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Seminararbeit:

Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Fakultät für Übersetzungswissenschaft
Institut für Übersetzen und Dolmetschen
Name: Olchik Omer
Email: omer.olchik@stud.uni-heidelberg.de
Proseminar: Sprach- und Übersetzungswissenschaft I (B-Sprache) (PS)
Modul: Einführung in die Sprach- und Übersetzungswissenschaft
senschaft
Dozentin: Dr. Anja Holderbaum
Semester: Wintersemester 2022/23
Datum: 01.06.2023

Die kommunikative Funktion von Texten als


Grundlage einer übersetzungsbezogenen
Textsortentypologie und als leitendes Kriterium
bei der Übersetzung

Inhaltsverzeichnis:..................................................................................................................1
Die kommunikative Funktion von Texten als Grundlage einer übersetzungsbezogenen
Textsortentypologie und als leitendes Kriterium bei der Übersetzung

1. Einleitung………………………………………………………………………2
2. Skopostheorie…………………………………………………………………. 4
2.1 Handlung.......................................................................................................4
2.2 Zweck............................................................................................................5
2.3 Übersetzung als besondere Handlungsart......................................................5
2.4 Zweck und seine entscheidende Rolle in der Übersetzung...........................6
2.5 Kohärenz.......................................................................................................6
2.6. Die Bedingungen für gelungene Übersetzung, anhand der Regeln der
Theoretischen Regeln..........................................................................................8
3. Äquivalenz vs. Adäquatheit………………………………………………….. 10
3.1 Normen und kulturspezifische Übersetzung...............................................10
3.2 Äquivalenz...................................................................................................11
3.3 Adäquatheit:................................................................................................12
3.4 Adäquatheit VS Äquivalenz........................................................................13
4. Texttypen……………………………………………………………………… 14
4.1Grundidee der Theorie..................................................................................14
4.2 Darstellung der Texttypen...........................................................................16
4.3Die Sprachfunktionen der Texttypen:..........................................................17
4.4 Die praktische Anwendung der Texttypen-Theorie:...................................19
4.5 Der Zusammenhang mit der Skopostheorie................................................21
5. Schluss………………………………………………………………………….23
5.1 Zusammenfassung.......................................................................................23
5.2 Kritik...........................................................................................................23
6. Quellen………………………………………………………………………… 24
6.1Quellensverzeichnis......................................................................................24
6.2 Internetquellen.............................................................................................25
6.3 Abbildungsverzeichnis…………………………………………………….26

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Die kommunikative Funktion von Texten als Grundlage einer übersetzungsbezogenen
Textsortentypologie und als leitendes Kriterium bei der Übersetzung

Einleitung .1

In den späten 1970er Jahren fand ein Wandel in der Linguistik statt, der auch
Auswirkungen auf die Übersetzungswissenschaft hatte. In der Zeit vor der Skopostheorie
gab es keine klare Vorstellung vom Ziel einer Übersetzung, und es herrschte die Meinung
vor, dass ein Text nicht verändert werden darf. Die Definition des Zwecks der Übersetzung
war nicht konkret, so gab es zumindest bei den klassischen Formen eine Neigung zur
wörtlichen Übersetzung, die Vermeer und Reiß so definierten: „Die wörtliche Übersetzung
unterscheidet sich dadurch, dass die Regeln der Zielsprachensyntax beachtet werden“
(Vermeer & Reiß 1984: 134). Allerdings sind diese Regeln der Syntax nicht in jeder
Sprache ähnlich. Aristoteles besagt, „wie nicht alle Menschen mit denselben Buchstaben
schreiben, so sprechen sie auch nicht alle dieselbe Sprache“ (Aristoteles 2002: 3) und
bezieht sich dabei auf die Sprache als Fähigkeit, die zwar von allen, jedoch nicht auf
dieselbe Weise verwendet wird.

So führte beispielweise der Status der Bibel als heiliger Text dazu, dass sie möglichst
wörtlich übersetzt wurde, wie beispielsweise von Martin Luther: „Wohlauf, lasst uns Ziegel
streichen und brennen! Die Menschen nehmen Ziegel als Steine und Erdharz als Mörtel“
(Lutherbibel 1912: Moses11). Diese Art der Übersetzung mag zwar deutlich in ihrer
Bedeutung sein, aber es ist auch von der Formulierung erkennbar, dass der ursprüngliche
Text nicht aus dem Deutschen stammt. In späteren Versionen wurde dieser Satz jedoch
anders formuliert: „Ans Werk! Wir machen Ziegel aus Lehm und brennen sie!“ Sie wollten
Ziegel als Bausteine verwenden und Asphalt als Mörtel (Gute Nachricht Bibel 2018:
Genesis 11). Dies repräsentiert die Tendenz, die wörtliche Übersetzung abzulehnen. Durch
diese Neufassung wird versucht, den Text in einer Formulierung wiederzugeben, die dem
heutigen Sprachgebrauch und Verständnis näherkommt. Obwohl diese Übersetzung
praktisch betrachtet weniger dem Original entspricht, erscheint sie verständlicher für den
Leser, da sie sich von der wörtlichen Übersetzung entfernt und eine verständlichere
Sprache verwendet. Es existiert jedoch auch eine andere Vorstellung, die vor allem aus der
Ansicht heraus entstand, dass Sprache und kulturelle Regeln untrennbar miteinander
verbunden sind. „Übersetzung ist Imitation des Informationsangebots aus einem
Ausgangstext mit den Mitteln der Zielsprache“ (Vermeer & Reiß 1984: 135) Das heißt dass
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Textsortentypologie und als leitendes Kriterium bei der Übersetzung

„frei übersetzt“ werden darf, solange die angemessenste Lösung für die entsprechende
Zielkultur angeboten wird.

Diese beiden Vorstellungen beziehen sich jedoch nicht auf den Zweck der Übersetzung,
sondern darauf, ob eine wörtliche oder eine freie Übersetzung bevorzugt wird. Somit steht
die Methode der Tätigkeit im Fokus, und nicht deren Sinn.

Reiß und Vermeer kamen mit ihrer Theorie zu der Erkenntnis, dass beide Vorgehensweisen
möglich sind und als Instrumente in einem dynamischen Arbeitsumfeld betrachtet werden
sollten, sofern der Zweck die höchste Priorität besitzt. Dieser Umbruch in der
Übersetzungstheorie- der pragmatische Wandel- zeichnet sich durch den Wechsel von
primär linguistisch ausgerichteten Theorien zu einem funktionalistischen,
handlungstheoretisch begründeten Ansatz aus. Nord beschreibt diesen Wandel wie folgt:

„Gemäß der Skopostheorie (einer Theorie, die den Begriff des Skopos auf
die Übersetzung anwendet) ist das Hauptprinzip, das jeden
Übersetzungsprozess bestimmt, der Zweck (Skopos) der gesamten
Übersetzungsaktionen.“ (Nord 1997: 27)

So wurde durch diese Theorie eine neue Wertevorstellung in der Übersetzungswissenschaft


etabliert.

Dieser Wandel fand vor allem durch die Veröffentlichung des Buches „Grundlegung einer
allgemeinen Translationstheorie“ statt, welche die Basis für die Skopostheorie und
entsprechende Übersetzungen darstellt. Bereits 1978 veröffentlichte Hans J. Vermeer einen
Aufsatz mit dem Titel „Ein Rahmen für eine allgemeine Translationstheorie“, in der
Fachzeitschrift „Lebendige Sprachen", der als Grundlage der funktionsorientierten
Übersetzungstheorie betrachtet werden kann. 1984 wurde dieser Ansatz in Zusammenarbeit
mit Katharina Reiß in der Schrift „Grundlegung einer allgemeinen Translationstheorie"
vertieft und es wurde ein allgemeingültiger Ansatz zur Übersetzungsstrategie erarbeitet.
Dabei wurden sowohl das Übersetzen, als auch das Dolmetschen unter der von Otto Kade
geprägten Bezeichnung, ‚Translation‘ zusammengefasst. (vgl. Vermeer & Reiß, 1984: 6).

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Textsortentypologie und als leitendes Kriterium bei der Übersetzung

Mit der Veröffentlichung „Texttyp und Übersetzungsmethode" wurden die praktischen und
funktionalistischen Aspekte der Theorie nochmals maßgeblich erweitert, und ermöglichten
dem Übersetzer die kommunikative Funktion gemäß der Art des Textes zu identifizieren.
Als Überbegriff für Übersetzen und Dolmetschen wird der Terminus, ‚Translation‘
übernommen.

2.Skopostheorie

2.1 Handlung
Im Hinblick auf die Übersetzung und deren Zweck ist es notwendig zunächst zu klären,
was diese ausmacht, und in welchem Zusammenhang sie mit dem Begriff, ‚Zweck‘ steht.
Zudem wird in der Skopostheorie davon ausgegangen, dass die Übersetzung eine Handlung
ist. Diese Annahme ist die Basis für das Primat des Textes in „Grundlagen einer
allgemeinen Translationstheorie“. Darin wird ‚Handlung‘, der wesentlichste Begriff einer
Psychologie der Tätigkeit, laut der Lexik der Psychologie folgendermaßen definiert:

„zeitlich in sich geschlossene, auf ein Ziel gerichtete sowie inhaltlich und zeitlich
gegliederte Einheit der Tätigkeit. Sie stellt die kleinste psychologisch relevante Einheit
willentlich gesteuerter Tätigkeiten von Individuen, Gruppen und Organisationen dar.
Handlungen unterscheiden sich von Tätigkeiten durch das bewusste Ziel, das mit der
Absicht der Realisierung (Intention) und der Vorwegnahme des Ergebnisses (Antizipation)
verbunden ist. Jede Handlung ist stets ein psychischer Vorgang, da sie bewusst und
zielgerichtet ist und Aufgaben erfüllt.“ (Online- Lexik der Psychologie, aufgerufen am
31.05.23)

Zusätzlich erachten es Vermeer und Reiß als wesentlich, dass durch die „Erreichung eines
Zieles“ (Vermeer & Reiß 1984: 98) die Änderung eines Zustands bezweckt wird. Es wurde
ausgeführt, dass das angestrebte Ziel, nämlich die Veränderung der Realität, höher
geschätzt wird als der gegebene Zustand. Aus diesem Grund lässt sich zusammenfassen,
dass die Handlung eine Erweiterung über einen zukünftigen Zustand im Vergleich zur
Einschätzung eines bestehenden Zustands ist, nämlich eine Handlungsaktivität, die auf
zwei Sachen basiert ist. Die eine Sache ist die Einschätzung der Realität und die andere ist
die Absicht, wie man sich in der Zukunft zu verhalten plant. Des Weiteren findet die Wahl

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Textsortentypologie und als leitendes Kriterium bei der Übersetzung

eines Handlungszweckes immer innerhalb eines situationsbedingten, kulturspezifischen


Raumes statt (vgl. Vermeer & Reiß 1984: 95).

2.2 Zweck

Nach dem Begriff ‚Handlung‘ soll nun die Bezeichnung ,Zweck‘ im Zusammenhang mit
dem Übersetzen erläutert werden. Vermeer und Reiß beschreiben den Zweck als „die
dominante Kraft jeder Handlung“ und führen aus, dass jede Rede - sei es eine Handlung,
ein Text oder ein Gespräch - zielgerichtet ist und als Instrument zur Verfolgung von
Absichten dient (vgl. Vermeer & Reiß 1984: 96). Der Zweck bestimmt demnach die
Ausrichtung jeder Handlung, und es gilt, dass jede Handlung von ihm determiniert ist. Eine
Handlung ohne Zweck existiert demnach nicht oder gilt zumindest nicht als solche.
Binswanger betont in diesem Zusammenhang, dass Handlungen durch unsere Intentionen
bestimmt werden und sich die Menschen in ihrem Tun auf die Welt beziehen. Dabei
definiert er die Handlung, die durch Zweck bestimmt wird als „in der Welt sein, etwas tun,
eine Sache bewerkstelligen" (Binswanger 1963: 14).

Zusammenfassend ist eine Handlung die Verwirklichung von Absichten, wobei ihr zugleich
ein Zweck zugrunde liegt. Die Verbindung zwischen beiden Begriffen ist ein wesentlicher
Bestandteil jeder Handlung.

2.3 Übersetzung als besondere Handlungsart


Nach der Klärung der Begriffe ,Handlung‘ und ,Zweck‘, wird nun verdeutlicht, dass es
einen Unterschied zwischen regulären Handlungen und Übersetzungen gibt, obwohl
Letztere eine Sonderform der ersteren darstellen.

In der Skopostheorie wird dieser Unterschied folgendermaßen beschrieben: In einer


alltäglichen Situation wird eine Handlung von bestimmten Personen auf bestimmte Weise
eingeschätzt. Menschen agieren von Beginn an so, dass ihr Handeln mit ihrer Einschätzung
der Gegebenheiten und dem damit verbundenen Zweck begründet werden kann. Im
Gegensatz dazu muss in der Sonderform der Übersetzung die Handlung in Form des Textes
nicht vom Übersetzer begründet werden. Diese Verantwortung obliegt weiterhin dem
Autor. Da die Verantwortung, sich entsprechend der Realität zu begründen, nicht Teil der

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Die kommunikative Funktion von Texten als Grundlage einer übersetzungsbezogenen
Textsortentypologie und als leitendes Kriterium bei der Übersetzung

Rolle der Übersetzung ist, bekommt die Übersetzungsarbeit einen anderen Zweck und trägt
eine andere Verantwortung. Somit ist nicht zu erfragen „ob und wie gehandelt wird“, wie
bei einer regulären Handlung und wie diese begründet wird, sondern was und wie etwas
weitervermittelt wird bzw. übersetzt oder gedolmetscht wird. Unter diesem Gesichtspunkt
wird eine Translations- zu einer komplexen Handlungstheorie (vgl. Reiß & Vermeer 1984:
97).

2.4 Zweck und seine entscheidende Rolle in der Übersetzung

Mit dem Verständnis, dass der Zweck das „dominante Element aller Übersetzungen“ ist,
wäre es korrekt, den Begriff zu erweitern: „Jede Äußerung ist ein Ausdruck des jeweiligen
Bewusstseinszustands und der Absichten des Sprechers“ (Stern 1974: 76). Ähnlich der
vorangegangenen Begriffsdefinition ist auch hier zu beachten, dass jede Rede grundsätzlich
zielgerichtet sein muss und deshalb ein Instrument zur Verfolgung von Absichten ist. Die
vordergründige Aufgabe im Übersetzungsprozess besteht darin, diese Intentionen im Text
zu finden und sie entsprechend dem Zielpublikum zu übertragen. In der Skopostheorie
dient das aus dem griechischen stammende Wort ,Skopo‘ als Zweck oder als "Funktion".
Der Begriff wurde auch als ,Ziel‘ in Bezug auf das Schaffen gegenseitigen Verstehens
(Hönig & Kußmaul 1982: 15), ‚praktischer Sinn‘ und ,technischer Sinn‘ (Betti 1967: 335)
sowie als ,Fokus‘ (Schenkein 1972: 354) übersetzt. Im Hinblick auf die Übersetzung hängt
der Zweck von der Zielkultur ab. das heißt aber, dass eine Handlung, die einem bestimmten
Zweck dient, in anderen Kulturen unterschiedlich konnotiert sein kann. In einem solchen
Fall sollte die gesamte Handlung anders übertragen werden, da die oberste Priorität jeder
Übersetzung ihre Zweckmäßigkeit ist. Die Verbindung zwischen ,Skopos‘ und ,Handlung‘
besteht darin, dass Ersteres auf der Handlungstheorie basiert. Diese besagt, dass jede
Handlung – auch die der Übersetzung – einen Zweck hat. Daher stammt der aus dem
Griechischen entlehnte Begriff ,Skopos‘, der ,Zweck‘, ,Ziel‘ oder ,Zielsetzung‘ bedeutet
((Hag, 2020b: 25).

2.5 Kohärenz

Die Skopostheorie bezieht sich auf die Kulturregeln als Spiel. Dabei muss jeder mitspielen,
der Teil der jeweiligen Gesellschaft sein will. Dies kann verschiedene Formen haben, die

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Textsortentypologie und als leitendes Kriterium bei der Übersetzung

jeder für sich selbst wählen darf. Allerdings können sich auch innerhalb dieses Spiels die
Regeln verändern. Ein Beispiel für solche Varianten ist die Art, wie sich Menschen
einerseits im familiären Umfeld verhalten und wie sie andererseits am Arbeitsplatz
auftreten. Die Regeln müssen während des Spiels beachtet werden. Sie verändern sich also
abhängig vom Standort auf dem Spielfeld. Werden diese Vorgaben befolgt und wird eine
durch sie vermittelte Absicht, erfolgreich von den anderen akzeptiert, entspricht dies einer
Kohärenz. Der Grad, in dem eine Nachricht als ,verstanden‘ gilt, ist mit den jeweiligen
Regeln einer Kultur verknüpft. Gemeinsam mit diesen Vorgaben (Situation) und der
Sprache (linguistische Regeln) ergibt sich gegebenenfalls Kohärenz. Diese wird also auf
zwei Ebenen benötigt: Zum einen in Bezug auf die Situation und abhängig von Kultur und
Situation, zum anderen in sich selbst strukturiert, sprachlich abgestimmt und verständlich
aufgebaut. Zum Messen der Kohärenz ist das Kriterium des Verstehens entscheidend, das
von der Rückkopplung des Empfängers abhängt. Diese verweist in Form von
Verständigung zugleich auf einen hohen Grad an Kohärenz, sie ist also stärker als das
Verstehen. Dafür bedarf es der Bestätigung durch den Produzenten an den Rezipienten im
Hinblick auf die Korrektheit des Verständnisses. Für die Translation ist so weit wie
möglich Verständigung zu suchen. Hirsch behauptet dazu das folgendes:

„die Kohärenz beinhaltet einen hermeneutischen Zirkel. „Textteile, z.B. Wörter und Sätze,
werden aufgrund eines angesetzten Sinnes des Gesamttextes interpretiert. Der Gesamttext
ist aber erst wieder aus den Teilen konstruierbar, und die Kohärenz ist in dem Fall die
„wahrscheinlichste“ Kohärenz. Da die Realität, um die es sich handelt, teilweise
unbekannt ist, folgt, dass ein Wahrscheinlichkeitsurteil in Bezug auf bekanntes
Beweismaterial völlig richtig sein kann, als Feststellung über die unbekannte Realität
jedoch völlig falsch sein kann“ (Hirsch:1967: 222)

Hier ist die Arbeit des Übersetzers entscheidend. Er muss die Veränderung akzeptieren, die
in der Übertragung von einer Realität zur anderen stattfindet, und die Kohärenz abermals
sicherstellen. Allerdings wird in der Skopostheorie von diesem Vorgehen ein Fall
unterschieden, in dem Inkohärenz akzeptiert wird. Erscheint diese schon im ursprünglichen
und beinhaltet gegebenenfalls eine literarische Botschaft, dann sollte sie möglichst auch
übersetzt werden. Dabei empfiehlt sich jedoch Das hinzufügen einer Anmerkung, um zu

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Textsortentypologie und als leitendes Kriterium bei der Übersetzung

verdeutlichen, dass es sich um eine Bedeutungsnuance des ursprünglichen Textbestands


handelt.

2.6. Die Bedingungen für gelungene Übersetzung, anhand der Regeln der
Theoretischen Regeln

Die Regeln für skoposbedingte Übersetzungen lassen sich zu sechs Prinzipien


zusammenzufassen. Wer einen Text übersetzt, muss sich folgende Fragen stellen:, Ist es
eine gute Übersetzung?‘ ,für wen ist sie gut?‘. Bestenfalls kann er antworten: „ja, weil die
Übersetzung vor allem das. Im Bestenfalls kann er antworten: "Ja, weil die Übersetzung
vor allem das Ziel, die Absicht und die Funktion des Textes widerspiegelt" (Hirsch, 1967:
43). Dies entspricht der ersten und bedeutsamsten Regel der Theorie: „Übersetzung ist eine
Funktion ihres Skopos". Wenn sie den Zweck des Textes widerspiegeln soll, muss der
Übersetzer verstehen, wer das Publikum ist und welche Eigenschaften es hat, damit er
befähigt ist, die richtige Absicht treffend zu vermitteln. Dies ist die Bedeutung der Regel:
„Übersetzung ist ein Informationsangebot in einer Zielkultur und deren Sprache über ein
Informationsangebot aus einer Ausgangskultur und deren Sprache". In einer
kulturspezifischeren Fassung gilt die Behauptung: „Übersetzung ist imitierender Transfer
eines Ausgangsangebots". Dabei wird von einem Ausgangsangebot und einer Übersetzung
gesprochen, da beide immer nur in einer Version aus einer unüberschaubar großen Menge
an Möglichkeiten realisiert werden können. Dies wird durch die folgende Regel erklärt:
„Das Informationsangebot einer Übersetzung wird als abbildender Transfer eines
Ausgangsangebots dargestellt. Die Abbildung ist nicht eindeutig umkehrbar". Eine
Übersetzung muss demnach als Ganzes verständlich und stimmig sein, um als gelungen zu
gelten. Dies beinhaltet nicht nur die korrekte Übertragung der einzelnen Wörter und Sätze,
sondern auch die Berücksichtigung des Zusammenhangs und der Bedeutung des Textes als
Einheit. Erst wenn er in sich verständlich und kohärent ist, kann er auf seine
Entstehungsbedingungen hin untersucht werden. Dies entspricht der Regel: „Eine
Übersetzung muss in sich kohärent sein". Dazu ist noch folgender Aspekt relevant: Die
Untersuchung der historischen, kulturellen und sozialen Faktoren, die zur Entstehung des
Originaltextes beigetragen haben, ist ein wesentlicher Bestandteil der Übersetzung. In
diesem Sinne ist die letzte Regel der Theorie so zu verstehen: „Eine Übersetzung muss mit

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dem Ausgangstext kohärent sein“. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Theorie fünf
zentrale Bestimmungen folgt, die hierarchisch aufgebaut sind. Die relevanteste besagt, dass
eine Übersetzung skoposbedingt ist. Hierbei ist die innere Kohärenz bedeutsamer als der
Grad derjenigen zwischen Ausgangs- und Zieltext. Dies der sechsten Regel: „Die
angeführten Regeln sind untereinander in der angegebenen Reihenfolge hierarchisch
geordnet“. Diese Regeln sind alle im Werk von Vermeer und Reiß zu finden (vgl. Vermeer
& Reiß 1984: 119)

Abbildung 1: Zusammenfassung der allgemeinen Translationstheorie

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3. Äquivalenz vs. Adäquatheit


3.1 Normen und kulturspezifische Übersetzung
Zum Verständnis der Theorie werden nachfolgend mit diesen zusammenhängenden
Definitionen gegeben. Reiß und Vermeer schreiben über die Begriffe ,Äquivalenz‘
und ,Adäquatheit‘ so:

„Es gibt kaum eine neue Publikation zur Theorie und Praxis der Translation, in der nicht
die Termini 'Äquivalenz' oder 'Adäquatheit' auftauchen, doch kaum ein
Translationswissenschaftler hat Begriffe, die so wenig eindeutig definiert sind und in so
schillernder Vielfalt verwendet werden wie diese beiden Begriffspaare" (Vermeer & Reiß
1984: 124).

Der Grund, warum beides so wesentlich sind, liegt in der Annahme, dass der Prozess der
Skoposübersetzung von Normen und kulturspezifischen Regeln beeinflusst wird. „Normen
sind allgemein anerkannte Verhaltensregeln, die das Verhalten von Individuen oder
Gruppen in bestimmten Situationen regulieren" (Giddens: 2010: 92). Laut Reiß und
Vermeer schreiben Normen vor, was und wie gehandelt wird. Dennoch bleibt ein
Spielraum für die Art der Handlung, denn in jeder Kultur hauptsächlich muss die Reaktion
als sinnvoll erklärt werden können. Kulturspezifische Regeln sind „Verhaltensregeln, die in
einer bestimmten Kultur gelten und die Erwartungen und Normen für das Verhalten der
Mitglieder dieser Kultur definieren" (Miller: 2019: 17). Bezüglich der Bedeutung dieses
Begriffs wird veranschaulicht:

„Translation bedeutet kulturellen und sprachlichen Transfer. Kulturen und Sprachen


bilden jeweils eigene Gefüge, in denen jedes Element seinen Wert durch die Stellung zu
anderen Elementen desselben Gefüges erhält. Bei einem Transfer in ein anderes Gefüge
ändern sich notwendigerweise und trivialerweise die Elementwerte, weil sie in andere
Zusammenhänge kommen. Es kann gar nicht genau alle Implikationsmenge des
Ausgangstextes wiedererscheinen" (Vermeer & Reiß: 1984: 114).

Demnach sind Normen ein wesentlicher Bestandteil jeder Art von Kommunikation. Beim
Übersetzen dienen sie als zu berücksichtigende Spielregeln, die berücksichtigt werden
müssen, damit das Ergebnis erfolgreich und verständlich ist. An diese Direktiven knüpfen
kulturelle Regeln an, die ebenfalls Normen beinhalten, aber auch unterschiedliche
Weltanschauungen, Traditionen und sprachliche Begriffe widerspiegeln können. Diese
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Komponenten können in einer Kultur eindeutig definiert, in einer anderen hingegen


bedeutungslos oder zumindest nicht äquivalent sein. Dies erfordert nicht nur eine
sprachliche Übersetzung, sondern entweder eine Erklärung der betreffenden Kultur oder
eine näherungsweise Übertragung. Die Entscheidung darüber, wie viel Zweckmäßigkeit die
jeweilige Option bietet, muss je nach Grad der Unterschiede getroffen werden. Wird jedoch
das heute übliche Verfahren analysiert, ergibt sich in Übereinstimmung mit Reiß und
Vermeer folgendes: „in vielen Fällen wird die intertextuelle sprachliche Kohärenz erhalten
und damit über die intratextuelle kulturelle Kohärenz gesetzt. In vielen Fällen nehmen wir
also einen kulturellen Transfer eher hin als einen sprachlichen“. (Vermeer &Reiß: 1984:
116) Die Möglichkeit, einen Zweck durch die Übertragung von Normen und Kultur oder
nur durch sprachliche Mittel zu erfassen, wird im Anschluss anhand von ,Äquivalenz‘
und ,Adäquatheit‘ untersucht.

3.2 Äquivalenz

In der theoretischen Diskussion zur Äquivalenz gibt es differierende Ansätze bezüglich


ihrer Definitionen. Güttinger beschreibt sie als „leistungsgemäß übersetzen“(vgl.
Güttinger :1963: 15). Damit betont er, dass das Ziel jeder Übersetzung darin besteht, dass
der Zieltext in der Kommunikation mit dessen Rezipienten dieselbe Leistung erbringen
muss wie der Ausgangstext in der Kommunikation mit dem entsprechenden Empfänger.
Der Zieltext muss also dieselbe Information vermitteln und dieselbe Wirkung haben (vgl.
Vermeer & Reiß, 1984: 125). Im Hinblick auf norm- und kulturspezifische Übersetzungen
bezieht sich Güttinger vor allem auf die kommunikative Funktion des Textes, die beim
Übertragen auf andere Normen und kulturspezifische Regeln beibehalten werden muss. Ein
bekanntes Beispiel ist eine Schilderaufschrift bei Eisenbahngeleisen: „Überschreiten der
Gleise verboten“ und auf Englisch „it is forbidden to cross the lines“ (Vermeer & Reiß,
1984: 125). Die vermittelte Information bleibt gleich, aber wird nicht dieselbe Leistung
erbracht, denn auf englischsprachige Personen wirkt die Schilderaufschrift befremdlich.
Hier zeigt es sich, dass die Kulturregeln sich unterscheiden, denn wobei im Englischen nur
das Verb zu schreiben grob und unhöflich wirkt, auf Deutsch klingt das angemessen, und
umgekehrt. Äquivalente Übersetzung wäre im Fall „don’t cross the lines“, die zu persönlich
für den Deutschen sein mag, aber der Zielkultur besser entspricht.

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Allerdings beschreibt Jakobson Äquivalenz als etwas Generelleres, nämlich den Grad der
Ähnlichkeit zwischen Ausgang- und Zieltext. Er führt aus, dass das Ziel darin besteht, trotz
der durch Strukturen der Zielsprache bedingten Unterschiede insgesamt Äquivalenz zu
gewährleisten (vgl. Jakobson 1959: 233). In Verbindung mit Kollers Begriff, der
von ,Wirkungsgleichheit‘ spricht (Koller 1974: 114), ergibt sich ein allgemeineres Bild des
Begriffs, das nicht nur die Kommunikation umfasst, sondern in dem auch die Wirkung auf
den Leser betont und die Gleichgültigkeit zwischen zwei Texten – oder Sätzen bzw.,
Wörtern – hervorgehoben wird. Beide Begriffe beinhalten, dass Äquivalenz eine
spezifische Relation zwischen einem Ausgangs- und einem Zieltext darstellt, aber sie sind
entweder zu wenig differenziert oder betreffen nur Teilaspekte einer Textäquivalenz.

Eine praktische Bezeichnung für die Übersetzungsäquivalenz ist Luhmanns, funktionale


Äquivalenz‘, die er definiert als: „A und B sind funktional äquivalent, sofern beide geeignet
sind, das Problem X zu lösen“ (Luhmann, 1970: 17)

Diese Begriffsbestimmung ist für eine Translationstheorie deshalb hilfreich, weil es sich
hier um eine potenzielle Äquivalenz handelt.

3.3 Adäquatheit:
Im Sinne der Adäquatheit (Angemessenheit) definiert Schreiber die Übersetzung nach den
textexternen Faktoren, Zeitpunkt‘, ,Zweck‘ und ,Zielgruppe‘: „Eine adäquate Übersetzung
wäre demnach im Idealfall zeit-,zweck-,und zielgruppengerecht" (Schreiber:1993:66). In
der Übersetzungswissenschaft bezieht sich Adäquatheit auf die Notwendigkeit einer
angemessenen und genauen Übersetzung eines Textes. Da oft nur ein Teil des
Informationsangebots einer Ausgangssprache wiedergegeben werden kann, ist es
wesentlich zu berücksichtigen, dass gegebenenfalls Informationen aus dem Originaltext
weggelassen oder hinzugefügt werden müssen, um eine adäquate Übersetzung zu erstellen.
Dies betrifft zum Beispiel veraltete Texte, in denen die originale Information nicht mehr in
allen ihren Dimensionen erschlossen werden kann.(vgl. Vermeer &Reiß: 1984: 96) Dabei
muss auch der Texttyp berücksichtigt werden, der bereits in seiner ursprünglichen Form
inadäquat sein kann. Dies erfordert einen höheren Grad der Adäquatheit in der
Übersetzung, um mit einer präzisen Übertragung der Botschaft erfolgreich zu sein. So ist
beispielsweise bei den ,wörtlichen‘ früheren Bibeltranslationen das Ausmaß der

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Adäquatheit schon zu Beginn niedrig. Auch bei der philologischen Übersetzung kann
Adäquatheit im Hinblick auf den Zweck gegeben sein, obwohl eine völlige Äquivalenz
nicht erreicht wird. Ein Gegenbeispiel wäre die kommunikative Übersetzung mit dem
Bestreben, dass der Zieltext in der Zielkultur unmittelbar verstanden wird und der Leser
nicht merkt, dass es sich um eine Übersetzung handelt. Die Äquivalenz wird als eine
Gleichwertigkeit in allen Dimensionen des Originals und des Zieltextes auf der Textebene
definiert. Die Angemessenheit der Wortwahl für den Aufbau des Zieltextes dient nur in
diesem Fall der Herstellung von Äquivalenz. Das heißt, dass in bestimmten Übersetzungen
wie bei der kommunikativen Variante der Grad der Adäquatheit eine größere Rolle spielt
und als Voraussetzung für den Erfolg dieser Art der Übersetzung stehen sollte.

3.4 Adäquatheit VS Äquivalenz


Adäquatheit bezieht sich auf die Relation zwischen Ziel- und Ausgangstext bei
konsequenter Beachtung des Zwecks, der mit dem Translationsprozess verfolgt wird. Ein
Zieltext ist adäquat, wenn die Zeichenwahl in der Zielsprache dem Zweck der Übersetzung
entspricht. Daher ist Adäquatheit prozessorientiert und mit der sprachlichen Richtigkeit und
der Erfüllung des Zwecks verknüpft.

Mit Äquivalenz wird die Beziehung zwischen Ausgangs- und Zieltext beschrieben, die auf
einer gleichwertigen Erfüllung der kommunikativen Funktion in der entsprechenden Kultur
basiert. Ein Zieltext wird als äquivalent zum Ausgangstext betrachtet, wenn er denselben
Wert besitzt. Somit steht die Äquivalenz im Zusammenhang mit dem Ergebnis und dessen
Qualität.

Zusammenfassend beschreiben Reiß und Vermeer den Unterschied wie folgt: „Bei dem
Vergleichen dieser beiden Begriffe lässt sich sagen, dass Adäquatheit prozessorientiert ist
und sich auf die sprachliche Richtigkeit und die Zielerreichung bezieht, während
Äquivalenz ein resultatorientierter Begriff ist und sich auf die Qualität des Endergebnisses
bezieht, in dem sie eine Relation zwischen dem Ziel- und dem Ausgangstext auf
ranggleicher Ebene beschreibt, die eine gleiche kommunikative Funktion erfüllt“. (Vermeer
&Reiß: 1984: 139)

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4.0Texttypen
4.1Grundidee der Theorie
In den Ausführungen darüber, wie Übersetzungen gemäß den Begriffen ‚Adäquatheit‘ und
‚Äquivalenz‘ erstellt werden sollten, wird ein neuer Gedanke entwickelt: Der Produzent des
Ausgangstextes macht ein Informationsangebot an dessen Empfänger. Bei der Rezeption
entsteht ein Kommunikationsvorgang, der durch die Art des Informationsangebots
gesteuert wird. Darüber hinaus repräsentiert jeder Text in der Regel auch eine Textsorte.
Dies stellt eine Erweiterung der Skopostheorie dar und verdeutlicht die bedeutungsvolle
Rolle des Texttyps bei einer Skoposübersetzung.

Reiß und Vermeer betonen in Bezug auf die Wahl des Übersetzungstyps die Verantwortung
des Übersetzers: „Der Übersetzer, der gleichzeitig Rezipient des Zieltextes ist, trifft die
Entscheidung, ob er sein Informationsangebot demselben Texttyp zuweisen möchte, und
wählt danach die passende Übersetzungsstrategie“ (Vermeer & Reiß, 1984: 153). Bereits
im Buch „Grundlegung einer allgemeinen Translationstheorie“ in dem die Skopostheorie
dargestellt wird, wird auf die Relevanz der Übersetzungsstrategiewahl hingewiesen und
warum sie entsprechend dem Texttyp getroffen werden sollte. Es ist von erheblicher
Bedeutung, diesen bei der Zielübersetzung zu berücksichtigen und die passende Methode
zu wählen. Dieser Gedanke wird in Reiß' Veröffentlichung „Texttyp und
Übersetzungsmethode“ weitergeführt. Dort wird ausführlich erklärt, warum die Sprache als
eine Form von Informationsangeboten betrachtet werden kann und wie diese als mögliche
Texttypen beschrieben werden können: „Fassen wir die Sprache, gemäß Saussure, als das
vornehmste Mittel des Menschen auf, um mit anderen Menschen in Kommunikation zu
treten und sich auf diese Weise mitzuteilen, so ergibt sich bereits unter diesem
Gesichtspunkt eine Möglichkeit, in der die Zuordnungsverhältnisse der Mitteilungen
abgehoben werden“ (Reiß, 1983:8-9). Des Weiteren ist anzumerken, dass jede Art von
Kommunikation gemäß ihrem Zweck als bestimmter Kommunikationstyp charakterisiert
werden kann.

Auch werden in „Texttyp und Übersetzungsmethode“ folgende Funktionen des Textes


angeführt: „In der ersten Textgruppe, um zu informieren‘ wird Gebrauch von der

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Sprachfähigkeit gemacht, um ‚Welt‘ zu beschreiben“; in der zweiten Gruppe dient diese


Fähigkeit dazu ‚Welt‘ zu bereichern; in der dritten wird sie schließlich eingesetzt, um
‚Welt‘ zu verändern. Diese drei Intentionen eines Textes lassen sich auch als
Grundfunktionen wiedergeben, die durch die Begriffe, Darstellung‘, Ausdruck‘, und
‚Appell‘ Texttypen bauen. Dies bedeutet nicht, dass jeder Text genau einer Absicht und
einem Typ zugeordnet werden kann, sondern dass darin grundsätzlich zwar alle
Funktionen der Sprache enthalten sind, sich jedoch eine jeweils verschiedene hierarchische
Abfolge dieser Funktionen beobachten lässt. Das heißt, dass jeder Texttyp eine Funktion
besitzt. Bei denjenigen, die ,Welt‘ darstellen, ist dies die Darstellungsfunktion, bei solchen,
die ‚Welt‘ bereichern, die des Ausdrucks und bei Texten, die ‚Welt‘ verändern, dominiert
die Appellfunktion der Sprache. Damit wird der Charakter des jeweiligen Textes auch
formal weitgehend beeinflusst, wobei mehr als eine Funktion enthalten sein kann.
Allerdings stellt Reiß fest: „Verändert man diese hierarchische Ordnung, so verliert der
Text seinen spezifischen Charakter“ (Reiß:1983: 9) Die jeweilige Dominanz
charakterisiert den Texttyp und seine kommunikative Funktion. Gerade dieser Aspekt
erweist sich für den Übersetzungsprozess als relevant. Der eigentliche Bezugspunkt ist bei
der Einordnung eines gegebenen Textes die kommunikative Funktion, da Übersetzen als
zweisprachiger Kommunikationsvorgang zu betrachten ist, bei dem es primär auf deren
Erhaltung in der Zielsprache ankommt. Dies geschieht durch die Wahl adäquater und
funktionsgerechter Äquivalente für die Elemente der Ausgangs- in der Zielsprache, und wie
von Reiß ausgeführt „Jeder Text ist vor der Wahl der geeigneten Übersetzungsmethode
darauf zu untersuchen, welche kommunikative Funktion er erfüllen soll“(Reiß: 1983: 17).
Die Skopostheorie ermöglicht es, Textsorten und -typologien in Bezug auf ihren Zweck
und ihre Funktion zu untersuchen. Erstere sind dabei spezifische Formen der
Kommunikation, die einem Skopos, also einem Zweck, dienen. Hingegen unterscheiden
sich Letztere aufgrund ihrer allgemeinen Merkmale und Eigenschaften voneinander. Indem
die Skopostheorie auf Textsorten und -typologien angewendet wird, können ihre jeweilige
Funktion und Zielsetzung untersucht und umfassend verstanden werden.

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Die kommunikative Funktion von Texten als Grundlage einer übersetzungsbezogenen
Textsortentypologie und als leitendes Kriterium bei der Übersetzung

4.2 Darstellung der Texttypen


In der Skopostheorie werden Texte als Instrumente der Kommunikation betrachtet, die in
Abhängigkeit von ihrem jeweiligen Zweck und Ziel gestaltet werden. Daher werden
zunächst die verschiedenen Texttypen untersucht, die sich jeweils durch ihre
kommunikativen Funktionen auszeichnen. Es gibt differierende Klassifikationen, so
unterscheidet beispielsweise Reiß vier grundlegende Texttypen. Im Folgenden wird
insbesondere auf informative, expressive, operative und audiomediale Texte eingegangen
und ihre spezifischen Merkmale sowie Anwendungsbereiche detailliert betrachtet.

Der informative Text wird „von einem oder mehreren Autoren verfasst, hat einen oder
mehrere Leser im Blick, jedoch wird der kommunikativen Funktion entsprechend die
sprachliche Gestaltung primär vom verhandelten Redegegenstand diktiert“ (Reiß:1983: 17).
Die zweite Form ist der expressive Text, der „gleichfalls im Blick auf den Leser verfasst
sein“ (Reiß:1983: 17) kann und auch er enthält Informationen über einen Redegegenstand.
Die sprachliche Gestaltung wird jedoch der kommunikativen Funktion entsprechend primär
von der Mitteilung des Autors bestimmt, das heißt dass die Ausdruckweise des Autors den
obersten Wert beinhaltet. Der operative Text befasst sich mit einem Redegegenstand und
wird „von einem Autor sprachlich gestaltet. Wie das geschieht, wird in erster Linie durch
die Art der ,Ansprechbarkeit‘ des angezeigten Textempfängers bestimmt“ (Reiß:1983:
18)Der audiomediale Texttyp ist nicht deutlich abgegrenzt wie die anderen Formen, weil
die Texttypen durch ihre jeweilige kommunikative Funktion definiert werden und jedes
Medium spezifische Eigenschaften hat, die die Gestaltung von Texten beeinflussen können.
Audiomediale Texte besitzen eine ihnen eigene Funktion und Struktur, die sich von den
anderen Texttypen unterscheidet, da sie vor allem durch Klang, Ton und Musik
kommunizieren und daher eine andere Wahrnehmung beim Empfänger erzeugen können.
So ist diese Textsorte grundsätzlich je nach kommunikativer Funktion einem der drei
Grundtypen zuzuordnen. Reiß führt folgende Beispiele an:

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Die kommunikative Funktion von Texten als Grundlage einer übersetzungsbezogenen
Textsortentypologie und als leitendes Kriterium bei der Übersetzung

„So […] kann ein Opernlibretto eine Realisierung des expressiven, ein
wissenschaftlicher Rundfunkvortrag eine des informativen und ein
Werbespot im Fernsehen eine des operativen Typs darstellen. Die
sprachliche Gestaltung geschieht aber jeweils mit Rücksicht auf die
Erfordernisse des technischen Mediums oder auf die Bedingungen des
Zusammenwirkens mit anderen nichtsprachlichen Textelementen“ …
(Reiß:1983: 18).

4.3Die Sprachfunktionen der Texttypen:

Die Zuordnung der Texte entspricht vor allem der Skopostheorie. Die Identifizierung als
expressiv, informativ oder operativ ermöglicht es dem Übersetzer, den Schwerpunkt auf
das Ziel eines Textes zu legen. Dementsprechend führt Reiß die Sprachfunktionen aus, die
jeden Texttyp charakterisieren. Der operative Text

„wird konzipiert, um einen Textempfänger – nun das dominierende Element eines


sprachlichen Kommunikationsvorgangs – in seiner Meinung zu beeinflussen und zu
Handlungen oder Reaktionen zu provozieren" (Reiß: 1983:22).

Das Ziel besteht darin, den Leser zu einer Aktivität zu veranlassen. So wird grundsätzlich
nicht auf den Intellekt, sondern vor allem auf die Willenskraft und die Gefühle eingewirkt,
indem Affekte und Emotionen angesprochen werden. Es wird darauf abgezielt, eine ‚aktive
Antwort‘ in Form einer sprachlichen oder nicht-sprachlichen Reaktion oder Aktion beim
Textempfänger hervorzurufen. „Operative Texte können beispielsweise
Gebrauchsanweisungen, Bedienungsanleitungen oder Arbeitsanweisungen sein“ (Reiß:
1983: 35).

Die expressiven Texte dienen in erster Linie der Ausdrucksfunktion und sollen die
Emotionen und Empfindungen des Autors oder der Autorin wiedergeben.: „Hierbei geht es
weniger um eine objektive Informationsvermittlung als vielmehr um eine subjektive
Darstellung von Gefühlen, Stimmungen oder Eindrücken. Ein Beispiel für einen
expressiven Text ist ein Liebesbrief, in dem der Autor seine Liebe und Zuneigung zum
Ausdruck bringt,“ (Reiß: 1983: 35). Bei der Betrachtung expressiver im Vergleich zu
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Die kommunikative Funktion von Texten als Grundlage einer übersetzungsbezogenen
Textsortentypologie und als leitendes Kriterium bei der Übersetzung

informativen Texten wird deutlich, dass erstere Atmosphäre schaffen sowie Gefühle
vermitteln und hauptsächlich im literarischen Bereich zu finden sind. Informative Texte
haben hingegen das Ziel, Wissen oder Informationen weiterzugeben. Sie sollen dem
Empfänger oder der Empfängerin Fakten und Zusammenhänge verständlich machen und
können in verschiedenen Kontexten eingesetzt werden. Beispiele sind Zeitungsartikel,
wissenschaftliche Abhandlungen oder Enzyklopädien, die in Bereichen wie Wissenschaft,
Medizin oder Journalismus eingesetzt werden.

In Bezug auf die sprachlichen Funktionen des Textes ist es zentral zu betonen, dass die
dominierende Sprachfunktion nicht unweigerlich gleichbedeutend mit der kommunikativen
ist. Das bedeutet, wie zuvor erwähnt, dass der Übersetzer sowohl die Funktionen als auch
die Arten des betreffenden Textes berücksichtigen muss. Reiß verweist jedoch auf
Folgendes:

„Dabei muss berücksichtigt werden, dass es sich bei den hier isolierten Texttypen um
Abstraktionen und idealtypische Phänomene handelt. Abgesehen von individuellen
Abweichungen bei der Realisierung eines konkreten Textes muss man in der Praxis stets
auch mit Mischtypen rechnen. Es kann vorkommen, dass keine eindeutige Dominanz
vorliegt oder dass zwei Typen in einem Text nebeneinander existieren. Dies ist häufig der
Fall bei Texten wie Komödien oder Satiren, die sowohl expressiv sein können als auch eine
operative Funktion haben und Kritik ausüben können“ (Reiß:1983: 20).

Abbildung 3: Zuordnung der Textsorten

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Die kommunikative Funktion von Texten als Grundlage einer übersetzungsbezogenen
Textsortentypologie und als leitendes Kriterium bei der Übersetzung

Abbildung 2 : Die Aufteilung der Arten der Texten in „Appel“, „Darstellung“ und
„Ausdruck“

4.4 Die praktische Anwendung der Texttypen-Theorie:


Diese Kategorisierung der Texte bietet schließlich einen praktischen Ansatz für die
Übersetzung von Texten.

„Wenn ein informativer Text übersetzt wird, geht es primär darum, Informationen an eine
Zielsprachegemeinschaft zu vermitteln. Das Hauptziel dieser Übersetzung besteht darin,
den Inhalt angemessen zu übertragen, wobei die verwendete Übersetzungsmethode den
Sachverhalt in den Vordergrund stellt und äußere Formelemente gegebenenfalls beliebig
ausgetauscht werden können, solange dadurch keine Einbußen in Bezug auf die
Sachinformation in der zielsprachlichen Version entstehen" (Reiß: 1983: 20).

In diesem Zusammenhang wird betont, dass die äußere Form und die innere Form
entsprechend dem Texttyp geändert werden sollten.

Bei informativen Texten ist die äußere Form von geringer Bedeutung, was zugleich
bedeutet: „Bei der Übersetzung ist es wichtig, dass die Lexik, die Syntax und der Stil an die
Zielsprache angepasst werden, während die innere Form in der Zielsprache erhalten bleiben
muss“ (Reiß: 1983: 21). Demnach dürfen neben der bereits erwähnten äußeren Form auch
die Syntax, die Lexik und der Stil an die Ausgangssprache verändert werden. allerdings gilt
das bei informativen Texten, bei denen es darum geht, dem Leser Informationen zu
vermitteln, nicht der inneren Form des Textes. Die spielt in diesem Texttyp eine große
Rolle und darf nicht verändert werden. Ein Gegenbeispiel dazu ist die Art, wie laut Theorie
ein expressiver Text zu übersetzen ist. Dabei liegt der Fokus auf der individuellen
künstlerischen Prägung des Autors, auf seiner Botschaft, die durch verschiedene
Eigenschaften des Textes zum Ausdruck kommen kann:

„Wenn ein solcher Text übersetzt wird, geht es insbesondere darum, ein Sprach- oder
Dichtungswerk an eine Zielsprachgemeinschaft zu vermitteln. Die individuelle Prägung des
Textes bestimmt die angemessene Übersetzungsmethode, die sich an den Intentionen des
Autors orientiert“ (Reiß: 1983: 21).

Reiß erwähnt auch allgemeine Eigenschaften, die bei expressiven Texten genutzt werden,
um deren individuelle Prägung zum Ausdruck zu bringen. Dazu gehört die innere Form, die
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Die kommunikative Funktion von Texten als Grundlage einer übersetzungsbezogenen
Textsortentypologie und als leitendes Kriterium bei der Übersetzung

durch die ästhetische Wechselwirkung zwischen dem Inhalt und der Art des Ausdrucks
charakterisiert wird, sowie die künstlerische Aussage, die in der Zielsprache erhalten
bleiben muss. Ein weiteres Beispiel sind äußere Formelemente: „Die äußeren
Formelemente, bei denen in dichterischer Sprache die expressiven und assoziativen
Möglichkeiten der Sprache ausgenutzt werden, sind analog zu den ästhetischen
Gesichtspunkten zu übertragen. Sie sind also nicht beliebig austauschbar und spielen eine
wichtige Rolle“ (Reiß: 1983: 21) Daher betont Reiß, dass bei der Übersetzung von
expressiven Texten die folgenden Aspekte beachtet werden müssen: die äußeren
Formelemente, die Wechselwirkung zwischen Inhalt und Ausdrucksweise sowie
ästhetische Gesichtspunkte, die eine besondere ,Stimmung‘ erzeugen. Diese Elemente
haben in der Übertragung der expressiven Botschaft Priorität und sind nicht austauschbar.
Zudem ist es empfehlenswert, sich mit den Intentionen des Autors auseinanderzusetzen und
sie in der Übersetzung angemessen zum Ausdruck zu bringen. Diese, identifizierte‘
Übersetzungsmethode eignet sich besonders für expressive Texte. „Der Übersetzer
identifiziert sich mit den Intentionen und dem Ausdruckswillen des Autors“(Reiß: 1983:
22). Die praktische Übersetzungsmethode, um die operative Wirkung eines Textes zu
vermitteln, besteht darin, dass insbesondere auf die Erhaltung dieser operativen
Möglichkeiten geachtet wird. Durch den systematischen Einsatz von Inhalten und
Formelementen in der Zielsprache soll die mögliche Wirkung auf den Leser gewährleistet
werden. Das bedeutet, dass der Wert des Textes im Gegensatz zu den zuvor genannten
Texttypen nicht auf internen Aspekten wie Informationen oder literarischen Eigenschaften
beruht, sondern auf etwas Externem – der hervorgerufenen Reaktion. Dies wird erreicht,
indem angemessene Übersetzungsmethoden unter Berücksichtigung des Appellativen
Texttyps verwendet werden und die Übersetzung mit Blick auf die Zielkultur stattfindet,
bei den Lesern Emotionen zu wecken und sie zu Handlungen zu motivieren. In praktischer
Hinsicht muss die innere Form, die durch eine Spannung zwischen Inhalt und
Ausdrucksweise gekennzeichnet ist, erhalten bleiben, während die äußere Form, also der
appellative Gebrauch und die operativen Möglichkeiten der Sprache, an die Bedingungen
der Zielsprache angepasst wird (Reiß: 1983: 18). Aus diesem Grund ist es beim Übersetzen
dieser Textart wesentlich, ein grundlegendes Verständnis der Zielkultur zu haben, um die
innere Botschaft des Textes angemessen zu vermitteln. In Bezug auf die wissenschaftliche
Diskussion über ‚frei‘ versus ‚wörtlich‘ handelt es sich bei Übersetzungen dieses Texttyps
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Die kommunikative Funktion von Texten als Grundlage einer übersetzungsbezogenen
Textsortentypologie und als leitendes Kriterium bei der Übersetzung

eher um freie Übertragungen. Wie Goethe es beschrieben hat, ist „für jede fremde Frucht
ein Surrogat, das auf seinem eigenen Grund und Boden gewachsen“ (Goethe 1819: 528) ist,
erforderlich. Dies betont die Relevanz dessen, dass ein Übersetzer nicht nur die Sprache
beherrschen, sondern auch das kulturelle und historische Hintergrundwissen des
Originaltextes kennen sollte, um eine angemessene Übertragung des Werkes zu
ermöglichen.

4.5 Der Zusammenhang mit der Skopostheorie


Die Skopos- und die Texttypen-Theorie von Katharina Reiß und Hans J. Vermeer stehen in
engem Zusammenhang und bieten einen funktionalen Ansatz zur Analyse von Texten.
Erstere ist darauf bezogen, welche Funktion ein Text in einer Kommunikationssituation
erfüllt, während die Texttypen-Theorie eine praktische Methode zur Verfügung stellt. Hier
liegt der Fokus auf den kommunikativen Funktionen von Texten, die das Verständnis und
die skoposorientierte Übersetzung fördern. Diese können laut der Skopostheorie als ,
Skopos‘ bezeichnet werden. Die Texttypen-Theorie hingegen hat einen präziseren Ansatz
und besagt, dass es nicht viele Formen von Kommunikationsfunktionen gibt, sondern dass
es erkennbare Arten von Texten gibt, die sich durch ihre unterschiedlichen
kommunikativen Funktionen und Ziele unterscheiden. Reiß und Vermeer haben in ihrer
Theorie drei Texttypen identifiziert: expressive, informative und operative. Sie werden
jeweils durch ihre kommunikative Funktion und ihr Ziel charakterisiert. In der
Skopostheorie wird diese Kategorisierung ergänzt, indem der Zweck eines Textes in einer
bestimmten Situation betont wird.

In der praktischen Anwendung ermöglichen beide Theorien eine effektive Textproduktion


und Übersetzungsstrategie. Ein Text muss entsprechend seinem Skopos übersetzt werden,
wobei das spezifische Merkmal der jeweiligen Textsorte durch die Texttypen-Theorie
erkennbar ist.

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Die kommunikative Funktion von Texten als Grundlage einer übersetzungsbezogenen
Textsortentypologie und als leitendes Kriterium bei der Übersetzung

Im folgenden Beispiel wird der vollständige Prozess dargestellt. Ein Texttyp wird anhand
seiner Funktion und seiner Kennenzeichen identifiziert, wodurch eine geeignete
Übersetzungsmethode gefunden wird.

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Die kommunikative Funktion von Texten als Grundlage einer übersetzungsbezogenen
Textsortentypologie und als leitendes Kriterium bei der Übersetzung

Abbildung 3 : Übersichtstafel

5. Schluss
5.1 Zusammenfassung
Die aus der Zusammenarbeit zwischen Reiß und Vermeer entstandene Skopostheorie hat
den Bereich der Übersetzung vielfältig geprägt. Als umfassende Neuerung enthält sie die
Annahme, dass der Zweck der dominante Faktor aller Translationen ist. Zum Verständnis
der Theorie wurden in der vorliegenden Arbeit die Begriffe, Handlung‘ und, Zweck‘
erläutert. Es wurde deutlich, warum eine Übersetzung zwar eine Handlung ist, jedoch als
Sonderform gilt, da es darum geht, wie weiter gehandelt wird. Dies muss nicht
gerechtfertigt werden wie bei anderen Handlungen. Auch wurde die Kohärenz dargestellt,
die den Grad der Übereinstimmung zwischen dem Ausgang- und dem Zieltext bezeichnet.
Des Weiteren basiert die Theorie auf sechs Regeln, deren erste und bedeutsamste lautet,
dass eine Übersetzung skoposbedingt ist. Dazu kommen in hierarchischer Reihenfolge
Regeln, die sich auf Kohärenz, Ziel- und Ausgangskultur, doppelte Kohärenz und das
Informationsangebot beziehen. Um eine skoposbedingte Übersetzung zu erzeugen, muss
diese auch den Prinzipien der Adäquatheit und der Äquivalenz entsprechen. Beides
bezeichnet verschiedene Arten der Verbindung zwischen Ausgangs- und Zieltext. Ein
Vergleich zwischen ihnen verdeutlichte den Unterschied und ist wesentlich für eine
skoposbedingte Übersetzung. Im vierten Kapitel der Arbeit wurde die Texttypen-Theorie
betrachtet, zunächst in Verbindung mit der Skopostheorie und danach mithilfe der
Darstellung verschiedener Texttypen, ihrer Sprachfunktionen und praktischer Methoden,
um Texte entsprechend ihrem Zweck zu übersetzen. Abschließend folgt eine Kritik an der
Skopostheorie.

5.2 Kritik
Die Skopostheorie hat den Bereich der Übersetzung umfassend geprägt und bietet eine
effiziente Möglichkeit, um diese als zweckgerichtete Kommunikationsübertragung zu
betrachten und eine gelungene Übersetzung zu erzeugen. Die Skopostheorie zusammen

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Die kommunikative Funktion von Texten als Grundlage einer übersetzungsbezogenen
Textsortentypologie und als leitendes Kriterium bei der Übersetzung

mit dem Texttyp und der dazu passenden Übersetzungsmethode, zeichnen verschiedene
Methoden den Zweck der Texte weiterzuvermitteln. Obwohl durch die Theorie ein
bedeutsamer und dynamischer Standpunkt vertreten wird, entspricht sie nicht den
traditionellen Vorstellungen von Übersetzung. Ihre Weiterentwicklung könnte zu radikalen
Sprachübertragungen führen, die anhand der Theorie gerechtfertigt werden. Das heißt, dass
durch, das Hervorheben des Zwecks gleichzeitig eine übermäßige Entfernung der
Übersetzung von der ursprünglichen Textfassung möglich ist. Hat die Übersetzung aber
keinen hinreichenden Bezug zum Ausgangstext, erweist sie sich als widersinnig. Ein
zusätzlicher Aspekt ist, dass mit der Annahme, des Zwecks als obersten Wert
Übersetzungsvorstellungen legitimiert werden, die nicht als Übersetzung gelten sollten.
Wenn der Zweck als einzig relevantes Kriterium dient und der ursprüngliche Wortlaut nicht
mehr berücksichtigt wird, kann jede Übersetzungsvariante – so absurd sie wirken mag –
verteidigt werden. Mithilfe der Skopostheorie erhielt der Übersetzungsbereich eine
Neuerung: eine Option, die dynamisch gegenüber den Veränderungen und den Tendenzen
in der Übersetzungswelt bleibt, und weiterhin Relevanz besitzt. Zwar lässt sich an der
Skopostheorie Kritik üben, aber nur, wenn sie radikal gedacht wird. In moderater
Anwendung ist sie eine Theorie, bei der der Ausgleich zwischen Wortsinn und
Zweckmäßigkeit gesucht wird. Letztlich ist ihre Verwendung Grundlage für einer
erfolgreiche Übersetzung. Richtig angewandt weist die Skopostheorie dem gewissenhaften
Übersetzer den Weg zu dem wesentlichsten Ziel seines Schaffens: einer Übersetzung, bei
der der Zweck eines Textes korrekt erfasst und weitervermittelt wird.

6. Quellen
6.1 Quellensverzeichnis

Aristoteles, (2002) Werke in deutscher Übersetzung. Bd. 1.2: Peri hermeneias. Hg. v. H.
Flashar. Berlin.

Betti, E. (1967). Allgemeine Auslegungslehre als Methodik der Geisteswissenschaften.


Tübingen.

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Binswanger, L. (1963). Intention. Untersuchungen zur Geschichte der Thematik von


Descartes bis auf Husserl. Zürich.

Giddens, A. (2010). Soziologie. 9. Auflage. Berlin.

Güttinger, Fritz (1963). Zielsprache: Theorie und Technik des Übersetzens. Zürich.

Hirsch, (1967). Prinzipen der Interpretation, München. (dt. übers. Von: Validity in
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Hönig, H. G., & Kussmaul, P. (1982). Strategie der Übersetzung. Ein Lehr- und
Arbeitsbuch. Tübingen.

Jakobson, R. (1959). On Linguistic Aspects of Translation. Harvard University Press,


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Luhmann, (1970) N. :Soziologiesche Aufklärung. Aufsätze zur Theorie sozialer Systeme;


Opladen

Miller, B. (2019). Cultural Anthropology, 9th edition. Pearson, New York.

Nord, Christine (1997), Translating as a purposeful Activity, St Jerome Vorlage,


Manchester

Reiß, K. (1983). Texttyp und Übersetzungsmethode: der operative Text.


Heidelberg.

Reiß, Katharina u. Vermeer, Hans (1991) (2. Aufl.) Grundlegung einer


allgemeinen Translationstheorie. Tübingen.

Schenkein, J. N. (1972). Towards an analysis of natural conversations and the sense of hehe

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zur Theorie der Sprachveränderung; Kronberg 1974.

6.2 Internetquellen

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Stuttgart,. (o. D.).
URL:https://www.deutschestextarchiv.de/book/view/goethe_divan_1819/?
hl=zweyte&p=538 (Zuletzt aufgerufen am 31.05.23)

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Genesis 11 - Gute Nachricht Bibel (GNB) - die-bibel.de. (o. D.).


URL: https://www.die-bibel.de/bibeln/online-bibeln/lesen/GNB/GEN.11/Genesis-11
(Zuletzt aufgerufen am 31.05)

Hag, M. H. A. S. H. I. M. A. E. (2020b). Translation Strategies in light of Skopos Theory.


sustech.
URL:https://www.academia.edu/43888926/
Translation_Strategies_in_light_of_Skopos_Theory (Zuletzt aufgerufen am 31.05.23)

Handlung. (o. D.). Lexikon der Psychologie.


URL: https://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/handlung/6279
(Zuletzt aufgerufen am 31.05)

1. Mose 11 - Lutherbibel 1912 (LU12) - die-bibel.de. (o. D.).


URL: https://www.die-bibel.de/bibeln/online-bibeln/lesen/LU12/GEN.11/1.-Mose-11
(Zuletzt aufgerufen am 31.05)

6.3 Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Reiß, Katharina u. Vermeer, Hans 1991 (2. Aufl.) Grundlegung einer
allgemeinen Translationstheorie. Tübingen S 7

Abbildung 2: Reiß, K. 1983. Texttyp und Übersetzungsmethode: der operative Text.


Heidelberg. S 19

Abbildung 3: Reiß, K. 1983. Texttyp und Übersetzungsmethode: der operative Text.


Heidelberg. S 20

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