vor ihrem Einsatz in der Praxis auf Zünd-
durchschlagsicherheit und Druckbelastbarkeit unter Explosionsbedingungen
geprüft sein. Eine solche Prüfanordnung zeigt Abb.2.515 (a).
Vor Versuchsbeginn wird die Rohrleitung vor und hinter dem Explosions-
schutzschieber mit explosionsfähigem Brennstoff/Luft-Gemisch homogen be-
füllt. Nach Einleitung der Explosion wird diese über einen optischen Flam-
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 725

Abb. 2.512. a Prüfanordnung für Schnellschlußschieber auf Zünddurchschlag und Druck-


belastung; b Prüfanordnung für Schnellschlußschieber gemäß Abb. 2.512a, jedoch mit
2,4 m3-Behälter

menmelder erkannt, der über eine Steuereinheit, wie in der Praxis, das Schnell-
schlußorgan betätigt. Während dieses Vorgangs werden Flammengeschwindig-
keit und Explosionsdruck (vor allem vor dem Schieber) in der gesamten Prüf-
anordnung bestimmt, die auch so abgewandelt werden kann (Abb. 2.512 (b»,
daß der Leitungsteil vor der Sperre durch einen Explosionsbehälter ersetzt
wird.
Als Prüfmedien finden Anwendung:
Das Brenngas Propan zum Abdecken des Bereichs der hybriden Gemische
und
die sehr zünddurchschlagwilligen brennbaren Stäube Lycopodium und Alu-
minium.
726 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb.2.513. Explosionsschutz-Viereckschieber WEY 200 X 200 rnrn

Die Brennstoffkonzentration wird bei der Prüfung über einen breiten Bereich
systematisch verändert und die Zündquelle gegebenenfalls (Zünddurchschlag-
versuche) in den Schieberbereich verlegt.
Erste Erfahrungen wurden im Jahr 1976 gesammelt, als die Firma Maschi-
nenfabrik Sidler und Stalder AG (CH-Luzern/Eschenbach) einen solchen
WEY-Viereckschieber (200 x 200 mm) für Untersuchungen mit einer Schließ-
zeit von t s = 40 ms zur Verfügung stellte. Seine Schließung erfolgt durch Ex-
pansion von Luft aus einem Vorratsbehälter (Abb.2.513). Die mit Propan
durchgeführte Prüfung war positiv, und der Schieber wurde bei einer maxima-
len Explosionsgeschwindigkeit von Vmax = 121 m/s mit einem Explosions-
druck von Pmax = 1,1 bar belastet [225].
In der Folgezeit wurde dann zum Rundschieber übergegangen und eine
Explosionsdruckbelastung des Schieberblattes von Pmax = 10 bar angestrebt.
Hierbei ergab sich die Notwendigkeit, von Grauguß zu rostfreiem Stahl als
Werkstoff überzugehen. Abbildung 2.514, links zeigt den aus einem herkömm-
lichen Flachschieber für staubförmige Medien durch systematische Versuche
entwickelten Explosionsschutz-Schnellschlußschieber [256], der diese Bedin-
gungen im Explosionsfall erfüllt.
Es handelt sich um einen Schieber mit einem über einen Hochdruckschlauch
angeschlossenen 51-Druckluftbehälter mit sprengkapselbetätigtem Ventil. Bei
Betätigung dieses Ventils im Explosionsfall über den Impuls der zentralen
Steuereinheit bewirkt das ausströmende Treibmittel über ein Kolben-Zylinder-
system das Schließen des Schieberblattes, das durch eine plastisch verformbare
Aufprallvorrichtung gebremst und somit ein Prellen verhindert wird. Mittels
zusätzlicher Ventilkombination kann zu jeder Zeit eine Funktionsprüfung im
Einbauzustand vorgenommen werden.
Der Schnellschlußschieber, der für Rohrnennweiten DN 50-650 gefertigt
wird, ist zünddurchschlagsicher gegenüber Explosionen von Propan, Lycopo-
dium und Aluminium [257, 258] und daher auch gegenüber Explosionen von
schwerer entzündlichen Brennstoffen.
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 727

[ms]
80 r- 5 Itr.-Vorrotsbehölter
o PT= 1 0 bcr
60 r- () PT = 20 bar

.
/.
• P = 40 bar


VI
..- T
..- 40 r-
·v
N ()
c:::
Q) o () •

-
r.
0 00, 0
20

/
(f)

10 1 1 .1 1 1 1 1 1
10 20 4060 100 200 400 [ mm]
80 600
b Sch ieber- Durchmesser ON

a
Abb. 2.514. Praktische Ausführung des Explosionsschutzschiebers WEY (a) und Schließ-
zeiten (b)

Die Schließzeiten t s der mit unterschiedlichen Treibmitteldrücken PT arbei-


tenden Schieber ist im allgemeinen t s ::s40 ms (Abb. 2.514, rechts), hängt aber
vom Schieberdurchmesser ab.
Ähnlich wie bei Brenngasen (Abb. 1.261) treten auch bei Stäuben speziell der
Staubexplosionsklasse St 3 (Aluminium) an den Abschlußflanschen stark
überhöhte Explosionsdrücke auf (Abb. 2.515). Ursache hierfür ist nicht unbe-
dingt die Ausbildung von Detonationen, sondern das Hineinlaufen einer Ex-
plosionsflamme in eine Vor kompression des Gemisches vor dem Abschluß-
flansch. Solche verstärkten Explosionswirkungen können auch im Bereich der
Einbaustelle vor geschlossenen Schnellschlußschiebern auftreten, wenn diese
in Rohrleitungen von mehr als 10m Länge nach konstruktiv abgesicherten Be-
hältern angeordnet sind. Die Folge ist dann ein stark verformtes Schieberblatt
(Abb.2.516) und natürlich ein Zünddurchschlag des Brennstoff/Luft-Gemi-
sches.
Um hier Abhilfe zu schaffen, wurde ein spezielles Entlastungselement ent-
wickelt, das in Explosionsrichtung vor dem Schnellschlußorgan eingebaut wird
728 3 Konstruktiver Explosionsschutz

150
o 2SOglm ) Mar.>
1:. 250glml Mais +3%Prop:n
125
° 29J gJm l Alu

oL_--2:==:::::::=:=c-:!1
noo', -- -----,--------o-I'
,
,,
~

: ~_
>QJ
/0' _ ,

~-- ~-
00 10 20 Iml
Streckenmeter
Abb.2.515 Abb.2.516
Abb. 2.515. Explosionskenngrößen brennbarer Stäube in einer beidseitig verschlossenen
Rohrleitung DN 400 (I = 23 m)
Abb. 2.516. Durch überhöhte Explosionsdruckbelastung verformtes Schieberblatt

(Abb. 2.517), um einen Abbau des Belastungsdruckes auf das Schieberblatt zu


erreichen. Es handelt sich hierbei um ein Rohrstück von 3 m Länge mit 4
gleichmäßig auf dem Rohrumfang angeordneten Entlastungsschlitzen mit
Flanschanschlüssen. Die Gesamtentlastungsfläche entspricht dem 4,5fachen
Querschnitt einer Rohrleitung DN 400. Die Entlastungsöffnungen sind mit
leichten, in Gummiklemmprofilen gehaltenen Aluminiumplatten verschlossen
und werden im Explosionsfall durch Stahlseilschlaufen am Davonfliegen ge-
hindert.
Systematische Explosionsversuche über die Wirksamkeit des Entlastungsele-
mentes mit betätigtem Schnellschlußschieber DN 400 haben ergeben, daß der
Ansprechdruck der Entlastungseinrichtung von entscheidendem Einfluß auf
die Reduzierung des Explosionsdruckes an der Einbaustelle ist [259]. Je niedri-
ger dieser ist, um so mehr unverbranntes Gemisch wird vor der Flammenfront
aus der Entlastung ausgestoßen und kann sich an der Verbrennungsreaktion
nicht beteiligen. Abbildung 2.518 zeigt für einen extrem hohen und für einen
niedrigen Ansprechdruck des Entlastungselements den Einfluß auf die Druck-
und Geschwindigkeitsentwicklung einer Aluminium-Staubexplosion. Er ist ge-
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 729

100
o p,. =0.5 bar
• p,. =2.0 bar

~ 250 g/m J Alu

50
)(
o..OJ ()j =1.00
I = 23m

0
SOO

O L-----~ ______ ~~

o 10 i'J Iml
Streckenmeter
Abb.2.517 Abb.2.518
Abb.2.517. Explosionsschutzschieber WEY DN 400 mit vorgesetztem Entlastungselement
Abb.2.518. Einfluß des Ansprechdruckes PA des Entlastungselementes auf die Explosions-
kenngrößen in Rohrleitung DN 400 (mit Schnellschlußschieber beim 23. Streckenmeter)

sichert PA ~ 0,5 bar zu wählen, damit die Druckbelastung im Bereich des


Schieberblattes geringer als sein Nenndruck ist.
Es stellte sich nun die Frage, ob es nicht durch die geschickte Anordnung
eines weiteren EntIastungselementes in der Rohrleitung möglich ist, auch im
Detonationsfall einen für eine Explosionsfestigkeit von p = 10 bar gebauten
Explosionsschutzschieber einzusetzen.
Aluminium-Feinstaub in einer Konzentration von 375 g/m 3 ergibt in einer
Rohrleitung DN 400 von 1 = 33 m Länge einen detonationsähnlichen Ablauf
(v max = 3000 mls, Pmax = 37 bar), wenn ihr ein 2,4 m 3-Zündbehälter vorgesetzt
ist. Dieser Ablauf, zunächst ohne Schnell schluß schieber, kann beeinflußt
werden, wenn beim O. Leitungsmeter (Abb.2.519), bzw. beim 10. oder 20.
Leitungsmeter das Entlastungselement mit einem Ansprechdruck von
PA = 0,5 bar in die Rohrleitung [260] eingebaut ist. Bei Anordnung des Entla-
stungselementes beim 10. Leitungsmeter (Abb. 2.520) ist seine entlastende Wir-
kung am günstigsten: Explosionsdruck und -geschwindigkeit nehmen zum
Rohrende der vorgesehenen Einbaustelle des Explosionsschutzschiebers hin ab.
Ist dagegen am Rohrende zusätzlich ein Explosionsschutzschieber mit vorge-
setztem Entlastungsteil (Abb. 2.516) vorhanden, so ist der zeitliche Druck- und
Geschwindigkeitsverlauf praktisch nicht zu unterscheiden von demjenigen, bei
dem das Rohrende druckdicht verschlossen ist (Abb. 2.521). Der Schieber ar-
730 3 Konstruktiver Explosionssehutz

a b
Abb. 2.519. EntIastungselementanordnung beim O. Leitungsmeter (a) und detonationsähn-
lieher Ablauf von A1uminium-Feinstaub (b)

Im/sI
Rohrleilu!!J,einseit!2 offon Iml
2500
• ohne Entlastoog
a Entlastung, 0. m
Rohrleitu!!J,einsei!!g offen
• ohne Entlastung

G Entlastung,lO.m
a Entlastung,O.m
A Entla stung ,20.m G Entlastung, 10.m
2000 30 A Entlastung, 20. m
1500

I
.
I x
~
> 1000
I Ql20
a.. •

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• I
, .. ~/ liI /' \
, • I / L_

t-v~.
~
10
500 .~.
GI- _ _ _ GJ---~
~-

°0 °0 Iml

Abb. 2.520. Einfluß der Anordnung des EntIastungselementes auf das Gesehwindigkeits-
und Druekverhalten von Aluminium-Feinstaub in Rohrleitung DN 400
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 731

[bar)

EI Rohrltg. verschlossen

-------
• m~ befutigtem Schieber
x 10

/
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a..
~.~·Ell
--w __ __

[m/s 1
...----/
~500
>
~~.
-
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....
....Iil

0 I I I
10 20 ~ [m[

Rohrlänge l
Abb. 2.521. Einfluß der Versuchsanordnung auf das Geschwindigkeits-
und Druckverhalten von Aluminium-Feinstaub

beitete einwandfrei als Flammensperre, während sich das Schieberblatt durch


den überhöhten Reflektionsdruck leicht verformte. Bei befürchteten detona-
tionsähnlichen Abläufen sind daher solche Absperrorgane explosionsdruckfest
zu bauen. Abbildung 2.522 zeigt den geschlossenen Explosionsschutzschieber
mit angesprochenem Entlastungsteil. Bei längeren Leitungen ist alle 10m ein
Entlastungselement anzuordnen, das wegen der Druck- und Flammenentwick-
lung bisher nur in Freianlagen eingesetzt werden kann.
Systematische Entwicklungsarbeit [261, 262] führte zu dem in Abb. 2.523 ge-
zeigten sog. Kammerer-Schnellschlußschieber mit integriertem Druckbehälter.
Im Explosionsfall wird über eine zentrale Steuereinheit der Haltebolzen einer
Klinke an einer Sollbruchstelle durch Aktivierung einer Sprengkapsel zerstört.
Das Schieberblatt schließt zu folge der auf den Antriebskolben wirkenden
Druckkraft (Treibmitteldruck 4-6 bar) schlagartig und wird pneumatisch ge-
dämpft. Die Freigabe des Treibmitteldruckes kann auch über ein schnellwir-
kendes Elektromagnetventil erfolgen.
Der Schieber, der für Rohrnennweiten DN 50- 500 gefertigt wird, kann
ebenfalls im Einbauzustand einer Funktionskontrolle unterzogen werden.
Seine Schließzeiten liegen trotz des geringen Treibmitteldruckes im Bereich
t s = 20 ms (DN 50) bis t s = 50 ms (DN 500). Für den Explosionsfall wurde die
Zünddurchschlagsicherheit und Druckbelastbarkeit mit Aluminium-Feinstaub
(DN 400), Polyesterstaub (DN 300, DN 500) und Maisstärke nachgewiesen.
Schnellschlußschieber haben den Vorteil, daß sich deren Schließelement im
Normalfall außerhalb des Rohrquerschnitts befindet. Der Rohrquerschnitt ist
frei und kann taschenlos und ohne tote Ecken ausgeführt werden, so daß sich
732 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb. 2.522. Geschlossener Schnellschlußschieber WEY DN 400


mit angesprochenem Entlastungselement

Abb. 2.523. Kammerer-Schnellschlußschieber


3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 733

Abb. 2.524. Schnellschlußklappe

Staub nicht ablagern kann. Die Ergebnisse der Untersuchungen zeigen, daß
nicht nur bei Explosionen, sondern auch bei befürchteten detonationsähn-
lichen Abläufen die Problematik durch den Einsatz von Explosionsschutz-
Schnellschlußschiebern beherrschbar und kostengünstig (keine stark überhöh-
te Schieberfestigkeit) ist.
Abschließend sei noch erwähnt, daß speziell der Abbruch von Staubexplo-
sionen in Rohren auch durch detektorgesteuerte Schnellschlußklappen erzwun-
gen werden kann. Die in Abb. 2.524 gezeigte Ausführung wird pneumatisch
durch Expansion von Luft aus einem Vorratsbehälter geschlossen. An solche
Schnellschlußsysteme sind die gleichen Anforderungen zu stellen wie an
Schnellschlußschieber.

3.5.3.6 Zellenradscbleusen
Erfolgt z. B. der Austrag von brennbarem Staub aus einem durch konstruktive
Schutzmaßnahmen abgesicherten Behälter oder Silo über eine Zellenrad-
schleuse (Abb. 2.525), so kann die Schleuse unter Berücksichtigung bestimmter
Konstruktionsmerkmale als mechanische Flammensperre, d. h. als Entkopp-
lungsmaßnahme gegenüber Staubexplosionen wirken.
Konstruktionsmerkmale sind:
die Dicke der Rotorstege, gekennzeichnet durch die Spaltlänge Is, und
- der Abstand des Endes der Rotorstege zur Gehäusewand, gekennzeichnet
durch die Spaltweite w.
Zellenradschleusen (vielfältig ausgeführt) müssen vor ihrem Einsatz in der
Praxis als mechanische Flammensperre auf Zünddurchschlagsicherheit und
Druckbelastbarkeit unter Explosionsbedingungen durch eine fachkundige
Prüfstelle geprüft sein. Sie sind im Explosionsfall automatisch stillzusetzen,
734 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Spaltlange ~=D I (ke der Rotorstege

Gehöuse

f Expl osion keine Explosion

Zellenradkammer Rotorsteg b

Abb. 2.525. Ausführung einer 6-Kammern-Zellenradschleuse (a)


und Konstruktionsmerkmale (b)

um das Austragen von glimmendem oder brennendem Produkt in nachgesetzte


Anlagenteile zur Vermeidung einer Sekundärexplosion zu verhindern.
In vormaliger Unkenntnis über das Zünddurchschlagverhalten brennbarer
Stäube durch enge Spalte wurde die 1)rpenprüfung von Zellenradschleusen im
allgemeinen mit der in Abb. 2.526 gezeigten Anordnung mit brennbaren Stäu-
ben mit einer möglichst geringen Mindestzündenergie durchgeführt.
Beiderseits der Zellenradschleuse wurden homogene Staub/Luft-Gemische
nach dem Normverfahren [31] erstellt und bei der Zünddurchschlagprüfung
(Zündquelle im Bereich der Eintrittsöffnung der Zellenradschleuse) mit gerin-
ger und bei der Prüfung auf Druckbelastbarkeit (Zündquelle in Raummitte des
Zündbehälters) mit erhöhter Gemischturbulenz gearbeitet. Bei laufender und
stillgesetzter Schleuse wurde beobachtet, ob ein Zünddurchschlag in den
0,2 m3-Zweitbehälter erfolgte.
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 735

5,41 - Staubvorratsbehälter

Zellenradschleuse
O,2m3- Zweitbehälter

Abb.2.526. Anordnung für die 'JYpenprüfung von Zellenradschleusen

Schubers großer Verdienst war es, daß er nicht nur das Zünddurchschlagver-
halten brennbarer Stäube im Labormaßstab, sondern auch Zellenradschleusen
untersuchte [218, 264] und mit seinen Ergebnissen wesentliche Wissenslücken
schloß.
In einem ersten Schritt, bei dem er die in Abb. 2.526 gezeigte Zellenrad-
schleuse durch einen 350 mm breiten, mittels Distanzierscheiben einstellbaren
Schlitzspalt (Abb. 2.527) ersetzte, ergab sich bei systematischer Veränderung
von Zündort, Zündenergie und Gemischturbulenz für eine Spaltlänge von
ls = 15 mm, Propan und unterschiedlich entzündliche brennbare Stäube im
Rahmen der Versuchsgenauigkeit Übereinstimmung der Grenzspaltweiten mit
den Laborversuchen (s. Kap. 3.5.2).

Abb.2.527. Einstellbarer Schlitzspalt für Zünddurchschlagversuche


mit Anordnung gemäß Abb. 2.526
736 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb. 2.528. Zellenradschleusenmodell mit unterem und oberem Spalt (Deckel geöffnet)

Damit waren die Versuchsbedingungen hinsichtlich Zündort, Zündenergie


und Gemischturbulenz für die weiterführenden Zünddurchschlagversuche mit
Zellenradschleusenmodellen (Abb.2.528) festgelegt. War nur ein Spalt (oben)
vorhanden, entsprachen die Grenzspaltweiten brennbarer Stäube den Labor-
versuchen, sie wurden bei Vorhandensein von zwei Spalten (oben/unten) deut-
lich herabgesetzt. Schuber erklärt diesen Effekt durch Addition der Zangen-
wirkung der aus dem oberen und dem unteren Schlitzspalt austretenden, die
Gemischentzündung im Zweitbehälter begünstigenden heißen Verbrennungs-
gase.
Für die anschließende Zünddurchschlagprüfung von handelsüblichen Zel-
lenradschleusen (Abb. 2.529) wurden sehr leicht entzündliche Netzschwefel-
Staub/Luft-Gemische (Brennzahl 5, MZE<O,l mJ, Tz = 250°C) verwendet.
Weder im Lauf noch bei Schleusenstillstand (radialer Spalt wr:s 0,5 mm,
Spaltlänge ls = 15 mm) ergab sich ein Zünddurchschlag.
Die Anzahl der Rotorstege wurde daher vermindert (Abb. 2.530, oben) und
in die Untersuchungen mit unterschiedlich zünddurchschlagwilligen Stäuben
auch die in Abb.2.530, unten gezeigte Anordnung der Rotorstege einbezogen,
mit einem interessanten Ergebnis: Sperrwirkung gegenüber Netzschwefelexplo-
sionen war gegeben (wr = 0,25 mm, ls = 10 mm), wenn die zusätzlich vorhan-
denen, nicht im Eingriff befindlichen Rotorstege auf den Zweitbehälter (Ver-
suchsbedingung A) gerichtet waren. Sie wurde hingegen bei umgekehrter An-
ordnung (Versuchsbedingung B) aufgehoben. Das Untersuchungsergebnis ent-
spricht dem mit dem Zellenradmodell (Abb. 2.528) erhaltenen.
Weil sich die bisherigen Zünddurchschlagversuche auf Zellenradschleusen
mit offenem Rotor (Abb.2.531) bezogen, schloß Schuber in seine Untersu-
chungen auch Zellenradschleusen mit geschlossenem Rotor ein.
Bei der Analyse seiner Untersuchungsergebnisse stellte Schuber zunächst
fest, daß die zünddurchschlagwilligste Konzentration derjenigen der optimalen
Druckäußerung entspricht, weil in diesem Fall optimale Flammentemperatur
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 737

Zündort: .

TI
Versuchsbedingungen : "A" "8"
3 Stege im Eingriff 2 Stege im Eingriff

Abb. 2.529. Im Lauf und Stillstand auf Zünddurchschlag geprüfte herkömmliche Zellenrad-
schleusen

"A" "8" b

Abb. 2.530. Prüfanordnung bei verminderter Anzahl (a) und spezieller Anordnung
der Rotorstege (b)
738 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Abb. 2.531. Zünddurchschlag einer Lycopodium-Staubexplosion durch eine ZeIlenrad-


schleuse mit offenem Rotor in den Zweitbehälter

zu erwarten ist (Abb. 1.185). Er berechnete adiabatisch mit Hilfe des oberen
und unteren Heizwerts die stöchiometrische Konzentration CS,K (bezüglich
Wasser- und Aschegehalt korrigiert) für eine Reihe von brennbaren Stäuben
und stellte sie der gemessenen zünddurchschlagwilligsten Konzentration Cz
(Abb. 2.532), die (im Gegensatz zu den Brenngasen) tendenzmäßig höher ist,
gegenüber. Es verbrennt im Zündbehälter also nicht die gesamte eingebrachte
Staubmenge, sondern nur ein Teil. Dies wird auch visuell durch unverbrannte
Rückstände speziell im Zündbehälter nach einer Staub explosion nachgewiesen.
Schuber gelang es ferner, unter Einbeziehung seiner im Laborversuch ge-
wonnenen Erkenntnisse ein Nomogramm (Abb. 2.533) zu entwickeln, das es
ermöglicht, bei Kenntnis
der durch Mindestzündenergie MZE und Zündtemperatur Tz charakteri-
sierten Entzündbarkeit eines brennbaren Staubes,
der Spaltlänge ls der Stege der Zellenradschleuse und
der ständig oben und unten im Eingriff befindlichen Anzahl ns der Stege
die eben noch zulässige radiale Spaltweite W p d.h. den Abstand zwischen den
Stegen und der Innenwand des Zellenradschleusengehäuses, zu bestimmen
(Beispiel: Maisstärke).
Das Nomogramm gilt nicht nur für Zellenradschleusen mit offenem und ge-
schlossenem Rotor, sondern auch für axiale Spaltabmessungen, die im allge-
meinen jedoch deutlich geringer sind. Zu beachten ist, daß die Spaltlänge ls
mit der Dicke der Rotorstege übereinstimmt, aber auch durch Anschrägen ge-
ringer sein kann. Um ein Verbiegen und damit Spaltveränderungen zu vermei-
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 739

1250

-
m 1000
E
Cl

2!
VI N 750
~ "c:
3 0
C'I:+:
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L.. 500
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Ll
250
""0 ::J
c:
:::J
N
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0

o o~----~----~------~----~----~
100 200 300 400 500
stöchiometrische Staubkonzentration cS,k [g 1m 3 J

Abb. 2.532. Zünddurchschlagwilligste Staubkonzentration Cz als Funktion der stöchiome-


trischen Staubkonzentration CS,K (Ringspalt/Schlitzspalt)

3
4
5
9
8
Mai sstörke A 10

0,05 0,1 0,2 0,5 2

wr[mm]
Abb. 2.533. Nomogramm für die Bestimmung der radialen zünddurchschlagsicheren Spalt-
abmessungen für Zellenradschleusen

den, müssen Zellenradschleusen aus metallischen Werkstoffen gefertigt sein.


Die explosionsfeste Bauweise der Gehäuse muß [78] entsprechen.
Obige Ausführungen gelten für organische Stäube einschließlich Netzschwe-
fel. Die Prüferfahrung besagt, daß Schleusen mit offenem Rotor gegenüber
Aluminium-Feinstaub-Explosionen zünddurchschlagsicher sind, wenn bei ei-
ner Spaltlänge von ls~ 10 mm die radiale SpaItweite wr sO,1 mm ist und min-
destens 3 Rotorstege im Eingriff sind.
740 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Auf der Grundlage obiger Erkenntnisse kann, Explosionsfestigkeit voraus-


gesetzt, auf den oft aufwendigen experimentellen Nachweis der Zünddurch-
schlagsicherheit von Zellenradschleusen gegenüber Staubexplosionen verzich-
tet werden.

3.5.3.7 EntIastungsschlot
Eine besonders kostengünstige explosionstechnische Entkopplung ist der Ent-
lastungsschlot (Abb.2.534), bei dem die Strömungsrichtung um 180 0 umge-
lenkt wird.
Er besteht aus Leitungsteilen, die durch ein spezielles Rohrstück miteinander
verbunden sind. Den Abschluß der Leitung gegen die Atmosphäre bildet eine
Berstmembrane oder Abdeckplatte. Eventuell wegfliegende Teile müssen durch
einen Schutzkorb aufgefangen werden. Die Hauptwirkung einer in einer länge-
ren Rohrleitung anlaufenden Staubexplosion, die dem zu schützenden Behälter
(Apparat) vorgesetzt ist, wird durch Abheben der Endastungseinrichtung nach
oben abgelenkt. Die im senkrechten Rohrstück, wenn überhaupt, wieder an-
laufende Explosion tritt mit geringer Explosionsgeschwindigkeit und Druck-
äußerung in eine konstruktiv abgesicherte Apparatur ein. Flammenstrahlzün-
dung unter Vorkompression (Abb. 2.396) wird auf diese Weise vermieden.

S<:hulzkorb

~~_I~I_ e __~+-+-~
oder
8erstmemb<'on

a
Abb. 2.534. Entlastungsschlot in systematischer Darstellung (a) und praktische Ausführung
(b) [265]
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 741

Abb.2.535. Entlastungsschlot für pneumatische Fördereinrichtung DN 200

Löschmittelsperren und Schnellschlußorgane nach dem Entlastungsschlot


können einen Explosionsübertritt völlig unterbinden, wenn die nachgeschaltete
Anlage oder Apparatur für den drucklosen Zustand gebaut ist, d.h., wenn an
ihr Maßnahmen des vorbeugenden Explosionsschutzes angewendet werden.
Vogl [266] untersuchte die Wirksamkeit eines Entlastungsschlots in Verbin-
dung mit der in Abb. 2.268 gezeigten pneumatischen Fördereinrichtung
DN 200. Er bestand aus einer Rohrleitung DN 200, die in eine Rohrleitung
DN 300 einmündet, und die grundsätzlich mit einer Berstscheibe mit einem
statischen Ansprechdruck von P stat = 0,1 bar verschlossen war (Abb. 2.535).
Abbildung 2.536 verdeutlicht für verschiedene Zündortlagen die Wirksam-
keit des Entlastungsschlots auf die Herabsetzung des maximalen Explosions-
druckes Pmax und der maximalen Explosionsgeschwindigkeit vmax von Mais-
stärke-Staubexplosionen (ein Produkt im oberen Grenzbereich der Staubexplo-
sionsklasse St 1) gegenüber dem geschlossenen Zustand der Fördereinrichtung.
Erstaunlich hoch ist die mit Maisstärke (und auch Weizenmehl) festgestellte
Explosionsübertragungshäufigkeit über den Entlastungsschlot, die von der
Zündortlage, aber nicht vom Abstand L des einmündenden Schlotes zur Berst-
scheibe abhängt (Abb. 2.537).
Dies ist einerseits darauf zurückzuführen, daß eine Explosion so langsam
ablaufen kann, daß die Berstscheibe überhaupt nicht oder verspätet anspricht.
Andererseits kann bei frühzeitigem Ansprechen der Berstscheibe die Sperrwir-
kung dadurch aufgehoben werden (dies haben Staubkonzentrationsmessungen
ergeben), daß ein nicht unerheblicher Teil des zunächst über die zerstörte Berst-
scheibe in die freie Atmosphäre aus geschobenen unverbrannten Gemisches
wieder angesaugt wird, hier noch Flamme vorfindet und sich als wenn auch
langsam ablaufende Explosion zum Zyklon hin entwickelt.
Bei geschlossenen pneumatischen Fördersystemen übersteigt der im explo-
sionsdruckentlasteten Zyklon gemessene, zündortlagenabhängige reduzierte
Explosionsdruck den nach dem Normverfahren erwarteten Wert um ca. 4000/0
(Abb. 2.538). Ursache sind Vorschub von noch unverbranntem Gemisch vor
der Flammenfront in den Zyklon mit anschließender Flammenstrahlzündung.
742 3 Konstruktiver Explosionsschutz

[bor)

2
l:
E
a.

[rn/s)
I
c l
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400
~
I
I
300 I
I
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E I
> 200 I
I

100
OL-____L-__ ~~ ____~__~-;
o
Förderleit ungslonge I
I I I I I I I I
9 15 28 31 35 41 Zyklon
Zündortloge

L Produktaufgabe
Abb. 2.536. Einfluß des Entlastungsschlots auf die Explosionskenngrößen
von Maisstärke im pneumatischen Fördersystem

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VI
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C
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C'l
0L..
50 •
+-
L..
QJ
.0 25 L: 100mm, vF : 15 -25 m/s
:::1
VI
c Staubkonzentrationsbereich : 1-4
0
"Vi 0
0
0.. 0 5 10 15 20 [ml
x
LU Leitungsmeter
Abb.2.537. Explosionsübertragungshäufigkeit von Maisstärke
über den Entlastungsschlot
3.5 Explosionstechnische Entkopplung und Explosionsabbruch 743

(bor]
I
I

1,5
gl
~
N I
I

cl:"
I
I
1,0 I
I
I
I
I
1 noch Normverfahren
erwärteC--- -----
oL---L-..Ll....-::'-:-7'-'
o 10 20
Förderleitungslänge I
I I , ' I I
1 9 1528 35 Zyklon
Zündortlage

a L Produktaufgabe

Abb.2.538. Reduzierter Explosionsdruck Pred von Maisstärke im Zyklon der geschlossenen


pneumatischen Förderleitung als Funktion der Zündortlage (a) und Staubexplosion (b)
744 3 Konstruktiver Explosionsschutz

Ist ein Entlastungsschlot ohne oder mit Sperrwirkung vorhanden, dann liegt
der reduzierte Druckwert in der Größenordnung des nach dem Normverfahren
erwarteten Wertes.
Entlastungsschlote haben eine nur unzureichende Sperrwirkung bei Saug-
förderung. Die Explosionsübertragungshäufigkeit kann vermutlich durch kon-
struktive Maßnahmen (leichte Explosionsklappe mit niedrigem Ansprech-
druck) vermindert, bei sehr langsam ablaufenden Explosionen ohne zusätzli-
che Entkopplungsmaßnahmen aber wahrscheinlich nicht auf Null herabgesetzt
werden.

3.6 Zusammenfassung

Wenn Anlagen, in denen mit dem Entstehen explosionsfähiger Brennstoff!


Luft-Gemische gerechnet wird, durch Maßnahmen des "vorbeugenden Explo-
sionsschutzes" nicht abgesichert werden können, dann bieten sich eine ganze
Reihe von Möglichkeiten des "konstruktiven Explosionsschutzes" an. Er ver-
hindert keine Explosionen, beschränkt aber die Explosionsauswirkungen auf
ein unbedenkliches Maß.
Behälter, Apparate und Rohrleitungen müssen je nach Anwendungsfall eine
bestimmte Explosionsfestigkeit haben. Während sich explosionsdruckfeste Be-
hälter für den vollen oder einen reduzierten maximalen Explosionsdruck seit
Jahrzehnten in der Praxis bewährt haben, gilt die explosionsdruckstoßfeste
Bauweise nach dem heutigen Stand der Erkenntnisse als sicher.
Behälter, Apparate und Rohrleitungen können für den vollen maximalen
Explosionsdruck konzipiert werden. Dies ist im allgemeinen sinnvoll für Volu-
mina von einigen m3 Inhalt.
Bei der Gefahr der Explosion von nichttoxischen und die Umwelt nicht schä-
digenden Brennstoffen kann die Explosionsdruckentlastung als eine sehr wirk-
same konstruktive Schutzmaßnahme eingesetzt werden. Unsicherheiten im
Hinblick auf die Größe der Entlastungsfläche von brennbaren Stäuben an
Großbehältern wurden beseitigt. Diese Schutzmaßnahme kann auch an Silos
angewendet werden. Flächeneinschränkungen sind im gewissen Umfang mög-
lich bei Produktbefüllung durch pneumatische Förderung.
Die Wirksamkeit von Explosionsunterdrückungsanlagen wurde ganz we-
sentlich verbessert, so daß diese konstruktive und bewährte Schutzmaßnahme
besonders an Großbehältern, aber auch gegen die Zersetzung von Ethylenoxid
angewendet werden kann.
Die explosionstechnische Entkopplung ist eine flankierende Maßnahme zu
den oben genannten konstruktiven Maßnahmen und ermöglicht es, Anlagen-
teile von solchen zu trennen, an denen vorbeugender Explosionsschutz ange-
wendet wird. Umfangreiche systematische Untersuchungen befassen sich mit
dem Phänomen des Zünddurchschlags von Brenngasen und heute ist bekannt,
daß brennbare Stäube sich entgegen der bisherigen Meinung ähnlich verhalten
können. Löschmittelsperren wurden in praxisnahen Versuchen ebenso geprüft
3.6 Zusammenfassung 745

wie Explosionsschutzventile und können ohne Bedenken zum Explosionsab-


bruch in der Praxis eingesetzt werden. Die Erkenntnisse über den Einsatz von
Schnellschlußschiebern für die Begrenzung des Explosions- gegebenenfalls
auch des Detonationsabbruchs auf bestimmte Rohrleitungsabschnitte wurden
wesentlich erweitert. Das Zünddurchschlagverhalten von brennbaren Stäuben
durch Zellenradschleusen kann bei Kenntnis von Mindestzündenergie und
Zündtemperatur der Produkte ohne aufwendigen Versuch beurteilt werden.
Durch den Einsatz von Entlastungsschloten, dies haben systematische Unter-
suchungen gezeigt, können zufolge Vorkompression und Flammenstrahlzün-
dung entstehende überhöhte Druckwirkungen in konstruktiv geschützten Be-
hältern und Apparaten, aber auch in pneumatischen Fördereinrichtungen ver-
mieden werden.
Insgesamt gesehen existiert aus heutiger Sicht keine explosionstechnische
Problemstellung, die nicht durch die oben genannten konstruktiven Schutz-
maßnahmen in Verbindung mit der explosionstechnischen Entkopplung gelöst
werden kann.
4 Literatur

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vom Mai 1979
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85. F. Schmalz: Prüfung von Thyssen-Kleincontainern auf Druckfestigkeit, Bericht D
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Geigy AG Basel vom 19.8.1981
86. R. Siwek: Prüfung der Explosionsfestigkeit von zwei Thyssen-Containern, die seit Jah-
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Sicherheitsdienst der Ciba-Geigy AG Basel vom 28.11.1986
750 4 Literatur

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festigkeit, Bericht D 5/89 der Fachgruppe Explosionstechnik im Zentralen Sicherheits-
dienst der Ciba-Geigy AG Basel vom 8.5.1985
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Druckstoßfestigkeit, Bericht D 30/82 und D 26/83 der Fachgruppe Explosionstechnik
im Zentralen Sicherheitsdienst der Ciba-Geigy AG Basel vom 26.8.1982 und 29.9.1983
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Basel vom 20.6.1980
91. R. Siwek: Prüfung von Bühler-Rohren DN 100 auf Explosionsdruckstoßfestigkeit, Be-
richt D 4/89 der Fachgruppe Explosionstechnik/Elektrostatik im Zentralen Sicher-
heitsdienst der Ciba-Geigy AG Basel vom 1.5.1989
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Sicherheitsdienst der Ciba-Geigy AG Basel vom 11.12.1978
93. R. E. Bruderer: Prüfung einer Kabelspinnmaschine in Verbindung mit einem Abluft-
system auf Druckstoßfestigkeit, Bericht D 31/82 der Fachgruppe Explosionstechnik im
Zentralen Sicherheitsdienst der Ciba-Geigy AG Basel vom 20.8.1987
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schung Dortmund, 1973
95. F. Schmalz: Prüfung gefalzter Ventilationsrohre auf Druckstoßfestigkeit, Bericht D
10/82 der Fachgruppe Explosionstechnik im Zentralen Sicherheitsdienst der Ciba-
Geigy AG Basel vom 5.2.1982
96. W. Bartknecht: Prüfung der Druckstoßfestigkeit von Thrbex-Manschetten, Wochenrap-
port 32/1978 der Fachgruppe Explosionstechnik im Zentralen Sicherheitsdienst der
Ciba-Geigy AG Basel vom 5.1.1979
97. F. Schmalz: Prüfung einer Thrbex-Manschette auf Druckstoßfestigkeit unter Explo-
sionsbedingungen, Bericht D 5/82 der Fachgruppe Explosionstechnik im Zentralen
Sicherheitsdienst der Ciba-Geigy AG Basel vom 28.1.1982
98. H. Schlaug, G. Happeck: Das Verhalten eines Rohrbündels beim Bersten eines zentral
liegenden Gasrohres, 1971, unveröffentlicht
99. M. Hoffmann: Auswirkungen eines Leitungsbruchs während der Luftdruckprüfung bei
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100. C. Donat: Allgemeine Beschreibung der Druckentlastung von Räumen und von Appa-
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101. C. Donat: Möglichkeiten und Grenzen des Einsatzes von Graphit-Berstscheiben im
Chemie-Betrieb, Hoechst AG, Eigenüberwachung, 1.2.1973
102. R.K. Müller: Grundzüge der Festigkeitslehre leil I und H, Vortrag Thchnische Akade-
mie Esslingen, September 1963
103. W. Bartknecht: Statischer Ansprechdruck von runden Berstscheiben unterschiedlicher
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Geigy AG Basel
104. G. Schuber: Prüfung einer Monarflex-Plastik-Folie auf Eignung zur Druckentlastung
von Raumexplosionen, Bericht D 16/85 der Fachgruppe Explosionstechnik im Zentra-
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105. W. Bartknecht: Statischer Ansprechdruck von Berstscheiben mit rechteckigem Quer-
schnitt, Wochenrapport 20/1975 der Fachgruppe Explosionstechnik im Zentralen Si-
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4 Literatur 751

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186. D. Schneider: Erfahrungen mit Schutzmaßnahmen gegen Staubexplosionen, 9. Inter-
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4 Literatur 757

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266. A. Vogl: Wie wirksam sind Entlastungsschlote? Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel
und Gaststätten, Mannheim, 1990
Teil 3

Schutzmaßnahmen an besonderen Apparaten


und Anlageteilen
1 Einleitung

Latent treten Gefahren bei der Handhabung brennbarer Stoffe immer auf,
wenn betriebsmäßig explosionsfähige Gemische in gefahrdrohenden Mengen
entstehen. Kommt es bei Vorhandensein einer wirksamen Zündquelle dann zu
einer Explosion, so können die freiwerdenden Energien beträchtlich und die
Wirkungen auf die Anlagen und das darin beschäftigte Betriebspersonal ver-
heerend sein.
In solchen Fällen sind Schutzmaßnahmen notwendig [1, 2]. Zu unterschei-
den hat man zwischen vorbeugenden (primären) Schutzmaßnahmen, die bei
sachgemäßer Anwendung Explosionen unmöglich machen, und konstruktiven
(sekundären) Schutzmaßnahmen, die die Wirkungen einer Explosion auf ein
unbedenkliches Maß begrenzen. Weil es sich in der staubverarbeitenden Indu-
strie speziell um Apparate und Apparaturen handelt, in denen überwiegend
brennbare Stäube hergestellt, bewegt und gefördert werden, wird vor allem auf
sie in den folgenden Ausführungen Bezug genommen.
Zum vorbeugenden Explosionsschutz gehören neben der "Vermeidung ex-
plosionsfähiger Gemische" und "Inertisierung" das ,;Vermeiden von wirksa-
men Zündquellen". Jahrzehntelange Erfahrung führte zu allgemein gültigen
Schlußfolgerungen, die es gestatten, die zuletzt genannte Schutzmaßnahme
speziell bei bestehender Staubexplosionsgefahr mit Erfolg anzuwenden, wenn
es gelingt,
- triviale Zündquellen und
- betriebliche Zündquellen
sicher auszuschalten.
Thiviale Zündquellen (z. B. unbefugtes Schweißen, Schneiden oder Rauchen)
können in einem modern geführten Betrieb durch strenge organisatorische
Maßnahmen ausgeschaltet werden.
Betriebliche Zündquellen sind solche, die aufgrund der Erfahrung in Stör-
fällen auftreten. Hier sind mechanisch erzeugte Funken oder Funkengarben
bestimmter Werkstoffe zu nennen, wie sie in Apparaten bei Mahl- oder
Schleifvorgängen von bewegten Einbauten mit hohen Umfangsgeschwindigkei-
ten entstehen können. Ist die Entzündbarkeit eines Brennstoffes bekannt, dann
kann nach heutigem Stand der Erkenntnisse die Zündwirksamkeit solcher
Zündquellen beurteilt werden (s. Teil 11, Kap. 2.4). Die bei den vorgenannten
Vorgängen eventuell auch auftretenden heißen Oberflächen sind im allgemei-
nen als sehr viel zündwirksamer einzustufen. Weitere Zündquellen können
durch chemische Reaktionen (Zersetzung, Deflagration), statische Elektrizität
(z. B. Aufladung ungeerdeter Metallteile) und elektrische Einrichtungen gege-
ben sein.
762 1 Einleitung

Sind betriebliche Zündquellen nicht zu vermeiden, so ist nach sachkundigem


Ermessen die Anwendung anderer vorbeugender Schutzmaßnahmen (z. B. In-
ertisierung) oder konstruktiver Schutzmaßnahmen (explosionsfeste Bauweise
für den maximalen Explosionsdruck, Explosionsdruckentlastung, Explosions-
unterdrückung) einzeln oder mit explosionstechnischen Entkopplungsmaß-
nahmen (z. B. Flammen- oder Löschmittelsperren, Explosionsschutzventile,
Schnellschlußorgane) erforderlich. Auswahl und Umfang der Schutzmaßnah-
men ergeben sich aus einer systematischen Projektstudie, in der die sicherheits-
technischen Belange diskutiert werden. Voraussetzung für eine nach dem
jeweiligen Stand der Erkenntnisse "sichere Fabrikationsanlage" ist der früh-
zeitige Eingriff in das Projekt (die Planung), um die explosionstechnischen
Empfehlungen rechtzeitig berücksichtigen zu können.
Es muß jedoch festgehalten werden, daß es trotz aller Schutz- und sonstigen
Maßnahmen, die nach dem Stand der Thchnik getroffen worden sind, eine ab-
solut sichere Anlage nicht gibt und auch nicht geben wird [3, 4]. Es verbleibt
immer ein Restrisiko, welches zahlenmäßig exakt kaum zu erfassen ist. Ob es
"vertretbar" ist, hängt vor allem von der Erfahrung und den Ergebnissen syste-
matischer experimenteller Untersuchungen ab. Es wird im wesentlichen beein-
flußt von
den bewußt in Kauf genommenen Risiken, z. B. fehlerhaftes Verhalten von
Menschen bei Bedienungs- und Überwachungs aufgaben,
dem technischen Versagen der getroffenen Schutzmaßnahmen und
der bei der Sicherheitsanalyse nach dem derzeitigen Wissensstand nicht er-
kannten Gefahren.
Solche Restrisiken können einerseits nicht beliebig reduziert werden und auch
nicht durch zusätzlichen Aufwand an Schutzmaßnahmen kompensiert werden.
Andererseits dürfen aber Produktivität und Wirtschaftlichkeit nicht auf
Kosten der als notwendig erachteten Schutzmaßnahmen gehen. Dort, wo die
erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen als untragbar hoch angesehen werden,
muß gegebenenfalls auf die Durchführung eines Prozesses verzichtet werden.
Es ist daher die Beantwortung der Frage nach dem rechten Maß, der sich die
Verantwortlichen der Sicherheitstechnik mitunter täglich zu stellen haben.
Die folgenden Ausführungen behandeln speziell explosionstechnische Pro-
blemstellungen und ihre Lösungen durch systematische Versuchsarbeit in pra-
xisnahem Maßstab.
2 Verhalten von flammenfester und nichtflammenfester
Berufskleidung bei Einwirkung von Nitrobenzolabflammungen

Flammenfeste und nichtflammenfeste Arbeitskleidung wurde ab flammenden


Nitrobenzolwolken ausgesetzt, erstellt durch rasches Ausstoßen von 16 kg Lö-
semittel aus unter Druck stehenden Vorratsbehältern und Entzündung vor ei-
ner Eternit-Wand [5]. Die Flammenstanddauer (Abb. 3.1) betrug knapp 2 s.
Abbildung 3.2 zeigt das mit Miniatur-Thermoelementen (und Thermostreifen)
aufgenommene Temperaturprofil.
In vorgegebenen Abständen vom Zündzentrum befanden sich Puppen, be-
kleidet mit flammenfester und nichtflammenfester Arbeitskleidung aus Kunst-
stoff-Fasern, Mischgewebe und Baumwolle. Der zeitliche Temperaturverlauf
unter der Kleidung wurde mit Thermoelementen (und auch Thermostreifen)
verfolgt.
Die Auswertung von zusätzlichen Filmaufnahmen und subjektive Beurtei-
lung der Arbeitskleidung während und nach der Abflammung lassen folgende
Schlußfolgerungen zu:
Nichtflammenfeste Arbeitskleidung: Bis zu einem Abstand vom Zündzen-
trum von 3,5 m unabhängig von der Faserart völliges Verbrennen auch nach
Ende der Flammeneinwirkung. Bei Kunststoff Schmelztropfenbildung, die
im Ernstfall auf der Haut kleben würden.
Flammenfeste Arbeitskleidung: In einem Abstand von 1,8 m (Außentempe-
ratur - 550°C) Verbrennen und Verkohlen. Bei einem größeren Abstand
von 2,5 m hingegen verlöscht der Kleiderbrand selbsttätig nach Beendigung
der Abflammung, die der Flamme zugewandte Seite verkohlt.
Allerdings zeigen sich Unterschiede hinsichtlich des Temperaturverhaltens un-
ter der Arbeitskleidung (Abb. 3.3).
Im Falle nichtbehandelter Kleidung treten für längere Zeit Temperaturen
auf, die ungefähr der Außentemperatur entsprechen. Dies gilt kurzzeitig zwar
auch für flammenfeste Baumwolle mit anschließend raschem Temperaturabfall
auf Werte < 100 oe. Unter flammenfestem Mischgewebe liegt hingegen lang-
zeitig die Temperatur in der Größenordnung von 140 oe.
Einen visuellen Eindruck vom positiven Ausgang der Untersuchungen, be-
zogen auf einen Puppenabstand von 2,5 m, vermittelt Abb.3.4.
764 2 Verhalten von Berufskleidung bei Einwirkung von Nitrobenzolabflammungen

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Abb.3.1. Abflammung von 16 kg Nitrobenzol Abb.3.2. Thmperaturprofi! von 16 kg
Nitrobenzol
2 Verhalten von Berufskleidung bei Einwirkung von Nitrobenzolabflammungen 765

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Abb. 3.3. Zeitlicher Temperaturverlauf unter nichtflammenfester und flammenfester Ar-
beitskleidung beim Abflammen von 16 kg Nitrobenzol (Abstand vom Zündzentrum: 2,5 m)

Abb.3.4. Zustand der Arbeitskleidung in 2,5 m Abstand vom Zündzentrum einer 16 kg Ni-
trobenzolabflammung (beide linke Puppen: Flammenfeste Kleidung; beide rechte Puppen:
Nichtflammenfeste Kleidung)
3 Einfluß von Zusatzoberflächen
auf die Wirksamkeit konstruktiver Schutzmaßnahmen

3.1 Vorbemerkung

Die in Teil 2, Kap. 3 behandelten konstruktiven Schutzmaßnahmen (explo-


sionsfeste Bauweise für den maximalen Explosionsdruck, Explosionsdruckent-
lastung, Explosionsunterdrückung) beziehen sich auf Untersuchungen, die mit
leeren Behältern durchgeführt wurden. In der Praxis hat man es häufig mit
Apparaturen mit Einbauten (z. B. Mühlen, Staubabscheidefilter) zu tun. Ihr
Einfluß auf die Wirksamkeit der angewendeten Schutzmaßnahme ist daher zu
berücksichtigen.
Bei Explosionsversuchen in kleineren Behältern [6] wurde bereits gefunden
(Abb. 3.5), daß das Einbringen von Zusatzoberflächen (ohne wesentliche Ver-
kleinerung des Explosionsvolumens) zu einer Reduzierung des maximalen Ex-
plosionsdruckes von Brenngasen führt. Es kann sich hierbei nur um optische
Absorption von Wärmestrahlung handeln, d. h. also um eine Absorption von
Strahlungsenergie, welche sich direkt in der Umwandlung dieser Energie in
Wärme äußert, weil zufolge der Schnelligkeit des Explosionsablaufs in solchen
Behältern und der damit verbundenen kurzen Verbrennungszeiten sowie des
geringen Wärmeleitvermögens der Brenngase eine wesentliche Wärmeaufnah-
me durch Wärmeleitung an die Oberfläche nicht zu erwarten ist. Abb. 3.5 läßt
das unterschiedliche Verhalten von Zusatzoberflächen aus Aluminium (Ab-
sorptionsfähigkeit a Al- 301170) und aus Eisen (Absorptionsfähigkeit
ape - 701170) auf die Druckhöhe erkennen.
Durch Einbringen von Zusatzoberfläche in den Verbrennungsraum wird der
zeitliche Ablauf von Brenngasexplosionen nicht allein in seiner Druckhöhe be-
einflußt. Man hat vielmehr auch die physikalisch chemische Adsorption zu be-
achten. Hierunter ist die Anlagerung von Gasen und Dämpfen an festen, ins-
besondere porösen Oberflächen zu verstehen. Im Gegensatz zur Absorption ist
die Adsorption eine reine Oberflächenerscheinung. Sie beschleunigt den An-
lauf z. B. einer Methanexplosion im 0,6 I-Behälter in der Reihenfolge
Leerbehälter --+ Al-Zusatzfläche --+ Fe-Zusatzfläche.
3.1 Vorbemerkung 767

~ r-------------------,-------------------,

soo ccm'.J
Zusatzoberfläche

Abb.3.5. Beeinflussung des maximalen Explosionsdruckes Pmax von Methan durch Strah-
lungsabsorption an Zusatzoberflächen

Ist der 0,6 I-Behälter über eine Kugelschüttung als Flammensperre mit einem
Zweitbehälter verbunden (Abb. 2.437), dann bewirkt Adsorption bei kleinem
spezifischem Öffnungsquerschnitt (geringem Sperrendurchmesser) eine Anhe-
bung der sicheren Schichthöhe von Methan in Gegenwart einer Aluminium-
Zusatzoberfläche um 1100/0 und einer gleich großen Eisenzusatzfläche um
160% gegenüber dem unbeeinflußten Zustand. Im Rahmen der Versuchs ge-
nauigkeit verschwindet dieser Einfluß bei großem spezifischem Öffnungsquer-
schnitt.
Siwek [7] hat durch systematische Untersuchungen in einer 20 I-Kugel nach-
gewiesen, daß bei hinreichend großer Zusatzoberfläche die selbständige Fort-
pflanzung von Propanexplosionen (Zündquelle: Induktions-Funkenstrecke:
E == 101) sogar verhindert wird. Er benutzte ein aus einer Legierung (Alumini-
um und Magnesium) bestehendes Netzwerk von 2 mm Drahtdicke (Abb. 3.6).

Abb.3.6. Netzwerk als Zusatzoberfläche für Versuche mit Propan in einer 20 I-Kugel
768 3 Einfluß von Zusatzoberflächen

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ZU50tzoberfläche
a Propangehalt b
Abb.3.7. Einfluß von Zusatzoberflächen auf den Explosionsbereich (a) und die Explosions-
kenngrößen (b) von Propan [7] (V = 20 I, E = 10 J)

Ähnlich wie bei der Inertisierung mit Stickstoff (Abb. 2.7) engt sich der Ex-
plosionsbereich von Propan mit wachsender Zusatzoberfläche ein. Beträgt sie
8 m2 (~400 m2/m 3), dann ist eine Entzündung von explosionsfähigen Pro-
pan/Luft-Gemischen durch die vorgegebene Zünd quelle nicht mehr möglich
(Abb. 3.7, links). Gleichzeitig werden der maximale Explosionsdruck Pmax ver-
mindert und die aus dem Kubischen Gesetz (s. Teil I, Kap. 2.4) resultierende
gasspezifische Kenngröße Ko im Rahmen der Versuchsgenauigkeit linear her-
abgesetzt (Abb.3.7, rechts).
Zu sehr ähnlichen Ergebnissen ist man bei Staubexplosionsversuchen mit
homogenen Gemischen eines Produktes der Staubexplosionsklasse St 1 im
1 m 3-Behälter gelangt [8]. Zwei Drittel seines Volumens enthielten dünne
Eisenbleche, deren Anzahl bis zu einem minimalen Abstand von 25 mm syste-
matisch verändert wurde (Abb. 3.8). Die Explosionskenngrößen werden wie bei
den Brenngasen deutlich mit wachsender Zusatzoberfläche herabgesetzt
(Abb. 3.9), und zwar unabhängig von der Zündortlage (im freien Volumen bzw.
inmitten der Bleche).
Wurden die Bleche durch ein Thschenfilter ( = 12 m2) ersetzt (Abb. 3.10), er-
folgte eine nochmalige Reduzierung des maximalen Explosionsdruckes von
Pmax = 5 bar auf Pmax = 2,1 bar und des maximalen zeitlichen Druckanstiegs
von (dp/dt)max = 45 bar/s auf (dp/dt)max = 16 bar/s, d.h. um ca. 60070.
3.1 Vorbemerkung 769

Abb.3.8. 1 m3-Behälter mit Zusatzoberflächen aus Eisenblech

v=,m3
[barJ

"13

1\.
E
c..
Pigmentstaub
+-r--+ ___ PmtUI • 8,6 bar
KSI • 165 bcr.m ..-1

o
[bar1sJ

100 \
\ "'-+- -+---
o
o 25

Zusatzoberfläche

Abb.3.9. Beeinflussung der Explosionskenngrößen eines brennbaren Staubes durch Strah-


lungsabsorption an Zusatzoberflächen aus Eisen
770 3 Einfluß von Zusatzoberflächen

Abb.3.10. 1 m3-Behälter mit Taschenfilter

Zusatzoberflächen und Einbauten im 1 m3-Behälter begünstigen auch die


Löschwirksamkeit z. B. des 3/4"-Unterdrückungssystems (s. Teil 2, Kap. 3.4)
trotz Herabsetzen des Stickstoff-Treibmitteldruckes auf PN2 = 60 bar. Zum
Vermeiden überhöhter Druckwirkung im Leervolumen darf der Ansprech-
druck nicht höher sein als PA = 0,3 bar (Abb.3.11). In Gegenwart von
37 m2-Zusatzoberfläche bzw. des 12 m2-Taschenfilters ist aber Unter-
drückungsfähigkeit (reduzierter maximaler Explosionsdruck Pred,max :s 1 bar)
selbst dann noch vorhanden, wenn der Ansprechdruck PA = 0,5 bar beträgt.
Es besteht kein Zweifel darüber, daß die beschriebenen Vorgänge auch von
Einfluß auf den Explosionsablauf in Gehäusen, z. B. von Mühlen und Staub-
abscheidefiltern, und somit auf die Wirksamkeit der konstruktiven Schutz-
maßnahmen sind. Dies wird in den folgenden Ausführungen konkretisiert.

o..L"
.Y
U
:l
'--
-u
Cf)
c
E
~ [bar]
-ci
15
, -
V=1 mJ
o Leervolumen
6 mit 37 m 2 Zusatz-
oberfläche
o mit 12 m 2 Taschen-
filter
1,Of- 3/4"-System
p =60 bar
1 0

o N]

o_o--~~
Cf)

6:::::::::-
o
0..
05
, I- - - - 0::'---
x
W o
x
o 0L-_~1~1___~1~1~~
E
-u
o 0,1 0,2 0,3 0,4 [bar]
<IJ
'-- Ansprechdruck PA

Abb.3.11. Einfluß von Zusatzoberflächen und Einbauten im 1 m3-Behälter auf die Wirk-
samkeit eines Unterdrückungssystems gegenüber Staubexplosionen (Pmax = 8,5 bar,
KSt = 165 bar·mos-I)
3.2 Mühlen 771

3.2 Mühlen

3.2.1 Stift- und Thrbomühlen

Mühlengehäuse weichen oft von der kubischen Behälterform ab. Bedingt


durch die Mahlwerkzeuge ist die Innenoberfläche relativ groß und daher ihr
freies Volumen gering.
Mühlen können als Zündquelle gegenüber explosionsfähigen Staub/Luft-
Gemischen angesehen werden. Zündursache sind vor allem eingedrungene,
vorzugsweise sich erhitzende metallische Fremdkörper (Abb.2.114). Es sind
daher im allgemeinen an der Mühle selbst, wie in den vor- und nachgeschalte-
ten Apparaturen, konstruktive Schutzmaßnahmen gegen die Auswirkungen
von Explosionen zu treffen.
Da die Anwendung von "Explosionsdruckentlastung" und "Explosionsun-
terdrückung" nur in Ausnahmefällen möglich ist, werden Mühlen im allgemei-
nen explosionsfest (explosionsdruckfest bzw. explosionsdruckstoßfest) für den
maximalen Explosionsdruck gebaut, dessen Kenntnis sowie die der Einflüsse
wichtig sind, die diesen Wert verändern [9, 10].
Die Explosionskenngrößen (maximaler Explosionsdruck Pmax, maximaler
zeitlicher Druckanstieg (dp/dt)max)' die den zeitlichen Druckverlauf der Ex-
plosionen brennbarer Stäube mit unterschiedlicher staubspezifischer Kenngrö-
ße KSt in einer Stiftmühle (Abb.3.12, oben) mit einem Volumen von
V = 0,2 m3 beschreiben, sind in Abb. 3.13, links dargestellt.
Für den Fall, daß der Mühleneintritt offen und der Mühlenaustritt ver-
schlossen ist, sind die genannten Kenngrößen unabhängig davon, ob sich die
Mühle im ruhenden Zustand oder im Lauf befindet. Das heißt, die durch
schnelles Ausblasen von Staub nach dem Normverfahren vorgegebene Ge-
mischturbulenz wird durch die Mühlenrotation nicht mehr wesentlich verän-
dert. Solche Untersuchungen lassen also unmittelbare Rückschlüsse auf die
Gegebenheiten in der Praxis zu.
Die genannten Explosionskenngrößen werden auch dann nicht nennenswert
verändert (Abb. 3.12, unten; Abb. 3.13, rechts), wenn der brennbare Staub in
der Mühle über einen Aufgabebehälter mit nachgesetzter Zellenradschleuse
dosiert wird und der dem Mühlenaustritt nachgesetzte Mühlenbunker mit ei-
ner längeren Rohrleitung versehen ist. Das besagt, daß der offene Mühlenaus-
tritt nicht ( wie zu erwarten wäre) druckentlastend wirkt, sondern daß dieser
Effekt durch den "Ausblasrohreinfluß" (Abb.2.281) der angeschlossenen
Rohrleitung wieder zunichte gemacht wird. Insgesamt werden der in kubischen
Behältern von gleichem Volumen zu erwartende maximale Explosionsdruck
von Pmax = 8 -10 bar und maximale zeitliche Druckanstieg (dp/dt)max
= 170- 850 bar/s bei weitem nicht erreicht.
Deutlich höhere Kenngrößen treten in einer druckdicht verschlossenen Tur-
bomühle (Abb. 3.14) mit einem Innenraumvolumen von V = 0,3 m3 auf, wie
Abb. 3.15 zu entnehmen ist, und zwar sowohl im Fall der Brenngase (linke Bild-
seite) als auch der brennbaren Stäube (rechte Bildseite). Ursache hierfür ist das
gegenüber der Stiftmühle größere freie Volumen. Maximaler Explosionsdruck
a

Abb. 3.12. Stiftmühle (a) mit Produktaufgabe und dem Mühlenbunker nachgesetzter Rohr-
leitung (b)

[bar] ,------,---------,-----:j

o
g [bor/s]
$
30

o
o 100 200 300
Mühleneintritt (F =0.01 m2) oHen, Ksf Wert Mühleneintritt mit Aufgabegefiiss und ZeUenra:!,
Mühlenaustritt verschlossen. Müh!enaustritt mit nachgesetzter Rohrleitung.

Abb. 3.13. Explosionskenngrößen in einer Stiftmühle (V = 0,2 m 3) gemäß Abb. 3.11


3.2 Mühlen 773

Abb. 3.14. Thrbomühle: V = 0,3 m 3

[bar] r-----,-------,

[bar/51 :====::===~
~ BreMQas8
~
~

500 r-------+7~----~

250 [bar.m.s1] 0 250


K -Wert K -Wert
G Ein-und Ausgänge druckdicht verschlossen 51

Abb.3.15. Explosionskenngrößen in der Thrbomühle gemäß Abb.3.13

Pmax und maximaler zeitlicher Druckanstieg (dp/dt)max liegen jedoch im allge-


meinen deutlich niedriger als in einer gleichvolumigen Apparatur von kubi-
scher Gestalt. Lediglich bei den sehr heftig reagierenden Brennstoffen (Wasser-
stoff, Aluminiumstaub: Ko = Kst = 500 bar ' m . s - 1) werden die sonst in sol-
chen Apparaturen zu erwartenden Explosionskenngrößen annähernd erreicht.
Ein Vergleich der Kenngrößen, die sich in der Turbomühle bei Propan-Ex-
plosionen (Ko = 100 bar' m . s -1) einstellen, mit denjenigen eines Staubes im
oberen Grenzbereich der Staubexplosionsklasse St 2 (Kst = 300 bar' m . S - 1)
774 3 Einfluß von Zusatzoberflächen

zeigt annähernde Übereinstimmung. Die Prüfung solcher Mühlen muß also


nicht unbedingt durch eine Staubexplosion erfolgen, sondern sie kann auch
mit Propan als Ersatzbrenngas durchgeführt werden. Dies gilt nicht für Stäube
der Staubexplosionsklasse St 3 (KSt > 300 bar' m . s -1), d.h. also speziell für
Metallstäube.
Es ist üblich, die Luftansaugöffnung der Mühlen von Mahlanlagen für
brennbare Stäube über einen Kanal in ungefährliche Richtung ins Freie zu füh-
ren. Hierdurch soll verhindert werden, daß im Falle einer Explosion zunächst
unverbranntes Gemisch in den Betriebsraum geschoben und anschließend
durch die Flamme entzündet wird. Eine Raumexplosion wäre die Folge. Bei
solchem Vorgehen ist zu berücksichtigen, daß durch diese Maßnahme der ma-
ximale Explosionsdruck Pmax und der maximale zeitliche Druckanstieg
(dp/dt)max entscheidend verändert, d.h. heraufgesetzt werden, wie Abb.3.16
und Thbelle 3.1 deutlich machen, die sich auf ein leeres, bis auf die Luftansaug-
öffnung druckdicht geflanschtes Mühlengehäuse beziehen [11].
Sekundäre Turbulenzerscheinungen und der Explosionsablauf im Kanal
führen in Übereinstimmung mit Abb. 2.226 zu einer Verdoppelung des Wertes
für den maximalen Explosionsdruck, während die Explosionsheftigkeit nahe-
zu den für das vorgegebene Volumen theoretisch zu erwartenden Wert von 260
barls erreicht. Diese Tatsachen müssen besonders bei der Sanierung von Altan-
lagen berücksichtigt werden.

)(
0....

~ 1
.;;
~
o ,.
i o ~ ____ ~~ __ ~ ____ ~

[barts] ,----,-1\,---,-----,

.gj.;
100 ~--~~~~---~

..
CI

~
-!
.:
.co
.
u.x
:.:u
.~ ::J
~

NO 0 3'-----.J....-----..J.S----.[v~ol.,.l

Propangehalt in Luft

Abb.3.16. Einfluß eines Kanals über der Luftansaugöffnung einer Mühle (V = 0,024 m3)
auf die Explosionskenngrößen von Propan
3.2 Mühlen 775

Tabelle 3.1. Einfluß eines Kanals über der Luftansaugöffnung einer Mühle (V = 0,024 m 3)
auf die Explosionskenngrößen von Propan

Anordnung Pmax (dp/dt)max


[bar] [bar/s]

Mühle 0,82 80
Mühle und Übergang 1,10 115
Mühle mit Übergang und Kanal 1,70 215

Zusammenfassend kann man feststellen, daß normalerweise der maximale


Explosionsdruck speziell brennbarer Stäube praktisch unabhängig vom Volu-
men (V ~ 0,02 m3) ist, in dem eine Explosion stattfindet. Dies gilt nicht für
kleinvolumige Mühlen, da in ihnen durch die eingebauten Mahlwerkzeuge,
welche die Innenoberfläche des Mühlengehäuses vergrößern, der maximale
Explosionsdruck reduziert wird, d.h. das Oberflächen/Volumenverhältnis be-
stimmt die Druckhöhe. Man kann erwarten, daß sich in der Praxis kein höhe-
rer Explosionsdruck als der gemessene Prüfexplosionsdruck (Abb.3.12,
Abb. 3.14) einstellt. Dies gilt nicht für lange Luftansaugleitungen (Abb.3.15)
und wenn damit gerechnet werden muß, daß eine Explosion aus einem ange-
schlossenen Behälter in die Mühle zurückschlägt (Gemischentzündung durch
Flammenstrahl bei Vorkompression).
Bei der Prüfung von solchen Mühlen auf Explosionsfestigkeit sollten alle
Ein- und Austrittsöffnungen druckdicht verschlossen sein. Bis zu brennbaren
Stäuben der Staubexplosionsklasse St 2 (Kst ~ 300 bar' m' s -1) kann zur Prü-
fung auch Propan (KSt = 100 bar·m·s- 1) benutzt werden; die Mühle muß
nicht unbedingt rotieren.
Grundsätzlich hat die Explosionsfestigkeit (Explosionsdruck- bzw. -druck-
stoßfestigkeit) der Mühle mindestens derjenigen der Gesamtanlage zu entspre-
chen, und sie ist zu erhöhen, wenn in ihr geringere Werte für den maximalen
Explosionsdruck auftreten. Gegenüber der Festigkeit der Anlage können in
Mühlen auch höhere Druckwerte auftreten.

3.2.2 Schlägermühle

Im Rahmen der sicherheitstechnischen Beurteilung von Kohlenmahlanlagen


wurden Staubexplosionsversuche mit einer HS-Schlägermühle (Abb. 3.17) für
eine Durchsatzleistung von 5 tlh mit Zentrifugalsichter und vorgeschaltetem
Rohkohlezuteiler durchgeführt. Die genannten Anlagenteile waren 20 Jahre in
Betrieb und hatten Korrosions- und Erosionsangriffe. Das Volumen der Mahl-
anlage betrug V = 7 m3 [12].
Für die Erstellung der für die Versuche gewünschten homogenen Staub/
Luft-Gemische wurde das vereinbarte und genormte Verfahren angewendet. Da
sich die Explosionskenngrößen von Kohlenstaub erfahrungsgemäß über einen
776 3 Einfluß von Zusatzoberflächen

STI l>I!tlU>
2 ZlmII.Dl
Sr) rlll.SONJol1'
ST. -..u...r
5TS:.lll~
STS <rALW.a.: ")U
$11 510<rV1~
$18 SI""," I
t _ID1OJ...[

Abb.3.17. HS-Kohlenmahlanlage. a Schematische Darstellung: St l Zuteiler, St2 Zuteiler, St3


Fallschacht, St4 Mahlraum, St s Grießrücklauf, St6 Staubkanal nach Mühle, St7 Sichter
Außenkegel, St8 Sichter Innenkegel, ,</ Zündquelle; b praktische Ausführung

weiten Bereich erstrecken (Pmax = 0,6 - 9,3 bar, Kst = 1-135 bar' m . s -1), ge-
langten die Gemische der folgenden brennbaren Stäube zur Anwendung
Polyethylen: Pmax = 7,1 bar, Kst = 50 bar·m · s- I ,
Saarkohlenstaub: Pmax = 8,1 bar, Kst = 105 bar ' m . s - I und
Cellulose: Pmax = 9,4 bar, KSt = 185 bar · m·s- I •
Polyethylen simuliert den Ablauf der schwächer und Cellulose den der heftiger
reagierenden Kohlenstäube.
3.2 Mühlen 777

Die Untersuchungen in der zunächst konstruktiv ungeschützten Mahlanlage


haben bei Anordnung des Zündortes im Mahlraum ergeben, daß die Anlage
Explosionen unbeschadet übersteht, wenn der maximale Explosionsdruck
der Stäube Pmax ::s; 8,1 bar und die staubspezifische Kenngröße Kst ::s;
105bar'm's- 1 ist. Als Ursache hierfür müssen die Entlastung über die Koh-
lenstaubrohre (F = 0,08 m2) und die großflächigen Einbauten angesehen wer-
den, die die Staubexplosionen an ihrer vollen Entfaltung hindern, so daß sich
sowohl in der Mühle als auch im Zuteiler relativ niedrige Werte für die redu-
zierten maximalen Explosionskenngrößen einstellen (Pred,max ::s; 1,2 bar,
(dp/dt)red,max ::s; 16 barls). Die Flammen erreichten, unabhängig von der Ex-
plosionsheftigkeit der Stäube, nahezu gleichzeitig den Sichteraustritt und den
Zuteiler (Abb.3.18). Am Mundloch der Kohlenstaubrohre waren erhebliche
Flammenerscheinungen (Abb. 3.19) und das Austreten von Verbrennungsgasen
vermischt mit unverbranntem Staub/Luft-Gemisch zu beobachten.
Im Gegensatz dazu ergab sich bei Verlegung des Zündorts zum Sichterein-
tritt (Hosenrohr) mit diesen Stäuben keine Flammenfortpflanzung durch die
Gesamtanlage, und der reduzierte maximale Druckwert lag in der Größenord-
nung von Pred,max = 0,1 bar.
Eine Explosion des am heftigsten reagierenden Staubes (Pmax = 9,4 bar,
Kst = 185 bar' m . s -I) führte dagegen bei einer Druckäußerung im Mahlraum
von Pred,max = 2,4 bar «dp/dt)red,max = 5,5 barls) zu einer Verformung der In-
spektionstür (Abb.3.20) und bei Pred,max = 2,6 bar «dp/dt)red,max = 44 barls)
im Zuteil er zu dessen Zerstörung (Bild 3.21).
Um hier Abhilfe zu schaffen, wurden nach Instandsetzung der Mahlanlage
(Verstärkung der Inspektionstür) oben auf dem Zuteiler eine definierte
Druckentlastungsöffnung DN 400 mit Berstfolie (statischer Ansprechdruck
Pstat = 0,1 bar) angeordnet und die Kohlenstaubrohre druckdicht verschlossen.

1
6

5 ~o
7--- 1 :c
~~
':J
~
t: 4
o
«!
--~.
~ 3 t--Zündbereich
2
-=- ~.
-=.- f-I-
~
~o_-
..!!
"ij
:;
t
o 100 200 300 (ms)
Flammenlaufzeit t"

0-----0 POlyäthylen
_ . _ .... Saarkohle

Abb.3.18. Flammenlaufzeiten t FI von Staubexplosionen in HS-Kohlenmahlanlage (Zünd-


ort: Mahlraum)
778 3 Einfluß von Zusatzoberflächen

Abb.3.19. Saarkohle-Staubexplosion in HS-Kohlenmahlanlage (Zündort: Mahlraum)

Abb. 3.20. Inspektionstür der Mahlanlage Abb. 3.21. Kohlezuteiler nach Druckbelastung
nach Druckbelastung mit 2,4 bar mit 2,6 bar
3.2 Mühlen 779

a b
Abb. 3.22. Entlastungseinrichtung auf Zuteiler im Fallschachtbereich (a) und Wirksamkeit
bei einer Kohlenstaubexplosion in der Mahlanlage (b)

Einerseits ergab sich, daß das Ansprechen der Entlastung die Flammenfort-
pflanzung der Explosionen in der Mahlanlage wie erwartet begünstigt. Beson-
ders gut war die Wirksamkeit der Entlastungseinrichtung bei Anordnung im
Bereich des Fallschachtes (Abb.3.22, links) und nicht am Ende des Zuteilers.
Das Ergebnis der Explosionsversuche (Abb.3.22, rechts) faßt Thbelle 3.2 zu-
sammen.
Sind die Kohlenstaubrohre wie in der Praxis offen, werden die reduzierten
maximalen Druckwerte um ca. 30070 gesenkt. Zusatzversuche mit einem 5 m
langen Ausblasrohr bestätigten die Angaben von S. 522 (Abb. 2.281) über die
Verstärkung der Druckwirkung in der Mahlanlage.
Unmittelbar nach Abschluß der Untersuchungen wurde, basierend auf den
gewonnenen Erkenntnissen, eine Kohlenmahlanlage mit einer Leistung von
100 tlh saniert (Abb.3.23). Kurze Zeit später kam es zu einer Kohlenstaub-
explosion, bei der die Entlastungseinrichtung voll wirksam war.
Obige Ausführungen dürfen sicherlich nicht verallgemeinert werden. Sie zei-
gen aber doch, daß man durch gezielte Versuchstechnik kostengünstige lösun-
gen für konstruktive Schutzmaßnahmen, z. B. für die Sanierung von konstruk-
tiv ungeschützten Anlagen, erarbeiten kann.
780 3 Einfluß von Zusatzoberflächen

Tabelle 3.2. Reduzierte maximale Explosionskenngrößen brennbarer Stäube in der HS-


Mahlanlage (Kohlenstaubrohre verschlossen, Entlastung DN 400 im Fallschachtbereich)

Meßort Zuteiler Mühle

Pmax KSt Zündort Pred,max (dp/dt)red,max Pred,max (dp/dt)red,max


[bar] [bar'm/s] [bar] [bar/s] [bar] [bar/s]

Saarkohle Mahlraum 0,23 1,6 0,36 2,2


8,1 105 Sichteraustritt 0,17 2,3 0,22 1,7
Zellulose Mahlraum 2,05 28,5 2,96 59,5
9,4 185 Sichteraustritt 2,20 39,3 2,65 67,9

Abb. 3.23. Explosionsdruckentlastungseinrichtung auf dem Zuteiler


einer sanierten Kohlenmahlanlage

3.3 Staubabscheidefilter

3.3.1 Vorbemerkung

Es handelt sich um Apparate, in denen aufgrund ihrer Funktion betriebsmäßig


zeitweilig oder ständig mit dem Auftreten von explosionsfähigen Brenn-
stoff/Luft-Gemischen gerechnet werden muß. Entzündungsgefahren können
insbesondere beim Abreinigen durch eingeschleppte Glimmnester und infolge
elektrostatischer Aufladung vor allem bei sehr leicht entzündlichen brennbaren
Stäuben und hybriden Gemischen entstehen [2].
3.3 Staubabscheidefilter 781

Da die Gehäuse von Staubabscheidefiltern einerseits häufig von der kubi-


schen Form abweichen, und andererseits nicht leer, sondern durch Filterein-
bauten (Schwebstoff-, Taschen- oder Schlauchfilter) unterteilt sind, ist bei der
Dimensionierung von konstruktiven Schutzmaßnahmen der Einfluß zu be-
rücksichtigen, den die Einbauten auf den Explosionsverlauf und damit auf die
Wirksamkeit der angewendeten Schutzmaßnahme nehmen.

3.3.2 Schwebstoff-Filter

Schwebstoff-Filter (Abb. 3.24) bestehen aus einer ersten regenerierbaren und


einer zweiten nicht regenerierbaren Filterstufe in Form von sogenannten Filter-
kassetten. Der Abscheidegrad ist sehr hoch.
Explosionsversuche (Abb. 3.25) mit homogenen Gemischen (Normverfah-
ren) brennbarer Stäube im oberen Grenzbereich der Staubexplosionsklassen
St 1 und St 2 und Aluminium (St 3) in einer explosionsdruckentIasteten, ver-
stärkten Filtereinheit (Leervolumen: V = 1,1 m3 , freies Volumen: V = 0,5 m3)
hatten die Zielsetzung zu prüfen, wie sich die Einbauten auf die Wirksamkeit
der angewendeten Schutzmaßnahme auswirken. Statischer Ansprechdruck der
Berstfolie Pstat = 0,1 bar.
In Abb. 3.26 sind die bei EntIastungsflächen von F = 0,1-0,3 m2 erhaltenen
reduzierten maximalen Druckwerte dem Flächenbedarf kubischer Behälter für
das Leer- und freie Volumen gegenübergestellt [13].

2. Flltetstu'e
~~$~~_ Oüs.nwagen
IHtfHII-- t RIt enlure

a
Abb.3.24. Schematische Darstellung eines Schwebstoff-Filters (a) und Filterkassette (b)
782 3 Einfluß von Zusatzoberflächen

Abb.3.25. St 2-Staubexplosion im Schwebstoff-Filtergehäuse (F = 0,2 m2)

[bar] r - - r \~\r--,--St-Q-Ub-e-XP-IQ-S-iQ-nS-k-Ig-ss-e-s-t-'...,
\ Messwerte
0,5 r- \ 0 0'" 0 PS,a,=O,' bar

o'--__ '--I'_,_"jL-~_-_-..c
...._=---'y'---_-_-_ -:..J-_-_-_-..J,Q

-D [bar ]r------.---...-------------,
2
"Ul
C
0,5
o
'(ij
o
0. _ _'___~_~_~
x O'--_..J-~~
w
~ [bor] r-------St-gy-b-e-xp-!o-s-jo-ns-k-Ig-ss-e-S-t-3'
E
'xo 1,5 \
\0
E
,,
\
\
1,0
\
,,
05 ... 0

---
, _ Leervolumen: V=l,l m 3 ...........
---freies Volumen: V=O.5 m J ............ _ _

EnUastungsflöche F
Abb.3.26. Reduzierter maximaler Explosionsdruck Pred,max im Schwebstoff-Filter als Funk-
tion der Entlastungsfläche F (Vergleich: Meßwerte/Flächenbedarf für kubische Behälter)
3.3 Staubabscheidefilter 783

Abb.3.27. St 2-Staubexplosion im Schwebstoff-Filter-Gehäuse mit 2 m-Ausblaskanal

Für langsam reagierende Stäube (Staubexplosionsklasse St 1) gilt der Flä-


chenbedarf für homogene Gemische im Leervolumen. Die Einbauten (Filter-
kassetten aus im Metallrahmen gehaltenen Schwebstoffilterpapieren) sind
nicht von Einfluß auf das Explosionsgeschehen. Mit zunehmender Explo-
sionsheftigkeit (Staubexplosionsklasse St 2 --+ Staubexplosionsklasse St 3) nä-
hern sich aber die Meßwerte dem Flächenbedarf für das freie Volumen, verur-
sacht durch Behinderung der Flammenausbreitung auf der Staubseite durch
beide Filterkassetten.
Staubexplosionsversuche mit zusätzlich vorhandenen rechteckigen Ausblas-
kanälen von 2 und 6 m Länge (Abb. 3.27) bestätigten die von den Grundlagen-
versuchen her bekannte Tatsache (Abb. 2.281) der Verstärkung des reduzierten
maximalen Druckwertes im Schwebstoff-Filtergehäuse.
Weil in der Praxis häufig mehrere Schwebstoff-Filter zu einer Einheit ver-
bunden sind, wurden auch Untersuchungen mit zwei Filtergehäusen durchge-
führt (Abb. 3.28). Der Rückschacht war hochgezogen und verband beide Filter
über eine gemeinsame Zuluftleitung mit einer Entlastungsfläche von
F = 0,3 m2 (statischer Ansprechdruck der Berstfolie Pstat = 0,1 bar) über jeder
Einheit [14].
Durch diese Maßnahme (Abb. 3.29) wurden die reduzierten maximalen
Explosionskenngrößen in der Filtereinheit, in der sich die Zündquelle befand,
ungefähr verdoppelt, weil die Entlastungsfähigkeit der Entlastungseinrichtung
durch Querschnittsverengung (vorgesetzte Einbauten) behindert war. Trotz
Flammenstrahlzündung lagen die Kenngrößen im Zweitgehäuse wesentlich
niedriger.
Da einerseits die Gültigkeit der Nomogramme über die Verstärkung der
Explosionswirkung im zu schützenden Filtergehäuse durch Ausblaskanäle
(Abb. 2.281) nachgewiesen war, und man andererseits aufgrund der Untersu-
chungsergebnisse davon ausgehen kann, daß lange Kanäle eine Explosions-
festigkeit von p = 2,0-2,5 bar Überdruck erfordern, wurde ein abschließender
784 3 Einfluß von Zusatzoberflächen

a b
Abb.3.28. Doppel-Schwebstoff-Filtergehäuse (a) mit Explosionsdruckentlastung (b)

Abb. 3.29. Aluminium-Staubexplosion im Doppel-Schwebstoff-Filtergehäuse


3.3 Staubabscheidefilter 785

Abb.3.30. Druckdicht verschlossenes Doppel-Schwebstoff-Filtergehäuse


nach Explosionsdruckbelastung mit p = 4,6 bar durch eine Aluminium-Staubexplosion

Zerstörungsversuch mit einer Aluminium-Staubexplosion im druckdicht ver-


schlossenen, verstärkten Doppel-Filtergehäuse durchgeführt und ihm eine aus-
reichende Festigkeit (Abb. 3.30) bescheinigt.
Siwek [15] bestätigte durch Untersuchungen mit einer kleineren Schweb-
stoff-Filtereinheit die Herabsetzung des reduzierten maximalen Druckwertes
durch Filterkassetten. Bedingt durch die gegenüber Abb. 3.24 veränderte Filter-
anordnung war jedoch die Druckreduzierung bei Produkten der Staubexplo-
sionsklasse St 1 gegenüber solchen der Staubexplosionsklasse St 3 höher.
Erneut wurde der Ausblasrohreinfluß auf die Verstärkung der Explosions-
wirkung (Abb. 2.281) bestätigt.
Allgemeine Hinweise über die Dimensionierung von Explosionsdruckent-
lastungsflächen für Schwebstoff-Filtergehäuse können daher wegen der unter-
schiedlichen Ausführungen nicht gegeben, sondern nur durch praxisnahe Un-
tersuchungen bestimmt werden. Allerdings ist der Einfluß von Ausblasrohren
(Ausblaskanälen) auf die Anhebung des reduzierten maximalen Druckwertes
in den Filtergehäusen als gesichert anzusehen.
Im Zusammenhang mit der angesprochenen Problemstellung hat Siwek
auch die Möglichkeit der Anwendung der konstruktiven Schutzmaßnahme Ex-
plosionsunterdrückung innerhalb der Anwendungsgrenzen gegenüber Staub-
explosionen in kleinvolumigen Apparaturen (Abb. 3.31) experimentell nachge-
wiesen. Der durch Expansion des Theibmittels Stickstoff aus den 51-Löschmit-
telvorratsbehältern (3"-System: PN2 = 60 bar, 3/4"-System: PN2 = 120 bar)
zusätzlich zum reduzierten maximalen Druckwert im zu schützenden Apparat
entstehende Druck ist aber bei der Wahl von dessen Festigkeit zu berücksichti-
gen.
786 3 Einfluß von Zusatzoberflächen

a
Abb. 3.31. Untersuchung der Wirksamkeit des 3"-Unterdrückungssystems gegenüber Staub-
explosionen in kleinvolumigen Apparaturen [15]. a 0,25 m 3-Behälter; b 0,50 m 3-Behälter

3.3.3 Taschenfilter

Bestätigung fanden zunächst die Erkenntnisse über den Einfluß von Einbauten
auf den Explosionsablauf brennbarer Stäube in Behältern (Abb. 3.8 bis
Abb. 3.10) durch Untersuchungen in einem explosionsdruckentlasteten 2,4 m 3_
Taschenfilter (Abb. 3.32).
Trotz des Vorhandenseins von Explosionsklappen als Entlastungseinrich-
tung stellte sich mit einem Staub der Staubexplosionsklasse St 1 im Filterge-
häuse ein um 250/0 geringerer reduzierter maximaler Explosionsdruck ein als
für homogene Gemische für das Leervolumen erwartet. Da aus diesen orientie-
renden Versuchen allgemein gültige Rückschlüsse nicht gezogen werden konn-
ten, wurde zu systematischen Explosionsversuchen übergegangen [16].
Das in Abb. 3.33 gezeigte und für Versuchszwecke bestimmte Taschenfilter-
gehäuse mit 58 Filtertaschen von insgesamt 53 m 2 Oberfläche konnte wahl-
weise
3.3 Staub abscheide filter 787

Abb.3.32. Explosionsdruckentlastetes 2,4 m 3-Thschenfilter (Verschlußdeckel entfernt)

oben im Deckel,
seitlich im Rückenteil des Gehäuses sowie
unten im Konus
über Explosionsdruckentlastungseinrichtungen in Form von Explosionsklap-
pen (FKlappe = 0,25 m 2 , Klappengewicht G = 10 kg, statischer Ansprechdruck
Pstat = 0,05 bar) entlastet werden [16]. Konus und Deckel waren durch einen
freien Raum von entsprechend großem Querschnitt verbunden, so daß die
Explosionsdruckentlastung ungehindert vonstatten gehen konnte.
Explosionsfähige Propan/Luft-Gemische wurden im ruhenden Zustand
durch eine Induktions-Dauerfunkenstrecke (E = 10 J) entzündet. Als Zünd-
quelle für die homogenen, nach dem Normverfahren erstellten Staub/Luft-Ge-
mische dienten die üblichen pyrotechnischen Zünder mit einem Energieinhalt
von E = 10 kJ. Der Zündort befand sich in Raummitte, und es wurde stets über
einen breiten Konzentrationsbereich gearbeitet.
Die aus den Explosionsversuchen resultierenden Druck-Flächenkurven für
Propan und einen brennbaren Staub im oberen Grenzbereich der Staubexplo-
sionsklasse St 2 sind in Abb. 3.34 wiedergegeben. Sie werden verglichen mit den
entsprechenden Kurven, die für kubische Behälter (bezogen auf das Leer- und
freie Volumen) erwartet werden, wenn sie über Berstscheiben mit einem stati-
schen Ansprechdruck von Pstat = 0,05 bar entlastet werden.
788 3 Einfluß von Zusatzoberflächen

Abb.3.33. Thschenfilter mit Einbauten (Leervolumen: V = 7,5 m3;


freies Volumen: V = 5 m3)

Wie man erkennt, ist bei Vorhandensein von Einbauten und explosionsfähi-
gen Propan/Luft-Gemischen eine wesentliche Flächenreduzierung selbst dann
gegeben, wenn für die Berechnung das freie Volumen (Leervolumen minus Fil-
tervolumen) zugrundegelegt wird. Dies gilt auch dann, wenn die örtliche Lage
der Entlastungseinrichtung verändert wird. Günstig ist die seitliche Entlastung
an der Rückwand im Zündquellenbereich. Ungünstig ist deren Anordnung
unten im Konus. Aber selbst dann liegt der reduzierte maximale Druckwert
immer noch ca. 50% unter der Erwartung.
Druckreduzierung ist, wenngleich in geringerem Maß, auch im Fall der
brennbaren Stäube gegeben und ebenfalls für andere Produkte (Kst =
90bar'm's- 1 bzw. Kst = 153 bar·m·s- 1) gültig. Der Flächenbedarf liegt je-
3.3 Staubabscheidefilter 789

[bar] \ Propan:K G=100 bar.m.s- 1


\
x
0
\ Explosionsklappen
E \
-ci 0,75 \
f:>. unten

Cl..~ " \ o seitlich


\ o oben
.Y \
,
\:
()
:J
0,50 0 \
....
"0
Vl
c
\ ,,
0 0,25 ........
Vl
0 0,
.... ....
Cl.. 0 ....
°
X ---~
W
....
Q)
[bar] St2-Staub: K G=300 bar. m .S-1
-0 I
I Berstscheiben
E
'x0 0,75
\
0
- Leervolumen:7,5 m
3

--- freies Volumen: 5 m3


E 0\

~\
....Q)
......... 0,50
Q)
'N
:J 0\
"0
....
Q) 0,25 ~~
PStat o~
°° 0,5 1,0 1,5 [m ]
Entlastungsfiöche F
Abb.3.34. Druck-Flächen-Kurven des Thschenfilters im Vergleich zum kubischen Behälter
(Pst.t = 0,05 bar)

doch nur wenig unter dem, der für das freie Volumen zu erwarten ist. Günstig
ist die Anordnung der Entlastung unten im Konus, ungünstig, wenn sie sich
im Deckel befindet.
Die Nichtübereinstimmung der günstigsten Anordnung der Entlastungsein-
richtung ist auf unterschiedliches Fortpflanzungsverhalten von Brenngas- und
Staubexplosionen im Filtergehäuse zurückzuführen.
In beiden Fällen ist aber zu beachten, daß die Untersuchungen mit relativ
schweren Explosionsklappen durchgeführt wurden, die bekanntlich den Entla-
stungsvorgang nicht unwesentlich behindern. Werden sie durch Berstscheiben
mit gleichem statischem Ansprechdruck ersetzt, dann sind speziell für brenn-
bare Stäube deutlich größere Unterschiede zum Flächenbedarf für das freie Vo-
lumen zu erwarten.
Im Gegensatz zu den Brenngasen (Abb. 3.35, oben) ist die Flammenausbrei-
tung im Bereich der Entlastung bei brennbaren Stäuben (Abb. 3.35, unten) be-
sonders bei großer Entlastungsfläche anhaltender und intensiver. Abhilfe kann
nur durch Erhöhung der Explosionsfestigkeit des Filtergehäuses und Vermin-
derung der Entlastungsfläche erreicht werden. Der konsequente Schluß ist,
daß explosionsdruckentlastete Staubabscheidefilter bei Nichtanwendung von
790 3 Einfluß von Zusatzoberflächen

Abb.3.35. Propanexplosion F = 0,5 m2 (a) und St 2-Staubexplosion F = 1 m2 (b) im seitlich


entlasteten Thschenfilter

Ausblasrohren (sie erfordern eine erhöhte Gehäusefestigkeit) keinesfalls in den


Betriebsraum gehören, sondern ins Freie oder notfalls auf das Gebäudedach
unter Beachtung des durch die Entlastung gegebenen Gefahrenkegels.
Die in Kap. 3.3.1 ausgesprochene Vermutung, daß Einbauten in Staubab-
scheidefiltern den Explosionsdruck und die Explosionsheftigkeit von Brennga-
sen und brennbaren Stäuben durch optische Strahlungsabsorption mindern,
konnte somit in vollem Umfang bestätigt werden.
3.3 Staubabscheidefilter 791

Man kann zusammenfassen: Grundsätzlich ist die Höhe des reduzierten


maximalen Explosionsdruckes im entlasteten Taschenfilter in gewissem Grad
davon abhängig, an welcher Stelle der Oberfläche die Entlastungseinrichtung
angebracht ist (Abb. 3.34), konstante Entlastungsfläche vorausgesetzt. In kei-
nem Fall wird der Wert erreicht, der bei freiem Volumen erwartet wird.
Um bei der Projektierung die Dimensionierung der nun einmal ohnehin sehr
verkleinerten Entlastungsflächen zu vereinheitlichen und um unabhängig von
den genannten Einflüssen zu sein, wird empfohlen, für die Berechnung der
Größe der Entlastungsfläche grundsätzlich das freie Volumen zugrunde zu
legen, d. h. das Hüllvolumen der Filterpakete vom Leervolumen abzuziehen.

3.3.4 Schlauchfilter

Abbildung 3.36 zeigt ein Schlauchfiltergehäuse mit einem Volumen von


V = 13,6 m3, in das bis zu 100 Filterschläuche (je 50 Filterschläuche getrennt
durch einen Inspektionsgang) auf Stützkörben montiert werden können. Aus
Kostengründen wurden anstelle der üblichen Thchfilter die Körbe mit Plastik-
folie überzogen. Die Explosionsdruckentlastung erfolgte über Scheiben in
Gummiklemmprofilen mit einem Scheibengewicht von 50 kg/m 2 und einem
statischen Ansprechdruck von Pstat = 0,08-0,1 bar [16].

a b
Abb. 3.36. 13,6 m3-Schlauchfiltergehäuse (a) und mit Plastik folie überzogene Stützkörbe (b)
792 3 Einfluß von Zusatzoberflächen

[bar] ,
x O,4r- 0" Propan
o
E
-0
0,3 r-
G=25 kg/m 2
'0', ............. '

CL
~ 0,2 r- • O-"':::-C"_
0,1 r----Kubische Behälter ---- _
.::t:.
U o I I I
:::J
L
"0
({) [bar] ... G=25 k '1m2 Pmox9,5 bar
c::: 0,4 r- \ g, l:> °KSt =160 bar'm's- 1
o \ ,'c. Ll.Pmo~10 bar
(() 0,3 r- \, 0 " ' KSt =300 bar· m. s-1
o , ... l:>
0,2 f- , 0 ' ..... 'l:>
"
CL
x , 0 ... -
w 0,1 f- ..............
L
O~ __~I____~I_____~I__~
Q)

o o 1 2 3 [m 2J
E Entlastungsfläche F
x
o
E [barJ ______
L
Q)
_ ~::----o _______
-+-'
L
Q)
O,2~ ~
N F=4 m 2
:::J
"0
Q)
o 1r- 0 p =9,5 bar,K St =160 bar· m. s-1
J max
L Ll.p =10 bar,K St =300 bar.m.s- 1
o mfx I I I
o 2 3 4 [Vol%J
Propan-Gehalt
Abb.3.37. Leeres 13,6 m3-Schlauchfiltergehäuse: Flächenbedarf im Vergleich zum kubi-
schen Behälter und Einfluß von Propan auf die Druckwirkung

Bei Explosionen im leeren Filtergehäuse hat sich ergeben (Abb. 3.37, oben),
daß bei Propan (Ko = 100 bar' m . s -1) der Flächenbedarf geringer, im Fall
der brennbaren Stäube Abb. 3.37, Mitte) hingegen etwas höher ist als in gleich-
volumigen Behältern, wenn diese über Berstscheiben (Pstat = 0,1 bar) entlastet
werden. Druckreduzierung wird durch Verminderung des Klappengewichtes
(25 kg/m2 ) erreicht.
Bei zusätzlich vorhandenem Propan in der Verbrennungsluft (hybride Gemi-
sche: Abb.3.37, unten) wird wegen Verstärkung der Explosionsheftigkeit der
brennbaren Stäube (Abb. 1.241) selbst bei großflächiger Entlastung (F = 4 m2)
der reduzierte maximale Explosionsdruck Pred,max ungefähr verdoppelt.
Es hat sich ferner gezeigt, daß die für die Explosionsdruckentlastung sorgen-
den Scheiben an 8 mm-Stahlseilen zusätzlich zu halten sind, um Sekundär-
schäden durch Davonfliegen (Wurfweite bis zu 70 m) zu vermeiden (Abb. 3.38).
Bei Staubexplosionen waren besonders dann umfangreiche Flammenerschei-
nungen im Bereich der Entlastungsöffnung zu beobachten, wenn sich dort zu-
sätzlich Staubablagerungen befanden (Abb.3.39). Die Unterkante der Entla-
3.3 Staubabscheidefilter 793

Abb. 3.38. Nach Explosion im Filtergehäuse davongeschleuderte (a) und durch ein 8 mm-
Stahlseil abgesicherte Entlastungsscheibe (b)

stungseinrichtung muß sich also in einem hinreichenden Abstand von der


Staub schüttung befinden, die maximal unter Betriebsbedingungen vorkommt.
Die Filterschläuche dürfen die Entlastungsfläche weder teilweise noch voll-
ständig abdecken, da in solch einem Fall (Abb. 3.40) trotz Verminderung des
freien Volumens mit wachsender Filteranzahl zufolge Behinderung des Entla-
stungsvorgangs der reduzierte maximale Explosionsdruck Pred,max im zu schüt-
zenden Filtergehäuse so stark angehoben wird, daß es trotz überdimensionier-
ter Druckentlastungsflächen mit niedrigem Ansprechdruck stark deformiert
794 3 Einfluß von Zusatzoberflächen

b
Abb.3.39. Staubexplosion im Filtergehäuse ohne (a) und mit zusätzlichen Staubablagerun-
gen (b) im Entlastungsbereich

wird. Dies gilt sowohl für die Explosionen von Brenngasen als auch für solche
von brennbaren Stäuben.
Wird dagegen der Druckentlastungsvorgang durch die Schlauchfilter nicht
behindert, d.h. wird eine Druckentlastungsfläche von F = 4 m2 am freien Vo-
lumen des Filtergehäuses angeordnet, so ist die volle Wirksamkeit der ange-
wendeten Schutzmaßnahme gegeben. Ein Einfluß der Anzahl der Schlauchfil-
ter auf die Druckwirkung im Filtergehäuse wurde unter den vorliegenden Be-
dingungen nicht festgestellt [16], weil bei der vorgegebenen großflächigen Ent-
lastung der horizontale Ast der Druckflächen-Kurven gültig ist (Abb.3.34,
3.3 Staubabscheidefilter 795

OL-______PSlal=O,08-0,l
________
~
bor
~

o 50 100
Anzahl der Filterschläuche

Abb. 3.40. Reduzierter maximaler Explosionsdruck Pred,max als Funktion


der Anzahl der Filterschläuche bei abgedeckter Entlastung

oben), wo weder die Art des Brennstoffes noch die Flächengröße einen nen-
nenswerten Einfluß auf die Druckentlastung nehmen.
Die bisherigen Betrachtungen bezogen sich auf Explosionsereignisse, bei de-
nen die Zündquelle in Raummitte des Filtergehäuses wirksam ist. In der Praxis
ist jedoch damit zu rechnen, daß eine Explosion aus einer angeschlossenen
Rohrleitung heraus in Form einer Flammenstrahlzündung übertragen wird.
Um auch diesen Fall zu untersuchen, mündete in den Konus des Filtergehäuses
eine Rohrleitung DN 400. Durch entsprechende Wahl ihrer Länge
(1 = 5 - 10m) wurden unterschiedliche Explosionseintrittsgeschwindigkeiten
erreicht (Abb. 3.41) und das Filtergehäuse ohne Einbauten senkrecht hierzu
entlastet (F = 3 m2).
Der Zusammenhang zwischen der Explosionseintrittsgeschwindigkeit V ex
und den sich im Filtergehäuse einstellenden reduzierten maximalen Explo-

Abb.3.41. 13,6 m3-Filtergehäuse mit vorgesetzter Rohrleitung DN 400


(Flammenstrahlzündung)
796 3 Einfluß von Zusatzoberflächen

[bar]

0,75 Propan St2-Staub


o ,:,.

J t:-
x
0,50
_/

0,25/

[bar /s] F=3 m 2


PstatO,08-1.0 bar
75 r-
o

::j~.
o~· I I I I
o 100 200 300 400 [m/s]
v ex: DN400 beim Eintritt ins Filtergehäuse

Abb.3.42. Reduzierte maximale Explosionskenngröße im 13,6 m3-Filtergehäuse ohne Ein-


bauten als Funktion der Eintrittsexplosionsgeschwindigkeit Vex

sionskenngrößen ist in Abb. 3.42 für Propan und homogene Gemische eines
Staubes (Normverfahren) der Staubexplosionsklasse St 2 dargestellt. Es besteht
ein proportionaler Zusammenhang.
Erfolgt eine solche Explosionsübertragung mit langsamer Explosions-
geschwindigkeit (v ex einige m/s), dann ist die Entlastung voll wirksam
(Abb. 3.43). Völlig andere Verhältnisse liegen aber dann vor, wenn die Explo-
sionsgeschwindigkeit in der angeschlossenen Rohrleitung DN 400 deutlich hö-
her liegt: Die das Anschlußrohr verlassende Flamme trifft im Filtergehäuse auf
ein stark turbulentes und unter Vorkompression stehendes explosionsfähiges
Gemisch, das schlagartig entzündet wird. Die Folge ist eine starke Erhöhung
der Abbrandgeschwindigkeit und naturgemäß eine Verstärkung des reduzierten
maximalen Explosionsdruckes, der trotz Überdimensionierung der Druckent-
lastung zur Deformation des Filtergehäuses führt (Abb. 2.396).
Bei Brenngasexplosionen wird die Explosionsfestigkeit des vorgegebenen
Filtergehäuses mit p - 0,4 bar bei sehr viel geringerer Explosionseintritts-
geschwindigkeit (v ex = 70 m/s) überschritten als bei Staubexplosionen
(v ex = 400 m/s).
Abhilfe kann nur durch die Anwendung explosionstechnischer Entkopp-
lungsmaßnahmen (s. Teil 2, Kap. 3.5) zwischen der Rohrleitung und dem zu
schützenden Filtergehäuse erreicht werden.
3.3 Staub abscheide filter 797

Abb.3.43. Propanexplosion bei Flammenstrahlzündung (vex = 10 m/s)

Eine erfolgversprechende Explosionsunterdrückung im vollbestückten Fil-


tergehäuse schien fraglich, da zu vermuten war, daß die Einbauten eine
ordnungsgemäße Verteilung des Löschmittels behindern.
Gegenteilig waren die Ergebnisse von systematischen Explosionsunter-
drückungsversuchen im 13,6 m3-Filtergehäuse mit blockierten Entlastungsein-
richtungen und brennbaren Stäuben im oberen Grenzbereich der Staubexplo-
sionsklasse St 1 (Pmax = 10 bar, Kst = 200 bar' m . s -1) und St 2 (Pmax = 10 bar,
KSt = 300 bar' m . s -1). Bei Anwendung des 3/4" -Systems (Abb. 2.362: Dop-
pelventil, PN2 = 120 bar, Ammonphosphat-Löschpulver, Ansprechdruck
PA = 0,1 bar) ist innerhalb der Anwendungsgrenzen Explosionsunterdrückung
immer dann gegeben (reduzierter maximaler Explosionsdruck Pred,max :5
0,4 bar), wenn das Löschpulver den freien Filterraum, einschl. desjenigen eines
eventuellen Montageganges, überstreicht. Der Löschmittelbedarf (die An-
zahl Z der notwendigen 51-Löschmittelbehälter) bezieht sich auf das freie Fil-
tervolumen (Abb. 3.44). Es ist zu empfehlen, ihn in der Praxis aus Sicherheits-
gründen um 20070 zu erhöhen [16].
Eine wirksame Explosionsunterdrückung gelingt dagegen nicht (Abb. 3.45),
wenn in dem vollbestückten Filtergehäuse Explosionen von Propan ablaufen.
Dies gilt selbst dann, wenn der für das Leervolumen errechnete Löschmittelbe-
darf verdoppelt und in den Zwischenraum zwischen den Schlauchfiltern einge-
bracht wird. Wie man Abb. 3.45 entnehmen kann, ist zwar der Filterkonus, in
dem sich bekanntlich keine Filter befinden, unbeschädigt (das Unter-
drückungssystem ist voll wirksam); der obere Teil des Filters wird dagegen
durch die Explosion schwer in Mitleidenschaft gezogen, da die Einbauten die
Löschmittelverteilung behindern und der Verbrennungsprozeß nicht schnell ge-
nug unterbrochen werden kann.
798 3 Einfluß von Zusatzoberflächen

Nl0.------------,------r--,r--,
d;
~ 8r-------------t-------~--t-~
.c
GI
.0
(/)

"§ }
Für eine erfolgreiche
Unterdrückung not-
l5 1-"'-f....L..f....L..<-L-<-L-<-L.<-L..<.f-"-'C..~LL.q;.~-<--t.L-L-'-'l wendige Behälterzahl
>
~
E
.c
u
.:2 2 ;----+------c~--I__......_I
-: ~I
~ ~I

1
VI

~N lL--------------L------~--~--~
1

~ 1 3,5 7,0 10,0 13,6


Filtergehäusevolumen V Im 1

Abb.3.44. 13,6 m3-Filtergehäuse mit Einbauten: Löschmittelbedarf bei Explosionsunter-


drückung von Staubexplosionen

Abb.3.45. 13,6 m3-Schlauchfiltergehäuse mit Einbauten nach Explosionsunterdrückungs-


versuch mit Propan
3.3 Staubabscheidefilter 799

3.3.5 Folgerungen

Faßt man das Wissen zur Anwendbarkeit von konstruktiven Schutzmaßnah-


men an Filtergehäusen (Ausnahme kleinvolumige Schwebstoff-Filter-Gehäuse)
zusammen, so ist festzustellen:
Um die Schutzmaßnahmen "Explosionsdruckentlastung" oder "Explo-
sionsunterdrückung" anwenden zu können, ist eine ausreichende Explo-
sionsfestigkeit (Explosionsdruck- bzw. -druckstoßfestigkeit) erforderlich,
die p ~ 0,25 bar betragen sollte.
Bei Explosionsdruckentlastung kann die Größe der erforderlichen Entla-
stungsfläche auf das freie Volumen bezogen werden. Die Einbauten dürfen
den Entlastungsvorgang nicht behindern. Durch Anwendung von explo-
sionstechnischen Entkopplungsmaßnahmen ist dafür zu sorgen, daß eine
Explosion nicht aus einer angeschlossenen Rohrleitung in das zu schützen-
de Gehäuse übertragen wird.
Die Schutzmaßnahme "Explosionsunterdrückung" kann innerhalb der An-
wendungsgrenzen nur zum Schutz von Filtergehäusen angewendet werden,
in denen mit dem Auftreten von Staubexplosionen gerechnet wird; dabei ist
der Löschmittelbedarf auf das freie Volumen zu beziehen. Um den Unwäg-
barkeiten des Explosionsablaufs in der Praxis Rechnung zu tragen, ist eine
zusätzliche Löschmittelreserve von ca. 20070 zu empfehlen. Im Fall ange-
schlossener Rohrleitungen sind wie bei der "Explosionsdruckentlastung"
explosionstechnische Entkopplungsmaßnahmen notwendig.
4 Sackzerreißmaschinen

In Betrieben der Verfahrenstechnik und in solchen der chemischen Industrie,


die brennbare und damit explosionsfähige Stäube verarbeiten, müssen oft in
Säcke verpackte Schüttgüter unmittelbar der Verarbeitung zugeführt werden
[17]. Eine wirtschaftliche Trennung von Inhalt und Verpackung läßt sich mit
Sackzerreißmaschinen erreichen, die das Schüttgut aussieben und das Ver-
packungsmaterial als gepreßten Ballen auswerfen. Derartige Maschinen kön-
nen als Zünd quelle gegenüber sehr leicht entzündlichen Staub/Luft-Gemi-
schen angesehen werden, wenn das Zerreißwerk aus schnell rotierenden Mes-
serschneiden (heiße Oberflächen, mechanisch erzeugte Funken) konstruiert ist.
Konstruktive Schutzmaßnahmen sind daher zwingend erforderlich.
Die Abb. 3.46 und 3.47 zeigen eine explosionsgeschützte Sackzerreißmaschi-
ne in schematischer bzw. praktischer Ausführung. Die Säcke gelangen über ein
Förderband in die Einlaufhaube und von dort in die Zerreißmaschine (zwei ge-
genläufige Zerreißwalzen), aus Zerreißsternen bestehend, wo sie zerkleinert
werden. Klumpiges Material wird im nachfolgenden Walzenquetschwerk zer-
drückt. Dann fallen Sackinhalt und Papierfetzen über eine Einlaufschiene in
die Siebtrommel, wo sie voneinander getrennt werden. Während das zu verar-
beitende Material in zwei Container gefördert wird, die abwechselnd befüllt
werden, gelangen die Sackreste in eine Ballenpresse, die die gebundenen Ballen
am Auslauf ausstößt.
Ist in den Säcken brennbarer Staub, dann ist mit dem Auftreten explosions-
fähiger Staub/Luft-Gemische zu rechnen, und es kann somit im Bereich der
Zerreißsterne Explosionsgefahr gegeben sein. Die Einlaufhaube ist als beson-
ders explosionsgefährdet anzusehen. Die hier angeordnete Explosionsunter-
drückungsanordnung (aktiviert über einen Druckdetektor) erstickt eine in die-
sem Bereich anlaufende Explosion und verhindert auch eine Übertragung der
Staubexplosion in den Fabrikationsraum und damit eine mögliche Sekundär-
explosion mit den bekannten verheerenden Wirkungen. Eine zusätzlich ange-
ordnete Druckentlastung sorgt nicht nur für eine ausreichende Druckreduzie-
rung, sondern auch für eine möglichst weitgehende Ableitung der Verbren-
nungsgase und des Löschpulvers der Unterdrückungsanlage in die freie Atmo-
sphäre. Um jedoch die rechtzeitige und vollkommene Wirksamkeit der Explo-
sionsunterdrückung sicherzustellen, muß wegen der Entlastung an der Ein-
laufhaube der Ansprechdruck entsprechend niedrig (PA <0,1 bar) und der
statische Ansprechdruck Pstat der Druckentlastung deutlich höher sein.
Gegebenenfalls ist auch die Verwendung eines optischen Detektors für die
Aktivierung des Schutzsystems sinnvoll. Beide Schutzmaßnahmen setzen die
4 Sackzerreißmaschinen 801

Abb. 3.46. Schematische Darstellung einer konstruktiv geschützten Sackzerreißmaschine


[18]. 1 'fransportband, 2 Einlaufhaube, 3 Zerreißmaschine, 4 Walzenquetschwerk, 5 Sieb-
trommel, 6 Empfangsbehälter, 7 Ballenpresse, 8 Filter, 9 Löschmittelbehälter, 10 Druck-
detektor, 11 Berstscheibe, 12 Berstscheibe, 13 Abblasrohre

Abb.3.47. Praktische Ausführung einer Sackzerreißmaschine [18]


802 4 Sackzerreißmaschinen

Anlage beim Ansprechen im Falle einer Explosion durch Kontaktgabe automa-


tisch still.
Da trotz der Schutzmaßnahmen im Bereich der Einlaufuaube nicht auszu-
schließen ist, daß sich eine Explosion auch auf das Gehäuse der Sackzerreiß-
maschine erstreckt, wurde hier eine der Gehäusefestigkeit entsprechend dimen-
sionierte weitere Druckentlastungseinrichtung angeordnet.
Zum Schutz des Fabrikationsraumes vor Sekundärexplosionen ist zu for-
dern, daß möglichst keine Staubablagerungen im Bereich der Maschine vor-
kommen. Dies wird durch folgende Maßnahmen erreicht:
An der betriebsmäßigen Öffnung liegt entweder Unterdruck an oder es ist
keine Staubentwicklung mehr vorhanden und
das Maschinengehäuse ist staubdicht verschlossen.
Schutzmaßnahmen wurden auch für die in Abb. 3.48 gezeigte Sackzerreißma-
schine entwickelt [19].
Das LCergehäuse mit einem Volumen von V = 5,9 m 3 war einerseits oben
mit einer Druckentlastungseinrichtung DN 400 (statischer Ansprechdruck der
Berstscheibe Pstat = 0,1 bar) versehen und andererseits über den unverschlosse-
nen Sackeinlauf und Leersackverdichter explosionsdruckentlastet. Die gesamte
Entlastungsfläche betrug F - 1 m2 •
Untersuchungen mit brennbaren Stäuben nach dem Normverfahren (homo-
gene Gemische) im oberen Grenzbereich der Staubexplosionsklassen St 1 und
St 2 bei Zündortlage im Maschinenteil und im Abfüllcontainer ergaben die in
Tabelle 3.3 zusammengefaßten reduzierten maximalen Druckwerte Pred,max'
Die im Maschinenteil eingeleiteten Staubexplosionen wurden immer in den
Container übertragen. Zündortverlagerung in die Mitte des Containers ergab
nur im Fall des schwächer reagierenden St 1-Staubes einen Zünddurchschlag
in den Maschinenteil. Mit dem St 2-Staub gelang dies erst, wenn sich der Zünd-
ort oben am Container-Anschlußflansch befand. Man kann allerdings davon
ausgehen, daß in der Praxis das Zünddurchschlagverhalten durch Einbauten
(Schnecke, Daumenbrecher, Staubablagerungen) erschwert wird.
Einerseits ergaben sich keine Beanstandungen bezüglich der Explosions-
druckbelastung des Gehäuses, die andererseits sehr gering sein kann (Staubex-
plosionsklasse St 1: Pred,max = 0,05 bar). Zum Eindämmen der im Explosions-
fall außerhalb der Maschine auftretenden umfangreichen Flammenerscheinun-
gen (Abb. 3.49) war daher die Anwendung eines Explosionsunterdrückungssy-
stems, das einen sehr niedrigen Ansprechdruck erfordert, wenig sinnvoll.
Günstiger erschien die Absicherung der Bereiche des Sackeinlaufs und Leer-
sackverdichters durch Löschmittelsperren (3/4"-System mit Doppelventil
(Abb.2.362), PN2 = 120 bar, Ammonphosphat-Löschpulver) mit Löschmittel-
verteilung über Fächerdüsen (Abb. 2.473) und Aktivierung durch einen opti-
schen Flammenmelder (Abb.3.50). Die Zündortlagen "Containermitte" (St 1-
Staub) und "Container oben" (St 2-Staub) wurden beibehalten, weil sich nach
Angaben von Thbelle 3.3 im Maschinenteil Höchstwerte für den reduzierten
maximalen Explosionsdruck einstellten.
Die Untersuchungen mit systematischer Veränderung der spezifischen
Löschpulvermenge ergaben, daß zwei 51-Löschmittelbehälter am Sackeinlauf
4 Sackzerreißmaschinen 803

Leer sock -
.1 1....-.u..:verdichter

b
Abb.3.48. Sackzerreißmaschine schematisch (a)
und Leergehäuse für Explosionsversuche (b)
804 4 Sackzerreißmaschinen

Tabelle 3.3. Reduzierter maximaler Explosionsdruck Pred,max in Maschinenteil und Con-


tainer in Abhängigkeit von Staubexplosionsklasse und Zündort

Meßort Maschine Container

Staubexplosionsklasse Zündort Pred,max [bar]

St 1 Mitte Maschinenteil 0,05 0,44


Mitte Container 0,61 1,4
St 2 Mitte Maschinenteil 0,40 2,85
Mitte Container" 0,61 3,3
Container oben 0,44 2,7

" keine Explosionsübertragung in den Maschinenteil

Abb. 3.49. Flammenerscheinungen außerhalb der Sackzerreißmaschine


bei der Explosion eines St 2-Staubes

Abb.3.50. Löschmittelsperre am Sackeinlauf (links) und optischer Detektor (rechts)


4 Sackzerreißmaschinen 805

Abb.3.51. St 2-Staubexplosion in der Sackzerreißmaschine bei


wirksamen Löschmittelsperren

und ein 51-Löschmittelbehälter am Leersackverdichter zur Flammenablö-


schung von Stäuben bis zur Staubexplosionsklasse St 2 ausreichend sind
(Abb.3.51).
Zusätzlich wurden gegenüber den entsprechenden Angaben der Tabelle 3.3
die reduzierten maximalen Druckwerte ungefähr halbiert (zusätzlicher "Unter-
drückungseffekt") und waren auch unbeeinflußt von einem 5 m langen Aus-
blasrohr oben auf der Entlastungseinrichtung.
Trotz Überdimensionierung der Löschmittelsperren mißlangen Explosions-
versuche mit Aluminiumstaub (Staubexplosionsklasse St 3). Der Flammenaus-
tritt wurde nicht unterbunden und das Maschinengehäuse bei einem Druck
von Pred,max = 1,2 bar stark verformt. Erfolg ist nur zu erwarten bei Erhöhung
der Gehäusefestigkeit auf p = 1,5 bar und der spezifischen Löschmittelmenge.
Abbildung 3.52 zeigt die praktische Ausführung der geprüften Sackzerreiß-
maschine.

Abb.3.52. Explosionsgeschützte Sackzerreißmaschine [19)


5 Müllzerkleinerungsanlagen

In Müllzerkleinerungsanlagen treten immer wieder Explosionen mit im allge-


meinen erheblichem Sachschaden auf. Ursache hierfür ist, daß der eingetrage-
ne und auch schwer vorsortierbare Haus-, Sperr- und Industriemüll, Spraydo-
sen, kleine Gasflaschen, Lösungsmittel, Holz oder andere organische Feststof-
fe enthalten kann. Beim Zerkleinerungsprozeß besteht daher die Gefahr des
Entstehens explosions fähiger Brennstoff/Luft-Gemische und deren Entzün-
dung durch ständige Funken an den Rotorschaltleisten. Erhebliche Flammen-
ausbreitung aus dem Mühlenein- und -auslauf (ähnlich wie bei Sackzerreißma-
schine Abb. 3.49) ist die Folge und, je nach Heftigkeit der Explosion, eine Be-
schädigung des Mühlengehäuses.
Scholl [20] untersuchte die Möglichkeit der Anwendung von konstruktiven
Schutzmaßnahmen an einer Müllzerkleinerungsanlage mit einem Volumen
von V = 29 m3 , die über den Mühlenein- und -auslauf mit F = 6,8 m2 großflä-
chig entlastet war.
Zur Erprobung der Schutzmaßnahme Explosionsunterdrückung wurde
die Anlage mit vierzehn 51-Löschmittelbehältern mit 3/4"-Doppelventil
(PN2 = 120 bar, Ammonphosphat-Löschpulver (Abb. 2.362» bestückt und die
Löschmittelverteilung wie üblich über Kugeldüsen vorgenommen (Abb.3.53).
Die Löschmittelmenge ist ausreichend, um in einem geschlossenen kubischen
Behälter von gleichem Volumen Staubexplosionen bis zur Staubexplosions-
klasse St 2 (und entzündete Propan/Luft-Gemische niedriger Thrbulenz) bei ei-
nem Ansprechdruck des Unterdrückungssystems von PA = 0,1 bar wirksam
(reduzierter maximaler Explosionsdruck Pred,max :s 1 bar) zu unterdrücken (s.
leil 2, Kap. 3.4).
Bei Zündortlage "Rotorbereich" ergaben homogene Kohlenstaub/Luft-Ge-
mische (Pmax = 8,5 bar, KSt = 100 bar·m·s- 1) eine Druckäußerung von nur
Pred,max < 0,5 bar bei einer Flammenstanddauer im Ein- und Auslaufbereich
von ca. 1,5 s. Ein Ansprechen des Unterdrückungssystems (PA = 0,1 bar) ist
daher nicht zu erwarten. Der reduzierte maximale Druckwert eines Staubes im
oberen Grenzbereich der Staubexplosionsklasse St 2 wurde zwar von
Pred,max = 0,55 bar auf Pred,max = 0,35 bar herabgesetzt, die Flammenstanddau-
er außerhalb betrug aber immer noch 250- 350 ms gegenüber ca. 6 s bei unge-
hindertem Explosionsablauf.
Die 51-Behälter wurden daher am Mühlenein- und -austritt konzentriert, um
sie als Löschmittelsperre bei Löschmittelverteilung über Fächerdüsen
(Abb.2.473) wirken zu lassen. Weiterführung der Untersuchung erfolgte bei
Veränderung der Anordnung dieser Behälter, der Zündortlage und Verlänge-
5 Müllzerkleinerungsanlagen 807

Loschmittel-Behdlter
Verte ilung des U:ischmlttels über
Kugeldüsen

Druck - Detektor zur Auslösung der Löschmittel - Behälter a

b
Abb.3.53. Müllzerkleinerungsanlage mit 3/4"·Unterdrückungssystem [20]. a Schematische
Darstellung; b praktische Ausführung
808 5 Müllzerkleinerungsanlagen

Löschmittel - Behälter
Verteilung des Löschmittels über
Fächerdüsen

Druck - Detektor zur Auslösung


Löschmittel- Behälter

-jlm

Abb. 3.54. Anordnung der Löschmittelsperren am Ein- und Auslauf der Müllzerkleinerungs-
anlage [201

rung des Ein- und Auslaufs bei gleichbleibendem Querschnitt um 3 m (Vergrö-


ßerung des Abstandes Löschmittelsperren-+Zündquelle), wodurch sich das Vo-
lumen der Anlage auf V = 47 m3 vergrößerte. Ferner wurden am Einlauf
Gummipendelvorhänge, die im Explosionsfall den Druckausgleich mit der
freien Atmosphäre behindern, montiert. Am Ende dieser Entwicklung stand
die in Abb. 3.54 gezeigte Anordnung der beiden Löschmittelsperren.
Am Einlauf befanden sich
- aufgeteilt in zwei Gruppen zehn 51-Löschmittelbehälter mit 3/4"-Doppel-
ventil oder zehn 12,3 I-Behälter mit l"-Doppelventil
und am Auslauf
- ebenfalls aufgeteilt in zwei Gruppen 51- oder 12,3l-Löschmittelbehälter
jeweils be füllt mit 4 bzw. 6 kg Löschpulver auf der Basis von Ammonphos-
phat. Der Treibmitteldruck betrug PN2 = 120 bar.
Tabelle 3.4 faßt die bei den Untersuchungen in der Müllzerkleinerungsanla-
ge festgestellten Wertebereiche für den reduzierten Explosionsdruck Pred und
die Flammenstanddauern t F 1 für unterschiedlich heftig reagierende brennbare
Stäube teilweise unterschiedlicher Konzentration zusammen.
Im Rahmen der Untersuchungsgenauigkeit wirkten sich die Löschmittel-
sperren nicht druckmindernd in der vergrößerten Anlage aus, während sie die
Flammenstanddauern wesentlich reduzierten, wobei es teilweise zur völligen
Löschung am Auslauf kam, begünstigt durch Anbringen eines Gummipendel-
vorhangs am Einlauf. Zusätzliche Entlastungsflächen hatten nicht den ge-
wünschten Erfolg.
Das Untersuchungsergebnis zeigt die Problematik des Aktivierens von
Löschmittelsperren durch Druckdetektoren in großflächig entlasteten Anlagen
und damit die Anwendungsgrenzen auf. Sie beziehen sich auf homogene
Staub/Luft-Gemische in der Gesamtanlage. Aber selbst in diesem Fall ist bei
relativ schwach reagierenden Stäuben (z. B. Kohlenstaub: Pred,max < 0,05 bar)
5 Müllzerkleinerungsanlagen 809

Tabelle 3.4. Reduzierter Explosionsdruck Pred innerhalb und Flammenstanddauern t FI au-


ßerhalb der Müllzerkleinerungsanlage von brennbaren Stäuben (V = 47 m3 , Sperrenanord-
nung gemäß Abb. 3.54, Ansprechdruck Detektor PA = 0,1 bar)

Pmax K St Volumen der Pred t Fl [s]


[bar] [bar'm 'S-I] LM-Behälter [I] [bar]
Einlauf Auslauf

9,8 287 ohne 0,33 -0,50 5,3-5,8 1,7-3,7


5 0,22-0,60 0,09-0,28 0-0,06
9,8 147 ohne 0,17 - 0,24 3,4 0,31

9,8 320
12,3
ohne
0,14-0,20
0,09-0,48
0,13
6,4-11,9 °
0,5 -5,0
12,3"

" mit Gummipendelvorhang im Einlauf


0,26-0,42 0-0,06
°

mit einem Ansprechen der Detektoren (PA = 0,1 bar) nicht zu rechnen. In der
Praxis ist im Rotorbereich hingegen mit inhomogenen Staub/Luft-Gemischen
zu rechnen. Im Entzündungsfall kann zwar ein Ablöschen der Flammen am
Ein- und Auslauf aufgrund der Untersuchungen erwartet werden, jedoch muß
der Ansprechdruck des Auslösesystems erreicht werden.
Der Einsatz von optischen Detektoren wurde zwar wegen der Verschmut-
zungsgefahr verworfen, sie könnten aber in Kombination mit Druckdetektoren
und einem geringeren Ansprechdruck als üblich (Funktionsprüfungen an lau-
fenden Zerkleinerungsanlagen mit einem Ansprechdruck von PA = 0,02-
0,04 bar wurden bereits mit Erfolg durchgeführt) in der Müllzerkleinerungsan-
lage anlaufende Explosionen rascher erkennen und die Löschmittelsperren
rechtzeitiger betätigen. Wahrscheinlich ist, daß in diesem Fall auch Flammen
von inhomogenen Lösungsmitteldampf/Luft-Gemischen (Propan) erstickt
werden. Hier sollte die Weiterentwicklung (gleichzeitiges Erkennen von Flam-
me und Druck) einsetzen.
6 Pulverbeschichtungsanlagen

Brennbare Beschichtungspulver sind nach Angaben von Tabelle 3.5 leicht ent-
zündlich [21].
Die nach Vorschrift gemessene Mindestzündenergie mit Induktivität im Ent-
ladekeis [22] ist für alle Produkte MZE< 10 mJ. Ist dies auch bei nicht vorhan-
dener Induktivität der Fall, kann aufgrund praktischer Erfahrung und der
Analyse von Schadensfällen auch bei sicherem Ausschluß von trivialen und be-
trieblichen Zündquellen und ständigem Vorhandensein solcher Staub/Luft-
Gemische (wie bei Brenngas/Luft-Gemischen) die Schutzmaßnahme ,,vermei-
den von wirksamen Zündquellen" [2] nicht angewendet werden. Dies gilt auch
für Beschichtungspulver, bzw. es handelt sich um Grenzfälle.
Die untere Explosionsgrenze dieser Pulver liegt im Bereich von
UEG = 15 - 30 g/m3 und kann bei Herabsetzung des organischen Anteils auf
UEG = 60 g/m 3 angehoben werden [21]. Weil Berechnung auf thermochemi-
schem Weg nur mit großen Einschränkungen möglich ist (Abb. 1.174), muß der
Grenzwert im allgemeinen experimentell nach dem Normverfahren bestimmt
werden.
Das VDMA-Einheitsblatt 24371, Teil 1 [23] und die entsprechenden Sicher-
heitsregeln des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften [24,
25] enthalten Richtlinien für das Errichten und den Betrieb von Anlagen und
Geräten für elektrostatisches Beschichten mit Kunststoffpulvern. Zweck ist es,
Maßnahmen aufzuzeigen, durch die die Beschäftigten gegen mögliche Gesund-
heitsschäden geschützt, sowie die Brand- und Explosionswahrscheinlichkeit
herabgesetzt und Explosionsschäden vermieden werden.

Tabelle 3.5. Mindestzündenergie MZE von transparenten Kunststoff-Beschichtungspulvern


(Kondensatorentladung)

Pulverart M [/lm] MZE [mJ]

mit Induktivität ohne Induktivität

Epoxidharz 27 1,0 5,0


Polyurethan 29 1,0 10,0
Polyesterharz 35 5,0 10,0
Polyesterharz + 6070 Aluminium 34 2,0 2,0
6 Pulverbeschichtungsanlagen 811

Teil 2 des oben genannten VDMA-Einheitsblattes [26] enthält Ausführungs-


beispiele von Anlagen zum elektrostatischen Beschichten mit Kunststoffpul-
vern. Es zeigt Möglichkeiten, wie die festgelegten Schutzziele erreicht werden
können, die im allgemeinen eines Prüfzeugnisses einer anerkannten Prüfstelle
zur Begutachtung der Brand- und Explosionsgefahren bedürfen.
Es wird festgelegt [23 - 25], daß Sprühkabinen und Sprühstände mit einer
technischen Lüftung ausgerüstet sein müssen, um den Austritt von Beschich-
tungspulver in den Betriebsraum zu vermeiden. Sie muß so beschaffen sein,
daß bei Kenntnis der unteren Explosionsgrenze die mittlere Konzentration des
Pulvers in Luft 50070 dieses Wertes nicht überschreitet. Ist die untere Explo-
sionsgrenze unbekannt, dann darf der mittlere Wert der Pulverkonzentration
nicht höher sein als 10 g/m 3• Dies gilt naturgemäß nicht für die unmittelbare
Umgebung der Mündung der Sprühpistolen und des Werkstückes während der
Beschichtung. In Sprühkabinen und -ständen gilt die Zone 11 [1], ebenso um
Öffnungen bis zu einem Abstand bis zu 2,5 m (Abb. 3.55).

PuI ... CftUCkoemnnu"'Q Zyklon

c::::::J (nur) feuergefährdeter Bereich


~ (slaub-explosionsgelährdeler Bereich der) Zone 11
EE'!3B (Slaub-explosionsgefährd8rer Bereich der) Zone 10

Abb.3.55. Zoneneinteilung für Pulver-Sprühkabine mit 2 Ständen [24]


812 6 Pulverbeschichtungsanlagen

Weil in Pulverrückgewinnungsanlagen, in denen das überschüssige Be-


schichtungspulver des Sprühsystems gesammelt wird, in der Regel häufig mit
explosionsfähigem Staub/Luft-Gemisch zu rechnen ist, gilt für das Innere Zo-
ne 10 ([1], Bild 3.55). Es können daher, um Explosionsauswirkungen zu min-
dern, konstruktive Schutzmaßnahmen angewendet werden (s. Teil 2, Ab-
schn. 3), und durch explosionstechnische Entkopplung muß eine Explosionsü-
bertragung in die Sprühkabine verhindert werden, wie das folgende Beispiel
[27] zeigt.
Bei normalen Betriebsbedingungen besteht selbst dann keine Personenge-
fährdung im Bereich des Sprühstandes der in Abb. 3.56, links gezeigten Sprüh-
kabine, wenn sich das aus 4 Sprühpistolen austretende Beschichtungspulver
der Staubexplosionsklasse St 1 (10 g Pulver je Sekunde und Pistole) entzündet.
Durch eine elektronisch geregelte Filterabreinigung bedingt, gelang auch keine
Gemischentzündung in der Rückgewinnung.
Entsteht hingegen im Störfall (z. B. unzureichende Wartung) in der Rückge-
winnung explosionsfähiges Staub/Luft-Gemisch, ist Personengefährdung vor
allem durch Flammeneinwirkung gegeben (Abb. 3.56, rechts); nicht nur dann,
wenn sich eine Zündquelle im Filterraum befindet, sondern auch bei Pulver-
entzündung an den Pistolen. Um dies zu verhindern, ist die Rückgewinnung

a b
Abb.3.56. Pulverentzündung an 4 Sprühpistolen bei Nichtvorhandensein (a) undVorhan-
densein (b) von explosionsfähigem Gemisch in der Rückgewinnung
6 Pulverbeschichtungsanlagen 813

Abb.3.57. Diffusionsgitter mit umgebendem


nicht zünddurchschlagsicherem Spalt

gegen die Sprühkabine zu entkoppeln. Dies kann durch zünddurchschlagsiche-


re Ausführung des Diffusionsgitters (Abb. 3.57) geschehen, das beide Anlage-
teile voneinander trennt.
Die Anwendung der vorbeugenden Schutzmaßnahme ,,vermeiden von explo-
sionsfähigen Staub/Luft-Gemischen" [2J verhindert das Entstehen gefahrdro-
hender Gemischmengen in Beschichtungskabinen mit Ausnahme des engeren
Bereichs des Sprühstrahlaustritts. Es stellte sich daher zunächst die Frage, ob
solche Kabinen der Druckwirkung homogener Beschichtungspulver/Luft-Ge-
mische optimaler Konzentration widerstehen und bis zu welcher Staubkonzen-
tration eben noch keine Gefahr für das Bedienungspersonal an den Handöff-
nungen durch Flammenwirkung besteht.
Antwort hierauf geben Untersuchungen [28J mit zwei der Praxis angepaßten
Sprühkabinen von V = 15 m 3 und V = 30 m 3 Inhalt (Abb. 3.58) mit homoge-
nen Beschichtungspulver/Luft-Gemischen und folgenden sicherheitstechni-
schen Kenngrößen:
Untere Explosionsgrenze UEG = 15 g/m3,
maximaler Explosionsdruck Pmax = 8,2 bar,
staubspezifische Kenngröße KSt = 150 bar' m . s -1 und
Mindestzündenergie MZE = 5 mJ.
Werkstoff- und Handöffnungen (Ausnahme Pistolenschlitze) waren mit dün-
ner Polyethylenfolie mit einem statischen Ansprechdruck von nur Pstat =
0,01 bar verschlossen, um die Verhältnisse in der Praxis nicht wesentlich zu ver-
fälschen.
814 6 Pulverbeschichtungsanlagen

~~----------------~ b
Abb.3.58. 15 m 3• (a) und 30 m 3·Sprühkabine (b) für Explosionsversuche vorbereitet

Bedingt durch die großflächige Entlastung (F = 5,35 m2 bzw. F = 6,7 m 2)


sind selbst bei Optimalkonzentration (Abb. 3.59) in bei den Kabinen die redu-
zierten maximalen Explosionskenngrößen (Pred,max = 0,063 bar, (dpfdt)red,max =
2 barfs) sehr niedrig (Abb.3.60).
Weil Beschichtungspulver im allgemeinen in die Staubexplosionsklasse St 1
einzustufen sind [21], ist hierfür in Abb.3.61 der Flächenbedarf explosions-
druckentlasteter gleichvolumiger kubischer Behälter den Entlastungsflächen
der Sprühkabinen unter Einbezug eines Praxisfalls (V = 21 m3) gegenüberge-
stellt, die aufgrund der Darstellung unabhängig vom Kabinenvolumen keinen
höheren reduzierten maximalen Druckwert als den statischen Ansprechdruck
der Entlastung erwarten lassen. Da bei einem statischen Ansprechdruck der
6 Pulverbeschichtungsanlagen 815

Abb.3.59. Beschichtungspulver-Staubexplosion in 30 m3-Sprühkabine bei Optimalkonzen-


tration

[bar] r - - - - - - - - - - - ,

"0
QJ
0...'- 0,05
r
ro,,"0""
1\.
°
°
Ibar I

0,9
Pmax = 9 oor
-1
KS t =200 bar·m· s
PStnt =0,1 bar

0
I
° I I I
0,8

0,7
o
6
15 m3 - Sprühkabine
21 m3 - Sprühkabine
o 30.,,3 - Sprühkabine

0,6
[barls] ~

~
E
-ci' 0,5

6/ ~\
~
a..
° 0,4
I: der
"0
QJ Öffnungen der
-0..1 . . .
'- 0,3 Sprühkabinen ,

~ ° o 15 m3_Spriihkabine O~D
.6
, I
, :
/ ~6\
'
0,2 I
Ä 30 m3-Sprühkobine ,
I,
,
' I
I

---_\\~
I
: I
0,1 ' , I

°
PStnt
i!
0 0
0 250 500 750 [g/m 3 ] 0 2 4 5,35 6,71nfl
Staubkonzentration Entlastungsfläche F
Abb. 3.60. Reduzierte Explosionskenngrö- Abb. 3.61. Vergleich des Flächenbedarfs
ße als Funktion der Staubkonzentration für St 1-Stäube mit der Summe der Entla-
stungsöffnungen von Sprühkabinen
816 6 Pulverbeschichtungsanlagen

die Öffnungen abdeckenden Folien von Pstat = 0,01 bar gearbeitet wurde, ist
die maximale Druckwirkung in den Kabinen von Pred.max < 0,1 bar erklärt.
Sprühkabinen, die hinsichtlich der Abmessungen, Arbeits-, Ein- und Aus-
lauföffnungen den Versuchskabinen entsprechen, sollten daher eine Mindest-
explosionsfestigkeit von p = 0,1 bar haben.
Für die Bestimmung der Beschichtungspulver-Grenzkonzentration, bei der
eben gerade noch keine Personengefährdung an den Handöffnungen besteht,
wurden beide Sprühkabinen sowohl partiell (mit dünnen Folien abgegrenzte
Teilvolumina) als auch vollständig mit homogenem Staub/Luft-Gemisch be-
füllt. Bei diesbezüglicher Auswertung des Film- und Video-Materials wurde
berücksichtigt, daß in der Praxis im Bereich der Werkstückein- und -auslauf-
öffnungen bis zur Entfernung von 5 meine Sicherheitszone einzuhalten ist.
Betrachtet man die Abhängigkeit des Grenzkonzentrationswertes nicht vom
Befüllungsgrad der Kabinen, sondern vom mit Gemisch be füllten Teilvolumen,
erhält man, bedingt durch die großflächige Entlastung, einen vom Kabinenvo-
lumen unabhängigen Kurvenzug (Abb. 3.62, oben). Ausgehend von einer Kon-
zentration von 60 g/m3 bleibt der Grenzwert zunächst konstant und steigt bei
einem Befüllungsgrad von ca. < 500/0 rasch an. Entsprechend verringert sich
zunächst die aus der Beschichtungspulver-Grenzkonzentration errechnete Pul-
vermenge, um anschließend wieder zuzunehmen. Die Darstellung (Abb.3.62,

[g/m 31 r -
o ----------------,
C \ PES - Beschichtung~pulver
~ Pmax =B,2 bar
L.. KSt =150 bar.m· 51

~ 15 m3 - Sprühkabine
I>. 30 m3 - Sprühkabine
0

§ 500

l \.
~
0.. 0 L_______~~::~~::==r=~I>.==:::j1>.
[ kgl

o~------~------~------~
o 10 20 [m31

Mit Gemsch gefülltes KabinenlJOlumen


Abb. 3.62. Pulver-Grenzkonzentration und -menge als Funktion des mit Gemisch be füllten
Kabinenvolumens
6 Pulverbeschichtungsanlagen 817

Abb.3.63. Staubexplosion in der 30 m3.Sprühkabine bei einer Staubkonzentration von


60g/ m3

unten) läßt den Schluß zu: Das durch Aufwirbeln bis zu 1 kg Pulver entstehen-
de Gemisch ist eben noch nicht gefahrdrohend (Abb. 3.63).
Die in den vorgegebenen Sprüh kabinen mit homogenen Beschichtungspul-
ver/Luft-Gemischen festgestellten Grenzkonzentrationen liegen z. T. deutlich
oberhalb der unteren Explosionsgrenze. Wenn dieses Ergebnis in der Praxis aus
naheliegenden Gründen auch nicht angewendet werden kann, so zeigt sich
doch, daß die in den Explosionsrichtlinien (1) richtungweisend angegebene
"gefahrdrohende Menge an explosionsfahiger Atmosphäre" von 10 I auch
deutlich höher sein kann.
Anschließend wurde geprüft, ob durch praxisnahen Beschichtungspulver-
ausstoß aus Sprühpistolen (Abb. 3.64) die bei den Vorversuchen bestimmten
gefahrdrohenden Mengen erreicht oder überschritten werden.
Für die Untersuchungen standen insgesamt 17 Sprühpistolen zur Verfügung.
Jeweils 4 waren im Pistolenschlitz in einem gegenseitigen Abstand von 500 mm
angeordnet, zur Begünstigung der Gemischbildung war keine Luftstromüber-
lagerung vorhanden.
Wird aus 11 Pistolen eine Beschichtungspulvermenge von 63 gis ausgesto-
ßen, dann ist nach 20 s in der 15 m 3-Sprühkabine rechnerisch eine Staubkon-
zentration von ca. 80 g/m3 zu erwarten, die deutlich höher ist als die mit
818 6 Pulverbeschichtungsanlagen

Abb.3.64. Pulverausstoß aus Sprühpistole mit Prallteller (a) und mit Drall-Luft (b)
(Pulvermenge 5 gis)

homogenen Gemischen bestimmte Pulver-Grenzkonzentration von 60 g/m 3•


Eine Gemischentzündung in Raummitte gelang aber nicht. Zündortverlage-
rung in den Pistolenbereich war daher notwendig. Bei Entzündung der Staub-
wolke der Pistole in der Nähe der Zündquelle breitete sich die Abflammung
vorwiegend nach oben aus und verlöschte beim Abstellen des Produktstromes.
Kurzzeitige Flammenerscheinungen traten nur im Bereich der Pistolenschlitze
auf. Eine meßbare Druckwirkung wurde nicht festgestellt und daher auch die
die Öffnungen verschließenden dünnen Folien nicht zerstört.
Entsprechende Untersuchungen in der 30 m 3-Sprühkabine sollten klären,
ob eine Abflammung in der einen Kabinenhälfte in die andere übertragen wird.
Trotz des Einsatzes von 10 Pistolen auf der "Zündseite" und einer zusätzlichen
in der Handöffnung gelang dies selbst bei überhöhtem Pulverausstoß je Pistole
von ca. 6 gis nicht. Ansonsten gelten die Ausführungen zur 15 m 3-Kabine.
6 Pulverbeschichtungsanlagen 819

Man kann das Untersuchungsergebnis wie folgt zusammenfassen:


Bei keinem der Versuche wurde eine Personengefährdung durch Flammen-
einwirkung festgestellt.
Elektrostatisch aufgeladenes Beschichtungspulver verhält sich bezüglich
der Flammenentwicklung ähnlich wie elektrostatisch nicht aufgeladenes
Pulver.
Produktablagerungen am Boden der Kabinen verstärken unter den vorgege-
benen Bedingungen (keine Luftstromüberlagerung) praktisch nicht die
Flammen beim Abbrand von Beschichtungspulver an den Sprüh pistolen,
sondern neigen zum Verschmelzen.
Zwar konnte die Anzahl der Sprüh pistolen nicht bestimmt werden, die für ein
vorgegebenes Kabinenvolumen zulässig ist, um Personengefährdung auszu-
schließen (für die Versuche stand keine ausreichende Anzahl an Pistolen zur
Verfügung), sie läßt sich aber zu einer Sprühpistole pro m3 Kabinenvolumen
abschätzen, wenn der Pulverausstoß wie üblich 4,2 gis beträgt.
Wenn auch die vorstehend beschriebenen Ergebnisse der Untersuchungen
für die Praxis sehr positiv sind, so ist ein Brand an den Pistolen doch ein uner-
wünschtes Ereignis. Dies verhindern mit Erfolg geprüfte Brandunter-
drückungsanlagen, die einen Pistolenbrand im Anfangsstadium ersticken.
Sie bestehen aus dem Infrarot-Flammendetektor und der Branderkennungs-
und Meldezentrale, die die Detektorsignale auswertet (Abb. 3.65).

b
Abb. 3.65. Brandunterdrückungsanlage. a Flammendetektor; b Meldezentrale
820 6 Pulverbeschichtungsanlagen

Abb.3.66. Sprühpistole mit aufgesetztem Rohr für die Halonverteilung

Nach Erkennen eines Brandes in der Sprühkabine durch den Flammenmel-


der werden über die Meldezentrale Magnetventile von Halon 1211-Vorratsbe-
hältern betätigt und das Löschmittel den Sprühpistolen zugeführt (Abb. 3.66).
Nach Verlöschen des Brandes wird die Halonzufuhr automatisch unterbro-
chen. Die Anlage ist zur Verhinderung eines weiteren Brandes voll funktionsfä-
hig. Die Brandunterdrückungsanlagen wurden zwischenzeitlich auf Kohlendi-
oxid als Löschmittel umgestellt [29].
Als Ergebnis der Untersuchungen kann man zusammenfassen, daß in
Sprühkabinen, deren Verfahrensweise dem VDMA-Einheitsblatt bzw. den Si-
cherheitsregeln [23 - 25] entspricht, keine Explosionsgefahr gegeben ist und
daß sie in der Rückgewinnung wie auch bezüglich der Brandgefahr beherrsch-
bar ist.
7 Wirbelschicht-'frockner und -Granulatoren

Wirbelschicht-Sprüh-Granulieranlagen (Abb. 3.67) werden zum Mischen, Ag-


glomerieren und Trocknen von kristallinen pulvrigen Substanzen bzw. von
Granulaten verwendet. Die regulierbare Zuluft gelangt über die Vorfilter zum
Lufterhitzer und wird hier auf die an einem Regelthermostaten eingestellte
Temperatur erwärmt. Die gereinigte und erwärmte Luft wird anschließend
durch den mit Produkt befüllten Behälter gesaugt, das hierdurch im sogenann-
ten ,,wirbelbett" im Schwebezustand gehalten wird. Über eine einstellbare
Sprühdüse wird das Produkt mit einer wasser- bzw. lösungsmittelhaltigen Flüs-
sigkeit besprüht (agglomeriert) und anschließend getrocknet.
Sehr ähnlich arbeiten Wirbelschicht-Trocknungsanlagen, in die das Produkt
bereits wasser- oder lösungsmittelhaltig eingebracht und anschließend getrock-
net wird.
Entweichen des Produktes aus dem Wirbelbett verhindert das Produkt filter.
Die Abluft verläßt die Anlage über Ventilator und Abluftkanal.

Ventilator---f:~~5:s---:~1l
Rüttelvorrichtung---k~~~~~:=<t=1
Abluftfilter -1f------Vorfilfer

Sprühdüse----+---f!-=~I

Produkfbehälfer-----\-.,.;;. 'xr-lf------Lufferhitzer

~~LJ:!:;FFt------Temperaturf ühler

Abb.3.67. Prinzipielle Arbeitsweise einer Wirbelschicht-Sprüh-Granulieranlage ursprüng-


licher Bauart
822 7 Wirbelschicht-Trockner und -Granulatoren

Bei dem oben beschriebenen Vorgehen können explosions fähige Staub/Luft-


aber auch Staub/LösungsmitteldampfiLuft-Gemische (hybride Gemische)
entstehen, die sehr leicht entzündlich sein können (s. Teil 1, Kap. 3.3.6 u. 4.1.4).
In den siebziger Jahren kam es zu einer ganzen Anzahl von Explosionsereignis-
sen in solchen Thocknern und Granulatoren, teilweise mit Personen- immer
aber mit erheblichem Sachschaden. Dies nahm die Ciba-Geigy AG (Basel) zum
Anlaß, die Wirksamkeit der konstruktiven Schutzmaßnahmen [2]
- ExplosionsdruckentIastung und
- Explosionsunterdrückung
an Wirbelschichtapparaturen unterschiedlicher Volumina (V = 0,88 - 6,25 m 3)
systematisch zu untersuchen [30 - 32].
Die Untersuchungen mit brennbaren Stäuben wurden mit homogenen Gemi-
schen nach dem vereinbarten und genormten Verfahren durchgeführt und als
Ersatzbrenngas für die Lösungsmitteldämpfe Propan verwendet. Stets erfolg-
ten die Explosionsversuche über einen breiten Konzentrationsbereich.
Die Abb. 3.68 und 3.69 vermitteln einen visuellen Eindruck der Flamme-
nausbreitung von Staubexplosionen in explosionsdruckentIasteten Wirbel-
schicht-Apparaturen.
Auch hybride Gemische aus brennbarem Staub mit Propan wurden in die
Untersuchungen einbezogen und der Einfluß des Produktfilters und von Aus-
blaskanälen auf das Explosionsgeschehen in Trocknern praxisnaher Ausfüh-
rung untersucht.
Innerhalb der Anwendungsgrenzen konnte mit Erfolg auch die konstruktive
Schutzmaßnahme "Explosionsunterdrückung" eingesetzt werden (Abb.3.70).

Abb. 3.68. Staubexplosion in Wirbelschicht-Apparatur eckiger Bauform (trotz Explosions-


druckentlastung werden die Sichtfenster herausgedrückt)
7 Wirbelschicht-Trockner und -Granulatoren 823

Abb.3.69. Staubexplosion in Wirbel schicht-Apparatur runder Bauform

Abb.3.70. Wirbelschicht-Apparatur mit nachgesetztem Filtergehäuse und oben aufgesetzten


Löschmittelbehältern für die Explosionsunterdrückung (seitlich montiert: 51-Staubvorrats-
behälter)
824 7 Wirbelschicht-Thockner und -Granulatoren

I
q
Haupt.erbend der gewerblichen Be-;.;t.genOSSenlchaften
Zenlr.101 11 tOr Unlal erhOlung und Ar.,.ttl!Md~ln
Ltnpartweog 10l 5lOO 80nn •
r _ u a .CNIn"- I
ExplolloMld1uuyon -
Wirbeloc:lllchl-Sprilh-Granuialoron. Bestell-Hr • ZH I &11
Wlrbel.lChlenttrockn.rn , Au.be' 10. UMO
Wlrbeloc:lllchl-Co.Unganlag.n

Sicherheitsregeln
für den Explosionsschu1z bei der
Konstruktion und Errichtung von
Wirbelschicht-Sprüh-Granulatoren,
Wlrbelschlchttrocknern,
Wirbelschicht-Coatlnganlagen

.,
B.G

Abb. 3.71. Sicherheitsregeln ZH 1/617 des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenos-


senschaften

Die aus diesen Untersuchungen resultierenden Erkenntnisse flossen in "Si-


cherheitsregeln [33]" des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossen-
schaften (Abb. 3.71) ein.
Sie enthalten in Abhängigkeit vom Apparatevolumen Angaben über die zu
wählende
Explosionsfestigkeit,
EntIastungsfläche bei ExplosionsdruckentIastung vor und nach dem Pro-
duktfilter in Abhängigkeit von der Länge der Ausblasrohre und den
Löschmittelbedarf bei Explosionsunterdrückung
für Produkte der Staubexplosionsklassen St 1 und St 2 und deren hybride Ge-
mische.
Es hat sich bei Explosionsgefahr als vorteilhaft erwiesen, Wirbelschicht-Ap-
paraturen in runder Bauform auszuführen und den Zusammenhalt von Mate-
rialbehälter, Sprüh- und Filtergehäuse durch eine Hydraulikanlage zu gewähr-
7 Wirbelschicht-'frockner und -Granulatoren 825

leisten. Die Abb. 3.72 und 3.73 zeigen Ausführungsbeispiele bei Anwendung
der Explosionsdruckentlastung, Abb. 3.74 die praktische Ausführung.
Explosionsschutz-Schnellschlußventile (Abb. 3.75) sichern die Zu- und Ab-
luftleitung gegen die Fortpflanzung und gefährlichen Auswirkungen von Ex-
plosionen in andere Teile der Anlage (z. B. nachgeschaltete Ventilatoren oder
auch Filter bzw. vorgeschaltete, nicht explosions fest ausgeführte Apparateteile
wie Heizelemente und Filter). Sie werden über entsprechende Kontakte an der
Entlastungseinrichtung oder Druck- bzw. Flammendetektoren aktiviert und
durch Expansion von Luft aus 5 I-Vorratsbehältern mit sprengkapsel betätigtem
Ventil geschlossen. Ihre Schließzeit liegt bei einem Treibmitteldruck von
PT = 40 bar für Nennweiten DN 200- DN 600 in dem Bereich von t s =
20-25 ms. Sie sind auf Zünddurchschlag und Explosionsdruckbelastung mit
Propan geprüft. Auf Schnellschlußventile kann verzichtet werden, wenn die
Abluftleitungen einschließlich eventuell vorhandener Ventilatoren explosions-
fest entsprechend dem zu schützenden Apparat ausgeführt sind, nicht mit an-
deren Abluftsystemen in Verbindung stehen und gefahrlos ausmünden [33].
In der Folgezeit ergab sich die Notwendigkeit zu Kontrollversuchen [34, 35],
um die bisherigen Erkenntnisse zu bestätigen.

Abb.3.72. Wirbelschicht-Apparatur mit horizontaler Explosionsdruckentlastung


und nachgesetztem Ausblasrohr
826 7 Wirbelschicht-Trockner und -Granulatoren

Abb.3.73

I
- -.-;-
[

Abb.3.74 Abb.3.75
7 Wirbelschicht-ltockner und -Granulatoren 827

Abb.3.76. Staubexplosion in einem Wirbelschichttrockner ohne (a) und mit Produkt filter
(b) aber ohne Ausblasrohr

..
Abb.3.73. Wirbelschicht-Apparatur mit vertikaler Explosionsdruckentlastung und nachge-
setztem Ausblasrohr
Abb.3.74. Horizontal explosionsdruckentlastete Wirbelschicht-Apparatur (Entlastungsein-
richtung nicht sichtbar)
Abb.3.75. Explosionsschutz-Schnellschlußventil zur Absicherung der Zu- und Abluftleitung
828 7 Wirbelschicht-Thockner und -Granulatoren

Das Ergebnis dieser Untersuchungen stimmt bei Staub explosionen mit den
berufsgenossenschaftlichen Sicherheitsregeln [33] bzgl. der Forderung für die
Größe der Entlastungsfläche und die Explosionsfestigkeit überein. Hierbei
wurde ferner festgestellt, daß
das Produktfilter (Stauchfilter) einen explosionsverstärkenden Einfluß nur
dann hat, wenn kein Ausblasrohr vorhanden ist (Abb.3.76),
ein Ausblasrohr mit Querschnittserweiterung (Abb. 3.77) den Druckentla-
stungsvorgang nicht begünstigt,
der reduzierte maximale Explosionsdruck bei nicht vorhandenem Produkt-
filter sich linear zur Länge des Ausblasrohres unter Bestätigung von
Abb.2.281 anhebt und
sich eine Querschnittsverengung (Abb. 3.78) deutlich stärker auf die Anhe-
bung des reduzierten maximalen Druckwertes auswirkt als ein abgewinkel-
tes Ausblasrohr (Abb.3.79).

Abb.3.77. Wirbelschichttrockner mit erweitertem Ausblasrohr

Abb.3.78. Wirbelschichttrockner mit verengtem Ausblasrohr


7 Wirbe1schicht-Trockner und -Granulatoren 829

Abb. 3.79. Wirbe1schichttrockner mit abgewinkeltem Ausblasrohr

Im Zusammenhang mit Hybrid-Explosionen wurde festgestellt [35], daß die


Flächenforderung der berufsgenossenschaftlichen Sicherheitsregeln [33] nicht
ausreichend ist. Dem kann nur durch Entlastungsflächenvergrößerung oder
durch Erhöhung der Explosionsfestigkeit der zu schützenden Apparatur be-
gegnet werden.
In jüngster Zeit wurde dazu übergegangen, Wirbelschicht-Apparaturen
explosions fest für den maximalen Explosionsdruck (Abb. 3.80,3.81) zu bauen
[36, 37].
Prüfungen haben ergeben, daß hybride Gemische höchste Druckwirkungen
haben und zwar dann, wenn bei optimaler Propankonzentration relativ geringe
Staubmengen (z. B. Maisstärke: 60-100 g/m 3) vorhanden sind (Tabelle 3.6).
Die zu- und abluftseitig angeordneten Schnellschlußventile wurden grund-
sätzlich über Druckdetektoren am Sprühgehäuse (Ansprechdruck PA =
0, 1 bar) in Verbindung mit einer Meldeeinheit (Eigenzeit t E - 1 ms) aktiviert.
Weil das Trocknergehäuse als "Zündbehälter" wirkt, ist der maximale Ex-
plosionsdruck in der Abluftleitung im Bereich des Schnellschlußventils beider
Apparaturen deutlich höher, wenn auch sehr kurzzeitig wirkend, als im Trock-
ner selbst, wobei die Produktfilter von unterschiedlichem Einfluß auf das Ex-
plosionsgeschehen sind. Sie wirken in der kleinen Apparatur als Flammensper-
re und setzen, unabhängig vom Meßort, den maximalen Druckwert herab.
Druckreduzierung besteht auch in der größeren Apparatur. Sie ist aber sehr
viel geringer. Abbildung 3.82 zeigt das immer noch zünddurchschlagsichere
Schnellschlußventil DN 200 nach mehreren Druckbelastungen durch einige
10 bar, jedoch mit verformtem Gehäuse.
Aufgrund der durchgeführten Untersuchungen haben Wirbelschicht-Appa-
raturen heute einen hohen Sicherheitsstand im Explosionsfall. Unbefriedigend
ist jedoch, daß die Untersuchungen mit brennbaren Stäuben in Verbindung mit
homogenen Staub/Luft-Gemischen mittlerer llubulenz durchgeführt und die
tatsächlichen Verhältnisse in der Praxis nicht berücksichtigt wurden. Dies gab
830 7 Wirbelschicht.:n-ockner und -Granulatoren

b
Abb.3.80. Explosionsfeste 0,4 m3-Wirbelschicht-Apparatur für den maximalen Explosions-
druck (a) und abluftseitiges Explosionsschutz-Schnellschlußventil (b)

Abb.3.81. Explosionsfeste 2,1 m3-Wirbelschicht-Apparatur für den maximalen Explosions-


druck
7 Wirbelschicht-Thockner und -Granulatoren 831

Tabelle 3.6. Maximaler Explosionsdruck hybrider Gemische in explosionsfesten Wirbel-


schichtapparaturen mit zu- und abluftseitigen Schnellschlußventilen [35,37)

Meßort Trockner Abluftleitung

Apparatevolumen Bemerkungen Pmax I Pmax


[m3) [bar) [m) [bar)

0,4 ohne Produktfilter 9,9 5,7 64


mit Produktfilter 1,4 1,8
2,1 ohne Produktfilter 14,2 9,2 36
mit Produktfilter 10,5 35

Abb.3.82. Verformtes Gehäuse des Schnellschlußventils DN 200 nach


mehreren Druckbelastungen mit einigen 10 bar

Veranlassung, Explosionsversuche mit einer 2,7 m3-Wirbelschicht-Apparatur


unter Betriebsbedingungen durchzuführen [38]. Sie war für eine Explosionsfe-
stigkeit von p = 2 bar Überdruck konzipiert und konnte wahlweise druckdicht
verschlossen oder explosionsdruckentlastet werden. Es war immer ein Pro-
duktfilter vorhanden. Aktivierung der zu- und abluftseitigen Schnellschluß-
ventile erfo)gte über einen Druckdetektor (PA = 0,1 bar) am Trocknergehäuse
(Abb. 3.83).
Zunächst optoelektronisch (Abb. 3.84) durchgeführte Staubkonzentrations-
messungen in einem Abstand von 1100 mm vom Siebboden (dem vorgesehenen
Zündort) mit 3 Produkten ergaben (Abb.3.85), daß die stets oberhalb der
unteren Explosionsgrenze liegende Konzentration steigt, wenn die Produkt-
menge M im Produktbehälter und der Luftvolumenstrom Q zunehmen und
das Schüttgewicht fällt (Maisstärke-+Weizenmehl~Technocel). Dies gilt auch
bei Verlagerung des Meßortes zum Siebboden hin. Es ist daher immer mit ei-
832 7 Wirbelschicht-Thockner und -Granulatoren

2000 Explosionsfesl verschlossen


~ Explosio sdrucken lloslet
=
_+-----1a~_---.J~4~fe'T-'-fl= 0.25 - 0.74 m 2 .p S••• 0.1 bor
• Explosionsdruckgeber
... F"lcmmenmelder
V,= 0. 42 mJ Moleric lbehöller
V2 = 1. 29 m 3 Spruhgehöuse
~ VJ - 0.97 m' Fill ergehouse

~ Siebboden 100 f'm


~~~~----~~~~~~~---
a Ablu flvenli lclor

Abb.3.83. 2,7 m 3-Wirbelschicht-Apparatur


für Explosionsversuche unter Betriebsbedin-
gungen. a Schematische Darstellung;
b b praktische Ausführung

Abb.3.84. Optoelektronische Staubmeßanordnung mit Meßsonde und Anzeigegerät


7 Wirbelschicht-Trockner und -Granulatoren 833
[g/m3 ] , - - - - - - - - - - - - ,
Malsstärke

150

Produktmenge M

o Technocel:
M=50 Kg

300 - Weizenmehl:
o /M=100 Kg

200 -

100 - fi)~
/ g.?- ~aisstärke: M=100 Kg
0 ....."

o I I I
o 1000 2000 3000 [m 3 /h]
Luftvolumenstrom Q
Abb.3.85. Staubkonzentration brennbarer Stäube als Funktion der Produktmenge Mund
des Luftvolumenstroms Q (Meßhöhen über Siebboden: 1100 rnrn)

nem inhomogenen explosionsfähigen Gemisch zwischen Siebboden und Pro-


duktfilter zu rechnen. Von der bisherigen Vorstellung eines sehr hochprozenti-
gen, schwer entzündbaren Gemisches muß daher abgegangen werden.
Trotz inhomogener Gemischverteilung standen bei Anwendung der Explo-
sionsdruckentlastung (F = 0,5 m 2 = konst.) die reduzierten maximalen Explo-
sionskenngrößen im Rahmen der Versuchsgenauigkeit auf der Staub seite (vor
dem Produktfilter) und auf der Reinluftseite (nach dem Produktfilter) im line-
aren Zusammenhang zu den mit homogenen Staub/Luft-Gemischen (Norm-
verfahren) bestimmten staubspezifischen Kenngrößen Kst (Abb. 3.86).
Die weiterführenden Explosionsdruckentlastungsversuche wurden daher auf
Maisstärke: Pmax = 9,0 bar, KSt = 158 bar' m . s -1 und
Weizenmehl: Pmax = 7,5 bar, Kst = 49 bar' m . S-1
konzentriert.
Abbildung 3.87 zeigt am Beispiel explosionsdruckentlasteter Maisstärke-
Staubexplosionen bei voller Befüllung des Produkt behälters die erwartete
Schwankungsbreite der Meßergebnisse. Hohe Versuchszahlen sind zum Erken-
nen der linearen Abhängigkeit der reduzierten Explosionskenngrößen vom
Luftvolumenstrom Q notwendig. Nimmt er Maximalwerte an (Q = 5000 m 3/h),
fällt die Druckwirkung wegen überhöhter Staubkonzentration. Man kann er-
834 7 Wirbelschicht-Trockner und -Granulatoren

[bar] -e Reinluftseite
<=-=:===0-
Stqubsejte t;.

x0 0,15 m- m::......._ _ _ _ &


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a.1+-'
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0,5 I- 0=2000 m3 /h
t;.

0 I I I
0 50 100 150 0 50 100 150[bar.m.s-J
Kst : Normverfahren Kst : Normverfahren
Abb. 3.86. Reduzierte maximale Explosionskenngrößen inhomogener Staub/Luft-Gemische
bei Explosionsdruckentlastung (F = 0,5 m2 , Pstot = 0,1 bar) im Vergleich zu den staubspezi-
fischen Kenngrößen KS! nach dem Normverfahren

[bar] [bar]
Stgubl>!:i1!: '0 R!:inluUsei1!: /
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Q)
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• Maximalwert '0
'0 extrapolierter Wert
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O~~I ___~I~I___~I~ N O~~ __- L__~__~~
o 1000 2000 3000 4000 [m 3 /h] ~ o 1000 2000 3000 4000 [m 3 /h]
I.-
Luftvolumenstrom Q Luftvolumenstrom Q
Abb.3.87. Reduzierte Explosionskenngrößen von Maisstärke auf der Staub- und Reinluft-
seite als Funktion des Luftvolumenstroms Q
7 Wirbelschicht-nockner und -Granulatoren 835

warten, daß dies bei Produkten mit einem gegenüber Maisstärke höheren
Schüttgewicht aber ähnlicher Explosionsheftigkeit nicht der Fall ist. Sehr
wahrscheinlich stellen sich höhere Werte für den reduzierten Explosionsdruck
ein (gestrichelte Geraden), die der Endauswertung zugrunde gelegt wurden.
Zündortverlagerung zum Siebboden hin veränderte wegen der Großflächig-
keit der Zündquelle (pyrotechnische Zünder, E = 10 kJ; Abb. 1.155) das Explo-
sionsgeschehen nicht wesentlich.
Rückwaage des Produktes aus dem MaterialbehäIter ergab, daß nur
1,5 - 2,5 kg Maisstärke an den Staubexplosionen beteiligt waren.
Vergleicht man für das vorgegebene Trocknervolumen den Flächenbedarf in-
homogener Maisstärke-Staub/Luft-Gemische mit dem homogener Staub/
Luft-Gemische (Abb. 3.88), dann zeigt sich bei geringem Luftvolumenstrom
(Q = 1000 m 3/h) im Rahmen der Versuchsgenauigkeit Übereinstimmung.
Wird er hingegen auf Q = 5000 m 3/h angehoben, liegen die Druckwerte insge-
samt gesehen höher und steigen, entgegen der bisherigen Erwartung, mit zu-
nehmender Entlastungsfläche, wenn auch geringfügig, an. Eine Analyse der
zeitlichen Druckverläufe ergab, daß dies auf das Zusammenspiel von Luftvolu-
menstrom einerseits und dem Berstverhalten von Produkt filter und Berstschei-
be andererseits zurückzuführen ist. Bei kleinen Entlastungsflächen
(F:S 0,5 m2) wird das Filter nach (Abb. 3.89, oben) und bei großen
(F = 0,74 m 2) gleichzeitig mit der Berstscheibe zerstört (Abb. 3.89, unten). Im
zuerst genannten Fall entlastet die Staubexplosion im Trockner vorwiegend in
die Ausblasleitung, im zweiten Fall vor allem über die Entlastungsfläche selbst;
dadurch wurde nachgewiesen, daß die Explosionskenngrößen (Explosions-
druck, Explosionsgeschwindigkeit) in dieser Leitung mit zunehmender Größe
der Entlastung deutlich abnehmen.
Befand sich im Materialbehälter sehr viel weniger heftig reagierendes Wei-
zenmehl, waren Luftvolumenstrom Q und Entlastungsfläche F von unterge-

x
c
E
-ci [bar]
a.
~ !, \, \ -o VDI-RL3677
WST-Versuche ohne Filter 1974
0, • • WST-Versuche mit Filter 1974
0,75
~
u ~ ~ ~
...
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\ ,
\ A ... WST-Versuche mit Filter 1990
3/
"0
UJ ~\ \.. ~ ... Q=5000 m h
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0,50
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UJ \ -, ~-... ~ Q=3000 m 3 /h

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A
Q 1000
= m
3/h

E
-ci
...C1l °° 0,25 0,50 0,75
Entlastungsfläche F
Abb.3.88. Reduzierter maximaler Explosionsdruck Predmax im 2,7 m3-Trockner als Funk-
tion der Entlastungsfläche F im Vergleich zum Flächenbedarf früherer Untersuchungen
(Pstat = 0,1 bar)
836 7 Wirbelschicht-Thockner und -Granulatoren

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····:Imsl

0: -SOms 140ms 240ms 340ms "Oms


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540ms S40ms
-160ms .. 40ms
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-160ms -60ms
.. 40ms 140ms 240ms 340ms "Oms 540ms S40ms

Abb. 3.89. Zeitlicher Druckverlauf druckentlasteter Maisstärke-Staubexplosionen im


2,7 m3-Trockner (Q = 3000 m3/h). a F = 0,5 m2; b F = 0,74 m2
7 Wirbelschicht-lrockner und -Granulatoren 837

ordneter Bedeutung auf das Explosionsgeschehen. Die Berstscheiben sprachen


stets nach Zerstörung des Produktfilters an, dessen Berstdruck von
Pred = 0,2-0,25 bar für die Druckwirkung im Trockner bestimmend war.
Abbildung 3.90 zeigt den Zusammenhang zwischen den reduzierten maxi-
malen Explosionskenngrößen im 2,7 m 3-Trockner und den staubspezifischen
Kenngrößen Kst nach dem Normverfahren. Wie aufgrund obiger Ausführung
zu erwarten, hat für das vorgegebene Trocknervolumen eine Entlastungsfläche
von F = 0,5 m 2 die günstigste Entlastungsfähigkeit. Ausblasrohre (Ausblaska-
näle) dürften von ähnlich geringem Einfluß auf die Verstärkung der Druckwir-
kung im 'frockner sein wie in Abb. 2.286 für inhomogene Staub/Luft-Gemi-
sche angegeben.
Gleichzeitig durchgeführte Außendruckmessungen im Entlastungsbereich
[39] ergaben für Maisstärke (F = 0,74 m 2) einen Maximaldruck von nur
Pmax,A = 12,3 mbar.
Um die flammensperrende Wirkung von Explosionsschutz-Schnellschluß-
ventilen am Ende der Abluftleitung zu gewährleisten, müssen die in ihr auftre-
tenden maximalen Explosionskenngrößen bekannt sein. Schließzeit und maxi-
male Explosionsgeschwindigkeit bestimmen die erforderliche Länge dieser Lei-
tung. Nach Angaben von Abb. 3.91 ist für
Produkte der Staubexplosionsklasse St 1 bei einem maximalen Explosions-
druck von Pmax == 0,6 bar eine maximale Explosionsgeschwindigkeit von
vmax = 220 m/s und für

[m/s] -St1 St2-


[bar]
o F=O.25 m2 4-00
l>. F=O.50 m2
1.0 o F=O,74 m2
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~ 0,75 x
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l > 200
a. 0.50
100
~.
0.25
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O~ •
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[bor]
[bar /5]

0,75

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N 0.25
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oo • 100 200 [bar. m· 5-1 Ow.:::..-------,!-:-------::-~-r:-----'
0 [bor. m· s-1
Abb. 3.90 K SI : Normverfahren Abb. 3.91 K SI : Normverfahren
Abb.3.90. Reduzierte maximale Explosionskenngrößen im 2,7 m3-lrockner als Funktion
der staubspezifischen Kenngröße KSt nach dem Normverfahren (Pstat = 0,1 bar)
Abb. 3.91. Maximale Explosionskenngrößen in Abluftleitung DN 400 als Funktion der
staubspezifischen Kenngröße KSt nach dem Normverfahren
838 7 Wirbelschicht-Trockner und -Granulatoren

Produkte der Staub explosions klasse St 2 bei einem maximalen Explosions-


druck von Prnax = 0,85 bar eine maximale Explosionsgeschwindigkeit von
vrnax = 325 m/s
in der Abluftleitung DN 400 bei explosionsdruckentlastetem 2,7 m3-Trockner
zu erwarten.
Abbildung 3.92 vermittelt einen visuellen Eindruck von diesen Explosionsver-
suchen.
Explosionsdruckentlastungsversuche mit Propan/Luft-Gemischen optima-
ler Konzentration wurden aus versuchstechnischen Gründen nur bis zu einem
Volumenstrom von Q = 200 m 3/h durchgeführt (Abb. 3.93), der die reduzier-
ten, nur gering von der Entlastungsfläche abhängenden Kenngrößen im Rah-
men der Versuchsgenauigkeit nicht beeinflußte. Ob bei Erhöhung des Volu-
menstroms, ähnlich wie im Falle der brennbaren Stäube (Abb. 3.87), eine Ver-
stärkung der Explosionsheftigkeit eintritt, kann z. Zt. nicht gesagt werden.
Mit zunehmender Entlastungsfläche wurde ebenfalls ein Fallen der Explo-
sionskenngrößen in der Abluftleitung festgestellt. Bei einem maximalen Explo-
sionsdruck von Prnax = 0,6 bar betrug die maximale Explosionsgeschwindig-
keit V rnax = 10 m/s.

Abb.3.92. Maisstärke-Staubexplosion im 2,7 m3-Trockner (F = 0,74 m2 , Q = 3000 m3/h)


7 Wirbelschicht-'Irockner und -Granulatoren 839

[bar] F-0.25 m2
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....
Q)

Luftvolumenstrom Q

staubseite Reinluftseite
Abb. 3.93. Reduzierte Explosionskenngrößen von Propan als Funktion des Volumenstroms
Q und der Entlastungsfläche F (Optimalkonzentration)
840 7 Wirbelschicht-1rockner und -Granulatoren

Abb.3.94. Wirbelschicht-ApparatUf für Explosionsunterdrückungsversuche vorbereitet

Problemlos war die Anwendung der konstruktiven Schutzmaßnahme Explo-


sionsunterdrückung gegenüber Explosionen von inhomogenen Staub/Luft-
Gemischen im druckdicht verschlossenen Trockner (Abb.3.94).
Lediglich ein 51-Löschmittelbehälter mit 3/4"-Doppelventil (Abb. 2.362) auf
der Reinluftseite war notwendig, um Maisstärke-Staubexplosionen mit dem in
Tabelle 3.7 angegebenen Ergebnis wirksam zu unterdrücken.
In keinem Fall wurde eine Explosionsübertragung in die AbluftIeitung beob-
achtet.
Der am Produkt filter haftende Staub verursacht ein Druckgefälle zwischen
der Staub- und der Reinluftseite. Ein hier angeordneter Druckdetektor erreicht
daher verspätet den Auslösedruck für das Unterdrückungssystem und die redu-
zierten maximalen Explosionskenngrößen verdoppeln sich ungefähr. Druckde-
tektoren sollten sich daher stets auf der Staubseite befinden.
Obgleich die für die Untersuchungen verwendete Maisstärke eine staubspezi-
fische Kenngröße von Kst = 158 bar' m . s -1 hatte, kann man aufgrund der Er-
fahrung davon ausgehen, daß auch Explosionen von Produkten im oberen
Grenzbereich der Staubexplosionsklasse St 1 (KSt - 200 bar' m . s - 1) durch nur
einen 51-Löschmittelbehälter wirksam unterdrückt werden können. Der k-Fak-

Tabelle 3.7. Reduzierte maximale Explosionskenngrößen von Maisstärke bei Explosions-


unterdrückung (Q = 3000 m 3/h, ein 51-Löschmittelbehälter mit 3/4"-Doppelventil,
PA = 0,1 bar)

Meßort Staubseite Reinluftseite

Detektoranordnung Pred,max (dp/dt)red,max Pred,max (dp/dt)red,max


[bar] [bar/s] [bar] [bar/s]

Staubseite 0,20 2,4 0,12 1,5


Reinluftseite 0,41 4,2 0,27 2,9
7 Wirbelschicht-Thockner und -Granulatoren 841

tor für die Berechnung des Löschmittelbedarfs in Abhängigkeit vom zu schüt-


zenden Volumen nach dem Kubischen Gesetz (s. Thbelle 2.34) errechnet sich
aus obigen Versuchen zu k = 0,52. Er ist auf k = 0,73 zu erhöhen, weil wegen
der zu erwartenden überhöhten Staubkonzentration (Abb. 3.87) nicht beim
maximal möglichen Luftvolumenstrom von Q = 5000 m3/h gearbeitet wurde.
Im vorgegebenen 1fockner reduziert sich daher der Löschmittelbedarf für in-
homogene Gemische der Staubexplosionsklasse St 1 gegenüber den Erforder-
nissen für homogene Gemische (k = 1,08) um ca. 300/0. Entsprechend ist für
die Staubexplosionsklasse St 2 von k = 0,95 auszugehen.
Bei der Unterdrückung von Propan-Explosionen optimaler Konzentration
ohne Produkt im Materialbehälter und demzufolge ohne Druckabfall am Pro-
duktfilter stieg die Anzahl der hierfür erforderlichen 51-Löschmittelbehälter
mit zunehmendem Volumenstrom. Betrug er Q = 170 m3/h, war mit 3 maxi-
mal möglichen Löschmittelbehältern die Grenze der Anwendbarkeit des Unter-
drückungssystems erreicht, und es wurde auch Explosionsübertragung in die
Abluftleitung festgestellt. Von weiterer Erhöhung des Volumenstroms wurde
daher abgesehen.
Zum Überführen von staubförmigen Produkten in Agglomerate oder Gra-
nulate werden, wie bereits bemerkt, brennbare Agglomerierflüssigkeiten einge-
setzt. Für die Bestimmung der maximal zulässigen Menge zur Verhinderung ei-
ner selbständigen Flammenfortpflanzung wurde bei einem Luftvolumenstrom
von Q = 100 m3/h Aceton als Ersatz-Flüssigkeit im druckdicht verschlossenen
1fockner mit dem in Abb. 3.95 gezeigten Ergebnis versprüht. Die Zündquelle
(pyrotechnische Zünder: E = 10 kJ) befand sich im Bereich der Sprühzone.

[bar]

a.
. x
4f-
~
u
2 3f- /0

.I
.,
"U
°
c
0 2f-
'iij
0
0.. 1r-
x
w
0 I/I ,
[bar/s]

.g.1~
/0

J
0>
20 f-
.,c
GI
:;:;
o
""u 10 f-
2
o
:;;
'i)

o ~-:-:I~n"""......r"~--=-
'~I_,,-;
N
':--, Abb. 3.95. Explosionskenngrößen von Ace-
o 100 200 300 400 [ml/min] ton im 2,7 m 3-Thockner als Funktion der
Aceton-Menge M versprühten Menge M (Q = 100 m3/h)
842 7 Wirbelschicht-'ll"ockner und -Granulatoren

Hat die Agglomerierflüssigkeit einen dem Aceton entsprechenden oder ge-


ringeren Dampfdruck, werden Explosionen verhindert, wenn ihr Anteil im
Luftvolumenstrom 0,084l1m3 nicht überschreitet. Dieser Grenzwert wird bei
dem in der Praxis üblichen Luftvolumenstrom von Q = 2000 - 5000 m3/h in
Verbindung mit Sprühmengen von 20 - 30 lIh deutlich unterschritten.
Inhomogene Staub/Luft-Gemische, wie sie z. B. bei pneumatischer Produkt-
befüllung von "geschlossenen" Behältern entstehen, haben nach Angabe von
Thbelle 2.27 deutlich geringere Explosionskenngrößen als homogene Gemi-
sche. Im vorliegenden Fall nimmt das inhomogene Gemisch zwischen Sieb-
boden und Produktfilter sogar nur das halbe Trocknervolumen ein, d.h. der
Befüllungsgrad beträgt - 500/0. Dies war der Anlaß für Explosionsversuche
mit brennbaren Stäuben in der geschlossenen Apparatur ohne zusätzliche kon-
struktive Schutzmaßnahmen mit dem in Abb. 3.96 dargestellten und gut repro-
duzierbaren Ergebnis.
Im Vergleich zu den mit homogenen Gemischen erhaltenen Werten des
Normverfahrens werden die Explosionskenngrößen wiederum deutlich herab-
gesetzt. Bei Produkten mit einem maximalen Explosionsdruck von Pmax =
10 bar ist im Trockner mit einer maximalen Druckwirkung in der Größenord-
nung von Pmax = 2 bar zu rechnen. Die staubspezifische Kenngröße wird von
KSt = 200 bar'm 'S-l auf KSt =15 bar'm 'S-l

o I I I I
5 6 7 8 9 [bar]
Pmax_: Normverfahren
[bar- m· s-l.-----------",.------,

...., . . '
- St1 , St2 - .. '
,,
o 15~ ','
,"I
N
~
e/ I
"
~
10-
Q/ ,,i
,,
o~--~I~--~i~~-~
o 100 200 [bar-m-s-l
K SI: Normverfahren

Abb. 3.96. Maximale Explosionskenngrößen brennbarer Stäube im geschlossenen 'll"ockner


verglichen mit denen des Normverfahrens (Q = 3000 m3/h)
7 Wirbelschicht-TI-ockner und -Granulatoren 843

und von
Kst = 300 bar·m ·S-1 auf Kst =20 bar·m ·S-1
herabgesetzt. Eine Erhöhung des Luftvolumenstroms wirkt sich erfahrungsge-
mäß nur auf die Explosionsheftigkeit, d.h. auf die staubspezifische Kenngröße
aus.
Der Explosionsdruck in der Abluftleitung lag bei einer Explosionsgeschwin-
digkeit von V ex = 60-150 m/s in der gleichen Größenordnung. Dies gilt aller-
dings nur bei Nichtvorhandensein von explosionsfähigem Staub/Luft-Gemisch
auf der Reinluftseite.
Beim Umsetzen dieser Erkenntnis auf ähnlich gestaltete Wirbelschicht-Ap-
paraturen mit Abluftleitung DN 400 ist eine Explosionsfestigkeit von p = 4 bar
Überdruck zu wählen, wenn der nach dem Normverfahren gemessene maxima-
le Explosionsdruck Pmax ::510 bar ist. Ferner ist eine Staubkonzentrations-
überwachung in der Abluftleitung vorzusehen, die bei überhöhten Werten die
Anlage automatisch abschaltet.
Um festzustellen, welcher Druckbelastung der für eine Explosionsfestigkeit
von p = 2 bar Überdruck konzipierte 2,7 m 3-Trockner tatsächlich widersteht,
wurde ein Abschlußversuch mit optimaler Propankonzentration in der Ge-
samtapparatur durchgeführt und bei einem maximalen Explosionsdruck von
Pmax = 4,1 bar der über einen Anschlußflansch verschraubte Deckel abgeho-
ben (Abb. 3.97). Es stellte sich eine überhöhte gasspezifische Kenngröße von
KG = 150 bar· m . s -1 ein, und in der Abluftleitung wurde bei einer maximalen
Explosionsgeschwindigkeit von V max = 200 m/s ein maximaler Explosions-
druck von Pmax = 6 bar gemessen.
Die mit der Wirbel schicht-Apparatur und zu- bzw. abluftseitig angeordneten
Schnellschlußventilen (Aktivierungsdruck Pex = 0,1 bar) durchgeführten Ex-
plosionsdruckentlastungsversuche (statischer Ansprechdruck der Berstscheibe
Pstat = 0,1 bar) unter Betriebsbedingungen geben erstmalig Auskunft über das

Abb.3.97. Propanexplosion in der geschlossenen 2,7 m3-Wirbelschicht-Apparatur


844 7 Wirbelschicht-Thockner und -Granulatoren

Explosionsverhalten der entstehenden, stets explosionsfähigen inhomogenen


Staub/Luft-Gemische. Verursacht durch das Zusammenspiel von Luftvolu-
menstrom, Ansprechen der Berstscheibe und Zerstörung des Produktfilters ist
trotzdem bei Stäuben im oberen Grenzbereich der Staubexplosionsklasse St 1
und großflächiger Entlastung nach dem Filter ein höherer reduzierter maxima-
ler Explosionsdruck als bei homogenen Staub/Luft-Gemischen ohne Luft-
stromüberlagerung festzustellen (Abb. 3.88). Es stellt sich daher die Frage, ob
diese Erkenntnis von Einfluß auf die Sicherheitsregeln [31] ist, die für den vor-
gegebenen Thockner bei einer Explosionsfestigkeit von p = 2 bar Überdruck
und 6 m lange Ausblasrohre eine Entlastungsfläche von F = 0,58 m2 für Pro-
dukte der Staubexplosionsklasse St 1 und St 2 fordert. In Thbelle 3.8 wurde da-
her der Einfluß von Ausblasrohren auf die Verstärkung der Explosionsheftig-
keit für inhomogene Gemische (Abb. 2.286) und homogene Gemische
(Abb.2.281) für die Thocknerergebnisse (Abb.3.90) und einen Luftvolumen-
strom von Q = 5000 m3/h berechnet.
Geht man davon aus, was wahrscheinlich ist, daß die Gesetzmäßigkeiten für
inhomogene Gemische gelten, dann ist die Forderung der Sicherheitsregeln
[33] nach einer Apparatefestigkeit von p = 2 bar immer erfüllt. Dies gilt auch
für St 1- und St 2-Produkte und kurze Ausblasrohre, wenn der Berechnung der
Ausblasrohreinfluß für homogene Gemische zugrunde gelegt wird. Bei langen
Ausblasrohren wird hingegen in diesem Fall die Forderung nach einer Explo-
sionsfestigkeit von p = 2 bar im allgemeinen überschritten. Entsprechende Un-
tersuchungen stehen noch aus.
Wichtige Erkenntnisse wurden auch über das Explosionsverhalten brennba-
rer Stäube in der Abluftleitung der druckentlasteten Apparatur gewonnen.
Die Anwendung der Explosionsunterdrückung ist innerhalb der Anwen-
dungsgrenzen problemlos und erfordert einen geringeren Löschmittelbedarf
als homogene Staub/Luft-Gemische.
Bedingt durch die Gemischinhomogenität und die Thilbefüllung des Thock-
ners sind bei geschlossenem Zustand die maximalen Explosionskenngrößen
brennbarer Stäube deutlich niedriger als nach dem Normverfahren.

Tabelle 3.8. Zu erwartende Anhebung des reduzierten maximalen Explosionsdruckes


Pred,max im 2,7 m3_Trockner durch Ausblasrohre (Q = 5000 m 3/h)

Gemischart: Inhomogen Homogen

Ausblasrohrlänge [mI

Staubexplo- F
°
Pred, max [barI
3 6 3 6

sionsklasse [m21

St 1 0,25 0,62 0,8 1,1 1,3 2,1


0,50 0,56 0,7 0,95 1,1 2,0
0,74 0,78 1,0 1,3 1,5 2,4
St2 0,25 0,9 1,1 1,4 1,7 2,5
0,50 0,82 1,05 1,3 1,6 2,4
0,74 1,17 1,3 1,5 2,0 2,8
7 Wirbelschicht-Trockner und -Granulatoren 845

Wegen Begrenzung des Volumenstroms aus versuchstechnischen Gründen


können entsprechende Angaben über Propan/- bzw. Lösungsmitteldampf/
Luft-Gemische nicht gemacht werden. Jedoch wird der Inhalt der Sicherheits-
regeln dahingehend bestätigt, daß Unterdrückung von hybriden Gemischen
nur dann möglich ist, wenn der Brenngasanteil gesichert die untere Explosions-
grenze nicht überschreitet.
8 Explosionsverhalten brennbarer Stäube
in pneumatischer Saug-Flug-Förderanlage DN 100

Bei der sicherheitstechnischen Beurteilung von Abluftsystemen mit engen


Querschnitten stellt sich häufig die Frage, ob eine selbständige Fortpflanzung
von Staubexplosionen überhaupt möglich ist. Trifft das zu, dann ist für die
Festlegung der Explosionsfestigkeit solcher Leitung die Kenntnis der maxima-
len Explosionskenngrößen (maximale Explosionsgeschwindigkeit vmax ' maxi-
maler Explosionsdruck Pmax) notwendig. Um hier eine Klärung zu erarbeiten,
führte Vogl [40] entsprechende Untersuchungen mit brennbaren Stäuben un-
terschiedlicher Explosionsheftigkeit in einer pneumatischen Saug-Flug-Förder-
anlage von zunächst I = 38 m Länge durch (Abb. 3.98). Die Staubkonzentratio-
nen wurden optoelektronisch (Abb. 3.84) überwacht.

P3 P2 PI

f3 F2 Fl

Z = Zündorte

b
Abb.3.98. Pneumatische Saug-Flug-Förderanlage DN 100.
a Schematische Darstellung; b praktische Ausführung
8 ExplosionsverhaIten brennbarer Stäube 847

Bei Lage des Zündortes im Produktaufgabebereich verlief die Explosions-


fortpflanzung von drei Produkten der Staubexplosionsklasse St 1 (Kst::S
200bar·m·s- l ) in Analogie zu den Explosionsversuchen mit der Förderanla-
ge DN 200 (s. Teil 2, Kap. 3.5.2) zum Zyklon hin sehr langsam. Bei einer etwas
oberhalb der Fördergeschwindigkeit liegenden mittleren Explosionsgeschwin-
digkeit betrug der maximale Explosionsdruck einige zehntel bar.
Verlegung des Zündortes zur Mitte der Förderleitung, d.h. in die Mitte des
Rohrbogens (s. Abb. 3.98), ergab dagegen, wie erwartet, einen deutlich heftige-
ren Explosionsablauf. Für Fördergeschwindigkeiten von vp = 20- 30 m/s wur-
den Höchstwerte für den Explosionsdruck und die Explosionsgeschwindigkeit
wiederum bei relativ niedrigen optimalen Staubkonzentrationen < 300 g/m 3
festgestellt. Verglichen mit dem Explosionsablauf in Förderrichtung war
gegen die Förderrichtung die Explosionsheftigkeit von Maisstärke (Kst =
217 bar' m . s -I) leicht überhöht und von Lycopodium (KSt = 154 bar' m . s -I)
geringer. Weizenmehl-Staubexplosionen (KSt = 114 bar' m . s -I) erreichten im
allgemeinen nicht den Produktaufgabebereich.
In Förderrichtung verändert sich der Explosionsdruck nach einer e-Funk-
tion und die Explosionsgeschwindigkeit proportional zum Laufweg [40]. Die
Existenz einer Anlaufphase, wie im Falle der Förderleitung DN 200 (Teil 2
[171]), wurde nicht beobachtet. Obgleich die Untersuchungen bei Förderge-
schwindigkeiten Vp = 20 - 30 m/s durchgeführt wurden, ermöglicht eine sorg-
fältige Analyse der Meßergebnisse auch Angaben über das Explosionsgesche-
hen bei einer Fördergeschwindigkeit Vp = 40 m/s. Die lineare Abhängigkeit
des maximalen Explosionsdruckes Pmax und der maximalen Explosionsge-
schwindigkeit Vmax von der staubspezifischen Kenngröße Kst (Abb. 3.99) wird
durch folgende empirische Gleichungen beschrieben
Pmax = (1,28 '1O- 4 ·vp+ 7,44'10- 3). KSt
vmax =vp +1165·K
, St 'eO,0119'YF .
Wird die Förderleitung DN 100 von 1= 38 m auf I = 48 m verlängert, ist kein
stetiges, sondern ein schwingungsüberlagertes Ansteigen der Explosionskenn-
größen zu beobachten. Im Gegensatz zur Förderleitung DN 200 wird durch
diese Maßnahme die Heftigkeit der Staubexplosionen vermindert.
Vogl konnte erstmalig den Beweis einer selbständigen Fortpflanzung von
Staubexplosionen unter praxisnahen Bedingungen bei Vorhandensein relativ
enger Rohrquerschnitte erbringen.
Er vergleicht für beide Förderleitungen den Zusammenhang zwischen den
maximalen Explosionskenngrößen und der staubspezifischen Kenngröße KSt
(Abb. 3.100). Hieraus ergeben sich für die vorgegebene Zündortlage in der Mit-
te der Förderleitung (Mitte Rohrbogen) folgende Gesetzmäßigkeiten des För-
derrohreinflusses auf die genannten Kenngrößen beim Übergang von Förder-
leitung DN 100 auf DN 200:
Für staubspezifische Kenngrößen Kst::S 154 bar' m . s -I erhöht sich der ma-
ximale Explosionsdruck annähernd im Verhältnis der Rohrdurchmesser,
bei detonationsähnlichen Abläufen (Maisstärke: KSt = 217 bar'm's- I ) um
den 2,5fachen Betrag dieses Verhältnisses.
848 8 Explosionsverhalten brennbarer Stäube

[bor] [bor] 0
DN100 1-38 m "0 DN100,1=38
DN200,1=46 m 'V'= ms 3m/s
07
J Werte In Förderrichtung 0 ~ m,v,=15-30
3 Pmo)(=9.4 bar ./,6 cf Werte in Förderrichtung
~
(Normverfahren) a~O tj 20 - Pm.,;=9,4 bor
~ 2 (Norm verfahren)
alc alc
o
'(ij
o
2
rz,~~
o
o
~ 10
C.
x c.
~ 0 _ _0
UJ

~
E ~ 0 ~:-"-,,
o
[m/s]r----------, [m/s]
o v, =20 m/s 0
~ " v, =30 m/s /

-k: "
~
>E 375 r- 0 v, =40 m/s ~" >E 750
1 /.,~/. / ~ 0

~
0>
250 r- ~a./':>"/ "/
1500 /

'125r~/O i.2
lil'
250 ,,--
6~

~ 0::' 1 1 1 1 ~ 0
E 0 50 150200 250[bor.m.s] E 0~~5~0--~1~0~0--~15~0--~2~00~[~bo~r.m.s]
staubspezifische Kenngrö6e KSt staubspez~ische KenngröBe KSt

Abb.3.99 Abb.3.100

Abb. 3.99. Maximale Explosionskenngrößen als Funktion der staubspezifischen Kenngröße


KS1 und der Fördergeschwindigkeit VF (Zündort: Mitte Rohrbogen)
Abb. 3.100. Maximale Explosionskenngrößen als Funktion der staubspezifischen Kenngröße
KS1 und des Förderrohrdurchmessers DN (Zündort: Mitte Rohrbogen)

Für staub spezifische Kenngrößen Kst::S; 154 bar· m . s -1 erhöht sich die
maximale Explosionsgeschwindigkeit annähernd im Verhältnis der Rohr-
querschnitte, bei detonationsähnlichen Abläufen (Maisstärke: KSt =
217bar·m·s- 1) um den 1,35fachen Betrag des Verhältnisses.
Auch für die Flammenlaufzeit, die linear zur staubspezifischen Kenngröße fällt
und in der Förderleitung DN 100 größer als in der Förderleitung DN 200 ist
(Abb. 3.101), wurden Gesetzmäßigkeiten erkannt.
Aus der Bestimmung des Quotienten der Flammenlaufzeiten für ein jedes
Produkt folgt im Vergleich zum Förderlängen/Förderrohrdurchmesser-Verhält-
nis:
Die Flammenlaufzeit der Explosion eines brennbaren Staubes in Förderlei-
tung DN 200 verkürzt sich gegenüber der Förderleitung DN 100 annähernd
im Verhältnis der Quotienten aus Förderlänge und Förderleitungsdurch-
messer beider Förderleitungen.
Man kann zusammenfassen, daß eine Vergrößerung des Förderrohrdurchmes-
sers die Fortpflanzung von Staubexplosionen begünstigt und die Explosions-
heftigkeit anhebt. Dies steht im Gegensatz zu den mit Brenngasen gewonnenen
8 Explosionsverhalten brennbarer Stäube 849

c
o
[msJ
~ Werte in FÖrderrichtung
N Mittelwerte: vF =20-30 m/s
400 • DN100,1=38 m

:----------.
o DN200,1=46 m

0:'" 300

-
(l) 200
N
- - - 0_ _ _ _
:::J 0
o 100
C
(l)

E OL-__ ~ __ ~ ____ ~ __ ~~~


E 100 125 150
o
CL:
Staubspezifische Kenngröße K St
Abb.3.101. Flammenlaufzeit t z als Funktion der staubspezifischen Kenngröße KSt und des
Förderrohrdurchmessers DN (Zündort: Mitte Rohrbogen)

Erkenntnissen. Wie bereits gezeigt (Abb. 1.255, 1.256), werden bei diesen
Brennstoffen mit steigendem Rohrdurchmesser, bezogen auf eine konstante
Rohrlänge, Explosionsdruck und Explosionsgeschwindigkeit herabgesetzt. Die
Anlaufwege zum Erreichen der hohen Detonationsgeschwindigkeit (Tabelle
1.49) verlängern sich.
Die mit brennbaren Stäuben festgestellte Begünstigung des Explosionsab-
laufs mit zunehmendem Rohrdurchmesser ist sehr wahrscheinlich auf enge
Rohrquerschnitte begrenzt. Dies beweisen die Ergebnisse von Untersuchungen,
die in einseitig offenen Rohren nach dem Normverfahren (gezielte Eingabe von
Produkt aus Vorratsbehältern mit Wirksamwerden der Zündquelle am ge-
schlossenen Rohrende) durchgeführt wurden. Die Staubexplosionen von Pu-
derzucker (Pmax = 9,3 bar, KSt = 160 bar· m . s -1) liefen zwar in einer Rohrlei-
tung DN 400 von 48 m Länge detonationsähnlich mit einer Explosionsge-
schwindigkeit von - 2300 m/s in Verbindung mit einem Explosionsdruck von
- 30 bar ab (Abb. 1.265), in Rohren DN 700 war aber die Explosionsheftigkeit
deutlich geringer (Abb. 1.264), und in einer Rohrleitung DN 1400 gleicher Län-
ge wurde bei einer Explosionsgeschwindigkeit von - 500 m/s nur noch ein ma-
ximaler Explosionsdruck von 2,1 bar (Abb.1.272, Tabelle 1.51) gemessen.
Trotz der unterschiedlichen Versuchsverfahren deutet sich daher auch für
pneumatische Förderleitungen ein Grenzdurchmesser von - 400 mm an, des-
sen Überschreitung die Explosionskenngrößen brennbarer Stäube bei Rohrlän-
gen von einigen 10m nicht weiter anhebt.
9 Staubsauger

Das Reinhalten von Betriebsräumen, in denen mit brennbarem Staub gearbei-


tet wird, ist eine wesentliche Voraussetzung für die Sicherheit [2]. Werden abge-
lagerte Staubschichten aufgewirbelt (z. B. durch Windstoß, Druckwelle oder
Druckluftstrahl), können selbst bei sehr dünnen Staubschichten explosionsfä-
hige Gemische entstehen und im Entzündungsfall zu mehr oder weniger hefti-
gen Staubexplosionen führen. Der Beseitigung von Staubablagerungen dienen
stationäre Staubabsaugeanlagen und Staubsauger. Man ging davon aus, daß in
ihnen explosionsfähige Staub/Luft-Gemische entstehen, die bei Entzündung
Staubsauger herkömmlicher Bauart nicht nur zerstören, sondern auch zu einer
Sekundärexplosion im Betriebsraum führen können. Scholl [41] führte für die
holzverarbeitende Industrie klärende Untersuchungen mit dem in Abb. 3.102
gezeigten Absaugegerät durch.

Abb.3.102. Absauggerät der holzverarbeitenden Industrie [41]


9 Staubsauger 851

Es besteht im wesentlichen aus Filtersack (oben), Abscheidesack (unten),


Ventilator und einem 3 bzw. 6 m langen Saugschlauch mit Ansaugdüse.
Gearbeitet wurde mit Holz-Feinstäuben (Pmax = 9,7 -10,0 bar, Kst =
156 - 200 bar· m . s -1), nicht explosions fähigem Sägemehl bzw. Hobelspan
und entsprechenden Mischstäuben.
Zum Simulieren der betrieblichen Gegebenheiten befanden sich die Zünd-
quellen unterschiedlicher Energie (pyrotechnische Zünder: E = 10 kJ, Konden-
satorentladung: E = 100 J, Induktions-Dauerfunkenstrecke: E = 10 J) im Be-
reich der Ansaugdüse und des Ventilators.
Um bei konstanter Ansaugleistung (0,17 m3Imin) eine gleichmäßige Staub-
aufgabe zu erreichen, wurde unter der festgesetzten Ansaugdüse eine U-Schie-
ne mit definierter Geschwindigkeit vorbeigezogen. Durch entsprechende
Staubbefüllung der Schiene konnte die Staub konzentration im Ansauggerät im
Bereich von 300- 2400 g/m 3 systematisch verändert werden.
Scholl gelangte zunächst zu der wichtigen Erkenntnis, daß es bei Vorhan-
densein von wirksamen Zündquellen zu keinen explosionsartigen Verbren-
nungsvorgängen, sondern nur zu offenen Bränden (Abb. 3.103) oder zu
Glimmbränden kommen kann.
Während Streumehl und Schleifstaub bei Zündortlage "Ansaugdüse" durch
die Kondensatorentladung (E = 100 J) erst bei Konzentrationen ~ 600 g/m 3
entzündet wurden, gelang dies bei Zündortlage ,,ventilator" mit Ausnahme ei-

Abb.3.103. Nachbrand im Absauggerät gemäß Abb. 3.102


852 9 Staubsauger

nes Versuches (Schleifstaub: 1200 g/m3) nicht. Im 1 m 3-Behälter war hingegen


bereits bei einer Staubkonzentration von 100 g/m 3 eine deutlich merkbare
Druckäußerung festzustellen. Wurde die Zündenergie auf E = 10 kJ (pyrotech-
nische Zünder) angehoben, kam es auch bei Lage des Zündortes im Ventilator-
bereich zu einem Brand, der bei keinem der Versuche beobachtet wurde, wenn
die Induktions-Dauerfunkenstrecke (E = 10 J) als Zündquelle eingesetzt
wurde.
Bei einer Konzentration von 2400 g/m 3 und unterschiedlichem Mengenver-
hältnis ließen sich durch die Kondensatorentladung (E = 100 J) Mischstäube
aus Sägemehl und Holzmehl entzünden, aus Sägemehl und Streumehl hinge-
gen nicht.
Orientierende Versuche mit einem Schleifstaub-Glimmnest auf der U-Schie-
ne als Zündquelle ergaben bei Konzentrationen von 600-2400 g/m 3 weder ei-
nen offenen Brand noch einen Glimmbrand, vermutlich, weil die Glimmnester
durch den Ventilator zerschlagen wurden. Lediglich in einem Fall entwickelte
sich nach Abschalten des Ventilators ein Glimmbrand im Abscheidesack.
Das Untersuchungsergebnis wurde mit zwei weiteren Absauggeräten ähnli-
cher Bauform bestätigt.
Scholl kommt zu der Schlußfolgerung, daß in einem ordentlich gewarteten
Betrieb in der Praxis 12 mm dicke Feinstaubschichten zum Erreichen einer ent-
zündungsfähigen Mindestkonzentration von 600 g/m3 im Gerät bei der vorge-
gebenen Ansaugleistung nicht sehr wahrscheinlich ist. Vom fahrlässigen An-
saugen eines ausreichend großen Glimmnestes, das sich durch Rauchentwick-
lung bemerkbar macht, kann ebenfalls nicht ausgegangen werden.
Obige Erkenntnisse werden durch Untersuchungsergebnisse bestätigt, die
mit einem Industriestaubsauger höherer Ansaugleistung (7 m 3Imin) nach dem
gleichen Versuchsverfahren [41] durchgeführt wurden [42]. Das aus Oberteil
mit Deckel, Mittelteil und Staubbehälter bestehende Gerät mit Gebläse auf der
Reinluftseite (Abb. 3.104) arbeitet nach dem Zyklonprinzip. Um einen mögli-
chen Explosionsablauf zu begünstigen, wurde der Filterkorb mit dem Filter-
tuch entfernt, so daß ein freies Volumen von 220 I entstand. Zusätzlich wurden
Explosionsdruckmessungen mit hochempfindlicher Gebereinstellung durchge-
führt.
Es gelangte ein Farbstoff-Feinstaub hoher Brennzahl (Pmax = 9,4 bar,
KSt = 290 bar'm 'S-I) zur Anwendung, von dem aus anderen Untersuchungen
bekannt war, daß er bei Aufwirbeln durch ein Glimmnest leicht entzündet wer-
den kann.
Es wurde wie folgt vorgegangen:
Vorgabe der für die gewünschte Staubkonzentration halben Staubmenge im
Saugergehäuse, Ansaugen der restlichen Staubmenge mit anschließendem
Glimmnest von der U-Schiene und einer weiteren Staubschüttung, nicht um
eingesaugt zu werden, sondern um bei Rückzündung aus dem Gehäuse eine
Sekundärexplosion außerhalb besser zu erkennen.
Vorgehen wie oben beschrieben, jedoch ohne Glimmnest, aber Anordnung
einer Zündquelle (pyrotechnische Zünder: E = 10 kJ) in Raummitte des Ge-
häuses und Aktivierung nach Einsaugen der entsprechenden Staubmenge.
9 Staubsauger 853

Abb.3.104. 2201-Industriestaubsauger für Zündversuche vorbereitet

Tabelle 3.9 faßt das Untersuchungsergebnis zusammen.


Während die untere Explosionsgrenze des verwendeten Produkts nach dem
Normverfahren UEG = 60 g/m3 beträgt, müssen ähnlich wie bei den Untersu-
chungen von Scholl [41] erhebliche Staubmengen einschließlich des Glimmne-
stes eingesaugt werden, damit eine merkliche Druckäußerung der inhomoge-
nen Gemische (Zyklonprinzip) im Industriestaubsauger überhaupt auftritt.
Deutlich höher ist die Optimalkonzentration, bei der sich maximale Explo-
sionskenngrößen einstellen, die unter Bezug auf die nach dem Normverfahren
gemessenen Explosionskenngrößen (oberer Grenzbereich der Staubexplosions-
klasse St 2) sehr niedrig sind.
Bei gleicher Druckwirkung sind in Gegenwart der starken Zündquelle, wie
erwartet, untere Explosionsgrenze und Optimalkonzentration niedriger.
Zu beachten ist die nur bei Glimmnesteintragung beobachtete, durch Rück-
zündung aus dem Saugergehäuse und Aufwirbelung von auf der U-Schiene ab-

Tabelle 3.9. Untere Explosionsgrenze UEG und Explosionskenngrößen von Farbstoff-Fein-


staub bei Betriebsbedingungen im 2201-Industriestaubsauger bei verschiedenen Zündquel-
len (Pmax = 9,4 bar, KSt = 290 bar· m· s -1)

Zündquelle UEG Optimalkonzen- Pmax (dp/dt)max Bemerkungen


[g/m 3] tration [g/m 3] [bar] [bar/s]

Glimmnest -1500 -5500 0,1 -1,0 Sekundärexplosion


außerhalb
E = 10 kJ -400 -1800 0,1 5,9
854 9 Staubsauger

gelagertem Produkt verursachte Sekundärexplosion (Abb. 3.105). Trotz über-


höhten Staubangebotes ist sie relativ begrenzt.
Abschließend wurden unter Einbeziehen von Aluminiumstaub bei geschlos-
sener Abluft und Gebläsestillstand Zerstörungsversuche mit homogenen
Staub/Luft-Gemischen nach dem Normverfahren durchgeführt. Obgleich an
den Spalten zwischen den Staubsaugerteilen Flammenerscheinungen mit Aus-
tritt von verbranntem und unverbranntem Gemisch auftraten, widerstand das
Gehäuse einem Explosionsdruck von ca. 0,7 bar und wurde bei 1,7 bar zer-
stört.
Man kann daher für die im Maßstab 1 : 1 geprüften Staubsauger zusammen-
fassen, daß "Ereignisse" nur zu erwarten sind, wenn anomal dicke Staub-
schichtungen angesaugt werden, aber auch nur dann, wenn sie ein Glimmnest
enthalten. Sie äußern sich durch Abflammen inhomogener Gemische mit einer
nur sehr geringen Druckwirkung. Nicht der entstehende Explosionsdruck ist
das Problem, sondern die Brandgefahr und das Auftreten einer eventuellen Se-
kundärexplosion außerhalb des Saugers. Dies bestätigt eine mehr als 30jährige
Laborerfahrung beim Einsatz solcher Apparate zur Objektabsaugung (z. B.
nach Staub explosionen im 1 m3-Behälter oder der 201-Laborapparatur). Es
kam niemals zu einer Staubexplosion, wohl aber zu insgesamt 5 Bränden.
Nähere Angaben zum Vermeiden von wirksamen Zündquellen im Innern
von Staubsaugern, die auch nach den Untersuchungen von Scholl bei überhöh-
tem Staubangebot eine relativ hohe Energie (E> 10 J) haben müssen, um ein
"Ereignis" mit auch nur geringer Druckwirkung einzuleiten (Thbelle 3.9), sind
[43] zu entnehmen.

Abb.3.105. Sekundärexplosion bei Glimmnestzündung im 2201-Industriestaubsauger


10 Dimensionierung von konstruktiven Schutzmaßnahmen

10.1 Vorbemerkung

Folgende Ausführungen geben praktische Hinweise für die Anwendung der


empirischen Gleichungen des leils 2 zur Dimensionierung der Explosions-
druckentlastung und Explosionsunterdrückung von Brennstoff/Luft-Gemi-
schen in kubischen und langgestreckten Behältern bei Normaldruck.

10.2 Brenngase

10.2.1 Explosionsdruckentlastung

Für die Berechnung von Entlastungsflächen mit Berstscheibenabschluß für


Brenngase in kubischen Behältern mit einem Höhen/Durchmesserverhältnis
H/D-1 gilt nach Angabe von Teil 2, Kap. 3.3.2.2.1 die folgende Basisglei-
chung
F = [(0,1265 log KG -0,0567) p;;,3:~!1
+ 0, 1754 Pr~g:;Z;; (Pstat - 0, 1)] V2I3
Es bedeuten:
Ko gasspezifische Kenngröße [bar·m·s- 1],
Pstat statischer Ansprechdruck der Berstscheibe [bar],
Pred,max reduzierter maximaler Explosionsdruck [bar] ~ der zu wäh-
lenden Behälterfestigkeit p,
F erforderliche Entlastungsfläche [m2] und
V zu schützendes Behältervolumen [m3].
Setzt man KG = 100 bar' m . s -1 (Propan, Lösungsmittel), dann ergeben sich
die Entlastungsflächen F der Thbelle 3.10 für unterschiedliche Behälterfestig-
keit p = Pred,max' -volumen V und einen statischen Ansprechdruck der Berst-
scheibe von Pstat = 0,1 bar.
Man beachte, daß experimentelle Untersuchungen (Abb. 2.219) bei Normie-
rung für den 10 m 3-Behälter den größten Flächenbedarf ergaben, auf den sich
die Basisgleichung bezieht. In hiervon abweichenden Volumina eventuell fest-
gestellte kleinere Entlastungsflächen bedeuten daher keinen Widerspruch.
856 10 Dimensionierung von konstruktiven Schutzmaßnahmen

Tabelle 3.10. Entlastungsflächen F in Abhängigkeit von Behälterfestigkeit


P = Pred,max und -volumen V (Ko = 1oobar'm's- l , P'tat = 0,1 bar)

V [m3] 10 50 100

P = Pred, max [bar] F [m2]

2 0,61 1,78 2,8


1 0,91 2,66 4,2
0,5 1,36 3,99 6,3

Explosionsklappen behindern durch die Massenträgheit des beweglichen


Deckels den Entlastungsvorgang gegenüber einer Berstscheibe, und zwar um
so mehr, je geringer die Druckwirkung im zu schützenden Behälter ist. Die Be-
hälterfestigkeit muß daher erhöht oder die Entlastungsfläche vergrößert wer-
den.
Beim Einsatz von Explosionsklappen in Gummiklemmprofilen als Entla-
stungseinrichtung (Abb. 2.191) erhöht sich, bei gleichbleibender Entlastungs-
fläche F, die ursprünglich auf den reduzierten maximalen Explosionsdruck
Pred,max bezogene Behälterfestigkeit p nach der Gleichung:

P- ' max -
- Pred, - 1,52. Pred,
0,375
max .
Die Veränderung der Zahlenangaben von Thbelle 3.10 sind Thbelle 3.11 zu ent-
nehmen:

Tabelle 3.11. Anhebung der Behälterfestigkeit auf P = P~ed,max für Explo-


sionsklappen in Gummiklemmprofil mit einem Ansprechdruck von
PA = 0,1 bar (vgl. Tabelle 3.10)

V [m 3] 10 50 100

P = Pred,max P = P~ed,max F [m2]


[bar] [bar]

2 2,0 0,61 1,78 2,8


1 1,5 0,91 2,66 4,2
0,5 1,2 1,36 3,99 6,3

Kann die Behälterfestigkeit nicht auf p = p:.cd,max angehoben werden, muß


die Entlastungsfläche F so gewählt werden, daß sich folgender reduzierter ma-
ximaler Explosionsdruck Pred,max bei freier (unbehinderter) Entlastung über
eine Berstscheibe einstellt (Thbelle 3.12):

Pred,max = 0,327' p2,667 .


10.2 Brenngase 857

Tabelle 3.12. Vergrößerter Flächenbedarf FKlappe für Explosionsklappen


in Gummiklemmprofil mit einem Ansprechdruck von PA = 0,1 bar (vgl.
Tabelle 3.10) .

V [m3] 10 50 100

p Pred,max FKlappe [m2]


[bar] [bar]

2 2,00 0,61 1,78 2,8


1 0,33 1,74 5,08 8,1
0,75 0,15 2,75 8,03 12,8

Für den Einsatz von Explosionsklappen als Entlastungseinrichtung ist die


Kenntnis der Explosionsdruckverstärkung im zu schützenden Behälter oder
der Entlastungsfähigkeit im Vergleich zur Berstscheibe Grundvoraussetzung.
Eine anzustrebende möglichst hohe Behälterfestigkeit verringert diese Einfluß-
nahmen.
Sprechen Druckentlastungseinrichtungen an, ist immer mit Austritt von Ver-
brennungsgasen, unverbranntem Gemisch und umfangreichen Flammener-
scheinungen (Abb. 2.339) zu rechnen. Der Entlastungsfläche von Behältern in
Betriebsräumen nachgesetzte Abblasrohre sorgen daher für eine Druckentla-
stung in ungefährliche Richtung ins Freie. Längenabhängig (Abb. 2.226) wird
hierdurch der reduzierte maximale Explosionsdruck Pred,max im zu schützen-
den, über Berstscheiben entlasteten Behälter wie folgt angehoben:

Abblasrohrlänge I:s 3 m: p = P~d, max = 1,24' p~~~~~

Abblasrohrlänge 1>3 m: p = P~d,max = 2,48'p~~~~ax .

Die sich hieraus ergebenden Konsequenzen für die zu wähle~de Behälterfestig-


keit p sind Thbelle 3.13 zu entnehmen.

Tabelle 3.13. Anhebung der Behälterfestigkeit auf p = P~ed,max für Ab-


blasrohre unterschiedlicher Länge I (vgl. Tabelle 3.10)

V [m3] 10 50 100

P = Pred,max p = P~ed, max [bar] F [m2]


[bar]
Is3m 1>3m

2 2,25 3,55 0,61 1,78 2,8


1 1,24 2,48 0,91 2,66 4,3
0,5 0,68 1,73 1,36 3,99 6,3
858 10 Dimensionierung von konstruktiven Schutzmaßnahmen

Bei Vorgabe der Behälterfestigkeit p = p'red,max ist die Entlastungsfläche F


so zu wählen, daß sich der folgende reduzierte maximale Explosionsdruck
Pred,max bei freier (ungehinderter) Entlastung über eine Berstscheibe einstellt:

Abblasrohrlänge I< 3 m: Pred, max = 0,779' p~;1,~ax


Abblasrohrlänge I ~ 3 m: Pred, max = 0,1723 . P~~ax .
Durch Einsetzen der Rechenwerte in die Basisgleichung erhält man die für
die verschiedenen Abblasrohrlängen erforderliche Entlastungsfläche F.
Kann an einem Behälter nur eine bestimmte Entlastungsfläche F unterge-
bracht werden, dann errechnet sich bei Verwendung von Berstscheiben mit ei-
nem statischen Ansprechdruck von Pstat = 0,1 bar die erforderliche Mindest-
Behälterfestigkeit P nach der Gleichung
P = Pred,max = (0,0778 log Ko-O,0932)F- 1,719.y 1,146.
Entsprechende Angaben macht Thbelle 3.14.
Die Einflußnahmen von Explosionsklappe und Abblasrohren auf die Behäl-
terfestigkeit und die Größe der Entlastungsfläche sind auch in diesem Fall zu
berücksichtigen.

Tabelle3.14. Mindest-Explosionsfestigkeit p = Pr~,max bei Vorgabe der Entlastungsfläche


F mit Berstscheibenabschluß (Ko = l00bar'm's- , Pstat = 0,1 bar)

V = 10m3 V = 50m3 V = 100m3

F P = Pred,max F P = Pred,max F P = Pred,max


[m2] [bar] [m2] [bar] [m2] [bar]

0,6 2,1 2 1,68 3 1,85


1,0 0,87 3 0,84 4 1,13
1,4 0,49 4 0,51 6 0,56

10.2.2 Explosionsunterdrückung

Für eine wirksame Explosionsunterdrückung (Ansprechdruck PA = 0,1 bar,


Pred,max :S 1 bar) von Brenngasexplosionen in kubischen Behältern errechnet
sich die notwendige Anzahl der mit Ammonphosphat-Löschpulver befüllten
Löschmittelbehälter nach dem Kubischen Gesetz
Z = k·y2/ 3 •
k bedeutet eine auf ein zu schützendes Volumen von Y = 1 m 3 bezogene, vom
Löschmittelbehältervolumen und Yentildurchmesser abhängende fiktive Kenn-
größe (Thbelle 2.34). Weil zunehmende Größe der Löschmittelbehälter und zu-
nehmender Yentildurchmesser die Unterdrückungswirksamkeit fördern, ist zu
10.3 Brennbare Stäube 859

Tabelle 3.15. Anzahl Z der Löschmittelbehälter für die Unterdrückung von Propanexplo-
sionen in kubischen Behältern in Abhängigkeit vom zu schützenden Behältervolumen V und
Unterdrückungssystem (PA = 0,1 bar, Pred,max:S 1 bar)

Zu schützendes Volumen V [m 3] 1 20 100

LM-Behältervolumen [l] 5 20 50 45

Löschpulvermenge [kg] 4 16 35 35

Treibmitteldruck PN2 [bar] 120 60 60 100 60

Ventildurchmesser [mm] 2x 19 76 76 80 127

k-Faktor 1,08 0,47 0,35 0,13

Z 2 4 3 3

empfehlen, die verschiedenen Systeme für abgestufte, zu schützende Behältervo-


lumina (Thbelle 2.35) einzusetzen, entsprechend den Angaben von Thbelle 3.15.
Die errechnete Anzahl Z der Löschmittelbehälter mit möglichst gleichmäßi-
ger Verteilung auf der Behälteroberfläche ist stets aufzurunden. Außerdem
dürfen die Propan/Luft-Gemische nur leicht bewegt sein, um die Anwen-
dungsgebiete der Unterdrückungssysteme (Abb. 2.374) nicht zu überschreiten.

10.3 Brennbare Stäube

10.3.1 Explosionsdruckentlastung

10.3.1.1 Kubische Behälter


10.3.1.1.1 Homogene Staub/Luft-Gemische
Für die Berechnung von Entlastungsflächen mit Berstscheibenabschluß bei
homogenen Staub/Luft-Gemischen nach dem Normverfahren in kubischen
Behältern mit einem Höhen/Durchmesser-Verhältnis H/D < 2 gilt nach Anga-
be von Teil 2, Kap. 3.3.2.2.2 die folgende Basisgleichung
F = [3,264'1O- s 'Pmax' Kst .p;;3:~:X +0,27 ,p;3:!tax (Pstat -0,1)] yO,7S3 •
Es bedeuten
Pmax maximaler Explosionsdruck [bar] nach dem Normverfahren,
Kst staubspezifische Kenngröße [bar·m·s- 1] nach dem Norm-
verfahren,
Pstat statischer Ansprechdruck der Berstscheibe [bar],
Pred.max reduzierter maximaler Explosionsdruck [bar] ~ der zu wäh-
lenden Behälterfestigkeit p,
F erforderliche Entlastungsfläche [m2] ,
V zu schützendes Behältervolumen [m3].
860 10 Dimensionierung von konstruktiven Schutzmaßnahmen

Tabelle 3.16. Entlastungsflächen F für die Staubexplosionsklassen St 1


und St 2 in Abhängigkeit von Behälterfestigkeit p = Pred,max und -volu-
men V (Pmax = 9 bar, Pstat = 0,1 bar)

St-Klasse St 1 St 2

V [m3] 25 100 25 100

P = Pred,max [bar] F [m2]

2 0,45 1,27 0,67 1,9


1 0,66 1,88 0,99 2,8
0,5 0,98 2,79 1,48 4,2

Setzt man Kst = 200 bzw. 300 bar' m . s -1 (Staubexplosionsklassen St liSt 2),
dann ergeben sich die Entlastungsflächen F der Thbelle 3.16 für Produkte mit
einem maximalen Explosionsdruck Pmax = 9 bar, unterschiedlicher Behälterfe-
stigkeit p = Pred,max' -volumina V und einem statischen Ansprechdruck der
Berstscheibe von Pstat = 0,1 bar.
Explosionsklappen behindern durch die Massenträgheit des beweglichen
Deckels den Entlastungsvorgang gegenüber einer Berstscheibe, und zwar um
so mehr, je geringer die Druckwirkung im zu schützenden Behälter ist. Die Be-
hälterfestigkeit muß daher erhöht oder die Entlastungsfläche vergrößert wer-
den.
Beim Einsatz von Explosionsklappen mit sehr guter Wirksamkeit [44] als
Entlastungseinrichtung erhöht sich bei gleichbleibender Entlastungsfläche F
die ursprünglich auf den reduzierten maximalen Explosionsdruck Pred,max be-
zogene Behälterfestigkeit p nach der Gleichung

P- ' max -
- Pred, - 1, 155' Pred,
0,8635
max .
Die Veränderung der Zahlenangaben von Thbelle 3.16 ist Thbelle 3.17 zu ent-
nehmen.

Tabelle 3.17. Anhebung der Behälterfestigkeit auf P = P;ed,max für Explosionsklappen mit
einem Ansprechdruck von PA = 0,08 bar [44] (vgl. Tabelle 3.16)

St-Klasse St 1 St 2

V [m3] 25 100 25 100

P = Pred,max P = P;ed,max F [m2]


[bar] [bar]

2 2,1 0,45 1,27 0,67 1,9


1 1,2 0,66 1,88 0,99 2,8
0,5 0,63 0,98 2,79 1,48 4,2
10.3 Brennbare Stäube 861

Tabelle 3.18. Vergrößerter Flächenbedarf FKlappe für Explosionsklappen mit einem An-
sprechdruck von PA = 0,08 bar [44] (vgl. Tabelle 3.16)

St-Klasse St 1 St 2

V [m3] 25 100 25 100

p = Pred,max Pred,max FKlappe [m2]


[bar] [bar]

2 1,9 0,46 1,31 0,69 1,96


1 0,85 0,73 2,07 1,09 3,10
0,5 0,38 1,15 3,27 1,73 4,90

Bei Vorgabe der Behälterfestigkeit P = P;ed,max ist hingegen die Entla-


stungsfläche F so zu wählen, daß sich folgender reduzierter maximaler Explo-
sionsdruck Pred,max bei freier (ungehinderter) Entlastung einstellt:
Pred,max -- 0 ,846'p 1,158
Entsprechende Zahlenangaben macht Tabelle 3.18.
Für den Einsatz von Explosionsklappen als Entlastungseinrichtung ist die
Kenntnis der Explosionsdruckverstärkung im zu schützenden Behälter oder
der Entlastungsfähigkeit im Vergleich zur Berstscheibe Grundvoraussetzung.
Werden solche Einrichtungen in gut entlastenden Ausführungen [44] verwen-
det, dann sind die Einflußnahmen, wie die Tabellen zeigen, sehr gering.
Sprechen Druckentlastungseinrichtungen an, ist immer mit Austritt von
Verbrennungsgasen, unverbranntem Gemisch und umfangreichen Flammen-
erscheinungen (Abb. 2.339) zu rechnen. Der Entlastungsfläche von Behältern
in Betriebsräumen nachgesetzte Abblasrohre sorgen daher für eine Druckent-
lastung in ungefährliche Richtung ins Freie. Längenabhängig (Abb.2.281)
wird hierdurch der reduzierte maximale Explosionsdruck Pred,max im zu schüt-
zenden, über Berstscheiben entlasteten Behälter wie folgt angehoben:
Abblasrohrlänge 1:53 m: p = P;ed,max = 1,8'p~~~:~ax
Abblasrohrlänge 1>3 m: p = P;ed,max = 3,OO'P~~d;~ax
Die sich hieraus ergebenden Konsequenzen für die zu wählende Behälterfestig-
keit p sind Tabelle 3.19 zu entnehmen.
Bei Vorgabe der Behälterfestigkeit p = P;ed,max ist die Entlastungsfläche F
so zu wählen, daß sich der folgende reduzierte maximale Explosionsdruck
Pred,max bei freier (ungehinderter) Entlastung über eine Berstscheibe einstellt:
Ausblasrohrlänge 1:53 m: Pred,max = O,3936'p;~i~ax
Ausblasrohrlänge 1>3 m: Pred,max = O,1002'p;~d~~~
Durch Einsetzen der Rechenwerte in die Basisgleichung erhält man die für die
verschiedenen Abblasrohrlängen erforderliche Entlastungsfläche F.
862 10 Dimensionierung von konstruktiven Schutzmaßnahmen

Tabelle 3.19. Anhebung der Behälterfestigkeit auf p = P~ed,max für Abblasrohre unter-
schiedlicher Länge I (vgl. Tabelle 3.16)

St-Klasse St 1 St 2

V [m3] 25 100 25 100

Pred,max P = P~ed,max [bar] F [m2]


[bar]
Is3m 1>3m

2 2,8 4,2 0,45 1,27 0,67 1,9


1 1,8 3,0 0,66 1,88 0,99 2,8
0,5 1,1 2,2 0,98 2,79 1,48 4,2

Die bei homogenen Staub/Luft-Gemischen häufig beobachteten kräftigen


Sekundärexplosionen im Abblasrohr können durch den Einsatz von Bandsi-
cherungen (Abb. 2.448) verhindert werden. Sie müssen den gleichen Quer-
schnitt wie die Entlastungsfläche F haben und können der Berstscheibe (stati-
scher Ansprechdruck Pstat = 0,1 bar) vor- oder nachgesetzt sein. 2fach-Siche-
rungen mit einer Dreieckhöhe von 0,7 mm wirken als Flammensperre gegen-
über Staubexplosionen normal entzündlicher Gemische (Mindestzündenergie
MZE ~ 5 mJ, Zündtemperatur Tz ~ 400 0 C). Bei nicht mehr als 6 m langen
Abblasrohren wird der reduzierte maximale Explosionsdruck Pred,max im zu
schützenden Behälter wie folgt verstärkt (Thbelle 3.20).
- 341'pO,3462
P -- p'red, max - , red, max •

Kann an einem Behälter nur eine bestimmte Entlastungsfläche F unterge-


bracht werden, errechnet sich bei Verwendung von Berstscheiben mit einem
statischen Ansprechdruck von Pstat = 0,1 bar die erforderliche Mindest-Behäl-
terfestigkeit p nach der Gleichung
1,7575
=
13'10-8 ( Pmax'KSt)
P red,max' F
'V 1,323

Entsprechende Angaben macht Thbelle 3.21.

Tabelle 3.20. Anhebung der Behälterfestigkeit auf P = P~ed,max für 2fach-Bandsicherungen


(Dreieckhöhe 0,7 mm), denen maximal 6 m lange Abblasrohre nachgesetzt sind (vgl. Tabel-
le 3.16)

St-Klasse St 1 St 2

V [m3] 25 100 25 100

Pred,max [bar] P = P~ed, max [bar] F [m2]


2 4,3* 0,45 1,27 0,67 1,9
1 3,4* 0,66 1,89 0,99 2,8
0,5 2,7 0,98 2,79 1,48 4,2

* Unzulässig, da P~,max>3,O bar


10.3 Brennbare Stäube 863

Tabelle 3.21. Mindestexplosionsfestigkeit P = Pref.rnax bei Vorgabe der Entlastungsfläche F


mit Berstscheibenabschluß (K St = 300 bar' m' s - , P rnax = 9 bar, Pstat = 0,1 bar)

V = 25m3 V=100m 3

F [m2] P = Pred. rnax [bar] F [m2] P = Pred. rnax [bar]

0,75 1,6 2 1,8


1,0 1,0 3 0,9
1,5 0,48 4 0,54

Vorstehende Betrachtungen gelten für kubische Leervolumina


V::5 10000 m 3 • Sind Einbauten vorhanden (Filterschläuche, -taschen), kann in
der Regel für die Flächenberechnung das freie Volumen (Leervolumen-Filter-
Hüllvolumen) zugrunde gelegt werden.

10.3.1.1.2 Inhomogene Staub/Luft-Gemische

Inhomogene Staub/Luft-Gemische entstehen bei axialer zentraler Einförde-


rung von Produkt durch pneumatischen Transport in kubische Behälter; sie
reagieren deutlich weniger heftig als homogene Gemische. Für die Berechnung
von Entlastungsflächen mit Berstscheibenabschluß von kubischen Behältern
mit einem Höhen/Durchmesser-Verhältnis H/D ~ 2 gilt nach Angabe von Teil
2, Kap. 3.3.2.2.2 die folgende Basisgleichung

F = [(8,6 log Pred.max - 6) _1_


D - 5,5 log Pred.max + 3,7] . 0,011' KSt ' Dp •
z
Es bedeuten
KSt staubspezifische Kenngröße [bar' m . s -1] nach dem Norm-
verfahren,
Pred,max reduzierter maximaler Explosionsdruck [bar] ~ der zu wäh-
lenden Behälterfestigkeit p,
Dp Förderrohrdurchmesser [m] und
Dz Durchmesser des dem zu schützenden Volumen V gleichzu-
setzenden Inhalts eines Zylinders vom Höhen/Durchmesser-
Verhältnis H/D = 1, wobei gilt

D z = V4'V/n .
Die Anwendung obiger Gleichung ist an folgende Voraussetzungen gebunden:
Maximaler Explosionsdruck nach dem Normverfahren Pmax::5 9 bar,
staubspezifische Kenngröße nach dem Normverfahren KSt ::5 300 bar'm 'S-1,
statischer Ansprechdruck der Berstscheibe Pstat = 0,1 bar und
Luftvolumenstrom Q::5 1000 m 3/h.
Tabelle 3.22 macht entsprechende Zahlenangaben für die Staubexplosionsklas-
se St 1.
864 10 Dimensionierung von konstruktiven Schutzmaßnahmen

Tabelle 3.22. Entlastungsflächen F für die Staubexplosionsklasse St 1 in Abhängigkeit von


Behälterfestigkeit p = Pred,max' -volumen V und Förderrohrdurchmesser DF (P max :5 9 bar,
Pstat = 0,1 bar)

V [m 3] 25 100

Dz [m] 3,169 5,031

DF [m] 0,10 0,15 0,10 0,15

P = Pred,max [bar] F [m2]

2 0,21 0,32 0,30 0,45

1 0,40 0,60 0,55 0,83

0,5 0,58 0,87 0,80 1,20

0,1 a 1,01 1,52 1,39 2,08

a Mindest-Explosionsfestigkeit P = 0,25 bar zu empfehlen

Wird die Flächenberechnung auf einen reduzierten maximalen Explo-


sionsdruck Pred,max = 0,1 bar bezogen, ist ein Luftvolumenstrom bis zu
Q = 3000 m3/h zulässig. Allerdings sollte in diesem Fall die Mindest-Behälter-
festigkeit p = 0,25 bar betragen.
Ein Vergleich mit den entsprechenden Angaben der Tabelle 3.16 macht die
Flächeneinschränkung durch die weniger heftig reagierenden inhomogenen
Staub/Luft-Gemische deutlich.
Werden anstelle von Berstscheiben Explosionsklappen als Entlastungsein-
richtung eingesetzt, gelten die gleichen Ausführungen für die Anhebung der
Behälterfestigkeit bzw. Vergrößerung der Entlastungsfläche F, wie sie für ho-
mogene Gemische (Kap. 10.3.1.1.1: Thbelle 3.17 u. 3.18) gemacht wurden.
Abblasrohre, die den Entlastungsflächen nachgesetzt sind, haben nur einen
geringen Einfluß auf die Explosionsdruckverstärkung im zu schützenden Be-
hälter, die sich allgemein wie folgt berechnet
b
P = Pred, max = a' Pred,
I
max •

Die Zahlenwerte für die Faktoren sind in Thbelle 3.23 enthalten.

Tabelle 3.23. Faktoren für die Berechnung des Abblasrohreinflusses auf die Anhebung des
reduzierten maximalen Explosionsdrucks Pred,max im zu schützenden Behälter

I [m] :53 ~6

Pred,max [bar] Faktor Faktor

a b a b

0,1-0,7 1,525 1,18 2,08 1,318


>0,7 -2,0 1,265 0,66 1,505 0,410
10.3 Brennbare Stäube 865

Tabelle 3.24. Anhebung der Behälterfestigkeit auf p = P~ed,max durch lange Abblasrohre
(12: 6 m) (vgl. Tabelle 3.22)

V [m 3] 25 100

Dz [m] 3,169 5,031

D F [m] 0,10 0,15 0,10 0,15

Pred,max [bar] P = P~ed,max [bar] [m2]

2 2,0 0,21 0,32 0,30 0,45


1 1,5 0,40 0,60 0,55 0,83
0,5 0,83 0,58 0,87 0,80 1,20

Für lange Abblasrohre (l ~ 6 m) verändert sich daher die in Thbelle 3.22 ange-
gebene Behälterfestigkeit p auf die in Tabelle 3.24 angegebenen Werte.
Obige Betrachtungen gelten für kubische Leervolumina V:::; 10000 m 3 , und
nur, wenn die vorgegebenen Voraussetzungen erfüllt sind. In allen anderen Fäl-
len ist die Flächenberechnung für homogene Staub/Luft-Gemische zugrunde
zu legen.

10.3.1.2 Langgestreckte Behälter (Silos)


10.3.1.2.1 Homogene Staub/Luft-Gemische
Langgestreckte Behälter sind dadurch gekennzeichnet, daß ihr Höhen/Durch-
messer-Verhältnis H/D ~ 2 ist. Der Flächenbedarf wird dabei mit zunehmen-
dem Verhältnis von Höhe H zu Durchmesser D gegenüber dem für kubische
Behälter größer. Für die Basisgleichung homogener Staub/Luft-Gemische
(Kap.10.3.1.1.1) gilt für einen reduzierten maximalen Explosionsdruck
Pred,max< 1,5 bar der folgende Flächenmehrbedarf LlFH
LlFH = F'( -4,305 log Pred,max+0,758) log H/D .
Die hieraus resultierende Gesamtentlastungsfläche F für ein 100m3-Silo ist
Tabelle 3.25 für verschiedene Höhen/Durchmesser-Verhältnisse zu entnehmen.
Berücksichtigt man, daß aufgrund des Platzbedarfs für Fördereinrichtungen
u.a. nur maximal 750/0 der Silo-Dachfläche FDach für die Explosionsdruckent-
lastung zur Verfügung steht, ist für Stäube der Staubexplosionsklasse St 1 für
Höhen/Durchmesser-Verhältnisse H/D ~ 5 und der Staubexplosionsklasse St 2
für Höhen/Durchmesser-Verhältnisse H/D ~ 4 eine Silofestigkeit von
p = Pred,max = 0,5 bar nicht ausreichend.
Müssen Silos in ,,wetterschutzräume" (nicht Betriebsräume), z. B. Siloböden
entlastet werden, kann Explosionsübertragung durch 2fach-Bandsicherungen
(Abb. 2.448) unterbunden werden. Beträgt für normal entzündliche Stäube
(Mindestzündenergie MZE ~ 20 mJ, Zündtemperatur Tz ~ 400 0 C) die Drei-
eckhöhe 0,9 mm, ist die Silo festigkeit p wie folgt zu erhöhen
866 10 Dimensionierung von konstruktiven Schutzmaßnahmen

P - '
- Pred,max - 2,31. Pred,max'
- 0,4072

Für die in Thbelle 3.25 angegebenen Entlastungsflächen F gelten daher Explo-


sionsfestigkeiten gemäß Thbelle 3.26.

Tabelle 3.25. Entlastungsflächen F für ein 100 m3-Silo in Abhängigkeit von Silofestigkeit
P = Pred, max' verschiedenem H/D-Verhältnis und Staubexplosionsklasse (Pmax = 9 bar ,
Pstat = 0,1 bar)

Staubexplosionsklasse St 1 St2

H/D D [m] FDach [m2] P = Pred,max [bar] F [m2]

2 4,00 12,6 2 1,27 1,9


1 2,32 3,4
0,5 4,50 6,8
3 3,50 9,6 2 1,27 1,9
1 2,60 3,8
0,5 5,50 8,6
4 3,2 8,0 2 1,27 1,9
1 2,75 4,1
0,5 6,20 9,4
5 2,9 6,6 2 1,27 1,9
1 2,90 4,3
0,5 6,8 10,2

Tabelle 3.26. Anhebung der Silofestigkeit auf


P = P;ed,max für 2fach-Bandsicherungen (Dreieck-
höhe: 0,9 mm) (Flächenangaben s. Tabelle 3.25)

Pred, max [bar] P = P;ed, max [bar]

2 3,1
1 2,3
0,5 1,7

10.3.1.2.2 Inhomogene Staub/Luft-Gemische

Für die Berechnung des Flächenmehrbedarfs langgestreckter Behälter (Silos)


mit einem Höhen/Durchmesser-Verhältnis H/D ~ 2 mit inhomogenen Staub/
Luft-Gemischen ist für Silohöhen H:s 10m von der Basisgleichung
(Kap. 10.3.1.1.2) auszugehen. Ist sie H > 10m, gilt

F ~ [(8,6' log """-mu-6) ~z -5,51 8 """-~+3'7]


0

'0,0011' Kst ' DF ' H


10.3 Brennbare Stäube 867

Tabelle 3.27. Entlastungsflächen F für dje Staubexplosionsklasse St 1 und ein 100 m3-Silo
in Abhängigkeit von der Silo festigkeit p = Pred,max und verschiedenem H/D-Verhältnis
(Pmax = 9 bar, Pstat = 0,1 bar)

H/D D [m] H[m] FOach [m2] P = Pred,max [bar] F [m2]

DF = 0,1 m DF = 0,15m

2 4,0 8,0 12,6 2 0,34 0,51


1 0,73 1,10
0,5 1,40 2,13
3 3,5 10,5 9,6 2 0,39 0,57
1 0,88 1,31
0,5 1,88 2,81
4 3,2 12,7 8,0 2 0,48 0,72
1 1,15 1,73
0,5 2,61 3,91
5 2,9 14,7 6,6 2 0,58 0,86
1 1,42 2,13
0,5 3,31 4,83

und für den Flächenmehrbedarf LI F I


LlF1 = F '1,0715 P;;;J;!iax 'log H/D .
Es ist darauf hinzuweisen, daß die Anwendung dieser Gleichungen nur mög-
lich ist, wenn die im Kap. 10.3.1.1.2 genannten Bedingungen zutreffen.
Thbelle 3.27 macht entsprechende Angaben für den Flächenbedarf der
Staubexplosionsklasse St 1 eines 100m3-Silos unterschiedlichen Höhen/
Durchmesser-Verhältnisses.
Für die Anhebung der Silo festigkeit auf p = p'red,max durch Einsatz von
2fach-Bandsicherungen (Dreieckhöhe 0,9 mm) zur Verhinderung einer Explo-
sionsübertragung in den Siloboden gelten die Zahlenangaben der Thbelle 3.26.

10.3.2 Explosionsunterdrückung

Für eine wirksame Explosionsunterdrückung (Ansprechdruck PA = 0,1 bar,


reduzierter maximaler Explosionsdruck Pred,max:S 1 bar) von Staubexplosionen
homogener Gemische errechnet sich die notwendige Anzahl der mit Ammon-
phosphat-Löschpulver befüllten Löschmittelbehälter nach dem Kubischen Ge-
setz
Z = k·V2/ 3 •
k bedeutet eine auf ein zu schützendes Volumen von V = 1 m 3 bezogene, vom
Löschmittelbehältervolumen und Ventildurchmesser abhängende fiktive Kenn-
größe (Thbelle 2.34). Weil zunehmende Größe der Löschmittelbehälter und zu-
nehmender Ventildurchmesser die Unterdrückungswirksamkeit fördern, ist zu
empfehlen, die verschiedenen Systeme für abgestufte, zu schützende Behälter-
868 10 Dimensionierung von konstruktiven Schutzmaßnahmen

Tabelle 3.28. Anzahl der Löschmittelbehälter für die Unterdrückung von Produkten der
Staubexplosionsklassen St 1 und St 2 in kubischen Behältern in Abhängigkeit vom zu schüt-
zenden Behältervolumen V und Unterdrückungssystem (PA = 0,1 bar, Pred,maxs 1 bar)

Zu schützendes Volumen V [m3] 1 20 100

LM-Behältervolumen [I] 5 20 50 45

Löschpulvermenge [kg] 4 16 35 35

Treibmitteldruck PN2 [bar] 120 60 60 100 60

Ventildurchmesser [mm] 2x 19 76 76 80 127

Staubexplosions- k-Faktor 1,08 0,47 0,35 0,13


klasse St 1
Z 2 4 3 3

Staubexplosions- k-Faktor 1,40 0,58 0,47 0,25


klasse St 2
Z 2 5 4 6

volumina (Thbelle 2.35) einzusetzen, entsprechend den Angaben von Thbelle


3-28 für die Staubexplosionsklassen St 1 und St 2.
Die errechnete Anzahl Z der Löschmittelbehälter mit möglichst gleichmäßi-
ger Verteilung auf der Behälteroberfläche ist stets aufzurunden.
Für die Bekämpfung inhomogener Staub/Luft-Gemische in kubischen Be-
hältern deutet sich zwar gemäß [45J eine deutliche Reduzierung des Löschmit-
telbedarfs an, die Untersuchungen sind aber noch nicht abgeschlossen.
11 Zusammenfassung

Spezielle explosionstechnische Problemstellungen werden durch Untersuchun-


gen im praxis nahen Maßstab Lösungen zugeführt.
Das erwartete günstigere Brandverhalten flammenfester gegenüber normaler
Arbeitskleidung wurde durch deren Aussetzen ab flammender Lösungsmittel-
dampf-Wolken bestätigt.
Dimensionierungsvorschriften für konstruktive Schutzmaßnahmen beruhen
auf Untersuchungen in Leervolumina. Einbauten reduzieren die Explosions-
heftigkeit und vermindern die Druckwirkung in geschlossenen Gehäusen, den
Flächenbedarf bei Explosionsdruckentlastung und auch den Löschmittelbe-
darf brennbarer Stäube bei Explosionsunterdrückung.
Schutzmaßnahmen für nur schwer abzusichernde Apparaturen wurden ent-
wickelt, die vor allem Flammenausbreitung in den Betriebsraum eindämmen.
Unerwartet neue Erkenntnisse über die Staubkonzentrationsverhältnisse und
die Wirksamkeit der Explosionsdruckentlastung ergaben Untersuchungen in
einem Wirbelschichttrockner unter praxisnahen Bedingungen.
Während bei Untersuchungen über den Staubexplosionsablauf in Rohren
mit engen Querschnitten das Normverfahren für homogene Gemische versagt,
wurde in einer pneumatischen Förderleitung DN 100 selbständige Explosions-
fortpflanzung festgestellt. Hieraus resultieren Angaben über die zu erwartende
Explosionsheftigkeit.
Nicht Explosions- sondern Brandgefahr besteht in fahrbaren Industrie-
staubsaugern.
Der Hilfe und Kontrolle der Anwender dienen die abschließenden Dimensio-
nierungsbeispiele für konstruktive Schutzmaßnahmen.
12 Schlußwort

Nach meiner nunmehr 40jährigen Tätigkeit auf dem Arbeitsgebiet "Explosi-


onstechnik" habe ich den Versuch einer Zusammenfassung, einer Standortbe-
stimmung gewagt. Ohne die Brenngase und brennbaren Dämpfe vernachlässi-
gen zu wollen, war die Entwicklung durch umfangreiche Untersuchungen zur
seit 200 Jahren bekannten Staubexplosionsgefahr geprägt, besonders durch
starke Impulse, die vom Arbeitsausschuß der chemischen Industrie "Brennbare
Industriestäube" seit dem Gründungsjahr 1967 ausgingen. Die Prüfmethode
zum Erkennen dieser Gefahren, die von abgelagertem und aufgewirbeltem
Staub ausgehen, und die Verfahren zur Bestimmung der sicherheitstechnischen
Kenngrößen wurden wesentlich verbessert. Erheblicher Forschungsaufwand
galt den Maßnahmen des Explosionen verhindernden "vorbeugenden Explo-
sionsschutzes" unter Einbezug der Brenngase. Wesentlich erscheint, daß mit
Hilfe von Mindestzündenergie und Zündtemperatur nicht nur die Sauerstoff-
grenzkonzentration abgeschätzt werden kann, sondern auch die Zündwirksam-
keit von mechanisch erzeugten Funken und das den Brenngasen ähnliche
Zünddurchschlagverhalten brennbarer Stäube durch enge Spalte und Rohre.
Wissenslücken über das Zündverhalten von heißen Oberflächen und Glimmne-
stern wurden geschlossen und ermöglichen eine sichere Beurteilung, ob die
Schutzmaßnahme ,,vermeidung von wirksamen Zündquellen" in der Praxis an-
gewendet werden kann. Von den Verbesserungen ist auch der konstruktive Ex-
plosionsschutz betroffen. Unsicherheiten im Hinblick auf die Dimensionie-
rung von Entlastungsflächen für Großbehälter und Silos wurden beseitigt und
auch inhomogene Staub/Luft-Gemische in die Untersuchungen einbezogen.
Aus meiner Sicht wird trotz Umweltbedenken die Schutzmaßnahme "Explo-
sionsdruckentlastung" ihre Berechtigung für eine Reihe von Industriezweigen
zur Katastrophenverhinderung behalten. Wesentlich verbesserte Explosionsun-
terdrückungssysteme stehen heute der Praxis zur Verfügung. Die Maßnahmen
der "explosionstechnischen Entkopplung" wurden mit Erfolg erprobt und ver-
vollkommnet.
Dieses Buch wurde für den Praktiker geschrieben und auf theoretische Ab-
handlungen bewußt verzichtet. Die umfangreiche Bebilderung wurde nicht nur
gewählt, um dem Leser die Explosionsgefahr vor Augen zu führen, sondern
auch, um Lösungswege aufzuzeigen und ihm sichtbar anzubieten, wie dieser
Gefahr zu begegnen ist.
Ich danke ausnahmslos allen Mitgliedern der nationalen und internationa-
len Fachausschüsse und Arbeitskreise für zahlreiche nützliche Diskussionen,
durch die sie mitgeholfen haben, das heutige Bild der Sicherheitstechnik zu
12 Schlußwort 871

formen. Ich beziehe in meinen Dank alle meine früheren Mitarbeiter, Diplo-
manden und Doktoranden ein. Sie haben durch ihren besonderen Einsatz ent-
scheidend zum Gelingen der Versuche beigetragen, deren z. T. wesentlich neue
Erkenntnisse als Grundlage für dieses Buch dienten.
Zum Dank verpflichtet bin ich zahlreichen Apparateherstellern, die oft unei-
gennützig die meist sehr aufwendigen und kostspieligen Versuche unterstütz-
ten.
Mein besonderer Dank gilt Herrn A. Schaerli, dem früheren Leiter des Zen-
tralen Sicherheitsdienstes der Ciba-Geigy AG in Basel, für das Verständnis, das
er den Arbeiten des ihm seinerzeit unterstellten Arbeitsgebiets entgegenge-
bracht hat. Mit viel Ausdauer und Energie hat er sich um die Erweiterung und
Verbesserung der Versuchsbedingungen im Laboratorium und den Außenver-
suchsstellen im Jura bemüht. Ohne ihn wäre ein großer Teil der in diesem Buch
angesprochenen Versuche, vor allem diejenigen in Großbehältern, nicht mög-
lich gewesen.
Zu danken habe ich Herrn G. Zwahlen, dem Leiter der Sicherheitsprüfstelle
der Ciba-Geigy AG Basel, für seine Beiträge in diesem Buch und die stets gute
Zusammenarbeit.
In meinen Dank beziehe ich alle ein, die mir technische Hilfe beim Entste-
hen dieses Buches leisteten, insbesondere den Mitarbeitern des Springer Ver-
lags für die Gestaltung.
13 Literatur

1. Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie: "Explosionsschutz-Richtlinien", (EX-


RL), Richtlinien für die Vermeidung der Gefahren durch explosionsfähige Atmosphäre
mit Beispielsammlung, Richtlinie Nr. 11, Ausgabe 9. 1986
2. Verein Deutscher Ingenieure: Staubbrände und Staubexplosionen: Gefahren - Beurtei-
lung - Schutzmaßnahmen, VDI-Richtlinie 2263, Ausgabe Mai 1992, Beuth-Verlag
GmbH, Berlin und Köln
3. W. Grein, H. O. Braubach, D. Wiesner: Sicherheit und Verfügbarkeit von Chemieanla-
gen, Chem.-Ing.-Thch. 48. Jahrg., Nr. 4, 1976
4. A. Schaerli: Chemische Industrie - Ein gefährlicher Nachbar? Risiken, Sicherheits-
rnaßnahmen, Verantwortung, Vortrag vor dem Rotary-Club, Basel, März 1977
5. W. Bartknecht, R. Loss, F. Mayer, P. Rohringer: Brennverhalten diverser Überkleider
über Puppen während und nach eines Nitrobenzolbrandes, Wochenrapport
25.2.-1. 3.1974 mit Anhang der Fachgruppe Explosionstechnik im Zentralen Sicher-
heitsdienst der Ciba-Geigy AG, Basel vom 5.3. 1974
6. W. Bartknecht: Untersuchung der Eignung von Schichten aus körnigem Material zur
Verhinderung der Flammenfortpflanzung bei der Zündung explosionsfähiger Gas/Luft-
Gemische, Mitteilungen der Westfälischen Berggewerkschaftskasse, Heft 17, April 1960
7. R. Siwek: Einfluß eines Sicherheitsnetzwerkes auf den Explosionsablauf von Propan,
Bericht D 20/82 der Fachgruppe Explosionstechnik/Elektrostatik im Zentralen Sicher-
heitsdienst der Ciba-Geigy AG, Basel, 11.5.1982
8. W. Bartknecht: Jahresbericht 1971 des Arbeitsgebietes Explosionstechnik der Bergge-
werkschaftlichen Versuchsstrecke Dortmund-Derne, September 1972
9. E. W. Scholl: Prüfung einer druckstoßfesten Mühle, Verfahrenstechnik, 1972
10. E. W. Scholl: Ablauf von Staubexplosionen in Abhängigkeit von Größe, Befüllungsgrad
und Form der Apparatur, 9. Internationales Kolloquium für die Verhütung von Arbeits-
unfällen und Berufskrankheiten in der chemischen Industrie, Luzern, 5.-7. Juni 1984,
S.421-437
11. W. Bartknecht: Einfluß der Länge der Luftansaugstutzen einer Mühle auf die Explo-
sionskenngrößen von Propan, Wochenrapport 1.-5.4.1974 der Fachgruppe Explosions-
technik im Zentralen Sicherheitsdienst der Ciba-Geigy AG, Basel
12. W. Bartknecht: Explosionsversuche mit einer Babcock-HS-Schlägermühle mit Zentrifu-
galsichter und Rohkohlezuteiler, VGB-Kraftwerkstechnik, 61. Jahrg., Heft 12, Dez. 1981
13. W. Bartknecht: Staubexplosionsversuche mit einem Anke-Schwebstoff-Filter, Wochen-
rapport 2/80 der Fachgruppe Explosionstechnik im Zentralen Sicherheitsdienst der Ci-
ba-Geigy AG, Basel vom 16.1.1980
14. W. Bartknecht: Staubexplosionsversuche mit einem Anke-Schwebstoff-Doppelfilterge-
häuse, Fachgruppe Explosionstechnik im Zentralen Sicherheitsdienst der Ciba-Geigy
AG, Basel, 17.7.1980
15. R. Siwek: Untersuchung der Wirksamkeit der konstruktiven Schutzmaßnahmen Explo-
sionsunterdrückung und Explosionsdruckentlastung in kleinvolumigen Filterapparatu-
ren, Bericht D5/88 der Fachgruppe Explosionstechnik/Elektrostatik der Ciba-Geigy
AG, Basel vom 31.5.1988
16. W. Bartknecht: Erprobung von Sicherheitsrnaßnahmen gegen Explosionsauswirkungen
an Staubabscheidefiltern, Fachgruppe Explosionstechnik im Zentralen Sicherheitsdienst
der Ciba-Geigy AG, Basel, Februar 1976
13 Literatur 873

17. G. Grabler: Explosionsgeschützte Sackzerreißmaschine, Industrie-Anzeiger, 99. Jahrg.,


Nr. 10, 1977
18. Werkbilder: Johannes Möller, Hamburg
19. W. Bartknecht: Sackzerreißmaschine der Fa. Wendel GmbH: Erprobung konstruktiver
Schutzmaßnahmen gegenüber Staubexplosionen, Fachgruppe Explosionstechnik im
Zentralen Sicherheitsdienst der Ciba-Geigy AG, Basel, 8.7.1980
20. E. W. Scholl: Explosionsversuche in einer Müllzerkleinerungsanlage, Berggewerkschaft-
liche Versuchsstrecke Dortmund-Derne, 29.3.1974
21. W. Bartknecht: Untersuchungen über das Explosions- und Zündverhalten von Beschich-
tungspulvern, FLT (Frankfurt/M.), August 1983
22. W. Berthold (HRSG): Bestimmung der Mindestzündenergie von Staub/Luft-Gemi-
schen, VDI-Fortschritt-Berichte-Reihe 3, Verfahrenstechnik, Nr. 134, VDI-Verlag, 1987
23. VDMA: Richtlinien für elektrostatisches Beschichten mit Kunststoffpulvern, allgemeine
Anforderungen, VDMA-Einheitsblatt 24371, Teil 1, März 1980
24. Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften: Sicherheitsregeln für elektro-
statisches Versprühen von brennbaren Beschichtungspulvern in ortsfesten Sprühanla-
gen, ZH 11444, Ausgabe Oktober 1990, Carl Heymanns Verlag KG
25. Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften: Sicherheitsregeln für elektro-
statisches Versprühen von brennbaren Beschichtungspulvern mit Handsprüheinrichtun-
gen, ZH 11443, Ausgabe Oktober 1990, Carl Heymanns Verlag KG
26. VDMA: Richtlinien für elektrostatisches Beschichten mit Kunststoffpulvern, Ausfüh-
rungsbeispiele, VDMA-Einheitsblatt 24371, Teil 2, September 1982
27. W. Bartknecht: Sicherheitstechnische Begutachtung einer Pulverbeschichtungskabine,
Bericht D2/81 der Fachgruppe Explosionstechnik im Zentralen Sicherheitsdienst der
Ciba-Geigy AG, Basel, 12.1.1981
28. W. Bartknecht: Explosions-, Abbrand- und Löschversuche in Sprühkabinen, FLT
(Frankfurt/M.), November 1985
29. C. Grapengiesser: Fire Suppression in Powder Coating, Alternative Extinguishing
Agent, EuropEx, Edition 14, December 1990
30. W. Bartknecht: Bericht über Versuche zur Erprobung von Sicherheitsrnaßnahmen gegen
Explosionen in Wirbelschichttrocknern, Fachgruppe Explosionstechnik im Zentralen
Sicherheitsdienst der Ciba-Geigy AG, Basel, 13.5.1974
31. W. Bartknecht: Explosionsschutzmaßnahmen an Wirbelschicht-Sprüh-Granulier- und
Trocknungs-Anlagen der Firma Glatt (Haltingen/Muttenz), Fachgruppe Explosions-
technik im Zentralen Sicherheitsdienst der Ciba-Geigy AG, Basel, vom 15.4.1975
32. W. Bartknecht: Explosionsschutzmaßnahmen an Wirbelschicht-Sprüh-Granulier- und
Trocknungsanlagen, Fachgruppe Explosionstechnik im Zentralen Sicherheitsdienst der
Ciba-Geigy AG, Basel, 2.8.1975
33. Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften: Sicherheitsregeln für den Ex-
plosionsschutz bei der Konstruktion und Errichtung von Wirbelschicht-Sprüh-Granula-
toren, Wirbelschichttrocknern, Wirbelschicht-Coatinganlagen, ZH 11617, Ausgabe 10,
1980, Carl Heymanns Verlag KG
34. W. Bartknecht: Prüfung eines Wirbelschicht-Sprüh-Granulators bzw. 'frockners des
Typs S-8/T-8 unter Staubexplosionsbedingungen, Fachgruppe Explosionstechnik im
Zentralen Sicherheitsdienst der Ciba-Geigy AG, Basel, Bericht D28/83 vom Oktober
1983
35. W. Bartknecht: Bericht über die Explosions- und Funktionsprüfungen eines Wirbel-
schichttrockners CD 200, Fachgruppe Explosionstechnik im Zentralen Sicherheitsdienst
der Ciba-Geigy AG, Basel, Bericht D2/85 vom 8.2.1985
36. R. Siwek: Explosions- und Funktionsprüfung eines Glatt-Wirbelschichtgranulators des
Typs WSG-UD 5 in explosionsdruckfester Bauweise, Fachgruppe Explosionstechnik im
Zentralen Sicherheitsdienst der Ciba-Geigy AG, Basel, Bericht D 12/86 vom 19.9.1986
37. W. Bartknecht: Explosions- und Funktionsprüfung eines Glatt-Wirbelschicht-Granula-
tors des 1)rps GPCG-30/50 in explosionsfester Bauweise, Fachgruppe Explosionstech-
nik/Elektrostatik im Zentralen Sicherheitsdienst der Ciba-Geigy AG, Basel, Bericht
D 18/88 vom 16.12.1988
874 13 Literatur

38. W. Bartknecht: Explosionsversuche in einem Glatt-WSG-CD 120 unter Betriebsbedin-


gungen, Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten, Bericht 2/90 vom
30.5.1990
39. St. Schumann: Protokoll über Außendruckmessungen zu [38], Battelle-Institut eY.,
Frankfurt, 21. 5.1990
40. A. Vogl: Explosions- und Zündverhalten brennbarer Stäube in Pneumatik-Systemen und
Wirksamkeit von Entkopplungsmaßnahmen: Explosionsverhalten brennbarer Stäube
im geschlossenen Pneumatik-System, Zwischenbericht 10 vom 15.3.1991 und Zwischen-
bericht 11 vom 20. 6. 1991 der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten,
Mannheim
41. E. W. Scholl: Bericht über Untersuchungen von Brand- und Explosionsgefahren an fahr-
baren Einzelabsaugegeräten für Hobelspäne und Holzstaub, Berggewerkschaftliche Ver-
suchsstrecke Dortmund-Derne, 3.2.1975
42. W. Bartknecht: Staubexplosionsversuche mit einem Industriestaubsauger, Wochenrap-
porte 12/1978 und 16/1978 der Fachgruppe Explosionstechnik im Zentralen Sicher-
heitsdienst der Ciba-Geigy AG, Basel, 26.5.1978 und 5.7.1978
43. H. Beck, H. Jeske: Prüfung fahrbarer Industriestaubsauger zum Einsatz in durch Staub
explosionsgefährdeten Bereichen (Bauart-1-Staubsauger), VDI-Berichte Nr. 701, 1988,
S. 881-897
44. W. Bartknecht, A. Vogl: Prüfung einer 2 m2-Luftkissen-Explosionsklappe auf Explo-
sionsfestigkeit und Entlastungsfähigkeit, Bericht 2/1991 der Berufsgenossenschaft Nah-
rungsmittel und Gaststätten, Mannheim, 12.3.1991
45. R. Siwek: Industrial Explosion Suppression for Dust pneumatically conveyed into Ves-
sels, Bericht E 7/90 der Fachgruppe Explosionstechnik/Elektrostatik im Zentralen Si-
cherheitsdienst der Ciba-Geigy AG, Basel, vom 29. Juni 1990
Sachverzeichnis

Abblasrohre für Atmosphäre, gefahrdrohende


Explosionsdruckentlastung 480, 519, explosionsfähige 2, 294
857, 861 aufgewirbelter Staub 146 - 250
-, brennbare Stäube 519 autokatalytische Zersetzung s. exotherme
-, -, homogene Gemische 519 Zersetzung
-, -, -, Gleichung 522, 861
-, -, -, Nomogramm 523
-, -, inhomogene Gemische 527 BAM 54, 56, 58, 63, 64, 137f, 144
-, -, -, Gleichung 864 Bandförderer 428-430
-, -, -, Nomogramm 527 Bandsicherung 665-671
-, Brenngase 480 Befüllen 126
-, -, Gleichung 482, 857 Benetzung 130
-, -, Nomogramm 481 Bersten, Apparatur 114, 121, 122, 130
Abbrenngeschwindigkeit 97, 101 Berstscheiben 445 f
Abel-Pensky 33 -, Ansprechdruck 445-453
Abfülltemperatur 110, 125 -, -, dynamischer 451
abgelagerter Staub 95 - 146 -, -, statischer 447, 450
Acetophenon, Explosionskenngrößen 69 -, K-Faktor 449
Acetylen 70 Berstversuche 439 - 443
-, Explosionskenngrößen 70 -, Luftdruckprobe 441
-, Zersetzung 71 -, Wasserdruckprobe 442
-, -, Kenngrößen 71, 72 Berufskleidung 763 -765
-, -, -, Einfluß Volumen 71 -, Abflammung, Nitrobenzol 764
-, -, -, Einfluß Vordruck 71 -, -, Thmperaturverlauf unter 765
-, -, Mindestzündenergie 86 -, -, -, flammenfester 765
-, -, -, Einfluß Vordruck 86 -, -, -, nicht flammenfester 765
Adiabasie 123 Beschichtungspulver,
adiabate Verhältnisse 121, 127, 128 Explosionskenngrößen,
ADR 28, 136 Mindestzündenergie 181, 191, 810
Aktivierungsenergie 128 Betondeckel als
Aktivkohle, Explosionskenngrößen, Entlastungseinrichtung 566, 567
Mindestzündenergie 220 brandfördernde Eigenschaften 102
Aktivkohleadsorber 110, 125 -, Deflagrationsgefahr 105
Aluminium 195, 220 -, Einfluß Luftfeuchte 104
-, Explosionskenngrößen 195 -, Einfluß Schmelztemperatur 104
-, -, Einfluß spez. Kornoberfläche -, Einfluß Thilchengröße 104
193 -, Einfluß Temperatur 104
-, -, Mindestzündenergie 220, 331 -, Prüfung 130
-, -, -, Einfluß Korngröße 216 -, -, EG-Prüfrichtlinie A 17 103
-, Explosionsunterdrückung 603 -, -, Zusatz von Kieselgur 105
Ammoniak, Explosionskenngrößen 52 Brandgefahr s. feuergefährlich
Anstrichfarben 34 Braunkohle, Explosionskenngrößen
Antioxidant, Explosionskenngrößen, 195
Mindestzündenergie 219, 220, 230 brennbare Dämpfe s. brennbare
Arrhenius, Gesetz 127, 128 Flüssigkeiten
876 Sachverzeichnis

brennbare Flüssigkeiten 27 - 41, 99 Brennverhalten 97


s. Brennpunkt -, Abbrenngeschwindigkeit 97
s. Explosionsgrenzen -, -, Bestimmung 101 f
s. Explosionspunkt -, -, -, nach EG-Richtlinie A 10 102
s. Flammpunkt -, Erscheinungsbild 97
-, Gleichgewichtszustand 29f, 33 Brennzahl 98
-, Sättigung 29 f -, Thmperaturabhängigkeit 98 f
-, Sättigungskonzentration 29 ff Bromphenoxim, Explosionskenngrößen,
-, Zündbereich 29 Mindestzündenergie 220
-, Zündtemperatur 87 - 94 Butan, Explosionskenngrößen,
brennbare Stäube 95 ff Mindestzündenergie 52, 84
-, Explosionsgrenzen 184-189 -, Sauerstoff-Grenzkonzentration 308
-, Explosionskenngrößen, -, -, für heiße Oberflächen 391
maximale 190-197 -, -, für mechanische Funken 389-392
-, -, Behälter 190 Büschelentladungen 410
-, -, pneumatische BVD 28
Förderanlagen 271-277
-, -, Rohre 267 - 270
-, Mindestzündenergie 211 - 230 Cellulose, Explosionskenngrößen 195
-, Sauerstoff-Grenzkonzentration 302, Celluloseacetat, Explosionskenngrößen,
323-337 Mindestzündenergie 220
-, -, für heiße Oberflächen 393 chemische Reaktionen 120, 126
-, -, für mechanische Funken 389-394 chemische Reaktionsmassen s.
-, Zündtemperatur 230-235 Reaktionsmasse, chemische
Brenngase 10 ff Chlor/Wasserstoff-Gemisch 314 f
-, Explosionsgrenzen 10-27 -, Inertisierung mit Stickstoff 315
-, -, in Mischung mit Sauerstoff 26 -, -, Einfluß auf
-, Explosionskenngrößen 41 - 78 Zersetzungsbereich 316
-, -, Behälter 41-56 -, -, Einfluß auf
-, -, -, Einfluß Thrbulenz 57-61 Zersetzungskenngrößen 315
-, -, -, in Mischung mit -, Zersetzungsbereich 77
Sauerstoff 67 - 69 -, Zersetzungskenngrößen 77
-, -, Rohre 251 - 266 Cleveland 32, 36, 39
-, Mindestzündenergie 78-87 CO2 130
-, -, in Mischung mit Sauerstoff 85
-, Sauerstoff-
Grenzkonzentration 303 - 311 Dämpfe s. brennbare Dämpfe
-, -, für heiße Oberflächen 393 Dampfdichte 36
-, -, für mechanische Funken 389-394 Dampfdruck 29, 39, 40, 124
-, Zündtemperatur 87 - 94 Deflagration 129f
Brenngeschwindigkeit s. -, Asche s. Rückstand
Abbrenngeschwindigkeit -, Auslösung 129
Brennprüfung 97 -, Dämpfe 135
-, bei erhöhter Thmperatur 92 -, Druckreaktor 134
-, bei Raumtemperatur 97 -, Fähigkeit 130f
-, bei reduziertem Druck 101 -, Flüssigkeiten 134
-, bei reduziertem Sauerstoffgehalt 101 -, Gase 135
-, im Vakuum 101, 132 -, Gefährlichkeit 130f
-, unter Beimischung von Kieselgur 99 f -, -, energetische Bedingungen 130
-, von Flüssigkeiten 99 f -, -, kinetische Bedingungen 130
-, von schmelzenden Stoffen 99 f -, Geschwindigkeit 134
Brennpunkt von Flüssigkeiten 39-41, 99 -, Lösemitteldämpfe 135
-, Bestimmung 40 -, Mischungen 130 - 134
-, Einfluß Barometerstand 40f -, Prüfung 130-134
-, -, Berichtigung 40f -, -, energetische 130-134
-, Einfluß Dampfdruck 40 -, -, kinetische 130-134
Sachverzeichnis 877

-, -, Laborprüfung 132-134 -, Einfluß Temperatur 50, 51


-, -, im Rohr 132-134 Dimethylsulfoxid,
-, -, - bei erhöhter Thmperatur 134 Explosionskenngrößen 52
-, -, - bei Raumtemperatur 132f Dreifachfunkenstrecke 81, 409
-, -, -, Inertisierung 134 Druckgefäß-Thst s. Explosivität
-, -, Screening-Test 101, 132 Druckreaktor 134
-, -, -, im Vakuum 101, 132 DSC s. Differenzthermoanalyse
-, -, -, Witt'scher Topf 101, 132 DTA s. Differenzthermoanalyse
-, Rückstand 130
-, -, Brennbarkeit 130
-, Starttemperatur 130f EG-Methoden s. EG-Prüfrichtlinien
-, Temperatur 134 EG-Prüfrichtlinien
-, Unterbrechung 130 -, A 9 s. Flammpunkt 31
-, -, mit CO2 130 -, A 10 s. Brenngeschwindigkeit 102
-, -, mit Löschschaum 130 -, A 13 s. Pyrophorität 113
-, -, mit Wasser 130 -, A 14 s. Explosivität 136, 140
-, -, -, Benetzbarkeit 130 -, A 15 s. Zündtemperatur von
-, Verhinderung 130 Flüssigkeiten 87 f
-, -, Feuchte 130 -, A 16 s. Selbstentzündung 108, 109
-, -, Inertisieren 130 -, A 17 s. brandfördernde
-, -, Schmelzvorgänge 130 Eigenschaften 103, 104
-, -, Vakuum 130 elektrische Äquivalentenergie 355 f
-, Wärmetransport 130, 134 elektrostatische Zündquellen 407 f
-, Zersetzungsenergie 130f -, Büschelentladungen 410
-, Zersetzungsgase 129, 130 -, Funkenentladungen 409
-, -, Brennbarkeit 129, 130 -, Gewitterblitz 414
-, -, Druckaufbau 130 -, Gleitstielbüschelentladungen 412
-, -, -, Bersten der Apparatur 130, 134 -, Schüttkegelentladungen 413
-, -, Explosionsgefahr 130 Elevator 709 f
-, -, Explosionsrisiko s. Explosionsgefahr -, Wirksamkeit Löschmittelsperren 714
Detektoren 592 f endotherme Zersetzung 114, 121, 135
-, Druck 592 Energiemenge s. exotherme Zersetzung
-, optische 592, 686, 690 Entkopplung 623 f
-, thermoelektrische 592, 690 -, Prinzip 624
Detonationen, Rohre 267 f -, Zünddurchschlag 625 f
-, brennbare Stäube 267 f -, -, Bohrungen, enge Rohre 651 f
-, -, Kenngrößen, maximale 286 f -, -, -, brennbare Stäube 653 f
-, -, -, Einfluß Rohrdurchmesser 269 -, -, -, -, Löschabstand 653
-, -, -, Einfluß Rohrlänge 270 -, -, -, Brenngase 651
-, -, -, Einfluß Staubart 269f -, -, -, -, Löschabstand 651
-, Brenngase 251 f -, -, Schichtgüter, Brenngase 655 f
-, -, Kenngrößen, maximale 259 f -, -, -, Einfluß Brenngasart 656
-, -, -, Einfluß Brenngasart 259 -, -, -, Einfluß Kugeldurchmesser 657
-, -, -, Einfluß Rohrdurchmesser 257, -, -, -, Einfluß Prüfvolumen 656
260 -, -, -, Einfluß Werkstoff 656
-, -, -, Einfluß Rohrlänge 259 -, -, -, Löschabstand 658
-, -, -, Einfluß Zündquellenart 258 -, -, -, sichere Schichthöhe 655, 659
Detonationssicherung 674 f -, -, -, strömende Gemische 656
Detonationsstoßempfindlichkeit s. -, -, Spalte, enge 625 f
Explosivität -, -, -, brennbare Stäube 644 f
Dewar-Gefäß 110, 123 -, -, -, -, Einfluß Konzentration 646
Dewar-Grenztemperatur 124, 125 -, -, -, -, Einfluß Spaltlänge 647
Differenzthermoanalyse s. exotherme -, -, -, -, Einfluß Staubart 647 f
Zersetzung, Prüfungsart -, -, -, -, Grenzspaltweite 648
Dimethylformamid, -, -, -, -, hybride Gemische 648 f
Explosionskenngrößen 50 f -, -, -, -, Prüfverfahren 644
878 Sachverzeichnis

Entkopplung (Forts.) -, mechanische Flammensperre 664 f


-, -, -, -, statistisches -, -, Detonationssicherung 674
Übergangsgebiet 647 -, -, Explosionsssicherung 667
-, -, -, Brenngase 625 f -, -, -, Bandsicherung 665
-, -, -, -, Einfluß Brenngasart 630 -, -, -, -, für brennbare Stäube 670
-, -, -, -, Zusatz Stickoxide 642 -, -, -, -, für Brenngase 666 f
-, -, -, -, Einfluß Feuchte 639f -, -, nasse 679 f
-, -, -, -, Einfluß Konzentration 630 -, -, -, Einfluß
-, -, -, -, Einfluß Kurzschluß- Strömungsgeschwindigkeit 680
Lichtbogen 636 -, -, -, Thuchhöhe, sichere 680
-, -, -, -, Einfluß Prüfvolumen 637 -, -, Plattenschutzpaket 672
-, -, -, -, Einfluß Spaltlänge 637 -, -, Schichtgüter 673
-, -, -, -, Einfluß Temperatur 638 -, -, -, Löschanlage für 678
-, -, -, -, Einfluß Vordruck 638 -, Schnell schluß-Klappe 733
-, -, -, -, Grenzspaltweite 630 -, Schnellschluß-Schieber 724 f
-, -, -, -, Mischgase 641 f -, -, Aufbau 725, 732
-, -, -, -, -, Methan/Acetylen 634 -, -, Entlastungselement für 729
-, -, -, -, -, Methan/Wasserstoff 642 -, -, Schließzeit 727, 731
-, -, -, -, Normspaltweite 640, 641 -, Zellenradschleuse 733 f
-, -, -, -, -, Prüfgerät 627, 628 -, -, Konstruktionsmerkmale 734
-, -, -, -, -, -, Nomogramm für
Partikelzünddurchschlag 631 f Dimensionierung 739
-, -, -, -, statistisches -, -, lYPenprüfung 735
Übergangsgebiet 629 -, -, Zünddurchschlagsicherheit 740
Entkopplungsmaßnahmen 664 f Entlastungsschlot s.
-, Entlastungsschlot, brennbare Entkopplungsmaßnahmen
Stäube 740f Entzündbarkeit 96
-, -, in pneumatischer Förderanlage 741 -, Prüfung 96
-, -, -, Einfluß -, -, bei erhöhter Temperatur 96
Explosionskenngrößen 742 -, -, bei Raumtemperatur 96
-, -, -, Explosions- -, -, Zündquellen 96
Übertragungswahrscheinlichkeit 746 -, -, -, Cereisenfunken 96
-, Explosionsschutz-Ventil 716f -, -, -, Funken 96
-, -, Aufbau 717 -, -, -, Gasflamme 96
-, -, explosionsdruckbetätigt 717 -, -, -, mechanische Funken 96
-, -, fremdbetätigt 722 f -, -, -, Streichholz 96
-, -, in pneumatischer Förderanlage 721 -, -, -, Zigarettenglut 96
-, -, Schließverhalten 720 -, von Ablagerungen brennbarer
-, -, -, dynamischer Stäube 96
Ansprechdruck 720 Epoxidharz, Explosionskenngrößen,
-, -, -, Schließzeit 720 Mindestzündenergie 220, 810
-, Funkenlöschanlage 716 Erbsenmehl, Explosionskenngrößen,
-, Löschmittelsperre 685 f Mindestzündenergie 220
-, -, Anwendung 699 f erste Exothermie 115
-, -, -, Elevator 7tOf Ethan, Explosionskenngrößen,
-, -, -, -, Löschmittelbedarf 714 Mindestzündenergie 52, 69, 84
-, -, -, Silo 700 f Ether, Explosionskenngrößen 52
-, -, Beschreibung 685 f Ethylenoxid-Dampf, Zersetzung 72f
-, -, Detektor 686 -, Inertisierung, Stickstoff 312f
-, -, Einfluß Explosionskenngrößen 708 -, -, Einfluß Mischungsverhältnis 312
-, -, Fächerdüse 686 -, -, Einfluß Temperatur 312
-, -, geschichtliches 687 f, 705 -, -, Einfluß Zündenergie 312
-, -, Löschmittelbedarf 696 f -, -, Grenzkonzentration 313
-, -, -, brennbare Stäube 696, 707 -, -, -, Einfluß Thmperatur 313
-, -, -, Brenngase 708 -, -, -, Einfluß Vordruck 313
-, -, mobile 699 -, -, -, maximale 314
Sachverzeichnis 879

-, Kenngrößen 72 f -, -, -, isoperibole Prüfung 119


-, -, Einfluß Thmperatur 73 -, -, -, Sauerstoffatmosphäre 121
-, -, Einfluß Vordruck 73 -, -, -, temperaturprogrammiert 119
-, -, Einfluß Zündenergie 73 -, -, -, unter Vordruck 121
-, Unterdrückung 621 f -, -, im Stickstoffstrom, Ofen nach
-, -, Einfluß Ansprechdruck 622 Grever 118
-, -, Einfluß Behältervolumen 622 -, -, Wärmestauprüfung 121
-, -, Einfluß -, -, -, geschlossenes Dewargefäß 123
Löschmittelbehältervolumen 622 -, -, -, Grenztemperatur 124, 125
-, -, Einfluß Thmperatur 623 -, -, -, offenes Dewargefäß 110, 125
-, -, Einfluß Thrbulenz 621 -, -, -, unter Druckaufbau (druck feste
-, -, Einfluß Vordruck Apparatur) 124
exotherme Zersetzung (s. auch -, -, -, Temperaturnachführung 124
Deflagration) 114 -, Schwelgase s. Zersetzungsgase
-, Adiabasie 123 -, selbstbeschleunigende Zersetzung
-, adiabate Verhältnisse 127, 128 129
-, Aktivierungsenergie 128 -, Selbsterwärmung 114, 123
-, Arrhenius-Diagramm 127, 128 -, -,Induktionszeit 124
-, auto katalytische Zersetzung 116, 117, -, thermische Beständigkeit s.
127, 129 Zersetzungstemperatur
-, Befüllen 126 -, thermische Explosion 114, 121, 123
-, chemische Reaktionen 126 -, time to maximum rate 128
-, chemische Reaktionsmassen 118, 126, -, TMR s. time to maximum rate
137 -, Wärmeabfuhr 121
-, Druckanstieg s. Miniautoklav -, Wärmekapazität 121, 123
-, Energiemenge 127 -, Wärmeakkumulator 114, 121
-, Gaskonstante, universelle 128 -, -, adiabate Verhältnisse 121
-,Induktionszeit 116, 124, 128, 129 -, -, kritische Temperatur 121-123
-, Prüfungsart -, -, Volumenabhängigkeit 122, 123
-, -, Dewar-Gefäß s. Wärmestauprüfung -, Wärmebilanz 121 ff
-, -, Differenzthermoanalyse 125 f -, Wärmekapazität 127, 128
-, -, -, isotherm 125 -127 -, Wärmeleistung 121, 126
-, -, -, Probenbehälter 126 -, Wärmeleitfähigkeit 123
-, -, -, temperaturprogrammiert 125, -, Wärmeleitung 123
126 -, Wärmeproduktion 121, 127
-, -, DSC s. Differenzthermoanalyse -, -, maximale 128
-, -, DIA s. Differenzthermoanalyse -, -, -, Zeit bis zur maximalen
-, -, nach Kobler s. Miniautoklav 128
-, -, Lütolf (im offenen Gefäß) 114, -, Wärmeproduktionsrate 126-128
118 -, -, Temperaturabhängigkeit 128
-, -, -, Einfluß von Werkstoffen 114 -, Wärmestau s. Wärmeakkumulator
-, -, -, erste Exotherrnie 115 -, Werkstoffeinfluß 117
-, -, -, isoperibole Prüfung 116 f -, zeitverzögerte Zersetzung s.
-, -, -, on set temperature 115 autokatalytische Zersetzung
-, -, -, temperaturprogrammierte -, Zersetzung oberhalb
Prüfung 115 Siedetemperatur 118
-, -, Mikrokalorimetrie s. -, Zersetzungsenergie 116, 126, 127
Differenzthermoanalyse -, Zersetzungsgase 114, 122, 135
-, -, Mikrothermoanalyse s. -, -, Brennbarkeit 117
Differenzthermoanalyse -, -, Druckanstieg s. Druckaufbau
-, -, Miniautoklav (geschlossenes -, -, Druckaufbau 114, 135
Gefäß) 118 -, -, Explosionsgefahr 114, 121, 122,
-, -, -, Druckanstieg 114, 118, 119 135
-, -, -, Druckaufbau 118 f -, -, Prüfungsart 114f, 117, 135
-, -, -, endotherme Zersetzung 121 -, -, Menge 117, 120, 127
-, -, -, inerte Atmosphäre 121 -, Zersetzungstemperatur 114
880 Sachverzeichnis

exotherme Zersetzung (Forts.) -, -, -, inhomogene


-, -, Abhängigkeit von Gemischverteilung 548 f
Bestimmungsmethode 114 -, -, -, -, Einfluß Abblasrohre 527
Explosionsablauf 767 f -, -, -, -, Einfluß
-, Einfluß Zusatzoberflächen 766f Behältervolumen 513 f
-, -, brennbare Stäube 769f -, -, -, -, Einfluß
-, -, -, auf Explosionskenngrößen 769 Luftvolumenstrom 552
-, -, -, auf -, -, -, -, Nomogramm 516
Explosionsunterdrückung 770 -, -, -, -, Produktbefüllung,
-, -, Brenngase 766f pneumatische 548 f
-, -, -, Einfluß Werkstoff 767 -, -, -, -, Produktbeladung,
-, -, -, Netzwerk 767 optimale 512
-, -, -, -, Einfluß auf -, -, -, -, -, Einfluß Schüttgewicht 512
Explosionsbereich 768 -, -, -, -, -, Zahlenwertgleichung 515
Explosionsdruckentlastung 443 f -, -, Brenngase 470f
-, Einrichtungen zur 445 f -, -, -, Einfluß Abblasrohre 480f
-, -, Berstscheiben 445 f -, -, -, Einfluß Ansprechdruck 479
-, -, -, Ansprechdruck 445-453 -, -, -, Einfluß Brenngasart 477
-, -, -, -, dynamischer 451 -, -, -, Einfluß Vordruck 484 f
-, -, -, -, statischer 447, 450 -, -, -, Einfluß Zündenergie 474
-, -, -, -, K-Faktor 449 -, -, -, Flächenaufteilung 478
-, -, Betondeckel für Silos, -, -, -, Nomogramm 477
Entlastungsfähigkeit 567 -, -, -, Zahlenwertgleichung 480
-, -, Explosionsklappen 454 f -,langgestreckte Behälter (Silos) 537 f
-, -, -, Entlastungsfähigkeit 455 -, -, brennbare Stäube 537 f
-, -, Explosionsscheiben 454 -, -, -, homogene
-, -, Fassadenverkleidungen 468 f Gemischverteilung 537 f
-, -, Glas 463 f -, -, -, -, Einfluß Abblasrohr 547
-, -, -, Ansprechdruck, -, -, -, -, Einfluß H/D-Verhältnis 545
Berechnung 464, 465 -, -, -, -, Einfluß
-, -, -, Sicherheitsglas 464 Gemischbegrenzung 548
-, -, -, Splitterschutzfilm 468 -, -, -, -, Einfluß Zündortlage 541
-, -, Rückstoßkraft 461 -, -, -, -, Explosionsgeschwindigkeit,
-, -, Unterdrucksicherung 460 maximale 541
-, kubischer Behälter 470f -, -, -, -, -, Einfluß Silolage 541
-, -, brennbare Stäube 487 f -, -, -, -, Flächenmehrbedarf 542 f
-, -, -, homogene -, -, -, -, -, Zahlenwertgleichung 555,
Gemischverteilung 487 f 559
-, -, -, -, Einfluß -, -, -, -, Mindestzündenergie 561
Abblasrohre 519-523 -, -, -, -, Produktabwurf 560
-, -, -, -, -, -, -, -, -, Produktbeladung,
Abblasrohrerweiterung 524 optimale 551
-, -, -, -, Einfluß Ansprechdruck -, -, -, -, Thmperaturverlauf 577
508 -, -, -, -, Vergleich mit kubischem
-, -, -, -, Einfluß Behälter 556
Behältervolumen 508 -, -, Brenngase 567 f
-, -, -, -, Einfluß -, Räume, brennbare Stäube 570f
Gemischbegrenzung 534 -, Rohre 578 f
-, -, -, -, Einfluß Vordruck 529 f -, -, Bandförderer 580
-, -, -, -, Gefahren durch: Flammen -, -, Entlastungseinrichtungen 581f
und Druck 571f -, -, -, Explosionsklappen 581-583
-, -, -, -, hybride Gemische 535 f -, -, -, Federventile 585
-, -, -, -, geschichtliches 471 Explosionsfähigkeit 293 f
-, -, -, -, Nomogramm 507 -, brennbare Stäube 294
-, -, -, -, verbundene Behälter 528 -, -, äquivalente Zündenergie 294
-, -, -, -, Zahlenwertgleichung 506 -, Brenngase 293, 304
Sachverzeichnis 881

explosionsfeste Bauweise 419f -, -, -, -, Grenzkörnungsdurchmesser


-, explosionsfeste 419 190
-, explosionsdruckstoßfeste 423 -, -, -, Einfluß
-, -, Bandförderer 429-431 Lösungsmittelfeuchte 200
-, -, Behälter 424, 425, 427 -, -, -, Einfluß
-, -, Manschettenverbindungen 438 Gemischbegrenzung 208
, -, Rohre 432f -, -, -, Einfluß Thmperatur 206
Explosionsgefahr 27, 41, 114, 121, 122, -, -, -, Einfluß Thrbulenz 163, 174
130, 135 -, -, -, Einfluß Wasser feuchte 200
Explosionsgefährlichkeit s. Explosivität -, -, -, Einfluß Zündenergie 210
Explosionsgrenzen 10, 184, 239 -, -, -, -, Stäube,
-, brennbare Stäube 184 leichtentzündlich 210
-, -, Berechnungsverfahren 188 -, -, -, -, Stäube,
-, -, Einfluß Prüfvolumen 185 schwerentzündHch 210
-, -, Einfluß Thmperatur 187 -, -, -, Einfluß
-, -, Einfluß Zündenergie 186 Zündverzögerungszeit 174
-, -, in Mischung mit Granulat 189 -, -, -, Explosionsdruck 197
-, Brenngase 10 f -, -, -, -, maximaler 197
-, -, Bestimmungsmethoden 13 -, -, -, -, -, Häufigkeit 197
-, -, Einfluß Ausgangsdruck 16, 18 -, -, -, Flock 191 f
-, ,-, Luftdruck 16 -, -, -, -, Einfluß Faser 192
-, -, -, Überdruck 18, 19 -, -, -, KscWert 175
-, -, -, Unterdruck 18 -, -, -, Meßgenauigkeit 182
-, -, Einfluß Luftfeuchte 16 -, -, -, Phosphor, roter 194
-, -, Einfluß Thmperatur 19,23 -, -, -, Staubexplosionsklasse 177
-, -, Einfluß Zündenergie 15 -, -, -, -, Häufigkeit 196
-, -, Entscheidungskriterien 11 -, -, -, zeitlicher Druckanstieg 173
-, -, homologe Reihen 17 -, -, -, -, maximaler 173
-, -, in Mischung mit Sauerstoff 26 -, -, Brenngase, Dämpfe 41 f
-, -, Mischgase (Gesetz von I.e -, -, -, Einfluß Ausgangsdruck 55
Chatelier) 25 -, -, -, Einfluß Behältergeometrie 45
-, Flüssigkeitsdämpfe 29 -, -, -, Einfluß Behältervolumen 43, 48
-, hybride Gemische 239 -, -, -, Einfluß Brenngasart 48
-, -, Gesetz von I.e Chatelier 241 -, -, -, Einfluß Luftfeuchte 49
Explosionskenngrößen 41 f, 171 f -, -, -, Einfluß Thmperatur 50f
-, Behälter, geschlossen 41f, 171f -, -, -, Einfluß Thrbulenz 60, 61
-, -, brennbare Stäube 190f -, -, -, Einfluß Zündenergie 46, 47
-, -, -, Aluminium 195 -, -, -, Explosionsdruck 42
-, -, -, -, Einfluß spez. -, -, -, -, maximaler 42, 45
Kornoberfläche 139 -, -, -, homologe Reihen 69
-, -, -, Beschichtungspulver 191 -, -, -, in langgestreckten Behältern 56
-, -, -, -, Einfluß Al-Zusatz 191 -, -, -, in Mischung mit Sauerstoff 68
-, -, -, -, Einfluß organ. Anteil -, -, -, in verbundenen Behältern 62 f
191 -, -, -, Ko-Wert 43
-, -, -, Bestimmungsverfahren 173 f -, -, -, zeitlicher Druckanstieg 42
-, -, -, -, Großapparatur 173 -, -, -, -, maximaler 42, 43
-, -, -, -, Laborapparatur 179 -, -, hybride Gemische 241f
-, ,-, -, -, Einfluß -, -, -, brennbarer
Staubverteilung 184 Staub/Brenngas 241 f
-, -, -, -, Einfluß Ausgangsdruck 201, -, -, -, -, Einfluß Brenngasart 242,
202 245
-, -, -, Einfluß Behältervolumen 176, -, -, -, -, Einfluß
181 Brenngaskonzentration 242, 245
-, -, -, Einfluß Granulatzusatz 199 -, -, -, -, Einfluß Staubart 243
-, -, -, Einfluß -, -, -, -, Einfluß
Körnungsdurchmesser 190 Staubkonzentration 239
882 Sachverzeichnis

Explosionskenngrößen (Forts.) -, -, -, -, Einfluß


-, -, -, -, Explosionsdruck, Staubkonzentration 279
maximaler 237 - 239 -, -, -, -, Explosionsdruck 279
-, -, -, -, KSt-Wert 244 -, -, -, -,
-, -, -, -, zeitlicher Druckanstieg, Explosionsgeschwindigkeit 279
maximaler 237 - 239 -, reduzierte 444 f
-, -, -, Octanolnebel/Propan 249 f -, -, Explosionsdruck, reduzierter 444
-, -, -, -, Flammengeschwindigkeit -, -, -, maximaler 445
250 -, -, zeitlicher Druckanstieg,
, , ,-, KN-Wert 250 reduzierter 444
-, in pneumatischen -, -, -, maximaler 454
Förderanlagen 271-275, 846-849 Explosionsklappen 454f
-, -, Explosionsdruck 272 Explosionspunkte, Flüssigkeitsdämpfe 29,
-, -, -, Einfluß 30
Fördergeschwindigkeit 273 Explosionsrisiko s. Explosionsgefahr
-, -, -, Einfluß Förderlänge 848 Explosionsschutz-Richtlinien 3
-, -, -, Einfluß -, Anwendung 4
Förderrohrdurchmesser 848 -, Zoneneinteilung 4
-, -, -, Einfluß Staubart 848 -, -, brennbare Stäube 5
-, -, -, maximaler 274 -, -, Brenngase 4
-, -, Explosionsgeschwindigkeit 848 Explosionsschutz-Ventil 716f
-, -, -, Einfluß Explosionssicherung 666 f
Fördergeschwindigkeit 848 -, nasse 679
-, -, -, Einfluß Förderlänge 848 Explosionsunterdrückung 586 f
-, -, -, Einfluß -, Anordnung 587
Förderrohrdurchmesser 848 -, Anwendungsgrenzen 603, 604
-, -, -, Einfluß Staubart 848 -, Detektoren 594
-, -, -, maximaler 848 -, -, Druck 594
-, -, Flammenlaufzeit 849 -, -, optische 586
-, -, -, Einfluß -, -, -, Anzeigeverzögerung 593
Förderrohrdurchmesser 849 -, Einfluß Ansprechdruck 595, 598
-, in Rohren 251f -, Einfluß Behältervolumen 605
-, -, brennbare Stäube 267 f -, Einfluß Gemischbegrenzung 606
-, ,-, Einfluß Rohrdurchmesser 269 -, Löschmittelart 595
-, -, -, Einfluß Rohrlänge 270 -, -, Löschmittelwirksamkeit 579
-, -, -, Einfluß Staubart 270 -, Einfluß
-, -, -, Explosionsdruck, Löschmittelbehältervolumen 592,
maximaler 271 610f, 614
-, -, -, Explosionsgeschwindigkeit, -, Einfluß Löschmittelverteilung 597
maximale 271 -, Einfluß Theibmitteldruck 597, 598
, -, Brenngase 251f -, Einfluß Thrbulenz, Brenngase 604
-, -, -, Einfluß Brenngasart 258, 259 -, Einfluß Vordruck, brennbare
-, -, -, Einfluß Rohrdurchmesser 257, Stäube 680
259,260 -, inhomogene Staub/Luft-Gemische
-, -, -, Einfluß Rohrlänge 270 619
-, -, -, Einfluß Zündquellenart 258, -, Löschmittelbedarf 618
260 -, -, Berechnung 618
-, -, -, Einfluß Zündortlage 252 -, -, Einfluß Brennstoffart 618
-, -, -, Explosionsdruck, -, Projektierung 619f
maximaler 264 Explosivität 136
-, -, -, Explosionsgeschwindigkeit, -, Detonationsstoßempfindlichkeit 136,
maximale 264 144
-, -, hybride Gemische 279 -, -, Prüfungsart 136f
-, -, -, Maisstärke/Propan 279 -, -, -, Stahlrohrtest 144
-, -, -, -, Einfluß -, -, -, -, mit Übertragungsladung
Brenngaskonzentration 279 (Vorladung) 144f
Sachverzeichnis 883

-, -, -, -, ohne Übertragungsladung -, -, -, -, geschlossenes Gefäß 30, 33


(Vorladung) 146 -, -, -, -, -, nach Abel-Pensky 33
-, Druckgefäß-Test 136, 141 -, -, -, -, -, nach Pensky-Martens 34,
-, -, Ausführung 142 36
-, -, selbstreaktive Stoffe 136, 141 -, -, -, -, offenes Gefäß 30, 32
-, mechanische Sensibilität 136 -, -, -, -, -, nach Cleveland 32, 36
-, -, Reibempfindlichkeit 113, 136 -, Dampfdruck 29, 39, 40
-, -, -, Prüfungsart 136f -, Einfluß Barometerstand 35
-, -, -, -, EG-Prüfrichtlinie A 14 136 -, Einfluß Dampfdichte 36
-, -, -, -, Screening-lest 113 -, Einfluß Litergewicht 36
-, -, -, -, Apparatur nach BAM 138 f -, Einfluß reduzierter Druck 35
-, -, Schlagempfindlichkeit 136, 137 -, Einfluß Schwelgase 38
-, -, -, Kompressionswärme 138 -, Einfluß Verunreinigungen 37, 38
-, -, -, Prüfungsart 136f -, Einfluß Zersetzungsgase 38
-, -, -, -, EG-Prüfrichtlinie A 14 136 -, in Sauerstoffatmosphäre 37
-, -, -, -, Fallhammer nach -, Anstrichstoffe 34
Koenen 137, 138 -, feste Stoffe 38 f
-, thermische Sensibilität 136, 139f -, Lacke 34
-, -, Prüfungs art -, Mischungen 31, 33, 36
-, -, -, EG-Richtlinie A 14 136, 140 -, -, binäre Mischungen 31, 36
-, -, -, Stahlhülsen-Test (nach BAM und -, -, polynäre Mischungen 31, 36
Koenen) 139, 140 -, -, Suspensionen 31
-, -, -, -, Grenzdurchmesser 140 -, -, uneinheitliche Flüssigkeiten 31, 33,
36
-, Schmelzen 38
Fächerdüse 596 -, sublimierbare Feststoffe 39
Fallhammer s. Explosivität, s. -, wäßrige Lösungen 36
Schlagempfindlichkeit -, Gleichgewichtsdiagramm 36
Fasern 149, 186 -, Gleichgewichtszustand 29, 30, 33
Fassadenverkleidungen 468 -, Methodenabhängigkeit 31
Federventil 585 -, Qualitätskontrolle 37
Feuchtigkeit 104, 106 -, Sättigung 29, 30
feuergefährlich 27, 41 -, -, Sättigungkonzentration 29, 30, 31
Flammensperren, mechanische 664 f -, Viskosität 31
-, dauerbrandsichere 668 Flock 149
-, detonationssichere 674 -, Explosionsgrenzen 185
-, explosionssichere 665 f -, Explosionskenngrößen 191
Flammenstrahlzündung 624 -, Mindestzündenergie 217
Flammentemperatur, brennbare Flugförderung 271f, 846f
Stäube 198 Flüssigkeiten 27
-, berechnete 199 -, Brandgefahr 27, 41
-, Einfluß Explosionsdruck, -, Explosionsgefahr 27, 41
maximaler 198 s. Brennprüfung
-, Einfluß Propanzusatz 198 s. Brennpunkt
-, Einfluß Staubart 198 s. Flammpunkt
-, Meßverfahren 198 s. Zündtemperatur
Flammen, kalte 22 -, Zündbereich 29
Flammpunkt 27 - 39 Förderschnecken 129
-, Berichtigung 35 Fremdkörper 129
-, Bestimmungsmethoden 31 ff Funkenentladung 409
-, -, EG-Prüfrichtlinie A 9 31 Funkenlöschanlage 716
-, -, Gleichgewichtsmethoden 30 f
-, -, Methodenwahl 31
-, -, Nicht-Gleichgewichtsmethoden 30, Gase 135
31 Gasgesetz, allgemeines 120
-, -, -, Standardmethoden 30 Gasentwicklung 118
884 Sachverzeichnis

Gaskonstante, universelle 128 -, Grenzkurven für das Entstehen von:


Gefahrendreieck 297 -, -, zündwirksamen Oberflächen 388
geschichtliches, brennbare Stäube 146ff -, Zündwirksamkeit bei vermindertem
Gewitterblitz 414 02-Gehalt 388 f
Gleichgewichtsdiagramm -, -, brennbare Stäube 393
(flüssig/dampfförmig) 36 -, -, -, Sauerstoff-
Gleichgewichtsfeuchtigkeit 104 Grenzkonzentration 393
Gleichgewichtszustand s. Flammpunkt -, -, Brenngase 391
Gleitstielbüschelentladung 412 Herbizid, Explosionskenngrößen,
Glimmbrand 98 Mindestzündenergie 220, 229
Glimmnest als Zündquelle 394 Holzstaub, Explosionskenngrößen 195
-, Erkennen durch CO-Messung 406 hybride Gemische 237 f
-, Flugweite 399 -, Explosionsgrenzen 239
-, -, freifallend, Silo 398 -, Explosionskenngrößen 242
-, -, -, Zündort 398 -, -, Behälter 243
-, -, -, -, Einfluß Staub art 398 -, -, -, maximale 243
-, zündfähige Oberfläche 405 -, -, -, PVC-Feinstaub/Methan 239
-, Zusammenhang zur -, -, -, PVC-Grobstaub/Methan 238
Zündtemperatur 406 -, Mindestzündenergie 246
Glimmtemperatur (s. auch Hygroskopizität 104
Selbstentzündung) 111
-, Bestimmung 112
-, -, nach IEC 112 IATA 28
-, Einfluß Teilchengröße 111 ICAO 136
-, Einfluß Schichthöhe 111 IEC 112
-, Einfluß Schüttdichte 111 IMDG 28
Grenzdruck 322 IMO 136
Grenzdurchmesser 140 Induktionszeit 109, 116, 124, 128, 129
Grenzkurven für das Entstehen von: -, minimale 222
-, heißen Oberflächen 388 -, -, brennbare Stäube 223
-, -, Einfluß Werkstoff 388 -, -, -, Definition 222
-, Reibfunken 374 -, -, Flock 223
-, -, Einfluß Werkstoff 374 lnertisierung 302f, 323 f
-, Schleiffunken 374 -, brennbare Stäube 323
-, -, Einfluß Werkstoff 374 -, -, Kohlendioxid 334f
Grenztemperatur 110, 124, 125 -, -, -, Sauerstoff-
Grever, Th. 106-109, 118 Grenzkonzentration 335
Gummistaub, Explosionskenngrößen 194, -, -, -, -, Einfluß Temperatur 335
195 -, -, -, -, -,
Temperaturkoeffizient 335
-, -, Stickstoff 223 f
halogenierte Kohlenwasserstoffe 302 -, -, -, Sauerstoff-
Hartmann-Apparatur 168 Grenzkonzentration 324
-, modifizierte 169 -, -, -, -, Berechnung 328
Harzstaub, Explosionskenngrößen -, -, -, -, Einfluß Korngröße 325
195 -, -, -, -, Einfluß Prüfvolumen 326,
Heißabfülltemperatur 110, 125 329f
Heißausladetemperatur 110, 125 -, -, -, -, Einfluß Thmperatur 332f
heiße Oberflächen als Zündquelle 379 -, -, -, -, -,
-, Entzündungstemperatur für: brennbare Temperaturkoeffizient 335
Stäube 383 -, -, -, -, Einfluß Vordruck 332, 333
-, -, Zusammenhang zur -, -, -, -, Einfluß Zündenergie 330
Zündtemperatur 383 -, -, -, -, Klärschlamm-Trockengut
-, -, Brenngase 383 325
-, -, -, Zusammenhang zur -, -, -, -, Maßnahmen bei
Zündtemperatur 383 Anwendung 336
Sachverzeichnis 885

-, -, -, -, Zusammenhang zum K sc Kalorimeter, hochempfindlich 129


Wert 326 Ko-Wert 43
-, -, -, -, Zusammenhang zur KN-Wert 249
Mindestzündenergie 327 KscWert 175
-, -, -, -, Zusammenhang zur Kz-Wert 74, 76
Zündtemperatur 326 Kieselgur 99f, 105
-, -, Zugabe von Feststoffen 337 Klärschlamm-Thockengut 196
-, -, -, Einfluß auf -, Explosionskenngrößen, maximale 196
Explosionskenngrößen 338 -, -, Einfluß organ. Anteil 196
-, -, -, Inertstaub- -, Mindestzündenergie 216
Grenzkonzentration 339 Kobler, A. 118
-, -, -, -, Einfluß Prüfvolumen 341 Koenen, H. 137
-, -, -, -, -, äquivalente Kohlendioxid, Wirksamkeit 302, 316, 334
Zündenergie 341 Kohlensäure 130
-, Brenngase 303 Kohlenmahlanlage 775 f
-, -, Stickstoff 303 Kohlenstaub 195
-, -, -, Sauerstoff- -, Explosionskenngrößen 195
Grenzkonzentration 304 -, Mindestzündenergie 211
-, -, -, -, Berechnung 309 Kompressionswärme 138
-, -, -, -, Einfluß Brenngasart 305, konstruktiver Explosionsschutz 419
306 -, Bauweise für den maximalen
-, -, -, -, Einfluß Thmperatur 307 Explosionsdruck 422
-, -, -, -, -, -, -, explosionsdruckfeste 422
Thmperaturkoeffizient 308 -, -, explosionsdruckstoßfeste 423
-, -, -, -, Einfluß Thrbulenz 342 -, -, -, Container 427
-, -, -, -, Einfluß Vordruck 313 -, -, -, Mühlen 426
-, -, -, -, Zusammenhang zur -, -, -, Reaktoren 424
Mindestzündenergie 304 , ,-, Silos 432
-, -, Zugabe von Feststoffen 321 -, Bauweise für den reduzierten
-, -, -, Einfluß Inertstaubart 322 maximalen Explosionsdruck 443 f
-, -, -, Inertstaub- -, -, explosionsdruckstoßfeste 443
Grenzkonzentration 322 -, -, -, Bandförderer 428 f
-, -, zusätzliche Inertgase 316 -, -, -, Manschettenverbindungen 438
-, -, -, Sauerstoff- -, -, -, Rohre 433 f
Grenzkonzentration 320 -, -, -, Siebmaschinen 425
-, -, -, -, Einfluß Inertgasart 318, -, -, -, Wirbe1schichtapparaturen 430f,
320 821f
-, -, -, -, Einfluß Thmperatur 320 -, Berechnungsbeispiele 855 f
-, -, -, -, -, Thmperaturkoeffizient -, -, brennbare Stäube 859
320 -, -, -, Explosionsdruckentlastung
-, hybride Gemische 342 f 859
-, -, Stickstoff 342 -, -, -, -, Behälter 859
-, -, -, Einfluß Brenngasart 345, 346, -, -, -, -, -, homogene
348 Staubverteilung 859
-, -, -, Einfluß Prüfvolumen 346 -, -, -, -, -, -, Einfluß
-, -, -, Einfluß Staub art 345 Abblasrohr 861
-, -, -, Einfluß Thrbulenz 342 -, -, -, -, -, -, Einfluß
-, -, -, Einfluß Zündenergie 343 Bandsicherung 862
-, -, -, -, -, -, Einfluß
Explosionsklappe 860
Inertstaub-Grenzkonzentration 322, -, -, -, -, -, -, gegeben
357 Behälterfestigkeit 859
isobare Verhältnisse 120 -, -, -, -, -, -, gegeben
isoperibole Verhältnisse 106, 109, 116, Entlastungsfläche 862
119 -, -, -, -, -, inhomogene
isotherme Verhältnisse 125 -127 Staubverteilung 863
886 Sachverzeichnis

konstruktiver Explosionsschutz (Forts.) - Löschmittelbedarf 706 f


-, -, -, -, -, -, Einfluß -, -, Rohre 706
Abblasrohr 865 -, -, -, brennbare Stäube 707
-, -, -, -,langgestreckte Behälter, -, -, -, Brenngase 708
Silos 865 -, Wirksamkeit 700 f
-, -, -, -, -, homogene -, -, Elevator 709
Staubverteilung 865 -, -, Rohre 706
-, -, -, -, -, -, Einfluß -, -, Silo 700
H/D-Verhältnis 866 Löschschaum 130
-, -, -, -, -, inhomogene Lösemitteldämpfe 135
Staubverteilung 865 Luftfeuchtigkeit 104
-, -, -, -, -, -, Einfluß Lütolf, J. 114, 137f
H/D-Verhältnis 862
-, -, -, Explosionsunterdrückung 867
-, -, Brenngase 855 Mahlen 126, 129
-, -, -, Explosionsdruckentlastung, Maisstärke, Explosionskenngrößen,
Behälter 856 Mindestzündenergie 220, 224, 229
-, -, -, -, Einfluß Abblasrohre 857 Materialeinfluß s. Werkstoffeinfluß
-, -, -, -, Einfluß mechanische Sensibilität s. Explosivität
Explosionsklappen 857 mechanisch erzeugte Funken 349 f
-, -, -, Explosionsunterdrückung 858 -, Äquivalentenergie für 355 f
-, Entkopplung 623 f -, -, brennbare Stäube 356
-, Explosionsdruckentlastung 443 f -, -, Brenngase 355
-, -, brennbare Stäube 487 f -, -, Zusammenhang zur
-, -, Brenngase 470f Zündtemperatur 356
-, -, hybride Gemische 535 f -, Grenzkurven für das Entstehen von:
-, Explosionsunterdrückung 586 f -, -, Reibfunken 374
Korngröße (s. auch Teilchengröße) 146 -, -, Schleiffunken 374
Korngrößenverteilung 146 -, statistisches Übergangsgebiet 365
-, Medianwert 146, 147 -, Zündwirksamkeit, Abschätzung für
kritische Temperatur (Lager-, Umgebungs- Reibfunken 368
temperatur) s. exotherme Zersetzung -, Abschätzung für Schlagfunken 372
kubisches Gesetz 43, 176 -, Abschätzung für Schleiffunken 362
Korbgrenztemperatur 110 -, Abschätzung für Einfluß
Sauerstoffgehalt 389f
-, -, -, Sauerstoff-Grenzkonzentration
Laborapparaturen, brennbare Stäube 162 Metallseifen, Explosionskenngrößen 195
Lacke 34 Methan 49f
Lagerbedingungen 105 -, Explosionskenngrößen, Einfluß
Lagern 27, 126 Vordruck 56
Lagertemperatur 105 -, -, kubische Behälter 56
Le Chatelier, Gesetz von 25, 241 -, -,langgestreckte Behälter 56
Litergewicht 36 -, instationäre Detonation 262
Löscheinrichtungen, automatische für -, Mindestzündenergie 84
Brenngasausblaseleitungen 671 -, Sauerstoff-Grenzkonzentration 305,
-, Flammensperren, mechanische 668 308
Löschmittel 596 -, -, für mechanische Funken 391
-, für Explosionsunterdrückung 596 Methanol 50
-, -, Halon 596 -, Explosionskenngrößen 50, 52
-, -, Löschpulver 596 -, -, Einfluß Thmperatur 50
-, -, Wasser 596 Methodenabhängigkeit 30, 31, 106
-, für Löschmittelsperren 592, 610f Methylenchlorid 310f
Löschmittelbehälter 592 f - Explosionsgrenzen in
-, für Explosionsunterdrückung 592 Sauerstoff/Stickstoff-Gemischen 310
-, für Löschmittelsperre 592, 610f -, -, Sauerstoff-Grenzkonzentration 311
Löschmittelsperre 685 f -, -, -, Einfluß Temperatur 311
Sachverzeichnis 887

-, Explosionskenngrößen in Mischung mit -, brennbare Stäube 178


Alkohol 54 -, Brenngase 44
-, Explosionskenngrößen in Mischung mit Miniautoklav 118
Methanol 54 Mischen 126, 129
-, Explosionskenngrößen in Mischung mit Mischer s. Mischen
Sauerstoff 311 Mischungen von Stoffen 31, 36, 105, 132
Methylnitrit, Explosionskenngrößen 52 Mobiltherm-Light-ÖI,
Mikrokalorimetrie s. Explosionskenngrößen 52
Differenzthermoanalyse Moschus, nitriert,
Mikrothermoanalyse s. Explosionskenngrößen 195
Differenzthermoanalyse Mühlen (s. auch Mahlen) 771 f
Mindestzündenergie 78 f, 211 f -, Explosionskenngrößen in:
-, Bestimmungsverfahren 80 -, -, Schlägermühle, Kohlenmahlanlage,
-, brennbare Stäube 211 f explosionsdruckentlastet 775 f
-, -, Abschätzung aus Induktionszeit, -, -, -, Explosionskenngrößen, reduzierte
minimaler 222 f maximale 772, 773
-, -, Abschätzung aus -, -, Stiftmühle 771
Verbrennungsdauer, minimaler 222 f -, -, Thrbomühle 771
-, -, Antioxidanten 220 -, -, -, Einfluß KscWert 772, 773
-, -, Einfluß Elektrodenabstand 216 -, -, -, Einfluß Luftansaugkanal 774
-, -, Einfluß Funkendauer 211 -, -, -, Vergleich mit kubischen
-, -, Einfluß Induktionszeit 223 Behältern 773
-, -, Einfluß Korndurchmesser 216
-, -, Einfluß Produktfeuchte 218
-, -, Einfluß Prüfvolumen 215 nasse Explosionssicherungen s.
-, -, Einfluß Staubart 215, 216
Entkopplungsmaßnahmen
-, -, Einfluß Staubkonzentration 215
Neopentan, Explosionskenngrößen 52
-, -, Einfluß Thmperatur 226 f
Netzschwefel, Explosionskenngrößen,
-, -, Einfluß Vordruck 228
Mindestzündenergie 210, 331
-, -, Einfluß Zündverzögerungszeit 215
Netzwerk 767 f
-, -, Flock 217, 219
Nomogramm Explosionsdruckentlastung,
-, -, -, Einfluß Faser 217, 220
kubische Behälter, brennbare
-, -, -, -, Einfluß Konzentration 217
Stäube 507f
-, -, -, -, Einfluß Thrbulenz 217
-, homogene Gemische 507
-, -, Häufigkeit 221
-, inhomogene Gemische 516
-, -, im Vergleich zu Brenngasen 224
-, -, in pneumatischer Förderanlage 225 Nonogramm Explosionsdruckentlastung,
kubische Behälter, Brenngase 477
-, -, -, Einfluß
Fördergeschwindigkeit 225
-, -, statistisches Übergangsgebiet 213
-, -, Zündwahrscheinlichkeit 219 O2 s. Sauerstoff
-, Brenngase 78 Oberflächentemperatur s.
-, -, Einfluß Brenngasart 83, 84 Glimmtemperatur
-, -, Einfluß Brenngaskonzentration 82 Oberflächen/Volumen-Verhältnis 45
-, -, Einfluß Elektrodenabstand 82 Octanol, Explosionskenngrößen 52
-, -, Grenzabstand 82 Octylchlorid, Explosionskenngrößen 51,
-, -, in Mischung mit Sauerstoff 85 52
-, hybride Gemische 246 f on set temperature s. exotherme
-, -, brennbare Stäube/Propan 248 Zersetzung
-, -, -, Einfluß optische Flammenmelder 592, 686
Propankonzentration 248 organische Peroxide 141, 144, 162
-, -, Kohlenstaub/Methan 247 Oxidationsreaktion
-, -, -, Einfluß - s. brandfördernde Eigenschaften
Methankonzentration 247 - s. Selbstentzündung
Mindestvolumen, Explosionskenngrößen- oxidizing properties s. brandfördernde
Bestimmung 44, 178 Eigenschaften
888 Sachverzeichnis

Paraformaldehyd, Explosionskenngrößen, Pyrolyse 135


Mindestzündenergie 195, 220 Pyrophorität (s. auch
Pasten 95 Selbstzersetzung) 113
Partikelgröße s. Teilchengröße -, Prüfung 113
Partikelzünddurchschlag 633 -, -, nach EG-Richtlinie A 13 113
Pensky-Martens 34, 36 -, -, ,- flüssige Stoffe 113
Pentan -, -, ,- pulverförmige Stoffe 113
-, Explosionskenngrößen 50-52 -, Reibungspyrophorität (s. auch
-, -, Einfluß Temperatur 50, 51 Reibempfindlichkeit) 113
-, Mindestzündenergie 84 -, -, Prüfung 113
Peroxid, org., Explosionskenngrößen 195 -, statische Pyrophorität 113
Peroxide 141, 144
Phosphor, roter, Explosionskenngrößen-
Bestimmung 194, 195 Qualitätskontrolle 37
photochemische Strahlungswirkung 415 Querschnittserweiterung,
Pigmente, Explosionskenngrößen 195 Abblasrohre 524f
Plattenschutzpaket 672
Polyester 191
-, Explosionskenngrößen 191 Reaktionskinetik 129
-, Mindestzündenergie 220 Reaktionsmassen, chemische 118, 126,
-, -, bei Al-Zusatz 221, 810 137
Polyethylen, Explosionskenngrößen, Reibempfindlichkeit s. Explosivität
Mindestzündenergie 190, 216 Reibfunken 365
Propan 45f Reibungspyrophorität 113
-, Explosionskenngrößen 45 - 49 RID 18, 136, 143
-, -, Einfluß Temperatur 50, 51 Risikoanalyse 100
-, -, Einfluß Volumen 45 -49 Rohöl, Explosionskenngrößen 52
Propargylchlorid, Zersetzung 77 Rohre 251f
-, Kenngrößen 77 -, brennbare Stäube 267 f
-, Mindestzündenergie 85 -, -, Explosionsablauf 267 f
-, -, Einfluß Anfangsdruck 85 -, -, Explosionsdruck 269 f
Pulverbeschichtungsanlage 810 -, -, -, maximaler 269
-, Beschichtungspulver 810 -, -, Explosionsgeschwindigkeit 269 f
-, Explosionskenngrößen 181, 191 -, -, -, maximale 269
-, Mindestzündenergie 810 -, Brenngase 251 f
-, -, Einfluß Al-Zusatz 810 -, -, Explosionsablauf 251 f
-, Sprühpistolen, -, -, Explosionsdruck 251f
Flammenausbreitung 812 f -, -, -, maximaler 264
-, -, in explosionsfahigem Gemisch 812 -, -, Explosionsgeschwindigkeit 251 f
-, -, in nicht explosions fähigem -, -, -, maximale 264
Gemisch 812 -, Explosionsabbruch s.
-, Versuchsanlagen 814 Entkopplungsmaßnahmen
-, -, Anwendung -, Explosionsdruckentlastung 578
Brandunterdrückungsanlagen 819 -, hybride Gemische,
-, -, Beschichtungspulver- Explosionsablauf 279
Grenzkonzentration 816 Rückstoßkraft,
-, -, -, Einfluß Anzahl Explosionsdruckentlastung 461
Sprühpistolen 817 f Sackzerreißmaschine 801 f
-, -, -, Einfluß -, Anwendung Löschmittelsperre 804f
Gemischbegrenzung 810 f -, Beschreibung 801
-, -, Beschreibung 813 -, Flammenausbreitung 805
-, -, -, Explosionskenngrößen,
reduzierte 815
-, -, -, -, Einfluß Sättigung 29-31
Staubkonzentration 815 Sättigungskonzentration 29 - 31
PVC, Explosionskenngrößen 191, 195 Sauerstoffatmosphäre 37, 121
Sachverzeichnis 889

Sauerstoffempfindlichkeit 121, 125 -, Abhängigkeit von der


Sauerstoff-Grenzkonzentration s. Bestimmungsmethode 106
Inertisierung -, Abhängigkeit vom Volumen 106, 109
Schichtgut 655 -, Einfluß Feuchtigkeit 106
Schlagempfindlichkeit s. Explosivität -, Einfluß Thilchengröße 106
Schlagfunken 369 f -, Prüfungsart, Bestimmung 106ff
Schlauchfilter s. Staubabscheider -, -, EG-Prüfrichtlinie A 16 108
Schleiffunken 358 f -, -, nach Grever 106
Schleiflackstaub, -, -, Warmlagerprüfung im
Explosionskenngrößen 195 Drahtkorb 109
schmelzen 104, 118, 130 -, -, -, Grenztemperatur 110
Schmelzen 38 -, -, Warmlagerprüfung im offenen
Schnellschlußklappe 733 Dewar-Gefäß 110, 125
Schnellschlußschieber 724 Selbsterhitzung 105 f
-, Entlastungselement für 729 Selbsterwärmung 105, 109, 114, 121,
Schnellschlußventil 716 f 123, 124
-, explosionsdruckbetätigt 716 f selbstreaktive Stoffe 129, 136, 141
-, fremdbetätigt 722 sicherheitstechnische Kenngrößen 10f,
Schüttdichte 111 95f
Schüttkegelentladung 413 -, brennbarer Staub 95 f
Schwebstoff-Filter s. Staubabscheidefilter -, -, abgelagert 95 - 146
Schwefelkohlenstoff, -, -, aufgewirbelt 146-236
Explosionskenngrößen, -, Brenngase 10-94
Mindestzündenergie 52, 84 -, Dämpfe 27 -41, 135
Schwefelwasserstoff, -, Flüssigkeiten 27-41, 95, 99, 134
Explosionskenngrößen, -, Granulate 95
Mindestzündenergie 52, 84 -, Pasten 95
Schwelgase 38, 135 -, sublimierbare feste Stoffe 39
-, Druckaufbau 135 Sieden 118, 119
-, Entstehung 135 Silo 537f
- s. auch exotherme Zersetzung -, Anwendung Löschmittelsperre 700
- s. auch Zersetzungsgase -, Explosionsablauf 537 f
-, Explosionsgefahr 135 -, Explosionsdruckentlastung 537 f
Schwelpunkt 135 spezifische Wärme 127 ff
selbstbeschleunigende Zersetzung s. Sprengstoffgesetzgebung 136, 140
exotherme Zersetzung Stahl funken 366
Selbstentzündung 105 -113 Stahlhülsentest s. Explosivität, s. thermo
-,Induktionszeit 109 Sensibilität
-, -, Abhängigkeit von der Stahlrohr-Test s. Explosivität, s.
Lagertemperatur 105, 109, 110 Detonationsempfindlichkeit
-, -, Abhängigkeit vom Volumen 105f, Standardabweichung 182
109, 110 statische Elektrizität 407
-, Lagertemperatur 105 Staub, abgelagerter 95 -146
-,Oxidationsreaktion 105, 106 Staubablagerungen 153
-, Prüfung auf -, zulässige 153
Selbstentzündungsverhalten s. -, kubische Räume 153
Selbstentzündungstemperatur -, nicht-kubische Räume 153
s. auch Glimmtemperatur Staubabscheidefilter 780 ff
s. auch Pyrophorität -, Schlauchfilter 791 f
-, Umgebungstemperatur 105, 106, -, -, explosionsdruckentlastet 791 f
110 -, -, -, Explosionsdruck, reduzierter
-, Wärmeabfuhr 106 maximaler 792
-, Wärmebilanz 106 -, -, -, -, Einfluß Anzahl
-, Wärmemenge 106 Filterschläuche 759
-, Wärmeproduktion 106 -, -, -, -, Einfluß Brennstoffart 792
Selbstentzündungstemperatur 105 f, 110 -, -, -, Flammenausbreitung 794
890 Sachverzeichnis

-, -, -, -, bei zus. time to maximum rate 128


Staubablagerung 794 TMR 128
-, -, -, Flammenstrahlzündung 795 Toluol, Explosionskenngrößen 52
-, -, -, -, Explosionsdruck, reduzierter Toner, Explosionskenngrößen 195
maximaler 796 Transport 27
-, -, explosionsunterdrückt 786 Transport gefährdeter Güter 136
-, -, -, brennbare Stäube 792 Transportklassierung 27, 28
-, -, -, Propan 792 -, nach Flammpunkten 27, 28
-, Schwebstoff-Filter 781 f -, -, Gefahrenklassen 28
-, -, explosionsdruckentlastet 781 f Trocknen 98, 126, 134
-, -, -, Explosionskenngrößen, reduzierte
maximale 782
-, -, explosionsunterdrückt 786 Umgebungstemperatur 99, 105, 106, 110,
-, -, geschlossen 785 113
-, Thschenfilter 768 f universelle Gaskonstante 128
-, -, explosionsdruckentlastet 787 f UN-Richtlinien 28, 136, 140, 144, 146
-, -, -, Explosionsdruck, reduzierter Unterdrucksicherung 460
maximaler 789 Unterdrückung s. Ethylenoxid-Zerfall
-, -, -, -, Einfluß Brennstoffart 789 Verbrennung 10f
-, -, -, -, Einfluß Zündort 789 -, Verbrennungsdauer, minimale,
-, -, -, Flammenausbreitung 790 brennbare Stäube 222
-, -, -, Einfluß Brennstoffart 790 -, -, Definition 222
Staubexplosionen 146 f -, Verbrennungsgase 97
-, Definition 148f -, Verbrennungsgeschwindigkeit,
-, geschichtliches 146 f Brenngase 252
-, Häufigkeit 156f -, -, maximale 252
-, -, Anlagengruppen 161
-, -, Staubgruppen 160
-, -, Zündquellenarten 161 Verpackung 27, 28
Staubexplosionsklassen 177 Verpuffung 43
Staubsauger, herkömmliche 851 f Verunreinigungen 37, 38
-, Gemischentzündung unter Volumenabhängigkeit 122, 109
Betriebsbedingungen 851 f vorbeugender Explosionsschutz 298 - 418
-, -, Explosionskenngrößen, -, Inertisierung 302-348
maximale 853 -, -, brennbare Stäube 323-341
-, -, -, Einfluß Zündquellenart 853 -, -, Brenngase 303 - 323
-, homogene Gemischverteilung 854 -, -, hybride Gemische 342-348
Staubtemperatur 96, 98 -, Vermeiden explosionsfähiger
Stickstoff-Grenzkonzentration s. Gemische 297 f
Ethylenoxid-Zersetzung -, -, brennbare Stäube 299
Sublimation 39 -, -, Brenngase 297
-, -, hybride Gemische 302
-, Vermeiden wirksamer
Thschenfilter s. Staub abscheide filter Zündquellen 349
Thilchengröße 104, 106, 111 -, -, Glimmnester 394-402
Teleskopkugeldüse 609 -, -, heiße Oberflächen 379 f
thermische Explosion 114, 121 -, -, mechanische Funken 349-379
thermische Sensibilität s. Explosivität -, -, -, Äquivalentenergie,
thermische Zersetzung elektrische 355
-, antikatalytische s. exotherme -, -, -, Grenzkurven für das Entstehen
Zersetzung von 374
-, endotherme 114, 135 -, -, -, Schlagfunken 369 f
-, exotherme s. exotherme Zersetzung -, -, -, Schleiffunken 358 f
-, zeitverzögerte s. exotherme Zersetzung -, -, -, Stahlfunken 362
Tinopal, Explosionskenngrößen, -, -, -, Zündstein-Reibfunken 354f
Mindestzündenergie 220 -, -, statische Elektrizität 407 -415
Sachverzeichnis 891

-, -, -, Büschelentladungen 410 -, -, -, Aceton, versprüht 841


-, -, -, Funkenentladungen 409 -, -, -, -, Explosionskenngrößen 841
-, -, -, Gewitterblitz 414 -, -,-, brennbare Stäube 841
-, -, -, Gleitstielbüschelentladung 412 -, , -, -, Explosionskenngrößen,
-, -, -, Schüttkegelentladungen 413 maximale 842
-, -, -, Propan 843
Wittscher Topf 101, 132
Wachs, Explosionskenngrößen,
Mindestzündenergie 220
Wärmeabfuhr s. exotherme Zersetzung Zeit bis zur maximalen Wärmeproduktion
s. Selbstentzündung s. TMR
Wärmeabfuhrkapazität s. exotherme Zeitkenrtgrößen, brennbare Stäube 222
Zersetzung zeitverzögerte Zersetzung s. exotherme
Wärmeakkumulation s. exotherme Zersetzung
Zersetzung Zellenradschleuse 733-740
Wärmebilanz 101, 121 Zersetzung 70f
Wärmekapazität (s. auch -, Acetylen 70
Deflagration) 127, 128 -, Chlorwasserstoff 77
Wärmeleistung 121, 126 -, Ethylenoxid-Dampf 72
Wärmeleitfähigkeit 123 -, Propargylchlorid 77
Wärmeleitung 123 Zersetzungstemperatur s. exotherme
Wärmemenge 106 Zersetzung
Wärmeproduktion s. exotherme Zichorie, Explosionskenngrößen 195
Zersetzung Zigarettenglut 96
s. Selbstentzündung Zündbereich Flüssigkeiten 29
Wärmeproduktionsrate s. exotherme Zündenergie s. Mindestzündenergie
Zersetzung Zünddurchschlag s. Entkopplung
Wärmestau s. exotherme Zersetzung Zündquellen 761
Warmlagerprüfung s. Selbstentzündung, s. - s. auch Entzündbarkeit, s. betriebliche
Selbstentzündungstemperatur Zündquellen 761
wäßrige Lösungen 36 - s. auch Entzündbarkeit, s. triviale
Werkstoffeinfluß 117 Zündquellen 761
Wirbelschicht-Apparaturen 821-845 Zündtemperatur 87, 230
-, Arbeitsweise 821 f -, brennbare Stäube 230-236
-, Explosionen unter -, -, Bestimmungsapparatur 231 f
Betriebsbedingungen 831 f -, -, -, BAM-Apparatur 232
-, -, explosionsdruckentlastet 831 f -, -, -, Godbert-
-, -, Explosionskenngrößen, Greenwald-Apparatur 231
reduzierte 834 - 839 -, Brenngase 87 - 94
-, -, -, Einfluß Luftvolumenstrom 834 -, -, Bestimmungsapparatur 91
-, -, -, Einfluß Staubart 837 -, -, -, Einfluß Bewegungszustand der
-, -, -, maximale 837 Gemische 90
-, -, -, -, Abluft 837 -, -, -, Einfluß Formgebung der
-, -, -, -, Apparatur 837 Oberfläche 87
-, -, -, -, Einfluß KscWert 837 -, -, -, Einfluß Konzentration 91
-, -, -, -, Propan 839 -, -, -, Einfluß Volumen 88
-, -, explosionsunterdfÜckt 840 -, -, -, -, Abschätzung für
-, -, -, brennbare Stäube 840 Großbehälter 92
-, -, -, Propan 841 -, -, -, -, Einfluß Werkstoff 88
-, -, geschlossen 840 - 845 -, -, Definition 87
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